Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 16. März 2014 - 2 BvR 2381/13

bei uns veröffentlicht am16.03.2014

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

1

Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde des strafgefangenen Beschwerdeführers betrifft die nicht rechtzeitige Entscheidung über einen Eilantrag im Hinblick auf die Nichtgewährung eines begleiteten Ausgangs zur Wahrnehmung eines Beratungsgesprächs.

2

1. a) Die Verfassungsbeschwerde scheitert nicht daran, dass nach eingetretener Erledigung durch Verstreichen des Termins, zu dem der Beschwerdeführer eine Ausführung begehrte, und durch die zwischenzeitliche Haftentlassung ein Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers nicht mehr bestünde. Sofern ein gewichtiger Grundrechtsverstoß in Rede steht, ist ein Feststellungsinteresse trotz zwischenzeitlicher Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzanliegens dann anzuerkennen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene gerichtlichen Rechtsschutz kaum erlangen kann, das ursprüngliche Rechtsschutzanliegen sich also typischerweise vor Erlangbarkeit gerichtlichen Rechtsschutzes erledigt (vgl. BVerfGE 96, 27 <39 f.>; 110, 77 <86>; 117, 71 <122 f.>; 117, 244 <268>; für den Strafvollzug s. statt vieler BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Februar 2013 - 2 BvR 612/12 -, juris, und vom 20. März 2013 - 2 BvR 67/11 -, NJW 2013, S. 1943 <1944>; jew. m.w.N.). Dies betrifft auch die Versagung von Vollzugslockerungen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. November 2010 - 2 BvR 2111/09 -, juris) und ist insbesondere bei der Versagung von Vollzugslockerungen für den Zeitraum unmittelbar vor Entlassung zu berücksichtigen. Im Hinblick auf für diesen Zeitraum beantragte Vollzugslockerungen blieben Gefangene anderenfalls - auch im Hinblick auf entlassungsvorbereitende Lockerungen, denen besondere Bedeutung für die Wiedereingliederung zukommt - systematisch rechtsschutzlos.

3

b) Im Hinblick auf die Stellungnahme des Justizministeriums erscheint es jedoch nicht mehr angezeigt, die Verfassungsbeschwerde, der grundsätzliche Bedeutung nicht zukommt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a) BVerfGG), zur Entscheidung anzunehmen. Insbesondere entsteht dem Beschwerdeführer durch die Nichtannahme kein besonders schwerer Nachteil (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b) BVerfGG).

4

Mit einer stattgebenden Entscheidung können konkrete Verbesserungen für den Beschwerdeführer angesichts der eingetretenen Erledigung nicht mehr erreicht werden. Für die erkennbar rein versehentliche Fehlleistung im Bereich der Gerichtsverwaltung, auf die die nicht rechtzeitige Bearbeitung seines Antrags zurückzuführen ist, ist dem Beschwerdeführer ausreichende Genugtuung durch den Ausdruck des Bedauerns seitens des Ministeriums zuteil geworden. Zwar ist dies nicht gleichbedeutend mit einer Gerichtsentscheidung, die den in einer früheren Gerichtsentscheidung liegenden Rechtsverstoß korrigiert - und damit zugleich das Rechtsschutzbedürfnis für eine Verfassungsbeschwerde in Wegfall bringt (vgl. BVerfGE 38, 26 <28 f.>). Mit dem ministeriellen Ausdruck des Bedauerns wird jedoch anerkannt, dass der fragliche Ablauf fehlerhaft war. Nach dem Inhalt der Stellungnahme des Ministeriums zu den gerichtsinternen Vorkehrungen zur Vermeidung derartiger Fehler und zu der Reaktion des Gerichts auf den vorliegenden Fall ist auch nicht davon auszugehen, dass die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung erforderlich ist, um dem hinter der Annahme eines fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnisses stehenden Anliegen der Vermeidung indirekter Begünstigung einer - sei es auch nur aufgrund organisatorischer Mängel - systematisch rechtswidrigen Praxis Rechnung zu tragen.

5

2. Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

6

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

7

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung. (2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsb

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bei uns veröffentlicht am 20.03.2013

Tenor Der Beschluss des Landgerichts Aachen vom 21. September 2010 - 33i StVK 361/10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes, soweit darin der

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 28. Feb. 2013 - 2 BvR 612/12

bei uns veröffentlicht am 28.02.2013

Tenor Die Beschlüsse des Landgerichts Saarbrücken vom 7. Dezember 2011 - II StVK 1086/11 - und des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 15. Februar 2012 - Vollz (Ws) 22/11 - verletzen den Beschwer

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Tenor

Die Beschlüsse des Landgerichts Saarbrücken vom 7. Dezember 2011 - II StVK 1086/11 - und des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 15. Februar 2012 - Vollz (Ws) 22/11 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

...

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versagung einer Ausführung eines Strafgefangenen zum Sterbebett seines Vaters.

2

1. Der strafgefangene Beschwerdeführer beantragte am 12. September 2011 bei der Justizvollzugsanstalt Saarbrücken, in der er damals inhaftiert war, ihn zu seinem auf der Intensivstation liegenden Vater auszuführen. Er erläuterte den Sachverhalt und legte dazu ein Schreiben vom 7. September 2011 vor, mit dem seine Mutter erklärte, ihr Ehemann befinde sich nach einigen Herzoperationen in einem Zustand, der seinen nahen Tod befürchten lasse. Seit zwei Wochen liege er auf der Intensivstation der Caritasklinik Saarbrücken und sei dort in ein künstliches Koma versetzt worden. Der Unterschrift der Mutter folgte der Satz "Die Richtigkeit der Angaben bezüglich des Zustandes von Herrn G. kann von hier bestätigt werden" (im Original mit nicht abgekürztem Namen des Vaters). Darunter befand sich ein Stempelaufdruck der Intensivstation der Caritasklinik St. Theresia, Saarbrücken, versehen mit einer mit einem großen "K" beginnenden, im Übrigen nicht leserlichen Unterschrift, sowie eine handschriftliche Datumsangabe "8.09.11".

3

Die Justizvollzugsanstalt lehnte den Antrag am 12. September 2011 mangels Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses mit hinreichender Aussagekraft ab.

4

2. a) Hiergegen stellte der Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt L., am 21. September 2011 Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 109 StVollzG) und beantragte zugleich, die Justizvollzugsanstalt im Wege der einstweiligen Anordnung (§ 114 StVollzG) zu verpflichten, ihm unverzüglich Ausgang, Ausführung oder Urlaub zum Besuch seines Vaters in der Klinik zu gewähren. Obwohl er der Justizvollzugsanstalt die Bescheinigung des behandelnden Arztes mit Stempel und Unterschrift im Original vorgelegt habe, sei sein Antrag mit der Begründung abgelehnt worden, die Bescheinigung reiche nicht aus. Es habe weder eine Überprüfung durch einen Telefonanruf stattgefunden, noch sei die ärztliche Bescheinigung in anderer Weise verifiziert worden.

5

Die Justizvollzugsanstalt nahm dahingehend Stellung, dass Außenlockerungen des Beschwerdeführers Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit entgegenstünden. Zudem handele es sich bei der vom Beschwerdeführer vorgelegten Bescheinigung um ein von seinem Rechtsanwalt vorformuliertes Schreiben der Mutter, und die dortigen Angaben seien lediglich durch einen Stempel der Klinik als richtig bestätigt worden, wobei sich die auf dem Stempel befindliche Unterschrift nicht habe entziffern lassen. Auf die Bedenken gegen die Authentizität der ärztlichen Erklärung sei der Beschwerdeführer sofort hingewiesen und aufgefordert worden, eine neue, von der Klinik stammende Bescheinigung vorzulegen. Auch sei dem Beschwerdeführer versichert worden, dass nach Vorlage der entsprechenden Bescheinigung unverzüglich erneut über seinen Antrag entschieden werde. Zudem habe sich der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers, Herr L., im Rahmen eines am 13. September 2011 geführten Telefonats der Justizvollzugsanstalt gegenüber "einsichtig" gezeigt und angekündigt, dieser umgehend eine von der Klinik ausgestellte Bescheinigung per Fax zu übermitteln. Dies sei jedoch bis zum Tod des Vaters des Beschwerdeführers nicht erfolgt.

6

b) Am 21. September 2011 verstarb der Vater des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer erfuhr dies zwei Tage später.

7

c) Nachdem das Landgericht mit angegriffenem Beschluss vom 27. September 2011 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen hatte, änderte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 29. September 2011 seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung in einen auf Feststellung, dass die Versagung der Ausführung rechtswidrig gewesen sei, gerichteten Fortsetzungsfeststellungsantrag (§ 115 Abs. 3 StVollzG) ab. Für den Beschwerdeführer auf die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt erwidernd, erklärte der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers, es treffe nicht zu, dass er am 13. September 2011 in der Justizvollzugsanstalt angerufen, sich "einsichtig" gezeigt und die behaupteten Angaben gemacht habe. Er habe in der Angelegenheit zu keinem Zeitpunkt mit der Justizvollzugsanstalt telefoniert und das Mandat erst am 14. September 2011 übernommen.

8

d) Mit angegriffenem Beschluss vom 7. Dezember 2011 verwarf das Landgericht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig. Die Voraussetzungen für ein nach Erledigung fortbestehendes Feststellungsinteresse lägen nicht vor. Eine konkrete Wiederholungsgefahr sei ebensowenig ersichtlich wie die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen auf künftige Entscheidungen oder diskriminierende Wirkungen.

9

3. a) Der Beschwerdeführer erhob Rechtsbeschwerde. Die Versagung der Ausführung sei rechtswidrig gewesen und habe ihn in seinen Rechten verletzt. Ein Feststellungsinteresse könne ihm entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht abgesprochen werden.

10

b) Das Oberlandesgericht verwarf mit angegriffenem Beschluss die Rechtsbeschwerde als unzulässig.

11

Zur Fortbildung des Rechts sei die Nachprüfung nicht geboten, da die Voraussetzungen für die Gewährung von Ausgang oder Ausführung aus wichtigem Anlass ebenso wie die Anforderungen an das nach § 115 Abs. 3 Halbsatz 2 StVollzG erforderliche Feststellungsinteresse geklärt seien. Ein Feststellungsinteresse sei zu bejahen bei Maßnahmen diskriminierenden Charakters und gegebenem Rehabilitierungsinteresse, bei konkret sich abzeichnender Wiederholungsgefahr und wenn die Feststellung für ein anderes Rechtsverhältnis präjudiziell sei und der Vorbereitung anderer Prozesse, namentlich der Geltendmachung von Amtshaftungs- und Schadensersatzansprüchen, dienen solle und der beabsichtigte Prozess nicht von vornherein aussichtslos sei. Schließlich komme nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein trotz Erledigung fortbestehendes Rechtsschutzinteresse in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe in Betracht.

12

Die Rechtsbeschwerde sei auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Dieser Gesichtspunkt komme im Streitfall schon deshalb nicht zum Tragen, weil die Entscheidung der Justizvollzugsanstalt im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt, dem 12. September 2011, nicht rechtswidrig gewesen sei. Der Leiterin der Justizvollzugsanstalt sei durchaus bewusst gewesen, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer lebensgefährlichen Erkrankung seines Vaters Ausgang oder eine Ausführung zu gewähren gewesen sei. Die Justizvollzugsanstalt habe den Antrag ohne Rechtsverstoß aufgrund nachvollziehbarer Zweifel an der Authentizität der vom Beschwerdeführer vorgelegten Bestätigungserklärung der Klinik abgelehnt. In tatsächlicher Hinsicht sei bei ärztlichen Zeugnissen, die Gefangene zwecks Gewährung von Ausgang oder einer Ausführung vorlegten, wegen der mit solchen Maßnahmen verbundenen gesteigerten Fluchtmöglichkeiten ein strenger Maßstab anzulegen. Die Möglichkeit des Missbrauchs und der Fälschung sei gerade bei Gefangenen, die langjährige Haftstrafen zu verbüßen hätten, im Blick zu behalten. Die Justizvollzugsanstalt habe vor dem Landgericht darauf hingewiesen, dass die Gewährung von Außenlockerungen aus Sicherheitsgründen derzeit nicht verantwortbar und die Authentizität des vom Beschwerdeführer vorgelegten Schreibens zweifelhaft sei. Weiter mache die Justizvollzugsanstalt darauf aufmerksam, dass eine ärztliche Bescheinigung der hier in Rede stehenden Art sehr ungewöhnlich sei. In der Tat sei es nicht die Regel, dass Ärzte oder Mitarbeiter einer Klinik eine nicht von der Behandlungsseite selbst stammende laienhafte Beschreibung des Gesundheitszustandes eines Patienten mit einem Richtigkeitsvermerk bestätigten. Ausweislich der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt sei der Beschwerdeführer auf die bestehenden Bedenken unter Versicherung, dass nach Vorlage einer hinreichenden Bescheinigung unverzüglich erneut über seinen Antrag entschieden werde, hingewiesen worden. Weiter sei davon auszugehen, dass sich der frühere anwaltliche Bevollmächtigte des Beschwerdeführers, bei dem es sich um Rechtsanwalt C. gehandelt habe, schon am Tag nach der ablehnenden Entscheidung mit der Justizvollzugsanstalt in Verbindung gesetzt habe. Hätte er entsprechend seiner bei diesem Gespräch erfolgten Ankündigung eine von der Klinik ausgestellte Bescheinigung per Fax vorgelegt, hätte der Beschwerdeführer mit hoher Wahrscheinlichkeit seinen Vater noch besuchen können. Der Vorwurf, die Justizvollzugsanstalt habe es unverständlicherweise unterlassen, ihre Zweifel durch ein unverzügliches Telefonat mit der Klinik zu klären, erscheine ex ante betrachtet nicht gerechtfertigt. Dabei könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Vater ausweislich des vom Beschwerdeführer vorgelegten Schreibens bereits zwei Wochen auf der Intensivstation gelegen habe und sich den Verantwortlichen der Justizvollzugsanstalt deshalb nicht der Eindruck habe aufdrängen müssen, dass der Eintritt des Todes des Vaters nur noch eine Frage von Stunden sei. Zwar wäre es möglich gewesen, die im Klinikstempel nicht enthaltene Telefonnummer der Klinik zu ermitteln. Jedoch sei aus Sicht der Justizvollzugsanstalt mit Blick auf die ärztliche Schweigepflicht mehr als fraglich gewesen, ob die Klinik ohne förmliche Entbindungserklärung auf wesentlich den aktuellen Gesundheitszustand des Vaters des Beschwerdeführers betreffende telefonische Fragen hin Auskunft erteilt hätte.

13

Auf die Rechtmäßigkeit der Versagung des Ausgangs komme es im Übrigen nicht entscheidend an. Von der Entscheidung des Landgerichts gehe keine Gefahr für die Einheitlichkeit der Rechtsordnung aus, da die Kammer weder die Voraussetzungen des § 35 StVollzG verkannt, noch ein berechtigtes Feststellungsinteresse "in einer die Wiederholungsgefahr begründenden Weise rechtsfehlerhaft verneint" habe. Insbesondere könne ein trotz Erledigung fortbestehendes Rechtsschutzinteresse wegen eines "tiefgreifenden Grundrechtseingriffs" nicht festgestellt werden. In Strafvollzugssachen sei dieser Gesichtspunkt in der Spruchpraxis insbesondere bei zeitweiliger menschenunwürdiger Unterbringung bedeutsam geworden. Demgegenüber habe die Rechtsprechung ein Feststellungsinteresse in Fällen der Ablehnung eines einmaligen, in dieser Art unwiederholbaren Vorgangs regelmäßig verneint. Ein Feststellungsinteresse habe das Landgericht auch nicht aus Gründen der Prozessökonomie bejahen müssen. Der Beschwerdeführer habe im Verfahren vor dem Landgericht weder vorgetragen, einen Amtshaftungsprozess zu beabsichtigen, noch sei eine solche Absicht sonst ersichtlich gewesen. Die bloß theoretische Möglichkeit eines Amtshaftungsprozesses genüge nicht.

14

4. Mit seiner rechtzeitig eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer, nun nicht mehr anwaltlich vertreten, seine Grundrechte aus Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 und 2 GG seien verletzt. Die von ihm vorgelegte Bescheinigung sei ausreichend gewesen, da sie mithilfe eines Anwalts erstellt gewesen sei, die nötigen Informationen enthalten habe und durch den Anwalt per Fax an die Justizvollzugsanstalt übermittelt worden sei. Auf die Äußerung seines Wunsches, an der Beerdigung teilzunehmen, sei ihm geantwortet worden, dass es "hier im Saarland keine Ausführungen zum Begräbnis" gebe. Die Justizvollzugsanstalt behaupte zu Unrecht, der Beschwerdeführer sei gefährlich. Wie von seinem Verteidiger dargestellt, habe er sich stets bemüht, die Auflagen des Vollzugsplanes zu erfüllen. Die angegriffenen Entscheidungen seien diskriminierend. Das Oberlandesgericht habe zudem den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Die Justizvollzugsanstalt und die Gerichte hätten die Möglichkeit einer Fesselung nach § 90 StVollzG nicht einmal erwogen. Die Verletzung seiner Grundrechte sei tiefgreifend.

15

5. Das saarländische Ministerium der Justiz hat von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens haben der Kammer vorgelegen.


II.

16

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Landgerichts vom 27. September 2011 richtet, mit dem über den Eilantrag des Beschwerdeführers entschieden wurde, wird sie nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie insoweit nicht fristgemäß (§ 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG) erhoben wurde und deshalb keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).

III.

17

Im Übrigen nimmt die Kammer die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr in dem im Tenor bezeichneten Umfang statt, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung(§ 93cAbs. 1BVerfGG) liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Danach ist die Verfassungsbeschwerde im genannten Umfang zulässig und in einem die Kammerzuständigkeit begründenden Sinne (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG) offensichtlich begründet.

18

1. Der Beschluss des Landgerichts vom 7. Dezember 2011 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG.

19

a) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet die Effektivität des Rechtsschutzes. Das Rechtsmittelgericht darf ein in der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leer laufen" lassen. Hiervon muss sich das Rechtsmittelgericht auch bei der Antwort auf die Frage leiten lassen, ob im jeweiligen Einzelfall ein Rechtsschutzinteresse besteht (vgl. BVerfGE 117, 244 <268> m.w.N.). Die Anforderungen an das Rechtsschutzinteresse dürfen nicht in einer der Effektivität des Rechtsschutzes zuwiderlaufenden Weise überspannt werden (vgl. BVerfGE 120, 274 <300> m.w.N.). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes ist es zwar prinzipiell vereinbar, die Rechtsschutzgewährung von einem fortbestehenden Rechtsschutzinteresse abhängig zu machen. Daher ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Fachgerichte bei Erledigung des Verfahrensgegenstandes einen Fortfall des Rechtsschutzinteresses annehmen. Ausnahmsweise kann aber das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage auch noch nach Erledigung in besonderer Weise schutzwürdig sein (vgl. BVerfGE 104, 220 <232 ff.>). Dies betrifft nicht nur die vom Landgericht angesprochenen Fälle der drohenden Wiederholungsgefahr (vgl. BVerfGE 81, 138 <140>; 117, 71 <122>; stRspr), der fortbestehenden Beeinträchtigung (vgl. BVerfGE 81, 138 <140>; 110, 77 <85 f.>; stRspr) und des Rehabilitationsinteresses im Falle fortbestehender diskriminierender Wirkungen einer rechtsverletzenden Maßnahme (vgl. BVerfGE 110, 77 <86>). Unter anderem ist bei gewichtigen Eingriffen ein Feststellungsinteresse trotz zwischenzeitlicher Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzanliegens dann anzuerkennen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene gerichtlichen Rechtsschutz kaum erlangen kann, das ursprüngliche Rechtsschutzanliegen sich also typischerweise vor Erlangbarkeit gerichtlichen Rechtsschutzes erledigt (vgl. BVerfGE 96, 27 <39 f.>; 110, 77 <86>; 117, 71 <122 f.>; 117, 244 <268>; stRspr). Die Anforderungen an das Gewicht des Grundrechtseingriffs dürfen dabei nicht überspannt werden mit der Folge, dass Rechte - und insbesondere Grundrechte - in bestimmten Konstellationen in rechtsstaatlich unerträglicher Weise systematisch ungeschützt bleiben. Gewichtig im hier maßgeblichen Sinne können daher neben Grundrechtseingriffen, die das Grundgesetz ihres besonders hohen Gewichts wegen unter Richtervorbehalt gestellt hat (vgl. BVerfGE 96, 27 <40>; 104, 220 <233>; 117, 244 <269>) auch Eingriffe in andere Grundrechte sein (vgl. BVerfGE 110, 77 <86>; für den Bereich des Haftvollzuges BVerfGK 11, 54 <59>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. November 2010 - 2 BvR 2111/09 -, juris, vom 3. August 2011 - 2 BvR 1739/10 -, juris, vom 7. März 2012 - 2 BvR 988/10 -, StraFo 2012, S. 129 <130>, und vom 28. Oktober 2012 - 2 BvR 737/11 -, juris).

20

b) Die daraus sich ergebenden Erfordernisse der Rechtsschutzgewährung hat das Landgericht in seinem Beschluss vom 7. Dezember 2011 verkannt. Es hat den Antrag des Beschwerdeführers als mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig verworfen, ohne zu prüfen, ob die oben genannten Voraussetzungen für ein nach Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels fortbestehendes Rechtsschutzinteresse vorlagen. Eine solche Prüfung hätte sich dem Gericht aufdrängen müssen.

21

Die wertentscheidende Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 GG (vgl. nur BVerfGE 103, 242 <257>; 105, 313 <342>) stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Dieser verfassungsrechtliche Schutzauftrag gilt auch für den Haftvollzug (vgl. BVerfGE 42, 95 <101>; 89, 315 <322>; BVerfGK 8, 36 <43 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 31. August 1993 - 2 BvR 1479/93 -, NStZ 1994, S. 52) und bezieht sich auch auf das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern (vgl. BVerfGE 57, 170 <178>; 80, 81 <91>).

22

Mit der Versagung der Ausführung zu seinem im Sterben liegenden Vater, gegen die der Beschwerdeführer sich gewandt hatte, stand ein gewichtiger Eingriff in das - für die vorliegende Fallgestaltung einfachgesetzlich durch § 35 Abs. 1 StVollzG konkretisierte - Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG in Rede. Der Beschwerdeführer hatte mit der Vorlage des Schreibens seiner Mutter ausdrücklich geltend gemacht, dass der Vater sich in einem Zustand befinde, der seinen nahen Tod befürchten lasse. Nachdem diese Befürchtung sich bewahrheitet hatte, hat das Gericht zutreffend angenommen, dass damit das auf Gewährung der Ausführung gerichtete Rechtsschutzbegehren durch den Tod des Vaters gegenstandslos geworden war, sich also im Rechtssinne erledigt hatte. Bei der Entscheidung darüber, ob dem Beschwerdeführer unter diesen Umständen ein fortbestehendes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit des geltend gemachten Eingriffs zuzubilligen war, hat es jedoch verkannt, dass die prozessualen Folgen einer Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzbegehrens so bestimmt werden müssen, dass eine systemische Verkürzung des Rechtsschutzes in der Hauptsache vermieden wird. Die hierauf zielende Regel, nach der bei gewichtigen Grundrechtseingriffen in Fallgestaltungen, in denen eine gerichtliche Entscheidung vor Erledigung typischerweise nicht erlangt werden kann, von einem auch nach Erledigung fortbestehenden Rechtsschutzinteresse auszugehen ist (s.o. unter III.1.a)), hat das Landgericht nicht berücksichtigt. Im vorliegenden Fall, in dem geltend gemacht worden war, dass der Tod des Vaters nah bevorstehe, und der Vater tatsächlich innerhalb eines Zeitraums verstarb, in dem gerichtlicher Rechtsschutz in der Hauptsache typischerweise nicht zu erlangen ist, hätte die Anwendung dieser Regel zur Anerkennung eines Feststellungsinteresses führen müssen.

23

Etwas anderes gilt hier nicht deshalb, weil der Beschwerdeführer zum Beleg dafür, dass sein Vater im Sterben liege, nur ein entsprechendes Schreiben seiner Mutter mit einem mit Stempel und weitgehend unleserlicher Unterschrift versehenen Bestätigungsvermerk der Intensivstation der Klinik vorgelegt hatte, auf dessen Echtheit sich die Justizvollzugsanstalt nicht verlassen wollte. Ob die Justizvollzugsanstalt den Beschwerdeführer in der gegebenen Situation, in der zumindest Anhaltspunkte dafür bestanden, dass sein Vater jederzeit versterben könnte, zu Recht darauf verwiesen hat, dass er zunächst eine verlässlichere schriftliche Bestätigung der Klinik unter klinikeigenem Briefkopf beibringen möge, oder ob nicht im Interesse rechtzeitiger Entscheidung über die begehrte Ausführung die Justizvollzugsanstalt gehalten gewesen wäre, zumindest den Versuch zu machen, ihre Zweifel auf andere Weise, etwa durch einen eigenen Anruf oder mithilfe eines von ihr überwachten Anrufs des Beschwerdeführers auf der Intensivstation der Klinik, auszuräumen (vgl. Calliess/ Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl. 2008, § 35 Rn. 1; Ullenbruch, in: Schwind/Böhm/ Jehle/Laubenthal, StVollzG, 5. Aufl. 2009, § 35 Rn. 3; Köhne/Lesting, in: Feest/ Lesting, AK-StVollzG, 6. Aufl. 2012, § 35 Rn. 13; Arloth, StVollzG, 3. Aufl. 2011, § 35 Rn. 2), ist gerade die Frage, die das Landgericht auf den Fortsetzungsfeststellungsantrag des Beschwerdeführers hin zu klären gehabt haben würde und deren Klärung es sich durch die Behandlung dieses Antrages als unzulässig in grundrechtswidriger Weise entzogen hat.

24

2. Auch der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts vom 15. Februar 2012 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.

25

a) Zwar fordert Art. 19 Abs. 4 GG keinen Instanzenzug. Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger auch insoweit eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 122, 248 <271>; stRspr). Die Rechtsmittelgerichte dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch die Art und Weise, in der sie die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zu einer Sachentscheidung auslegen und anwenden, ineffektiv machen und für den Rechtssuchenden "leer laufen" lassen; der Zugang zu den in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanzen darf nicht in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 117, 244 <268>; 122, 248 <271>; stRspr).

26

Der rechtsuchende Bürger muss zudem erkennen können, welches Rechtsmittel für ihn in Betracht kommt und unter welchen rechtlichen Voraussetzungen es zulässig ist (vgl. BVerfGE 49, 148 <164>; 54, 277 <292 f.>; 87, 48 <65>; 107, 395 <416>; 108, 341 <349>; BVerfGK 2, 213 <218>; 6, 72 <76>). Er darf nicht mit einem für ihn nicht übersehbaren "Annahmerisiko" und dessen Kostenfolgen belastet werden (vgl. BVerfGE 49, 148 <164>; 54, 277 <293>; BVerfGK 6, 72 <76>; 16, 362 <366>).

27

b) Nach diesem Maßstab ist der Beschluss des Oberlandesgerichts mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar.

28

Mit der Annahme, die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung sei weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 116 Abs. 1 StVollzG), weil die Voraussetzungen für die Gewährung von Ausgang oder Ausführung aus wichtigem Anlass sowie die Anforderungen an das Feststellungsinteresse nach § 115 Abs. 3 StVollzG geklärt seien und das Landgericht ein berechtigtes Feststellungsinteresse des Beschwerdeführers nicht "in einer die Wiederholungsgefahr begründenden Weise rechtsfehlerhaft verneint" habe, hat das Oberlandesgericht die Anforderungen an die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde überspannt. Die Rechtsbeschwerde war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, weil der landgerichtliche Beschluss erkennbar von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (zur Bedeutung einer solchen Abweichung für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde vgl. OLG Celle, Beschluss vom 7. Juli 2006 - 1 Ws 288/06 -, juris) wie auch von der obergerichtlichen Rechtsprechung zum Fortbestand des Rechtsschutzinteresses (OLG Koblenz, Beschluss vom 14. Juli 2003 - 1 Ws 293/03 -, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13. Januar 2004 - 1 Ws 27/03 -, juris) abwich (s. o., III.1.).

29

Zwar hat das Oberlandesgericht seine Entscheidung zusätzlich auf die Annahme der Rechtmäßigkeit der vollzugsbehördlichen Entscheidung gestützt. Auch dieser Teil der Entscheidungsbegründung ist jedoch nach den obigen Maßstäben nicht tragfähig. Das Oberlandesgericht hat sich insoweit auf Feststellungen zum Sachverhalt gestützt, für die eine Grundlage im Beschluss des Landgerichts fehlte. Unter anderem hat es darauf abgestellt, dass der frühere Rechtsanwalt des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt C., in einem Telefonat mit der Justizvollzugsanstalt die Beibringung einer weiteren Bescheinigung der lebensgefährlichen Erkrankung des Vaters des Beschwerdeführers angekündigt habe. Eigene Tatsachenfeststellungen sind wegen der revisionsähnlichen Ausgestaltung des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach herrschender Auffassung, von engen Ausnahmen abgesehen, dem Rechtsbeschwerdegericht verwehrt (vgl. etwa OLG Rostock, Beschluss vom 6. Februar 2012 - I Vollz 3/12 -, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 11. November 2003 - 1 Vollz 194/03 -, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. April 2002 - 3 Ws 53/02 -, juris; vgl. auch Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl. 2008, § 119 Rn. 2; Schuler/ Laubenthal, in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 5. Aufl. 2009, § 116 Rn. 9 m.w.N.; Kamann/Spaniol, in: Feest/Lesting, AK-StVollzG, 6. Aufl. 2012, § 116 Rn. 14). Unabhängig von der Frage, unter welchen Voraussetzungen es danach dem Rechtsbeschwerdegericht überhaupt gestattet ist, seine Entscheidung auf Annahmen zum Sachverhalt zu stützen, die in der Entscheidung des Tatsachengerichts keine Grundlage finden, ist jedenfalls nicht nachvollziehbar, wie das Oberlandesgericht seiner Entscheidung die Annahme zugrundelegen konnte, Rechtsanwalt C. habe sich in Vertretung des Beschwerdeführers telefonisch auf die geforderte Beibringung einer weiteren Bescheinigung der Klinik eingelassen. Denn nach der im Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer abgegebenen Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt war das betreffende Telefongespräch nicht mit einem Rechtsanwalt C., sondern mit Rechtsanwalt L. geführt worden. Angesichts dieser Äußerung der Justizvollzugsanstalt hätte selbst das zur Aufklärung des Sachverhalts berufene Landgericht (vgl. BVerfGK 2, 318 <324 f.>; 9, 390 <395>; 9, 460 <464>; 13, 487 <493 f.>; 17, 429 <430 f.> jew. m.w.N.) seiner Entscheidung nicht ohne weiteres die Annahme zugrundelegen dürfen, von der das Oberlandesgericht Gebrauch gemacht hat. Soweit das Oberlandesgericht zudem anführt, aus der Sicht der Justizvollzugsanstalt sei mit Blick auf die ärztliche Schweigepflicht fraglich gewesen, ob die Klinik auf telefonische Nachfrage Auskunft erteilt haben würde, kann dies schon dem Aussagegehalt nach nicht als Beitrag zur Rechtfertigung des Verhaltens der Justizvollzugsanstalt verstanden werden. Zu der Frage, ob die Sicht der Justizvollzugsanstalt berechtigt war und ob nicht Möglichkeiten der schnellen telefonischen Informationsbeschaffung verfügbar waren und hätten erwogen werden müssen, die ein Problem der Schweigepflicht nicht aufwarfen (s.o., III.1.b)), wird damit nicht Stellung genommen. Ob auch insoweit die Grenzen der Befugnis eines Rechtsbeschwerdegerichts überschritten wären, wenn denn eine Feststellung mit potentiell rechtfertigender Bedeutung vorläge, ist daher ohne Belang.

IV.

30

Der Beschluss des Landgerichts vom 7. Dezember 2011 und der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 15.Februar 2012 beruhen auf dem festgestellten Grundrechtsverstoß. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass diese Beschlüsse zumindest im Ergebnis alternativlos waren und die Verfassungsbeschwerde daher nicht zur Entscheidung anzunehmen ist, weil der Beschwerdeführer auch im Fall einer stattgebenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit seinem Rechtsschutzbegehren vor den Fachgerichten letztlich keinen Erfolg haben könnte (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Von einer Aussichtslosigkeit der weiteren Rechtsverfolgung vor den Fachgerichten ist insbesondere nicht deshalb auszugehen, weil im Ergebnis feststünde, dass die Justizvollzugsanstalt berechtigt war, den Beschwerdeführer auf die Einholung einer andersartigen als der vorgelegten Bescheinigung zu verweisen (s. unter III.1.b)).

V.

31

1. Die Beschlüsse des Landgerichts vom 7. Dezember 2011 und des Oberlandesgerichts vom 15. Februar 2012 sind nach alledem gemäß § 93c Abs. 2, § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben, und das Verfahren ist an das Landgericht zurückzuverweisen.

32

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Tenor

Der Beschluss des Landgerichts Aachen vom 21. September 2010 - 33i StVK 361/10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes, soweit darin der Antrag des Beschwerdeführers, die Rechtswidrigkeit der gemeinsamen Unterbringung mit einem Raucher festzustellen, verworfen wurde.

Der Beschluss des Landgerichts wird insoweit aufgehoben und die Sache wird an das Landgericht Aachen zurückverwiesen. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. November 2010 - 1 Vollz (Ws) 588/10 - wird damit gegenstandslos.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

...

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Bedingungen der Haftraumunterbringung des Beschwerdeführers.

2

1. Der Beschwerdeführer wurde am 30. März 2010 von der Justizvollzugsanstalt Werl in die Justizvollzugsanstalt Aachen verlegt. Am 13. April 2010 wurde er in einem Raum mit drei Mitgefangenen untergebracht, von denen einer Raucher war. Am selben Tag beantragte er die Verlegung in einen Einzelhaftraum. Nach Ablehnung des Antrags seitens der Justizvollzugsanstalt stellte er mit Schriftsatz vom 16. April 2010 Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 109 Abs. 1 StVollzG). Im Gemeinschaftsraum könne er sich seinem Fernstudium nicht mit der erforderlichen Ruhe widmen, was dazu führe, dass er Kurse im nächsten Semester erneut belegen müsse, wodurch zusätzliche Kosten entstünden. Aufgrund einer Störung - unter anderem einer Angststörung -, die sich haftbedingt entwickelt habe, sei in der Vergangenheit seine Einzelunterbringung aus medizinischen Gründen verfügt worden. Zudem sei er aus Sicherheitsgründen in die Justizvollzugsanstalt Aachen verlegt worden, weil die frühere Justizvollzugsanstalt für seine Sicherheit nicht mehr habe garantieren können. Aufgrund seines erlernten Berufs als Polizeibeamter hätten während der gesamten Haftzeit Bedrohungen, Beleidigungen und Nötigungen seitens der Mitinhaftierten zur Tagesordnung gehört. Zudem sei er durch die gemeinsame Unterbringung mit einem Raucher schädlichem Passivrauchen ausgesetzt. Sollte die Justizvollzugsanstalt sich nicht im Stande fühlen, kurzfristig einen Einzelhaftraum zur Verfügung zu stellen, behalte er sich die Feststellung der Rechtswidrigkeit in einem separaten Verfahren vor.

3

Die Justizvollzugsanstalt, der mit gerichtlichem Schreiben vom 10. Mai 2010 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, nahm unter dem 14. Mai 2010 dahingehend Stellung, dass in der Sache Erledigung eingetreten sei. Der Beschwerdeführer sei seit dem 12. Mai 2010 allein untergebracht. Wie aus dem Vermerk eines Bediensteten der Justizvollzugsanstalt Werl - vom Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde nicht vorgelegt - ersichtlich sei, sei der Beschwerdeführer auf eigenen Wunsch in die Justizvollzugsanstalt Aachen verlegt worden. Es sei ihm erläutert worden, dass eine Einzelunterbringung nicht zeitnah umgesetzt werden könne. Hiermit habe er sich ausdrücklich einverstanden erklärt.

4

Der Beschwerdeführer erwiderte hierauf mit Schriftsatz vom 26. Mai 2010, dass er die Feststellung der Rechtswidrigkeit beantrage. Hintergrund hierfür sei auch die Tatsache, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit einem weiteren zivilrechtlichen Folgenbeseitigungsverfahren diene. Zwar ergebe sich aus der beigefügten Anlage, dass er einer Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Aachen zugestimmt habe. Diese Zustimmung sei jedoch unter den Vorbehalt "entsprechende(r)Voraussetzungen" gestellt worden, zu denen die zeitnahe Zuweisung eines Einzelhaftraums gehört habe. Es sei festzustellen, dass die Justizvollzugsanstalt auf das Bekanntwerden des Antrags auf gerichtliche Entscheidung sofort reagiert habe, obwohl ihm noch am 15. April 2010 eröffnet worden sei, dass die Zuweisung eines Einzelhaftraumes geraume Zeit in Anspruch nehmen würde. Dies sei ein Beweis dafür, dass die Rechtswidrigkeit der Maßnahme bekannt gewesen sei. Zudem bleibe festzuhalten, dass er rechtswidrig gemeinsam mit einem Raucher untergebracht gewesen sei. Es stehe der Verdacht der fahrlässigen Körperverletzung im Amt im Raum. Hieraus ergebe sich auch das berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme. Die aufgezwungene Situation des Passivrauchens lasse Schadensersatzansprüche entstehen, die in einem anderen Verfahren auf der Grundlage der Feststellung der Rechtswidrigkeit gemäß § 115 Abs. 3 StVollzG durchgesetzt werden sollten.

5

Die Justizvollzugsanstalt erklärte mit Schreiben vom 20. August 2010, dass keine Veranlassung bestehe, an der Richtigkeit des Vermerks der Justizvollzugsanstalt Werl zu zweifeln. Der Beschwerdeführer sei im Rahmen des Belastungsausgleichs in die Justizvollzugsanstalt Aachen verlegt worden; diese Verlegung habe zwar mit seinem Wunsch, wegen angeblicher Bedrohungen verlegt zu werden, korrespondiert, dieser sei aber nicht der Anlass für seine Verlegung gewesen. Soweit der Beschwerdeführer zur Begründung seines Feststellungsantrags nicht mehr auf mögliche Schadensersatzansprüche wegen nicht erreichter Studienziele abstelle, sondern den Nichtraucherschutz in den Vordergrund stelle, sei auszuführen, dass selbstverständlich der Nichtraucherschutz in der dortigen Anstalt mit der notwendigen Konsequenz gewährleistet werde; es solle nicht der Eindruck aufkommen, die Gesundheitsgefahren des Passivrauchens würden relativiert. In diesem Zusammenhang verwundere allerdings, dass der Beschwerdeführer selbst Umschluss mit Rauchern wahrgenommen habe und wahrnehme und sich damit den Gefahren des Passivrauchens freiwillig aussetze. Vor diesem Hintergrund dürften einem Schadensersatzanspruch jegliche Erfolgsaussichten fehlen. Zudem habe der Beschwerdeführer selbst vorgetragen, dass er nur mit einem Gelegenheitsraucher auf dem Haftraum untergebracht worden sei, so dass sich die Belastung durch Passivrauchen auf einem zu vernachlässigenden Niveau befunden haben dürfte.

6

Der Beschwerdeführer erwiderte darauf unter anderem, dass er während des Aufenthaltes in der Justizvollzugsanstalt Aachen zweimal Umschluss bei einer einzigen Person gemacht habe; diese habe aus Rücksicht während des Umschlusses nicht geraucht. Auch wenn er dargelegt habe, dass es sich bei dem Raucher auf dem gemeinsamen Haftraum um einen so genannten Gelegenheitsraucher gehandelt habe, bedeute dies nicht zwangsläufig, dass dieser nur gelegentlich geraucht habe. Für ihn, den Beschwerdeführer, sei ein Gelegenheitsraucher jemand, der nicht Kettenraucher sei, also ein "normaler Raucher".

7

2. Das Landgericht verwarf mit angegriffenem Beschluss vom 21. September 2010 den Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag (§ 115 Abs. 3 StVollzG) sei mangels berechtigten Interesses an der Feststellung der Rechtswidrigkeit unzulässig. Ein solches Interesse bestehe, wenn der diskriminierende Charakter der Maßnahme anhalte, die angefochtene Maßnahme sich später für den Antragsteller nachteilig auswirken könne, eine sich konkret abzeichnende Wiederholungsgefahr bestehe oder die Feststellung der Vorbereitung anderer Prozesse, namentlich der Geltendmachung von Amtshaftungs- und Schadensersatzansprüchen, diene. Die Unterbringung in dem Gemeinschaftsraum habe jedoch für den Beschwerdeführer weder konkrete Folgen noch wirke sie sich jetzt nachteilig für ihn aus. Hinreichende eine Wiederholungsgefahr begründende Tatsachen seien dem Gericht nicht bekannt. Ferner sei auch kein Feststellungsinteresse wegen einer schwerwiegenden Grundrechtsverletzung anzunehmen. Eine solche werde nur bei menschenunwürdiger Unterbringung in einer Gemeinschaftszelle bejaht, die hier angesichts der Größe (29,93 qm bei 4-Personen-Zelle) und Ausstattung (abgetrennter und gesondert belüfteter Sanitärbereich) nicht gegeben sei. Schließlich sei auch ein Feststellungsinteresse zur Vorbereitung der Geltendmachung von Amtshaftungs- und Schadensersatzansprüchen nicht erkennbar, da ein hierauf gerichteter Zivilprozess ohne Erfolgsaussicht sei. Schon zu einem durch die gemeinschaftliche Unterbringung entstandenen Schaden sei nicht substantiiert vorgetragen worden. Soweit ersichtlich, stelle der Beschwerdeführer insoweit lediglich auf eine Gesundheitsbeschädigung durch die Gefahren des Passivrauchens ab, nicht mehr durch die Gemeinschaftsunterbringung an sich. Insoweit fehle es schon an näherem Vortrag, ab welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang einer der Mitgefangenen geraucht habe. Bedeutung komme auch dem Umstand zu, dass der Antragsteller seinen Mitinhaftierten als Gelegenheitsraucher bezeichnet habe. Vor diesem Hintergrund dürften allenfalls geringfügige Folgen des Passivrauchens zu verzeichnen sein. Darauf komme es jedoch nicht entscheidend an, da der Beschwerdeführer nach Auffassung des Landgerichts einen möglichen Schaden jedenfalls in weit überwiegendem Umfang selbst zu vertreten habe. Denn nach dem überzeugenden Vortrag der Justizvollzugsanstalt, dem der Beschwerdeführer lediglich pauschal verneinend entgegengetreten sei, habe der Beschwerdeführer sich im Zuge seiner Verlegung ausdrücklich damit einverstanden erklärt, dass er nicht sofort einen Einzelhaftraum zugewiesen bekomme. Dies ergebe sich eindeutig aus dem von der Justizvollzugsanstalt vorgelegten Vermerk der Justizvollzugsanstalt Werl.

8

Selbst bei Bejahung eines Feststellungsinteresses sei der Antrag aus den zuvor genannten Gründen jedenfalls unbegründet. Namentlich sei die ursprünglich angefochtene Maßnahme, die Unterbringung in einem Gemeinschaftshaftraum vom 1. April bis 11. Mai 2010, nicht rechtswidrig gewesen. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung werde insoweit gemäß § 115 Abs. 1 Satz 4 StVollzG abgesehen, da das Landgericht insoweit vollumfänglich der Begründung der angefochtenen Entscheidung in der Fassung der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt vom 14. Mai 2010, 25. Juni 2010 und 20. August 2010 folge.

9

3. Mit der Rechtsbeschwerde machte der Beschwerdeführer geltend, dass der gemeinschaftlichen Unterbringung § 18 Abs. 1 StVollzG entgegengestanden habe. Die ausdrücklich als "Übergangsvorschrift" gefasste Regelung des § 201 Nr. 3 Satz 1 StVollzG sei inzwischen - nach fast 34 Jahren - nicht mehr geeignet, die Abweichung von der Regel des § 18 Abs. 1 StVollzG zu rechtfertigen. Die gemeinschaftliche Unterbringung sei zudem wegen des erzwungenen Passivrauchens rechtswidrig gewesen. Das Landgericht habe verkannt, dass die vermeintliche Einwilligung in die gemeinschaftliche Unterbringung jedenfalls nicht die Unterbringung mit einem Raucher decke. Diese sei nach § 3 Abs. 5 Satz 2 NiSchG NW, wonach bei der Belegung eines Haftraumes mit mehr als einer Person das Rauchen in diesem Haftraum nicht zulässig sei, wenn eine der in dem Haftraum untergebrachten Personen Nichtraucher sei, eindeutig rechtswidrig. Im Übrigen sei auch ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse gegeben. Wie das Bundesverfassungsgericht erst unlängst in einem Verfahren festgestellt habe, in dem es um die rechtswidrige Inhaftierung eines Bürgers gegangen sei, fehle das erforderliche Rechtsschutzinteresse an einer Sachentscheidung nicht etwa deshalb, weil der Beschwerdeführer in dem entschiedenen Verfahren zwischenzeitlich aus der Haft entlassen worden und der Freiheitseingriff beendet sei. Genauso liege der Fall hier. Er, der Beschwerdeführer, müsse gewärtigen, dass er erneut mit anderen (rauchenden) Gefangenen untergebracht werde.

10

4. Das Oberlandesgericht verwarf mit angegriffenem Beschluss vom 23. November 2010 die Rechtsbeschwerde als unzulässig, da es nicht geboten sei, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.

11

5. Mit seiner fristgerecht eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer den Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 und Art. 104 Abs. 1 GG. Die Unterbringung im Gemeinschaftshaftraum sei mangels Rechtsgrundlage unabhängig von dem erzwungenen Passivrauchen rechtswidrig; durch die Übergangsvorschrift des § 201 Nr. 3 StVollzG könne sie heute nicht mehr gerechtfertigt werden. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse nach Erledigung bestehe insbesondere dann, wenn die Maßnahme diskriminierend wirke. Soweit ein Gefangener entgegen den Regelungen des Nichtraucherschutzgesetzes mit anderen Gefangenen zusammengelegt werde, die rauchten, könne nur von einer schweren Missachtung der Menschenwürde gesprochen werden; zudem dürfte auch ein Eingriff in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG vorliegen. Dass hiergegen Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen müssten, auch im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage, könne nur als denknotwendig bezeichnet werden, da anderenfalls die Grundrechte des Beschwerdeführers leerlaufen würden. Zudem müsse er, wenn ihm eine Fortsetzungsfeststellung verwehrt würde, Wiederholung gewärtigen.

12

6. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

13

1. Soweit die Verfassungsbeschwerde sich dagegen richtet, dass das Landgericht den Antrag des Beschwerdeführers insoweit abgewiesen hat, als dieser die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Gemeinschaftsunterbringung als solcher begehrt hat, wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

14

Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit unzulässig, weil sie nicht hinreichend substantiiert begründet ist. Zur ausreichenden Substantiierung gehört die Vorlage oder inhaltliche Wiedergabe von Dokumenten, auf die eine angegriffene Entscheidung sich bezieht und ohne Kenntnis von deren Inhalt nicht beurteilt werden kann, ob Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt wurden (vgl. BVerfGE 112, 304 <314>; BVerfGK 5, 170 <171>). Das Landgericht hat angenommen, dass - abgesehen vom Fehlen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses - der Fortsetzungsfeststellungsantrag des Beschwerdeführers auch unbegründet sei, und zur Begründung auf die Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt vom 14. Mai 2010, vom 25. Juni 2010 und vom 20. August 2010 verwiesen. Eine dieser Stellungnahmen - die vom 25. Juni 2010 - legt der Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde nicht vor; auch hat er den Vermerk der Justizvollzugsanstalt Werl betreffend sein Einverständnis mit der Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Aachen der Verfassungsbeschwerde nicht beigelegt. Aus den vorgelegten Unterlagen ist ersichtlich, dass im fachgerichtlichen Verfahren gerade umstritten war, ob der Beschwerdeführer der gemeinschaftlichen Unterbringung im Falle seiner Verlegung nach Aachen zugestimmt hatte beziehungsweise ob eine erteilte Zustimmung die gemeinschaftliche Unterbringung für einen so langen Zeitraum deckte, wie sie tatsächlich stattfand. Da die diese Frage betreffenden Unterlagen vom Beschwerdeführer nicht vorgelegt wurden, kann die Frage, ob das Landgericht ohne Grundrechtsverstoß davon ausgehen durfte, dass die gemeinschaftliche Unterbringung als solche von den gesetzlichen Vorschriften gedeckt war, nicht beurteilt werden.

15

2. Soweit das Landgericht im angegriffenen Beschluss den Antrag des Beschwerdeführers, die Rechtswidrigkeit der gemeinsamen Unterbringung mit einem Raucher im Zeitraum vom 13. April 2010 bis 11. Mai 2010 festzustellen, verworfen hat, wird die Verfassungsbeschwerde gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen. Die Annahme zur Entscheidung ist insoweit zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen insoweit vor (§ 93c Abs. 1 BVerfGG). Die für die diesbezügliche verfassungsrechtliche Beurteilung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht geklärt. Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sie zur Entscheidung angenommen wird, zulässig und in einem die Kammerzuständigkeit begründenden Sinne (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG) offensichtlich begründet.

16

a) Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht die Nichtvorlage der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Aachen vom 25. Juni 2010 und des Vermerks der Justizvollzugsanstalt Werl nicht entgegen, weil sich auch ohne Kenntnis des näheren Inhalts dieser Unterlagen beurteilen lässt, dass das Landgericht in seiner Beurteilung des vom Beschwerdeführer beanstandeten Zwangs zum Passivrauchen von verfassungsrechtlich nicht haltbaren Voraussetzungen ausgegangen ist.

17

b) Im zur Entscheidung angenommenen Umfang ist die Verfassungsbeschwerde begründet. Soweit im angegriffenen Beschluss des Landgerichts das Begehren des Beschwerdeführers, die Rechtswidrigkeit seiner Unterbringung mit einem Raucher feststellen zu lassen, verworfen wurde, verletzt der Beschluss das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG.

18

aa) (1) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet die Effektivität des Rechtsschutzes. Der Bürger hat einen substanziellen Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 35, 382 <401 f.>; 104, 220 <231 ff.>; stRspr). Der Zugang zu den staatlichen Gerichten darf nicht in einer Weise erschwert werden, die sich aus Sachgründen nicht rechtfertigen lässt (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 104, 220 <232>; 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes ist es allerdings prinzipiell vereinbar, die Rechtsschutzgewährung von einem fortbestehenden Rechtsschutzinteresse abhängig zu machen. Daher ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Fachgerichte bei Erledigung des Verfahrensgegenstandes einen Fortfall des Rechtsschutzinteresses annehmen (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>). Trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels kann ein Bedürfnis nach gerichtlicher Entscheidung aber fortbestehen, wenn das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage in besonderer Weise schutzwürdig ist (vgl. BVerfGE 104, 220 <232 ff.>).

19

Ein Rechtsschutzinteresse besteht trotz Erledigung unter anderem dann fort, wenn ein gewichtiger Grundrechtseingriff von solcher Art geltend gemacht wird, dass gerichtlicher Rechtsschutz dagegen typischerweise nicht vor Erledigungseintritt erlangt werden kann (vgl. BVerfGE 96, 27 <39 f.>; 110, 77 <86>; 117, 71 <122 f.>; für den Bereich des Haftvollzuges BVerfGK 11, 54 <59>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. November 2010 - 2 BvR 2111/09 -, juris; vom 3. August 2011 - 2 BvR 1739/10 -, juris; vom 7. März 2012 - 2 BvR 988/10 -, StraFo 2012, S. 129 <130>; vom 28. Oktober 2012 - 2 BvR 737/11-, juris). Nur so kann verhindert werden, dass Rechte - und insbesondere Grundrechte - in bestimmten Konstellationen in rechtsstaatlich unerträglicher Weise systematisch ungeschützt bleiben. In diesem Zusammenhang kann auch von Bedeutung sein, ob - wie es in Strafvollzugssachen häufig und in einem gewissen Maß sogar zwangsläufig vorkommt - der Antragsgegner, ohne die Rechtswidrigkeit einer zuvor ergriffenen Maßnahme anzuerkennen, die Erledigung des darüber geführten Rechtsstreits selbst herbeigeführt hat. Es wäre nicht hinnehmbar, wenn die Strafvollzugsbehörden sich in einzelnen Bereichen der gerichtlichen Kontrolle erheblich grundrechtseingreifender Maßnahmen systematisch dadurch entziehen könnten, dass sie, ohne damit ein vorausgegangenes Unrecht einzuräumen, deren Erledigung herbeiführen, bevor es zu einer gerichtlichen Entscheidung kommt. Im Hinblick darauf kommt auch den Umständen der Erledigung Bedeutung zu (vgl. BVerfGE 116, 69 <80>). Die Anforderungen an das Fortbestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses nach Erledigung dürfen nicht so gehandhabt werden, dass damit einer Strategie der Mängelverwaltung zum Erfolg verholfen wird, die Gefangene rechtswidrigen Haftbedingungen aussetzt und dabei gerichtlichen Beanstandungen gezielt durch fallweise Erledigung zu entgehen versucht. Die Gerichte müssen daher bei der Entscheidung über das Vorliegen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses Hinweisen des Antragstellers oder sich aus den Umständen ergebenden Hinweisen darauf, dass der konkrete Fall Teil einer Praxis versuchter Vermeidung gerichtlicher Kontrolle durch gezielte Erledigungsmaßnahmen sein könnte, nachgehen (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 2. März 2011 - 2 BvR 576/09 -, juris, Rn. 4, und vom 28. Oktober 2012 - 2 BvR 737/11 -, juris, Rn. 12) und auch insoweit ihrer Pflicht zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts (vgl. BVerfGE 101, 275 <294 f.>; BVerfGK 9, 390 <395>; 9, 460 <463>) nachkommen.

20

(2) Diesen Anforderungen entspricht die Entscheidung des Landgerichts nicht.

21

Die Justizvollzugsanstalt hatte sich nach dem unbestrittenen Vortrag des Beschwerdeführers nicht in der Lage gesehen, dessen gemeinsame Unterbringung mit einem Raucher auf den bei ihr gestellten Antrag hin zu beenden oder auch nur eine Beendigung innerhalb kurzer Frist in Aussicht zu stellen. Nachdem der Beschwerdeführer sich aber an das Landgericht gewandt hatte, erfolgte die das Begehren des Beschwerdeführers erledigende Verlegung in einen Einzelhaftraum innerhalb von zwei Tagen nach Eingang der gerichtlichen Aufforderung zur Stellungnahme. Dieses Vorgehen deutete nicht nur auf das Vorliegen von Schwierigkeiten bei der rechtmäßigen Unterbringung der Gefangenen, sondern auch auf die Möglichkeit einer gezielt zur Vermeidung einer ungünstigen gerichtlichen Entscheidung herbeigeführten Erledigung hin und musste dem Landgericht Anlass zur Auseinandersetzung mit der sich aufdrängenden Frage geben, ob Fälle, in denen Gefangene aus der betreffenden Justizvollzugsanstalt substantiiert eine rechtswidrige Unterbringung geltend machen, sich womöglich typischerweise vor Ergehen einer gerichtlichen Entscheidung erledigen. Zur Klärung wäre insbesondere auf etwaige Erfahrungen des Gerichts in anderen Fällen, in denen Gefangene substantiiert die Bedingungen der Haftraumunterbringung in der betreffenden Justizvollzugsanstalt beanstandeten, einzugehen gewesen. Dies gilt umso mehr, als der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 26. Mai 2010 ausdrücklich geltend gemacht hatte, die sofortige Reaktion der Justizvollzugsanstalt auf seinen beim Landgericht gestellten Antrag in Verbindung mit dem Umstand, dass ihm noch am 15. April 2010 - das heißt am Tag vor dem Datum, unter dem der Antrag nach § 109 Abs. 1 StVollzG gestellt wurde - eine längere Wartezeit in Aussicht gestellt worden sei, verdeutliche, dass die Justizvollzugsanstalt ihn wissentlich rechtswidrigen Haftbedingungen ausgesetzt habe.

22

bb) Der Beschluss des Landgerichts beruht auf dem festgestellten Grundrechtsverstoß. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer im fachgerichtlichen Verfahren nach Aufhebung des Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht keine ihm günstigere Entscheidung zuteil werden könnte und er daher durch die Nichtannahme keinen schweren Nachteil (§ 93a Abs. 2 BVerfGG) erleidet. Dem steht nicht entgegen, dass das Landgericht in der Begründung seines - den Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig verwerfenden - Beschlusses nicht nur vom Fehlen eines Feststellungsinteresses ausgegangen ist, sondern darüber hinaus angenommen hat, der Fortsetzungsfeststellungsantrag sei jedenfalls auch unbegründet. Denn diese Annahme war ihrerseits nicht tragfähig begründet. Eine auf die gegebene Begründung gestützte Abweisung des Antrages als unbegründet hätte ihrerseits Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt.

23

Angesichts der nicht auszuschließenden Wirkungen des Passivrauchens (vgl. BVerfGE 121, 317 <350 ff., 356>) greift die gemeinschaftliche Unterbringung eines nichtrauchenden Gefangenen mit einem rauchenden Mitgefangenen - jedenfalls wenn der Betroffene ihr nicht in gesicherter vollkommener Freiwilligkeit zustimmt - in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) ein. Der Gefangene hat Anspruch auf Schutz vor Gefährdung und erheblicher Belästigung durch das Rauchen von Mitgefangenen und Aufsichtspersonal (vgl. BVerfGK 13, 67 <68>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Oktober 2008 - 2 BvR 1203/07 - juris, und vom 28. Oktober 2012 - 2 BvR 737/11 -, juris; aus der fachgerichtlichen Rechtsprechung siehe OLG Celle, Beschluss vom 1. Juni 2004 - 1 Ws 102/04 -, NJW 2004, S. 2766 <2767>; OLG Frankfurt, Beschluss vom 12. September 1988 - 3 Ws 402/88 -, NStZ 1989, S. 96; OLG Hamm, Beschluss vom 26. Juli 1984 - 1 Vollz (Ws) 120/84 -, NStZ 1984, S. 574 <575>; OLG Nürnberg, Beschluss vom 9. September 2008 - 2 Ws 416/08 -, juris; LG Detmold, Urteil vom 2. November 2006 - 9 O 163/05 -, juris).

24

Für den in der gemeinschaftlichen Unterbringung mit einem Raucher liegenden Eingriff fehlt bereits eine gesetzliche Grundlage. Auf die Frage, ob und inwieweit es mit den Grundrechten eines Gefangenen, der Tabakrauch in seinem Haftraum nicht ausgesetzt werden will, vereinbar sein könnte, ihm durch Gesetz gewisse diesbezügliche Duldungspflichten aufzuerlegen, kommt es daher nicht an.

25

Das nordrhein-westfälische Nichtraucherschutzgesetz verbietet darüber hinaus ausdrücklich das Rauchen in einem Haftraum, wenn eine der darin untergebrachten Personen Nichtraucher ist (§ 3 Abs. 5 Satz 2 NiSchG NW). Die Durchsetzung dieses auf den Schutz des Nichtrauchers zielenden Gebots kann schon im Hinblick darauf, dass er sich damit der Gefahr von Repressalien seitens der Mitgefangenen aussetzen würde, nicht dem nichtrauchendem Gefangenen - sei es auch auf dem Weg über auf Verbotsdurchsetzung zielende Beschwerden an die Anstalt - überlassen bleiben. Das gesetzliche Verbot schließt daher die Unzulässigkeit der gemeinsamen Unterbringung nichtrauchender mit rauchenden Gefangenen ein, sofern nicht die Anstalt durch geeignete, von Beschwerden des betroffenen Nichtrauchers unabhängige Vorkehrungen, wie zum Beispiel Rauchmelder, für eine systematische Durchsetzung des gesetzlichen Verbots sorgt. Dass das Verbot des § 3 Abs. 5 Satz 2 NiSchG NW im vorliegenden Fall wirksam durchgesetzt worden sei, ist im fachgerichtlichen Verfahren von der Justizvollzugsanstalt nicht geltend gemacht worden.

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Der Beschluss des Landgerichts enthält auch keine tragfähige Begründung dafür, dass eine den grundrechtseingreifenden Charakter der Maßnahme ausschließende Einwilligung des Beschwerdeführers vorlag. Schon mit der Frage, ob eine Einwilligung hier überhaupt eingriffsausschließende Wirkung - insbesondere auch eingriffsausschließende Wirkung über die Dauer des Einverständnisses hinaus - entfalten konnte, setzt sich das Landgericht nicht auseinander. Auch dazu, ob eine Einwilligung überhaupt erteilt worden war, fehlt jede Feststellung. Ein Einverständnis des Beschwerdeführers mit einer vorübergehenden gemeinschaftlichen Unterbringung, von dessen Vorliegen das Landgericht ausging, kann offenkundig nicht mit einer Einwilligung in die gemeinschaftliche Unterbringung mit einem Raucher gleichgesetzt werden. Auch wenn der Vortrag der Justizvollzugsanstalt, dass der Beschwerdeführer Umschluss mit einem rauchenden Mitgefangenen in Anspruch genommen habe, zutreffend gewesen sein sollte, könnte hieraus nicht auf ein Einverständnis auch mit der kontinuierlichen gemeinschaftlichen Unterbringung mit einem Raucher geschlossen werden. Unabhängig davon konnte die Annahme der Rechtmäßigkeit dieser Unterbringung auf das den Umschluss betreffende Vorbringen der Justizvollzugsanstalt schon deshalb nicht gestützt werden, weil der Beschwerdeführer mit einer abweichenden Sachverhaltsschilderung bestritten hatte, dass er es jemals in Kauf genommen habe, während eines Umschlusses Tabakrauch ausgesetzt zu sein. Das Gericht verletzt seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung, wenn es bei umstrittenem Sachvortrag ohne weitere Ermittlungen und ohne jede Begründung für deren Entbehrlichkeit von der Richtigkeit des Vortrags einer Seite ausgeht (vgl. BVerfGK 9, 460 <464 f.>; 13, 137 <146>).

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3. Der Beschluss des Landgerichts ist daher gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben; die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. November 2010 - 1 Voll (Ws) 588/10 - wird damit gegenstandslos.

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4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung ergeht gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.

(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.

(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.