Einziehung von Taterträgen

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Einziehung von Taterträgen

originally published: 04.07.2024 19:03, updated: 04.07.2024 19:03

Einziehung von Taterträgen gemäß den §§ 73 ff. StGB

Die Einziehung von Taterträgen ist ein zentrales Instrument des Strafrechts, um sicherzustellen, dass Straftäter nicht von ihren illegalen Handlungen profitieren. Dieses Rechtsgebiet ist in den §§ 73 ff. des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt und umfasst verschiedene Maßnahmen zur Abschöpfung illegal erworbener Vermögenswerte.

Grundlagen der Einziehung von Taterträgen

Die Einziehung von Taterträgen zielt darauf ab, rechtswidrig erlangte Vorteile abzuschöpfen. Nach § 73 StGB kann das Gericht anordnen, dass alle durch die Tat erlangten Vermögenswerte eingezogen werden. Dies dient sowohl der Prävention als auch der Bestrafung, indem sichergestellt wird, dass kriminelles Handeln sich nicht lohnt.

Voraussetzungen und Verfahren

Für die Einziehung muss ein Vermögensvorteil nachweislich aus einer Straftat stammen. Es reicht aus, wenn der Vorteil in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Tat steht. Dies kann sowohl direkte Erlöse als auch indirekte Gewinne umfassen, wie beispielsweise Zinsen auf illegal erworbene Gelder.

Das Verfahren zur Einziehung erfolgt im Rahmen des Strafverfahrens. Dabei muss das Gericht die Herkunft und den Wert der Vermögensvorteile feststellen. Im Anschluss wird durch Urteil die Einziehung angeordnet. In der Praxis ist dies oft ein komplexer Prozess, der detaillierte Ermittlungen erfordert.

Brutto- und Nettoprinzip

Ein wesentlicher Aspekt ist die Unterscheidung zwischen dem Brutto- und dem Nettoprinzip. Nach dem Bruttoprinzip wird der gesamte Bruttobetrag des durch die Tat erlangten Vorteils eingezogen, ohne Abzüge. Dies gilt insbesondere bei illegalen Geschäften, wo das Bruttoprinzip strikt angewendet wird. Das Nettoprinzip hingegen würde nur den tatsächlich verbleibenden Gewinn nach Abzug von Kosten erfassen, was jedoch in der Praxis weniger Anwendung findet.

Entreicherung und Unverhältnismäßigkeit

Gemäß § 459g StPO kann die Vollstreckung der Einziehung unterbleiben, wenn der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist (Entreicherung) oder wenn die Vollstreckung unverhältnismäßig wäre. Dies dient dem Schutz der Betroffenen vor existenziellen Härten und stellt sicher, dass die Einziehung nicht zu einer unzumutbaren Belastung führt.

Abgrenzung zum Zivilrecht

Im Gegensatz zum zivilrechtlichen Bereicherungsrecht, das in den §§ 812 ff. BGB geregelt ist, folgt die strafrechtliche Vermögensabschöpfung eigenen Regeln. Während das Zivilrecht auf die Rückgabe ungerechtfertigter Bereicherungen abzielt, geht es im Strafrecht um die Prävention und Sanktionierung von Straftaten durch die Entziehung der Taterträge.

Praktische Relevanz

Die Einziehung von Taterträgen hat in der Praxis eine erhebliche Bedeutung. Sie wird in einer Vielzahl von Fällen angewendet, von Wirtschaftsdelikten über Drogenhandel bis hin zu Korruption. Die effektive Umsetzung dieser Maßnahmen erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungsbehörden, Gerichten und oft auch internationalen Institutionen.

Fazit

Die Einziehung von Taterträgen gemäß den §§ 73 ff. StGB ist ein mächtiges Werkzeug im Kampf gegen die Kriminalität. Sie stellt sicher, dass Verbrechen sich nicht lohnen und trägt zur Gerechtigkeit bei. Anwälte, die in diesem Bereich tätig sind, müssen sowohl die gesetzlichen Grundlagen als auch die praktischen Herausforderungen der Vermögensabschöpfung genau kennen, um ihre Mandanten effektiv vertreten zu können.

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Wer sollte diesen Beschluss lesen und warum? Der Beschluss ist relevant für Strafrechtler, insbesondere Verteidiger und Richter, sowie für Wissenschaftler, die sich mit der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung befassen. Die Entsc
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Wer sollte diesen Beschluss lesen und warum?
Der Beschluss ist relevant für Strafrechtler, insbesondere Verteidiger und Richter, sowie für Wissenschaftler, die sich mit der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung befassen. Die Entscheidung klärt, unter welchen Voraussetzungen Vermögenswerte im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB als „erlangt“ gelten und wie transitorischer Besitz von faktischer Verfügungsgewalt abzugrenzen ist. Diese Abgrenzung hat erhebliche praktische Auswirkungen auf die Höhe der Einziehungsbeträge in Betrugsfällen.

Inhalt der Entscheidung:
Die Angeklagte war als „Abholerin“ in einem Betrugssystem tätig, das mit dem „Polizistentrick“ arbeitete. Sie transportierte von den Opfern übergebene Vermögensgegenstände über kurze Distanzen und übergab sie direkt an eine Mittäterin, ohne diese längerfristig unter eigener Verfügungsgewalt zu halten. Der BGH stellte fest, dass ein solch transitorischer Besitz keinen „rechtserheblichen Vermögenszufluss“ im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB darstellt.

Die Einziehung des Wertes von Taterträgen beschränkte sich daher auf den von der Angeklagten vereinnahmten Tatlohn von 2.050 Euro, während die zuvor angeordnete Einziehung von 79.000 Euro als unrechtmäßig verworfen wurde.

Wesentliche Lehren aus dem Beschluss:

  1. Transitorischer Besitz vs. faktische Verfügungsgewalt: Der BGH unterstreicht, dass allein die kurzfristige Weiterleitung von Vermögenswerten ohne eigenständige Kontrolle keinen Vermögenszufluss begründet.
  2. Begrenzung der Einziehung: Nur Vermögenswerte, die der Täter als eigenen Vorteil erlangt, unterliegen der Einziehung. Im vorliegenden Fall war dies lediglich der Tatlohn.

Relevanz für die Praxis:
Der Beschluss bietet klare Leitlinien zur Abgrenzung zwischen transitorischem Besitz und faktischer Verfügungsgewalt und schützt in Fällen wie dem vorliegenden Täter mit begrenzter Tatbeteiligung vor einer übermäßigen Vermögensabschöpfung.

published on 06.01.2025 17:27

In diesem Urteil setzt sich der Bundesgerichtshof mit der Einziehung von Taterträgen (§ 73 Abs. 1 StGB) im Zusammenhang mit Beihilfe zum Betrug auseinander. Der Angeklagte war als Abholer im Rahmen des "Polizistentricks" tätig und holt
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In diesem Urteil setzt sich der Bundesgerichtshof mit der Einziehung von Taterträgen (§ 73 Abs. 1 StGB) im Zusammenhang mit Beihilfe zum Betrug auseinander. Der Angeklagte war als Abholer im Rahmen des "Polizistentricks" tätig und holte betrügerisch erlangte Wertgegenstände von Geschädigten ab. Während seine Revision erfolglos blieb, führte die Revision der Staatsanwaltschaft zur Teilaufhebung der Einziehungsentscheidung.

Zentrale Aussagen des Urteils:

  • Der BGH lehnt eine zivilrechtsakzessorische Betrachtung ab und betont das strafrechtsautonome Begriffsverständnis des „Erlangten“.

 

  • Wertgegenstände, die der Angeklagte nach der Abholung über längere Strecken transportierte, waren nicht nur transitorisch in seinem Besitz und unterliegen somit der Einziehung.

 

  • Die Höhe der Einziehung des Wertes von Taterträgen wurde zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen.

Zielgruppe: Strafverteidiger, Staatsanwälte, Richter und Rechtsexperten, die sich mit der Vermögensabschöpfung und der Abgrenzung von Taterträgen und Tatmitteln befassen.

Relevanz: Das Urteil liefert praxisrelevante Leitlinien zur Einziehung von Taterträgen bei unterstützenden Tatbeiträgen und präzisiert die Anforderungen an die tatsächliche Verfügungsgewalt des Angeklagten.

published on 06.01.2025 12:30

Einziehung von Taterträgen aus unerlaubten Bankgeschäften und sittenwidrigen Darlehen: Klärung des Bruttoprinzips und der gesamtschuldnerischen Haftung Der Beschluss des OLG Hamm setzt neue Maßstäbe für die Einziehung v
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Einziehung von Taterträgen aus unerlaubten Bankgeschäften und sittenwidrigen Darlehen: Klärung des Bruttoprinzips und der gesamtschuldnerischen Haftung

Der Beschluss des OLG Hamm setzt neue Maßstäbe für die Einziehung von Vermögenswerten aus unerlaubten Bankgeschäften (§§ 32, 54 KWG) und sittenwidrigen Darlehen (§ 138 BGB). Das Gericht ordnete die Einziehung von Zinsen, Provisionen und zurückgezahlten Darlehensvaluten als Taterträge nach § 73 StGB an und betonte das Bruttoprinzip der Vermögensabschöpfung.

Wesentliche Punkte sind:

  • Die Rückzahlungen der Darlehensnehmer gelten als Erlangtes im Sinne von § 73 StGB, da sie kausal durch die Tat erlangt wurden.
  • Provisionen, die zwischen Beteiligten ausgetauscht wurden, führen zu gesamtschuldnerischer Haftung.
  • Noch ausstehende Rückzahlungsansprüche der Darlehensgeber unterliegen nicht der Einziehung, da keine zivilrechtlich wirksame Forderung besteht.

Zielgruppe: Der Beschluss richtet sich an Strafverteidiger, Staatsanwälte und Richter, die sich mit Vermögensabschöpfung in Wirtschaftsstrafverfahren befassen. Die Entscheidung ist auch für Berater relevant, die Mandanten in Kreditvergabeverfahren begleiten.

Relevanz: Der Beschluss verdeutlicht die Anwendung des Bruttoprinzips und der gesamtschuldnerischen Haftung in der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung. Er ist ein wichtiger Baustein zur Rechtsklarheit im Umgang mit wirtschaftsstrafrechtlichen Taterträgen und Tatmitteln.

published on 06.01.2025 12:01

Der Beschluss des Bundesgerichtshofs (3 StR 390/21) präzisiert die strafrechtlichen Maßstäbe für die Einziehung von Vermögenswerten aus kriminellen Handlungen, insbesondere aus Betäubungsmittelhandel und unerlaubten Ban
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Der Beschluss des Bundesgerichtshofs (3 StR 390/21) präzisiert die strafrechtlichen Maßstäbe für die Einziehung von Vermögenswerten aus kriminellen Handlungen, insbesondere aus Betäubungsmittelhandel und unerlaubten Bankgeschäften. Die Entscheidung richtet sich an Strafrechtler, Insolvenzrechtler, und Praktiker im Bereich der Vermögensabschöpfung und zeigt praxisrelevante Grenzen und Anforderungen an die Einziehung von Taterträgen und Tatobjekten auf.

Im konkreten Fall korrigierte der BGH die Einziehungsentscheidung des Landgerichts Duisburg von etwa 135.000 € auf 80.003,92 €, da zurückgezahlte Darlehensvaluten nicht als Taterträge, sondern als Tatobjekte zu bewerten sind und einer Einziehung entzogen bleiben. Die verbleibenden Einziehungen betrafen Erträge aus Betäubungsmittelverkäufen sowie Zinsen aus unerlaubten Bankgeschäften.

Der Beschluss verdeutlicht die feingliedrige Differenzierung zwischen Tatobjekten und Taterträgen im Rahmen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung und stellt klar, dass bei unerlaubten Bankgeschäften nur Gewinne – nicht jedoch Rückzahlungen von Darlehensbeträgen – eingezogen werden können.

Für Fachleute bietet das Urteil wertvolle Einsichten in die aktuelle BGH-Rechtsprechung zur strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, insbesondere bei komplexen Wirtschafts- und Drogendelikten.