vorgehend
Landgericht Bielefeld, 12 O 91/09, 05.05.2011
Oberlandesgericht Hamm, 18 U 129/11, 21.05.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 377/12
vom
16. Januar 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Durch das Einreichen eines die mündliche Verhandlung lediglich vorbereitenden
Schriftsatzes hat sich eine Partei noch nicht in eine Verhandlung vor dem
als befangen abgelehnten Richter eingelassen.
BGH, Beschluss vom 16. Januar 2014 - XII ZB 377/12 - OLG Hamm
LG Bielefeld
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Januar 2014 durch
den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling,
Dr. Nedden-Boeger und Guhling

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 21. Mai 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Wert: 272.665 €

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten über die Beendigung eines gewerblichen (Zwischen -)Mietverhältnisses aufgrund einer vom Kläger als Vermieter wegen Zahlungsverzuges ausgesprochenen Kündigung. Das Landgericht hat dem auf Feststellung der Beendigung des Mietverhältnisses gerichteten Klageantrag vollständig und dem Antrag auf Mietzahlung überwiegend stattgegeben.
2
Dagegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Mit prozessleitender Verfügung vom 6. Oktober 2011 hat der Senatsvorsitzende des zuständigen Zivilsenats beim Oberlandesgericht Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 27. Februar 2012 bestimmt und den Parteien Hinweise erteilt. Hinsichtlich der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung hat er das Vorliegen eines ("schuldhaften" ) Zahlungsverzugs bezweifelt und hierzu unter anderem ausgeführt: "Angesichts des Chaos, das der Kläger, der mit seinen undurchschaubaren Machenschaften ausschließlich steuerliche Zwecke verfolgt und sich in einem Geflecht mietrechtlicher und steuerlicher Überlegungen verheddert hat, hinsichtlich der zu zahlenden Miete angerichtet hat, erscheint der Vortrag der Beklagten mehr als gut erklärbar, dass die Höhe der geschuldeten Miete für sie nicht mehr nachvollziehbar sei." Des Weiteren bestünden (u.a.) Bedenken gegen die Wirksamkeit der Kündigung wegen des "eigenen grob vertrags- und treuwidrigen Verhaltens" des Klägers. In der Verfügung ist den Parteien gemäß § 521 Abs. 2 ZPO - unter Hinweis auf Verspätungsfolgen - Gelegenheit gegeben worden, abschließend bis zum 17. November 2011 zu der Berufungsbegründung der (jeweiligen) Gegenseite Stellung zu nehmen.
3
Der Kläger hat sodann mit einem Schriftsatz vom 16. November 2011 in der Sache vorgetragen und zu den erteilten Hinweisen Stellung genommen.
4
Mit einem im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27. Februar 2012 überreichten Schriftsatz vom 24. Februar 2012 hat der Kläger den Vorsitzenden Richter R. sowie den Berichterstatter, Dr. H., der die prozessleitende Verfügung vorbereitet hat, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Er hat dies damit begründet, die abgelehnten Richter hätten sich in der prozessleitenden Verfügung unangemessen geäußert. Durch eine Bevorzugung bestrittenen Vorbringens der Beklagten hätten sie Sachverhalte zu seinen Lasten unterstellt und in einer Weise gewürdigt, die die Besorgnis begründeten, dass die Richter nicht unvoreingenommen seien. Mit Schriftsatz vom 19. März 2012 hat der Kläger sein Befangenheitsgesuch im Hinblick auf die dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter sowie auf eine Äußerung des Vorsitzenden Richters in der Sitzung vom 27. Februar 2012 auf weitere Gründe gestützt.
5
Das Oberlandesgericht hat im angefochtenen Beschluss "die Ablehnungsgesuche des Klägers vom 24. Februar 2012" als unzulässig verworfen. "Die Ablehnungsgesuche vom 19. März 2012" hat es als unbegründet zurückgewiesen. Es hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, soweit die Ablehnungsgesuche als unzulässig verworfen worden sind.
6
Mit der Rechtsbeschwerde erstrebt der Kläger die Aufhebung des (in vollem Umfang) angefochtenen Beschlusses und verfolgt seine Befangenheitsgesuche weiter.

II.

7
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO aufgrund der Zulassung durch das Oberlandesgericht statthaft (vgl. BGH Beschluss vom 8. November 2004 - II ZB 24/03 - NJW-RR 2005, 294) und auch ansonsten zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
8
1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 24. Februar 2012 unzulässig. Der Kläger habe sich durch den Schriftsatz vom 16. November 2011 im Sinne von § 43 ZPO in eine Verhandlung eingelassen und sei daher hinsichtlich bekannter Ablehnungsgründe ausgeschlossen. Nach allgemeiner Meinung genüge für ein Einlassen im Sinne von § 43 ZPO jedes prozessuale Handeln einer Partei unter Mitwirkung des Richters , das der weiteren Sachbearbeitung und Streiterledigung diene. Darunter fielen nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift auch vorbereitende Schriftsätze, wenn diese nicht nur formale Aspekte des Verfahrensablaufs beträfen. Der hiervon abweichenden Auffassung sei nicht zu folgen. Zum Einen stelle § 43 ZPO das Erfordernis einer mündlichen Verhandlung nicht auf. Zum Anderen sei auch im Vorfeld der mündlichen Verhandlung richterliche Arbeit zu leisten und wolle § 43 ZPO verhindern, dass diese später nutzlos werde.
9
Mit dem "Ablehnungsgesuch vom 19. März 2012" habe der Kläger keine Gründe vorgebracht, die die Besorgnis der Befangenheit begründen könnten. Die Äußerung des Vorsitzenden Richters bei der Entgegennahme des ersten Befangenheitsgesuchs, man habe dieses erwartet, bringe nur zum Ausdruck, dass der Befangenheitsantrag den Senat nicht überrascht habe. Auch die dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter, in denen sie die in der Hinweisverfügung vertretene Ansicht verteidigten, enthielten keinen Befangenheitsgrund.
10
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
11
a) Der angefochtene Beschluss steht in vollem Umfang zur Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Die Rechtsbeschwerde macht mit Recht geltend, dass die vom Oberlandesgericht im angefochtenen Beschluss ausgesprochene Beschränkung der Rechtsbeschwerdezulassung nicht wirksam ist.
12
Das Beschwerdegericht kann die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf Teile des Streitstoffs beschränken (BGH Beschluss vom 12. April 2011 - II ZB 14/10 - NJW 2011, 2371). Eine beschränkte Zulassung setzt indessen voraus, dass sich die Zulassung auf einen tatsächlich oder rechtlich selbständigen Teil des Streitstoffs bezieht, der Gegenstand eines Teilurteils (BGH Beschluss vom 30. Januar 2007 - XI ZB 43/05 - NJW-RR 2007, 932 Rn. 10 mwN) oder eines eingeschränkt eingelegten Rechtsmittels sein kann (Senatsurteil BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 11 mwN). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof die auf den Gesichtspunkt der ordnungsmäßigen Besetzung des Gerichts eingeschränkte Zulassung der Rechtsbeschwerde in Abgrenzung zum gleichzeitig geltend gemachten Befangenheitsgesuch für zulässig gehalten (BGH Beschluss vom 30. Januar 2007 - XI ZB 43/05 - NJW-RR 2007, 932 Rn. 10).
13
Davon unterscheidet sich der vorliegende Fall dadurch, dass allein die Entscheidung über die Besorgnis der Befangenheit Gegenstand des angefochtenen Beschlusses ist und die vom Kläger angeführten Gründe eine Einheit bilden. Das Befangenheitsgesuch vom 24. Februar 2012 hat durch den Schriftsatz vom 19. März 2012 lediglich eine Ergänzung erfahren. Mit der vom Kläger auf seiner Meinung nach sachfremde und einseitige Äußerungen der abgelehnten Richter gestützten Besorgnis der Befangenheit steht bei beiden Ablehnungsgesuchen in der Sache derselbe Aspekt zur Beurteilung. Die im Schriftsatz vom 19. März 2012 geltend gemachten Gründe beziehen sich vor allem auf die dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter zu dem Befangenheitsgesuch vom 24. Februar 2012, so dass sich die beiden Schriftsätze vor dem Hintergrund einer möglichen Aufhebung des angefochtenen Beschlusses durch das Rechtsbeschwerdegericht nicht sinnvoll trennen lassen.
14
Die unwirksame Beschränkung der Zulassung hat zur Folge, dass die Rechtsbeschwerde in vollem Umfang zugelassen ist.
15
b) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts ist der Kläger nicht nach § 43 ZPO gehindert, sein Befangenheitsgesuch auf die in der terminsvorbereitenden Verfügung gegebenen Hinweise zu stützen.
16
aa) Die Frage, ob eine Prozesspartei sich durch die Einreichung eines sich mit der Sache befassenden vorbereitenden Schriftsatzes im Sinne von § 43 ZPO bei dem abgelehnten Richter "in eine Verhandlung eingelassen hat", ist umstritten.
17
Nach einem Teil der Rechtsprechung und Literatur ist die Frage zu bejahen (OLG Düsseldorf MDR 2010, 517 mwN; OLG Frankfurt OLGR 2000, 84; Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 34. Aufl. § 43 Rn. 4). Zur Begründung wird der Gesetzeszweck angeführt, der in der schnellen und endgültigen Klärung der Mitwirkung des Richters und der Vermeidung überflüssiger richterlicher Arbeit bestehe (OLG Düsseldorf MDR 2010, 517).
18
Nach wohl überwiegender Auffassung (OLG Koblenz OLGR 1998, 292; OLG München NJW-RR 2012, 309, 310; BeckOK ZPO/Vossler [Stand: 15. Juli 2013] § 43 Rn. 8; MünchKommZPO/Gehrlein 4. Aufl. § 43 Rn. 5; Musielak/ Heinrich ZPO 10. Aufl. § 43 Rn. 2; Vossler MDR 2007, 992, 993; Wieczorek/ Schütze/Niemann ZPO 3. Aufl. § 43 Rn. 5; Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. § 43 Rn. 4) stellt das Einreichen eines die mündliche Verhandlung lediglich vorbereitenden Schriftsatzes noch keine Einlassung im Sinne von § 43 ZPO dar. Hierfür wird vor allem auf den Wortlaut der Norm abgestellt, der eine Anwendung auf Schriftsätze nur zulasse, wenn die Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergehe (vgl. BeckOK ZPO/Vossler [Stand: 15. Juli 2013] § 43 Rn. 9).
19
bb) Der letztgenannten Auffassung ist zuzustimmen.
20
Nach § 43 ZPO kann eine Partei einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das Einlassen in eine Verhandlung im Sinne des § 43 ZPO jedes prozessuale, der Erledigung eines Streitpunktes dienende Handeln der Partei unter Mitwirkung des Richters, das der weiteren Sachbearbeitung und Streiterledigung dient (BGH Beschluss vom 5. Februar 2008 - VIII ZB 56/07 - FamRZ 2008, 981 Rn. 4 mwN).
21
Nach § 128 Abs. 1 ZPO verhandeln die Parteien über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich. Vorbereitende Schriftsätze dienen dagegen lediglich der Ankündigung des Vortrags in der mündlichen Verhandlung. Prozessual wirksam wird das Vorbringen im Bereich des Mündlichkeitsgrundsatzes erst durch Vortrag in der mündlichen Verhandlung (BGHZ 134, 127 = NJW 1997, 397, 398 mwN). Jedenfalls der Streiterledigung dient das schriftsätzliche Vorbringen somit erst, nachdem die Partei sich in der mündlichen Verhandlung darauf bezogen hat. Dementsprechend genügt es auch der von § 43 ZPO vorausgesetzten Mitwirkung des Richters noch nicht, dass dieser die mündliche Verhandlung vorbereitet. Dass der später abgelehnte Richter durch das Lesen vorbereitender Schriftsätze (und ggf. durch vorbereitende Maßnahmen ) Arbeit auf die Sache verwendet, die sich als überflüssig erweisen kann, ist hinzunehmen. Denn auch eine am Zweck der Vorschrift orientierte Auslegung hat sich in dem Rahmen zu halten, den das Gesetz für einen Ausschluss des Ablehnungsrechts vorgibt. Danach ergibt schon der Wortlaut des § 43 ZPO einen Bezug zur Verhandlung, die im Zivilprozess dem Grundsatz der Mündlichkeit unterliegt. Dies steht auch im Einklang mit ähnlichen prozessualen Regelungen , die - ebenfalls im Interesse der Prozesswirtschaftlichkeit und zur Sanktion widersprüchlichen Prozessverhaltens - erst an die mündliche Verhandlung Rechtsfolgen wie etwa den Ausschluss des Rügerechts (§ 295 ZPO) oder die Begründung einer Zuständigkeit kraft rügeloser Einlassung (§ 39 ZPO) knüpfen. Dementsprechend hat der Senat den Ausschluss des Ablehnungsrechts nach § 43 ZPO als einen - gegenüber § 295 ZPO spezielleren - Heilungstatbestand angesehen (Senatsurteil BGHZ 165, 223 = FamRZ 2006, 261, 262; vgl. Vossler MDR 2007, 992).
22
Die Einreichung von - Sachvortrag enthaltenden - Schriftsätzen kann mithin der Einlassung in eine (mündliche) Verhandlung nur gleichgesetzt werden, wenn der schriftliche Vortrag diese - wie bei der Anordnung des schrift- lichen Verfahrens nach § 128 Abs. 2 ZPO - ersetzt oder wenn das Verfahren von vornherein eine mündliche Verhandlung nicht vorschreibt (vgl. OLG Saarbrücken FamRZ 2010, 484). Daher steht schließlich auch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH Beschluss vom 18. März 2013 - VII B 134/12 - juris Rn. 8 mwN), die ebenfalls auf die Mitwirkung eines Richters abstellt, nicht entgegen, schon weil das Finanzgericht nach § 90 a Abs. 1 FGO auch ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheidentscheiden kann.
23
c) Der angefochtene Beschluss ist demnach aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil das Oberlandesgericht die in der terminsvorbereitenden Verfügung enthaltenen Äußerungen noch nicht zum Gegenstand seiner Prüfung gemacht hat.
Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
LG Bielefeld, Entscheidung vom 05.05.2011 - 12 O 91/09 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 21.05.2012 - I-18 U 129/11 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2014 - XII ZB 377/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2014 - XII ZB 377/12

Anwälte

1 relevante Anwälte

1 Anwälte, die Artikel geschrieben haben, die diesen Urteil erwähnen

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner


Wirtschaftsrecht / Existenzgründung / Insolvenzrecht / Gesellschaftsrecht / Strafrecht
EnglischDeutsch

Referenzen - Veröffentlichungen

Artikel schreiben

1 Veröffentlichung(en) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2014 - XII ZB 377/12.

1 Artikel zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2014 - XII ZB 377/12.

ZPO: Zum Einreichen eines vorbereitenden Schriftsatzes

21.02.2014

Durch ein solches hat sich eine Partei noch nicht in eine Verhandlung vor dem als befangen abgelehnten Richter eingelassen.
Zivilprozessrecht

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2014 - XII ZB 377/12 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 128 Grundsatz der Mündlichkeit; schriftliches Verfahren


(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich. (2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche V

Zivilprozessordnung - ZPO | § 295 Verfahrensrügen


(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 39 Zuständigkeit infolge rügeloser Verhandlung


Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges wird ferner dadurch begründet, dass der Beklagte, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache mündlich verhandelt. Dies gilt nicht, wenn die Belehrung nach § 504 unterblieben ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 43 Verlust des Ablehnungsrechts


Eine Partei kann einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 521 Zustellung der Berufungsschrift und -begründung


(1) Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründung sind der Gegenpartei zuzustellen. (2) Der Vorsitzende oder das Berufungsgericht kann der Gegenpartei eine Frist zur schriftlichen Berufungserwiderung und dem Berufungskläger eine Frist zur schr

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2014 - XII ZB 377/12 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2014 - XII ZB 377/12 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Feb. 2008 - VIII ZB 56/07

bei uns veröffentlicht am 05.02.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZB 56/07 vom 5. Februar 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 43 Tritt der Ablehnungsgrund, auf den sich die Partei beruft, in der mündlichen Verhandlung zutage, so mus

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Nov. 2004 - II ZB 24/03

bei uns veröffentlicht am 08.11.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 24/03 vom 8. November 2004 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 46, 567 Abs. 1, 574 Abs. 1 Gegen einen Beschluß des Oberlandesgerichts über die Zurückweisung eines Ablehn

Bundesfinanzhof Beschluss, 18. März 2013 - VII B 134/12

bei uns veröffentlicht am 18.03.2013

Tatbestand 1 I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hat gegenüber der Bank des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) eine Pfändungs- und Einziehung
5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2014 - XII ZB 377/12.

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Apr. 2019 - VII ZB 24/17

bei uns veröffentlicht am 03.04.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VII ZB 24/17 vom 3. April 2019 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 859 Abs. 1 Satz 1 Zur Pfändung eines Anteils an einer Limited Liability Partnership (L

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2017 - II ZR 16/16

bei uns veröffentlicht am 24.10.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 16/16 Verkündet am: 24. Oktober 2017 Stoll Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Apr. 2016 - VIII ZB 47/15

bei uns veröffentlicht am 26.04.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZB 47/15 vom 26. April 2016 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 43, § 47 Abs. 2 Ein Verlust des Ablehnungsrechts tritt nicht dadurch ein, dass sich eine Partei nach A

Finanzgericht Hamburg Beschluss, 02. Nov. 2015 - 3 K 225/14

bei uns veröffentlicht am 02.11.2015

Tatbestand 1 A. Zu entscheiden ist über einen in der mündlichen Verhandlung vom 23. April 2015 vom Kläger zu 1. gegen die Einzelrichterin gestellten Befangenheitsantrag wegen behaupteter Hinweispflicht-Verletzung im vorangegangenen Klageverfahren 3

Referenzen

Eine Partei kann einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.

(1) Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründung sind der Gegenpartei zuzustellen.

(2) Der Vorsitzende oder das Berufungsgericht kann der Gegenpartei eine Frist zur schriftlichen Berufungserwiderung und dem Berufungskläger eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme auf die Berufungserwiderung setzen. § 277 gilt entsprechend.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 24/03
vom
8. November 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Gegen einen Beschluß des Oberlandesgerichts über die Zurückweisung eines
Ablehnungsgesuchs (§ 46 Abs. 2 ZPO) ist die Rechtsbeschwerde nur im Fall
ihrer Zulassung (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), ansonsten kein Rechtsmittel statthaft.
BGH, Beschluß vom 8. November 2004 - II ZB 24/03 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 8. November 2004
durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter
Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Strohn und Caliebe

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 6. August 2003 wird auf Kosten der Klägerinnen als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 1.265.000,00 €

Gründe:


I. Die beiden Klägerinnen sind Aktionäre der Beklagten. Ihre Anfechtungs - und Nichtigkeitsklage gegen mehrere Hauptversammlungsbeschlüsse der Beklagten wurde in erster Instanz unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Landgericht P. abgewiesen, den sie zuvor erfolglos als befangen abgelehnt hatten; ihre sofortige Beschwerde (§ 46 Abs. 2 ZPO) ist von dem 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter Dr. G. und die Richter F. und Dr. B. zurückgewiesen worden. Nach Einlegung der Berufung der Klägerinnen gegen das erstinstanzliche Urteil ist die Streithelferin, die ebenfalls Aktionärin der Beklagten ist, dem - nunmehr bei dem 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts anhängigen - Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 16. Mai 2003 beigetreten. Unter Ziff. 5 der "Begründung" zu ihrem Beru-
fungsantrag hat sie "die im bisherigen Verfahren tätigen Richter ... als befangen abgelehnt". Auf die Mitteilung des Berufungsgerichts durch den Senatsvorsitzenden Dr. G. vom 2. Juli 2003, daß die Zurückweisung der Berufung durch Beschluß gemäß § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt sei, erklärte die Streithelferin mit Schriftsätzen vom 8. und 21. Juli 2003, daß ihr Ablehnungsgesuch sich auch auf ihn sowie die Richter F. und Dr. B. erstreckt habe und die drei Richter u.a. wegen Verstoßes gegen § 47 ZPO erneut abgelehnt würden. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluß vom 6. August 2003 (unter Mitwirkung anderer Richter) die Ablehnungsgesuche vom 8. und 21. Juli 2003 zurückgewiesen und festgestellt, daß der Schriftsatz der Streithelferin vom 16. Mai 2003 kein Ablehnungsgesuch gegen die Richter des Berufungsgerichts enthalte. Dagegen richtet sich die - von dem Oberlandesgericht nicht zugelassene - Rechtsbeschwerde der Klägerinnen, die am 15. September 2003 bei dem Bundesgerichtshof eingegangen ist.
II. Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 1 ZPO nicht vorliegen.
1. Eine Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde kraft ausdrücklicher Gesetzesbestimmung (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) scheidet hier aus, weil § 46 Abs. 2 ZPO als Rechtsmittel gegen einen Beschluß, durch den ein Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt wird, nur die sofortige Beschwerde vorsieht; auch diese ist jedoch gemäß § 567 Abs. 1 ZPO gegen Beschlüsse des Oberlandesgerichts - unter Einschluß solcher gemäß § 46 ZPO - nicht statthaft (vgl. Musielak/Smid, ZPO 3. Aufl. § 46 Rdn. 4; ebenso zu § 567 Abs. 4 ZPO a.F. BGH, Beschl. v. 17. September 1986 - IVa ZB 106/86, NJW-RR 1987, 191; Beschl. v. 3. Februar 1993 - XII ZB 9/93, NJW-RR 1993, 644). Davon abgesehen wäre die Frist gemäß § 569 Abs. 1 ZPO hier nicht gewahrt. Ebensowenig ist die Rechtsbe-
schwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft, weil das Berufungsgericht sie nicht zugelassen hat.
2. Ein Rechtsmittel gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist im Gesetz nicht vorgesehen und verfassungsrechtlich auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30. April 2003 (NJW 2003, 1924 ff.) nicht geboten.

a) Ein Instanzenzug ist von Verfassungs wegen nicht garantiert (BVerfG aaO S. 1924). Aus dem allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch folgt zwar das Gebot einer zumindest einmaligen Kontrolle der Einhaltung von Verfahrensgrundrechten , insbesondere derjenigen gemäß Art. 101 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG; jedoch muß diese Kontrolle nicht zwingend durch eine höhere Instanz erfolgen (BVerfG aaO S. 1926). Demgemäß ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, daß über ein Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit eines oder mehrerer Richter eines Oberlandesgerichts durch andere Richter dieses Gerichts abschließend entschieden wird und eine nochmalige Überprüfung dieses Gesuchs durch ein Rechtsmittelgericht nicht stattfindet (vgl. BGH, Beschl. v. 3. Februar 1993 aaO). Da § 557 Abs. 2 ZPO auch eine entsprechende Inzidentprüfung durch das Revisionsgericht im Rahmen eines Rechtsmittels gegen die von den erfolglos abgelehnten Richtern getroffene Hauptsacheentscheidung ausschließt (vgl. BGHZ 95, 302, 306), ist es - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - ohne Belang, ob die Hauptsacheentscheidung ihrerseits anfechtbar oder - wie hier - durch unanfechtbaren Beschluß gemäß § 522 Abs. 2 ZPO getroffen worden ist.

b) Eine "außerordentliche" Beschwerde neben den in den Verfahrensgesetzen normierten Rechtsmitteln kommt nicht in Betracht, weil die Zulassung
solcher Rechtsbehelfe gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende verfassungsrechtliche Gebot der Rechtsmittelklarheit verstieße (BGH, Beschl. v. 14. Juli 2004 - XII ZB 268/03, z.V.b.; BGH, Beschl. v. 7. März 2002 - IX ZB 11/02, WM 2002, 775 f.).
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe

Eine Partei kann einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.

4
1. Ein Einlassen in eine Verhandlung im Sinne des § 43 ZPO ist jedes prozessuale, der Erledigung eines Streitpunktes dienende Handeln der Partei unter Mitwirkung des Richters, das der weiteren Sachbearbeitung und Streiterledigung dient (Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 43 Rdnr. 4 m.w.N.; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 43 Rdnr. 4 m.w.N.; Musielak/Heinrich, ZPO, 5. Aufl., § 43 Rdnr. 2 m.w.N.; BFH, BFH/NV 1999, 476, unter II 1 b m.w.N.). Dazu gehören auch der Sachvortrag und die Abgabe von Erklärungen in der mündlichen Verhandlung (Zöller/Vollkommer, aaO; Musielak/Heinrich, aaO; MünchKommZPO/Gehrlein, 3. Aufl., § 43 Rdnr. 6).

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Eine Partei kann einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.

(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste.

(2) Die vorstehende Bestimmung ist nicht anzuwenden, wenn Vorschriften verletzt sind, auf deren Befolgung eine Partei wirksam nicht verzichten kann.

Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges wird ferner dadurch begründet, dass der Beklagte, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache mündlich verhandelt. Dies gilt nicht, wenn die Belehrung nach § 504 unterblieben ist.

Eine Partei kann einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.

(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste.

(2) Die vorstehende Bestimmung ist nicht anzuwenden, wenn Vorschriften verletzt sind, auf deren Befolgung eine Partei wirksam nicht verzichten kann.

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hat gegenüber der Bank des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung erlassen. Den dagegen gerichteten Einspruch hat das FA als unbegründet zurückgewiesen; der vom Kläger zudem beantragte Vollstreckungsaufschub wurde nicht gewährt. Nachdem die Drittschuldnerin die Steuerrückstände beglichen hatte, erhob der Kläger mit der Begründung Klage, das FA habe das ihm zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt.

2

Am 9. November 2011 hat die beim Finanzgericht (FG) mit der Sache befasste Berichterstatterin einen Erörterungstermin durchgeführt, zu dem der Kläger mit Schreiben vom 9. Dezember 2011 Stellung nahm. Zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung lehnte der Kläger die Berichterstatterin wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung führte er an, die Berichterstatterin habe ihm auf seinen Hinweis, der Ermessensspielraum sei verkannt worden, entgegnet: "Sie wollen doch keine griechischen Verhältnisse."

3

Aufgrund der durch die Tilgung der Steuerrückstände eingetretenen Erledigung der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen und aufgrund des fehlenden Feststellungsinteresses wies das FG die Klage als unzulässig ab. Als unzulässig erachtete das FG auch den Befangenheitsantrag, der rechtsmissbräuchlich gestellt worden sei. Zudem habe der Kläger ein etwaiges Recht zur Richterablehnung bereits vor Stellung des Antrags am 21. Mai 2012 verloren, da er sich zuvor durch Einreichung der Schriftsätze vom 9. Dezember 2011 und vom 13. Januar 2012 in eine Verhandlung eingelassen habe.

4

Unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juli 2012  2 BvR 615/11 (Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2012, 3228) begehrt der Kläger mit seiner Beschwerde die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG habe den Antrag auf Ablehnung der Berichterstatterin wegen Besorgnis der Befangenheit nicht als rechtsmissbräuchlich und deshalb unzulässig ablehnen dürfen. Deshalb verstoße das Urteil gegen § 45 Abs. 1 und § 44 Abs. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 51 FGO, gegen das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes und gegen das Gebot des fairen Verfahrens nach der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK). Die im Ablehnungsgesuch dargelegten Gründe seien geeignet, bei vernünftiger Betrachtung Zweifel an der Unvoreingenommenheit der abgelehnten Berichterstatterin zu wecken, die unsachlich reagiert und unjuristisch argumentiert habe.

5

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil der gerügte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zum Teil nicht schlüssig dargelegt ist, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert, jedenfalls aber nicht vorliegt.

7

1. Ein Richter kann gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 42 ZPO wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Gründe für ein derartiges Misstrauen sind gegeben, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger, objektiver Betrachtung davon ausgehen kann, dass der Richter nicht unvoreingenommen entscheiden werde. Jedoch kann eine Partei gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 43 ZPO einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.

8

a) Ein "Einlassen" in eine Verhandlung bedeutet jedes prozessuale und der Erledigung eines Streitpunktes dienende Handeln unter Mitwirkung eines Richters. Hierzu gehört auch das Einreichen eines Schriftsatzes (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. Juli 2005 II R 28/02, BFH/NV 2005, 2027, und vom 28. Juli 1997 III B 56/96, BFH/NV 1998, 184, m.w.N.; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 51 Rz 41). Ausreichend ist, wenn in einem Schriftsatz Ausführungen zur Streitsache gemacht werden, auch wenn keine konkreten Anträge gestellt werden (BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 184).

9

b) Im Streitfall hat der Kläger nach dem Erörterungstermin im Schriftsatz vom 9. Dezember 2011 Ausführungen zu den von der Vertreterin des FA im Termin geäußerten Rechtsauffassungen in Bezug auf die Ausübung des Entschließungsermessens gemacht. Auch hat der Kläger die Äußerung der Berichterstatterin wiedergegeben, er wolle doch auch keine griechischen Verhältnisse, und abschließend ausgeführt, der Erörterungstermin habe damit bestätigt, dass die Klage zulässig und begründet sei. Bereits zu diesem Zeitpunkt hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, die zur Kenntnis genommenen und schriftlich festgehaltenen Äußerungen der Berichterstatterin zum Gegenstand eines Befangenheitsantrags zu machen. Dies hat er jedoch unterlassen. In einem weiteren Schriftsatz vom 13. Januar 2012 hat er dem FA geraten, die Klageanträge anzuerkennen und sich vom Finanzminister des Landes Baden-Württemberg fachkundig beraten zu lassen. Auch diesem Schriftsatz ist ein Befangenheitsantrag nicht zu entnehmen. Einen solchen hat der Kläger erst wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 21. Mai 2012 gestellt. Erst in diesem Schriftsatz hat er zu erkennen gegeben, die Äußerungen der Berichterstatterin werte er als einen Umstand, der bei vernünftiger Betrachtung Zweifel an ihrer Unvoreingenommenheit hervorrufe.

10

Da der Kläger bereits Monate zuvor zum Ergebnis des Erörterungstermins Stellung genommen hat, ohne konkrete Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Berichterstatterin zu äußern, erweist sich der Befangenheitsantrag nach § 43 ZPO als unzulässig. Das FG hat den Antrag demnach zu Recht abgelehnt und unter Mitwirkung der erfolglos abgelehnten Berichterstatterin in der Sache entschieden. Somit liegt der von der Beschwerde gerügte Verfahrensfehler nicht vor.

11

2. Ergänzend weist der beschließende Senat darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des BFH Art. 6 Abs. 1 EMRK, der das verfahrensrechtliche Fairnessgebot regelt, aufgrund des öffentlich-rechtlichen Charakters der Besteuerung im finanzgerichtlichen Verfahren keine Anwendung finden kann (vgl. Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 12. Juli 2001  44759/98, NJW 2002, 3453, und vom 13. Januar 2005  62023/00, Europäische Grundrechte Zeitschrift 2005, 234, sowie BFH-Beschlüsse vom 21. Februar 2006 I B 32/05, BFH/NV 2006, 1305, und vom 31. Juli 2003 IX E 6/03, BFH/NV 2003, 1603).