Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 28. Feb. 2013 - 2 BvR 612/12

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2013:rk20130228.2bvr061212
bei uns veröffentlicht am28.02.2013

Tenor

Die Beschlüsse des Landgerichts Saarbrücken vom 7. Dezember 2011 - II StVK 1086/11 - und des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 15. Februar 2012 - Vollz (Ws) 22/11 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

...

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versagung einer Ausführung eines Strafgefangenen zum Sterbebett seines Vaters.

2

1. Der strafgefangene Beschwerdeführer beantragte am 12. September 2011 bei der Justizvollzugsanstalt Saarbrücken, in der er damals inhaftiert war, ihn zu seinem auf der Intensivstation liegenden Vater auszuführen. Er erläuterte den Sachverhalt und legte dazu ein Schreiben vom 7. September 2011 vor, mit dem seine Mutter erklärte, ihr Ehemann befinde sich nach einigen Herzoperationen in einem Zustand, der seinen nahen Tod befürchten lasse. Seit zwei Wochen liege er auf der Intensivstation der Caritasklinik Saarbrücken und sei dort in ein künstliches Koma versetzt worden. Der Unterschrift der Mutter folgte der Satz "Die Richtigkeit der Angaben bezüglich des Zustandes von Herrn G. kann von hier bestätigt werden" (im Original mit nicht abgekürztem Namen des Vaters). Darunter befand sich ein Stempelaufdruck der Intensivstation der Caritasklinik St. Theresia, Saarbrücken, versehen mit einer mit einem großen "K" beginnenden, im Übrigen nicht leserlichen Unterschrift, sowie eine handschriftliche Datumsangabe "8.09.11".

3

Die Justizvollzugsanstalt lehnte den Antrag am 12. September 2011 mangels Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses mit hinreichender Aussagekraft ab.

4

2. a) Hiergegen stellte der Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt L., am 21. September 2011 Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 109 StVollzG) und beantragte zugleich, die Justizvollzugsanstalt im Wege der einstweiligen Anordnung (§ 114 StVollzG) zu verpflichten, ihm unverzüglich Ausgang, Ausführung oder Urlaub zum Besuch seines Vaters in der Klinik zu gewähren. Obwohl er der Justizvollzugsanstalt die Bescheinigung des behandelnden Arztes mit Stempel und Unterschrift im Original vorgelegt habe, sei sein Antrag mit der Begründung abgelehnt worden, die Bescheinigung reiche nicht aus. Es habe weder eine Überprüfung durch einen Telefonanruf stattgefunden, noch sei die ärztliche Bescheinigung in anderer Weise verifiziert worden.

5

Die Justizvollzugsanstalt nahm dahingehend Stellung, dass Außenlockerungen des Beschwerdeführers Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit entgegenstünden. Zudem handele es sich bei der vom Beschwerdeführer vorgelegten Bescheinigung um ein von seinem Rechtsanwalt vorformuliertes Schreiben der Mutter, und die dortigen Angaben seien lediglich durch einen Stempel der Klinik als richtig bestätigt worden, wobei sich die auf dem Stempel befindliche Unterschrift nicht habe entziffern lassen. Auf die Bedenken gegen die Authentizität der ärztlichen Erklärung sei der Beschwerdeführer sofort hingewiesen und aufgefordert worden, eine neue, von der Klinik stammende Bescheinigung vorzulegen. Auch sei dem Beschwerdeführer versichert worden, dass nach Vorlage der entsprechenden Bescheinigung unverzüglich erneut über seinen Antrag entschieden werde. Zudem habe sich der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers, Herr L., im Rahmen eines am 13. September 2011 geführten Telefonats der Justizvollzugsanstalt gegenüber "einsichtig" gezeigt und angekündigt, dieser umgehend eine von der Klinik ausgestellte Bescheinigung per Fax zu übermitteln. Dies sei jedoch bis zum Tod des Vaters des Beschwerdeführers nicht erfolgt.

6

b) Am 21. September 2011 verstarb der Vater des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer erfuhr dies zwei Tage später.

7

c) Nachdem das Landgericht mit angegriffenem Beschluss vom 27. September 2011 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen hatte, änderte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 29. September 2011 seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung in einen auf Feststellung, dass die Versagung der Ausführung rechtswidrig gewesen sei, gerichteten Fortsetzungsfeststellungsantrag (§ 115 Abs. 3 StVollzG) ab. Für den Beschwerdeführer auf die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt erwidernd, erklärte der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers, es treffe nicht zu, dass er am 13. September 2011 in der Justizvollzugsanstalt angerufen, sich "einsichtig" gezeigt und die behaupteten Angaben gemacht habe. Er habe in der Angelegenheit zu keinem Zeitpunkt mit der Justizvollzugsanstalt telefoniert und das Mandat erst am 14. September 2011 übernommen.

8

d) Mit angegriffenem Beschluss vom 7. Dezember 2011 verwarf das Landgericht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig. Die Voraussetzungen für ein nach Erledigung fortbestehendes Feststellungsinteresse lägen nicht vor. Eine konkrete Wiederholungsgefahr sei ebensowenig ersichtlich wie die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen auf künftige Entscheidungen oder diskriminierende Wirkungen.

9

3. a) Der Beschwerdeführer erhob Rechtsbeschwerde. Die Versagung der Ausführung sei rechtswidrig gewesen und habe ihn in seinen Rechten verletzt. Ein Feststellungsinteresse könne ihm entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht abgesprochen werden.

10

b) Das Oberlandesgericht verwarf mit angegriffenem Beschluss die Rechtsbeschwerde als unzulässig.

11

Zur Fortbildung des Rechts sei die Nachprüfung nicht geboten, da die Voraussetzungen für die Gewährung von Ausgang oder Ausführung aus wichtigem Anlass ebenso wie die Anforderungen an das nach § 115 Abs. 3 Halbsatz 2 StVollzG erforderliche Feststellungsinteresse geklärt seien. Ein Feststellungsinteresse sei zu bejahen bei Maßnahmen diskriminierenden Charakters und gegebenem Rehabilitierungsinteresse, bei konkret sich abzeichnender Wiederholungsgefahr und wenn die Feststellung für ein anderes Rechtsverhältnis präjudiziell sei und der Vorbereitung anderer Prozesse, namentlich der Geltendmachung von Amtshaftungs- und Schadensersatzansprüchen, dienen solle und der beabsichtigte Prozess nicht von vornherein aussichtslos sei. Schließlich komme nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein trotz Erledigung fortbestehendes Rechtsschutzinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe in Betracht.

12

Die Rechtsbeschwerde sei auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Dieser Gesichtspunkt komme im Streitfall schon deshalb nicht zum Tragen, weil die Entscheidung der Justizvollzugsanstalt im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt, dem 12. September 2011, nicht rechtswidrig gewesen sei. Der Leiterin der Justizvollzugsanstalt sei durchaus bewusst gewesen, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer lebensgefährlichen Erkrankung seines Vaters Ausgang oder eine Ausführung zu gewähren gewesen sei. Die Justizvollzugsanstalt habe den Antrag ohne Rechtsverstoß aufgrund nachvollziehbarer Zweifel an der Authentizität der vom Beschwerdeführer vorgelegten Bestätigungserklärung der Klinik abgelehnt. In tatsächlicher Hinsicht sei bei ärztlichen Zeugnissen, die Gefangene zwecks Gewährung von Ausgang oder einer Ausführung vorlegten, wegen der mit solchen Maßnahmen verbundenen gesteigerten Fluchtmöglichkeiten ein strenger Maßstab anzulegen. Die Möglichkeit des Missbrauchs und der Fälschung sei gerade bei Gefangenen, die langjährige Haftstrafen zu verbüßen hätten, im Blick zu behalten. Die Justizvollzugsanstalt habe vor dem Landgericht darauf hingewiesen, dass die Gewährung von Außenlockerungen aus Sicherheitsgründen derzeit nicht verantwortbar und die Authentizität des vom Beschwerdeführer vorgelegten Schreibens zweifelhaft sei. Weiter mache die Justizvollzugsanstalt darauf aufmerksam, dass eine ärztliche Bescheinigung der hier in Rede stehenden Art sehr ungewöhnlich sei. In der Tat sei es nicht die Regel, dass Ärzte oder Mitarbeiter einer Klinik eine nicht von der Behandlungsseite selbst stammende laienhafte Beschreibung des Gesundheitszustandes eines Patienten mit einem Richtigkeitsvermerk bestätigten. Ausweislich der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt sei der Beschwerdeführer auf die bestehenden Bedenken unter Versicherung, dass nach Vorlage einer hinreichenden Bescheinigung unverzüglich erneut über seinen Antrag entschieden werde, hingewiesen worden. Weiter sei davon auszugehen, dass sich der frühere anwaltliche Bevollmächtigte des Beschwerdeführers, bei dem es sich um Rechtsanwalt C. gehandelt habe, schon am Tag nach der ablehnenden Entscheidung mit der Justizvollzugsanstalt in Verbindung gesetzt habe. Hätte er entsprechend seiner bei diesem Gespräch erfolgten Ankündigung eine von der Klinik ausgestellte Bescheinigung per Fax vorgelegt, hätte der Beschwerdeführer mit hoher Wahrscheinlichkeit seinen Vater noch besuchen können. Der Vorwurf, die Justizvollzugsanstalt habe es unverständlicherweise unterlassen, ihre Zweifel durch ein unverzügliches Telefonat mit der Klinik zu klären, erscheine ex ante betrachtet nicht gerechtfertigt. Dabei könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Vater ausweislich des vom Beschwerdeführer vorgelegten Schreibens bereits zwei Wochen auf der Intensivstation gelegen habe und sich den Verantwortlichen der Justizvollzugsanstalt deshalb nicht der Eindruck habe aufdrängen müssen, dass der Eintritt des Todes des Vaters nur noch eine Frage von Stunden sei. Zwar wäre es möglich gewesen, die im Klinikstempel nicht enthaltene Telefonnummer der Klinik zu ermitteln. Jedoch sei aus Sicht der Justizvollzugsanstalt mit Blick auf die ärztliche Schweigepflicht mehr als fraglich gewesen, ob die Klinik ohne förmliche Entbindungserklärung auf wesentlich den aktuellen Gesundheitszustand des Vaters des Beschwerdeführers betreffende telefonische Fragen hin Auskunft erteilt hätte.

13

Auf die Rechtmäßigkeit der Versagung des Ausgangs komme es im Übrigen nicht entscheidend an. Von der Entscheidung des Landgerichts gehe keine Gefahr für die Einheitlichkeit der Rechtsordnung aus, da die Kammer weder die Voraussetzungen des § 35 StVollzG verkannt, noch ein berechtigtes Feststellungsinteresse "in einer die Wiederholungsgefahr begründenden Weise rechtsfehlerhaft verneint" habe. Insbesondere könne ein trotz Erledigung fortbestehendes Rechtsschutzinteresse wegen eines "tiefgreifenden Grundrechtseingriffs" nicht festgestellt werden. In Strafvollzugssachen sei dieser Gesichtspunkt in der Spruchpraxis insbesondere bei zeitweiliger menschenunwürdiger Unterbringung bedeutsam geworden. Demgegenüber habe die Rechtsprechung ein Feststellungsinteresse in Fällen der Ablehnung eines einmaligen, in dieser Art unwiederholbaren Vorgangs regelmäßig verneint. Ein Feststellungsinteresse habe das Landgericht auch nicht aus Gründen der Prozessökonomie bejahen müssen. Der Beschwerdeführer habe im Verfahren vor dem Landgericht weder vorgetragen, einen Amtshaftungsprozess zu beabsichtigen, noch sei eine solche Absicht sonst ersichtlich gewesen. Die bloß theoretische Möglichkeit eines Amtshaftungsprozesses genüge nicht.

14

4. Mit seiner rechtzeitig eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer, nun nicht mehr anwaltlich vertreten, seine Grundrechte aus Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 und 2 GG seien verletzt. Die von ihm vorgelegte Bescheinigung sei ausreichend gewesen, da sie mithilfe eines Anwalts erstellt gewesen sei, die nötigen Informationen enthalten habe und durch den Anwalt per Fax an die Justizvollzugsanstalt übermittelt worden sei. Auf die Äußerung seines Wunsches, an der Beerdigung teilzunehmen, sei ihm geantwortet worden, dass es "hier im Saarland keine Ausführungen zum Begräbnis" gebe. Die Justizvollzugsanstalt behaupte zu Unrecht, der Beschwerdeführer sei gefährlich. Wie von seinem Verteidiger dargestellt, habe er sich stets bemüht, die Auflagen des Vollzugsplanes zu erfüllen. Die angegriffenen Entscheidungen seien diskriminierend. Das Oberlandesgericht habe zudem den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Die Justizvollzugsanstalt und die Gerichte hätten die Möglichkeit einer Fesselung nach § 90 StVollzG nicht einmal erwogen. Die Verletzung seiner Grundrechte sei tiefgreifend.

15

5. Das saarländische Ministerium der Justiz hat von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens haben der Kammer vorgelegen.


II.

16

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Landgerichts vom 27. September 2011 richtet, mit dem über den Eilantrag des Beschwerdeführers entschieden wurde, wird sie nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie insoweit nicht fristgemäß (§ 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG) erhoben wurde und deshalb keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).

III.

17

Im Übrigen nimmt die Kammer die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr in dem im Tenor bezeichneten Umfang statt, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung(§ 93cAbs. 1BVerfGG) liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Danach ist die Verfassungsbeschwerde im genannten Umfang zulässig und in einem die Kammerzuständigkeit begründenden Sinne (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG) offensichtlich begründet.

18

1. Der Beschluss des Landgerichts vom 7. Dezember 2011 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG.

19

a) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet die Effektivität des Rechtsschutzes. Das Rechtsmittelgericht darf ein in der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leer laufen" lassen. Hiervon muss sich das Rechtsmittelgericht auch bei der Antwort auf die Frage leiten lassen, ob im jeweiligen Einzelfall ein Rechtsschutzinteresse besteht (vgl. BVerfGE 117, 244 <268> m.w.N.). Die Anforderungen an das Rechtsschutzinteresse dürfen nicht in einer der Effektivität des Rechtsschutzes zuwiderlaufenden Weise überspannt werden (vgl. BVerfGE 120, 274 <300> m.w.N.). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes ist es zwar prinzipiell vereinbar, die Rechtsschutzgewährung von einem fortbestehenden Rechtsschutzinteresse abhängig zu machen. Daher ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Fachgerichte bei Erledigung des Verfahrensgegenstandes einen Fortfall des Rechtsschutzinteresses annehmen. Ausnahmsweise kann aber das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage auch noch nach Erledigung in besonderer Weise schutzwürdig sein (vgl. BVerfGE 104, 220 <232 ff.>). Dies betrifft nicht nur die vom Landgericht angesprochenen Fälle der drohenden Wiederholungsgefahr (vgl. BVerfGE 81, 138 <140>; 117, 71 <122>; stRspr), der fortbestehenden Beeinträchtigung (vgl. BVerfGE 81, 138 <140>; 110, 77 <85 f.>; stRspr) und des Rehabilitationsinteresses im Falle fortbestehender diskriminierender Wirkungen einer rechtsverletzenden Maßnahme (vgl. BVerfGE 110, 77 <86>). Unter anderem ist bei gewichtigen Eingriffen ein Feststellungsinteresse trotz zwischenzeitlicher Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzanliegens dann anzuerkennen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene gerichtlichen Rechtsschutz kaum erlangen kann, das ursprüngliche Rechtsschutzanliegen sich also typischerweise vor Erlangbarkeit gerichtlichen Rechtsschutzes erledigt (vgl. BVerfGE 96, 27 <39 f.>; 110, 77 <86>; 117, 71 <122 f.>; 117, 244 <268>; stRspr). Die Anforderungen an das Gewicht des Grundrechtseingriffs dürfen dabei nicht überspannt werden mit der Folge, dass Rechte - und insbesondere Grundrechte - in bestimmten Konstellationen in rechtsstaatlich unerträglicher Weise systematisch ungeschützt bleiben. Gewichtig im hier maßgeblichen Sinne können daher neben Grundrechtseingriffen, die das Grundgesetz ihres besonders hohen Gewichts wegen unter Richtervorbehalt gestellt hat (vgl. BVerfGE 96, 27 <40>; 104, 220 <233>; 117, 244 <269>) auch Eingriffe in andere Grundrechte sein (vgl. BVerfGE 110, 77 <86>; für den Bereich des Haftvollzuges BVerfGK 11, 54 <59>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. November 2010 - 2 BvR 2111/09 -, juris, vom 3. August 2011 - 2 BvR 1739/10 -, juris, vom 7. März 2012 - 2 BvR 988/10 -, StraFo 2012, S. 129 <130>, und vom 28. Oktober 2012 - 2 BvR 737/11 -, juris).

20

b) Die daraus sich ergebenden Erfordernisse der Rechtsschutzgewährung hat das Landgericht in seinem Beschluss vom 7. Dezember 2011 verkannt. Es hat den Antrag des Beschwerdeführers als mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig verworfen, ohne zu prüfen, ob die oben genannten Voraussetzungen für ein nach Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels fortbestehendes Rechtsschutzinteresse vorlagen. Eine solche Prüfung hätte sich dem Gericht aufdrängen müssen.

21

Die wertentscheidende Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 GG (vgl. nur BVerfGE 103, 242 <257>; 105, 313 <342>) stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Dieser verfassungsrechtliche Schutzauftrag gilt auch für den Haftvollzug (vgl. BVerfGE 42, 95 <101>; 89, 315 <322>; BVerfGK 8, 36 <43 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 31. August 1993 - 2 BvR 1479/93 -, NStZ 1994, S. 52) und bezieht sich auch auf das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern (vgl. BVerfGE 57, 170 <178>; 80, 81 <91>).

22

Mit der Versagung der Ausführung zu seinem im Sterben liegenden Vater, gegen die der Beschwerdeführer sich gewandt hatte, stand ein gewichtiger Eingriff in das - für die vorliegende Fallgestaltung einfachgesetzlich durch § 35 Abs. 1 StVollzG konkretisierte - Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG in Rede. Der Beschwerdeführer hatte mit der Vorlage des Schreibens seiner Mutter ausdrücklich geltend gemacht, dass der Vater sich in einem Zustand befinde, der seinen nahen Tod befürchten lasse. Nachdem diese Befürchtung sich bewahrheitet hatte, hat das Gericht zutreffend angenommen, dass damit das auf Gewährung der Ausführung gerichtete Rechtsschutzbegehren durch den Tod des Vaters gegenstandslos geworden war, sich also im Rechtssinne erledigt hatte. Bei der Entscheidung darüber, ob dem Beschwerdeführer unter diesen Umständen ein fortbestehendes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit des geltend gemachten Eingriffs zuzubilligen war, hat es jedoch verkannt, dass die prozessualen Folgen einer Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzbegehrens so bestimmt werden müssen, dass eine systemische Verkürzung des Rechtsschutzes in der Hauptsache vermieden wird. Die hierauf zielende Regel, nach der bei gewichtigen Grundrechtseingriffen in Fallgestaltungen, in denen eine gerichtliche Entscheidung vor Erledigung typischerweise nicht erlangt werden kann, von einem auch nach Erledigung fortbestehenden Rechtsschutzinteresse auszugehen ist (s.o. unter III.1.a)), hat das Landgericht nicht berücksichtigt. Im vorliegenden Fall, in dem geltend gemacht worden war, dass der Tod des Vaters nah bevorstehe, und der Vater tatsächlich innerhalb eines Zeitraums verstarb, in dem gerichtlicher Rechtsschutz in der Hauptsache typischerweise nicht zu erlangen ist, hätte die Anwendung dieser Regel zur Anerkennung eines Feststellungsinteresses führen müssen.

23

Etwas anderes gilt hier nicht deshalb, weil der Beschwerdeführer zum Beleg dafür, dass sein Vater im Sterben liege, nur ein entsprechendes Schreiben seiner Mutter mit einem mit Stempel und weitgehend unleserlicher Unterschrift versehenen Bestätigungsvermerk der Intensivstation der Klinik vorgelegt hatte, auf dessen Echtheit sich die Justizvollzugsanstalt nicht verlassen wollte. Ob die Justizvollzugsanstalt den Beschwerdeführer in der gegebenen Situation, in der zumindest Anhaltspunkte dafür bestanden, dass sein Vater jederzeit versterben könnte, zu Recht darauf verwiesen hat, dass er zunächst eine verlässlichere schriftliche Bestätigung der Klinik unter klinikeigenem Briefkopf beibringen möge, oder ob nicht im Interesse rechtzeitiger Entscheidung über die begehrte Ausführung die Justizvollzugsanstalt gehalten gewesen wäre, zumindest den Versuch zu machen, ihre Zweifel auf andere Weise, etwa durch einen eigenen Anruf oder mithilfe eines von ihr überwachten Anrufs des Beschwerdeführers auf der Intensivstation der Klinik, auszuräumen (vgl. Calliess/ Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl. 2008, § 35 Rn. 1; Ullenbruch, in: Schwind/Böhm/ Jehle/Laubenthal, StVollzG, 5. Aufl. 2009, § 35 Rn. 3; Köhne/Lesting, in: Feest/ Lesting, AK-StVollzG, 6. Aufl. 2012, § 35 Rn. 13; Arloth, StVollzG, 3. Aufl. 2011, § 35 Rn. 2), ist gerade die Frage, die das Landgericht auf den Fortsetzungsfeststellungsantrag des Beschwerdeführers hin zu klären gehabt haben würde und deren Klärung es sich durch die Behandlung dieses Antrages als unzulässig in grundrechtswidriger Weise entzogen hat.

24

2. Auch der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts vom 15. Februar 2012 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.

25

a) Zwar fordert Art. 19 Abs. 4 GG keinen Instanzenzug. Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger auch insoweit eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 122, 248 <271>; stRspr). Die Rechtsmittelgerichte dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch die Art und Weise, in der sie die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zu einer Sachentscheidung auslegen und anwenden, ineffektiv machen und für den Rechtssuchenden "leer laufen" lassen; der Zugang zu den in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanzen darf nicht in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 117, 244 <268>; 122, 248 <271>; stRspr).

26

Der rechtsuchende Bürger muss zudem erkennen können, welches Rechtsmittel für ihn in Betracht kommt und unter welchen rechtlichen Voraussetzungen es zulässig ist (vgl. BVerfGE 49, 148 <164>; 54, 277 <292 f.>; 87, 48 <65>; 107, 395 <416>; 108, 341 <349>; BVerfGK 2, 213 <218>; 6, 72 <76>). Er darf nicht mit einem für ihn nicht übersehbaren "Annahmerisiko" und dessen Kostenfolgen belastet werden (vgl. BVerfGE 49, 148 <164>; 54, 277 <293>; BVerfGK 6, 72 <76>; 16, 362 <366>).

27

b) Nach diesem Maßstab ist der Beschluss des Oberlandesgerichts mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar.

28

Mit der Annahme, die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung sei weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 116 Abs. 1 StVollzG), weil die Voraussetzungen für die Gewährung von Ausgang oder Ausführung aus wichtigem Anlass sowie die Anforderungen an das Feststellungsinteresse nach § 115 Abs. 3 StVollzG geklärt seien und das Landgericht ein berechtigtes Feststellungsinteresse des Beschwerdeführers nicht "in einer die Wiederholungsgefahr begründenden Weise rechtsfehlerhaft verneint" habe, hat das Oberlandesgericht die Anforderungen an die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde überspannt. Die Rechtsbeschwerde war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, weil der landgerichtliche Beschluss erkennbar von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (zur Bedeutung einer solchen Abweichung für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde vgl. OLG Celle, Beschluss vom 7. Juli 2006 - 1 Ws 288/06 -, juris) wie auch von der obergerichtlichen Rechtsprechung zum Fortbestand des Rechtsschutzinteresses (OLG Koblenz, Beschluss vom 14. Juli 2003 - 1 Ws 293/03 -, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13. Januar 2004 - 1 Ws 27/03 -, juris) abwich (s. o., III.1.).

29

Zwar hat das Oberlandesgericht seine Entscheidung zusätzlich auf die Annahme der Rechtmäßigkeit der vollzugsbehördlichen Entscheidung gestützt. Auch dieser Teil der Entscheidungsbegründung ist jedoch nach den obigen Maßstäben nicht tragfähig. Das Oberlandesgericht hat sich insoweit auf Feststellungen zum Sachverhalt gestützt, für die eine Grundlage im Beschluss des Landgerichts fehlte. Unter anderem hat es darauf abgestellt, dass der frühere Rechtsanwalt des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt C., in einem Telefonat mit der Justizvollzugsanstalt die Beibringung einer weiteren Bescheinigung der lebensgefährlichen Erkrankung des Vaters des Beschwerdeführers angekündigt habe. Eigene Tatsachenfeststellungen sind wegen der revisionsähnlichen Ausgestaltung des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach herrschender Auffassung, von engen Ausnahmen abgesehen, dem Rechtsbeschwerdegericht verwehrt (vgl. etwa OLG Rostock, Beschluss vom 6. Februar 2012 - I Vollz 3/12 -, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 11. November 2003 - 1 Vollz 194/03 -, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. April 2002 - 3 Ws 53/02 -, juris; vgl. auch Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl. 2008, § 119 Rn. 2; Schuler/ Laubenthal, in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 5. Aufl. 2009, § 116 Rn. 9 m.w.N.; Kamann/Spaniol, in: Feest/Lesting, AK-StVollzG, 6. Aufl. 2012, § 116 Rn. 14). Unabhängig von der Frage, unter welchen Voraussetzungen es danach dem Rechtsbeschwerdegericht überhaupt gestattet ist, seine Entscheidung auf Annahmen zum Sachverhalt zu stützen, die in der Entscheidung des Tatsachengerichts keine Grundlage finden, ist jedenfalls nicht nachvollziehbar, wie das Oberlandesgericht seiner Entscheidung die Annahme zugrundelegen konnte, Rechtsanwalt C. habe sich in Vertretung des Beschwerdeführers telefonisch auf die geforderte Beibringung einer weiteren Bescheinigung der Klinik eingelassen. Denn nach der im Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer abgegebenen Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt war das betreffende Telefongespräch nicht mit einem Rechtsanwalt C., sondern mit Rechtsanwalt L. geführt worden. Angesichts dieser Äußerung der Justizvollzugsanstalt hätte selbst das zur Aufklärung des Sachverhalts berufene Landgericht (vgl. BVerfGK 2, 318 <324 f.>; 9, 390 <395>; 9, 460 <464>; 13, 487 <493 f.>; 17, 429 <430 f.> jew. m.w.N.) seiner Entscheidung nicht ohne weiteres die Annahme zugrundelegen dürfen, von der das Oberlandesgericht Gebrauch gemacht hat. Soweit das Oberlandesgericht zudem anführt, aus der Sicht der Justizvollzugsanstalt sei mit Blick auf die ärztliche Schweigepflicht fraglich gewesen, ob die Klinik auf telefonische Nachfrage Auskunft erteilt haben würde, kann dies schon dem Aussagegehalt nach nicht als Beitrag zur Rechtfertigung des Verhaltens der Justizvollzugsanstalt verstanden werden. Zu der Frage, ob die Sicht der Justizvollzugsanstalt berechtigt war und ob nicht Möglichkeiten der schnellen telefonischen Informationsbeschaffung verfügbar waren und hätten erwogen werden müssen, die ein Problem der Schweigepflicht nicht aufwarfen (s.o., III.1.b)), wird damit nicht Stellung genommen. Ob auch insoweit die Grenzen der Befugnis eines Rechtsbeschwerdegerichts überschritten wären, wenn denn eine Feststellung mit potentiell rechtfertigender Bedeutung vorläge, ist daher ohne Belang.

IV.

30

Der Beschluss des Landgerichts vom 7. Dezember 2011 und der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 15.Februar 2012 beruhen auf dem festgestellten Grundrechtsverstoß. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass diese Beschlüsse zumindest im Ergebnis alternativlos waren und die Verfassungsbeschwerde daher nicht zur Entscheidung anzunehmen ist, weil der Beschwerdeführer auch im Fall einer stattgebenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit seinem Rechtsschutzbegehren vor den Fachgerichten letztlich keinen Erfolg haben könnte (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Von einer Aussichtslosigkeit der weiteren Rechtsverfolgung vor den Fachgerichten ist insbesondere nicht deshalb auszugehen, weil im Ergebnis feststünde, dass die Justizvollzugsanstalt berechtigt war, den Beschwerdeführer auf die Einholung einer andersartigen als der vorgelegten Bescheinigung zu verweisen (s. unter III.1.b)).

V.

31

1. Die Beschlüsse des Landgerichts vom 7. Dezember 2011 und des Oberlandesgerichts vom 15. Februar 2012 sind nach alledem gemäß § 93c Abs. 2, § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben, und das Verfahren ist an das Landgericht zurückzuverweisen.

32

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

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Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 116 Rechtsbeschwerde


(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. (2) Die Re

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 109 Antrag auf gerichtliche Entscheidung


(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93


(1) Die Verfassungsbeschwerde ist binnen eines Monats zu erheben und zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung oder formlosen Mitteilung der in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung, wenn diese nach den maßgebenden verfahrensrechtlichen

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 115 Gerichtliche Entscheidung


(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die na

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 114 Aussetzung der Maßnahme


(1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung. (2) Das Gericht kann den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesen

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 35 Urlaub, Ausgang und Ausführung aus wichtigem Anlaß


(1) Aus wichtigem Anlaß kann der Anstaltsleiter dem Gefangenen Ausgang gewähren oder ihn bis zu sieben Tagen beurlauben; der Urlaub aus anderem wichtigen Anlaß als wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder wegen des Todes eines Angehörigen darf

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 90 Fesselung


In der Regel dürfen Fesseln nur an den Händen oder an den Füßen angelegt werden. Im Interesse des Gefangenen kann der Anstaltsleiter eine andere Art der Fesselung anordnen. Die Fesselung wird zeitweise gelockert, soweit dies notwendig ist.

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Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 25. Nov. 2010 - 2 BvR 2111/09

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Gründe 1 Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG), weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 ; 96, 245 )

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Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 16. März 2014 - 2 BvR 2381/13

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Tenor Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer ein

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Tenor Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird auch für das zweitinstanzliche Verfahren auf 5.000 Euro festgesetzt. 1G r ü n d e : 2Der Antrag auf Zulassung der

Referenzen

(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlaß einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden.

(2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Dient die vom Antragsteller begehrte oder angefochtene Maßnahme der Umsetzung des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches im Vollzug der Sicherungsverwahrung oder der ihr vorausgehenden Freiheitsstrafe, so ist dem Antragsteller für ein gerichtliches Verfahren von Amts wegen ein Rechtsanwalt beizuordnen, es sei denn, dass wegen der Einfachheit der Sach- und Rechtslage die Mitwirkung eines Rechtsanwalts nicht geboten erscheint oder es ersichtlich ist, dass der Antragsteller seine Rechte selbst ausreichend wahrnehmen kann. Über die Bestellung und einen Widerruf entscheidet der Vorsitzende des nach § 110 zuständigen Gerichts.

(1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Das Gericht kann den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird und ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug nicht entgegensteht. Das Gericht kann auch eine einstweilige Anordnung erlassen; § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidungen sind nicht anfechtbar; sie können vom Gericht jederzeit geändert oder aufgehoben werden.

(3) Der Antrag auf eine Entscheidung nach Absatz 2 ist schon vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung zulässig.

(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die nach Herkunft und Datum genau zu bezeichnen sind, verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Das Gericht kann von einer Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1a) Das Gericht kann anordnen, dass eine Anhörung unter Verzicht auf die persönliche Anwesenheit des Gefangenen zeitgleich in Bild und Ton in die Vollzugsanstalt und das Sitzungszimmer übertragen wird. Eine Aufzeichnung findet nicht statt. Die Entscheidung nach Satz 1 ist nicht anfechtbar.

(2) Soweit die Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht die Maßnahme auf. Ist die Maßnahme schon vollzogen, kann das Gericht auch aussprechen, daß und wie die Vollzugsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat, soweit die Sache spruchreif ist.

(3) Hat sich die Maßnahme vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht auf Antrag aus, daß die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(4) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung der Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Vollzugsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Anderenfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(5) Soweit die Vollzugsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(1) Aus wichtigem Anlaß kann der Anstaltsleiter dem Gefangenen Ausgang gewähren oder ihn bis zu sieben Tagen beurlauben; der Urlaub aus anderem wichtigen Anlaß als wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder wegen des Todes eines Angehörigen darf sieben Tage im Jahr nicht übersteigen. § 11 Abs. 2, § 13 Abs. 5 und § 14 gelten entsprechend.

(2) Der Urlaub nach Absatz 1 wird nicht auf den regelmäßigen Urlaub angerechnet.

(3) Kann Ausgang oder Urlaub aus den in § 11 Abs. 2 genannten Gründen nicht gewährt werden, kann der Anstaltsleiter den Gefangenen ausführen lassen. Die Aufwendungen hierfür hat der Gefangene zu tragen. Der Anspruch ist nicht geltend zu machen, wenn dies die Behandlung oder die Eingliederung behindern würde.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

In der Regel dürfen Fesseln nur an den Händen oder an den Füßen angelegt werden. Im Interesse des Gefangenen kann der Anstaltsleiter eine andere Art der Fesselung anordnen. Die Fesselung wird zeitweise gelockert, soweit dies notwendig ist.

(1) Die Verfassungsbeschwerde ist binnen eines Monats zu erheben und zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung oder formlosen Mitteilung der in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung, wenn diese nach den maßgebenden verfahrensrechtlichen Vorschriften von Amts wegen vorzunehmen ist. In anderen Fällen beginnt die Frist mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht zu verkünden ist, mit ihrer sonstigen Bekanntgabe an den Beschwerdeführer; wird dabei dem Beschwerdeführer eine Abschrift der Entscheidung in vollständiger Form nicht erteilt, so wird die Frist des Satzes 1 dadurch unterbrochen, daß der Beschwerdeführer schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle die Erteilung einer in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung beantragt. Die Unterbrechung dauert fort, bis die Entscheidung in vollständiger Form dem Beschwerdeführer von dem Gericht erteilt oder von Amts wegen oder von einem an dem Verfahren Beteiligten zugestellt wird.

(2) War ein Beschwerdeführer ohne Verschulden verhindert, diese Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig. Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden eines Beschwerdeführers gleich.

(3) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz oder gegen einen sonstigen Hoheitsakt, gegen den ein Rechtsweg nicht offensteht, so kann die Verfassungsbeschwerde nur binnen eines Jahres seit dem Inkrafttreten des Gesetzes oder dem Erlaß des Hoheitsaktes erhoben werden.

(4) Ist ein Gesetz vor dem 1. April 1951 in Kraft getreten, so kann die Verfassungsbeschwerde bis zum 1. April 1952 erhoben werden.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG), weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>; 96, 245 <248>). Sie ist überwiegend unzulässig und im Übrigen unbegründet.

2

1. Zwar ist die Verfassungsbeschwerde nicht schon mangels Rechtsschutzbedürfnisses im Hinblick darauf unzulässig, dass die Termine für die begehrte Ausführung zwischenzeitlich verstrichen sind. Bei gewichtigen Grundrechtseingriffen, zu denen auch die Versagung von Vollzugslockerungen gehört, führt die Erledigung nicht zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses, sofern es sich um Eingriffe handelt, bei denen typischerweise Erledigung eintritt, bevor verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz erlangt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. August 2010 - 2 BvR 729/08 -, juris, m.w.N.).

3

2. Soweit die Verfassungsbeschwerde dahingehend auszulegen sein sollte, dass sie sich gegen die Zurückweisung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache richtet, ist sie unzulässig, weil die Erschöpfung des Rechtswegs nicht dargelegt ist (vgl. zum diesbezüglichen Darlegungserfordernis BVerfGE 112, 304 <314>). Aus dem Vortrag des Beschwerdeführers geht nicht hervor, dass eine förmliche Entscheidung in der Hauptsache ergangen wäre. Der Beschwerdeführer hat den angegriffenen Beschluss vom 6. August 2009 nicht vorgelegt. Die Wiedergabe des Inhalts dieses Beschlusses in der Verfassungsbeschwerdeschrift lässt nur erkennen, dass mit diesem Beschluss über den gestellten Eilantrag, nicht dagegen, dass auch über den Antrag zur Hauptsache entschieden wurde. Das gerichtliche Schreiben vom 6. August 2009, das dem Beschwerdeführer nach seinen Angaben zugleich mit dem angegriffenen Beschluss zugegangen ist und das er mit seiner Verfassungsbeschwerde vorgelegt hat, geht vielmehr davon aus, dass eine Entscheidung in der Hauptsache sich erübrige; solle dies nicht der Fall sein, werde um Mitteilung innerhalb einer Woche gebeten.

4

Mit seiner Anhörungsrüge vom 12. August 2009 hat der Beschwerdeführer mit umfangreichen Ausführungen zur Hauptsache deutlich gemacht, dass er eine ihm günstige Hauptsacheentscheidung erstrebt, die bereits damals angesichts des zwischenzeitlichen Verstreichens aller begehrten Ausführungstermine nur noch als Fortsetzungsfeststellungsentscheidung (§ 115 Abs. 3 StVollzG) in Betracht kam (vgl. zur Möglichkeit eines stillschweigend gestellten Fortsetzungsfestsetzungsantrages Arloth, StVollzG, 2. Aufl. 2008, § 115 Rn. 8, m.w.N.; zum Gebot einer an der recht verstandenen Interessenlage des Erklärenden orientierten Auslegung von Verfahrenserklärungen BVerfGE 122, 190 <198>). Der Beschluss vom 21. August 2009, mit dem die Strafvollstreckungskammer auf die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers hin eine Abänderung des vorausgegangenen Beschlusses ablehnte, stellt keine Entscheidung in der Hauptsache dar. Sollte diese Entscheidung tatsächlich, wie nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers anzunehmen, noch ausstehen, wird die Strafvollstreckungskammer insoweit die verfassungsrechtlichen Maßstäbe für das Fortbestehen eines Rechtsschutzinteresses nach Erledigung zu beachten haben (vgl. BVerfGE 110, 77 <86>, m.w.N.; aus dem Strafvollzug BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Juli 2010 - 2 BvR 1023/08 -, EuGRZ 2010, S. 531 ff., vom 5. August 2010 - 2 BvR 729/08 -, juris, und vom 15. November 2010 - 2 BvR 1183/09 -, juris).

5

3. Soweit der Beschwerdeführer beanstandet, dass über seinen Eilantrag kostenfällig entschieden worden sei, obwohl er seine Anträge unter den Vorbehalt der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt habe, ist die Verfassungsbeschwerde nach der Darstellung, die der Beschwerdeführer vom Gang des fachgerichtlichen Verfahrens gibt, unzulässig, weil der Grundsatz der materiellen Subsidiarität nicht gewahrt ist. Dieser Grundsatz verlangt, dass der Beschwerdeführer vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde den Rechtsweg nicht nur formell, sondern in der gehörigen Weise - unter Nutzung der gegebenen Möglichkeiten, auf die Vermeidung oder Korrektur des gerügten Grundrechtsverstoßes hinzuwirken - durchläuft (BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>). Der Beschwerdeführer hat es, soweit aus seinen Angaben ersichtlich, versäumt, die diesbezügliche Beanstandung schon mit seiner Anhörungsrüge vorzubringen.

6

4. Soweit der Beschwerdeführer sinngemäß geltend macht, seine grundrechtlichen Ansprüche auf effektiven (Art. 19 Abs. 4 GG) und chancengleichen Rechtsschutz (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG, vgl. BVerfGE 9, 124 <130 f.>; 63, 380 <395>; 122, 39 <48 f.>) seien durch die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung und die Nichtbewilligung der beantragten Prozesskostenhilfeverletzt, ist die Verfassungsbeschwerde teils unzulässig und im Übrigen unbegründet:

7

a) Soweit die Ablehnung des Eilantrages beanstandet wird, ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Die Strafvollstreckungskammer ist zu recht davon ausgegangen, dass der Erlass einer einstweiligen (Vornahme-)Anordnung eine Vorwegnahme der Hauptsache bedeutet hätte. Dem Begehren des Beschwerdeführers wäre mit einer solchen Anordnung vollständig und endgültig entsprochen worden (vgl. zur Abgrenzung BVerfGK 1, 201 <206>; 7, 403 <409>; 11, 54 <61 f.>). Anhaltspunkte dafür, dass ausnahmsweise eine Vorwegnahme der Hauptsache zulässig und geboten sein könnte (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. April 2008 - 2 BvR 338/08 -, juris), hatte der Beschwerdeführer mit seinem Eilantrag nicht beigebracht, obwohl ihm ungeachtet fehlender Rechtskunde bewusst sein musste, dass ein solcher Antrag die Darlegung von Gründen für die Eilbedürftigkeit erfordert.

8

b) Auch die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren ist danach verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. § 120 Abs. 2 StVollzG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).

9

c) Soweit es um Prozesskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren geht, ist die Verfassungsbeschwerde mangels ausreichender Begründung unzulässig. Aus der Wiedergabe des Inhalts des angegriffenen Beschlusses vom 6. August 2009 wird nicht erkennbar, ob mit diesem Beschluss eine Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag für das Hauptsacheverfahren überhaupt ergangen ist. Dies ist schon deshalb wenig wahrscheinlich, weil in dem Beschluss - jedenfalls soweit der Beschwerdeführer dessen Inhalt wiedergegeben hat - jegliche Begründung dafür fehlt, dass der Antrag des Beschwerdeführers auch in der Hauptsache ohne Erfolgsaussicht und daher auch insoweit der Prozesskostenhilfeantrag abzulehnen sei. Die Unklarheit in diesem Punkt geht zu Lasten des Beschwerdeführers, dem es oblag, innerhalb der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 (vgl. BVerfGE 21, 359 <361>) den Sachverhalt in einer Weise darzustellen, die eine Überprüfung der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde ermöglicht (vgl. BVerfGE 112, 304 <314 f.>).

10

5. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

11

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

Das Unterlassen des Landgerichts Freiburg, den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung seiner Dringlichkeit entsprechend zu behandeln, hat den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes verletzt.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

...

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde des sicherungsverwahrten Beschwerdeführers betrifft die zögerliche Behandlung eines auf ungefesselte Ausführung zu einem Gerichtstermin gerichteten Eilantrages.

2

1. Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 11. Juli 2010 bei der Justizvollzugsanstalt, in der er inhaftiert ist, die gegen ihn bestehende Fesselungsanordnung aufzuheben, da er zu einem Anhörungstermin beim Landgericht Freiburg am 28. Juli 2010, bei dem es um seine sofortige Entlassung aus der Sicherungsverwahrung gehe, ungefesselt erscheinen wolle. Die Fesselungsanordnung sei ungerechtfertigt. Eine Flucht- oder Missbrauchsgefahrbestehe nicht. Die Justizvollzugsanstalt lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass der Beschwerdeführer erst in drei Jahren die Zehnjahresfrist der Sicherungsverwahrung verbüßt haben werde. Auch sei er sehr impulsiv und habe wegen eines Eklats von der Arbeit abgelöst werden müssen. Bei einer für ihn ungünstigen Entscheidung des Landgerichts über seine Entlassung aus der Sicherungsverwahrung sei eine unangemessene Reaktion zu befürchten. Es bestehe "allgemeine Flucht- und/oder Missbrauchsgefahr".

3

2. Mit Schreiben vom 14. Juli 2010 beantragte der Beschwerdeführer gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 109 ff. StVollzG und stellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die angeführten Ablehnungsgründe seien - aus näher erläuterten Gründen - teils im Tatsächlichen unzutreffend, teils nicht tragfähig.

4

Das Antragsschreiben ging am 16. Juli 2010 beim Landgericht ein. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung und der zugehörige Eilantrag wurden dort als zwei Verfahren mit unterschiedlichen Aktenzeichen geführt.

5

Im Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung verfügte der Einzelrichter am 19. Juli 2010 die Übersendung per Fax an die Justizvollzugsanstalt mit der Bitte um Kenntnisnahme und Stellungnahme per Fax oder Email sowie die Wiedervorlage der Akte am 22. Juli 2010 "genau". Eine Fristsetzung für die Stellungnahme der Anstalt erfolgte nicht. Unter dem 20. Juli 2010 wurde, wiederum ohne Fristsetzung, im Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung die Übersendung des Antrags an die Justizvollzugsanstalt sowie die Wiedervorlage in "2 Wochen" verfügt. Eine beschleunigte Expedition, etwa per Fax, sah die Verfügung weder für die gerichtliche Übersendung des Antrags an die Justizvollzugsanstalt noch für deren Rückmeldung vor.

6

Für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung verfügte der zuständige Richter am 26. Juli 2010 eine weitere Wiedervorlage in einem Monat.

7

Mit am 23. Juli 2010 beim Oberlandesgericht Karlsruhe eingegangenem Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer "Untätigkeitsklage" und beantragte den Erlass einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, dass die Fesselungsanordnung für seine Anhörung beim Landgericht am 28. Juli 2010 aufzuheben sei.

8

Bei der am 28. Juli 2010 durchgeführten Anhörung durch das Landgericht Freiburg wurde der Beschwerdeführer gefesselt vorgeführt.

9

Mit Beschluss vom 6. August 2010 stellte das Oberlandesgericht Karlsruhe fest, dass sich die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers, mit der er sich gegen die Untätigkeit des Landgerichts Freiburg, über seine Anträge vom 15. Juli 2010 zu entscheiden, wandte, und sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rechtsbeschwerdeverfahren erledigt hätten. Dem Beschwerdeführer wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt. Dies entspreche billigem Ermessen (§ 121 Abs. 2 Satz 2 StVollzG); die Rechtsbeschwerde und der Eilantrag seien bereits deshalb unzulässig, weil sie nicht gemäß den Anforderungen des § 118 Abs. 3 StVollzG von einem Rechtsanwalt unterzeichnet oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt gewesen seien.

10

Die Justizvollzugsanstalt teilte dem Landgericht mit am 27. August 2010 - und nach weiterer richterlicher Aufforderung vom 2. September 2010 nochmals am 7. September 2010 - eingegangener Stellungnahme mit, dass der Beschwerdeführer aus Sicherheitsgründen nur gefesselt ausgeführt werden könne. Insoweit werde auf die Stellungnahme in einem anderen Verfahren - das einen anderen Untergebrachten betraf - verwiesen.

11

Gemäß Verfügung des zuständigen Richters des Landgerichts vom 31. August 2010 wurde an den Beschwerdeführer ein Schreiben des Inhalts gerichtet, dass, nachdem der Anhörungstermin am 28. Juli 2010 offenbar stattgefunden habe, der Antrag, zu diesem Termin ungefesselt vorgeführt zu werden, sich erledigt haben dürfte, und der Beschwerdeführer mitteilen möge, ob er den Antrag insoweit zurücknehmen wolle oder wie sonst damit verfahren werden solle. Der Beschwerdeführer antwortete mit Schreiben vom 13. September 2010, dass das Gericht seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung über fast zwei Monate verschleppt habe und selbstverständlich weiterhin über die Rechtmäßigkeit der Fesselung entschieden werden solle.

12

3. Mit Beschluss vom 8. November 2010 verwarf das Landgericht den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als unzulässig. Da der Termin am 28. Juli 2010 zwischenzeitlich bereits stattgefunden habe, bestehe für den Erlass der einstweiligen Anordnung kein Rechtsschutzbedürfnis mehr.

II.

13

1. Mit seiner bereits am 5. August 2010 eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die zögerliche Behandlung seines Eilantrags. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht hätten die Bearbeitung seiner Anträge vorsätzlich verzögert. Er bitte darum, beide Gerichte anzuweisen, künftig Anträge den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend zu bearbeiten.

14

2. Das Justizministerium Baden-Württemberghat erklärt, hinsichtlich der angeblichen gerichtlichen Untätigkeit von einer Stellungnahme abzusehen, und darauf hingewiesen, dass das Landgericht Freiburg mit Beschluss vom 24. November 2010 mittlerweile über die Anträge des Beschwerdeführers entschieden habe. Soweit auch die Verfügung der Justizvollzugsanstalt über die Fesselung des Beschwerdeführers Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sein sollte, könne eine Verletzung des Willkürverbots aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht festgestellt werden. Das Justizministerium verweist hierzu auf eine von ihm eingeholte Stellungnahme des Leiters der Justizvollzugsanstalt vom 9. Dezember 2010, derzufolge bei noch nicht lockerungsberechtigten Gefangenen/Sicherungsverwahrten, bei denen darüber hinaus keine Sicherungsmaßnahmen bestünden, Ausführungen außerhalb der Anstalt generell durch zwei Bedienstete in Uniform erfolgten, wobei die betreffenden Gefangenen/Sicherungsverwahrten regelmäßig an den Händen gegenläufig vor dem Körper und zusätzlich an einen Bediensteten gefesselt würden.

III.

15

Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Dauer der Bearbeitung des Eilantrags durch das Landgericht Freiburg richtet, wird sie gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b)BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt ist. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt.

16

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen; insoweit wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG von einer Begründung abgesehen.

17

1. Soweit die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung angenommen wird, ist sie zulässig.

18

a) Dem steht nicht entgegen, dass der Termin, auf den sich der beim Landgericht gestellte Eilantrag bezog, inzwischen verstrichen ist.

19

Es ist bereits fraglich, ob hiermit hinsichtlich des mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Rechtsschutzbegehrens Erledigung eingetreten ist, denn der Beschwerdeführer verfolgt mit der Verfassungsbeschwerde nicht dasselbe Rechtsschutzziel wie mit seinem Eilantrag im fachgerichtlichen Verfahren, sondern beanstandet gerade, dass das Landgericht über seinen Eilantrag nicht vor Eintritt der Erledigung des mit diesem Antrag verfolgten Rechtsschutzziels entschieden hat.

20

Diese Frage kann offen bleiben, denn selbst wenn davon auszugehen wäre, dass sich mit der Erledigung des Rechtsbegehrens, das der Beschwerdeführer mit seinem Eilantrag im fachgerichtlichen Verfahren verfolgt hatte, auch das mit der Verfassungsbeschwerde verfolgte Rechtsschutzbegehren erledigt hat, ist damit das Rechtsschutzinteresse für das Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht entfallen.

21

aa) Sofern ein gewichtiger Grundrechtsverstoß in Rede steht, besteht das Rechtsschutzinteresse für eine Verfassungsbeschwerde fort, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich typischerweise auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen kann (vgl. BVerfGE 110, 77; 117, 244 <268>; stRspr). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

22

Rügt der Beschwerdeführer, ihm sei vorläufiger Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit verweigert worden, so macht er jedenfalls dann einen gewichtigen Grundrechtsverstoß geltend, wenn die Maßnahmen, gegen die sich das Begehren von Eilrechtsschutz richtet, ihrerseits gewichtig sind (Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 7. September 1994 - 2 BvR 1958/93 -, ZfStrVo 1995, S. 371 <374>).

23

Bei einer Fesselungsanordnung handelt es sich um einen bereits für sich genommen gewichtigen Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Juni 2007 - 2 BvR 2395/06 -, juris, Rn. 17). Betrifft die Anordnung, wie hier, die Vorführung eines Gefangenen zu einem Gerichtstermin, so kommt erschwerend noch hinzu, dass die Fesselung während der Dauer eines Gerichtstermins die Rechtsverteidigung des Betroffenen behindern kann, beispielsweise dadurch, dass das Anfertigen von Notizen erschwert oder unmöglich gemacht wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. April 2011 - 2 BvR 2374/10 -, juris). Bei der Fesselungsart, die nach der vom Justizministerium übersandten Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt in Fällen wie dem des Beschwerdeführers üblich ist, liegt eine solche behindernde Wirkung auf der Hand. Der Fall bietet Anlass, darauf hinzuweisen, dass dies die Justizvollzugsanstalten und die Fachgerichte veranlassen müsste, jeweils zu prüfen, ob auch im Fall einer ansonsten gerechtfertigten Fesselungsanordnung nicht wenigstens deren Aufhebung für den Teil eines Gerichtstermins möglich ist, in dem die Fesselung sich besonders behindernd auswirken würde (vgl. zur Ungeklärtheit einer entsprechenden Anordnungskompetenz des Gerichtsvorsitzenden BVerfG, a.a.O.).

24

bb) Es liegt in der Natur einer Verfassungsbeschwerde, mit der geklärt werden soll, ob Grundrechte durch die Verzögerung einer fachgerichtlichen Entscheidung über den Erledigungszeitpunkt hinaus verletzt worden sind, dass der Beschwerdeführer eine verfassungsgerichtliche Entscheidung hierüber nicht vor diesem Zeitpunkt erlangen kann.

25

Unabhängig davon darf zudem der Umstand, dass die Fachgerichte und das Bundesverfassungsgericht oft nicht zu einer Entscheidung innerhalb kurzer Zeit in der Lage sind, nicht dazu führen, dass eine Verfassungsbeschwerde allein wegen des vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenden Zeitablaufs als unzulässig verworfen wird und auf diese Weise eine nachhaltig in die Rechte eines Betroffenen eingreifende fachgerichtliche Untätigkeit der Fachgerichte der verfassungsrechtlichen Überprüfung entzogen wird (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. November 2010 - 2 BvR 1183/09 -, juris; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. September 1999 - 2 BvR 1897/95 u.a. -, NJW 2000, S. 273). Der Rechtsschutz würde insbesondere dann in unzumutbarer Weise verkürzt, wenn die Gerichte sich durch die Verzögerung einer Entscheidung über den Zeitpunkt der Erledigung des Rechtsschutzbegehrens hinaus zugleich der Überprüfung, ob die eigene Verfahrensführung dem Anspruch des Rechtsschutzsuchenden auf effektiven Rechtsschutz gerecht geworden ist, entziehen könnten.

26

b) Das Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers wird auch dadurch nicht berührt, dass das Landgericht nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde über den Eilantrag des Beschwerdeführers entschieden hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. September 1994 - 2 BvR 1958/93 -, ZfStrVo 1995, S. 371 <373>).

27

2. Soweit die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung angenommen wird, ist sie nach Grundsätzen, die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt sind, in einem die Kammerzuständigkeit begründenden Sinne offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Die zögerliche Behandlung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Landgericht hat den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt.

28

a) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern gibt dem Rechtsschutzsuchenden Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 35, 382 <401 f.>; 37, 150 <153>; 101, 397 <407>; stRspr). Wirksam ist nur ein Rechtsschutz, der innerhalb angemessener Zeit gewährt wird. Namentlich der vorläufige Rechtsschutz im Eilverfahren hat so weit wie möglich der Schaffung vollendeter Tatsachen zuvorzukommen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können, wenn sich eine Maßnahme bei endgültiger richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist (vgl. BVerfGE 37, 150 <153>; 65, 1 <70>).

29

Hieraus ergeben sich für die Gerichte Anforderungen an die Auslegung und Anwendung der jeweiligen Gesetzesbestimmungen über den Eilrechtsschutz (vgl. BVerfGE 49, 220 <226>; 77, 275 <284>; 93, 1 <13 f.>; stRspr). Wo die Dringlichkeit eines Eilantrages es erfordert, muss das angerufene Gericht, wenn es eine Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt einholt, die für eine rechtzeitige Entscheidung erforderliche Zügigkeit der Kommunikation sicherstellen, indem es etwa für Übermittlungen per Fax sorgt, Informationen telefonisch erbittet, der Justizvollzugsanstalt die notwendige kurze Frist setzt und Vorkehrungen zur Prüfung und Sicherung eines fristgerechten Eingangs der Stellungnahme trifft (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Juni 2007 - 2 BvR 2395/06 -, juris, und vom 30. April 1993 - 2 BvR 1605/92 u.a. -, juris).

30

b) Diesen Anforderungen ist das Landgericht nicht gerecht geworden. Nachdem es auf den Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 11. Juli 2010 hin, der sowohl den auf Aufhebung der Fesselungsanordnung zu dem anstehenden Gerichtstermin vom 28. Juli 2010 gerichteten Eilantrag als auch den zugehörigen Hauptsacheantrag enthielt, getrennte Verfahren zu den beiden Anträgen eröffnet hatte, hat es - offenbar in Verwechselung der beiden Verfahren - nur in dem Hauptsacheverfahren eine Faxübermittlung an die Justizvollzugsanstalt verfügt und die Wiedervorlage zu einem Termin verfügt, zu dem - jedenfalls bei zwischenzeitlich erfolgtem Eingang der Stellungnahme - noch eine rechtzeitige Entscheidung über den Eilantrag möglich gewesen wäre. Eine Frist für die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt hat das Gericht allerdings auch in diesem als das eilbedürftigere behandelten Verfahren nicht gesetzt. In dem Eilverfahren hat es die Übermittlung des Antrags an die Justizvollzugsanstalt erst einen Tag später verfügt, der Anstalt ebenfalls keine Frist gesetzt, die Wiedervorlage zu einem späteren Termin als dem, auf den sich der Eilantrag bezog, verfügt und auch sonst keine Vorkehrungen zur Beschleunigung des Verfahrens getroffen. Als ihm die Akte zum Verfahren über den Hauptsacheantrag gemäß der in diesem Verfahren ergangenen kurzfristigen Wiedervorlageverfügung nach wenigen Tagen wieder vorgelegt wurde, hat es, obwohl der begangene Fehler schon wegen der Kurzfristigkeit der Wiedervorlage bei dieser Gelegenheit hätte auffallen müssen, dies nicht zum Anlass für eine Korrektur und besondere Bemühung um eine noch rechtzeitige Entscheidung in dem Eilverfahren genommen, sondern die erneute Wiedervorlage in einem Monat verfügt. Auch wenn es sich bei dieser unterbliebenen Korrektur wiederum um ein bloßes Versehen gehandelt haben sollte und Versehen dieser Art auch in einem geordneten Justizbetrieb und bei pflichtbewusst arbeitenden Richtern unweigerlich einmal vorkommen, ändert dies nichts daran, dass durch die Art und Weise der Behandlung seines Eilantrags der Anspruch des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz verletzt wurde.

IV.

31

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Da die Verfassungsbeschwerde im Wesentlichen Erfolg hat, ist es angemessen, dem Land die Erstattung der gesamten notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers aufzuerlegen (vgl. BVerfGE 32, 1 <39>; 53, 366 <407>; BVerfGK 9, 390 <399>).

Tenor

Die Beschlüsse des Landgerichts München I vom 24. März 2010 - 15 Qs 13/10 - und des Amtsgerichts München vom 5. März 2010 - ER V Gs 1493/10 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen.

...

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft den fernmündlichen Verkehr zwischen einem Untersuchungsgefangenen und seinem Verteidiger.

I.

2

1. Die Beschwerdeführerin wurde am 9. Dezember 2009 wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr in der Justizvollzugsanstalt München in Untersuchungshaft genommen. Am selben Tag traf die Ermittlungsrichterin folgende Anordnung zum Vollzug der Untersuchungshaft mit Geltung ab 1. Januar 2010:

3

"I. Gemäß § 119 Abs. 1 StPO wird angeordnet: (...)

4

2. Telekommunikation:

5

a) Die Telekommunikation bedarf der Erlaubnis

6

b) Die Telekommunikation ist zu überwachen (...)

7

II. Zuständige Stelle:

8

Die Ausführung der Anordnungen gemäß Ziffer I dieses Beschlusses wird gemäß § 119 Abs. 2 Satz 2 StPO widerruflich auf die Staatsanwaltschaft München I übertragen. (...)"

9

In den Gründen des Beschlusses heißt es unter anderem:

10

"Der Verkehr des/der Beschuldigten mit dem Personenkreis gemäß § 119 Abs. 4 Sätze 1 und 2StPO (insbesondere Verteidiger) bleibt unberührt. Die Entscheidung, ob die Voraussetzungen hierzu vorliegen, trifft die zuständige Stelle (vgl. Ziffer II)."

11

2. Mit zwei Fernschriften vom 16. Februar 2010 beantragte der Verteidiger der Beschwerdeführerin bei der Justizvollzugsanstalt die Genehmigung für ein fernmündliches Gespräch mit seiner Mandantin an einem der nachfolgenden Tage. Die Justizvollzugsanstalt lehnte eine Genehmigung ab, weil es einer richterlichen Genehmigung bedürfe. Der Verteidiger beantragte sodann mit Schreiben vom 3. März 2010 die richterliche Genehmigung eines fernmündlichen Gesprächs mit seiner Mandantin. Bisher habe er dreimal die Gelegenheit zu solchen Gesprächen von je etwa fünfminütiger Dauer gehabt, um verteidigungsrelevante Fragen zu erörtern. Das nunmehr beantragte Telefonat sei zur Fertigung eines Schriftsatzes erforderlich. Wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses und aus wirtschaftlichen Gründen könne kein weiterer Verteidiger einbezogen werden. Brieflicher Verkehr sei unzureichend, weil Fragen im direkten Dialog zu klären seien. Unabhängig davon, dass die Forderung der Angabe von Gründen für die Durchführung eines Verteidigertelefonats die anwaltliche Schweigepflicht berühre, habe er bereits angegeben, dass er mit der Beschwerdeführerin die Reaktion auf die Ablehnung der Außervollzugsetzung des Haftbefehls besprechen wolle.

12

3. Mit angegriffenem Beschluss vom 5. März 2010 lehnte die Ermittlungsrichterin den Antrag ab. Aus Gründen der Anstaltssicherheit und der Gleichbehandlung könne die Erlaubnis zum fernmündlichen Verkehr nur erteilt werden, wenn ein gewichtiger Grund vorliege. Fernmündliche Gespräche seien mit einem erheblichen, die Anstaltssicherheitgefährdenden personellen und organisatorischen Aufwand verbunden und könnten aus Sicherheitsgründen nur aus dem Geschäftszimmer der Dienstleitung und im Beisein eines Vollzugsbediensteten erfolgen. Die Erteilung der Erlaubnis zöge zahlreiche gleichartige Anträge anderer Gefangener nach sich, denen dann ebenso nachzukommen wäre. Zudem bestehe für das Strafverfahren und die Anstaltssicherheit ein Risiko, weil sich nicht mit Sicherheit feststellen lasse, ob der Gesprächspartner tatsächlich der Verteidiger oder eine sonstige, gegebenenfalls verfahrensrelevante Person sei. Gewichtige Gründe, welche das fernmündliche Gespräch notwendig erscheinen ließen, seien nicht ersichtlich. Dass bereits drei Telefonate stattgefunden hätten, rechtfertige nicht die Erwartung einer Fortsetzung dieser Praxis. Der Beschwerdeführerin seien die praktischen Nachteile der Wahl eines ortsfremden Verteidigers bekannt. Ein beschleunigter Informationsaustausch sei durch Beauftragung eines ortsansässigen Korrespondenzanwalts oder im Wege des Schriftverkehrs möglich. Da seit der Ablehnung des Antrags auf Aussetzung des Haftbefehls fast ein Monat vergangen sei, sei die Besprechung einer Reaktion auf diesen Beschluss zumindest nicht dringlich.

13

4. Mit der gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde rügte der Verteidiger eine Verkürzung der Verteidigungsrechte. Die Beschränkung der Genehmigung fernmündlichen Verteidigerkontakts auf Ausnahmefälle widerspreche der Gesetzeslage, die eine Beschränkung der Telekommunikation nur im Ausnahmefall erlaube. Die organisatorischen Belange der Justizvollzugsanstalt genügten nicht, um das Telefonat abzulehnen.

14

Mit angegriffenem Beschluss verwarf die Strafkammer die Beschwerde "aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses" und ergänzte, dass die Ausführung der Anordnung über den Vollzug der Untersuchungshaft der Ermittlungsrichterin oblegen habe, weshalb die etwaige Erlaubniserteilung durch die Justizvollzugsanstalt rechtswidrig gewesen sei, zumal der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr eine strenge, in der Praxis kaum durchführbare Identitätsprüfung erfordere.

15

5. Nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde wurde die Beschwerdeführerin durch die Wirtschaftsstrafkammer zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Der Haftbefehl wurde aufgehoben und die Beschwerdeführerin aus der Untersuchungshaft entlassen.

II.

16

1. Mit ihrer fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und Art. 3 Abs. 1 GG (Willkürverbot). In der Sache rügt sie zudem die Verletzung ihres Rechts auf effektive Verteidigung.

17

Der Vollzug der Untersuchungshaft müsse die in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistete persönliche Freiheit beachten. Die angegriffenen Entscheidungen hätten willkürlich verkannt, dass die Untersagung des Telefonverkehrs mit dem Verteidiger besonderer Begründung bedürfe. Die Wahl des Verteidigers sei frei, weswegen der Staat auch ortsfernen Verteidigern effektive Verteidigungsmöglichkeiten gewährleisten müsse. Dies schließe die Ermöglichung von Verteidigertelefonaten ein, weil die Dynamik des Ermittlungsverfahrens und die teils verzögerte Erkenntnis des Beschuldigten von der Relevanz zuvor unterschätzter Sachverhaltsmomente das Bedürfnis nach mehrfachem Informationsaustausch mit dem Verteidiger erhöhten. Die Mehrkosten für die zusätzliche Mandatierung eines ortsnahen Korrespondenzanwalts seien unzumutbar. Zudem wisse kein Festgenommener, in welcher Vollzugsanstalt er inhaftiert und wie sich dies in Zukunft verändern werde.

18

Eine Identitätsprüfung des Gesprächspartners sei technisch möglich. Dass ein Strafverteidiger den Hörer an Dritte weiterreichen könnte, rechtfertige die Beschränkung nicht; der Verteidiger genieße als Organ der Rechtspflege einen Vertrauensvorschuss, solange nicht konkrete Anhaltspunkte gegen seine Integrität sprächen. Auf derartige Anhaltspunkte stützten sich die angegriffenen Entscheidungen jedoch nicht.

19

Soweit die angegriffenen Entscheidungen auf eine Gefährdung der Anstaltsordnung abstellten, sei zu erinnern, dass Untersuchungsgefangene nur den unvermeidlichen Beschränkungen unterworfen werden dürften, weswegen Grundrechtseingriffe eine reale Gefährdung der Haftzwecke voraussetzten. Hieran fehle es im Fall eines Verteidigertelefonats. Der hierzu erforderliche personelle und sächliche Aufwand entbinde den Staat nicht von seiner Pflicht, Untersuchungsgefangenen eine effektive Verteidigung zu ermöglichen.

20

2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutzerachtet die Verfassungsbeschwerde für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.

21

a) Die Beschwerdeführerin gebe nicht an, in welchem Grundrecht sie verletzt sei. Ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG sei nicht schlüssig dargetan, weil Maßnahmen im Vollzug der Untersuchungshaft nicht an Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG zu messen seien. Für die Rüge eines Verstoßes gegen das Recht auf effektive Verteidigung fehle, nachdem der Untersuchungshaftbefehl aufgehoben worden sei, das Rechtsschutzbedürfnis.

22

b) Jedenfalls sei die Verfassungsbeschwerde unbegründet.

23

Das Recht auf effektive Verteidigung gewährleiste keinen Anspruch auf uneingeschränkten Kontakt eines Beschuldigten in der vom Verteidiger bevorzugten Kommunikationsart.Es genüge, wenn der Beschuldigte über das eigene Prozessverhalten nach fachlicher Beratung entscheiden und sachdienliche Anträge stellen könne. Die von den angegriffenen Entscheidungen nicht ausgeschlossene Möglichkeit von Verteidigertelefonaten in Dringlichkeitsfällen sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach der gesetzgeberischen Konzeption sei nur scheinbar mit dem Verteidiger geführte Kommunikation zu unterbinden. Es bestehe zudem nur ein Anspruch auf Überwachungsfreiheit der Verteidigerkommunikation.

24

Die Beschränkung auf dringende Verteidigertelefonate sei auch sachlich gerechtfertigt. Sei Untersuchungshaft wegen Verdunkelungsgefahr angeordnet, müsse genau kontrolliert werden, mit wem der Beschuldigte in Kontakt trete. Die Beschränkung sei insbesondere angesichts knapper personeller und sächlicher Mittel erforderlich. Die für die Ermöglichung von Verteidigertelefonaten allein in Betracht kommenden Dienstapparate stünden für die Gesprächsdauer nicht für dienstliche Zwecke zur Verfügung. Das Vollzugspersonal müsse während des Gesprächs sicherstellen, dass Gesprächspartner tatsächlich der Verteidiger sei und der Gefangene keinen Zugriff auf im Dienstzimmer vorhandene Vorgänge oder Gegenstände nehme. Die Grundsätze des Ehegattenbesuchs ließen sich nicht auf die Verteidigerkommunikation übertragen, da letztere keinem Selbstzweck diene und effektive Verteidigung auch durch unmittelbaren Kontakt gewährleistet werden könne. Im Strafverfahren, dem die Abfassung umfangreicher Schriftsätze mit entsprechendem Rücksprachebedarf ohnehin eher fremd sei, drohe auch keine Präklusion. Das primär als Abwehrrecht zu verstehende Recht auf effektive Verteidigung gebiete keine Ausweitung sächlicher Mittel zur Ermöglichung von Verteidigerferngesprächen. Nur in Ausnahmefällen begründe es Leistungsansprüche, welche der Staat bezogen auf den Verteidigerkontakt durch Ermöglichung von Verteidigerbesuchen erfülle. Die Ermöglichung von Verteidigertelefonaten entspreche auch nicht dem von diesem Recht sichergestellten Bild einer Strafverteidigung, da das vertrauliche Gespräch unter vier Augen hier zu kurz komme. Da Entscheidungen stets sowohl dem Beschuldigten als auch seinem Verteidiger bekanntzugeben seien, bestehe ein geringer Bedarf nach Informationsaustausch. Dies gelte auch für Beschuldigte, die sich eines ortsfernen Verteidigers bedienten. Für die Wahl eines ortsfernen Verteidigers sei der Beschuldigte selbst verantwortlich. Er könne zudem einen Korrespondenzanwaltmandatieren. Überdies bestehe kein Recht auf unbedingte Gewährleistung der Verteidigung durch den Anwalt, den der Beschuldigte für am besten geeignet hält.

25

3. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens haben der Kammer vorgelegen.

B.

I.

26

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung(§ 93 c Abs. 1 BVerfGG) liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (s. unter II.2.). Nach diesen Grundsätzen ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und in einem die Zuständigkeit der Kammer begründenden Sinn offensichtlich begründet.

II.

27

1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht es nicht entgegen, dass der gegen die Beschwerdeführerin erlassene Haftbefehl inzwischen außer Kraft gesetzt ist. Bei gewichtigen Grundrechtseingriffen ist vom Fortbestehen des Rechtsschutzbedürfnisses im Verfassungsbeschwerdeverfahren auch dann auszugehen, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen konnte (vgl. BVerfGE 117, 244 <268>; BVerfGK 11, 54 <59>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 24. Januar 2008 - 2 BvR 1661/06 -, juris). Gewichtig im hier maßgeblichen Sinne können neben Grundrechtseingriffen, die das Grundgesetz unter Richtervorbehalt gestellt hat (vgl. BVerfGE 96, 27 <40>; 104, 220 <233>; 117, 244 <269>), auch Eingriffe in andere Grundrechte sein (vgl. nur BVerfGE 110, 77 <86>; BVerfGK 11, 54 <59>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Juli 2010 - 2 BvR 1023/08 -, NJW 2011, S. 137 <138>; Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 15. März 2006 - 2 BvR 1419/05 -, juris, vom 28. September 1999 - 2 BvR 1897/95 u.a. -, NJW 2000, S. 273, und vom 14. Februar 1994 - 2 BvR 2091/93 -, juris).

28

Danach kann der Beschwerdeführerin ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse nicht abgesprochen werden. Wegen der typischerweise kurzen Dauer der Untersuchungshaft kann ein Untersuchungsgefangener nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine stattgebende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Maßnahmen in deren Vollzug nicht erlangen, während die Untersuchungshaft noch andauert. Entfiele das Rechtsschutzbedürfnis für Verfassungsbeschwerden, die Maßnahmen im Vollzug der Untersuchungshaft betreffen, jeweils mit dem Übergang des Betroffenen in die Strafhaft oder mit einer aufgrund dessen erfolgenden Verlegung, so fiele ein wirksamer verfassungsgerichtlicher Grundrechtsschutz in diesem Bereich weitgehend aus (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. November 2010 - 2 BvR 1183/09 -, juris). Angesichts der herausragenden Bedeutung des Zugangs eines Beschuldigten zu dem Verteidiger seines Vertrauens (vgl. BVerfGE 15, 226 <234>; 34, 293 <302 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Dezember 2008 - 2 BvR 2341/08 -, juris) und des daraus folgenden Gewichts von Grundrechtseingriffen, die die Kommunikation mit dem Verteidiger betreffen, entfällt das Rechtsschutzinteresse auch nicht deshalb, weil der gerügte Grundrechtseingriff nicht die erforderliche Schwere erreichte.

29

2. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.

30

a) Maßnahmen, die den freien Kontakt zwischen dem Beschuldigten und seinem Verteidiger behindern, berühren das Recht auf ein faires Verfahren (vgl. BVerfGE 49, 24 <55>), das seine Grundlage im Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip hat (vgl. BVerfGE 26, 66 <71>; 38, 105 <111>; 40, 95 <99>; 65, 171 <174>; 66, 313 <318>; 77, 65 <76>; 86, 288 <317>). Das Recht auf ein faires Verfahren, dem in vieler Hinsicht auf unterschiedliche Weisen Rechnung getragen werden kann, in einer den sachlichen Gegebenheiten angemessenen Weise zu konkretisieren, ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Juni 2010 - 2 BvR 432/07 u.a. -, NJW 2011, S. 591 <592 f.>). Werden die das Recht auf ein faires Verfahren ausgestaltenden Vorschriften der Strafprozessordnung missachtet oder berücksichtigen die Gerichte bei ihrer Auslegung und Anwendung nicht hinreichend die Tragweite des Rechtsstaatsgebots, so ist das Recht auf ein faires Verfahren verletzt (vgl. zu den Vorschriften über die Mitwirkung des Verteidigers BVerfGE 65, 171 <174, 175 f.>; 66, 313 <318, 319 f.>).

31

b) Ein solcher Fall liegt hier vor.

32

aa) Der Gesetzgeber hat das Recht des Beschuldigten auf ein faires Verfahren mit § 148 Abs. 1 StPO dahingehend konkretisiert, dass auch dem inhaftierten Beschuldigten schriftlicher und mündlicher Verkehr mit dem Verteidiger gestattet ist. Eine - eng auszulegende (vgl. BGHSt 36, 205 <208 f.> m.w.N.) - Ausnahme sieht § 148 Abs. 2 StPO lediglich für Fälle des dringenden Verdachts einer Straftat nach § 129a StGB, auch in Verbindung mit § 129b StGB, vor. Unabhängig von der Frage, inwieweit dies Beschränkungen der Häufigkeit telefonischer Kontaktaufnahme zwischen dem Beschuldigten und seinem Verteidiger aus Gründen der Anstaltsordnung zulässt (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 21. September 1994 - 1 Ws 197/94 -, StV 1995, S. 260 f.; KG, Beschluss vom 2. November 2001 - 1 AR 1192/00 u.a. -, juris; OLG Rostock, Beschluss vom 2. April 2003 - I Ws 118/03 -, juris; LG Dresden, Beschluss vom 6. September 2011 - 5 Qs 110/11 -, StraFo 2011, S. 393 <394>; zur notwendigen Sicherstellung der Verteidigereigenschaft OLG Köln, Beschluss vom 12. August 2010 - 2 Ws 498/10 -, NStZ 2011, S. 55), ist danach für die nicht von § 148 Abs. 2 StPO erfassten Fälle jedenfalls eine Überwachung stattfindender Telefonate zwischen einem Beschuldigten und seinem nicht selbst tat- oder teilnahmeverdächtigen Verteidiger ausgeschlossen (vgl. BGHSt 33, 347 <350> m.w.N. zur Frage der Überwachung nach § 100a StPO; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. 2011, § 148 Rn. 16; Laufhütte, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. Aufl. 2008, § 148 Rn. 7; Julius, in: Heidelberger Kommentar zur StPO, 4. Aufl. 2009, § 148 Rn. 9; Lüderssen/Jahn, in: Löwe-Rosenberg, StPO, Bd. 4, 26. Aufl. 2007, § 148 Rn. 14).

33

Die Neufassung des § 119 Abs. 1 StPO durch das Gesetz zur Änderung des Untersuchungshaftrechts vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2274), gemäß dessen Art. 8 Abs. 1 in Kraft getreten am 1. Januar 2010, hat daran nichts geändert. § 119 Abs. 1 StPO n.F. ermöglicht Beschränkungen der Telekommunikation von Untersuchungsgefangenen zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr. § 119 Abs. 4 Satz 1 StPO n.F. bestimmt jedoch ausdrücklich, dass die §§ 148, 148a StPO unberührt bleiben. Damit wird klargestellt, dass Maßnahmen nach § 119 Abs. 1 StPO n.F., soweit sie den durch § 148 Abs. 1 StPO garantierten freien Verkehr des Gefangenen mit seinem Verteidiger einschränken würden, nach wie vor nur in dem durch § 148 Abs. 2 StPO bestimmten Ausmaß zulässig sind (vgl. BTDrucks 16/11644, S. 28).

34

Unabhängig von der durch die angegriffenen Beschlüsse nicht beantworteten Frage, ob als Rechtsgrundlage der hier umstrittenen Beschränkung § 119 Abs. 1 StPO n.F. oder der zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidungen im Freistaat Bayern gemäß Art. 125a Abs. 1 GG als Rechtsgrundlage für haftvollzugsrechtliche Maßnahmen fortgeltende § 119 Abs. 3 StPO a.F. in Betracht kam (zum kompetenzrechtlichen Hintergrund, zur Abgrenzung zwischen strafverfahrenssichernden und haftvollzugsrechtlichen Eingriffsgrundlagen und zu möglichen Überschneidungen vgl. BTDrucks 16/11644, S. 23), konnte daher die angegriffene Versagung des Telefonkontakts zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Verteidiger jedenfalls nicht - ohne jede Auseinandersetzung mit den Vorgaben des § 148 StPO - mit der Erwägung gerechtfertigt werden, Telefongespräche zwischen Gefangenen und ihrem Verteidiger seien allgemein nur unter Überwachung zuzulassen und daher wegen des damit verbundenen organisatorischen und personellen Aufwandes aus einem Anlass der von der Beschwerdeführerin angeführten Art nicht genehmigungsfähig.

35

bb) Soweit die angegriffenen Entscheidungen sich darauf berufen, dass nicht in der gebotenen Weise sicherzustellen sei, ob es sich bei einem telefonischen Gesprächspartner tatsächlich um den Verteidiger handele, ist dies jedenfalls nicht ohne nähere Darlegung nachvollziehbar. Die gewünschte telefonische Verbindung kann unter Nutzung der Telefonnummer, die der als solcher ausgewiesene Verteidiger angegeben hat, von der Justizvollzugsanstalt selbst hergestellt werden. Die Annahme, es sei grundsätzlich nicht hinreichend gewährleistet, dass es sich bei einer auf diesem Wege erreichten Person, die der Verteidiger zu sein behauptet, tatsächlich um den Verteidiger handelt, bedürfte näherer Begründung, die sich auch damit auseinanderzusetzen hätte, dass der Strafverteidiger kraft seiner Stellung als Organ der Rechtspflege nach geltendem Recht einen Vertrauensvorschuss genießt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Januar 2006 - 2 BvR 2/06 -, NJW 2006, S. 1500 <1501>; vgl.auchEGMR, Urteil vom 28. November 1991, S. ./. Schweiz, Beschwerde Nr. 12629/87 u.a., Rn. 48; Urteil vom 25. März 1992, Campbell ./. Vereinigtes Königreich, Beschwerde Nr. 13590/88, Rn. 46; Urteil vom 12. Mai 2005, Öcalan ./. Türkei, Beschwerde Nr. 46221/99, Rn. 133; Urteil vom 13. März 2007, Castravet ./. Moldawien, Beschwerde Nr. 23393/05, Rn. 49 f.; zur Frage des Missbrauchsausschlusses BGH, Beschluss vom 17. Mai 2011 - 1 StR 208/11 -, NStZ 2011, S. 592).

36

cc) Die Gerichte haben sich darüber hinaus auch mit der Frage, inwieweit schon die Darlegungslast, die Beschuldigten beziehungsweise ihren Verteidigern mit der Beschränkung wechselseitigen Telefonkontakts auf besonders zu begründende Dringlichkeitsfälleauferlegt wird, mit dem Anspruch auf Vertraulichkeit der Verteidigerkommunikation in Konflikt gerät, sowie mit der Bedeutung telefonischer Kontaktmöglichkeiten für die Effektivität des vom Recht auf ein faires Verfahren umfassten (vgl. BVerfGE 34, 293 <302>; 38, 105 <111 f.>; 39, 156 <163>; 66, 313 <319>; 68, 237 <255>; 110, 226 <253>) und in § 137 StPO einfachgesetzlich verankerten Rechts auf freie Wahl des Verteidigers nicht auseinandergesetzt.

37

c) Da die angegriffenen Entscheidungen auf dem festgestellten Verfassungsverstoßberuhen, sind sie nach § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.

III.

38

Die Entscheidung über die Auslagenerstattungberuht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Tenor

Die Beschlüsse des Landgerichts Stralsund vom 9. Dezember 2010 - 21 Ks 2/10 - und des Oberlandesgerichts Rostock vom 3. März 2011 - I Ws 45/11 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 und Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes, soweit sie die Beeinträchtigung des Beschwerdeführers durch das Rauchen zweier Mitgefangener betreffen.

Die Beschlüsse werden insoweit aufgehoben, und die Sache wird an das Landgericht Stralsund zurückverwiesen.

...

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Beeinträchtigung eines Untersuchungsgefangenen durch das Rauchen von Mitgefangenen im Haftraum. Soweit die angegriffenen Entscheidungen noch Weiteres zum Gegenstand hatten, beanstandet der Beschwerdeführer sie ausdrücklich nicht.

2

1. Der Beschwerdeführer, ein Nichtraucher, wurde am 27. Februar 2010 als Untersuchungsgefangener in der Justizvollzugsanstalt Stralsund in einem Drei-Personen-Haftraum mit zwei rauchenden Mitgefangenen untergebracht. Am 3. März 2010 wurden die beiden rauchenden Gefangenen in einen anderen Haftraum verlegt, und der Beschwerdeführer wurde gemeinsam mit einem Nichtraucher untergebracht.

3

2. Unter dem 29. November 2010 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim Landgericht Stralsund. Er beantragte unter anderem die Feststellung, dass die "Zulassung der Zufügung von körperlichen Schmerzen durch gesundheitsgefährdende Stoffe" rechtswidrig gewesen sei. Die beiden Mitgefangenen hätten stark geraucht, sogar mehrmals während der Nacht. Aufgrund des Rauches habe er bereits nach der ersten Nacht starke Kopfschmerzen bekommen, die trotz Schmerztabletten angehalten hätten. Auf seinen Hinweis, dass die Zustände im Haftraum für ihn unhaltbar seien, sei zunächst nichts unternommen worden. Er sei genötigt worden, gesundheitsgefährdende Stoffe zu inhalieren, wodurch ihm körperliche Schmerzen zugefügt worden seien. Eine Zustimmung zu einer gemeinsamen Unterbringung habe er nicht erteilt.

4

Zu dem Antrag nahm die Justizvollzugsanstalt Stellung. Nach Hinweisen der Polizei sei von der Gefahr der Selbsttötung oder -verletzung ausgegangen worden, so dass zum Schutz des Beschwerdeführerseine Unterbringung in Gemeinschaft sowie Kontrollen verfügt worden seien. Die kurzzeitige Unterbringung auf einem Haftraum mit Rauchern sei in der zeitweiligen Belegungssituation der Justizvollzugsanstalt begründet gewesen. Die Notwendigkeit der Gemeinschaftsunterbringung sei vom psychologischen Fachdienst bis zum 7. April 2010 aufrechterhalten worden; seitdem sei der Beschwerdeführer allein untergebracht.

5

3. Mit angegriffenem Beschluss vom 9. Dezember 2010 wies das Landgericht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurück. Der Antrag sei, soweit die Feststellung der Rechtswidrigkeit der gemeinsamen Unterbringung mit Rauchern begehrt werde, unbegründet. Zwar seien die Untersuchungsgefangenen gemäß § 13 Abs. 1 UVollzG M.-V. während der Ruhezeiten grundsätzlich getrennt und nur mit ihrer Zustimmung gemeinsam unterzubringen. Ihre Zustimmung sei aber bei Gefahr für Leib oder Leben entbehrlich. Bei dem Beschwerdeführer sei vom psychologischen Fachdienst die Gefahr der Selbsttötung oder Selbstverletzung erkannt worden. Dies habe eine Gemeinschaftsunterbringung notwendig gemacht. Die Aufteilung der Belegung der einzelnen Zelle obliege der Justizvollzugsanstalt in eigener Zuständigkeit. Dabei habe sie zwar grundsätzlich im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten darauf zu achten, dass ein Nichtraucher nicht in einen Haftraum mit Rauchern gelegt werde. Sollte dies aufgrund der jeweiligen Belegungssituation aber nicht sofort zu realisieren sein, so müsse die Möglichkeit einer kurzfristigen anderweitigen Unterbringung bestehen.

6

4. Gegen diesen Beschluss legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein. Weder ein Hinweis der Polizei zu einer Selbsttötungs- oder -verletzungsgefahrnoch die von der Justizvollzugsanstalt nicht belegte Belegungssituation rechtfertigten einen Eingriff in das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit und die Gefährdung und Schädigung seiner Gesundheit. Wenn die Justizvollzugsanstalt den Hinweis der Polizei, die zur Stellung einer solchen Diagnose weder kompetent noch qualifiziert sei, ernstgenommen hätte, wäre es ihre Pflicht gewesen, ihn einem Arzt vorzustellen. Hierauf habe die Justizvollzugsanstalt aber verzichtet; dem psychologischen Fachdienst sei er erst nach zwei Tagen vorgestellt worden. Einen weiteren Tag später sei er einem Arzt zur Aufnahmeuntersuchung vorgestellt worden. Dieser habe die angeblichen Selbsttötungs- oder -verletzungsabsichten sofort verneint. § 52 Abs. 2 UVollzG M.-V. bestimme, dass, wenn der seelische Zustand eines Untersuchungsgefangenen Anlass zu einer Sicherungsmaßnahme gebe,  vorher eine ärztliche Stellungnahme einzuholen sei. Zur Belegungssituationhabe die Justizvollzugsanstalt nur unzureichend und ohne Beleg vorgetragen. Die später erfolgte Zusammenlegung mit einem anderen, nicht rauchenden Untersuchungsgefangenen hätte auch sofort, nicht erst nach vier Tagen, erfolgen können. Es sei unklar, wie die Justizvollzugsanstalt zu ihrer Aussage komme, die Belegungssituation habe die Form der Unterbringung erfordert.

7

5. Mit angegriffenem Beschluss vom 3. März 2011 verwarf das Oberlandesgericht die Beschwerde "aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses" als unbegründet.

II.

8

1. Mit seiner am 1. April 2011 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2, Art. 20 Abs. 3, Art. 103 Abs. 1 und Art. 104 Abs. 1 GG sowie von Art. 3 EMRK. Die gemeinsame Unterbringung mit zwei Rauchern sei weder im Hinblick auf die Belegungssituation noch im Hinblick auf die angebliche Selbsttötungsgefahrerforderlich gewesen. Die Gerichte hätten den dürftigen Vortrag der Justizvollzugsanstalt einer Überprüfung unterziehen müssen. Sie hätten sich nicht mit dem Ermittlungsgrundsatz, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dem Übermaßverbot sowie dem Ausschluss von unmenschlicher Behandlung und dem Willkürverbot auseinandergesetzt.

9

2. Das Justizministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern hat von der Gelegenheit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht.

III.

10

Die Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung(§ 93cAbs. 1BVerfGG) liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Danach ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und in einem die Kammerzuständigkeit begründenden Sinne (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG) offensichtlich begründet.

11

1. Der Zulässigkeit der fristgemäß eingegangenen Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer zwischenzeitlich zur Verbüßung von Strafhaft in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt worden ist. Bei gewichtigen Grundrechtseingriffen ist vom Fortbestehen des Rechtsschutzbedürfnisses im Verfassungsbeschwerdeverfahren auch dann auszugehen, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt auf eine Zeitspanne beschränkt, in der der Betroffene nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen konnte (vgl. BVerfGE 117, 244 <268>; BVerfGK 11, 54 <59>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 24. Januar 2008 - 2 BvR 1661/06 -, juris). Gewichtig im hier maßgeblichen Sinne können neben Grundrechtseingriffen, die das Grundgesetz unter Richtervorbehalt gestellt hat (vgl. BVerfGE 96, 27 <40>; 104, 220 <233>; 117, 244 <269>), auch Eingriffe in andere Grundrechte sein (vgl. nur BVerfGE 110, 77 <86>; BVerfGK 11, 54 <59>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 7. März 2012 - 2 BvR 988/10 -, juris, m.w.N.).

12

Danach kann dem Beschwerdeführer ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse nicht abgesprochen werden. Wegen der typischerweise kurzen Dauer der Untersuchungshaft kann ein Untersuchungsgefangener nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine stattgebende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Maßnahmen in deren Vollzug nicht erlangen, während die Untersuchungshaft noch andauert. Entfiele das Rechtsschutzbedürfnis für Verfassungsbeschwerden, die Maßnahmen im Vollzug der Untersuchungshaft betreffen, jeweils mit dem Übergang des Betroffenen in die Strafhaft oder mit einer aufgrund dessen erfolgenden Verlegung, so fiele ein wirksamer verfassungsgerichtlicher Grundrechtsschutz in diesem Bereich weitgehend aus (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. November 2010 - 2 BvR 1183/09 -, juris). Auf die im fachgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigende Frage, ob Beeinträchtigungen durch das Rauchen von im selben Haftraum untergebrachten Mitgefangenen sich darüber hinaus generell oder in der Justizvollzugsanstalt, in der der Beschwerdeführer untergebracht ist, auch unabhängig von der Dauer der Untersuchungshafttypischerweise - etwa wegen gezielter Erledigung zur Aufrechterhaltung einer Praxis, die gerichtlicher Überprüfung nicht standhalten kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 2. März 2011 - 2 BvR 576/09 -, juris, Rn. 4) - binnen so kurzer Frist erledigen, dass der Betroffene auch eine fachgerichtliche Entscheidung vor dem Zeitpunkt der Erledigung nicht erlangen kann, kommt es daher für die Frage eines fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnisses im vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht an. In Anbetracht des Gewichts des vom Beschwerdeführer gerügten Eingriffs (s. unter 2.a)) entfällt das Rechtsschutzbedürfnis auch nicht deshalb, weil der gerügte Grundrechtseingriff nicht die erforderliche Schwere erreichte.

13

2. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.

14

a) Der angegriffene Beschluss des Landgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG.

15

aa) Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG schützt das Leben und die körperliche Unversehrtheit. Angesichts der jedenfalls bei unentrinnbarem gemeinsamen Aufenthalt auf engem Raum nicht nur erheblich belästigenden, sondern auch - zumindest nicht ausschließbaren - gesundheitsgefährdenden Wirkungen des Passivrauchens (vgl. BVerfGE 95, 173 <184 f.>;121,317 <350 ff.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 9. Februar 1998 - 1 BvR 2234/97 -, NJW 1998, S. 2961 <2962>) kann darin, dass ein Gefangener auf seinem Haftraum ohne seine Zustimmung dem Rauchen eines Mitgefangenen ausgesetzt wird, ein Grundrechtseingriff von erheblichem Gewicht liegen (vgl. BVerfGK 13, 67 <68>). Der Gefangene hat Anspruch auf Schutz vor Gefährdung und erheblicher Belästigung durch das Rauchen von Mitgefangenen und Aufsichtspersonal(vgl. BVerfGK 13, 67 <68>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Oktober 2008 - 2 BvR 1203/07 - juris; aus der fachgerichtlichen Rechtsprechung OLG Celle, Beschluss vom 1. Juni 2004 - 1 Ws 102/04 -, NJW 2004, S. 2766 <2767>; OLG Frankfurt, Beschluss vom 12. September 1988 - 3 Ws 402/88 -, NStZ 1989, S. 96; OLG Hamm, Beschluss vom 26. Juli 1984 - 1 Vollz (Ws) 120/84 -, NStZ 1984, S. 574 <575>; OLG Nürnberg, Beschluss vom 9. September 2008 - 2 Ws 416/08 -, juris; LG Detmold, Urteil vom 2. November 2006 - 9 O 163/05 -, juris). Demnach lag hier ein erheblicher Eingriff in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG vor, denn nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beschwerdeführers war dieser als Nichtraucher gegen seinen Willen für mehrere Tage mit zwei stark rauchenden Mitgefangenen in einem Haftraum untergebracht.

16

bb) Gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG darf in das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden. Die vom Landgericht herangezogene Vorschrift des § 13 Abs. 1 Satz 3 UVollzG M.-V., nach der bei einer Gefahr für Leben oder Gesundheit oder bei Hilfsbedürftigkeit eine gemeinsame Unterbringung von Untersuchungsgefangenen während der Ruhezeiten auch ohne die Zustimmung des gefährdeten oder hilfsbedürftigen Untersuchungsgefangenen möglich ist, stellt keine Rechtsgrundlage für den hier zu beurteilenden, in der gemeinsamen Haftraumunterbringung des Beschwerdeführers gerade mit mehreren rauchenden Mitgefangenen liegenden Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit dar.

17

Das Landgericht hat zudem jedenfalls bei der Anwendung der als Eingriffsgrundlage herangezogenen Norm die Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG dadurch verkannt, dass es die gemeinsame Unterbringung des Beschwerdeführers mit zwei Rauchern als rechtmäßig bewertet hat, ohne die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs zu prüfen, wie dies bei der angenommenen grundsätzlichen Nutzbarkeit des § 13 Abs. 1 Satz 3 UVollzG M.-V. als Eingriffsgrundlage oder bei Anwendung anderer Vorschriften, deren Heranziehung hätte erwogen werden können (§ 4 Abs. 2 UVollzG M.-V.), geboten gewesen wäre.

18

(1) Schon der Frage, ob der Eingriff erforderlich war, ist das Landgericht nicht in der gebotenen Weise nachgegangen.

19

Die fachgerichtliche Überprüfung grundrechtseingreifender Maßnahmen kann die rechtsstaatlich gebotene Beachtung des geltenden Rechts und den effektiven Schutz der berührten materiellen Rechte nur gewährleisten, wenn sie auf zureichender Aufklärung des jeweiligen Sachverhalts beruht (vgl. BVerfGE 101, 275 <294 f.>; BVerfGK 4, 119 <127 f.>; 13, 487 <493>). Dies gilt auch für die gerichtliche Überprüfung grundrechtseingreifender Maßnahmen im Strafvollzug. Die materiell berührten Grundrechte - hier Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG -, das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG und das Rechtsstaatsprinzip sind verletzt, wenn grundrechtseingreifende Maßnahmen im Strafvollzug von den Gerichten ohne zureichende Sachverhaltsaufklärung als rechtmäßig bestätigt werden (vgl. BVerfGK 9, 390 <395>; 9, 460 <463 f.>, BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Juli 2010 - 2 BvR 2518/08 -, juris, und vom 26. Oktober 2011 - 2 BvR 1539/09 -, juris). An der demnach gebotenen Sachverhaltsaufklärung fehlt es hier. Das Landgericht hat angenommen, dass die gemeinsame Unterbringung des Beschwerdeführers mit einem oder mehreren Nichtrauchern aufgrund der Belegungssituation nicht möglich gewesen sei. Dies hat es aus der Angabe der Justizvollzugsanstalt gefolgert, die Unterbringung auf einem Haftraum mit Rauchern sei in der zeitweiligen Belegungssituation der Justizvollzugsanstalt begründet gewesen. Die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt enthielt jedoch noch nicht einmal eine ausdrückliche Feststellung des Inhalts, dass in einer gemeinsamen Unterbringung des Beschwerdeführers mit zwei rauchenden Mitgefangenen tatsächlich - auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer vorübergehenden anstaltsinternen Verlegung anderer Gefangener - die einzige Möglichkeit der sicheren Unterbringung des Beschwerdeführers bestand, geschweige denn eine Begründung, die dies plausibel gemacht hätte.

20

(2) Das Landgericht hat sich zudem einer näheren Prüfung der Zumutbarkeit des Eingriffs in der unzutreffenden Annahme verschlossen, Grundrechtseingriffe, die durch die faktischen Verhältnisse in der jeweiligen Justizvollzugsanstalt bedingt sind, seien vom Gefangenen ohne weiteres hinzunehmen. Die Art und Weise der Unterbringung des Beschwerdeführers hat es mit der Begründung gebilligt, dass eine solche Unterbringung möglich sein müsse, wenn aufgrund der gegebenen Belegungssituation eine von Rauchern getrennte Unterbringung nicht sofort zu realisieren sei.

21

Diese Begründung verkennt, dass nicht beliebige Einschränkungen damit gerechtfertigt werden können, die gegebene Ausstattung der Justizvollzugsanstalt lasse nichts anderes zu. Grundrechte bestehen nicht nur nach Maßgabe dessen, was an Verwaltungseinrichtungen im konkreten Fall oder üblicherweise vorhanden ist (vgl. BVerfGE 15, 288 <296>; 34, 369 <380 f.>; 35, 307 <310>; BVerfGK 13, 163 <166>, m.w.N.). Vielmehr stellt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der den Vollzug der Untersuchungshaft in besonderem Maße beherrschen muss (vgl. BVerfGE 34, 369 <380>; 35, 5 <9>; 35, 307 <309>; BVerfGK, a.a.O.), auch Anforderungen an die Ausstattung der Justizvollzugsanstalten. Es ist Sache des Staates, im Rahmen des Zumutbaren alle Maßnahmen zu treffen, die geeignet und nötig sind, um Verkürzungen der Rechte von Untersuchungsgefangenen zu vermeiden; die dafür erforderlichen sächlichen und personellen Mittel hat er aufzubringen, bereitzustellen und einzusetzen (vgl. BVerfGE 36, 264 <275>; 42, 95 <101 f.>; BVerfGK 13, 163 <168 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Oktober 2011 - 2 BvR 1539/09 -, juris, a.a.O., m.w.N.).

22

b) Nach alledem verletzt auch der Beschluss des Oberlandesgerichts, der sich auf die für zutreffend erachteten Gründe des angegriffenen Beschlusses des Landgerichts stützt, die Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 19 Abs. 4 GG.

IV.

23

1. Die angegriffenen Beschlüsse beruhen auf den festgestellten Grundrechtsverstößen. Sie sind daher gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben; die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen.

24

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Aus wichtigem Anlaß kann der Anstaltsleiter dem Gefangenen Ausgang gewähren oder ihn bis zu sieben Tagen beurlauben; der Urlaub aus anderem wichtigen Anlaß als wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder wegen des Todes eines Angehörigen darf sieben Tage im Jahr nicht übersteigen. § 11 Abs. 2, § 13 Abs. 5 und § 14 gelten entsprechend.

(2) Der Urlaub nach Absatz 1 wird nicht auf den regelmäßigen Urlaub angerechnet.

(3) Kann Ausgang oder Urlaub aus den in § 11 Abs. 2 genannten Gründen nicht gewährt werden, kann der Anstaltsleiter den Gefangenen ausführen lassen. Die Aufwendungen hierfür hat der Gefangene zu tragen. Der Anspruch ist nicht geltend zu machen, wenn dies die Behandlung oder die Eingliederung behindern würde.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.

(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die nach Herkunft und Datum genau zu bezeichnen sind, verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Das Gericht kann von einer Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1a) Das Gericht kann anordnen, dass eine Anhörung unter Verzicht auf die persönliche Anwesenheit des Gefangenen zeitgleich in Bild und Ton in die Vollzugsanstalt und das Sitzungszimmer übertragen wird. Eine Aufzeichnung findet nicht statt. Die Entscheidung nach Satz 1 ist nicht anfechtbar.

(2) Soweit die Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht die Maßnahme auf. Ist die Maßnahme schon vollzogen, kann das Gericht auch aussprechen, daß und wie die Vollzugsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat, soweit die Sache spruchreif ist.

(3) Hat sich die Maßnahme vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht auf Antrag aus, daß die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(4) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung der Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Vollzugsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Anderenfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(5) Soweit die Vollzugsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde des Gefangenen gegen den Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - K. vom 02. Januar 2003 ist gegenstandslos.

2. Die Sache wird zur Entscheidung über den Antrag des Gefangenen auf Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Unterbringung in einem doppelbelegten Haftraum an das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - K. zurückgegeben.

Gründe

 
I.
Mit Beschluss vom 02.01.2003 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts K. den Antrag des Gefangenen H., ihn in der JVA Br. in einem Einzelhaftraum unterzubringen, als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diese dem Gefangenen am 14.01.2003 zugestellte Entscheidung hat er am 29.01.2003 zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Rechtsbeschwerde eingelegt. Am 19.03.2003 wurde der Gefangene sodann entsprechend seines Begehrens verlegt.
Der Senat hat hierauf der Vollzugsbehörde und dem Gefangenen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, welche zunächst wechselseitige Kostenanträge gestellt haben. Mit Schreiben vom 16.09.2003 hat der Gefangene seinen Antrag geändert. Er begehrt nunmehr die Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Unterbringung in einem doppelbelegten Haftraum.
II.
Nachdem dem Begehren des Gefangenen durch die JVA Br. entsprochen wurde, ist dem Senat eine eigene Sachentscheidung über die ursprüngliche Rechtsbeschwerde des Gefangenen, welche zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen gewesen wäre, nicht mehr möglich; diese ist vielmehr gegenstandslos geworden, was durch Beschluss festzustellen war (vgl. OLG Hamm NStZ 1985, 576; Callies/Müller-Dietz, Strafvollzugsgesetz, 9. Auflage 2002, § 115 Rn. 12). Auch eine Entscheidung über die vom Gefangenen nunmehr begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Unterbringung ist dem Senat nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung, von welcher abzuweichen kein Anlass besteht, nicht möglich, weil dem Rechtsbeschwerdegericht eigene tatsächliche Feststellungen zur Zulässigkeit und Begründetheit eines solchen Antrags verwehrt sind, vielmehr sich dessen Zuständigkeit auf die Überprüfung bereits getroffener Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern im Hinblick auf die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beschränkt (vgl. OLG Hamm NStZ 1985, 576; OLG Hamburg, ZFStrVO 1979, 108 f.; OLG Naumburg, Beschluss vom 27.11.2000, 1 Ws 439/00; Callies/Müller-Dietz, a.a.O., § 116 Rn. 16 a.E. m.z.w.N.).
Eine solche Auslegung des Verfahrensrechts darf jedoch nicht dazu führen, dass eine Entscheidung über das Feststellungsbegehren des Antragstellers nach erfolgter Verlegung in einen anderen Haftraum nicht mehr möglich ist. Vielmehr kann trotz Erledigung vor Eintritt der Rechtskraft ausnahmsweise ein Bedürfnis nach gerichtlicher Entscheidung fortbestehen, wenn das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtswidrigkeit in besonderer Weise, wie etwa in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, schutzwürdig ist (vgl. BVerfG NJW 2002, 2456 ff.; NJW 2002, 2700 ff.: Haftraum). Aus diesen verfassungsrechtlichen Gründen war die Sache an die Strafvollstreckungskammer zur Entscheidung über den Feststellungsantrag des Gefangenen zurückgegeben, welche ohne Bindung an ihre Vorentscheidung (vgl. OLG Hamm NStZ 1985, 576) hierüber zu befinden haben wird.
Für die zu treffende Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass auch in den Fällen, in denen nach den Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes eine gemeinsame Unterbringung zulässig ist, zu beachten bleibt, dass dem Ermessen der Justizvollzugsanstalt bei der Belegung und Ausgestaltung der Hafträume durch das Recht des Gefangenen auf Achtung seiner Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG Grenzen gesetzt sind (BVerfG NJW 2002, 2699 ff.; OLG Frankfurt NJW 2003, 2843; NStZ-RR 2001, 28 ff.; OLG Karlsruhe, Beschlüsse vom 27.10.2003 - 3 Ws 162/03 - und vom 28.11.2003 - 3 Ws 233/03 -; Calliess/Müller-Dietz, a.a.O., § 144 Rn. 1). Aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Menschenwürde, die eine Herabwürdigung zum Objekt der Verwahrung und die Wahrung menschlicher Identität und Integrität gebietet (OLG Frankfurt NJW 2003, 2843, 2845), ergeben sich Mindestanforderungen für die Unterbringung von Gefangenen, von denen wegen der Unantastbarkeit der Menschenwürde auch nicht auf Grund von Ausnahmetatbeständen im StVollzG abgewichen werden darf (vgl. BVerfG NJW 2002, 2699 ff.).
Da eine weitere Sachentscheidung der Strafvollstreckungskammer ansteht, war eine Kostenentscheidung nicht veranlasst.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.