Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2017 - II ZR 16/16
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Drescher, die Richter Wöstmann, Born und Dr. Bernau sowie die Richterin Grüneberg
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Gesellschafterversammlung der beklagten Vor-GmbH vom 28. September 2011, die neben dem Kläger eine weitere Gesellschafterin hatte, beschloss, den Kläger als Geschäftsführer abzuberufen und seine Geschäftsanteile aus wichtigem Grund einzuziehen.
- 2
- Der Kläger hat mit der Klage beantragt, die Nichtigkeit der beiden Beschlüsse festzustellen.
- 3
- Am 15. April 2015 um 9:50 Uhr ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden. Das Landgericht hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. April 2015, die um 13:30 Uhr begann, die Nichtigkeit der Beschlüsse festgestellt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts hinsichtlich der Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers aufgehoben, weil das Verfahren durch die Insolvenzeröffnung unterbrochen sei, und die weitergehende Berufung im Hinblick auf die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung der Berufung richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Aufhebung des Urteils des Landgerichts.
- 5
- I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das Urteil des Landgerichts habe nicht ergehen dürfen, soweit über den Einziehungsbeschluss entschieden worden sei. Der Geschäftsanteil des Klägers, der vom Einziehungsbeschluss betroffen sei, sei Bestandteil der Insolvenzmasse, da er zum pfändbaren Vermögen des Klägers gehöre. Damit sei der Rechtsstreit hinsichtlich dieses Klageantrags zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht nach § 240 ZPO unterbrochen gewesen.
- 6
- Hingegen betreffe die Stellung als Geschäftsführer den Kläger höchstpersönlich. Die Insolvenzmasse bleibe davon unberührt, so dass insoweit keine Unterbrechung nach § 240 ZPO eingetreten sei. Allerdings nähmen Rechtsprechung und ein Teil des Schrifttums an, dass das Verfahren insgesamt unterbrochen werde, wenn mehrere Ansprüche geltend gemacht werden, von denen nur ein Teil die Insolvenzmasse betreffe. Vielfach werde in der Literatur aber auch vertreten, dass jedenfalls bei objektiver Klagehäufung die Unterbrechung nur teilweise eintrete und der Rechtsstreit hinsichtlich derjenigen Ansprüche, die die Masse nicht berühren, fortgesetzt werde. Dieser Ansicht schließe sich das Berufungsgericht an. Da das Landgericht zu Recht festgestellt habe, dass der Beschluss über die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten nichtig sei, sei die Berufung insoweit zurückzuweisen.
- 7
- II. Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 8
- 1. Die Revision ist zulässig. Sie ist zwar nur beschränkt auf die Zulässigkeit der Fortsetzung des Verfahrens zugelassen und damit zu der von der Revisionsbegründung in den Vordergrund gestellten Frage der Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses nicht zulässig. Zum zugelassenen Teil des Streitstoffs ist sie aber dennoch zulässig.
- 9
- a) Die Zulassung der Revision ist vom Berufungsgericht auf die Frage der Zulässigkeit beschränkt. Der Tenor enthält insoweit zwar keine Beschränkung der Zulassung. Allerdings kann sich eine Beschränkung der Revisionszulassung , die nicht schon in der Entscheidungsformel des Berufungsurteils enthalten ist, auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die Entscheidungsformel im Licht der Entscheidungsgründe auszulegen und deshalb von einer beschränkten Revisionszulassung auszugehen ist, wenn sich dies aus den Gründen der Beschränkung klar ergibt. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn sich die vom Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs stellt, der Gegenstand eines Teilurteils oder eines eingeschränkt eingelegten Rechtsmittels sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2011 - II ZR 221/09, ZIP 2011, 2491 Rn. 18; Urteil vom 13. November 2012 - XI ZR 334/11, ZIP 2013, 62 Rn. 9; Beschluss vom 16. Januar 2014 - XII ZB 377/12, juris Rn. 12; Urteil vom 3. Juni 2014 - II ZR 100/13, ZIP 2014, 1532 Rn. 10; Urteil vom 3. November 2015 - II ZR 446/13, ZIP 2016, 211 Rn. 12; Beschluss vom 22. März 2016 - II ZR 253/15, ZIP 2016, 2413 Rn. 20; Urteil vom 2. Mai 2017 - VI ZR 262/16, juris Rn. 15).
- 10
- Das Berufungsgericht hat die Revision hier ausdrücklich in Bezug auf die Frage zugelassen, ob die Unterbrechung des Rechtsstreits nach § 240 ZPO auf denjenigen Streitgegenstand beschränkt ist, der die Masse betrifft, oder den gesamten Rechtsstreit umfasst. Das betrifft jedenfalls einen abtrennbaren Teil des Streitstoffs, auf den das Rechtsmittel beschränkt werden kann.
- 11
- b) Durch das Urteil in der Sache ist auch die Beklagte beschwert. Die Rechtsfolge der Unterbrechung des Verfahrens können der Insolvenzschuldner, der insoweit selbst prozessführungsbefugt bleibt, aber auch die Gegenpartei geltend machen. Das folgt aus § 249 Abs. 2 ZPO, der keine Differenzierung nach der Parteirolle kennt (BGH, Urteil vom 21. Juni 1995 - VIII ZR 224/94, NJW 1995, 2563).
- 12
- c) Die Revision weist im Umfang der Zulassung durch das Berufungsgericht zur Fortsetzung des Verfahrens hinsichtlich des Abberufungsbeschlusses auch eine den Anforderungen noch genügende Begründung auf (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Die Angabe der Revisionsgründe besteht darin, dass dargelegt wird, in welchen Punkten und aus welchen materiell-rechtlichen oder verfahrensrechtlichen Gründen der Rechtsmittelkläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält (BGH, Beschluss vom 26. Juni 2003 - III ZB 71/02, NJW 2003, 2532, 2533 zur Berufungsbegründung).
- 13
- Die Revisionsbegründung bezieht sich zwar größtenteils, aber nicht nur auf den Teil des Streitstoffes, zu dem sie nicht zugelassen ist. Sie enthält mit dem ausdrücklich gestellten Antrag und dem größten Teil des Revisionsbegründungsschriftsatzes zwar nur Angriffe gegen die Begründetheit der Klage. Sie befasst sich aber auch noch mit dem zugelassen Teil des Streitstoffes, der Unterbrechung des Rechtsstreits, und genügt damit einer ausreichenden Revisionsbegründung. Die Revision stellt die Rechtsprechung zur Gesamtunterbrechung sowie die Ausnahme für die Drittauskunftsklage dar und führt weiter aus, dass für den Fall, dass der Senat trotz der vom Berufungsgericht und im Schrifttum erhobenen Einwände am Grundsatz der Gesamtunterbrechung festhält, vorsorglich beantragt wird, dass der Senat die Unterbrechung des Rechtsstreits auch hinsichtlich des Beschlusses über die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer feststellt.
- 14
- 2. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der Rechtsstreit durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur teilweise, nämlich hinsichtlich des Einziehungsbeschlusses, unterbrochen ist. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters einer GmbH führt vielmehr auch dann zur Unterbrechung eines Beschlussmängelrechtsstreits des Gesellschafters, wenn ein Beschluss über die Abberufung eines Geschäftsführers angefochten wird.
- 15
- Auch soweit ein Beschluss die Organbestellung oder -abberufung betrifft, ist das Mitverwaltungsrecht des Gesellschafters berührt, das zur Vermögenssphäre gehört und bei Insolvenz unter die Verwaltungsbefugnis des Insolvenzverwalters fällt. Unterbrochen wird ein Rechtsstreit durch die Insolvenzeröffnung , wenn das Verfahren die Insolvenzmasse betrifft (§ 240 Satz 1 ZPO).
- 16
- In den insolvenzfreien Bereich fällt die Anfechtungsbefugnis hier nicht deshalb, weil der Kläger gleichzeitig auch der vom Abberufungsbeschluss betroffene Geschäftsführer ist. Zwar soll die Stellung als Geschäftsführer als persönliches Recht nicht in die Insolvenzmasse fallen (Görner in Rowedder/ Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Aufl., § 15 Rn. 166). Die Klagebefugnis des Klägers beruht aber nicht auf seiner Organstellung als Geschäftsführer und einer persönlichen Betroffenheit durch den Abberufungsbeschluss, sondern auf seiner Gesellschafterstellung und dem daraus folgenden Mitverwaltungsrecht. Ein Gesellschafter kann als Ausfluss seines Mitverwaltungsrechts ihm unrechtmäßig erscheinende Beschlüsse der Gesellschaft auch anfechten, wenn er davon nicht persönlich betroffen ist. Das gilt unabhängig davon, ob der Gesellschafter oder ein Dritter Geschäftsführer ist, auch für einen Beschluss zur Abberufung eines Geschäftsführers.
- 17
- 3. Das Berufungsurteil ist damit aufzuheben und das Urteil des Landgerichts insgesamt aufzuheben, weil es wegen der Unterbrechung des Rechtsstreits vor Beginn der mündlichen Verhandlung nicht hätte ergehen dürfen. Wegen der Unterbrechung des Verfahrens hätte vor dem Landgericht am 15. April 2015 weder mündlich verhandelt noch später ein Urteil verkündet werden dürfen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 1995 - VIII ZR 224/94, NJW 1995, 2563; Urteil vom 29. Januar 1976 - IX ZR 28/73, BGHZ 66, 59, 61).
Vorinstanzen:
LG Görlitz, Entscheidung vom 06.05.2015 - 3 HKO 393/11 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 16.12.2015 - 13 U 857/15 -
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Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.
(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.
Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.
Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.
(1) Die Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens hat die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung oder Aussetzung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt.
(2) Die während der Unterbrechung oder Aussetzung von einer Partei in Ansehung der Hauptsache vorgenommenen Prozesshandlungen sind der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkung.
(3) Durch die nach dem Schluss einer mündlichen Verhandlung eintretende Unterbrechung wird die Verkündung der auf Grund dieser Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht gehindert.
(1) Der Revisionskläger muss die Revision begründen.
(2) Die Revisionsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Revisionsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen. Die Frist für die Revisionsbegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. § 544 Absatz 8 Satz 3 bleibt unberührt. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu zwei Monate verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Revisionskläger erhebliche Gründe darlegt; kann dem Revisionskläger innerhalb dieser Frist Einsicht in die Prozessakten nicht für einen angemessenen Zeitraum gewährt werden, kann der Vorsitzende auf Antrag die Frist um bis zu zwei Monate nach Übersendung der Prozessakten verlängern.
(3) Die Revisionsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Revisionsanträge); - 2.
die Angabe der Revisionsgründe, und zwar: - a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; - b)
soweit die Revision darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
(4) § 549 Abs. 2 und § 550 Abs. 2 sind auf die Revisionsbegründung entsprechend anzuwenden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an den 5. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben.
Gegenstandswert: 23.098,90
Gründe
I.
1. Die Klägerin vertreibt chemisch-technische Erzeugnisse, die Beklagte stellt Klebstoffe her. Im Herbst des Jahres 2000 vermittelte der Ehemann und Mitarbeiter der Klägerin, K.-H. Bi. , der Beklagten einen Kontakt mit der Fir-
ma B. , die ihrerseits über feste Lieferbeziehungen zu den R. -Bau- märkten verfügte. Die Beklagte sah sich allerdings nicht in der Lage, die von der Firma B. gewünschte Menge von 5.000 Einheiten ihres Klebstoffs kurzfristig herzustellen, da sie das Verpackungsmaterial nicht rechtzeitig beschaffen konnte und ihr auch die finanziellen Mittel für eine Vorfinanzierung fehlten. Daraufhin erklärte sich der Zeuge Bi. bereit, das Verpackungsmaterial selbst zu bestellen und es vorab zu bezahlen. Hierfür wendete die Klägerin insgesamt 45.177,52 DM auf, deren Erstattung sie vorliegend - aus eigenem oder abgetretenem Recht des Zeugen Bi. - verlangt. Die Beklagte hat sich unter anderem damit verteidigt, daß ein Kostenausgleich vereinbarungsgemäß erst nach vollständigem Verkauf der von der Firma B. georderten 110.000 Tuben und dem Eingang des vollen Kaufpreises von 54.043,47 erfolgen sollen. Diese Voraussetzungen seien jedoch nicht eingetreten; Zahlungen seien lediglich in Höhe von 15.068,01 ichen Produkte seien wegen fehlerhafter Gefahraufdrucke unverkäuflich. Die Beklagte hat deswegen Schadensersatzansprüche geltend gemacht, sich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen und hilfsweise die Aufrechnung erklärt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat einen Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin gemäß § 670 BGB jedenfalls aus abgetretenem Recht bejaht und die Behauptung nicht ordnungsgemäßer Auftragsausführung als unsubstantiiert angesehen. Die von der Beklagten behaupteten Zahlungsmodalitäten hat das Landgericht als Fälligkeitsabrede gewertet und den Einwand nicht durchgreifen lassen, weil sonst die Klägerin das wirtschaftliche Risiko des zwischen der Beklagten und der Firma B. geschlossenen Vertrags tragen müßte. Das entspreche weder der vertraglichen Vereinbarung noch der Billigkeit. Aufrechenbare Gegenansprüche stünden der Beklagten
gleichfalls nicht zu. Die wirtschaftliche Disposition hinsichtlich der Frage, wel- che Verträge sie abschließe und mit welchen daraus entstehenden Aufwendungen , obliege der Beklagten. Sie habe auch nicht mit Substanz dargetan, daß dem Zeugen Bi. die Zuordnung der Gefahrhinweise auf den Verpakkungsmaterialien obgelegen habe und daß dieser schuldhaft den Aufdruck falscher Hinweise veranlaßt habe. Auch zur Höhe fehle substantiierter Vortrag.
3. Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Berufung eingelegt und in ihrer Berufungsbegründung unter Beweisantritt bestritten, der Klägerin einen Auftrag zur Bestellung von Verpackungsmaterialien erteilt zu haben. Wann, wo und wer für die Beklagte einen solchen Auftrag erteilt haben solle, trage die Klägerin nicht vor. Der Geschäftsführer der Beklagten habe Herrn Bi. erklärt , daß er das Geschäft ablehnen müsse, da er unter anderem weder Tuben noch Verpackungsmaterial innerhalb des gewünschten Lieferzeitraums in der verlangten Menge besorgen könne. Außerdem habe er erklärt, daß die Kunden der Beklagten bei speziell nach ihren Wünschen hergestellten Klebstoffgebinden die Produkte im voraus zu bezahlen hätten. Darauf habe Herr Bi. erwidert , er werde dafür sorgen, daß das Material der Beklagten kurzfristig zur Verfügung stünde. Er werde auch die Lieferungen für Tuben und Kunststoffkappen zunächst bezahlen. Für die Beklagte sei das Geschäft kein Risiko, da er die von ihm übernommenen Fremdkosten erst erstattet verlange, wenn die Klebstoffgebinde verkauft seien und die Firma B. gezahlt habe. Das vom Geschäftsführer der Beklagten befürchtete wirtschaftliche Risiko, Fremdrechnungen zahlen zu müssen, ohne eine Vergütung vom Abnehmer zu erhalten, bestehe deshalb nicht; er übernehme die "Garantie". Entgegen der Auffassung des Landgerichts hätten die Beklagten und der Zeuge Bi. keineswegs nur eine Fälligkeitsabrede getroffen. Vielmehr habe dieser das wirtschaftliche Risi-
ko eines Fehlschlags des Geschäfts ausdrücklich übernommen. Die Firma B. habe aber nicht einmal die 5.000 Tuben je Klebstoffsorte übernommen und sie auch nicht bezahlt. Die noch nicht verkauften Tuben habe die Beklagte wegen der falschen Sicherheitshinweise sogar zurücknehmen müssen. Es dürfte auch problematisch sein, von einem Auftrag der Beklagten an Herrn Bi. zu sprechen. Dieser sei der Initiator des Geschäfts gewesen und habe es in der Weise abgewickelt, daß er als Geschäftsherr aufgetreten sei und er sich der Beklagten als "Subunternehmerin" bedient habe. Für alle von ihm vermittelten Geschäfte habe er von der Beklagten eine Provision erhalten. Im Streitfall habe er darüber hinaus noch einen langjährigen Beratervertrag abschließen wollen. Selbst wenn man aber einen Auftrag der Beklagten an den Zeugen Bi. unterstellen wolle, seien dessen Materialbestellungen weit über die Grenzen des Auftrags hinausgegangen. Herr Bi. habe nämlich nicht nur 5.000 Tuben je Klebstoffsorte geordert, sondern jeweils mehr als 10.000 Stück, teilweise sogar 20.000 oder 30.000 Tuben. Auch die Anzahl der Kunststoffkappen gehe erheblich über die besprochenen Mengen hinaus. Damit sei die Forderung der Klägerin jedenfalls bei weitem überhöht. Diese könne allenfalls Aufwendungsersatz für jeweils 5.000 Stück verlangen. Darüber hinaus habe Herr Bi. ohne Rücksprache mit der Beklagten die Aufträge zur Herstellung der Tuben einschließlich der Bedruckung erteilt und dabei nicht beachtet, daß korrekte Gefahrhinweise auf die Tuben hätten gelangen müssen. Demnach habe es die Klägerin zu vertreten, daß diese Tuben nunmehr unverkäuflich seien. Auch die Blisterrückwände habe der Ehemann der Klägerin in Auftrag gegeben, ohne dabei die strikte Einhaltung der EG-Sicherheitsdatenblätter zu verlangen. Sowohl die Blisterrückwände als auch die Bedruckung der Tuben verstießen gegen die einschlägigen Sicherheitsvorschriften mit der Folge, daß die gesamte Restware unverkäuflich sei. Selbst wenn der Zeuge Bi. nicht
das wirtschaftliche Risiko für die in diesem Prozeß geltend gemachten Forderungen übernommen hätte, habe er es doch zu vertreten, daß die Beklagte den Auftrag nicht habe durchführen können. Die von ihr nutzlos aufgewendeten Kosten überstiegen die vom Abnehmer erhaltene Teilvergütung von 15.068,01 rheblich. So seien allein Lagerungskosten in Höhe von "!# $ &%' )( +*' -, . . /10 2 3 1 4 5 6 7 1.380,50 Aufrechnung erklärt.
4. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt : Die Beklagte habe ihre Berufung nicht in der gesetzlichen Form (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 - 4 ZPO n.F.) begründet. Ihre Berufungsbegründung enthalte auch bei wohlwollender Ausdeutung weder die Bezeichnung der Umstände , aus denen die Rechtsverletzung sich ergebe und auf welcher das angefochtene Urteil beruhe, noch die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründeten und deshalb eine erneute Feststellung geböten , noch die Bezeichnung der neuen Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen , aufgrund derer diese zuzulassen seien. Das Vorbringen, die Beklagte und der Ehemann der Klägerin hätten entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht nur eine Fälligkeitsabrede getroffen, sondern der Ehemann der Klägerin habe ausdrücklich das wirtschaftliche Risiko für das Fehlschlagen des Geschäfts übernommen, stelle nicht die Rüge dar, das Landgericht habe das Recht auf den ihm unterbreiteten Sachverhalt falsch angewandt, sondern, wie die Bezugnahme auf Zeugenbeweis zeige, tatsächliches Vorbringen, wie die Berufungsbegründung sich insgesamt darin erschöpfe, das Vorbringen erster
Instanz zu konkretisieren und zu erweitern, ohne Angabe der Folgen, die sich nach neuem Berufungsrecht daraus ergeben sollten.
Hiergegen richtet sich die von der Beklagten eingelegte Rechtsbeschwerde.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg. Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig; zumindest erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hier eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
Die Beschwerde ist auch begründet. Ob der angegriffene Beschluß bereits deswegen aufzuheben wäre, weil das Berufungsgericht vor seiner Entscheidung der Beklagten nicht das erforderliche rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gewährt hat, wie die Rechtsbeschwerde unter Hinweis auf den in NJW 1994, 392 veröffentlichten Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 29. Juni 1993 - X ZB 21/92 - meint, mag dahinstehen. Jedenfalls überspannt das Berufungsgericht die inhaltlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründung nach dem neuen § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO.
1. Das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses hat die Struktur der Berufung geändert. Sie kann gemäß § 513 Abs. 1 ZPO nur noch darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder daß nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Die Berufung dient damit jetzt primär der Fehlerkontrolle und -beseitigung (Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 14/4722 S. 61, 64, 94) und ähnelt darin - wenn auch eingeschränkt - der Revision (§ 545 Abs. 1 ZPO). Das kommt auch in der Verweisung auf eine sonst nur für das Revisionsverfahren geltende Vorschrift (§ 546 ZPO) zum Ausdruck.
Die Umgestaltung der Berufungsinstanz zu einem Instrument der Fehlerkontrolle hat zugleich die Anforderungen an den Inhalt der Berufungsbe- gründung modifiziert und teilweise präzisiert. Während die Berufungsbegründung bisher ohne Differenzierung zwischen den möglichen Berufungsangriffen "die bestimmte Bezeichnung der im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung" sowie der neu anzuführenden Tatsachen, Beweismittel und Beweiseinreden enthalten mußte (§ 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F.), unterscheidet § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO jetzt zwischen den nach der Reform zulässigen Berufungsgründen und bestimmt dafür jeweils unterschiedliche Mindestanforderungen an die Rechtsmittelbegründung. Geht es - was im Streitfall allein in Betracht kommt - um die (sachliche) Rüge eines Rechtsverstoßes, so verlangt § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO "die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt". Die Vorschrift bleibt darin nur wenig hinter den heutigen Voraussetzungen einer Revisionsbegründung nach § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a ZPO zurück, die dem Revisionskläger zusätzlich lediglich die "bestimmte" Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt, abverlangt. Wie dort ist deshalb - insoweit in Übereinstimmung mit dem bisherigen Recht - die auf den Streitfall zugeschnittene Darlegung notwendig, in welchen Punkten und aus welchen materiellrechtlichen oder verfahrensrechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält (vgl. zu § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. etwa Senatsurteil BGHZ 143, 169, 171; BGH, Urteil vom 18. September 2001 - X ZR 196/99 - NJW-RR 2002, 209, 210). Die Berufungsbegründung erfordert aber weder die ausdrückliche Benennung einer bestimmten Norm (MünchKomm/Rimmelspacher, ZPO, 2. Aufl. Aktualisierungsband , § 520 Rn. 50; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 520 Rn. 31; für die Revisionsbegründung : BGH, Urteil vom 19. Oktober 1989 - I ZR 22/88 - NJW-RR
1990, 480, 481; MünchKomm/Wenzel, § 551 Rn. 20) noch die Schlüssigkeit oder jedenfalls Vertretbarkeit der erhobenen Rügen (Meyer-Seitz in Hannich /Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 520 Rn. 12; MünchKomm /Rimmelspacher aaO; Musielak/ Ball, § 520 Rn. 33; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 520 Rn. 34; zum bisherigen Recht: Senatsurteil vom 6. Mai 1999 - III ZR 265/98 - NJW 1999, 3126; BGH, Urteil vom 13. November 2001 - VI ZR 414/00 - NJW 2002, 682; Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 302/99 - NJW-RR 2002, 1608 m.w.N.; st. Rspr.; a.A. zum neuen Recht: LG Stendal NJW 2002, 2886, 2887; Schellhammer, MDR 2001, 1141, 1143; widersprüchlich Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 61. Aufl., § 520 Rn. 23: Der Berufungskläger müsse mindestens einen der gesetzlichen Berufungsgründe schlüssig darlegen, es sei aber unerheblich, ob die Begründung schlüssig oder rechtlich haltbar sei).
2. Diesen Maßstäben genügt ersichtlich die Berufungsbegründung der Beklagten. Sie erschöpft sich keineswegs darin, wie das Berufungsgericht meint, das tatsächliche Vorbringen der Beklagten aus erster Instanz zu konkretisieren und zu erweitern, sondern enthält in mehrfacher Hinsicht die nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO erforderlichen rechtlichen Angriffe gegen das landgerichtliche Urteil. Das ergibt sich schon daraus, daß die Beklagte eine Auftragserteilung an die Klägerin sowie an den Zeugen Bi. bestreitet und hiermit die Grundlage des vom Landgericht angenommenen Klageanspruchs (§ 670 BGB) leugnet. Ferner wendet sich die Berufungsbegründung, was das Berufungsgericht verkennt, auch aus Rechtsgründen gegen die Auslegung des Landgerichts, die Parteien hätten statt der von der Beklagten behaupteten Risikoübernahme durch den Zeugen Bi. lediglich eine Fälligkeitsabrede getroffen. Schließlich wird in dem Schriftsatz mit näherer Begründung eine Schlechterfüllung des
Auftrags durch den Zeugen Bi. gerügt und dabei - wenngleich ohne Be- zeichnung einer Rechtsvorschrift - geltend gemacht, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft eine Verantwortlichkeit der Klägerin oder des Zeugen Bi. für die behaupteten Schäden verneint. Eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung setzt indes, wie ausgeführt, nicht voraus, daß die inhaltlich als verletzt gerügten Normen konkret benannt sind oder daß die rechtlichen Angriffe eindeutig von der - nicht notwendigen, aber auch nicht schädlichen - Wiederholung des Sachverhalts abgesetzt werden.
3. Demzufolge ist der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO). Der Senat hat hierbei von der Möglichkeit des § 577 Abs. 4 Satz 3 ZPO Gebrauch gemacht.
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Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.
(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.
(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).
(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.
(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.
(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.