Strafrecht: Keine Strafverschärfung wegen Schädigung der Solidargemeinschaft der Steuerzahler
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Im vorliegenden Fall wurde vom Revisionsgericht (OLG Bamberg) sowohl die Einordnung der Handlung des Täters als Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 Alt. 3 StGB als auch das Vorgehen bei der Strafzumessung durch die vorherige Instanz überprüft.
Rechtliche Bewertung: Kopie als Urkundenfälschung:
Das überprüfende Gericht stellte zum einen fest, dass eine Kopie nicht selbst eine Urkunde darstelle, solange es sich erkennbar um eine Kopie handelte. Einer erkennbaren Kopie kann nämlich nicht der für eine Urkunde erforderliche „Beweiswert“ zugesprochen werden und von dem im konkreten Fall zu Täuschenden kann erwartet werden, dass er/ sie auch nicht davon ausgeht, dass es sich um ein Original handelt.
Da der Täter in diesem Fall jedoch zu erst eine gefälschte Urkunde hergestellt hatte und diese dann zur Vorlage kopierte, ging das durch die Revision überprüfte Gericht zu Recht davon aus, dass es sich hier um ein „Gebrauchen“ einer unechten oder verfälschten Urkunde nach § 267 Abs. 1 Alt. 3 StGB handelte.
Rechtliche Bewertung der Strafzumessung:
Nach § 46 StGB ist bei der Strafzumessung durch das Gericht die tatsächliche Schuld des Täters eingebettet in verschiedene Kriterien miteinzubeziehen. Nach Abs. 2 der Norm wägt das Gericht bei der Entscheidung über die Strafe alle Umstände ab, die für oder gegen eine erhöhte Schuld im Einzelfall sprechen. Nach § 46 Abs. 3 StGB sind dabei jedoch diejenigen Umstände außer Acht zu lassen, die ohnehin zur Verurteilung wegen des jeweiligen Straftatbestandes „notwendig“ waren.
Im vorliegenden Fall argumentierte die vorherige Instanz für eine erhöhte Schuld. Dabei begründete es die Strafverschärfung hinsichtlich der Bestrafung der Urkundenfälschung damit, dass der Täter „die Solidargemeinschaft der Steuerzahler in Höhe von 720 € geschädigt“ habe. Das überprüfende Gericht (OLG Bamberg) hingegen stellte fest, dass diese strafverschärfende Erwägung aufgrund von § 46 Abs. 3 StGB unzulässig sei und ohnehin zu der Tatsache im Widerspruch stände, dass der Täter nicht auch wegen Betrugs verurteilt wurde.
Die rechtliche Bewertung der Umstände in Bezug auf diese Erwägung war demnach rechtsfehlerhaft.
Dennoch hielt die Strafzumessung insgesamt der Überprüfung des Revisionsgerichts stand. Denn alle weiteren Umstände wie z.B. die massiven Vorstrafen des Täters und der Fakt, dass sich dieser trotz langjährigem Strafvollzug als Wiederholungstäter herausstellte, mussten laut des Gerichts nach § 46 Abs. 2 StGB ebenfalls zu einer Strafverschärfung führen. Hieraus ergab sich, dass das OLG Bamberg im Ergebnis nicht davon ausgehen konnte, dass die vorherige Instanz auch ohne den begangenen Rechtsfehler zu einem anderen Ergebnis hinsichtlich der Strafzumessung gelangt wäre.
Das OLG Bamberg hat mit Beschluss vom 25.02.2019 (110 Ss 6/19) entschieden:
Aus den Gründen:
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revision hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angekl. ergeben. Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Der Schuldspruch wegen Urkundenfälschung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar handelt es sich bei der vom Angekl. vorgelegten Kopie als solcher, wenn sie nach außen als Reproduktion erkennbar ist, nicht um eine Urkunde i.S.d. § 267 I StGB, weil der Kopie kein Beweiswert zukommt. Jedoch stellt die Vorlage der Kopie einer gefälschten Urkunde ein Gebrauchmachen von der Urschrift nach § 267 I, 3. Alt. StGB dar. So lagen die Dinge hier. Nach den Feststellungen des LG hatte der Angekl. das Original selbst hergestellt und davon eine Kopie gefertigt, die er schließlich beim LRA einreichte.
2. Der Schuldspruch wegen Diebstahls hält trotz der unzulänglichen Darstellung des Tatgeschehens im Rahmen der Sachverhaltsschilderung, wo lediglich ohne nähere Beschreibung des Tathergangs von einer „Entwendung“ die Rede ist, so dass das Revisionsgericht aufgrund dessen noch nicht beurteilen kann, ob es überhaupt zur Vollendung des Diebstahlstatbestands gekommen ist, kann für die vollständige tatsächliche Grundlage der Entscheidung auch auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung zurückgegriffen werden.
3. Auch der Rechtsfolgenausspruch hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand. Zwar ist strafschärfende Erwägung im Zusammenhang mit der Urkundenfälschung, der Angekl. habe „die Solidargemeinschaft der Steuerzahler in Höhe von 720 € geschädigt“- unbeschadet des Widerspruchs, der darin liegt, dass er nicht auch wegen Betrugs verurteilt wurde, was ihn freilich nicht beschwert - rechtsfehlerhaft. Denn auf die Person des Geschädigten kommt es im Rahmen der Strafzumessung mit Blick auf § 46 III StGB grundsätzlich nicht an, soweit es um den Schutz des Vermögens geht. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Straftat den Geschädigten im Hinblick auf seine beengten wirtschaftlichen Verhältnisse besonders hart trifft. In Anbetracht der massiven Vorstrafen des Angekl., bei dem es sich trotz langjährigen Strafvollzugs um einen hartnäckigen Wiederholungstäter handelt, schließt der Senat jedoch aus, dass das LG für diesen Fall bei richtiger Bewertung eine geringere Einzelfreiheitsstrafe verhängt hätte, so dass das Urteil auf diesem Rechtsfehler nicht beruht i.S.d. § 337 I StPO.
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[BM/ts]
Rechtsanwalt
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(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.