Bundesgerichtshof Urteil, 02. Dez. 2015 - 2 StR 258/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2015:021215U2STR258.15.0
bei uns veröffentlicht am02.12.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 258/15
vom
2. Dezember 2015
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2015:021215U2STR258.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. Dezember 2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl, Dr. Eschelbach, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott, Richter am Bundesgerichtshof Zeng,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung, Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27. November 2014 zugunsten des Angeklagten mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Marihuana) in nicht geringer Menge unter Mitsichführung eines Gegenstands, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist, in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln (Marihuana) in nicht geringer Menge und mit Herstellen von Betäubungsmitteln (Marihuana) unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. Mai 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt sowie das sichergestellte Marihuana, zahlreiche bei dessen Anbau gebrauchte Utensilien und ein Pfefferspray eingezogen. Die dagegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

I.

2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte zunächst mit Urteil der 26. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. Mai 2014 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Dem lag unter anderem zugrunde, dass der Angeklagte zusammen mit dem gesondert Verfolgten C. im Jahr 2013 sowohl zum Weiterverkauf als auch zum Eigenkonsum eine Marihuana-Plantage in seiner Wohnung errichtet und zur Absicherung dort ein Pfefferspray deponiert hatte. Die Plantage war bei einer Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten im November 2013 entdeckt worden.
3
In der Folgezeit war der Angeklagte Bedrohungen und tätlichen Angriffen des C. und von Personen aus dessen Umfeld ausgesetzt, die davon ausgingen , der Angeklagte habe bei der Polizei sie belastende Angaben gemacht. Als sich der Druck verstärkte, entschloss sich der Angeklagte im Dezember 2013 tatsächlich Angaben zu machen. Er erwartete daraufhin die Festnahme C. , die aber ausblieb.
4
Anfang 2014 drängte C. den Angeklagten, erneut eine Plantage zu errichten. Er könne damit beweisen, dass er kein Verräter sei. Als C. entsprechende Gerätschaften in seine Wohnung brachte, wandte sich der Angeklagte wiederum an die Polizei, die aber - solange keine Pflanzen angebaut seien - keine Handhabe sah, einzuschreiten. Da C. und seine Unterstützter auch dafür sorgten, dass der Angeklagte nirgends mehr Marihuana zum Eigenkonsum erhielt, entschloss er sich schließlich - auf Grund der Bedrohungslage und zur Sicherung seines Eigenkonsums - die Plantage wiederum in Betrieb zu setzen. Der Angeklagte sollte die Hälfte des zu erntenden Marihuanas zum Eigen- konsum behalten dürfen; die andere Hälfte war, was der Angeklagte wusste, zum Weiterverkauf durch C. bestimmt. Zur Absicherung der Drogengeschäfte hielt der Angeklagte ein Pfefferspray bereit.
5
Bei einer erneuten Durchsuchung der Wohnung am 26. März 2014 wurden nicht geerntete Blüten, geerntete und getrocknete Blüten sowie zur Entsorgung bestimmtes Blattmaterial mit insgesamt rund 51 Gramm THC sichergestellt.
6
2. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen der in 2014 begangenen Tat wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG und mit Herstellen von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG verurteilt.
7
Das Gericht hat einen minder schweren Fall gemäß § 30a Abs. 3 BtMG angenommen und die Strafe - unter Berücksichtigung der Sperrwirkung des § 29a Abs. 1 BtMG - dem gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB geminderten Strafrahmen von drei Monaten bis sieben Jahren und sechs Monaten entnommen. Dabei hat es zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er geständig sowie selbst drogenabhängig war und er vor der Inbetriebnahme der Plantage erfolglos versucht hatte, polizeiliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Ganz wesentlich“ zu seinen Gunsten hat die Strafkammer gewertet, dass die vorliegende Tat bereits von der 26. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main in ihrem Urteil vom 16. Mai 2014 als negatives Nachtatverhalten „deutlich strafschärfend“ berücksichtigt worden war. Vor diesem Hintergrund und dem Umstand, dass es sich vorliegend um eine weiche Droge handelte, die vollständig sichergestellt wurde und die mit insgesamt rund 51 Gramm THC die nicht geringe Menge nicht übermäßig überschritt, hat sie daher auch unter Berück- sichtigung der hohen Rückfallgeschwindigkeit sowie des Umstands, dass der Angeklagte bereits mehrfach vorverurteilt war und er bei Tatbegehung unter dreifacher Bewährung stand, im Ergebnis das Vorliegen eines minder schweren Falls bejaht. Nach nochmaliger Abwägung der vorgenannten Umstände hat das Gericht auf eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten und unter Einbeziehung der Strafe von zwei Jahren und zehn Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. Mai 2014 auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren erkannt.

II.

8
Die von der Staatsanwaltschaft zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision war auf den Strafausspruch beschränkt. Die Rechtsmittelbeschränkung ist jedoch unwirksam, weil die Feststellungen den Schuldspruch nicht tragen. Das Urteil war entsprechend auf die Revision der Staatsanwaltschaft zugunsten des Angeklagten insgesamt aufzuheben.
9
1. Die Revision ist auf den Strafausspruch beschränkt. Zwar hat die Staatsanwaltschaft eingangs ihrer Revisionsbegründungsschrift keine Beschränkung erklärt und am Ende ihrer Ausführungen die (uneingeschränkte) Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen und Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer zur erneuten Verhandlung und Entscheidung beantragt. Mit diesem den Schuld- und Strafausspruch umfassenden Revisionsantrag steht jedoch der übrige Inhalt der Revisionsbegründungsschrift nicht in Einklang. Daraus ergibt sich, dass die Revisionsführerin das Urteil allein deshalb für fehlerhaft hält, weil das Landgericht der Bemessung der Freiheitsstrafe zu Unrecht den Strafrahmen des minder schweren Falls nach § 30a Abs. 3 StGB zugrunde gelegt und die Freiheitsstrafe wie auch im Übrigen die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe unangemessen milde bemessen habe.
10
Da sich somit der Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung widersprechen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Angriffsziel des Rechtsmittels durch Auslegung zu ermitteln (vgl. Senat, Urteil vom 11. Juni 2014 - 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285 mwN). Nach dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsbegründung ist hier allein der Strafausspruch angefochten.
11
2. Die Beschränkung der Revision auf den Rechtsfolgenausspruch ist indes unwirksam.
12
a) Schuld- und Strafausspruch sind zwar in der Regel trennbar. Ausnahmsweise ist eine Trennbarkeit aber dann zu verneinen, wenn die Schuldfeststellungen eine Überprüfung des Strafausspruchs nicht ermöglichen.
13
Dies ist vor allem dann der Fall, wenn Umstände vorliegen, aus denen sich eine Verknüpfung der Erörterungen zur Schuld- und Straffrage ergibt, wenn also vom Landgericht strafmildernd gewertete und deshalb von der Revision angegriffene Umstände, tatsächlich (auch) den Schuldspruch beträfen. Die vorliegend von der Revision erhobenen Einwendungen betreffen jedoch allein die Strafzumessung; auch soweit die Verletzung der Aufklärungspflicht gerügt wird, handelt es sich nicht um sog. doppelrelevante Tatsachen.
14
Eine Trennbarkeit ist aber auch dann zu verneinen, wenn unklar bleibt, ob sich der Angeklagte überhaupt strafbar gemacht hat, denn derartige Feststellungen können nicht Grundlage eines Strafausspruchs sein (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 6. August 2014 - 2 StR 60/14, NStZ 2014, 635; Beschluss vom 4. Juni 2014 - 2 StR 14/14; Urteile vom 19. März 2013 - 1 StR 318/12, wistra 2013, 463, 469, vom 26. Juli 2012 - 1 StR 492/11, wistra 2012, 477, 481 f.). Jedenfalls aber eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge steht hier außer Zweifel.
15
b) Demgegenüber lässt zwar allein die fehlerhafte Rechtsanwendung beim Schuldspruch eine Revisionsbeschränkung noch nicht notwendigerweise unwirksam werden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1996 - 1 StR 721/95, NStZ 1996, 352, 353). Eine Trennbarkeit zwischen Schuld- und Strafausspruch ist aber dann zu verneinen, wenn die Feststellungen zum Schuldspruch so weitgehende Lücken aufweisen, dass sich Art und Umfang der Schuld nicht in dem zur Überprüfung des Strafausspruchs notwendigen Maße bestimmen lassen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 1993 - 3 StR 334/93, NStZ 1994, 130). Eine Revisionsbeschränkung ist daher auch unwirksam, wenn die Tatsachenfeststellungen unklar, lückenhaft, widersprüchlich oder so dürftig sind, dass sie den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht erkennen lassen und keine taugliche Grundlage für die Beurteilung der Rechtsfolgenentscheidung bieten (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - 3 Ss 136/12; KG, Beschluss vom 18. Februar 2013 - [4] 1 Ss 281/12 [341/12]; OLG Koblenz, NZV 2013, 411 f.; Eschelbach in Beck-OK StPO, 23. Edition § 318 Rn. 18). So liegt es hier. Die bisher getroffenen Feststellungen sind lückenhaft und tragen den Schuldspruch nicht. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist daher unbeschränkt.
16
aa) Das Landgericht ist davon ausgegangen, zur Verwirklichung des Tatbestands des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG „genüge“, dass ein Teil der Betäubungsmittel zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt war und der Angeklagte davon wusste. Eine darüber hinaus gehende Wertung, dass sich der Angeklagte täterschaftlich und nicht nur lediglich als Gehilfe an der Tat beteiligt hat, hat das Gericht versäumt.
Ungeachtet dessen vermögen die Feststellungen für sich genommen die Annahme einer Mittäterschaft des Angeklagten nicht zu belegen.
17
Mittäterschaft erfordert zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäterschaft anzunehmen ist, hat das Tatgericht aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 29. September2015 - 3 StR 336/15, NStZ-RR 2016, 6, 7 mwN).
18
bb) Nach den vorgenannten Maßstäben begegnet die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten auf Basis der vom Landgericht getroffenen Feststellungen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die nach den Feststellungen gegebene vorherige Kenntnis des Angeklagten kann eine Mittäterschaft für sich genommen jedenfalls nicht begründen (vgl. MüKoStGB/Joecks, 2. Aufl., § 25 Rn. 17 ff.). Zwar fand auch der Anbau der Betäubungsmittel in der Wohnung des Angeklagten statt. Die Gerätschaften wurden aber durch C. eingebracht, der den Angeklagten zudem unter Druck setzte, die „Anlage in Betrieb zu nehmen“. Weitere Feststellungen zum „Betrieb“ der Plantage werden nicht getroffen. Dieser Tatbeitrag stellt aber seinem äußeren Erscheinungsbild nach nur eine Beteiligung am Handeltreiben des C. dar, die für sich allein weder auf eine Tatherrschaft noch auf einen Willen hierzu schließen lassen. Auch Feststellungen zu einem gemeinsamen Tatplan und zu Umständen, die ein eigenes Tatinteresse begründen könnten, fehlen. Das vom Landgericht festgestellte Interesse des Angeklagten, die hälftige Ernte zum Eigenkonsum behalten zu dürfen, kann nicht ohne Weiteres auch sein Interesse am Gelingen des gewinnbringenden Verkaufs des anderen Teils begründen.
19
Die lückenhaften Feststellungen lassen daher im Ergebnis nicht die Beurteilung zu, ob der Angeklagte als Täter oder Gehilfe beim Handeltreiben gehandelt hat. Läge nur eine Beihilfe vor, wäre überdies § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nicht erfüllt, weil dieser die Bewaffnung des Täters voraussetzt und diejenige des Gehilfen nicht ausreicht (vgl. BGH, Beschluss vom 8. März 2000 - 3 StR 50/00, NStZ 2000, 431, 432).
20
3. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat daher Erfolg; sie führt zugunsten (§ 301 StPO) des Angeklagten zur Aufhebung des angefochtenen Urteils; dies auch soweit er tateinheitlich wegen weiterer Betäubungsmittelstraftaten verurteilt worden ist.

III.

21
Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revision der Staatsanwaltschaft nicht ergeben. Der Schuldspruch begegnet insoweit keinen rechtlichen Bedenken. Soweit sich die Revisionsführerin mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gegen den Strafausspruch wendet, dringt sie auch damit im Ergebnis nicht durch.
22
1. Die Verfahrensrüge, mit der die Revisionsführerin eine Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) durch die Strafkammer rügt, ist aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts bereits unzulässig.
23
Eine weitere als Aufklärungsrüge bezeichnete Rüge, mit der in der Sache eine Verletzung des § 261 StPO geltend gemacht wird, ist jedenfalls unbegründet. Insoweit beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass sich die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung nicht mit einer dem Angeklagten in einem anderen Strafverfahren zur Last gelegten und nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellten Tat auseinandergesetzt habe, obgleich sie den diesem Vorwurf zugrunde liegenden Polizeibericht vom 29. März 2013 sowie den Einstellungsbeschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 19. März 2014 durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt habe.
24
Damit zeigt die Revisionsführerin jedoch keinen Rechtsfehler auf. Eine Berücksichtigung dieser dem Angeklagten in einem anderen Verfahren zur Last gelegten Tat wäre vorliegend unzulässig gewesen: Zwar hat der Tatrichter gemäß § 46 Abs. 2 StGB bei der Strafzumessung die für und gegen den Täter sprechenden Umstände gegeneinander abzuwägen und dabei namentlich auch sein Vorleben zu berücksichtigen. Insoweit ist er bei der Feststellung und Bewertung von Strafzumessungstatsachen durch den Anklagegrundsatz (§§ 155, 264 StPO) nicht beschränkt und kann daher auch strafbare Handlungen ermitteln und würdigen, die nicht Gegenstand der Anklage bzw. nach § 154 StPO eingestellt worden sind, soweit diese für die Persönlichkeit eines Angeklagten bedeutsam sein können und Rückschlüsse auf dessen Tatschuld gestatten. Allerdings müssen solche Taten - wie jeder andere für die Strafzumessung erhebliche Umstand - prozessordnungsgemäß und damit hinreichend bestimmt festgestellt werden und zur Überzeugung des Tatrichters feststehen (Senat, Beschluss vom 18. März 2015 - 2 StR 54/15, NStZ-RR 2015, 207; Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 StR 381/13, juris Rn. 2; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 46 Rn. 40 f., jeweils mwN). Daran fehlt es vorliegend. Entsprechende Feststellungen hat das Landgericht weder getroffen noch hätte es diese auf Grundlage des Polizeiberichts treffen können.
25
2. Der Strafausspruch hält auch sachlich-rechtlicher Überprüfung stand.
26
Die Strafbemessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. In diese Einzelakte der Strafzumessung darf das Revisionsgericht nur bei Vorliegen eines Rechtsfehlers eingreifen , der etwa dann gegeben sein kann, wenn die Erwägungen des Tatrichters in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen anerkannte Strafzwecke verstößt oder die Strafe sich von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, nach oben oder unten löst (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 2. August 2012 - 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336, 337; KK-Kuckein, StPO, 7. Aufl., § 267 Rn. 25 mwN). Das gilt auch, soweit die tatrichterliche Annahme oder Verneinung eines minder schweren Falles zur revisionsgerichtlichen Prüfung steht (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 26. Juli 2006 - 1 StR 150/06, NStZ-RR 2006, 339, 340, und vom 31. Juli 2014 - 4 StR 216/14, juris Rn. 5).
27
Gemessen daran greifen die Beanstandungen der Staatsanwaltschaft nicht durch. Das Landgericht hat die erforderliche Gesamtschau vorgenommen und dabei alle wesentlichen und bestimmenden Umstände berücksichtigt:
28
a) Die Strafkammer durfte strafmildernd werten, dass „die vorliegende Tat“ bereits im Rahmen der Strafzumessung der Verurteilung vom 16. Mai 2015 zu Lasten des Angeklagten „deutlich strafschärfend“ Berücksichtigung gefunden hatte. Ungeachtet dessen, dass in der früheren Verurteilung nicht der Schuldgehalt der späteren (hiesigen) Tat, sondern allein die in dieser Tat zum Ausdruck kommende rechtsfeindliche Gesinnung strafschärfend hätte berücksichtigt werden dürfen, hat der Angeklagte durch die erfolgte strafschärfende Be- rücksichtigung der hiesigen Tat jedenfalls Nachteile erlitten, die in dieser allgemeinen Form zu seinen Gunsten hier eingestellt werden durften. Soweit die Revisionsführerin darüber hinaus beanstandet, dass im Rahmen dieser früheren Verurteilung nicht der vollständige Unrechts- und Schuldgehalt der vorliegenden Tat strafschärfend berücksichtigt worden war, weil nicht ersichtlich sei, dass dabei auch die erneute Absicherung durch das Pfefferspray bekannt gewesen sei, kann dies revisionsrechtlich schon nicht überprüft werden. Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. Mai 2014 wird in den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils nur auszugsweise wiedergegeben. Eine Verfahrensrüge ist nicht erhoben.
29
b) Entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft waren die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 BtMG hinreichend belegt; auch der Umstand, dass der Angeklagte selbst „drogenabhängig“ war, durfte zu seinen Gunsten berücksich- tigt werden. Zwar konnte das Landgericht zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung keinen bei dem Angeklagten bestehenden „Hang“ im Sinne des § 64 StGB „sicher“ feststellen. Demgegenüber ging aber der Tatentschluss des Angeklagten maßgeblich auch darauf zurück, dass er keinen anderen Weg sah, seinen Eigenkonsum sicherzustellen. Auch hatte der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt bereits seit vielen Jahren in teilweise erheblichem Umfang Betäubungsmittel konsumiert, weshalb es beabsichtigt war, ihn unter Zurückstellung der Vollstreckung der Strafe aus dem Urteil vom 16. Mai 2014 gemäß § 35 BtMG Anfang 2015 in eine stationäre Therapie zu überweisen.
30
3. Die Strafzumessung im engeren Sinne ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Dass insoweit die Strafzumessungskriterien nicht nochmals wiederholt , sondern auf die vorangegangene Aufzählung im Rahmen der Prüfung des minder schweren Falls verwiesen hat, stellt keinen Rechtsmangel dar (BGH, Urteil vom 16. April 2015 - 3 StR 638/14, juris Rn. 7). Soweit die Staats- anwaltschaft meint, ein Abweichen der Strafe von zehn Monaten für die „zweite Plantage“ gegenüber zwei Jahren und zehn Monaten für die „erste Plantage“ sei unter keinen Umständen vertretbar, verkennt sie, dass für Vergleiche mit der Strafzumessung in anderen Urteilen regelmäßig kein Raum ist (BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 1 StR 282/11, BGHSt 56, 262, 263 ff.).
31
Auch die unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. Mai 2014 gebildete Gesamtfreiheitsstrafe hat Bestand. Zwar müssen auch bei diesem Zumessungsakt (§ 54 Abs. 1 Satz 2 StGB) die hierfür maßgebenden Gesichtspunkte in einer Gesamtschau erneut berücksichtigt werden; jedoch ist auch insoweit nicht in jedem Fall eine ausdrückliche Wiederholung in den Urteilsgründen erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2015 - 5 StR 140/15, wistra 2015, 350, 351). Die nur mäßige Erhöhung der Einsatzstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten auf drei Jahre hat die Strafkammer neben dem Überwiegen strafmildernder Umstände sowie dem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang maßgeblich mit der deutlich strafschärfenden Berücksichtigung der vorliegenden Tat durch das Landgericht Frankfurt am Main in seinem Urteil vom 16. Mai 2014 begründet. Rechtsfehler lässt dies nicht erkennen. Die verhängte Gesamtstrafe wird auch ihrem Zweck, gerechter Schuldausgleich zu sein, noch gerecht. Fischer RiBGH Prof. Dr. Krehl Eschelbach ist wegen Urlaubs verhindert. Fischer Ott Zeng

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(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nummer 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. § 46b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 90/14
vom
11. Juni 2014
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubs u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. Juni 2014,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
der Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5. Dezember 2013 wird als unbegründet verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels sowie die insoweit notwendigen Auslagen des Angeklagten hat die Staatskasse zu tragen. Die Nebenklägerin trägt ihre Auslagen selbst.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubs zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete , zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts planten der Angeklagte und der gesondert Verfolgte B. einen Einbruch in ein Wohnhaus in Kronberg. Sie hatten den Tatort zuvor ausgekundschaftet und unter anderem auch in Erfahrung gebracht, dass die Bewohner tagsüber nicht zu Hause sein sollten. In Umsetzung ihres Tatplans begaben sie sich am 7. Juni 2013 gegen 14.15 Uhr zum Tatort. Sie führten eine Tasche mit Wechselkleidung mit sich; darüber hinaus zwei Strumpfmasken wegen der vor Ort vorhandenen Überwachungskameras sowie eine Rolle Klebeband, um ein Fenster vor dem Einschlagen abkleben zu können. Da sie sicher gehen wollten, dass tatsächlich niemand zu Hause war, klingelte der gesondert Verfolgte B. während sich der Angeklagte vor der Haustür postierte. Es öffnete die Zeugin St. , woraufhin der Angeklagte und B. ihren Tatplan spontan dahin erweiterten, nunmehr unter Überwältigung der Zeugin St. in das Haus einzudringen und nach Wertgegenständen Ausschau zu halten.
3
Der Angeklagte drängte die Zeugin sogleich ins Haus, fesselte sie mit einem im Flur entdeckten Strickschal an Händen und Beinen und warf ihr eine Wolldecke über den Kopf. Sodann begannen beide Täter das Haus nach Wertgegenständen zu durchsuchen. Die aufgefundene Beute (Schmuck und Bargeld ) verstauten sie in einer am Tatort aufgefundenen Sporttasche. Währenddessen rief die unter Atemnot leidende Zeugin um Hilfe und bat um Wasser. Der Angeklagte reichte ihr eine Tasse Kaffee, die die Zeugin mit ihrer aus der Fesselung befreiten rechten Hand ergriff und gegen eine Fensterscheibe warf. Sie rief nun laut um Hilfe. Der Angeklagte und der hinzukommende B. fesselten die Hände der Zeugin mit am Tatort aufgefundenen Kabelbindern fest auf ihren Rücken und verklebten ihr den Mund mit dem mitgeführten Klebeband. Anschließend setzten beide Täter die Durchsuchung fort und entdeckten weiteres Bargeld, das sie an sich nahmen. Als es an der Haustür klingelte, trugen die Täter die gefesselte Zeugin in den Keller und flüchteten aus dem Haus. Unterwegs entledigten sie sich sowohl der Tasche mit Wechselkleidung als auch der Tasche mit der Beute. Der Angeklagte konnte gegen 17.00 Uhr hinter einer naheliegenden Kleingartenanlage festgenommen werden. Beide Taschen wurden alsbald aufgefunden.
4
Die Zeugin erlitt infolge der strammen Fesselung starke Hämatome und Druckstellen an den Handgelenken. Eine traumatische Affektion verschiedener Nerven riefen Taubheitsgefühle in der rechten Hand und am linken Daumen hervor, die bis heute anhalten.
5
2. Die Kammer hat die Tat wegen der strammen Fesselung der Zeugin als „schweren Raub“ gemäߧ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB gewertet und unter Annahme eines minder schweren Falls gemäß § 250 Abs. 3 StGB eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verhängt.

II.


6
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist rechtswirksam auf den Strafausspruch beschränkt.
7
1. Zwar hat die Staatsanwaltschaft eingangs ihrer Revisionsbegründungsschrift keine Beschränkung erklärt und am Ende ihrer Ausführungen die (uneingeschränkte) Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen und Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer zur erneuten Verhandlung und Entscheidung beantragt. Mit diesem den Schuld- und Strafausspruch umfassenden Revisionsantrag steht jedoch der übrige Inhalt der Revisionsbegründungsschrift nicht in Einklang. Daraus ergibt sich, dass die Revisionsführerin das Urteil deshalb für fehlerhaft hält, weil das Landgericht der Bemessung der Freiheitsstrafe zu Unrecht den Strafrahmen des minder schweren Falls nach § 250 Abs. 3 StGB zugrunde gelegt und die Freiheitsstrafe daher unangemessen milde bemessen habe. Somit widersprechen sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung. In einem solchen Fall ist nach ständiger Rechtsprechung das Angriffsziel des Rechtsmittels durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 1989 - 3 StR 453/88, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3; Urteil vom 25. November 2003 - 1 StR 182/03, NStZ-RR 2004, 118; Löwe/Rosenberg-Franke, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 10).
8
Nach dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsbegründung ist allein der Strafausspruch angefochten und der Schuldspruch vom Rechtsmittelangriff ausgenommen. Allein der Umstand, dass die Revisionsführerin nach Erhebung der allgemeinen Sachrüge einleitend ausgeführt hat, das Landgericht habe die Tat „insbesondere“ rechtsfehlerhaft als minder schweren Fall gewertet, zeigt mangels eines Hinweises auf einen weiteren Rechtsfehler des Urteils kein weitergehendes Angriffsziel der Revision auf. Unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV versteht der Senat daher das gesamte Revisionsvorbringen dahin, dass die Staatsanwaltschaft den Schuldspruch nicht angreifen will (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 - 4 StR 296/12 mwN).
9
2. Die Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch ist auch rechtswirksam.
10
Voraussetzung für eine wirksame Beschränkung der Revision ist, dass sie sich auf Beschwerdepunkte bezieht, die nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angegriffenen Teil rechtlich und tatsächlich selbständig beurteilt werden können, ohne eine Prüfung der Entscheidung im Übrigen erforderlich zu machen (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 29. Februar 1956 - 2 StR 25/56, BGHSt 10, 100, 101; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 318 Rn. 6 mwN). Eine Beschränkung ist aber auch dann unwirksam, wenn die Gefahr besteht, dass die nach dem Teilrechtsmittel (stufenweise) entstehende Gesamtentscheidung nicht frei von inneren Widersprüchen bleiben kann (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 1980 - 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359, 366; Beschluss vom 15. Mai 2001 - 4 StR 306/00, BGHSt 47, 32, 35 und 38).
11
Die Beschränkung des Rechtsmittels ist nach diesen Grundsätzen wirksam.
12
Es liegen keine Umstände vor, aus denen sich ausnahmsweise eine untrennbare Verknüpfung der Erörterungen zur Schuld- und Straffrage ergibt, was insbesondere dann der Fall wäre, wenn vom Landgericht strafmildernd gewertete und deshalb von der Revision angegriffene Umstände tatsächlich (auch) den Schuldspruch beträfen. Mit ihrer Revision rügt die Staatsanwaltschaft - neben zahlreichen anderen Einwendungen gegen die Vollständigkeit und Gewichtung einzelner Strafzumessungserwägungen - zwar auch eine rechtfehlerhafte Beweiswürdigung im Hinblick auf den von der Strafkammer als strafmildernd gewerteten Umstand, dass die Tatplanerweiterung des Angeklagten und seines Mittäters auf einem spontanen und erst vor Ort gefassten Entschluss beruhte. Die Feststellungen, dass es sich insoweit um eine Spontantat handelte, sind jedoch nicht tatbestandsrelevant. Der Tatvorsatz liegt unabhängig davon vor, wann der Tatentschluss gefasst wurde und zu welchem Zeitpunkt er in welchem Maße vor dem Eindringen der Täter in das Haus konkretisiert war, weshalb der Schuldspruch von dem Revisionsangriff in jedem Fall unberührt bliebe.
13
Bei einer Teilaufhebung wäre hier auch nicht zu befürchten, dass die stufenweise entstehende Gesamtentscheidung unter inneren Widersprüchen litte. Veränderte Feststellungen zum Zeitpunkt des konkreten Tatentschlusses des Angeklagten würden die Gesamtentscheidung lediglich modifizieren und nicht widersprüchlich erscheinen lassen.

III.


14
Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
15
1. Die den strafzumessungsrelevanten Feststellungen der Strafkammer zugrunde liegende Beweiswürdigung ist unter Berücksichtigung des revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs frei von Rechtsfehlern.
16
Dies gilt auch im Hinblick auf die Feststellung des Landgerichts, dass der Angeklagte und sein Mittäter zunächst nur einen Einbruchdiebstahl geplant und ihren Tatentschluss erst vor Ort auf die Ausführung eines Raubes erweitert haben, denn das Gericht hat sich auch insoweit seine Überzeugung auf einer ausreichenden objektiven Beweisgrundlage gebildet.
17
Zwar war es zur Überprüfung der Anwesenheit eines Hausbewohners nicht erforderlich, dass sich der Angeklagte beim Klingeln unmittelbar vor der Haustür postierte. Dieses Vorgehen ist aber nicht als derart ungewöhnlich risikoreich zu werten, dass es als gewichtiges Indiz für einen von vornherein geplanten Raub hätte gewertet werden müssen. Denn auch dann, wenn ein Täter nur einen Einbruch plant, kann er auf das unerwartete Öffnen der Tür durch einen Hausbewohner noch mit der unverdächtig erscheinenden Nachfrage nach einer angeblich dort wohnhaften Person reagieren. Für einen zunächst nur geplanten Einbruchdiebstahl sprach ohne Weiteres, dass der Angeklagte und sein Mittäter ausschließlich für einen Einbruch nützliche Gegenstände mit sich führten und demgegenüber keine Vorsorge für die Fesselung bzw. Ruhigstellung eines anwesenden Hausbewohners getroffen hatten. Zur Fesselung der Zeugin St. wurde ein vor Ort aufgefundener Schal verwendet. Nachdem sich diese Fesselung bereits nach kurzer Zeit als unzureichend erwiesen hatte, mussten der Angeklagte und sein Mittäter zunächst nach anderen Mitteln zur Fesselung suchen. Auch auf die Idee, das mitgeführte Klebeband zur Fesselung zu nutzen , kamen sie nicht.
18
2. Der Strafausspruch hält auch im Übrigen sachlich-rechtlicher Überprüfung stand. Rechtsfehler bei der Wahl des Strafrahmens zeigt auch die Revision nicht auf. Das Landgericht hat die erforderliche Gesamtschau vorgenommen und dabei alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt. In Anbetracht der zahlreichen strafmildernden Umstände (umfassendes Geständnis, junges Alter des Angeklagten, Unbestraftheit, Erstverbüßer, spontane Tatplanerweiterung, gewisser Dilettantismus und wenig vorausschauende Planung der Tat) ist daher die Annahme eines minder schweren Falls gemäß § 250 Abs. 3 StGB aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, auch wenn eine andere Beurteilung möglich gewesen wäre.
19
3. Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revision der Staatsanwaltschaft nicht ergeben (§ 301 StPO).
Fischer Krehl Eschelbach
Ott Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 60/14
vom
6. August 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 6. August
2014, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Schmitt,
Dr. Eschelbach,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 4. Oktober 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es ausgesprochen, dass wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe sechs Monate als vollstreckt gelten. Schließlich hat das Landgericht in Lettland verbüßte Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet.
2
Gegen dieses Urteil richtet sich die zu Ungunsten des Angeklagten, auf die Kompensationsentscheidung beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt – auch zugunsten des Angeklagten – zur umfassenden Aufhebung des Urteils.

I.

3
1. Nach den Feststellungen arbeitete der in Lettland lebende Angeklagte ab 2001 für eine lettische Spedition als Fahrdienstleiter. Vor dem 25. Oktober 2003 schlossen sich der damalige Chef des Angeklagten und drei weitere – konkret benannte – Personen „zusammen, um in der Bundesrepublik Deutschland wiederholt hochwertige Kraftfahrzeuge … zu entwenden“. Die Fahrzeuge sollten nach Lettland verschoben, mit neuen Papieren versehen und sodann gewinnbringend verkauft werden. Zwischen dem 25. Oktober 2003 und dem 5. November 2003 entwendeten zwei der Bandenmitglieder vor Ort mit weiteren unbekannt gebliebenen Personen entsprechend ihrer gemeinsamen Abrede in vier Fällen jeweils ein Fahrzeug des Typs X5 der Marke BMW im Wert zwischen 44.000 € und 61.000 €. Drei Fahrzeuge konnten noch vor der Verbringung ins Ausland sichergestellt werden.
4
„Im Zusammenhang mit diesen Taten hielt der Angeklagte den Kontakt zwischen seinem Chef … und den Tätern der Gruppierung vor Ort in Deutsch- land.“ Aufgabe des Angeklagten war es dabei insbesondere, telefonisch „Sprechzeiten“ zwischen seinem Chef und dem Kontaktmann in Deutschland zu vermitteln, um ungefährdet – insbesondere ohne abgehört zu werden – telefonieren zu können. Der Angeklagte „half so, was ihm auch bewusst war, die Diebstähle zahlreicher Fahrzeuge zu koordinieren“. Außerdem überwies er sei- nem Kontaktmann in Deutschland im Auftrag seines Chefs Geld. Dem Angeklagten war es „bewusst, dass er einer in Deutschland agierenden festen Tätergruppierung , die von seinem Chef … geleitet wurde, … bei der Entwendung hochwertiger Fahrzeuge … behilflich war“.
5
2. Das Landgericht hat die Taten jeweils als Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl gemäß §§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2, § 244a Abs. 1, § 27 Abs. 1 StGB gewertet. Der Angeklagte „wusste um die bandenmäßige Begehungsweise der ausführenden Täter“; er „wusste“, dass auf lettischer Seite sein Chef und ein weiteres Bandenmitglied, auf deutscher Seite neben seinem Kontaktmann , der ebenfalls Mitglied der Bande war, weitere Täter „in die Diebstahlstaten eingebunden waren. Die Voraussetzung einer Verbindung von zu- mindest drei Personen ist gegeben“.

II.

6
1. Die Staatsanwaltschaft wendet sich in ihrer Revisionsbegründung und mit ihrem Revisionsantrag allein gegen die Kompensationsentscheidung des Landgerichts, die grundsätzlich isoliert auf Rechtsfehler überprüfbar ist (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2013 – 2 StR 392/13, NStZ-RR 2014, 21 mwN).
7
Die Beschränkung der Revision allein auf die Kompensationsentscheidung ist hier unwirksam. Unbeschadet dessen, dass die – für sich genommen schon nicht nachvollziehbaren – Feststellungen zur Verfahrensverzögerung sowohl für die Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe als auch im Hinblick auf die Kompensationsentscheidung relevant waren und damit eine untrennbare Verknüpfung zwischen den Strafaussprüchen und der Kompensationsentscheidung besteht (vgl. auch BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 – 3 StR 89/09, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 19), führt das Rechtsmittel hier auch – weitergehend – zur Überprüfung des Schuldspruchs. Die in der Regel gegebene Trennbarkeit zwischen Schuld- und Strafausspruch ist – ausnahmsweise – zu verneinen, wenn die Schuldfeststellungen eine Überprüfung des Strafausspruchs nicht ermöglichen. Dies ist der Fall, wenn unklar bleibt, ob sich der Angeklagte überhaupt strafbar gemacht hat (vgl. Senat, Beschluss vom 4. Juni 2014 – 2 StR 14/14; BGH, Urteile vom 19. März 2013 – 1 StR 318/12, wistra 2013, 463, 469 und vom 26. Juli 2012 – 1 StR 492/11, wistra 2012, 477, 481 f.; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 344 Rdn. 7 iVm § 318 Rdn. 16, jeweils mwN).
8
So verhält es sich hier. Die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl in vier Fällen nicht und bieten deshalb keine Grundlage für die Prüfung des Rechtsfolgenausspruchs.
9
a) Bei der Einordnung der Tatbeiträge des Angeklagten als Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl ist das Landgericht – in Verkennung von § 28 Abs. 2 StGB – von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen. Die Erwägungen, dass der Angeklagte „um die bandenmäßige Begehungsweise der ausführenden Täter“ wusste und es ihm „bewusst“ war, „einer in Deutschland agierenden festen Tätergruppierung … behilflich“ zu sein, lassen außer Acht, dass der Angeklagte selbst Mitglied der Bande gewesen sein muss, wenn er wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl bestraft werden soll. Da die Bandenmitgliedschaft ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB ist, können Tatbeteiligte, die nicht selbst Bandenmitglieder sind, nur wegen Beteiligung am Grunddelikt bestraft werden (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Mai 2012 – 3 StR 72/12, NStZ 2013, 102, 103; Beschluss vom 15. Januar 2002 – 4 StR 499/01, BGHSt 47, 214, 216). Die Strafkammer hat sich – ausgehend von ihrem (fehlerhaften) Maßstab – dementsprechend nicht damit auseinandergesetzt, ob der Angeklagte überhaupt Mitglied der Bande war.
10
b) Den Urteilsfeststellungen kann auch im Übrigen nicht zweifelsfrei entnommen werden, dass der Angeklagte als Mitglied einer Bande gehandelt hat. Nach den Feststellungen hatte sich bereits vor dem 25. Oktober 2003 – ohne Beteiligung des Angeklagten – eine Gruppierung von vier Personen gebildet, um auf Dauer angelegt hochwertige Kraftfahrzeuge zu entwenden und gewinnbringend zu verkaufen. Aus den dargestellten Unterstützungshandlungen des Angeklagten für die Gruppierung versteht sich dessen Zugehörigkeit zu der bandenmäßigen Gruppierung jedenfalls nicht von selbst, zumal zur subjektiven Seite lediglich festgestellt ist, dass ihm bewusst war, einer in Deutschland agierenden festen Tätergruppierung behilflich zu sein.
11
Letztlich belegen die Urteilsfeststellungen nicht in der erforderlichen Klarheit, dass der Angeklagte in die bandenmäßige Struktur der Gruppierung eingebunden war.
12
c) War der Angeklagte aber nicht Mitglied der Bande, könnte er – auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen – gemäß § 28 Abs. 2 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2002 – 4 StR 499/01, BGHSt 47, 214, 216; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 28 Rdn. 9, jeweils mwN) nur nach §§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2, § 27 Abs. 1 StGB bestraft werden (vgl. Fischer, aaO, § 244 Rdn. 44 mwN). Einer solchen Bestrafung stünde möglicherweise das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung (§ 78 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 4 StGB) entgegen. Nach den Feststellungen liegt der Tatzeitraum zwischen dem 25. Oktober 2003 und dem 5. November 2003. Nachdem die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten am 27. Juli 2004 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hatte, sind jedenfalls bis zur Wiederaufnahme der Ermittlungen im Februar 2013 keine verjährungsunterbrechenden oder -hemmenden Ereignisse erkennbar, was zum Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist (§ 78 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 StGB i.V.m. § 242 Abs. 1 StGB) geführt haben könnte.
13
Weil die derzeitigen Feststellungen folglich nicht Grundlage der Rechtsfolgenentscheidungen sein können, ist die Rechtsmittelbeschränkung insge- samt unwirksam (vgl. auch Gössel in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 318 Rdn. 41 mwN).
14
2. Da die Verurteilung wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl in vier Fällen keinen Bestand hat und der Senat nicht ausschließen kann, dass noch Feststellungen, die eine Bandenmitgliedschaft des Angeklagten belegen, getroffen werden können, weist er die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück.
15
Sollte die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer erneut zu einer Verurteilung des Angeklagten gelangen, wird sie darzulegen haben, ob und in welchem Ausmaß eine (rechtsstaatswidrige) Verfahrensverzögerung vorliegt. Der Senat verweist insoweit auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts und die Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs vom 17. Januar 2008 – GSSt 1/07 (BGHSt 52, 124 ff.; vgl. im Übrigen auch Senat, Urteil vom 5. Februar 2014 – 2 StR 308/13; Beschluss vom 23. Oktober 2013 – 2 StR 392/13, NStZ-RR 2014, 21, 22; BGH, Urteil vom 21. April 2011 – 3StR 50/11, NStZ-RR 2011, 239 und Urteil vom 25. Oktober 2005 – 4 StR 139/05, NStZ-RR 2006, 50). Appl Schmitt Eschelbach Ott Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 1 4 /14
vom
4. Juni 2014
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 4. Juni 2014 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 17. September 2013 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 36 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, ihn im Wege der Adhäsionsentscheidung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 4.000 € nebst Zinsen an die Nebenklägerin verurteilt und festgestellt , dass er verpflichtet ist, der Nebenklägerin sämtliche wegen der abgeurteilten Taten zukünftig noch entstehenden materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Urteils insgesamt.
2
1. Die Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176 StGB hat keinen Bestand, weil die Feststellungen schon nicht belegen, dass der objektive Tatbestand in Bezug auf die Unterschreitung der Schutzaltersgrenze des Tatopfers verwirklicht ist. Den Urteilsgründen ist an keiner Stelle zu entnehmen, wie alt die Nebenklägerin im Tatzeitraum Juli/August 2007 bis April 2011 gewesen ist. Deren Alter erschließt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe; entsprechende Anknüpfungstatsachen, etwa das Alter der Mutter der Nebenklägerin, sind ebenfalls nicht festgestellt.
3
Unklar bleibt deshalb, ob sich der Angeklagte überhaupt strafbar gemacht hat. Da die Schuldfeststellungen eine Überprüfung des Strafausspruchs nicht ermöglichen, ist die Rechtsmittelbeschränkung unwirksam (vgl. MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 57. Aufl, § 344 Rn. 7 i.V.m. § 318 Rn. 16 mwN).
4
2. Sofern das nunmehr zur Entscheidung berufene Tatgericht erneut zu einer Verurteilung des Angeklagten gelangen sollte, wird es bei der Feststellung , ob ein besonders schwerer Fall gemäß § 176 Abs. 3 StGB gegeben ist, eine Gesamtwürdigung aller strafzumessungserheblichen tat- und täterbezogenen Umstände vorzunehmen haben (vgl. Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 176 Rn. 28); die gesetzgeberischen Erwägungen (vgl. BT-Drucks. 15/350 S. 17) sind in die Abwägungen einzubeziehen (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2009 – 1 StR 343/09, NStZ 2010, 697), ersetzen sie hingegen nicht (vgl. Fischer, StGB, 61. Aufl., § 176 Rn. 39).
5
Sollte wiederum eine Adhäsionsentscheidung zu treffen sein, sind die dem Schmerzensgeldanspruch und der Feststellungsentscheidung zugrunde liegenden Voraussetzungen zu belegen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 17. April 2014 – 2 StR 2/14 und vom 26. September 2013 – 2 StR 306/13 mwN). Fischer RiBGH Prof. Dr. Schmitt Krehl ist aus tatsächlichen Gründen an der Unterschrift gehindert. Fischer Eschelbach Zeng

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 3 3 6 / 1 5
vom
29. September 2015
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
29. September 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mainz vom 12. März 2015 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte in den Fällen II. 8. und 9. der Urteilsgründe verurteilt worden ist;
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe und den Vorwegvollzug.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in vier Fällen und wegen "besonders schweren" Diebstahls in drei Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und den Vorwegvollzug von neun Monaten Freiheitsstrafe angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen Rechts und die Sachbeschwerde gestützten Revision. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Auf die Sachrüge hat das Rechtsmittel den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Das Urteil hat keinen Bestand, soweit der Angeklagte in den Fällen II. 8. und 9. der Urteilsgründe wegen - gemeinschaftlich begangenen - "besonders schweren" Diebstahls verurteilt worden ist (zur Tenorierung vgl. MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 260 Rn. 25).
3
a) Nach den Feststellungen zu Fall II. 8. und 9. der Urteilsgründe stieg der Mitangeklagte D. jeweils allein in einen Baumarkt ein und entwendete Waren im Gesamtwert von rund 4.560 € bzw. etwa 4.260 €. Die jeweilige Beute verbrachte er zum Angeklagten nach Hause. Diesem waren die "Vorhaben des D. im Vorfeld bekannt" und er nahm diese "als gemeinsame Tat in seinen Vorsatz" auf. Die Beute wurde absprachegemäß beim Angeklagten S. gelagert , der in der Folgezeit versuchte, sie über eBay zu verkaufen, was jedoch ohne Erfolg blieb.
4
b) Diese Feststellungen vermögen die vom Landgericht in beiden Fällen angenommene Mittäterschaft des Angeklagten nicht zu belegen.
5
Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungsoder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäterschaft anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254; Beschluss vom 2. Juli 2008 - 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25, 26).
6
c) Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten in den vorbezeichneten Fällen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Allein die nach den Feststellungen gegebene vorherige Kenntnis des Angeklagten von den Taten des Mitangeklagten D. und sein Wille, diese Taten als gemeinsame anzusehen, kann eine Mittäterschaft nicht begründen (vgl. MüKoStGB/Joecks, 2. Aufl., § 25 Rn. 17 ff.). Die festgestellten Tatbeiträge des Angeklagten S. - wie etwa die Zusage, die Beute in seiner Wohnung zu lagern und sie zu verwerten - waren vielmehr nach ihrem äußeren Erscheinungsbild zunächst in Bezug zu den Tatbeiträgen des Mitangeklagten D. allenfalls Beteiligungshandlungen an dessen Diebstahlstaten, die für sich allein weder auf eine Tatherrschaft noch auf einen Willen hierzu schließen lassen. Die Taten beging der Mitangeklagte D. allein; ihre Ausführung und ihr Erfolg waren nach den Feststellungen in jeder Hinsicht dem Einfluss und dem Willen des Angeklagten entzogen. Das vom Landgericht festgestellte Interesse des Angeklagten am Gelingen der Einbrüche und die Absprache, das Diebesgut in seiner Wohnung zu lagern sowie einen eventuell erzielten Verkaufserlös hälftig aufzuteilen, vermag - entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts - eine andere Beurteilung sowie die rechtliche Einordnung dieser Tatbeiträge durch das Landgericht nicht zu rechtfertigen. Dies gilt auch dann, wenn man dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe einen Beurteilungsspielraum zubilligen wollte, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254). Dieser wäre hier jedenfalls überschritten.
7
2. Die Aufhebung des angefochtenen Urteils im vorbezeichneten Umfang führt zum Wegfall der für die Taten unter II. 8. und 9. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen (zweimal acht Monate Freiheitsstrafe) und hat die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe zur Folge, die wiederum den Wegfall der Anordnung über den Vorwegvollzug bedingt.
8
3. Der neue Tatrichter wird mit Blick auf die bisherigen Urteilsfeststellungen in den aufgehobenen Fällen auch bei Annahme einer durch den Angeklagten zu den Diebstahlstaten des Mitangeklagten D. jeweils geleisteten Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) eine bandenmäßige Begehung zu prüfen haben (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2012 - 3 StR 119/12, wistra 2012, 433, 435 mwN).
Becker Pfister Hubert Schäfer Gericke

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 50/00
vom
8. März 2000
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
zu 2.: Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge unter Mitführen einer Schußwaffe u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu Ziff. 2. auf dessen Antrag - am
8. März 2000 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten Iso B. wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 21. Oktober 1999, soweit es diesen Angeklagten betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß er der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Selbstlade-Kurzwaffe schuldig ist,
b) und im Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten dieses Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten Camil B. s owie die weitergehende Revision des Angeklagten Iso B. werden verworfen.
Der Beschwerdeführer Camil B. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten Camil B. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in einem weiteren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren sechs Monaten und den Angeklagten Iso B. wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführen einer Schußwaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Selbstlade-Kurzwaffe zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren sechs Monaten verurteilt. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Der Angeklagte Iso B. hat mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Revision des Angeklagten Camil B. sowie die weitergehende Revision des Angeklagten Iso B. s ind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Hinsichtlich der Revision des Angeklagten Camil B. nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in dessen Antragsschrift vom 8. Februar 2000 und bemerkt ergänzend:
Die Tatprovokation durch den verdeckten Ermittler ”C. ” und die Vertrauensperson der Polizei ”Der Bo. ” hat die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung ausreichend berücksichtigt. Den Urteilsgründen läßt sich kein Hinweis entnehmen, daß die Vertrauensperson und der verdeckte Ermittler den Angeklagten zu den Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz in relevanter Weise provoziert haben. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn diese
über das bloße ”Mitmachen” hinaus zur Weckung der Tatbereitschaft oder zur Intensivierung der Tatplanung mit einiger Erheblichkeit stimulierend auf den Angeklagten eingewirkt hätten (BGH, Urt. vom 18. November 1999 - 1 StR 221/99 -, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt). Nach den Feststellungen entschloß sich der Angeklagte, für einen Drogendealer-Ring in größerem Umfang Kokain in der Bundesrepublik zu verkaufen. Er hat sich dahin eingelassen , dem Albaner ”T. ” von sich aus Kokain im Kilogrammbereich zum Kauf oder zum Zwecke der Weitervermittlung angeboten zu haben. In der Folgezeit war er sowohl gegenüber der Vertrauensperson als auch gegenüber dem verdeckten Ermittler sofort tatbereit und bot ihnen größere Mengen Kokain an. Dabei erklärte er, normalerweise verkaufe er nichts unter einem halben Kilogramm. Der Angeklagte verfügte bereits über eine Bezugsquelle in den Niederlanden.
2. Die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts durch den Angeklagten Iso B. führt zur Abänderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs.

a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bat der Angeklagte Camil B. am 1. März 1999 den Angeklagten Iso B. , mit ihm nach K. zu fahren und ihn bei der Übergabe des Kokains, das er am selben Tag aus den Niederlanden in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt hatte, zur Sicherheit zu begleiten. Der Angeklagte Iso B. steckte seine Selbstladepistole Marke Ceska, Kal. 7,65 mm, nebst eingeführtem Magazin, in dem sich fünf Patronen befanden, verdeckt in seinen Hosenbund. Nicht erwiesen ist, daß der Angeklagte Camil B. dies bemerkte oder von dem Angeklagten Iso B. über das Mitführen der Waffe informiert wurde. Am Abend des 1. März 1999 gegen 18.20 Uhr trafen sich die Angeklagten mit”C. ” - dem verdeck-
ten Ermittler - sowie der Vertrauensperson der Polizei in einem Hotel in K. , um knapp 600 Gramm Kokain für 55.000 DM an ”C. ” zu verkaufen. An den Verkaufsverhandlungen beteiligte sich auch der Angeklagte Iso B. , der die geladene Pistole bei sich trug. Bei der Übergabe von 584,6 Gramm Kokain (Wirkstoffanteil: 481,71 Gramm KHC) an ”C. ” außerhalb des Hotels wurden der Angeklagte Camil B. und anschließend auch der im Hotel zurückgebliebene Angeklagte Iso B. festgenommen.

b) Aufgrund dieser Feststellungen hat sich der Angeklagte Iso B. nur wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Selbstlade-Kurzwaffe (§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 53 Abs. 1 Nr. 3 a Buchst. b WaffG) strafbar gemacht. Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gemäß § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG liegt nicht vor, weil der Angeklagte Camil B. wegen dieser Tat als Täter des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - mangels Kenntnis von der Bewaffnung des Angeklagten Iso B. - nicht wegen bewaffneten Handeltreibens gemäß § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG, sondern nur wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß §§ 29 a Abs. 1 Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG verurteilt worden ist.
Beim Mitführen einer Schußwaffe im Sinne des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG handelt es sich um ein tatbezogenes (vgl. BGHSt 42, 368, 370), qualifizierendes Unrechtsmerkmal, da es die besondere Gefährlichkeit der Tat selbst näher umschreibt (vgl. BGHR BtMG § 30 a II Mitsichführen 1). § 28 Abs. 2 StGB, der nur für täterbezogene Merkmale gilt (vgl. BGHSt 23, 103, 105), ist auf den tatbezogenen Umstand des bewaffneten Handeltreibens nicht anwendbar. Es
verbleibt somit beim Prinzip der strengen Akzessorität der Teilnahme von der Haupttat.
§ 265 StPO steht der Abänderung des Schuldspruchs nicht entgegen.

c) Der Senat kann nicht ausschließen, daß die Höhe der verhängten Freiheitsstrafe auf dem dargestellten Rechtsfehler beruht (§ 337 StPO), weil das Landgericht bei der Strafzumessung von einem Strafrahmen von zwei Jahren bis 11 Jahre drei Monate ausgegangen ist, während der nach §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 29 a Abs. 1 BtMG lediglich von drei Monaten bis 11 Jahre drei Monate Freiheitsstrafe reicht. Die Feststellungen zum Strafausspruch werden durch den Rechtsfehler nicht berührt und können deshalb aufrechterhalten bleiben. Ergänzende Feststellungen sind zulässig.
Kutzer Miebach Winkler Pfister von Lienen

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Die Untersuchung und Entscheidung erstreckt sich nur auf die in der Klage bezeichnete Tat und auf die durch die Klage beschuldigten Personen.

(2) Innerhalb dieser Grenzen sind die Gerichte zu einer selbständigen Tätigkeit berechtigt und verpflichtet; insbesondere sind sie bei Anwendung des Strafgesetzes an die gestellten Anträge nicht gebunden.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 5 4 / 1 5
vom
18. März 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
- zu Ziffer 3. auf dessen Antrag - und des Beschwerdeführers am
18. März 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 14. November 2014 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin insoweit entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in drei Fällen , davon in einem Fall in Tateinheit mit (vorsätzlicher) Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Gegen die Verurteilung richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat hinsichtlich des Strafausspruchs Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Der Schuldspruch weist keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.
3
2. Der Strafausspruch unterliegt hingegen der Aufhebung, weil das Landgericht die durch § 46 Abs. 2 StGB gezogene Grenze zulässiger strafschärfender Berücksichtigung nicht angeklagter Taten überschritten hat.
4
Gemäß § 46 Abs. 2 StGB hat der Tatrichter bei der Strafzumessung die für und gegen den Täter sprechenden Umstände gegeneinander abzuwägen und dabei namentlich auch sein Vorleben zu berücksichtigen. Insoweit ist er bei der Feststellung und Bewertung von Strafzumessungstatsachen durch den Anklagegrundsatz (§§ 155, 264 StPO) nicht beschränkt und kann daher auch strafbare Handlungen ermitteln und würdigen, die nicht Gegenstand der Anklage bzw. nach § 154 StPO eingestellt worden sind, soweit diese für die Persönlichkeit eines Angeklagten bedeutsam sein können und Rückschlüsse auf dessen Tatschuld gestatten. Allerdings müssen solche Taten - wie jeder für die Strafzumessung erhebliche Umstand - prozessordnungsgemäß und damit hinreichend bestimmt festgestellt werden und zur Überzeugung des Tatrichters feststehen (Senatsurteil vom 5. Juni 2014 - 2 StR 381/13, BeckRS 2014, 15068; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 46 Rn. 40 f., jeweils mwN).
5
Diesen Anforderungen genügen die Urteilsgründe nicht. Das Landgericht hat bei der Strafrahmenwahl hinsichtlich aller Taten und bei der konkreten Strafzumessung "erheblich zulasten des Angeklagten" gewertet, dass es sich "hier nicht um einzelne 'Ausrutscher' bzw. um Einzeltaten handelte", denn der Angeklagte habe "über einen Zeitraum von circa 20 Jahren hinweg den Willen seiner Frau seinen eigenen sexuellen Bedürfnissen" (UA S. 24) untergeordnet. Abgesehen davon, dass der zugrunde gelegte "Zeitraum von circa 20 Jahren" nicht in Einklang mit den Feststellungen der Strafkammer zu bringen ist, wo- nach es "in den Jahren 1998 bis 2001 … keinen Übergriff" (UA S. 6) des Ange- klagten auf die Nebenklägerin gegeben habe und die Eheleute ab 1993 auch einvernehmlich geschlechtlich verkehrten, bleibt offen, ob, welche und wie viele Straftaten der Angeklagte über die hier abgeurteilten Taten hinaus noch begangen haben soll (vgl. BGH, Beschluss vom 9. April 1991 - 4 StR 138/91, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 14). Dies lässt eine unzulässige Berücksichtigung des bloßen Verdachts weiterer Straftaten besorgen.
6
Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch insgesamt auf den rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht; die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe können deshalb nicht bestehen bleiben. VRiBGH Prof. Dr. Fischer Krehl Eschelbach ist an der Unterschriftsleistung gehindert. Krehl Ott Zeng
2
Nach den Feststellungen verkaufte der weitgehend geständige Angeklagte H. jeweils auf Weisung des gesondert verfolgten B. gegen Provision im Zeitraum August 2010 bis Oktober 2011 an den gesondert verfolgten P. in 30 Fällen Heroin in Mengen zwischen 10 bis 50 Gramm mit einem Mindestwirkstoffgehalt von 5 %. Im Zeitraum Anfang März 2011 bis zum 16. Februar 2012 verkaufte er wiederum im Auftrag B. 's in 11 Fällen Heroin in Mengen zwischen 70 bis 200 Gramm an die gesondert verfolgte M. . Am 4. Oktober und am 4. Dezember 2012 verkaufte er - diesmal im Auftrag des Mitangeklagten A. - ihm von diesem ausgehändigtes Rauschgift, ca. 50 bzw. 45 g Heroin mit Wirkstoffanteilen von 6,2 bzw. 5,6 %, an die gesondert verfolgten K. und Pe. . Bei einer Wohnungsdurchsuchung des Angeklagten H. im Januar 2013 wurden u.a. zwei Cannabisplatten mit einem Gesamtgewicht von ca. 185 Gramm mit einer Wirkstoffmenge von 15,9 Gramm sichergestellt, die teils zum Eigenkonsum, überwiegend aber zum Verkauf bestimmt waren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 132/12
vom
2. August 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
2. August 2012 an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stade vom 22. Dezember 2011 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zur Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte, mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
Das Landgericht hat einen minder schweren Fall des Totschlags gemäß § 213 Alt. 1 StGB angenommen und diesen Sonderstrafrahmen nochmals gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert. Dies ist frei von Rechtsfehlern zum Nachteil des Angeklagten. Entgegen der Ansicht der Revision und des Generalbundesanwalts lässt aber auch die Strafzumessung im engeren Sinne im Ergebnis einen durchgreifenden, den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler nicht erkennen. Das Landgericht hat insoweit zu Gunsten des Angeklag- ten berücksichtigt, dass er nicht vorbestraft, als Erstverbüßer und nicht Deutsch sprechender Ausländer besonders strafempfindlich sei und dass er sich bereits mehr als sechs Monate in Untersuchungshaft befinde. Mildernd habe sich zudem ausgewirkt, dass er sich geständig eingelassen habe und durch die Tat auch selbst körperlich und psychisch verletzt worden sei. Das Landgericht hat "besondere Umstände, die sich zu seinen Lasten ausgewirkt hätten, nicht festgestellt". Dass es dennoch innerhalb des von ihm zugrunde gelegten Strafrahmens von drei Monaten bis sieben Jahre und sechs Monaten Freiheitsstrafe eine solche von fünf Jahren zugemessen hat, hält revisionsrechtlicher Prüfung stand.
3
1. Die Strafbemessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, so dass das Revisionsgericht nur bei Vorliegen eines Rechtsfehlers eingreifen darf. Ein solcher kann etwa dann gegeben sein, wenn die Begründung für die verhängte Strafe dem Revisionsgericht die ihm obliegende sachlichrechtliche Nachprüfung nicht ermöglicht, die Erwägungen des Tatrichters in sich fehlerhaft sind oder sich die Strafe von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, nach oben oder unten löst (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 46 Rn. 20 ff.; KKEngelhardt , 6. Aufl., § 267 Rn. 25 mwN). Gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 StGB hat das Gericht die Umstände gegeneinander abzuwägen, die für und gegen den Täter sprechen. Dies bedeutet indes nicht, dass jeder derartige Umstand der ausdrücklichen Erörterung in den Urteilsgründen bedarf und dass die Nichterörterung stets einen Rechtsfehler begründet. Das Gericht ist vielmehr lediglich verpflichtet, in den Urteilsgründen die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände darzulegen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO); eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entschei- den (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 1994 - 3 StR 311/94, NStE Nr. 42 zu § 267 StPO mwN; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 267 Rn. 18).
4
2. Nach diesen Maßstäben ist ein revisionsrechtlich bedeutsamer Fehler der Strafbemessung hier nicht ersichtlich.
5
a) Zunächst ist mit Blick auf den Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu besorgen, dass das Landgericht innerhalb des nach zweifacher Milderung gewählten Strafrahmens ausschließlich für den Angeklagten sprechende Gesichtspunkte erwogen und gleichwohl eine im oberen Bereich des Strafrahmens angesiedelte Strafe verhängt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2003 - 2 StR 463/02, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Begründung 23). Vielmehr hat das Landgericht auch gegen den Angeklagten sprechende Umstände festgestellt, diese aber ersichtlich lediglich nicht als bestimmend im Sinne von § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO angesehen und daher in den schriftlichen Urteilsgründen bei der Strafzumessung nicht angeführt. Dies ergibt sich bereits aus der Formulierung, es habe besondere Umstände zu seinen Lasten nicht feststellen können. Hinzuweisen ist etwa auf folgende Gesichtspunkte, die im Sinne von § 46 Abs. 2 StGB gegen den Angeklagten sprechen: So nahm das Opfer den Angeklagten unmittelbar nach dessen Einreise aus Brasilien in seine Wohnung auf, gewährte ihm mehrere Wochen lang Unterkunft und führte mit ihm eine Liebesbeziehung. Nach einer tätlichen Auseinandersetzung mit dem Opfer stach der Angeklagte mehrfach auf dieses ein, brachte ihm dabei (mindestens ) drei Stichverletzungen in den Hals bei und fügte dem nunmehr am Boden Liegenden mit einem Zimmermannshammer fünfzehn Kopfverletzungen zu, die zu trümmerartigen Brüchen des Hirnschädels und zum Tode führten. Diese besonderen Tatmodalitäten zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen , begegnet hier keinen rechtlichen Bedenken, da auch der im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert schuldfähige Täter für die von ihm begangene Tat in ihrer konkreten Ausgestaltung verantwortlich ist, so dass für eine strafschärfende Verwertung der Handlungsintensität Raum bleibt, wenn auch nur nach dem Maß der geminderten Schuld (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 29. Juni 2000 - 1 StR 223/00, StV 2001, 615, 616).
6
b) Danach besteht entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts kein Widerspruch zwischen der verhängten Freiheitsstrafe und der tatrichterlichen Bewertung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände. Namentlich kann den Urteilsgründen nicht entnommen werden, dass Strafschärfungsgründe gänzlich fehlten (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar2003 - 2 StR 463/02, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Begründung 23) oder diese dem Landgericht bei der Strafzumessung völlig aus dem Blick geraten wären. Deshalb liegt auch eine rechtsfehlerhafte Lücke in der Begründung der Strafbemessung nicht vor. Die vom Generalbundesanwalt für seine gegenteilige Ansicht herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2009 - 5 StR 241/09, NStZ-RR 2009, 336) hatte die Verhängung einer Strafe zum Gegenstand, die innerhalb des Regelstrafrahmens des § 250 Abs. 2 StGB als "eine beträchtliche Übersetzung der erheblichen Mindeststrafe" unbegründet geblieben war. Hier ist dagegen die Strafe einem Strafrahmen entnommen, der sich infolge zweifacher Milderung des Regelstrafrahmens ergeben hatte. In diesen Fällen kann das Gewicht, das den Milderungsgründen zukommt, schon durch die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens so weit relativiert sein, dass es innerhalb dieses Strafrahmens kaum noch mildernde Wirkung zu entfalten vermag und die gegen den Täter sprechenden Umstände, insbesondere die Schwere der Tat, eine Strafe im oberen Bereich des gemilderten Strafrahmens rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1987 - 1 StR 77/87, BGHSt 34, 355, 359 ff.).
Becker Hubert Schäfer
Mayer Ri'in BGH Dr. Spaniol befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 150/06
vom
26. Juli 2006
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26. Juli 2006,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 10. Januar 2006 wird verworfen. Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.


1
1. Die Strafkammer hat festgestellt:
2
Der Angeklagte hatte am 2. Mai 2004 anlässlich einer Konfirmationsfeier im Familienkreis bei einem Spaziergang im Wald mit seiner Cousine, die für ihn erhebliche Sympathien empfand, Geschlechtsverkehr. Dabei hatte der damals 21 Jahre alte Angeklagte zwar den entgegenstehenden Willen der damals 13jährigen Geschädigten erkannt; davon, dass er, wie sie behauptet hat, Gewalt anwandte, hat sich die Strafkammer aber nicht überzeugen können. Die Geschädigte vertraute sich zunächst niemanden an, sondern wollte das Geschehen allein verarbeiten. Um kein familiäres Aufsehen zu erregen, rief sie ihn etwa ein Jahr später sogar an und fragte, ob er zu ihrer Konfirmationsfeier käme. Offenbar hierdurch ermutigt, schickte er ihr in der Folge SMS-Nachrichten mit zunehmend zweideutigem Inhalt. Unter dem Eindruck dieser Nachrichten war sie der Belastung, die Tat allein zu verarbeiten, nicht mehr gewachsen und vertraute sich einer Freundin an.
3
2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen wurde der Angeklagte wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176 Abs. 1, § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB) zu zwei Jahren Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt. Dabei nahm die Strafkammer einen minder schweren Fall (§ 176a Abs. 4 StGB) an, da sie trotz einer Reihe belastender Umstände in der Persönlichkeit des Angeklagten , im Tathergang und im Nachtatverhalten von ihr näher dargelegte mildernde Gesichtspunkte sah.
4
3. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft zum Nachteil des Angeklagten. Einen ausdrücklichen Revisionsantrag (zu dessen Funktion vgl. BGH NStZ-RR 2004, 118) hat die Staatsanwaltschaft entgegen § 344 Abs. 1 StPO nicht gestellt. Ausweislich der Begründung des Rechtsmittels ist es nicht gegen den Schuldspruch (etwa wegen der Verneinung von Gewalt) gerichtet, sondern allein gegen den Strafausspruch , insbesondere die Annahme eines minder schweren Falles und die Strafaussetzung zur Bewährung.

II.


5
Das auch vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel bleibt erfolglos.
6
1. Die Annahme eines minder schweren Falles ist rechtsfehlerfrei.
7
a) Die Staatsanwaltschaft verweist auf die Gesetzesmaterialien zu § 176a StGB: Dort, so trägt sie zutreffend vor, ist als Beispiel eines minder schweren Falles die Liebesbeziehung zwischen einem körperlich und seelisch weit über den altersgemäßen Zustand hinaus entwickelten fast 14 Jahre alten Mädchen und einem jungen Erwachsenen genannt (vgl. BTDrucks. 13/8587 S. 32). Da der vorliegende Fall offenkundig mit jenem Beispielsfall nicht zu vergleichen ist, so folgert die Staatsanwaltschaft, widerspräche es dem Willen des Gesetzgebers und überschreite daher die Grenze des Vertretbaren, hier einen minder schweren Fall anzunehmen.
8
b) Der Senat kann dem nicht folgen.
9
§§ 176, 176a StGB schützen die Möglichkeit zur ungestörten sexuellen Entwicklung von Kindern (vgl. BGHSt 45, 131, 132; Tröndle/ Fischer StGB 53. Aufl. § 176 Rdn. 2 jew. m.w.N.). Es erscheint nahe liegend, dass ein minder schwerer Fall gegeben sein kann, wenn das zu schützende Rechtsgut wegen Besonderheiten in der Person eines „weit über den altersgemäßen Zustand hinaus entwickelten“ Opfers weniger stark als üblich gefährdet erscheint. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Annahme eines minder schweren Falles nicht von Rechts wegen auf diese oder überhaupt eine bestimmte Art der Fallgestaltung beschränkt wäre. Vielmehr sind, wie die Strafkammer und auch die Staatsanwaltschaft selbst an anderer Stelle ihrer Revisionsbegründung ausführen , alle Umstände heranzuziehen, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen (st. Rspr. seit BGHSt 26, 97, 98). Anhaltspunkte dafür, dass die genannte Stelle in den Gesetzesmaterialien darauf hindeuten könnte, dass hier etwas anderes gelten solle, sind nicht ersichtlich. Der Senat braucht daher hier nicht der Frage nachzugehen, welche Bedeutung Ausfüh- rungen in den Gesetzesmaterialien haben können, die im Gesetz selbst keinen Niederschlag gefunden haben (vgl. hierzu BGHSt 42, 291, 293; 47, 243, 245).
10
c) Wie dies auch der Generalbundesanwalt in seinem Terminsantrag vom 9. Mai 2006 zutreffend ausgeführt und belegt hat, hält die von der Strafkammer vorgenommene Wertung der Tat als minder schwerer Fall auch sonst revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Die Erschwernisgründe und mildernden Gesichtspunkte im Rahmen der insoweit gebotenen Gesamtwürdigung gegeneinander abzuwägen, ist Sache des Tatrichters. Hält sich dessen Wertung rechtsfehlerfrei in den Grenzen des ihm dabei zustehenden Beurteilungsrahmens, ist sie vielmehr vom Revisionsgericht auch dann zu respektieren, wenn dieses selbst die angefallenen Erkenntnisse anders gewichtet hätte (vgl. hierzu zusammenfassend auch BGH, Urteil vom 10. März 1999 - 3 StR 15/99; Maatz/ Wahl, Festschrift 50 Jahre BGH S. 531, 551 f.). Die Strafkammer hat ihre Entscheidung für die Annahme eines minder schweren Falles auf Grund einer eingehenden Gesamtbetrachtung getroffen und auf die dafür bestimmenden Umstände (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO) hingewiesen. Dass sie insgesamt die Grenzen möglicher tatrichterlicher Beurteilung überschritten hätte, ist nicht erkennbar.
11
Auch die hierauf bezogenen Darlegungen der Revision können nichts anderes belegen:
12
(1) Die Strafkammer hat auch erwogen, dass der Angeklagte den Geschlechtsverkehr mit dem Mädchen vollzog, „obwohl er wusste, dass es damit nicht einverstanden ist“. Das Vorbringen der Revision, dieser Gesichtspunkt sei „nur am Rande erwähnt“ und nur „untergeordnet gewürdigt“, es fehle eine „ausdrückliche Erörterung“, ist schon im Ansatz wenig klar. Unabhängig davon kann die Annahme der Staatsanwaltschaft, das Handeln des Angeklagten gegen den von ihm erkannten Willen der Geschädigten wäre als „entscheidendes Kriterium“ für die Ablehnung eines minder schweren Falles heranzuziehen gewesen, allerdings verdeutlichen, dass auch eine andere Bewertung als die von der Strafkammer vorgenommene möglich, vielleicht sogar nahe liegend gewesen wäre. Rechtsfehlerhaft ist die Bewertung durch die Strafkammer deshalb aber nicht.
13
(2) Wie dargelegt, hat sich die Geschädigte erst offenbart, nachdem sie vom Angeklagten zweideutige SMS-Nachrichten erhielt. Der zeitliche Zusammenhang zwischen SMS-Nachrichten und Offenbarung rechtfertigt ohne weiteres die Annahme, dass diese Nachrichten für sie in besonderem Maße belastend waren. Die Strafkammer spricht in diesem Zusammenhang von “erheblichen weiteren psychischen Nachteilen“. Die Staatsanwaltschaft meint dagegen, die schweren psychischen Belastungen resultierten „vornehmlich aus dem gegen den Willen des Kindes vollzogenen Geschlechtsverkehr selbst“. Der Senat braucht der Frage, wieso, wie die Staatsanwaltschaft meint, deshalb die Traumatisierungen der Geschädigten „nicht ausreichend ... gewürdigt“ sein sollen, aber nicht näher nachzugehen, weil sich dieser Teil des Vorbringens von den (rechtsfehlerfrei getroffenen) Urteilsfeststellungen entfernt und schon deshalb ins Leere geht.
14
2. Auch im Übrigen ist der Strafausspruch rechtsfehlerfrei.
15
a) Hinsichtlich der von der Staatsanwaltschaft auch nicht speziell angegriffenen Strafzumessung innerhalb des zuvor gefundenen Strafrahmens bedarf dies keiner weiteren Darlegung.
16
b) Auch die Strafaussetzung zur Bewährung hält rechtlicher Überprüfung stand.
17
(1) Die Ausführungen der Strafkammer zu § 56 Abs. 1 und § 56 Abs. 2 StGB sind sorgfältig begründet und überschreiten die bei der revisionsrechtlichen Überprüfung maßgebliche „Grenze des Vertretbaren“ (st. Rspr., vgl. die Nachw. bei Tröndle/Fischer aaO § 56 Rdn. 25) nicht. Die nicht näher ausgeführte nur pauschale Behauptung der Staatsanwaltschaft, die „angeführten Gründe (seien) auch in der Gesamtschau nicht geeignet, eine Aussetzung der Vollstreckung der Strafe zu rechtfertigen“, vermag die Möglichkeit eines Rechtsfehlers nicht zu verdeutlichen.
18
(2) Zu § 56 Abs. 3 StGB hat der Generalbundesanwalt in seinem Terminsantrag vom 9. Mai 2006 ausgeführt:
19
„Entgegen der Auffassung der Revision liegen Umstände, wegen derer die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten wäre, nicht nahe. Eine ausdrückliche Erörterung von § 56 Abs. 3 StGB war daher nicht veranlasst. Das Tatgeschehen ist von Besonderheiten in der Person des zur Tatzeit erst 21 Jahre alten Täters sowie dem Umstand geprägt, dass sich die Tat auf dem Boden einer jahrelang bestehenden Freundschaft zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten entwickelt hat. Trotz der psychischen Beeinträchtigung beim Tatopfer, die allerdings nicht als außergewöhnliche Folgen sexuellen Missbrauchs zu werten sind, ist es für das allgemeine Rechtsempfinden nicht schlechthin unverständlich, dass bei einem erst 21jährigen reuigen Täter die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Dies gilt umso mehr, als sich der Angeklagte bereits für die Dauer von fünf Monaten in Untersuchungshaft befunden hatte.“
20
Dem stimmt der Senat zu. Nack Wahl Boetticher Hebenstreit Elf
5
Daran gemessen ist weder die Annahme des Landgerichts, es liege ein minder schwerer Fall vor, noch die Strafhöhe als durchgreifend rechtsfehlerhaft zu beanstanden. Dass die Strafkammer im Rahmen der Gesamtabwägung die im Urteil genannten Milderungsgründe - ohne dabei die Tat des Angeklagten zu verharmlosen - für so überwiegend hielt, dass es das Vorliegen eines minder schweren Falles bejahte, hält sich insbesondere bei Berücksichtigung des Zeitablaufs noch im Rahmen tatrichterlichen Ermessens. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang die Nennung zulässiger Strafschärfungsgründe wie etwa die Maskierung der Täter (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2000 - 4 StR 611/99; Urteile vom 5. November 1997 - 5 StR 504/97, NStZ 1998, 188; vom 20. April 2004 - 5 StR 87/04 [juris Rn. 7]) vermisst, gilt - neben dem oben genannten begrenzten Überprüfungsmaßstab - Folgendes: Eine erschöpfende Aufzählung aller in Betracht kommenden Erwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Daraus, dass ein für die Strafzumessung bedeutsamer Umstand nicht ausdrücklich angeführt worden ist, kann nicht ohne weiteres geschlossen werden, der Tatrichter habe ihn überhaupt nicht gesehen oder nicht gewertet (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 12. Mai 2005 - 5 StR 86/05; vom 2. August 2012 - 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336). Was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 2. August 2012 - 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336 mwN).

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nummer 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. § 46b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so kann die Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges die Vollstreckung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für längstens zwei Jahre zurückstellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Als Behandlung gilt auch der Aufenthalt in einer staatlich anerkannten Einrichtung, die dazu dient, die Abhängigkeit zu beheben oder einer erneuten Abhängigkeit entgegenzuwirken.

(2) Gegen die Verweigerung der Zustimmung durch das Gericht des ersten Rechtszuges steht der Vollstreckungsbehörde die Beschwerde nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Buches der Strafprozeßordnung zu. Der Verurteilte kann die Verweigerung dieser Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 bis 30 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz anfechten. Das Oberlandesgericht entscheidet in diesem Falle auch über die Verweigerung der Zustimmung; es kann die Zustimmung selbst erteilen.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt worden ist oder
2.
auf eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren erkannt worden ist und ein zu vollstreckender Rest der Freiheitsstrafe oder der Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt
und im übrigen die Voraussetzungen des Absatzes 1 für den ihrer Bedeutung nach überwiegenden Teil der abgeurteilten Straftaten erfüllt sind.

(4) Der Verurteilte ist verpflichtet, zu Zeitpunkten, die die Vollstreckungsbehörde festsetzt, den Nachweis über die Aufnahme und über die Fortführung der Behandlung zu erbringen; die behandelnden Personen oder Einrichtungen teilen der Vollstreckungsbehörde einen Abbruch der Behandlung mit.

(5) Die Vollstreckungsbehörde widerruft die Zurückstellung der Vollstreckung, wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt wird und nicht zu erwarten ist, daß der Verurteilte eine Behandlung derselben Art alsbald beginnt oder wieder aufnimmt, oder wenn der Verurteilte den nach Absatz 4 geforderten Nachweis nicht erbringt. Von dem Widerruf kann abgesehen werden, wenn der Verurteilte nachträglich nachweist, daß er sich in Behandlung befindet. Ein Widerruf nach Satz 1 steht einer erneuten Zurückstellung der Vollstreckung nicht entgegen.

(6) Die Zurückstellung der Vollstreckung wird auch widerrufen, wenn

1.
bei nachträglicher Bildung einer Gesamtstrafe nicht auch deren Vollstreckung nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 zurückgestellt wird oder
2.
eine weitere gegen den Verurteilten erkannte Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist.

(7) Hat die Vollstreckungsbehörde die Zurückstellung widerrufen, so ist sie befugt, zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt einen Haftbefehl zu erlassen. Gegen den Widerruf kann die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges herbeigeführt werden. Der Fortgang der Vollstreckung wird durch die Anrufung des Gerichts nicht gehemmt. § 462 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

7
Die genannten Umstände hat das Landgericht auch bei der konkreten Strafzumessung gegeneinander abgewogen. Dass es insoweit in den Urteilsgründen die Strafzumessungskriterien nicht nochmals wiederholt, sondern auf die vorangegangene Aufzählung verwiesen hat, stellt keinen Rechtsmangel dar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 282/11
vom
28. Juni 2011
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________
Zur vergleichenden Strafzumessung bei Tatbeteiligten.
BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 1 StR 282/11 - LG Mosbach
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Juni 2011 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 4. Februar 2011 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen dreier Fälle des schweren Bandendiebstahls und wegen eines Falles des versuchten schweren Bandendiebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und bestimmt, dass die in dieser Sache in Rumänien erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 angerechnet wird.
2
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge. Er beanstandet insbesondere die Strafzumessung. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.

3
Der Revisionsführer weist allerdings zutreffend darauf hin, dass die vergleichenden Ausführungen des Landgerichts zu der Strafpraxis anderer Gerichte rechtlichen Bedenken begegnet.
4
Dem Landgericht ist zuzugeben, dass in zahlreichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs das Postulat aufgestellt wird, dass gegen Mittäter verhängte Strafen auch in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen sollen (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2008 - 5 StR 536/08 = StV 2009, 244, 245; BGH, Beschluss vom 27. November 2008 - 5 StR 513/08 = StV 2009, 351; BGH, Beschluss vom 11. September 1997 - 4 StR 296/97 = NStZ-RR 1998, 50; BGH, Urteil vom 29. Oktober 1996 - 1 StR 562/96 = NStZ-RR 1997, 196, 197; BGH, Urteil vom 7. Januar 1992 - 5 StR 614/91 = BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler 23; BGH, Beschluss vom 9. Juli 1987 - 1 StR 287/87 = BGHR StGB § 46 Abs. 2 Zumessungsfehler 1; BGH, Beschluss vom 16. Dezember 1980 - 1 StR 461/80 = StV 1981, 122, 123; BGH, Urteil vom 14. März 1978 - 1 StR 8/78).
5
Das soll auch gelten, wenn ein Täter nach Jugendrecht und der andere nach Erwachsenenrecht verurteilt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 1991 - 4 StR 272/91 = StV 1991, 557).
6
Diese Verpflichtung für den Tatrichter bei seiner Strafzumessungsentscheidung trifft sicherlich zu, wenn Mittäter in einem Urteil abgeurteilt werden. Freilich müssen Unterschiede nur dann im angefochtenen Urteil erläutert werden , wenn sie sich nicht - was aber zumeist der Fall sein wird - aus der Sache selbst ergeben (vgl. u.a. BGH StV 2009, 244, 245; BGH StV 2009, 351; BGH NStZ-RR 1998, 50; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Zumessungsfehler 1).
7
Diese sachlich-rechtliche Begründungspflicht kann auch gegeben sein, wenn die Strafkammer in derselben Besetzung (einschließlich der Schöffen), z.B. in einem abgetrennten Verfahren gegen Mittäter, entscheidet und das oder die anderen Verfahren danach gerichtsbekannt sind. Auf die Strafpraxis anderer Gerichte und auch anderer Kammern desselben Gerichtes kommt es hinge- gen nicht an (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung 4. Aufl., Rn. 485). Ein Grundsatz, dass Mittäter, wenngleich von verschiedenen Gerichten, bei vermeintlich gleicher Tatbeteiligung gleich hoch zu bestrafen seien, besteht nicht und kann in dieser Form auch nicht bestehen, weil die Vergleichsmöglichkeiten zwischen den in verschiedenen Verfahren gewonnenen Ergebnissen zu gering sind, ganz besonders zur inneren Tatseite und zum Maße der Schuld (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 5. April 1951 - 4 StR 129/51 NJW 1951, 532; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler 23). Dies gilt auch bei vermeintlich abgestufter Beteiligung und demgemäß abgestufter Strafe (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 13. Juni 1979 - 3 StR 178/79 bei Schmidt MDR 1979,

886).

8
Dies liegt aus folgenden Gründen auf der Hand:
9
Der Tatrichter muss in jedem Einzelfall die angemessene Strafe unter Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände aus der Sache selbst finden (vgl. u.a. BGH StV 2009, 351; BGH, Beschluss vom 20. September 2000 - 3 StR 88/00 = wistra 2001, 57, 58; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler 23; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Zumessungsfehler 1; BGH StV 1981, 122, 123; BGH bei Schmidt MDR 1979, 886).
10
Revisionen, die auf vergleichende Strafzumessung gerichtet sind, werden daher grundsätzlich als unbegründet angesehen (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 10. September 1991 - 5 StR 373/91 = NStZ 1991, 581 mwN).
11
Um überhaupt eine Vergleichsmöglichkeit zu haben, müsste der Tatrichter aus den Parallelverfahren feststellen, ob die Art der Tatbeteiligung der Mittäter der seines Angeklagten entspricht. Hier wird es häufig - gerade bei Anwendung des Zweifelssatzes - zu Abweichungen in den Feststellungen kommen, z.B. wer welchen Beuteanteil bekommen hat, wer Kopf der Bande bzw. wer Täter oder Gehilfe war, mit welcher Menge Rauschgift gehandelt wurde usw.. Ein Mittäter kann z.B. in einem anderen Verfahren (aus der Sicht der jetzt erkennenden Kammer rechtsfehlerhaft) rechtskräftig freigesprochen sein, sei es mangels Überzeugung von der Täterschaft, sei es wegen Schuldunfähigkeit. Es müssten im Einzelnen die strafzumessungsrelevanten Umstände der jeweiligen Täter insgesamt aufgezeigt werden, wie persönliche Verhältnisse, Vorstrafen, Geständnis, Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB, des § 31 BtMG, der §§ 46a oder 46b StGB, Schadenswiedergutmachung, Zeitabstand von Tat zur Aburteilung, die mit einer langen Verfahrensdauer verbundene Belastung, Erkrankungen usw.. Geht man von einer Bande aus, deren Mitglieder von zahlreichen Gerichten in der Bundesrepublik Deutschland und eventuell im Ausland abgeurteilt wurden, zeigt sich, dass eine vergleichende Würdigung nicht in Betracht kommt. Zu bedenken hierbei ist auch, dass die jeweiligen Urteile ihrerseits nicht aufeinander abgestimmt sein können.
12
Einem gemäß § 267 Abs. 4 StPO abgekürzten Urteil wird ohnehin wenig zu entnehmen sein.
13
Das Gleichheitsgebot als formales Prinzip sagt nichts darüber aus, welches von mehreren Gerichten seine Zumessungsgrundsätze denen des anderen anzupassen habe. Die Entscheidung hierüber ist keine Frage der Rechtsgleichheit , sondern der Rechtsrichtigkeit, d.h. sie ist ausschließlich nach dem die Strafbemessung leitenden Grundsatz der gerechten Schuldstrafe zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 1979 - 3 StR 24/79, BGHSt 28, 318, 324). Dass sich in solchen Fällen die nicht seiner vollen eigenen Überzeugung entsprechende Angleichung einer vom Tatrichter im Einzelfall nach allgemeinen Strafzumessungsgrundsätzen (§ 46 StGB) für gerecht gehaltenen Strafe an Entscheidungen anderer Gerichte verbietet, folgt aus der Eigenverantwortlichkeit richterlicher Überzeugungsbildung und dem Fehlen einer feststehenden, eine allgemeine Gerechtigkeitsauffassung widerspiegelnden Spruchpraxis als eines Bezugspunktes, an dem sich eine vom Gerechtigkeitsgedanken gleichmäßigen Strafens mitbestimmte Strafzumessung orientieren könnte. Eine Anpassung an vereinzelte mildere Urteile würde auch - falls sie sich etwa allgemein durchsetzte - notwendig zu einem ständigen Abfall der Höhe der Strafen und damit zu einer immer weiteren Entfernung von der jeweils schuldangemessenen Strafe führen (vgl. BGH aaO S. 325). Es wäre bedenklich, wenn ein Gericht eine nach eigener Wertung angemessene Strafe allein im Hinblick auf in anderen Sachen von anderen Kammern verhängte Strafen mildern würde (vgl. u.a. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler 23). Der Umstand, dass ein Mittäter vielleicht nicht gefasst oder (noch) nicht bestraft ist, kann sich nicht dahin auswirken, einen Angeklagten straffrei zu stellen, da es Gleichheit im Unrecht nicht gibt (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 1993 - 5 StR 546/92, BGHSt 39, 146, 158). Ein Rauschgifthändler ist nicht deshalb niedriger zu bestrafen, weil sein Hintermann nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann. Soweit in BGHSt 39, 146, 159 dem neuen Tatrichter aufgegeben wurde, vergleichende Überlegungen zu Gunsten der Angeklagten anzustellen, war dies - wie auch die vorausgehende Betonung des Grundsatzes, dass es keine Gleichheit im Unrecht gibt, zeigt - ersichtlich den außergewöhnlichen Besonderheiten des Einzelfalles geschuldet, was auch im ersten Mauerschützenurteil der Fall war (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 1992 - 5 StR 370/92, BGHSt 39, 1, 36 = NJW 1993, 141, 149).
14
Umgekehrt ist der Tatrichter nicht berechtigt, gegen einen Angeklagten im Hinblick auf eine hohe Strafe eines Mittäters in einem anderen Verfahren eine höhere Strafe zu verhängen als er selbst für schuldangemessen hält (vgl. hierzu u.a. BGH NStZ-RR 1997, 196, 197).
15
Der Schweregrad der einem Angeklagten anzulastenden Schuld erhöht sich auch nicht allein dadurch, dass einem Mittäter ein geringerer Vorwurf zu machen ist (vgl. u.a. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Bewertungsfehler 6; BGH, Beschluss vom 10. Juli 1987 - 2 StR 243/87; BGH, Beschluss vom 6. Februar 1987 - 2 StR 19/87).
16
Als Konsequenz aus diesen Überlegungen hat die Rechtsprechung daher festgehalten, dass die in anderen Verfahren verhängten Strafen zu keiner, wie auch immer beschaffenen, rechtlichen Bindung des Gerichts bei der Strafzumessung führen (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 23. August 2006 - 1 StR 327/06 = StV 2008, 295 mwN; Detter, Einführung in die Praxis des Strafzumessungsrechts , II. Teil Rn. 181). Es wird danach als rechtsfehlerhaft angesehen, wenn ein Gericht nicht eine nach eigener Wertung angemessene Strafe festgesetzt hat, sondern die Strafe allein im Hinblick auf Rechtsfolgen, die eine andere Kammer des Landgerichts im gleichen Tatkomplex verhängt hat, verschärft hat (vgl. u.a. BGH NStZ-RR 1997, 196, 197). Dies gilt genauso für die Entscheidungen anderer Gerichte. Die Strafe für jeden Mittäter oder Teilnehmer oder sonst an einem Tatkomplex Beteiligten ist grundsätzlich nach dem Maß der jeweiligen individuellen Schuld zu bestimmen. Es wäre daher rechtsfehlerhaft , wenn das Gericht die Strafe allein im Hinblick auf die Strafen bemessen würde, die in anderen Urteilen - sei es desselben Gerichts, sei es eines anderen Gerichts - verhängt wurden (vgl. u.a. BGH, StV 2008, 295, 296 mwN).
17
Soweit immer wieder das Prinzip des gerechten Strafens, das auch die gleichmäßige Behandlung aller Tatbeteiligten mitumfasst, betont wird, wird sich dieses durch vergleichende Betrachtung verschiedener Urteile nicht verwirklichen lassen, sondern grundsätzlich nur innerhalb desselben Urteils. Dieser Gedanke liegt auch der Vorschrift des § 357 StPO zu Grunde, wonach Ungleichheit nur innerhalb ein und desselben Urteils ggf. zur Revisionserstreckung auf Mitangeklagte führt. Der Gesichtspunkt, dass gegen Mittäter verhängte Strafen auch in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen müssen, gilt daher grundsätzlich nur bei jeweiliger Aburteilung durch dasselbe erkennende Gericht. Denn der Tatrichter darf im Hinblick auf Aburteilungen anderer Gerichte seine für schuldangemessen erachtete Strafe weder nach oben noch nach unten korrigieren, da diese - nach seiner maßgeblichen Überzeugung - sich ansonsten von ihrer Bestimmung lösen würde, gerechter Schuldausgleich zu sein. Innerhalb seines Urteils kann und muss er jedoch den Grundsatz des gerechten Verhältnisses der gegen Mittäter verhängten Strafen berücksichtigen, da er die Entscheidung hierüber selbst in der Hand hat. Allenfalls (vgl. hierzu auch Schäfer/Sander/van Gemmeren aaO Rn. 486) bei massenhaft auftretenden Taten typischer Prägung (vgl. BGHSt 28, 318, 324), die weitgehend schuldunabhängig beurteilt werden können, könnte unter Umständen ausnahmsweise eine Orientierung an einer allgemeinen Strafpraxis zulässig sein (vergleichbar den Überlegungen bei dem bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog). Dieser Gedanke lag auch dem Senatsurteil vom 29. Oktober 1996 - (1 StR 562/96 = NStZ-RR 1997, 196, 197) zugrunde, wo es um gleichgelagerte Delikte einer massenhaft begangenen Autobahnblockade ging. Aber selbst in diesem besonderen Fall hat der Senat klargestellt, dass der Tatrichter eine eigene Entscheidung über die Strafhöhe zu treffen hat und es rechtlich zu beanstanden wäre, wenn er nicht eine nach eigener Wertung angemessene Strafe verhängt hätte, sondern die Strafe allein im Hinblick auf Rechtsfolgen, die eine andere Kammer des Landgerichts im gleichen Tatkomplex verhängt hat, verschärft hätte.
18
Das Gebot, dass gegen Mittäter verhängte Strafen in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen sollen, wurde daher von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ursprünglich - zutreffend - auch nicht im Vergleich der verhängten Strafen gesehen. Es wurde vielmehr hervorgehoben, dass der Um- stand, dass Mittäter des Angeklagten von anderen Gerichten in bestimmter Weise bestraft worden sind, für sich allein nicht dahin wirken darf, den Angeklagten ebenso oder ähnlich zu bestrafen. Nur die in den anderen Fällen etwa angeführten Strafzumessungsgründe darf der Tatrichter im Rahmen eigener Erwägungen verwerten, aber auch nur, soweit er sie selbst billigt (BGH NJW 1951, 532; BGH bei Schmidt MDR 1979, 886). Der Tatrichter ist danach grundsätzlich nicht gehalten, sich strafvergleichend mit anderen Urteilen zu befassen, mögen sie auch zum gleichen Tatkomplex ergangen sein. Der Senat hat im Übrigen bereits darauf hingewiesen, dass selbst wenn ausnahmsweise eine Strafzumessungserwägung eines anderen gegen Mittäter ergangenen Urteils vom Tatrichter verwertet wird, daraus noch nicht folgt, dass dieser mögliche Strafzumessungsgesichtspunkt aus Rechtsgründen als bestimmend (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO) anzusehen und daher ausdrücklich zu erörtern wäre (vgl. Senatsbeschluss, StV 2008, 295 f.). Das Verhältnis der gegen Mitangeklagte verhängten Strafen zueinander kann daher grundsätzlich die Revision nicht rechtfertigen (vgl. u.a. BGH NStZ 1991, 581 mwN).

II.

19
Aus Vorstehendem ergibt sich auch, dass die Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) nicht gebietet, im Hinblick auf vergleichende Strafzumessung Urteile anderer Strafkammern und Gerichte, mögen sie auch zu demselben Sachverhalt ergangen sein, zum Gegenstand der Hauptverhandlung zu machen. Das erkennende Gericht ist an diese Entscheidungen nicht gebunden und darf bei seiner Strafzumessung weder nach oben noch nach unten von dem Grundsatz abweichen, dass die im Einzelfall zu verhängende Strafe die Bestimmung hat, gerechter Schuldausgleich zu sein. Soweit der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20. September 2000 - 3 StR 88/00 = wistra 2001, 57 f. im Hinblick auf das Gebot der Gleichmäßigkeit des Strafens die Erhebung einer Verfahrensrüge, etwa in Form einer Aufklärungsrüge verlangt , ist dem insoweit ohne Weiteres beizupflichten als die Erhebung einer Verfahrensrüge gefordert wird, um Rechtsfehler feststellen zu können, die sich nicht allein aus der Urteilsurkunde erschließen lassen. Dies sagt aber über die Aufklärungspflicht des Tatrichters und den Erfolg einer entsprechenden Verfahrensrüge nichts aus. Der 3. Strafsenat (aaO) hat in diesem Zusammenhang zutreffend selbst festgestellt, dass primär, auch wenn mehrere Beteiligte in einem Verfahren abgeurteilt werden, für jeden von ihnen die Strafe aus der Sache selbst gefunden werden muss. Der erkennende Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 23. August 2006 - 1 StR 327/06 (= StV 2008, 295 f. mit Anm. Köberer) Bedenken geäußert, ob eine solche Verfahrensrüge überhaupt Erfolg haben könnte, und unter welchen, jedenfalls ungewöhnlichen Umständen des Einzelfalls dies gegebenenfalls (allenfalls ausnahmsweise) der Fall sein könnte. Der Bundesgerichtshof (vgl. BGHSt 28, 207, 208) hat es für unzulässig (i.S.d. § 245 StPO) erachtet, Beweis darüber zu erheben, wie andere Gerichte in vermeintlich vergleichbaren Fällen die Strafen bemessen haben, da jedes Gericht selbständig darüber zu entscheiden hat, wie die Tat des jeweiligen Angeklagten zu beurteilen und der Angeklagte zu bestrafen ist, da ansonsten auch der Gang der Rechtspflege in einer Weise beeinträchtigt würde, die nicht tragbar ist. Auch bei Urteilen anderer Strafkammern zum selben Tatkomplex wird eine Aufklärungspflicht insoweit jedenfalls deshalb nicht gegeben sein, weil die durch andere Spruchkörper verhängten Strafen nach obigen Ausführungen aus Rechtsgründen grundsätzlich bedeutungslos sind.

III.

20
Der vorliegende Fall zeigt exemplarisch, dass eine vergleichende Strafzumessung mit Urteilen anderer Gerichte nicht geboten sein kann. Im angefochtenen Urteil ist der Angeklagte, der einer Bande mit mindestens fünf weite- ren Mitgliedern angehörte, wegen vier Taten verurteilt. Im Rahmen der Strafzumessung teilt das Landgericht die gegen vier der Mittäter vom selben Landgericht oder durch Urteile des Landgerichts Bückeburg verhängten Gesamtfreiheitsstrafen für jeweils eine unterschiedliche Anzahl begangener Taten mit. Es werden weder die persönlichen Verhältnisse dieser Angeklagten (z.B. auch Vorstrafen, Bewährungsbruch) noch die Feststellungen zur jeweiligen Tatbeteiligung mitgeteilt; es wird auch nicht dargelegt, an welchen Taten diese überhaupt beteiligt waren. Auch Strafzumessungserwägungen (z.B. auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB usw.) werden nicht aufgezeigt. Dies alles in einer Hauptverhandlung festzustellen und im Urteil in nachvollziehbarer Weise darzulegen, würde zum einen den Rahmen einer geordneten Rechtspflege sprengen, zum anderen können und dürfen hieraus ohnehin keine Schlussfolgerungen für die konkret zu verhängende Strafe gezogen werden.
21
Der Senat schließt im vorliegenden Fall jedoch aus, dass in diesen Ausführungen des Landgerichts ein Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten vorliegt.
22
Zum einen zeigt der Urteilsaufbau (UA S. 16), wonach die Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten bereits als tat- und schuldangemessen festgesetzt wurde, bevor die überflüssigen und rechtlich bedenklichen Ausführungen gemacht werden, dass diese nur der Bestätigung einer oh- ne diese Überlegung bereits gefundenen Überzeugung dienten. Die verhängte Strafe beruht demnach hierauf ersichtlich nicht. Zum anderen lässt sich den Urteilsgründen nicht - auch nicht in ihrer Gesamtheit - entnehmen, dass durch die vergleichende Betrachtung die Strafe für den Angeklagten verschärft wurde. Nack Rothfuß Elf RiBGH Prof. Dr. Sander ist urlaubsabwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert. Jäger Nack

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.

(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR140/15
vom
17. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetruges
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Juni 2015,
an der teilgenommen haben:
Richter Prof. Dr. Sander
als Vorsitzender,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Dölp,
Richter Bellay,
Richter Dr. Feilcke
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt N.
als Verteidiger des Angeklagten T. ,
Rechtsanwalt Zu.
als Verteidiger des Angeklagten Z. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 26. September 2014 werden verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten der Rechtsmittel und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetruges in 31 Fällen für schuldig befunden. Es hat den Angeklagten T. unter Einbeziehung weiterer 60 zehnmonatiger Freiheitsstrafen aus einer früheren, wegen vergleichbarer Taten ergangenen Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten Z. zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Die vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen, zuungunsten der Angeklagten eingelegten, auf die Sachrüge gestützten und auf den Strafausspruch beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben keinen Erfolg.
2
1. Die angegriffenen Einzelstrafaussprüche in den Fällen 1 bis 13, 15, 17 bis 27 halten sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand. Die insofern erfolgte Zugrundelegung des Strafrahmens des minder schweren Falls nach § 263a Abs. 2, § 263 Abs. 5 StGB ist nicht zu beanstanden.
3
Das Landgericht ist bei seiner Prüfung von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen. Es hat die Anwendung der minder schweren Fälle maßgeblich damit begründet, dass die von den Angeklagten abgelegten Geständnisse in diesen konkreten Fällen besonders „werthaltig“ waren, weil sie umfangreiche und kostspielige Ermittlungen im Ausland entbehrlich gemacht haben und diese Taten ohne Geständnisse nicht nachzuweisen gewesen wären (vgl. UA S. 26 f.). Dass es sich hierbei nach dem Revisionsvorbringen um „tak- tische Formalgeständnisse“ gehandelt habe, ist nicht nur – wie bereits von der Revision selbst erkannt – urteilsfremd, sondern wird durch die Urteilsgründe widerlegt (vgl. UA S. 17 f.). Entgegen den Revisionen durften die planvolle intensive und nicht nur gelegentliche Begehung der Straftaten ebenso wie das arbeitsteilige Vorgehen in der organisierten Bande nicht strafschärfend berücksichtigt werden (§ 46 Abs. 3 StGB), weil diese Umstände bereits durch das Tat- bestandsmerkmal der „Bande“ im Sinne des § 263a Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 5 StGB umfasst sind. Die Urteilsgründe lassen – wie der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat – nicht besorgen, dass das Landgericht die ausdrücklich als strafschärfend berücksichtigten aufwendigen technischen Abschirmungsmaßnahmen (vgl. UA S. 27 f.) bei der Strafrahmenwahl aus dem Blick verloren hat.
4
2. Die Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafen begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
5
Zwar müssen bei diesem Zumessungsakt (§ 54 Abs. 1 Satz 2 StGB) die hierfür maßgebenden Gesichtspunkte in einer Gesamtschau erneut berücksichtigt werden; jedoch ist nicht in jedem Fall eine ausdrückliche Wiederholung in den Urteilsgründen erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 1988 – 2 StR353/88 und Beschluss vom 15. August 1989 – 1 StR 382/89, BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 1 und 4). Das Landgericht hat die Zumessung der Einzelstrafen bereits in einer zusammenfassenden Würdigung eingehend begründet und deren Höhe entsprechend dem Ausmaß der Schäden abgestuft. Auf diese zusammengefasste Würdigung durfte es bei der Gesamtstrafenbildung Bezug nehmen.
6
Dass der Angeklagte Z. seine wahre Identität vor dem Landgericht nicht preisgegeben hat, hält sich im Rahmen seines zulässigen Verteidigungsverhaltens (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Mai 2013 – 4 StR 151/13, StV 2013, 697) und durfte entgegen der Ansicht der Revision auch nicht bei der Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe strafschärfend berücksichtigt werden. Die Erhöhung der Einsatzstrafe von einem Jahr und sechs Monaten fällt zwar beim Angeklagten Z. relativ gering aus, wird jedoch unter anderem mit der Mitgliedschaft in nur einer Bande noch vertretbar begründet (UA S. 28).
7
Die verhängten Gesamtstrafen werden schließlich auch ihrem Zweck, gerechter Schuldausgleich zu sein, noch gerecht.
8
3. Die hinsichtlich des Angeklagten Z. getroffene Bewährungsentscheidung ist eingehend begründet und enthält keinen Rechtsfehler. Die Ausführungen , mit denen das Landgericht eine positive Kriminalprognose gestellt hat (u.a. erstmalige Freiheitsstrafe, beeindruckende Wirkung der Untersuchungshaft und des Verfahrens insgesamt, flankierende Maßnahmen nach § 56c und § 56d StGB), sind nicht zu beanstanden. Zutreffend hat es als be- sondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB das abgelegte – wie dargestellt außerordentlich gewichtige – Geständnis und die verbüßte Untersuchungshaft herangezogen. Das Revisionsvorbringen, das sich in eigenen Würdigungen erschöpft, zeigt keinen Rechtsfehler auf; auch bei der Aussetzungsentscheidung kann dem Angeklagten Z. nicht angelastet werden, dass er seine wahre Identität nicht preisgegeben hat.
9
4. Ein die Strafzumessung betreffender Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten liegt ebenfalls nicht vor (§ 301 StPO).
Sander Schneider Dölp
Bellay Feilcke