Bundesgerichtshof Urteil, 26. Juli 2006 - 1 StR 150/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
- 1
- 1. Die Strafkammer hat festgestellt:
- 2
- Der Angeklagte hatte am 2. Mai 2004 anlässlich einer Konfirmationsfeier im Familienkreis bei einem Spaziergang im Wald mit seiner Cousine, die für ihn erhebliche Sympathien empfand, Geschlechtsverkehr. Dabei hatte der damals 21 Jahre alte Angeklagte zwar den entgegenstehenden Willen der damals 13jährigen Geschädigten erkannt; davon, dass er, wie sie behauptet hat, Gewalt anwandte, hat sich die Strafkammer aber nicht überzeugen können. Die Geschädigte vertraute sich zunächst niemanden an, sondern wollte das Geschehen allein verarbeiten. Um kein familiäres Aufsehen zu erregen, rief sie ihn etwa ein Jahr später sogar an und fragte, ob er zu ihrer Konfirmationsfeier käme. Offenbar hierdurch ermutigt, schickte er ihr in der Folge SMS-Nachrichten mit zunehmend zweideutigem Inhalt. Unter dem Eindruck dieser Nachrichten war sie der Belastung, die Tat allein zu verarbeiten, nicht mehr gewachsen und vertraute sich einer Freundin an.
- 3
- 2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen wurde der Angeklagte wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176 Abs. 1, § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB) zu zwei Jahren Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt. Dabei nahm die Strafkammer einen minder schweren Fall (§ 176a Abs. 4 StGB) an, da sie trotz einer Reihe belastender Umstände in der Persönlichkeit des Angeklagten , im Tathergang und im Nachtatverhalten von ihr näher dargelegte mildernde Gesichtspunkte sah.
- 4
- 3. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft zum Nachteil des Angeklagten. Einen ausdrücklichen Revisionsantrag (zu dessen Funktion vgl. BGH NStZ-RR 2004, 118) hat die Staatsanwaltschaft entgegen § 344 Abs. 1 StPO nicht gestellt. Ausweislich der Begründung des Rechtsmittels ist es nicht gegen den Schuldspruch (etwa wegen der Verneinung von Gewalt) gerichtet, sondern allein gegen den Strafausspruch , insbesondere die Annahme eines minder schweren Falles und die Strafaussetzung zur Bewährung.
II.
- 5
- Das auch vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel bleibt erfolglos.
- 6
- 1. Die Annahme eines minder schweren Falles ist rechtsfehlerfrei.
- 7
- a) Die Staatsanwaltschaft verweist auf die Gesetzesmaterialien zu § 176a StGB: Dort, so trägt sie zutreffend vor, ist als Beispiel eines minder schweren Falles die Liebesbeziehung zwischen einem körperlich und seelisch weit über den altersgemäßen Zustand hinaus entwickelten fast 14 Jahre alten Mädchen und einem jungen Erwachsenen genannt (vgl. BTDrucks. 13/8587 S. 32). Da der vorliegende Fall offenkundig mit jenem Beispielsfall nicht zu vergleichen ist, so folgert die Staatsanwaltschaft, widerspräche es dem Willen des Gesetzgebers und überschreite daher die Grenze des Vertretbaren, hier einen minder schweren Fall anzunehmen.
- 8
- b) Der Senat kann dem nicht folgen.
- 9
- §§ 176, 176a StGB schützen die Möglichkeit zur ungestörten sexuellen Entwicklung von Kindern (vgl. BGHSt 45, 131, 132; Tröndle/ Fischer StGB 53. Aufl. § 176 Rdn. 2 jew. m.w.N.). Es erscheint nahe liegend, dass ein minder schwerer Fall gegeben sein kann, wenn das zu schützende Rechtsgut wegen Besonderheiten in der Person eines „weit über den altersgemäßen Zustand hinaus entwickelten“ Opfers weniger stark als üblich gefährdet erscheint. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Annahme eines minder schweren Falles nicht von Rechts wegen auf diese oder überhaupt eine bestimmte Art der Fallgestaltung beschränkt wäre. Vielmehr sind, wie die Strafkammer und auch die Staatsanwaltschaft selbst an anderer Stelle ihrer Revisionsbegründung ausführen , alle Umstände heranzuziehen, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen (st. Rspr. seit BGHSt 26, 97, 98). Anhaltspunkte dafür, dass die genannte Stelle in den Gesetzesmaterialien darauf hindeuten könnte, dass hier etwas anderes gelten solle, sind nicht ersichtlich. Der Senat braucht daher hier nicht der Frage nachzugehen, welche Bedeutung Ausfüh- rungen in den Gesetzesmaterialien haben können, die im Gesetz selbst keinen Niederschlag gefunden haben (vgl. hierzu BGHSt 42, 291, 293; 47, 243, 245).
- 10
- c) Wie dies auch der Generalbundesanwalt in seinem Terminsantrag vom 9. Mai 2006 zutreffend ausgeführt und belegt hat, hält die von der Strafkammer vorgenommene Wertung der Tat als minder schwerer Fall auch sonst revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Die Erschwernisgründe und mildernden Gesichtspunkte im Rahmen der insoweit gebotenen Gesamtwürdigung gegeneinander abzuwägen, ist Sache des Tatrichters. Hält sich dessen Wertung rechtsfehlerfrei in den Grenzen des ihm dabei zustehenden Beurteilungsrahmens, ist sie vielmehr vom Revisionsgericht auch dann zu respektieren, wenn dieses selbst die angefallenen Erkenntnisse anders gewichtet hätte (vgl. hierzu zusammenfassend auch BGH, Urteil vom 10. März 1999 - 3 StR 15/99; Maatz/ Wahl, Festschrift 50 Jahre BGH S. 531, 551 f.). Die Strafkammer hat ihre Entscheidung für die Annahme eines minder schweren Falles auf Grund einer eingehenden Gesamtbetrachtung getroffen und auf die dafür bestimmenden Umstände (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO) hingewiesen. Dass sie insgesamt die Grenzen möglicher tatrichterlicher Beurteilung überschritten hätte, ist nicht erkennbar.
- 11
- Auch die hierauf bezogenen Darlegungen der Revision können nichts anderes belegen:
- 12
- (1) Die Strafkammer hat auch erwogen, dass der Angeklagte den Geschlechtsverkehr mit dem Mädchen vollzog, „obwohl er wusste, dass es damit nicht einverstanden ist“. Das Vorbringen der Revision, dieser Gesichtspunkt sei „nur am Rande erwähnt“ und nur „untergeordnet gewürdigt“, es fehle eine „ausdrückliche Erörterung“, ist schon im Ansatz wenig klar. Unabhängig davon kann die Annahme der Staatsanwaltschaft, das Handeln des Angeklagten gegen den von ihm erkannten Willen der Geschädigten wäre als „entscheidendes Kriterium“ für die Ablehnung eines minder schweren Falles heranzuziehen gewesen, allerdings verdeutlichen, dass auch eine andere Bewertung als die von der Strafkammer vorgenommene möglich, vielleicht sogar nahe liegend gewesen wäre. Rechtsfehlerhaft ist die Bewertung durch die Strafkammer deshalb aber nicht.
- 13
- (2) Wie dargelegt, hat sich die Geschädigte erst offenbart, nachdem sie vom Angeklagten zweideutige SMS-Nachrichten erhielt. Der zeitliche Zusammenhang zwischen SMS-Nachrichten und Offenbarung rechtfertigt ohne weiteres die Annahme, dass diese Nachrichten für sie in besonderem Maße belastend waren. Die Strafkammer spricht in diesem Zusammenhang von “erheblichen weiteren psychischen Nachteilen“. Die Staatsanwaltschaft meint dagegen, die schweren psychischen Belastungen resultierten „vornehmlich aus dem gegen den Willen des Kindes vollzogenen Geschlechtsverkehr selbst“. Der Senat braucht der Frage, wieso, wie die Staatsanwaltschaft meint, deshalb die Traumatisierungen der Geschädigten „nicht ausreichend ... gewürdigt“ sein sollen, aber nicht näher nachzugehen, weil sich dieser Teil des Vorbringens von den (rechtsfehlerfrei getroffenen) Urteilsfeststellungen entfernt und schon deshalb ins Leere geht.
- 14
- 2. Auch im Übrigen ist der Strafausspruch rechtsfehlerfrei.
- 15
- a) Hinsichtlich der von der Staatsanwaltschaft auch nicht speziell angegriffenen Strafzumessung innerhalb des zuvor gefundenen Strafrahmens bedarf dies keiner weiteren Darlegung.
- 16
- b) Auch die Strafaussetzung zur Bewährung hält rechtlicher Überprüfung stand.
- 17
- (1) Die Ausführungen der Strafkammer zu § 56 Abs. 1 und § 56 Abs. 2 StGB sind sorgfältig begründet und überschreiten die bei der revisionsrechtlichen Überprüfung maßgebliche „Grenze des Vertretbaren“ (st. Rspr., vgl. die Nachw. bei Tröndle/Fischer aaO § 56 Rdn. 25) nicht. Die nicht näher ausgeführte nur pauschale Behauptung der Staatsanwaltschaft, die „angeführten Gründe (seien) auch in der Gesamtschau nicht geeignet, eine Aussetzung der Vollstreckung der Strafe zu rechtfertigen“, vermag die Möglichkeit eines Rechtsfehlers nicht zu verdeutlichen.
- 18
- (2) Zu § 56 Abs. 3 StGB hat der Generalbundesanwalt in seinem Terminsantrag vom 9. Mai 2006 ausgeführt:
- 19
- „Entgegen der Auffassung der Revision liegen Umstände, wegen derer die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten wäre, nicht nahe. Eine ausdrückliche Erörterung von § 56 Abs. 3 StGB war daher nicht veranlasst. Das Tatgeschehen ist von Besonderheiten in der Person des zur Tatzeit erst 21 Jahre alten Täters sowie dem Umstand geprägt, dass sich die Tat auf dem Boden einer jahrelang bestehenden Freundschaft zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten entwickelt hat. Trotz der psychischen Beeinträchtigung beim Tatopfer, die allerdings nicht als außergewöhnliche Folgen sexuellen Missbrauchs zu werten sind, ist es für das allgemeine Rechtsempfinden nicht schlechthin unverständlich, dass bei einem erst 21jährigen reuigen Täter die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Dies gilt umso mehr, als sich der Angeklagte bereits für die Dauer von fünf Monaten in Untersuchungshaft befunden hatte.“
- 20
- Dem stimmt der Senat zu. Nack Wahl Boetticher Hebenstreit Elf
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(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder - 3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.
(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.
(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder - 3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.
(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.
(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder - 3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.
(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.
(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.
(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.
(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.
(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.