Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Mai 2017 - VII ZB 64/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:170517BVIIZB64.15.0
bei uns veröffentlicht am17.05.2017
vorgehend
Amtsgericht Memmingen, 50 M 2790/15, 20.10.2015
Landgericht Memmingen, 44 T 1535/15, 11.11.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 64/15
vom
17. Mai 2017
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der gemäß § 20 Abs. 2 AVAG vorgeschriebene Nachweis der Sicherheitsleistung
durch öffentliche Urkunde kann ausnahmsweise entbehrlich sein,
wenn sich der Einwand des Gläubigers, der Nachweis der Sicherheitsleistung
sei nicht durch öffentliche Urkunde geführt, als rechtsmissbräuchlich
erweist (§ 242 BGB).
BGH, Beschluss vom 17. Mai 2017 - VII ZB 64/15 - LG Memmingen
AG Memmingen
ECLI:DE:BGH:2017:170517BVIIZB64.15.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Mai 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Eick, den Richter Dr. Kartzke und die Richterinnen Graßnack, Sacher und Borris
beschlossen:
Die Kosten des Verfahrens werden der Gläubigerin auferlegt.

Gründe:

I.

1
Die Gläubigerin erwirkte gegen die Schuldnerin einen Beschluss des ordentlichen Gerichts R., Italien, vom 15. Juni 2015. Nachdem das Landgericht M. diesen Titel auf Antrag der Gläubigerin mit Beschluss vom 25. August 2015 für vollstreckbar erklärt hatte, erteilte es am 7. September 2015 die Vollstreckungsklausel mit der Maßgabe, dass die Zwangsvollstreckung zunächst über Maßregeln zur Sicherung nicht hinausgehen dürfe und die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung solange durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Anspruchs abwenden könne.
2
Auf Antrag der Gläubigerin hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - am 9. Oktober 2015 einen Pfändungsbeschluss erlassen, mit dem Forderungen der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin gepfändet worden sind. Hiergegen hat die Schuldnerin im Rahmen einer "Beschwerde" eingewandt, dass sie mittlerweile Sicherheit geleistet habe. Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat dies als Antrag nach § 775 Nr. 3 ZPO i.V.m. § 776 Satz 1 ZPO ausgelegt und den Pfändungsbeschluss vom 9. Oktober 2015 aufgehoben.
3
Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat das Beschwerdegericht mit Beschluss vom 11. November 2015 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Entscheidung des Amtsgerichts - Vollstreckungsgericht -, den Pfändungsbeschluss aufzuheben, sei gemäß § 20 Abs. 2 des Gesetzes zur Ausführung zwischenstaatlicher Verträge und zur Durchführung von Abkommen der Europäischen Union auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz - AVAG) zu Recht ergangen. Ausweislich der Vollstreckungsklausel des Landgerichts M. sei es der Schuldnerin nachgelassen gewesen, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden. Nach § 20 Abs. 2 AVAG seien bereits getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben, wenn der Verpflichtete durch eine öffentliche Urkunde die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheit nachweise. Die Schuldnerin habe der Gläubige- rin eine Prozessbürgschaft der Drittschuldnerin über 149.900,60 € übersandt. Der Gläubigerin sei zuzugeben, dass die Sicherheitsleistung nicht durch öffentliche Urkunde nachgewiesen sei. Sie habe aber nie bestritten, die Bürgschaft erhalten zu haben. Es entspreche allgemeinen Grundsätzen des Zivilprozessrechts , dass nur bestrittene Tatsachen des Beweises bedürften, so dass es ohne Belang sei, dass der Nachweis der Sicherheitsleistung nach § 20 Abs. 2 AVAG nur durch eine öffentliche Urkunde zulässig sei.
4
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde hat die Gläubigerin zunächst weiterhin ihren auf Zurückweisung des Antrags der Schuldnerin auf Einstellung der Zwangsvollstreckung und Pfändung der in dem Pfändungsbeschluss vom 9. Oktober 2015 bezeichneten Forderungen der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin gerichteten Antrag weiterverfolgt. Im Rechtsbeschwerdeverfahren hat sie eine Ablichtung des Beschlusses des Oberlandesgerichts M. vom 18. April 2016 vorgelegt, mit dem die Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Landgerichts M. vom 25. August 2015 verworfen und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist zurückgewiesen worden ist, sowie eine Ablichtung eines vom Landgericht M. gemäß § 23 AVAG erteilten Zeugnisses vom 3. Mai 2016, wonach die Zwangsvollstreckung aus dem zugrunde liegenden Titel unbeschränkt stattfinden darf.
5
Die Schuldnerin hat daraufhin ihren Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung und auf Aufhebung der bereits getroffenen Vollstreckungsmaßnahme für erledigt erklärt. Die Gläubigerin hat der Erledigungserklärung zugestimmt.

II.

6
Nachdem die Parteien die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten des Verfahrens gemäß § 91a Abs. 1 ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes durch Beschluss zu entscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 2014 - VII ZB 59/12 Rn. 1; Beschluss vom 13. Februar 2003 - VII ZR 121/02, BauR 2003, 1075, 1076, juris Rn. 7). Dabei ist der mutmaßliche Ausgang des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu beachten und dessen Auswirkung auf die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen festzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Februar 2003 - VII ZR 121/02, aaO; Beschluss vom 29. Januar1985 - VI ZR 59/84, VersR 1985, 441, juris Rn. 3). Danach sind die Kosten in vollem Umfang der Gläubigerin aufzuerlegen, weil die Rechtsbeschwerde ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses erfolglos geblieben wäre.
7
1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde war allerdings zulässig. Ihr fehlte insbesondere nicht das Rechtsschutzbedürfnis.
8
Die vom Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - beschlossene Aufhebung des Pfändungsbeschlusses vom 9. Oktober 2015 ist zwar sofort wirksam geworden , so dass der ursprüngliche Pfändungsbeschluss nicht wiederhergestellt werden kann. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch mit dem Ziel zulässig gewesen, eine Vollstreckung mit neuem Rang zu ermöglichen (BGH, Beschluss vom 21. Februar 2013 - VII ZB 9/11, NJW-RR 2013, 765 Rn. 7; Beschluss vom 5. Mai 2011 - VII ZB 25/10 Rn. 4 m.w.N.). Der Antrag der Gläubigerin, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den ursprünglichen Pfändungsbeschluss wiederherzustellen, war dahin auszulegen, dass sie den Erlass eines Pfändungsbeschlusses mit neuem Rang erstrebt hat.
9
2. Das Beschwerdegericht hat im Ergebnis jedoch zu Recht entschieden, dass die Aufhebung des Pfändungsbeschlusses vom 9. Oktober 2015 nach § 20 Abs. 2 AVAG, der den § 775 Nr. 3, § 776 Satz 1 ZPO inhaltlich entspricht, zu Recht erfolgt ist.
10
Gemäß § 20 Abs. 1 AVAG ist der Verpflichtete, solange die Zwangsvollstreckung aus einem Titel, der auf Leistung in Geld lautet, nicht über Maßregeln der Sicherung hinausgehen darf, befugt, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des Betrages abzuwenden, wegen dessen der Berechtigte vollstrecken darf. Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen und bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln sind aufzuheben, wenn der Verpflich- tete durch eine öffentliche Urkunde die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheit nachweist, § 20 Abs. 2 AVAG.
11
a) Der der Vollstreckung der Gläubigerin zugrunde liegende Beschluss des Gerichts R. war im Zeitpunkt des Erlasses des Pfändungsbeschlusses am 9. Oktober 2015 aufgrund der Beschlüsse des Landgerichts M. vom 25. August 2015 und vom 7. September 2015 mit der Maßgabe gegen die Schuldnerin vollstreckbar, dass die Zwangsvollstreckung zunächst über Maßregeln zur Sicherung nicht hinausgehen durfte. Der Schuldnerin war die Befugnis, die Zwangsvollstreckung durch Stellung einer Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Anspruchs abzuwenden, im Beschluss des Landgerichts M. vom 7. September 2015 über die Erteilung der Vollstreckungsklausel ausdrücklich eingeräumt worden.
12
b) Einen Nachweis über die Stellung der erforderlichen Sicherheit durch öffentliche Urkunde hat die Schuldnerin allerdings, wie das Beschwerdegericht zutreffend festgestellt hat, nicht geführt. Der von der Schuldnerin nach § 20 Abs. 2 AVAG zu führende Nachweis durch öffentliche Urkunde, dass sie die erforderliche Sicherheit gestellt habe, war im vorliegenden Fall jedoch ausnahmsweise entbehrlich.
13
aa) Das Beschwerdegericht ist im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen , dass auf den Streitfall die Vorschriften des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes vom 19. Februar 2001 in der Fassung vom 30. November 2015 (BGBl. I S. 2146) anwendbar sind. Zwar ist durch Gesetz vom 8. Juli 2014 (BGBl. I S. 890), das im Wesentlichen am 10. Januar 2015 in Kraft getreten ist, die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. Nr. L 12 vom 16. Januar 2001, S. 1) - Brüssel-I-VO - aus dem Anwendungsbereich nach § 1 AVAG herausgenommen worden. Für die Nachfolgeverordnung , die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. Nr. L 351 vom 20. Dezember 2012, S. 1) - Brüssel-Ia-VO -, gelten nunmehr §§ 1110 ff. ZPO. Gemäß Art. 66 Abs. 2 Brüssel-Ia-VO bleibt aber für Entscheidungen, die in vor dem 10. Januar 2015 eingeleiteten Verfahren ergangen sind, die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 anwendbar. Nach der Änderung des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes fehlen allerdings Ausführungsvorschriften für diese der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 unterfallenden Altverfahren. Eine Übergangsregelung hat der Gesetzgeber nicht geschaffen. Dabei handelt es sich um eine planwidrige Regelungslücke, die durch analoge Anwendung der Vorschriften des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes zu schließen ist (vgl. Musielak/Voit/Lackmann, ZPO, 12. Aufl., Vorbemerkung zum AVAG Rn. 1a; Rauscher/Staudinger, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Band I, 4. Aufl., Einleitung Brüssel-Ia-VO Rn. 31 a.E.; Hau, MDR 2014, 1417, 1420).
14
bb) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts ist der Nachweis der Sicherheitsleistung durch öffentliche Urkunde nicht bereits dann entbehrlich, wenn es eines Beweises der vom Schuldner behaupteten Tatsachen nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilprozessrechts nicht bedürfte. Der Schuldner hat nach § 20 Abs. 2 AVAG die Leistung der Sicherheit zur Abwendung der Zwangsvollstreckung durch öffentliche Urkunde nachzuweisen, ohne dass es insoweit auf die Beweisbedürftigkeit dieses Umstands ankommt. Diese Verpflichtung trägt der strengen Formalisierung des Zwangsvollstreckungsverfahrens Rechnung.
15
cc) Der Nachweis der Sicherheitsleistung durch Vorlage einer öffentlichen Urkunde gemäß § 20 Abs. 2 AVAG kann jedoch ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn sich der Einwand des Gläubigers, der Nachweis der Sicherheitsleistung sei nicht durch öffentliche Urkunde geführt, als rechtsmissbräuchlich erweist (§ 242 BGB).
16
(1) Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ist auch im Zwangsvollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung (Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 242 Rn. 38 m.w.N.; MünchKommBGB/Schubert, 7. Aufl., § 242 Rn. 2). Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine erworbene Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 242/15, NJW 2016, 3158 Rn. 40; Urteil vom 16. Februar 2005 - IV ZR 18/04, NJW-RR 2005, 619, 620, juris Rn. 25 m.w.N.). Der Einwand des Gläubigers, der nach § 20 Abs. 2 AVAG vorgeschriebene Nachweis der Sicherheitsleistung durch Vorlage einer öffentlichen Urkunde fehle, verstößt jedenfalls dann gegen § 242 BGB, wenn dies zu einem mit Treu und Glauben unvereinbaren, schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde und sich das Berufen auf die Nichteinhaltung des Formerfordernisses daher als rechtsmissbräuchlich erweist. So liegt der Fall hier.
17
(2) Die Gläubigerin beruft sich im Beschwerdeverfahren ausschließlich darauf, dass es an einem Nachweis der Sicherheitsleistung in Form einer öffentlichen Urkunde fehle. Sie wendet sich nicht gegen die rechtlich bedenkenfreie Würdigung des Beschwerdegerichts, aufgrund der von der Schuldnerin vorgelegten Belege über eine Übermittlung der Bürgschaftsurkunde am 9. Oktober 2015 an die Gläubigerin mittels Einwurfeinschreibens sei davon auszugehen, dass dieser die Sicherheit tatsächlich zugegangen sei. Mit ihrem Einwand, es fehle an einem Nachweis der Sicherheitsleistung durch öffentliche Urkunde, ist die Gläubigerin im vorliegenden Fall nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen, weil dieser sich nach den Umständen als rechtsmissbräuchlich erweist.
18
Ist mit dem Beschwerdegericht davon auszugehen, dass die Bürgschaftsurkunde der Gläubigerin tatsächlich am 9. Oktober 2015 zugegangen ist, ist die Schuldnerin nach den Umständen nicht mehr ohne Weiteres in der Lage, diesen Nachweis nachträglich noch zu erbringen. Eine erneute Zustellung des Originals der Bürgschaftsurkunde ist nicht möglich, wenn die Gläubigerin das Original der Bürgschaft bereits in Händen hält. Der Einwand der Gläubigerin, der Nachweis der Sicherheitsleistung sei nicht in der erforderlichen Form durch öffentliche Urkunde geführt worden, hätte damit zur Folge, dass die Schuldnerin eine Aufhebung des Pfändungsbeschlusses im Hinblick auf die von ihr gestellte Sicherheit letztlich nicht mehr oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erreichen könnte. Dieses Ergebnis wäre aber schlechthin untragbar mit der Folge, dass der Nachweis der Sicherheitsleistung durch öffentliche Urkunde hier ausnahmsweise als entbehrlich anzusehen ist.
19
3. Die weiteren Einwendungen der Rechtsbeschwerde führen auch unter Billigkeitsgesichtspunkten zu keinem anderen Ergebnis.
20
a) Entgegen der Auffassung der Gläubigerin hatte das Beschwerdegericht bei seiner Entscheidung nicht nach Art. 47 Abs. 3 Brüssel-I-VO bereits deswegen von einer unbeschränkten Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung auszugehen, mit der Folge, dass der Pfändungsbeschluss wieder zu erlassen gewesen wäre, weil die einmonatige Rechtsbehelfsfrist des Art. 43 Abs. 5 Brüssel-I-VO gegen den Beschluss des Landgerichts M. vom 25. August 2015 über die Vollstreckbarerklärung des der Zwangsvollstreckung zugrunde liegenden italienischen Titels in diesem Zeitpunkt abgelaufen war.
21
Nach Art. 47 Abs. 3 Brüssel-I-VO darf die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht über Maßnahmen zur Sicherung hinausgehen, solange die in Art. 43 Abs. 5 Brüssel-I-VO vorgesehene Frist für den Rechtsbehelf gegen die Vollstreckbarerklärung läuft und solange über den Rechtsbehelf nicht entschieden ist. Der Ablauf der Rechtsbehelfsfrist genügt danach nicht, wenn der Schuldner - wie hier - einen Rechtsbehelf eingelegt hat und eine Entscheidung hierüber noch nicht ergangen ist. Im Zeitpunkt der Entscheidung über die sofortige Beschwerde der Gläubigerin am 11. November 2015 stand damit nicht fest, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des Gerichts R. vom 15. Juni 2015 unbeschränkt zulässig war.
22
b) Auf die Frage, ob die Erteilung eines Zeugnisses nach § 23 AVAG unter der Geltung des Art. 47 Abs. 3 Brüssel-I-VO überhaupt zur Voraussetzung einer unbeschränkten Vollstreckung aus einem ausländischen Titel gemacht werden darf, für den die Vollstreckungsklausel zunächst nur mit der Maßgabe erteilt worden ist, dass die Zwangsvollstreckung über Maßregeln zur Sicherung nicht hinausgehen darf, kommt es danach nicht entscheidend an. Denn im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung lagen die Voraussetzungen des Art. 47 Abs. 3 Brüssel-I-VO, unter denen von einer unbeschränkt zulässigen Vollstreckung auszugehen wäre, nicht vor.
Eick Kartzke Graßnack Sacher Borris

Vorinstanzen:
AG Memmingen, Entscheidung vom 20.10.2015 - 50 M 2790/15 -
LG Memmingen, Entscheidung vom 11.11.2015 - 44 T 1535/15 -

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(1) Solange die Zwangsvollstreckung aus einem Titel, der auf Leistung von Geld lautet, nicht über Maßregeln der Sicherung hinausgehen darf, ist der Verpflichtete befugt, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des Betrages abzuwenden, wegen dessen der Berechtigte vollstrecken darf.

(2) Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen und bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln sind aufzuheben, wenn der Verpflichtete durch eine öffentliche Urkunde die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung nachweist.

Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen oder zu beschränken:

1.
wenn die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass das zu vollstreckende Urteil oder seine vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben oder dass die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt oder ihre Einstellung angeordnet ist;
2.
wenn die Ausfertigung einer gerichtlichen Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die einstweilige Einstellung der Vollstreckung oder einer Vollstreckungsmaßregel angeordnet ist oder dass die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden darf;
3.
wenn eine öffentliche Urkunde vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die zur Abwendung der Vollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung oder Hinterlegung erfolgt ist;
4.
wenn eine öffentliche Urkunde oder eine von dem Gläubiger ausgestellte Privaturkunde vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass der Gläubiger nach Erlass des zu vollstreckenden Urteils befriedigt ist oder Stundung bewilligt hat;
5.
wenn der Einzahlungs- oder Überweisungsnachweis einer Bank oder Sparkasse vorgelegt wird, aus dem sich ergibt, dass der zur Befriedigung des Gläubigers erforderliche Betrag zur Auszahlung an den Gläubiger oder auf dessen Konto eingezahlt oder überwiesen worden ist.

In den Fällen des § 775 Nr. 1, 3 sind zugleich die bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln aufzuheben. In den Fällen der Nummern 4, 5 bleiben diese Maßregeln einstweilen bestehen; dasselbe gilt in den Fällen der Nummer 2, sofern nicht durch die Entscheidung auch die Aufhebung der bisherigen Vollstreckungshandlungen angeordnet ist.

(1) Solange die Zwangsvollstreckung aus einem Titel, der auf Leistung von Geld lautet, nicht über Maßregeln der Sicherung hinausgehen darf, ist der Verpflichtete befugt, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des Betrages abzuwenden, wegen dessen der Berechtigte vollstrecken darf.

(2) Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen und bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln sind aufzuheben, wenn der Verpflichtete durch eine öffentliche Urkunde die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung nachweist.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen oder zu beschränken:

1.
wenn die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass das zu vollstreckende Urteil oder seine vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben oder dass die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt oder ihre Einstellung angeordnet ist;
2.
wenn die Ausfertigung einer gerichtlichen Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die einstweilige Einstellung der Vollstreckung oder einer Vollstreckungsmaßregel angeordnet ist oder dass die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden darf;
3.
wenn eine öffentliche Urkunde vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die zur Abwendung der Vollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung oder Hinterlegung erfolgt ist;
4.
wenn eine öffentliche Urkunde oder eine von dem Gläubiger ausgestellte Privaturkunde vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass der Gläubiger nach Erlass des zu vollstreckenden Urteils befriedigt ist oder Stundung bewilligt hat;
5.
wenn der Einzahlungs- oder Überweisungsnachweis einer Bank oder Sparkasse vorgelegt wird, aus dem sich ergibt, dass der zur Befriedigung des Gläubigers erforderliche Betrag zur Auszahlung an den Gläubiger oder auf dessen Konto eingezahlt oder überwiesen worden ist.

In den Fällen des § 775 Nr. 1, 3 sind zugleich die bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln aufzuheben. In den Fällen der Nummern 4, 5 bleiben diese Maßregeln einstweilen bestehen; dasselbe gilt in den Fällen der Nummer 2, sofern nicht durch die Entscheidung auch die Aufhebung der bisherigen Vollstreckungshandlungen angeordnet ist.

(1) Solange die Zwangsvollstreckung aus einem Titel, der auf Leistung von Geld lautet, nicht über Maßregeln der Sicherung hinausgehen darf, ist der Verpflichtete befugt, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des Betrages abzuwenden, wegen dessen der Berechtigte vollstrecken darf.

(2) Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen und bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln sind aufzuheben, wenn der Verpflichtete durch eine öffentliche Urkunde die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung nachweist.

(1) Die Zwangsvollstreckung aus dem Titel, den der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges mit der Vollstreckungsklausel versehen hat, ist auf Antrag des Berechtigten über Maßregeln zur Sicherung hinaus fortzusetzen, wenn das Zeugnis des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts vorgelegt wird, dass die Zwangsvollstreckung unbeschränkt stattfinden darf.

(2) Das Zeugnis ist dem Berechtigten auf seinen Antrag zu erteilen,

1.
wenn der Verpflichtete bis zum Ablauf der Beschwerdefrist keine Beschwerdeschrift eingereicht hat,
2.
wenn das Beschwerdegericht die Beschwerde des Verpflichteten zurückgewiesen und keine Anordnung nach § 22 Absatz 2 erlassen hat,
3.
wenn der Bundesgerichtshof die Anordnung des Beschwerdegerichts nach § 22 Absatz 2 aufgehoben hat (§ 22 Absatz 3 Satz 2) oder
4.
wenn der Bundesgerichtshof den Titel zur Zwangsvollstreckung zugelassen hat.

(3) Aus dem Titel darf die Zwangsvollstreckung, selbst wenn sie auf Maßregeln der Sicherung beschränkt ist, nicht mehr stattfinden, sobald ein Beschluss des Beschwerdegerichts, dass der Titel zur Zwangsvollstreckung nicht zugelassen werde, verkündet oder zugestellt ist.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZR 121/02
vom
13. Februar 2003
in dem Rechtsstreit
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Februar 2003 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Haß,
Dr. Wiebel und Dr. Kuffer

beschlossen:
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Der Streitwert wird bis zum 14. August 2002 auf 70.270,03 "! !# 27.530,04

Gründe:

I.

Die Klägerin hat von der Beklagten im Urkundenprozeß restlichen Werklohn verlangt. Die Beklagte beauftragte die Klägerin am 12. August 1989 mit der Durchführung von Arbeiten an einem Neubau. Die Beschreibung der zu erbringenden Leistungen war in acht Titel gegliedert. Nach der Durchführung der Erdarbeiten übersandte die Klägerin eine "Schlußabrechnung", später eine "korrigierte Schlußabrechnung" über den Titel 3 (Erdarbeiten); letztere wurde von der Beklagten bezahlt. Nach Abnahme des "Gesamtobjekts" übersandte die Klägerin getrennte Schlußrechnungen für die weiteren Titel des Vertrages. Die Beklagte ermittelte
nach Überprüfung einen Restbetrag, von dem sie 137.435, 49 DM aus einer angeblichen Überzahlung hinsichtlich des Titels 3 abzog. Die Klägerin hat im Urkundenverfahren den Abzugsbetrag von 137.436,23 DM geltend gemacht. Das Landgericht hat die Klage als im Urkundenprozeß unstatthaft abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Berufungsgerichtes hat die Beklagte fristgemäß Beschwerde eingelegt und diese begründet. In der Folgezeit haben die Parteien sich außergerichtlich verglichen und daraufhin übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, der jeweils anderen Partei die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

II.

1. Der Rechtsstreit richtet sich nach dem ab dem 01.01.2002 geltenden Prozeßrecht (§ 26 Nr. 7 EGZPO). 2. Da durch die übereinstimmenden Erklärungen der Parteien der Rechtsstreit insgesamt erledigt ist, ist über alle bisher entstandenen Kosten des Rechtsstreites, einschließlich derjenigen der Vorinstanzen, nach der auch für die Revisionsinstanz geltenden Vorschrift des § 91 a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach– und Streitstandes durch Beschluß zu entscheiden. Dabei ist der mutmaßliche Ausgang des Revisionsverfahrens zu beachten und dessen Auswirkung auf die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen festzustellen (BGH, Urteil vom 29. Januar 1985 – VI ZR 59/84, VersR 1985, 441). Danach sind die Kosten in vollem Umfang der Klägerin aufzuerlegen.
Eine für die Klägerin günstige Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich derjenigen der Tatsacheninstanzen käme nur dann in Betracht , wenn nach dem Sach– und Streitstand bei Eintritt des erledigenden Ereignisses die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision Erfolg gehabt und die Durchführung der Revision zu einer Verurteilung der Beklagten geführt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn die Nichtzulassungsbeschwerde hätte im Fall ihrer Durchführung keinen Erfolg gehabt. Ein Zulassungsgrund lag nicht vor. Soweit die Beschwerde insoweit geltend macht, das Berufungsgericht weiche, wenn es der Klägerin die Beweislast für die Berechtigung der Rechnung über Erdarbeiten auferlege, obwohl es hier um die Überzahlung einer Schlußrechnung gehe, in entscheidungserheblicher Weise von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab, vermag sie einen Zulassungsgrund nicht darzulegen. Das Berufungsgericht hat keinen Rechtssatz aufgestellt, der mit den Rechtsprechungsgrundsätzen nicht vereinbar ist. Entgegen der Auffassung der Beschwerde geht es hier nicht um einen Bereicherungsanspruch der Beklagten, sondern um die Abrechnung von Abschlagszahlungen. Dressler Thode Haß Wiebel Kuffer

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

7
Die im Wege der Abhilfe auf die Erinnerung des Drittschuldners erfolgte Aufhebung des Pfändungsbeschlusses vom 18. Juni 2010 durch den richterlichen Beschluss vom 23. September 2010 ist ungeachtet der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde des Gläubigers sofort wirksam geworden. Der ursprüngliche Pfändungsbeschluss kann daher nicht wieder hergestellt werden. Eine Rechtsbeschwerde wäre nur mit dem Ziel zulässig, eine Vollstreckung mit neuem Rang zu ermöglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2011 - VII ZB 25/10, juris Rn. 4; Urteil vom 9. Juni 1976 - VIII ZR 19/75, BGHZ 66, 394; KG, OLGZ 1982, 75; OLG Koblenz, Rpfleger 1986, 229; Stöber, Forderungspfändung , 15. Aufl., Rn. 743).

(1) Solange die Zwangsvollstreckung aus einem Titel, der auf Leistung von Geld lautet, nicht über Maßregeln der Sicherung hinausgehen darf, ist der Verpflichtete befugt, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des Betrages abzuwenden, wegen dessen der Berechtigte vollstrecken darf.

(2) Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen und bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln sind aufzuheben, wenn der Verpflichtete durch eine öffentliche Urkunde die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung nachweist.

Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen oder zu beschränken:

1.
wenn die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass das zu vollstreckende Urteil oder seine vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben oder dass die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt oder ihre Einstellung angeordnet ist;
2.
wenn die Ausfertigung einer gerichtlichen Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die einstweilige Einstellung der Vollstreckung oder einer Vollstreckungsmaßregel angeordnet ist oder dass die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden darf;
3.
wenn eine öffentliche Urkunde vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die zur Abwendung der Vollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung oder Hinterlegung erfolgt ist;
4.
wenn eine öffentliche Urkunde oder eine von dem Gläubiger ausgestellte Privaturkunde vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass der Gläubiger nach Erlass des zu vollstreckenden Urteils befriedigt ist oder Stundung bewilligt hat;
5.
wenn der Einzahlungs- oder Überweisungsnachweis einer Bank oder Sparkasse vorgelegt wird, aus dem sich ergibt, dass der zur Befriedigung des Gläubigers erforderliche Betrag zur Auszahlung an den Gläubiger oder auf dessen Konto eingezahlt oder überwiesen worden ist.

In den Fällen des § 775 Nr. 1, 3 sind zugleich die bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln aufzuheben. In den Fällen der Nummern 4, 5 bleiben diese Maßregeln einstweilen bestehen; dasselbe gilt in den Fällen der Nummer 2, sofern nicht durch die Entscheidung auch die Aufhebung der bisherigen Vollstreckungshandlungen angeordnet ist.

(1) Solange die Zwangsvollstreckung aus einem Titel, der auf Leistung von Geld lautet, nicht über Maßregeln der Sicherung hinausgehen darf, ist der Verpflichtete befugt, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des Betrages abzuwenden, wegen dessen der Berechtigte vollstrecken darf.

(2) Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen und bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln sind aufzuheben, wenn der Verpflichtete durch eine öffentliche Urkunde die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung nachweist.

(1) Diesem Gesetz unterliegen

1.
die Ausführung folgender zwischenstaatlicher Verträge (Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge):
a)
Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1972 II S. 773);
b)
Übereinkommen vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1994 II S. 2658);
c)
Vertrag vom 17. Juni 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1981 II S. 341);
d)
Vertrag vom 20. Juli 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1980 II S. 925);
e)
Vertrag vom 14. November 1983 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Spanien über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Vergleichen sowie vollstreckbaren öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1987 II S. 34);
2.
die Durchführung folgender Abkommen der Europäischen Union:
a)
Übereinkommen vom 30. Oktober 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen;
b)
Haager Übereinkommen vom 30. Juni 2005 über Gerichtsstandsvereinbarungen;
c)
Haager Übereinkommen vom 2. Juli 2019 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen.

(2) Abkommen nach Absatz 1 Nummer 2 werden als unmittelbar geltendes Recht der Europäischen Union durch die Durchführungsbestimmungen dieses Gesetzes nicht berührt. Unberührt bleiben auch die Regelungen der Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge; dies gilt insbesondere für die Regelungen über

1.
den sachlichen Anwendungsbereich,
2.
die Art der Entscheidungen und sonstigen Titel, die im Inland anerkannt oder zur Zwangsvollstreckung zugelassen werden können,
3.
das Erfordernis der Rechtskraft der Entscheidungen,
4.
die Art der Urkunden, die im Verfahren vorzulegen sind, und
5.
die Gründe, die zur Versagung der Anerkennung oder Zulassung der Zwangsvollstreckung führen.

(3) Der Anwendungsbereich des Auslandsunterhaltsgesetzes vom 23. Mai 2011 (BGBl. I S. 898) bleibt unberührt.

(1) Solange die Zwangsvollstreckung aus einem Titel, der auf Leistung von Geld lautet, nicht über Maßregeln der Sicherung hinausgehen darf, ist der Verpflichtete befugt, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des Betrages abzuwenden, wegen dessen der Berechtigte vollstrecken darf.

(2) Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen und bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln sind aufzuheben, wenn der Verpflichtete durch eine öffentliche Urkunde die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung nachweist.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

40
a) Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung. Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine erworbene Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur durch eine umfassende Bewertung der gesamten Fallumstände, die dem Tatrichter obliegt, entschieden werden (BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 - IV ZR 18/04, NJWRR 2005, 619, 620). Dabei ist zu beachten, dass nicht jedes rechts- oder pflichtwidrige Verhalten stets oder auch nur regelmäßig zur Unzulässigkeit der Ausübung einer hierdurch erlangten Rechtsstellung führt. Treuwidriges Verhalten eines Vertragspartners kann zwar dazu führen, dass ihm die Ausübung eines ihm zustehenden Rechts zu versagen ist, wenn er sich dieses Recht gerade durch das treuwidrige Verhalten verschafft hat. Lässt sich ein solches zielgerichtet treuwidriges Verhalten nicht feststellen, so muss durch eine Abwägung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls entschieden werden, ob und wieweit einem Beteiligten die Ausübung einer Rechtsposition nach Treu und Glauben verwehrt sein soll (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 - IV ZR 140/08, NJW 2010, 289 Rn. 21 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 18/04 Verkündet am:
16. Februar 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
_____________________
Ob der Versicherer ausnahmsweise rechtsmißbräuchlich handelt, wenn er sich auf
den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG beruft, hat der Tatrichter aufgrund einer
umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Diese Entscheidung
kann das Revisionsgericht nur darauf hin überprüfen, ob sie auf einer
tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt
und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder
von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht.
BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 - IV ZR 18/04 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 16. Februar 2005

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 18. Dezember 2003 wird auf Kosten des Beklagten zu 2), der auch die im Revisionsverfahren entstandenen Kosten des Streithelfers trägt, zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger erhebt gegen den Beklagten zu 2), einen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, Leistungsansprüche wegen des Diebstahls seiner Yacht "……….." (……………………………..).
Er hatte die 1998 zum Preise von 346.240 DM erworb ene Yacht unter Vermittlung der E. der ehemaligen , Beklagten z u 1), mit Vertrag vom 3. Mai 2000 beim Beklagten zu 2) mit einer Versicherungssumme von 295.000 DM bei einer Selbstbeteiligung von 2.000 DM kaskoversichert. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Kaskoversicherung von Wassersportfahrzeugen (AVB Wassersportfahrzeuge 1993)

zugrunde. Auf der ersten Seite des Versicherungsscheins sind oben rechts allein die frühere Beklagte zu 1) und darunter die Büroanschrift des betreuenden Versicherungsmaklers genannt. Im unteren Teil des Deckblatts befindet sich vor der Unterschrift des Versicherers der folgende Text:
"In Vollmacht des Versicherers

V.

E.

" Am 27. März 2001 wurde die Yacht durch Personal de s Sportboothafens (………) B. B. /Italien von einem Landliegeplatz im Hafengelände zu Wasser gelassen. Am darauf folgenden Tag sollte das Boot zu dem vom Kläger gemieteten Liegeplatz gebracht werden. Während die beiden Sicherheitsschlüssel für die Zugangstür zum Salon der Yacht außerhalb des Bootes verwahrt wurden, verblieben die Zündschlüssel (in jeweils zweifacher Ausfertigung) für die beiden Motoren in einer unverschlossenen, abgedeckten Ablage unterhalb des Fahrstandes an Bord. Ebenso blieben drei Bordnetzschlüssel für die drei Hauptschalter der elektrischen Anlage in den Schalterschlössern stecken.
In der Nacht vom 27. auf den 28. März 2001 wurde d ie Yacht von unbekannten Tätern entwendet. Der Kläger meldete den Schadensfall der Beklagten zu 1), die im Einverständnis und mit Vollmacht des Beklagten zu 2) zunächst auch die Verhandlungen über die Schadensregulierung führte. Der Kläger wurde dabei von dem Streithelfer anwaltlich vertreten. Auf dessen erste schriftliche Aufforderung zur Auszahlung der

Versicherungssumme erwiderte die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 23. Juli 2001, nach Rücksprache mit dem "führenden Versicherer", dem (namentlich genannten) Beklagten zu 2), müsse sie mitteilen, man könne der Zahlungsaufforderung derzeit nicht nachkommen. Auf die zweite, ebenfalls an die Beklagte zu 1) gerichtete Zahlungsaufforderung des Streithelfers vom 25. Oktober 2001 meldete sich Rechtsanwalt Dr. F. aus F. . Unter dem Betreff "V. /Fr. " teilte er dem Streithelfer mit S chreiben vom 8. November 2001 mit, daß er "die Interessen des Kasko-Versicherers" anwaltlich wahrnehme, und kündigte eine weitere Rücksprache an.
Mit einem an RechtsanwaltDr. F. gerichtet en Schreiben vom 20. November 2001 kündigte der Streithelfer die Erhebung einer Klage gegen die Beklagte zu 1) an, die er sodann - eingehend am 29. November 2001 - bei Gericht einreichte. Die auf Feststellung der Leistungspflicht aus der Kaskoversicherung gerichtete Klage wurde der Beklagten zu 1) am 17. Dezember 2001 zugestellt.
Mit Schreiben vom 21. Dezember 2001 wandte sich Re chtsanwalt Dr. F. unter dem Betreff "V. /Fr. " an den Streithelfer und teilte ihm unter Bezugnahme auf seine beiden vorangegangenen Schreiben mit, nach Rücksprache mit "dem Kaskoversicherer" lehne dieser den erhobenen Anspruch ab und werde keine Leistung erbringen, weil der Versicherungsfall auf grobe Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers zurückzuführen sei. Das Schreiben schließt mit den Worten: "Wie Ihnen selbstverständlich bekannt ist, wird der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Anspruch auf Leistung nicht innerhalb von sechs Mo-

naten gerichtlich geltend gemacht wird (§ 12 Abs. 3 VVG)." In dem vom Kläger zunächst gegen die Beklagte zu 1 ) geführten Rechtsstreit rügte diese mit Schriftsatz vom 25. Juni 2002 ihre fehlende Passivlegitimation. Mit Schriftsatz vom 16. Juli 2002 stellte der Streithelfer für den Kläger daraufhin den Antrag, daß die Klage sich im weiteren gegen den Beklagten zu 2) richten solle. Dieser hält sich schon wegen Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG für leistungsfrei und ist weiter der Auffassung, die erhobene Klage auf Feststellung der Leistungspflicht sei unzulässig, weil der Kläger Leistungsklage hätte erheben können. Im übrigen entfalle die Leistungspflicht auch deshalb, weil der Kläger sämtliche Motoren- und Netzschlüssel an Bord gelassen und damit den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe.
Der Kläger meint, der Beklagte zu 2) könne sich an gesichts der besonderen Umstände des Falles nicht auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG berufen, sondern müsse sich die fristgemäße Erhebung der Klage gegen die Beklagte zu 1) zurechnen lassen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Beru fungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt der Beklagte zu 2) weiterhin die Klagabweisung.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht führt aus:
1. Der Antrag auf Feststellung, der Beklagte zu 2) sei verpflichtet, dem Kläger den um den vereinbarten Selbstbehalt verminderten Schaden aus dem Diebstahl der Motoryacht vom 27./28. März 2001 zu ersetzen , sei zulässig. Das Feststellungsinteresse entfalle nicht dadurch, daß der Kläger - wie mit einem im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Antrag geschehen - auch Leistungsklage habe erheben können. Denn von dem Beklagten zu 2), einem großen Versicherungsunternehmen, könne erwartet werden, daß er seiner Verpflichtung zum Schadensersatz aus einem rechtskräftigen Feststellungsurteil freiwillig nachkomme, ohne daß es zusätzlich eines auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedürfe.
2. Anders als das Landgericht ist das Berufungsger icht weiter der Auffassung, der Beklagte zu 2) könne sich nicht auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG berufen, denn das stelle sich hier als rechtsmißbräuchlich dar.
Die Besonderheit des Falles liege - anders als in dem vom Oberlandesgericht Saarbrücken entschiedenen Fall (VersR 1997, 435) - darin, daß die Klage gegen die nicht passiv legitimierte Beklagte zu 1) im Zeitpunkt der vom Beklagten zu 2) unter Fristsetzung nach § 12 Abs. 3 VVG erklärten Leistungsablehnung bereits erhoben gewesen sei. Dabei müsse sich der Beklagte zu 2) das Wissen der mit der Schadensregulierung beauftragten Beklagten zu 1) um die Klagerhebung zurechnen lassen. Unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben, der das Versicherungs-

verhältnis in besonderem Maße präge, sei der Beklagte zu 2) wegen des Wissens um die fehlerhafte Klagerhebung und angesichts der gesamten Umstände des Falles gegenüber der Beklagten zu 1) verpflichtet gewesen , im Leistungsablehnungsschreiben ausdrücklich klarzustellen, daß nur er der zuständige Versicherer sei. Durch einen solchen Hinweis wäre der Kläger in die Lage versetzt worden, den erforderlichen Parteiwechsel im bereits laufenden Rechtsstreit noch innerhalb der Sechsmonatsfrist herbeizuführen. Demgegenüber verstoße es gegen Treu und Glauben, wenn der Beklagte zu 2), der sich zudem von demselben Prozeßbevollmächtigten habe vertreten lassen wie die Beklagte zu 1), zunächst den Ablauf der Sechsmonatsfrist abgewartet habe, um sich sodann erstmals nach dem Parteiwechsel im laufenden Rechtsstreit darauf zu berufen.
Der Zweck des § 12 Abs. 3 VVG, eine Verzögerung de r Klärung zweifelhafter Ansprüche im Interesse zeitnaher Sachaufklärung zu verhindern und dem Versicherer die Übersicht über den Stand seines Vermögens zu wahren, sei bereits erfüllt gewesen, als das Leistungsablehnungsschreiben vom 21. Dezember 2001 abgefaßt worden sei. Denn schon zu diesem Zeitpunkt sei für den Beklagten zu 2) ersichtlich gewesen , daß der Kläger seine Ansprüche gerichtlich durchsetzen und sich mit der außergerichtlichen Ablehnung nicht zufrieden geben wolle.
Der Kläger sei in den dem Rechtsstreit vorangegang enen Regulierungsverhandlungen auch nicht mit solcher Deutlichkeit auf die Person des zuständigen Versicherers hingewiesen worden, daß er nicht schutzwürdig erscheine. Im Versicherungsschein sei mehrfach von einem "führenden Versicherer" die Rede, obwohl keine Mehrzahl von Versicherern am Vertrag beteiligt gewesen sei. Daß insbesondere die Beklagte zu 1)

nicht Mitversicherer, sondern lediglich Versicherungsagentin oder -maklerin gewesen sei, komme im Versicherungsvertrag trotz des Hinweises, sie handle "in Vollmacht des Versicherers", nur schwer verständlich zum Ausdruck, zumal sie selbst mit dem Zusatz "Wassersport-Versicherungen" firmiere und in Ziffer 15 der Besonderen Bedingungen zur Wassersport-Kasko-Versicherung eine Halbierung der Selbstbeteiligung für den Fall in Aussicht gestellt werde, daß das Wasserfahrzeug fünf Jahre bei der Beklagten zu 1 schadensfrei versichert sei.
Schließlich habe auch der Rechtsanwalt des Beklagt en zu 2) in der vorgerichtlichen Korrespondenz abgesehen von der Verwendung des Kurzrubrums "V. /Fr. " nicht ausdrücklich klargestellt, daß allein der Beklagte zu 2) Versicherer sei.
3. Der Beklagte zu 2) sei auch nicht nach § 61 VVG von der Leistung frei. Zwar liege es nahe, den - nach Auffassung des Berufungsgerichts vom Kläger persönlich zu verantwortenden - Verbleib von Motorund Bordnetzschlüsseln an Bord der Yacht als grob fahrlässig anzusehen , doch habe der Beklagte zu 2) nicht nachgewiesen, daß die Yacht unter Zuhilfenahme der Schlüssel gestohlen worden sei. Es könne vielmehr nicht ausgeschlossen werden, daß die Yacht mit Hilfe eines anderen Bootes auf See geschleppt worden sei.
Der Verbleib der Schlüssel an Bord stelle schließl ich auch keine Gefahrerhöhung im Sinne der §§ 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 VVG dar, weil es an der Dauerhaftigkeit des veränderten Zustandes fehle.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in allen Punk ten stand.
1. Der vom Kläger vorrangig verfolgte Feststellung santrag ist hier zulässig, obwohl der Kläger sein Klageziel auch mit einer bezifferten Leistungsklage hätte verfolgen können, wie der in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellte Antrag zeigt. Zwar fehlt grundsätzlich das Feststellungsinteresse , wenn ein Kläger dasselbe Ziel mit einer Leistungsklage erreichen kann, jedoch besteht keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage. Vielmehr bleibt die Feststellungsklage dann zulässig, wenn ihre Durchführung unter dem Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit eine sinnvolle und sachgemäße Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte erwarten läßt (BGH, Urteile vom 4. Dezember 1986 - III ZR 205/85 - BGHR ZPO § 256 Abs. 1 Feststellungsinteresse 2; vom 5. Februar 1987 - III ZR 16/86 - BGHR ZPO § 256 Abs. 1 Feststellungsinteresse 4, jeweils m.w.N.; vom 21. Februar 1996 - IV ZR 297/94 - NJW-RR 1996, 641 unter I). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die beklagte Partei die Erwartung rechtfertigt, sie werde auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen, ohne daß es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedarf (BGH, Urteil vom 28. September 1999 - VI ZR 195/98 - VersR 1999, 1555 unter II 1 b, cc; vgl. auch BGH, Urteil vom 17. Juni 1994 - V ZR 34/92 - NJW-RR 1994, 1272 unter II 2 b). Das hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach angenommen, wenn es sich bei der beklagten Partei um eine Bank (BGH, Urteile vom 30. April 1991 - XI ZR 223/90 - NJW 1991, 1889 unter 1; vom 30. Mai 1995 - XI ZR 78/94 - NJW 1995, 2219 unter A II 1 - insofern in BGHZ 130, 59, 63 nicht abgedruckt -; vom 5. Dezember 1995 - XI ZR 70/95 - NJW 1996, 918 unter II 1), eine Behörde (BGH, Urteil vom 9. Juni 1983

- III ZR 74/82 - NJW 1984, 1118 unter 3 c) oder - wie hier - um ein großes Versicherungsunternehmen (BGH, Urteil vom 28. September 1999 aaO unter II 1 b, cc) handelt. Umstände, die die genannte Erwartung vorliegend erschüttern könnten, zeigt die Revision nicht auf.
2. Die Annahme des Tatrichters, der Beklagte zu 2) dürfe sich im vorliegenden Fall nach Treu und Glauben nicht auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG berufen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu un d Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung (Palandt/Heinrichs, BGB 64. Aufl. § 242 Rdn. 38 m.w.N.). Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine erworbene Rechtsposition rechtsmißbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden. Diese Bewertung vorzunehmen ist Sache des Tatrichters und demgemäß in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (vgl. dazu BGHZ 122, 308, 314; 146, 217, 223; BGH, Urteile vom 6. Dezember 1988 - XI ZR 19/88 - NJW-RR 1989, 818 unter 3; vom 13. März 1996 - VIII ZR 99/94 - NJW-RR 1996, 949 unter II 3; vom 8. Mai 2003 - VII ZR 216/02 - NJW 2003, 2448 unter III 2).

b) Solche Rechtsfehler deckt die Revision nicht au f.

Daß eine Berufung auf die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG dem Versicherer im Einzelfall nach § 242 BGB versagt sein kann, ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 1966 - II ZR 66/64 - VersR 1966, 723 unter V; weitere Rechtsprechungsnachweise bei Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 12 Rdn. 52 und 59, ferner bei Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 12 Rdn. 87).
Dem Zusammenhang der Urteilsgründe des Berufungsur teils kann sicher entnommen werden, daß das Berufungsgericht es dem Beklagten zu 2) nicht allein deshalb verwehrt hat, sich auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG zu berufen, weil die Leistungsablehnung hier zu einem Zeitpunkt erfolgte, in welchem die Beklagte zu 2) bereits zurechenbare Kenntnis davon hatte, daß der Kläger irrtümlich Klage gegen die Beklagte zu 1) eingereicht hatte, obwohl diese nicht Versicherer war. Vielmehr hat der Tatrichter auf der Grundlage einer zutreffenden Auslegung des § 12 Abs. 3 VVG erkennbar nicht nur auf den zeitlichen Ablauf, sondern auch auf die Gestaltung des Versicherungsscheins, den Inhalt der Versicherungsbedingungen , die Firmenbezeichnung der Beklagten zu 1), die im Rahmen der Schadensregulierung geführte Korrespondenz und das Prozeßverhalten der Beteiligten abgestellt. Daß daneben wesentliche Gesichtspunkte übersehen oder von einer unzutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen worden wäre, wird von der Revision nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich.

c) Die Revision bemüht sich unter Hinweis auf mehr ere tatrichterliche Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte lediglich darum, eine ihr günstigere, abweichende Bewertung der vom Berufungsgericht umfassend gewürdigten Fallumstände herbeizuführen. Damit kann sie kei-

nen Erfolg haben. Das Berufungsurteil steht insbesondere nicht in Divergenz zur Entscheidung des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 10. Januar 1996 (VersR 1997, 435). Zwar hatte das Oberlandesgericht es dort abgelehnt, dem Versicherer die Geltendmachung der Leistungsfreiheit nach § 12 Abs. 3 VVG zu versagen und zur Begründung ausgeführt , es reiche zur Wahrung der Frist nicht aus, wenn der Versicherer irgendwie davon Kenntnis erhalte, daß der Versicherungsnehmer einen anderen Versicherer verklagt habe. Den Entscheidungsgründen ist jedoch zu entnehmen, daß es sich auch dort um eine von den besonderen Umständen des Falles getragene Einzelfallentscheidung handelt, die einer Verallgemeinerung nicht fähig ist.

d) So liegt der Fall auch hier. Soweit sich das Be rufungsgericht mit der Zulassung der Revision eine allgemeine Klärung der Frage erwartet hat, ob den Versicherer nach bereits erfolgter Klage des Versicherungsnehmers gegen einen falschen Versicherer im Rahmen des § 12 Abs. 3 VVG stets eine gesonderte Hinweispflicht treffe, verkennt diese Fragestellung die revisionsrechtlichen Grenzen der Überprüfung einer nach § 242 BGB getroffenen Einzelfallentscheidung. Ein Zulassungsgrund im Sinne des § 543 Abs. 2 ZPO war deshalb hier nicht gegeben.
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte zu 2) habe den ihm im Rahmen des § 61 VVG obliegenden Nachweis dafür, daß die an Bord befindlichen Schlüssel für die Motoren und das elektrische Bordnetz mitursächlich für den Diebstahl geworden sind (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14. Juli 1986 - IVa ZR 22/85 - VersR 1986, 962 unter II), nicht geführt. Die Gegenrüge, mit welcher der Kläger beanstandet, das Berufungsgericht habe zu Un-

recht angenommen, er selbst - und nicht das mit der Verlegung der Yacht beauftragte Hafenpersonal (das keine Repräsentantenstellung eingenommen habe) - sei dafür verantwortlich, daß Schlüssel an Bord geblieben seien, kann deshalb auf sich beruhen.
Soweit die Revision geltend macht, es sei hier sch on nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises davon auszugehen, daß das Belassen der genannten Schlüssel an Bord mitursächlich für den Diebstahl geworden sei, kann sie damit nicht durchdringen. Voraussetzung für jede Anwendung eines Anscheinsbeweises ist, daß ein typischer Geschehensablauf vorliegt, und keine Umstände gegeben sind, welche es als ernsthaft möglich erscheinen lassen, daß das Geschehen im konkreten Fall anders abgelaufen ist als von einer Anscheinsregel als typisch vorausgesetzt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 3. Juli 1990 - VI ZR 239/89 - NJW 1991, 230 unter II 2 und 3). An beidem fehlt es hier. Der Diebstahl einer großen Motoryacht zählt nicht zu denjenigen Lebensvorgängen, die nach einem durch Regelmäßigkeit, Üblichkeit und Häufigkeit geprägten Muster abzulaufen pflegen (vgl. dazu Greger in Zöller, ZPO 25. Aufl. vor § 284 Rdn. 29). Hinzu kommt, daß vorliegend gewichtige Umstände dafür sprechen , daß das Boot des Klägers zumindest nicht mit eigener Motorkraft das im Winter versandete Hafenbecken verlassen konnte und stattdessen aus dem Hafen geschleppt werden mußte, weil es im Motorbetrieb zu großen Tiefgang hatte. Soweit die Revision geltend macht, der Kläger habe diesen Vortrag in der Berufungsinstanz nicht aufrechterhalten, trifft das nicht zu. Dazu, ob die Yacht später auf See mit eigener Motorkraft Fahrt aufnahm oder weiterhin geschleppt wurde, ist nichts bekannt. Auch hierzu scheidet ein Anscheinsbeweis wegen der Besonderheiten des Einzelfalles aus.

4. Auch eine Leistungsfreiheit der Beklagten zu 2) wegen Gefahrerhöhung (§§ 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 VVG) hat das Berufungsgericht mit rechtlich zutreffender Begründung abgelehnt. Soweit die Revision geltend macht, die vom Berufungsgericht vermißte Dauerhaftigkeit des Zustandes erhöhter Gefahrverwirklichung ergebe sich daraus, daß die Motor - und Netzschlüssel ständig, das heißt nicht nur am Tage vor dem Diebstahl, sondern auch während der Winterliegezeit der Yacht an Land und auch bereits davor an Bord verwahrt worden seien, findet dies in den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Stütze. Eine Verfahrensrüge ist insoweit nicht erhoben.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke

(1) Solange die Zwangsvollstreckung aus einem Titel, der auf Leistung von Geld lautet, nicht über Maßregeln der Sicherung hinausgehen darf, ist der Verpflichtete befugt, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des Betrages abzuwenden, wegen dessen der Berechtigte vollstrecken darf.

(2) Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen und bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln sind aufzuheben, wenn der Verpflichtete durch eine öffentliche Urkunde die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung nachweist.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Zwangsvollstreckung aus dem Titel, den der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges mit der Vollstreckungsklausel versehen hat, ist auf Antrag des Berechtigten über Maßregeln zur Sicherung hinaus fortzusetzen, wenn das Zeugnis des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts vorgelegt wird, dass die Zwangsvollstreckung unbeschränkt stattfinden darf.

(2) Das Zeugnis ist dem Berechtigten auf seinen Antrag zu erteilen,

1.
wenn der Verpflichtete bis zum Ablauf der Beschwerdefrist keine Beschwerdeschrift eingereicht hat,
2.
wenn das Beschwerdegericht die Beschwerde des Verpflichteten zurückgewiesen und keine Anordnung nach § 22 Absatz 2 erlassen hat,
3.
wenn der Bundesgerichtshof die Anordnung des Beschwerdegerichts nach § 22 Absatz 2 aufgehoben hat (§ 22 Absatz 3 Satz 2) oder
4.
wenn der Bundesgerichtshof den Titel zur Zwangsvollstreckung zugelassen hat.

(3) Aus dem Titel darf die Zwangsvollstreckung, selbst wenn sie auf Maßregeln der Sicherung beschränkt ist, nicht mehr stattfinden, sobald ein Beschluss des Beschwerdegerichts, dass der Titel zur Zwangsvollstreckung nicht zugelassen werde, verkündet oder zugestellt ist.