Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Apr. 2017 - 4 StR 547/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:270417B4STR547.16.0
27.04.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 547/16
vom
27. April 2017
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
Im Fall einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis
nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG ist die Beschränkung einer Berufung auf den
Rechtsfolgenausspruch nicht deshalb unwirksam, weil sich die Feststellungen
in dem angegriffenen Urteil darin erschöpfen, dass der Angeklagte an einem
bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit auf einer öffentlichen Straße ein näher
bezeichnetes Kraftfahrzeug geführt hat, ohne die erforderliche Fahrerlaubnis zu
besitzen und er insoweit wissentlich gehandelt hat.
BGH, Beschluss vom 27. April 2017 – 4 StR 547/16 – OLG Nürnberg
in der Strafsache
gegen
wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis
ECLI:DE:BGH:2017:270417B4STR547.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. April 2017 gemäß § 121 Abs. 2 GVG beschlossen:
Im Fall einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG ist die Beschränkung einer Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch nicht deshalb unwirksam , weil sich die Feststellungen in dem angegriffenen Urteil darin erschöpfen, dass der Angeklagte an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit auf einer öffentlichen Straße ein näher bezeichnetes Kraftfahrzeug geführt hat, ohne die erforderliche Fahrerlaubnis zu besitzen und er insoweit wissentlich gehandelt hat.

Gründe:


I.


1
Das Amtsgericht Schwabach hat den umfassend geständigen Angeklagten am 21. Januar 2016 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sechs Wochen verurteilt. Die Feststellungen zur Sache lauten wie folgt:
2
Der Angeklagte fuhr am 19. August 2015 gegen 14.21 Uhr mit dem Pkw Opel mit dem amtlichen Kennzeichen auf der W. Straße in S. , obwohl er die erforderliche Fahrerlaubnis nicht hatte. Dies wusste der Angeklagte.
3
Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft eine auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung eingelegt. Der Angeklagte hat seine zunächst unbeschränkt eingelegte Berufung in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.
4
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat beide Berufungen als unbegründet verworfen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass die Beschränkungen auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam und deshalb der Schuldspruch und die ihn tragenden Feststellungen einer Nachprüfung entzogen seien. Der Strafausspruch weise keinen Rechtsfehler auf.
5
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.
6
Das Oberlandesgericht Nürnberg möchte die Revision des Angeklagten wie beantragt verwerfen, sieht sich daran aber durch Entscheidungen der Oberlandesgerichte Bamberg (Urteil vom 25. Juni 2013 – Az. 3 Ss 36/13) und München (Beschluss vom 8. Juni 2012 – 4 StRR 97/12 und Urteil vom 18. Februar 2008 – 4 StRR 202/07) gehindert. Beide Oberlandesgerichte meinen, dass nach einer amtsgerichtlichen Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG eine Berufung nicht wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt werden könne, wenn das Amtsgericht zu der fraglichen Fahrt keine Feststellungen getroffen habe, die über Ort und Zeit der Fahrt, die Identität des Fahrzeugs, das Nichtvorhandensein der benötigten Fahrerlaubnis und ein hierauf bezogenes Wissen des Angeklagten hinausgingen. Der Tatrichter habe wegen der Bedeutung für die Rechtsfolgen grundsätzlich auch Feststellungen zu den Beweggründen der Fahrt und deren Gegebenheiten (Dauer und Länge, beabsichtigte Fahrstrecke, Verkehrsbedeutung der Straße, herbeigeführte Gefahren u.a.) zu treffen, wenn ihm dies – etwa bei einem geständigen Angeklagten – (ohne weiteres) möglich sei. Denn den Schuldspruch beträfen nicht nur die zur Erfüllung der Tatbestandsmerkmale erforderlichen Feststellungen, sondern auch die Tatsachen, die nur den Schuldumfang beschreiben, ohne für die rechtliche Bewertung der Tat selbst unmittelbar von Bedeutung zu sein. Erkenne das Berufungsgericht darin zugleich erhebliche Strafzumessungsgesichtspunkte (sog. doppelrelevante Tatsachen ), müsse es nach einer Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch die dazu getroffenen erstinstanzlichen Feststellungen seiner Entscheidung zugrunde legen. Fehlten dahingehende Feststellungen, dürfe der Berufungsrichter die Lücke nicht durch ergänzende Aufklärung schließen. Ihm bleibe nur die Möglichkeit, die Schuldfeststellungen umfassend neu zu treffen.
7
Das Oberlandesgericht Nürnberg hält die Rechtsansicht der Oberlandesgerichte Bamberg und München für unzutreffend. Für die Frage, ob eine Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam sei, komme es nicht darauf an, ob das Erstgericht in Bezug auf die Strafzumessung seiner Aufklärungspflicht nachgekommen sei. Bei einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis beträfen Feststellungen, die über Ort und Zeit der Fahrt, Marke und Kennzeichen des Fahrzeugs, das Fehlen der erforderlichen Fahrerlaubnis und den zugehörigen Vorsatz hinausgehen, nur den Schuldumfang und damit die Strafzumessung. Sie könnten von dem Berufungsgericht auch dann noch nachgeholt werden, wenn die Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt worden sei. Bei Widersprüchen zwischen in erster Instanz getroffenen Feststellungen zur Schuldfrage und denjenigen Feststellungen des Berufungsgerichts zum Schuldumfang, sei es möglich, den Feststellungen der ersten Instanz den Vorrang zu geben und die widersprechenden Feststellungen für unzulässig zu halten. Auch wäre es möglich, eine Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch solange für zulässig zu halten, wie keine widersprechenden neuen Feststellungen getroffen worden seien.
8
Bei der Frage, ob eine Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam ist, wenn keine näheren Umstände zu einer Fahrt ohne Fahrerlaubnis festgestellt sind, handele es sich um eine Rechtsfrage im Sinne des § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG.
9
Das Oberlandesgericht Nürnberg hat daher dem Bundesgerichtshof folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt: Kann ein Angeklagter seine Berufung wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränken, wenn er wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden ist (§ 21 Absatz 1 Nummer 1 StVG) und sich die Feststellungen darin erschöpfen, dass er wissentlich an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit ein Fahrzeug bestimmter Marke und mit einem bestimmten Kennzeichen geführt habe, ohne die dazu erforderliche Fahrerlaubnis zu besitzen?
10
Der Generalbundesanwalt hat beantragt, im Sinne des vorlegenden Oberlandesgerichts Nürnberg zu entscheiden.

II.


11
Die Vorlegungsvoraussetzungen des § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG sind gegeben.
12
1. Die beabsichtigte Abweichung betrifft eine Rechts- und keine Tatfrage.
13
Eine Vorlage zum Bundesgerichtshof nach § 121 Abs. 2 Nr. 1 GVG ist nur zulässig, wenn das vorlegende Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung in einer Rechtsfrage (vgl. § 337 StPO) von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will (st. Rspr. seit BGH, Beschluss vom 23. Oktober 1951 – 2 StR 284/51, BGHSt 1, 358; Nachweise bei Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 121 GVG Rn. 5). Eine Rechtsfrage ist eine Frage, die sich auf die Auslegung einer Rechtsnorm (vgl. BGH, Beschluss vom 25. März 2015 – 4 StR 525/13, BGHSt 60, 218, 221; Beschluss vom 14. Juli 2011 – 4 StR 548/10, BGHSt 56, 289, 292) oder auf die Formulierung von allgemeinen rechtlichen Grundsätzen und Anforderungen bezieht, deren Geltung sich aus einer Rechtsnorm oder einem Normgefüge ableitet und über die im Revisionsrechtszug bei der Nachprüfung des für die Entscheidung maßgebenden Rechts mit zu entscheiden wäre. Ihre Beantwortung ist – anders als bei bloßen Tatfragen – vom Einzelfall unabhängig und fällt nicht in den tatrichterlichen Beurteilungsspielraum (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 2007 – 4 StR 400/07, BGHSt 52, 84, 86 ff.; Beschluss vom 30. Oktober 1997 – 4 StR 24/97, BGHSt 43, 277, 280 f.).
14
Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf die Vorlegungsfrage erfüllt. Das vorlegende Oberlandesgericht will bei gleicher Sachlage nicht den Grundsätzen folgen, die die Oberlandesgerichte Bamberg und München für die Beurteilung der Wirksamkeit von Berufungsbeschränkungen auf den Rechtsfolgenausspruch in Fällen der Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis entwickelt haben. Dabei geht es um die Frage, welchen sachlichrechtlichen Anforderungen die Feststellungen zum Tatgeschehen in einem amtsrichterlichen Urteil wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unabhängig vom Einzelfall genügen müssen, damit eine nach § 318 Satz 1 StPO erklärte Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam ist und gemäß § 316 Abs. 1, § 327 StPO zu der angestrebten Beschränkung der Kognitionspflicht des Berufungsgerichts führt, deren Beachtung das Revisionsgericht auf die – hier erhobene – Sachrüge hin zu überprüfen hat.
15
2. Die vorgelegte Rechtsfrage ist auch entscheidungserheblich. Das Oberlandesgericht Nürnberg kann die Revision des Angeklagten nicht wie beabsichtigt als unbegründet verwerfen, ohne von der Rechtsansicht der Oberlandesgerichte Bamberg und München abzuweichen.

III.


16
Der Senat entscheidet im Sinne des vorlegenden Oberlandesgerichts Nürnberg und hat die Vorlegungsfrage, wie aus der Beschlussformel ersichtlich, beantwortet. Dabei hat der Senat bedacht, dass sich die zu beantwortende Rechtsfrage nicht nur bei Berufungen des Angeklagten stellt. Auch kommt es hinsichtlich der Bezeichnung des verwendeten Kraftfahrzeuges nicht darauf an, dass dies anhand von Marke und Kennzeichen näher beschrieben wird.
17
1. Wie die Revision (§ 344 Abs. 2 StPO) kann auch die Berufung auf „bestimmte Beschwerdepunkte“ beschränkt werden (§ 318 Satz 1 StPO). Damit hat der Gesetzgeber den Rechtsmittelberechtigten eine prozessuale Gestaltungsmacht eingeräumt, deren Ausübung im Rahmen des rechtlich Möglichen zu respektieren ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2001 – 4 StR 306/00, BGHSt 47, 32, 38; Beschluss vom 21. Oktober 1980 – 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359, 364; Urteil vom 27. November 1959 – 4 StR 394/59, BGHSt 14, 30, 36).
18
a) Die Berufungsbeschränkung bewirkt, dass der vom Berufungsangriff ausgenommene Teil des Ersturteils nach § 316 Abs. 1 StPO unabänderlich (teilrechtskräftig) und nur noch der angefochtene Teil dem Berufungsgericht zu erneuter tatrichterlicher Kognition und Entscheidung unterbreitet wird (§ 327 StPO). Über den durch den Eröffnungsbeschluss definierten Prozessgegenstand wird danach nicht mehr in einem, sondern in zwei tatrichterlichen Urteilen entschieden, die stufenweise nacheinander ergehen und sich zu einer einheitlichen , das Verfahren abschließenden Sachentscheidung zusammenfügen (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 1995 – 1 StR 595/94, BGHSt 41, 57, 59; Beschluss vom 22. Juli 1971 – 4 StR 184/71, BGHSt 24, 185, 187 f.). Da diese aus zwei Erkenntnissen zusammengefügte Entscheidung nur dann als ein einheitliches Ganzes gelten kann, wenn sie keine Widersprüche aufweist, hat das Berufungsgericht bei seiner Neufeststellung und Beurteilung des angefochtenen Teils der Vorentscheidung die für deren nicht angegriffenen Teil bedeutsamen Tatsachen – so wie in der Vorinstanz festgestellt – zugrunde zu legen. Neue Feststellungen darf es nur insoweit treffen, als diese hierzu nicht in Widerspruch treten (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 2012 – AnwSt (R) 4/12, NStZ-RR 2013, 91; Beschluss vom 21. Oktober 1980 – 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359, 365 f.; Beschluss vom 22. Juli 1971 – 4 StR 184/71, BGHSt 24, 185, 188; Beschluss vom 19. Dezember 1956 – 4 StR 524/56, BGHSt 10, 71, 72 f.; Urteil vom 31. März 1955 – 4 StR 68/55, BGHSt 7, 283, 286 f.; RG, Urteil vom 12. März 1909 – V 79/09, RGSt 42, 241, 242 ff.; vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – 3 StR 139/14, NStZ 2015, 182, 183 mwN [zur Bindungswirkung bei einer Teilaufhebung gemäß § 353 Abs. 2 StPO]; Frisch in: SK-StPO, 5. Aufl., vor §§ 296 ff. Rn. 288 f. mwN).
19
Dies zugrunde gelegt, sind Berufungsbeschränkungen nicht uneingeschränkt zulässig. Sie setzen nicht nur voraus, dass der nach dem Willen des Rechtsmittelführers neu zu verhandelnde Entscheidungsteil losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbständig geprüft und beurteilt werden kann (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juli 1971 – 4 StR 184/71, BGHSt 24, 185, 187 f.; Beschluss vom 24. Juli 1963 – 4 StR 168/63, BGHSt 19, 46, 48; vgl. auch Urteil vom 21. Juni 2016 – 5 StR 183/16, Rn. 6; Beschluss vom 9. September 2015 – 4 StR 334/15, NStZ 2016, 105; und Urteil vom 8. Januar 1954 – 2 StR 572/53, BGHSt 5, 252 f. [jeweils zu § 344 Abs. 1 StPO]), sondern erfordern auch, dass der nicht angegriffene Teil der Vorentscheidung so festgestellt und bewertet ist, dass er – unabänderlich und damit bindend geworden – eine hinreichend tragfähige Grundlage für eine eigenständige Entscheidung des Berufungsgerichts zu bieten vermag (vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 1988 – 2 StR 166/88, BGHR StPO § 318 Strafausspruch 1; Urteil vom 5. November 1984 – AnwSt (R) 11/84, BGHSt 33, 59; BayObLG, Urteil vom 27. Mai 2003 – 4 St RR 47/2003, NStZ-RR 2003, 310; vgl. auch BGH, Urteil vom 4. November 1997 – 1 StR 273/97, BGHSt 43, 293, 300; Beschluss vom 14. Juli 1993 – 3 StR 334/93, NStZ 1994, 130 [jeweils zu § 344 Abs. 1 StPO]). Verbindungen mit dem sachlichen Recht bestehen dabei nur insoweit, als die sich stellenden Fragen (isolierte Überprüfbarkeit des angefochtenen Entscheidungsteils; belastbare Feststellung und Bewertung des nicht angegriffenen Teils der Vorentscheidung) auch in Anse- hung der sachlich-rechtlichen Ausgangslage beantwortet werden müssen (vgl. RG, Urteil vom 29. Januar 1935 – 4 D 981/34, RGSt 69, 110, 111 f. mwN).
20
b) Die Rechtsprechung hält in Anwendung dieser Grundsätze eine Beschränkung von Berufung und Revision auf den Rechtsfolgenausspruch grundsätzlich für zulässig (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2015 – 2 StR 258/15, StV 2017, 314, 315; Beschluss vom 24. Juli 1963 – 4 StR 168/63, BGHSt 19, 46, 48; RG, Urteil vom 11. Mai 1931 – III 151/31, RGSt 65, 296, 297; weitere Nachweise bei Paul in: KK-StPO, 7. Aufl., § 318 Rn. 7 und Hettinger, JZ 1987, 386, 388 ff.). Sie versagt ihr eine Anerkennung nur dann, wenn die dem Schuldspruch im angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Feststellungen tatsächlicher und rechtlicher Art unklar, lückenhaft, widersprüchlich oder so dürftig sind, dass sich Art und Umfang der Schuld nicht in dem zur Überprüfung des Strafausspruchs notwendigen Maße bestimmen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2015 – 2 StR 258/15, StV 2017, 314, 315; Urteil vom 4. November 1997 – 1 StR 273/97, BGHSt 43, 293, 300; Beschluss vom 14. Juli 1993 – 3 StR 334/93, NStZ 1994, 130 [jeweils zu § 344 Abs. 1 StPO]; Urteil vom 18. Mai 1988 – 2 StR 166/88, BGHR StPO § 318 Strafausspruch 1; Urteil vom 5. November 1984 – AnwSt (R) 11/84, BGHSt 33, 59) oder unklar bleibt, ob sich der Angeklagte überhaupt strafbar gemacht hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 6. August 2014 – 2 StR 60/14, NStZ 2014, 635; Urteil vom 19. März 2013 – 1 StR 318/12, wistra 2013, 463, 469 mwN).
21
2. Daran gemessen kann bei einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG einer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufung die Wirksamkeit nicht deshalb abgesprochen werden, weil das angegriffene Urteil lediglich Feststellungen zu Tatzeit und Tatort, zu dem verwendeten Kraftfahrzeug sowie zum Fehlen der er- forderlichen Fahrerlaubnis und zu einem wissentlichen Handeln des Angeklagten enthält.
22
a) Das Berufungsgericht ist bei dieser Sachlage unter keinem verfahrensrechtlichen Gesichtspunkt daran gehindert, – soweit erforderlich – eigene Feststellungen zu den Beweggründen der Fahrt und deren Gegebenheiten (Dauer und Länge, beabsichtigte Fahrstrecke, Verkehrsbedeutung der Straße, herbeigeführte Gefahren u.a.) zu treffen und dadurch den für die Rechtsfolgenentscheidung maßgebenden Schuldumfang näher zu bestimmen. Es hat dabei lediglich zu beachten, dass die von ihm getroffenen weiteren Feststellungen nicht in Widerspruch zu den Feststellungen stehen dürfen, die das Erstgericht zum Schuldspruch schon getroffen hat. Dass diese weiteren Feststellungen , wären sie bereits vom Amtsgericht getroffen worden, als sog. umgebende Feststellungen noch zum Unterbau des Schuldspruchs und damit zu dem vom Rechtsmittelangriff ausgenommenen, nach § 316 Abs. 1 StPO unabänderlich (teilrechtskräftig) gewordenen Teil des Ersturteils gezählt hätten (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 2012 – AnwSt (R) 4/12, NStZ-RR 2013, 91; BayObLG, Beschluss vom 29. Juli 1993 – 4 St RR 118/93, BayObLGSt 1993, 135 f.; Frisch in: SK-StPO, 5. Aufl., vor §§ 296 ff. Rn. 290 mwN; siehe dazu auch BGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – 3 StR 139/14, NStZ 2015, 182, 183; Beschluss vom 16. Mai 2002 – 3 StR 124/02, bei Becker, NStZ-RR 2003, 97, 101; Beschluss vom 17. November 1998 – 4 StR 528/98, NStZ 1999, 259, 260; Beschluss vom 21. Oktober 1987 – 2 StR 245/87, NStZ 1988, 88; Urteil vom 14. Januar 1982 – 4 StR 642/81, BGHSt 30, 340, 344 f.; Ernemann in: Festschrift für Meyer-Goßner, 2001, S. 619, 620 f., jeweils zum Umfang der Bindungswirkung bei einer Urteilsaufhebung im Strafausspruch gemäß § 353 Abs. 2 StPO), steht ihrer Nachholung nicht entgegen (im Ergebnis ebenso OLG Koblenz, Beschluss vom 18. März 2013 – 2 Ss 150/12, NZV 2013, 411, 412 mit Anm. Sandherr; König in: Festschrift für von Heintschel-Heinegg, 2015, S. 257, 260 ff.). Maßgeblich ist allein, dass sich der Schuldspruch aus dem insoweit nicht angegriffenen Ersturteil mit den für ihn bedeutsamen Feststellungen und der Rechtsfolgenausspruch des Berufungsgerichts mit den hierzu getroffenen weiteren Feststellungen zu einem einheitlichen (widerspruchsfreien), das Verfahren abschließenden Erkenntnis zusammenfügen. Dafür ist es aber ohne Belang , ob es schon dem Erstrichter möglich gewesen wäre, weitere Feststellungen zum tatsächlichen Unterbau des Schuldspruchs zu treffen und dadurch den das Berufungsgericht bindenden Verfahrensstoff zu vergrößern. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob ihn seine tatrichterliche Kognitionspflicht dazu gedrängt hat.
23
b) Die in der Entscheidungsformel bezeichneten Feststellungen zum Schuldspruch nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG bieten eine hinreichend tragfähige Grundlage für eine eigenständige Rechtsfolgenentscheidung des Berufungsgerichts. Da alle Merkmale des gesetzlichen Tatbestands mit Tatsachen unterlegt sind, besteht auch keine relevante Lücke. Es besteht auch kein Zweifel daran, welcher geschichtliche Vorgang dem Schuldspruch zugrunde liegt. Soweit das Berufungsgericht für die nähere Bestimmung des Schuldumfangs ergänzende Feststellungen zu einzelnen Tatumständen für erforderlich hält, kann es die Bindungswirkung der bereits getroffenen Feststellungen eindeutig beurteilen und bei seinen ergänzenden Erhebungen das Widerspruchsverbot zuverlässig wahren.
24
Im Ergebnis besteht daher kein aus der Verfahrenslage ableitbarer Grund, einer Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch die An- erkennung zu verweigern, wenn in dem Ersturteil Feststellungen zum Schuldspruch getroffen sind, die der Beschlussformel entsprechen.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Quentin Feilcke

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(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

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(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel: 1. der Revision gegen a) die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;b) die Berufungsurteile der kleinen

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Tatbestand Das AG verurteilte den Angekl. wegen „schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 2 Fällen, jeweils zugleich des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen, sowie des sexuellen Missbrauchs von Kindern in 2 Fällen,

Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 19. Juli 2017 - 2 Rev 48/17

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Tenor Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kleine Strafkammer 3, vom 21. Dezember 2016 wird verworfen. Die Angeklagte hat die Kosten ihrer Revision zu tragen. Gründe I. 1 Das Amtsgericht Hamburg-Altona.

Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 18. Juli 2017 - 2 Rv 8 Ss 348/17

bei uns veröffentlicht am 18.07.2017

Tenor 1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg im Breisgau vom 01.03.2017 wird als unbegründet verworfen. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Gründe   I. 1 Das Amtsger

Referenzen

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder
2.
als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen wird bestraft, wer

1.
eine Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht,
2.
vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, oder
3.
vorsätzlich oder fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 kann das Kraftfahrzeug, auf das sich die Tat bezieht, eingezogen werden, wenn der Täter

1.
das Fahrzeug geführt hat, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder obwohl eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs gegen ihn angeordnet war,
2.
als Halter des Fahrzeugs angeordnet oder zugelassen hat, dass jemand das Fahrzeug führte, dem die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder gegen den eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs angeordnet war, oder
3.
in den letzten drei Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Tat nach Absatz 1 verurteilt worden ist.

(1) Durch rechtzeitige Einlegung der Berufung wird die Rechtskraft des Urteils, soweit es angefochten ist, gehemmt.

(2) Dem Beschwerdeführer, dem das Urteil mit den Gründen noch nicht zugestellt war, ist es nach Einlegung der Berufung sofort zuzustellen.

Die Berufung kann auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Ist dies nicht geschehen oder eine Rechtfertigung überhaupt nicht erfolgt, so gilt der ganze Inhalt des Urteils als angefochten.

Der Prüfung des Gerichts unterliegt das Urteil nur, soweit es angefochten ist.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder
2.
als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen wird bestraft, wer

1.
eine Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht,
2.
vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, oder
3.
vorsätzlich oder fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 kann das Kraftfahrzeug, auf das sich die Tat bezieht, eingezogen werden, wenn der Täter

1.
das Fahrzeug geführt hat, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder obwohl eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs gegen ihn angeordnet war,
2.
als Halter des Fahrzeugs angeordnet oder zugelassen hat, dass jemand das Fahrzeug führte, dem die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder gegen den eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs angeordnet war, oder
3.
in den letzten drei Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Tat nach Absatz 1 verurteilt worden ist.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Revision gegen
a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;
b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern;
c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist;
3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes;
4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.

(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung

1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung,
2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung,
3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder
4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
eines anderen Oberlandesgerichtes oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder
2.
als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen wird bestraft, wer

1.
eine Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht,
2.
vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, oder
3.
vorsätzlich oder fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 kann das Kraftfahrzeug, auf das sich die Tat bezieht, eingezogen werden, wenn der Täter

1.
das Fahrzeug geführt hat, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder obwohl eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs gegen ihn angeordnet war,
2.
als Halter des Fahrzeugs angeordnet oder zugelassen hat, dass jemand das Fahrzeug führte, dem die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder gegen den eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs angeordnet war, oder
3.
in den letzten drei Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Tat nach Absatz 1 verurteilt worden ist.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder
2.
als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen wird bestraft, wer

1.
eine Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht,
2.
vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, oder
3.
vorsätzlich oder fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 kann das Kraftfahrzeug, auf das sich die Tat bezieht, eingezogen werden, wenn der Täter

1.
das Fahrzeug geführt hat, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder obwohl eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs gegen ihn angeordnet war,
2.
als Halter des Fahrzeugs angeordnet oder zugelassen hat, dass jemand das Fahrzeug führte, dem die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder gegen den eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs angeordnet war, oder
3.
in den letzten drei Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Tat nach Absatz 1 verurteilt worden ist.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Revision gegen
a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;
b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern;
c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist;
3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes;
4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.

(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung

1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung,
2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung,
3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder
4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
eines anderen Oberlandesgerichtes oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder
2.
als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen wird bestraft, wer

1.
eine Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht,
2.
vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, oder
3.
vorsätzlich oder fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 kann das Kraftfahrzeug, auf das sich die Tat bezieht, eingezogen werden, wenn der Täter

1.
das Fahrzeug geführt hat, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder obwohl eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs gegen ihn angeordnet war,
2.
als Halter des Fahrzeugs angeordnet oder zugelassen hat, dass jemand das Fahrzeug führte, dem die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder gegen den eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs angeordnet war, oder
3.
in den letzten drei Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Tat nach Absatz 1 verurteilt worden ist.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Revision gegen
a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;
b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern;
c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist;
3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes;
4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.

(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung

1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung,
2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung,
3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder
4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
eines anderen Oberlandesgerichtes oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR525/13
vom
25. März 2015
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
Die Anordnung der Unterbringung eines Betroffenen in einem Heim für Kinder
oder Jugendliche hat nicht allein deshalb im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2
StrRehaG der politischen Verfolgung gedient, weil sie aus Anlass des Umstandes
erfolgte, dass die Eltern des Betroffenen infolge ihrer Inhaftierung als Opfer
politischer Verfolgung an der Ausübung der elterlichen Sorge gehindert waren.
BGH, Beschluss vom 25. März 2015 - 4 StR 525/13 - Thüringer OLG
in der Rehabilitierungssache
der
hier: Vorlagebeschluss des Thüringer Oberlandesgerichts vom 7. Mai 2013
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
am 25. März 2015 beschlossen:
Die Anordnung der Unterbringung eines Betroffenen in einem Heim für Kinder oder Jugendliche hat nicht allein deshalb im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG der politischen Verfolgung gedient, weil sie aus Anlass des Umstandes erfolgte, dass die Eltern des Betroffenen infolge ihrer Inhaftierung als Opfer politischer Verfolgung an der Ausübung der elterlichen Sorge gehindert waren.

Gründe:


I.


1
Die Betroffene begehrt ihre Rehabilitierung wegen der Unterbringung in einem Kinderheim der ehemaligen DDR.
2
Die zum damaligen Zeitpunkt geschiedene Mutter der Betroffenen wurde durch Urteil des Bezirksgerichts Erfurt vom 20. Oktober 1961 wegen staatsgefährdender Hetze gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 des Strafrechtsergänzungsgesetzes der DDR zu der Gefängnisstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Sie befand sich vom 9. September 1961 bis zum 9. Mai 1963 in Untersuchungsund Strafhaft. Mit Beschluss vom 6. Oktober 1992 hob das Bezirksgericht Erfurt das Urteil desselben Gerichts vom 20. Oktober 1961 auf und rehabilitierte die Mutter der Betroffenen.
3
Nach ihren im Rehabilitierungsverfahren als zutreffend zugrunde gelegten Angaben wurde die damals 7-jährige Betroffene am Tag der Inhaftierung ihrer Mutter in das Normalkinderheim „ “ in S. verbracht, wo sie vom 9. September 1961 bis Anfang Juli 1963 verblieb.
4
Das Landgericht Erfurt erklärte mit Beschluss vom 29. Oktober 2012 die vom Rat des Kreises N. – Jugendhilfeausschuss – vorgenommene Anordnung der Unterbringung der Betroffenen in Heimerziehung für rechtsstaatswidrig , hob sie auf und stellte – unter Zurückweisung des Rehabilitierungsantrags im Übrigen – fest, dass die Betroffene vom 9. September 1961 bis 9. Mai 1963 zu Unrecht Freiheitsentziehung erlitten hat. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Staatsanwaltschaft, die dem Rehabilitierungsantrag der Betroffenen entgegengetreten war, mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde.

II.


5
Das Thüringer Oberlandesgericht möchte die Beschwerde der Staatsanwaltschaft verwerfen. Es ist der Auffassung, dass in Fällen, in denen Kinder oder Jugendliche von den Jugendbehörden der DDR nur deshalb in Heimen untergebracht wurden, weil ihre Eltern als Opfer politischer Verfolgung inhaftiert worden waren und deshalb als Betreuungspersonen nicht mehr zur Verfügung standen, die Anordnung der Heimunterbringung gleichfalls Ausdruck politischer Verfolgung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG sei und es keiner weiteren Prüfung ihrer Rechtsstaatswidrigkeit bedürfe. Denn das Handeln der Verwal- tungs- bzw. Jugendbehörde sei eine notwendige Folge des rechtsstaatswidrigen Handelns der Justizbehörden, dessen Unrechtsgehalt damit auf die Bewertung des Handelns der Jugendbehörde durchschlage (Thüringer OLG, ZOV 2013, 124; vgl. auch ZOV 2012, 274; ZOV 2012, 134).
6
An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich das Thüringer Oberlandesgericht durch den Beschluss des Kammergerichts vom 13. Dezember 2011 – 2 Ws 443/11 REHA – gehindert. In dieser Entscheidung hat das Kammergericht eine wegen einer Heimunterbringung in der DDR begehrte Rehabilitierung versagt und dies – entscheidungstragend – damit begründet, dass sich die Einweisung eines Betroffenen in ein Kinderheim nicht schon deshalb als Maßnahme politischer Verfolgung darstelle, weil sie Folge der Verhaftung und Verurteilung seiner Eltern aus Gründen politischer Verfolgung gewesen sei. Die Einweisung in ein Kinderheim sei in diesen Fällen keine unmittelbare, sondern mittelbare Folge der politischen Verfolgung der Eltern. Deshalb müsse sie, um der Rehabilitierung zugänglich zu sein, ihrerseits politisch begründetes Unrecht sein und sachfremden Erwägungen folgen, die nicht durch den üblichen rechtskonformen Zweck der Einweisung – hier: fürsorgerische Erwägungen – gedeckt seien (vgl. auch KG, ZOV 2011, 166; ZOV 2011, 211; VIZ 1997, 663).
7
Das Thüringer Oberlandesgericht hat daher mit Beschluss vom 7. Mai 2013 (ZOV 2013, 124) die Sache gemäß § 121 Abs. 2 GVG i.V.m. § 13 Abs. 4 StrRehaG dem Bundesgerichtshof zur Beantwortung folgender Rechtsfrage vorgelegt: „Ist es in den Fällen der Einweisung in ein Kinderheim in der ehemaligen DDR für die Rehabilitierung des/der Betroffenen gemäß § 2 StrRehaG ausreichend, wenn die Heimunterbringung ausschließlich deshalb erfolgt, weil die Eltern ihrerseits Opfer politischer Verfolgung und deshalb inhaf- tiert wurden (sog. ‚mittelbare‘ politische Verfolgung) oder bedarf es der Feststellung einer darüber hinausgehenden (‚unmittelbaren‘) eigenen politischen Verfolgung des betroffenen Kindes/Jugendlichen bzw. weiterer sachfremder Erwägungen, die – über den haftbedingten Ausfall der bisherigen Erziehungsberechtigten hinaus – für die Heimunterbringung ursächlich geworden sind?“
8
Der Generalbundesanwalt ist im Ergebnis der Rechtsauffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts beigetreten und hat beantragt zu beschließen: „Die Anordnung einer Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Ju- gendliche in der ehemaligen DDR ist mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar und damit nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 StrRehaG für rechtsstaatswidrig zu erklären und aufzuheben, wenn sie ausschließlich deshalb erfolgte, weil die Eltern als Opfer politischer Verfolgung inhaftiert wurden.“

III.


9
Die Rechtsansicht des vorlegenden Thüringer Oberlandesgerichts wird von den Oberlandesgerichten Dresden (ZOV 2013, 63; ZOV 2012, 140) und Naumburg (OLGSt StrRehaG § 2 Nr. 4) geteilt.

IV.


10
Die Vorlegungsvoraussetzungen gemäß § 121 Abs. 2 GVG i.V.m. § 13 Abs. 4 StrRehaG sind erfüllt. Die Vorlegungsfrage betrifft die – hier entscheidungserhebliche – Auslegung des Begriffs der politischen Verfolgung in § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG, mithin einer Rechtsfrage, die bereits durch ein anderes Oberlandesgericht entschieden worden ist. Das Thüringer Oberlandes- gericht kann nicht wie beabsichtigt entscheiden, ohne von der Entscheidung des Kammergerichts abzuweichen.
11
Die Entscheidungserheblichkeit der Vorlegungsfrage wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Thüringer Oberlandesgericht keine Feststellungen zu den Unterbringungsbedingungen während des Heimaufenthalts der Betroffenen getroffen hat. Das vorlegende Oberlandesgericht ist insoweit der Ansicht , dass bei der Entscheidung über die Rehabilitierung einer Heimunterbringung infolge der Änderung des § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG durch das am 9. Dezember 2010 in Kraft getretene Vierte Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR vom 2. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1744), durch welche die Vorschrift um die Anordnung einer Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche erweitert worden ist, nicht mehr zu prüfen sei, ob sich diese Unterbringung im konkreten Fall als Freiheitsentziehung darstellte oder zumindest unter haftähnlichen Bedingungen erfolgte, weil der Gesetzgeber durch die Gesetzesänderung zum Ausdruck gebracht habe, dass jede Heimeinweisung als Freiheitsentziehung zu behandeln sei. Diese in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung einhellig vertretene Rechtsansicht (vgl. Thüringer OLG, ZOV 2012, 134; KG, ZOV 2014, 21; OLG Naumburg, OLGSt StrRehaG § 2 Nr. 4; OLG Brandenburg, OLGSt StrRehaG § 1 Nr. 11; OLG Rostock, Beschluss vom 14. November 2011 – I Ws RH 24/11; Mützel, ZOV 2013, 98, 100; aA LG Erfurt, ZOV 2011, 212; Toberer/Plöger, NJ 2012, 328), die sich darauf stützen kann, dass mit der Aufnahme der Heimeinweisung in die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG die Anordnung einer Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche mit der Einweisung in eine psychiatrische Anstalt gleichgestellt worden ist, für die eine gesetzliche Vermutung ihres freiheitsentziehenden Charakters angenommen wird (vgl. BVerfG, ZOV 2014, 237 [bei juris Rn. 50]; Thüringer OLG, ZOV 2012, 134; Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Zweiten Gesetz zur Bereinigung von SED-Unrecht, BR-Drucks. 92/93, S. 149; Mützel aaO), ist zumindest vertretbar und damit für den Senat im Vorlegungsverfahren bindend (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 1974 – 1 StR 366/73, BGHSt 25, 325, 328).
12
Im Hinblick darauf, dass die für das Vorlegungsverfahren maßgebliche rechtliche Divergenz die Auslegung des Merkmals der politischen Verfolgung in § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG betrifft, hat der Senat die Vorlegungsfrage wie folgt präzisiert und neu gefasst: „Hat die Anordnung der Unterbringung eines Betroffenen in einem Heim für Kinder oder Jugendliche allein deshalb im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG der politischen Verfolgung gedient, weil sie aus Anlass des Umstands erfolgte, dass die Eltern des Betroffenen infolge ihrer Inhaftierung als Opfer politischer Verfolgung an der Ausübung der elter- lichen Sorge gehindert waren?“

V.


13
Der Senat beantwortet die Vorlegungsfrage wie aus dem Tenor ersichtlich.
14
1. Nach § 1 Abs. 1 StrRehaG ist die strafrechtliche Entscheidung eines staatlichen deutschen Gerichts im Beitrittsgebiet aus der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990 auf Antrag für rechtsstaatswidrig zu erklären und aufzuheben , soweit sie mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar ist. Mit der Anknüpfung an wesentliche Grundsätze einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung wollte der Gesetzge- ber dasjenige Staatsunrecht erfassen, das als „Systemunrecht“ den Einzelnen unter Missachtung seiner Individualität und Menschenwürde zum Objekt gesellschaftspolitischer Zielsetzungen degradierte (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Ersten Gesetz zur Bereinigung von SED-Unrecht, BT-Drucks. 12/1608, S. 16). Der in § 1 Abs. 1 StrRehaG im Sinne einer Generalklausel geregelte Maßstab für die strafrechtliche Rehabilitierung wird durch die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StrRehaG normierten Regelbeispiele dahin konkretisiert, dass eine Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung insbesondere dann gegeben ist, wenn die Entscheidung politischer Verfolgung gedient hat oder die angeordneten Rechtsfolgen in grobem Missverhältnis zu der zu Grunde liegenden Tat stehen.
15
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG finden die Vorschriften des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes auf eine außerhalb eines Strafverfahrens ergangene gerichtliche oder behördliche Entscheidung, mit der eine Freiheitsentziehung angeordnet worden ist, entsprechende Anwendung. Dies gilt nach § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG insbesondere für eine Einweisung in eine psychiatrische Anstalt sowie eine Anordnung einer Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche, die der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Zwecken gedient hat. Aufgrund der in § 2 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG enthaltenen Verweisung auf die Generalklausel des § 1 Abs. 1 StrRehaG setzt die Rehabilitierung wegen einer Heimunterbringung voraus, dass die gerichtliche oder behördliche Anordnung der Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar war. Durch die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG, die ausweislich ihres die Formulierung „insbesondere“ verwendenden Wortlauts und der Intentionen des Gesetzgebers (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Zweiten Gesetz der Bereinigung von SED-Unrecht, BR-Drucks. 92/93, S. 149) als Regelbeispiel ausgestaltet ist, wird klargestellt, dass die materiellen Rehabilitierungsvoraussetzungen erfüllt sind, wenn die Anordnung der Heimunterbringung der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Zwecken gedient hat.
16
2. Der Begriff der politischen Verfolgung wird in den Bestimmungen des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes nicht näher definiert. Die Gesetzesmaterialien beschränken sich insoweit auf den pauschal gehaltenen Hinweis auf eine politisch-ideologisch motivierte Verfolgung Andersdenkender (vgl. Entwurf der Bundesregierung zum Ersten Gesetz zur Bereinigung von SED-Unrecht, BT-Drucks. 12/1608, S. 16). Zur Auslegung kann indes auf die zum Asylrecht ergangene Rechtsprechung rekurriert werden (vgl. Schröder in Bruns/Schröder/ Tappert, StrRehaG, § 1 Rn. 80 f.). Danach wohnt dem Begriff der politischen Verfolgung ein finales Element inne (vgl. BVerwGE 87, 141, 145 mwN). Erfasst werden Maßnahmen, die ihrem inhaltlichen Charakter nach erkennbar darauf gerichtet sind, den Betroffenen wegen seiner – tatsächlich oder vermeintlich gegebenen – politischen Überzeugung, religiösen Grundentscheidung oder eines anderen für ihn unverfügbaren persönlichen Merkmals zu diskriminieren (vgl. BVerfGE 80, 315, 333 ff. mwN; BVerwG aaO; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl., Art. 16a Rn. 19). Erforderlich ist eine dem Einzelnen in Anknüpfung an eines der genannten Merkmale zielgerichtet zugefügte Rechtsverletzung (vgl. BVerfG aaO). Das mithin bereits aus dem Begriff der politischen Verfolgung abzuleitende Erfordernis einer auf die Benachteiligung aus politischen Gründen abzielenden Zweckbestimmung der Maßnahme wird für die hier in Rede stehende rehabilitierungsrechtliche Bewertung der Anordnung einer Heimunterbringung durch eine grammatikalische und systematische Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG bestätigt. Denn gemäß dem Wortlaut der Vorschrift muss die Anordnung der Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche der politischen Verfolgung gerade „gedient“ haben und nachdem Regelungsgefüge des § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG handelt es sich bei dem Merkmal der politischen Verfolgung lediglich um einen benannten Unterfall eines mit der Unterbringungsanordnung verfolgten sachfremden Zwecks. Schließlich gehen auch die Gesetzesmaterialien zum Ersten SED-Unrechtsbereinigungsgesetz für die Auslegung der gleichgelagerten Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 1 1. Halbsatz StrRehaG davon aus, dass die Qualifizierung einer Entscheidung als Akt politischer Verfolgung eine politisch-ideologische Zwecksetzung erfordert, die in der Entscheidung erkennbar geworden sein muss (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 12/1608, S. 17).
17
Die Anordnung einer Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche hat nach den dargelegten Maßstäben nur dann im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG der politischen Verfolgung gedient, wenn sie nach der ihr erkennbar innewohnenden Zweckbestimmung zumindest auch darauf abzielte , eine politische intendierte Benachteiligung herbeizuführen. Da die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG nicht auf die Verfolgung gerade des von der Unterbringung Betroffenen abstellt, ist dabei unerheblich, ob sich der mit der Anordnung der Unterbringung verfolgte Verfolgungszweck gegen die unterzubringende Person selbst oder Dritte richtete. Auch die zur politischen Disziplinierung von Eltern oder Verwandten angeordnete Heimunterbringung stellt sich als politische Verfolgung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG dar (vgl. KG, ZOV 2014, 21; OLG Dresden, ZOV 2011, 259; VerfGH Berlin, Beschluss vom 15. Dezember 2014 – 88/13; Mützel, ZOV 2013, 98, 102). Der bloße ursächliche Zusammenhang mit einer gegen die Eltern gerichteten Verfolgungsmaßnahme , der bestehen kann, wenn die Anordnung der Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche durch die Inhaftierung der die elterliche Sorge ausübenden Eltern veranlasst wurde, reicht dagegen nicht aus, um die Unterbringungsanordnung selbst als Akt der politischen Verfolgung zu qualifizieren.
18
3. Die gegenteilige Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts ist zudem mit dem Regelungskonzept des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes nicht zu vereinbaren. Anknüpfend an die in Art. 18 Abs. 1 und Art. 19 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889) geregelte fortbestehende Wirksamkeit von Entscheidungen der Gerichte und der Verwaltungsbehörden der DDR hat sich der Gesetzgeber mit dem durch das Erste SEDUnrechtsbereinigungsgesetz vom 29. Oktober 1992 (BGBl. I S. 1814) geschaffenen Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz für eine Konzeption der Rehabilitierung entschieden, die eine einzelfallbezogene Überprüfung der vom Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz formell erfassten Entscheidungen und sonstigen Maßnahmen der Gerichte und Behörden der DDR auf Antrag des Betroffenen anhand gesetzlich festgelegter materieller Kriterien vorsieht (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 12/1608, S. 17). Eine die angegriffene Entscheidung aufhebende und den Betroffenen rehabilitierende Entscheidung kann nur ergehen, wenn im Einzelfall festzustellen ist, dass hinsichtlich der konkret in Rede stehenden Entscheidung die materiellen Rehabilitierungsvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. zu dem aus § 10 Abs. 2 StrRehaG resultierenden Beweismaß BVerfG, ZOV 2014, 237 [bei juris Rn. 55]). Die Nichterweislichkeit anspruchsbegründender Tatsachen geht zu Lasten des Antragstellers ; der strafprozessuale Zweifelssatz findet keine Anwendung (vgl. BVerfG aaO und VIZ 2000, 376). Dieses auf eine einzelfallbezogene Überprüfung einzelner Entscheidungen und Maßnahmen abstellende Regelungskonzept des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes schließt es aus, für die Anwendung des Regelbeispiels des § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRehaG auf ein nicht näher konkretisiertes unteilbares Verfolgungsschicksal der Familie abzustellen (so OLG Naumburg, OLGSt StrRehaG § 2 Nr. 4) oder den Unrechtscharakter der politischen Verfolgung der Eltern allein deshalb auf die Anordnung der Heimunter- bringung „durchschlagen“ zu lassen, weil die Heimeinweisung der durch die Inhaftierung der Eltern entstandenen tatsächlichen Situation Rechnung trug.
19
4. Entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht (vgl. Mützel, ZOV 2013, 98, 103; Wapler in Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer , Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR – Expertisen, 5, 95) kann die Einstufung einer in der Folge der politisch intendierten Inhaftierung der Eltern erfolgten Heimeinweisung als Akt politischer Verfolgung schließlich nicht unter Rückgriff auf die in der asylrechtlichen Rechtsprechung anerkannte, unter bestimmten Voraussetzungen für die minderjährigen Kinder eines Verfolgten geltende Vermutung einer eigenen politischen Verfolgung (vgl. BVerwGE 75, 304, 312; 79, 244, 245 f.; Randelzhofer in Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 16a Abs. 1 Rn. 64 [Stand: März 2007]; Jarass aaO Rn. 12) begründet werden. Denn einer Übertragung dieser asylrechtlichen Vermutung in das Recht der Rehabilitierung stehen die unterschiedlichen Zielrichtungen des Asylrechts einerseits und des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes andererseits entgegen. Während im Asylrecht die Frage der Gewährung von Schutz vor staatlicher Verfolgung im Fokus steht und die widerlegbare Vermutung einer eigenen politischen Verfolgung der minderjährigen Kinder in diesem Kontext dazu dient, den personellen Schutzbereich des Asylrechts zu erweitern, um einer prognostisch zu berücksichtigenden potentiellen Gefährdungslage Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG aaO), geht es im Rahmen des Rehabilitierungsrechts um die Wiedergutmachung für staatliches Unrecht der DDR und die in diesem Zusammenhang vorzunehmende retrospektive Bewertung von durch Gericht und Behörden der DDR getroffenen Entscheidungen und Maßnahmen.
Mutzbauer RinBGH Roggenbuck ist infolge Cierniak Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. Mutzbauer
Franke Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 548/10
vom
14. Juli 2011
in der Rehabilitierungssache
des
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
Die für den Anspruch auf Gewährung der besonderen Zuwendung für Haftopfer
erforderliche besondere Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage
beurteilt sich bei Berechtigten, die sich im Strafvollzug befinden, ausschließlich
nach den Voraussetzungen des § 17a Abs. 2 StrRehaG.
BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 – 4 StR 548/10 – OLG Naumburg
wegen Gewährung der besonderen Zuwendung für Haftopfer
hier: Vorlagebeschluss des Oberlandesgerichts Naumburg
vom 6. Oktober 2010
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
am 14. Juli 2011 beschlossen:
Die für den Anspruch auf Gewährung der besonderen Zuwendung für Haftopfer erforderliche besondere Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage beurteilt sich bei Berechtigten, die sich im Strafvollzug befinden, ausschließlich nach den Voraussetzungen des § 17a Abs. 2 StrRehaG.

Gründe:


I.


1
Mit Beschluss vom 23. Juni 1992 hob das Bezirksgericht Magdeburg die Verurteilung des Betroffenen durch Urteil des Kreisgerichts Wolmirstedt vom 28. August 1970 in der Fassung des Urteils des Bezirksgerichts Magdeburg vom 9. Oktober 1970 auf, rehabilitierte den Betroffenen und stellte fest, dass dem Betroffenen für die vom 6. April 1970 bis 8. Januar 1973 sowie vom 7. März bis 1. Juni 1974 erlittene Freiheitsentziehung ein Anspruch auf soziale Ausgleichsleistungen zusteht.
2
Für den Zeitraum ab Dezember 2007 bezog der Betroffene, der sich nach Widerruf der Reststrafenaussetzung zur Bewährung seit Mai 1999 zur Verbüßung einer im Jahr 1977 verhängten lebenslangen Freiheitsstrafe im Strafvollzug befindet, die monatliche besondere Zuwendung für Haftopfer nach § 17a StrRehaG. Mit Bescheid vom 9. März 2010 nahm das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt den Bescheid über die Gewährung der besonderen Zuwendung für Haftopfer vom 2. April 2008 mit Wirkung ab April 2010 zurück, weil der inhaftierte Betroffene auf Grund der umfassenden Versorgung im Vollzug in seiner wirtschaftlichen Lage nicht besonders beeinträchtigt sei. Der gegen den Rücknahmebescheid vom 9. März 2010 gestellte Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung wurde vom Landgericht Magdeburg mit Beschluss vom 18. Juni 2010 als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betroffene mit seiner frist- und formgerecht eingelegten Beschwerde.

II.


3
Das Oberlandesgericht Naumburg möchte der Beschwerde unter Aufhebung des Rücknahmebescheids des Landesverwaltungsamts Sachsen-Anhalt vom 9. März 2010 stattgeben, da der Betroffene die in § 17a Abs. 2 StrRehaG geregelten wirtschaftlichen Voraussetzungen erfülle und das anspruchsbegründende Merkmal der besonderen wirtschaftlichen Beeinträchtigung einer einschränkenden Auslegung, welche auf die umfassende Versorgung von Strafgefangenen im Vollzug abstelle, nicht zugänglich sei. An der beabsichtigten Entscheidung sieht es sich durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock vom 8. April 2009 – I Ws RH 5/09 – (NJ 2009, 395) gehindert. In diesem Beschluss hat das Oberlandesgericht Rostock – entscheidungstragend – die Auffassung vertreten, dass Personen, die in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung untergebracht sind, während der Dauer ihres dortigen Aufenthalts auch dann nicht im Sinne des § 17a StrRehaG in ihrer wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt sind, wenn sie rechnerisch die Voraussetzungen des § 17a Abs. 2 StrRehaG erfüllen. Zur Begründung hat das Oberlandesgericht Rostock darauf verwiesen, dass die betreffenden Personen während der gesamten Dauer einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung im Sinne einer umfassenden Daseinsvorsorge angemessen und ausreichend aus Mitteln des Staates alimentiert werden. Der Rechtsansicht des Oberlandesgerichts Rostock hat sich das Oberlandesgericht Dresden in Beschlüssen vom 13. Juli 2009 – 1 Reha Ws 52/09 – und vom 8. Februar 2010 – 1 Reha Ws 13/10 – angeschlossen (vgl. auch Beschluss des Verfassungsge- richtshofs des Freistaates Sachsen vom 27. September 2010 – Vf. 27-IV-10).
4
Das Oberlandesgericht Naumburg hat daher mit Beschluss vom 6. Oktober 2010 die Sache gemäß § 121 Abs. 2 GVG i.V.m. § 25 Abs. 1 Satz 4, § 13 Abs. 4 StrRehaG dem Bundesgerichtshof zur Beantwortung folgender Frage vorgelegt: „Fehlt es Berechtigten im Sinne von §§ 17Abs. 1, 16 Abs. 1, Abs. 3 StrRehaG an einer besonderen Beeinträchtigung ihrer wirtschaftlichen Lage nach § 17a Abs. 1 Satz 1 StrRehaG, wenn und solange sie sich im Strafvollzug befinden?“
5
Der Generalbundesanwalt hat sich der Rechtsauffassung der Oberlandesgerichte Rostock und Dresden angeschlossen und beantragt zu beschließen : „Dem Berechtigten im Sinne von § 17 Abs. 1, § 16 Abs. 1, Abs. 3 StrRehaG fehlt es an einer besonderen Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Lage nach § 17a Abs. 1 Satz 1 StrRehaG, wenn und solange er sich im Strafvollzug befindet.“
6
Im Hinblick darauf, dass das Oberlandesgericht Naumburg in seinem Vorlagebeschluss davon ausgeht, dass die Voraussetzungen für eine besondere Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage des Berechtigten auch für Personen , die sich im Strafvollzug befinden, in § 17a Abs. 2 StrRehaG abschließend geregelt sind, hat der Senat die Vorlegungsfrage wie folgt präzisiert und neu gefasst: „Beurteilt sich die für den Anspruch auf Gewährung der be- sonderen Zuwendung für Haftopfer erforderliche besondere Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage bei Berechtigten, die sich im Strafvollzug befinden, ausschließlich nach den Voraussetzungen des § 17a Abs. 2 StrRehaG?“

III.


7
Die Vorlegungsvoraussetzungen gemäß § 121 Abs. 2 GVG i.V.m. § 25 Abs. 1 Satz 4, § 13 Abs. 4 StrRehaG sind erfüllt.
8
1. Die Vorlegungsfrage betrifft die – hier entscheidungserhebliche – Auslegung des für die Gewährung der besonderen Zuwendung für Haftopfer nach § 17a Abs. 1 Satz 1 StrRehaG anspruchsbegründenden Merkmals der besonderen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage in Fällen, in denen sich der Berechtigte im Strafvollzug befindet. Es handelt sich um eine Rechtsfrage, die bereits durch andere Oberlandesgerichte entschieden worden ist. Das Oberlandesgericht Naumburg kann nicht wie beabsichtigt erkennen, ohne von den Entscheidungen der Oberlandesgerichte Rostock und Dresden abzuweichen.
9
2. An der Entscheidungserheblichkeit der Vorlegungsfrage würde es allerdings fehlen, wenn ein Anspruch des Betroffenen nach § 17a Abs. 1 Satz 1 StrRehaG auf Gewährung der besonderen Zuwendung für Haftopfer schon deshalb zu verneinen wäre, weil seine gegebenenfalls zu bejahende besondere wirtschaftliche Beeinträchtigung nicht ursächlich auf den erlittenen rechtsstaatswidrigen Freiheitsentzug zurückzuführen ist. Der Anspruch auf Gewäh- rung der besonderen Zuwendung für Haftopfer ist aber, wie der Wortlaut des § 17a Abs. 1 Satz 1 StrRehaG zeigt, nicht davon abhängig, dass die gegenwärtige wirtschaftliche Beeinträchtigung des Berechtigten kausal mit der infolge der rechtsstaatswidrigen Entscheidung oder Maßnahme erlittenen Freiheitsentziehung verknüpft ist. Ein solches Kausalitätserfordernis lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass die besondere Zuwendung für Haftopfer neben der Kapitalentschädigung , der Unterstützungsleistung nach § 18 StrRehaG und den in §§ 21 ff. StrRehaG vorgesehenen Versorgungsansprüchen gemäß § 16 Abs. 3 StrRehaG zu den sozialen Ausgleichsleistungen zählt, denen nach § 16 Abs. 1 StrRehaG eine auf die zu Unrecht erlittene Freiheitsentziehung bezogene Ausgleichsfunktion zukommt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. August 2010 – 4 StR 646/09, BGHSt 55, 249 Rn. 17). Schließlich geben auch die Entstehungsgeschichte des § 17a StrRehaG und der mit der Zuwendung verfolgte Zweck keinen Anhalt dafür, dass die besondere Zuwendung für Haftopfer nur bei Bestehen eines Ursachenzusammenhangs zwischen wirtschaftlicher Beeinträchtigung und rechtsstaatswidriger Freiheitsentziehung gewährt werden sollte. Dagegen spricht insbesondere der Umstand, dass es bei der knapp 17 Jahre nach der Wiedervereinigung erfolgten Einführung der besonderen Zuwendung für Haftopfer durch das Dritte Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR vom 21. August 2007 (BGBl I 2118) für den Gesetzgeber auf der Hand lag, dass der Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer mindestens die Dauer von sechs Monaten erreichenden rechtsstaatswidrigen Freiheitsentziehung im Beitrittsgebiet vor dem 2. Oktober 1990 und einer gegenwärtigen besonderen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage nur in Ausnahmefällen zu führen sein wird. Die Anspruchsnorm des § 17a Abs. 1 Satz 1 StrRehaG liefe bei einer solchen Auslegung weitestgehend leer.
10
3. Die Entscheidungserheblichkeit der Vorlegungsfrage ist durch die am 9. Dezember 2010 in Kraft getretene Änderung des § 17a StrRehaG durch das Vierte Gesetz zur Verbesserung rehabilitationsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR vom 2. Dezember 2010 (BGBl I 1744) nicht entfallen.
11
Nach der nun in das Gesetz eingefügten Regelung des § 17a Abs. 7 StrRehaG wird die besondere Zuwendung für Haftopfer Personen nicht gewährt , gegen die eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat rechtskräftig verhängt worden ist, sofern die Entscheidung in einer Auskunft aus dem Zentralregister enthalten ist. Diese Bestimmung schließt seit ihrem Inkrafttreten am 9. Dezember 2010 einen Anspruch des Betroffenen , der 1977 u.a. wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, auf Gewährung der besonderen Zuwendung für Haftopfer bis auf weiteres aus. Für den Zeitraum von April 2010 bis zum Inkrafttreten des § 17a Abs. 7 StrRehaG ist die aufgeworfene Rechtsfrage aber weiterhin für die vom Oberlandesgericht Naumburg zu treffende Beschwerdeentscheidung von entscheidungserheblicher Bedeutung.

IV.


12
Der Senat beantwortet die Vorlegungsfrage wie aus dem Tenor ersichtlich.
13
1. Nach § 17a Abs. 1 Satz 1 StrRehaG erhalten Berechtigte nach § 17 Abs. 1 StrRehaG (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 10. August 2010 – 4 StR 646/09, aaO Rn. 14), die in ihrer wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt sind, auf Antrag eine monatliche besondere Zuwendung für Haftopfer, wenn sie eine mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbare Freiheitsentziehung von insgesamt mindestens 180 Tagen (§ 17a Abs. 1 Satz 1 StrRehaG aF: sechs Monate) erlitten haben. Während die Bestimmung des § 18 Abs. 2 StrRehaG für die Unterstützungsleistungen nach § 18 StrRehaG, die wirtschaftlich bedürftige Berechtigte nach § 17 Abs. 1 StrRehaG beanspruchen können, die eine rechtsstaatswidrige Freiheitsentziehung von kürzerer, die Grenze des § 17a Abs. 1 Satz 1 StrRehaG unterschreitender Dauer erlitten haben und nicht in den Genuss der Härteregelung des § 19 StrRehaG kommen, die nähere Festlegung der Voraussetzungen der Leistungsgewährung sowie der Höhe der Leistungen den Richtlinien des Stiftungsrates der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge überlässt, wird die für den Anspruch auf Gewährung der besonderen Zuwendung für Haftopfer erforderliche besondere wirtschaftliche Beeinträchtigung im Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz selbst definiert. Nach § 17a Abs. 2 StrRehaG (zuletzt geändert durch Art. 11 des Gesetzes zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa vom 22. Juni 2011 ) gelten Berechtigte als in ihrer wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt, deren nach Maßgabe der Vorschrift zu bestimmendes Einkommen die in § 17a Abs. 2 Satz 7 StrRehaG nF (§ 17a Abs. 2 Satz 3 StrRehaG aF) normierten Grenzen nicht übersteigt. Diese gesetzliche Regelung ist eindeutig und abschließend. Sie lässt für eine Auslegung, welche das Vorliegen einer besonderen wirtschaftlichen Beeinträchtigung von engeren Voraussetzungen abhängig macht, keinen Raum.
14
2. Das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie das Sozialhilferecht enthalten jeweils Bestimmungen, die einen Leistungsbezug durch Strafgefangene ausschließen. So regelt § 2 Abs. 1 SGB XII den Nachrang der Sozialhilfe und bestimmt, dass Sozialhilfe nicht erhält, wer die erforderlichen Leistungen von anderen erhält. Gemäß § 7 Abs. 4 SGB II erhalten Personen keine Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die in einer stationären Einrichtung untergebracht sind, wobei dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung ausdrücklich gleichgestellt ist. Eine vergleichbare Regelung hat der Gesetzgeber in das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz nicht aufgenommen.
15
3. Weder die Entstehungsgeschichte des § 17a StrRehaG noch der Zweck der besonderen Zuwendung für Haftopfer rechtfertigen eine Gesetzesauslegung , welche das Vorliegen der besonderen wirtschaftlichen Beeinträchtigung von engeren, über die Regelung des § 17a Abs. 2 StrRehaG hinausgehenden Voraussetzungen abhängig macht.
16
a) Der im Jahr 2007 in das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz aufgenommene Anspruch auf Gewährung einer besonderen Zuwendung für Haftopfer geht auf Überlegungen zur Einführung einer Opferpension zurück, die in einem Entschließungsantrag der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD vom 21. Januar 2007 zur Unterstützung für Opfer der SED-Diktatur – Eckpunkte für ein Drittes SED-Unrechtsbereinigungsgesetz – (BT-Drucks. 16/4167) aufgegriffen worden sind und in den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitationsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR (BT-Drucks. 16/4842) Eingang gefunden haben. Danach sollte als Anerkennung und Würdigung des Widerstands der ehemaligen politischen Häftlinge gegen die SED-Diktatur eine Opferpension eingeführt werden , um den Opfern politischer Verfolgung in der ehemaligen DDR eine nicht nur symbolische Anerkennung der erlittenen Nachteile und Schädigungen zu gewähren (vgl. BT-Drucks. 16/4167 S. 3). Um die als regelmäßige monatliche Zuwendung ausgestaltete Opferpension in das System der übrigen Rehabilitie- rungs- und Entschädigungsregeln einzupassen, war sowohl in dem Entschließungsantrag als auch in dem Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen vorgesehen , als Kriterium für die zusätzliche Leistung auf die wirtschaftliche Bedürftigkeit der Betroffenen abzustellen (vgl. BT-Drucks. 16/4167 aaO; BT-Drucks. 16/4842 S. 5). Im anschließenden Gesetzgebungsverfahren stand die Verknüpfung von Opferpension und wirtschaftlicher Bedürftigkeit der Betroffenen im Mittelpunkt der Diskussion. Die vielfältigen Einwände (vgl. nur die schriftlichen Stellungnahmen der Sachverständigen Beleites, Guckes, Knabe, Neubert, Schrade und Schüler zur Anhörung des Rechtsausschusses des Bundestages) führten in den Beratungen des Rechtsausschusses dazu, dass zwar an der wirtschaftlichen Bedürftigkeit als Zuwendungsvoraussetzung festgehalten, die Regelung über das zu berücksichtigende Einkommen in § 17a Abs. 2 Satz 2 StrRehaG jedoch dahin ergänzt wurde, dass Renten wegen Alters, verminderter Erwerbsfähigkeit, Arbeitsunfalls oder Berufskrankheit sowie wegen Todes oder vergleichbare Leistungen unberücksichtigt bleiben (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/5532 S. 4). Mit dieser Gesetz gewordenen Änderung des § 17a Abs. 2 Satz 2 StrRehaG verfolgten die Regierungsfraktionen erklärtermaßen das Ziel, die Bedürftigkeitsprüfung nachhaltig zu reduzieren und auf das nach Gleichbehandlungsgrundsätzen erforderliche Mindestmaß zu beschränken (vgl. BT-Drucks. 16/5532 S. 8; Stellungnahme der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes, BT-Drucks. 17/1215 S. 13). Angesichts der im Gesetzgebungsverfahren vorgenommenen partiellen Zurücknahme des ursprünglich vorgesehenen Bedürftigkeitskriteriums gibt die Entstehungsgeschichte keinen Anhalt für eine über die ausdrückliche Regelung des § 17a Abs. 2 StrRehaG hinausgehende Verschärfung der Anspruchsvoraussetzungen im Wege ergänzender Auslegung.
17
b) Zweck der besonderen Zuwendung für Haftopfer nach § 17a Abs. 1 Satz 1 StrRehaG ist unbeschadet der auf eine besondere Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage abstellenden Anspruchsvoraussetzung die Anerkennung und Würdigung des Verfolgungsschicksals des Betroffenen in der ehemaligen DDR (vgl. BT-Drucks. 16/4167 S. 3; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes, BT-Drucks. 17/1215 S. 2, 8). Dieser mit der Zuwendungsgewährung verfolgte Zweck als auch die Regelung des § 17a Abs. 2 Satz 2 StrRehaG, wonach die dort näher aufgeführten Renten und vergleichbaren Leistungen bei der Einkommensermittlung unberücksichtigt bleiben , und die in § 17a Abs. 2 Satz 7 StrRehaG nF (§ 17a Abs. 2 Satz 3 StrRehaG aF) auf das Drei- bzw. Vierfache der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB XII festgelegten Einkommensgrenzen belegen, dass das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz mit der Zuerkennung der besonderen Zuwendung für Haftopfer nicht auf die Gewährleistung der Grundversorgung der Betroffenen abzielt. Die besondere Zuwendung für Haftopfer hat deshalb gerade keinen sozialhilfeähnlichen Charakter, der es rechtfertigen könnte, die Zuwendung unter Hinweis auf eine anderweitig gewährleistete Grundversorgung zu versagen.
18
c) Die Frage, ob die Gewährung der monatlichen besonderen Zuwendung für Haftopfer, die als Dauerleistung der besonderen Würdigung und Anerkennung des Widerstands ehemaliger politischer Häftlinge gegen das SEDUnrechtsregime und der deswegen erlittenen Haft dienen soll (BT-Drucks. 17/1215 S. 2), auch dann angemessen erscheint, wenn sich derBerechtigte – möglicherweise auf Grund einer Verurteilung wegen schwerer Straftaten zu langjähriger Freiheitsstrafe – in Strafhaft befindet, betrifft schließlich nicht die wirtschaftlichen Voraussetzungen des Zuwendungsanspruchs, sondern berührt Grundsätze der Unwürdigkeit und der Verwirkung, denen der Gesetzgeber durch Einfügung der an eine qualifizierte Verurteilung anknüpfenden Ausschlussnorm des § 17a Abs. 7 StrRehaG in das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz zwischenzeitlich Rechnung getragen hat (vgl. BT-Drucks. 17/1215 S. 2, 8).
Ernemann Roggenbuck Cierniak
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 400/07
vom
15. November 2007
in der Strafsache
gegen
Veröffentlichung: ja
BGHSt: ja
Nachschlagewerk: ja
StGB §§ 248 a, 265 a
Es entscheidet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls, ob bei Bagatelldelikten
bis zu einer bestimmten Schadensgrenze die gesetzliche Mindeststrafe
übersteigende Freiheitsstrafen nicht mehr schuldangemessen sind. Diese Frage
ist deshalb einer Vorlegung nach § 121 Abs. 2 GVG nicht zugänglich.
4. Strafsenat, Beschluss vom 15. November 2007 – 4 StR 400/07
I. Amtsgericht Halle-Saalkreis
II. Landgericht Halle
III. Oberlandesgericht Naumburg
wegen Erschleichens von Leistungen u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin
am Bundesgerichtshof Dr. Tepperwien, die Richter am Bundesgerichtshof
Maatz und Athing sowie die Richterinnen am Bundesgerichtshof SolinStojanović
und Sost-Scheible am 15. November 2007 beschlossen:
Die Sache wird an das Oberlandesgericht Naumburg zurückgegeben.

Gründe:


A.


1
I. Das Amtsgericht Halle-Saalkreis verurteilte den Angeklagten am 27. Juni 2006 wegen Hausfriedensbruchs, wegen Diebstahls geringwertiger Sachen sowie wegen Erschleichens geringwertiger Leistungen in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten. Nach den Feststellungen des Urteils hatte der Angeklagte in der Zeit vom 21. November 2005 bis zum 11. Februar 2006 in neun Fällen öffentliche Verkehrsmittel in Halle benutzt, ohne im Besitz eines gültigen Fahrscheins zu sein; am 26. Januar 2006 hatte er ferner in einem Supermarkt zwei Flaschen Bier im Gesamtwert von 0,62 Euro entwendet und trotz eines Hausverbots, das gegen ihn wegen des Diebstahls der Bierflaschen ausgesprochen worden war, den Supermarkt wenige Stunden später erneut betreten.
2
Das Amtsgericht hielt gemäß § 47 Abs. 1 StGB die Verhängung von Freiheitsstrafen gegen den Angeklagten für unerlässlich und setzte für jeden Fall der Leistungserschleichung und für den Hausfriedensbruch Einzelfreiheitsstrafen von zwei Monaten sowie für den Diebstahl eine Einsatzstrafe von drei Monaten Freiheitsstrafe fest. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Angeklagten verwarf das Landgericht Halle durch Urteil vom 22. Januar 2007 als unbegründet. Ergänzend stellte die Strafkammer fest, dass in den Fällen der Leistungserschleichung jeweils nur ein Kurzstreckentarif in Höhe von 1,10 Euro vom Angeklagten zu entrichten gewesen war. Ebenso wie das Amtsgericht hielt die Berufungskammer des Landgerichts die Verhängung von Freiheitsstrafen gemäß § 47 Abs. 1 StGB für unerlässlich und bestätigte deshalb die erstinstanzlich festgesetzten Einzelfreiheitsstrafen sowie die Gesamtfreiheitsstrafe. Trotz des geringen Wertes der gestohlenen Bierflaschen und des jeweils zu entrichtenden Beförderungsentgeltes sah sich die Strafkammer hieran durch das Übermaßverbot nicht gehindert, weil der Angeklagte mehrfach, auch einschlägig, bestraft und Bewährungsversager sei. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die gegen ihn verhängten Freiheitsstrafen beanstandet.
3
II. Das zur Entscheidung über die Revision berufene Oberlandesgericht Naumburg beabsichtigt, die Revision des Angeklagten entsprechend dem Antrag des Generalstaatsanwalts in Naumburg nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen. Es erachtet die vom Landgericht verhängten Freiheitsstrafen wegen besonderer Umstände, die in der Persönlichkeit des Angeklagten liegen, zur Einwirkung auf ihn als unerlässlich im Sinne des § 47 Abs. 1 StGB. Die Einzelfreiheitsstrafen und die Gesamtfreiheitsstrafe seien in ihrer Höhe noch angemessen; das Übermaßverbot werde durch sie nicht verletzt.
4
Mit Ausnahme der wegen Hausfriedensbruchs verhängten Einzelstrafe sieht sich das Oberlandesgericht Naumburg an der beabsichtigten Entschei- dung durch die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 25. Oktober 2001 - 1 Ss 52/01 - (NStZ-RR 2002, 75) und des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 9. Februar 2006 - 1 Ss 575/05 - (NStZ 2007, 37) gehindert:
5
Das Oberlandesgericht Braunschweig habe es in der genannten Entscheidung als "schlechthin unangemessen" angesehen, den Diebstahl einer Kaufhausware im Wert von 5,00 DM mit einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten zu ahnden. Das Oberlandesgericht Stuttgart habe den seine Entscheidung tragenden Rechtssatz aufgestellt, die Verhängung einer zweimonatigen Freiheitsstrafe zur Sühne für Tatschuld und Tatunrecht sei bei einer Leistungserschleichung mit einem Schaden von 1,65 Euro - ohne Rücksicht auf die strafrechtliche Vergangenheit eines Angeklagten - unverhältnismäßig und nicht mehr vertretbar , so dass wegen des zu beachtenden Übermaßverbotes eine tatrichterliche Ermessensausübung ausscheide. Beide Oberlandesgerichte hätten deshalb die vom Tatrichter verhängten Freiheitsstrafen von zwei Monaten auf die allein als angemessen angesehene gesetzliche Mindeststrafe von jeweils einem Monat zurückgeführt.
6
Das Oberlandesgericht Naumburg hat die Sache daher gemäß § 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof über folgende Fragen vorgelegt: "Stehen das Übermaßverbot und das Gebot schuldangemessenen Strafens der Verhängung einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Monat unabhängig von der strafrechtlichen Vergangenheit des Täters stets entgegen, wenn der Täter einer Erschleichung der Beförderung durch ein Verkehrsmittel ein Entgelt von nicht mehr als 1,10 Euro nicht entrichten wollte?" sowie "Stehen das Übermaßverbot und das Gebot schuldangemessenen Strafens der Verhängung einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Monat unabhängig von der strafrechtlichen Vergangenheit des Täters stets entgegen, wenn der Täter eines durch die Wegnahme zweier Bierflaschen aus einem Supermarkt begangenen Diebstahls einen Schaden von nicht mehr als 0,62 Euro verursacht hat?"
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III. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Sache an das Oberlandesgericht zurückzugeben; hilfsweise zu beschließen:
8
„1. Ob das Übermaßverbot und das Gebot schuldangemessenen Strafens der Verhängung einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Monat entgegenstehen, wenn der Täter einer Erschleichung der Beförderung durch ein Verkehrsmittel ein Entgelt von nicht mehr als 1,10 Euro nicht entrichten wollte, kann nur nach Lage des Einzelfalles unter Berücksichtigung aller für die Strafzumessung erheblicher Faktoren beurteilt werden.
9
2. Ob das Übermaßverbot und das Gebot schuldangemessenen Strafens der Verhängung einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Monat entgegenstehen, wenn der Täter eines durch die Wegnahme zweier Bierflaschen aus einem Supermarkt begangenen Diebstahls einen Schaden von nicht mehr als 0,62 Euro verursacht hat, kann nur nach Lage des Einzelfalles unter Berücksichtigung aller für die Strafzumessung erheblicher Faktoren beurteilt werden.“

B.


10
Die Sache ist an das Oberlandesgericht zurückzugeben. Die Vorlegungsvoraussetzungen des § 121 Abs. 2 GVG sind nicht gegeben, weil sich die vom Oberlandesgericht Naumburg beabsichtigte Abweichung auf die Bewertung von Tatsachen, nicht aber auf eine Rechtsfrage bezieht. Durch die Beschlüsse der Oberlandesgerichte Braunschweig und Stuttgart ist das vorlegende Oberlandesgericht daher nicht gehindert, in dem von ihm zu entscheidenden Fall ungeachtet einer Ähnlichkeit der zu beurteilenden Sachverhalte die Revision des Angeklagten zu verwerfen.
11
Der Generalbundesanwalt hat dazu u.a. ausgeführt: "Die Entscheidung, unter welchen Umständen die Grenzen schuldangemessenen Strafens überschritten sind und dadurch das Übermaßverbot verletzt ist, gehört zur Strafzumessung und ist als tatrichterliche Wertung tatsächlicher Umstände eine Frage des Einzelfalls, die der Klärung im Wege eines Vorlageverfahrens nicht zugänglich ist (vgl. BGHSt 27, 212, 214ff; NStZ 1983, 261, 262; 1988, 270f; Franke in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 121 GVG Rdnr. 59; KK-Hannich 5. Aufl. StPO § 121 GVG Rdnr. 36); darauf, dass das vorlegende Oberlandesgericht die Frage als Rechtsfrage behandelt hat, kommt es nicht an (vgl. BGHSt 31, 314, 316; NStZ 1995, 409, 410).
(…)
Im Hinblick auf das Wesen der Strafzumessung, die zugleich tatrichterlicher Wertungsakt und Rechtsanwendung auf einen bestimmten Strafzumessungssachverhalt unter vom Gesetzgeber formulierte Strafzumessungskriterien und -leitlinien ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.06.2007 - 2 BvR 1447/05 und 2 BvR 12 BvR 136/05 Rdnr. 78 [= NStZ 2007, 598ff.]), muss daher in
der Regel davon ausgegangen werden, dass sich die Rechtsausführungen der Obergerichte zu den Grenzen schuldangemessenen Strafens nur auf den der Entscheidung zugrunde liegenden Einzelfall beziehen (vgl. BGHSt 27, 212, 215f; 28, 318, 324f; Schäfer Praxis der Strafzumessung 3. Aufl. Rdnr. 485), mögen sie auch so formuliert sein, dass sie als grundsätzliche Aussage aufgefasst werden könnten (vgl. BGHSt 18, 324, 325f; 28, 165, 166; NStZ 1988, 270f). Denn unterschiedliche Ergebnisse rechtsfehlerfrei angewendeten tatrichterlichen Ermessens bei der Strafzumessung haben mit abweichenden Entscheidungen in Rechtsfragen nichts gemein ; die denkbaren Umstände des Einzelfalles sind zu vielschichtig für generelle Aussagen (BGHSt 27, 212, 216; Franke in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 121 GVG Rdnr. 59; KKHannich 5. Aufl. StPO § 121 GVG Rdnr. 36; Schäfer Praxis der Strafzumessung 3. Aufl. Rdnr. 485).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist nicht davon auszugehen, dass die Oberlandesgerichte Braunschweig und Stuttgart die Verhängung von die Mindeststrafe übersteigenden Freiheitsstrafen unabhängig von der strafrechtlichen Vergangenheit des Täters in Fällen des Diebstahls sehr geringwertiger Sachen aus Kaufhäusern und des Erschleichens sehr geringwertiger Leistungen stets als Verstöße gegen das Gebot schuldangemessenen Strafens und gegen das Übermaßverbot bewertet haben.
Das Oberlandesgericht Braunschweig hat in dem von ihm zu entscheidenden Fall die Höhe der verhängten Freiheitsstrafe von zwei Monaten beanstandet, weil es das Tatunrecht im doppelten Sinne als denkbar gering angesehen hat: Zum einen wegen der wertmäßigen Geringfügigkeit der entwendeten Schachtel Zigaretten, zum anderen im Hinblick auf die bloß "abstrakte Warenwert-Entziehung" im Kaufhaus, ohne dass dadurch eine "konkret-personale Sphäre" betroffen gewesen sei. Bereits der letztgenannte Gesichtspunkt macht deutlich, dass das Oberlandesgericht Braunschweig seine Entscheidung nicht auf alle Fälle des Diebstahls von Waren im Wert von 5,00 DM oder weniger aus Supermärkten ausdehnen wollte.
(…)
Schließlich ist in die Auslegung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Braunschweig einzubeziehen, dass er nach dem Verständnis des vorlegenden Oberlandesgerichts nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stünde. Dies kann im Hinblick auf die Bedeutung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts für die Vorlegungspflicht der Oberlandesgerichte (vgl. BGHSt 44, 171, 173) nicht unberücksichtigt bleiben. Bereits 1979 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die gesetzliche Regelung , die für den Diebstahl geringwertiger Sachen Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe androht, mit dem Grundgesetz vereinbar ist (BVerfGE 50, 205, 214 ff).
Unter Berufung auf diese Senatsentscheidung hat das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1994 festgestellt, dass die Verhängung einer die Mindeststrafe übersteigenden kurzen Freiheitsstrafe auch in Fällen des Diebstahls geringwertiger Sachen verfassungsgemäß sein kann, wenn der Täter mehrfach und überwiegend einschlägig vorbestraft ist (BVerfG, Beschluss vom 09.06.1994 - 2 BvR 710/94). (…) Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 09.06.1994 klargestellt, dass die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe gemäß § 47 StGB nicht erst ab einer bestimmten Schadenshöhe in Betracht kommt. Zugleich hat es die gegen den Beschwerdeführer verhängten Freiheitsstrafen, also auch die Einzelfreiheitsstrafe von zwei Monaten wegen des Diebstahls von zwei Flaschen Bier im Wert von 1,40 DM aus einem Supermarkt angesichts seiner vielfachen, überwiegend einschlägigen Vorstrafen als mit dem Gebot schuldangemessenen Strafens vereinbar angesehen.
Auch das Oberlandesgericht Stuttgart hat lediglich in einer Einzelfallentscheidung die Verhängung von zweimonatigen Freiheitsstrafen für Leistungserschleichungen mit einem Schaden von 1,65 Euro als nicht mehr schuldangemessen bewertet. Maßgeblich hierfür war ersichtlich eine einzelfallbezogene Abwägung der wesentlichen Strafzumessungsgesichtspunkte.
(…)
Der vom Oberlandesgericht Naumburg aus den Entscheidungsgründen des Oberlandesgerichtes Stuttgart hervorgehobene Satz ("Die Verhängung einer zweimonatigen Freiheitsstrafe zur Sühne für Tatschuld und Tatunrecht ist bei einer Leistungserschleichung mit einem Schaden von 1,65 Euro - ohne Rücksicht auf die strafrechtliche Vergangenheit des Angeklagten - unverhältnismäßig und nicht mehr vertretbar.") ist bei verständiger Würdigung nur Ergebnis dieser Einzelfallabwägung. Er ist zwar allgemein formuliert, wird in dem ihm vom Oberlandesgericht Naumburg zugemessenen Bedeutungsgehalt vom Oberlandesgericht Stuttgart jedoch nicht begründet. Da er zudem in auf den Einzelfall bezogene Erwägungen eingebettet ist, ist davon auszugehen, dass das Oberlandesgericht Stuttgart die Verhängung von zweimonatiger Freiheitsstrafe für Leistungserschleichungen mit einem Schaden von 1,65 Euro nicht allgemein, sondern nur in dem ihm vorliegenden Verfahren als nicht mehr schuldangemessen erachtete.“
12
Dem stimmt der Senat zu. Es entscheidet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls, ob bei Bagatelldelikten bis zu einer bestimmten Schadensgrenze die gesetzliche Mindeststrafe übersteigende Freiheitsstrafen nicht mehr schuldangemessen sind. Diese Frage ist deshalb einer Vorlegung nach § 121 Abs. 2 GVG nicht zugänglich.
Tepperwien Maatz Athing
Solin-Stojanović Sost-Scheible

Die Berufung kann auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Ist dies nicht geschehen oder eine Rechtfertigung überhaupt nicht erfolgt, so gilt der ganze Inhalt des Urteils als angefochten.

(1) Durch rechtzeitige Einlegung der Berufung wird die Rechtskraft des Urteils, soweit es angefochten ist, gehemmt.

(2) Dem Beschwerdeführer, dem das Urteil mit den Gründen noch nicht zugestellt war, ist es nach Einlegung der Berufung sofort zuzustellen.

Der Prüfung des Gerichts unterliegt das Urteil nur, soweit es angefochten ist.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

Die Berufung kann auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Ist dies nicht geschehen oder eine Rechtfertigung überhaupt nicht erfolgt, so gilt der ganze Inhalt des Urteils als angefochten.

(1) Durch rechtzeitige Einlegung der Berufung wird die Rechtskraft des Urteils, soweit es angefochten ist, gehemmt.

(2) Dem Beschwerdeführer, dem das Urteil mit den Gründen noch nicht zugestellt war, ist es nach Einlegung der Berufung sofort zuzustellen.

Der Prüfung des Gerichts unterliegt das Urteil nur, soweit es angefochten ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 1 3 9 / 1 4
vom
12. Juni 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Juni
2014, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Mayer,
Gericke
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 12. August 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Hildesheim zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hatte den Angeklagten B. und den früheren Mitangeklagten T. durch Urteil vom 23. April 2012 jeweils wegen Mordes schuldig gesprochen. Den Angeklagten T. hatte es zur lebenslangen, den Angeklagten B. zur Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Auf die zuungunsten des Angeklagten B. eingelegte, wirksam auf den Strafausspruch beschränkte und auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft hatte der Senat dieses Urteil, soweit es den Angeklagten B. betraf, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben , da die Strafkammer die Anwendung des gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrundes gemäß § 46b StGB nicht rechtsfehlerfrei begründet hatte. Im Umfang der Aufhebung war die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen worden.

2
Nunmehr hat das Landgericht den Angeklagten wiederum zur Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft erneut und stützt ihr zuungunsten des Angeklagten eingelegtes Rechtsmittel auf die mit Einzelbeanstandungen ausgeführte Sachbeschwerde. Das - vom Generalbundesanwalt vertretene - Rechtsmittel hat Erfolg.
3
Das Urteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Es verstößt gegen den Grundsatz der innerprozessualen Bindung an nicht aufgehobene Feststellungen des früheren Urteils vom 23. April 2012.
4
1. Das Landgericht hatte in diesem Urteil zur Tat des Angeklagten Folgendes festgestellt:
5
Der frühere Mitangeklagte T. und der Angeklagte B. lebten seit etwa Ende Februar 2011 in einem Zelt. In T. , der mit dieser Wohnsituation unzufrieden war, reifte der Plan, den Angeklagten B. zu veranlassen, den mit ihm befreundeten L. zu töten, um dessen Wohnung zu übernehmen und außerdem zwei Laptops des Opfers zu erlangen. Am Abend des 23. Mai 2011 gab der Angeklagte B. , auf den T. nach einem gemeinsamen Besuch in der Wohnung des L. täglich mehrfach eingewirkt hatte, diesen "platt zu machen", nach anfänglicher Ablehnung dieses Ansinnens dem T. zu verstehen, dass er das Opfer aufsuchen und töten wolle. Beide waren sich dahin einig, dass der Angeklagte B. den L. töten wollte und sollte sowie, dass es um die Erlangung der Laptops und den Bezug der Wohnung des Opfers ging. Um den - im Wesentlichen abgesprochenen - gemeinsamen Tatplan umzusetzen, brachen die beiden am 24. Mai 2011 kurz nach 0:00 Uhr von ihrem Zeltplatz auf.
6
Der Angeklagte B. begab sich schließlich gegen 01:00 Uhr in die Wohnung des abwesenden L. und öffnete diese mit einem Schlüssel, den T. in Besitz hatte. Die Wohnungstür versperrte er hinter sich wieder, um zu vermeiden, dass L. bei seiner Rückkehr Verdacht schöpfte. Nach ca. zehn Minuten erschien dieser und betrat nach dem Wohnzimmer das Schlafzimmer , hinter dessen Tür sich der Angeklagte B. versteckt hatte. Sofort sprühte dieser in Beginn der Ausführung der geplanten Tötung Reizgas gegen L. , um dann sogleich einen tödlichen Stich mit dem hierzu mitgeführten Messer setzen zu können. Nach einem weiteren Einsatz des Reizgases, von dem der Angeklagte selbst getroffen worden war, lief er zunächst in die Küche und öffnete ein Fenster. Danach ging er sofort ins Wohnzimmer, wohin sich L. mittlerweile begeben hatte, und versetzte diesem in Ausführung des Tatplans einen Stich gegen den Hals, durch den dieser durchstochen wurde. Im Verlauf eines Zeitraumes von etwa einer Stunde bis zu einer Stunde und 30 Minuten brachte der Angeklagte B. dem L. weitere - für sich jeweils nicht tödliche - 61 Stich-/Schnittverletzungen bei, um sein Opfer besonders leiden zu lassen und ihm erhebliche Schmerzen zuzufügen. Schließlich tötete der Angeklagte den L. , indem er ihm ein Kissen auf das Gesicht legte und sich - eine Zigarette rauchend - solange darauf setzte, bis sein Opfer kein Lebenszeichen mehr von sich gab.
7
Der Angeklagte B. hatte eingeräumt, L. getötet zu haben, und die Ereignisse im Vorfeld der Tat und das Tatgeschehen so wie festgestellt geschildert. Weiter hatte er nach den Urteilsgründen zu dem Tatgeschehen angegeben:
8
Er habe sich in L. gesehen, als dieser ihn gebeten hatte aufzuhören , weil er nichts getan habe, sowie in diesem Moment daran gedacht, dass sein Vater ihn früher auf brutale Art und Weise misshandelt und vergewaltigt habe. Er habe seinen Vater damals ebenfalls gebeten aufzuhören, weil er nichts getan habe. Den Umstand, dass L. homosexuell gewesen sei, habe er mit seinem Vater in Verbindung gebracht, weil er von diesem sexuell missbraucht worden sei. Deshalb habe er extremen Hass empfunden, als er gegen L. vorgegangen sei. Wegen dessen Homosexualität habe er bereits beim Kennlernen einen leichten Hass gegen ihn verspürt.
9
Im Rahmen der Beweiswürdigung hatte das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte B. den Tatentschluss gefasst hatte, bevor er mit dem Angeklagten T. den Zeltplatz verließ, und dass er L. nach gemeinsamem Tatentschluss mit dem Mitangeklagten T. getötet hatte, um diesen in den Besitz der Wohnung sowie des Laptops und des Netbooks zu bringen. Weiterhin hatte das Landgericht ausgeführt, dass die Einlassung des Angeklagten , er habe die Tat begangen, weil er sich in L. gesehen habe, zur Überzeugung der Strafkammer widerlegt sei.
10
2. In dem nunmehr angefochtenen Urteil hat das Landgericht festgestellt, dass zugunsten des Angeklagten B. aufgrund seiner Einlassung in der neuen Hauptverhandlung "das Folgende zumindest nicht auszuschließen" sei:
11
Als er sich in der Wohnung des L. befand und im Schlafzimmer auf diesen wartete, erinnerte er sich wieder an seine Kindheit und hierbei insbesondere an die Misshandlungen durch seinen Vater, wie auch an die Vorfälle, in denen er von diesem und dem älteren Heimmitbewohner sexuell missbraucht worden war. Er dachte mit Abscheu daran, dass L. homosexuell war, ihm dies gegenüber in der Vergangenheit offen gezeigt und er, B. , sich dadurch belästigt gefühlt hätte. Dies führte dazu, dass er, insbesondere aufgrund der Anteile seiner Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus, den L. absolut entwertet wahrnahm. Das hatte zur Folge, dass zu dem ursprünglichen - von der 13. großen Strafkammer bindend festgestellten - Plan, L. um seiner Habseligkeiten und der Wohnung willen umzubringen, das Verlangen hinzukam , den durch die vorgenannten Erinnerungen aufkommenden Hass an L. auszulassen und einem Gefühl, sich gegen zuvor erlebtes Unrecht wehren zu müssen, nachzugeben, indem er L. umbringt.
12
3. Diese Vorgehensweise begegnet mit Blick auf die innerprozessuale Bindungswirkung der nicht aufgehobenen Feststellungen des Urteils vom 23. April 2012 durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
13
Im Einzelnen:
14
a) Hebt das Revisionsgericht ein Urteil in Anwendung des § 353 Abs.2 StPO nur im Strafausspruch mit den dazugehörigen Feststellungen auf, so bezieht sich diese Aufhebung nur auf solche Umstände tatrichterlicher Sachverhaltsdarstellung , die ausschließlich die Straffrage betreffen. Hinsichtlich des nicht beanstandeten Schuldspruchs tritt Teilrechtskraft ein. Tatrichterliche Feststellungen , die ausschließlich die Schuldfrage betreffen, und solche, die als doppelrelevante Umstände zugleich für Schuld- und Straffrage von Bedeutung sind, bleiben aufrechterhalten (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 1971 - 2 StR 522/71, BGHSt 24, 274, 275; vgl. auch BGH, Beschluss vom 21. Oktober 1980 - 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359, 366 ff.).
15
An die nicht aufgehobenen Feststellungen ist der Tatrichter im weiteren Verfahren gebunden. Er darf diese zwar noch ergänzen; diese zusätzlichen Feststellungen dürfen den bestehen gebliebenen und mithin bindend gewordenen jedoch nicht widersprechen. Die den Schuldspruch tragenden Feststellungen sind nämlich die "unantastbare Grundlage für das weitere Verfahren und wesentlicher Teil des abschließenden Urteils". Dies folgt aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit (inneren Einheit) und damit notwendigen Widerspruchsfreiheit der Entscheidung, der unabhängig davon Gültigkeit beansprucht, ob ein Urteil über die Schuld- und Straffrage gleichzeitig entscheidet, oder ob nach rechtskräftigem Schuldspruch die Strafe aufgrund einer zum Strafausspruch erfolgreichen Revision neu festgesetzt wird. Beweiserhebungen, die darauf abzielen , aufrechterhaltene und damit bindende Feststellungen in Zweifel zu ziehen , sind unzulässig. Beweisergebnisse, die im Widerspruch zu bindenden Feststellungen stehen, haben außer Betracht zu bleiben (BGH, Urteil vom 14. Januar 1982 - 4 StR 642/81, BGHSt 30, 340, 342 ff.; vgl. Winkler in StraFo 2004, 369, 370 f.; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 353 Rn. 27 ff., 34).
16
Nicht erfasst von der (Teil-)Aufhebung werden zunächst einmal alle jene Umstände der Sachverhaltsdarstellung, in denen die gesetzlichen Merkmale der dem Angeklagten zur Last gelegten Straftaten gefunden wurden. Hätte dabei von mehreren Tatsachen bereits ein Teil ausgereicht, um ein Tatbestandsmerkmal zu erfüllen, so gehören gleichwohl alle zum Schuldspruch. An dessen Bindungswirkung nimmt also nicht etwa nur das Mindestmaß an Tatsachen teil, ohne das der Schuldspruch überhaupt keinen Bestand mehr hätte. Vielmehr unterliegen auch solche Abweichungen, durch die nur der Schuldumfang betroffen , die rechtliche Beurteilung aber nicht in Frage gestellt wird, dem Widerspruchsverbot (vgl. BGH, Urteil vom 30. August 1978 - 2 StR 323/78, BGHSt 28, 119, 121). Ebenfalls teil an der Bindungswirkung haben die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen über den Zeitpunkt des Tatentschlusses (BGH, Urteil vom 14. November 1978 - 1 StR 439/78, juris Rn. 6), das tatauslösende Moment (BGH, Beschluss vom 15. April 1977 - 2 StR 97/77; Urteil vom 6. Mai 1981 - 2 StR 105/81) sowie die Beweggründe für die Tatbegehung (BGH, Beschluss vom 23. Februar 1979 - 2 StR 728/78; vgl. auch KK-Gericke, 7. Aufl., § 353 Rn. 24 ff., 31 mwN).
17
Über die Tatumstände hinaus, die die gesetzlichen Merkmale der dem Angeklagten zur Last gelegten Tat ausfüllen oder auszufüllen geeignet sind, entfalten zum einen auch die Bestandteile der Sachverhaltsschilderung innerprozessuale Bindungswirkung, aus denen der Tatrichter im Rahmen der Beweiswürdigung seine Überzeugung von der Schuld des Angeklagten abgeleitet hat (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 1966 - 2 StR 254/66). Zum anderen nehmen aber auch jene Teile der Sachverhaltsdarstellung als den Schuldspruch tragend an der Bindungswirkung teil, die das Tatgeschehen im Sinne eines geschichtlichen Vorgangs näher beschreiben, zum Beispiel die Umstände schildern , die der Tatausführung das entscheidende Gepräge gegeben haben. Der geschichtliche Vorgang, der dem Schuldspruch zugrunde liegt, bildet ein geschlossenes Ganzes, aus dem nicht Einzelteile heraus gegriffen und zum Gegenstand neuer, abweichender Feststellungen gemacht werden dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 1978 - 2 StR 632/78; Urteile vom 14. Januar 1982 - 4 StR 642/81, NJW 1982, 1295 f. und vom 24. September 1987 - 4 StR 413/87, BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teilrechtskraft 3; Beschlüsse vom 31. Oktober 1995 - 1 StR 454/95, NStZ-RR 1996, 203, 204; vom 17. November 1998 - 4 StR 528/98, NStZ 1999, 259, 260 und vom 16. Mai 2002 - 3 StR 124/02, bei Becker NStZ-RR 2003, 97, 101, juris Rn. 3 f.; Urteil vom 30. November 2005 - 5 StR 344/05, NStZ-RR 2006, 317, 318). Die Bindungswirkung des im Schuldspruch rechtskräftigen Urteils macht allein vor sol- chen Feststellungen Halt, die nicht zum Tatgeschehen gehören (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2009 - 3 StR 301/09, juris Rn. 4; Urteil vom 4. Dezember 1984 - 1 StR 430/84, NJW 1985, 638, juris Rn. 7; Beschlüsse vom 22. Januar 2002 - 1 StR 564/01, juris Rn. 5, und vom 27. Juni 2006 - 4 StR 190/06, StV 2007, 23 [fortdauernde Folgen der Tat]; Beschluss vom 26. Mai 2004 - 4 StR 149/04, bei Becker NStZ-RR 2005, 257, 262, juris Rn. 7 [Nachtatverhalten ]; vgl. KK-Gericke, aaO, § 353 Rn. 31).
18
b) Danach hätte das Landgericht die aufgrund der Einlassung des Angeklagten in der neuen Hauptverhandlung getroffenen zusätzlichen Feststellungen seiner Entscheidung nicht zugrunde legen dürfen. Denn diese widersprechen den auf der Grundlage der damaligen Beweiswürdigung des Landgerichts getroffenen und durch die Entscheidung des Senats nicht aufgehobenen Feststellungen des Urteils vom 23. April 2012 zum Zeitpunkt des Tatentschlusses sowie zu den Motiven und Beweggründen des Angeklagten und seinem inneren Zustand einschließlich seiner Gedanken und Gefühlsregungen vor und bei Begehung des Mordes. Während das Landgericht in seinem ersten Urteil hierzu festgestellt hatte, dass der Angeklagte den Tatentschluss gefasst hatte, bevor er mit dem Mittäter T. den Zeltplatz verließ, und dass er L. ausschließlich deshalb tötete, um T. in den Besitz der Wohnung sowie des Laptops und des Netbooks zu bringen, hat das Landgericht nunmehr festgestellt, dass bei dem Angeklagten - zusätzlich zu den bereits im ersten Urteil festgestellten Motiven - das erst in der Wohnung seines Opfers entstandene Verlangen hinzukam, den durch seine Erinnerungen an seinen Vater und frühere Missbrauchsgeschehnisse aufkommenden Hass an dem L. auszulassen sowie einem Gefühl, sich gegen das früher erlebte Unrecht wehren zu müssen, nachzugeben, indem er diesen umbringt. Diese neuen Feststellungen beruhen auf derselben Einlassung des Angeklagten, die das Landgericht in seinem ers- ten Urteil ausdrücklich als widerlegt angesehen hat. Insoweit war die Strafkammer durch das erste Urteil gebunden.
19
Soweit der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass die sich auf den Ausschluss einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit beziehenden Feststellungen zur Alkoholisierung eines Angeklagten (ausschließlich) die Straffrage betreffen und nach Aufhebung (allein) des Strafausspruches und Zurückverweisung der Sache das Tatgericht zur Trinkmenge eigene (neue) Feststellungen treffen muss (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 4. November 2008 - 3 StR 336/08, NStZ-RR 2009, 148; vom 12. September 2000 - 4StR 358/00, juris Rn. 5, sowie Urteil vom 15. April 1997 - 5 StR 24/97, NStZ-RR 1997, 237) steht dies der vorliegenden Entscheidung nicht entgegen. Denn diese Rechtsprechung bezieht sich nur auf Feststellungen, die sich auf den rechtsfehlerhaften Ausschluss einer alkoholbedingten erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten beziehen und betrifft daher eine andere Fallkonstellation als die vorliegende.
20
4. Auf dem dargelegten Rechtsfehler beruht das Urteil, da das Landgericht aufgrund seiner zusätzlichen Feststellungen davon ausgegangen ist, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Tat erheblich vermindert war und gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB die nach § 211 Abs. 1 StGB zu verhängende lebenslange Freiheitsstrafe in zeitige Strafe gemildert hat.
21
Dies hat die Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Folge. Auf die Einzelbeanstandungen der Revision kommt es danach nicht mehr an.
22
Der Senat hat von § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alternative StPO Gebrauch gemacht und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Hildesheim zurückverwiesen.
Schäfer RiBGH Pfister befindet sich Hubert im Urlaub und ist deshalb an der Unterschrift gehindert. Schäfer Mayer Gericke

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

6
b) Die Rechtsmittelbeschränkung ist auch nicht ausnahmsweise deshalb unwirksam, weil der Schuldspruch und die Strafzumessung so miteinander verknüpft wären, dass eine getrennte Überprüfung des angefochtenen Urteils nicht möglich wäre, ohne den nicht angefochtenen Teil mit zu berühren (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1989 – 4 StR 297/89, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 2 Wirksamkeit). Bei fehlerhaft verneintem Rücktritt vom Versuch der schweren Brandstiftung käme weder eine völlige Straflosigkeit des Angeklagten in Betracht noch läge ein Fall vor, in dem der dann noch bestehende Schuldspruch wegen Sachbeschädigung den angefochtenen Strafausspruch nicht mehr zu begründen vermöchte (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 1996 – 1 StR 51/96; Gössel in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 318 Rn. 65).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR334/15
vom
9. September 2015
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. September 2015
gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 30. März 2015 wird als unbegründet verworfen. 2. Von der Auferlegung von Kosten und Auslagen wird abgesehen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung von zwei rechtskräftigen Urteilen zu einer Einheitsjugendstrafe von fünf Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Seine auf die Unterbringungsanordnung beschränkte Revision hat keinen Erfolg.
2
1. Die Beschränkung der Revision auf die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB ist wirksam (§ 344 Abs. 1 StPO).
3
a) Eine Beschränkung der Revision ist zulässig, wenn die Beschwerdepunkte nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angefochtenen Teil rechtlich und tatsächlich unabhängig beurteilt werden können. Gewährleistet sein muss, dass die Gesamtentscheidung frei von inneren Widersprüchen bleibt (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 14. Januar 2015 – 1 StR 93/14, Rn. 58 zitiert nach juris; Urteil vom 8. Januar 1954 – 2 StR 572/73, BGHSt 2, 252; Franke in: Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 15 mwN). Eine neben Strafe angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist grundsätzlich selbstständig anfechtbar (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1969 – 1 StR 90/69, NJW 1969, 1578; Urteil vom 10. Januar 1961 – 1 StR 517/60, BGHSt 15, 279, 285; Urteil vom 11. Februar 1954 – 4 StR 755/53, BGHSt 5, 312, 313; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 318 Rn. 24; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 63 Rn. 26; Kaspar in: SSWStGB , 2. Aufl., § 63 Rn. 50; krit. Franke in: Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 53), sofern sich nicht aus besonderen Gründen Trennbarkeitshindernisse ergeben.
4
b) Solche Gründe liegen hier nicht vor. Auch § 5 Abs. 3 JGG steht in der vorliegenden Fallkonstellation der Beschränkung des Rechtsmittelangriffs auf den Maßregelausspruch nicht entgegen. Denn ein Wegfall der von dem Rechtsmittelführer in Zweifel gezogenen Maßregel könnte sich nach dieser Vorschrift nicht zu seinen Gunsten auf die – unter Berücksichtigung des § 5 Abs. 3 JGG – verhängte und von ihm unbeanstandet gelassene Jugendstrafe auswirken. Soweit in der Rechtsprechung eine Trennbarkeit von Unterbringungsanordnung und Jugendstrafausspruch mit Rücksicht auf § 5 Abs. 3 JGG verneint worden ist, betraf dies Fälle, in denen eine Unterbringung nach § 63 oder § 64 StGB unterblieben ist und deren Anordnung im zweiten Rechtsgang in Betracht kam (vgl. BGH, Beschluss vom 12. März 2012 – 3 StR 42/12, Rn. 2 zitiert nach juris; Beschluss vom 5. Mai 2009 – 4 StR 99/09, NStZ-RR 2009, 277; Beschluss vom 6. September 2007 – 4 StR 318/07, Rn. 11 zitiert nach juris; Beschluss vom 27. Juni 2007 – 2 StR 135/07, Rn. 7 zitiert nach juris; Beschluss vom 2. Dezember 1997 – 4 StR 581/97, NStZ-RR 1998, 188, 189 [jeweils Mitaufhebung der Jugendstrafe bei fehlerhafter Nichtanordnung der Unterbringung nach § 63 oder § 64 StGB]; BayObLG, Urteil vom 15. März 1989 – RReg 3 St 38/89, BayObLGSt 1989, 48 [keine isolierte Anfechtung der Nicht- anordnung einer Unterbringung neben verhängter Jugendstrafe]; vgl. auch BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2012 – 4 StR 494/12, BGHR JGG § 5 Abs. 3 Absehen 3). Würde in einer solchen Konstellation die Jugendstrafe infolge einer entsprechenden Rechtsmittelbeschränkung nach § 343 Abs. 1 StPO in Rechtskraft erwachsen, wäre es dem neuen Tatrichter verwehrt, im Anschluss an die – im Fall des § 63 StGB zwingende – Anordnung einer Maßregel die nun nach § 5 Abs. 3 JGG gebotene Entscheidung über die Entbehrlichkeit der Verhängung von Jugendstrafe noch zu treffen (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Dezember 1997 – 4 StR 581/97, NStZ-RR 1998, 188, 189).
5
2. Die Überprüfung des Urteils im Umfang der Anfechtung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Franke Quentin

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

Die Berufung kann auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Ist dies nicht geschehen oder eine Rechtfertigung überhaupt nicht erfolgt, so gilt der ganze Inhalt des Urteils als angefochten.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 258/15
vom
2. Dezember 2015
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2015:021215U2STR258.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. Dezember 2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl, Dr. Eschelbach, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott, Richter am Bundesgerichtshof Zeng,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung, Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27. November 2014 zugunsten des Angeklagten mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Marihuana) in nicht geringer Menge unter Mitsichführung eines Gegenstands, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist, in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln (Marihuana) in nicht geringer Menge und mit Herstellen von Betäubungsmitteln (Marihuana) unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. Mai 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt sowie das sichergestellte Marihuana, zahlreiche bei dessen Anbau gebrauchte Utensilien und ein Pfefferspray eingezogen. Die dagegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

I.

2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte zunächst mit Urteil der 26. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. Mai 2014 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Dem lag unter anderem zugrunde, dass der Angeklagte zusammen mit dem gesondert Verfolgten C. im Jahr 2013 sowohl zum Weiterverkauf als auch zum Eigenkonsum eine Marihuana-Plantage in seiner Wohnung errichtet und zur Absicherung dort ein Pfefferspray deponiert hatte. Die Plantage war bei einer Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten im November 2013 entdeckt worden.
3
In der Folgezeit war der Angeklagte Bedrohungen und tätlichen Angriffen des C. und von Personen aus dessen Umfeld ausgesetzt, die davon ausgingen , der Angeklagte habe bei der Polizei sie belastende Angaben gemacht. Als sich der Druck verstärkte, entschloss sich der Angeklagte im Dezember 2013 tatsächlich Angaben zu machen. Er erwartete daraufhin die Festnahme C. , die aber ausblieb.
4
Anfang 2014 drängte C. den Angeklagten, erneut eine Plantage zu errichten. Er könne damit beweisen, dass er kein Verräter sei. Als C. entsprechende Gerätschaften in seine Wohnung brachte, wandte sich der Angeklagte wiederum an die Polizei, die aber - solange keine Pflanzen angebaut seien - keine Handhabe sah, einzuschreiten. Da C. und seine Unterstützter auch dafür sorgten, dass der Angeklagte nirgends mehr Marihuana zum Eigenkonsum erhielt, entschloss er sich schließlich - auf Grund der Bedrohungslage und zur Sicherung seines Eigenkonsums - die Plantage wiederum in Betrieb zu setzen. Der Angeklagte sollte die Hälfte des zu erntenden Marihuanas zum Eigen- konsum behalten dürfen; die andere Hälfte war, was der Angeklagte wusste, zum Weiterverkauf durch C. bestimmt. Zur Absicherung der Drogengeschäfte hielt der Angeklagte ein Pfefferspray bereit.
5
Bei einer erneuten Durchsuchung der Wohnung am 26. März 2014 wurden nicht geerntete Blüten, geerntete und getrocknete Blüten sowie zur Entsorgung bestimmtes Blattmaterial mit insgesamt rund 51 Gramm THC sichergestellt.
6
2. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen der in 2014 begangenen Tat wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG und mit Herstellen von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG verurteilt.
7
Das Gericht hat einen minder schweren Fall gemäß § 30a Abs. 3 BtMG angenommen und die Strafe - unter Berücksichtigung der Sperrwirkung des § 29a Abs. 1 BtMG - dem gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB geminderten Strafrahmen von drei Monaten bis sieben Jahren und sechs Monaten entnommen. Dabei hat es zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er geständig sowie selbst drogenabhängig war und er vor der Inbetriebnahme der Plantage erfolglos versucht hatte, polizeiliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Ganz wesentlich“ zu seinen Gunsten hat die Strafkammer gewertet, dass die vorliegende Tat bereits von der 26. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main in ihrem Urteil vom 16. Mai 2014 als negatives Nachtatverhalten „deutlich strafschärfend“ berücksichtigt worden war. Vor diesem Hintergrund und dem Umstand, dass es sich vorliegend um eine weiche Droge handelte, die vollständig sichergestellt wurde und die mit insgesamt rund 51 Gramm THC die nicht geringe Menge nicht übermäßig überschritt, hat sie daher auch unter Berück- sichtigung der hohen Rückfallgeschwindigkeit sowie des Umstands, dass der Angeklagte bereits mehrfach vorverurteilt war und er bei Tatbegehung unter dreifacher Bewährung stand, im Ergebnis das Vorliegen eines minder schweren Falls bejaht. Nach nochmaliger Abwägung der vorgenannten Umstände hat das Gericht auf eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten und unter Einbeziehung der Strafe von zwei Jahren und zehn Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. Mai 2014 auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren erkannt.

II.

8
Die von der Staatsanwaltschaft zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision war auf den Strafausspruch beschränkt. Die Rechtsmittelbeschränkung ist jedoch unwirksam, weil die Feststellungen den Schuldspruch nicht tragen. Das Urteil war entsprechend auf die Revision der Staatsanwaltschaft zugunsten des Angeklagten insgesamt aufzuheben.
9
1. Die Revision ist auf den Strafausspruch beschränkt. Zwar hat die Staatsanwaltschaft eingangs ihrer Revisionsbegründungsschrift keine Beschränkung erklärt und am Ende ihrer Ausführungen die (uneingeschränkte) Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen und Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer zur erneuten Verhandlung und Entscheidung beantragt. Mit diesem den Schuld- und Strafausspruch umfassenden Revisionsantrag steht jedoch der übrige Inhalt der Revisionsbegründungsschrift nicht in Einklang. Daraus ergibt sich, dass die Revisionsführerin das Urteil allein deshalb für fehlerhaft hält, weil das Landgericht der Bemessung der Freiheitsstrafe zu Unrecht den Strafrahmen des minder schweren Falls nach § 30a Abs. 3 StGB zugrunde gelegt und die Freiheitsstrafe wie auch im Übrigen die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe unangemessen milde bemessen habe.
10
Da sich somit der Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung widersprechen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Angriffsziel des Rechtsmittels durch Auslegung zu ermitteln (vgl. Senat, Urteil vom 11. Juni 2014 - 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285 mwN). Nach dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsbegründung ist hier allein der Strafausspruch angefochten.
11
2. Die Beschränkung der Revision auf den Rechtsfolgenausspruch ist indes unwirksam.
12
a) Schuld- und Strafausspruch sind zwar in der Regel trennbar. Ausnahmsweise ist eine Trennbarkeit aber dann zu verneinen, wenn die Schuldfeststellungen eine Überprüfung des Strafausspruchs nicht ermöglichen.
13
Dies ist vor allem dann der Fall, wenn Umstände vorliegen, aus denen sich eine Verknüpfung der Erörterungen zur Schuld- und Straffrage ergibt, wenn also vom Landgericht strafmildernd gewertete und deshalb von der Revision angegriffene Umstände, tatsächlich (auch) den Schuldspruch beträfen. Die vorliegend von der Revision erhobenen Einwendungen betreffen jedoch allein die Strafzumessung; auch soweit die Verletzung der Aufklärungspflicht gerügt wird, handelt es sich nicht um sog. doppelrelevante Tatsachen.
14
Eine Trennbarkeit ist aber auch dann zu verneinen, wenn unklar bleibt, ob sich der Angeklagte überhaupt strafbar gemacht hat, denn derartige Feststellungen können nicht Grundlage eines Strafausspruchs sein (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 6. August 2014 - 2 StR 60/14, NStZ 2014, 635; Beschluss vom 4. Juni 2014 - 2 StR 14/14; Urteile vom 19. März 2013 - 1 StR 318/12, wistra 2013, 463, 469, vom 26. Juli 2012 - 1 StR 492/11, wistra 2012, 477, 481 f.). Jedenfalls aber eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge steht hier außer Zweifel.
15
b) Demgegenüber lässt zwar allein die fehlerhafte Rechtsanwendung beim Schuldspruch eine Revisionsbeschränkung noch nicht notwendigerweise unwirksam werden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1996 - 1 StR 721/95, NStZ 1996, 352, 353). Eine Trennbarkeit zwischen Schuld- und Strafausspruch ist aber dann zu verneinen, wenn die Feststellungen zum Schuldspruch so weitgehende Lücken aufweisen, dass sich Art und Umfang der Schuld nicht in dem zur Überprüfung des Strafausspruchs notwendigen Maße bestimmen lassen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 1993 - 3 StR 334/93, NStZ 1994, 130). Eine Revisionsbeschränkung ist daher auch unwirksam, wenn die Tatsachenfeststellungen unklar, lückenhaft, widersprüchlich oder so dürftig sind, dass sie den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht erkennen lassen und keine taugliche Grundlage für die Beurteilung der Rechtsfolgenentscheidung bieten (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - 3 Ss 136/12; KG, Beschluss vom 18. Februar 2013 - [4] 1 Ss 281/12 [341/12]; OLG Koblenz, NZV 2013, 411 f.; Eschelbach in Beck-OK StPO, 23. Edition § 318 Rn. 18). So liegt es hier. Die bisher getroffenen Feststellungen sind lückenhaft und tragen den Schuldspruch nicht. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist daher unbeschränkt.
16
aa) Das Landgericht ist davon ausgegangen, zur Verwirklichung des Tatbestands des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG „genüge“, dass ein Teil der Betäubungsmittel zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt war und der Angeklagte davon wusste. Eine darüber hinaus gehende Wertung, dass sich der Angeklagte täterschaftlich und nicht nur lediglich als Gehilfe an der Tat beteiligt hat, hat das Gericht versäumt.
Ungeachtet dessen vermögen die Feststellungen für sich genommen die Annahme einer Mittäterschaft des Angeklagten nicht zu belegen.
17
Mittäterschaft erfordert zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäterschaft anzunehmen ist, hat das Tatgericht aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 29. September2015 - 3 StR 336/15, NStZ-RR 2016, 6, 7 mwN).
18
bb) Nach den vorgenannten Maßstäben begegnet die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten auf Basis der vom Landgericht getroffenen Feststellungen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die nach den Feststellungen gegebene vorherige Kenntnis des Angeklagten kann eine Mittäterschaft für sich genommen jedenfalls nicht begründen (vgl. MüKoStGB/Joecks, 2. Aufl., § 25 Rn. 17 ff.). Zwar fand auch der Anbau der Betäubungsmittel in der Wohnung des Angeklagten statt. Die Gerätschaften wurden aber durch C. eingebracht, der den Angeklagten zudem unter Druck setzte, die „Anlage in Betrieb zu nehmen“. Weitere Feststellungen zum „Betrieb“ der Plantage werden nicht getroffen. Dieser Tatbeitrag stellt aber seinem äußeren Erscheinungsbild nach nur eine Beteiligung am Handeltreiben des C. dar, die für sich allein weder auf eine Tatherrschaft noch auf einen Willen hierzu schließen lassen. Auch Feststellungen zu einem gemeinsamen Tatplan und zu Umständen, die ein eigenes Tatinteresse begründen könnten, fehlen. Das vom Landgericht festgestellte Interesse des Angeklagten, die hälftige Ernte zum Eigenkonsum behalten zu dürfen, kann nicht ohne Weiteres auch sein Interesse am Gelingen des gewinnbringenden Verkaufs des anderen Teils begründen.
19
Die lückenhaften Feststellungen lassen daher im Ergebnis nicht die Beurteilung zu, ob der Angeklagte als Täter oder Gehilfe beim Handeltreiben gehandelt hat. Läge nur eine Beihilfe vor, wäre überdies § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nicht erfüllt, weil dieser die Bewaffnung des Täters voraussetzt und diejenige des Gehilfen nicht ausreicht (vgl. BGH, Beschluss vom 8. März 2000 - 3 StR 50/00, NStZ 2000, 431, 432).
20
3. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat daher Erfolg; sie führt zugunsten (§ 301 StPO) des Angeklagten zur Aufhebung des angefochtenen Urteils; dies auch soweit er tateinheitlich wegen weiterer Betäubungsmittelstraftaten verurteilt worden ist.

III.

21
Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revision der Staatsanwaltschaft nicht ergeben. Der Schuldspruch begegnet insoweit keinen rechtlichen Bedenken. Soweit sich die Revisionsführerin mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gegen den Strafausspruch wendet, dringt sie auch damit im Ergebnis nicht durch.
22
1. Die Verfahrensrüge, mit der die Revisionsführerin eine Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) durch die Strafkammer rügt, ist aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts bereits unzulässig.
23
Eine weitere als Aufklärungsrüge bezeichnete Rüge, mit der in der Sache eine Verletzung des § 261 StPO geltend gemacht wird, ist jedenfalls unbegründet. Insoweit beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass sich die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung nicht mit einer dem Angeklagten in einem anderen Strafverfahren zur Last gelegten und nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellten Tat auseinandergesetzt habe, obgleich sie den diesem Vorwurf zugrunde liegenden Polizeibericht vom 29. März 2013 sowie den Einstellungsbeschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 19. März 2014 durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt habe.
24
Damit zeigt die Revisionsführerin jedoch keinen Rechtsfehler auf. Eine Berücksichtigung dieser dem Angeklagten in einem anderen Verfahren zur Last gelegten Tat wäre vorliegend unzulässig gewesen: Zwar hat der Tatrichter gemäß § 46 Abs. 2 StGB bei der Strafzumessung die für und gegen den Täter sprechenden Umstände gegeneinander abzuwägen und dabei namentlich auch sein Vorleben zu berücksichtigen. Insoweit ist er bei der Feststellung und Bewertung von Strafzumessungstatsachen durch den Anklagegrundsatz (§§ 155, 264 StPO) nicht beschränkt und kann daher auch strafbare Handlungen ermitteln und würdigen, die nicht Gegenstand der Anklage bzw. nach § 154 StPO eingestellt worden sind, soweit diese für die Persönlichkeit eines Angeklagten bedeutsam sein können und Rückschlüsse auf dessen Tatschuld gestatten. Allerdings müssen solche Taten - wie jeder andere für die Strafzumessung erhebliche Umstand - prozessordnungsgemäß und damit hinreichend bestimmt festgestellt werden und zur Überzeugung des Tatrichters feststehen (Senat, Beschluss vom 18. März 2015 - 2 StR 54/15, NStZ-RR 2015, 207; Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 StR 381/13, juris Rn. 2; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 46 Rn. 40 f., jeweils mwN). Daran fehlt es vorliegend. Entsprechende Feststellungen hat das Landgericht weder getroffen noch hätte es diese auf Grundlage des Polizeiberichts treffen können.
25
2. Der Strafausspruch hält auch sachlich-rechtlicher Überprüfung stand.
26
Die Strafbemessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. In diese Einzelakte der Strafzumessung darf das Revisionsgericht nur bei Vorliegen eines Rechtsfehlers eingreifen , der etwa dann gegeben sein kann, wenn die Erwägungen des Tatrichters in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen anerkannte Strafzwecke verstößt oder die Strafe sich von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, nach oben oder unten löst (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 2. August 2012 - 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336, 337; KK-Kuckein, StPO, 7. Aufl., § 267 Rn. 25 mwN). Das gilt auch, soweit die tatrichterliche Annahme oder Verneinung eines minder schweren Falles zur revisionsgerichtlichen Prüfung steht (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 26. Juli 2006 - 1 StR 150/06, NStZ-RR 2006, 339, 340, und vom 31. Juli 2014 - 4 StR 216/14, juris Rn. 5).
27
Gemessen daran greifen die Beanstandungen der Staatsanwaltschaft nicht durch. Das Landgericht hat die erforderliche Gesamtschau vorgenommen und dabei alle wesentlichen und bestimmenden Umstände berücksichtigt:
28
a) Die Strafkammer durfte strafmildernd werten, dass „die vorliegende Tat“ bereits im Rahmen der Strafzumessung der Verurteilung vom 16. Mai 2015 zu Lasten des Angeklagten „deutlich strafschärfend“ Berücksichtigung gefunden hatte. Ungeachtet dessen, dass in der früheren Verurteilung nicht der Schuldgehalt der späteren (hiesigen) Tat, sondern allein die in dieser Tat zum Ausdruck kommende rechtsfeindliche Gesinnung strafschärfend hätte berücksichtigt werden dürfen, hat der Angeklagte durch die erfolgte strafschärfende Be- rücksichtigung der hiesigen Tat jedenfalls Nachteile erlitten, die in dieser allgemeinen Form zu seinen Gunsten hier eingestellt werden durften. Soweit die Revisionsführerin darüber hinaus beanstandet, dass im Rahmen dieser früheren Verurteilung nicht der vollständige Unrechts- und Schuldgehalt der vorliegenden Tat strafschärfend berücksichtigt worden war, weil nicht ersichtlich sei, dass dabei auch die erneute Absicherung durch das Pfefferspray bekannt gewesen sei, kann dies revisionsrechtlich schon nicht überprüft werden. Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. Mai 2014 wird in den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils nur auszugsweise wiedergegeben. Eine Verfahrensrüge ist nicht erhoben.
29
b) Entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft waren die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 BtMG hinreichend belegt; auch der Umstand, dass der Angeklagte selbst „drogenabhängig“ war, durfte zu seinen Gunsten berücksich- tigt werden. Zwar konnte das Landgericht zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung keinen bei dem Angeklagten bestehenden „Hang“ im Sinne des § 64 StGB „sicher“ feststellen. Demgegenüber ging aber der Tatentschluss des Angeklagten maßgeblich auch darauf zurück, dass er keinen anderen Weg sah, seinen Eigenkonsum sicherzustellen. Auch hatte der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt bereits seit vielen Jahren in teilweise erheblichem Umfang Betäubungsmittel konsumiert, weshalb es beabsichtigt war, ihn unter Zurückstellung der Vollstreckung der Strafe aus dem Urteil vom 16. Mai 2014 gemäß § 35 BtMG Anfang 2015 in eine stationäre Therapie zu überweisen.
30
3. Die Strafzumessung im engeren Sinne ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Dass insoweit die Strafzumessungskriterien nicht nochmals wiederholt , sondern auf die vorangegangene Aufzählung im Rahmen der Prüfung des minder schweren Falls verwiesen hat, stellt keinen Rechtsmangel dar (BGH, Urteil vom 16. April 2015 - 3 StR 638/14, juris Rn. 7). Soweit die Staats- anwaltschaft meint, ein Abweichen der Strafe von zehn Monaten für die „zweite Plantage“ gegenüber zwei Jahren und zehn Monaten für die „erste Plantage“ sei unter keinen Umständen vertretbar, verkennt sie, dass für Vergleiche mit der Strafzumessung in anderen Urteilen regelmäßig kein Raum ist (BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 1 StR 282/11, BGHSt 56, 262, 263 ff.).
31
Auch die unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. Mai 2014 gebildete Gesamtfreiheitsstrafe hat Bestand. Zwar müssen auch bei diesem Zumessungsakt (§ 54 Abs. 1 Satz 2 StGB) die hierfür maßgebenden Gesichtspunkte in einer Gesamtschau erneut berücksichtigt werden; jedoch ist auch insoweit nicht in jedem Fall eine ausdrückliche Wiederholung in den Urteilsgründen erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2015 - 5 StR 140/15, wistra 2015, 350, 351). Die nur mäßige Erhöhung der Einsatzstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten auf drei Jahre hat die Strafkammer neben dem Überwiegen strafmildernder Umstände sowie dem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang maßgeblich mit der deutlich strafschärfenden Berücksichtigung der vorliegenden Tat durch das Landgericht Frankfurt am Main in seinem Urteil vom 16. Mai 2014 begründet. Rechtsfehler lässt dies nicht erkennen. Die verhängte Gesamtstrafe wird auch ihrem Zweck, gerechter Schuldausgleich zu sein, noch gerecht. Fischer RiBGH Prof. Dr. Krehl Eschelbach ist wegen Urlaubs verhindert. Fischer Ott Zeng

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

Die Berufung kann auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Ist dies nicht geschehen oder eine Rechtfertigung überhaupt nicht erfolgt, so gilt der ganze Inhalt des Urteils als angefochten.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 60/14
vom
6. August 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 6. August
2014, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Schmitt,
Dr. Eschelbach,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 4. Oktober 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es ausgesprochen, dass wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe sechs Monate als vollstreckt gelten. Schließlich hat das Landgericht in Lettland verbüßte Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet.
2
Gegen dieses Urteil richtet sich die zu Ungunsten des Angeklagten, auf die Kompensationsentscheidung beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt – auch zugunsten des Angeklagten – zur umfassenden Aufhebung des Urteils.

I.

3
1. Nach den Feststellungen arbeitete der in Lettland lebende Angeklagte ab 2001 für eine lettische Spedition als Fahrdienstleiter. Vor dem 25. Oktober 2003 schlossen sich der damalige Chef des Angeklagten und drei weitere – konkret benannte – Personen „zusammen, um in der Bundesrepublik Deutschland wiederholt hochwertige Kraftfahrzeuge … zu entwenden“. Die Fahrzeuge sollten nach Lettland verschoben, mit neuen Papieren versehen und sodann gewinnbringend verkauft werden. Zwischen dem 25. Oktober 2003 und dem 5. November 2003 entwendeten zwei der Bandenmitglieder vor Ort mit weiteren unbekannt gebliebenen Personen entsprechend ihrer gemeinsamen Abrede in vier Fällen jeweils ein Fahrzeug des Typs X5 der Marke BMW im Wert zwischen 44.000 € und 61.000 €. Drei Fahrzeuge konnten noch vor der Verbringung ins Ausland sichergestellt werden.
4
„Im Zusammenhang mit diesen Taten hielt der Angeklagte den Kontakt zwischen seinem Chef … und den Tätern der Gruppierung vor Ort in Deutsch- land.“ Aufgabe des Angeklagten war es dabei insbesondere, telefonisch „Sprechzeiten“ zwischen seinem Chef und dem Kontaktmann in Deutschland zu vermitteln, um ungefährdet – insbesondere ohne abgehört zu werden – telefonieren zu können. Der Angeklagte „half so, was ihm auch bewusst war, die Diebstähle zahlreicher Fahrzeuge zu koordinieren“. Außerdem überwies er sei- nem Kontaktmann in Deutschland im Auftrag seines Chefs Geld. Dem Angeklagten war es „bewusst, dass er einer in Deutschland agierenden festen Tätergruppierung , die von seinem Chef … geleitet wurde, … bei der Entwendung hochwertiger Fahrzeuge … behilflich war“.
5
2. Das Landgericht hat die Taten jeweils als Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl gemäß §§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2, § 244a Abs. 1, § 27 Abs. 1 StGB gewertet. Der Angeklagte „wusste um die bandenmäßige Begehungsweise der ausführenden Täter“; er „wusste“, dass auf lettischer Seite sein Chef und ein weiteres Bandenmitglied, auf deutscher Seite neben seinem Kontaktmann , der ebenfalls Mitglied der Bande war, weitere Täter „in die Diebstahlstaten eingebunden waren. Die Voraussetzung einer Verbindung von zu- mindest drei Personen ist gegeben“.

II.

6
1. Die Staatsanwaltschaft wendet sich in ihrer Revisionsbegründung und mit ihrem Revisionsantrag allein gegen die Kompensationsentscheidung des Landgerichts, die grundsätzlich isoliert auf Rechtsfehler überprüfbar ist (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2013 – 2 StR 392/13, NStZ-RR 2014, 21 mwN).
7
Die Beschränkung der Revision allein auf die Kompensationsentscheidung ist hier unwirksam. Unbeschadet dessen, dass die – für sich genommen schon nicht nachvollziehbaren – Feststellungen zur Verfahrensverzögerung sowohl für die Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe als auch im Hinblick auf die Kompensationsentscheidung relevant waren und damit eine untrennbare Verknüpfung zwischen den Strafaussprüchen und der Kompensationsentscheidung besteht (vgl. auch BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 – 3 StR 89/09, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 19), führt das Rechtsmittel hier auch – weitergehend – zur Überprüfung des Schuldspruchs. Die in der Regel gegebene Trennbarkeit zwischen Schuld- und Strafausspruch ist – ausnahmsweise – zu verneinen, wenn die Schuldfeststellungen eine Überprüfung des Strafausspruchs nicht ermöglichen. Dies ist der Fall, wenn unklar bleibt, ob sich der Angeklagte überhaupt strafbar gemacht hat (vgl. Senat, Beschluss vom 4. Juni 2014 – 2 StR 14/14; BGH, Urteile vom 19. März 2013 – 1 StR 318/12, wistra 2013, 463, 469 und vom 26. Juli 2012 – 1 StR 492/11, wistra 2012, 477, 481 f.; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 344 Rdn. 7 iVm § 318 Rdn. 16, jeweils mwN).
8
So verhält es sich hier. Die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl in vier Fällen nicht und bieten deshalb keine Grundlage für die Prüfung des Rechtsfolgenausspruchs.
9
a) Bei der Einordnung der Tatbeiträge des Angeklagten als Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl ist das Landgericht – in Verkennung von § 28 Abs. 2 StGB – von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen. Die Erwägungen, dass der Angeklagte „um die bandenmäßige Begehungsweise der ausführenden Täter“ wusste und es ihm „bewusst“ war, „einer in Deutschland agierenden festen Tätergruppierung … behilflich“ zu sein, lassen außer Acht, dass der Angeklagte selbst Mitglied der Bande gewesen sein muss, wenn er wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl bestraft werden soll. Da die Bandenmitgliedschaft ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB ist, können Tatbeteiligte, die nicht selbst Bandenmitglieder sind, nur wegen Beteiligung am Grunddelikt bestraft werden (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Mai 2012 – 3 StR 72/12, NStZ 2013, 102, 103; Beschluss vom 15. Januar 2002 – 4 StR 499/01, BGHSt 47, 214, 216). Die Strafkammer hat sich – ausgehend von ihrem (fehlerhaften) Maßstab – dementsprechend nicht damit auseinandergesetzt, ob der Angeklagte überhaupt Mitglied der Bande war.
10
b) Den Urteilsfeststellungen kann auch im Übrigen nicht zweifelsfrei entnommen werden, dass der Angeklagte als Mitglied einer Bande gehandelt hat. Nach den Feststellungen hatte sich bereits vor dem 25. Oktober 2003 – ohne Beteiligung des Angeklagten – eine Gruppierung von vier Personen gebildet, um auf Dauer angelegt hochwertige Kraftfahrzeuge zu entwenden und gewinnbringend zu verkaufen. Aus den dargestellten Unterstützungshandlungen des Angeklagten für die Gruppierung versteht sich dessen Zugehörigkeit zu der bandenmäßigen Gruppierung jedenfalls nicht von selbst, zumal zur subjektiven Seite lediglich festgestellt ist, dass ihm bewusst war, einer in Deutschland agierenden festen Tätergruppierung behilflich zu sein.
11
Letztlich belegen die Urteilsfeststellungen nicht in der erforderlichen Klarheit, dass der Angeklagte in die bandenmäßige Struktur der Gruppierung eingebunden war.
12
c) War der Angeklagte aber nicht Mitglied der Bande, könnte er – auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen – gemäß § 28 Abs. 2 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2002 – 4 StR 499/01, BGHSt 47, 214, 216; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 28 Rdn. 9, jeweils mwN) nur nach §§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2, § 27 Abs. 1 StGB bestraft werden (vgl. Fischer, aaO, § 244 Rdn. 44 mwN). Einer solchen Bestrafung stünde möglicherweise das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung (§ 78 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 4 StGB) entgegen. Nach den Feststellungen liegt der Tatzeitraum zwischen dem 25. Oktober 2003 und dem 5. November 2003. Nachdem die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten am 27. Juli 2004 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hatte, sind jedenfalls bis zur Wiederaufnahme der Ermittlungen im Februar 2013 keine verjährungsunterbrechenden oder -hemmenden Ereignisse erkennbar, was zum Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist (§ 78 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 StGB i.V.m. § 242 Abs. 1 StGB) geführt haben könnte.
13
Weil die derzeitigen Feststellungen folglich nicht Grundlage der Rechtsfolgenentscheidungen sein können, ist die Rechtsmittelbeschränkung insge- samt unwirksam (vgl. auch Gössel in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 318 Rdn. 41 mwN).
14
2. Da die Verurteilung wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl in vier Fällen keinen Bestand hat und der Senat nicht ausschließen kann, dass noch Feststellungen, die eine Bandenmitgliedschaft des Angeklagten belegen, getroffen werden können, weist er die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück.
15
Sollte die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer erneut zu einer Verurteilung des Angeklagten gelangen, wird sie darzulegen haben, ob und in welchem Ausmaß eine (rechtsstaatswidrige) Verfahrensverzögerung vorliegt. Der Senat verweist insoweit auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts und die Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs vom 17. Januar 2008 – GSSt 1/07 (BGHSt 52, 124 ff.; vgl. im Übrigen auch Senat, Urteil vom 5. Februar 2014 – 2 StR 308/13; Beschluss vom 23. Oktober 2013 – 2 StR 392/13, NStZ-RR 2014, 21, 22; BGH, Urteil vom 21. April 2011 – 3StR 50/11, NStZ-RR 2011, 239 und Urteil vom 25. Oktober 2005 – 4 StR 139/05, NStZ-RR 2006, 50). Appl Schmitt Eschelbach Ott Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 318/12
vom
19. März 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
19. März 2013, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Radtke,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung - und
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten H. ,
der Angeklagte H. persönlich,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 5. Dezember 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen Steuerhinterziehung zu Geldstrafen von 300 Tagessätzen zu je 220 Euro (Angeklagter K. ) bzw. 120 Euro (Angeklagter H. ) verurteilt. Zudem hat es ausgespro- chen, dass wegen einer konventionswidrigen Verfahrensverzögerung von den verhängten Geldstrafen jeweils 60 Tagessätze als verbüßt gelten. Im Übrigen hat es die Angeklagten vom Vorwurf der Steuerhinterziehung durch unberechtigte Geltendmachung von Vorsteuern für Drucker zugunsten der I. GmbH freigesprochen.
2
Die Angeklagten wenden sich mit ihren Revisionen gegen die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung. Sie machen ein Verfahrenshindernis geltend und rügen im Übrigen die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Zudem haben sie jeweils sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil eingelegt. Die Staatsanwaltschaft hat ihre zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten und auf die Sachrüge gestützten Revisionen auf die Strafaussprüche beschränkt, die sie für nicht mehr schuldangemessen mild hält.
3
Ein Verfahrenshindernis liegt nicht vor. Die vom Generalbundesanwalt jeweils teilweise vertretenen Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten führen - bei unwirksamer Rechtsmittelbeschränkung der Staatsanwaltschaft - jeweils bereits auf die Sachrüge zur vollständigen Aufhebung des angefochtenen Urteils zugunsten der Angeklagten, die Revisionen der Staatsanwaltschaft sowohl zulasten als auch zugunsten der Angeklagten (§ 301 StPO). Einer Erörterung der von den Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen bedarf es daher nicht mehr. Der Teilfreispruch ist gegenstandslos und entfällt.

A.

Urteilsgründe des angefochtenen Urteils

I.

4
Abgeurteilt ist die in Mittäterschaft beider Angeklagter begangene Hinterziehung von Umsatzsteuer durch Einreichung einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 für die I. GmbH (im Folgenden: I. ), die wegen des Vorliegens einer umsatzsteuerlichen Organschaft beim Organträger, der IP. AG (im Folgenden: IP. ) zu einer Steuerverkürzung geführt habe. Das Landgericht ist der Ansicht, dass diese Steuererklärung als Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehe. Der Angeklagte K. war zur Tatzeit Vorstandsvorsitzender der IP. , der Angeklagte H. Geschäftsführer der I. .
5
Der Wertung, dass die für die I. eingereichte Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 unrichtig gewesen sei, liegt die Feststellung zugrunde, dass die I. italienische und spanische „Missing Trader“ beliefert habe, was den Angeklagten bei Abgabe dieser Steuererklärung ebenso bekannt gewesen sei wie der Umstand, dass diese innergemeinschaftlichen Lieferungen wegen missbräuchlichen Verhaltens nicht umsatzsteuerbefreit und daher als steuerpflichtig anzumelden gewesen seien.

II.

6
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgenden Sachverhalt festgestellt:
7
1. Seit dem 25. August 2000 hielt die IP. alle Geschäftsanteile an der B. GmbH (im Folgenden: B. ), die wiederum seit dem 22. Dezember 2000 sämtliche Anteile an der I. hielt. Vorstandsvorsitzender der IP. war der Angeklagte K. ; Geschäftsführerin der I. war zunächst im Zeitraum vom 17. April 2001 bis zum 15. Dezember 2001 A. (UA S. 13). Der Angeklagte H. übernahm am 16. Dezember 2001 die Geschäftsführung der I. . Leitungsaufgaben hatte er - im Vorgriff auf seine Geschäftsführerbestellung - allerdings bereits schon kurz zuvor wahrgenommen (UA S. 20). Seine Bestellung wurde am 16. Januar 2002 ins Handelsregister eingetragen (UA S. 20). Dem früheren Mitangeklagten O. , der bis zum 8. April 2003 Vorstandsmitglied der IP. war (UA S. 12), wurde bei der I. am 9. Mai 2001 (UA S. 13) und bei der B. am 13. Juni 2001 (UA S. 13) Einzelprokura erteilt.
8
Nach der Vornahme von Umstrukturierungen gliederte die IP. sowohl die B. als auch die I. organisatorisch, finanziell und wirtschaftlich „in den Konzern“ ein. Die IP. erledigte dabei sämtliche Buchhaltungsarbeiten für die I. . Nachdem das Finanzamt deswegen zunächst für die Zeit ab 1. Januar 2002 das Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) aller drei Gesellschaften mit der IP. als Organträger angenommen hatte, teilte es am 28. Mai 2003 der I. mit, dass es nun bereits für die Zeit ab 1. Juni 2001 vom Vorliegen einer Organschaft ausgehe. Nach den Feststellungen war der Angeklagte K. kein faktischer Geschäftsführer der I. ; er war in das operative Geschäft der I. nicht eingebunden, nahm keinen Einfluss darauf und erteilte den jeweiligen Geschäftsführern im operativen Geschäftsfeld auch keine Anweisungen (UA S. 21).
9
Die I. übernahm für den IP. -Konzern den internationalen Vertrieb von Computerkomponenten. In der am 15. April 2001 eröffneten Niederlassung in Ol. wurde das sog. Trading betrieben (UA S. 18). Dorthin wechselte im April 2001 ein Großteil der Belegschaft des Vertriebsbüros der ehemaligen Firma S. in E. , die nach Durchsuchungen wegen des Verdachts der Beteiligung an Umsatzsteuerhinterziehungen italienischer und spanischer Firmen insolvent geworden war (UA S. 15 f.).
10
Bereits bei seinen Einstellungsverhandlungen hatte der Angeklagte H. den Angeklagten K. darüber informiert, dass gegen ihn im Hinblick auf seine Tätigkeit bei der Firma S. ein Ermittlungsverfahren wegen Umsatzsteuerhinterziehung anhängig sei, weil Abnehmer der FirmaS. als „Missing Trader“ verdächtigt würden. Beide Angeklagtewaren sich darüber einig, dass die verdächtigten Firmen, die sich aus Durchsuchungsbeschlüssen ergaben, nicht von der I. beliefert werden sollten (UA S. 19). Außerdem kamen sie überein, dass zur Vermeidung der Einbeziehung der I. in ein Umsatzsteuerkarussell oder der Belieferung von „Missing Tradern“ Maßnahmen zu ergreifen seien. Deshalb sollten die Seriennummern der „durchlaufenden Waren“ in das Warenwirtschaftssystem aufgenommen werden. Zudem sollten u.a. eine Auskunftsdatei zur Überprüfung der Kunden angelegt und deren Umsatzsteueridentifikationsnummer vor jedem Geschäft überprüft werden (UA S. 19). Anhand der vorhandenen Daten sollte tagesaktuell das Bestätigungsverfahren nach § 18e UStG durchgeführt werden (UA S. 22).
11
2. Die Niederlassung der I. in Ol. belieferte im Veranlagungszeitraum 2001 u.a. die italienischen Firmen T. und F. sowie die spanischen Firmen M. , U. und C. (UA S. 24). Bei diesen Firmen handelte es sich ausnahmslos um sog. „Missing Trader“, die als „Scheingesellschaften“ nur zum Zweck der Umsatzsteuerhinterziehung „zwischengeschaltet“ worden waren, um den wirklichen Abnehmern einen Vorsteu- erabzug (aus Rechnungen über Inlandslieferungen) zu ermöglichen. Sie ver- kauften die Waren an die wirklichen italienischen und spanischen Abnehmer weiter und wiesen in den diesbezüglichen Ausgangsrechnungen die italienische bzw. spanische Umsatzsteuer aus. Die Abnehmer machten aus diesen Rechnungen gegenüber den Finanzbehörden Vorsteuern geltend. Demgegenüber führten die genannten „Missing Trader“ die bei ihnen anfallende Umsatzsteuer zu keiner Zeit ab. Sie waren jeweils nur wenige Monate am Markt tätig.
12
Gegenüber der I. offenbarten die „Missing Trader“ ihre Abnehmer nicht. Allerdings nahmen die bei der I. tätigen Vertriebsmitarbeiter bereits im Zeitpunkt der einzelnen Lieferungen in Kauf, dass die im jeweiligen Bestimmungsland vorgesehene Umsatzbesteuerung durch Verschleierungsmaßnahmen und falsche Angaben gezielt umgangen werden sollte, um den tatsächlichen Abnehmern einen ungerechtfertigten Steuervorteil zu verschaffen. Sie nahmen weiter in Kauf, dass diese „missbräuchliche Praxis“ bei innergemeinschaftlichen Lieferungen keine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG auslöste (UA S. 6). Ihnen war bewusst, dass sie sich an einem Umsatz beteilig- ten, der in eine „Mehrwertsteuerhinterziehung“ einbezogen war, und billigten dies stillschweigend (UA S. 39). Dabei wirkten sie kollusiv mit den Verantwortli- chen der „Missing Trader“ zusammen, um die Hinterziehung der im Bestim- mungsland geschuldeten Umsatzsteuern zu ermöglichen (UA S. 8). Der Umsatz mit den genannten Firmen belief sich im Jahr 2001 auf insgesamt 23.703.416,48 Euro, davon entfielen nur 58.438,10 Euro auf die Zeit bis zum 31. Mai 2001 (UA S. 6).
13
3. In den Umsatzsteuervoranmeldungen des Jahres 2001 für die I. wurden die Umsätze aus den verfahrensgegenständlichen innergemeinschaftlichen Lieferungen - vorbereitet „durch die Mitarbeiter der Buchhaltung der IP. “ - als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG erklärt (UA S. 55).
14
4. Spätestens seit der Durchsuchung der Geschäftsräume der IP. und der I. am 3. Dezember 2002 und der dabei erfolgten Bekanntgabe der Einleitung von Steuerstrafverfahren wegen falscher Umsatzsteuervoranmeldungen im Jahr 2001 rechneten beide Angeklagte damit, dass die I. „Mis- sing Trader“ beliefert hatte und insoweit keine Umsatzsteuerbefreiungen in An- spruch nehmen konnte. Ihnen kam es aber darauf an, durch Abgabe von Umsatzsteuerjahreserklärungen für das Jahr 2001 das beim Finanzamt Landshut anhängige Besteuerungsverfahren möglichst schnell zum Abschluss zu bringen , um die Freigabe eines vom Finanzamt bis zur Klärung des Sachverhalts gesperrten Umsatzsteuerguthabens der IP. in Höhe von 5 Mio. Euro (UA S. 56) zu erreichen (UA S. 6).
15
Wie mit dem Angeklagten K. abgesprochen, erklärte der Angeklagte H. gegenüber dem Finanzamt Fürstenfeldbruck in der Umsatzsteuerjahreserklärung der I. für das Jahr 2001 am 24. März 2003 die getätigten Umsätze aus den Geschäften mit den genannten italienischen und spanischen Firmen in Höhe von mehr als 23,7 Mio. Euro (23.703.416,48 Euro) als steuerfreie Umsätze aus innergemeinschaftlichen Lieferungen i.S.v. § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG (UA S. 6, 58). Die nach Auffassung des Landgerichts hierauf entfallende und hinterzogene Umsatzsteuer betrug 3.277.497,18 Euro (UA S. 58). Insgesamt bezifferte der Angeklagte H. in der Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 der I. den verbleibenden Überschuss auf 30.448.505,46 DM und errechnete unter Berücksichtigung des Vorauszahlungssolls (in Form eines Überschusses aus den Umsatzsteuervoranmeldungen von 30.448.505,32 DM) einen Erstattungsanspruch von 0,14 DM (UA S. 58).
16
Wegen der Unkenntnis der Angeklagten vom Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Organschaft enthielt die Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 der I. sämtliche Umsätze aus dem Jahr 2001; demgegenüber waren die Umsät- ze der I. in der von dem Angeklagten K. am 23. April 2003 für die IP. beim Finanzamt Landshut eingereichte Umsatzsteuerjahreserklärung nicht enthalten (UA S. 5, 57).
17
5. Eine Auszahlung des sich aus der Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 für die I. ergebenden Erstattungsbetrages von 0,14 DM durch die Finanzbehörden fand nicht statt. Vielmehr erging am 11. Juni 2003 gegen die I. ein Umsatzsteuerbescheid für 2001, in dem wegen der vom Finanzamt angenommenen Organschaft eine Zahllast von 12.412.964 Euro festgesetzt wurde. Die IP. beglich diesen Betrag (UA S. 58).
18
6. Gegen den am 9. Juli 2003 gegenüber der IP. erlassenen Umsatzsteuerbescheid 2001, der einen Erstattungsanspruch von 7.772.459 Euro festsetzte , legte die IP. Einspruch ein, um nach Feststellung der Steuerfreiheit der verfahrensgegenständlichen innergemeinschaftlichen Lieferungen die Erhöhung ihres Umsatzsteuerguthabens um 4.317.840 Euro zu erreichen.
19
Am 16. November 2006 verständigten sich die IP. und das Finanzamt Landshut dahingehend, dass 92 Prozent der ab 1. Juni 2001 getätigten Umsätze , also 21.753.381,03 Euro, bei ihr als Organträgerin zu versteuern seien, was bei einem Steuersatz von 16 Prozent eine Umsatzsteuerschuld von 3.000.466,35 Euro ergab. Die Umsatzsteuerschulden der IP. und der I. wurden fristgerecht bezahlt (UA S. 7, 58).

III.

20
Das Landgericht ist der Auffassung, dass die Angeklagten mit der Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 für die I. durch den Angeklagten H. am 24. März 2003 gemeinschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) eine Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) begangen haben.
21
1. Die Steuerverkürzung ergebe sich daraus, dass die hier (wegen missbräuchlichen Verhaltens) steuerpflichtigen Umsätze aus den innergemeinschaftlichen Lieferungen weder in der Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 der I. noch in derjenigen der IP. als steuerpflichtig erklärt worden seien (UA S. 117). Stattdessen habe der Angeklagte H. nach Absprache mit dem Angeklagten K. diese Umsätze in der Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 der I. unrichtig als umsatzsteuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferungen angemeldet, obwohl beide Angeklagte damit gerechnet hätten, dass die Voraussetzungen dieser Steuerbefreiung nicht gegeben waren (UA S. 117).
22
2. Die Umsatzsteuerpflicht bestehe deswegen, weil nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf Gemeinschaftsrecht nicht erlaubt sei (UA S. 118). Ein „derart betrügerischer Missbrauch“ liege jedenfalls dann vor, wenn sich der Steuerpflichtige bewusst an einem in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogenen Umsatz beteilige. Dabei komme es nicht darauf an, ob er die Umsatzsteuerhinterziehung selbst begangen habe, es genüge vielmehr, wenn ihm diese bekannt sei (UA S. 119). Zur Versagung der Steuerfreiheit müsse objektiv feststehen, dass der Unternehmer die missbräuchliche oder betrügerische Praxis des Erwerbers kannte oder sich daran beteiligte. Für die Versagung der Umsatzsteuerbefreiung genüge es, dass der Steuerpflichtige gewusst habe oder wissen konnte bzw. hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen gewesen sei (UA S. 119). Dies sei hier der Fall gewesen, denn die Zwi- schenschaltung der „Missing Trader“ habe allein der Vermeidung einer Er- werbsbesteuerung der Lieferungen der I. in Italien bzw. Spanien gedient.
Die innergemeinschaftlichen Kontrollmitteilungen seien gezielt dadurch umgan- gen worden, dass die „Missing Trader“ nur kurzzeitig am Markt gewesen seien, also zum Zeitpunkt der innergemeinschaftlichen Kontrollmitteilungen bereits nicht mehr existiert hätten (UA S. 120).
23
3. Das Wissen der Vertriebsmitarbeiter der I. hat das Landgericht in entsprechender Anwendung des § 166 BGB der I. als Unternehmer zugerechnet (UA S. 120).
24
4. Vertrauensschutz gemäß § 6a Abs. 4 UStG habe die I. nicht beanspruchen können, weil die Vertriebsmitarbeiter hätten erkennen können und auch erkannt hätten, dass die „Missing Trader“ zum Zwecke der Mehrwertsteuerhinterziehung bloß formal zwischengeschaltet worden waren (UA S. 121).
25
5. Zwischen der IP. als Organträger und der I. habe zum 1. Juni 2001 eine umsatzsteuerliche Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) bestanden. Bis zu diesem Zeitpunkt sei die I. finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in die IP. eingegliedert worden. Mit der Erteilung der Einzelprokura an den früheren Mitangeklagten O. am 30. Mai 2001 sei die Eingliederung in die IP. , die über ihre Beteiligung an der B. die I. beherrscht habe, abgeschlossen gewesen (UA S. 121).
26
6. Trotz der Annahme, dass nicht die I. , sondern wegen des Vorliegens einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft die IP. als Organträger Schuldnerin der Umsatzsteuer aus den Umsätzen mit den „Missing Tradern“ gewesen sei, hat das Landgericht eine vollendete Umsatzsteuerhinterziehung durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 für die I. angenommen. Wegen der Organschaft sei der erstrebte Taterfolg statt bei der I. bei der IP. als Organträgerin eingetreten.
27
Der Umstand, dass die Tathandlung in der Abgabe einer Steueranmeldung (Umsatzsteuerjahreserklärung) mit einem Erstattungsbetrag von 0,14 DM liege, der nicht ausbezahlt worden sei, stehe der Annahme einer vollendeten Steuerhinterziehung nicht entgegen. Aus § 1 Abs. 2 der Kleinbetragsverordnung ergebe sich, dass in einem solchen Fall eine Erstattung generell nicht stattfinde, sodass es einer ausdrücklichen Zustimmung nicht bedürfe. Deshalb stehe gemäß § 168 Satz 2 AO die (unrichtige) Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich, was die Steuerverkürzung bewirke (UA S. 8, 122).
28
7. Den Umstand, dass entgegen der Vorstellung der Angeklagten in der zweiten Jahreshälfte 2001 nicht die I. , sondern aufgrund der Organschaft die IP. Steuerschuldnerin hinsichtlich der Umsätze mit den „Missing Tradern“ gewesen sei, hat das Landgericht als unbeachtliche Abweichung des tatsächlichen von dem von den Angeklagten vorgestellten Kausalverlauf gewertet(UA S. 8). Diese Fehlvorstellung schließe daher den Tatvorsatz der Angeklagten nicht aus (UA S. 8, 131).

B.

Rechtsmittel der Angeklagten
29
Die Revisionen der Angeklagten haben Erfolg; ihre sofortigen Beschwerden gegen die Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil sind gegenstandslos.

I.

Verfahrensvoraussetzungen
30
Ein Verfahrenshindernis besteht nicht. Entgegen der Auffassung der Revisionen fehlt es auch nicht an der in jeder Lage des Verfahrens zu beachtenden Verfahrensvoraussetzung einer wirksamen Anklageschrift (§ 200 StPO) und - daran anknüpfend - einem wirksamen Eröffnungsbeschluss.
31
1. Eine Anklage ist nur dann unwirksam mit der Folge, dass das Verfahren wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung einzustellen ist, wenn etwaige Mängel dazu führen, dass die Anklage ihrer Umgrenzungsfunktion nicht genügt (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 - 1 StR 148/11, BGHSt 57, 138 Rn. 6, mwN). Bei Steuerhinterziehungen genügt zur Wahrung der Umgrenzungsfunktion regelmäßig die Benennung der Daten der Steuererklärungen, in denen unrichtige Angaben enthalten sein sollen, der Steuerarten und der Veranlagungszeiträume ; denn diese Umstände gewährleisten eine Unterscheidung von anderen denkbaren strafbaren Verhaltensweisen (BGH, Beschluss vom 27. Mai 2009 - 1 StR 665/08, wistra 2009, 465).
32
2. Ausgehend von diesen Maßstäben ist hier sowohl die Anklageschrift als auch der Eröffnungsbeschluss wirksam. Die Anklageschrift, an die der Eröffnungsbeschluss anknüpft, erfüllt noch ihre Funktion, die angeklagten Taten der Hinterziehung von Umsatzsteuer ausreichend zu umschreiben.
33
a) Durch die Benennung der am 24. März 2003 eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 für die I. als Tathandlung war der Tatvorwurf einer mit dieser Steuererklärung begangenen Umsatzsteuerhinterziehung als historisches Ereignis (§ 264 StPO) ausreichend genau beschrieben und damit hinreichend umgrenzt. Die in der Anklageschrift vorgenommene Bezeichnung von Art und Umfang unrichtiger Angaben lässt die Umgrenzung der von der Anklage umfassten Tatvorwürfe unberührt; sie hat lediglich für die Informationsfunktion der Anklage Bedeutung (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2009 - 1 StR 665/08, wistra 2009, 465). Der Umstand, dass die Anklageschrift insoweit lediglich unberechtigte Vorsteuerabzüge (§ 15 UStG), nicht aber zu Unrecht als umsatzsteuerfrei behandelte innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b UStG) benannt hat, berührt daher die Wirksamkeit von Anklage und Eröffnungsbeschluss nicht.
34
b) Soweit das Tatgericht darauf abstellt, dass die von Mitarbeitern der I. veranlassten innergemeinschaftlichen Lieferungen auch nicht als steuerpflichtige Umsätze in die am 23. April 2003 für die IP. eingereichte Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 Eingang gefunden haben, ist auch dies von Anklage und Eröffnungsbeschluss erfasst. Denn die Anklage legt beiden Angeklagten auch hinsichtlich dieser Steuererklärung ein Vergehen der Steuerhinterziehung zur Last. Für die Umgrenzungsfunktion dieses (weiteren) Tatvorwurfs i.S.d. § 264 StPO gilt das oben Gesagte entsprechend.

II.

Revisionen der Angeklagten
35
Die Revisionen der Angeklagten haben bereits mit der Sachrüge Erfolg; eines Eingehens auf die erhobenen Verfahrensrügen bedarf es daher nicht mehr. Die Urteilsfeststellungen tragen den Schuldspruch wegen vollendeter Steuerhinterziehung weder hinsichtlich der für die I. abgegebenen Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 (nachfolgend 1.) noch bezüglich der für die IP. eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 (nachfolgend 2.). Der vom Landgericht ausgesprochene Teilfreispruch „im Übrigen“ geht ins Leere (nachfolgend 3.). Die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen, weil eine abschließende Entscheidung in der Revisionsinstanz nicht in Betracht kommt (nachfolgend 4.).
36
1. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen eine Verurteilung der Angeklagten wegen einer in Mittäterschaft begangenen vollendeten Umsatzsteuerhinterziehung durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 für die I. (§ 370 Abs. 1 AO i.V.m. § 18 Abs. 3 UStG) nicht.
37
a) Die Urteilsfeststellungen belegen bereits keine Tathandlung.
38
Eine tatbestandsmäßige Handlung i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begeht, wer „den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht“. Unrichtig wären die Angaben in der für die I. eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung hier dann, wenn die Umsätze mit den „Missing Tradern“ in diese Steuererklärung als steuerpflichtige Umsätze aufzunehmen gewesen wären. Dies belegen die Urteilsfeststellungen indes nicht.
39
aa) Das Landgericht ist erkennbar von der Annahme ausgegangen, dass beim zunächst unerkannten Vorliegen einer Organschaft die für eine Organgesellschaft (hier: die I. ) abgegebene Umsatzsteuerjahreserklärung als Erklärung für den Organträger (hier: die IP. ) gilt und die Frage der Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklärung sich danach richtet, welche Umsätze der Organgesellschaft der Organträger als eigene Umsätze anzumelden gehabt hätte. Dies trifft jedoch nicht zu.

40
Die für die I. abgegebene Umsatzsteuerjahreserklärung wäre auch im Falle einer bestehenden Organschaft nicht als Steuererklärung für die IP. als Organträger zu behandeln gewesen. Wegen der auch bei einer umsatzsteuerlichen Organschaft weiterhin bestehenden zivilrechtlichen Selbständigkeit einer Organgesellschaft wirken die für diese abgegebenen Steuererklärungen allein für die Organgesellschaft und nicht für und gegen ein sie beherrschendes Unternehmen.
41
Allerdings treffen im Falle einer Organschaft alle steuerlichen Erklärungspflichten , die sich aus § 18 UStG ergeben, allein den Organträger (vgl. Klenk in Sölch/Ringleb, UStG, 63. Lfg., § 2 Rn. 144). Die Organgesellschaft schuldet in einem solchen Fall keine Umsatzsteuern, weil sie gemäß § 2 Nr. 2 UStG nicht als Unternehmerin selbständig tätig wird, und muss deshalb auch keine Umsätze anmelden. Aus diesem Grund muss eine Umsatzsteuerveranlagung der Organgesellschaft rückgängig gemacht werden, wenn sich nachträglich das Vorliegen einer Organschaft herausstellt (Klenk aaO Rn. 145). Dies bedeutet umgekehrt aber auch, dass im Falle des Vorliegens einer Organschaft eine für die Organgesellschaft abgegebene Umsatzsteuerjahreserklärung jedenfalls insoweit nicht unrichtig oder unvollständig ist, als von dieser getätigte Umsätze dort nicht aufgenommen wurden. Denn die getätigten Umsätze gelten nicht als ihre Umsätze, sondern als die des Organträgers.
42
bb) Die für die I. eingereichte Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 wäre aber dann unrichtig, wenn die vom Landgericht angenommene Organ- schaft in Wirklichkeit gar nicht vorgelegen hat und die Umsätze mit den „Missing Tradern“ zudem als steuerpflichtige Umsätze anzumelden gewesen waren. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist indes nicht tragfähig festgestellt.
43
(1) Zwar belegen die Urteilsfeststellungen das Vorliegen der vom Landgericht angenommenen umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen der IP. und der I. ab dem 1. Juni 2001 nicht. Da aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass hierzu weitere Feststellungen getroffen werden können, kann der Senat nicht ohne weiteres zum Nachteil der Angeklagten vom Nichtvorliegen einer Organschaft ausgehen.
44
(a) Eine umsatzsteuerliche Organschaft setzt gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG voraus, dass eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Rechtliche Folge einer Organschaft ist, dass die Unternehmensteile als ein Unternehmen zu behandeln sind (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG) und die umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten wie auch die Steuerschuldnerschaft allein den Organträger treffen (vgl. Klenk in Sölch/Ringleb, UStG, 63. Lfg., § 2 Rn. 144; Korn in Bunjes, UStG, 12. Aufl., § 2 Rn. 138). Das (zivilrechtliche) Innenverhältnis der beteiligten Unternehmen ist hiervon nicht betroffen. Vielmehr gilt der Grundsatz, dass derjenige Beteiligte am Organkreis, aus dessen Umsätzen die an das Finanzamt gezahlten Umsatzsteuerbeträge herrühren, im Innenverhältnis der Organschaft auch die Steuerlast zu tragen hat (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2013 - II ZR 91/11, DStR 2013, 478, 480).
45
(b) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs setzt die für die Annahme einer Organschaft erforderliche Eingliederung ein Verhältnis der Über- und Unterordnung zwischen einer Organgesellschaft als „untergeordneter Person“ und dem sog. Organträger voraus (vgl. BFH, Urteil vom 7. Juli 2011 - V R 53/10, DStR 2011, 2044, 2045 mwN). Die neben der finanziellen und wirtschaftlichen Eingliederung erforderliche organisatorische Eingliederung erfordert dabei , dass der Organträger die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung wahrnimmt, wobei er die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrschen muss (BFH aaO mwN).
46
Die organisatorische Eingliederung besteht zwischen zwei Kapitalgesellschaften insbesondere bei einer Personenidentität in den Geschäftsführungsorganen der beiden Gesellschaften. Darüber hinaus kann sich die organisatorische Eingliederung auch aus einer (teilweisen) personellen Verflechtung über die Geschäftsführungsorgane ergeben, wenn dem Organträger eine Willensdurchsetzung in der Organgesellschaft möglich ist (BFH, Urteil vom 7. Juli 2011 - V R 53/10, DStR 2011, 2044, 2046). Zwar reicht es für die eine organisatorische Eingliederung begründende personelle Verflechtung aus, dass der oder die Geschäftsführer der Organgesellschaft leitende Mitarbeiter des Organträgers sind (BFH aaO). Demgegenüber genügt es aber nicht, dass ein leitender Mitarbeiter des Mehrheits- oder Alleingesellschafters nur Prokurist bei der vermeintlichen Organgesellschaft ist, während es sich bei dem einzigen Geschäftsführer der vermeintlichen Organgesellschaft um eine Person handelt, die weder Mitglied der Geschäftsführung noch leitender Angehöriger des Mehrheits- bzw. Alleingesellschafters ist (BFH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - V R 7/10, DStR 2011, 308, 309). In Ausnahmefällen kann eine organisatorische Eingliederung auch ohne personelle Verflechtung in den Leitungsgremien des Organträgers und der Organgesellschaft vorliegen. Voraussetzung für diese schwächste Form der organisatorischen Eingliederung ist jedoch, dass institutionell abgesicherte unmittelbare Eingriffsmöglichkeiten in den Kernbereich der laufenden Geschäftsführung der Organgesellschaft gegeben sind (vgl. BFH, Urteil vom 3. April 2008 - V R 76/05, BStBl. II 2008, 905; vgl. auch die weiteren Nachweise aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs im BMF-Schreiben vom 7. März 2013 zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft - GZ IV D 2 - S 7105/11/10001).
47
(c) Nach diesen Grundsätzen wird die für die Annahme des Vorliegens einer Organschaft zwischen der IP. als Muttergesellschaft und der I. als Tochtergesellschaft der B. und damit als Enkelgesellschaft der IP. erforderliche organisatorische Eingliederung von den Urteilsfeststellungen nicht getragen. Es fehlt die erforderliche personelle Verflechtung zwischen Mutterund Enkelgesellschaft und eine sich hieraus ergebende Beherrschung der Enkelgesellschaft I. durch die IP. . Institutionell abgesicherte Eingriffsmöglichkeiten der IP. und Eingriffe in die laufende Geschäftsführung der I. sind ebenfalls nicht festgestellt.
48
Vielmehr war der Angeklagte K. nach den Urteilsfeststellungen kein faktischer Geschäftsführer der I. ; er war in das operative Geschäft der I. nicht eingebunden, nahm keinen Einfluss darauf und erteilte den jeweiligen Geschäftsführern im operativen Geschäftsfeld auch keine Anweisungen (UA S. 21). Geschäftsführerin der I. war seit dem 17. April2001 A. (UA S. 13). Der Angeklagte H. wurde erst zum 16. Dezember 2001 Geschäftsführer der I. , nachdem er bereits wenige Tage zuvor im Vorgriff hierauf Leitungsaufgaben wahrgenommen hatte (UA S. 20). Eine Beherrschung der I. durch die IP. in der laufenden Geschäftsführung ab 1. Juni 2001 ist damit nicht festgestellt. Zwar war nach den Urteilsfeststellungen dem früheren Mitangeklagten O. , der bis zum 8. April 2003 Vorstandsmitglied der IP. war (UA S. 12), bei der I. am 9. Mai 2001 (UA S. 13) und bei der B. am 13. Juni 2001 (UA S. 13) Einzelprokura erteilt worden. Dies genügt jedoch für die erforderliche personelle Verflechtung mit der IP. nicht, da nicht festgestellt ist, dass die zu dieser Zeit als Geschäftsführerin der I. bestellte A. Mitglied der Geschäftsführung oder leitende Angehörige der IP. war.

49
(d) Der Senat kann allerdings nicht ausschließen, dass sich weitere Feststellungen treffen lassen, welche die Annahme einer umsatzsteuerlichen Organschaft doch noch rechtfertigen könnten.
50
(2) Auch die Wertung des Landgerichts, bei den Umsätzen mit den „Mis- sing Tradern“ handele es sich wegen missbräuchlichen Verhaltens nicht um umsatzsteuerbefreite Umsätze, wird von den Urteilsfeststellungen nicht getragen. Vielmehr hat das Landgericht die Versagung der Umsatzsteuerbefreiung für die tatsächlich ausgeführten innergemeinschaftlichen Lieferungen auf widersprüchliche Feststellungen gestützt. Solche Feststellungen lassen eine abschließende Beurteilung, ob das Landgericht mit Recht vom Wegfall der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferung wegen missbräuchlichen Verhaltens ausgegangen ist, nicht zu.
51
(a) Innergemeinschaftliche Lieferungen sind unter den Voraussetzungen des § 6a UStG steuerfrei (§ 4 Nr. 1 Buchst. b UStG).
52
Die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung setzt gemäß § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG voraus, dass der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat. Darüber hinaus bestehen bei Lieferungen (abgesehen von den Fällen der Lieferung neuer Fahrzeuge) weitere, in der Person des Erwerbers zu erfüllende Voraussetzungen. Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b UStG muss es sich beim Abnehmer der Lieferung entweder um einen Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat, oder um eine juristische Person handeln, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat. Der Erwerb des Gegenstands der Lieferung muss nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG in allen Fällen beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegen.
53
(b) Nach der auf der Grundlage einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2010, Rechtssache R, C-285/09, NJW 2011, 203) ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2010 - 1 StR 41/09, BGHSt 57, 32) entfällt allerdings die Steuerbefreiung dann, wenn der Lieferer bei der Lieferung die Identität des wahren Erwerbers verschleiert hat, um diesem zu ermöglichen , im Empfängerstaat Umsatzsteuer zu hinterziehen, wenn sonst der fragliche Umsatz jeglicher Besteuerung entgehen würde. Es bestehen nebeneinander zwei Versagungsgründe:
54
(aa) Der erste Versagungsgrund - beiderseitige kollusive Täuschung - beruht darauf, dass die nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung erforderliche Besteuerung des Erwerbs im Bestimmungsland verhindert wird, wenn der Lieferer mit dem Abnehmer kollusiv zusammenwirkt und dabei die Identität des Abnehmers verschleiert. Denn maßgeblich für die Steuerbefreiung sind der zwischen innergemeinschaftlicher Lieferung und innergemeinschaftlichem Erwerb bestehende Besteuerungszusammenhang und die damit bezweckte Verlagerung des Steueraufkommens auf den Bestimmungsmitgliedstaat durch die dort beim Abnehmer als Steuerschuldner vorzunehmende Besteuerung, die es nicht zulässt, die Steuerfreiheit trotz absichtlicher Täuschung über die Person des Abnehmers (Erwerbers) in Anspruch zu nehmen (vgl. auch BFH, Urteil vom 11. August 2011 - V R 50/09, DStR 2011, 1901 Rn. 24).
55
(bb) Darüber hinaus verbleibt es auch dann bei der Steuerpflicht (zweiter Versagungsgrund), wenn - obwohl die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit objektiv vorliegen - der Steuerpflichtige unter Verstoß gegen die Pflichten zum Buch- und Belegnachweis die Identität des Erwerbers verschleiert, um diesem im Bestimmungsmitgliedstaat eine Mehrwertsteuerhinterziehung zu ermöglichen (vgl. auch BFH, Urteil vom 11. August 2011 - V R 50/09, DStR 2011, 1901 Rn. 22 mwN; BFH, Urteil vom 17. Februar 2011 - V R 30/10, wistra 2011, 354).
56
(c) Ob einer dieser Versagungsgründe gegeben ist, hängt somit davon ab, ob die I. bei den einzelnen Lieferungen über die Person des jeweiligen Abnehmers getäuscht hat.
57
(aa) Der Person des Abnehmers und seiner Identität kommt für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung entscheidende Bedeutung zu, da innergemeinschaftliche Lieferung und innergemeinschaftlicher Erwerb "ein und derselbe wirtschaftliche Vorgang" (EuGH, Urteil vom 27. September2007 - C-409/04, Teleos u.a., Slg. 2007, I-7797 Rn. 23 f.) und dabei Teil eines "innergemeinschaftlichen Umsatzes" sind (EuGH aaO Rn. 37 und 41), der bezweckt, die "Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt" (vgl. BFH, Urteil vom 17. Februar 2011 - V R 30/10, wistra 2011, 354 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union). Diese Verlagerung erfolgt auf denjenigen , der den innergemeinschaftlichen Erwerb bewirkt, und damit auf den Abnehmer der Lieferung als sog. Erwerber. Somit setzt die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung voraus, dass aufgrund der zutreffenden Angaben des leistenden Unternehmers die Person des Abnehmers ("Erwerbers") dieser Lieferung bekannt ist, da sonst das Ziel, Steuereinnahmen dadurch auf den Bestimmungsmitgliedstaat zu verlagern, dass der Erwerber der innergemeinschaftlichen Lieferung in diesem Mitgliedstaat Steuerschuldner ist, nicht erreicht werden kann (BFH aaO).
58
(bb) Abnehmer (Leistungsempfänger) bei Lieferungen i.S.v. § 3 Abs. 1 UStG und damit Erwerber bei innergemeinschaftlichen Lieferungen ist derjenige , dem der liefernde Unternehmer die Verfügungsmacht über den Gegenstand verschafft. Maßgeblich ist, wer nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist (vgl. BFH, Urteil vom 17. Februar 2011 - V R 30/10, wistra 2011, 354 mwN). Abnehmer (Erwerber ) ist somit derjenige, der nach dem der Lieferung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis die Verfügungsmacht erhalten soll. Ob diese Person auch auf eigene Rechnung tätig ist, spielt keine Rolle. Handelt z.B. ein Strohmann oder Treuhänder im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, ist daher er, nicht aber sein Auftraggeber Abnehmer (BFH aaO).
59
(cc) Ohne Bedeutung für die Bestimmung des Leistungsempfängers sind sog. Scheingeschäfte (§ 41 Abs. 2 Satz 1 AO). Ein Scheingeschäft liegt insbesondere vor, wenn die Parteien eines Rechtsgeschäfts einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäftes nicht zwischen ihnen, sondern zwischen nur einer Vertragspartei und einem Dritten eintreten sollen. Verdeckt das Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft , ist nach § 41 Abs. 2 Satz 2 AO das verdeckte Rechtsgeschäft für die Besteuerung maßgeblich (vgl. BFH, Urteil vom 17. Februar 2011 - V R 30/10, wistra 2011, 354 mwN).
60
(dd) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erlaubt die Feststellung , der Empfänger der Lieferung habe die mit Hilfe der bezogenen Lieferungen ausgeführten Umsätze nicht versteuert, für sich genommen nicht den Schluss, nicht der Vertragspartner ("Missing Trader"), sondern eine andere Person sei Empfänger der Lieferung (vgl. BFH, Urteil vom 14. Dezember 2011 - XI R 32/09, BFH/NV 2012, 1004; BFH, Beschluss vom 5. Dezember 2005 - V B 44/04, BFH/NV 2006, 625). Darüber hinaus ist die ordnungsgemäße Erfüllung von Steuererklärungspflichten kein Tatbestandsmerkmal der Unternehmereigenschaft (vgl. BFH, Urteil vom 8. November 2007 - V R 72/05, BFHE 219, 422; vgl. aber zur Unternehmereigenschaft bei Einbindung in ein auf die Verkürzung von Umsatzsteuer ausgelegtes Hinterziehungssystem BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 24/10, wistra 2011, 264).
61
(d) Ob hier eine zur Versagung der Steuerbefreiung aus § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG vorliegende Täuschung über Erwerber der jeweiligen Lieferungen vorliegt, lässt sich den Urteilsfeststellungen nicht zweifelsfrei entnehmen, da die Urteilsgründe zur Rolle der vom Landgericht als „Missing Trader“ gewer- teten Vertragspartner der I. widersprüchliche Feststellungen enthalten.
62
Einerseits wertet das Landgericht die „Missing Trader“ als Scheingesell- schaften (UA S. 39), was nahe legt, dass es sich nach der Überzeugung des Landgerichts bei diesen Gesellschaften um nicht existente oder nicht als Unternehmer tätige Gesellschaften handelte, die lediglich als Abnehmer angegeben wurden, um die Identität der wahren Abnehmer zu verschleiern. Andererseits stellt das Landgericht fest, dass die „Missing Trader“ die von der I. bezo- genen Waren weiterverkauften, um ihren „tatsächlichen Abnehmern“, die sie gegenüber der I. nicht offenbarten, einen Vorsteuerabzug zu ermöglichen (UA S. 6). Dies deutet darauf hin, dass es sich bei den „Missing Tradern“ um die wirklichen Erwerber der Waren der I. handelte, die ihren umsatzsteuerlichen Pflichten nicht nachkamen und ihrerseits die Erwerber aus einem Weiterverkauf nicht offenbarten.
63
An anderer Stelle in den Urteilsgründen stellt das Landgericht fest, dass die Vertriebsmitarbeiter der I. mit den Verantwortlichen der „Missing Tra- der“ kollusiv zusammenarbeiteten, um ihnen die Hinterziehung von Umsatz- steuer zu ermöglichen (UA S. 8, 120). Im Widerspruch dazu steht die Feststel- lung des Landgerichts, dass den Vertriebsmitarbeitern der I. lediglich bewusst war, dass sie sich an einem Umsatz beteiligten, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war, was sie stillschweigend billigten (UA S. 39). Sie hätten lediglich billigend in Kauf genommen, dass die Umsatzbesteuerung durch gezielte Maßnahmen umgangen werden sollte (UA S. 6).
64
Es bleibt daher nach den Urteilsfeststellungen offen, wer die wirklichen Erwerber der Waren der I. waren und ob sich Mitarbeiter der I. an einer Täuschung über die Identität dieser Erwerber beteiligt haben. Haben Vertreter oder Mitarbeiter der I. nicht an einer derartigen Identitätstäuschung mitgewirkt, greift keiner der genannten Versagungsgründe ein.
65
(e) Angesichts der unklaren und widersprüchlichen Feststellungen zu den tatsächlichen Erwerbern bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob eine Steuerpflicht einer innergemeinschaftlichen Lieferung trotz Vorliegens der objektiven Voraussetzungen hierfür auch dann in Betracht kommt, wenn dem Unternehmer - der nicht über die Identität des Abnehmers täuscht - nur bekannt ist, dass der Abnehmer, den er nach seinen Belegen und buchmäßigen Aufzeichnungen als Abnehmer führt, seine steuerlichen Verpflichtungen im Bestimmungsmitgliedstaat nicht erfüllt (vom Bundesfinanzhof bislang offen gelassen , vgl. BFH, Urteil vom 17. Februar 2011 - V R 30/10, wistra 2011, 354; zur Zurechnung des Wissens von Mitarbeitern vgl. BFH, Urteil vom 19. Mai 2010 - XI R 78/07, DStRE 2010, 1263).
66
b) Selbst für den Fall, dass die Umsätze mit den „Missing Tradern“ in die Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 der I. aufzunehmen gewesen wären, läge mangels eingetretener Steuerverkürzung jedenfalls keine vollendete Steuerhinterziehung vor.
67
Die Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 AO ist nicht nur ein Erklärungs -, sondern auch ein Erfolgsdelikt. Die Tat ist nur dann vollendet, wenn durch sie kausal ein Taterfolg herbeigeführt worden ist. Der Taterfolg besteht darin, dass der Täter durch die Tathandlung Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt hat. Steuern sind dabei namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden (§ 370 Abs. 4 Satz 1 HS 1 AO; näher BGH, Beschluss vom 22. November 2012 - 1 StR 537/12, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen). Daran fehlt es hier.
68
aa) Allerdings steht gemäß § 168 Satz 1 AO eine Steueranmeldung, zu der auch eine Umsatzsteuerjahreserklärung zählt (§ 18 Abs. 3 Satz 1 UStG, § 150 Abs. 1 Satz 3 AO), einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt dies indes erst, wenn die Finanzbehörde zustimmt (§ 168 Satz 2 AO). Diese Zustimmung bedarf keiner Form (§ 168 Satz 3 AO).
69
bb) Hier bedurfte es für die Gleichsetzung der Steueranmeldung mit einer Steuerfestsetzung der Zustimmung der Finanzbehörde. Denn die Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 der I. wies einen verbleibenden Überschuss der Vorsteuerbeträge über die Umsatzsteuerbeträge und damit eine Steuervergütung i.S.v. § 168 S. 2 AO (vgl. HHSp-Heuermann, AO, 210. Lfg., § 168 Rn. 15; Pahlke/Koenig-Cöster, AO, 2. Aufl., § 168 Rn. 16; vgl. auch Vogel/ Schwarz-Raudszus, UStG, 150. Lfg., § 18 Abs. 1 - 4 Rn. 77) in Höhe von 30.448.505,46 DM aus (UA S. 57).
70
cc) Die Finanzbehörde hat hier die nach § 168 Satz 2 AO erforderliche Zustimmung weder ausdrücklich noch konkludent erteilt. Eine solche Zustim- mung lag auch nicht im Hinblick darauf vor, dass in der Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 der I. unter Berücksichtigung des sich aus den Umsatzsteuervoranmeldungen ergebenden Vorauszahlungssolls lediglich ein Erstattungsbetrag von 0,14 DM geltend gemacht wurde.
71
(1) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich eine allgemeine Zustimmung, die nicht gesondert mitgeteilt werden müsste, auch nicht aus der Kleinbetragsverordnung (KBV). Zwar enthält § 1 Abs. 2 KBV die Regelung, dass u.a. eine angemeldete Umsatzsteuervorauszahlung oder eine für das Kalenderjahr angemeldete Umsatzsteuer nur abweichend festgesetzt, geändert oder berichtigt wird, wenn die Abweichung von der angemeldeten Steuer mindestens zehn Euro beträgt. Die Kleinbetragsverordnung ersetzt jedoch nicht die im Falle eines angemeldeten Erstattungsbetrages erforderliche Zustimmung des Finanzamts. Vielmehr setzt § 1 Abs. 2 KBV eine als Steuerfestsetzung geltende Steueranmeldung voraus, an der es bei einem angemeldeten Erstattungsbetrag bis zur Zustimmung durch die Finanzbehörde gerade noch fehlt (vgl. § 168 Satz 2 AO). Die Kleinbetragsverordnung trifft keine Regelung darüber , wann eine Steueranmeldung als Steuerfestsetzung gilt; sie bestimmt lediglich , dass bei Abweichungen bis zu zehn Euro eine abweichende Festsetzung der bereits festgesetzten Steuer nicht stattfindet.
72
(2) Auch eine sonstige allgemein erteilte Zustimmung zu einer Steuervergütung liegt nicht vor. Zwar wird in der Verwaltungspraxis regelmäßig eine Zustimmung zu einer Auszahlung erteilt, wenn der sich aus einer Steueranmeldung ergebende Erstattungsbetrag 2.500 Euro nicht übersteigt. Auch in diesem Fall stehen die Steueranmeldungen aber erst dann einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich, wenn die Zustimmung tatsächlich erteilt und dem Steuerpflichtigen auch bekannt (gemacht) wird (vgl. BFH, Beschluss vom 10. September 1999 - V B 39/99, BFH/NV 2000, 351 sowie Nr. 9 des AEAO zu § 168 AO). Daran fehlt es hier. Die in der Praxis übliche Nichtauszahlung von Erstattungsbeträgen unter einem Euro (vgl. BMF-Schreiben vom 22. März 2001 - IV A 4 - S 0512 - 2/01 -, BStBl. I 2001, 242) ersetzt ebenfalls nicht eine gemäß § 168 Satz 2 AO erforderliche Zustimmung des Finanzamts.
73
2. Die Nichtanmeldung der Umsätze mit den „Missing Tradern“ in der vom Angeklagten K. am 23. April 2003 beim Finanzamt Landshut für die IP. eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 (UA S. 6) kann ebenfalls eine Verurteilung wegen vollendeter Steuerhinterziehung nicht tragen.
74
Zwar war auch der Vorwurf der Steuerhinterziehung durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 für die IP. hinsichtlich beider Angeklagter Gegenstand der Anklageschrift vom 29. Juli 2009 (Anklagesatz, Abschnitt II) und unterlag daher als weiterer Tatvorwurf i.S.v. § 264 StPO der Kognitionspflicht des Landgerichts. Er war auch nicht vom Teilfreispruch erfasst (s. UA S. 140 ff.), zumal da das Landgericht die unrichtige Behandlung der verfahrensgegenständlichen Umsätze in den für die I. und die IP. eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärungen als einheitliche Tat behandelt hat (UA S. 117). Für einen Schuldspruch wegen vollendeter Steuerhinterziehung hätte es jedoch jedenfalls tragfähiger Feststellungen zum Vorliegen einer Organschaft und zur fehlenden Steuerfreiheit der Umsätze mit den „Missing Tradern“ bedurft. Daran fehlt es jedoch aus den (unter 1.) bereits genannten Gründen.
75
3. Der vom Landgericht ausgesprochene Teilfreispruch geht ins Leere und ist daher gegenstandslos. Die Vorwürfe der unberechtigten Geltendmachung von Vorsteuern für Drucker zugunsten der I. und die der Nichtanmeldung wegen missbräuchlichen Verhaltens nicht steuerbefreiter innergemeinschaftlicher Lieferungen betreffen dieselbe Umsatzsteuerjahreserklärung und wären - wenn sie erwiesen würden - Teil einer einheitlichen Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 AO. Hinsichtlich eines Teils einer einheitlichen Straftat ist ein Teilfreispruch rechtlich nicht möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 11. August 2004 - 2 StR 224/04 mwN).
76
4. Die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. Der Senat hat geprüft, ob eine abschließende Entscheidung bereits in der Revisionsinstanz möglich ist. Dies ist jedoch nicht der Fall.
77
a) Eine Änderung des Schuldspruchs auf versuchte Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 22 StGB) wegen untauglichen Versuchs im Hinblick auf die für die I. eingereichte Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 kommt mangels tragfähiger Tatsachengrundlage nicht in Betracht.
78
Wegen untauglichen Versuchs macht sich strafbar, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt (§ 22 StGB), obwohl die tatsächlichen Voraussetzungen für Tatbestandsmerkmale fehlen, die er irrig für gegeben hält. Erforderlich ist, dass die Tat, so wie der Täter sie sich vorstellt, alle Merkmale des strafgesetzlichen Tatbestandes erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1954 - 1 StR 677/53, BGHSt 6, 251, 256).
79
Ob dies hier der Fall ist, d.h. ob die Angeklagten sich hier Umstände vorgestellt hatten, bei denen die I. die Umsätze mit den „Missing Tradern“ als umsatzsteuerpflichtige Umsätze hätte anmelden müssen, lässt sich den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils nicht zweifelsfrei entnehmen.
80
Zwar hat das Landgericht zum Vorstellungsbild der Angeklagten festgestellt , der Angeklagte H. habe seit dem 11. Dezember 2001 (UA S. 125) billigend in Kauf genommen, dass es sich bei den in Rede stehenden Vertragspartnern um „Missing Trader“ gehandelt habe und „die I. sich durch die Lieferungen an deren Steuerhinterziehungen beteiligte“. Auch der Angeklagte K. habe nach der Durchsuchung im Dezember 2002 (UA S. 126) damit gerechnet, dass die I. „Missing Trader“ beliefert hatte. Seine Überzeugung vom bedingten Tatvorsatz der Angeklagten stützt das Landgericht jedoch auf die von ihm getroffenen Feststellungen zur Rolle der von ihm als „Missing Trader“ eingestuften Vertragspartner. Da diese Feststellungen aber, wie oben dargestellt, unklar und widersprüchlich sind, können sie auch keine tragfähige Grundlage für Schlussfolgerungen zum Vorstellungsbild der Angeklagten darstellen. Mangels rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite kommt somit eine Abänderung des Schuldspruchs auf versuchte Steuerhinterziehung nicht in Betracht.
81
b) Auch ein (Teil-)Freispruch scheidet aus. Der Senat kann weder hinsichtlich der I. noch der IP. ausschließen, dass noch Feststellungen getroffen werden können, die einen Schuldspruch wegen (versuchter) Steuerhinterziehung rechtfertigen.

III.

82
Sofortige Beschwerden der Angeklagten gegen die Kostenentscheidung
83
Angesichts der Aufhebung des angefochtenen Urteils sind die sofortigen Beschwerden der Angeklagten gegen die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils (§ 464 Abs. 3 StPO) gegenstandslos.

C.

Revisionen der Staatsanwaltschaft
84
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben ebenfalls Erfolg; sie führen zulasten und zugunsten (§ 301 StPO) der Angeklagten zur vollständigen Aufhebung des angefochtenen Urteils.
85
Die Staatsanwaltschaft hat ihre zuungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen auf den Strafausspruch beschränkt. Eine Beschränkung eines Rechtsmittels allein auf den Rechtsfolgenausspruch ist zwar grundsätzlich zulässig. Die in der Regel gegebene Trennbarkeit zwischen Schuld- und Strafausspruch ist jedoch - ausnahmsweise - zu verneinen, wenn die Schuldfeststellungen eine Überprüfung des Strafausspruchs nicht ermöglichen. Dies ist der Fall, wenn unklar bleibt, ob sich der Angeklagte überhaupt strafbar gemacht hat. Derartige Feststellungen können nicht Grundlage eines Strafausspruchs sein (vgl. BGH, Urteile vom 26. Juli 2012 - 1 StR 492/11, wistra 2012, 477, vom 22. Mai 2012 - 1 StR 103/12, wistra 2012, 350 mwN und vom 22. Februar 1996 - 1 StR 721/95, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 12; Gössel in Löwe/ Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 318 Rn. 38 zum insoweit gleich zu behandelnden Fall der Berufungsbeschränkung).
86
So verhält es sich hier. Wie dargelegt, tragen die bisher getroffenen Feststellungen die Schuldsprüche nicht und bieten deshalb keine Grundlage für die Prüfung eines Rechtsfolgenausspruchs, so dass die Rechtsmittelbeschränkung unwirksam ist. Somit führt auch die Revision der Staatsanwaltschaft zur Aufhebung des Urteils insgesamt. Daher gilt für das neue Tatgericht das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) nicht.

D.

87
Für die neue Hauptverhandlung bemerkt der Senat:
88
Sollte das neue Tatgericht wieder zu der Feststellung gelangen, dass von der Finanzverwaltung ein Umsatzsteuerguthaben zurückgehalten wurde, das den erstrebten Verkürzungsumfang übersteigt, würde dies für sich allein nicht die Annahme rechtfertigen, der Steueranspruch sei nicht ernsthaft gefährdet gewesen (UA S. 135). Er wäre hier bereits dann gefährdet, wenn die Möglichkeit bestünde, dass die Voraussetzungen einer Versagung der Steuerbefreiung für durchgeführte innergemeinschaftliche Lieferungen sich nicht erweisen oder die Voraussetzungen der Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 UStG sich nicht widerlegen lassen könnten, obwohl sie tatsächlich nicht gegeben sind. Wahl Graf Jäger Cirener Radtke

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder
2.
als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen wird bestraft, wer

1.
eine Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht,
2.
vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, oder
3.
vorsätzlich oder fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 kann das Kraftfahrzeug, auf das sich die Tat bezieht, eingezogen werden, wenn der Täter

1.
das Fahrzeug geführt hat, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder obwohl eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs gegen ihn angeordnet war,
2.
als Halter des Fahrzeugs angeordnet oder zugelassen hat, dass jemand das Fahrzeug führte, dem die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder gegen den eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs angeordnet war, oder
3.
in den letzten drei Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Tat nach Absatz 1 verurteilt worden ist.

(1) Durch rechtzeitige Einlegung der Berufung wird die Rechtskraft des Urteils, soweit es angefochten ist, gehemmt.

(2) Dem Beschwerdeführer, dem das Urteil mit den Gründen noch nicht zugestellt war, ist es nach Einlegung der Berufung sofort zuzustellen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 1 3 9 / 1 4
vom
12. Juni 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Juni
2014, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Mayer,
Gericke
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 12. August 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Hildesheim zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hatte den Angeklagten B. und den früheren Mitangeklagten T. durch Urteil vom 23. April 2012 jeweils wegen Mordes schuldig gesprochen. Den Angeklagten T. hatte es zur lebenslangen, den Angeklagten B. zur Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Auf die zuungunsten des Angeklagten B. eingelegte, wirksam auf den Strafausspruch beschränkte und auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft hatte der Senat dieses Urteil, soweit es den Angeklagten B. betraf, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben , da die Strafkammer die Anwendung des gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrundes gemäß § 46b StGB nicht rechtsfehlerfrei begründet hatte. Im Umfang der Aufhebung war die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen worden.

2
Nunmehr hat das Landgericht den Angeklagten wiederum zur Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft erneut und stützt ihr zuungunsten des Angeklagten eingelegtes Rechtsmittel auf die mit Einzelbeanstandungen ausgeführte Sachbeschwerde. Das - vom Generalbundesanwalt vertretene - Rechtsmittel hat Erfolg.
3
Das Urteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Es verstößt gegen den Grundsatz der innerprozessualen Bindung an nicht aufgehobene Feststellungen des früheren Urteils vom 23. April 2012.
4
1. Das Landgericht hatte in diesem Urteil zur Tat des Angeklagten Folgendes festgestellt:
5
Der frühere Mitangeklagte T. und der Angeklagte B. lebten seit etwa Ende Februar 2011 in einem Zelt. In T. , der mit dieser Wohnsituation unzufrieden war, reifte der Plan, den Angeklagten B. zu veranlassen, den mit ihm befreundeten L. zu töten, um dessen Wohnung zu übernehmen und außerdem zwei Laptops des Opfers zu erlangen. Am Abend des 23. Mai 2011 gab der Angeklagte B. , auf den T. nach einem gemeinsamen Besuch in der Wohnung des L. täglich mehrfach eingewirkt hatte, diesen "platt zu machen", nach anfänglicher Ablehnung dieses Ansinnens dem T. zu verstehen, dass er das Opfer aufsuchen und töten wolle. Beide waren sich dahin einig, dass der Angeklagte B. den L. töten wollte und sollte sowie, dass es um die Erlangung der Laptops und den Bezug der Wohnung des Opfers ging. Um den - im Wesentlichen abgesprochenen - gemeinsamen Tatplan umzusetzen, brachen die beiden am 24. Mai 2011 kurz nach 0:00 Uhr von ihrem Zeltplatz auf.
6
Der Angeklagte B. begab sich schließlich gegen 01:00 Uhr in die Wohnung des abwesenden L. und öffnete diese mit einem Schlüssel, den T. in Besitz hatte. Die Wohnungstür versperrte er hinter sich wieder, um zu vermeiden, dass L. bei seiner Rückkehr Verdacht schöpfte. Nach ca. zehn Minuten erschien dieser und betrat nach dem Wohnzimmer das Schlafzimmer , hinter dessen Tür sich der Angeklagte B. versteckt hatte. Sofort sprühte dieser in Beginn der Ausführung der geplanten Tötung Reizgas gegen L. , um dann sogleich einen tödlichen Stich mit dem hierzu mitgeführten Messer setzen zu können. Nach einem weiteren Einsatz des Reizgases, von dem der Angeklagte selbst getroffen worden war, lief er zunächst in die Küche und öffnete ein Fenster. Danach ging er sofort ins Wohnzimmer, wohin sich L. mittlerweile begeben hatte, und versetzte diesem in Ausführung des Tatplans einen Stich gegen den Hals, durch den dieser durchstochen wurde. Im Verlauf eines Zeitraumes von etwa einer Stunde bis zu einer Stunde und 30 Minuten brachte der Angeklagte B. dem L. weitere - für sich jeweils nicht tödliche - 61 Stich-/Schnittverletzungen bei, um sein Opfer besonders leiden zu lassen und ihm erhebliche Schmerzen zuzufügen. Schließlich tötete der Angeklagte den L. , indem er ihm ein Kissen auf das Gesicht legte und sich - eine Zigarette rauchend - solange darauf setzte, bis sein Opfer kein Lebenszeichen mehr von sich gab.
7
Der Angeklagte B. hatte eingeräumt, L. getötet zu haben, und die Ereignisse im Vorfeld der Tat und das Tatgeschehen so wie festgestellt geschildert. Weiter hatte er nach den Urteilsgründen zu dem Tatgeschehen angegeben:
8
Er habe sich in L. gesehen, als dieser ihn gebeten hatte aufzuhören , weil er nichts getan habe, sowie in diesem Moment daran gedacht, dass sein Vater ihn früher auf brutale Art und Weise misshandelt und vergewaltigt habe. Er habe seinen Vater damals ebenfalls gebeten aufzuhören, weil er nichts getan habe. Den Umstand, dass L. homosexuell gewesen sei, habe er mit seinem Vater in Verbindung gebracht, weil er von diesem sexuell missbraucht worden sei. Deshalb habe er extremen Hass empfunden, als er gegen L. vorgegangen sei. Wegen dessen Homosexualität habe er bereits beim Kennlernen einen leichten Hass gegen ihn verspürt.
9
Im Rahmen der Beweiswürdigung hatte das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte B. den Tatentschluss gefasst hatte, bevor er mit dem Angeklagten T. den Zeltplatz verließ, und dass er L. nach gemeinsamem Tatentschluss mit dem Mitangeklagten T. getötet hatte, um diesen in den Besitz der Wohnung sowie des Laptops und des Netbooks zu bringen. Weiterhin hatte das Landgericht ausgeführt, dass die Einlassung des Angeklagten , er habe die Tat begangen, weil er sich in L. gesehen habe, zur Überzeugung der Strafkammer widerlegt sei.
10
2. In dem nunmehr angefochtenen Urteil hat das Landgericht festgestellt, dass zugunsten des Angeklagten B. aufgrund seiner Einlassung in der neuen Hauptverhandlung "das Folgende zumindest nicht auszuschließen" sei:
11
Als er sich in der Wohnung des L. befand und im Schlafzimmer auf diesen wartete, erinnerte er sich wieder an seine Kindheit und hierbei insbesondere an die Misshandlungen durch seinen Vater, wie auch an die Vorfälle, in denen er von diesem und dem älteren Heimmitbewohner sexuell missbraucht worden war. Er dachte mit Abscheu daran, dass L. homosexuell war, ihm dies gegenüber in der Vergangenheit offen gezeigt und er, B. , sich dadurch belästigt gefühlt hätte. Dies führte dazu, dass er, insbesondere aufgrund der Anteile seiner Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus, den L. absolut entwertet wahrnahm. Das hatte zur Folge, dass zu dem ursprünglichen - von der 13. großen Strafkammer bindend festgestellten - Plan, L. um seiner Habseligkeiten und der Wohnung willen umzubringen, das Verlangen hinzukam , den durch die vorgenannten Erinnerungen aufkommenden Hass an L. auszulassen und einem Gefühl, sich gegen zuvor erlebtes Unrecht wehren zu müssen, nachzugeben, indem er L. umbringt.
12
3. Diese Vorgehensweise begegnet mit Blick auf die innerprozessuale Bindungswirkung der nicht aufgehobenen Feststellungen des Urteils vom 23. April 2012 durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
13
Im Einzelnen:
14
a) Hebt das Revisionsgericht ein Urteil in Anwendung des § 353 Abs.2 StPO nur im Strafausspruch mit den dazugehörigen Feststellungen auf, so bezieht sich diese Aufhebung nur auf solche Umstände tatrichterlicher Sachverhaltsdarstellung , die ausschließlich die Straffrage betreffen. Hinsichtlich des nicht beanstandeten Schuldspruchs tritt Teilrechtskraft ein. Tatrichterliche Feststellungen , die ausschließlich die Schuldfrage betreffen, und solche, die als doppelrelevante Umstände zugleich für Schuld- und Straffrage von Bedeutung sind, bleiben aufrechterhalten (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 1971 - 2 StR 522/71, BGHSt 24, 274, 275; vgl. auch BGH, Beschluss vom 21. Oktober 1980 - 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359, 366 ff.).
15
An die nicht aufgehobenen Feststellungen ist der Tatrichter im weiteren Verfahren gebunden. Er darf diese zwar noch ergänzen; diese zusätzlichen Feststellungen dürfen den bestehen gebliebenen und mithin bindend gewordenen jedoch nicht widersprechen. Die den Schuldspruch tragenden Feststellungen sind nämlich die "unantastbare Grundlage für das weitere Verfahren und wesentlicher Teil des abschließenden Urteils". Dies folgt aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit (inneren Einheit) und damit notwendigen Widerspruchsfreiheit der Entscheidung, der unabhängig davon Gültigkeit beansprucht, ob ein Urteil über die Schuld- und Straffrage gleichzeitig entscheidet, oder ob nach rechtskräftigem Schuldspruch die Strafe aufgrund einer zum Strafausspruch erfolgreichen Revision neu festgesetzt wird. Beweiserhebungen, die darauf abzielen , aufrechterhaltene und damit bindende Feststellungen in Zweifel zu ziehen , sind unzulässig. Beweisergebnisse, die im Widerspruch zu bindenden Feststellungen stehen, haben außer Betracht zu bleiben (BGH, Urteil vom 14. Januar 1982 - 4 StR 642/81, BGHSt 30, 340, 342 ff.; vgl. Winkler in StraFo 2004, 369, 370 f.; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 353 Rn. 27 ff., 34).
16
Nicht erfasst von der (Teil-)Aufhebung werden zunächst einmal alle jene Umstände der Sachverhaltsdarstellung, in denen die gesetzlichen Merkmale der dem Angeklagten zur Last gelegten Straftaten gefunden wurden. Hätte dabei von mehreren Tatsachen bereits ein Teil ausgereicht, um ein Tatbestandsmerkmal zu erfüllen, so gehören gleichwohl alle zum Schuldspruch. An dessen Bindungswirkung nimmt also nicht etwa nur das Mindestmaß an Tatsachen teil, ohne das der Schuldspruch überhaupt keinen Bestand mehr hätte. Vielmehr unterliegen auch solche Abweichungen, durch die nur der Schuldumfang betroffen , die rechtliche Beurteilung aber nicht in Frage gestellt wird, dem Widerspruchsverbot (vgl. BGH, Urteil vom 30. August 1978 - 2 StR 323/78, BGHSt 28, 119, 121). Ebenfalls teil an der Bindungswirkung haben die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen über den Zeitpunkt des Tatentschlusses (BGH, Urteil vom 14. November 1978 - 1 StR 439/78, juris Rn. 6), das tatauslösende Moment (BGH, Beschluss vom 15. April 1977 - 2 StR 97/77; Urteil vom 6. Mai 1981 - 2 StR 105/81) sowie die Beweggründe für die Tatbegehung (BGH, Beschluss vom 23. Februar 1979 - 2 StR 728/78; vgl. auch KK-Gericke, 7. Aufl., § 353 Rn. 24 ff., 31 mwN).
17
Über die Tatumstände hinaus, die die gesetzlichen Merkmale der dem Angeklagten zur Last gelegten Tat ausfüllen oder auszufüllen geeignet sind, entfalten zum einen auch die Bestandteile der Sachverhaltsschilderung innerprozessuale Bindungswirkung, aus denen der Tatrichter im Rahmen der Beweiswürdigung seine Überzeugung von der Schuld des Angeklagten abgeleitet hat (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 1966 - 2 StR 254/66). Zum anderen nehmen aber auch jene Teile der Sachverhaltsdarstellung als den Schuldspruch tragend an der Bindungswirkung teil, die das Tatgeschehen im Sinne eines geschichtlichen Vorgangs näher beschreiben, zum Beispiel die Umstände schildern , die der Tatausführung das entscheidende Gepräge gegeben haben. Der geschichtliche Vorgang, der dem Schuldspruch zugrunde liegt, bildet ein geschlossenes Ganzes, aus dem nicht Einzelteile heraus gegriffen und zum Gegenstand neuer, abweichender Feststellungen gemacht werden dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 1978 - 2 StR 632/78; Urteile vom 14. Januar 1982 - 4 StR 642/81, NJW 1982, 1295 f. und vom 24. September 1987 - 4 StR 413/87, BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teilrechtskraft 3; Beschlüsse vom 31. Oktober 1995 - 1 StR 454/95, NStZ-RR 1996, 203, 204; vom 17. November 1998 - 4 StR 528/98, NStZ 1999, 259, 260 und vom 16. Mai 2002 - 3 StR 124/02, bei Becker NStZ-RR 2003, 97, 101, juris Rn. 3 f.; Urteil vom 30. November 2005 - 5 StR 344/05, NStZ-RR 2006, 317, 318). Die Bindungswirkung des im Schuldspruch rechtskräftigen Urteils macht allein vor sol- chen Feststellungen Halt, die nicht zum Tatgeschehen gehören (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2009 - 3 StR 301/09, juris Rn. 4; Urteil vom 4. Dezember 1984 - 1 StR 430/84, NJW 1985, 638, juris Rn. 7; Beschlüsse vom 22. Januar 2002 - 1 StR 564/01, juris Rn. 5, und vom 27. Juni 2006 - 4 StR 190/06, StV 2007, 23 [fortdauernde Folgen der Tat]; Beschluss vom 26. Mai 2004 - 4 StR 149/04, bei Becker NStZ-RR 2005, 257, 262, juris Rn. 7 [Nachtatverhalten ]; vgl. KK-Gericke, aaO, § 353 Rn. 31).
18
b) Danach hätte das Landgericht die aufgrund der Einlassung des Angeklagten in der neuen Hauptverhandlung getroffenen zusätzlichen Feststellungen seiner Entscheidung nicht zugrunde legen dürfen. Denn diese widersprechen den auf der Grundlage der damaligen Beweiswürdigung des Landgerichts getroffenen und durch die Entscheidung des Senats nicht aufgehobenen Feststellungen des Urteils vom 23. April 2012 zum Zeitpunkt des Tatentschlusses sowie zu den Motiven und Beweggründen des Angeklagten und seinem inneren Zustand einschließlich seiner Gedanken und Gefühlsregungen vor und bei Begehung des Mordes. Während das Landgericht in seinem ersten Urteil hierzu festgestellt hatte, dass der Angeklagte den Tatentschluss gefasst hatte, bevor er mit dem Mittäter T. den Zeltplatz verließ, und dass er L. ausschließlich deshalb tötete, um T. in den Besitz der Wohnung sowie des Laptops und des Netbooks zu bringen, hat das Landgericht nunmehr festgestellt, dass bei dem Angeklagten - zusätzlich zu den bereits im ersten Urteil festgestellten Motiven - das erst in der Wohnung seines Opfers entstandene Verlangen hinzukam, den durch seine Erinnerungen an seinen Vater und frühere Missbrauchsgeschehnisse aufkommenden Hass an dem L. auszulassen sowie einem Gefühl, sich gegen das früher erlebte Unrecht wehren zu müssen, nachzugeben, indem er diesen umbringt. Diese neuen Feststellungen beruhen auf derselben Einlassung des Angeklagten, die das Landgericht in seinem ers- ten Urteil ausdrücklich als widerlegt angesehen hat. Insoweit war die Strafkammer durch das erste Urteil gebunden.
19
Soweit der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass die sich auf den Ausschluss einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit beziehenden Feststellungen zur Alkoholisierung eines Angeklagten (ausschließlich) die Straffrage betreffen und nach Aufhebung (allein) des Strafausspruches und Zurückverweisung der Sache das Tatgericht zur Trinkmenge eigene (neue) Feststellungen treffen muss (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 4. November 2008 - 3 StR 336/08, NStZ-RR 2009, 148; vom 12. September 2000 - 4StR 358/00, juris Rn. 5, sowie Urteil vom 15. April 1997 - 5 StR 24/97, NStZ-RR 1997, 237) steht dies der vorliegenden Entscheidung nicht entgegen. Denn diese Rechtsprechung bezieht sich nur auf Feststellungen, die sich auf den rechtsfehlerhaften Ausschluss einer alkoholbedingten erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten beziehen und betrifft daher eine andere Fallkonstellation als die vorliegende.
20
4. Auf dem dargelegten Rechtsfehler beruht das Urteil, da das Landgericht aufgrund seiner zusätzlichen Feststellungen davon ausgegangen ist, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Tat erheblich vermindert war und gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB die nach § 211 Abs. 1 StGB zu verhängende lebenslange Freiheitsstrafe in zeitige Strafe gemildert hat.
21
Dies hat die Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Folge. Auf die Einzelbeanstandungen der Revision kommt es danach nicht mehr an.
22
Der Senat hat von § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alternative StPO Gebrauch gemacht und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Hildesheim zurückverwiesen.
Schäfer RiBGH Pfister befindet sich Hubert im Urlaub und ist deshalb an der Unterschrift gehindert. Schäfer Mayer Gericke

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder ihm das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist, oder
2.
als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen wird bestraft, wer

1.
eine Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht,
2.
vorsätzlich oder fahrlässig ein Kraftfahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist, oder
3.
vorsätzlich oder fahrlässig als Halter eines Kraftfahrzeugs anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, obwohl der vorgeschriebene Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung in Verwahrung genommen, sichergestellt oder beschlagnahmt ist.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 kann das Kraftfahrzeug, auf das sich die Tat bezieht, eingezogen werden, wenn der Täter

1.
das Fahrzeug geführt hat, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder obwohl eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs gegen ihn angeordnet war,
2.
als Halter des Fahrzeugs angeordnet oder zugelassen hat, dass jemand das Fahrzeug führte, dem die Fahrerlaubnis entzogen oder das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuchs oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten war oder gegen den eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs angeordnet war, oder
3.
in den letzten drei Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Tat nach Absatz 1 verurteilt worden ist.