Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 05. April 2017 - 12 K 473/16 - geändert.

Ziffer 2 des Bescheides des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 02.10.2015 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheides vom 18.12.2015 wird insoweit aufgehoben als ein Betrag von mehr als 790,00 EUR zurückgefordert wurde.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.785,23 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.01.2016 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Teilrücknahme eines Beihilfebescheides und die Rückforderung von Beihilfeleistungen.
Er ist am … 1952 geboren und als - inzwischen pensionierter - Realschulrektor mit einem Bemessungssatz von 50 % beihilfeberechtigt. Mit Schreiben vom 18.04.2011 beantragte er beim Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt), Aufwendungen für eine stationäre Krankenhausbehandlung in der N... Fachklinik in Bad W... als beihilfefähig anzuerkennen. Das Landesamt erkannte mit Schreiben vom 26.04.2011 die Kosten einer 14-tägigen stationären Behandlung in der N... Fachklinik nach Maßgabe der BVO und der nachfolgend erteilten Hinweise als dem Grunde nach beihilfefähig an. Mit Schreiben des Landesamts vom 19.05.2011 wurde die anerkannte Behandlungsdauer um 28 Tage verlängert. In der Zeit vom 10.05. bis 07.06.2011 hielt sich die Kläger in der N... Fachklinik auf. Ausweislich des Behandlungsplans erhielt er in dieser Zeit u.a. folgende Therapien: „Dornbreuss“, „Craniosacral-Therapie“, „Softpack Kreidepackung“, „Körper-Seele-Int(Trager)“, „Strömen“, „Biografie-Arbeit“, „Aurum Manus“, „Facial Harmony“, „Kraft der Stimme“, „Heiße Steine“ und „Walking in der Gruppe“. Am 11.05.2011 und am 06.06.2011 fanden Abrechnungs-Beratungen statt.
Mit privatärztlicher Liquidation vom 10.06.2011 stellte die R... GmbH dem Kläger im Auftrag von Dr. M.../Dr. D... in Bad W... einen Betrag von 5.150,45 EUR für die Belegarzt-Behandlung vom 10.05.2011 bis 07.06.2011 in Rechnung. Unter dem 26.06.2011 beantragte der Kläger bei dem Beklagten, ihm u.a. für diese Aufwendungen Beihilfeleistungen zu gewähren. Das Landesamt erkannte mit Beihilfebescheid vom 06.07.2011 die mit der Rechnung vom 10.06.2011 abgerechneten Aufwendungen in Höhe von 5.150,45 EUR als beihilfefähig an und gewährte dem Kläger Beihilfe in Höhe von 2.575,23 EUR (50 %).
Mit Schreiben vom 13.07.2015 hörte der Beklagte den Kläger zur Rücknahme des Bescheides unter Rückforderung der Beihilfe an. Der Leiter der N...-... Fachklinik, Dr. M..., und dessen Ehefrau seien mit Urteil des Landgerichts R... vom 09.02.2015 wegen gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betrugs verurteilt worden. Die R... GmbH habe im Auftrag der Ärzte der N... Fachklinik erbrachte Leistungen wissentlich falsch abgerechnet, um dem Grunde nach nicht beihilfefähige Aufwendungen für die Patienten erstattungsfähig zu machen. In der Regel seien die unzutreffenden Rechnungen sowohl zu Beginn als auch zum Ende des Aufenthalts von den Rechnungsstellern mit den Patienten durchgesprochen worden. Der Kläger habe während seines Aufenthalts in der N... Fachklinik Leistungen in Anspruch genommen, bei denen es sich nicht um beihilfefähige Leistungen gehandelt habe. Er habe spätestens ab Erhalt der Rechnung Kenntnis davon gehabt, dass die bei ihm durchgeführten Behandlungen nicht den abgerechneten Behandlungen auf der Rechnung entsprochen hätten.
Daraufhin erstattete der Kläger dem Beklagten den Betrag i.H.v. 2.575,23 EUR unter dem Vorbehalt der Rückforderung.
Mit Schreiben vom 25.08.2015 teilte das Landesamt dem Kläger mit, dass laut dem Behandlungsplan am 19.05.2011 eine „Aurum Manus“-Behandlung durchgeführt worden sei. Für diese sei in der Rechnung eine siebenteilige Kette aus Gebührenziffern (3305, 5, 505, 506, 514, 558 und 846) ausgewiesen. Zudem sei die am 23.05.2011 durchgeführte Behandlung „Strömen“ durch eine vierteilige Ziffernkette (269a, 200, 846 und 849) ausgewiesen. Die genannten Gebührenziffern seien also nicht erbracht, aber in Rechnung gestellt worden. Darüber hinaus sei in Frage zu stellen, ob an jedem Morgen um 9.00 Uhr eine Visite stattgefunden habe.
Mit Bescheid vom 02.10.2015 nahm das Landesamt den Bescheid vom 06.07.2011 zurück, soweit darin zu der Rechnung vom 10.06.2011 in Höhe von 5.150,45 EUR Beihilfe gewährt wurde (Nr. 1 des Bescheides), und forderte die zu Unrecht gezahlte Beihilfe in Höhe von 2.575,23 EUR zurück (Nr. 2 des Bescheides). Nach Nr. 3 des Bescheides ergeht dieser gebührenfrei und werden Auslagen nicht erhoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe Leistungen in Anspruch genommen, die nicht beihilfefähig seien und auch nicht als solche abgerechnet worden seien. Dies seien die Leistungen: „Dornbreuss“, „Craniosacral-Therapie“, „Softpack Kreidepackung“, „Strömen“, „Biografie-Arbeit“, „Aurum Manus“, „Facial Harmony“, „Kraft der Stimme“, „Heiße Steine“ und „Walking in der Gruppe“ gewesen. Für diese seien Ziffernketten der GOÄ anstelle der tatsächlich erbrachten Leistungen in Rechnung gestellt worden. Somit seien nicht erbrachte Leistungen, aber auch nie erbrachte ärztliche Visiten abgerechnet worden. Dadurch seien höhere Rechnungsbeträge erzielt und sei die Erkennbarkeit der Ziffernketten verschleiert worden. Die vorgelegte Rechnung sei daher aufgrund der betrügerischen Abrechnungssystematik in ihrer Gesamtheit unzutreffend und spiegele keinesfalls die erbrachten ärztlichen Leistungen wider. Der rechtswidrige Verwaltungsakt könne zurückgenommen werden, denn der Kläger könne sich nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen, weil er den Verwaltungsakt durch in wesentlicher Beziehung unrichtige Angaben erwirkt und spätestens mit dem Erhalt der Rechnung auch gewusst habe, dass die abgerechneten Behandlungen nicht den tatsächlich durchgeführten Behandlungen entsprochen hätten. Dennoch habe er die unrichtigen Rechnungen eingereicht. Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen, der Rechtmäßigkeit der Verwaltung und des allgemeinen fiskalischen Interesses an der Vermeidung nicht gerechtfertigter öffentlicher Ausgaben könne der Bescheid zurückgenommen werden.
Mit Schreiben vom 03.11.2015 legte der Kläger Widerspruch ein, den er wie folgt begründete: Das Landesamt habe die beabsichtigte Behandlung nur eingeschränkt anerkannt. Zur Vermeidung persönlicher Kosten habe er sich an die N... Klinik gewandt und die Bestätigung erhalten, dass nur beihilfefähige Behandlungen durchgeführt würden. Er sei lediglich damit einverstanden gewesen, notwendige physiotherapeutische Behandlungen und Laborkosten selbst bezahlen zu müssen, habe aber klargestellt, dass ihm nur beihilfefähige Behandlungen und Rechnungspositionen in Rechnung gestellt werden sollten. Dies sei ihm von der Klinik versichert worden. Im Vertrauen hierauf sei er davon ausgegangen, dass mit der Rechnung nur beihilfefähige Behandlungen abgerechnet würden. Mit betrügerischem Verhalten des Klinikdirektors und dessen Ehefrau habe er nicht zu rechnen brauchen. Zu keiner Zeit sei ihm gegenüber davon die Rede gewesen, dass nicht beihilfefähige Leistungen mit erstattungsfähigen GOÄ-Ziffernketten in Rechnung gestellt und auf diese Weise das Landesamt betrogen werde. Einzelheiten der Behandlung, insbesondere Fachbezeichnungen für die durchgeführten therapeutischen Maßnahmen, seien ihm nicht gesondert mitgeteilt worden. Über Arztvisiten und deren Zeitpunkt habe er kein Buch geführt. Die Liquidation der Fa. R...-... habe er daher ohne Bedenken an das Landesamt weitergeleitet; eine Überprüfung der einzelnen Rechnungspositionen habe er nicht vorgenommen, weil er weder mit den Fachbegriffen noch mit den GOÄ-Ziffern etwas habe anfangen können. Im Übrigen sei er davon ausgegangen, dass das Landesamt die Liquidationsgrundlage überprüfen könne und eine ordnungsgemäße Entscheidung treffe. Mit Bescheid vom 06.07.2011 habe das Landesamt diese Überprüfung bestätigt. Er habe diesen Bescheid zum Anlass genommen, um die R... GmbH mit Schreiben vom 10.07.2011 daran zu erinnern, dass nur beihilfefähige Leistungen erbracht und nur solche in Rechnung gestellt werden sollten. Zudem habe er eine neue Abrechnungsübersicht erbeten, die unter dem 15.07.2011 unter Berücksichtigung der Einschränkungen aus dem Beihilfebescheid, der selbst zu tragenden Physiotherapie und der Laborrechnung erstellt worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2015 wies das Landesamt den Widerspruch zurück und verwies auf die Ausgangsentscheidung. Ergänzend wurde dort u.a. ausgeführt: Unabhängig davon, ob Abrechnungsgespräche nun stattgefunden hätten oder nicht, sei anhand des Vergleiches des individuell erstellten Therapieplanes mit der entsprechenden Arztrechnung zu erkennen gewesen, dass die durchgeführten Behandlungen nicht den abgerechneten entsprächen. Kriminalkommissar K... vom Polizeipräsidium K... habe in seinem Schreiben vom 09.06.2015 den Wahrheitsgehalt des Behandlungsplanes bestätigt. Einem Laien ohne Kenntnisse der GOÄ sei zuzumuten, dass er eine Rechnung dahingehend überprüfe, ob die aufgeführten Einzelleistungen und Therapien erbracht worden seien. Ein medizinischer Laie sei auch in der Lage, zu prüfen, ob Visiten, Infusionen, Injektionen, Blutabnahmen und Akupunkturen stattgefunden hätten. Auch die Prüfung der Anzahl der in Rechnung gestellten tiefenpsychologischen Therapien oder verhaltenstherapeutischen Behandlungen erfordere keine medizinischen Fachkenntnisse. Der Kläger habe zudem mit Unterschrift auf dem Beihilfeantrag bestätigt, dass er nachträgliche Preisermäßigungen oder Preisnachlässe auf die Aufwendungen schriftlich anzeige. Dies habe der Kläger unterlassen, nachdem er eine neue Rechnung vom 15.07.2011 erhalten habe. Der Beihilfeberechtigte dürfe nicht die Beihilfe zu der gesamten Rechnung beantragen, wenn er an den Arzt in Wirklichkeit nur denjenigen Betrag zahlen solle, für den er Beihilfe erhalte.
10 
Am 28.01.2016 hat der KIäger Klage erhoben mit dem Ziel, die Aufhebungsentscheidung und den Rückforderungsbetrag auf 1.785,23 EUR zu reduzieren und den Beklagten zur (Rück-)Zahlung von 1.785,23 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verurteilen. Zur Begründung der Klage hat er zusammengefasst vorgetragen: Die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Beihilfegewährung lägen nicht vor. Da es sich letztlich um die Rückzahlung eines bestimmten Geldbetrages handele, der sich wiederum aus einer Summe von einzelnen Rechnungsposten zusammen setze, könne nicht kurzerhand vom Vorliegen einzelner unzutreffender Rechnungsposten auf die Rechtswidrigkeit aller Rechnungsposten geschlossen werden. Der Beklagte hätte daher ermitteln müssen, welche einzelnen Rechnungsposten zu Recht erbracht worden seien und welche nicht. Ein solcher Abgleich sei, wie sich aus dem Schreiben des Polizeipräsidiums K... vom 09.06.2015 an den Beklagte ergebe, auch möglich gewesen, da dem Beklagten der Therapieplan übermittelt worden sei, aus dem sich die beim Kläger tatsächlich durchgeführten Maßnahmen ergäben. Aus der von der Kriminalpolizei zusätzlich übermittelten Excel-Tabelle ergebe sich weiter, dass dem Beklagten im Zusammenhang mit dem Beihilfeantrag des Klägers nur ein Schaden i.H.v. 790,00 EUR entstanden sei. Daraus folge, dass von dem als Beihilfeleistung gezahlten Betrag (i.H.v. 2.575,23 EUR) 1.785,23 EUR mit Rechtsgrund erstattet worden seien. Unabhängig davon habe der Kläger die in der ärztlichen Liquidation enthaltenen Daten mit den sich aus dem Behandlungsplan ergebenden Daten abgeglichen. Danach seien nach GOÄ abrechenbare Leistungen zumindest in Höhe von 784,58 EUR (353,81 EUR + 430,77 EUR) entstanden, weshalb die angefochtenen Bescheide nur insoweit aufzuheben wären. Auf den formalen Aspekt des § 17 Abs. 3 BVO sei in diesem Zusammenhang nicht abzustellen, sondern darauf, inwieweit dem Beklagten tatsächlich ein Schaden entstanden sei. Soweit Beihilfeleistungen zu Unrecht erbracht worden seien, gehe der Beklagte zwar zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG vorlägen, weil die Beihilfeleistung durch den Beihilfeantrag vom 26.06.2011 „erwirkt“ worden sei. Allerdings unterstelle der Beklagte ihm - dem Kläger - zu Unrecht, er habe die Rechtswidrigkeit der Beihilfegewährung positiv gekannt oder grob fahrlässig nicht gekannt. Bei dem „Abrechnungsgespräch“ am 11.05.2011 um 11.00 Uhr seien nur Daten (welche Krankenkasse, welche LBV, die geleistete Vorauszahlung) abgeglichen worden. Außerdem sei es um die Zahlung der Kurtaxe und um Kosten für Dinge des persönlichen Bedarfs gegangen. Bei dem zweiten Gespräch am 07.06.2011 (nicht wie im Behandlungsplan ausgewiesen am 06.06.2011) sei es um die Abrechnung der am 11.05.2011 besprochenen Kosten gegangen. Zur Abrechnung der Kosten für den Klinikaufenthalt sei ihm von Frau M... lediglich mitgeteilt worden, dass die Rechnung noch nicht fertig sei und ihm zugeschickt werde. Betrügerische Gespräche hätten nie stattgefunden. Er habe auch nicht damit rechnen müssen, dass die Abrechnung manipuliert würde. Die fehlende Kenntnis bzw. grobfahrlässige Unkenntnis des Klägers hätte der Beklagte bei der zu treffenden Ermessensentscheidung nach § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG berücksichtigen müssen, was nicht geschehen sei. Im Zeitpunkt der Entscheidung über die Rücknahme habe es wegen des Vorliegens eines Behandlungsplanes und der Möglichkeit, die tatsächlich erbrachten Behandlungsleistungen zu berechnen, genügend Anhaltspunkte für eine Ausnahme von der Bewertungsregel der genannten Vorschrift gegeben. Die notwendige Abwägungsentscheidung unter Berücksichtigung der konkreten Interessenlagen sei aber unterblieben.
11 
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat zusammengefasst vorgetragen: Der gesamte Beihilfebetrag sei zurückgefordert worden, denn die Rechnung sei rein fiktiv erstellt worden. Für den Beklagten sei nicht ersichtlich, welche abrechnungsfähigen Behandlungen im Einzelnen tatsächlich stattgefunden hätten. Beihilfe werde gem. § 17 Abs. 3 BVO nur zu Behandlungen gewährt, die durch Belege nachgewiesen seien. Es handele sich um eine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung, wobei es dem Kläger obliege, eine nicht gefälschte Rechnung der R... GmbH vorzulegen. Ein Abgleich der erfundenen, falschen Rechnung mit den tatsächlich erbrachten Leistungen sei dem Landesamt nicht möglich. Auf die Schadensberechnung der Ermittlungsbehörden könne bei der Beurteilung der Rechtswidrigkeit der erbrachten Beihilfeleistungen nicht abgestellt werden, da es sich nur um eine Schätzung handele. Die Gewährung und Auszahlung der Beihilfe aufgrund der falschen Rechnungen sei durch Angaben erwirkt worden, die unrichtig gewesen seien. Die Rechtswidrigkeit des Beihilfebescheides habe der Kläger auch gekannt, denn nach den Feststellungen des Landgerichts R... sei gegenüber den Patienten die Zusicherung abgegeben worden, die Rechnung werde so gestaltet, dass die Kostenträger eine Erstattung vornähmen. Damit habe der Kläger gewusst, dass die eingereichte Rechnung unrichtige Angaben enthalten habe. Unabhängig davon liege bei ihm grob fahrlässige Unkenntnis vor, denn bei der gebotenen Überprüfung der Rechnung hätte sich deren Unrichtigkeit dem Kläger aufdrängen müssen. Für ihn sei ohne weitere Nachforschungen und Rechtskenntnisse erkennbar gewesen, welche Leistungen erbracht worden und welche abgerechnet worden seien. Damit hätte er auch die Abweichung erkennen können. Im Schriftsatz vom 16.12.2015 habe der Kläger selbst ausgeführt, dass er die Rechnungspositionen gar nicht überprüft habe. Die gewährten Beihilfeleistungen habe der Kläger auch nicht verbraucht, denn er habe diese zur Schuldentilgung bei der Klinik eingesetzt. Die Befreiung von dieser Verbindlichkeit sei seinem Vermögen zugewachsen.
12 
Mit Schriftsatz vom 19.12.2016 hat der Beklagte eine Billigkeitsentscheidung gem. § 15 Abs. 2 LBesG getroffen und im Einzelnen ausgeführt, dass die vorliegenden Umstände weder ein vollständiges noch ein teilweises Absehen von der Rückforderung geböten, denn die Gründe für die Überzahlung lägen ausschließlich in der Sphäre des Klägers. Zahlungserleichterungen seien nicht erforderlich, weil der Kläger den Rückforderungsbetrag vollständig gezahlt habe. Von der Verzinsung des Rückforderungsanspruchs werde allerdings abgesehen.
13 
Mit Urteil vom 05.04.2017 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Rücknahmeentscheidung des Beklagten sei rechtmäßig, weil die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG vorlägen. Der Beihilfebescheid vom 06.07.2011 sei rechtswidrig, da in der eingereichten Rechnung vom 10.06.2011 in Form einer langen Auflistung zahlreicher ärztlicher Leistungen unter Angabe der GOÄ-Nummern über die gesamte Aufenthaltszeit des Klägers hinweg Leistungen aufgeführt seien, die tatsächlich nicht erbracht worden seien. Die tatsächlich erbrachten Leistungen ergäben sich aus dem Behandlungsplan und enthielten nur ganz vereinzelt zugehörige GOÄ-Ziffern. Ein Großteil der darin aufgeführten Leistungen sei nicht beihilfefähig. Dies ergebe sich zur Überzeugung des Gerichts aus dem Urteil des Landgerichts R... vom 09.02.2015 (2 KLs 31 Js 14206/12), wo im Einzelnen dargestellt sei, wie der verurteilte leitende Arzt der N... Fachklinik durch Angabe fiktiver, plausibler GOÄ-Ziffernketten und das „Einstreuen“ von Gebührenziffern für Spritzen und Visiten verschleiert habe, dass tatsächlich ganz andere Leistungen erbracht worden seien. Die in der Rechnung angegebenen GOÄ-Ziffern seien dabei so gewählt und entsprechend aufgefüllt worden, dass die von der N... Fachklinik intern zugrunde gelegten Preise für einzelne Therapien wie z.B. „Strömen“ und „Aurum Manus“ etc. in der Summe erreicht worden seien. Dies stehe aufgrund des Urteils des Landgerichts fest und werde zu Unrecht bestritten. Die in Rechnung gestellten Leistungen seien nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BVO nicht beihilfefähig. Der Einwand des Klägers, die Rechnung vom 10.06.2011 enthalte auch tatsächlich erbrachte Leistungen, weshalb der Beihilfebescheid teilweise rechtmäßig sei, treffe nicht zu. Bei Zugrundelegung des von der N…-... Fachklinik angewendeten kriminellen Abrechnungssystems gebe es keine sicheren und konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die privatärztlichen Liquidation vom 10.06.2011 auch tatsächlich erbrachte und beihilfefähige Leistungen enthalte. Dies möge so sein, müsse aber nicht zutreffen, da die Liquidation auch zur Gänze aus rein fiktiv aufgeführten GOÄ-Ziffern bestehen könne. Zwar spreche eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass einzelne tatsächlich erbrachte Leistungen in der Rechnung aufgeführt seien. Es sei indessen nicht möglich, diese im Einzelnen zweifelsfrei zu identifizieren. Die vorliegenden Unterlagen, insbesondere der Therapieplan ließen dies nicht nachvollziehbar zu. Die Liquidation vom 10.06.2011 sei daher insgesamt kein zum Nachweis geeigneter Beleg i.S.d. § 17 Abs. 3 Satz 1 BVO. Der Beklagte sei zu Recht davon ausgegangen, dass den Rechnungen insgesamt die Erstattungsfähigkeit fehle. Eine korrigierte und nunmehr den Tatsachen entsprechende Abrechnung habe der Kläger nicht vorgelegt. Den im Urteil des LG R... erwähnten Schadensbetrag i.H.v. 790 EUR könne man hier nicht zugrunde legen. Denn hierbei handele es sich um eine Schätzung, welche zugunsten des Angeklagten den nachweisbaren Mindestbetrag des Schadens pauschaliert angebe. Der tatsächlich angerichtete Schaden sei weitaus höher.
14 
Auf schutzwürdiges Vertrauen i.S.d. § 48 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG könne der Kläger sich nicht berufen. Er habe den Verwaltungsakt durch unrichtige Angaben i.S.v. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG erwirkt. Für diesen Ausschlusstatbestand sei nicht Voraussetzung, dass der Betroffene die Unrichtigkeit der von ihm vorgelegten Unterlagen kenne; auch auf ein Verschulden komme es nicht an. Zudem lägen die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 LVwVfG vor, denn der Kläger habe die Rechtswidrigkeit des Beihilfebescheides vom 06.07.2011 infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. Er habe -unter Anlegung des bei Beamten aufgrund der Treuepflicht anzuwendenden erhöhten Sorgfaltsmaßstabs - seine Sorgfaltspflichten in besonders hohem Maße verletzt. Durch einen einfachen Vergleich der bei ihm erbrachten Leistungen mit den privatärztlichen Liquidationen hätte er auf den ersten Blick erkennen können und müssen, dass nicht die im Behandlungsplan ausgewiesenen Leistungen abgerechnet worden seien. Hierauf hätte der Kläger den Beklagten hinweisen müssen. Bei Parallelwertung in der Laiensphäre hätte ihm auch klar sein müssen, dass ein Verwaltungsakt, der auf in wesentlicher Hinsicht unrichtigen Angaben beruhe, nicht rechtmäßig sein könne.
15 
Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG sei eingehalten. Die Frist beginne mit der Kenntnis des Landesamts von dem die Rücknahme rechtfertigenden Sachverhalt. Kenntnis in diesem Sinne habe das Landesamt wohl erst mit der am 17.02.2015 eingetretenen Rechtskraft des Urteils des Landgerichts R... gehabt. Nichts anderes ergebe sich, wenn man die erste Unterrichtung des Landesamts durch die E-Mail der Kriminaldirektion F...-... vom 01.12.2014 zugrunde lege. Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung seien nicht erkennbar. Mit Blick auf den fehlenden Vertrauensschutz sei regelmäßig eine Ermessensreduktion in Richtung einer Rücknahme auch für die Vergangenheit anzunehmen, wenn für einen Ausnahmefall nichts ersichtlich sei. Entgegen der Auffassung des Klägers ergebe sich kein Ausnahmefall daraus, dass der im Urteil des Landgerichts R... für den Fall des Klägers angeführte Schaden wesentlich niedriger sei als die gewährte Beihilfe. Im Übrigen habe das Landesamt sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt, indem es auf die wirtschaftlichen Auswirkungen, die Rechtmäßigkeit der Verwaltung und das allgemeine fiskalische Interesse an einer Vermeidung nicht gerechtfertigter öffentlicher Ausgaben abgestellt habe.
16 
Die Rückforderungsentscheidung nach § 49a Abs. 1 Satz 1 LVwVfG sei ebenfalls rechtmäßig. Die Bereicherungsvorschriften des BGB stünden dem Rückforderungsverlangen nicht entgegen, wobei offen bleiben könne, ob der Kläger gemäß § 818 Abs. 3 BGB entreichert sei. Denn gem. § 49 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG könne er sich auf den Entreicherungseinwand nicht berufen, weil er die zur Rücknahme des Beihilfebescheides führenden Umstände infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Soweit nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg bei der Rückforderung nach § 49a LVwVfG den Anforderungen des Berufsbeamtentums Rechnung getragen werden müsse, sei dies der Fall. Der Beklagte habe - im Wege zulässiger Ergänzung der Ermessenserwägungen gem. § 114 Satz 2 VwGO - das Ob und Wie des Erstattungsverlangens geprüft und auf eine Zinsforderung verzichtet. Ermessensfehlerfrei habe das Landesamt ein vollständiges oder teilweises Absehen von einer Rückforderung abgelehnt.
17 
Gegen das ihm am 24.04.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.05.2017 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor: Der Beihilfebescheid vom 06.07.2011 sei entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts teilweise rechtmäßig, denn aus dem für den Kläger erstellten Behandlungsplan ergebe sich - auch nach den Ermittlungen der Kriminalpolizei, z.B. ausweislich des Schreibens des Polizeipräsidiums K... vom 09.06.2015 - zweifelsfrei, welche Behandlungen in seinem Falle tatsächlich erbracht worden seien. Diese ließen sich den in der Rechnung korrespondierenden Leistungen zuordnen, die nach GOÄ abrechenbar seien und insoweit auch gem. § 17 Abs. 3 Satz 1 BVO nachgewiesen seien. Zwar habe die jetzige Betreiberin der Klinik, die A...-... U..., ausweislich ihres Schreibens vom 19.05.2017 die Ausstellung einer korrigierten Rechnung abgelehnt und sei eine direkte Zuordnung der nach Therapieplan erbrachten Leistungen zu den einzelnen Rechnungsposten zumindest zum Teil nicht möglich, dies ändere aber nichts daran, dass die Leistungen erbracht und zu Recht in Rechnung gestellt worden seien. Daher hätte die Rechnung vom 10.06.2011 nicht insgesamt als rein fiktiv angesehen dürfen, sondern auf die Rechtmäßigkeit der Einzelpositionen abgestellt werden müssen. Aus dem vom Kläger selbst durchgeführten Abgleich ergebe sich unter Berücksichtigung des von der Polizei ermittelten Schadensbetrages i.H.v. 790 EUR, dass insgesamt 1.222,15 EUR (868,23 EUR + 353,81 EUR) an Beihilfeleistungen rechtmäßig erbracht worden seien und die Beihilfegewährung insoweit nicht hätte zurückgenommen werden dürfen. Der Beklagte habe auch sein Rücknahmeermessen nicht fehlerfrei ausgeübt. Zwar müsse davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG vorlägen, weil der Kläger durch seinen in Teilen unrichtigen Beihilfeantrag den Beihilfebescheid erwirkt habe. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 LVwVfG lägen aber nicht vor. Denn der Kläger habe keine Veranlassung gehabt, Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abrechnung vom 10.06.2011 zu hegen. Gespräche mit Vertretern der Klinik über die Abrechnungsmanipulation hätten nicht stattgefunden. Über die zahlreich bei ihm durchgeführten Behandlungen und Visiten habe er nicht Buch geführt und deren Notwendigkeit auch nicht hinterfragen müssen. Ihm sei auch nicht bekannt gewesen, was unter den genannten Leistungen, wie z. B. „Dornbreuss“, „Craniosacral-Therapie“ oder „Aurum Manus“ zu verstehen gewesen sei. Für ihn sei entscheidend gewesen, dass die durchgeführten Behandlungen und Therapien gut getan hätten. Als mit der GOÄ nicht vertrauter Laie habe er ärztliche Rechnungen auch nur schwer verifizieren können. Auch dass die Behandlerin G... keine Therapeutin gewesen sei und die von ihr erbrachten Leistungen aus diesem Grund nicht abrechenbar gewesen seien, habe er nicht gewusst. Wenn lediglich die in § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG genannte Konstellation vorliege, könne nicht automatisch ein Regelfall für die Rücknahme i.S.v. § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG angenommen werden, sondern seien die Hürden für die Annahme eines Ausnahmefalles geringer und müsse geprüft werden, ob der Unrechtsgehalt, der mit einem Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG typischerweise verbunden sei, wegen der Besonderheiten des Einzelfalles überhaupt noch vorliege. Dies sei hier nicht der Fall, da die Rechnung vom 10.06.2011 sich aus fast 300 Rechnungspositionen zusammensetze, die auf ihre Richtigkeit zu überprüfen seien. Es entspreche der gängigen Praxis des Beklagten, bei Nichtabrechenbarkeit einzelner Rechnungspositionen nur insoweit eine Beihilfegewährung zu verweigern und nicht die Gesamtrechnung abzulehnen. Hier hätte der Beklagte die mögliche und gebotene Einzelprüfung durchführen können und müssen. Da dies unterblieben sei, wäre der Beklagte nach § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG verpflichtet gewesen, sein Ermessen umfassend auszuüben. Der Verweis auf das intendierte Ermessen reiche jedenfalls nicht aus, weil der Beklagte bei einer Einzelprüfung der Rechnungspositionen zu dem Ergebnis hätte kommen müssen, dass die Rechnung allenfalls in Höhe von 1.373,08 EUR (790,00 EUR + 583,08 EUR) unrichtig sei und der Bescheid nur insoweit hätte zurückgenommen werden dürfen. Wenn davon auszugehen sein sollte, dass der ermittelte Betrag i.H.v. 868,34 EUR nicht rechtmäßig erstattet worden sei, ändere dies nichts, denn bei richtiger Abwägung der widerstreitenden Interessenlagen hätte der Beklagte dann zwangsläufig zu dem Ergebnis kommen müssen, dass insoweit als bei ihm kein Schaden entstanden sei, also i.H.v. 868,34 EUR, das öffentliche Interesse an der Vermeidung ungerechtfertigter Ausgaben nicht verletzt werde. Auch die Rückforderungsentscheidung sei allenfalls zum Teil rechtmäßig, da die Rückforderung nur in Höhe von 1.353,20 EUR (2.575,23 EUR - 1.222,03 EUR) berechtigt sei. Unabhängig davon sei der Kläger entreichert, da er die erstattete Beihilfe zur Begleichung der Klinikrechnung verwendet habe. Die in § 49a Abs. 2 LVwVfG genannten Umstände habe er nicht gekannt und auch nicht in grob fahrlässiger Weise nicht gekannt. Die vom Beklagten nachträglich zu § 15 Abs. 2 LBesG getroffene Billigkeitsentscheidung sei rechtswidrig. Sie hätte nicht gem. § 114 Satz 2 VwGO im gerichtlichen Verfahren nachgeschoben werden dürfen, weil schon vorgerichtlich keine Ermessensausübung stattgefunden habe. Die Anfechtung der Rückforderung werde insgesamt auf den Betrag von 1.785,23 EUR (2.575,23 EUR - 790 EUR) beschränkt. Rechtsgrundlage für die geltend gemachte Erstattung (beschränkt auf 1.785,23 EUR) sei der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch, dessen Voraussetzungen hier erfüllt seien, denn in der geltend gemachten Höhe sei die Vermögensverschiebung zugunsten des Beklagten rechtsgrundlos erfolgt. Der Zinsanspruch ergebe sich aus § 291 ZPO i.V.m. §§ 288 Abs. 2 und 14 BGB.
18 
Der Kläger beantragt,
19 
1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 05.04.2017 - 12 K 473/16 - zu ändern und Ziffern 1 und 2 des Bescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 02.10.2015 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 18.12.2015 insoweit aufzuheben als der Beihilfebescheid in Höhe eines Betrages bis 1.785,23 EUR zurückgenommen und dieser Betrag zurückgefordert wurde,
20 
2. den Beklagten verurteilen, an den Kläger 1.785,23 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen,
21 
3. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
22 
Der Beklagte beantragt,
23 
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
24 
Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens. Ergänzend führt er aus: Soweit der Kläger auf das Urteil des Landgerichts R... vom 09.02.2015 und den dort erwähnten Schaden des Beklagten von 790 EUR verweise, sei dem entgegenzuhalten, dass im Ermittlungsverfahren kein abschließender Schaden in dieser Höhe festgestellt worden sei. Ausweislich S. 4 und 14 des Urteils seien die Ermittlungen und Schadensberechnungen auf die dort explizit aufgelisteten Behandlungen beschränkt worden, so dass die Feststellungen zum jeweiligen Schaden auf Schätzungen beruhten. Selbst wenn vereinzelte, in den Rechnungen angeführte Leistungen tatsächlich erbracht worden seien, ändere dies nichts daran, dass die Aufwendungen nicht durch Belege nachgewiesen seien. Ein Nachweis durch Beleg sei aber konstitutive Tatbestandsvoraussetzung für die Beihilfegewährung. Hinzu komme, dass der Kläger bezüglich der tatsächlich erbrachten Leistungen zu keinem Zeitpunkt einen Beihilfeantrag gestellt habe. Der Kläger habe die Beihilfeleistungen durch unrichtige Angaben erwirkt und die Rechtswidrigkeit des Beihilfebescheides zudem grob fahrlässig nicht gekannt. Auch wenn nicht jeder Beamte in der Lage sei, die GOÄ-Ziffern zu „lesen“ und diese zu überprüfen, so müsse wenigstens eine Plausibilitätskontrolle erfolgen. Eine solche sei möglich, weil die Rechnungen nicht nur die „reinen“ GOÄ-Ziffern, sondern zumindest stichwortartig auch die erbrachten Leistungen angäben. Daran gemessen hätte der Kläger Veranlassung gehabt, der Rechnung zu misstrauen. Denn er hätte durch einen Vergleich seines Behandlungsplans mit der privatärztlichen Liquidation auf den ersten Blick erkennen können und müssen, dass die im Behandlungsplan genannten Leistungen wie z.B. „Kraft der Stimme“, „Alexander Technik“, „Facial Harmony“, „Heiße Steine“ und „Softpack Kreidepackung“ nicht abgerechnet und dass die in der privatärztlichen Liquidation aufgeführten Leistungen tatsächlich nicht erbracht worden seien. Hierauf hätte der Kläger das Landesamt hinweisen müssen. Mit Blick auf den fehlenden Vertrauensschutz sei regelmäßig eine Ermessensreduktion in Richtung einer Rücknahme auch für die Vergangenheit anzunehmen, wenn - wie hier - für einen Ausnahmefall nichts ersichtlich sei.
25 
Die Rückforderungsentscheidung sei ebenfalls rechtmäßig. Nach § 15 Abs. 2 S. 1 LBesG i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB und § 15 Abs. 2 Satz 2 LBesG könne sich der Kläger auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen, weil in Bezug auf die gewährte Beihilfezahlung der Mangel des rechtlichen Grundes so offensichtlich gewesen sei, dass der Kläger ihn hätte erkennen können. Die gewährte Beihilfe sei auch nicht verbraucht i.S.v. § 818 Abs. 3 BGB, denn im vorliegenden Fall sei eine Bereicherung bestehen geblieben. Die mit dem Abschluss des Behandlungsvertrages verbundene Vermögensdisposition des Klägers könne durch eine Rückforderung bei der Klinik rückgängig gemacht werden. Der Behandlungsvertrag mit der Klinik sei aufgrund Sittenwidrigkeit ex tunc nichtig. Dem Kläger stehe damit ein Rückforderungsanspruch gegen die Klinik zu. Dieser Anspruch könne auch noch realisiert werden, da die Klinik in rechtlicher Hinsicht fortbestehe. Es sei auch nicht substantiiert dargelegt worden, dass die streitige Geldsumme zur allgemeinen Lebenshaltung ausgegeben worden sei. Dies wäre aus beihilferechtlicher Sicht zudem irrelevant, da die zum Verbrauch im Rahmen allgemeiner Lebensführung ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 26.04.2012 - 2 C 4.11 -, juris ) auf zweckgebunden erbrachte Beihilfeleistungen nicht übertragbar sei. Die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs erforderliche Billigkeitsentscheidung nach § 15 Abs. 2 LBesG sei während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach § 114 Satz 2 VwGO in zulässiger Weise nachgeschoben worden, da sich die Notwendigkeit einer Ermessensentscheidung aufgrund des Bekanntwerdens der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes erst nach Klageerhebung herausgestellt habe.
26 
Mit Schriftsätzen vom 07.08.2017, 05.12.2017 und 11.12.2017 hat der Kläger ergänzend geltend gemacht: Einen Abgleich des Behandlungsplanes mit der privatärztlichen Liquidation vom 10.06.2017 habe er nicht vornehmen können, da ihm der Behandlungsplan erstmals im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorgelegt worden sei. Während des Klinikaufenthalts habe er lediglich eine wöchentliche Übersicht über die geplanten Behandlungen erhalten, die z.T. täglich durch neue Versionen ersetzt worden sei. Er habe keine Notwendigkeit gesehen, diese Zettel aufzubewahren. Bei der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG und des § 15 Abs. 2 LBesG hätte der Beklagte jeweils auch die Höhe des ihm entstandenen Schadens berücksichtigen müssen. Nach Auskunft der Klinikleitung habe der Beklagte am 19.01.2017 mit der A... U... inzwischen einen Vergleich abgeschlossen, mit dem u.a. auch ein durch Gewährung von Beihilfen entstandener Schaden ausgeglichen werden solle. Dieser Umstand sei hier auch berücksichtigungsfähig, weil die Sach- und Rechtslage nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu beurteilen sei. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten habe der Kläger die Beihilfeleistungen i.S.v. § 818 Abs. 3 BGB verbraucht. Rückforderungsansprüche könne er nicht mit Erfolg gegen Dr. M... durchsetzen, weil dieser nach dem Kenntnisstand des Klägers insolvent sei.
27 
Die Akten des Beklagten und die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Stuttgart waren Gegenstand des Verfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf, auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26.01.2018 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
28 
Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Entscheidungstenor ersichtlichen Umfang teilweise begründet. Das Verwaltungsgericht hat zwar die Anfechtungsklage des Klägers gegen die vom Landesamt unter Ziffer 1 des Bescheides vom 02.10.2015 verfügte Teilrücknahme in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2015 zu Recht abgewiesen. Denn insoweit ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, dazu I.). Dagegen erweist sich die ergangene Rückforderungsentscheidung (Nr. 2 des Bescheides vom 02.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2015) in dem vom Kläger angefochtenen Umfang als rechtswidrig. Insoweit waren die angefochtenen Bescheide aufzuheben und das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern (dazu II.). Da der Kläger den zurückgeforderten Betrag in dem angefochtenen Umfang bereits vollständig an den Beklagten bezahlt hat, steht ihm insoweit ein Anspruch auf Erstattung gegenüber dem Beklagten zu (dazu III.).
I.
29 
Rechtsgrundlage für die von dem Beklagten vorgenommene (Teil)Rücknahme ist § 48 Abs. 1 LVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden (Abs. 1 Satz 1). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt kann nach Abs. 1 Satz 2 LVwVfG allerdings nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Diese Voraussetzungen liegen hier vor:
30 
1. Der unanfechtbar gewordene Beihilfebescheid vom 06.07.2011 ist in Bezug auf die zu den Rechnungen der R... GmbH gewährte Beihilfe und damit im Umfang seiner Rücknahme rechtswidrig, denn für die dort im Einzelnen aufgeführten Leistungen lagen die Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe von vornherein nicht vor. Maßgebend für die Beihilfegewährung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird (BVerwG, Urteil vom 23.04.2015 - 5 C 2.14 -, juris Rdnr. 10; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.03.2017 - 2 S 701/16 -, juris Rdnr. 26). Da es vorliegend um Aufwendungen für Leistungen geht, die während des stationären Aufenthalts des Klägers in der Zeit vom 10.05.2011 bis 07.06.2011 in der N... Fachklinik erbracht worden sein sollen, ist die Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung einer Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. 1995, 561) in der im Sommer 2011 gültigen Fassung anzuwenden (im Folgenden: BVO). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind Aufwendungen nach den folgenden Vorschriften beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. § 6 BVO enthält nähere Vorschriften über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen bei Krankheit und bestimmt, dass aus Anlass einer Krankheit Aufwendungen nur für „gesondert erbrachte und berechnete“ Leistungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1), Arznei- und Verbandmittel (§ 6 Abs. 1 Nr. 2) sowie Heilbehandlungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3) beihilfefähig sind. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BVO wird Beihilfe nur auf schriftlichen Antrag eines Beihilfeberechtigten gewährt; nach § 17 Abs. 3 Satz 1 BVO setzt die Beihilfegewährung weiter voraus, dass die geltend gemachten Aufwendungen durch Belege nachgewiesen sind.
31 
a) Hier hat der Kläger mit Vorlage der Rechnung vom 10.06.2011 nicht den notwendigen Nachweis dafür erbracht, dass die darin dokumentierten belegärztlichen Leistungen auch tatsächlich erbracht wurden. Denn die Rechnung beruht auf einer betrügerischen Abrechnungspraxis des leitenden Arztes der N... Fachklinik und der Abrechnungsstelle R... GmbH. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den Feststellungen des Landgerichts R... in dem Urteil vom 09.02.2015 (Az.: 2 KLs 31 Js 14206/12). Der Senat hat keine Veranlassung, an der Richtigkeit dieser Feststellungen zu zweifeln, zumal auch der Kläger im vorliegenden Berufungsverfahren keine Anhaltspunkte für solche Zweifel benannt hat, sondern selbst konzediert, dass der Beihilfebescheid, soweit er sich auf in der privatärztlichen Liquidation vom 10.06.2011 abgerechnete, aber tatsächlich nicht erbrachte Leistungen bezieht, rechtswidrig war. Das Landgericht hat in seinem Urteil (insb. auf S. 9, 10, 12, 18 und 19) ausgeführt, dass der leitende Arzt der N... Fachklinik, Dr. M..., in seiner Klinikgruppe eine Vielzahl von Behandlungen angeboten hatte, die von Kostenträgern u.a. als „medizinische Wellness“ oder Esoterik gewertet und deshalb als medizinisch nicht notwendig und nicht erstattungsfähig angesehen werden. Über die von ihm faktisch geleitete Abrechnungsstelle R... GmbH habe Dr. M... in der Zeit von 2009 bis Anfang 2013 systematisch Behandlungsleistungen in den zur Abrechnung mit den Krankenversicherungen und Beihilfestellen bestimmten Rechnungen falsch deklariert, um - teils unter Mitwirkung der Patienten - den Kostenträgern eine Abrechenbarkeit der Behandlung vorzuspiegeln und so eine Bezahlung zu erreichen. Zu diesem Zweck habe Dr. M... beschlossen, nach der Gebührenordnung nicht abrechenbare Behandlungen in den für die Abrechnung mit den Kostenträgern bestimmten Rechnungen als von ihm nach dem Gebührenverzeichnis der GOÄ erbrachte Wahlarztleistung zu deklarieren, wobei er die - angeblich erbrachte - Leistung so bestimmt habe, dass die hierfür von ihm angesetzten Gebührensätze der GOÄ ungefähr den Betrag erreicht hätten, zu dem er selbst die Behandlungen gegenüber den Patienten angeboten habe. Nach den Feststellungen des Landgerichts tüftelte der leitende Arzt aus, welche Gebührensätze in der Addition für eine Behandlung in einem Krankenhaus oder einem Sanatorium für Psychosomatik plausibel erschienen und den von ihm gewünschten Betrag ergäben. Soweit die Addition von Gebührensätzen nicht genügt habe, um den von ihm gewünschten Betrag zu erreichen, was regelmäßig der Fall gewesen sei, habe er Visiten oder die Verabreichung von Spritzen fingiert. Die Mitarbeiter der Abrechnungsstelle habe er - zumindest konkludent - angewiesen, die in den Therapiezetteln und in dem elektronischen Therapieplanungsprogramm MAMP eingetragenen, tatsächlich durchgeführten Behandlungen im Abrechnungsprogramm DOC-Concept als wahlärztliche Leistungen zu deklarieren, indem die im Therapieplan enthaltenen Kürzel nunmehr mit den im Abrechnungsprogramm DOC-Concept bereits enthaltenen fingierten Gebührenketten angelegt worden seien. Die auf diese Weise erstellte Wahlarztrechnung sei in aufwendiger Einzelarbeit kontrolliert und überarbeitet worden, um einzelne, nebeneinander oder gehäuft erscheinende GOÄ-Ziffern manuell durch in der Summe vergleichbare Gebühren oder Gebührenketten zu ersetzen. Nach den Feststellungen des Landgerichts (Urteil S. 22 und 142) wurde auf die dargestellte Weise auch im Falle des Klägers verfahren. Denn auf S. 114 des Urteils sind auf den Klinikaufenthalt des Klägers vom 10.05.2011 bis 07.06.2011 bezogene Abrechnungen vom 10.06.2011 als „Fall 385 der Anklage“ aufgeführt. Der Kläger bestreitet im Klage- und Berufungsverfahren auch gar nicht, dass in der Rechnung nicht beihilfefähige Leistungen als beihilfefähig abgerechnet werden.
32 
Die damit auch im Falle des Klägers anzunehmende betrügerische Abrechnung tatsächlich nicht erbrachter Leistungen in der Rechnung vom 10.06.2011 hat zur Konsequenz, dass dieser Beleg von vorneherein nicht mehr geeignet ist, einen Nachweis für getätigte Aufwendungen i.S.v. § 17 Abs. 3 BVO zu erbringen. Denn beihilfefähige Aufwendungen müssen, wie sich allgemein aus § 5 Abs. 2 Satz 2 BVO und speziell in Bezug auf Aufwendungen bei Krankheit aus § 6 Abs. 1 BVO ergibt, tatsächlich erbracht und in der konkret erbrachten Form auch nachgewiesen sein (vgl. Keufer/Hellstern/ Zimmermann, Beihilfevorschriften Baden-Württemberg, § 6 BVO, S. 11). Dies ist hier nicht der Fall. Es kann offen bleiben, ob die nach dem vorliegenden Behandlungsplan - und den Schilderungen des Klägers - tatsächlich erbrachten Leistungen (z.B. „Dornbreuss“ , „Craniosacral-Therapie“, „Softpack Kreidepackung“, „Strömen“, „Biografie Arbeit“, „Körp-Seele-Int(Trager)“, „Aurum Manus“, „Kraft der Stimme“, „TP: Alexander Technik“, „Heiße Steine“, „Facial Harmony“, „Walking Gruppe B“) sich mit den abgerechneten GOÄ-Ziffern im weitesten Sinn noch in Einklang bringen lassen (z.B. die am 12.05. 2011 im Behandlungsplan benannte manuelle Wirbelsäulentherapie nach Dorn/Breuss dem abgerechneten „chirotherapeutischen Eingriff an der Wirbelsäule“, die am 12.05.2011 und am 31.05.2011 durchgeführte manuelle Craniosacraltherapie der unter demselben Datum abgerechneten „krankengymnastischen Ganzbehandlung“ bzw. „chirotherapeutischen Wirbelsäulenbehandlung“, die am 17.05.2011 durchgeführte „Biografie-Arbeit“ der unter demselben Datum abgerechneten „psychotherapeutischen Einzelbehandlung“) oder ob die Abrechnung vom 10.06.2011 allein schon deshalb zum Nachweis nicht geeignet ist, weil die tatsächlich erbrachten Leistungen dort nicht in der konkret erbrachten Form benannt werden. Denn bei allen abgerechneten Leistungen, selbst bei denen, die wie z.B. das mit dem Arzt am 23.05.2011 geführte „psych. Gespräch“ sowohl im Behandlungsplan aufgeführt als auch in der Rechnung benannt und abgerechnet werden, ist aufgrund der geschilderten Abrechnungspraxis völlig unklar, ob sie sich korrekt auf eine tatsächlich erbrachte Leistung beziehen oder nicht vielmehr als Teil des vom abrechnenden Arzt im Ergebnis gewünschten Rechnungsbetrages manipuliert wurden.
33 
Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ergibt sich weder aus dem Schreiben des Polizeipräsidiums K... vom 09.06.2015 noch aus den Feststellungen des Landgerichts R... in dem Urteil vom 09.02.2015, dass in seinem Falle der der Beihilfestelle entstandene Schaden nur 790 EUR beträgt und folglich nur in dieser Höhe Beihilfeleistungen rechtswidrig erbracht worden sind. Hinsichtlich des durch den Abrechnungsbetrug entstandenen Schadens hat das Landgericht auf S. 4 seines Urteils ausgeführt, dass die Feststellungen auf einer Schätzung beruhen, deren Grundlage die von der Polizei erhobenen und akribisch ausgewerteten Daten zu den in Therapieplänen ausgewerteten Einzelbehandlungen bilde. Mangels Detailaufklärung, ob die rund 35.000 verfahrensgegenständlichen Einzelbehandlungen allesamt tatsächlich in die Rechnung eingestellt und wie sie dort eingeflossen sind, ist das Landgericht zugunsten des Angeklagten Dr. M... von „vorsorglichen Annahmen“ ausgegangen. Diese vorsorglichen Annahmen sind in Bezug auf die hier relevante Frage, in welcher Höhe gegenüber dem Kläger tatsächlich abrechenbare Leistungen erbracht wurden, ohne Aussagewert. Hinzu kommt, dass sich der vom Kläger als vermeintlicher Schaden herangezogene Betrag von 790,00 EUR in dem Urteil des Landgerichts R... (S. 114) in Spalte 12 findet. Ausweislich der Erläuterungen auf S. 22 (3. und 4. Absatz) und 163 (4. Absatz) des Urteils ist in Spalte 12 lediglich der Betrag aufgeführt, welcher der Beihilfestelle als (von dieser zu tragender) Rechnungsbetrag „übermittelt“ wurde. Ein brauchbarer tatsächlicher Anhaltspunkt dafür, in welcher genauen Höhe die Beihilfestelle auf tatsächlich nicht erbrachte, vermeintlich beihilfefähige Leistungen - unter Abzug tatsächlich erbrachter und beihilfefähiger Leistungen - letztlich zu Unrecht Beihilfeleistungen gewährt hat, ergibt sich hieraus nicht, zumal mit Blick auf die von der GOÄ eingeräumten Spielräume bei der Bemessung des Gebührensatzes auch völlig offen ist, wie die tatsächlich erbrachten Leistungen abgerechnet worden wären. Aus denselben Gründen führen auch die Ausführungen des Polizeipräsidiums K... in dem Schreiben vom 09.06.2015 zur Möglichkeit einer patientenbezogenen Schadensermittlung nicht weiter. Unabhängig davon fehlte es in Bezug auf solche Leistungen, die nach Auffassung der Klägerseite konkret erbracht wurden und als solche beihilfefähig sind, in jedem Fall an dem beihilferechtlich notwendigen Nachweis.
34 
b) Den ihm obliegenden Nachweis erbrachter Aufwendungen i.S.v. § 17 Abs. 3 BVO hat der Kläger auch nicht mit Vorlage einer nachträglich erstellten Abrechnung zu führen vermocht. Eine „korrigierte“ weitere Rechnung hat er von der Fa. R... GmbH nicht erhalten. In der mündlichen Verhandlung am 26.01.2017 hat der Kläger hierzu vorgetragen, zwar hätten sich in Bezug auf eine Krankenhausrechnung vom 08.06.2011 noch nachträgliche Änderungen ergeben, nicht aber in Bezug auf die hier streitgegenständliche Rechnung vom 10.06.2011. Ausweislich des vorliegenden Schreibens vom 19.05.2017 hat er sich an die A... U... als Funktionsnachfolgerin der N... Klinikgruppe gewandt mit der Bitte, ihm hinsichtlich der tatsächlich erbrachten Leistungen eine korrigierte Rechnung zukommen zu lassen. Der A... U... sei es jedoch aus buchhalterischen Gründen nicht mehr möglich, für die lange zurückliegende Zeit eine Rechnung auszustellen. Unabhängig davon hat der Kläger in Bezug auf die tatsächlich erbrachten Leistungen bis heute gar keinen Beihilfeantrag gestellt. Dies wäre aber erforderlich gewesen, denn nach § 17 Abs. 1 BVO wird die Beihilfe nur auf schriftlichen Antrag des Beihilfeberechtigten gewährt. In dem Antrag sind die beihilfefähigen Aufwendungen - unter Vorlage von Belegen i.S.v. § 17 Abs. 3 BVO - zu bezeichnen. Hieran fehlt es. Es war auch nicht Sache des Landesamts, aus der eingereichten, nicht zum Nachweis geeigneten Rechnung vom 10.06.2011 von Amts wegen solche einzelnen Leistungspositionen herauszudestillieren, die trotz der anzunehmenden betrügerischen Abrechnung tatsächlich erbracht wurden und unter irgendeinem Gesichtspunkt beihilfefähig sein könnten. Vielmehr obliegt es nach § 17 Abs. 1 und Abs. 3 BVO dem Beihilfeantragsteller, dann, wenn - wie hier -Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnung auftreten, rechtzeitig (v.a. vor Ablauf der Antragsfrist des § 17 Abs. 9 BVO) eine korrigierte Rechnung vorzulegen. Gelingt dies nicht, so geht dies zu seinen Lasten (Senatsurteil vom 16.11.2017 - 2 S 1276/17 -, juris).
35 
Fehlt es damit nicht nur in Bezug auf die in der Rechnung vom 10.06.2011 genannten und betrügerisch abgerechneten Leistungen, sondern auch in Bezug auf die nach Rechtsauffassung des Klägers tatsächlich erbrachten und zugleich beihilfefähigen Leistungen an dem notwendigen Nachweis durch Vorlage von Belegen, so lagen - und liegen - die Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe i.H.v. 2.575,22 EUR nicht vor. Der Bescheid des Landesamts vom 02.10.2015 ist daher im Umfang der verfügten Rücknahme - und damit auch in dem vom Kläger angefochtenen Umfang - rechtswidrig.
36 
2. Schutzwürdiges Vertrauen des Klägers steht der (Teil-)Rücknahme des Bescheides vom 06.07.2011 hier nicht entgegen. Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG enthält nähere Vorgaben zur Schutzwürdigkeit des Vertrauens. Auf schutzwürdiges Vertrauen kann sich der Kläger hier aber nicht berufen, weil die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG vorliegend erfüllt sind. Denn der Kläger hat den Leistungsbescheid durch Angaben erwirkt, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, indem er die Arztrechnung vom 10.06.2011 ohne weitere Kommentierung eingereicht, die Richtigkeit seiner Angaben versichert und damit zum Ausdruck gebracht hat, die konkret abgerechneten medizinischen Leistungen seien erbracht worden. Die entsprechenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht in Zweifel gezogen und zudem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst bestätigt, dass er den Beihilfeantrag vom 26.06.2011 gestellt und eigenhändig unterschrieben habe. Der Senat hat daher keinen Zweifel daran, dass der Kläger gerade auch die -auf jedem Beihilfeantrag des Beklagten vorformulierte und vorgegebene - Versicherung der Richtigkeit seiner Angaben unterschrieben hat, auch wenn der Originalantrag vom 26.06.2011 von dem Beklagten inzwischen vernichtet wurde und nicht mehr vorgelegt werden konnte. Auf die Frage eines Verschuldens kommt es im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG nicht an (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.08.2015 - 2 S 384/14 -, juris Rdnr. 30; BVerwG, Urteil vom 28.06.2012 - 2 C 13.11 -, juris). Vielmehr reicht es in diesem Zusammenhang aus, dass der Begünstigte die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes durch eine in seinem Verantwortungsbereich liegende Handlung kausal hervorgerufen hat. Diese Kausalität liegt hier vor, denn ohne die von dem Kläger eingereichte Rechnung - welche als für die Beihilfegewährung erforderlicher Nachweis i.S.v. § 17 Abs. 3 Satz 1 BVO vorgelegt wurde -hätte das Landesamt die Beihilfe nicht wie geschehen antragsgemäß gewährt.
37 
3. Die Rücknahmeentscheidung des Beklagten ist innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG ergangen. Dies hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt. Insoweit kann der Senat auf die zutreffende Begründung des Verwaltungsgerichts in der angefochtenen Entscheidung verweisen (§§ 125 Abs. 1, 117 Abs. 5 VwGO), zumal der Kläger diesbezüglich im Berufungsverfahren keine Einwendungen erhoben hat.
38 
4. Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung kann der Kläger nicht für sich geltend machen. Die Entscheidung über die Rücknahme i.S.v. § 48 Abs. 1 LVwVfG liegt grundsätzlich im Ermessen der Behörde. Liegt allerdings ein Anwendungsfall des § 48 Abs. 2 LVwVfG vor und kann sich der Begünstigte auf Vertrauensschutz berufen, so darf der Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden und besteht kein entsprechender Ermessensspielraum der Behörde mehr (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. § 127a). Diese Regelung greift hier nicht ein, denn nach den Ausführungen unter 2. kann sich der Kläger - wegen § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG - nicht auf Vertrauensschutz berufen. In einem solchen Fall bestimmt § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG, dass der Verwaltungsakt „in der Regel“ mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wird. Diese Regelung bezieht sich nicht nur - was aber der Wortlaut für sich genommen nahelegen würde - auf die Frage, ob der Verwaltungsakt für die Vergangenheit zurückgenommen wird, sondern auch auf die logisch vorrangige Frage, ob er überhaupt zurückgenommen werden soll (Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl., § 48 Rdnr. 127b; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 26.11.2015 - 7 B 4.15 -, juris Rdnr. 29; Hamburgisches OVG, Urteil vom 25.07.2017 - 3 Bf 96/15 -, juris Rdnr. 72). § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG lenkt das der Behörde nach der Grundsatzregelung des § 48 Abs. 1 LVwVfG bei Nichteingreifen der Vertrauensschutzregelung des § 48 Abs. 2 LVwVfG wieder zustehende Ermessen, indem er für die Fälle des § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG die Rücknahme des Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit als Regel festlegt (BVerwG, Urteil vom 23.05.1996 - 3 C 13.94 -, juris Rdnr. 51; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.08.2015 - 2 S 384/14 -, juris Rdnr. 31; Urteil vom 11.01.2006 - 13 S 2345/05 -, juris Rdnr. 36; OVG Berlin-Bbg., a.a.O., Hamburgisches OVG, a.a.O., Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rdnr. 127b). Daher müssen im Anwendungsbereich des § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG besondere, atypische Gründe vorliegen, wenn eine Rücknahme nur für die Zukunft angenommen oder von der Rücknahme ganz abgesehen werden soll. Das kann der Fall sein, wenn der Unrechtsgehalt, der mit einem Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG typischerweise verbunden ist, wegen Besonderheiten des Einzelfalles ausnahmsweise nicht vorliegt (Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rdnr. 127; OVG Berlin-Bbg., a.a.O. Rdnr. 30). Einen atypischen Fall vermag der Senat hier nicht zu erkennen. Entgegen seinem Vortrag mussten die nach Auffassung des Klägers tatsächlich erbrachten, beihilfefähigen Leistungen bei der (Teil-)Rücknahme des Beihilfebescheides nicht berücksichtigt werden (s.o.), so dass sich hieraus auch kein Ausnahmefall von der Regelrücknahme des § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG ableiten lässt. Ferner ist nicht zu erkennen, inwiefern der einem Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG innewohnende typische Unrechtsgehalt hier ausnahmsweise fehlen könnte. Der Kläger hat den Beihilfebescheid vom 06.07.2011 durch in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG, dazu s.o. 2.). Da es in diesem Zusammenhang allein darauf ankommt, ob der Begünstigte die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes durch eine in seinem Verantwortungsbereich liegende Handlung kausal hervorgerufen hat und etwaiges Verschulden des Begünstigten unmaßgeblich ist (s.o.), gehört fehlendes Verschulden bereits zur typisierten Bewertung des Gesetzgebers bei § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG und vermag keine einzelfallbezogene Atypik zu begründen.
39 
Eine die Regelrücknahme beseitigende atypische Sachlage liegt auch dann nicht vor, wenn man mit dem Kläger davon ausgeht (dazu näher unter II. 2 b)), dass er die Rechtswidrigkeit der Beihilfegewährung weder positiv kannte noch infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte und ein Anwendungsfall des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 LVwVfG mithin nicht anzunehmen ist. Denn die Regelrücknahme nach § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG wird allein schon durch das Eingreifen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG - und das Nichtvorliegen eines hierauf bezogenen atypischen Sonderfalls - ausgelöst. Wenn der Kläger zwar den Unrechtsgehalt des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG, nicht aber zusätzlich den des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 LVwVfG verwirklicht hätte, änderte sich an der bereits anzunehmenden Regelrücknahme nichts.
40 
Schließlich lässt sich eine einzelfallbezogene Atypik im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG entgegen dem Klägervortrag auch nicht damit begründen, dass der Beklagte im Januar 2017 einen Vergleich mit der A... U…-... abgeschlossen hat, aufgrund dessen die Klinik sich zu Zahlungen an den Beklagten bereit erklärt hat. Dieser Vergleich bezieht sich nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten auf den Ausgleich des Schadens, den der Beklagte infolge möglicher deliktischer Handlungen der N... Fachklinik bzw. solcher Personen, deren Handlungen sich diese Klinik eventuell zurechnen lassen muss, erlitten hat. Erfasst sind von dem Vergleich aber nur die Fälle, in denen das Landesamt keinen individuellen Rückforderungsbescheid gegenüber einem Beihilfeempfänger mehr erlassen kann, weil zwar dessen Behandlung in der Klinik bekannt ist, aber keine individuelle Rechnung mehr vorliegt. Von diesem Regelungsinhalt gehen die Beteiligten nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung übereinstimmend aus. Dann aber ist die vorliegende Sachverhaltskonstellation, in der ja gerade ein individueller Rückforderungsbescheid in Rede steht, von den Vergleichsregelungen nicht umfasst. Der mit der A... U... als Funktions- bzw. Rechtsnachfolgerin der N... Fachklinik abgeschlossene Vergleich dürfte hier aber auch deshalb ohne Relevanz sein, weil es vorliegend um (betrügerisch abgerechnete) Belegarztleistungen geht, Belegarztleistungen aber nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 18 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz nicht zu den Krankenhausleistungen gehören, die von dem Krankenhaus selbst erbracht und abgerechnet werden und für die es einzustehen hat.
41 
Das Nichtvorliegen eines Ausnahmefalls zur Regelrücknahme hat zur Konsequenz, dass der Beklagte über den Hinweis auf § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG hinaus keine weitergehenden Ermessenserwägungen anstellen musste und sich die vom Kläger aufgeworfene Frage nach dem Vorliegen von Ermessensfehlern nicht stellt. Insbesondere kommt es nicht darauf an, wie vom Kläger mit Schriftsatz vom 11.12.2017 vorgetragen, ob der Beklagte die mit der A... U... vereinbarten Schadensersatzzahlungen nachträglich „bei der Ermessensentscheidung über die Rücknahme“ hätte berücksichtigen müssen.
II.
42 
Anders als die Rücknahmeentscheidung erweist sich jedoch die unter Nr. 2 des angefochtenen Bescheides verfügte Rückforderungsentscheidung des Beklagten in dem angefochtenen Umfang als rechtswidrig. Insoweit war der Bescheid aufzuheben und das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern.
43 
Rechtsgrundlage für die Erstattungsforderung ist § 15 Abs. 2 Satz 1 LBesG, wonach sich die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung richtet. Zwar gilt diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut an sich nur für die Rückforderung „zuviel gezahlter Bezüge“, worum es hier nicht geht. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Vorschrift aber nach dem ersatzlosen Wegfall des § 109 LBG a.F. auf die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Beihilfeleistungen entsprechend anwendbar (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris Rdnr. 19ff und Urteil vom 24.03.2017 - 2 S 701/16 -, juris Rdnr. 32).
44 
1. Damit ist auch zu prüfen, ob der Kläger nicht mehr bereichert ist (§ 818 Abs. 3 BGB). Der Kläger hat sich vorliegend ausdrücklich darauf berufen, dass er den zurückgeforderten Betrag (2.575,23 EUR) im Vertrauen auf den Bestand der Beihilfegewährung an den Rechnungssteller bezahlt habe und damit nicht mehr bereichert sei. In der mündlichen Verhandlung hat er hierzu unwidersprochen ausgeführt, die Rechnungssumme habe er am 01.08.2011 an die Fa. R... GmbH und damit an die inkassoberechtigte Stelle überwiesen. Zwischen der Gewährung/Auszahlung der Beihilfe im Juli 2011 und der Anhörung zur Rückforderung im Juli 2015 liegt ein langer Zeitraum von 4 Jahren, in welchem der Kläger nicht mit einer Rückforderung zu rechnen brauchte.
45 
Eine Bereicherung des Klägers besteht auch nicht deshalb fort, weil er den von der Beklagten erhaltenen Betrag i.H.v. 2.575,23 EUR zur Zahlung an die R... GmbH (respektive Dr. M.../Dr. D...) verwendet und sich insoweit von der Rechnungsschuld befreit hat. Zwar ist im Rahmen der zum Begriff der Entreicherung entwickelten Grundsätze anerkannt, dass der Begriff des Wegfalls der Bereicherung nicht nach rechtlichen, sondern nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten durch einen saldenmäßigen Vergleich des Aktiv- und des Passivvermögens zu beurteilen ist (BVerwG, Urteil vom 28.01.1993 - 2 C 15.91 -, juris), weshalb der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon ausgeht, dass sich der zur Herausgabe verpflichtete Empfänger einer Leistung dann nicht mehr auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann, wenn er mit dem erlangten Betrag ganz oder teilweise Schulden getilgt hat (BGH, Urteil vom 09.05.1984 - IV B ZR 7/93 -, juris; für den Fall überzahlter Versorgung/überzahlter Dienstbezüge auch BVerwG, Urteil vom 10.10.1961 - VI C 25.60 -, juris und BVerwG, Urteil vom 28.01.1993 - 2 C 15.91 -, juris). Hier liegt jedoch die beihilfespezifische Besonderheit vor, dass der Kläger die ihm von dem Beklagten bewilligten und ausgezahlten Beihilfeleistungen bestimmungsgemäß verwendet und zur Begleichung der Arztrechnung eingesetzt hat. Hiervon geht auch der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 19.12.2017 (S. 2 am Ende) ausdrücklich aus. Ein Beihilfeberechtigter vertraut aber in grundsätzlich schutzwürdiger Weise auf den Bestand von Beihilfebescheiden, wenn er mit der gewährten Beihilfe die diesen Bescheiden zugrundeliegenden Arztrechnungen begleicht (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.02.2012 - 2 S 2983/11 -, juris Rdnr. 25; OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 05.07.2007 - 6 A 4961/05 -, juris Rdnr. 6; VG Düsseldorf, Urteil vom 15.11.2011 - 26 K 444/11 -, juris Rdnr. 37). Anders als im Falle gewöhnlicher Schuldentilgung hat der Beihilfeempfänger durch die bestimmungsgemäße Verwendung der erhaltenen Beihilfeleistungen gerade keinen anderweitigen Vorteil - etwa in Form ersparter Schuldzinsen oder der Befreiung von einer Drittverbindlichkeit - erlangt.
46 
Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten liegt auch in einem behaupteten Rückforderungsanspruch des Klägers gegen die A... U... - als Funktionsnachfolgerin und möglicherweise auch Rechtsnachfolgerin der N...-... Fachklinik - keine „bestehengebliebene“ Bereicherung. Denn ein wegen fehlerhafter bzw. betrügerischer Rechnungsstellung etwa bestehender Rückforderungsanspruch richtete sich jedenfalls nicht gegen die A... U... Den Behandlungsvertrag hat der Kläger nämlich mit Dr. M...-.../Dr. D... als Belegärzten der A... U... abgeschlossen, wie sich aus der Rechnung vom 10.06.2011 ausdrücklich ergibt. Belegarztleistungen gehören aber nicht zu den Krankenhausleistungen, vielmehr rechnet der Belegarzt die von ihm erbrachten Leistungen selbst ab (§§ 2 Abs. 1 Satz 2 und 18 KHEntgeltG). So ist es auch vorliegend geschehen. Etwaige Rückforderungsansprüche des Klägers gegen die behandelnden Ärzte „stehen aber lediglich auf dem Papier“ und zwar unabhängig davon, ob man mit dem Kläger davon ausgeht, dass Dr. M... inzwischen insolvent ist. Es ist schon mehr als zweifelhaft, ob - wie der Beklagte vorträgt - wegen der betrügerischen Rechnungsstellung der mit dem Kläger abgeschlossene Behandlungsvertrag nichtig ist. Denn dazu bedürfte es der Feststellung, dass der Vertragsschluss gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (§ 134 BGB) oder aber, dass zwischen der angebotenen ärztlichen Leistung und der vereinbarten Vergütung ein grobes Missverhältnis vorliegt (OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26.06.2008 - 1 U 9/08 -, juris Rdnr. 25). Für beides bestehen keine Anhaltspunkte. Aber selbst wenn man eine Nichtigkeit des Behandlungsvertrages unterstellt und davon ausgeht, dass das Vertragsverhältnis rückabgewickelt werden muss und kann, könnte der Kläger nicht lediglich den von ihm auf die Rechnung vom 10.06.2011 geleisteten Zahlungsbetrag zurückverlangen (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB), sondern müsste im Gegenzug im Umfang der von ihm empfangenen und nicht mehr rückabwickelbaren ärztlichen Behandlung Wertersatz leisten (§ 818 Abs. 2 BGB). Bei wirtschaftlicher Betrachtung erscheint es bei dieser Sachlage lebensfremd anzunehmen, dass gegenüber dem behandelnden Arzt ein realisierbarer Bereicherungsanspruch besteht und der zur Tilgung der Arztrechnung verwendete Betrag deshalb wertmäßig noch im Vermögen des Klägers vorhanden ist. Gleiches gilt, soweit sich der Beklagte in der mündlichen Verhandlung erstmals darauf berufen hat, dem Land, um dessen „Beihilfeschulden“ es bei wirtschaftlicher Betrachtung gehe, stehe ein deliktischer Anspruch gegen den betrügerischen Rechnungssteller oder die Klinik aus § 826 BGB und möglicherweise auch ein Anspruch aus § 242 BGB zu. Auch diese nur äußerst vage behaupteten, völlig ungewissen Ansprüche erlauben jedenfalls nicht den Schluss, das Vermögen des Klägers sei bei wirtschaftlicher Betrachtung noch in einer fassbaren Weise wertmäßig erhöht (BGH, Urteil vom 29.05.1978 - II ZR 166/77 -, juris Rdnr. 11f; Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 28.04.2016 - 5 U 36/15 -, juris Rdnr. 73).
47 
2. Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Kläger vorliegend auch berufen. Die in § 15 Abs. 2 Satz 1 LBesG i.V.m. § 819 Abs. 4 BGB und § 15 Abs. 2 Satz 2 LBesG genannten Ausschlussgründe liegen nicht vor:
48 
a) Der Kläger hatte von den Umständen, welche zur Rücknahme des Verwaltungsaktes geführt haben - und damit von dem Mangel des Rechtsgrundes für die Beihilfezahlung i.S.v. § 15 Abs. 2 Satz 1 LBesG i.V.m. § 819 Abs. 4 Satz 1 BGB -, zur Überzeugung des Senats keine positive Kenntnis. Zwar ist in den Feststellungen des Landgerichts R... zur manipulativen Abrechnungspraxis in der N... Fachklinik davon die Rede (Urteil vom 09.02.2015, S. 20), dass jeder Patient zusätzlich eine nur für ihn bestimmte transparente Abrechnung der tatsächlich erbrachten Leistungen erhalten habe. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren jedoch konsequent bestritten, dass dies auch bei ihm der Fall gewesen sei. Er hat nachvollziehbar und glaubhaft ausgeführt, dass ihm insbesondere der Behandlungsplan, welcher aus den Ermittlungsakten der Polizei in die Rückforderungsakte gelangt ist, erst im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens bekannt geworden ist. Hierfür spricht, dass es sich bei diesem Behandlungsplan schon nach seiner äußeren Gestaltung um ein klinikinternes Schriftstück handelt. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung auch plausibel ausgeführt, dass die in dem Behandlungsplan erwähnten „Abrechnungsberatungen“ zwar am 11.05.2011 und am 07.06.2011 stattgefunden hätten, es dort aber lediglich um technische Abrechnungsfragen (Name der Krankenkasse, leistender Beihilfeträger, Vorausleistungen, Kurtaxepflicht, anfallende Kosten für den persönlichen Bedarf) bzw. um die Zahlung direkt vor Ort abzurechnender Leistungen gegangen sei.
49 
b) Dem Kläger ist auch nicht vorzuwerfen, dass er die Umstände, welche zur Rücknahme des Verwaltungsaktes geführt haben - und damit den Mangel des Rechtsgrundes für die Beihilfezahlung - hätte erkennen müssen (§ 15 Abs. 2 Satz 2 LBesG). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu der Parallelregelung des § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG ist der Mangel des rechtlichen Grundes für die Zahlung von Bezügen dann offensichtlich, wenn der Empfänger ihn nur deshalb nicht erkannt hat, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat (BVerwG, Urteil vom 25.11.1982 - 2 C 14.81 -, juris Rdnr. 22; Urteil vom 27.01.1987 -2 C 9.85-, juris Rdnr. 18; Beschluss vom 19.11.1996 - 2 B 42.96 -, juris Rdnr. 5; Urteil vom 26.04.2012 -2 C 15.10 -, juris Rdnr. 16; Urteil vom 26.04.2012 - 2 C 4.11 -, juris Rdnr. 10, VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.10.1995 - 4 S 1799/94 -, juris Rdnr. 32), also grob fahrlässig gehandelt hat. Letztlich ist das Fehlen eines Rechtsgrundes für die Zahlung dann offensichtlich, wenn es für den Empfänger ohne weiteres erkennbar ist (BVerwG, Urteil vom 26.04.2012 - 2 C 15.10 -, juris Rdnr. 16; Urteil vom 26.04.2012 - 2 C 4.11 -, juris Rdnr. 10). Für die Beurteilung, ob der Beamte die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße außer Acht gelassen hat, ist auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Empfängers (z.B. Vor- und Ausbildung, dienstliche Tätigkeit) zur Prüfung der ihm zuerkannten Beträge abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.11.1982 - 2 C 14.81 -, juris Rdnr. 22; Urteil vom 26.04.2012 - 2 C 15.10 -, juris Rdnr. 17; Urteil vom 26.04.2012 - 2 C 4.11 -, juris Rdnr. 11). Im Rahmen des § 15 Abs. 2 Satz 2 LBesG gelten dieselben Maßstäbe (Hellstern/ Kaufmann/Ludy, Handbuch des Besoldungsrechts für Baden-Württemberg, § 15 LBesG Rdnr. 15.2.3.4.).
50 
Unter Berücksichtigung dessen liegt beim Kläger jedenfalls keine „grobe“ Fahrlässigkeit vor. Denn aus der Kenntnis der bei ihm tatsächlich durchgeführten Behandlungen in Zusammenschau mit den Angaben auf der Rechnung vom 10.06.2011 musste er nicht den Schluss ziehen, die Abrechnung könne nicht stimmen und die auf der Einreichung dieser Rechnung beruhende Beihilfegewährung sei mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig. Eine Prüfung der in der Rechnung aufgeführten einzelnen GOÄ-Ziffern daraufhin, ob sie tatsächlich nach der GOÄ abrechenbar sind und ob die auf der Rechnung stichwortartig ausgewiesenen Leistungen der jeweils zugeordneten GOÄ-Ziffer entsprechen, war dem Kläger als medizinischem Laien objektiv nicht möglich und auch subjektiv von ihm nicht zu verlangen. Allerdings war von ihm zu erwarten, die abgerechneten Leistungspositionen anhand der stichwortartig ausgewiesenen Leistungsbeschreibung daraufhin zu überprüfen, ob sie plausibel sind, insbesondere, ob ihnen eine tatsächlich erbrachte Leistung gegenüber steht. Diesen Anforderungen ist der Kläger hier nachgekommen. Zwar hat er im Widerspruchsverfahren anwaltlich u.a. vortragen lassen, eine Überprüfung der einzelnen Rechnungspositionen habe er „nicht vorgenommen“, da er weder mit den ärztlichen Fachbegriffen noch mit den GOÄ-Ziffern sachlich etwas habe anfangen können und zudem davon ausgegangen sei, dass die Fachbeamten des Landesamts die Liquidationsgrundlage sachlich überprüfen könnten. Dies war jedoch schon bei isolierter Betrachtung nicht so zu verstehen, dass der Kläger die Rechnung vom 10.06.2011 völlig ungeprüft an das Landesamt weitergegeben hat. Die unterlassene Einzelprüfung bezog sich vielmehr - wie der Hinweis auf die fehlende medizinische Sachkunde des Klägers zeigt - auf die ärztlichen Fachbegriffe bzw. die Abrechenbarkeit der in der Rechnung genannten GOÄ-Ziffern und betraf damit einen Bereich, den der Kläger im Einzelnen gar nicht überprüfen konnte. Die ihm auch als medizinischem Laien obliegende Plausibilitätsprüfung hat der Kläger hingegen vorgenommen. In der mündlichen Verhandlung hat er hierzu nachvollziehbar und glaubhaft ausgeführt, nach Erhalt der Rechnung habe er die Einzelpositionen daraufhin durchgeschaut, ob die Leistungen nicht wie abgerechnet erbracht worden sein können, z.B. an einem Sonntag oder außerhalb des Behandlungszeitraums.
51 
Zwar fällt bei einem inhaltlichen Blick auf die abgerechneten Positionen ins Auge, dass ein Großteil der in dem Behandlungsplan genannten Leistungen, welche der Kläger - auch nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung - tatsächlich in Anspruch genommen hat und welche ihm demgemäß bekannt waren, sich in der Rechnung vom 10.06.2011 nicht wiederfinden (z.B. „Dornbreuss“, „Craniosacral-Therapie“, „Softpack Kreidepackung“, „Strömen“, „Körper-Seele-Int.(Trager), „Aurum Manus“, „Biografie-Arbeit“, „TP: Alexander Technik“, „Heiße Steine“, „Facial Harmony“, „Walking Gruppe (B)“). Diese Leistungen konnten von einem medizinischen Laien aber ohne weiteres als Einzelmaßnahme im Rahmen der in den Rechnungen genannten Oberbegriffe verstanden werden. Denn bei „Dornbreuss“ handelt es sich um eine manuelle Wirbelsäulentherapie nach Dorn/Breuss, die dem abgerechneten „chirotherapeutischen Eingriff an der Wirbelsäule“ zugeordnet werden konnte. Bei der z.B. am 12.05.2011 und am 31.05.2011 durchgeführten manuellen Craniosacraltherapie handelt es sich um ein manuelles Verfahren, bei dem Handgriffe vorwiegend im Bereich des Schädels, des Nackens, des Zungenbeins, des Thorax, der Wirbelsäule, des Kreuzbeins, des Zwerchfells, des Beckens und der Füße durchgeführt werden und bei dem die Annahme nicht fern liegt, es handele sich um eine unter demselben Datum abgerechnete krankengymnastische Ganzbehandlung bzw. chirotherapeutische Wirbelsäulenbehandlung. Die durchgeführten Maßnahmen „Biografie-Arbeit“, „Körper-Seele-Int (Trager)“, „Facial Harmony“, „Heiße Steine“, „Aurum Manus“ und „Softpack-Kreidepackungen“, „Kraft der Stimme“, „Strömen“ und „Alexander-Technik“ konnten in derselben Weise jedenfalls von einem medizinischen Laien als Entspannungs- oder Vorbereitungstechniken der jeweils abgerechneten Maßnahmen „tiefenpsychologische Psychotherapie, Einzelbehandlung“ oder „Autogenes Training“ bzw. als „Extensionsbehandlung kombiniert mit Wärmetherapie“ zugeordnet werden. Der Kläger hat hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er sei bei Beginn seines Klinikaufenthalts gesundheitlich am Ende gewesen. Die genannten Maßnahmen hätten aus seiner Sicht dazu gedient, ihn zunächst einmal zu aktivieren, zu stabilisieren und abzulenken. Kern der Behandlungen seien die - in der Rechnung vom 10.06.2011 als solche abgerechneten - therapeutischen Gespräche gewesen, die ihn sehr angestrengt hätten. Dies ist für den Senat ohne weiteres nachvollziehbar, zumal der Kläger darauf hingewiesen hat, er habe die durchgeführten Anwendungen auch aufgrund eines früheren Klinikaufenthalts „einordnen“ können. Berücksichtigt man schließlich noch, dass dem Kläger - wie von ihm unwidersprochen vorgetragen - bereits vor Beginn seiner Behandlung seitens der Klinik bestätigt wurde, es würden nur beihilfefähige Behandlungen durchgeführt, und er entsprechend dieser Auskunft nicht abrechenbare physiotherapeutische Leistungen gesondert bezahlt hat (Rechnung vom 09.06.2011), so musste sich dem Kläger bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Umstände nicht aufdrängen, dass es sich bei den nicht gesondert abgerechneten Behandlungen und Maßnahmen um medizinisch nicht indizierte Wellnessmaßnahmen handeln könnte, die nicht nach GOÄ abgerechnet werden können und nicht beihilfefähig sind.
52 
Der Kläger hatte auch keine Veranlassung zu der Annahme, bei den durchgeführten Behandlungen handele es sich um Behandlungsmethoden, die in dem Hinweisschreiben des LBV vom 26.04.2011 (S. 3 bis 6) als von der Beihilfefähigkeit vollständig oder teilweise ausgeschlossen bezeichnet werden. Zweifelhaft ist hier allenfalls die Zuordnung der im Behandlungsplan aufgeführten Therapie „Walking Gruppe“. Hierbei geht es erkennbar um eine reine Sportmaßnahme. Anhand der Abrechnung vom 10.06.2011 musste der Kläger aber schon nicht davon ausgehen, dass eine solche Sportmaßnahme vom Rechnungssteller überhaupt abgerechnet wurde.
53 
Kann sich der Kläger mithin erfolgreich auf den Wegfall der Bereicherung berufen, so führt dies zur Aufhebung der verfügten Rückforderung, ohne dass es noch weiter darauf ankäme, ob die in der Rückforderungsentscheidung angestellten Billigkeitserwägungen in ausreichender Weise den Besonderheiten des Berufsbeamtentums Rechnung tragen.
III.
54 
Der Kläger kann von dem Beklagten antragsgemäß auch die Erstattung des von ihm bereits - unter Vorbehalt - bezahlten Rückforderungsbetrages i.H.v. 1.785,23 EUR beanspruchen. Anspruchsgrundlage ist mangels spezialgesetzlicher Grundlage (§ 15 LBesG betrifft nur die Rückforderung zuviel bezahlter Bezüge, worum es hier nicht geht) der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch.Dabei handelt es sich um ein aus den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, abgeleitetes eigenständiges Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts, dessen Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen, soweit sie - wie hier - nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs entsprechen, sofern den §§ 812ff BGB keine abweichende Interessenbewertung zugrunde liegt, die in das öffentliche Recht nicht übertragbar ist (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 15.09.2011 - 2 S 654/11 -, juris Rdnr. 18; BVerwG, Urteil vom 18.01.2001 - 3 C 7.00-BVerwGE 112, 351; BVerwG, Beschluss vom 07.10.2009 -9 B 24.09- juris, mit weiteren Nachweisen). Letzteres ist hier nicht der Fall. Die Voraussetzungen des Erstattungsanspruches liegen hier auch vor. Aus den Ausführungen unter II. ergibt sich, dass der Beklagte die Zahlung des zurückgeforderten Betrages durch den Kläger als „Leistung“ i.S.v. § 812 Abs. 1 BGB ohne rechtlichen Grund erlangt hat. Die Rückforderung des gezahlten Betrages ist auch nicht gem. § 814 BGB ausgeschlossen. Denn die Vorschrift dürfte auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch schon nicht anwendbar sein, weil hier abweichend von den Wertungen des Zivilrechts dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit Rechnung zu tragen ist (vgl. hierzu ThürOVG, Urteil vom 17.12.2002 - 2 KO 701/00 -, juris Rdnr. 51, HessVGH, Urteil vom 17.07.1990 - 11 UE 1487/89 -, juris Rdnr. 30). Unabhängig davon hat der Kläger den nunmehr zurückgeforderten Betrag jedenfalls nicht in Kenntnis der Nichtschuld an den Beklagten bezahlt, sondern im Gegenteil unter dem Vorbehalt der Rückforderung, falls die Rückforderung der Beihilfeleistung ihrerseits nicht gerechtfertigt ist (Behördenakte Bl. 25).
55 
Die Erstattungsforderung ist mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit des Antrages zu verzinsen (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB). Rechtshängigkeit ist mit Eingang der - formgerecht erhobenen -Klage beim Verwaltungsgericht am 28.01.2016 eingetreten. Der Tag des Klageeingangs wird bei der Pflicht zur Zinszahlung allerdings nicht mitgerechnet (§ 187 Abs. 1 BGB in analoger Anwendung, vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2011 - 3 C 30.10 -, juris Rdnr. 21, BGH, Urteil vom 04.07.2017 - XI ZR 562/15 -, juris Rdnr. 103), weshalb die Forderung erst ab dem 29.01.2016 zu verzinsen ist.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 708 Nr. 10 Satz 1 ZPO, § 711 ZPO i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO. § 167 Abs. 2 VwGO findet auf die vorliegende Fallkonstellation weder direkte noch entsprechende Anwendung, da die Behörde hier im Wege der Leistungsklage zur Zahlung eines Geldbetrages und nicht zur Vornahme einer schlicht-hoheitlichen Maßnahme verurteilt worden ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.11.2011 - 6 S 2904/11 -, juris Rdnr. 11; Beschluss vom 24.03.1999 - 9 S 3012/98 -, juris Rdnr. 3f; Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. § 167 Rdnr. 21)
57 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
58 
Beschluss vom 26.01.2018
59 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.785,23 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG). Die Anfechtungsklage gegen die Rücknahme des Beihilfebescheides und gegen die Rückforderung der geleisteten Beihilfe sowie die Leistungsklage auf Erstattung des unter Vorbehalt gezahlten Rückforderungsbetrages sind bei wirtschaftlicher Betrachtung auf dasselbe Ziel gerichtet, das Behaltendürfen der gewährten Beihilfe i.H.v. 1.785,23 EUR. Für eine künstliche Auftrennung dieses einheitlichen Begehrens in mehrere einzelne Streitgegenstände und Zusammenrechnung dieser Werte gem. § 39 Abs. 1 GKG ist daher kein Raum (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.1988 - 7 C 93.86 -, juris Rdnr. 12; OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 21.10.2014 - 14 E 938/14 -, juris).
60 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
28 
Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Entscheidungstenor ersichtlichen Umfang teilweise begründet. Das Verwaltungsgericht hat zwar die Anfechtungsklage des Klägers gegen die vom Landesamt unter Ziffer 1 des Bescheides vom 02.10.2015 verfügte Teilrücknahme in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2015 zu Recht abgewiesen. Denn insoweit ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, dazu I.). Dagegen erweist sich die ergangene Rückforderungsentscheidung (Nr. 2 des Bescheides vom 02.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2015) in dem vom Kläger angefochtenen Umfang als rechtswidrig. Insoweit waren die angefochtenen Bescheide aufzuheben und das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern (dazu II.). Da der Kläger den zurückgeforderten Betrag in dem angefochtenen Umfang bereits vollständig an den Beklagten bezahlt hat, steht ihm insoweit ein Anspruch auf Erstattung gegenüber dem Beklagten zu (dazu III.).
I.
29 
Rechtsgrundlage für die von dem Beklagten vorgenommene (Teil)Rücknahme ist § 48 Abs. 1 LVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden (Abs. 1 Satz 1). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt kann nach Abs. 1 Satz 2 LVwVfG allerdings nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Diese Voraussetzungen liegen hier vor:
30 
1. Der unanfechtbar gewordene Beihilfebescheid vom 06.07.2011 ist in Bezug auf die zu den Rechnungen der R... GmbH gewährte Beihilfe und damit im Umfang seiner Rücknahme rechtswidrig, denn für die dort im Einzelnen aufgeführten Leistungen lagen die Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe von vornherein nicht vor. Maßgebend für die Beihilfegewährung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird (BVerwG, Urteil vom 23.04.2015 - 5 C 2.14 -, juris Rdnr. 10; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.03.2017 - 2 S 701/16 -, juris Rdnr. 26). Da es vorliegend um Aufwendungen für Leistungen geht, die während des stationären Aufenthalts des Klägers in der Zeit vom 10.05.2011 bis 07.06.2011 in der N... Fachklinik erbracht worden sein sollen, ist die Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung einer Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. 1995, 561) in der im Sommer 2011 gültigen Fassung anzuwenden (im Folgenden: BVO). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO sind Aufwendungen nach den folgenden Vorschriften beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. § 6 BVO enthält nähere Vorschriften über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen bei Krankheit und bestimmt, dass aus Anlass einer Krankheit Aufwendungen nur für „gesondert erbrachte und berechnete“ Leistungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1), Arznei- und Verbandmittel (§ 6 Abs. 1 Nr. 2) sowie Heilbehandlungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3) beihilfefähig sind. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BVO wird Beihilfe nur auf schriftlichen Antrag eines Beihilfeberechtigten gewährt; nach § 17 Abs. 3 Satz 1 BVO setzt die Beihilfegewährung weiter voraus, dass die geltend gemachten Aufwendungen durch Belege nachgewiesen sind.
31 
a) Hier hat der Kläger mit Vorlage der Rechnung vom 10.06.2011 nicht den notwendigen Nachweis dafür erbracht, dass die darin dokumentierten belegärztlichen Leistungen auch tatsächlich erbracht wurden. Denn die Rechnung beruht auf einer betrügerischen Abrechnungspraxis des leitenden Arztes der N... Fachklinik und der Abrechnungsstelle R... GmbH. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den Feststellungen des Landgerichts R... in dem Urteil vom 09.02.2015 (Az.: 2 KLs 31 Js 14206/12). Der Senat hat keine Veranlassung, an der Richtigkeit dieser Feststellungen zu zweifeln, zumal auch der Kläger im vorliegenden Berufungsverfahren keine Anhaltspunkte für solche Zweifel benannt hat, sondern selbst konzediert, dass der Beihilfebescheid, soweit er sich auf in der privatärztlichen Liquidation vom 10.06.2011 abgerechnete, aber tatsächlich nicht erbrachte Leistungen bezieht, rechtswidrig war. Das Landgericht hat in seinem Urteil (insb. auf S. 9, 10, 12, 18 und 19) ausgeführt, dass der leitende Arzt der N... Fachklinik, Dr. M..., in seiner Klinikgruppe eine Vielzahl von Behandlungen angeboten hatte, die von Kostenträgern u.a. als „medizinische Wellness“ oder Esoterik gewertet und deshalb als medizinisch nicht notwendig und nicht erstattungsfähig angesehen werden. Über die von ihm faktisch geleitete Abrechnungsstelle R... GmbH habe Dr. M... in der Zeit von 2009 bis Anfang 2013 systematisch Behandlungsleistungen in den zur Abrechnung mit den Krankenversicherungen und Beihilfestellen bestimmten Rechnungen falsch deklariert, um - teils unter Mitwirkung der Patienten - den Kostenträgern eine Abrechenbarkeit der Behandlung vorzuspiegeln und so eine Bezahlung zu erreichen. Zu diesem Zweck habe Dr. M... beschlossen, nach der Gebührenordnung nicht abrechenbare Behandlungen in den für die Abrechnung mit den Kostenträgern bestimmten Rechnungen als von ihm nach dem Gebührenverzeichnis der GOÄ erbrachte Wahlarztleistung zu deklarieren, wobei er die - angeblich erbrachte - Leistung so bestimmt habe, dass die hierfür von ihm angesetzten Gebührensätze der GOÄ ungefähr den Betrag erreicht hätten, zu dem er selbst die Behandlungen gegenüber den Patienten angeboten habe. Nach den Feststellungen des Landgerichts tüftelte der leitende Arzt aus, welche Gebührensätze in der Addition für eine Behandlung in einem Krankenhaus oder einem Sanatorium für Psychosomatik plausibel erschienen und den von ihm gewünschten Betrag ergäben. Soweit die Addition von Gebührensätzen nicht genügt habe, um den von ihm gewünschten Betrag zu erreichen, was regelmäßig der Fall gewesen sei, habe er Visiten oder die Verabreichung von Spritzen fingiert. Die Mitarbeiter der Abrechnungsstelle habe er - zumindest konkludent - angewiesen, die in den Therapiezetteln und in dem elektronischen Therapieplanungsprogramm MAMP eingetragenen, tatsächlich durchgeführten Behandlungen im Abrechnungsprogramm DOC-Concept als wahlärztliche Leistungen zu deklarieren, indem die im Therapieplan enthaltenen Kürzel nunmehr mit den im Abrechnungsprogramm DOC-Concept bereits enthaltenen fingierten Gebührenketten angelegt worden seien. Die auf diese Weise erstellte Wahlarztrechnung sei in aufwendiger Einzelarbeit kontrolliert und überarbeitet worden, um einzelne, nebeneinander oder gehäuft erscheinende GOÄ-Ziffern manuell durch in der Summe vergleichbare Gebühren oder Gebührenketten zu ersetzen. Nach den Feststellungen des Landgerichts (Urteil S. 22 und 142) wurde auf die dargestellte Weise auch im Falle des Klägers verfahren. Denn auf S. 114 des Urteils sind auf den Klinikaufenthalt des Klägers vom 10.05.2011 bis 07.06.2011 bezogene Abrechnungen vom 10.06.2011 als „Fall 385 der Anklage“ aufgeführt. Der Kläger bestreitet im Klage- und Berufungsverfahren auch gar nicht, dass in der Rechnung nicht beihilfefähige Leistungen als beihilfefähig abgerechnet werden.
32 
Die damit auch im Falle des Klägers anzunehmende betrügerische Abrechnung tatsächlich nicht erbrachter Leistungen in der Rechnung vom 10.06.2011 hat zur Konsequenz, dass dieser Beleg von vorneherein nicht mehr geeignet ist, einen Nachweis für getätigte Aufwendungen i.S.v. § 17 Abs. 3 BVO zu erbringen. Denn beihilfefähige Aufwendungen müssen, wie sich allgemein aus § 5 Abs. 2 Satz 2 BVO und speziell in Bezug auf Aufwendungen bei Krankheit aus § 6 Abs. 1 BVO ergibt, tatsächlich erbracht und in der konkret erbrachten Form auch nachgewiesen sein (vgl. Keufer/Hellstern/ Zimmermann, Beihilfevorschriften Baden-Württemberg, § 6 BVO, S. 11). Dies ist hier nicht der Fall. Es kann offen bleiben, ob die nach dem vorliegenden Behandlungsplan - und den Schilderungen des Klägers - tatsächlich erbrachten Leistungen (z.B. „Dornbreuss“ , „Craniosacral-Therapie“, „Softpack Kreidepackung“, „Strömen“, „Biografie Arbeit“, „Körp-Seele-Int(Trager)“, „Aurum Manus“, „Kraft der Stimme“, „TP: Alexander Technik“, „Heiße Steine“, „Facial Harmony“, „Walking Gruppe B“) sich mit den abgerechneten GOÄ-Ziffern im weitesten Sinn noch in Einklang bringen lassen (z.B. die am 12.05. 2011 im Behandlungsplan benannte manuelle Wirbelsäulentherapie nach Dorn/Breuss dem abgerechneten „chirotherapeutischen Eingriff an der Wirbelsäule“, die am 12.05.2011 und am 31.05.2011 durchgeführte manuelle Craniosacraltherapie der unter demselben Datum abgerechneten „krankengymnastischen Ganzbehandlung“ bzw. „chirotherapeutischen Wirbelsäulenbehandlung“, die am 17.05.2011 durchgeführte „Biografie-Arbeit“ der unter demselben Datum abgerechneten „psychotherapeutischen Einzelbehandlung“) oder ob die Abrechnung vom 10.06.2011 allein schon deshalb zum Nachweis nicht geeignet ist, weil die tatsächlich erbrachten Leistungen dort nicht in der konkret erbrachten Form benannt werden. Denn bei allen abgerechneten Leistungen, selbst bei denen, die wie z.B. das mit dem Arzt am 23.05.2011 geführte „psych. Gespräch“ sowohl im Behandlungsplan aufgeführt als auch in der Rechnung benannt und abgerechnet werden, ist aufgrund der geschilderten Abrechnungspraxis völlig unklar, ob sie sich korrekt auf eine tatsächlich erbrachte Leistung beziehen oder nicht vielmehr als Teil des vom abrechnenden Arzt im Ergebnis gewünschten Rechnungsbetrages manipuliert wurden.
33 
Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ergibt sich weder aus dem Schreiben des Polizeipräsidiums K... vom 09.06.2015 noch aus den Feststellungen des Landgerichts R... in dem Urteil vom 09.02.2015, dass in seinem Falle der der Beihilfestelle entstandene Schaden nur 790 EUR beträgt und folglich nur in dieser Höhe Beihilfeleistungen rechtswidrig erbracht worden sind. Hinsichtlich des durch den Abrechnungsbetrug entstandenen Schadens hat das Landgericht auf S. 4 seines Urteils ausgeführt, dass die Feststellungen auf einer Schätzung beruhen, deren Grundlage die von der Polizei erhobenen und akribisch ausgewerteten Daten zu den in Therapieplänen ausgewerteten Einzelbehandlungen bilde. Mangels Detailaufklärung, ob die rund 35.000 verfahrensgegenständlichen Einzelbehandlungen allesamt tatsächlich in die Rechnung eingestellt und wie sie dort eingeflossen sind, ist das Landgericht zugunsten des Angeklagten Dr. M... von „vorsorglichen Annahmen“ ausgegangen. Diese vorsorglichen Annahmen sind in Bezug auf die hier relevante Frage, in welcher Höhe gegenüber dem Kläger tatsächlich abrechenbare Leistungen erbracht wurden, ohne Aussagewert. Hinzu kommt, dass sich der vom Kläger als vermeintlicher Schaden herangezogene Betrag von 790,00 EUR in dem Urteil des Landgerichts R... (S. 114) in Spalte 12 findet. Ausweislich der Erläuterungen auf S. 22 (3. und 4. Absatz) und 163 (4. Absatz) des Urteils ist in Spalte 12 lediglich der Betrag aufgeführt, welcher der Beihilfestelle als (von dieser zu tragender) Rechnungsbetrag „übermittelt“ wurde. Ein brauchbarer tatsächlicher Anhaltspunkt dafür, in welcher genauen Höhe die Beihilfestelle auf tatsächlich nicht erbrachte, vermeintlich beihilfefähige Leistungen - unter Abzug tatsächlich erbrachter und beihilfefähiger Leistungen - letztlich zu Unrecht Beihilfeleistungen gewährt hat, ergibt sich hieraus nicht, zumal mit Blick auf die von der GOÄ eingeräumten Spielräume bei der Bemessung des Gebührensatzes auch völlig offen ist, wie die tatsächlich erbrachten Leistungen abgerechnet worden wären. Aus denselben Gründen führen auch die Ausführungen des Polizeipräsidiums K... in dem Schreiben vom 09.06.2015 zur Möglichkeit einer patientenbezogenen Schadensermittlung nicht weiter. Unabhängig davon fehlte es in Bezug auf solche Leistungen, die nach Auffassung der Klägerseite konkret erbracht wurden und als solche beihilfefähig sind, in jedem Fall an dem beihilferechtlich notwendigen Nachweis.
34 
b) Den ihm obliegenden Nachweis erbrachter Aufwendungen i.S.v. § 17 Abs. 3 BVO hat der Kläger auch nicht mit Vorlage einer nachträglich erstellten Abrechnung zu führen vermocht. Eine „korrigierte“ weitere Rechnung hat er von der Fa. R... GmbH nicht erhalten. In der mündlichen Verhandlung am 26.01.2017 hat der Kläger hierzu vorgetragen, zwar hätten sich in Bezug auf eine Krankenhausrechnung vom 08.06.2011 noch nachträgliche Änderungen ergeben, nicht aber in Bezug auf die hier streitgegenständliche Rechnung vom 10.06.2011. Ausweislich des vorliegenden Schreibens vom 19.05.2017 hat er sich an die A... U... als Funktionsnachfolgerin der N... Klinikgruppe gewandt mit der Bitte, ihm hinsichtlich der tatsächlich erbrachten Leistungen eine korrigierte Rechnung zukommen zu lassen. Der A... U... sei es jedoch aus buchhalterischen Gründen nicht mehr möglich, für die lange zurückliegende Zeit eine Rechnung auszustellen. Unabhängig davon hat der Kläger in Bezug auf die tatsächlich erbrachten Leistungen bis heute gar keinen Beihilfeantrag gestellt. Dies wäre aber erforderlich gewesen, denn nach § 17 Abs. 1 BVO wird die Beihilfe nur auf schriftlichen Antrag des Beihilfeberechtigten gewährt. In dem Antrag sind die beihilfefähigen Aufwendungen - unter Vorlage von Belegen i.S.v. § 17 Abs. 3 BVO - zu bezeichnen. Hieran fehlt es. Es war auch nicht Sache des Landesamts, aus der eingereichten, nicht zum Nachweis geeigneten Rechnung vom 10.06.2011 von Amts wegen solche einzelnen Leistungspositionen herauszudestillieren, die trotz der anzunehmenden betrügerischen Abrechnung tatsächlich erbracht wurden und unter irgendeinem Gesichtspunkt beihilfefähig sein könnten. Vielmehr obliegt es nach § 17 Abs. 1 und Abs. 3 BVO dem Beihilfeantragsteller, dann, wenn - wie hier -Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnung auftreten, rechtzeitig (v.a. vor Ablauf der Antragsfrist des § 17 Abs. 9 BVO) eine korrigierte Rechnung vorzulegen. Gelingt dies nicht, so geht dies zu seinen Lasten (Senatsurteil vom 16.11.2017 - 2 S 1276/17 -, juris).
35 
Fehlt es damit nicht nur in Bezug auf die in der Rechnung vom 10.06.2011 genannten und betrügerisch abgerechneten Leistungen, sondern auch in Bezug auf die nach Rechtsauffassung des Klägers tatsächlich erbrachten und zugleich beihilfefähigen Leistungen an dem notwendigen Nachweis durch Vorlage von Belegen, so lagen - und liegen - die Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe i.H.v. 2.575,22 EUR nicht vor. Der Bescheid des Landesamts vom 02.10.2015 ist daher im Umfang der verfügten Rücknahme - und damit auch in dem vom Kläger angefochtenen Umfang - rechtswidrig.
36 
2. Schutzwürdiges Vertrauen des Klägers steht der (Teil-)Rücknahme des Bescheides vom 06.07.2011 hier nicht entgegen. Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG enthält nähere Vorgaben zur Schutzwürdigkeit des Vertrauens. Auf schutzwürdiges Vertrauen kann sich der Kläger hier aber nicht berufen, weil die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG vorliegend erfüllt sind. Denn der Kläger hat den Leistungsbescheid durch Angaben erwirkt, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, indem er die Arztrechnung vom 10.06.2011 ohne weitere Kommentierung eingereicht, die Richtigkeit seiner Angaben versichert und damit zum Ausdruck gebracht hat, die konkret abgerechneten medizinischen Leistungen seien erbracht worden. Die entsprechenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht in Zweifel gezogen und zudem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst bestätigt, dass er den Beihilfeantrag vom 26.06.2011 gestellt und eigenhändig unterschrieben habe. Der Senat hat daher keinen Zweifel daran, dass der Kläger gerade auch die -auf jedem Beihilfeantrag des Beklagten vorformulierte und vorgegebene - Versicherung der Richtigkeit seiner Angaben unterschrieben hat, auch wenn der Originalantrag vom 26.06.2011 von dem Beklagten inzwischen vernichtet wurde und nicht mehr vorgelegt werden konnte. Auf die Frage eines Verschuldens kommt es im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG nicht an (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.08.2015 - 2 S 384/14 -, juris Rdnr. 30; BVerwG, Urteil vom 28.06.2012 - 2 C 13.11 -, juris). Vielmehr reicht es in diesem Zusammenhang aus, dass der Begünstigte die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes durch eine in seinem Verantwortungsbereich liegende Handlung kausal hervorgerufen hat. Diese Kausalität liegt hier vor, denn ohne die von dem Kläger eingereichte Rechnung - welche als für die Beihilfegewährung erforderlicher Nachweis i.S.v. § 17 Abs. 3 Satz 1 BVO vorgelegt wurde -hätte das Landesamt die Beihilfe nicht wie geschehen antragsgemäß gewährt.
37 
3. Die Rücknahmeentscheidung des Beklagten ist innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG ergangen. Dies hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt. Insoweit kann der Senat auf die zutreffende Begründung des Verwaltungsgerichts in der angefochtenen Entscheidung verweisen (§§ 125 Abs. 1, 117 Abs. 5 VwGO), zumal der Kläger diesbezüglich im Berufungsverfahren keine Einwendungen erhoben hat.
38 
4. Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung kann der Kläger nicht für sich geltend machen. Die Entscheidung über die Rücknahme i.S.v. § 48 Abs. 1 LVwVfG liegt grundsätzlich im Ermessen der Behörde. Liegt allerdings ein Anwendungsfall des § 48 Abs. 2 LVwVfG vor und kann sich der Begünstigte auf Vertrauensschutz berufen, so darf der Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden und besteht kein entsprechender Ermessensspielraum der Behörde mehr (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. § 127a). Diese Regelung greift hier nicht ein, denn nach den Ausführungen unter 2. kann sich der Kläger - wegen § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG - nicht auf Vertrauensschutz berufen. In einem solchen Fall bestimmt § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG, dass der Verwaltungsakt „in der Regel“ mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wird. Diese Regelung bezieht sich nicht nur - was aber der Wortlaut für sich genommen nahelegen würde - auf die Frage, ob der Verwaltungsakt für die Vergangenheit zurückgenommen wird, sondern auch auf die logisch vorrangige Frage, ob er überhaupt zurückgenommen werden soll (Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl., § 48 Rdnr. 127b; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 26.11.2015 - 7 B 4.15 -, juris Rdnr. 29; Hamburgisches OVG, Urteil vom 25.07.2017 - 3 Bf 96/15 -, juris Rdnr. 72). § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG lenkt das der Behörde nach der Grundsatzregelung des § 48 Abs. 1 LVwVfG bei Nichteingreifen der Vertrauensschutzregelung des § 48 Abs. 2 LVwVfG wieder zustehende Ermessen, indem er für die Fälle des § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG die Rücknahme des Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit als Regel festlegt (BVerwG, Urteil vom 23.05.1996 - 3 C 13.94 -, juris Rdnr. 51; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.08.2015 - 2 S 384/14 -, juris Rdnr. 31; Urteil vom 11.01.2006 - 13 S 2345/05 -, juris Rdnr. 36; OVG Berlin-Bbg., a.a.O., Hamburgisches OVG, a.a.O., Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rdnr. 127b). Daher müssen im Anwendungsbereich des § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG besondere, atypische Gründe vorliegen, wenn eine Rücknahme nur für die Zukunft angenommen oder von der Rücknahme ganz abgesehen werden soll. Das kann der Fall sein, wenn der Unrechtsgehalt, der mit einem Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG typischerweise verbunden ist, wegen Besonderheiten des Einzelfalles ausnahmsweise nicht vorliegt (Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rdnr. 127; OVG Berlin-Bbg., a.a.O. Rdnr. 30). Einen atypischen Fall vermag der Senat hier nicht zu erkennen. Entgegen seinem Vortrag mussten die nach Auffassung des Klägers tatsächlich erbrachten, beihilfefähigen Leistungen bei der (Teil-)Rücknahme des Beihilfebescheides nicht berücksichtigt werden (s.o.), so dass sich hieraus auch kein Ausnahmefall von der Regelrücknahme des § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG ableiten lässt. Ferner ist nicht zu erkennen, inwiefern der einem Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG innewohnende typische Unrechtsgehalt hier ausnahmsweise fehlen könnte. Der Kläger hat den Beihilfebescheid vom 06.07.2011 durch in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG, dazu s.o. 2.). Da es in diesem Zusammenhang allein darauf ankommt, ob der Begünstigte die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes durch eine in seinem Verantwortungsbereich liegende Handlung kausal hervorgerufen hat und etwaiges Verschulden des Begünstigten unmaßgeblich ist (s.o.), gehört fehlendes Verschulden bereits zur typisierten Bewertung des Gesetzgebers bei § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG und vermag keine einzelfallbezogene Atypik zu begründen.
39 
Eine die Regelrücknahme beseitigende atypische Sachlage liegt auch dann nicht vor, wenn man mit dem Kläger davon ausgeht (dazu näher unter II. 2 b)), dass er die Rechtswidrigkeit der Beihilfegewährung weder positiv kannte noch infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte und ein Anwendungsfall des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 LVwVfG mithin nicht anzunehmen ist. Denn die Regelrücknahme nach § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG wird allein schon durch das Eingreifen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG - und das Nichtvorliegen eines hierauf bezogenen atypischen Sonderfalls - ausgelöst. Wenn der Kläger zwar den Unrechtsgehalt des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwVfG, nicht aber zusätzlich den des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 LVwVfG verwirklicht hätte, änderte sich an der bereits anzunehmenden Regelrücknahme nichts.
40 
Schließlich lässt sich eine einzelfallbezogene Atypik im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG entgegen dem Klägervortrag auch nicht damit begründen, dass der Beklagte im Januar 2017 einen Vergleich mit der A... U…-... abgeschlossen hat, aufgrund dessen die Klinik sich zu Zahlungen an den Beklagten bereit erklärt hat. Dieser Vergleich bezieht sich nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten auf den Ausgleich des Schadens, den der Beklagte infolge möglicher deliktischer Handlungen der N... Fachklinik bzw. solcher Personen, deren Handlungen sich diese Klinik eventuell zurechnen lassen muss, erlitten hat. Erfasst sind von dem Vergleich aber nur die Fälle, in denen das Landesamt keinen individuellen Rückforderungsbescheid gegenüber einem Beihilfeempfänger mehr erlassen kann, weil zwar dessen Behandlung in der Klinik bekannt ist, aber keine individuelle Rechnung mehr vorliegt. Von diesem Regelungsinhalt gehen die Beteiligten nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung übereinstimmend aus. Dann aber ist die vorliegende Sachverhaltskonstellation, in der ja gerade ein individueller Rückforderungsbescheid in Rede steht, von den Vergleichsregelungen nicht umfasst. Der mit der A... U... als Funktions- bzw. Rechtsnachfolgerin der N... Fachklinik abgeschlossene Vergleich dürfte hier aber auch deshalb ohne Relevanz sein, weil es vorliegend um (betrügerisch abgerechnete) Belegarztleistungen geht, Belegarztleistungen aber nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 18 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz nicht zu den Krankenhausleistungen gehören, die von dem Krankenhaus selbst erbracht und abgerechnet werden und für die es einzustehen hat.
41 
Das Nichtvorliegen eines Ausnahmefalls zur Regelrücknahme hat zur Konsequenz, dass der Beklagte über den Hinweis auf § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG hinaus keine weitergehenden Ermessenserwägungen anstellen musste und sich die vom Kläger aufgeworfene Frage nach dem Vorliegen von Ermessensfehlern nicht stellt. Insbesondere kommt es nicht darauf an, wie vom Kläger mit Schriftsatz vom 11.12.2017 vorgetragen, ob der Beklagte die mit der A... U... vereinbarten Schadensersatzzahlungen nachträglich „bei der Ermessensentscheidung über die Rücknahme“ hätte berücksichtigen müssen.
II.
42 
Anders als die Rücknahmeentscheidung erweist sich jedoch die unter Nr. 2 des angefochtenen Bescheides verfügte Rückforderungsentscheidung des Beklagten in dem angefochtenen Umfang als rechtswidrig. Insoweit war der Bescheid aufzuheben und das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern.
43 
Rechtsgrundlage für die Erstattungsforderung ist § 15 Abs. 2 Satz 1 LBesG, wonach sich die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung richtet. Zwar gilt diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut an sich nur für die Rückforderung „zuviel gezahlter Bezüge“, worum es hier nicht geht. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Vorschrift aber nach dem ersatzlosen Wegfall des § 109 LBG a.F. auf die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Beihilfeleistungen entsprechend anwendbar (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris Rdnr. 19ff und Urteil vom 24.03.2017 - 2 S 701/16 -, juris Rdnr. 32).
44 
1. Damit ist auch zu prüfen, ob der Kläger nicht mehr bereichert ist (§ 818 Abs. 3 BGB). Der Kläger hat sich vorliegend ausdrücklich darauf berufen, dass er den zurückgeforderten Betrag (2.575,23 EUR) im Vertrauen auf den Bestand der Beihilfegewährung an den Rechnungssteller bezahlt habe und damit nicht mehr bereichert sei. In der mündlichen Verhandlung hat er hierzu unwidersprochen ausgeführt, die Rechnungssumme habe er am 01.08.2011 an die Fa. R... GmbH und damit an die inkassoberechtigte Stelle überwiesen. Zwischen der Gewährung/Auszahlung der Beihilfe im Juli 2011 und der Anhörung zur Rückforderung im Juli 2015 liegt ein langer Zeitraum von 4 Jahren, in welchem der Kläger nicht mit einer Rückforderung zu rechnen brauchte.
45 
Eine Bereicherung des Klägers besteht auch nicht deshalb fort, weil er den von der Beklagten erhaltenen Betrag i.H.v. 2.575,23 EUR zur Zahlung an die R... GmbH (respektive Dr. M.../Dr. D...) verwendet und sich insoweit von der Rechnungsschuld befreit hat. Zwar ist im Rahmen der zum Begriff der Entreicherung entwickelten Grundsätze anerkannt, dass der Begriff des Wegfalls der Bereicherung nicht nach rechtlichen, sondern nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten durch einen saldenmäßigen Vergleich des Aktiv- und des Passivvermögens zu beurteilen ist (BVerwG, Urteil vom 28.01.1993 - 2 C 15.91 -, juris), weshalb der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon ausgeht, dass sich der zur Herausgabe verpflichtete Empfänger einer Leistung dann nicht mehr auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann, wenn er mit dem erlangten Betrag ganz oder teilweise Schulden getilgt hat (BGH, Urteil vom 09.05.1984 - IV B ZR 7/93 -, juris; für den Fall überzahlter Versorgung/überzahlter Dienstbezüge auch BVerwG, Urteil vom 10.10.1961 - VI C 25.60 -, juris und BVerwG, Urteil vom 28.01.1993 - 2 C 15.91 -, juris). Hier liegt jedoch die beihilfespezifische Besonderheit vor, dass der Kläger die ihm von dem Beklagten bewilligten und ausgezahlten Beihilfeleistungen bestimmungsgemäß verwendet und zur Begleichung der Arztrechnung eingesetzt hat. Hiervon geht auch der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 19.12.2017 (S. 2 am Ende) ausdrücklich aus. Ein Beihilfeberechtigter vertraut aber in grundsätzlich schutzwürdiger Weise auf den Bestand von Beihilfebescheiden, wenn er mit der gewährten Beihilfe die diesen Bescheiden zugrundeliegenden Arztrechnungen begleicht (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.02.2012 - 2 S 2983/11 -, juris Rdnr. 25; OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 05.07.2007 - 6 A 4961/05 -, juris Rdnr. 6; VG Düsseldorf, Urteil vom 15.11.2011 - 26 K 444/11 -, juris Rdnr. 37). Anders als im Falle gewöhnlicher Schuldentilgung hat der Beihilfeempfänger durch die bestimmungsgemäße Verwendung der erhaltenen Beihilfeleistungen gerade keinen anderweitigen Vorteil - etwa in Form ersparter Schuldzinsen oder der Befreiung von einer Drittverbindlichkeit - erlangt.
46 
Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten liegt auch in einem behaupteten Rückforderungsanspruch des Klägers gegen die A... U... - als Funktionsnachfolgerin und möglicherweise auch Rechtsnachfolgerin der N...-... Fachklinik - keine „bestehengebliebene“ Bereicherung. Denn ein wegen fehlerhafter bzw. betrügerischer Rechnungsstellung etwa bestehender Rückforderungsanspruch richtete sich jedenfalls nicht gegen die A... U... Den Behandlungsvertrag hat der Kläger nämlich mit Dr. M...-.../Dr. D... als Belegärzten der A... U... abgeschlossen, wie sich aus der Rechnung vom 10.06.2011 ausdrücklich ergibt. Belegarztleistungen gehören aber nicht zu den Krankenhausleistungen, vielmehr rechnet der Belegarzt die von ihm erbrachten Leistungen selbst ab (§§ 2 Abs. 1 Satz 2 und 18 KHEntgeltG). So ist es auch vorliegend geschehen. Etwaige Rückforderungsansprüche des Klägers gegen die behandelnden Ärzte „stehen aber lediglich auf dem Papier“ und zwar unabhängig davon, ob man mit dem Kläger davon ausgeht, dass Dr. M... inzwischen insolvent ist. Es ist schon mehr als zweifelhaft, ob - wie der Beklagte vorträgt - wegen der betrügerischen Rechnungsstellung der mit dem Kläger abgeschlossene Behandlungsvertrag nichtig ist. Denn dazu bedürfte es der Feststellung, dass der Vertragsschluss gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (§ 134 BGB) oder aber, dass zwischen der angebotenen ärztlichen Leistung und der vereinbarten Vergütung ein grobes Missverhältnis vorliegt (OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26.06.2008 - 1 U 9/08 -, juris Rdnr. 25). Für beides bestehen keine Anhaltspunkte. Aber selbst wenn man eine Nichtigkeit des Behandlungsvertrages unterstellt und davon ausgeht, dass das Vertragsverhältnis rückabgewickelt werden muss und kann, könnte der Kläger nicht lediglich den von ihm auf die Rechnung vom 10.06.2011 geleisteten Zahlungsbetrag zurückverlangen (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB), sondern müsste im Gegenzug im Umfang der von ihm empfangenen und nicht mehr rückabwickelbaren ärztlichen Behandlung Wertersatz leisten (§ 818 Abs. 2 BGB). Bei wirtschaftlicher Betrachtung erscheint es bei dieser Sachlage lebensfremd anzunehmen, dass gegenüber dem behandelnden Arzt ein realisierbarer Bereicherungsanspruch besteht und der zur Tilgung der Arztrechnung verwendete Betrag deshalb wertmäßig noch im Vermögen des Klägers vorhanden ist. Gleiches gilt, soweit sich der Beklagte in der mündlichen Verhandlung erstmals darauf berufen hat, dem Land, um dessen „Beihilfeschulden“ es bei wirtschaftlicher Betrachtung gehe, stehe ein deliktischer Anspruch gegen den betrügerischen Rechnungssteller oder die Klinik aus § 826 BGB und möglicherweise auch ein Anspruch aus § 242 BGB zu. Auch diese nur äußerst vage behaupteten, völlig ungewissen Ansprüche erlauben jedenfalls nicht den Schluss, das Vermögen des Klägers sei bei wirtschaftlicher Betrachtung noch in einer fassbaren Weise wertmäßig erhöht (BGH, Urteil vom 29.05.1978 - II ZR 166/77 -, juris Rdnr. 11f; Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 28.04.2016 - 5 U 36/15 -, juris Rdnr. 73).
47 
2. Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Kläger vorliegend auch berufen. Die in § 15 Abs. 2 Satz 1 LBesG i.V.m. § 819 Abs. 4 BGB und § 15 Abs. 2 Satz 2 LBesG genannten Ausschlussgründe liegen nicht vor:
48 
a) Der Kläger hatte von den Umständen, welche zur Rücknahme des Verwaltungsaktes geführt haben - und damit von dem Mangel des Rechtsgrundes für die Beihilfezahlung i.S.v. § 15 Abs. 2 Satz 1 LBesG i.V.m. § 819 Abs. 4 Satz 1 BGB -, zur Überzeugung des Senats keine positive Kenntnis. Zwar ist in den Feststellungen des Landgerichts R... zur manipulativen Abrechnungspraxis in der N... Fachklinik davon die Rede (Urteil vom 09.02.2015, S. 20), dass jeder Patient zusätzlich eine nur für ihn bestimmte transparente Abrechnung der tatsächlich erbrachten Leistungen erhalten habe. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren jedoch konsequent bestritten, dass dies auch bei ihm der Fall gewesen sei. Er hat nachvollziehbar und glaubhaft ausgeführt, dass ihm insbesondere der Behandlungsplan, welcher aus den Ermittlungsakten der Polizei in die Rückforderungsakte gelangt ist, erst im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens bekannt geworden ist. Hierfür spricht, dass es sich bei diesem Behandlungsplan schon nach seiner äußeren Gestaltung um ein klinikinternes Schriftstück handelt. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung auch plausibel ausgeführt, dass die in dem Behandlungsplan erwähnten „Abrechnungsberatungen“ zwar am 11.05.2011 und am 07.06.2011 stattgefunden hätten, es dort aber lediglich um technische Abrechnungsfragen (Name der Krankenkasse, leistender Beihilfeträger, Vorausleistungen, Kurtaxepflicht, anfallende Kosten für den persönlichen Bedarf) bzw. um die Zahlung direkt vor Ort abzurechnender Leistungen gegangen sei.
49 
b) Dem Kläger ist auch nicht vorzuwerfen, dass er die Umstände, welche zur Rücknahme des Verwaltungsaktes geführt haben - und damit den Mangel des Rechtsgrundes für die Beihilfezahlung - hätte erkennen müssen (§ 15 Abs. 2 Satz 2 LBesG). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu der Parallelregelung des § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG ist der Mangel des rechtlichen Grundes für die Zahlung von Bezügen dann offensichtlich, wenn der Empfänger ihn nur deshalb nicht erkannt hat, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat (BVerwG, Urteil vom 25.11.1982 - 2 C 14.81 -, juris Rdnr. 22; Urteil vom 27.01.1987 -2 C 9.85-, juris Rdnr. 18; Beschluss vom 19.11.1996 - 2 B 42.96 -, juris Rdnr. 5; Urteil vom 26.04.2012 -2 C 15.10 -, juris Rdnr. 16; Urteil vom 26.04.2012 - 2 C 4.11 -, juris Rdnr. 10, VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.10.1995 - 4 S 1799/94 -, juris Rdnr. 32), also grob fahrlässig gehandelt hat. Letztlich ist das Fehlen eines Rechtsgrundes für die Zahlung dann offensichtlich, wenn es für den Empfänger ohne weiteres erkennbar ist (BVerwG, Urteil vom 26.04.2012 - 2 C 15.10 -, juris Rdnr. 16; Urteil vom 26.04.2012 - 2 C 4.11 -, juris Rdnr. 10). Für die Beurteilung, ob der Beamte die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße außer Acht gelassen hat, ist auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Empfängers (z.B. Vor- und Ausbildung, dienstliche Tätigkeit) zur Prüfung der ihm zuerkannten Beträge abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.11.1982 - 2 C 14.81 -, juris Rdnr. 22; Urteil vom 26.04.2012 - 2 C 15.10 -, juris Rdnr. 17; Urteil vom 26.04.2012 - 2 C 4.11 -, juris Rdnr. 11). Im Rahmen des § 15 Abs. 2 Satz 2 LBesG gelten dieselben Maßstäbe (Hellstern/ Kaufmann/Ludy, Handbuch des Besoldungsrechts für Baden-Württemberg, § 15 LBesG Rdnr. 15.2.3.4.).
50 
Unter Berücksichtigung dessen liegt beim Kläger jedenfalls keine „grobe“ Fahrlässigkeit vor. Denn aus der Kenntnis der bei ihm tatsächlich durchgeführten Behandlungen in Zusammenschau mit den Angaben auf der Rechnung vom 10.06.2011 musste er nicht den Schluss ziehen, die Abrechnung könne nicht stimmen und die auf der Einreichung dieser Rechnung beruhende Beihilfegewährung sei mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig. Eine Prüfung der in der Rechnung aufgeführten einzelnen GOÄ-Ziffern daraufhin, ob sie tatsächlich nach der GOÄ abrechenbar sind und ob die auf der Rechnung stichwortartig ausgewiesenen Leistungen der jeweils zugeordneten GOÄ-Ziffer entsprechen, war dem Kläger als medizinischem Laien objektiv nicht möglich und auch subjektiv von ihm nicht zu verlangen. Allerdings war von ihm zu erwarten, die abgerechneten Leistungspositionen anhand der stichwortartig ausgewiesenen Leistungsbeschreibung daraufhin zu überprüfen, ob sie plausibel sind, insbesondere, ob ihnen eine tatsächlich erbrachte Leistung gegenüber steht. Diesen Anforderungen ist der Kläger hier nachgekommen. Zwar hat er im Widerspruchsverfahren anwaltlich u.a. vortragen lassen, eine Überprüfung der einzelnen Rechnungspositionen habe er „nicht vorgenommen“, da er weder mit den ärztlichen Fachbegriffen noch mit den GOÄ-Ziffern sachlich etwas habe anfangen können und zudem davon ausgegangen sei, dass die Fachbeamten des Landesamts die Liquidationsgrundlage sachlich überprüfen könnten. Dies war jedoch schon bei isolierter Betrachtung nicht so zu verstehen, dass der Kläger die Rechnung vom 10.06.2011 völlig ungeprüft an das Landesamt weitergegeben hat. Die unterlassene Einzelprüfung bezog sich vielmehr - wie der Hinweis auf die fehlende medizinische Sachkunde des Klägers zeigt - auf die ärztlichen Fachbegriffe bzw. die Abrechenbarkeit der in der Rechnung genannten GOÄ-Ziffern und betraf damit einen Bereich, den der Kläger im Einzelnen gar nicht überprüfen konnte. Die ihm auch als medizinischem Laien obliegende Plausibilitätsprüfung hat der Kläger hingegen vorgenommen. In der mündlichen Verhandlung hat er hierzu nachvollziehbar und glaubhaft ausgeführt, nach Erhalt der Rechnung habe er die Einzelpositionen daraufhin durchgeschaut, ob die Leistungen nicht wie abgerechnet erbracht worden sein können, z.B. an einem Sonntag oder außerhalb des Behandlungszeitraums.
51 
Zwar fällt bei einem inhaltlichen Blick auf die abgerechneten Positionen ins Auge, dass ein Großteil der in dem Behandlungsplan genannten Leistungen, welche der Kläger - auch nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung - tatsächlich in Anspruch genommen hat und welche ihm demgemäß bekannt waren, sich in der Rechnung vom 10.06.2011 nicht wiederfinden (z.B. „Dornbreuss“, „Craniosacral-Therapie“, „Softpack Kreidepackung“, „Strömen“, „Körper-Seele-Int.(Trager), „Aurum Manus“, „Biografie-Arbeit“, „TP: Alexander Technik“, „Heiße Steine“, „Facial Harmony“, „Walking Gruppe (B)“). Diese Leistungen konnten von einem medizinischen Laien aber ohne weiteres als Einzelmaßnahme im Rahmen der in den Rechnungen genannten Oberbegriffe verstanden werden. Denn bei „Dornbreuss“ handelt es sich um eine manuelle Wirbelsäulentherapie nach Dorn/Breuss, die dem abgerechneten „chirotherapeutischen Eingriff an der Wirbelsäule“ zugeordnet werden konnte. Bei der z.B. am 12.05.2011 und am 31.05.2011 durchgeführten manuellen Craniosacraltherapie handelt es sich um ein manuelles Verfahren, bei dem Handgriffe vorwiegend im Bereich des Schädels, des Nackens, des Zungenbeins, des Thorax, der Wirbelsäule, des Kreuzbeins, des Zwerchfells, des Beckens und der Füße durchgeführt werden und bei dem die Annahme nicht fern liegt, es handele sich um eine unter demselben Datum abgerechnete krankengymnastische Ganzbehandlung bzw. chirotherapeutische Wirbelsäulenbehandlung. Die durchgeführten Maßnahmen „Biografie-Arbeit“, „Körper-Seele-Int (Trager)“, „Facial Harmony“, „Heiße Steine“, „Aurum Manus“ und „Softpack-Kreidepackungen“, „Kraft der Stimme“, „Strömen“ und „Alexander-Technik“ konnten in derselben Weise jedenfalls von einem medizinischen Laien als Entspannungs- oder Vorbereitungstechniken der jeweils abgerechneten Maßnahmen „tiefenpsychologische Psychotherapie, Einzelbehandlung“ oder „Autogenes Training“ bzw. als „Extensionsbehandlung kombiniert mit Wärmetherapie“ zugeordnet werden. Der Kläger hat hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er sei bei Beginn seines Klinikaufenthalts gesundheitlich am Ende gewesen. Die genannten Maßnahmen hätten aus seiner Sicht dazu gedient, ihn zunächst einmal zu aktivieren, zu stabilisieren und abzulenken. Kern der Behandlungen seien die - in der Rechnung vom 10.06.2011 als solche abgerechneten - therapeutischen Gespräche gewesen, die ihn sehr angestrengt hätten. Dies ist für den Senat ohne weiteres nachvollziehbar, zumal der Kläger darauf hingewiesen hat, er habe die durchgeführten Anwendungen auch aufgrund eines früheren Klinikaufenthalts „einordnen“ können. Berücksichtigt man schließlich noch, dass dem Kläger - wie von ihm unwidersprochen vorgetragen - bereits vor Beginn seiner Behandlung seitens der Klinik bestätigt wurde, es würden nur beihilfefähige Behandlungen durchgeführt, und er entsprechend dieser Auskunft nicht abrechenbare physiotherapeutische Leistungen gesondert bezahlt hat (Rechnung vom 09.06.2011), so musste sich dem Kläger bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Umstände nicht aufdrängen, dass es sich bei den nicht gesondert abgerechneten Behandlungen und Maßnahmen um medizinisch nicht indizierte Wellnessmaßnahmen handeln könnte, die nicht nach GOÄ abgerechnet werden können und nicht beihilfefähig sind.
52 
Der Kläger hatte auch keine Veranlassung zu der Annahme, bei den durchgeführten Behandlungen handele es sich um Behandlungsmethoden, die in dem Hinweisschreiben des LBV vom 26.04.2011 (S. 3 bis 6) als von der Beihilfefähigkeit vollständig oder teilweise ausgeschlossen bezeichnet werden. Zweifelhaft ist hier allenfalls die Zuordnung der im Behandlungsplan aufgeführten Therapie „Walking Gruppe“. Hierbei geht es erkennbar um eine reine Sportmaßnahme. Anhand der Abrechnung vom 10.06.2011 musste der Kläger aber schon nicht davon ausgehen, dass eine solche Sportmaßnahme vom Rechnungssteller überhaupt abgerechnet wurde.
53 
Kann sich der Kläger mithin erfolgreich auf den Wegfall der Bereicherung berufen, so führt dies zur Aufhebung der verfügten Rückforderung, ohne dass es noch weiter darauf ankäme, ob die in der Rückforderungsentscheidung angestellten Billigkeitserwägungen in ausreichender Weise den Besonderheiten des Berufsbeamtentums Rechnung tragen.
III.
54 
Der Kläger kann von dem Beklagten antragsgemäß auch die Erstattung des von ihm bereits - unter Vorbehalt - bezahlten Rückforderungsbetrages i.H.v. 1.785,23 EUR beanspruchen. Anspruchsgrundlage ist mangels spezialgesetzlicher Grundlage (§ 15 LBesG betrifft nur die Rückforderung zuviel bezahlter Bezüge, worum es hier nicht geht) der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch.Dabei handelt es sich um ein aus den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, abgeleitetes eigenständiges Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts, dessen Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen, soweit sie - wie hier - nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs entsprechen, sofern den §§ 812ff BGB keine abweichende Interessenbewertung zugrunde liegt, die in das öffentliche Recht nicht übertragbar ist (VGH Bad.-Württ, Urteil vom 15.09.2011 - 2 S 654/11 -, juris Rdnr. 18; BVerwG, Urteil vom 18.01.2001 - 3 C 7.00-BVerwGE 112, 351; BVerwG, Beschluss vom 07.10.2009 -9 B 24.09- juris, mit weiteren Nachweisen). Letzteres ist hier nicht der Fall. Die Voraussetzungen des Erstattungsanspruches liegen hier auch vor. Aus den Ausführungen unter II. ergibt sich, dass der Beklagte die Zahlung des zurückgeforderten Betrages durch den Kläger als „Leistung“ i.S.v. § 812 Abs. 1 BGB ohne rechtlichen Grund erlangt hat. Die Rückforderung des gezahlten Betrages ist auch nicht gem. § 814 BGB ausgeschlossen. Denn die Vorschrift dürfte auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch schon nicht anwendbar sein, weil hier abweichend von den Wertungen des Zivilrechts dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit Rechnung zu tragen ist (vgl. hierzu ThürOVG, Urteil vom 17.12.2002 - 2 KO 701/00 -, juris Rdnr. 51, HessVGH, Urteil vom 17.07.1990 - 11 UE 1487/89 -, juris Rdnr. 30). Unabhängig davon hat der Kläger den nunmehr zurückgeforderten Betrag jedenfalls nicht in Kenntnis der Nichtschuld an den Beklagten bezahlt, sondern im Gegenteil unter dem Vorbehalt der Rückforderung, falls die Rückforderung der Beihilfeleistung ihrerseits nicht gerechtfertigt ist (Behördenakte Bl. 25).
55 
Die Erstattungsforderung ist mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit des Antrages zu verzinsen (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB). Rechtshängigkeit ist mit Eingang der - formgerecht erhobenen -Klage beim Verwaltungsgericht am 28.01.2016 eingetreten. Der Tag des Klageeingangs wird bei der Pflicht zur Zinszahlung allerdings nicht mitgerechnet (§ 187 Abs. 1 BGB in analoger Anwendung, vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.2011 - 3 C 30.10 -, juris Rdnr. 21, BGH, Urteil vom 04.07.2017 - XI ZR 562/15 -, juris Rdnr. 103), weshalb die Forderung erst ab dem 29.01.2016 zu verzinsen ist.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 708 Nr. 10 Satz 1 ZPO, § 711 ZPO i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO. § 167 Abs. 2 VwGO findet auf die vorliegende Fallkonstellation weder direkte noch entsprechende Anwendung, da die Behörde hier im Wege der Leistungsklage zur Zahlung eines Geldbetrages und nicht zur Vornahme einer schlicht-hoheitlichen Maßnahme verurteilt worden ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.11.2011 - 6 S 2904/11 -, juris Rdnr. 11; Beschluss vom 24.03.1999 - 9 S 3012/98 -, juris Rdnr. 3f; Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. § 167 Rdnr. 21)
57 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
58 
Beschluss vom 26.01.2018
59 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.785,23 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG). Die Anfechtungsklage gegen die Rücknahme des Beihilfebescheides und gegen die Rückforderung der geleisteten Beihilfe sowie die Leistungsklage auf Erstattung des unter Vorbehalt gezahlten Rückforderungsbetrages sind bei wirtschaftlicher Betrachtung auf dasselbe Ziel gerichtet, das Behaltendürfen der gewährten Beihilfe i.H.v. 1.785,23 EUR. Für eine künstliche Auftrennung dieses einheitlichen Begehrens in mehrere einzelne Streitgegenstände und Zusammenrechnung dieser Werte gem. § 39 Abs. 1 GKG ist daher kein Raum (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.1988 - 7 C 93.86 -, juris Rdnr. 12; OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 21.10.2014 - 14 E 938/14 -, juris).
60 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 26. Jan. 2018 - 2 S 1177/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 26. Jan. 2018 - 2 S 1177/17

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 26. Jan. 2018 - 2 S 1177/17 zitiert 29 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch


(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 187 Fristbeginn


(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. (2) Ist der Beginn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 125


(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung. (2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 39 Grundsatz


(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert be

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 819 Verschärfte Haftung bei Kenntnis und bei Gesetzes- oder Sittenverstoß


(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit recht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 814 Kenntnis der Nichtschuld


Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 291 Offenkundige Tatsachen


Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.

Bundesbesoldungsgesetz - BBesG | § 12 Rückforderung von Bezügen


(1) Wird ein Beamter, Richter oder Soldat durch eine gesetzliche Änderung seiner Bezüge einschließlich der Einreihung seines Amtes in die Besoldungsgruppen der Besoldungsordnungen rückwirkend schlechter gestellt, so sind die Unterschiedsbeträge nicht

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 26. Jan. 2018 - 2 S 1177/17 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 26. Jan. 2018 - 2 S 1177/17 zitiert 9 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 25. Juli 2017 - 3 Bf 96/15

bei uns veröffentlicht am 25.07.2017

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 insoweit, als darin der Klage stattgegeben wird und soweit es die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ be

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2017 - XI ZR 562/15

bei uns veröffentlicht am 04.07.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil XI ZR 562/15 Verkündet am: 4. Juli 2017 Herrwerth Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 307 Abs. 1, Ab

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. März 2017 - 2 S 701/16

bei uns veröffentlicht am 24.03.2017

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 10. Juni 2015 - 6 K 770/14 - wird zurückgewiesen.Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 20. Sept. 2016 - 2 S 994/15

bei uns veröffentlicht am 20.09.2016

Tenor Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Der Kläger, der als Polizeibeamter im Dienst des Beklagten steht, wendet sich mit seiner Kl

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 14. Aug. 2015 - 2 S 384/14

bei uns veröffentlicht am 14.08.2015

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.10.2013 - 6 K 702/13 - wird zurückgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 Di

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 21. Okt. 2014 - 14 E 938/14

bei uns veröffentlicht am 21.10.2014

Tenor Der angegriffene Beschluss wird geändert. Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird auf 1.920 Euro festgesetzt. Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet. 1G r ü n d e : 2Der Einzelrichter ist gemäß §§ 68 Abs.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 16. Feb. 2012 - 2 S 2983/11

bei uns veröffentlicht am 16.02.2012

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. August 2011 - 3 K 1822/11 - geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2010 und deren Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2011 werden aufgehoben.Die Bek

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 03. Nov. 2011 - 6 S 2904/11

bei uns veröffentlicht am 03.11.2011

Tenor Das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 12. Oktober 2011 - 1 K 3870/10 - wird unter Abänderung seines Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit lediglich hinsichtlich der Verfahrenskosten gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe vo

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. Jan. 2006 - 13 S 2345/05

bei uns veröffentlicht am 11.01.2006

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 31. August 2004 -11 K 2450/03 - geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 9.7.2002 wird insgesamt aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 26. Jan. 2018 - 2 S 1177/17.

Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 09. Nov. 2018 - 7 K 2350/18

bei uns veröffentlicht am 09.11.2018

Tenor Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen zu 70 % der Kläger und zu 30 % das bek

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 01. März 2018 - 9 k 4201/15

bei uns veröffentlicht am 01.03.2018

Tenor Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 26.05.2015 sowie des diesen Bescheid betreffenden Teils dessen Widerspruchsbescheids vom 13.08.2015 verpflichtet, die in dem von

Referenzen

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.

(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 10. Juni 2015 - 6 K 770/14 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung ihm als Beihilfeleistung gewährter Krankenhaustagegelder.
Der 1950 geborene Kläger ist gegenüber dem Beklagten mit einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt und hat aufgrund seines monatlichen Beitrags in Höhe von 22,-- EUR Anspruch auf Beihilfe zu Aufwendungen für Wahlleistungen.
Vom 06.12. bis 14.12.2012 befand er sich in der H...-Klinik in Titisee, einer Privatklinik, in stationärer Behandlung, wofür ihm von Belegarzt Dr. T. 1.913,64 EUR in Rechnung gestellt wurden (Liquidation vom 22.01.2013, unter Verminderung des gemäß GOÄ errechneten Betrags von 2.247,23 EUR um 15% = 333,59 EUR). Auf seinen Antrag vom 24.01.2013 hin wurde ihm hierfür mit Bescheid der Landesamtes für Besoldung und Versorgung - Landesamt - vom 30.01.2013 Beihilfe gewährt.
Im Anschluss hielt er sich vom 14.12.2012 bis 11.01.2013 in der T... Klinik Bad Krozingen, einer Einrichtung der Anschlussheilbehandlung, auf.
Auf seinen Antrag vom 06.03.2013 gewährte ihm das Landesamt mit Bescheid vom 29.03.2013 - unter anderem - für diese beiden Klinikaufenthalte Tagegeld in Höhe von insgesamt 560,-- EUR (13 Tage H...-Klinik à 14,-- EUR = 182,-- EUR und 27 Tage T... Klinik à 14,-- EUR = 378,-- EUR). Dem Antrag waren Bescheinigungen der jeweiligen Krankenhausverwaltung zu Wahlleistungen beigefügt. In der Bescheinigung der H...-Klinik vom 11.02.2013 ist angegeben, dass die Klinik einen Zuschlag auf die Wahlleistung Unterkunft erhebe und der Kläger auf deren Inanspruchnahme nicht verzichtet habe. Auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen habe der Kläger während seines Aufenthalts verzichtet.
Mit Schreiben vom 03.04.2013 erhob der Kläger gegen den Beihilfebescheid vom 29.03.2013 Widerspruch mit der Begründung, ihm stehe ein Tagegeldsatz von 22,-- EUR statt lediglich 14,-- EUR zu. Es habe sich um eine anerkannte Anschlussheilbehandlung nach Hüft-OP gehandelt.
Daraufhin hörte das Landesamt den Kläger mit Schreiben vom 28.05.2013 zur geplanten Rückforderung des Tagegeldes an, da ein solches bei Anschlussheilbehandlungen nicht gewährt werde und erläuterte ihm mit weiterem Schreiben vom 27.08.2013, warum ihm auch für den Aufenthalt in der H...-Klinik kein Tagegeld zustehe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 wies das Landesamt den Widerspruch zurück (Nr. 1), hob den Bescheid vom 29.03.2013 hinsichtlich der Gewährung der Tagegelder auf (Nr. 2) und forderte vom Kläger die Rückzahlung insoweit überzahlter Beihilfe in Höhe von 560,-- EUR (Nr. 3). Zur Begründung wurde auf die beiden Schreiben vom 28.05.2013 und 27.08.2013 verwiesen, wo es heißt, dass für den Aufenthalt in der H...-Klinik ein Tagegeld zu Unrecht gewährt worden sei, da der Kläger insoweit bereits Beihilfe für ärztliche Leistungen beantragt und auch bewilligt bekommen habe. Für den Aufenthalt in der T... Klinik als einer Einrichtung der Anschlussheilbehandlung komme die Gewährung von Tagegeld nicht in Betracht. Da der Bescheid vom 29.03.2013 rechtswidrig sei, könne er nach Maßgabe des § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG zurückgenommen werden. Mangels Bestandskraft bestehe kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf dessen Bestand. Zwar stehe der Behörde im Rahmen des § 48 LVwVfG hinsichtlich der Rücknahme ein Ermessen zu. Aber auch unter Berücksichtigung aller Umstände bei der Gesamtabwägung, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen und der Rechtmäßigkeit der Verwaltung, könne der Bescheid zurückgenommen werden. Durch das Dienstrechtsreformgesetz vom 09.11.2010 sei das Landesbeamtengesetz grundlegend geändert worden. Für die Rückforderung von Beihilfe seien nun die einschlägigen Bestimmungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes maßgebend. Die zuvor geltenden Verweise auf § 12 BBesG seien im Landesbeamtengesetz nicht enthalten. Somit richte sich die Rückforderung der insoweit rechtsgrundlos gewährten Leistungen nach § 49a LVwVfG. Für den Umfang der Erstattung gälten die Vorschriften der §§ 818 ff. BGB.
Am 14.02.2014 hat der Kläger hiergegen - entsprechend der Rechtsmittelbelehrung - Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben, das den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 20.03.2014 - 3 K 833/14 - an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Freiburg verwiesen hat. Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, beide Klinikaufenthalte erfüllten die Voraussetzungen für die Gewährung von Tagegeld, da es sich jeweils um stationäre Aufenthalte gehandelt und der Kläger auf chefärztliche Behandlung verzichtet habe. Die Verweigerung von Tagegeld bei einer Anschlussheilbehandlung sei sachwidrig.
10 
Der Beklagte ist der Klage unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Ausführungen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren entgegengetreten. Voraussetzung für die Gewährung von Tagegeld sei, dass gesondert berechnete ärztliche Leistungen nicht geltend gemacht worden seien. Unerheblich sei, ob es sich dabei um chefärztliche Leistungen handle und der Kläger auf Wahlarztleistungen verzichtet habe. Dass es sich um eine Belegarztbehandlung gehandelt habe, ändere daran nichts, denn wahlärztliche und belegärztliche Leistungen könnten nicht nebeneinander für dieselbe Behandlung geltend gemacht werden, so dass der Verzicht auf Wahlarztbehandlung sich nicht auswirke. Die Gewährung von Beihilfe für die mit Rechnung vom 22.01.2013 liquidierten Leistungen stehe daher der Gewährung von Beihilfe entgegen. Für den Ausschluss von Tagegeld bei Anschlussheilbehandlungen gebe es sachliche Gründe. Der Verzicht stelle bei letzterer keinen „geldwerten Vorteil“ dar, da der ärztliche Betreuungsaufwand geringer sei.
11 
Nach gerichtlichem Hinweis vom 30.04.2015 hat der Kläger die Klage insoweit zurückgenommen, als er die Gewährung eines weiteren Tagegelds unter Zugrundelegung eines Tagessatzes in Höhe von 22,-- EUR je Tag begehrt hatte.
12 
Mit Urteil vom 10.06.2015 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klage zurückgenommen worden war, und unter Abweisung der Klage im Übrigen den Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben, soweit damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von mehr als 378,-- EUR vom Kläger zurückgefordert wurde. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Bescheid vom 29.03.2013, durch den dem Kläger für den Aufenthalt in der H...-Klinik ein Tagegeld von 182,-- EUR gewährt worden sei, rechtmäßig und deshalb der den Kläger insoweit erstmals beschwerende Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 rechtswidrig sei. Denn die damit gem. § 48 LVwVfG verfügte Rücknahme setze die Rechtswidrigkeit des zurückgenommenen Bescheids voraus und die zugleich gem. § 49a LVwVfG verfügte Rückforderung des Tagegelds dessen rechtsgrundlose Gewährung. Der hier maßgebliche § 15 Abs. 4 BVO Satz 3 a.F. habe einen Anspruch auf ein Tagegeld in Höhe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts in einer Privatklinik (§ 7 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, Abs. 7 Satz 1 BVO) gewährt, wenn „gesondert berechnete ärztliche Leistungen" nicht geltend gemacht worden seien. Insoweit habe der Kläger zwar eine gesondert berechnete ärztliche Leistung, nämlich des Belegarztes Dr. T, geltend gemacht und dafür auch Beihilfeleistungen erhalten, so dass nach dem Wortlaut der Vorschrift die Voraussetzungen für eine Tagegeldgewährung nicht erfüllt gewesen wären. Nach Sinn und Zweck der Tagegeldregelung sei die Vorschrift des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO jedoch im Wege der teleologischen Reduktion dahin auszulegen, dass mit „gesondert berechneten ärztlichen Leistungen" nur „wahlärztliche" Leistungen gemeint seien, zu denen belegärztliche Leistungen gerade nicht zählten. Die Tage-geldregelung solle nach ihrem Sinn und Zweck einem Beihilfeberechtigten nur einen Anreiz geben, auf eine Chefarztbehandlung zu verzichten, also die für den Beklagten kostengünstigere Behandlungsvariante einer Behandlung durch das sonstige ärztliche Personal zu wählen, die als allgemeine Krankenhausleistung durch die für eine Behandlung in der Hauptabteilung geltenden Fallpauschalen mitabgegolten sei. Dadurch solle dem Beklagten die Beihilfeleistung zu den zusätzlichen Kosten einer Chefarztbehandlung erspart werden, auf die der Beihilfeberechtigte, wenn er einen monatlichen Beitrag von 22,-- EUR zahle, gem. § 6a Abs. 2 BVO an sich einen Anspruch hätte. Hingegen solle die Tagegeldregelung nicht einen Anreiz dafür bieten, dem Beklagten auch noch die Beihilfe zu Belegarztrechnungen zu ersparen, auf die der Beihilfeberechtigte schon ohne Leistung eines eigenen Zusatzbeitrags von 22,-- EUR monatlich einen regulären Beihilfeanspruch habe, weil die Belegarztkosten keine Wahlarztkosten und nicht in den deutlich geringeren Fallpauschalen enthalten seien, die für eine Behandlung in Belegabteilungen gälten, und die Kosten der ärztlichen Behandlung eben gerade nicht schon mitenthielten. Andernfalls würde der Beihilfeberechtigte durch Versagung eines Tagegeldes bei Geltendmachung einer Belegarztbehandlung schlechter gestellt, als wenn er sich - was ihm jederzeit frei stehe - ganz normal zu den höheren, die allgemeine Arztleistung mitabdeckenden beihilfefähigen Fallpauschalen in einer Hauptabteilung von einem der angestellten Ärzte behandeln ließe, der kein Chefarzt sei, und in diesem Fall mangels Chefarztbehandlung ein Tagegeld erhielte. Dem stehe nicht der Umstand entgegen, dass Belegarztbehandlung und Wahlarztbehandlung sich wechselseitig ausschlössen, da es neben bzw. zusätzlich zu einer Behandlung durch einen Belegarzt in einer Belegabteilung eines öffentlichen oder privaten Krankenhauses schon begriffsnotwendig keine Chefarzt(=Wahlarzt)-Behandlung geben könne. Bei dem Belegarzt handle es sich nicht um einen der angestellten Arzte des Krankenhauses (Chefärzte und sonstige Arzte), unter denen ein wahlleistungsberechtigter Patient auswählen könne, sondern der Belegarzt sei ein externer vom Patienten bereits gewählter Arzt, der lediglich die sachlichen, räumlichen und personellen Mittel des Krankenhauses aufgrund vertraglicher Abreden nutzen könne. Sowohl die Entscheidung eines Beihilfeberechtigten, sich durch einen Belegarzt in einer Belegabteilung behandeln zu lassen, als auch die ihm stattdessen alternativ ebenso mögliche Entscheidung, sich in der Hauptabteilung durch einen der - nicht als Chefarzt qualifizierten - angestellten Arzte behandeln zu lassen, löse in beiden Fällen einen vergleichbaren beihilfefähigen Aufwand aus, der in jedem Fall geringer und für den Beklagten beihilferechtlich günstiger sei als derjenige, der anfiele, wenn sich der Beihilfeberechtigte, was ihm möglich wäre, stattdessen für eine Behandlung in einer Hauptabteilung durch den Chefarzt entschiede, welche einen beihilfefähigen Aufwand in Form der Fallpauschale zum Hauptabteilungssatz zuzüglich der Chefarztrechnung auslösen würde. Für die Gewährung eines Tagegeldes könne es daher lediglich entscheidend sein, dass der geltend gemachte beihilfefähige Aufwand eine Chefarztrechnung nicht mitumfasse. Das zeige die Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO (a.F.), die eine Tagegeldgewährung bei einem Aufenthalt in einem öffentlichen Krankenhaus allein davon abhängig mache, dass keine Chefarztbehandlung gewählt worden sei, also ein Tagegeld nicht ausschließe, wenn eine Behandlung in der Belegabteilung eines öffentlichen Krankenhauses durch einen Belegarzt geltend gemacht werde. Warum etwas anderes gelten sollte, wenn es sich um eine Privatklinik handele, die ebenfalls eine Belegabteilung aufweisen könne, sei nicht ersichtlich. Diese Auslegung werde auch durch die Neuregelung der Vorschrift in § 15 Abs. 4 Satz 2 (n.F.) untermauert, die ohne Unterscheidung zwischen Privatklinik und öffentlicher Klinik die Gewährung eines Tagegeldes allein davon abhängig mache, dass beihilferechtlich keine Chefarztrechnung geltend gemacht werde.
13 
Soweit dem Kläger Tagegeld in Höhe von 378,-- EUR für den Aufenthalt in der T... Klinik gewährt worden sei, sei der Bescheid vom 29.03.2013 rechtswidrig, weshalb der Widerspruchsbescheid rechtmäßig sei. Denn die damit gem. § 48 LVwVfG verfügte Rücknahme setze die Rechtswidrigkeit des zurückgenommenen Bescheids voraus und die zugleich gem. § 49a LVwVfG verfügte Rückforderung des Tagegelds dessen rechtsgrundlose Gewährung. Da die T... Klinik eine Einrichtung der Anschlussheilbehandlung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 BVO darstelle, werde die dort durchgeführte Behandlung nicht von der Tagegeldregelung des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO (a.F.) erfasst, die sich ihrem eindeutigen Wortlaut nach nur auf Einrichtungen nach § 7 Abs. 7 Satz 1 BVO (Krankenhäuser) bzw. Einrichtungen nach § 7 Abs. 7 Satz 4 BVO, d.h. Einrichtungen der Suchtbehandlung (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BVO) bzw. sonstige Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 BVO), beziehe. Diese Differenzierung verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn der sachliche Unterschied liege darin, dass bei einer Anschlussheilbehandlung, anders als bei einer Suchtbehandlung bzw. bei einer medizinischen Rehabilitation, der Anteil des ärztlichen Betreuungsaufwandes generell deutlich geringer sei, weil bei der Anschlussheilbehandlung lediglich die zuvor schon im Rahmen der Krankenhausbehandlung unter maßgeblicher ärztlicher Beteiligung weitgehend behobene Gesundheitsschädigung nur noch endgültig „auskuriert" werde, so dass der Verzicht auf eine Chefarztbehandlung in einer Einrichtung der Anschlussheilbehandlung dem Beklagten keine vergleichbar gewichtige finanzielle Belastung erspare wie ein solcher Verzicht bezüglich einer Behandlung in einer der anderen genannten Behandlungseinrichtungen. Dies werde durch die Neuregelung des § 15 Abs. 4 BVO in der ab 01.04.2014 gültigen Fassung bestätigt, wonach die Regelung über das Tagegeld inzwischen sogar nur noch bei Verzicht auf wahlärztliche Behandlung in einem - öffentlichen oder privaten - Krankenhaus gewährt werde.
14 
Die Berufung wurde nicht zugelassen.
15 
Auf Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 05.04.2016 - 2 S 1481/15 - die Berufung zur Klärung der Grundsatzfrage zugelassen, ob es für die Gewährung einer Beihilfe in Form eines Tagegeldes nach § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F. nur darauf ankommt, ob gesondert berechnete Leistungen durch die Inanspruchnahme von Wahlleistungen nicht angefallen sind oder ob es erforderlich ist, dass diese überhaupt in Anspruch genommen werden konnten und damit die Möglichkeit, auf sie zu verzichten, bestand.
16 
Am 09.05.2016 hat der Beklagte die Berufung wie folgt begründet: Nach Maßgabe des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F. werde eine Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts gewährt, wenn anlässlich der Inanspruchnahme von Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 1 oder 4 BVO gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO nicht geltend gemacht würden. Unter „gesondert berechneten ärztlichen Leistungen“ gemäß § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO seien nur „wahlärztliche“ Leistungen zu verstehen. Bestätigt werde dies durch die klarstellende Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO, wonach eine Beihilfe von 22,-- EUR pro Tag, an welchem die Leistung berechenbar gewesen wäre, anlässlich eines Aufenthalts nach § 15 Abs. 4 Satz 1 BVO für nicht beanspruchte „wahlärztliche“ Leistungen gewährt werde. Hierfür sprächen auch die Verwaltungsvorschriften vom 24.06.2012, wo von „Wahlarzttagegeld“ die Rede sei. Die Tagegeldregelung solle dem Beihilfeberechtigten einen Anreiz dazu geben, auf wahlärztliche Behandlung zu verzichten, folglich die kostengünstigere Behandlungsvariante durch das sonstige ärztliche Personal eines Krankenhauses zu wählen, die als allgemeine Krankenhausleistung durch die für eine Behandlung in der Hauptabteilung geltenden Fallpauschalen bereits mitabgegolten sei. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, das insoweit auf § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO n.F. hinweise, sei für die Gewährung eines Tagegeldes nicht allein darauf abzustellen, dass der geltend gemachte Aufwand keine Chefarztrechnung umfasse. In Konstellationen wie der vorliegenden könne nämlich ein Anspruch auf Krankenhaustagegeld denknotwendig nicht bestehen, weshalb es unerheblich sei, dass der Kläger keine wahlärztlichen Leistungen in Anspruch genommen und auf diese gleichsam „verzichtet habe“. Er habe nämlich überhaupt nicht die Möglichkeit gehabt, Wahlarztleistungen in Anspruch zu nehmen. Grundvoraussetzung für ein Tagegeld sei aber, dass der Beihilfeberechtigte eine Beihilfe zu den Wahlleistungen hätte erhalten können, wenn er diese in Anspruch genommen hätte. Tagegeld könne dem Beihilfeberechtigten nur dann gewährt werden, wenn gesondert berechnete Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO nicht geltend gemacht würden. Nach dieser Vorschrift wiederum seien gesondert erbrachte und berechnete Leistungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO beihilfefähig. Hierunter fielen gesondert erbrachte und berechnete „ärztliche, psychotherapeutische und zahnärztliche Leistungen und Leistungen von Heilpraktikern nach Maßgabe der Anlage“. Bereits aus dem Wortlaut der Norm ergebe sich, dass neben dem Verzicht auf eine wahlärztliche Behandlung als solche weitere Voraussetzung sei, dass diese gesondert erbracht und berechnet werde. Dies bedeute, dass Tagegeld ausscheide, wenn keine Leistungen gesondert erbracht und abgerechnet würden, weil diese Leistungen bereits Gegenstand der Behandlung seien, wie dies bei Behandlungen durch den Belegarzt der Fall sei. Die gesetzlichen Anforderungen an Wahlleistungen seien in § 17 KHEntgG festgelegt. Da Belegärzte gemäß § 121 Abs. 2 SGB V, § 18 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG weder beim Krankenhaus angestellt noch beamtete Ärzte des Krankenhauses seien, kämen sie nicht als Wahlärzte in Betracht. Folglich habe der Kläger aufgrund seiner Entscheidung für die Behandlung durch den Belegarzt weder gesondert berechnete (wahl)ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen noch auf diese verzichten können. Ihm sei mithin kein Tagegeld auf Grundlage des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F. zu gewähren gewesen. Vereinbare der Patient mit dem Krankenhaus die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen, so sichere er sich durch Zahlung einer gesonderten Vergütung die Krankenhausbehandlung durch eine ärztliche Person seines Vertrauens. Die persönliche Leistungserbringung durch einen „Chefarzt“ sei für eine Behandlung jedoch unmöglich, wenn für diese bereits belegärztliche Leistungen in Anspruch genommen worden seien. Denn der Belegarzt habe aufgrund des zwischen ihm und dem jeweiligen Patienten geschlossenen privaten Behandlungsvertrags ebenso wie der Wahlarzt die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung. Ein Verzicht auf eine Leistung setze voraus, dass eine Wahl bestehe. Bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Leistungen bestehe jedoch keine Möglichkeit für ein- und dieselbe Behandlung Chefarztleistungen zu wählen, da diese bereits vom Belegarzt erbracht worden seien. Insofern komme es nicht darauf an, ob in beiden Fällen ein vergleichbarer beihilfefähiger Aufwand ausgelöst werde. Ein vergleichbarer beihilfefähiger Aufwand führe auch nicht dazu, dass einem Beihilfeberechtigten ein Anspruch auf Tagegeld zustehe. Dieser bestehe ungeachtet der Höhe einer Aufwendung nur dann, wenn die einschlägige gesetzliche Norm, hier § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F., erfüllt sei. Es bleibe zwar grundsätzlich der Wahl des Beihilfeberechtigten überlassen, ob er sich für eine Behandlung in der Hauptabteilung eines Krankenhauses oder für eine Behandlung durch einen Belegarzt entscheide, doch werde es für ihn zunächst nebensächlich sein, mit welchen Kosten die Behandlung verbunden sei. Entscheidend werde für ihn vielmehr die Auswahl des behandelnden Arztes sein. Der Patient wähle den jeweiligen Belegarzt, weil er sich gerade von diesem behandeln lassen wolle. Sein Fokus liege dabei nicht auf einer Kostenersparnis. Dem Patienten hätte auch die Möglichkeit offen gestanden, sich in einem Krankenhaus in der Hauptabteilung von einem Arzt behandeln zu lassen, dessen Auswahl ihm bei Verzicht auf die Wahlarztleistungen nicht gestattet gewesen wäre. Dass er sich gegen die Behandlung durch einen beliebigen Arzt der Hauptabteilung und für eine ärztliche Betreuung durch einen von ihm ausgewählten Belegarzt entschieden habe, begründe gleichwohl keinen Anspruch auf Tagegeld, weil es bei Inanspruchnahme belegärztlicher Leistung nicht entscheidend sei, dass auf die wahlärztlichen Leistungen verzichtet werde und diese folglich nicht gesondert berechnet würden. Ziehe man die Rechtsprechung hinsichtlich der Wahlleistung Unterkunft nach § 15 Abs. 4 BVO heran, ergebe sich daraus, dass Tagegeld für die Unterbringung in einem Zweibettzimmer nur dann geleistet werde, wenn der Beihilfeberechtigte die Wahlleistung nicht in Anspruch nehme und darüber hinaus die Unterbringung in einem Zweibettzimmer nicht die Regelleistung in dem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus sei. Dies beruhe darauf, dass Regelleistungen in solchen Krankenhäusern bereits in den DRG-Fallpauschalen bzw. den Basis-/Abteilungspflegesätzen enthalten seien. Beamte seien in diesen Fällen nicht so zu stellen, als wäre die Inanspruchnahme der Regelleistung bei ihnen die Inanspruchnahme einer Wahlleistung. Aus diesem Rechtsvergleich ergebe sich, dass auch bei Inanspruchnahme der Wahlleistung Unterkunft neben der tatsächlichen Ausübung des Anspruchs bzw. dem Verzicht auf die Wahlleistung erforderlich sei, dass die Unterbringung in einem Zweibettzimmer nicht bereits Teil der Regelleistung sei, sondern dem Patienten die Wahl zwischen einem Mehrbett- und einem Zweibettzimmer eröffnet sei und er auf die Unterbringung in einem Zweibettzimmer verzichte. Aus Gründen der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung sei Tagegeld nach § 15 Abs. 4 BVO sowohl für die Wahlleistung Unterkunft als auch für die wahlärztlichen Leistungen nur dann zu gewähren, wenn der Beihilfeberechtigte überhaupt die Möglichkeit habe, auf diese Leistungen zu verzichten. Aus der Neufassung des § 15 Abs. 4 BVO ergebe sich nichts Abweichendes. Sowohl nach der alten Regelung als auch nach der neuen Fassung sei es ohne Belang, in welcher Einrichtung sich der Beihilfeberechtigte befinde. Auch in einem öffentlichen Krankenhaus gebe und habe es kein Tagegeld gegeben, wenn eine Behandlung in der Belegabteilung durch einen Belegarzt geltend gemacht worden sei, da keine Möglichkeit auf Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen bestanden habe. Die Neufassung diene der Klarstellung, dass Tagegeld einheitlich bei der Nichtinanspruchnahme „wahlärztlicher“ Leistungen gewährt werde. § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F. habe die Zahlung von Tagegeld lediglich von der Nichtgeltendmachung gesondert berechneter „ärztlicher“ Leistungen abhängig gemacht. Die Neufassung bezwecke daher eine Vereinheitlichung des Wortlauts und habe eine klarstellende Funktion.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 10.06.2015 - 6 K 770/14 -, soweit das Verfahren nicht eingestellt worden ist, zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
19 
Der Kläger beantragt,
20 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
21 
Er verweist auf sein Vorbringen im Berufungszulassungsverfahren und trägt ergänzend vor, er habe bereits dadurch seinen Verzicht „ausgeübt“, dass er sich gegen eine chefärztliche und für eine belegärztliche Behandlung entschieden habe. Es komme allein darauf an, dass er auf den „Zukauf“ einer über den Facharztstandard hinausgehenden Leistung eines hochqualifizierten Spezialisten verzichtet haben müsse. Nur jener „Zukauf“ hätte zu einer „Verteuerung“ der Behandlung geführt, nicht aber die Behandlung durch einen „gewöhnlichen“ Facharzt, eben den Belegarzt. Der Vergleich des Beklagten mit der Wahlleistung Unterkunft greife nicht. Anders als bei der Inanspruchnahme eines Belegarztes, habe ein Beihilfeberechtigter in Fällen, in denen die Leistung „Zweibettzimmer“ zur Regelleistung eines Krankenhauses gehöre, tatsächlich keine Wahlmöglichkeit und könne faktisch auch nicht verzichten. Zudem sei in solchen Fällen der Entscheidungsmaßstab die am betreffenden Krankenhaus gemäß dessen Leistungsfähigkeit geltende „allgemeine Krankenhausleistung“, so dass bereits deshalb die Wahlleistung in Bezug auf Unterkunft auch rechtsbegrifflich ausscheide. Anders sei dies beim Verzicht auf die Wahlleistung „Chefarzt“, es sei denn, an einem Krankenhaus gehörte die chefärztliche Behandlung zur „allgemeinen Krankenhausleistung“. Wenn mit der Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO lediglich habe klargestellt werden sollen, dass die Zahlung des Tagegeldes von einem Verzicht auf „wahlärztliche“ Leistungen abhängen solle, solches also auch schon nach der vorherigen Gesetzesfassung gewollt gewesen sei, stehe dem Kläger Tagegeld gerade zu, denn er habe auf eine ihm zugängliche Zusatzleistung, die Wahlleistung „Chefarzt“, verzichtet.
22 
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Akten des Verwaltungsgerichts, die Akten des Beklagten, die Schriftsätze der Beteiligten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
23 
Gegenstand der auf Antrag des Beklagten zugelassenen Berufung ist lediglich der stattgebende Teil des verwaltungsgerichtlichen Urteils, da nur der Beklagte einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt hat. Im Berufungsverfahren geht es daher darum, ob das Verwaltungsgericht zu Recht den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben hat, als damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von mehr als 378,-- EUR, d.h. in Höhe von 182,-- EUR, vom Kläger zurückgefordert wurde. Rechtskräftig geworden ist das Urteil hingegen, soweit die Klage abgewiesen wurde, also hinsichtlich der (Teil-)Aufhebung des Bescheides vom 29.03.2013 durch den Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 und der Rückforderung überzahlter Beihilfe in Höhe von 378,-- EUR.
II.
24 
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
25 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben, als damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von 182,-- EUR vom Kläger zurückgefordert wurde. Der Widerspruchsbescheid ist in diesem (noch) in Streit stehenden Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beihilfebescheid vom 29.03.2013 hinsichtlich der Leistung von Tagegeld für den Aufenthalt in der H...-Klinik war zwar nur in Höhe von 126,-- EUR rechtmäßig (1.). Die verfügte Rücknahme nach § 48 LVwVfG ist aber dennoch (insgesamt) rechtswidrig (2.). Die Rückforderung des Beihilfebetrags von 182,-- EUR hat ebenfalls keinen Bestand (3.).
26 
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist maßgeblich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2015 - 5 C 2.14 -, juris Rn. 10). Da es um Tagegeld für einen stationären Aufenthalt im Dezember 2012 geht, ist die Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. 1995, 561) in der Fassung vom 14.02.2012 (GBl. 2012, 25) einschlägig, die im Übrigen mit der Nachfolgefassung vom 18.12.2012, gültig ab 01.01.2013 (GBl. 2012, 677), hinsichtlich der entscheidungserheblichen Vorschriften übereinstimmt (im Folgenden: BVO).
27 
Die im Beihilfebescheid vom 29.03.2013 gewährte Leistung von Tagegeld beruht auf § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO. Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO wurde eine Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts gewährt, wenn anlässlich der Inanspruchnahme von Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 1 oder 4 BVO gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO nicht geltend gemacht wurden. § 7 Abs. 7 Satz 1 BVO betrifft die Behandlung in Krankenhäusern nach § 7 Abs. 2 BVO, also solchen, die nicht als öffentliches Krankenhaus nach § 108 SGB V zugelassen sind. Die private H...-Klinik gehört zu diesen Krankenhäusern, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Dass gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO nur wahlärztliche Leistungen umfassen, hat nicht nur das Verwaltungsgericht mit überzeugender Argumentation begründet, worauf der Senat nach § 130b Satz 2 VwGO Bezug nimmt, sondern wird auch vom Beklagten so gesehen.
28 
Da der Kläger für seinen Aufenthalt in der H...-Klinik keine gesondert berechneten (wahl)ärztlichen Leistungen geltend gemacht hat, hat er Anspruch auf Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts. Entgegen der Auffassung des Beklagten war im Fall des Klägers ein Anspruch auf Tagegeld nicht „denknotwendig“ ausgeschlossen, weil der Kläger keine Wahlarztleistungen in Anspruch nehmen und daher auch nicht auf diese verzichten konnte. Zwar ist dem Beklagten im Ausgangspunkt zuzustimmen, dass die Gewährung von Tagegeld voraussetzt, dass der Beihilfeberechtigte eine Beihilfe zu den Wahlleistungen hätte erhalten können, wenn er die Wahlleistungen in Anspruch genommen hätte und folglich Tagegeld ausscheidet, wenn die Inanspruchnahme von Wahlleistungen gar nicht möglich war. Dass der Kläger, nachdem er sich für die Belegarztbehandlung entschieden hatte, keine Wahlarztbehandlung mehr in Anspruch nehmen konnte, steht indes dem Vorhandensein einer Wahlmöglichkeit nicht entgegen. Wenn in dem Krankenhaus des stationären Aufenthalts, sei es in einem öffentlichen, sei es in einem privaten, grundsätzlich die Möglichkeit geboten wird, eine Wahlarztbehandlung in Anspruch zu nehmen, sich der Beihilfeberechtigte aber statt für die Wahlarztbehandlung für eine Belegarztbehandlung entscheidet, hatte er die erforderliche Wahlmöglichkeit. Vorliegend bestand diese Wahlmöglichkeit, da in der H...-Klinik Wahlarztbehandlung angeboten wird (s. http://www...-kliniken.de/klinik/titisee-neustadt/ihr-klinikaufenthalt/ihre-wahlleistungen/ihr-wahlarzt.html sowie http://www...-privatkliniken.de/kosten/allgemein/). Der Kläger hat von dieser Wahlmöglichkeit dahingehend Gebrauch gemacht, dass er sich statt für die wahlärztliche für die belegärztliche Behandlung entschieden hat. Dass er, nachdem er sich einmal für die Belegarztbehandlung entschieden hat, keine Wahlarztbehandlung mehr in Anspruch nehmen kann, ist unerheblich. Die abweichende Auffassung des Beklagten würde zu einem künstlichen Auseinanderreißen eines einheitlichen Sachverhalts führen, der in der stationären Behandlung besteht, innerhalb welcher verschiedene Behandlungsoptionen - Hauptabteilung, Wahlarzt, Belegarzt - eröffnet sind. Der Beklagte räumt im Übrigen auch ein, dass der Beihilfeberechtigte eine Wahlmöglichkeit hat, auch wenn er hierbei nur die Behandlung in der Hauptabteilung eines Krankenhauses und in der Belegabteilung in den Blick nimmt. Soweit er in diesem Zusammenhang weiter ausführt, dass es bei der Entscheidung für den Belegarzt dem Patienten zunächst nicht um die Reduzierung von Kosten für den Beihilfeträger gehe, sondern die Behandlung durch einen bestimmten, durch seine Expertise ausgewiesenen Arzt, mag dies zwar zutreffen und ermöglicht dem Beihilfeberechtigten, auch ohne Chefarztbehandlung einen Arzt seiner Wahl in Anspruch zu nehmen. Wenn der Beklagte die belegärztliche Behandlung aber als für das Tagegeld anspruchsvernichtend ansehen will, muss er dies entsprechend in den einschlägigen Vorschriften der §§ 6a und 15 Abs. 4 BVO ausdrücklich regeln. Dass er dies bislang offenbar nicht gewollt hat, zeigt der Umstand, dass er die gesondert berechnete belegärztliche Behandlung nach § 18 KHEntG und § 16 Satz 1 BPflV ausdrücklich bei der Behandlung in Privatkliniken als beihilfefähig festgeschrieben und dabei zwischen „gesondert berechneten wahlärztlichen Leistungen“ und „gesondert berechneten belegärztlichen Leistungen“ differenziert (s. § 7 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 und 4 BVO in der seit 01.04.2014 geltenden Fassung vom 20.12.2013, GBl. 2014, 53), in der gleichzeitig erfolgten Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO aber ausdrücklich nur nicht beanspruchte „wahlärztliche Leistungen“ bei der Tagegeldregelung berücksichtigt hat.
29 
Soweit der Beklagte zur Stützung seiner Auffassung die Regelung über die Wahlleistung Unterkunft heranzieht, vermag dies nicht zu überzeugen. Wenn das Zweibettzimmer keine Wahlleistung, sondern die Regelleistung darstellt, kann der Beihilfeberechtigte nämlich nicht zwischen der Regelleistung und der Wahlleistung „Unterkunft im Zweibettzimmer“ wählen, weil es diese Leistung gar nicht als Wahlleistung gibt. Dass ihm dann kein Tagegeld zusteht, weil die Regelleistung bereits in der DRG-Fallpauschale bzw. den Basis-/Abteilungspflegesätzen enthalten ist - und damit dem Beklagten auch kein Mehraufwand entsteht -, ist konsequent (s. auch VwVBVO vom 24.04.2012 Nr. 4 zu § 15, GABl. 2012, 383 = Die Justiz 2012, 341). Der vom Beklagten angestellte Vergleich mit der Wahlarztbehandlung würde indes nur dann greifen, wenn diese die Regelleistung darstellte und daher eine Auswahlentscheidung nicht möglich wäre, nicht aber bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Behandlung statt einer - wie hier - möglichen Behandlung durch den Wahlarzt.
30 
Dieses Ergebnis ist auch im Hinblick auf Sinn und Zweck der Tagegeldregelung gerechtfertigt, die dem Beihilfeberechtigten einen Anreiz bieten soll, auf eine wahlärztliche Behandlung zu verzichten, auf die er wegen Zahlung des Beitrags nach § 6a Abs. 2 BVO an sich Anspruch hätte, und damit dem Dienstherrn Beihilfeleistungen zu ersparen. Diese Ersparnis ergibt sich nämlich nicht nur, wenn statt der Wahlleistungen (lediglich) die allgemeinen Krankenhausleistungen in Anspruch genommen werden, sondern auch bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Behandlungen, die nach § 6a Abs. 1 Satz 2 GOÄ um 15% gekürzt werden. Soweit der Beklagte einwendet, aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO („gesondert berechnete Leistungen“) ergebe sich, dass neben dem Verzicht auf Wahlarztbehandlung Voraussetzung der Tagegeldgewährung auch deren gesonderte Erbringung und Berechnung sei, also kein Tagegeldanspruch bestehe, wenn Leistungen nicht gesondert erbracht und berechnet würden, wie dies bei Behandlungen durch den Belegarzt der Fall sei, überzeugt dies nicht, denn die Behandlung wurde hier von Dr. T. gerade gesondert erbracht und berechnet. Eben dieser Umstand wurde vom Beklagten zunächst auch als Begründung für die Ablehnung eines Tagegeldanspruchs herangezogen. Soweit der Beklagte schließlich die Argumentation des Verwaltungsgerichts im Hinblick auf die Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO vom 20.12.2013 (GBl. 2014, 53) angreift, weil dieses allein darauf abgestellt habe, dass beihilferechtlich keine Chefarztrechnung geltend gemacht worden sei, ergibt sich hieraus nichts Abweichendes. Der Beklagte räumt insoweit selbst ein, dass die Formulierung „wahlärztliche“ Leistungen anstelle von „gesondert berechnete ärztliche Leistungen“ ohne inhaltliche Änderung nur der Vereinheitlichung des Wortlauts und der Klarstellung dient und weiterhin Tagegeld nur bei der Möglichkeit der Inanspruchnahme und des Verzichts auf Wahlleistungen gewährt werde. Daher ist es auch nach der Neufassung durch § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO allein entscheidend, ob der Beihilfeberechtigte anlässlich seines Aufenthalts in einem öffentlichen Krankenhaus (§ 15 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BVO i.V.m. § 108 SGB V) oder einer Privatklinik (§ 15 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 BVO) grundsätzlich die Möglichkeit hatte, eine Wahlarztbehandlung in Anspruch zu nehmen. Dass dies vorliegend der Fall war, wurde oben dargelegt.
31 
2. Die Gewährung von Tagegeld war jedoch nur für neun Tage und damit in Höhe von 126,-- EUR (9 x 14,-- EUR) gerechtfertigt, denn nur in diesem Zeitraum (06.12. bis 14.12.2012) hielt sich der Kläger in der H...-Klinik auf. Der Beihilfebescheid vom 29.03.2013 war daher in Bezug auf den Aufenthalt in der H...-Klinik rechtswidrig, soweit damit ein den Betrag von 126,-- EUR übersteigendes Tagegeld gewährt wurde. Die Rücknahme des insoweit rechtswidrigen Verwaltungsaktes nach § 48 LVwVfG stand danach im Ermessen des Beklagten. Da der Berechnungsfehler aber vom Beklagten, wie auch dessen Vertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat einräumte, überhaupt nicht erkannt wurde, fehlt in dem die Rücknahme verfügenden Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 eine diesbezügliche Ermessensausübung, so dass die Rücknahme des Ausgangsbescheides vom 29.03.2013 nicht nur hinsichtlich des Tagegeldes für neun Aufenthaltstage, sondern auch hinsichtlich der vier weiteren Tage rechtswidrig war.
32 
3. Eine Rückforderung der gewährten Beihilfe scheidet folglich ebenfalls aus, die das Landesamt im Übrigen auch nicht auf § 49a LVwVfG hätte stützen können. Durch die Novellierung des Landesbeamtengesetzes im Rahmen der Dienstrechtsreform zum 01.01.2011 ist infolge des ersatzlosen Wegfalls des § 109 LBG a.F. keine ausdrückliche Regelung für die Rückforderung sonstiger Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften mehr vorhanden. § 49a LVwVfG ist indes nicht geeignet, diese Regelungslücke zu schließen, da er als allgemeiner Erstattungsanspruch dem besonderen Verhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn, welches geprägt ist durch eine Treuepflicht einerseits und eine Fürsorgepflicht andererseits, und dessen Auswirkungen bei der Rückforderung von in diesem besonderen Pflichtenverhältnis bezahlten Geldleistungen nicht gerecht wird (Senatsurteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris Rn. 20 ff.). Die eingetretene planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Rückforderung „sonstiger“ zu viel gezahlter Geldleistungen ist bis zu einer ausdrücklichen Regelung des Landesgesetzgebers stattdessen durch analoge Anwendung anderer (neuer) beamtenrechtlicher Vorschriften zu schließen. Ungeachtet der Wortgleichheit der dafür zur Verfügung stehenden neugefassten Rückforderungsregelungen im Besoldungs- bzw. Versorgungsrecht ist eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG vorzunehmen, da dies der früheren Regelung des § 109 LBG a.F. mit seinem Verweis auf die damals geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften am Nächsten kommt (Senatsurteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris Rn. 25).
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
35 
Beschluss vom 24. März 2017
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 182,00 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
23 
Gegenstand der auf Antrag des Beklagten zugelassenen Berufung ist lediglich der stattgebende Teil des verwaltungsgerichtlichen Urteils, da nur der Beklagte einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt hat. Im Berufungsverfahren geht es daher darum, ob das Verwaltungsgericht zu Recht den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben hat, als damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von mehr als 378,-- EUR, d.h. in Höhe von 182,-- EUR, vom Kläger zurückgefordert wurde. Rechtskräftig geworden ist das Urteil hingegen, soweit die Klage abgewiesen wurde, also hinsichtlich der (Teil-)Aufhebung des Bescheides vom 29.03.2013 durch den Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 und der Rückforderung überzahlter Beihilfe in Höhe von 378,-- EUR.
II.
24 
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
25 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben, als damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von 182,-- EUR vom Kläger zurückgefordert wurde. Der Widerspruchsbescheid ist in diesem (noch) in Streit stehenden Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beihilfebescheid vom 29.03.2013 hinsichtlich der Leistung von Tagegeld für den Aufenthalt in der H...-Klinik war zwar nur in Höhe von 126,-- EUR rechtmäßig (1.). Die verfügte Rücknahme nach § 48 LVwVfG ist aber dennoch (insgesamt) rechtswidrig (2.). Die Rückforderung des Beihilfebetrags von 182,-- EUR hat ebenfalls keinen Bestand (3.).
26 
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist maßgeblich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2015 - 5 C 2.14 -, juris Rn. 10). Da es um Tagegeld für einen stationären Aufenthalt im Dezember 2012 geht, ist die Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. 1995, 561) in der Fassung vom 14.02.2012 (GBl. 2012, 25) einschlägig, die im Übrigen mit der Nachfolgefassung vom 18.12.2012, gültig ab 01.01.2013 (GBl. 2012, 677), hinsichtlich der entscheidungserheblichen Vorschriften übereinstimmt (im Folgenden: BVO).
27 
Die im Beihilfebescheid vom 29.03.2013 gewährte Leistung von Tagegeld beruht auf § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO. Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO wurde eine Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts gewährt, wenn anlässlich der Inanspruchnahme von Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 1 oder 4 BVO gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO nicht geltend gemacht wurden. § 7 Abs. 7 Satz 1 BVO betrifft die Behandlung in Krankenhäusern nach § 7 Abs. 2 BVO, also solchen, die nicht als öffentliches Krankenhaus nach § 108 SGB V zugelassen sind. Die private H...-Klinik gehört zu diesen Krankenhäusern, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Dass gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO nur wahlärztliche Leistungen umfassen, hat nicht nur das Verwaltungsgericht mit überzeugender Argumentation begründet, worauf der Senat nach § 130b Satz 2 VwGO Bezug nimmt, sondern wird auch vom Beklagten so gesehen.
28 
Da der Kläger für seinen Aufenthalt in der H...-Klinik keine gesondert berechneten (wahl)ärztlichen Leistungen geltend gemacht hat, hat er Anspruch auf Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts. Entgegen der Auffassung des Beklagten war im Fall des Klägers ein Anspruch auf Tagegeld nicht „denknotwendig“ ausgeschlossen, weil der Kläger keine Wahlarztleistungen in Anspruch nehmen und daher auch nicht auf diese verzichten konnte. Zwar ist dem Beklagten im Ausgangspunkt zuzustimmen, dass die Gewährung von Tagegeld voraussetzt, dass der Beihilfeberechtigte eine Beihilfe zu den Wahlleistungen hätte erhalten können, wenn er die Wahlleistungen in Anspruch genommen hätte und folglich Tagegeld ausscheidet, wenn die Inanspruchnahme von Wahlleistungen gar nicht möglich war. Dass der Kläger, nachdem er sich für die Belegarztbehandlung entschieden hatte, keine Wahlarztbehandlung mehr in Anspruch nehmen konnte, steht indes dem Vorhandensein einer Wahlmöglichkeit nicht entgegen. Wenn in dem Krankenhaus des stationären Aufenthalts, sei es in einem öffentlichen, sei es in einem privaten, grundsätzlich die Möglichkeit geboten wird, eine Wahlarztbehandlung in Anspruch zu nehmen, sich der Beihilfeberechtigte aber statt für die Wahlarztbehandlung für eine Belegarztbehandlung entscheidet, hatte er die erforderliche Wahlmöglichkeit. Vorliegend bestand diese Wahlmöglichkeit, da in der H...-Klinik Wahlarztbehandlung angeboten wird (s. http://www...-kliniken.de/klinik/titisee-neustadt/ihr-klinikaufenthalt/ihre-wahlleistungen/ihr-wahlarzt.html sowie http://www...-privatkliniken.de/kosten/allgemein/). Der Kläger hat von dieser Wahlmöglichkeit dahingehend Gebrauch gemacht, dass er sich statt für die wahlärztliche für die belegärztliche Behandlung entschieden hat. Dass er, nachdem er sich einmal für die Belegarztbehandlung entschieden hat, keine Wahlarztbehandlung mehr in Anspruch nehmen kann, ist unerheblich. Die abweichende Auffassung des Beklagten würde zu einem künstlichen Auseinanderreißen eines einheitlichen Sachverhalts führen, der in der stationären Behandlung besteht, innerhalb welcher verschiedene Behandlungsoptionen - Hauptabteilung, Wahlarzt, Belegarzt - eröffnet sind. Der Beklagte räumt im Übrigen auch ein, dass der Beihilfeberechtigte eine Wahlmöglichkeit hat, auch wenn er hierbei nur die Behandlung in der Hauptabteilung eines Krankenhauses und in der Belegabteilung in den Blick nimmt. Soweit er in diesem Zusammenhang weiter ausführt, dass es bei der Entscheidung für den Belegarzt dem Patienten zunächst nicht um die Reduzierung von Kosten für den Beihilfeträger gehe, sondern die Behandlung durch einen bestimmten, durch seine Expertise ausgewiesenen Arzt, mag dies zwar zutreffen und ermöglicht dem Beihilfeberechtigten, auch ohne Chefarztbehandlung einen Arzt seiner Wahl in Anspruch zu nehmen. Wenn der Beklagte die belegärztliche Behandlung aber als für das Tagegeld anspruchsvernichtend ansehen will, muss er dies entsprechend in den einschlägigen Vorschriften der §§ 6a und 15 Abs. 4 BVO ausdrücklich regeln. Dass er dies bislang offenbar nicht gewollt hat, zeigt der Umstand, dass er die gesondert berechnete belegärztliche Behandlung nach § 18 KHEntG und § 16 Satz 1 BPflV ausdrücklich bei der Behandlung in Privatkliniken als beihilfefähig festgeschrieben und dabei zwischen „gesondert berechneten wahlärztlichen Leistungen“ und „gesondert berechneten belegärztlichen Leistungen“ differenziert (s. § 7 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 und 4 BVO in der seit 01.04.2014 geltenden Fassung vom 20.12.2013, GBl. 2014, 53), in der gleichzeitig erfolgten Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO aber ausdrücklich nur nicht beanspruchte „wahlärztliche Leistungen“ bei der Tagegeldregelung berücksichtigt hat.
29 
Soweit der Beklagte zur Stützung seiner Auffassung die Regelung über die Wahlleistung Unterkunft heranzieht, vermag dies nicht zu überzeugen. Wenn das Zweibettzimmer keine Wahlleistung, sondern die Regelleistung darstellt, kann der Beihilfeberechtigte nämlich nicht zwischen der Regelleistung und der Wahlleistung „Unterkunft im Zweibettzimmer“ wählen, weil es diese Leistung gar nicht als Wahlleistung gibt. Dass ihm dann kein Tagegeld zusteht, weil die Regelleistung bereits in der DRG-Fallpauschale bzw. den Basis-/Abteilungspflegesätzen enthalten ist - und damit dem Beklagten auch kein Mehraufwand entsteht -, ist konsequent (s. auch VwVBVO vom 24.04.2012 Nr. 4 zu § 15, GABl. 2012, 383 = Die Justiz 2012, 341). Der vom Beklagten angestellte Vergleich mit der Wahlarztbehandlung würde indes nur dann greifen, wenn diese die Regelleistung darstellte und daher eine Auswahlentscheidung nicht möglich wäre, nicht aber bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Behandlung statt einer - wie hier - möglichen Behandlung durch den Wahlarzt.
30 
Dieses Ergebnis ist auch im Hinblick auf Sinn und Zweck der Tagegeldregelung gerechtfertigt, die dem Beihilfeberechtigten einen Anreiz bieten soll, auf eine wahlärztliche Behandlung zu verzichten, auf die er wegen Zahlung des Beitrags nach § 6a Abs. 2 BVO an sich Anspruch hätte, und damit dem Dienstherrn Beihilfeleistungen zu ersparen. Diese Ersparnis ergibt sich nämlich nicht nur, wenn statt der Wahlleistungen (lediglich) die allgemeinen Krankenhausleistungen in Anspruch genommen werden, sondern auch bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Behandlungen, die nach § 6a Abs. 1 Satz 2 GOÄ um 15% gekürzt werden. Soweit der Beklagte einwendet, aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO („gesondert berechnete Leistungen“) ergebe sich, dass neben dem Verzicht auf Wahlarztbehandlung Voraussetzung der Tagegeldgewährung auch deren gesonderte Erbringung und Berechnung sei, also kein Tagegeldanspruch bestehe, wenn Leistungen nicht gesondert erbracht und berechnet würden, wie dies bei Behandlungen durch den Belegarzt der Fall sei, überzeugt dies nicht, denn die Behandlung wurde hier von Dr. T. gerade gesondert erbracht und berechnet. Eben dieser Umstand wurde vom Beklagten zunächst auch als Begründung für die Ablehnung eines Tagegeldanspruchs herangezogen. Soweit der Beklagte schließlich die Argumentation des Verwaltungsgerichts im Hinblick auf die Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO vom 20.12.2013 (GBl. 2014, 53) angreift, weil dieses allein darauf abgestellt habe, dass beihilferechtlich keine Chefarztrechnung geltend gemacht worden sei, ergibt sich hieraus nichts Abweichendes. Der Beklagte räumt insoweit selbst ein, dass die Formulierung „wahlärztliche“ Leistungen anstelle von „gesondert berechnete ärztliche Leistungen“ ohne inhaltliche Änderung nur der Vereinheitlichung des Wortlauts und der Klarstellung dient und weiterhin Tagegeld nur bei der Möglichkeit der Inanspruchnahme und des Verzichts auf Wahlleistungen gewährt werde. Daher ist es auch nach der Neufassung durch § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO allein entscheidend, ob der Beihilfeberechtigte anlässlich seines Aufenthalts in einem öffentlichen Krankenhaus (§ 15 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BVO i.V.m. § 108 SGB V) oder einer Privatklinik (§ 15 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 BVO) grundsätzlich die Möglichkeit hatte, eine Wahlarztbehandlung in Anspruch zu nehmen. Dass dies vorliegend der Fall war, wurde oben dargelegt.
31 
2. Die Gewährung von Tagegeld war jedoch nur für neun Tage und damit in Höhe von 126,-- EUR (9 x 14,-- EUR) gerechtfertigt, denn nur in diesem Zeitraum (06.12. bis 14.12.2012) hielt sich der Kläger in der H...-Klinik auf. Der Beihilfebescheid vom 29.03.2013 war daher in Bezug auf den Aufenthalt in der H...-Klinik rechtswidrig, soweit damit ein den Betrag von 126,-- EUR übersteigendes Tagegeld gewährt wurde. Die Rücknahme des insoweit rechtswidrigen Verwaltungsaktes nach § 48 LVwVfG stand danach im Ermessen des Beklagten. Da der Berechnungsfehler aber vom Beklagten, wie auch dessen Vertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat einräumte, überhaupt nicht erkannt wurde, fehlt in dem die Rücknahme verfügenden Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 eine diesbezügliche Ermessensausübung, so dass die Rücknahme des Ausgangsbescheides vom 29.03.2013 nicht nur hinsichtlich des Tagegeldes für neun Aufenthaltstage, sondern auch hinsichtlich der vier weiteren Tage rechtswidrig war.
32 
3. Eine Rückforderung der gewährten Beihilfe scheidet folglich ebenfalls aus, die das Landesamt im Übrigen auch nicht auf § 49a LVwVfG hätte stützen können. Durch die Novellierung des Landesbeamtengesetzes im Rahmen der Dienstrechtsreform zum 01.01.2011 ist infolge des ersatzlosen Wegfalls des § 109 LBG a.F. keine ausdrückliche Regelung für die Rückforderung sonstiger Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften mehr vorhanden. § 49a LVwVfG ist indes nicht geeignet, diese Regelungslücke zu schließen, da er als allgemeiner Erstattungsanspruch dem besonderen Verhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn, welches geprägt ist durch eine Treuepflicht einerseits und eine Fürsorgepflicht andererseits, und dessen Auswirkungen bei der Rückforderung von in diesem besonderen Pflichtenverhältnis bezahlten Geldleistungen nicht gerecht wird (Senatsurteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris Rn. 20 ff.). Die eingetretene planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Rückforderung „sonstiger“ zu viel gezahlter Geldleistungen ist bis zu einer ausdrücklichen Regelung des Landesgesetzgebers stattdessen durch analoge Anwendung anderer (neuer) beamtenrechtlicher Vorschriften zu schließen. Ungeachtet der Wortgleichheit der dafür zur Verfügung stehenden neugefassten Rückforderungsregelungen im Besoldungs- bzw. Versorgungsrecht ist eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG vorzunehmen, da dies der früheren Regelung des § 109 LBG a.F. mit seinem Verweis auf die damals geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften am Nächsten kommt (Senatsurteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris Rn. 25).
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
35 
Beschluss vom 24. März 2017
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 182,00 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.10.2013 - 6 K 702/13 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Kassenleistungen in Höhe von 3.237,60 EUR.
Die Klägerin ist B1-Mitglied bei der Beklagten. Sie war in der Zeit von Dezember 2003 bis Juli 2005 in Behandlung bei Dr. K. Dieser wurde mit Urteil des Landgerichts München I vom 24.08.2011 - 12 KLs 569 Js 39263/05 - wegen Betrugs in Mittäterschaft in 1554 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung lag nach den Feststellungen des Landgerichts der Sachverhalt zugrunde, dass Dr. K. einem Teil seiner Patienten folgende Vorgehensweise vorschlug: Auf der Rechnung werde er nicht die tatsächlich erbrachten Leistungen der Bioresonanztherapie, der Bioenergetischen Fokalherdtherapie und der EAV-Testung aufführen. Vielmehr werde er statt der Bioresonanztherapie und der Bioenergetischen Fokalherdtherapie auf der Rechnung die Leistungen mit „Akupunktur“ (269a GOÄ), „Infiltrationsbehandlung“ (268 GOÄ) und „Systembezogene Untersuchung“ (5 GOÄ) ausweisen. Die EAV-Testung werde er auf der Rechnung mit „Epikutantest“ (380 GOÄ), „Pricktest“ (385 GOÄ), „Pricktest (20 x)“ (386 GOÄ) und „Pricktest (20 x)“ (387 GOÄ) bezeichnen. Die Patienten, die auf diesen Vorschlag eingegangen seien, werden in dem Strafurteil entsprechend der aus der Anklage vom 06.09.2010 übernommenen Nummer aufgeführt; danach wird die Klägerin unter den Nummern 1010, 1068, 1136, 1428 und 1498 ausdrücklich erwähnt. Das Urteil des Landgerichts München I ist seit 09.02.2012 rechtskräftig.
Mit Bescheid vom 17.10.2012 nahm die Beklagte die Leistungsabrechnungen gegenüber der Klägerin vom 04.02.2004, 22.03.2004, 11.05.2004, 25.11.2004, 25.01.2005 und 14.07.2005 zurück und forderte von der Klägerin die aus ihrer Sicht ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 6.795,83 EUR (Beihilfe- und Kassenleistungen) zurück. Hiergegen erhob die Klägerin mit der Begründung Widerspruch, es sei unzutreffend, dass falsche Rechnungsstellungen nach Absprache mit den Patienten getroffen worden seien. Jedenfalls zwischen ihr und Dr. K. habe es keine Absprache in Richtung auf eine falsche Rechnungsstellung gegeben. Sie sei von der Ordnungsgemäßheit dieser Rechnungen ausgegangen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Widerspruchsausschusses II der Beklagten vom 24.01.2013 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, der Rückforderungsanspruch werde hinsichtlich der Kassenleistungen in Höhe von 3237,60 EUR geltend gemacht. Die Rücknahme der Bewilligungsbescheide sei in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erfolgt. Das Interesse der Versichertengemeinschaft an der Erbringung satzungsgemäßer Leistungen überwiege das Interesse der Klägerin am Behaltendürfen der rechtswidrigen Leistungen. Das Vertrauen der Klägerin sei nicht schutzwürdig. Der Rückforderungsanspruch sei nicht verjährt. Sie habe am 17.10.2012 festgestellt, dass der Klägerin an den oben genannten Daten Leistungen zu Unrecht gewährt worden seien. Am gleichen Tag sei die Rückforderung fristgerecht durchgeführt worden. Besondere Billigkeitsgesichtspunkte seien nicht vorhanden. Der Widerspruchsbescheid wurde am 29.01.2013 zugestellt.
Am 27.02.2013 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, die angefochtenen Bescheide aufzuheben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bezüglich der Rückforderung von Leistungen fehle es an einer Ermessensausübung. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass sie keine Ahnung von den fachspezifischen Eigenheiten ärztlicher Abrechnungen habe, die angesetzten Gebührenpositionen nicht gekannt habe und davon ausgegangen sei, dass der behandelnde Arzt seine Abrechnungen korrekt erstelle. Zu Unrecht werde ihr arglistige Täuschung und damit strafbares Verhalten unterstellt. Sie habe die Abrechnungen von Dr. K. ungeprüft bei der Beklagten eingereicht. Der Rückforderungsanspruch sei verjährt. Die polizeilichen Ermittlungen seien im Jahre 2008 abgeschlossen gewesen. Die den Regress begründenden Umstände seien der Beklagten bekannt gewesen und hätten bis Ende 2011 geltend gemacht werden müssen. Die Beklagte hat ihre ablehnende Position aufrecht erhalten und u.a. ausgeführt, nach dem landgerichtlichen Urteil stehe fest, dass die Rechnungen von Dr. K. von den Patienten entsprechend einem gemeinsamen Tatplan jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Rechnungsstellung bei den jeweiligen Krankenversicherungen und Beihilfestellen zur Erstattung eingereicht worden seien. Die Rückforderung der rechtswidrig gewährten Leistungen sei zwingend vorgeschrieben. Insoweit habe kein Ermessensspielraum bestanden. Auch die Verjährungsvorschrift des § 79 Abs. 4 der Satzung der Beklagten stehe der Geltendmachung der Rückforderung nicht entgegen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 01.10.2013 ohne mündliche Verhandlung abgewiesen und ausgeführt, die zulässige Klage sei nicht begründet. Rechtsgrundlage für die angefochtene Rücknahme der ursprünglichen Leistungsbescheide und für die Rückforderung von Leistungen in Höhe von 3.237,60 EUR sei § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten in der zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013 i.V.m. § 48 VwVfG. Nach § 30 Abs. 4 der Satzung seien zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die streitigen Leistungen der Klägerin durch die im Rückforderungsbescheid vom 17.10.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte bewilligt worden seien, sei die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass als Voraussetzung für die Rückforderung diese Verwaltungsakte zurückgenommen werden müssten. Die Rücknahme der ursprünglichen Leistungsbescheide durch den Bescheid vom 17.10.2012 sei auch rechtmäßig erfolgt. Die Leistungen seien objektiv zu Unrecht gewährt worden. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige Geldleistung gewähre, dürfe zwar nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut habe und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig sei (§ 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Auf Vertrauensschutz könne sich der Begünstigte nach § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG allerdings nicht berufen, wenn wie hier der Ausschlussgrund nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG vorliege. Denn die Klägerin habe die begünstigenden Leistungsbescheide durch arglistige Täuschung erwirkt. Sie seien von Anfang an rechtswidrig gewesen, da die geltend gemachten Leistungen von dem behandelnden Arzt nicht erbracht worden seien. Dr. K. sei deshalb strafgerichtlich wegen Betrugs in Mittäterschaft zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Im strafgerichtlichen Verfahren habe sich Dr. K. dahingehend eingelassen, dass er, nachdem bezüglich der von ihm durchgeführten Testungen und Therapien keine direkten Nummern in der GOÄ vorhanden seien, die Behandlungen analog anderer Nummern abgerechnet habe. Jeder Patient habe einen Hinweiszettel erhalten, durch welchen ihm bewusst gewesen sei, dass es sich um eine analoge Abrechnung handele. Der Patient hätte den Hinweiszettel bei seiner Versicherung mit einreichen sollen. In den Urteilsgründen des landgerichtlichen Urteils sei die Klägerin - neben einer Vielzahl anderer Patientinnen und Patienten - namentlich als Patientin aufgeführt, die sich mit der von Dr. K. vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden erklärt habe. Weiter seien in den Gründen des landgerichtlichen Urteils die durch Leistungsbescheide der Beklagten vom 04.02.2004, 22.03.2004, 11.05.2004, 25.01.2005 und 14.07.2005 festgesetzten Kassenleistungen ausdrücklich aufgeführt. Die Klägerin gehöre daher zum Kreis derjenigen Personen, die am Betrug von Dr. K. als Mittäter beteiligt gewesen seien. Sie könne daher nicht mit Erfolg einwenden, sie habe gerade wegen des unterschriebenen Hinweisblattes davon ausgehen können, dass Dr. K. seine Leistungen korrekt abgerechnet habe. Die Feststelllungen im Strafurteil beruhten weiter auf der Zeugenaussage des polizeilichen Sachbearbeiters W. Dieser habe angegeben, dass bei der Durchsuchung in allen Patientenakten ein grünes, von den Patienten unterschriebenes Belehrungsblatt gefunden worden sei. In diesem sei der jeweilige Patient darauf hingewiesen worden, dass durch den Angeklagten die Bioresonanztherapie, die Bioenergetische Fokalherdtherapie und die EAV-Testung als ärztliche Leistungen erbracht worden seien und diese analog den Nummern für die GOÄ-Nummern der Leistungen „Systembezogene Untersuchung“, „Akupunktur‘, „Infiltrationsbehandlung“, „Pricktest“ und „Epikutantest“ abgerechnet worden seien. Die Klägerin räume ein, ein derartiges Belehrungsblatt unterschrieben zu haben, sich aber nicht mehr an dessen genauen Wortlaut erinnern zu können. Sie habe daher durch vorsätzliches Verhalten eine Ursache für den Erlass der rechtswidrigen Leistungsbescheide gesetzt. Obwohl Dr. K. sie ausdrücklich darüber informiert habe, dass er in seinen Rechnungen Leistungen aufführe, die er nicht erbracht habe, habe sie diese bei der Beklagten eingereicht, um die entsprechenden Kassenleistungen zu bekommen, und die beteiligten Mitarbeiter der Beklagten so arglistig getäuscht. Auch wenn der Leistungsbescheid vom 25.11.2004, in dem Kassenleistungen in Höhe von 923,36 EUR festgesetzt worden seien, nicht im Strafurteil aufgeführt sei, habe die Klägerin auch ihn durch unrichtige Angaben erwirkt. Denn in der mit dem Erstattungsantrag vorgelegten Rechnung des Dr. K. vom 02.11.2011 würden - wie in den Rechnungen, die Gegenstand des strafgerichtlichen Verfahrens gewesen seien,- Gebühren für Infiltrationsbehandlung und Akupunktur geltend gemacht.
Der Rücknahme der rechtswidrigen Bescheide stehe § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG nicht entgegen. Denn die darin vorgesehene Jahresfrist seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme gemäß § 48 Abs. 4 S. 2 VwVfG gelte nicht im Falle, dass der Begünstigte den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt habe. Die Rücknahme sie auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Unschädlich sei, dass die erforderlichen Ermessenserwägungen erst im Widerspruchsbescheid enthalten seien.
Seien somit die Leistungsbescheide nachträglich weggefallen, habe die Klägerin auch die von der Beklagten geforderten 3.237,60 EUR zurückzuerstatten. Die Rückforderung sei nach § 30 Abs. 5 Satz 1 der Satzung zwingend vorgeschrieben. Offen bleiben könne, ob insoweit § 49a Abs. 2 Satz 1 VwVfG ergänzend Anwendung finde, der für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweise. Denn nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG könne sich der Begünstigte auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen, soweit er die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsaktes geführt hätten, gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Diese Voraussetzungen hätten bei der Klägerin vorgelegen. Damit sei ihr auch bei Anwendung des § 49a VwVfG der Entreicherungseinwand verwehrt.
Der Rückerstattungsanspruch sei auch noch nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 79 Abs. 4 Satz 1 der Satzung beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und die Beklagte von den in Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe (§ 79 Abs. 4 Satz 2 der Satzung). Da die Rückforderung erst mit Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen im Bescheid vom 17.10.2012 entstanden sei, habe die Verjährungsfrist erst mit Ablauf des Jahres 2012 zu laufen begonnen.
10 
Die Klägerin hat die vom Senat zugelassene Berufung innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 07.05.2014 begründet. Sie trägt vor, die vom Verwaltungsgericht übernommene Feststellung aus dem strafgerichtlichen Urteil, es liege ein Betrug in Mittäterschaft der Klägerin vor, sei unzutreffend. Die Klägerin sei im landgerichtlichen Verfahren weder als Beschuldigte geführt noch sei gegen sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Sie sei dort nicht beteiligt und auch nicht als Zeugin gehört worden. Das Verwaltungsgericht habe durch die Übernahme dieser Feststellungen des Landgerichts gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Es habe sich nämlich lediglich darauf beschränkt, die von der Beklagten vorgelegten Auszüge aus dem Strafurteil gegen Dr. K. zu übernehmen. Mögliche Beweismittel seien nicht erhoben worden. Darüber hinaus habe das Erstgericht eine überraschende Entscheidung getroffen und in diesem Zusammenhang auch gegen Hinweispflichten verstoßen. Es sei nicht darauf hingewiesen worden, dass ohne jegliche weiteren Ermittlungen zu entscheiden beabsichtigt sei und von der Beklagten vorgelegte Auszüge des Strafurteils gegen Dr. K. übernommen werden sollten. Eine Stellungnahme hierzu sei nicht möglich gewesen bzw. eine Gelegenheit zur Stellungnahme nicht eingeräumt worden. Das Original des vom Verwaltungsgericht zitierten, aber nicht beigezogenen Hinweisblattes weise unterhalb der Ausstellereigenschaft von Dr. K. Folgendes aus: „Die von mir gewünschte Behandlung ist nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Die von mir gewünschte Behandlung kann nicht mit jeder Krankenkasse abgerechnet werden. Ich wünsche durch den behandelnden Arzt die folgenden Leistungen in Anspruch zu nehmen“. Sodann werde hinsichtlich der angebotenen Therapien, u.a. wie im Fall der Klägerin Bioresonanztherapie ausgeführt, dass die analog bestimmter GOÄ-Nummern unter Angabe des entsprechenden Gebührensatzes (2,3 bzw. 1,5) abgerechnet werde als Akupunktur, Infiltration und Symptomuntersuchung. Das Verwaltungsgericht habe auf dieser Basis zu Unrecht die bloße landgerichtliche Verurteilung und die dort getroffenen Feststellungen ausreichen lassen, um von einer arglistigen Täuschung durch die Klägerin auszugehen. Arglist sei nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht zitiere unvollständig, denn im Strafurteil heiße es auf S. 8, der angeklagte Dr. K. habe diese Vorgehensweise vorgeschlagen, „um dennoch eine Erstattung der von ihm erbrachten Leistungen durch die Versicherungen und Beihilfestellen an die Patienten sicherzustellen“. Weder diese letztgenannte Unterstellung des Strafgerichts noch die vom Verwaltungsgericht durchgeführte Bezugnahme, die Klägerin sei als eine derjenigen Patientinnen genannt, welche auf diesen Vorschlag eingegangen seien, fänden aber irgendeine Grundlage in tatsächlichen Beweiserhebungen und Feststellungen. Die Klägerin sei nicht vernommen worden und habe sich nie zu strafrechtlichen Vorwürfen äußern können. Nicht einmal die Strafkammer habe konkrete unmittelbare Feststellungen zu dem grünen Hinweisblatt getroffen, sondern dieses nur indirekt über die Aussage des Kriminalbeamten W. eingeführt. Dabei seien die Aussagen auf diesem grünen Belehrungsblatt eindeutig inhaltlich gegenteilig, nämlich dahingehend, dass die gewünschte Behandlung nicht Bestandteil vertragsärztlicher Versorgung sei und nicht mit jeder Krankenkasse abgerechnet werden könne. Wenn aber von vornherein klar sei, dass nicht zweifelsfrei eine Erstattung durch die Krankenkasse erfolge, ergebe es keinen Sinn, dass die anschließend aufgeführte Darstellung der Abrechnungen der vereinbarten Leistungen nach analogen Tatbeständen der GOÄ eine rechtswidrige Zielrichtung haben solle. Vielmehr ergebe sich eine schlüssige Erklärung hierzu gerade aus der Bemerkung, die Dr. K. seinerzeit gegenüber der Klägerin gemacht habe, dass er diese Abrechnungsziffern analog deswegen wähle, weil für die von ihm erbrachten Behandlungen eigene GOÄ-Nummern noch fehlen würden. Ebenso wenig wie diesen Sachverhalt habe das Verwaltungsgericht weitere Gesichtspunkte gewürdigt, die gegen eine Arglist bzw. Mittäterschaft der Klägerin sprächen: Einem Laien wie der Klägerin sei nicht ohne weiteres erkennbar, ob und was für ein Unterschied zwischen Akupunkturbehandlungen und Bioresonanzbehandlungen liege. Das eine finde mit Metallnadeln statt, das andere mit Elektroden. Eine Analogie auch bei der Abrechnung, zumal wenn sie von dem Arzt erklärt werde, erscheine nicht ohne weiteres als zweifelhaft. Hätte Dr. K. tatsächlich allen Patienten, wie ihm zur Last gelegt, offengelegt, dass er falsch abrechne und die von ihm schriftlich angegebene analoge Abrechnung gerade nicht rechtmäßig sei, so hätte er damit 1.554 Personen zu Mitwissern seiner Falschabrechnung gemacht. Wäre dies richtig, so hätte er zwangsläufig damit rechnen müssen, binnen kurzer Zeit hinsichtlich seiner betrügerischen Aktion aufzufliegen. Tatsächlich habe er gerade mit dem grünen Hinweisblatt das gegenteilige Ziel verfolgt, nämlich die Rechtmäßigkeit seiner Abrechnungsweise den Patienten vorzuspiegeln, die somit nicht Mittäter, sondern Opfer oder Werkzeuge seines betrügerischen Handelns geworden seien.
11 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Regelung in § 48 Abs. 4 VwVfG einschlägig. Dies resultiere daraus, dass keine arglistige Täuschung der Klägerin vorliege. Die Beklagte hätte binnen Jahresfrist ab Kenntnis die Rückforderung geltend machen müssen, habe dies aber nicht getan, so dass sie mit ihrer Forderung ausgeschlossen sei. Hinzu komme, dass auch die dreijährige Verjährungsfrist einschlägig sei. Denn die Argumentation des Erstgerichts, die Verjährungsfrist beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und die Beklagte von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe mit der Konsequenz, dass die Forderung erst mit der Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen entstanden sei, stelle einen Zirkelschluss dar. Mit dieser Argumentation könne jede Behörde den Beginn der eigenen Verjährungsfrist erst aktiv festlegen durch ihren entsprechenden Bescheid. Dies wäre eine Umgehung der Verjährungsregelung. Die Beklagte müsse sich die Kenntniserlangung der anspruchsbegründenden Tatsachen, wenn ein entsprechender Anspruch denn bestünde, bereits im Jahr 2008 zurechnen lassen. Insoweit seien die Ausführungen im Strafurteil vom 28.04.2011 hinsichtlich des dortigen Ermittlungsganges zu verwerten, durch den die Beklagte auch Kenntnis erlangt habe. Da bereits in der Anklageschrift die Klägerin als eine der vielen Patienten/-innen mit falschen Abrechnungen von Dr. K. genannt sei, ergebe sich hieraus, dass die Beklagte spätestens im Jahr 2008 Kenntnis des Sachverhalts gehabt habe, nachdem in diesem Jahr die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München abgeschlossen worden seien. Daher komme die Rückforderung erst 2012 zu spät.
12 
Schließlich sei die Klägerin auch entreichert. Ein doloses Handeln liege nicht vor. Die Klägerin habe aber auch keinen finanziellen Vorteil durch die angeblichen Betrügereien des Dr. K. erlangt. Sie habe die Rechnungen bezahlt und somit die vollständigen Erstattungsleistungen der Beklagten auf diese verwendet. Auch hieraus werde deutlich, dass sie nichts anderes als ein Werkzeug des Dr. K. gewesen sei, das in Unkenntnis der tatsächlichen Rechts- und Abrechnungslage diesem Einnahmen verschafft habe. Auch weil dieser Gesichtspunkt unzutreffend gewürdigt worden sei, habe die Beklagte ermessensfehlerhaft entschieden.
13 
Die Klägerin beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.10.2013 - 6 K 702/13 - aufzuheben, ebenso den Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013, soweit jeweils Kassenleistungen betroffen sind;
15 
außerdem die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt im Einzelnen aus: Gegen den Amtsermittlungsgrundsatz sei nicht verstoßen worden. Eine weitere Aufklärung habe sich nicht aufgedrängt. Die anwaltlich vertretene Klägerin habe es unterlassen, eine entsprechende Zeugenvernehmung zu beantragen. Auch eine Überraschungsentscheidung liege nicht vor, da die Klägerin bis zur Urteilsverkündung ausreichend Zeit gehabt habe, auf die Klageerwiderung der Beklagten Stellung zu nehmen und zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen. Auch ein Verwertungsverbot hinsichtlich der strafgerichtlichen Verurteilung liege nicht vor. Unabhängig von der nicht entscheidungserheblichen Frage, ob ein strafbares Verhalten der Klägerin vorliege, stehe fest, dass auf den Rechnungen von Dr. K. nicht erbrachte Leistungen aufgeführt seien. Ein Hinweis auf eine analoge Abrechnung der Gebührennummern finde sich in den Rechnungen nicht. Indem die Klägerin diese Rechnungen bei der Beklagten zur Erstattung eingereicht habe, obwohl sie gewusst oder es jedenfalls für möglich gehalten habe, dass diese unrichtigen Angaben zu den erbrachten Leistungen keinerlei Hinweise auf eine mögliche analoge Abrechnung bestimmter Gebührenziffern enthielten, habe sie arglistig gehandelt. Ferner sei für die Klägerin die Fehlerhaftigkeit der Bescheide der Beklagten im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG offensichtlich erkennbar gewesen. Sie habe aufgrund des gemeinsamen Tatplans und des Hinweises des behandelnden Arztes positive Kenntnis davon gehabt, dass die Leistungsabrechnungen der Beklagten fehlerhaft gewesen seien. Jedenfalls hätte die Klägerin aufgrund der jeweiligen eindeutigen Texte zu den einzelnen Gebührenpositionen der Rechnungen von Dr. K. ohne besondere Mühe und im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre erkennen können, dass rechtswidrig ärztliche Leistungen erstattet worden seien, obwohl sie diese niemals erhalten gehabt habe. Spezielle Kenntnisse zu den Abrechnungsziffern der GOÄ seien hierzu nicht erforderlich gewesen. Nach den Feststellungen des Strafurteils habe eine arglistige Täuschung vorgelegen; jedenfalls habe die Klägerin Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Leistungsbescheide gehabt bzw. die Rechtswidrigkeit grob fahrlässig verkannt. Die Fehlerhaftigkeit der Bescheide der Beklagten sei für die Klägerin offensichtlich erkennbar gewesen. Ihr habe sich aufdrängen müssen, dass sie gerade keine Injektionen und somit auch keine Infiltrationsbehandlung erhalten habe. Ihr sei es zumutbar gewesen die von ihr eingereichten Rechnungen auf Grundlage ihrer individuellen Kenntnisse und Fähigkeit auf Richtigkeit zu überprüfen und darauf zu achten, dass ausschließlich die tatsächlich erbrachten ärztlichen Leistungen aufgeführt seien. Vorliegend habe sie es unterlassen, die von ihr eingereichten Rechnungen auch nur ansatzweise auf Richtigkeit und Plausibilität zu überprüfen.
19 
Zutreffend führe das Verwaltungsgericht auch aus, dass die Rückforderung erst mit Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen im Bescheid vom 17.10.2012 entstanden und damit der Rückforderungsanspruch nicht verjährt sei. Ferner sei die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG innerhalb der Jahresfrist seit Kenntnisnahme der Tatsachen, welche die Rücknahme rechtfertigten, erfolgt. Die Beklagte habe am 17.10.2012 positive Kenntnis erlangt, dass die fraglichen Leistungen zu Unrecht gewährt worden seien und die weiteren Voraussetzungen für eine Rücknahme vorlägen. Dagegen spreche auch nicht die Tatsache, dass die Beklagte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens bzw. aus der Anklageschrift Kenntnis von dem - dem Strafverfahren zugrundeliegenden - Sachverhalt erlangt habe. Im vorliegenden Fall habe der Ausgang des Strafverfahrens gegen Dr. K. durch rechtskräftiges Strafurteil abgewartet werden müssen, da die Beklagte erst zu diesem Zeitpunkt eine sichere Kenntnis über die Tatsachen gehabt habe, die eine Rücknahme rechtfertigten. Schließlich könne sich die Klägerin nicht auf Entreicherung berufen.
20 
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bei ihrer informatorischen Anhörung ausgeführt, sie sei von der Erstattungsfähigkeit der erbrachten Leistungen ausgegangen. Dr. K. habe sie einen grünen Zettel über Analogabrechnungen unterschreiben lassen, sie habe aber keine Mehrfertigung erhalten. Bei Rechnungsstellung mit Abrechnung von „Akupunktur“ habe sie dann in der Praxis nachgefragt und um Übersendung einer Kopie des grünen Zettels gebeten, diese aber nie erhalten. Ihr sei bei wiederholter Nachfrage von den Mitarbeiterinnen der Praxis mitgeteilt worden, die Rechnung habe wegen der Analogabrechnungen ihre Richtigkeit. Sie habe es dann unterlassen, weiter zu insistieren, und die Rechnungen eingereicht. Der Senat hat Zeugenbeweis durch Vernehmung von Dr. K. erhoben. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zum Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
21 
Die Akten der Beklagten, das Strafurteil des Landgerichts München I und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart waren Gegenstand des Verfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013 - jeweils bezogen auf Kassenleistungen - sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
23 
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Rechtsgrundlage für die Rückforderung § 30 Abs. 4 der Satzung der beklagten Postbeamtenkrankenkasse in der zur Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013, i. V. m. § 48 VwVfG ist.
24 
Nach § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten sind zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die im Rückforderungsbescheid vom 17.12.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte ausgestaltet waren, bedurfte es als Voraussetzung einer Rückforderung zunächst der Aufhebung dieser Verwaltungsakte, was durch deren Rücknahme im Rahmen des Bescheids vom 17.12.2012 geschehen ist. Sowohl diese Rücknahme (1) als auch die Rückforderung (2) sind rechtmäßig erfolgt.
25 
1. Die Rücknahme der Geldleistung gewährenden Verwaltungsakte richtet sich nach § 48 Abs. 1 und 2 VwVfG.
26 
a) Die im Bescheid erfassten sechs Leistungsabrechnungen waren objektiv rechtswidrig (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da jeweils Leistungen abgerechnet wurden, die so nicht erbracht worden sind. Hiervon ist die Beklagte zu Recht ausgegangen. Das hat sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Darin hat der Zeuge angegeben, dass seine medizinischen Leistungen stets auf die Bioresonanztherapie und die weiteren im Tatbestand genannten Leistungen beschränkt waren und er herkömmliche Leistungen, wie sie formal den Abrechnungen zugrunde lagen, nicht erbracht hat. Dass er sich an den konkreten Patientenkontakt mit der Klägerin nicht erinnerte, beeinträchtigt die Glaubhaftigkeit seiner generellen Aussage nicht, sondern erscheint angesichts des Zeitabstands und der Vielzahl seiner Patientinnen und Patienten plausibel. Des weiteren spricht für die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Aussage, dass sich seine Angaben hierzu mit den Feststellungen in dem gegen ihn ergangenen Strafurteil decken. Hinzu kommt, dass auch die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat angegeben hat, sich gerade wegen der Bioresonanztherapie zur Behandlung beim Zeugen begeben zu haben, da herkömmliche Therapien bei ihr erfolglos geblieben seien.
27 
b) Auf Vertrauensschutz, der grundsätzlich nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG einer Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte entgegensteht, kann sich die Klägerin nicht berufen, denn er wird im vorliegenden Fall durch § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen.
28 
aa) Dabei folgt der Senat nicht der Annahme des Verwaltungsgerichts, die jeweiligen Verwaltungsakte seien durch arglistige Täuschung erwirkt, und damit sei § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG erfüllt. Die Klägerin hat insoweit formal zu Recht beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die Annahme einer arglistigen Täuschung maßgeblich aus den Feststellungen des gegen den Zeugen ergangenen Strafurteils abgeleitet hat, obgleich die Klägerin trotz des dort erhobenen Kollusionsvorwurfs mit dem Zeugen weder in dieses Strafverfahren einbezogen noch überhaupt je gegen sie in diesem Zusammenhang ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Aber auch inhaltlich fehlt dem Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung eine hinreichend sichere Überzeugung davon, dass die Klägerin arglistig getäuscht hat. Um arglistige Täuschung handelt es sich, wenn der Adressat des Verwaltungsakts durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, bei Behördenmitarbeitern einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorruft, diese durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen (BVerwG. Urteil vom 18.09.1985 - 2 C 30.84 - ZBR 1986, 52; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 48 Rn. 112). Die Klägerin hat hierzu bei ihrer Anhörung vor dem Senat ausgeführt, sie habe bei der Erwähnung der - tatsächlich nicht erbrachten - Akupunktur in der ersten Rechnung telefonisch nachgefragt und eine Kopie des von ihr unterschriebenen grünen Zettels über die Analogabrechnungen (erfolglos) erbeten, schließlich aber die Rechnungen unkommentiert weitergeleitet, weil ihr die Korrektheit der Abrechnung von Praxismitarbeiterinnen bestätigt worden sei. Zwar bestehen an ihrer Aussage Zweifel insofern, als ihre Behauptung, keine Mehrfertigung des grünen Zettels erhalten zu haben, in Widerspruch zu der Aussage des Zeugen steht, es seien stets Kopien des grünen Zettels an die Patienten ausgehändigt worden; außerdem erscheint es wenig plausibel, dass sie zunächst eine Kopie des grünen Zettels angefordert haben will, um ihn gegebenenfalls der bei der Kasse einzureichenden Arztrechnung beizufügen, dann aber - obwohl sie die angeforderte Kopie nicht erhalten habe - auf bloße telefonische Mitteilung, es habe alles seine Richtigkeit, die tatsächlich unrichtige Rechnung ohne erklärenden oder erläuternden Zusatz bei der Beklagten einreichte und die Richtigkeit der Angaben auf dem Erstattungsantrag versicherte. Gleichwohl hält es der Senat immerhin noch für möglich, dass die Klägerin insoweit die Augen verschlossen und nicht einen bewussten Täuschungsvorsatz gefasst hatte.
29 
bb) Die Klägerin kann sich aber auf Vertrauensschutz jedenfalls deshalb nicht berufen, weil die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG erfüllt sind.
30 
§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG liegt vor, weil die Klägerin die Leistungsbescheide durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, indem sie die Arztrechnungen ohne weitere Kommentierung oder Mitlieferung des ihr möglicherweise vorliegenden grünen Zettels eingereicht und die Richtigkeit ihrer Angaben versichert und damit zum Ausdruck gebracht hat, die konkret abgerechneten medizinischen Leistungen seien erbracht worden. Die entsprechenden Feststellungen lassen sich den Akten entnehmen und sind auch nicht streitig. Auf die Frage eines Verschuldens kommt es insoweit nicht an.
31 
Aber auch die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 sind gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin der grüne Zettel zur Analogabrechnung vorgelegen hat oder nicht. Denn die Rechtswidrigkeit der Bescheide, die auf von ihr erbrachten Fehlangaben beruhten, war ihr - wenn nicht bekannt - so doch zumindest infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt. Der Klägerin musste bei Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. dazu u. a. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn. 122) klar sein, dass ein auf unrichtigen oder in wesentlicher Hinsicht unvollständigen Sachverhaltsangaben beruhender Verwaltungsakt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht rechtmäßig ist. In diesem Zusammenhang kann sie sich - anders als bei der Frage einer arglistigen Täuschung - weder mit dem Hinweis auf ein bloßes Vergessen des Hinzufügens weiterer Informationen noch mit dem Hinweis auf Unklarheiten oder Fehlvorstellungen im Zusammenhang mit dem Begriff analoger Abrechnungen entlasten.
32 
c) Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung kann die Klägerin nicht für sich geltend machen. Mit Blick auf den fehlenden Vertrauensschutz ist regelmäßig eine Ermessensreduktion in Richtung einer Rücknahme auch für die Vergangenheit anzunehmen, wenn - wie hier - für einen Ausnahmefall nichts ersichtlich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn.127b und 127c). Unabhängig davon ist die im Widerspruchsbescheid erfolgte Ermessensausübung nicht zu beanstanden.
33 
d) Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG stand der Rücknahme nicht entgegen. Mangels Nachweisbarkeit von Arglist folgt das allerdings noch nicht aus einer tatbestandlichen Unanwendbarkeit der Vorschrift (vgl. hierzu § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG). Doch ist die Rücknahme rechtzeitig innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfolgt: Kenntnis von den gesamten Umständen lässt sich frühestens ab Rechtskraft des gegen den Zeugen wegen Abrechnungsbetrugs ergangenen Strafurteils annehmen (09.02.2012). Damit war die am 17.10.2012 erfolgte Rücknahme rechtzeitig. Ohne Erfolg versucht die Klägerin dem entgegenzuhalten, die Frist sei schon mit Kenntnis vom Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang des gegen den Zeugen gerichteten Strafverfahrens im Jahr 2008 in Lauf gesetzt worden, weshalb eine Rücknahme im Oktober 2012 verfristet sei. Sie verkennt hierbei, dass erst die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Behördenentscheidung über eine Rücknahme relevant sind oder sein können einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung unter Umständen relevanten Tatsachen die Frist in Lauf setzt (Kopp/Ramsauer aaO, Rn. 153 m. w. N.). Vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens kann von einer solchen Kenntnis jedenfalls nicht die Rede sein.
34 
Damit war die Rücknahme der streitgegenständlichen Leistungsbescheide rechtmäßig. Dies gilt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch hinsichtlich des im Strafurteil nicht erwähnten Leistungsbescheids, weil sich die vom Zeugen erbrachten Leistungen nach den übereinstimmenden Angaben des Zeugen und der Klägerin im gesamten Behandlungszeitraum auf Bioresonanztherapie beschränkt haben und auch der Abrechnungsmodus in der Weise unverändert geblieben ist, dass so nicht erbrachte Leistungen aufgeführt wurden, ohne dass in der Rechnung ein Hinweis auf diesbezüglich zu erwägende Analogansetzungen von Gebühren enthalten war.
35 
2. Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Kassenleistungen nach § 30 Abs. 4 der Satzung ist ebenfalls rechtmäßig. Insoweit liegt eine zwingende Regelung vor.
36 
a) Mit dem Verwaltungsgericht kann offen bleiben, ob neben § 30 Abs. 4 der Satzung auch § 49a Abs. 2 VwVfG ergänzend anzuwenden ist, dessen Satz 1 für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweist. Denn die Klägerin kann sich - auch bei Anwendbarkeit von § 49a VwVfG - auf einen Wegfall der Bereicherung jedenfalls nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht berufen, weil sie die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben, jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit (s. oben) nicht kannte.
37 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Erstattungsanspruch auch nicht verjährt. § 79 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Satzung bestimmt, dass Rückforderungsansprüche in drei Jahren verjähren und die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und die Beklagte von den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht in Auslegung dieser Bestimmung darauf, dass der Rückforderungsanspruch erst am 17.10.2012 entstanden und damit nicht verjährt ist, ohne dass es noch auf die Frage der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen ankommt. Die Argumentation der Klägerin, hier würden Verjährungsvorschriften umgangen, ist ebenso unrichtig wie ihre Annahme, die rückforderungsbegründenden Umstände seien bereits mit Kenntnis des Abschlusses des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens 2008 bekannt gewesen. Letzteres wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage einer möglichen Verfristung der Rücknahme nach § 48 Abs. 4 VwVfG verneint; hierauf wird verwiesen.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39 
Ein Ausspruch zu § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nicht veranlasst, da die Klägerin nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat und auch erstinstanzlich unterlegen ist, so dass für Erstattungsforderungen ihrerseits kein Raum ist.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 14. August 2015
42 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.237,60 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013 - jeweils bezogen auf Kassenleistungen - sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
23 
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Rechtsgrundlage für die Rückforderung § 30 Abs. 4 der Satzung der beklagten Postbeamtenkrankenkasse in der zur Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013, i. V. m. § 48 VwVfG ist.
24 
Nach § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten sind zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die im Rückforderungsbescheid vom 17.12.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte ausgestaltet waren, bedurfte es als Voraussetzung einer Rückforderung zunächst der Aufhebung dieser Verwaltungsakte, was durch deren Rücknahme im Rahmen des Bescheids vom 17.12.2012 geschehen ist. Sowohl diese Rücknahme (1) als auch die Rückforderung (2) sind rechtmäßig erfolgt.
25 
1. Die Rücknahme der Geldleistung gewährenden Verwaltungsakte richtet sich nach § 48 Abs. 1 und 2 VwVfG.
26 
a) Die im Bescheid erfassten sechs Leistungsabrechnungen waren objektiv rechtswidrig (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da jeweils Leistungen abgerechnet wurden, die so nicht erbracht worden sind. Hiervon ist die Beklagte zu Recht ausgegangen. Das hat sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Darin hat der Zeuge angegeben, dass seine medizinischen Leistungen stets auf die Bioresonanztherapie und die weiteren im Tatbestand genannten Leistungen beschränkt waren und er herkömmliche Leistungen, wie sie formal den Abrechnungen zugrunde lagen, nicht erbracht hat. Dass er sich an den konkreten Patientenkontakt mit der Klägerin nicht erinnerte, beeinträchtigt die Glaubhaftigkeit seiner generellen Aussage nicht, sondern erscheint angesichts des Zeitabstands und der Vielzahl seiner Patientinnen und Patienten plausibel. Des weiteren spricht für die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Aussage, dass sich seine Angaben hierzu mit den Feststellungen in dem gegen ihn ergangenen Strafurteil decken. Hinzu kommt, dass auch die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat angegeben hat, sich gerade wegen der Bioresonanztherapie zur Behandlung beim Zeugen begeben zu haben, da herkömmliche Therapien bei ihr erfolglos geblieben seien.
27 
b) Auf Vertrauensschutz, der grundsätzlich nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG einer Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte entgegensteht, kann sich die Klägerin nicht berufen, denn er wird im vorliegenden Fall durch § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen.
28 
aa) Dabei folgt der Senat nicht der Annahme des Verwaltungsgerichts, die jeweiligen Verwaltungsakte seien durch arglistige Täuschung erwirkt, und damit sei § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG erfüllt. Die Klägerin hat insoweit formal zu Recht beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die Annahme einer arglistigen Täuschung maßgeblich aus den Feststellungen des gegen den Zeugen ergangenen Strafurteils abgeleitet hat, obgleich die Klägerin trotz des dort erhobenen Kollusionsvorwurfs mit dem Zeugen weder in dieses Strafverfahren einbezogen noch überhaupt je gegen sie in diesem Zusammenhang ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Aber auch inhaltlich fehlt dem Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung eine hinreichend sichere Überzeugung davon, dass die Klägerin arglistig getäuscht hat. Um arglistige Täuschung handelt es sich, wenn der Adressat des Verwaltungsakts durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, bei Behördenmitarbeitern einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorruft, diese durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen (BVerwG. Urteil vom 18.09.1985 - 2 C 30.84 - ZBR 1986, 52; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 48 Rn. 112). Die Klägerin hat hierzu bei ihrer Anhörung vor dem Senat ausgeführt, sie habe bei der Erwähnung der - tatsächlich nicht erbrachten - Akupunktur in der ersten Rechnung telefonisch nachgefragt und eine Kopie des von ihr unterschriebenen grünen Zettels über die Analogabrechnungen (erfolglos) erbeten, schließlich aber die Rechnungen unkommentiert weitergeleitet, weil ihr die Korrektheit der Abrechnung von Praxismitarbeiterinnen bestätigt worden sei. Zwar bestehen an ihrer Aussage Zweifel insofern, als ihre Behauptung, keine Mehrfertigung des grünen Zettels erhalten zu haben, in Widerspruch zu der Aussage des Zeugen steht, es seien stets Kopien des grünen Zettels an die Patienten ausgehändigt worden; außerdem erscheint es wenig plausibel, dass sie zunächst eine Kopie des grünen Zettels angefordert haben will, um ihn gegebenenfalls der bei der Kasse einzureichenden Arztrechnung beizufügen, dann aber - obwohl sie die angeforderte Kopie nicht erhalten habe - auf bloße telefonische Mitteilung, es habe alles seine Richtigkeit, die tatsächlich unrichtige Rechnung ohne erklärenden oder erläuternden Zusatz bei der Beklagten einreichte und die Richtigkeit der Angaben auf dem Erstattungsantrag versicherte. Gleichwohl hält es der Senat immerhin noch für möglich, dass die Klägerin insoweit die Augen verschlossen und nicht einen bewussten Täuschungsvorsatz gefasst hatte.
29 
bb) Die Klägerin kann sich aber auf Vertrauensschutz jedenfalls deshalb nicht berufen, weil die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG erfüllt sind.
30 
§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG liegt vor, weil die Klägerin die Leistungsbescheide durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, indem sie die Arztrechnungen ohne weitere Kommentierung oder Mitlieferung des ihr möglicherweise vorliegenden grünen Zettels eingereicht und die Richtigkeit ihrer Angaben versichert und damit zum Ausdruck gebracht hat, die konkret abgerechneten medizinischen Leistungen seien erbracht worden. Die entsprechenden Feststellungen lassen sich den Akten entnehmen und sind auch nicht streitig. Auf die Frage eines Verschuldens kommt es insoweit nicht an.
31 
Aber auch die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 sind gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin der grüne Zettel zur Analogabrechnung vorgelegen hat oder nicht. Denn die Rechtswidrigkeit der Bescheide, die auf von ihr erbrachten Fehlangaben beruhten, war ihr - wenn nicht bekannt - so doch zumindest infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt. Der Klägerin musste bei Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. dazu u. a. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn. 122) klar sein, dass ein auf unrichtigen oder in wesentlicher Hinsicht unvollständigen Sachverhaltsangaben beruhender Verwaltungsakt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht rechtmäßig ist. In diesem Zusammenhang kann sie sich - anders als bei der Frage einer arglistigen Täuschung - weder mit dem Hinweis auf ein bloßes Vergessen des Hinzufügens weiterer Informationen noch mit dem Hinweis auf Unklarheiten oder Fehlvorstellungen im Zusammenhang mit dem Begriff analoger Abrechnungen entlasten.
32 
c) Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung kann die Klägerin nicht für sich geltend machen. Mit Blick auf den fehlenden Vertrauensschutz ist regelmäßig eine Ermessensreduktion in Richtung einer Rücknahme auch für die Vergangenheit anzunehmen, wenn - wie hier - für einen Ausnahmefall nichts ersichtlich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn.127b und 127c). Unabhängig davon ist die im Widerspruchsbescheid erfolgte Ermessensausübung nicht zu beanstanden.
33 
d) Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG stand der Rücknahme nicht entgegen. Mangels Nachweisbarkeit von Arglist folgt das allerdings noch nicht aus einer tatbestandlichen Unanwendbarkeit der Vorschrift (vgl. hierzu § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG). Doch ist die Rücknahme rechtzeitig innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfolgt: Kenntnis von den gesamten Umständen lässt sich frühestens ab Rechtskraft des gegen den Zeugen wegen Abrechnungsbetrugs ergangenen Strafurteils annehmen (09.02.2012). Damit war die am 17.10.2012 erfolgte Rücknahme rechtzeitig. Ohne Erfolg versucht die Klägerin dem entgegenzuhalten, die Frist sei schon mit Kenntnis vom Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang des gegen den Zeugen gerichteten Strafverfahrens im Jahr 2008 in Lauf gesetzt worden, weshalb eine Rücknahme im Oktober 2012 verfristet sei. Sie verkennt hierbei, dass erst die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Behördenentscheidung über eine Rücknahme relevant sind oder sein können einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung unter Umständen relevanten Tatsachen die Frist in Lauf setzt (Kopp/Ramsauer aaO, Rn. 153 m. w. N.). Vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens kann von einer solchen Kenntnis jedenfalls nicht die Rede sein.
34 
Damit war die Rücknahme der streitgegenständlichen Leistungsbescheide rechtmäßig. Dies gilt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch hinsichtlich des im Strafurteil nicht erwähnten Leistungsbescheids, weil sich die vom Zeugen erbrachten Leistungen nach den übereinstimmenden Angaben des Zeugen und der Klägerin im gesamten Behandlungszeitraum auf Bioresonanztherapie beschränkt haben und auch der Abrechnungsmodus in der Weise unverändert geblieben ist, dass so nicht erbrachte Leistungen aufgeführt wurden, ohne dass in der Rechnung ein Hinweis auf diesbezüglich zu erwägende Analogansetzungen von Gebühren enthalten war.
35 
2. Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Kassenleistungen nach § 30 Abs. 4 der Satzung ist ebenfalls rechtmäßig. Insoweit liegt eine zwingende Regelung vor.
36 
a) Mit dem Verwaltungsgericht kann offen bleiben, ob neben § 30 Abs. 4 der Satzung auch § 49a Abs. 2 VwVfG ergänzend anzuwenden ist, dessen Satz 1 für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweist. Denn die Klägerin kann sich - auch bei Anwendbarkeit von § 49a VwVfG - auf einen Wegfall der Bereicherung jedenfalls nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht berufen, weil sie die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben, jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit (s. oben) nicht kannte.
37 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Erstattungsanspruch auch nicht verjährt. § 79 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Satzung bestimmt, dass Rückforderungsansprüche in drei Jahren verjähren und die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und die Beklagte von den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht in Auslegung dieser Bestimmung darauf, dass der Rückforderungsanspruch erst am 17.10.2012 entstanden und damit nicht verjährt ist, ohne dass es noch auf die Frage der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen ankommt. Die Argumentation der Klägerin, hier würden Verjährungsvorschriften umgangen, ist ebenso unrichtig wie ihre Annahme, die rückforderungsbegründenden Umstände seien bereits mit Kenntnis des Abschlusses des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens 2008 bekannt gewesen. Letzteres wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage einer möglichen Verfristung der Rücknahme nach § 48 Abs. 4 VwVfG verneint; hierauf wird verwiesen.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39 
Ein Ausspruch zu § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nicht veranlasst, da die Klägerin nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat und auch erstinstanzlich unterlegen ist, so dass für Erstattungsforderungen ihrerseits kein Raum ist.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 14. August 2015
42 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.237,60 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 insoweit, als darin der Klage stattgegeben wird und soweit es die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ betrifft, geändert.

Die Klage wird insoweit, als sich der Kläger gegen die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ in dem Bescheid vom 11. Januar 2008 und dem Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 wendet, abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und des erstinstanzlichen Verfahrens, soweit dieses die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ betrifft.

Hinsichtlich der Kosten ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung von Leistungsbewilligungen.

2

Der Kläger ist examinierter Altenpfleger. Er war in der Vergangenheit – bis Juli 2007 – Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Hamburg. Nachdem er bis Juli 2002 in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden hatte, war er in der Folgezeit – vom 2. Juli 2002 bis zum 23. November 2003 – krankgeschrieben und bezog Krankengeld.

3

Der Kläger nahm als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr im Mai 2003 – während des Bezugs von Krankengeld – an einem viertägigen Lehrgang teil. Am 16. Mai 2003 beantragte er die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages gemäß § 14 Abs. 4 FeuerwG in Höhe von insgesamt 920,-- Euro (4 Tage á 230,-- Euro [Tageshöchstbetrag gemäß § 35 FeuerwV]) und gab dabei an, beruflich selbständig zu sein und regelmäßige Arbeitszeiten montags bis freitags jeweils von 8.00 Uhr bis 16.30 Uhr und samstags und sonntags jeweils von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr zu haben. Die Beklagte zahlte an den Kläger den pauschalen Anerkennungsbetrag wie beantragt aus. Ein schriftlicher Bewilligungsbescheid erging nicht.

4

Im September 2003 – ebenfalls noch während des Bezugs von Krankengeld – nahm der Kläger an einem Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr teil und beantragte in der Folge hierfür die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages in Höhe von 230,-- Euro. Auch hierbei gab er an, beruflich selbständig zu sein und regelmäßige Arbeitszeiten von 8.15 Uhr bis 16.00 Uhr zu haben. Die Beklagte zahlte an den Kläger den pauschalen Anerkennungsbetrag wie beantragt aus. Ein schriftlicher Bewilligungsbescheid erging nicht.

5

Im November 2003 unterzeichnete der Kläger einen Arbeitsvertrag mit einem Intensiv-Pflegedienst, in dem er sich verpflichtete, dort ab dem 1. Januar 2004 in Vollzeit (40 Stunden an sechs Tagen) zu arbeiten. Der Arbeitsbeginn wurde später einvernehmlich auf den 12. Januar 2004 verschoben.

6

Vom 9. Dezember 2003 bis 11. Januar 2004 war der Kläger arbeitslos gemeldet. Er bezog in dieser Zeit Arbeitslosengeld.

7

Nachdem der Kläger am 12. Januar 2004 seine neue Stelle angetreten hatte, wurde ihm bereits am 13. Januar 2004 mit sofortiger Wirkung gekündigt und er wurde bis zum 31. Januar 2004 von der Arbeit freigestellt. In dieser Zeit erhielt der Kläger den vereinbarten Lohn und er war krankenversichert.

8

Am 17. Januar 2004 erlitt der Kläger im Rahmen eines Einsatzes der Freiwilligen Feuerwehr eine Verletzung des Sprunggelenks. In der hierzu gefertigten Unfallanzeige vom 19. Januar 2004 ist als Beruf des Klägers „selbständig“ angegeben.

9

Erstmals unter dem 4. Februar 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten wegen des Unfalls vom 17. Januar 2004 die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages wegen Verdienstausfalls in der Zeit vom 18. Januar 2004 bis zum 13. Februar 2004. In dem Antragsformular bezeichnete er sich als „beruflich Selbständiger“ und gab 22 (fiktive) Arbeitstage sowie seine tägliche regelmäßige Arbeitszeit mit „20.00 bis 6.00 Uhr“ an. Dem Antrag legte er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum vom 19. Januar 2004 bis zum 13. Februar 2004 bei. Die Beklagte zahlte an den Kläger auf der Grundlage einer entsprechenden internen Auszahlungsanordnung den pauschalen Anerkennungsbetrag wie beantragt und unter Zugrundelegung des Tageshöchstbetrags in Höhe von insgesamt 5.060,-- Euro (22 x 230,-- Euro) aus. Dabei gingen die Sachbearbeiter bei der Beklagten davon aus, dass ein pauschaler Anerkennungsbetrag auch für Zeiten dienstunfallbedingter Arbeitsunfähigkeit gezahlt werden könne. Ein schriftlicher Bewilligungsbescheid erging nicht.

10

In der Folgezeit beantragte der Kläger bei der Beklagten wiederholt die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages, legte jeweils Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor und ging im Übrigen wie bei seinem Antrag vom 4. Februar 2004 vor. Die Beklagte erließ keine schriftlichen Bewilligungsbescheide, sondern zahlte an den Kläger auf der Grundlage entsprechender interner Auszahlungsanordnungen insgesamt 113.984,-- Euro wie folgt aus:

11


lfd. Nr.


Antrag


Zeitraum


Auszahlung-AO


Betrag (Euro)

1       

4.2.2004

18.1.2004 – 13.2.2004

5.2.2004

5.060,--

2       

4.3.2004

13.2.2004 – 5.3.2004

10.3.2004

4.140,--

3       

3.4.2004

19.3.2004 – 26.3.2004

27.4.2004

1.610,--

4       

23.4.2004

6.3.2014 – 18.3.2004

1.6.2004

2.070,--

5       

23.4.2004

27.3.2004 – 30.3.2004

1.6.2004

920,--

6       

23.4.2004

1.4.2004 – 30.4.2004

1.6.2004

5.060,--

7       

21.5.2004

1.5.2004 – 25.5.2004

1.6.2004

5.060,--

8       

24.6.2004

1.6.2004 – 26.6.2004

29.6.2004

5.060,--

9       

26.6.2004

28.6.2004 – 16.7.2004

29.6.2004

4.140,--

10    

20.7.2004

16.7.2004 – 20.8.2004

26.7.2004

6.440,--

11    

20.8.2004

20.8.2004 – 29.8.2004

25.8.2004

2.070,--

12    

30.8.2004

30.8.2004 – 30.9.2004

30.9.2004

5.750,--

13    

5.10.2004

1.10.2004 – 19.10.2004

3.11.2004

3.680,--

14    

19.10.2004

19.10.2004 – 1.11.2004

3.11.2004

2.760,--

15    

2.11.2004

1.11.2004 – 26.11.2004

29.11.2004

5.520,--

16    

7.12.2004

    27.11.2004 – 14.12.2004

22.12.2004

3.450,--

17    

14.12.2004

15.12.2004 – 5.1.2005

22.12.2004

3.680,--

18    

17.1.2005

6.1.2005 – 20.1.2005

3.2.2005

2.806,--

19    

3.2.2005

21.1.2005 – 16.2.2005

22.2.2005

4.994,--

20    

23.2.2005

16.2.2005 – 7.3.2005

23.3.2005

3.458,--

21    

9.3.2005

8.3.2005 – 22.3.2005

23.3.2005

2.842,--

22    

23.3.2005

22.3.2005 – 4.4.2005

27.4.2005

2.226,--

23    

28.4.2005

4.4.2005 – 29.4.2005

3.5.2005

4.838,--

24    

28.4.2005

29.4.2005 – 4.5.2005

3.5.2005

846,--

25    

4.5.2005

4.5.2005 – 19.5.2005

6.6.2005

2.382,--

26    

19.5.2005

20.5.2005 – 27.5.2005

6.6.2005

1.536,--

27    

11.6.2005

28.5.2005 – 6.7.2005

25.7.2005

7.220,--

28    

14.7.2005

7.7.2005 – 31.8.2005

2.9.2005

10.448,--

29    

7.9.2005

1.9.2005 – 21.9.2005

8.12.2005

3.918,--

12

Parallel zu der Gewährung pauschaler Anerkennungsbeträge bezog der Kläger bei der Hanseatischen Feuerwehr-Unfallkasse wegen des am 17. Januar 2004 erlittenen Unfalls im Zeitraum vom 19. Januar 2004 bis zum 17. Mai 2005 Verletztengeld in Höhe von insgesamt 43.309,-- Euro zzgl. Mehrleistungen. Auch hier hatte er bei der Antragstellung angegeben, beruflich selbständig zu sein. Ferner beantragte der Kläger im März 2004 – obwohl er fortlaufend krankgeschrieben war – bei der Bundesagentur für Arbeit einen monatlichen Existenzgründungszuschuss, der ihm für zwölf Monate in Höhe von monatlich 600,-- Euro (insgesamt 7.200,-- Euro) gewährt wurde. Zuvor hatte er im Februar 2004 ein Gewerbe angemeldet, das im Dezember 2004 wieder abgemeldet wurde.

13

Im Juni 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages wegen des Unfalls vom 17. Januar 2004, weil er in der Zeit vom 14. Mai 2007 bis zum 30. Juni 2007 krankgeschrieben war. Dieser Antrag veranlasste die Beklagte zu einer Überprüfung der Angelegenheit.

14

Mit Bescheid vom 23. Oktober 2007 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung eines weiteren pauschalen Anerkennungsbetrages ab: Die Leistung nach § 14 Abs. 4 FeuerwG werde nur an beruflich Selbständige geleistet. Der Kläger sei aber im Zeitpunkt seines Unfalls nicht selbständig gewesen. Im Übrigen werde nach § 14 Abs. 4 FeuerwG kein unfallbedingter Verdienstausfall gewährt. Derartige Leistungen würden von der Unfallversicherung gewährt. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch.

15

Auf die Mitteilung der Beklagten, dass beabsichtigt sei, die in der Vergangenheit erfolgten Bewilligungen aufzuheben, machte der Kläger geltend, er habe zum 5. Januar 2004 seine Stelle auf 50 % reduziert und habe sich ab dem 13. Januar 2004 vollständig auf seine Selbständigkeit konzentriert.

16

Mit Bescheid vom 11. Januar 2008 hob die Beklagte alle bislang ergangenen „Bescheide“ über die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages auf und forderte ihn zur Rückzahlung von insgesamt 115.134,-- Euro bis zum 8. Februar 2008 zzgl. (Verzugs-) Zinsen in Höhe des Basiszinssatzes ab dem 8. Februar 2008 für den Fall nicht rechtzeitiger Zahlung auf. Als Daten der „Bescheide“ gab sie für solche Auszahlungen, die nach dem Unfall des Klägers erfolgt waren, da jeweilige Datum der Auszahlungsanordnung an. Für die aufgrund der Einsätze im Mai 2003 und im September 2003 erfolgten Auszahlungen gab die Beklagte als Daten der „Bescheide“ das Datum der jeweiligen Antragstellung des Klägers an. Zur Begründung der Aufhebung und der Rückforderung verwies die Beklagte auf § 48 Abs. 2 HmbVwVfG und darauf, dass der Kläger wahrheitswidrig angegeben habe, beruflich selbständig zu sein. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch.

17

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. April 2009 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 23. Oktober 2007 zurück.

18

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 11. Januar 2008 zurück: Die Aufhebung der Bewilligungen beruhe auf § 48 Abs. 1 und 2 HmbVwVfG. Mangels Selbständigkeit habe der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen nach § 14 Abs. 4 FeuerwG gehabt. Im Mai 2003 bzw. im September 2003 sei er abhängig beschäftigt gewesen bzw. arbeitsunfähig krankgeschrieben gewesen. Zur Zeit des Dienstunfalls im Januar 2004 sei er abhängig beschäftigt gewesen. Seine anderslautenden Beteuerungen seien nicht glaubhaft. Für die ab Februar 2004 gewährten Leistungen komme hinzu, dass die Leistung nach § 14 Abs. 4 FeuerwG keine krankheitsbedingten Ausfallzeiten erfasse. Auch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift scheide aus. Auf Vertrauen könne sich der Kläger wegen § 49 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und 2 VwVfG nicht berufen. Die fehlerhafte rechtliche Bewertung durch die Beklagte trete hinter der vorsätzlichen Täuschung durch den Kläger zurück. Die Rückforderung zu viel gezahlter Leistungen beruhe auf § 49a Abs. 1 HmbVwVfG. Der geltend gemachte Zinsanspruch werde gemäß § 49a Abs. 3 HmbVwVfG festgesetzt und bleibe sowohl hinsichtlich des Zeitraums, für den er geltend gemacht werde, als auch hinsichtlich der Höhe hinter dem nach § 49a Abs. 3 HmbVwVfG Möglichen zurück.

19

Mit Urteil vom 21. April 2010 – nachdem die vorliegende Klage anhängig geworden ist – verurteilte das Amtsgericht Hamburg-St. Georg den Kläger wegen versuchten Betruges in 26 Fällen sowie wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Auf die Berufungen des Klägers und der Staatsanwaltschaft verurteilte das Landgericht Hamburg den Kläger mit Urteil vom 10. Februar 2011 wegen vollendeten Betruges in 27 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung. Dieses Urteil änderte das Hanseatische Oberlandesgericht mit Beschluss vom 17. August 2011 im Schuldspruch dahin, dass der Kläger des (vollendeten) Betruges in 23 Fällen schuldig sei; im Rechtsfolgenausspruch hob es das landgerichtliche Urteil mit den zugehörigen Feststellungen auf. Mit Urteil vom 6. Dezember 2011 verurteilte das Landgericht Hamburg den Kläger wegen Betruges in 23 Fällen und unter Einbeziehung einer (Freiheits-) Strafe aus einem im April 2010 gegen den Kläger wegen gemeinschaftlichen Betrugs ergangenen amtsgerichtlichen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstraße von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte.

20

Mit seiner am 18. Mai 2009 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht: Der Rückforderungsbescheid sei nicht hinreichend bestimmt, weil der Gesamtbetrag nicht nachvollziehbar aufgeschlüsselt werde. Er – der Kläger – sei zum Zeitpunkt seines Unfalls freiberuflich und damit selbständig tätig gewesen. § 14 Abs. 4 FeuerwG setze zudem gar keine Selbständigkeit voraus. Die Vorschrift sei im Übrigen auch einschlägig, wenn Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr Dienstausfall wegen eines Unfalls im Einsatz erlitten. Die Beklagte habe den Sachverhalt unzureichend ermittelt. Es werde die Einrede der Verjährung erhoben.

21

Der Kläger hat beantragt,

22

1. den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 11. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2009 aufzuheben,

23

2. die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2009 zu verpflichten, dem Kläger einen Anerkennungsbetrag in Höhe von 8.773,-- Euro zu leisten.

24

Die Beklagte hat beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Die Beklagte ist dem Vorbringen des Klägers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht entgegen getreten. Sie hat die Auffassung vertreten, es sei maßgeblich darauf abzustellen, dass der Kläger im Zeitpunkt des Dienstunfalls abhängig beschäftigt gewesen sei.

27

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 den Bescheid vom 11. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2009 aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen: Die angefochtenen Bescheide könnten, soweit darin Bewilligungsbescheide für die Vergangenheit aufgehoben würden, nicht auf § 48 HmbVwVfG gestützt werden. Die Beklagte habe gegenüber dem Kläger keine Verwaltungsakte erlassen. Bei den erstellten „Auszahlungsanordnungen“ handele es sich nicht um Verwaltungsakte. Gleiches gelte für die von der Landeshauptkasse veranlassten Buchungen zugunsten des Bankkontos des Klägers. Es sei auch kein „konkludenter“ Verwaltungsakt erlassen worden. Da die Beklagte mithin keine Verwaltungsakte habe aufheben können, gehe auch die auf § 49a HmbVwVfG gestützte Rückforderung ins Leere. Demgegenüber könne der Kläger nicht verlangen, dass die Beklagte ihm für den Zeitraum 14. Mai 2007 bis zum 30. Juni 2007 einen pauschalen Anerkennungsbetrag auszahle. § 14 Abs. 4 FeuerwG gebe keinen Anspruch bei dienstunfallbedingter Arbeitsunfähigkeit.

28

Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 17. August 2016 die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugelassen.

29

Mit ihrer am 12. September 2016 eingegangenen Berufungsbegründung macht die Beklagte insbesondere und vertiefend Ausführungen zu ihrer Auffassung, bei den jeweils auf die Anträge des Klägers hin erfolgten Auszahlungen habe es sich um Verwaltungsakte gehandelt.

30

Die Beklagte hat zunächst angekündigt, sie wolle beantragen, das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 insoweit, als darin der Klage stattgegeben wird, zu ändern und die Klage (insgesamt) abzuweisen. Nachdem der Kläger mitgeteilt hat, dass über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, hat der Senat das Verfahren mit Beschluss vom 7. Juni 2017 insoweit abgetrennt, als sich der Kläger gegen die Rückforderung (zzgl. Zinsen) in dem Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2008 und dem Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 wendet. Das Berufungsverfahren ist, soweit es den abgetrennten Gegenstand betrifft, nunmehr unter dem Aktenzeichen 3 Bf 113/17 anhängig.

31

Die Beklagte beantragt in dem vorliegenden Verfahren,

32

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 insoweit, als darin der Klage stattgegeben wird und soweit es die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ betrifft, zu ändern und die Klage insoweit, als sich der Kläger gegen die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ in dem Bescheid vom 11. Januar 2008 und dem Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 wendet, abzuweisen.

33

Der Kläger beantragt,

34

die Berufung zurückzuweisen.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens, auf die Gerichtsakte des abgetrennten Verfahrens (3 Bf 113/17), auf die Sachakten der Beklagten (zwei Bände) sowie auf die beigezogen Akten des Strafverfahrens (insgesamt fünf Bände) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

36

Der Senat ist nicht gehindert, über die vorliegende Berufung zu entscheiden, obwohl über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Zwar wird gemäß § 173 Satz 1 VwGO, § 240 Satz 1 ZPO das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Partei unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Auf die Anfechtung der von der Beklagten verfügten Aufhebung von Verwaltungsakten erstreckt sich die Unterbrechung indes nicht. Denn die Aufhebung begünstigender Verwaltungsakte ist ein rechtsgestaltender Akt, der den Erstattungsanspruch durch Beseitigung des Rechtsgrundes für die ursprüngliche Leistung erst entstehen lässt. Die Aufhebung stellt, anders als die Rückforderung, daher nicht die Verfolgung einer Forderung auf Befriedigung aus der Insolvenzmasse dar, die nur nach Maßgabe der insolvenzrechtlichen Vorschriften erfolgen darf, sondern sie ist Voraussetzung für eine solche Forderung und hiervon zu unterscheiden (vgl. zum Vorstehenden bereits OVG Hamburg, Beschl. v. 7.6.2017, 3 Bf 96/15, juris Rn. 4, m.w.N.).

37

Die zulässige Berufung ist begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung der Klage – in dem Umfang, in dem sie Gegenstand dieses Berufungsverfahrens ist – stattgegeben und den Rücknahmebescheid der Beklagten vom 11. Januar 2008 und den Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 aufgehoben. Denn die Klage ist, soweit sie Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist, unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind, soweit sie Gegenstand dieses Berufungsverfahrens sind, rechtmäßig (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil die Beklagte darin die gegenüber dem Kläger erfolgten Bewilligungen zu Recht zurückgenommen hat.

I.

38

Rechtsgrundlage für die Rücknahme der zugunsten des Klägers erfolgten Bewilligungen ist § 48 Abs. 1 HmbVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt zurückgenommen werden, bei begünstigenden Verwaltungsakten allerdings nur unter den Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 bis 4 HmbVwVfG. Die Rücknahmevoraussetzungen sind vorliegend erfüllt: Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger begünstigende Verwaltungsakte erlassen (hierzu 1.). Diese waren rechtswidrig (hierzu 2.). Der Rücknahme steht kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers entgegen (hierzu 3.). Die Rücknahme war auch nicht verfristet (hierzu 4.). Die Beklagte hat das Rücknahmeermessen fehlerfrei ausgeübt (hierzu 5.).

39

1. Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger begünstigende Verwaltungsakte erlassen, indem sie ihm auf seine entsprechenden Anträge hin pauschale Anerkennungsbeträge gemäß § 14 Abs. 4 FeuerwG bewilligt hat.

40

Allerdings hat das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt, dass gegenüber dem Kläger keine schriftlichen (Bewilligungs-) Bescheide ergangen sind. Ebenfalls zutreffend ist es, dass es sich bei den von der Beklagten gefertigten (internen) Auszahlungsanordnungen nicht um Verwaltungsakte i.S.v. § 35 Satz 1 HmbVwVfG gehandelt hat, weil diese nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet gewesen sind. Der erkennende Senat teilt demgegenüber nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, auch in den von der Beklagten auf die jeweiligen Anträge des Klägers hin veranlassten Auszahlungen des Geldes lägen keine außenwirksamen Regelungen i.S.v. § 35 Satz 1 HmbVwVfG.

41

Der Auszahlung von Geld, auch wenn sie – wie hier – in unbarer Form durch Überweisung erfolgt, fehlt allerdings für gewöhnlich die für das Vorliegen eines Verwaltungsaktes konstitutive Regelungswirkung. Denn die Behörde hat die auf die Begründung eines Anspruchs des Empfängers gerichteten Willenserklärungen regelmäßig bereits im Vorwege durch Bescheid (oder Vertrag) abgegeben. In derartigen Fällen ist die Auszahlung einer Geldleistung für den Zahlungsempfänger nach ihrem objektiven Sinngehalt gerade nicht auf eine unmittelbare und verbindliche Festlegung von Rechten und Pflichten gerichtet, sondern es handelt sich um eine bloße schlicht-hoheitliche Maßnahme ohne Regelungswirkung, d.h. um eine Maßnahme, die den Vollzug einer zuvor ergangenen Regelung darstellt.

42

Anders kann es aber dort sein, wo der Auszahlung keine (schriftliche oder anderweitig zum Ausdruck gebrachte) Bewilligung vorausgeht. Wird eine Leistung beantragt, und erfolgt daraufhin eine Auszahlung der Leistung, ohne dass zuvor eine ausdrückliche Bewilligung vorgenommen wurde, so kommt es in Betracht, die Zahlung nicht lediglich als einen schlicht-hoheitlichen Realakt, sondern (auch) als konkludenten Verwaltungsakt anzusehen. Denn die Zahlung schließt dann die Entscheidung ein, ob und in welcher Höhe gezahlt werden soll. Mit ihr wird gleichzeitig festgestellt, dass dem Leistungsempfänger der der Zahlung zugrunde liegende Anspruch zusteht. Dies kann jedenfalls und zumal dann gelten, wenn der Auszahlung – wie hier aufgrund der Notwendigkeit, im Antrag verschiedene Angaben zu machen, um die Berechtigung und die Höhe des Anspruchs beurteilen zu können – eine behördliche Prüfung vorausgeht und dies für den Leistungsempfänger erkennbar ist (vgl. hierzu OVG Weimar, Urt. v. 18.11.2009, 1 KO 693/07, BauR 2010, 893, juris Rn. 26; siehe auch OVG Berlin, Urt. v. 27.3.1981, 2 B 21/79, NVwZ 1982, 253, juris Ls). In derartigen Fällen muss auch der Leistungsempfänger die Auszahlung regelmäßig dahin verstehen, dass mit ihr gleichzeitig die Bekanntgabe einer auf seinen Antrag hin erfolgten Bewilligungsentscheidung verbunden ist, d.h. die konkludente Mitteilung, dass seinem Antrag stattgegeben wird (vgl. BSG, Urt. v. 25.3.2003, B 1 KR 36/01 R, BSGE 91, 39, juris Rn. 11, m.w.N. [Auszahlung von Krankengeld]; BFH, Urt. v. 1.3.1974, VI R 253/70, BFHE 111, 457, juris Rn. 7 [Erstattung von Steuern]; VG Magdeburg, Urt. v. 5.12.2012, 1 A 142, 11, juris Rn. 17 [Auszahlung von Lohnersatzleistungen]; VG München, Urt. v. 1.3.2011, M 16 K 10.6145, juris Rn. 32 ff. [Auszahlung einer Prüfervergütung]; VG Braunschweig, Urt. v. 6.3.2003, 3 A 95/01, juris Rn. 18 [Auszahlung von Sozialleistungen]; vgl. auch FG Münster, Urt. v. 12.6.2013, 10 K 1551/11 Kg, juris Rn. 20 [Auszahlung von Kindergeld]; s. ferner Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 37 Rn. 20; Tiedemann, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, Stand: 1. Januar 2017, § 37 Rn. 34; offen gelassen bei BVerwG, Urt. v. 14.7.1998, 5 C 2.97, DVBl. 1998, 1135, juris Rn. 11; anders – zu einem anders gelagerten Sachverhalt –: OVG Weimar, a.a.O.; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 89; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, Anh. § 42 Rn. 26).

43

Nach den vorstehenden Maßgaben misst der erkennende Senat den von der Beklagten auf die jeweiligen Anträge des Klägers hin veranlassten Auszahlungen des Geldes Verwaltungsaktqualität i.S.v. § 35 Satz 1 HmbVwVfG zu. Der Kläger hat jeweils die Gewährung von pauschalen Anerkennungsbeträgen beantragt und hierbei Angaben über die Zeiträume, für die die Leistung beantragt wird, über die Höhe der beanspruchten Leistung sowie über weitere anspruchsrelevante Umstände (Beschäftigungsstatus, Krankschreibung) gemacht. Die Beklagte hat daraufhin Auszahlungen zu Gunsten des Klägers getätigt, ohne zuvor gesonderte Bewilligungsbescheide zu erlassen. Aufgrund seiner gestellten Anträge und der darin von ihm gemachten Angaben musste sich dem Kläger aufdrängen, dass nach dem objektiven Erklärungsgehalt der zu seinen Gunsten erfolgten Auszahlungen mit diesen auch entsprechende Bewilligungen seiner Anträge verbunden waren (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 14.7.1998, 5 C 2.97, DVBl. 1998, 1135, juris Rn. 11). Er selber hatte wiederholt bei der Beklagten nachgefragt, ob dort alle für die Auszahlung erforderlichen Unterlagen und Angaben vorhanden seien oder ob Weiteres nachgereicht werden müsse. Davon, dass die Beklagte die Auszahlungen nicht soz. automatisch vornahm, sondern die Anträge einer – in vielerlei Hinsicht unzutreffenden und unzureichenden (hierzu i.E. sogleich unter 2.) – Prüfung unterzog, ging demnach auch der Kläger aus. Dem kann, anders als dies der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vertreten hat, nicht entgegen gehalten werden, dass den Auszahlungen der Inhalt der damit verbundenen Regelungen und die hierbei angenommenen tatsächlichen und rechtlichen Umstände nicht entnommen werden konnten. Gegenstand der Regelungen war nur die jeweilige Bewilligung der zuvor jeweils beantragten Leistung in einer bestimmten Höhe. Diese Regelungsinhalte ergaben sich aus den Auszahlungen ohne Weiteres. Die den Bewilligungsentscheidungen zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Umstände sind nicht Teil der jeweiligen Regelung, sondern sie betreffen ihre – vorliegend verzichtbare (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 1 und 2 HmbVwVfG) – Begründung.

44

Die Gründe, die das Verwaltungsgericht zu seiner anderslautenden, die Eigenheiten des vorliegenden Einzelfalls von vornherein unbeachtet lassenden Auffassung veranlasst haben, vermögen den erkennenden Senat nicht zu überzeugen. Die Annahme, dass „die Rechtsfigur eines ´konkludenten Verwaltungsaktes` (...) mit den gesetzlichen Vorschriften über das Verwaltungsverfahren nicht im Einklang“ stehe, übersieht, dass ein Verwaltungsakt nach § 37 Abs. 2 Satz 1 HmbVwVfG nicht nur schriftlich und mündlich, sondern auch in anderer Weise – etwa durch konkludentes Verhalten – erlassen werden kann. Es überzeugt auch nicht, aus dem Vorliegen schriftlicher Anträge abzuleiten, dass eine Bewilligung dieser Anträge stets nur in schriftlicher Form habe erfolgen können. Für die Annahme, dass über schriftliche Anträge nur schriftlich entschieden werden kann, gibt es keine gesetzlichen Anknüpfungspunkte (anders – ohne nähere Begründung – aber Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 37 Rn. 50).

45

2. Die Bewilligungen pauschaler Anerkennungsbeträge nach § 14 Abs. 4 FeuerwG waren rechtswidrig. Ein Anspruch auf Zahlung eines pauschalen Anerkennungsbetrages besteht von vornherein nicht für krankheitsbedingte Ausfallzeiten (hierzu a]). Dessen ungeachtet hatte der Kläger im gesamten vorliegend relevanten Zeitraum keinen Verdienstausfall i.S.v. § 14 Abs. 4 Satz 1 FeuerwG, der die Auszahlung pauschaler Anerkennungsbeträge hätte rechtfertigen können (hierzu b]).

46

a) Ein Anspruch auf Zahlung eines pauschalen Anerkennungsbetrages nach § 14 Abs. 4 FeuerwG besteht von vornherein nicht für krankheitsbedingte Ausfallzeiten.

47

Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 FeuerwG ist Voraussetzung für die Gewährung des pauschalen Anerkennungsbetrages, dass erwerbstätige Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren einen Verdienstausfall „durch Ausübung des Dienstes im Sinne des Absatz 2 Satz 1“ erleiden. Hierunter fallen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG nur Einsätze, Übungen, Lehrgänge, Aus- oder Fortbildungen oder sonstige dienstliche Veranstaltungen. Berufliche Ausfallzeiten aufgrund von Krankheit – auch wenn diese mittelbar auf einem „Dienst“ i.S.v. § 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG beruhen – sind demgegenüber in § 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG nicht genannt, sondern sie werden in § 15 Abs. 1 Buchstabe b) FeuerwG von Dienstzeiten i.S.v. § 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG unterschieden. Sie führen danach weder dazu, dass Arbeitnehmer einen Freistellungs- und Lohnfortzahlungsanspruch gegen ihre Arbeitgeber nach § 14 Abs. 2 FeuerwG haben, noch dazu, dass erwerbstätige Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren, die nicht Arbeitnehmer i.S.v. § 14 Abs. 2 FeuerwG sind, einen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nach § 14 Abs. 4 FeuerwG haben.

48

Auch systematisch-teleologische Erwägungen sprechen dagegen, dass § 14 Abs. 4 FeuerwG einen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag im Fall krankheitsbedingter Ausfallzeiten bereitstellt. § 14 Abs. 4 FeuerwG dient dem Zweck, Benachteiligungen von erwerbstätigen Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr zu vermeiden, die nicht Arbeitnehmer sind und deshalb – anders als Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr, die Arbeitnehmer sind – keinen Lohnfortzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber nach § 14 Abs. 2 Satz 2 FeuerwG haben. Die Vorschrift will die erwerbstätigen Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr, die nicht Arbeitnehmer sind, aber auch nicht gegenüber Arbeitnehmern privilegieren. Dies wäre indes die Folge, wäre § 14 Abs. 4 FeuerwG auch im Fall krankheitsbedingter Ausfallzeiten einschlägig. Wie § 15 Abs. 1 FeuerwG, der zwischen Ausfallzeiten nach § 14 Abs. 2 FeuerwG und solchen aufgrund von Arbeitsunfähigkeit unterscheidet, nämlich deutlich macht, haben Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr, die Arbeitnehmer sind, nach § 14 Abs. 2 Satz 2 FeuerwG gerade keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, die auf den Dienst in einer Freiwilligen Feuerwehr zurückzuführen ist.

49

Weitere teleologische Erwägungen stützen die vorstehende Auslegung. Die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren sind in der gesetzlichen Unfallversicherung, deren Träger die Feuerwehr-Unfallkassen sind (vgl. § 114 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB VII), pflichtversichert. Erleiden sie (in Ausübung ihres Dienstes) einen Unfall und werden sie in der Folge arbeitsunfähig, haben sie Anspruch auf Verletztengeld (§§ 45 ff. SGB VII). Dieses wird grundsätzlich für die gesamte Zeit der Arbeitsunfähigkeit gezahlt (vgl. § 46 Abs. 3 SGB VII) und orientiert sich seiner Höhe nach am Krankengeld nach §§ 44 ff. SGB V (vgl. § 47 SGB VII). Es handelt sich bei dem Verletztengeld danach, ebenso wie beim Krankengeld, um eine Entgeltersatzleistung, die den Ausfall von Einkommen infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ausgleichen soll (vgl. BSG, Urt. v. 1.3.2011, B 7 AL 26/09 R, BSGE 108, 1, juris Rn. 16). Die Existenz dieser Leistung – die der Kläger im Übrigen ebenfalls in Anspruch genommen hat – lässt es als ausgeschlossen erscheinen, dass eine gleichgelagerte Leistung auch auf landesrechtlicher Ebene zur Verfügung gestellt wird. Es ist nicht ersichtlich, dass der (Landes- ) Gesetzgeber – ungeachtet der Frage, ob er hierfür überhaupt die Kompetenz hätte (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG) – die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren insoweit doppelt absichern wollte mit der Folge, dass diese im Fall dienstunfallbedingter Ausfallzeiten in der Summe einen Zahlungsanspruch hätten, der den regulären Verdienst bei Weitem übersteigen würde.

50

b) Ungeachtet der unter a) angestellten Erwägungen hatte der Kläger im gesamten vorliegend relevanten Zeitraum keinen Verdienstausfall i.S.v. § 14 Abs. 4 Satz 1 FeuerwG, der die Auszahlung pauschaler Anerkennungsbeträge hätte rechtfertigen können.

51

Voraussetzung für die Gewährung des pauschalen Anerkennungsbetrages ist nach § 14 Abs. 4 Satz 1 FeuerwG, dass das Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, das den Anspruch geltend macht, einen Verdienstausfall erlitten hat, der im Übrigen glaubhaft zu machen ist. Einen Verdienstausfall aufgrund seiner Tätigkeit im Dienst der Freiwilligen Feuerwehr und später aufgrund seiner dienstunfallbedingten Arbeitsunfähigkeit – unterstellt, Letzteres könnte dem Grunde nach einen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nach § 14 Abs. 4 FeuerwG begründen – hat der Kläger aber nicht glaubhaft gemacht, weil er gar keinen Verdienstausfall erlitten hat:

52

aa) Dies gilt zunächst für die Zeiten im Mai 2003 und im September 2003, in denen der Kläger an einem Lehrgang bzw. an einem Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr teilgenommen hat. Der Kläger war seinerzeit nicht erwerbstätig, sondern er war krankgeschrieben und bezog Krankengeld. Dass er, hätte er nicht an dem betreffenden Lehrgang (Mai 2003) bzw. an dem betreffenden Einsatz (September 2003) teilgenommen, (selbständig) erwerbstätig gewesen wäre und einen Verdienst erzielt hätte, ist mit Blick auf den durchgängigen, auch nach dem Lehrgang bzw. Einsatz jeweils ohne Unterbrechung fortgesetzten Bezug von Krankengeld nicht ersichtlich und wird auch von dem Kläger selbst nicht vorgetragen. Für seine auf den entsprechenden Antragsformularen vom 16. Mai 2003 bzw. vom 30. September 2003 eingetragenen „regelmäßigen Arbeitszeiten“ gibt es, zumal mit Blick darauf, dass der Kläger bereits seit Juli 2002 krankgeschrieben war und Krankengeld bezog, keine Grundlage.

53

bb) Für die Zeit vom 18. Januar 2004 bis zum 31. Januar 2004 hat der Kläger auch keinen Verdienstausfall erlitten. Er war in dieser Zeit abhängig beschäftigt und bezog das vereinbarte Arbeitsentgelt, und zwar auch während der Zeit seiner einsatzbedingten Verhinderung (§ 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG) und für die nachfolgende Zeit seiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EntgFG). Auch für eine „nebenberufliche“ selbständige Tätigkeit mit der Möglichkeit zusätzlicher Einnahmen in dem vorstehend genannten Zeitraum gibt es keine Anhaltspunkte (vgl. hierzu nachfolgend unter cc]), zumal der Kläger hierzu arbeitsvertraglich gar nicht berechtigt gewesen wäre, da es hierfür der schriftlichen Zustimmung des Arbeitsgebers bedurft hätte (vgl. Bl. 222 der Akte des Strafverfahrens), die nicht vorlag (vgl. hierzu das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Februar 2011, dort S. 5, 18 [Bl. 404 der Akte des Strafverfahrens]).

54

cc) Auch in der Zeit ab 1. Februar 2004 (bis zum 21. September 2005) hat der Kläger keinen Verdienstausfall erlitten. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in dieser Zeit selbständig tätig gewesen wäre und einen Verdienst erzielt hätte, wäre er nicht arbeitsunfähig gewesen.

55

Der Kläger war seit Juli 2002 und bis Ende November 2003 krankgeschrieben und bezog in dieser Zeit Krankengeld. Dass er in dieser Zeit selbständig tätig gewesen ist oder auch nur Aktivitäten zur Vorbereitung einer selbständigen Tätigkeit entfaltet hat, ist nicht erkennbar und wird auch vom Kläger nicht ernsthaft behauptet (s.o. unter aa]). Anschließend war er für ca. zwei Wochen weder beschäftigt, noch bezog er anderweitige Leistungen, bevor er ab dem 9. Dezember 2003 und bis zum Beginn seiner abhängigen Beschäftigung zum 12. Januar 2004 Arbeitslosengeld bezog. Eine selbständige Tätigkeit ist auch in diesem Zeitraum nicht zu verzeichnen.

56

Der gegenteiligen Behauptung des Klägers, er sei nach dem Ende seiner Krankschreibung selbständig tätig gewesen bzw. er habe seine zukünftige selbständige Tätigkeit (für die Zeit nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses) vorbereitet, schenkt der erkennende Senat keinen Glauben. Vielmehr folgt der Senat den überzeugenden und nachvollziehbaren Feststellungen in dem insoweit rechtkräftig gewordenen Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Februar 2011 (dort vor allem S. 6 ff., 13 ff., Bl. 392 ff., 400 ff. der Akte des Strafverfahrens). Dieses hat insbesondere belegt, dass der Kläger seine angebliche selbständige Tätigkeit und seinen hierbei erzielten Verdienst durch Vorlage von vier Rechnungen zu beweisen versucht hat, die sich allerdings als Totalfälschungen entpuppt haben. Es hat ferner festgestellt, dass es – abgesehen von den gefälschten Rechnungen – keine Hinweise oder gar Belege dafür gibt, der Kläger sei nach seiner bis November 2003 andauernden Krankschreibung selbständig tätig gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass die im Strafverfahren getroffenen Feststellungen unrichtig sind, liegen nicht vor. Auch der Kläger trägt keine neuen Gesichtspunkte vor, die die vom Landgericht getroffenen Feststellungen als zweifelhaft erscheinen ließen. Vor diesem Hintergrund kann der Senat seiner Entscheidung die Feststellungen aus dem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Februar 2011 ohne weitere eigene Ermittlungen zugrunde legen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.9.1981, 7 B 188.81, Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 60, juris Rn. 7; VGH München, Beschl. v. 5.3.2014, 22 ZB 12.2174, GewArch 2014, 444, juris Rn. 28; siehe auch OVG Koblenz, Urt. v. 9.5.1989, 6 A 124/88, NJW 1990, 1553, juris Rn. 40).

57

War der Kläger danach bis zu seinem Dienstunfall nicht selbständig tätig, so fehlt jede Grundlage dafür, eine – durch den Dienstunfall vereitelte – selbständige Tätigkeit und entsprechende Einnahmen hieraus für die Zeit nach dem Dienstunfall anzunehmen. Die von dem Kläger in den jeweiligen Antragsformularen eingetragenen „regelmäßigen Arbeitszeiten“ und der darin angegebene angebliche Verdienstausfall entbehren erneut jeder Grundlage, weil der Kläger zu keinem Zeitpunkt – weder vor noch nach seinem Unfall – in dieser Weise und in entsprechendem Umfang selbständig tätig gewesen ist. Allein die Vorstellung des Betroffenen, während der „Dienstzeiten“ i.S.v. § 14 Abs. 4 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 FeuerwG in einer bestimmten Weise, in einem bestimmten Umfang und mit einem fiktiv ersonnenen Verdienst beruflich tätig sein zu können, ohne dass es hierfür einen Anknüpfungspunkt in der bisherigen Erwerbsbiographie gibt, kann einen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nach § 14 Abs. 4 FeuerwG weder ganz noch teilweise begründen. Denn diese Leistung dient der Kompensation eines tatsächlich erlittenen und nicht eines allenfalls theoretisch denkbaren Verdienstausfalls.

58

3. Der mit den angefochtenen Bescheiden verfügten Rücknahme steht kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers entgegen.

59

Allerdings kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 HmbVwVfG nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Verwaltungsakt vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 2 HmbVwVfG ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn – was vorliegend anzunehmen ist – der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht hat oder nicht mehr (ohne Weiteres) rückgängig zu machende Vermögensdispositionen getroffen hat.

60

Der Kläger kann sich indes nicht auf Vertrauen berufen. Auf Vertrauen kann sich nicht berufen, wer den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt hat (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG), wer den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 HmbVwVfG), oder wer die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 HmbVwVfG). Alle der in § 48 Abs. 2 Satz 3 HmbVwVfG genannten Tatbestände sind vorliegend erfüllt:

61

a) Eine arglistige Täuschung i.S.v. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG liegt dann vor, wenn der Täuschende erkennt und in Kauf nimmt, dass die Behörde auf Grund seines Verhaltens für sie wesentliche Umstände als gegeben ansieht, die in Wahrheit nicht vorliegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.9.1985, 2 C 30.84, DVBl. 1986, 148, juris Rn. 24).

62

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten im Rahmen seiner Anträge wahrheitswidrig angegeben, er sei beruflich selbständig, und hierbei „regelmäßige“ Arbeitszeiten angegeben, die jeder Grundlage entbehren. Diese Angaben des Klägers haben bei der Beklagten zu der irrtümlichen Vorstellung geführt, der Kläger habe als beruflich Selbständiger Anspruch auf die Leistung nach § 14 Abs. 4 FeuerwG. Dass es für die Beklagte – und für den Kläger erkennbar – entscheidend auf die Selbständigkeit ankam, zeigt sich bereits daran, dass sich die dortigen Antragsformulare ausdrücklich an „beruflich Selbständige“ richten. Dem kann nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass – worauf der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat – bei der Beklagten nicht geprüft bzw. in Frage gestellt worden ist, ob die Angabe des Klägers, beruflich selbständig zu sein, tatsächlich zutrifft. Denn dies ändert nichts daran, dass die handelnden Sachbearbeiter bei der Beklagten davon ausgegangen sind, die Angaben des Klägers zu seiner angeblichen beruflichen Selbständigkeit träfen zu. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn auch die Sachbearbeiter bei der Beklagten davon ausgegangen wären, dass der Kläger in Wahrheit nicht beruflich selbständig war, seine Angaben also unrichtig waren. Hierfür gibt es aber keine Anhaltspunkte, und namentlich das Landgericht Hamburg hat in seinem insoweit rechtskräftig gewordenen Urteil vom 10. Februar 2011 auch keine dahingehenden Feststellungen getroffen, sondern im Gegenteil festgestellt, die Sachbearbeiter bei der Beklagten hätten „der weitergehenden Behauptung des Angeklagten, er würde als beruflich Selbständiger dienstbedingten Arbeitsausfall erleiden“, vertraut, „ohne dass sie (...) die angebliche Selbständigkeit noch weiter überprüften“ (vgl. UA S. 7 [Bl. 393 der Akte des Strafverfahrens]). Einen anderen diesbezüglichen Sachverhalt hat im Übrigen auch das Amtsgericht Hamburg-St. Georg in seinem später geänderten Urteil vom 21. April 2010 nicht festgestellt, sondern den betreffenden Sachverhalt lediglich abweichend (straf-) rechtlich gewürdigt (vgl. UA S. 6 f. und 15 f. [Bl. 303 ff. der Akte des Strafverfahrens]).

63

Die Unrichtigkeit seiner Angaben war dem Kläger auch bekannt. Dies wird nicht zuletzt dadurch deutlich, dass er im Strafverfahren die behauptete Selbständigkeit mithilfe von Unterlagen zu belegen versucht hat, bei denen es sich um Totalfälschungen handelte. Ein bloßer Rechts- oder Subsumtionsirrtum, d.h. ein Irrtum darüber, was unter beruflicher Selbständigkeit zu verstehen ist, erscheint vor diesem Hintergrund ausgeschlossen (vgl. hierzu auch das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Februar 2011, dort S. 18 [Bl. 404 der Akte des Strafverfahrens]).

64

Es fehlt auch nicht an der nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG erforderlichen Kausalität („... durch arglistige Täuschung erwirkt“). Zwar hätte der Kläger – ungeachtet des Fehlens einer selbständigen Erwerbstätigkeit – ohnehin keinen Anspruch nach § 14 Abs. 4 FeuerwG gehabt, weil ein Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nicht für krankheitsbedingte Ausfallzeiten besteht (vgl. oben zu 2 a]). Indes kann die Täuschung des Klägers nicht hinweggedacht werden, ohne dass die von der Beklagten vorgenommenen Bewilligungen entfielen. Hätte der Kläger nämlich offenbart, dass er nicht beruflich selbständig war und hierdurch auch keinen entsprechenden Verdienstausfall erlitten hat, hätte die Beklagte den pauschalen Anerkennungsbetrag ungeachtet ihres Rechtsirrtums nicht bewilligt. Umgekehrt hätte die Fehlvorstellung der Beklagten, dass der pauschale Anerkennungsbetrag auch für Zeiten dienstunfallbedingter Arbeitsunfähigkeit gewährt werden kann, nicht die Bewilligungen zu Gunsten des Klägers zufolge gehabt, wenn dieser nicht angegeben hätte, beruflich Selbständiger sei.

65

b) Der Kläger hat die mit den angefochtenen Bescheiden zurückgenommenen Bewilligungen durch Angaben erwirkt, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 HmbVwVfG. Er hat im Rahmen seiner Antragstellungen angegeben, er sei beruflich selbständig, habe – jeweils konkret bezeichnete – regelmäßige Arbeitszeiten und aufgrund seiner dienstunfallbedingten Arbeitsunfähigkeit einen Verdienstausfall erlitten. Diese Angaben waren unrichtig. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter a) sowie unter 2. b) Bezug genommen. Dass der Kläger die Unrichtigkeit seiner Angaben auch kannte, spielt im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 HmbVwVfG keine Rolle, denn die Vorschrift setzt ein Verschulden nicht voraus und es kommt somit nicht darauf an, ob der Betroffene die Unrichtigkeit der in seiner Sphäre liegenden Angaben, auf die die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts zurückzuführen ist, kannte oder hätte kennen müssen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.5.1998, 9 B 1134.97, juris Rn. 5; Urt. v. 14.8.1986, 3 C 9.85, BVerwGE 74, 357, juris Rn. 29).

66

Der Kläger hat die zurückgenommenen Bewilligungen auch durch seine unrichtigen Angaben „erwirkt“. Der Grund für die Rechtswidrigkeit der Bewilligungen, die die Beklagte zur Rücknahme veranlasst haben, liegt in den falschen Angaben des Klägers. Hätte der Kläger keine unzutreffenden Angaben gemacht, hätte die Beklagte den pauschalen Anerkennungsbetrag nicht wiederholt zugunsten des Klägers bewilligt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter a) Bezug genommen.

67

c) Der Kläger kannte überdies die Rechtswidrigkeit der von der Beklagten zu seinen Gunsten vorgenommenen Bewilligungen des pauschalen Anerkennungsbetrages, § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 HmbVwVfG. Dies muss schon deshalb angenommen werden, weil er bewusst falsche Angaben gemacht hat (s.o. unter a]). Damit kann er nur den Zweck verfolgt haben, eine Leistung zu erhalten, auf die er andernfalls keinen Anspruch gehabt hätte, denn sonst hätte kein Grund bestanden, derartige Angaben zu machen. Auch der Umstand, dass der Kläger im Strafverfahren seine angebliche Selbständigkeit mithilfe von Unterlagen zu belegen versucht hat, bei denen es sich um Totalfälschungen handelte, macht deutlich, dass dem Kläger bewusst war, in Wahrheit keinen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nach § 14 Abs. 4 FeuerwG gehabt zu haben.

68

4. Die Rücknahme war nicht verfristet. Abgesehen davon, dass die Jahresfrist aus § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG vorliegend wegen § 48 Abs. 4 Satz 2 HmbVwVfG ohnehin nicht gilt, weil der Kläger i.S.v. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG arglistig getäuscht hat, hat die Beklagte den angefochtenen Rücknahmebescheid vom 11. Januar 2008 innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG erlassen.

69

Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG beginnt erst zu laufen, wenn der Behörde sämtliche für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Erforderlich ist also zunächst die Kenntnis derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts ergibt. Das sind die Tatsachen, die den im Einzelfall unterlaufenen Rechtsanwendungsfehler und die Kausalität dieses Fehlers für den Inhalt des Verwaltungsakts ausmachen. Schon der Wortlaut der Vorschrift stellt allerdings klar, dass die Erkenntnis der Rechtswidrigkeit für sich allein den Fristenlauf nicht auszulösen vermag, sondern hierzu die vollständige Kenntnis des für die Entscheidung über die Rücknahme des Verwaltungsakts erheblichen Sachverhalts nötig ist. Hierzu gehören alle Tatsachen, die im Falle des § 48 Abs. 2 HmbVwVfG ein Vertrauen des Begünstigten in den Bestand des Verwaltungsakts entweder nicht rechtfertigen oder ein bestehendes Vertrauen als nicht schutzwürdig erscheinen lassen, sowie die für die Ermessensausübung wesentlichen Umstände (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.8.2014, 4 B 1.14, BRS 82 Nr. 174, juris Rn. 11, unter Bezugnahme auf BVerwG [GS], Beschl. v. 19.12.1984, GrSen 1/84 und GrSen 2/84, BVerwGE 70, 356, juris). Bei der in § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG geregelten Rücknahmefrist handelt es sich danach nicht um eine Bearbeitungs-, sondern um eine reine Entscheidungsfrist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 48 Rn. 156).

70

Vorliegend veranlasste erst der neuerliche Antrag des Klägers im Juni 2007 die Beklagte zu einer Überprüfung der Angelegenheit. Im Zuge dieser Überprüfung erhielt die Beklagte erstmals Kenntnis davon, dass der Kläger in den Zeiten, für die er den pauschalen Anerkennungsbetrag geltend gemacht hatte, nicht beruflich selbständig tätig gewesen war. Bereits wenige Monate später verfügte die Beklagte die angefochtene Rücknahme der in der Vergangenheit vorgenommenen Bewilligungen.

71

5. Die Beklagte hat das ihr nach § 48 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG zukommende Rücknahmeermessen fehlerfrei ausgeübt.

72

Grundsätzlich steht die Entscheidung, einen rechtswidrigen Verwaltungsakt zurückzunehmen, gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG im Ermessen der Behörde. Für die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte gilt gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 HmbVwVfG allerdings ergänzend § 48 Abs. 2 HmbVwVfG. Nach § 48 Abs. 2 Satz 4 wird in den Fällen des § 48 Abs. 2 Satz 3 HmbVwVfG – die vorliegend allesamt einschlägig sind (s.o. unter 3.) – der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Diese Regelung bezieht sich nicht nur auf die Frage, ob der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit oder nur mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden soll, sondern auch auf die logisch vorrangige Frage, ob er überhaupt zurückgenommen werden soll. Liegt danach kein Ausnahmefall vor, so ist die Rücknahme die Regel und sind weitergehende Ermessenserwägungen nicht anzustellen. Nach § 48 Abs. 2 Satz 4 HmbVwVfG besteht kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung ein intendiertes Ermessen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 26.11.2015, OVG 7 B 4.15, juris Rn. 29; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 48 Rn. 127b).

73

Vorliegend sind Gründe, von der Rücknahme der rechtswidrigen Bewilligungen ausnahmsweise abzusehen, nicht gegeben. Für das Vorliegen eines Regelfalls spricht schon, dass nicht nur einer, sondern alle drei der vertrauensschutzbeseitigenden Tatbestände aus § 48 Abs. 2 Satz 3 HmbVwVfG erfüllt sind, darunter der Arglist-Tatbestand des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG. Es gibt auch keinen Grund, eine Ausnahme deshalb zu machen, weil die Beklagte selbst einem Rechtsirrtum unterlegen ist und die Bewilligungen auch ungeachtet der vorsätzlichen Falschangaben nicht hätte vornehmen dürfen. Denn dies ändert an der Kausalität der bewussten Falschangaben des Klägers für die unrichtigen Bewilligungen nichts: Hätte er nicht angegeben, beruflich selbständig zu sein, hätte die Beklagte die Bewilligungen nicht vorgenommen. Der bloße Rechtsirrtum der Beklagten hat im Übrigen kein der vorsätzlichen Täuschung durch den Kläger vergleichbares Gewicht. Der Kläger hat sich den bei der Beklagten bestehenden Rechtsirrtum zunutze gemacht, um durch bewusste Falschangaben an eine Leistung zu gelangen, auf die er keinen Anspruch hatte.

II.

74

Die in dem Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2008 und dem Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 ebenfalls enthaltene Rückforderung (zzgl. Zinsen) ist, nachdem das Verfahren insoweit abgetrennt worden ist (3 Bf 113/17), nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens.

III.

75

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

76

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

77

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO bestehen nicht.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.10.2013 - 6 K 702/13 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Kassenleistungen in Höhe von 3.237,60 EUR.
Die Klägerin ist B1-Mitglied bei der Beklagten. Sie war in der Zeit von Dezember 2003 bis Juli 2005 in Behandlung bei Dr. K. Dieser wurde mit Urteil des Landgerichts München I vom 24.08.2011 - 12 KLs 569 Js 39263/05 - wegen Betrugs in Mittäterschaft in 1554 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung lag nach den Feststellungen des Landgerichts der Sachverhalt zugrunde, dass Dr. K. einem Teil seiner Patienten folgende Vorgehensweise vorschlug: Auf der Rechnung werde er nicht die tatsächlich erbrachten Leistungen der Bioresonanztherapie, der Bioenergetischen Fokalherdtherapie und der EAV-Testung aufführen. Vielmehr werde er statt der Bioresonanztherapie und der Bioenergetischen Fokalherdtherapie auf der Rechnung die Leistungen mit „Akupunktur“ (269a GOÄ), „Infiltrationsbehandlung“ (268 GOÄ) und „Systembezogene Untersuchung“ (5 GOÄ) ausweisen. Die EAV-Testung werde er auf der Rechnung mit „Epikutantest“ (380 GOÄ), „Pricktest“ (385 GOÄ), „Pricktest (20 x)“ (386 GOÄ) und „Pricktest (20 x)“ (387 GOÄ) bezeichnen. Die Patienten, die auf diesen Vorschlag eingegangen seien, werden in dem Strafurteil entsprechend der aus der Anklage vom 06.09.2010 übernommenen Nummer aufgeführt; danach wird die Klägerin unter den Nummern 1010, 1068, 1136, 1428 und 1498 ausdrücklich erwähnt. Das Urteil des Landgerichts München I ist seit 09.02.2012 rechtskräftig.
Mit Bescheid vom 17.10.2012 nahm die Beklagte die Leistungsabrechnungen gegenüber der Klägerin vom 04.02.2004, 22.03.2004, 11.05.2004, 25.11.2004, 25.01.2005 und 14.07.2005 zurück und forderte von der Klägerin die aus ihrer Sicht ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 6.795,83 EUR (Beihilfe- und Kassenleistungen) zurück. Hiergegen erhob die Klägerin mit der Begründung Widerspruch, es sei unzutreffend, dass falsche Rechnungsstellungen nach Absprache mit den Patienten getroffen worden seien. Jedenfalls zwischen ihr und Dr. K. habe es keine Absprache in Richtung auf eine falsche Rechnungsstellung gegeben. Sie sei von der Ordnungsgemäßheit dieser Rechnungen ausgegangen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Widerspruchsausschusses II der Beklagten vom 24.01.2013 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, der Rückforderungsanspruch werde hinsichtlich der Kassenleistungen in Höhe von 3237,60 EUR geltend gemacht. Die Rücknahme der Bewilligungsbescheide sei in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erfolgt. Das Interesse der Versichertengemeinschaft an der Erbringung satzungsgemäßer Leistungen überwiege das Interesse der Klägerin am Behaltendürfen der rechtswidrigen Leistungen. Das Vertrauen der Klägerin sei nicht schutzwürdig. Der Rückforderungsanspruch sei nicht verjährt. Sie habe am 17.10.2012 festgestellt, dass der Klägerin an den oben genannten Daten Leistungen zu Unrecht gewährt worden seien. Am gleichen Tag sei die Rückforderung fristgerecht durchgeführt worden. Besondere Billigkeitsgesichtspunkte seien nicht vorhanden. Der Widerspruchsbescheid wurde am 29.01.2013 zugestellt.
Am 27.02.2013 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, die angefochtenen Bescheide aufzuheben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bezüglich der Rückforderung von Leistungen fehle es an einer Ermessensausübung. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass sie keine Ahnung von den fachspezifischen Eigenheiten ärztlicher Abrechnungen habe, die angesetzten Gebührenpositionen nicht gekannt habe und davon ausgegangen sei, dass der behandelnde Arzt seine Abrechnungen korrekt erstelle. Zu Unrecht werde ihr arglistige Täuschung und damit strafbares Verhalten unterstellt. Sie habe die Abrechnungen von Dr. K. ungeprüft bei der Beklagten eingereicht. Der Rückforderungsanspruch sei verjährt. Die polizeilichen Ermittlungen seien im Jahre 2008 abgeschlossen gewesen. Die den Regress begründenden Umstände seien der Beklagten bekannt gewesen und hätten bis Ende 2011 geltend gemacht werden müssen. Die Beklagte hat ihre ablehnende Position aufrecht erhalten und u.a. ausgeführt, nach dem landgerichtlichen Urteil stehe fest, dass die Rechnungen von Dr. K. von den Patienten entsprechend einem gemeinsamen Tatplan jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Rechnungsstellung bei den jeweiligen Krankenversicherungen und Beihilfestellen zur Erstattung eingereicht worden seien. Die Rückforderung der rechtswidrig gewährten Leistungen sei zwingend vorgeschrieben. Insoweit habe kein Ermessensspielraum bestanden. Auch die Verjährungsvorschrift des § 79 Abs. 4 der Satzung der Beklagten stehe der Geltendmachung der Rückforderung nicht entgegen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 01.10.2013 ohne mündliche Verhandlung abgewiesen und ausgeführt, die zulässige Klage sei nicht begründet. Rechtsgrundlage für die angefochtene Rücknahme der ursprünglichen Leistungsbescheide und für die Rückforderung von Leistungen in Höhe von 3.237,60 EUR sei § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten in der zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013 i.V.m. § 48 VwVfG. Nach § 30 Abs. 4 der Satzung seien zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die streitigen Leistungen der Klägerin durch die im Rückforderungsbescheid vom 17.10.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte bewilligt worden seien, sei die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass als Voraussetzung für die Rückforderung diese Verwaltungsakte zurückgenommen werden müssten. Die Rücknahme der ursprünglichen Leistungsbescheide durch den Bescheid vom 17.10.2012 sei auch rechtmäßig erfolgt. Die Leistungen seien objektiv zu Unrecht gewährt worden. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige Geldleistung gewähre, dürfe zwar nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut habe und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig sei (§ 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Auf Vertrauensschutz könne sich der Begünstigte nach § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG allerdings nicht berufen, wenn wie hier der Ausschlussgrund nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG vorliege. Denn die Klägerin habe die begünstigenden Leistungsbescheide durch arglistige Täuschung erwirkt. Sie seien von Anfang an rechtswidrig gewesen, da die geltend gemachten Leistungen von dem behandelnden Arzt nicht erbracht worden seien. Dr. K. sei deshalb strafgerichtlich wegen Betrugs in Mittäterschaft zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Im strafgerichtlichen Verfahren habe sich Dr. K. dahingehend eingelassen, dass er, nachdem bezüglich der von ihm durchgeführten Testungen und Therapien keine direkten Nummern in der GOÄ vorhanden seien, die Behandlungen analog anderer Nummern abgerechnet habe. Jeder Patient habe einen Hinweiszettel erhalten, durch welchen ihm bewusst gewesen sei, dass es sich um eine analoge Abrechnung handele. Der Patient hätte den Hinweiszettel bei seiner Versicherung mit einreichen sollen. In den Urteilsgründen des landgerichtlichen Urteils sei die Klägerin - neben einer Vielzahl anderer Patientinnen und Patienten - namentlich als Patientin aufgeführt, die sich mit der von Dr. K. vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden erklärt habe. Weiter seien in den Gründen des landgerichtlichen Urteils die durch Leistungsbescheide der Beklagten vom 04.02.2004, 22.03.2004, 11.05.2004, 25.01.2005 und 14.07.2005 festgesetzten Kassenleistungen ausdrücklich aufgeführt. Die Klägerin gehöre daher zum Kreis derjenigen Personen, die am Betrug von Dr. K. als Mittäter beteiligt gewesen seien. Sie könne daher nicht mit Erfolg einwenden, sie habe gerade wegen des unterschriebenen Hinweisblattes davon ausgehen können, dass Dr. K. seine Leistungen korrekt abgerechnet habe. Die Feststelllungen im Strafurteil beruhten weiter auf der Zeugenaussage des polizeilichen Sachbearbeiters W. Dieser habe angegeben, dass bei der Durchsuchung in allen Patientenakten ein grünes, von den Patienten unterschriebenes Belehrungsblatt gefunden worden sei. In diesem sei der jeweilige Patient darauf hingewiesen worden, dass durch den Angeklagten die Bioresonanztherapie, die Bioenergetische Fokalherdtherapie und die EAV-Testung als ärztliche Leistungen erbracht worden seien und diese analog den Nummern für die GOÄ-Nummern der Leistungen „Systembezogene Untersuchung“, „Akupunktur‘, „Infiltrationsbehandlung“, „Pricktest“ und „Epikutantest“ abgerechnet worden seien. Die Klägerin räume ein, ein derartiges Belehrungsblatt unterschrieben zu haben, sich aber nicht mehr an dessen genauen Wortlaut erinnern zu können. Sie habe daher durch vorsätzliches Verhalten eine Ursache für den Erlass der rechtswidrigen Leistungsbescheide gesetzt. Obwohl Dr. K. sie ausdrücklich darüber informiert habe, dass er in seinen Rechnungen Leistungen aufführe, die er nicht erbracht habe, habe sie diese bei der Beklagten eingereicht, um die entsprechenden Kassenleistungen zu bekommen, und die beteiligten Mitarbeiter der Beklagten so arglistig getäuscht. Auch wenn der Leistungsbescheid vom 25.11.2004, in dem Kassenleistungen in Höhe von 923,36 EUR festgesetzt worden seien, nicht im Strafurteil aufgeführt sei, habe die Klägerin auch ihn durch unrichtige Angaben erwirkt. Denn in der mit dem Erstattungsantrag vorgelegten Rechnung des Dr. K. vom 02.11.2011 würden - wie in den Rechnungen, die Gegenstand des strafgerichtlichen Verfahrens gewesen seien,- Gebühren für Infiltrationsbehandlung und Akupunktur geltend gemacht.
Der Rücknahme der rechtswidrigen Bescheide stehe § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG nicht entgegen. Denn die darin vorgesehene Jahresfrist seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme gemäß § 48 Abs. 4 S. 2 VwVfG gelte nicht im Falle, dass der Begünstigte den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt habe. Die Rücknahme sie auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Unschädlich sei, dass die erforderlichen Ermessenserwägungen erst im Widerspruchsbescheid enthalten seien.
Seien somit die Leistungsbescheide nachträglich weggefallen, habe die Klägerin auch die von der Beklagten geforderten 3.237,60 EUR zurückzuerstatten. Die Rückforderung sei nach § 30 Abs. 5 Satz 1 der Satzung zwingend vorgeschrieben. Offen bleiben könne, ob insoweit § 49a Abs. 2 Satz 1 VwVfG ergänzend Anwendung finde, der für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweise. Denn nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG könne sich der Begünstigte auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen, soweit er die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsaktes geführt hätten, gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Diese Voraussetzungen hätten bei der Klägerin vorgelegen. Damit sei ihr auch bei Anwendung des § 49a VwVfG der Entreicherungseinwand verwehrt.
Der Rückerstattungsanspruch sei auch noch nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 79 Abs. 4 Satz 1 der Satzung beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und die Beklagte von den in Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe (§ 79 Abs. 4 Satz 2 der Satzung). Da die Rückforderung erst mit Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen im Bescheid vom 17.10.2012 entstanden sei, habe die Verjährungsfrist erst mit Ablauf des Jahres 2012 zu laufen begonnen.
10 
Die Klägerin hat die vom Senat zugelassene Berufung innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 07.05.2014 begründet. Sie trägt vor, die vom Verwaltungsgericht übernommene Feststellung aus dem strafgerichtlichen Urteil, es liege ein Betrug in Mittäterschaft der Klägerin vor, sei unzutreffend. Die Klägerin sei im landgerichtlichen Verfahren weder als Beschuldigte geführt noch sei gegen sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Sie sei dort nicht beteiligt und auch nicht als Zeugin gehört worden. Das Verwaltungsgericht habe durch die Übernahme dieser Feststellungen des Landgerichts gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Es habe sich nämlich lediglich darauf beschränkt, die von der Beklagten vorgelegten Auszüge aus dem Strafurteil gegen Dr. K. zu übernehmen. Mögliche Beweismittel seien nicht erhoben worden. Darüber hinaus habe das Erstgericht eine überraschende Entscheidung getroffen und in diesem Zusammenhang auch gegen Hinweispflichten verstoßen. Es sei nicht darauf hingewiesen worden, dass ohne jegliche weiteren Ermittlungen zu entscheiden beabsichtigt sei und von der Beklagten vorgelegte Auszüge des Strafurteils gegen Dr. K. übernommen werden sollten. Eine Stellungnahme hierzu sei nicht möglich gewesen bzw. eine Gelegenheit zur Stellungnahme nicht eingeräumt worden. Das Original des vom Verwaltungsgericht zitierten, aber nicht beigezogenen Hinweisblattes weise unterhalb der Ausstellereigenschaft von Dr. K. Folgendes aus: „Die von mir gewünschte Behandlung ist nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Die von mir gewünschte Behandlung kann nicht mit jeder Krankenkasse abgerechnet werden. Ich wünsche durch den behandelnden Arzt die folgenden Leistungen in Anspruch zu nehmen“. Sodann werde hinsichtlich der angebotenen Therapien, u.a. wie im Fall der Klägerin Bioresonanztherapie ausgeführt, dass die analog bestimmter GOÄ-Nummern unter Angabe des entsprechenden Gebührensatzes (2,3 bzw. 1,5) abgerechnet werde als Akupunktur, Infiltration und Symptomuntersuchung. Das Verwaltungsgericht habe auf dieser Basis zu Unrecht die bloße landgerichtliche Verurteilung und die dort getroffenen Feststellungen ausreichen lassen, um von einer arglistigen Täuschung durch die Klägerin auszugehen. Arglist sei nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht zitiere unvollständig, denn im Strafurteil heiße es auf S. 8, der angeklagte Dr. K. habe diese Vorgehensweise vorgeschlagen, „um dennoch eine Erstattung der von ihm erbrachten Leistungen durch die Versicherungen und Beihilfestellen an die Patienten sicherzustellen“. Weder diese letztgenannte Unterstellung des Strafgerichts noch die vom Verwaltungsgericht durchgeführte Bezugnahme, die Klägerin sei als eine derjenigen Patientinnen genannt, welche auf diesen Vorschlag eingegangen seien, fänden aber irgendeine Grundlage in tatsächlichen Beweiserhebungen und Feststellungen. Die Klägerin sei nicht vernommen worden und habe sich nie zu strafrechtlichen Vorwürfen äußern können. Nicht einmal die Strafkammer habe konkrete unmittelbare Feststellungen zu dem grünen Hinweisblatt getroffen, sondern dieses nur indirekt über die Aussage des Kriminalbeamten W. eingeführt. Dabei seien die Aussagen auf diesem grünen Belehrungsblatt eindeutig inhaltlich gegenteilig, nämlich dahingehend, dass die gewünschte Behandlung nicht Bestandteil vertragsärztlicher Versorgung sei und nicht mit jeder Krankenkasse abgerechnet werden könne. Wenn aber von vornherein klar sei, dass nicht zweifelsfrei eine Erstattung durch die Krankenkasse erfolge, ergebe es keinen Sinn, dass die anschließend aufgeführte Darstellung der Abrechnungen der vereinbarten Leistungen nach analogen Tatbeständen der GOÄ eine rechtswidrige Zielrichtung haben solle. Vielmehr ergebe sich eine schlüssige Erklärung hierzu gerade aus der Bemerkung, die Dr. K. seinerzeit gegenüber der Klägerin gemacht habe, dass er diese Abrechnungsziffern analog deswegen wähle, weil für die von ihm erbrachten Behandlungen eigene GOÄ-Nummern noch fehlen würden. Ebenso wenig wie diesen Sachverhalt habe das Verwaltungsgericht weitere Gesichtspunkte gewürdigt, die gegen eine Arglist bzw. Mittäterschaft der Klägerin sprächen: Einem Laien wie der Klägerin sei nicht ohne weiteres erkennbar, ob und was für ein Unterschied zwischen Akupunkturbehandlungen und Bioresonanzbehandlungen liege. Das eine finde mit Metallnadeln statt, das andere mit Elektroden. Eine Analogie auch bei der Abrechnung, zumal wenn sie von dem Arzt erklärt werde, erscheine nicht ohne weiteres als zweifelhaft. Hätte Dr. K. tatsächlich allen Patienten, wie ihm zur Last gelegt, offengelegt, dass er falsch abrechne und die von ihm schriftlich angegebene analoge Abrechnung gerade nicht rechtmäßig sei, so hätte er damit 1.554 Personen zu Mitwissern seiner Falschabrechnung gemacht. Wäre dies richtig, so hätte er zwangsläufig damit rechnen müssen, binnen kurzer Zeit hinsichtlich seiner betrügerischen Aktion aufzufliegen. Tatsächlich habe er gerade mit dem grünen Hinweisblatt das gegenteilige Ziel verfolgt, nämlich die Rechtmäßigkeit seiner Abrechnungsweise den Patienten vorzuspiegeln, die somit nicht Mittäter, sondern Opfer oder Werkzeuge seines betrügerischen Handelns geworden seien.
11 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Regelung in § 48 Abs. 4 VwVfG einschlägig. Dies resultiere daraus, dass keine arglistige Täuschung der Klägerin vorliege. Die Beklagte hätte binnen Jahresfrist ab Kenntnis die Rückforderung geltend machen müssen, habe dies aber nicht getan, so dass sie mit ihrer Forderung ausgeschlossen sei. Hinzu komme, dass auch die dreijährige Verjährungsfrist einschlägig sei. Denn die Argumentation des Erstgerichts, die Verjährungsfrist beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und die Beklagte von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe mit der Konsequenz, dass die Forderung erst mit der Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen entstanden sei, stelle einen Zirkelschluss dar. Mit dieser Argumentation könne jede Behörde den Beginn der eigenen Verjährungsfrist erst aktiv festlegen durch ihren entsprechenden Bescheid. Dies wäre eine Umgehung der Verjährungsregelung. Die Beklagte müsse sich die Kenntniserlangung der anspruchsbegründenden Tatsachen, wenn ein entsprechender Anspruch denn bestünde, bereits im Jahr 2008 zurechnen lassen. Insoweit seien die Ausführungen im Strafurteil vom 28.04.2011 hinsichtlich des dortigen Ermittlungsganges zu verwerten, durch den die Beklagte auch Kenntnis erlangt habe. Da bereits in der Anklageschrift die Klägerin als eine der vielen Patienten/-innen mit falschen Abrechnungen von Dr. K. genannt sei, ergebe sich hieraus, dass die Beklagte spätestens im Jahr 2008 Kenntnis des Sachverhalts gehabt habe, nachdem in diesem Jahr die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München abgeschlossen worden seien. Daher komme die Rückforderung erst 2012 zu spät.
12 
Schließlich sei die Klägerin auch entreichert. Ein doloses Handeln liege nicht vor. Die Klägerin habe aber auch keinen finanziellen Vorteil durch die angeblichen Betrügereien des Dr. K. erlangt. Sie habe die Rechnungen bezahlt und somit die vollständigen Erstattungsleistungen der Beklagten auf diese verwendet. Auch hieraus werde deutlich, dass sie nichts anderes als ein Werkzeug des Dr. K. gewesen sei, das in Unkenntnis der tatsächlichen Rechts- und Abrechnungslage diesem Einnahmen verschafft habe. Auch weil dieser Gesichtspunkt unzutreffend gewürdigt worden sei, habe die Beklagte ermessensfehlerhaft entschieden.
13 
Die Klägerin beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.10.2013 - 6 K 702/13 - aufzuheben, ebenso den Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013, soweit jeweils Kassenleistungen betroffen sind;
15 
außerdem die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt im Einzelnen aus: Gegen den Amtsermittlungsgrundsatz sei nicht verstoßen worden. Eine weitere Aufklärung habe sich nicht aufgedrängt. Die anwaltlich vertretene Klägerin habe es unterlassen, eine entsprechende Zeugenvernehmung zu beantragen. Auch eine Überraschungsentscheidung liege nicht vor, da die Klägerin bis zur Urteilsverkündung ausreichend Zeit gehabt habe, auf die Klageerwiderung der Beklagten Stellung zu nehmen und zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen. Auch ein Verwertungsverbot hinsichtlich der strafgerichtlichen Verurteilung liege nicht vor. Unabhängig von der nicht entscheidungserheblichen Frage, ob ein strafbares Verhalten der Klägerin vorliege, stehe fest, dass auf den Rechnungen von Dr. K. nicht erbrachte Leistungen aufgeführt seien. Ein Hinweis auf eine analoge Abrechnung der Gebührennummern finde sich in den Rechnungen nicht. Indem die Klägerin diese Rechnungen bei der Beklagten zur Erstattung eingereicht habe, obwohl sie gewusst oder es jedenfalls für möglich gehalten habe, dass diese unrichtigen Angaben zu den erbrachten Leistungen keinerlei Hinweise auf eine mögliche analoge Abrechnung bestimmter Gebührenziffern enthielten, habe sie arglistig gehandelt. Ferner sei für die Klägerin die Fehlerhaftigkeit der Bescheide der Beklagten im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG offensichtlich erkennbar gewesen. Sie habe aufgrund des gemeinsamen Tatplans und des Hinweises des behandelnden Arztes positive Kenntnis davon gehabt, dass die Leistungsabrechnungen der Beklagten fehlerhaft gewesen seien. Jedenfalls hätte die Klägerin aufgrund der jeweiligen eindeutigen Texte zu den einzelnen Gebührenpositionen der Rechnungen von Dr. K. ohne besondere Mühe und im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre erkennen können, dass rechtswidrig ärztliche Leistungen erstattet worden seien, obwohl sie diese niemals erhalten gehabt habe. Spezielle Kenntnisse zu den Abrechnungsziffern der GOÄ seien hierzu nicht erforderlich gewesen. Nach den Feststellungen des Strafurteils habe eine arglistige Täuschung vorgelegen; jedenfalls habe die Klägerin Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Leistungsbescheide gehabt bzw. die Rechtswidrigkeit grob fahrlässig verkannt. Die Fehlerhaftigkeit der Bescheide der Beklagten sei für die Klägerin offensichtlich erkennbar gewesen. Ihr habe sich aufdrängen müssen, dass sie gerade keine Injektionen und somit auch keine Infiltrationsbehandlung erhalten habe. Ihr sei es zumutbar gewesen die von ihr eingereichten Rechnungen auf Grundlage ihrer individuellen Kenntnisse und Fähigkeit auf Richtigkeit zu überprüfen und darauf zu achten, dass ausschließlich die tatsächlich erbrachten ärztlichen Leistungen aufgeführt seien. Vorliegend habe sie es unterlassen, die von ihr eingereichten Rechnungen auch nur ansatzweise auf Richtigkeit und Plausibilität zu überprüfen.
19 
Zutreffend führe das Verwaltungsgericht auch aus, dass die Rückforderung erst mit Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen im Bescheid vom 17.10.2012 entstanden und damit der Rückforderungsanspruch nicht verjährt sei. Ferner sei die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG innerhalb der Jahresfrist seit Kenntnisnahme der Tatsachen, welche die Rücknahme rechtfertigten, erfolgt. Die Beklagte habe am 17.10.2012 positive Kenntnis erlangt, dass die fraglichen Leistungen zu Unrecht gewährt worden seien und die weiteren Voraussetzungen für eine Rücknahme vorlägen. Dagegen spreche auch nicht die Tatsache, dass die Beklagte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens bzw. aus der Anklageschrift Kenntnis von dem - dem Strafverfahren zugrundeliegenden - Sachverhalt erlangt habe. Im vorliegenden Fall habe der Ausgang des Strafverfahrens gegen Dr. K. durch rechtskräftiges Strafurteil abgewartet werden müssen, da die Beklagte erst zu diesem Zeitpunkt eine sichere Kenntnis über die Tatsachen gehabt habe, die eine Rücknahme rechtfertigten. Schließlich könne sich die Klägerin nicht auf Entreicherung berufen.
20 
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bei ihrer informatorischen Anhörung ausgeführt, sie sei von der Erstattungsfähigkeit der erbrachten Leistungen ausgegangen. Dr. K. habe sie einen grünen Zettel über Analogabrechnungen unterschreiben lassen, sie habe aber keine Mehrfertigung erhalten. Bei Rechnungsstellung mit Abrechnung von „Akupunktur“ habe sie dann in der Praxis nachgefragt und um Übersendung einer Kopie des grünen Zettels gebeten, diese aber nie erhalten. Ihr sei bei wiederholter Nachfrage von den Mitarbeiterinnen der Praxis mitgeteilt worden, die Rechnung habe wegen der Analogabrechnungen ihre Richtigkeit. Sie habe es dann unterlassen, weiter zu insistieren, und die Rechnungen eingereicht. Der Senat hat Zeugenbeweis durch Vernehmung von Dr. K. erhoben. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zum Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
21 
Die Akten der Beklagten, das Strafurteil des Landgerichts München I und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart waren Gegenstand des Verfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013 - jeweils bezogen auf Kassenleistungen - sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
23 
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Rechtsgrundlage für die Rückforderung § 30 Abs. 4 der Satzung der beklagten Postbeamtenkrankenkasse in der zur Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013, i. V. m. § 48 VwVfG ist.
24 
Nach § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten sind zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die im Rückforderungsbescheid vom 17.12.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte ausgestaltet waren, bedurfte es als Voraussetzung einer Rückforderung zunächst der Aufhebung dieser Verwaltungsakte, was durch deren Rücknahme im Rahmen des Bescheids vom 17.12.2012 geschehen ist. Sowohl diese Rücknahme (1) als auch die Rückforderung (2) sind rechtmäßig erfolgt.
25 
1. Die Rücknahme der Geldleistung gewährenden Verwaltungsakte richtet sich nach § 48 Abs. 1 und 2 VwVfG.
26 
a) Die im Bescheid erfassten sechs Leistungsabrechnungen waren objektiv rechtswidrig (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da jeweils Leistungen abgerechnet wurden, die so nicht erbracht worden sind. Hiervon ist die Beklagte zu Recht ausgegangen. Das hat sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Darin hat der Zeuge angegeben, dass seine medizinischen Leistungen stets auf die Bioresonanztherapie und die weiteren im Tatbestand genannten Leistungen beschränkt waren und er herkömmliche Leistungen, wie sie formal den Abrechnungen zugrunde lagen, nicht erbracht hat. Dass er sich an den konkreten Patientenkontakt mit der Klägerin nicht erinnerte, beeinträchtigt die Glaubhaftigkeit seiner generellen Aussage nicht, sondern erscheint angesichts des Zeitabstands und der Vielzahl seiner Patientinnen und Patienten plausibel. Des weiteren spricht für die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Aussage, dass sich seine Angaben hierzu mit den Feststellungen in dem gegen ihn ergangenen Strafurteil decken. Hinzu kommt, dass auch die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat angegeben hat, sich gerade wegen der Bioresonanztherapie zur Behandlung beim Zeugen begeben zu haben, da herkömmliche Therapien bei ihr erfolglos geblieben seien.
27 
b) Auf Vertrauensschutz, der grundsätzlich nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG einer Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte entgegensteht, kann sich die Klägerin nicht berufen, denn er wird im vorliegenden Fall durch § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen.
28 
aa) Dabei folgt der Senat nicht der Annahme des Verwaltungsgerichts, die jeweiligen Verwaltungsakte seien durch arglistige Täuschung erwirkt, und damit sei § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG erfüllt. Die Klägerin hat insoweit formal zu Recht beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die Annahme einer arglistigen Täuschung maßgeblich aus den Feststellungen des gegen den Zeugen ergangenen Strafurteils abgeleitet hat, obgleich die Klägerin trotz des dort erhobenen Kollusionsvorwurfs mit dem Zeugen weder in dieses Strafverfahren einbezogen noch überhaupt je gegen sie in diesem Zusammenhang ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Aber auch inhaltlich fehlt dem Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung eine hinreichend sichere Überzeugung davon, dass die Klägerin arglistig getäuscht hat. Um arglistige Täuschung handelt es sich, wenn der Adressat des Verwaltungsakts durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, bei Behördenmitarbeitern einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorruft, diese durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen (BVerwG. Urteil vom 18.09.1985 - 2 C 30.84 - ZBR 1986, 52; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 48 Rn. 112). Die Klägerin hat hierzu bei ihrer Anhörung vor dem Senat ausgeführt, sie habe bei der Erwähnung der - tatsächlich nicht erbrachten - Akupunktur in der ersten Rechnung telefonisch nachgefragt und eine Kopie des von ihr unterschriebenen grünen Zettels über die Analogabrechnungen (erfolglos) erbeten, schließlich aber die Rechnungen unkommentiert weitergeleitet, weil ihr die Korrektheit der Abrechnung von Praxismitarbeiterinnen bestätigt worden sei. Zwar bestehen an ihrer Aussage Zweifel insofern, als ihre Behauptung, keine Mehrfertigung des grünen Zettels erhalten zu haben, in Widerspruch zu der Aussage des Zeugen steht, es seien stets Kopien des grünen Zettels an die Patienten ausgehändigt worden; außerdem erscheint es wenig plausibel, dass sie zunächst eine Kopie des grünen Zettels angefordert haben will, um ihn gegebenenfalls der bei der Kasse einzureichenden Arztrechnung beizufügen, dann aber - obwohl sie die angeforderte Kopie nicht erhalten habe - auf bloße telefonische Mitteilung, es habe alles seine Richtigkeit, die tatsächlich unrichtige Rechnung ohne erklärenden oder erläuternden Zusatz bei der Beklagten einreichte und die Richtigkeit der Angaben auf dem Erstattungsantrag versicherte. Gleichwohl hält es der Senat immerhin noch für möglich, dass die Klägerin insoweit die Augen verschlossen und nicht einen bewussten Täuschungsvorsatz gefasst hatte.
29 
bb) Die Klägerin kann sich aber auf Vertrauensschutz jedenfalls deshalb nicht berufen, weil die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG erfüllt sind.
30 
§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG liegt vor, weil die Klägerin die Leistungsbescheide durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, indem sie die Arztrechnungen ohne weitere Kommentierung oder Mitlieferung des ihr möglicherweise vorliegenden grünen Zettels eingereicht und die Richtigkeit ihrer Angaben versichert und damit zum Ausdruck gebracht hat, die konkret abgerechneten medizinischen Leistungen seien erbracht worden. Die entsprechenden Feststellungen lassen sich den Akten entnehmen und sind auch nicht streitig. Auf die Frage eines Verschuldens kommt es insoweit nicht an.
31 
Aber auch die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 sind gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin der grüne Zettel zur Analogabrechnung vorgelegen hat oder nicht. Denn die Rechtswidrigkeit der Bescheide, die auf von ihr erbrachten Fehlangaben beruhten, war ihr - wenn nicht bekannt - so doch zumindest infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt. Der Klägerin musste bei Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. dazu u. a. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn. 122) klar sein, dass ein auf unrichtigen oder in wesentlicher Hinsicht unvollständigen Sachverhaltsangaben beruhender Verwaltungsakt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht rechtmäßig ist. In diesem Zusammenhang kann sie sich - anders als bei der Frage einer arglistigen Täuschung - weder mit dem Hinweis auf ein bloßes Vergessen des Hinzufügens weiterer Informationen noch mit dem Hinweis auf Unklarheiten oder Fehlvorstellungen im Zusammenhang mit dem Begriff analoger Abrechnungen entlasten.
32 
c) Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung kann die Klägerin nicht für sich geltend machen. Mit Blick auf den fehlenden Vertrauensschutz ist regelmäßig eine Ermessensreduktion in Richtung einer Rücknahme auch für die Vergangenheit anzunehmen, wenn - wie hier - für einen Ausnahmefall nichts ersichtlich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn.127b und 127c). Unabhängig davon ist die im Widerspruchsbescheid erfolgte Ermessensausübung nicht zu beanstanden.
33 
d) Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG stand der Rücknahme nicht entgegen. Mangels Nachweisbarkeit von Arglist folgt das allerdings noch nicht aus einer tatbestandlichen Unanwendbarkeit der Vorschrift (vgl. hierzu § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG). Doch ist die Rücknahme rechtzeitig innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfolgt: Kenntnis von den gesamten Umständen lässt sich frühestens ab Rechtskraft des gegen den Zeugen wegen Abrechnungsbetrugs ergangenen Strafurteils annehmen (09.02.2012). Damit war die am 17.10.2012 erfolgte Rücknahme rechtzeitig. Ohne Erfolg versucht die Klägerin dem entgegenzuhalten, die Frist sei schon mit Kenntnis vom Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang des gegen den Zeugen gerichteten Strafverfahrens im Jahr 2008 in Lauf gesetzt worden, weshalb eine Rücknahme im Oktober 2012 verfristet sei. Sie verkennt hierbei, dass erst die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Behördenentscheidung über eine Rücknahme relevant sind oder sein können einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung unter Umständen relevanten Tatsachen die Frist in Lauf setzt (Kopp/Ramsauer aaO, Rn. 153 m. w. N.). Vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens kann von einer solchen Kenntnis jedenfalls nicht die Rede sein.
34 
Damit war die Rücknahme der streitgegenständlichen Leistungsbescheide rechtmäßig. Dies gilt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch hinsichtlich des im Strafurteil nicht erwähnten Leistungsbescheids, weil sich die vom Zeugen erbrachten Leistungen nach den übereinstimmenden Angaben des Zeugen und der Klägerin im gesamten Behandlungszeitraum auf Bioresonanztherapie beschränkt haben und auch der Abrechnungsmodus in der Weise unverändert geblieben ist, dass so nicht erbrachte Leistungen aufgeführt wurden, ohne dass in der Rechnung ein Hinweis auf diesbezüglich zu erwägende Analogansetzungen von Gebühren enthalten war.
35 
2. Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Kassenleistungen nach § 30 Abs. 4 der Satzung ist ebenfalls rechtmäßig. Insoweit liegt eine zwingende Regelung vor.
36 
a) Mit dem Verwaltungsgericht kann offen bleiben, ob neben § 30 Abs. 4 der Satzung auch § 49a Abs. 2 VwVfG ergänzend anzuwenden ist, dessen Satz 1 für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweist. Denn die Klägerin kann sich - auch bei Anwendbarkeit von § 49a VwVfG - auf einen Wegfall der Bereicherung jedenfalls nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht berufen, weil sie die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben, jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit (s. oben) nicht kannte.
37 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Erstattungsanspruch auch nicht verjährt. § 79 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Satzung bestimmt, dass Rückforderungsansprüche in drei Jahren verjähren und die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und die Beklagte von den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht in Auslegung dieser Bestimmung darauf, dass der Rückforderungsanspruch erst am 17.10.2012 entstanden und damit nicht verjährt ist, ohne dass es noch auf die Frage der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen ankommt. Die Argumentation der Klägerin, hier würden Verjährungsvorschriften umgangen, ist ebenso unrichtig wie ihre Annahme, die rückforderungsbegründenden Umstände seien bereits mit Kenntnis des Abschlusses des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens 2008 bekannt gewesen. Letzteres wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage einer möglichen Verfristung der Rücknahme nach § 48 Abs. 4 VwVfG verneint; hierauf wird verwiesen.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39 
Ein Ausspruch zu § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nicht veranlasst, da die Klägerin nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat und auch erstinstanzlich unterlegen ist, so dass für Erstattungsforderungen ihrerseits kein Raum ist.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 14. August 2015
42 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.237,60 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013 - jeweils bezogen auf Kassenleistungen - sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
23 
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Rechtsgrundlage für die Rückforderung § 30 Abs. 4 der Satzung der beklagten Postbeamtenkrankenkasse in der zur Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013, i. V. m. § 48 VwVfG ist.
24 
Nach § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten sind zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die im Rückforderungsbescheid vom 17.12.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte ausgestaltet waren, bedurfte es als Voraussetzung einer Rückforderung zunächst der Aufhebung dieser Verwaltungsakte, was durch deren Rücknahme im Rahmen des Bescheids vom 17.12.2012 geschehen ist. Sowohl diese Rücknahme (1) als auch die Rückforderung (2) sind rechtmäßig erfolgt.
25 
1. Die Rücknahme der Geldleistung gewährenden Verwaltungsakte richtet sich nach § 48 Abs. 1 und 2 VwVfG.
26 
a) Die im Bescheid erfassten sechs Leistungsabrechnungen waren objektiv rechtswidrig (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da jeweils Leistungen abgerechnet wurden, die so nicht erbracht worden sind. Hiervon ist die Beklagte zu Recht ausgegangen. Das hat sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Darin hat der Zeuge angegeben, dass seine medizinischen Leistungen stets auf die Bioresonanztherapie und die weiteren im Tatbestand genannten Leistungen beschränkt waren und er herkömmliche Leistungen, wie sie formal den Abrechnungen zugrunde lagen, nicht erbracht hat. Dass er sich an den konkreten Patientenkontakt mit der Klägerin nicht erinnerte, beeinträchtigt die Glaubhaftigkeit seiner generellen Aussage nicht, sondern erscheint angesichts des Zeitabstands und der Vielzahl seiner Patientinnen und Patienten plausibel. Des weiteren spricht für die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Aussage, dass sich seine Angaben hierzu mit den Feststellungen in dem gegen ihn ergangenen Strafurteil decken. Hinzu kommt, dass auch die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat angegeben hat, sich gerade wegen der Bioresonanztherapie zur Behandlung beim Zeugen begeben zu haben, da herkömmliche Therapien bei ihr erfolglos geblieben seien.
27 
b) Auf Vertrauensschutz, der grundsätzlich nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG einer Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte entgegensteht, kann sich die Klägerin nicht berufen, denn er wird im vorliegenden Fall durch § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen.
28 
aa) Dabei folgt der Senat nicht der Annahme des Verwaltungsgerichts, die jeweiligen Verwaltungsakte seien durch arglistige Täuschung erwirkt, und damit sei § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG erfüllt. Die Klägerin hat insoweit formal zu Recht beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die Annahme einer arglistigen Täuschung maßgeblich aus den Feststellungen des gegen den Zeugen ergangenen Strafurteils abgeleitet hat, obgleich die Klägerin trotz des dort erhobenen Kollusionsvorwurfs mit dem Zeugen weder in dieses Strafverfahren einbezogen noch überhaupt je gegen sie in diesem Zusammenhang ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Aber auch inhaltlich fehlt dem Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung eine hinreichend sichere Überzeugung davon, dass die Klägerin arglistig getäuscht hat. Um arglistige Täuschung handelt es sich, wenn der Adressat des Verwaltungsakts durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, bei Behördenmitarbeitern einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorruft, diese durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen (BVerwG. Urteil vom 18.09.1985 - 2 C 30.84 - ZBR 1986, 52; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 48 Rn. 112). Die Klägerin hat hierzu bei ihrer Anhörung vor dem Senat ausgeführt, sie habe bei der Erwähnung der - tatsächlich nicht erbrachten - Akupunktur in der ersten Rechnung telefonisch nachgefragt und eine Kopie des von ihr unterschriebenen grünen Zettels über die Analogabrechnungen (erfolglos) erbeten, schließlich aber die Rechnungen unkommentiert weitergeleitet, weil ihr die Korrektheit der Abrechnung von Praxismitarbeiterinnen bestätigt worden sei. Zwar bestehen an ihrer Aussage Zweifel insofern, als ihre Behauptung, keine Mehrfertigung des grünen Zettels erhalten zu haben, in Widerspruch zu der Aussage des Zeugen steht, es seien stets Kopien des grünen Zettels an die Patienten ausgehändigt worden; außerdem erscheint es wenig plausibel, dass sie zunächst eine Kopie des grünen Zettels angefordert haben will, um ihn gegebenenfalls der bei der Kasse einzureichenden Arztrechnung beizufügen, dann aber - obwohl sie die angeforderte Kopie nicht erhalten habe - auf bloße telefonische Mitteilung, es habe alles seine Richtigkeit, die tatsächlich unrichtige Rechnung ohne erklärenden oder erläuternden Zusatz bei der Beklagten einreichte und die Richtigkeit der Angaben auf dem Erstattungsantrag versicherte. Gleichwohl hält es der Senat immerhin noch für möglich, dass die Klägerin insoweit die Augen verschlossen und nicht einen bewussten Täuschungsvorsatz gefasst hatte.
29 
bb) Die Klägerin kann sich aber auf Vertrauensschutz jedenfalls deshalb nicht berufen, weil die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG erfüllt sind.
30 
§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG liegt vor, weil die Klägerin die Leistungsbescheide durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, indem sie die Arztrechnungen ohne weitere Kommentierung oder Mitlieferung des ihr möglicherweise vorliegenden grünen Zettels eingereicht und die Richtigkeit ihrer Angaben versichert und damit zum Ausdruck gebracht hat, die konkret abgerechneten medizinischen Leistungen seien erbracht worden. Die entsprechenden Feststellungen lassen sich den Akten entnehmen und sind auch nicht streitig. Auf die Frage eines Verschuldens kommt es insoweit nicht an.
31 
Aber auch die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 sind gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin der grüne Zettel zur Analogabrechnung vorgelegen hat oder nicht. Denn die Rechtswidrigkeit der Bescheide, die auf von ihr erbrachten Fehlangaben beruhten, war ihr - wenn nicht bekannt - so doch zumindest infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt. Der Klägerin musste bei Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. dazu u. a. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn. 122) klar sein, dass ein auf unrichtigen oder in wesentlicher Hinsicht unvollständigen Sachverhaltsangaben beruhender Verwaltungsakt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht rechtmäßig ist. In diesem Zusammenhang kann sie sich - anders als bei der Frage einer arglistigen Täuschung - weder mit dem Hinweis auf ein bloßes Vergessen des Hinzufügens weiterer Informationen noch mit dem Hinweis auf Unklarheiten oder Fehlvorstellungen im Zusammenhang mit dem Begriff analoger Abrechnungen entlasten.
32 
c) Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung kann die Klägerin nicht für sich geltend machen. Mit Blick auf den fehlenden Vertrauensschutz ist regelmäßig eine Ermessensreduktion in Richtung einer Rücknahme auch für die Vergangenheit anzunehmen, wenn - wie hier - für einen Ausnahmefall nichts ersichtlich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn.127b und 127c). Unabhängig davon ist die im Widerspruchsbescheid erfolgte Ermessensausübung nicht zu beanstanden.
33 
d) Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG stand der Rücknahme nicht entgegen. Mangels Nachweisbarkeit von Arglist folgt das allerdings noch nicht aus einer tatbestandlichen Unanwendbarkeit der Vorschrift (vgl. hierzu § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG). Doch ist die Rücknahme rechtzeitig innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfolgt: Kenntnis von den gesamten Umständen lässt sich frühestens ab Rechtskraft des gegen den Zeugen wegen Abrechnungsbetrugs ergangenen Strafurteils annehmen (09.02.2012). Damit war die am 17.10.2012 erfolgte Rücknahme rechtzeitig. Ohne Erfolg versucht die Klägerin dem entgegenzuhalten, die Frist sei schon mit Kenntnis vom Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang des gegen den Zeugen gerichteten Strafverfahrens im Jahr 2008 in Lauf gesetzt worden, weshalb eine Rücknahme im Oktober 2012 verfristet sei. Sie verkennt hierbei, dass erst die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Behördenentscheidung über eine Rücknahme relevant sind oder sein können einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung unter Umständen relevanten Tatsachen die Frist in Lauf setzt (Kopp/Ramsauer aaO, Rn. 153 m. w. N.). Vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens kann von einer solchen Kenntnis jedenfalls nicht die Rede sein.
34 
Damit war die Rücknahme der streitgegenständlichen Leistungsbescheide rechtmäßig. Dies gilt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch hinsichtlich des im Strafurteil nicht erwähnten Leistungsbescheids, weil sich die vom Zeugen erbrachten Leistungen nach den übereinstimmenden Angaben des Zeugen und der Klägerin im gesamten Behandlungszeitraum auf Bioresonanztherapie beschränkt haben und auch der Abrechnungsmodus in der Weise unverändert geblieben ist, dass so nicht erbrachte Leistungen aufgeführt wurden, ohne dass in der Rechnung ein Hinweis auf diesbezüglich zu erwägende Analogansetzungen von Gebühren enthalten war.
35 
2. Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Kassenleistungen nach § 30 Abs. 4 der Satzung ist ebenfalls rechtmäßig. Insoweit liegt eine zwingende Regelung vor.
36 
a) Mit dem Verwaltungsgericht kann offen bleiben, ob neben § 30 Abs. 4 der Satzung auch § 49a Abs. 2 VwVfG ergänzend anzuwenden ist, dessen Satz 1 für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweist. Denn die Klägerin kann sich - auch bei Anwendbarkeit von § 49a VwVfG - auf einen Wegfall der Bereicherung jedenfalls nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht berufen, weil sie die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben, jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit (s. oben) nicht kannte.
37 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Erstattungsanspruch auch nicht verjährt. § 79 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Satzung bestimmt, dass Rückforderungsansprüche in drei Jahren verjähren und die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und die Beklagte von den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht in Auslegung dieser Bestimmung darauf, dass der Rückforderungsanspruch erst am 17.10.2012 entstanden und damit nicht verjährt ist, ohne dass es noch auf die Frage der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen ankommt. Die Argumentation der Klägerin, hier würden Verjährungsvorschriften umgangen, ist ebenso unrichtig wie ihre Annahme, die rückforderungsbegründenden Umstände seien bereits mit Kenntnis des Abschlusses des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens 2008 bekannt gewesen. Letzteres wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage einer möglichen Verfristung der Rücknahme nach § 48 Abs. 4 VwVfG verneint; hierauf wird verwiesen.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39 
Ein Ausspruch zu § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nicht veranlasst, da die Klägerin nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat und auch erstinstanzlich unterlegen ist, so dass für Erstattungsforderungen ihrerseits kein Raum ist.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 14. August 2015
42 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.237,60 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 31. August 2004 -11 K 2450/03 - geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 9.7.2002 wird insgesamt aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein im Jahr 1950 geborener indischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die Rücknahme seiner Aufenthaltsberechtigung und seine Ausweisung. Er reiste im Jahr 1979 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er erfolglos einen Asylantrag stellte. Dabei gab er an, verheiratet zu sein und einen Sohn zu haben. Am ...1985 heiratete er eine im Jahr 1939 geborene deutsche Staatsangehörige und erhielt am 28.2.1985 eine Aufenthaltserlaubnis sowie am 19.3.1991 eine Aufenthaltsberechtigung. Im Zusammenhang mit der Eheschließung legte er mehrere Schriftstücke vor, wonach seine indische Ehefrau im Jahr 1984 verstorben sei. Die Ehe mit seiner deutschen Ehefrau wurde im Jahr 1998 geschieden. Am 14.6.2000 beantragte eine Inderin namens „K. K.“ in New Delhi die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, um als Ehefrau des Klägers mit diesem in Deutschland zusammenzuleben. Als Geburtsdatum gab sie den ...1966 an, als Heiratsdatum den ...1999. Mit Schreiben vom 30.10.2000 teilte die deutsche Botschaft New Delhi der Beklagten mit, dass diese Ehe schon seit über 18 Jahren bestehe und drei Kinder daraus hervorgegangen seien. Mit Schriftsatz seines damaligen Rechtsanwalts vom 5.3.2002 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten u. a., da ein von ihm eingeleitetes Verfahren auf Familiennachzug nicht vorangekommen sei, habe er auf Anraten Dritter und maßgebliches Betreiben seiner damaligen Arbeitgeberin diese geheiratet und der Wahrheit zuwider angegeben, seine 1978 geheiratete (indische) Frau sei verstorben. Mit dieser Heirat habe verhindert werden sollen, dass er ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland verliere. Vor der Heirat habe er beim Standesamt Stuttgart-Bernhausen eine Bescheinigung über den Tod seiner (indischen) Ehefrau vorlegen müssen, die auch über die Deutsche Botschaft New Delhi auf Betreiben seiner fragwürdigen Berater beschafft und beim Standesamt vorgelegt worden sei.
Mit Verfügung vom 9.7.2002 nahm die Beklagte die Aufenthaltsberechtigung des Klägers zurück (Nr.1) und wies ihn unbefristet aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Nr. 2 und 3). Gleichzeitig drohte sie ihm die Abschiebung nach Indien an. Zur Begründung wurde ausgeführt: Rechtsgrundlage der Rücknahme sei § 48 LVwVfG. Hätte der Kläger nicht beim Standesamt bewusst falsche Unterlagen bei der Bestellung des Aufgebots für die Eheschließung vorgelegt, hätte er auch nicht bigamistisch heiraten können. Ihm wäre aufgrund der Eheschließung keine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden. Die Aufenthaltsberechtigung sei nur erteilt worden, weil die Behörde davon ausgegangen sei, dass er rechtmäßig verheiratet und aufgrund der familiären Lebensgemeinschaft mit seiner deutschen Ehefrau der Aufenthalt im Bundesgebiet erlaubt sei. Die erteilte Aufenthaltsberechtigung sei daher nach § 48 LVwVfG zurückzunehmen. Nach § 45 Abs. 1 AuslG könne ein Ausländer ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtige. Es sei das schutzwürdige Interesse des Klägers an einem zukünftigen Aufenthalt im Bundesgebiet gegen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung abzuwägen und auch die Frage der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung zu prüfen. Danach sei die Ausweisung gerechtfertigt.
Nachdem das Regierungspräsidium Stuttgart über den Widerspruch des Klägers nicht entschieden hatte, erhob er am 16.6.2003 Klage.
Mit ohne mündliche Verhandlung ergangenem Urteil vom 31.8.2004 hat das Verwaltungsgericht die Ausweisung in der Verfügung vom 9.7.2002 (Nr. 2 und 3) aufgehoben und die Klage im übrigen (Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung und Abschiebungsandrohung) abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Rücknahmeverfügung sei rechtmäßig. Die Erteilung der Aufenthaltsberechtigung sei rechtswidrig gewesen, weil ein Ausweisungsgrund vorgelegen habe, der durch Erteilung der vorausgegangenen Aufenthaltserlaubnis nicht verbraucht gewesen sei. Der Kläger habe - ungeachtet einer Strafbarkeit wegen der umstrittenen Doppelehe - eine Urkundenfälschung begangen, nämlich beim Standesamt zum Zweck der Eheschließung mit unstreitig falschen Belegen über den Tod seiner Ehefrau eine unechte oder verfälschte Urkunde zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht. Damit habe er auch unrichtige oder unvollständige Angaben benutzt, um für sich eine Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen. Diese Taten dürften zwar schon bei Erteilung der Aufenthaltsberechtigung verjährt gewesen sein, seien jedoch auch nach sieben Jahren als nicht nur vereinzelter oder geringfügiger Verstoß gegen Rechtsvorschriften i. S. des § 46 Nr. 2 AuslG zu werten. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG sei eingehalten, denn die Ausländerbehörde habe frühestens mit dem Bericht der deutschen Botschaft vom 12.7.2001, möglicherweise erst nach Anhörung des Klägers hinreichende Kenntnis von die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen erlangt. Die Rücknahme selbst lasse zwar keine Ermessenserwägungen erkennen und sogar Zweifel an einer Ermessensentscheidung überhaupt aufkommen. Zu berücksichtigen sei aber, dass der Bescheid zuvor die Ermessensvorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wiedergebe, einen Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 annehme und ausführe, dass ohne die Täuschung des Standesamtes und der Ausländerbehörde keine Aufenthaltsgenehmigung erteilt worden wäre. Damit sei die Beklagte von einer Ermessensermächtigung und möglicherweise von einem Fall ausgegangen, in dem es keiner weiteren Ermessenserwägungen bedürfe. Dies sei bei einer Ermessensreduzierung und nach den Grundsätzen über das gelenkte bzw. intendierte Ermessen nicht zu beanstanden und werde etwa für die Fälle des § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG angenommen, liege somit auch für den Fall des § 48 Abs. 4 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG nahe. Ob ein solcher Fall vorliege, könne aber auch in diesem Zusammenhang dahinstehen, denn die Beklagte habe bei der anschließend begründeten Ausweisung Ermessenserwägungen dargelegt, die für die weniger einschneidende Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung tragfähig seien. Bei entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 2 AuslG habe allerdings die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet für die Zeit der rechtswidrig erteilten und deshalb zurückzunehmenden Aufenthaltsberechtigung denknotwendig außer Betracht zu bleiben, und die Zeit davor sei nur von Bedeutung, soweit über die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung hinaus Konsequenzen für den weiteren Aufenthalt gezogen würden - hier mit der Ausweisung selbst. Im übrigen habe die Beklagte zutreffend und unwidersprochen angeführt, dass außer der Erwerbstätigkeit seit 1979 keine besonderen Bindungen des Klägers in Deutschland vorgetragen oder ersichtlich seien, die Familie vielmehr im Heimatland lebe, und eine etwaige Abschiebung nicht unmöglich sei. Bezüglich der Ausweisung sei die Klage jedoch begründet. Die Beklagte habe nicht erkennbar gewürdigt, dass der Kläger seit 28.2.1984 bis zum Zeitpunkt der Ausweisung über gültig gebliebene Aufenthaltsgenehmigungen verfügt habe, was in eine Abwägung der öffentlichen Interessen an der Ausreise und Fernhaltung des Klägers einerseits und dessen privater Belange andererseits mit dem gebührenden Gewicht hätte einbezogen werden müssen.
Gegen das am 8.9.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.9.2004 die Zulassung der Berufung beantragt, soweit die Klage abgewiesen worden ist. Mit Beschluss vom 22.11. 2005 hat der Senat die Berufung zugelassen.
Mit am 7.12.2005 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger die Berufung begründet. Zur Begründung führt er aus: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er - abgesehen von der umstrittenen Frage einer Doppelehe (§ 172 StGB) - eine Urkundenfälschung begangen (§ 267 Abs. 1 StGB) und unrichtige oder unvollständige Angaben benutzt habe, um sich eine Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen, was als nicht nur vereinzelter oder geringfügiger Verstoß gegen Rechtsvorschriften i.S. des § 46 Nr. 2 AuslG zu werten sei. Eine Urkundenfälschung habe hier nicht vorgelegen. Hinsichtlich eines Verstoßes gegen § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG fehle es jedenfalls an der Kausalität zwischen der falschen Behauptung einerseits und einem ausländerrechtlich unrichtigen Ergebnis andererseits. Denn die von ihm in Indien geschlossene Ehe sei wegen des Alters seiner Ehefrau unwirksam gewesen, weshalb es an einer nach deutschem Recht anerkennungsfähigen Ehe gefehlt habe. Die Beklagte habe bei der Rücknahme auch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG nicht eingehalten. Zudem fehle es insoweit an der Ermessensausübung. Im angegriffenen Bescheid werde ausgeführt, dass die ihm erteilte Aufenthaltsberechtigung „zurückzunehmen ist“. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könnten die Erwägungen, welche die Beklagte im Rahmen der Ermessensausübung bei der Ausweisung angestellt habe, nicht auf die Rücknahmeentscheidung übertragen werden. Dies gelte umso mehr, als die Ermessenserwägungen auch die Ausweisung nicht getragen hätten. Bei der Ermessensausübung müsse auch berücksichtigt werden, dass er seit dem 8.4.1979 in der Bundesrepublik Deutschland lebe und dass es daher äußerst fragwürdig sei, ob er sich in Indien noch einmal einleben könne. Er habe auch über fast den gesamten Zeitraum seines Aufenthalts in der Bundesrepublik in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis gestanden. Mit seiner Arbeit habe er nicht nur die deutsche Wirtschaft, sondern auch seine Familienangehörigen in Indien unterstützt und damit zu deren Überleben beigetragen. Eine Rückkehr würde für ihn und seine Familie auch einen Absturz ins wirtschaftliche und soziale „Nichts“ bedeuten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 31.8.2004 - 11 K 2450/03 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 9.7.2002 insgesamt aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
12 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der dem Senat vorliegenden Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts Stuttgart verwiesen. Sie waren Gegenstand der Verhandlung und Beratung.

Entscheidungsgründe

 
13 
Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, weil hierauf in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
14 
Die vom Senat zugelassene Berufung des Klägers ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO). Zwar hat der Kläger nicht innerhalb der Frist des § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO einen förmlichen Berufungsantrag gestellt. Dies ist aber deshalb unschädlich, weil sich das Ziel der Berufung - die vollständige Aufhebung der angefochtenen Verfügung - unmissverständlich aus der Berufungsbegründung entnehmen lässt. Daher wäre es hier eine bloße „Förmelei“, noch einen ausdrücklichen Antrag zu fordern (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.11.2005 - 2 S 1884/03 -, juris, m.w.N.).
15 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die angefochtene Verfügung der Beklagten vom 9.7.2002 nicht nur hinsichtlich der Ausweisung, sondern in vollem Umfang aufheben müssen. Denn sie ist auch rechtswidrig und verletzt den Kläger auch insoweit in seinen Rechten, als mit ihr seine Aufenthaltsberechtigung zurückgenommen worden und ihm die Abschiebung angedroht worden ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24; Urteil vom 26.2.2002 - 1 C 21/00 -, InfAuslR 2002, 338; Urteil vom 28.5.1991 - 1 C 20/89 -, NVwZ 1992, 177) bestimmt sich der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei Anfechtungsklagen in erster Linie nach dem materiellen Recht und, wenn diesem keine Anhaltspunkte für den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt zu entnehmen sind, grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der letzten verwaltungsbehördlichen Entscheidung. Soweit - wie im vorliegenden Fall - ein Widerspruchsbescheid nicht ergangen ist, ist maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.1997 - 17 A 5677/95 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996 - Bs VI 104/96 -, DÖV 1997, 386). Dies ergibt sich daraus, dass es bei der Beurteilung eines belastenden Verwaltungsakts nicht auf den Zeitpunkt der letzten (tatsächlich ergangenen) Behördenentscheidung, sondern auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens ankommt (BVerwG, Beschluss vom 31.7.1985, Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 73; Beschluss vom 11.3.1988, NVwZ 1990, 654; Urteil vom 17.12.1976, BVerwGE 359, 361; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996, a.a.O.) und dass das Verwaltungsverfahren (Vorverfahren) mit der Erhebung einer sog. Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO nicht beendet ist, weil die nach Ablauf der gesetzlichen Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO ohne Durchführung des Vorverfahrens erhobene Klage zwar bereits zulässig ist, aber die Fortführung des Vorverfahrens nicht etwa ausschließt (BVerwG, Beschluss vom 1.7.1986, Buchholz 316 § 39 VwVfG Nr. 10). Ob das Vorverfahren ausnahmsweise schon dann wegen Zweckerreichung (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.4.1994, Buchholz 436.36 § 18 BAföG Nr. 13 S. 3 f.) - als abgeschlossen zu betrachten ist, wenn sich die betreffende Beklagte durch die Behörde, die sachlich für den Erlass des Widerspruchsbescheides zuständig wäre, auf die Klage einlässt und zugleich zu erkennen gibt, dass sie keinen Widerspruchsbescheid mehr erlassen wird, kann hier dahingestellt bleiben, weil die Beklagte nicht Widerspruchsbehörde ist. Zudem hat das Regierungspräsidium Stuttgart den Erlass eines Widerspruchsbescheids nicht ausdrücklich abgelehnt. Danach ist vorliegend die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat maßgebend, weshalb in ausländerrechtlicher Hinsicht die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes Anwendung finden.
17 
Zutreffend - und von der Beklagten unwidersprochen - hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die vom Kläger ausdrücklich gegen „die Ausweisungsverfügung der Beklagten vom 09.07.2002 (Az.: 10319-snd-bes)“ erhobene Klage sich auch gegen die in Ziffer 1 der Verfügung enthaltene Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung richtet.
18 
Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung des Klägers ist § 48 Abs. 1 LVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach Satz 2 dieser Bestimmung darf ein begünstigender Verwaltungsakt nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 LVwVfG sind zwar gegeben (1); die Beklagte hat jedoch das ihr zustehende Ermessen nicht ausgeübt (2).
19 
1. Das Verwaltungsgericht ist bei der Auslegung der von ihm zu überprüfenden Verfügung zu Recht zum Ergebnis gelangt, dass die Beklagte die Aufenthaltsberechtigung des Klägers (nur) mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen hat. Zwar gelten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 12.4.2005 - 1 C 9/04 -, AuAS 2005, 218) nur geringe Anforderungen, um einen Willen der Behörde zur Rücknahme der Aufenthaltsgenehmigung (auch) für die Vergangenheit zu bejahen. Auch vor diesem Hintergrund lässt sich aber weder der Verfügung noch dem weiteren Vorbringen der Beklagten - die die Auffassung des Verwaltungsgerichts im übrigen nicht in Zweifel gezogen hat - hinreichend deutlich entnehmen, dass die Rücknahme hier mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgen sollte. Insbesondere enthält der Wortlaut der Verfügung keinen hierfür sprechenden Anhaltspunkt. Der Annahme einer Rücknahme mit Wirkung (nur) für die Zukunft lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass eine solche im Hinblick auf § 44 Abs. 1 Nr. 1 AuslG bzw. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG als wenig sinnvoll erscheint, weil danach die Aufenthaltsgenehmigung mit der Ausweisung des Ausländers ohnehin erlischt. Dies zeigt sich gerade im vorliegenden Fall deutlich, in welchem das Verwaltungsgericht zwar die Ausweisung des Klägers aufgehoben, die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung aber als rechtmäßig bestätigt hat (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 23.5.1995 - 1 C 3/94 -, BVerwGE 98, 298, wonach die Ausweisung nicht stets ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel ist, um eine rechtswidrige Aufenthaltsgenehmigung zu beseitigen und wonach an deren Beseitigung ein öffentliches Interesse selbst dann bestehen kann, wenn dieses nicht zugleich darauf gerichtet ist, dass der Ausländer Deutschland verlässt).
20 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch angenommen, dass es sich bei der dem Kläger am 19.3.1991 erteilten Aufenthaltsberechtigung um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt handelt.
21 
Die nach den Angaben des Klägers bestehende eheliche Lebensgemeinschaft mit einer deutschen Staatsangehörigen, die der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis 1985 und später auch der hier streitigen Aufenthaltsberechtigung aus dem Jahr 1991 zugrunde lag (vgl. § 27 Abs. 3 Nr. 2 AuslG), stand nämlich nicht unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG, dessen Verwirklichung auch die Erteilung der Aufenthaltsberechtigung im vorliegenden Fall dienen sollte. Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, entfaltet eine unzulässige Doppelehe - ungeachtet ihrer rechtlichen Wirksamkeit - nämlich zugunsten des Ausländers grundsätzlich keine ausländerrechtlichen Wirkungen, weil sie nicht unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG steht (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.8.2005, - 13 S 951/04 -, juris, m.w.N.).
22 
Die Beklagte hat angenommen, dass der Kläger bei seiner Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen am 22.2.1985 bereits rechtswirksam mit einer indischen Staatsangehörigen verheiratet gewesen ist und es sich bei der Eheschließung daher um eine unzulässige Doppelehe (vgl. § 172 StGB) gehandelt hat. Diese Auffassung erweist sich als zutreffend. Entgegen dem Vorbringen des Klägers lässt sich insbesondere nicht feststellen, dass die im Jahr 1979 in Indien erfolgte Eheschließung wegen des damaligen Alters der im Jahr 1966 geborenen Ehefrau unwirksam gewesen ist.
23 
Die Wirksamkeit dieser traditionell erfolgten Eheschließung beurteilt sich nach den Bestimmungen des Hindu-Ehegesetzes Nr. 25 vom 18.5.1955 (abgedruckt bei Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht). Nach Section 7 Abs. 1 dieses Gesetzes kann eine Hindu-Ehe nach den Riten und Zeremonien einer der Parteien geschlossen werden. Wenn zu diesen Riten und Zeremonien das „Saptapadi“ gehört, das heißt dass der Bräutigam und die Braut vor dem heiligen Feuer gemeinschaftlich sieben Schritte machen müssen, so ist nach Absatz 2 dieser Bestimmung die Ehe vollzogen und bindend, wenn der siebente Schritt gemacht ist. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, hat es sich bei der im Jahr 1979 erfolgten Eheschließung um eine solche nach diesem Ritus gehandelt, bei der die genannten Anforderungen eingehalten worden sind. Dass es sich beim Kläger und seiner (damaligen) Braut um Sikhs handelt, steht dem nicht entgegen; für Sikhs gilt hinsichtlich der Eheschließung im hier interessierenden Punkt nämlich nichts Abweichendes (vgl. Sect. 2 Abs. 1 (b) Hindu-Ehegesetz)
24 
Entgegen der Auffassung des Klägers war diese Eheschließung nicht deshalb unwirksam, weil seine Ehefrau - nach seinen Angaben - zum damaligen Zeitpunkt erst 13 Jahre alt gewesen ist. Zwar bestimmt Sect. 5 (iii) des Hindu-Ehegesetzes als Voraussetzung der Eheschließung, dass zur Zeit der Eheschließung der Bräutigam das 21. und die Braut das 18. Lebensjahr vollendet haben müssen. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift führt jedoch nicht zur Nichtigkeit der Ehe, weil er in den Regelungen über die Ehenichtigkeit (Sect. 11 und 12) nicht genannt ist. Vielmehr bestimmt Sect. 13 Abs. 2 (iv) des Hindu-Ehegesetzes, dass eine Frau die Auflösung der Ehe durch ein Scheidungsurteil beantragen kann, wenn die Ehe (gleich ob sie vollzogen wurde oder nicht) vor Erreichung ihres 15. Lebensjahres geschlossen wurde und sie diese Ehe vor Erreichung ihres 18. Lebensjahres abgelehnt hat. Vorliegend spricht aber nichts dafür, dass die indische Ehefrau des Klägers die Ehe vor Erreichung des 18. Lebensjahres abgelehnt oder die Scheidung betrieben hat. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung hierzu angegeben, dass eine solche Ablehnung nicht erfolgt und ihm auch von einer Scheidungsabsicht nichts bekannt sei. Gegenteilige Anhaltspunkte sind auch sonst nicht erkennbar, zumal aus dieser Ehe drei Kinder hervorgegangen sind.
25 
Der Wirksamkeit der Eheschließung steht auch nicht entgegen, dass diese im Jahr 1979 nicht registriert worden ist. Zwar sieht Sect. 8 des Hindu-Ehegesetzes die Möglichkeit vor, die Ehe zu Beweiszwecken registrieren zu lassen, was der Kläger im Jahr 1999 getan hat. Nach Sect. 8 Abs. 5 des Hindu-Ehegesetzes wird die Gültigkeit einer Hindu-Ehe aber in keiner Weise durch die Unterlassung einer solchen Eintragung berührt. Schließlich scheitert die Gültigkeit der im Jahr 1979 geschlossenen Ehe des Klägers auch nicht daran, dass sie gegen das Gesetz zur Verhinderung der Kinderehen Nr. 19/1929 (abgedruckt bei Bergmann/Ferid/Henrich, a.a.O.) verstoßen haben dürfte. Denn dieser Verstoß ist zwar unter Strafe gestellt, berührt jedoch nicht die Gültigkeit einer gleichwohl geschlossenen Ehe (vgl. hierzu Bergmann/Ferid/ Henrich, a.a.O., S. 23). Im Ergebnis ist die Beklagte danach zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen bereits rechtswirksam verheiratet gewesen ist.
26 
Darüber hinaus erweist sich die dem Kläger erteilte Aufenthaltsberechtigung aber auch deshalb als rechtswidrig, weil bei ihrer Erteilung ein Ausweisungsgrund vorlag (vgl. §§ 27 Abs. 2 Nr. 5, 24 Abs. 1 Nr. 6 AuslG). Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - mit der Vorlage der Schriftstücke zum angeblichen Tod seiner indischen Ehefrau eine Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) begangen hat. Denn zum einen hat er jedenfalls gegen § 172 StGB (Doppelehe) verstoßen. Zum anderen lag ein Verstoß gegen § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG (vgl. jetzt § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG) vor, weil er durch Vorlage der inhaltlich unzutreffenden „Sterbeurkunde“ seiner (indischen) Ehefrau beim Standesamt unrichtige und unvollständige Angaben gemacht hatte, um die Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen zu ermöglichen und für sich eine Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen.
27 
Diese Vorgehensweise war auch ursächlich für die Erteilung der Aufenthaltsberechtigung. Denn ohne das vorgetäuschte Versterben seiner indischen Ehefrau wäre eine Eheschließung in der Bundesrepublik Deutschland nicht erfolgt, nachdem der Kläger im Asylverfahren angegeben hatte, verheiratet zu sein. Im übrigen setzte § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG die Kausalität zwischen der unrichtigen Angabe und der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung entgegen der Auffassung des Klägers aber auch nicht voraus. Vielmehr stellte diese Vorschrift den Rechtsmissbrauch zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung bereits im Vorfeld unter Strafe und verlangte keine Eignung zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung. Es kommt daher insoweit nicht darauf an, ob dem Kläger bereits aus anderen Gründen eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen gewesen wäre (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.1.1998 - 3 Ss 1/98 -, NVwZ-RR 1999, 73; BayObLG, Beschluss vom 15.9.2003 - 4St RR 112/03, 4St RR 112/2003 -, juris; VG Berlin, Urteil vom 29.1.2004 -11 A 905.03 -, InfAuslR 2004, 204; OVG Berlin, Beschluss vom 17.6.2005 - 3 N 85.04 -, juris).
28 
Bei den Verstößen des Klägers gegen § 172 StGB und § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG handelte es sich auch um einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften, weshalb diese einen Ausweisungsgrund nach § 46 Nr. 2 AuslG (vgl. jetzt § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG) darstellten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 22.1.2002 - 1 C 6/01 -, BVerwGE 115, 352). Ein Rechtsverstoß ist insoweit nämlich nur dann unbeachtlich, wenn er vereinzelt und geringfügig ist, also andererseits immer beachtlich, wenn er vereinzelt, aber nicht geringfügig oder geringfügig, aber nicht vereinzelt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.9.1996 - 1 C 9/94 -, BVerwGE 102, 63; Urteil vom 18.11.2004 - BVerwG 1 C 23.03 -, BVerwGE 122, 193). Eine - wie hier -vorsätzlich begangene Straftat ist aber grundsätzlich nicht geringfügig im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.11.2004, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 17. 6.1998 -1 C 27/96 -, BVerwGE 107, 58 m.w.N.).
29 
Ob dem Kläger eine Aufenthaltsgenehmigung auf Grund seiner Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen auch deshalb nicht zustand, weil es sich bei dieser möglicherweise um eine sog. Scheinehe gehandelt hat, kann angesichts der bereits aus anderen Gründen nicht gegebenen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung offen bleiben.
30 
Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte auch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG für die Rücknahme eingehalten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 24.1.2001 - 8 C 8/00 -, BVerwGE 112, 360 m.w.N.; ferner VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.2.2000 - 8 S 1817/99 -, NVwZ-RR 2001, 6; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. , Rnr. 138 zu § 48 m.w.N.) beginnt diese nämlich erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die weiteren für die Rücknahme entscheidungserheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass hiervon erst mit Eingang des Berichts der deutschen Botschaft vom 12.7.2001 und (möglicherweise) der anschließenden Anhörung des Klägers ausgegangen werden konnte, weil zuvor noch Klärungsbedarf bestanden hat. Danach ist die Jahresfrist hier aber eingehalten worden.
31 
2. Die von der Beklagten verfügte Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung des Kläger erweist sich aber deshalb als rechtswidrig, weil sie das ihr durch § 48 Abs. 1 LVwVfG („kann“) eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt hat.
32 
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, lässt die angefochtene Verfügung hinsichtlich der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung keine Ermessenserwägungen erkennen und sogar durchgreifende Zweifel daran aufkommen, dass eine Ermessensentscheidung überhaupt getroffen worden ist, wenn es dort heißt: „Die Ihnen erteilte Aufenthaltsberechtigung ist von daher nach § 48 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes zurückzunehmen.“ Zudem finden sich im Zusammenhang mit der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung keine Ausführungen, die sich als Ermessensausübung verstehen lassen. Die Verfügung enthält auch keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass die bei der Entscheidung über die Ausweisung angestellten Ermessenserwägungen auch für die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung gelten sollen. Das Verwaltungsgericht hat allerdings angenommen, dass die von der Beklagten bei der Ausweisung angestellten Ermessenserwägungen auch für die weniger einschneidende Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung tragfähig seien, also auf diese übertragen werden könnten. Dies ist jedoch nicht zutreffend, wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt:
33 
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Auffassung das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.5.1995 (- 1 C 3/94 -, BVerwGE 98, 298) herangezogen. Dort hatte die Behörde eine Aufenthaltsgenehmigung nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG nachträglich zeitlich beschränkt, obwohl die Voraussetzungen für Ihre Erteilung von vornherein nicht gegeben waren. Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Fall angenommen, die angefochtene Verfügung finde in § 48 LVwVfG eine Rechtsgrundlage, ohne dass es einer richterlichen Umdeutung der Verfügung bedürfe. Hinsichtlich der Ermessensausübung hat es weiter ausgeführt, es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte und die Widerspruchsbehörde, die nach den nicht zu beanstandenden Darlegungen des Berufungsgerichts ihr Ermessen im Hinblick auf § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG ordnungsgemäß ausgeübt und dabei die Belange des Klägers gewürdigt und mit den entgegenstehenden öffentlichen Belangen angemessen abgewogen hätten, bei der Anwendung des § 48 LVwVfG zusätzliche Gesichtspunkte in den Blick hätten nehmen müssen (vgl. BVerwG, a.a.O.).
34 
Damit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. Denn hier geht es nicht darum, eine für die beabsichtigte Maßnahme herangezogene, nicht einschlägige Rechtsgrundlage auszuwechseln und die von der Behörde angestellten Ermessenserwägungen auch für diese gelten zu lassen. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, die von der Behörde für eine eigenständige, in Voraussetzungen und Wirkungen anders gelagerte Maßnahme, nämlich die Ausweisung, angestellten Ermessenserwägungen könnten auch auf die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung übertragen werden. Abgesehen davon, dass die Ausweisungsverfügung der Beklagten einschließlich der in dieser enthaltenen Ermessenserwägungen inzwischen rechtskräftig aufgehoben und damit rechtlich nicht mehr existent ist, ist dies jedoch schon deshalb problematisch, weil beide Maßnahmen eine unterschiedliche Zielrichtung verfolgen und unterschiedliche Auswirkungen haben. Da sich der angefochtenen Verfügung - wie ausgeführt - keinerlei Hinweis darauf entnehmen lässt, dass nach dem Willen der Beklagten die von ihr zur Ausweisung angestellten Ermessenserwägungen auch uneingeschränkt für die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung gelten sollen, führt die vom Verwaltungsgericht gewählte Vorgehensweise zudem dazu, dass der Beklagten vom Gericht Ermessenserwägungen „untergeschoben“ werden, was jedoch über den von § 114 VwGO vorgegebenen Prüfungsumfang hinausgeht.
35 
Hinzu kommt, dass das Verwaltungsgericht die Ausweisung des Klägers wegen eines Ermessensfehlers aufgehoben hat. Zwar beruhte dies darauf, dass die Beklagte nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht erkennbar gewürdigt hat, dass der Kläger seit 28.2.1985 bis zum Zeitpunkt der Ausweisung über gültig gebliebene Aufenthaltsgenehmigungen verfügt hat. Demgegenüber ist das Verwaltungsgericht bei der Beurteilung der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung des Klägers davon ausgegangen, dass in diesem Zusammenhang gerade die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet für die Zeit der rechtswidrig erteilten und deshalb zurückzunehmenden Aufenthaltsberechtigung denknotwendig außer Betracht zu bleiben habe, weshalb die Ermessenserwägungen der Beklagten hierfür ausreichend seien. Auch vor diesem Hintergrund ist es jedoch nicht zulässig, die (aufgehobenen) Ermessenserwägungen für den Bereich der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung weiter fortgelten zu lassen. Es lässt sich schon nicht ausschließen, dass die Beklagte die zu berücksichtigenden Belange anders als bei der Entscheidung über die Ausweisung gewichtet oder weitere Belange in ihre Erwägungen eingestellt hätte, wenn sie bei der Entscheidung über die Rücknahme das ihr eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hätte. Zudem erscheint es als denkbar, dass die Ausweisung von vornherein unterblieben wäre, wenn die Beklagte alle nach Auffassung des Verwaltungsgerichts zu berücksichtigenden Umstände - also auch den langjährigen rechtmäßigen Aufenthalt des Klägers - in ihre Ermessenserwägungen eingestellt hätte. Möglicherweise hätte sich dies aber auch auf die Ermessensausübung im Zusammenhang mit der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung ausgewirkt. Angesichts dessen scheidet eine Übertragung der zur Ausweisung angestellten Ermessenserwägungen auf die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung im Ergebnis hier aus.
36 
Auch die vom Verwaltungsgericht erwogene Anwendung der Grundsätze über das sog. gelenkte bzw. intendierte Ermessen kommt hier nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestimmen sich die Anforderungen an den Inhalt und den Umfang der Begründung eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des Einzelfalles (vgl. u.a. Urteil vom 15.6.1971 - BVerwG II C 17.70 - BVerwGE 38, 191; Urteil vom 5.7.1985 - BVerwG 8 C 22.83 -, BVerwGE 72, 1). Dabei kann vor allem eine Rolle spielen, ob es sich um eine Ermessensbetätigung handelt, deren Richtung bereits vom Gesetz vorgezeichnet ist (sog. intendiertes Ermessen), bei der also ein bestimmtes Ergebnis dem Gesetz näher steht, sozusagen im Grundsatz gewollt ist und davon nur ausnahmsweise abgesehen werden darf. Bei einer solchen Konstellation gilt nämlich, dass es für die eine Ausnahme ablehnende Ermessensentscheidung keiner Abwägung des „Für und Wider" bedarf; damit entfällt zugleich auch eine entsprechende Begründungspflicht der Behörde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.8.1980 - BVerwG 4 B 67.80 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 168 S. 126). Eine Begründung der Ermessenserwägungen der Behörde ist somit entbehrlich, wenn eine Ermessen einräumende Vorschrift dahin auszulegen ist, dass sie für den Regelfall von einer Ermessensausübung in einem bestimmten Sinne ausgeht und besondere Gründe vorliegen müssen, um ausnahmsweise eine gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen. Liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst. Versteht sich aber das Ergebnis von selbst, so bedarf es insoweit nach § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG auch keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.1997 - 3 C 22/96 -, BVerwGE 105, 55; Urteil vom 23.5.1996 - 3 C 13/94 -, Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1; Urteil vom 25.9.1992 - BVerwG 8 C 68 u. 70.90 -, BVerwGE 91, 82; Urteil vom 5.7.1985, a.a.O.). Dies nimmt das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 23.5.1996, a.a.O.) im Bereich der Rücknahme von Verwaltungsakten etwa im Fall des § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG an, der für die Fälle des Satzes 3 die Rücknahme des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit als Regel festlegt.
37 
Eine Regelung, welche für den hier gegebenen Fall der Rücknahme auf ein sog. intendiertes Ermessen hinweist, ist nicht vorhanden. § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG ist im Fall des Klägers nicht unmittelbar anwendbar, weil es sich bei der Aufenthaltsberechtigung nicht um einen Verwaltungsakt handelt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG und Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rnr. 74 ff. zu § 48). Zwar erklärt § 48 Abs. 3 Satz 2 LVwVfG für die - wie hier - nicht unter Absatz 2 fallenden Verwaltungsakte Absatz 2 Satz 3 für anwendbar, nicht jedoch Satz 4. Zudem regelt § 48 Abs. 3 Satz 1 LVwVfG (nur) den Anspruch des Betroffenen auf Ausgleich des durch die Rücknahme entstehenden Vermögensnachteils, wenn sein Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts schutzwürdig ist. Der in Satz 2 enthaltene Verweis auf § 48 Absatz 2 Satz 3 LVwVfG bezieht sich daher allein hierauf. Ein intendiertes Ermessen hinsichtlich der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung des Klägers lässt sich hieraus nicht entnehmen. Dies folgt auch daraus, dass in den Fällen des § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG zumeist staatliche Leistungen an den Betroffenen ergangen sind, weshalb es im Regelfall nahe liegt, diesen Leistungen durch die rückwirkende Rücknahme des zu Grunde liegenden Verwaltungsaktes die Grundlage zu entziehen, um eine Rückforderung zu ermöglichen. Damit ist der vorliegende Fall aber nicht vergleichbar. Vielmehr bedarf es bei der Rücknahme einer Aufenthaltsgenehmigung regelmäßig einer umfassenden Abwägung aller für und gegen diese sprechenden Umstände, ohne dass ein Ergebnis für den Regelfall vorgezeichnet ist.
38 
Eine sonstige Regelung, aus der sich für den zu entscheidenden Fall ein sog. intendiertes Ermessen ergibt, ist gleichfalls nicht erkennbar. Damit erweist sich die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung wegen fehlender Ermessensausübung durch die Beklagte als rechtswidrig, weshalb der angefochtene Bescheid auch insoweit aufzuheben ist.
39 
Danach kann auch die dem angefochtenen Bescheid beigefügte Abschiebungsandrohung keinen Bestand haben (vgl. § 58 Abs. 1, § 50 Abs. 1 AufenthG).
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da § 161 Abs. 3 VwGO nicht zu einer anderen Kostenverteilung führen würde, kann offen bleiben, ob diese Vorschrift hier anwendbar ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.7.1991 - 3 C 56/90 -, DÖV 1991, 1025; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.).
41 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
13 
Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, weil hierauf in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
14 
Die vom Senat zugelassene Berufung des Klägers ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO). Zwar hat der Kläger nicht innerhalb der Frist des § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO einen förmlichen Berufungsantrag gestellt. Dies ist aber deshalb unschädlich, weil sich das Ziel der Berufung - die vollständige Aufhebung der angefochtenen Verfügung - unmissverständlich aus der Berufungsbegründung entnehmen lässt. Daher wäre es hier eine bloße „Förmelei“, noch einen ausdrücklichen Antrag zu fordern (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.11.2005 - 2 S 1884/03 -, juris, m.w.N.).
15 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die angefochtene Verfügung der Beklagten vom 9.7.2002 nicht nur hinsichtlich der Ausweisung, sondern in vollem Umfang aufheben müssen. Denn sie ist auch rechtswidrig und verletzt den Kläger auch insoweit in seinen Rechten, als mit ihr seine Aufenthaltsberechtigung zurückgenommen worden und ihm die Abschiebung angedroht worden ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24; Urteil vom 26.2.2002 - 1 C 21/00 -, InfAuslR 2002, 338; Urteil vom 28.5.1991 - 1 C 20/89 -, NVwZ 1992, 177) bestimmt sich der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei Anfechtungsklagen in erster Linie nach dem materiellen Recht und, wenn diesem keine Anhaltspunkte für den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt zu entnehmen sind, grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der letzten verwaltungsbehördlichen Entscheidung. Soweit - wie im vorliegenden Fall - ein Widerspruchsbescheid nicht ergangen ist, ist maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.1997 - 17 A 5677/95 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996 - Bs VI 104/96 -, DÖV 1997, 386). Dies ergibt sich daraus, dass es bei der Beurteilung eines belastenden Verwaltungsakts nicht auf den Zeitpunkt der letzten (tatsächlich ergangenen) Behördenentscheidung, sondern auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens ankommt (BVerwG, Beschluss vom 31.7.1985, Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 73; Beschluss vom 11.3.1988, NVwZ 1990, 654; Urteil vom 17.12.1976, BVerwGE 359, 361; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996, a.a.O.) und dass das Verwaltungsverfahren (Vorverfahren) mit der Erhebung einer sog. Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO nicht beendet ist, weil die nach Ablauf der gesetzlichen Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO ohne Durchführung des Vorverfahrens erhobene Klage zwar bereits zulässig ist, aber die Fortführung des Vorverfahrens nicht etwa ausschließt (BVerwG, Beschluss vom 1.7.1986, Buchholz 316 § 39 VwVfG Nr. 10). Ob das Vorverfahren ausnahmsweise schon dann wegen Zweckerreichung (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.4.1994, Buchholz 436.36 § 18 BAföG Nr. 13 S. 3 f.) - als abgeschlossen zu betrachten ist, wenn sich die betreffende Beklagte durch die Behörde, die sachlich für den Erlass des Widerspruchsbescheides zuständig wäre, auf die Klage einlässt und zugleich zu erkennen gibt, dass sie keinen Widerspruchsbescheid mehr erlassen wird, kann hier dahingestellt bleiben, weil die Beklagte nicht Widerspruchsbehörde ist. Zudem hat das Regierungspräsidium Stuttgart den Erlass eines Widerspruchsbescheids nicht ausdrücklich abgelehnt. Danach ist vorliegend die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat maßgebend, weshalb in ausländerrechtlicher Hinsicht die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes Anwendung finden.
17 
Zutreffend - und von der Beklagten unwidersprochen - hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die vom Kläger ausdrücklich gegen „die Ausweisungsverfügung der Beklagten vom 09.07.2002 (Az.: 10319-snd-bes)“ erhobene Klage sich auch gegen die in Ziffer 1 der Verfügung enthaltene Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung richtet.
18 
Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung des Klägers ist § 48 Abs. 1 LVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach Satz 2 dieser Bestimmung darf ein begünstigender Verwaltungsakt nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 LVwVfG sind zwar gegeben (1); die Beklagte hat jedoch das ihr zustehende Ermessen nicht ausgeübt (2).
19 
1. Das Verwaltungsgericht ist bei der Auslegung der von ihm zu überprüfenden Verfügung zu Recht zum Ergebnis gelangt, dass die Beklagte die Aufenthaltsberechtigung des Klägers (nur) mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen hat. Zwar gelten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 12.4.2005 - 1 C 9/04 -, AuAS 2005, 218) nur geringe Anforderungen, um einen Willen der Behörde zur Rücknahme der Aufenthaltsgenehmigung (auch) für die Vergangenheit zu bejahen. Auch vor diesem Hintergrund lässt sich aber weder der Verfügung noch dem weiteren Vorbringen der Beklagten - die die Auffassung des Verwaltungsgerichts im übrigen nicht in Zweifel gezogen hat - hinreichend deutlich entnehmen, dass die Rücknahme hier mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgen sollte. Insbesondere enthält der Wortlaut der Verfügung keinen hierfür sprechenden Anhaltspunkt. Der Annahme einer Rücknahme mit Wirkung (nur) für die Zukunft lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass eine solche im Hinblick auf § 44 Abs. 1 Nr. 1 AuslG bzw. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG als wenig sinnvoll erscheint, weil danach die Aufenthaltsgenehmigung mit der Ausweisung des Ausländers ohnehin erlischt. Dies zeigt sich gerade im vorliegenden Fall deutlich, in welchem das Verwaltungsgericht zwar die Ausweisung des Klägers aufgehoben, die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung aber als rechtmäßig bestätigt hat (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 23.5.1995 - 1 C 3/94 -, BVerwGE 98, 298, wonach die Ausweisung nicht stets ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel ist, um eine rechtswidrige Aufenthaltsgenehmigung zu beseitigen und wonach an deren Beseitigung ein öffentliches Interesse selbst dann bestehen kann, wenn dieses nicht zugleich darauf gerichtet ist, dass der Ausländer Deutschland verlässt).
20 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch angenommen, dass es sich bei der dem Kläger am 19.3.1991 erteilten Aufenthaltsberechtigung um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt handelt.
21 
Die nach den Angaben des Klägers bestehende eheliche Lebensgemeinschaft mit einer deutschen Staatsangehörigen, die der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis 1985 und später auch der hier streitigen Aufenthaltsberechtigung aus dem Jahr 1991 zugrunde lag (vgl. § 27 Abs. 3 Nr. 2 AuslG), stand nämlich nicht unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG, dessen Verwirklichung auch die Erteilung der Aufenthaltsberechtigung im vorliegenden Fall dienen sollte. Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, entfaltet eine unzulässige Doppelehe - ungeachtet ihrer rechtlichen Wirksamkeit - nämlich zugunsten des Ausländers grundsätzlich keine ausländerrechtlichen Wirkungen, weil sie nicht unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG steht (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.8.2005, - 13 S 951/04 -, juris, m.w.N.).
22 
Die Beklagte hat angenommen, dass der Kläger bei seiner Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen am 22.2.1985 bereits rechtswirksam mit einer indischen Staatsangehörigen verheiratet gewesen ist und es sich bei der Eheschließung daher um eine unzulässige Doppelehe (vgl. § 172 StGB) gehandelt hat. Diese Auffassung erweist sich als zutreffend. Entgegen dem Vorbringen des Klägers lässt sich insbesondere nicht feststellen, dass die im Jahr 1979 in Indien erfolgte Eheschließung wegen des damaligen Alters der im Jahr 1966 geborenen Ehefrau unwirksam gewesen ist.
23 
Die Wirksamkeit dieser traditionell erfolgten Eheschließung beurteilt sich nach den Bestimmungen des Hindu-Ehegesetzes Nr. 25 vom 18.5.1955 (abgedruckt bei Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht). Nach Section 7 Abs. 1 dieses Gesetzes kann eine Hindu-Ehe nach den Riten und Zeremonien einer der Parteien geschlossen werden. Wenn zu diesen Riten und Zeremonien das „Saptapadi“ gehört, das heißt dass der Bräutigam und die Braut vor dem heiligen Feuer gemeinschaftlich sieben Schritte machen müssen, so ist nach Absatz 2 dieser Bestimmung die Ehe vollzogen und bindend, wenn der siebente Schritt gemacht ist. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, hat es sich bei der im Jahr 1979 erfolgten Eheschließung um eine solche nach diesem Ritus gehandelt, bei der die genannten Anforderungen eingehalten worden sind. Dass es sich beim Kläger und seiner (damaligen) Braut um Sikhs handelt, steht dem nicht entgegen; für Sikhs gilt hinsichtlich der Eheschließung im hier interessierenden Punkt nämlich nichts Abweichendes (vgl. Sect. 2 Abs. 1 (b) Hindu-Ehegesetz)
24 
Entgegen der Auffassung des Klägers war diese Eheschließung nicht deshalb unwirksam, weil seine Ehefrau - nach seinen Angaben - zum damaligen Zeitpunkt erst 13 Jahre alt gewesen ist. Zwar bestimmt Sect. 5 (iii) des Hindu-Ehegesetzes als Voraussetzung der Eheschließung, dass zur Zeit der Eheschließung der Bräutigam das 21. und die Braut das 18. Lebensjahr vollendet haben müssen. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift führt jedoch nicht zur Nichtigkeit der Ehe, weil er in den Regelungen über die Ehenichtigkeit (Sect. 11 und 12) nicht genannt ist. Vielmehr bestimmt Sect. 13 Abs. 2 (iv) des Hindu-Ehegesetzes, dass eine Frau die Auflösung der Ehe durch ein Scheidungsurteil beantragen kann, wenn die Ehe (gleich ob sie vollzogen wurde oder nicht) vor Erreichung ihres 15. Lebensjahres geschlossen wurde und sie diese Ehe vor Erreichung ihres 18. Lebensjahres abgelehnt hat. Vorliegend spricht aber nichts dafür, dass die indische Ehefrau des Klägers die Ehe vor Erreichung des 18. Lebensjahres abgelehnt oder die Scheidung betrieben hat. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung hierzu angegeben, dass eine solche Ablehnung nicht erfolgt und ihm auch von einer Scheidungsabsicht nichts bekannt sei. Gegenteilige Anhaltspunkte sind auch sonst nicht erkennbar, zumal aus dieser Ehe drei Kinder hervorgegangen sind.
25 
Der Wirksamkeit der Eheschließung steht auch nicht entgegen, dass diese im Jahr 1979 nicht registriert worden ist. Zwar sieht Sect. 8 des Hindu-Ehegesetzes die Möglichkeit vor, die Ehe zu Beweiszwecken registrieren zu lassen, was der Kläger im Jahr 1999 getan hat. Nach Sect. 8 Abs. 5 des Hindu-Ehegesetzes wird die Gültigkeit einer Hindu-Ehe aber in keiner Weise durch die Unterlassung einer solchen Eintragung berührt. Schließlich scheitert die Gültigkeit der im Jahr 1979 geschlossenen Ehe des Klägers auch nicht daran, dass sie gegen das Gesetz zur Verhinderung der Kinderehen Nr. 19/1929 (abgedruckt bei Bergmann/Ferid/Henrich, a.a.O.) verstoßen haben dürfte. Denn dieser Verstoß ist zwar unter Strafe gestellt, berührt jedoch nicht die Gültigkeit einer gleichwohl geschlossenen Ehe (vgl. hierzu Bergmann/Ferid/ Henrich, a.a.O., S. 23). Im Ergebnis ist die Beklagte danach zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen bereits rechtswirksam verheiratet gewesen ist.
26 
Darüber hinaus erweist sich die dem Kläger erteilte Aufenthaltsberechtigung aber auch deshalb als rechtswidrig, weil bei ihrer Erteilung ein Ausweisungsgrund vorlag (vgl. §§ 27 Abs. 2 Nr. 5, 24 Abs. 1 Nr. 6 AuslG). Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - mit der Vorlage der Schriftstücke zum angeblichen Tod seiner indischen Ehefrau eine Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) begangen hat. Denn zum einen hat er jedenfalls gegen § 172 StGB (Doppelehe) verstoßen. Zum anderen lag ein Verstoß gegen § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG (vgl. jetzt § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG) vor, weil er durch Vorlage der inhaltlich unzutreffenden „Sterbeurkunde“ seiner (indischen) Ehefrau beim Standesamt unrichtige und unvollständige Angaben gemacht hatte, um die Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen zu ermöglichen und für sich eine Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen.
27 
Diese Vorgehensweise war auch ursächlich für die Erteilung der Aufenthaltsberechtigung. Denn ohne das vorgetäuschte Versterben seiner indischen Ehefrau wäre eine Eheschließung in der Bundesrepublik Deutschland nicht erfolgt, nachdem der Kläger im Asylverfahren angegeben hatte, verheiratet zu sein. Im übrigen setzte § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG die Kausalität zwischen der unrichtigen Angabe und der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung entgegen der Auffassung des Klägers aber auch nicht voraus. Vielmehr stellte diese Vorschrift den Rechtsmissbrauch zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung bereits im Vorfeld unter Strafe und verlangte keine Eignung zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung. Es kommt daher insoweit nicht darauf an, ob dem Kläger bereits aus anderen Gründen eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen gewesen wäre (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.1.1998 - 3 Ss 1/98 -, NVwZ-RR 1999, 73; BayObLG, Beschluss vom 15.9.2003 - 4St RR 112/03, 4St RR 112/2003 -, juris; VG Berlin, Urteil vom 29.1.2004 -11 A 905.03 -, InfAuslR 2004, 204; OVG Berlin, Beschluss vom 17.6.2005 - 3 N 85.04 -, juris).
28 
Bei den Verstößen des Klägers gegen § 172 StGB und § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG handelte es sich auch um einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften, weshalb diese einen Ausweisungsgrund nach § 46 Nr. 2 AuslG (vgl. jetzt § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG) darstellten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 22.1.2002 - 1 C 6/01 -, BVerwGE 115, 352). Ein Rechtsverstoß ist insoweit nämlich nur dann unbeachtlich, wenn er vereinzelt und geringfügig ist, also andererseits immer beachtlich, wenn er vereinzelt, aber nicht geringfügig oder geringfügig, aber nicht vereinzelt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.9.1996 - 1 C 9/94 -, BVerwGE 102, 63; Urteil vom 18.11.2004 - BVerwG 1 C 23.03 -, BVerwGE 122, 193). Eine - wie hier -vorsätzlich begangene Straftat ist aber grundsätzlich nicht geringfügig im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.11.2004, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 17. 6.1998 -1 C 27/96 -, BVerwGE 107, 58 m.w.N.).
29 
Ob dem Kläger eine Aufenthaltsgenehmigung auf Grund seiner Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen auch deshalb nicht zustand, weil es sich bei dieser möglicherweise um eine sog. Scheinehe gehandelt hat, kann angesichts der bereits aus anderen Gründen nicht gegebenen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung offen bleiben.
30 
Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte auch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG für die Rücknahme eingehalten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 24.1.2001 - 8 C 8/00 -, BVerwGE 112, 360 m.w.N.; ferner VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.2.2000 - 8 S 1817/99 -, NVwZ-RR 2001, 6; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. , Rnr. 138 zu § 48 m.w.N.) beginnt diese nämlich erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die weiteren für die Rücknahme entscheidungserheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass hiervon erst mit Eingang des Berichts der deutschen Botschaft vom 12.7.2001 und (möglicherweise) der anschließenden Anhörung des Klägers ausgegangen werden konnte, weil zuvor noch Klärungsbedarf bestanden hat. Danach ist die Jahresfrist hier aber eingehalten worden.
31 
2. Die von der Beklagten verfügte Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung des Kläger erweist sich aber deshalb als rechtswidrig, weil sie das ihr durch § 48 Abs. 1 LVwVfG („kann“) eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt hat.
32 
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, lässt die angefochtene Verfügung hinsichtlich der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung keine Ermessenserwägungen erkennen und sogar durchgreifende Zweifel daran aufkommen, dass eine Ermessensentscheidung überhaupt getroffen worden ist, wenn es dort heißt: „Die Ihnen erteilte Aufenthaltsberechtigung ist von daher nach § 48 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes zurückzunehmen.“ Zudem finden sich im Zusammenhang mit der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung keine Ausführungen, die sich als Ermessensausübung verstehen lassen. Die Verfügung enthält auch keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass die bei der Entscheidung über die Ausweisung angestellten Ermessenserwägungen auch für die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung gelten sollen. Das Verwaltungsgericht hat allerdings angenommen, dass die von der Beklagten bei der Ausweisung angestellten Ermessenserwägungen auch für die weniger einschneidende Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung tragfähig seien, also auf diese übertragen werden könnten. Dies ist jedoch nicht zutreffend, wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt:
33 
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Auffassung das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.5.1995 (- 1 C 3/94 -, BVerwGE 98, 298) herangezogen. Dort hatte die Behörde eine Aufenthaltsgenehmigung nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG nachträglich zeitlich beschränkt, obwohl die Voraussetzungen für Ihre Erteilung von vornherein nicht gegeben waren. Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Fall angenommen, die angefochtene Verfügung finde in § 48 LVwVfG eine Rechtsgrundlage, ohne dass es einer richterlichen Umdeutung der Verfügung bedürfe. Hinsichtlich der Ermessensausübung hat es weiter ausgeführt, es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte und die Widerspruchsbehörde, die nach den nicht zu beanstandenden Darlegungen des Berufungsgerichts ihr Ermessen im Hinblick auf § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG ordnungsgemäß ausgeübt und dabei die Belange des Klägers gewürdigt und mit den entgegenstehenden öffentlichen Belangen angemessen abgewogen hätten, bei der Anwendung des § 48 LVwVfG zusätzliche Gesichtspunkte in den Blick hätten nehmen müssen (vgl. BVerwG, a.a.O.).
34 
Damit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. Denn hier geht es nicht darum, eine für die beabsichtigte Maßnahme herangezogene, nicht einschlägige Rechtsgrundlage auszuwechseln und die von der Behörde angestellten Ermessenserwägungen auch für diese gelten zu lassen. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, die von der Behörde für eine eigenständige, in Voraussetzungen und Wirkungen anders gelagerte Maßnahme, nämlich die Ausweisung, angestellten Ermessenserwägungen könnten auch auf die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung übertragen werden. Abgesehen davon, dass die Ausweisungsverfügung der Beklagten einschließlich der in dieser enthaltenen Ermessenserwägungen inzwischen rechtskräftig aufgehoben und damit rechtlich nicht mehr existent ist, ist dies jedoch schon deshalb problematisch, weil beide Maßnahmen eine unterschiedliche Zielrichtung verfolgen und unterschiedliche Auswirkungen haben. Da sich der angefochtenen Verfügung - wie ausgeführt - keinerlei Hinweis darauf entnehmen lässt, dass nach dem Willen der Beklagten die von ihr zur Ausweisung angestellten Ermessenserwägungen auch uneingeschränkt für die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung gelten sollen, führt die vom Verwaltungsgericht gewählte Vorgehensweise zudem dazu, dass der Beklagten vom Gericht Ermessenserwägungen „untergeschoben“ werden, was jedoch über den von § 114 VwGO vorgegebenen Prüfungsumfang hinausgeht.
35 
Hinzu kommt, dass das Verwaltungsgericht die Ausweisung des Klägers wegen eines Ermessensfehlers aufgehoben hat. Zwar beruhte dies darauf, dass die Beklagte nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht erkennbar gewürdigt hat, dass der Kläger seit 28.2.1985 bis zum Zeitpunkt der Ausweisung über gültig gebliebene Aufenthaltsgenehmigungen verfügt hat. Demgegenüber ist das Verwaltungsgericht bei der Beurteilung der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung des Klägers davon ausgegangen, dass in diesem Zusammenhang gerade die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet für die Zeit der rechtswidrig erteilten und deshalb zurückzunehmenden Aufenthaltsberechtigung denknotwendig außer Betracht zu bleiben habe, weshalb die Ermessenserwägungen der Beklagten hierfür ausreichend seien. Auch vor diesem Hintergrund ist es jedoch nicht zulässig, die (aufgehobenen) Ermessenserwägungen für den Bereich der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung weiter fortgelten zu lassen. Es lässt sich schon nicht ausschließen, dass die Beklagte die zu berücksichtigenden Belange anders als bei der Entscheidung über die Ausweisung gewichtet oder weitere Belange in ihre Erwägungen eingestellt hätte, wenn sie bei der Entscheidung über die Rücknahme das ihr eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hätte. Zudem erscheint es als denkbar, dass die Ausweisung von vornherein unterblieben wäre, wenn die Beklagte alle nach Auffassung des Verwaltungsgerichts zu berücksichtigenden Umstände - also auch den langjährigen rechtmäßigen Aufenthalt des Klägers - in ihre Ermessenserwägungen eingestellt hätte. Möglicherweise hätte sich dies aber auch auf die Ermessensausübung im Zusammenhang mit der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung ausgewirkt. Angesichts dessen scheidet eine Übertragung der zur Ausweisung angestellten Ermessenserwägungen auf die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung im Ergebnis hier aus.
36 
Auch die vom Verwaltungsgericht erwogene Anwendung der Grundsätze über das sog. gelenkte bzw. intendierte Ermessen kommt hier nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestimmen sich die Anforderungen an den Inhalt und den Umfang der Begründung eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des Einzelfalles (vgl. u.a. Urteil vom 15.6.1971 - BVerwG II C 17.70 - BVerwGE 38, 191; Urteil vom 5.7.1985 - BVerwG 8 C 22.83 -, BVerwGE 72, 1). Dabei kann vor allem eine Rolle spielen, ob es sich um eine Ermessensbetätigung handelt, deren Richtung bereits vom Gesetz vorgezeichnet ist (sog. intendiertes Ermessen), bei der also ein bestimmtes Ergebnis dem Gesetz näher steht, sozusagen im Grundsatz gewollt ist und davon nur ausnahmsweise abgesehen werden darf. Bei einer solchen Konstellation gilt nämlich, dass es für die eine Ausnahme ablehnende Ermessensentscheidung keiner Abwägung des „Für und Wider" bedarf; damit entfällt zugleich auch eine entsprechende Begründungspflicht der Behörde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.8.1980 - BVerwG 4 B 67.80 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 168 S. 126). Eine Begründung der Ermessenserwägungen der Behörde ist somit entbehrlich, wenn eine Ermessen einräumende Vorschrift dahin auszulegen ist, dass sie für den Regelfall von einer Ermessensausübung in einem bestimmten Sinne ausgeht und besondere Gründe vorliegen müssen, um ausnahmsweise eine gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen. Liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst. Versteht sich aber das Ergebnis von selbst, so bedarf es insoweit nach § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG auch keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.1997 - 3 C 22/96 -, BVerwGE 105, 55; Urteil vom 23.5.1996 - 3 C 13/94 -, Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1; Urteil vom 25.9.1992 - BVerwG 8 C 68 u. 70.90 -, BVerwGE 91, 82; Urteil vom 5.7.1985, a.a.O.). Dies nimmt das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 23.5.1996, a.a.O.) im Bereich der Rücknahme von Verwaltungsakten etwa im Fall des § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG an, der für die Fälle des Satzes 3 die Rücknahme des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit als Regel festlegt.
37 
Eine Regelung, welche für den hier gegebenen Fall der Rücknahme auf ein sog. intendiertes Ermessen hinweist, ist nicht vorhanden. § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG ist im Fall des Klägers nicht unmittelbar anwendbar, weil es sich bei der Aufenthaltsberechtigung nicht um einen Verwaltungsakt handelt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG und Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rnr. 74 ff. zu § 48). Zwar erklärt § 48 Abs. 3 Satz 2 LVwVfG für die - wie hier - nicht unter Absatz 2 fallenden Verwaltungsakte Absatz 2 Satz 3 für anwendbar, nicht jedoch Satz 4. Zudem regelt § 48 Abs. 3 Satz 1 LVwVfG (nur) den Anspruch des Betroffenen auf Ausgleich des durch die Rücknahme entstehenden Vermögensnachteils, wenn sein Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts schutzwürdig ist. Der in Satz 2 enthaltene Verweis auf § 48 Absatz 2 Satz 3 LVwVfG bezieht sich daher allein hierauf. Ein intendiertes Ermessen hinsichtlich der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung des Klägers lässt sich hieraus nicht entnehmen. Dies folgt auch daraus, dass in den Fällen des § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG zumeist staatliche Leistungen an den Betroffenen ergangen sind, weshalb es im Regelfall nahe liegt, diesen Leistungen durch die rückwirkende Rücknahme des zu Grunde liegenden Verwaltungsaktes die Grundlage zu entziehen, um eine Rückforderung zu ermöglichen. Damit ist der vorliegende Fall aber nicht vergleichbar. Vielmehr bedarf es bei der Rücknahme einer Aufenthaltsgenehmigung regelmäßig einer umfassenden Abwägung aller für und gegen diese sprechenden Umstände, ohne dass ein Ergebnis für den Regelfall vorgezeichnet ist.
38 
Eine sonstige Regelung, aus der sich für den zu entscheidenden Fall ein sog. intendiertes Ermessen ergibt, ist gleichfalls nicht erkennbar. Damit erweist sich die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung wegen fehlender Ermessensausübung durch die Beklagte als rechtswidrig, weshalb der angefochtene Bescheid auch insoweit aufzuheben ist.
39 
Danach kann auch die dem angefochtenen Bescheid beigefügte Abschiebungsandrohung keinen Bestand haben (vgl. § 58 Abs. 1, § 50 Abs. 1 AufenthG).
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da § 161 Abs. 3 VwGO nicht zu einer anderen Kostenverteilung führen würde, kann offen bleiben, ob diese Vorschrift hier anwendbar ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.7.1991 - 3 C 56/90 -, DÖV 1991, 1025; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.).
41 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Sonstige Literatur

 
42 
Rechtsmittelbelehrung
43 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
44 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
45 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
46 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
47 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
48 
Beschluss vom 11.1.2006
49 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr.1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718).
50 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der als Polizeibeamter im Dienst des Beklagten steht, wendet sich mit seiner Klage gegen die Rücknahme von Beihilfebescheiden, mit denen Aufwendungen für seine am 03.12.1988 geborene Stieftochter erstattet wurden, und die Rückforderung der ohne Rechtsgrund gezahlten Beihilfe. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch die Rückforderung in Höhe von insgesamt 32.837,43 EUR.
Der Kläger erhielt seit seiner Eheschließung im Jahr 2008 laufend Beihilfeleistungen für seine Stieftochter. Mit Schreiben vom 27.05.2013 unterrichtete der Kläger das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt), dass er sich am 03.07.2013 von seiner Ehefrau, der Mutter der Stieftochter, scheiden lassen werde. Mit am 24.06.2013 beim Landesamt eingegangenem Formular vom 19.06.2013 teilte der Kläger im Rahmen seiner Erklärung zum Familienzuschlag mit, dass er seit Juni 2011 von seiner Frau getrennt lebe. Am 17.07.2013 wurde die am 20.08.2008 geschlossene Ehe geschieden. Der Scheidungsbeschluss ist seit dem 03.09.2013 rechtskräftig.
Das Landesamt hörte den Kläger zur beabsichtigten Rücknahme von Beihilfebescheiden für nach dem 01.01.2012 entstandenen Aufwendungen der Stieftochter an. Dabei gab der Kläger an, dass er aufgrund verschiedener Auskünfte davon ausgegangen sei, dass die Beihilfeberechtigung für seine Stieftochter bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils bestehe. Er sei jedenfalls nicht mehr bereichert, da er die ausgezahlten Beträge sofort an seine Stieftochter zur Bezahlung der Arztrechnungen weitergereicht habe. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass ihm die gewährte Leistung materiell nicht zustehe.
Mit Bescheid vom 15.11.2013 änderte das Landesamt seinen Beihilfebescheid vom 04.04.2012 insoweit ab bzw. hob ihn insoweit auf, als zu den für das Stiefkind ab 01.01.2012 entstandenen Aufwendungen Beihilfe gewährt worden war (Nr. 1), hob die Bescheide vom 19.06.2012, 09.08.2012, 09.11.2012, 03.01.2013, 01.05.2013, 16.08.2013 und 10.09.2013 auf (Nr. 2) und forderte die ohne Rechtsgrund gezahlte Beihilfe in Höhe von 32.837,43 Euro vom Kläger zurück (Nr. 3).
Zur Begründung führte es aus, die Voraussetzungen für die Rücknahme der Bescheide gemäß § 48 LVwVfG seien erfüllt. Eine Mitteilung des Klägers über den Wegfall der Stiefkindeigenschaft bei der Bezüge zahlenden Stelle bzw. der Familienkasse sei nicht zeitgerecht erfolgt, so dass bei Stellung der genannten Beihilfeanträge fälschlicherweise davon ausgegangen worden sei, dass seine Stieftochter auch über den 31.12.2011 hinaus berücksichtigungsfähige Angehörige sei. Der Kläger habe damit die Verwaltungsakte durch unvollständige Angaben erwirkt und es sei unbeachtlich, ob ihm die möglichen Auswirkungen bewusst gewesen seien oder nicht. Zwar stehe der Behörde im Rahmen des § 48 LVwVfG hinsichtlich der Rücknahme ein Ermessen zu. Aber auch unter Berücksichtigung aller Umstände bei der Gesamtabwägung, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen und der Rechtmäßigkeit der Verwaltung, könnten die Bescheide zurückgenommen werden. Die Rückforderung der insoweit rechtsgrundlos gewährten Leistungen richte sich nach § 49a LVwVfG. Für den Umfang der Erstattung gälten die Vorschriften der §§ 812 ff. BGB. Der Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Beihilfe bleibe ohne Rücksicht auf den Wegfall der Bereicherung bestehen, wenn der Beihilfeempfänger die Überzahlung durch schuldhafte Verletzung der ihm gegenüber seinem Dienstherrn obliegenden Pflichten verursacht habe oder der Beihilfeempfänger den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung oder die Fehlerhaftigkeit des der Zahlung zu Grunde liegenden Bescheides beim Empfang der Beihilfe gekannt oder nachträglich erfahren habe oder der Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung oder die Fehlerhaftigkeit des Bescheides so offensichtlich gewesen sei, dass der Empfänger dies hätte erkennen müssen. Der Kläger habe in Bezug auf die Gewährung beziehungsweise Zahlung kinderbezogener Leistungen für seine Stieftochter entscheidungsrelevante, rechtzeitige Angaben gegenüber dem für die Zahlung seiner Dienstbezüge zuständigen Arbeitsgebiet unterlassen, sodass die Voraussetzungen für die Rückforderung erfüllt seien und der Wegfall der Bereicherung nicht geltend gemacht werden könne. Auch im Rahmen der in § 12 Abs. 2 BBesG vorgeschriebenen Billigkeitsentscheidung vermöge es weder ganz noch teilweise von der Rückforderung abzusehen.
Den vom Kläger dagegen fristgerecht erhobenen Widerspruch wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2014 zurück. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, dass bei der Ermessensausübung berücksichtigt worden sei, dass bei rechtzeitiger Geltendmachung einer Bedarfsanpassung die Deckungslücke bei der privaten Krankenversicherung versicherbar gewesen wäre. Werde dies versäumt, so gehe dies aber nicht zu Lasten des Landes. Durch das Dienstrechtsreformgesetz vom 09.11.2010 sei das Landesbeamtengesetz grundlegend geändert worden. Für die Rückforderung von Beihilfe seien nun die einschlägigen Bestimmungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes maßgebend. Die zuvor geltenden Verweise auf § 12 Bundesbesoldungsgesetz und die danach erforderliche Billigkeitsentscheidung seien im Landesbeamtengesetz nicht enthalten. Somit richte sich die Rückforderung der insoweit rechtsgrundlos gewährten Leistungen nach § 49a LVwVfG. Auf den Wegfall der Bereicherung könne sich der Kläger nicht berufen, soweit er die Umstände gekannt habe, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt hätten. Die Entreicherungseinrede im Rahmen des § 49a Abs. 2 LVwVfG laufe somit immer dann leer, wenn sich der Bereicherte nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen könne. Dies sei nach den obigen Ausführungen unzweifelhaft der Fall. Auf Antrag des Klägers könne jedoch über eine ratenweise Rückzahlung des Überzahlungsbetrages entschieden werden. Damit erscheine eine den Umständen gerecht werdende tragbare Lösung gegeben.
Auf die am 20.06.2014 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Rückforderung (Nr. 3) aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird u.a. ausgeführt: Die Voraussetzungen einer Rückforderung der überzahlten Beihilfe nach § 49a Abs. 1 und 2 LVwVfG lägen zwar vor. Die Rückforderungsentscheidung sei gleichwohl rechtswidrig, da das Landesamt keine Billigkeitsentscheidung getroffen habe. Einer solchen hätte es aber in analoger Anwendung von § 15 Abs. 2 Satz 3 Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg (LBesGBW) und § 5 Abs. 2 Satz 3 Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg (LBeamtVGBW) wegen einer planwidrigen Regelungslücke bedurft.
Ausgangspunkt der Überlegung bilde dabei der Umstand, dass vor der Dienstrechtsreform (vgl. hierzu das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts vom 09.11.2010, GBl. 2010, S. 793 – DRG) die Rückforderung überzahlter Beihilfe auf Grundlage des § 109 LBG a.F. habe erfolgen können. Er habe vorgesehen, dass für die Rückforderung von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) entsprechend anzuwenden gewesen sei. Die Rückforderung von Beihilfe habe damit den gleichen Voraussetzungen wie die von Besoldungs- oder Versorgungsbezügen unterlegen, insbesondere in Bezug auf das Erfordernis einer Billigkeitsentscheidung.
Diesen Gleichlauf habe der Landesgesetzgeber im Zuge der Dienstrechtsreform durch das Streichen der Vorschrift des § 109 LBG a.F., ohne dass hierfür ein sachlicher Grund ersichtlich sei, beseitigt. Parallel dazu habe er im Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg und im Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg für überzahlte Besoldungs- beziehungsweise Versorgungsbezüge eigenständige Rechtsgrundlagen für die Rückforderung geschaffen, die jeweils eine Grundlage für Billigkeitsentscheidungen vorsähen. Es lasse sich kein sachlicher Grund dafür ermitteln, weshalb für Besoldungs- und Versorgungsbezüge spezialgesetzliche Rückforderungsrechtsgrundlagen geschaffen worden seien, während die Rückforderung der Beihilfe sich nunmehr nach der allgemeinen Bestimmung des § 49a LVwVfG richten solle, die eine Billigkeitsentscheidung nicht vorsehe. Es liege darüber hinaus die für einen Analogieschluss erforderliche vergleichbare Sach- und Interessenlage vor. Die Rückforderung von Besoldungs- und Versorgungsbezügen oder von überzahlter Beihilfe könne den Beamten – gemessen an seinem Monats- und Jahresverdienst – im Einzelfall hart treffen. Auch der vorliegende Fall sei hierfür ein geeignetes Beispiel. Das Landesamt habe in dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Widerspruchsbescheid keine Billigkeitsentscheidung getroffen, obwohl hierfür angesichts der erheblichen Rückforderungshöhe und eines möglichen Mitverschuldens der Behörde, was die Beihilfebescheide vom 16.08.2013 und 10.09.2013 betreffe, Anlass bestanden hätte. Die Ankündigung, auf entsprechenden Antrag eine Ratenzahlung zu bewilligen, genüge insoweit nicht. Angesichts dessen sei der Rückforderungsbescheid aufzuheben und dem Landesamt so Gelegenheit einzuräumen, eine angemessene Billigkeitsentscheidung treffen zu können.
10 
Die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung hat der Beklagte - soweit der Klage stattgegeben wurde - fristgerecht eingelegt und begründet. Der Beklagte macht geltend: Das Verwaltungsgericht habe sich in rechtlich unzulässiger Weise über den eindeutigen Wortlaut des § 49a Abs. 1 und 2 LVwVfG hinweggesetzt und eine Analogie zu § 15 Abs. 2 Satz 3 LBesG und § 5 Abs. 2 Satz 3 LBeamtVG gebildet. Dabei habe es zum einen übersehen, dass Analogien von Ausnahmetatbeständen systemisch verboten seien und zum anderen in rechtsirrtümlicher Weise angenommen, dass die Voraussetzungen einer Analogie gegeben seien. Im Streitfalle habe das Verwaltungsgericht Karlsruhe richtigerweise geurteilt, dass § 49a LVwVfG grundsätzlich zur Anwendung kommen müsse. Dabei handele es sich um die Grundregel der Erstattung von erbrachten Leistungen nach Rücknahme von rechtswidrigen Verwaltungsakten, und zwar für sämtliche Bereiche der Verwaltung. Der Gesetzgeber habe insofern eben gerade kein Ermessen vorgesehen. In einigen spezialrechtlichen Bereichen, wie z.B. im Besoldungs- und Versorgungsrecht habe der Gesetzgeber mit § 15 LBesG und § 5 LBeamtVG ausnahmsweise Vorkehrungen getroffen, die einer Behörde erlaubten, entgegen dem Grundsatz von § 49a LVwVfG ggf. eine Billigkeitsentscheidung zu treffen, also Ermessen im weiteren Sinne auszuüben. Diese Vorschriften gälten allerdings ausschließlich für diese eng abgrenzbaren Bereiche der Besoldung und Versorgung und eben gerade nicht für weitere Rechtsgebiete. Doch darüber hinaus lägen auch die kumulativen Voraussetzungen einer Analogie nicht vor. Insbesondere sei die vermeintliche Regelungslücke nicht planwidrig. Wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe richtigerweise ausgeführt habe, sei am 09.11.2010 das öffentliche Dienstrecht umfassend reformiert worden. Das heiße, der Gesetzgeber habe nicht nur einzelne Bereiche des Dienstrechts überarbeitet, sondern habe sich Gedanken über das öffentliche Dienstrecht insgesamt gemacht. Während er den § 109 LBG a.F. abgeschafft und für die Bereiche der Besoldung und Versorgung eigene Vorschriften geschaffen habe, habe er für die Beihilfe offensichtlich keine spezielle Regelung treffen wollen, sondern habe nach dem Klammerprinzip die §§ 48 ff. LVwVfG für den Bereich der Beihilfe wieder aufleben lassen. Dass die vermeintliche Regelungslücke nicht planwidrig sei, ergebe sich also schon aus dem Umkehrschluss der Reform und Schaffung der § 15 LBesG und § 5 LBeamtVG. Schließlich liege auch keine vergleichbare Interessenlage vor. Allein die Tatsache, dass es sowohl im Bereich der Besoldung als auch der Beihilfe zur Rückforderung von hohen Beträgen kommen könne, stelle noch keine vergleichbare Sachlage dar. Ansonsten wären alle möglichen Lebenssachverhalte vergleichbar, etwa auch die Rückforderung von Subventionen, da insofern ebenfalls stets hohe Beträge im Streite stünden. Bei der Beihilfe handele es sich um zweckgebundene Leistungen, anders als bei der Besoldung oder der Versorgung. Während die Besoldung und Versorgung dem Beamten zur freien Verfügung stehe, um sein Leben zu bestreiten und es nach seinen Vorlieben zu gestalten, sei die Beihilfe zweckgebunden und verbleibe letztlich nicht beim Beamten, sondern werde an den medizinischen Dienstleister weitergereicht. Allein hieraus ergäbe sich, dass die Interessenlage eine völlig andere sei.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.02.2015 - 9 K 1815/14 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
15 
Er verweist in erster Linie auf das angefochtene Urteil und macht ergänzend geltend, dass das Verwaltungsgericht Karlsruhe insbesondere substantiiert dargelegt habe, dass auch eine vergleichbare Interessenlage vorliege und gerade der vorliegende Fall ein geeignetes Beispiel dafür sei, dass die Rückforderung von Besoldungs- und Versorgungsbezügen oder von überzahlter Beihilfe den Beamten im Einzelnen hart treffen könne. Im vorliegenden Falle sei die Stieftochter des Klägers an Multipler Sklerose erkrankt. Es seien allein im Zeitraum von März 2012 bis August 2013 Arzneikosten von mindestens 32.837,43 EUR entstanden. Der Kläger habe diesen Betrag - im Gegensatz zu einem zu viel gezahlten Besoldungsbetrag - direkt an die behandelnden Arzte weitergeleitet. Er gerate als Autobahnpolizeibeamter im Streifendienst in größte wirtschaftliche Existenzbedrohung, wenn er den geforderten Betrag zuzüglich Zinsen zurückzahlen müsse. Weitere Einkünfte als sein Beamtengehalt habe er natürlich nicht.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Nach §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO entscheidet der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
18 
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass die Rückforderungsentscheidung in Nr. 3 des Bescheids des Landesamts vom 15.11.2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21.05.2014 rechtswidrig ist und den Kläger deshalb in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies gilt allerdings nicht lediglich im Hinblick auf das Fehlen einer Billigkeitsentscheidung, sondern schon bezüglich der Rückforderungsentscheidung selbst, welche von einem unrichtigen Maßstab bezüglich der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes für die Zahlung ausgeht. Denn hinsichtlich beider Entscheidungen besteht derzeit eine planwidrige Regelungslücke (dazu 1.), welche bis zu einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers durch eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG zu schließen ist (dazu 2.).
19 
1. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass durch die umfangreichen Neuregelungen des Dienstrechtsreformgesetzes in einen Teilbereich eine planwidrige Regelungslücke für die Rückforderung zu viel gezahlter Geldleistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften entstanden ist. Denn der Landesgesetzgeber hat nur für die Rückforderung zu viel bezahlter Bezüge (§ 15 Abs. 2 LBesG) und zu viel bezahlter Versorgungsbezüge bzw. zu viel gezahlten Alters- oder Hinterbliebenengeldes (§ 5 Abs. 2 LBeamtVG) eine ausdrückliche gesetzliche Regelung getroffen. Beide Rückforderungsvorschriften sind wegen der Begriffsbestimmungen der Bezüge in § 1 LBesG einerseits bzw. der Versorgungsbezüge in § 17 LBeamtVG andererseits nach ihrem Wortlaut auf den vorliegenden Fall der Rückforderung von Beihilfe nicht unmittelbar anwendbar. Eine „Auffangvorschrift“ für die Rückforderung von „sonstigen“ Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften, also solchen Geldleistungen, die nicht Besoldung i.S.v. § 1 LBesG oder Versorgung i.S.v. § 17 LBeamtVG sind, fehlt in dem durch die Dienstrechtsreform mit Geltung zum 01.01.2011 ebenfalls neugefassten Landesbeamtengesetz. Zuvor, also nach der bis zum 31.12.2010 geltenden Vorschrift des § 109 LBG in der Fassung vom 19.03.1996 (bzw. der Vorgängerfassung vom 08.08.1979) war für Rückforderungen von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes entsprechend anzuwenden. Diese Vorschrift galt bis zur Dienstrechtsreform für Landesbeamte hinsichtlich der Rückforderung von Bezügen noch unmittelbar. Durch den ersatzlosen Wegfall von § 109 LBG a.F. besteht somit seit dem 01.01.2011 keine ausdrückliche Regelung für die Rückforderung sonstiger Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften mehr. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass hierdurch eine planwidrige Regelungslücke eingetreten ist.
20 
Zu Unrecht wendet der Beklagte hiergegen ein, dass § 49a LVwVfG geeignet sei, den Eintritt einer Regelungslücke zu verhindern. Denn § 49a LVwVfG findet nach Abs. 1 (unmittelbar) nur Anwendung, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist. Dementsprechend stellt Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift auch auf die Kenntnis der Umstände ab, die zu Rücknahme, Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsakts geführt haben. Der Anwendungsbereich von § 109 LBG a.F. setzte dagegen - wie auch § 12 Abs. 2 BBesG und andere beamtenrechtliche Rückforderungsregelungen - gerade nicht voraus, dass die (Geld-)leistung durch Verwaltungsakt gewährt sein musste. Vielmehr wurde auch die Rückforderung von Geldleistungen ermöglicht, bei denen es von vornherein an einem Verwaltungsakt als Rechtsgrund für das Behaltendürfen fehlte. Schon dieser Unterschied im Anwendungsbereich zeigt, dass § 49a LVwVfG nicht geeignet ist, die durch den Wegfall von § 109 LBG a.F. entstandene Regelungslücke vollständig zu schließen. Zudem dürfte § 49a LVwVfG wie auch die gleichlautende bundesrechtliche Regelung des § 49a VwVfG nur auf Erstattungsansprüche des Staates gegen den Bürger unmittelbar anzuwenden sein (vgl. Baumeister in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 49a Rn. 6). Jedenfalls ist der allgemeine Erstattungsanspruch des § 49a LVwVfG nicht geeignet, dem besonderen Verhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn, welches geprägt ist durch eine Treuepflicht einerseits und eine Fürsorgepflicht andererseits, und dessen Auswirkungen bei der Rückforderung von in diesem besonderen Pflichtenverhältnis bezahlten Geldleistungen gerecht zu werden.
21 
Schon die Gesetzgebungshistorie zeigt, dass seit Bestehen der Bundesrepublik anerkannt war, dass für Beamte bei der Rückforderung von Leistungen aus dem Dienstverhältnis besondere Regelungen gelten sollten, welche vom damals noch nicht kodifizierten allgemeinen Erstattungsanspruch des späteren § 49a VwVfG für Leistungen zwischen Staat und Bürger abweichen und nicht nur Leistungen umfassen, welche durch Verwaltungsakt gewährt wurden. Diesem Gedanken trug die Rahmengesetzgebung des Bundes zum Beamtenrecht Rechnung, indem § 53 Abs. 2 BRRG in der Fassung vom 01.07.1957 (BGBl. I 667) wortgleich mit dem für Bundesbeamte geltenden § 87 Abs. 2 BBG in der Fassung vom 18.09.1957 (BGBl. I 1338) auch für Landesbeamte vorsah, dass sich der Umfang der Bereicherung zwar - vergleichbar dem allgemeinen Erstattungsanspruch - nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ergeben sollte, eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung aber nur ausgeschlossen war, wenn der Beamte den Mangel des rechtlichen Grundes kannte oder dieser so offensichtlich war, dass er ihn hätte kennen müssen. Dieser für den Beamten im Vergleich zu dem allgemeinen Erstattungsanspruch (bei dem eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Umstände, welche zur Rücknahme oder zum Widerruf des Verwaltungsakts geführt hatte, erforderlich war) günstigere Regelung sollte den Besonderheiten des Beamtenverhältnisses Rechnung tragen. Sie beinhaltete daher von Anfang an noch die Möglichkeit, aus Billigkeitsgründen von einer Rückforderung ganz oder teilweise abzusehen. § 53 Abs. 2 BRRG wurde - ebenso wie die wortgleiche Vorschrift des § 87 Abs. 2 BBG - trotz des Wortlauts nicht allein auf die Rückforderung von Dienst- oder Versorgungsbezügen im engeren Sinne, sondern auf sämtliche Leistungen des Dienstherrn aus dem Beamtenverhältnis (entsprechend) angewandt (vgl. Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Kommentar, Stand 29.10.1961, Rn. 5 zu § 87). Eine ausdrückliche Umsetzung des Landesgesetzgebers entsprechend der Verpflichtung in § 1 Abs. 2 BRRG a.F. erfolgte erst mit Neufassung des Landesbeamtengesetzes vom 08.08.1979 in Form des § 109 LBG, welcher bis zum Inkrafttreten des Dienstrechtsreformgesetzes eine analoge Anwendung der damals für die Rückforderung von Bezügen von Landesbeamten unmittelbar geltenden Vorschrift des § 12 Abs. 2 BBesG vorsah. Somit bestand in der Gesetzgebung der Bundesrepublik durchgehend (auch) für Beamte des Landes Baden-Württemberg eine gegenüber dem allgemeinen Erstattungsanspruch günstigere Rückforderungsregelung für sonstige Geldleistungen aus dem Beamtenverhältnis. Hätte der Landesgesetzgeber diese „Begünstigung“ durch das Dienstrechtsreformgesetz aufheben und durch die ungünstigere allgemeine Regelung des § 49a Abs. 2 LVwVfG ersetzen wollen, hätte es dazu angesichts der deutlichen Schlechterstellung der Landesbeamten für die Zukunft ausdrücklicher Erwägungen bedurft. Insoweit fehlt es, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, an jeglichen Anhaltspunkten in den umfangreichen Gesetzgebungsmaterialien. In der Zielsetzung der Gesetzesbegründung wird darauf abgestellt, dass die hinzugewonnenen Gesetzgebungskompetenzen genutzt werden sollen, um die Rechtsverhältnisse der Beamtinnen und Beamten im Lande einer Generalrevision zu unterziehen und den modernen Erfordernissen, den Interessen der Beamtinnen und Beamten sowie den Belangen des Landes und sonstiger Dienstherrn anzupassen (LT-Dr. 14/6694, S. 1). Bei der Wiedergabe des „wesentlichen Inhalts“ der Neuregelungen findet sich weder in Bezug auf beamtenrechtliche noch hinsichtlich besoldungsrechtlicher Regelungen ein Hinweis auf eine beabsichtigte Änderung der Rückforderungsvorschriften (aaO S. 2). Zur Neuregelung des § 15 LBesG wird z.B. ausgeführt, dass die Bestimmung unverändert § 12 BBesG entspreche (aaO S. 460). Zur Änderung der Beihilfeverordnung wird ausgeführt, dass (lediglich) redaktionelle Anpassungen an die geänderte Paragrafenfolge des Landesbeamtengesetzes sowie eine Umstellung von Verweisungen des Bundesbesoldungs- und Versorgungsrechts auf das neue Landesbesoldungs- und Versorgungsrecht vorgenommen würden (aaO S. 599). Hieraus ergeben sich somit keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber speziell im Beihilferecht strengere Rückforderungsregelungen beabsichtigt hat. Auch der Hinweis des Beklagten auf die vollständige Streichung aller Paragrafen des 3. Unterabschnitts des alten Landesbeamtengesetzes mit Ausnahme von § 110 LBG ist nicht geeignet, eine bewusste Abschaffung der früheren Rückforderungsregelung zu belegen. Denn dieser Unterabschnitt (§§ 106 – 110) stand unter der Überschrift Besoldung, Versorgung und sonstige Leistungen, welche keineswegs ersatzlos weggefallen sind, sondern überwiegend (§§ 106 – 108) im neugefassten Landesbesoldungs- bzw. Versorgungsgesetz geregelt wurden. Lediglich der auch in diesem Abschnitt des alten Landesbeamtengesetzes geregelte Übergang des Schadensersatzanspruchs eines Beamten gegen einen Dritten (§ 110) wurde ins neugefasste Landesbeamtengesetz übernommen. Demgegenüber entfiel die Regelung des § 109 LBG a.F. ersatzlos. Dass damit nicht nur eine redaktionelle Umstellung von Verweisungen (vgl. LT-Dr. 14/6694, S. 599 zu Artikel 47) im Hinblick auf das nicht mehr für Landesbeamte anwendbare Bundesbesoldungsgesetz, sondern eine inhaltliche Abschaffung der beamtenrechtlichen Sonderregelung für Rückforderungen sonstiger Leistungen durch den Gesetzgeber erfolgt sein sollte, entbehrt jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte.
22 
Neben der Gesetzgebungshistorie spricht auch ein Blick auf die Rechtslage in anderen Bundesländern dafür, dass dem baden-württembergischen Landesgesetzgeber bei der Novellierung des Landesbeamtengesetzes im Rahmen der Dienstrechtsreform zum 01.01.2011 der ersatzlose Wegfall einer Regelung zu Grundsätzen des bundeseinheitlichen Berufsbeamtentums nicht bewusst war. Denn in den anderen Bundesländern wurde jeweils nach dem Wechsel der Gesetzgebungskompetenz eine „Neuregelung“ für die Rückforderung sonstiger Geldleistungen im Rahmen des Beamtenverhältnisses getroffen (s. etwa § 87 Niedersächsisches Beamtengesetz vom 25.03.2009 oder Art. 13 Bayerisches Beamtengesetz vom 29.07.2008). Soweit mit der Neufassung des Bundesbeamtengesetzes vom 05.02.2009 zunächst die entsprechende Regelung des § 87 Abs. 2 BBG (a.F.) wegfallen war, wurde diese „Regelungslücke“ durch Einfügung des § 84a BBG zum 14.03.2015 inzwischen geschlossen.
23 
Schließlich dürfte sich auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ergeben, dass eine Geltung des allgemeinen Rückforderungsanspruchs nach § 49a LVwVfG auch für Beamte infolge der ersatzlosen Abschaffung der bisherigen Sonderregelung zur Rückforderung sonstiger Leistungen aus dem Beamtenverhältnis einschließlich der Eröffnung einer Billigkeitsentscheidung nicht zulässig gewesen wäre. Zwar gelten auch für Verwaltungsakte zu Geldleistungen aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich die allgemeinen Regelungen der §§ 48, 49 LVwVfG auf der ersten Stufe der Frage, ob der Verwaltungsakt zurückgenommen oder widerrufen werden darf. Die separat auf einer zweiten Stufe zu prüfende Frage der Rückforderung muss jedoch den Besonderheiten des Berufsbeamtentums Rechnung tragen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss es die Alimentierung den Beamten ermöglichen, sich ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf zu widmen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Sicherheit und Unabhängigkeit zur Erfüllung der ihnen zugewiesenen Aufgaben beizutragen (st. Rspr., zuletzt Beschluss vom 17.11.2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - Rn. 97 nach juris). Die in dieser Rechtsprechung hervorgehobene Qualitätssicherung des Berufsbeamtentums beinhaltet auch die Verpflichtung des Dienstherrn zur Wahrung eines amtsangemessenen Lebensunterhalts trotz laufender Aufwendungen für die Risikovorsorge oder besonderer Belastungen wegen Krankheit (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.2004 - 2 C 50/02 - Rn. 9 u. 120 nach juris). Fehl geht daher die Annahme des Beklagten, dass Rückforderungen von Beihilfeleistungen grundsätzlich einer anderen Behandlung durch den Gesetzgeber zugänglich seien. Wie gerade der vorliegende Fall zeigt, kann auch die Rückforderung von Beihilfe im Einzelfall zu einer existenziellen Notlage des Beamten führen, welche geeignet ist, seine rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu gefährden. Daher ist es bei Rückforderungen des Dienstherrn gegenüber seinem Beamten geboten, eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, damit nicht jede Verletzung einer Anzeigepflicht aufgrund strenger haushaltsrechtlicher Vorschriften automatisch zu einer Rückforderung mit möglicherweise existenzbedrohenden Folgen für den Beamten führt. Gerade auch der Umstand, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung zur früher anwendbaren Regelung des § 12 Abs. 2 BBesG stets davon ausgegangen ist, dass eine Billigkeitsprüfung unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls untrennbarer Bestandteil der Rückforderungsentscheidung ist, zeigt, dass Beamte aufgrund des besonderen gegenseitigen Pflichtenverhältnisses insoweit nicht den starren Regelungen des § 49a LVwVfG unterworfen sein dürfen.
24 
Davon ging im Übrigen der Beklagte selbst noch im Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheids aus, indem er § 12 BBesG wenigstens erwähnt hat. Weshalb er dann im Widerspruchsbescheid und im gerichtlichen Verfahren vehement die Rechtsauffassung vertritt, dem Dienstherrn sei seit Inkrafttreten des Dienstrechtsreformgesetzes eine Billigkeitsentscheidung verwehrt, weil auch bei nur geringem Verschulden eine vollständige Rückforderung ohne die Möglichkeit der Berücksichtigung von Besonderheiten oder Härten des Einzelfalls entsprechend den allgemeinen zwischen Staat und Bürger geltenden Vorschriften zwingend sei, erschließt sich dem Senat nicht.
25 
2. Die durch das Dienstrechtsreformgesetz eingetretene planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Rückforderung „sonstiger“ zu viel gezahlter Geldleistungen ist bis zu einer ausdrücklichen Regelung des Landesgesetzgebers durch analoge Anwendung anderer (neuer) beamtenrechtlicher Vorschriften zu schließen. Ungeachtet der Wortgleichheit der dafür zur Verfügung stehenden neugefassten Rückforderungsregelungen im Besoldungs- bzw. Versorgungsrecht ist der Senat der Auffassung, dass eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG vorzunehmen ist, da dies der früheren Regelung des § 109 LBG a.F. mit seinem Verweis auf die damals geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften am Nächsten kommt.
26 
Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht zu Recht die gesamte Rückforderungsentscheidung (Nr. 3 des angefochtenen Bescheids) aufgehoben und der Klage insoweit stattgegeben. Der Beklagte ist nicht gehindert, anhand des geänderten Maßstabs des § 15 Abs. 2 LBesG nochmals über die Rückforderung ggf. einschließlich einer Billigkeitsprüfung zu entscheiden.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
28 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
29 
Beschluss vom 20. September 2016
30 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 32.837,43 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
17 
Nach §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO entscheidet der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
18 
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass die Rückforderungsentscheidung in Nr. 3 des Bescheids des Landesamts vom 15.11.2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21.05.2014 rechtswidrig ist und den Kläger deshalb in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies gilt allerdings nicht lediglich im Hinblick auf das Fehlen einer Billigkeitsentscheidung, sondern schon bezüglich der Rückforderungsentscheidung selbst, welche von einem unrichtigen Maßstab bezüglich der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes für die Zahlung ausgeht. Denn hinsichtlich beider Entscheidungen besteht derzeit eine planwidrige Regelungslücke (dazu 1.), welche bis zu einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers durch eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG zu schließen ist (dazu 2.).
19 
1. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass durch die umfangreichen Neuregelungen des Dienstrechtsreformgesetzes in einen Teilbereich eine planwidrige Regelungslücke für die Rückforderung zu viel gezahlter Geldleistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften entstanden ist. Denn der Landesgesetzgeber hat nur für die Rückforderung zu viel bezahlter Bezüge (§ 15 Abs. 2 LBesG) und zu viel bezahlter Versorgungsbezüge bzw. zu viel gezahlten Alters- oder Hinterbliebenengeldes (§ 5 Abs. 2 LBeamtVG) eine ausdrückliche gesetzliche Regelung getroffen. Beide Rückforderungsvorschriften sind wegen der Begriffsbestimmungen der Bezüge in § 1 LBesG einerseits bzw. der Versorgungsbezüge in § 17 LBeamtVG andererseits nach ihrem Wortlaut auf den vorliegenden Fall der Rückforderung von Beihilfe nicht unmittelbar anwendbar. Eine „Auffangvorschrift“ für die Rückforderung von „sonstigen“ Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften, also solchen Geldleistungen, die nicht Besoldung i.S.v. § 1 LBesG oder Versorgung i.S.v. § 17 LBeamtVG sind, fehlt in dem durch die Dienstrechtsreform mit Geltung zum 01.01.2011 ebenfalls neugefassten Landesbeamtengesetz. Zuvor, also nach der bis zum 31.12.2010 geltenden Vorschrift des § 109 LBG in der Fassung vom 19.03.1996 (bzw. der Vorgängerfassung vom 08.08.1979) war für Rückforderungen von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes entsprechend anzuwenden. Diese Vorschrift galt bis zur Dienstrechtsreform für Landesbeamte hinsichtlich der Rückforderung von Bezügen noch unmittelbar. Durch den ersatzlosen Wegfall von § 109 LBG a.F. besteht somit seit dem 01.01.2011 keine ausdrückliche Regelung für die Rückforderung sonstiger Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften mehr. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass hierdurch eine planwidrige Regelungslücke eingetreten ist.
20 
Zu Unrecht wendet der Beklagte hiergegen ein, dass § 49a LVwVfG geeignet sei, den Eintritt einer Regelungslücke zu verhindern. Denn § 49a LVwVfG findet nach Abs. 1 (unmittelbar) nur Anwendung, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist. Dementsprechend stellt Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift auch auf die Kenntnis der Umstände ab, die zu Rücknahme, Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsakts geführt haben. Der Anwendungsbereich von § 109 LBG a.F. setzte dagegen - wie auch § 12 Abs. 2 BBesG und andere beamtenrechtliche Rückforderungsregelungen - gerade nicht voraus, dass die (Geld-)leistung durch Verwaltungsakt gewährt sein musste. Vielmehr wurde auch die Rückforderung von Geldleistungen ermöglicht, bei denen es von vornherein an einem Verwaltungsakt als Rechtsgrund für das Behaltendürfen fehlte. Schon dieser Unterschied im Anwendungsbereich zeigt, dass § 49a LVwVfG nicht geeignet ist, die durch den Wegfall von § 109 LBG a.F. entstandene Regelungslücke vollständig zu schließen. Zudem dürfte § 49a LVwVfG wie auch die gleichlautende bundesrechtliche Regelung des § 49a VwVfG nur auf Erstattungsansprüche des Staates gegen den Bürger unmittelbar anzuwenden sein (vgl. Baumeister in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 49a Rn. 6). Jedenfalls ist der allgemeine Erstattungsanspruch des § 49a LVwVfG nicht geeignet, dem besonderen Verhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn, welches geprägt ist durch eine Treuepflicht einerseits und eine Fürsorgepflicht andererseits, und dessen Auswirkungen bei der Rückforderung von in diesem besonderen Pflichtenverhältnis bezahlten Geldleistungen gerecht zu werden.
21 
Schon die Gesetzgebungshistorie zeigt, dass seit Bestehen der Bundesrepublik anerkannt war, dass für Beamte bei der Rückforderung von Leistungen aus dem Dienstverhältnis besondere Regelungen gelten sollten, welche vom damals noch nicht kodifizierten allgemeinen Erstattungsanspruch des späteren § 49a VwVfG für Leistungen zwischen Staat und Bürger abweichen und nicht nur Leistungen umfassen, welche durch Verwaltungsakt gewährt wurden. Diesem Gedanken trug die Rahmengesetzgebung des Bundes zum Beamtenrecht Rechnung, indem § 53 Abs. 2 BRRG in der Fassung vom 01.07.1957 (BGBl. I 667) wortgleich mit dem für Bundesbeamte geltenden § 87 Abs. 2 BBG in der Fassung vom 18.09.1957 (BGBl. I 1338) auch für Landesbeamte vorsah, dass sich der Umfang der Bereicherung zwar - vergleichbar dem allgemeinen Erstattungsanspruch - nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ergeben sollte, eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung aber nur ausgeschlossen war, wenn der Beamte den Mangel des rechtlichen Grundes kannte oder dieser so offensichtlich war, dass er ihn hätte kennen müssen. Dieser für den Beamten im Vergleich zu dem allgemeinen Erstattungsanspruch (bei dem eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Umstände, welche zur Rücknahme oder zum Widerruf des Verwaltungsakts geführt hatte, erforderlich war) günstigere Regelung sollte den Besonderheiten des Beamtenverhältnisses Rechnung tragen. Sie beinhaltete daher von Anfang an noch die Möglichkeit, aus Billigkeitsgründen von einer Rückforderung ganz oder teilweise abzusehen. § 53 Abs. 2 BRRG wurde - ebenso wie die wortgleiche Vorschrift des § 87 Abs. 2 BBG - trotz des Wortlauts nicht allein auf die Rückforderung von Dienst- oder Versorgungsbezügen im engeren Sinne, sondern auf sämtliche Leistungen des Dienstherrn aus dem Beamtenverhältnis (entsprechend) angewandt (vgl. Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Kommentar, Stand 29.10.1961, Rn. 5 zu § 87). Eine ausdrückliche Umsetzung des Landesgesetzgebers entsprechend der Verpflichtung in § 1 Abs. 2 BRRG a.F. erfolgte erst mit Neufassung des Landesbeamtengesetzes vom 08.08.1979 in Form des § 109 LBG, welcher bis zum Inkrafttreten des Dienstrechtsreformgesetzes eine analoge Anwendung der damals für die Rückforderung von Bezügen von Landesbeamten unmittelbar geltenden Vorschrift des § 12 Abs. 2 BBesG vorsah. Somit bestand in der Gesetzgebung der Bundesrepublik durchgehend (auch) für Beamte des Landes Baden-Württemberg eine gegenüber dem allgemeinen Erstattungsanspruch günstigere Rückforderungsregelung für sonstige Geldleistungen aus dem Beamtenverhältnis. Hätte der Landesgesetzgeber diese „Begünstigung“ durch das Dienstrechtsreformgesetz aufheben und durch die ungünstigere allgemeine Regelung des § 49a Abs. 2 LVwVfG ersetzen wollen, hätte es dazu angesichts der deutlichen Schlechterstellung der Landesbeamten für die Zukunft ausdrücklicher Erwägungen bedurft. Insoweit fehlt es, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, an jeglichen Anhaltspunkten in den umfangreichen Gesetzgebungsmaterialien. In der Zielsetzung der Gesetzesbegründung wird darauf abgestellt, dass die hinzugewonnenen Gesetzgebungskompetenzen genutzt werden sollen, um die Rechtsverhältnisse der Beamtinnen und Beamten im Lande einer Generalrevision zu unterziehen und den modernen Erfordernissen, den Interessen der Beamtinnen und Beamten sowie den Belangen des Landes und sonstiger Dienstherrn anzupassen (LT-Dr. 14/6694, S. 1). Bei der Wiedergabe des „wesentlichen Inhalts“ der Neuregelungen findet sich weder in Bezug auf beamtenrechtliche noch hinsichtlich besoldungsrechtlicher Regelungen ein Hinweis auf eine beabsichtigte Änderung der Rückforderungsvorschriften (aaO S. 2). Zur Neuregelung des § 15 LBesG wird z.B. ausgeführt, dass die Bestimmung unverändert § 12 BBesG entspreche (aaO S. 460). Zur Änderung der Beihilfeverordnung wird ausgeführt, dass (lediglich) redaktionelle Anpassungen an die geänderte Paragrafenfolge des Landesbeamtengesetzes sowie eine Umstellung von Verweisungen des Bundesbesoldungs- und Versorgungsrechts auf das neue Landesbesoldungs- und Versorgungsrecht vorgenommen würden (aaO S. 599). Hieraus ergeben sich somit keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber speziell im Beihilferecht strengere Rückforderungsregelungen beabsichtigt hat. Auch der Hinweis des Beklagten auf die vollständige Streichung aller Paragrafen des 3. Unterabschnitts des alten Landesbeamtengesetzes mit Ausnahme von § 110 LBG ist nicht geeignet, eine bewusste Abschaffung der früheren Rückforderungsregelung zu belegen. Denn dieser Unterabschnitt (§§ 106 – 110) stand unter der Überschrift Besoldung, Versorgung und sonstige Leistungen, welche keineswegs ersatzlos weggefallen sind, sondern überwiegend (§§ 106 – 108) im neugefassten Landesbesoldungs- bzw. Versorgungsgesetz geregelt wurden. Lediglich der auch in diesem Abschnitt des alten Landesbeamtengesetzes geregelte Übergang des Schadensersatzanspruchs eines Beamten gegen einen Dritten (§ 110) wurde ins neugefasste Landesbeamtengesetz übernommen. Demgegenüber entfiel die Regelung des § 109 LBG a.F. ersatzlos. Dass damit nicht nur eine redaktionelle Umstellung von Verweisungen (vgl. LT-Dr. 14/6694, S. 599 zu Artikel 47) im Hinblick auf das nicht mehr für Landesbeamte anwendbare Bundesbesoldungsgesetz, sondern eine inhaltliche Abschaffung der beamtenrechtlichen Sonderregelung für Rückforderungen sonstiger Leistungen durch den Gesetzgeber erfolgt sein sollte, entbehrt jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte.
22 
Neben der Gesetzgebungshistorie spricht auch ein Blick auf die Rechtslage in anderen Bundesländern dafür, dass dem baden-württembergischen Landesgesetzgeber bei der Novellierung des Landesbeamtengesetzes im Rahmen der Dienstrechtsreform zum 01.01.2011 der ersatzlose Wegfall einer Regelung zu Grundsätzen des bundeseinheitlichen Berufsbeamtentums nicht bewusst war. Denn in den anderen Bundesländern wurde jeweils nach dem Wechsel der Gesetzgebungskompetenz eine „Neuregelung“ für die Rückforderung sonstiger Geldleistungen im Rahmen des Beamtenverhältnisses getroffen (s. etwa § 87 Niedersächsisches Beamtengesetz vom 25.03.2009 oder Art. 13 Bayerisches Beamtengesetz vom 29.07.2008). Soweit mit der Neufassung des Bundesbeamtengesetzes vom 05.02.2009 zunächst die entsprechende Regelung des § 87 Abs. 2 BBG (a.F.) wegfallen war, wurde diese „Regelungslücke“ durch Einfügung des § 84a BBG zum 14.03.2015 inzwischen geschlossen.
23 
Schließlich dürfte sich auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ergeben, dass eine Geltung des allgemeinen Rückforderungsanspruchs nach § 49a LVwVfG auch für Beamte infolge der ersatzlosen Abschaffung der bisherigen Sonderregelung zur Rückforderung sonstiger Leistungen aus dem Beamtenverhältnis einschließlich der Eröffnung einer Billigkeitsentscheidung nicht zulässig gewesen wäre. Zwar gelten auch für Verwaltungsakte zu Geldleistungen aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich die allgemeinen Regelungen der §§ 48, 49 LVwVfG auf der ersten Stufe der Frage, ob der Verwaltungsakt zurückgenommen oder widerrufen werden darf. Die separat auf einer zweiten Stufe zu prüfende Frage der Rückforderung muss jedoch den Besonderheiten des Berufsbeamtentums Rechnung tragen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss es die Alimentierung den Beamten ermöglichen, sich ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf zu widmen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Sicherheit und Unabhängigkeit zur Erfüllung der ihnen zugewiesenen Aufgaben beizutragen (st. Rspr., zuletzt Beschluss vom 17.11.2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - Rn. 97 nach juris). Die in dieser Rechtsprechung hervorgehobene Qualitätssicherung des Berufsbeamtentums beinhaltet auch die Verpflichtung des Dienstherrn zur Wahrung eines amtsangemessenen Lebensunterhalts trotz laufender Aufwendungen für die Risikovorsorge oder besonderer Belastungen wegen Krankheit (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.2004 - 2 C 50/02 - Rn. 9 u. 120 nach juris). Fehl geht daher die Annahme des Beklagten, dass Rückforderungen von Beihilfeleistungen grundsätzlich einer anderen Behandlung durch den Gesetzgeber zugänglich seien. Wie gerade der vorliegende Fall zeigt, kann auch die Rückforderung von Beihilfe im Einzelfall zu einer existenziellen Notlage des Beamten führen, welche geeignet ist, seine rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu gefährden. Daher ist es bei Rückforderungen des Dienstherrn gegenüber seinem Beamten geboten, eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, damit nicht jede Verletzung einer Anzeigepflicht aufgrund strenger haushaltsrechtlicher Vorschriften automatisch zu einer Rückforderung mit möglicherweise existenzbedrohenden Folgen für den Beamten führt. Gerade auch der Umstand, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung zur früher anwendbaren Regelung des § 12 Abs. 2 BBesG stets davon ausgegangen ist, dass eine Billigkeitsprüfung unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls untrennbarer Bestandteil der Rückforderungsentscheidung ist, zeigt, dass Beamte aufgrund des besonderen gegenseitigen Pflichtenverhältnisses insoweit nicht den starren Regelungen des § 49a LVwVfG unterworfen sein dürfen.
24 
Davon ging im Übrigen der Beklagte selbst noch im Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheids aus, indem er § 12 BBesG wenigstens erwähnt hat. Weshalb er dann im Widerspruchsbescheid und im gerichtlichen Verfahren vehement die Rechtsauffassung vertritt, dem Dienstherrn sei seit Inkrafttreten des Dienstrechtsreformgesetzes eine Billigkeitsentscheidung verwehrt, weil auch bei nur geringem Verschulden eine vollständige Rückforderung ohne die Möglichkeit der Berücksichtigung von Besonderheiten oder Härten des Einzelfalls entsprechend den allgemeinen zwischen Staat und Bürger geltenden Vorschriften zwingend sei, erschließt sich dem Senat nicht.
25 
2. Die durch das Dienstrechtsreformgesetz eingetretene planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Rückforderung „sonstiger“ zu viel gezahlter Geldleistungen ist bis zu einer ausdrücklichen Regelung des Landesgesetzgebers durch analoge Anwendung anderer (neuer) beamtenrechtlicher Vorschriften zu schließen. Ungeachtet der Wortgleichheit der dafür zur Verfügung stehenden neugefassten Rückforderungsregelungen im Besoldungs- bzw. Versorgungsrecht ist der Senat der Auffassung, dass eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG vorzunehmen ist, da dies der früheren Regelung des § 109 LBG a.F. mit seinem Verweis auf die damals geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften am Nächsten kommt.
26 
Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht zu Recht die gesamte Rückforderungsentscheidung (Nr. 3 des angefochtenen Bescheids) aufgehoben und der Klage insoweit stattgegeben. Der Beklagte ist nicht gehindert, anhand des geänderten Maßstabs des § 15 Abs. 2 LBesG nochmals über die Rückforderung ggf. einschließlich einer Billigkeitsprüfung zu entscheiden.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
28 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
29 
Beschluss vom 20. September 2016
30 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 32.837,43 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 10. Juni 2015 - 6 K 770/14 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung ihm als Beihilfeleistung gewährter Krankenhaustagegelder.
Der 1950 geborene Kläger ist gegenüber dem Beklagten mit einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt und hat aufgrund seines monatlichen Beitrags in Höhe von 22,-- EUR Anspruch auf Beihilfe zu Aufwendungen für Wahlleistungen.
Vom 06.12. bis 14.12.2012 befand er sich in der H...-Klinik in Titisee, einer Privatklinik, in stationärer Behandlung, wofür ihm von Belegarzt Dr. T. 1.913,64 EUR in Rechnung gestellt wurden (Liquidation vom 22.01.2013, unter Verminderung des gemäß GOÄ errechneten Betrags von 2.247,23 EUR um 15% = 333,59 EUR). Auf seinen Antrag vom 24.01.2013 hin wurde ihm hierfür mit Bescheid der Landesamtes für Besoldung und Versorgung - Landesamt - vom 30.01.2013 Beihilfe gewährt.
Im Anschluss hielt er sich vom 14.12.2012 bis 11.01.2013 in der T... Klinik Bad Krozingen, einer Einrichtung der Anschlussheilbehandlung, auf.
Auf seinen Antrag vom 06.03.2013 gewährte ihm das Landesamt mit Bescheid vom 29.03.2013 - unter anderem - für diese beiden Klinikaufenthalte Tagegeld in Höhe von insgesamt 560,-- EUR (13 Tage H...-Klinik à 14,-- EUR = 182,-- EUR und 27 Tage T... Klinik à 14,-- EUR = 378,-- EUR). Dem Antrag waren Bescheinigungen der jeweiligen Krankenhausverwaltung zu Wahlleistungen beigefügt. In der Bescheinigung der H...-Klinik vom 11.02.2013 ist angegeben, dass die Klinik einen Zuschlag auf die Wahlleistung Unterkunft erhebe und der Kläger auf deren Inanspruchnahme nicht verzichtet habe. Auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen habe der Kläger während seines Aufenthalts verzichtet.
Mit Schreiben vom 03.04.2013 erhob der Kläger gegen den Beihilfebescheid vom 29.03.2013 Widerspruch mit der Begründung, ihm stehe ein Tagegeldsatz von 22,-- EUR statt lediglich 14,-- EUR zu. Es habe sich um eine anerkannte Anschlussheilbehandlung nach Hüft-OP gehandelt.
Daraufhin hörte das Landesamt den Kläger mit Schreiben vom 28.05.2013 zur geplanten Rückforderung des Tagegeldes an, da ein solches bei Anschlussheilbehandlungen nicht gewährt werde und erläuterte ihm mit weiterem Schreiben vom 27.08.2013, warum ihm auch für den Aufenthalt in der H...-Klinik kein Tagegeld zustehe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 wies das Landesamt den Widerspruch zurück (Nr. 1), hob den Bescheid vom 29.03.2013 hinsichtlich der Gewährung der Tagegelder auf (Nr. 2) und forderte vom Kläger die Rückzahlung insoweit überzahlter Beihilfe in Höhe von 560,-- EUR (Nr. 3). Zur Begründung wurde auf die beiden Schreiben vom 28.05.2013 und 27.08.2013 verwiesen, wo es heißt, dass für den Aufenthalt in der H...-Klinik ein Tagegeld zu Unrecht gewährt worden sei, da der Kläger insoweit bereits Beihilfe für ärztliche Leistungen beantragt und auch bewilligt bekommen habe. Für den Aufenthalt in der T... Klinik als einer Einrichtung der Anschlussheilbehandlung komme die Gewährung von Tagegeld nicht in Betracht. Da der Bescheid vom 29.03.2013 rechtswidrig sei, könne er nach Maßgabe des § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG zurückgenommen werden. Mangels Bestandskraft bestehe kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf dessen Bestand. Zwar stehe der Behörde im Rahmen des § 48 LVwVfG hinsichtlich der Rücknahme ein Ermessen zu. Aber auch unter Berücksichtigung aller Umstände bei der Gesamtabwägung, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen und der Rechtmäßigkeit der Verwaltung, könne der Bescheid zurückgenommen werden. Durch das Dienstrechtsreformgesetz vom 09.11.2010 sei das Landesbeamtengesetz grundlegend geändert worden. Für die Rückforderung von Beihilfe seien nun die einschlägigen Bestimmungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes maßgebend. Die zuvor geltenden Verweise auf § 12 BBesG seien im Landesbeamtengesetz nicht enthalten. Somit richte sich die Rückforderung der insoweit rechtsgrundlos gewährten Leistungen nach § 49a LVwVfG. Für den Umfang der Erstattung gälten die Vorschriften der §§ 818 ff. BGB.
Am 14.02.2014 hat der Kläger hiergegen - entsprechend der Rechtsmittelbelehrung - Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben, das den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 20.03.2014 - 3 K 833/14 - an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Freiburg verwiesen hat. Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, beide Klinikaufenthalte erfüllten die Voraussetzungen für die Gewährung von Tagegeld, da es sich jeweils um stationäre Aufenthalte gehandelt und der Kläger auf chefärztliche Behandlung verzichtet habe. Die Verweigerung von Tagegeld bei einer Anschlussheilbehandlung sei sachwidrig.
10 
Der Beklagte ist der Klage unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Ausführungen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren entgegengetreten. Voraussetzung für die Gewährung von Tagegeld sei, dass gesondert berechnete ärztliche Leistungen nicht geltend gemacht worden seien. Unerheblich sei, ob es sich dabei um chefärztliche Leistungen handle und der Kläger auf Wahlarztleistungen verzichtet habe. Dass es sich um eine Belegarztbehandlung gehandelt habe, ändere daran nichts, denn wahlärztliche und belegärztliche Leistungen könnten nicht nebeneinander für dieselbe Behandlung geltend gemacht werden, so dass der Verzicht auf Wahlarztbehandlung sich nicht auswirke. Die Gewährung von Beihilfe für die mit Rechnung vom 22.01.2013 liquidierten Leistungen stehe daher der Gewährung von Beihilfe entgegen. Für den Ausschluss von Tagegeld bei Anschlussheilbehandlungen gebe es sachliche Gründe. Der Verzicht stelle bei letzterer keinen „geldwerten Vorteil“ dar, da der ärztliche Betreuungsaufwand geringer sei.
11 
Nach gerichtlichem Hinweis vom 30.04.2015 hat der Kläger die Klage insoweit zurückgenommen, als er die Gewährung eines weiteren Tagegelds unter Zugrundelegung eines Tagessatzes in Höhe von 22,-- EUR je Tag begehrt hatte.
12 
Mit Urteil vom 10.06.2015 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klage zurückgenommen worden war, und unter Abweisung der Klage im Übrigen den Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben, soweit damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von mehr als 378,-- EUR vom Kläger zurückgefordert wurde. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Bescheid vom 29.03.2013, durch den dem Kläger für den Aufenthalt in der H...-Klinik ein Tagegeld von 182,-- EUR gewährt worden sei, rechtmäßig und deshalb der den Kläger insoweit erstmals beschwerende Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 rechtswidrig sei. Denn die damit gem. § 48 LVwVfG verfügte Rücknahme setze die Rechtswidrigkeit des zurückgenommenen Bescheids voraus und die zugleich gem. § 49a LVwVfG verfügte Rückforderung des Tagegelds dessen rechtsgrundlose Gewährung. Der hier maßgebliche § 15 Abs. 4 BVO Satz 3 a.F. habe einen Anspruch auf ein Tagegeld in Höhe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts in einer Privatklinik (§ 7 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, Abs. 7 Satz 1 BVO) gewährt, wenn „gesondert berechnete ärztliche Leistungen" nicht geltend gemacht worden seien. Insoweit habe der Kläger zwar eine gesondert berechnete ärztliche Leistung, nämlich des Belegarztes Dr. T, geltend gemacht und dafür auch Beihilfeleistungen erhalten, so dass nach dem Wortlaut der Vorschrift die Voraussetzungen für eine Tagegeldgewährung nicht erfüllt gewesen wären. Nach Sinn und Zweck der Tagegeldregelung sei die Vorschrift des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO jedoch im Wege der teleologischen Reduktion dahin auszulegen, dass mit „gesondert berechneten ärztlichen Leistungen" nur „wahlärztliche" Leistungen gemeint seien, zu denen belegärztliche Leistungen gerade nicht zählten. Die Tage-geldregelung solle nach ihrem Sinn und Zweck einem Beihilfeberechtigten nur einen Anreiz geben, auf eine Chefarztbehandlung zu verzichten, also die für den Beklagten kostengünstigere Behandlungsvariante einer Behandlung durch das sonstige ärztliche Personal zu wählen, die als allgemeine Krankenhausleistung durch die für eine Behandlung in der Hauptabteilung geltenden Fallpauschalen mitabgegolten sei. Dadurch solle dem Beklagten die Beihilfeleistung zu den zusätzlichen Kosten einer Chefarztbehandlung erspart werden, auf die der Beihilfeberechtigte, wenn er einen monatlichen Beitrag von 22,-- EUR zahle, gem. § 6a Abs. 2 BVO an sich einen Anspruch hätte. Hingegen solle die Tagegeldregelung nicht einen Anreiz dafür bieten, dem Beklagten auch noch die Beihilfe zu Belegarztrechnungen zu ersparen, auf die der Beihilfeberechtigte schon ohne Leistung eines eigenen Zusatzbeitrags von 22,-- EUR monatlich einen regulären Beihilfeanspruch habe, weil die Belegarztkosten keine Wahlarztkosten und nicht in den deutlich geringeren Fallpauschalen enthalten seien, die für eine Behandlung in Belegabteilungen gälten, und die Kosten der ärztlichen Behandlung eben gerade nicht schon mitenthielten. Andernfalls würde der Beihilfeberechtigte durch Versagung eines Tagegeldes bei Geltendmachung einer Belegarztbehandlung schlechter gestellt, als wenn er sich - was ihm jederzeit frei stehe - ganz normal zu den höheren, die allgemeine Arztleistung mitabdeckenden beihilfefähigen Fallpauschalen in einer Hauptabteilung von einem der angestellten Ärzte behandeln ließe, der kein Chefarzt sei, und in diesem Fall mangels Chefarztbehandlung ein Tagegeld erhielte. Dem stehe nicht der Umstand entgegen, dass Belegarztbehandlung und Wahlarztbehandlung sich wechselseitig ausschlössen, da es neben bzw. zusätzlich zu einer Behandlung durch einen Belegarzt in einer Belegabteilung eines öffentlichen oder privaten Krankenhauses schon begriffsnotwendig keine Chefarzt(=Wahlarzt)-Behandlung geben könne. Bei dem Belegarzt handle es sich nicht um einen der angestellten Arzte des Krankenhauses (Chefärzte und sonstige Arzte), unter denen ein wahlleistungsberechtigter Patient auswählen könne, sondern der Belegarzt sei ein externer vom Patienten bereits gewählter Arzt, der lediglich die sachlichen, räumlichen und personellen Mittel des Krankenhauses aufgrund vertraglicher Abreden nutzen könne. Sowohl die Entscheidung eines Beihilfeberechtigten, sich durch einen Belegarzt in einer Belegabteilung behandeln zu lassen, als auch die ihm stattdessen alternativ ebenso mögliche Entscheidung, sich in der Hauptabteilung durch einen der - nicht als Chefarzt qualifizierten - angestellten Arzte behandeln zu lassen, löse in beiden Fällen einen vergleichbaren beihilfefähigen Aufwand aus, der in jedem Fall geringer und für den Beklagten beihilferechtlich günstiger sei als derjenige, der anfiele, wenn sich der Beihilfeberechtigte, was ihm möglich wäre, stattdessen für eine Behandlung in einer Hauptabteilung durch den Chefarzt entschiede, welche einen beihilfefähigen Aufwand in Form der Fallpauschale zum Hauptabteilungssatz zuzüglich der Chefarztrechnung auslösen würde. Für die Gewährung eines Tagegeldes könne es daher lediglich entscheidend sein, dass der geltend gemachte beihilfefähige Aufwand eine Chefarztrechnung nicht mitumfasse. Das zeige die Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO (a.F.), die eine Tagegeldgewährung bei einem Aufenthalt in einem öffentlichen Krankenhaus allein davon abhängig mache, dass keine Chefarztbehandlung gewählt worden sei, also ein Tagegeld nicht ausschließe, wenn eine Behandlung in der Belegabteilung eines öffentlichen Krankenhauses durch einen Belegarzt geltend gemacht werde. Warum etwas anderes gelten sollte, wenn es sich um eine Privatklinik handele, die ebenfalls eine Belegabteilung aufweisen könne, sei nicht ersichtlich. Diese Auslegung werde auch durch die Neuregelung der Vorschrift in § 15 Abs. 4 Satz 2 (n.F.) untermauert, die ohne Unterscheidung zwischen Privatklinik und öffentlicher Klinik die Gewährung eines Tagegeldes allein davon abhängig mache, dass beihilferechtlich keine Chefarztrechnung geltend gemacht werde.
13 
Soweit dem Kläger Tagegeld in Höhe von 378,-- EUR für den Aufenthalt in der T... Klinik gewährt worden sei, sei der Bescheid vom 29.03.2013 rechtswidrig, weshalb der Widerspruchsbescheid rechtmäßig sei. Denn die damit gem. § 48 LVwVfG verfügte Rücknahme setze die Rechtswidrigkeit des zurückgenommenen Bescheids voraus und die zugleich gem. § 49a LVwVfG verfügte Rückforderung des Tagegelds dessen rechtsgrundlose Gewährung. Da die T... Klinik eine Einrichtung der Anschlussheilbehandlung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 BVO darstelle, werde die dort durchgeführte Behandlung nicht von der Tagegeldregelung des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO (a.F.) erfasst, die sich ihrem eindeutigen Wortlaut nach nur auf Einrichtungen nach § 7 Abs. 7 Satz 1 BVO (Krankenhäuser) bzw. Einrichtungen nach § 7 Abs. 7 Satz 4 BVO, d.h. Einrichtungen der Suchtbehandlung (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BVO) bzw. sonstige Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 BVO), beziehe. Diese Differenzierung verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn der sachliche Unterschied liege darin, dass bei einer Anschlussheilbehandlung, anders als bei einer Suchtbehandlung bzw. bei einer medizinischen Rehabilitation, der Anteil des ärztlichen Betreuungsaufwandes generell deutlich geringer sei, weil bei der Anschlussheilbehandlung lediglich die zuvor schon im Rahmen der Krankenhausbehandlung unter maßgeblicher ärztlicher Beteiligung weitgehend behobene Gesundheitsschädigung nur noch endgültig „auskuriert" werde, so dass der Verzicht auf eine Chefarztbehandlung in einer Einrichtung der Anschlussheilbehandlung dem Beklagten keine vergleichbar gewichtige finanzielle Belastung erspare wie ein solcher Verzicht bezüglich einer Behandlung in einer der anderen genannten Behandlungseinrichtungen. Dies werde durch die Neuregelung des § 15 Abs. 4 BVO in der ab 01.04.2014 gültigen Fassung bestätigt, wonach die Regelung über das Tagegeld inzwischen sogar nur noch bei Verzicht auf wahlärztliche Behandlung in einem - öffentlichen oder privaten - Krankenhaus gewährt werde.
14 
Die Berufung wurde nicht zugelassen.
15 
Auf Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 05.04.2016 - 2 S 1481/15 - die Berufung zur Klärung der Grundsatzfrage zugelassen, ob es für die Gewährung einer Beihilfe in Form eines Tagegeldes nach § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F. nur darauf ankommt, ob gesondert berechnete Leistungen durch die Inanspruchnahme von Wahlleistungen nicht angefallen sind oder ob es erforderlich ist, dass diese überhaupt in Anspruch genommen werden konnten und damit die Möglichkeit, auf sie zu verzichten, bestand.
16 
Am 09.05.2016 hat der Beklagte die Berufung wie folgt begründet: Nach Maßgabe des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F. werde eine Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts gewährt, wenn anlässlich der Inanspruchnahme von Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 1 oder 4 BVO gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO nicht geltend gemacht würden. Unter „gesondert berechneten ärztlichen Leistungen“ gemäß § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO seien nur „wahlärztliche“ Leistungen zu verstehen. Bestätigt werde dies durch die klarstellende Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO, wonach eine Beihilfe von 22,-- EUR pro Tag, an welchem die Leistung berechenbar gewesen wäre, anlässlich eines Aufenthalts nach § 15 Abs. 4 Satz 1 BVO für nicht beanspruchte „wahlärztliche“ Leistungen gewährt werde. Hierfür sprächen auch die Verwaltungsvorschriften vom 24.06.2012, wo von „Wahlarzttagegeld“ die Rede sei. Die Tagegeldregelung solle dem Beihilfeberechtigten einen Anreiz dazu geben, auf wahlärztliche Behandlung zu verzichten, folglich die kostengünstigere Behandlungsvariante durch das sonstige ärztliche Personal eines Krankenhauses zu wählen, die als allgemeine Krankenhausleistung durch die für eine Behandlung in der Hauptabteilung geltenden Fallpauschalen bereits mitabgegolten sei. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, das insoweit auf § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO n.F. hinweise, sei für die Gewährung eines Tagegeldes nicht allein darauf abzustellen, dass der geltend gemachte Aufwand keine Chefarztrechnung umfasse. In Konstellationen wie der vorliegenden könne nämlich ein Anspruch auf Krankenhaustagegeld denknotwendig nicht bestehen, weshalb es unerheblich sei, dass der Kläger keine wahlärztlichen Leistungen in Anspruch genommen und auf diese gleichsam „verzichtet habe“. Er habe nämlich überhaupt nicht die Möglichkeit gehabt, Wahlarztleistungen in Anspruch zu nehmen. Grundvoraussetzung für ein Tagegeld sei aber, dass der Beihilfeberechtigte eine Beihilfe zu den Wahlleistungen hätte erhalten können, wenn er diese in Anspruch genommen hätte. Tagegeld könne dem Beihilfeberechtigten nur dann gewährt werden, wenn gesondert berechnete Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO nicht geltend gemacht würden. Nach dieser Vorschrift wiederum seien gesondert erbrachte und berechnete Leistungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO beihilfefähig. Hierunter fielen gesondert erbrachte und berechnete „ärztliche, psychotherapeutische und zahnärztliche Leistungen und Leistungen von Heilpraktikern nach Maßgabe der Anlage“. Bereits aus dem Wortlaut der Norm ergebe sich, dass neben dem Verzicht auf eine wahlärztliche Behandlung als solche weitere Voraussetzung sei, dass diese gesondert erbracht und berechnet werde. Dies bedeute, dass Tagegeld ausscheide, wenn keine Leistungen gesondert erbracht und abgerechnet würden, weil diese Leistungen bereits Gegenstand der Behandlung seien, wie dies bei Behandlungen durch den Belegarzt der Fall sei. Die gesetzlichen Anforderungen an Wahlleistungen seien in § 17 KHEntgG festgelegt. Da Belegärzte gemäß § 121 Abs. 2 SGB V, § 18 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG weder beim Krankenhaus angestellt noch beamtete Ärzte des Krankenhauses seien, kämen sie nicht als Wahlärzte in Betracht. Folglich habe der Kläger aufgrund seiner Entscheidung für die Behandlung durch den Belegarzt weder gesondert berechnete (wahl)ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen noch auf diese verzichten können. Ihm sei mithin kein Tagegeld auf Grundlage des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F. zu gewähren gewesen. Vereinbare der Patient mit dem Krankenhaus die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen, so sichere er sich durch Zahlung einer gesonderten Vergütung die Krankenhausbehandlung durch eine ärztliche Person seines Vertrauens. Die persönliche Leistungserbringung durch einen „Chefarzt“ sei für eine Behandlung jedoch unmöglich, wenn für diese bereits belegärztliche Leistungen in Anspruch genommen worden seien. Denn der Belegarzt habe aufgrund des zwischen ihm und dem jeweiligen Patienten geschlossenen privaten Behandlungsvertrags ebenso wie der Wahlarzt die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung. Ein Verzicht auf eine Leistung setze voraus, dass eine Wahl bestehe. Bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Leistungen bestehe jedoch keine Möglichkeit für ein- und dieselbe Behandlung Chefarztleistungen zu wählen, da diese bereits vom Belegarzt erbracht worden seien. Insofern komme es nicht darauf an, ob in beiden Fällen ein vergleichbarer beihilfefähiger Aufwand ausgelöst werde. Ein vergleichbarer beihilfefähiger Aufwand führe auch nicht dazu, dass einem Beihilfeberechtigten ein Anspruch auf Tagegeld zustehe. Dieser bestehe ungeachtet der Höhe einer Aufwendung nur dann, wenn die einschlägige gesetzliche Norm, hier § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F., erfüllt sei. Es bleibe zwar grundsätzlich der Wahl des Beihilfeberechtigten überlassen, ob er sich für eine Behandlung in der Hauptabteilung eines Krankenhauses oder für eine Behandlung durch einen Belegarzt entscheide, doch werde es für ihn zunächst nebensächlich sein, mit welchen Kosten die Behandlung verbunden sei. Entscheidend werde für ihn vielmehr die Auswahl des behandelnden Arztes sein. Der Patient wähle den jeweiligen Belegarzt, weil er sich gerade von diesem behandeln lassen wolle. Sein Fokus liege dabei nicht auf einer Kostenersparnis. Dem Patienten hätte auch die Möglichkeit offen gestanden, sich in einem Krankenhaus in der Hauptabteilung von einem Arzt behandeln zu lassen, dessen Auswahl ihm bei Verzicht auf die Wahlarztleistungen nicht gestattet gewesen wäre. Dass er sich gegen die Behandlung durch einen beliebigen Arzt der Hauptabteilung und für eine ärztliche Betreuung durch einen von ihm ausgewählten Belegarzt entschieden habe, begründe gleichwohl keinen Anspruch auf Tagegeld, weil es bei Inanspruchnahme belegärztlicher Leistung nicht entscheidend sei, dass auf die wahlärztlichen Leistungen verzichtet werde und diese folglich nicht gesondert berechnet würden. Ziehe man die Rechtsprechung hinsichtlich der Wahlleistung Unterkunft nach § 15 Abs. 4 BVO heran, ergebe sich daraus, dass Tagegeld für die Unterbringung in einem Zweibettzimmer nur dann geleistet werde, wenn der Beihilfeberechtigte die Wahlleistung nicht in Anspruch nehme und darüber hinaus die Unterbringung in einem Zweibettzimmer nicht die Regelleistung in dem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus sei. Dies beruhe darauf, dass Regelleistungen in solchen Krankenhäusern bereits in den DRG-Fallpauschalen bzw. den Basis-/Abteilungspflegesätzen enthalten seien. Beamte seien in diesen Fällen nicht so zu stellen, als wäre die Inanspruchnahme der Regelleistung bei ihnen die Inanspruchnahme einer Wahlleistung. Aus diesem Rechtsvergleich ergebe sich, dass auch bei Inanspruchnahme der Wahlleistung Unterkunft neben der tatsächlichen Ausübung des Anspruchs bzw. dem Verzicht auf die Wahlleistung erforderlich sei, dass die Unterbringung in einem Zweibettzimmer nicht bereits Teil der Regelleistung sei, sondern dem Patienten die Wahl zwischen einem Mehrbett- und einem Zweibettzimmer eröffnet sei und er auf die Unterbringung in einem Zweibettzimmer verzichte. Aus Gründen der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung sei Tagegeld nach § 15 Abs. 4 BVO sowohl für die Wahlleistung Unterkunft als auch für die wahlärztlichen Leistungen nur dann zu gewähren, wenn der Beihilfeberechtigte überhaupt die Möglichkeit habe, auf diese Leistungen zu verzichten. Aus der Neufassung des § 15 Abs. 4 BVO ergebe sich nichts Abweichendes. Sowohl nach der alten Regelung als auch nach der neuen Fassung sei es ohne Belang, in welcher Einrichtung sich der Beihilfeberechtigte befinde. Auch in einem öffentlichen Krankenhaus gebe und habe es kein Tagegeld gegeben, wenn eine Behandlung in der Belegabteilung durch einen Belegarzt geltend gemacht worden sei, da keine Möglichkeit auf Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen bestanden habe. Die Neufassung diene der Klarstellung, dass Tagegeld einheitlich bei der Nichtinanspruchnahme „wahlärztlicher“ Leistungen gewährt werde. § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F. habe die Zahlung von Tagegeld lediglich von der Nichtgeltendmachung gesondert berechneter „ärztlicher“ Leistungen abhängig gemacht. Die Neufassung bezwecke daher eine Vereinheitlichung des Wortlauts und habe eine klarstellende Funktion.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 10.06.2015 - 6 K 770/14 -, soweit das Verfahren nicht eingestellt worden ist, zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
19 
Der Kläger beantragt,
20 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
21 
Er verweist auf sein Vorbringen im Berufungszulassungsverfahren und trägt ergänzend vor, er habe bereits dadurch seinen Verzicht „ausgeübt“, dass er sich gegen eine chefärztliche und für eine belegärztliche Behandlung entschieden habe. Es komme allein darauf an, dass er auf den „Zukauf“ einer über den Facharztstandard hinausgehenden Leistung eines hochqualifizierten Spezialisten verzichtet haben müsse. Nur jener „Zukauf“ hätte zu einer „Verteuerung“ der Behandlung geführt, nicht aber die Behandlung durch einen „gewöhnlichen“ Facharzt, eben den Belegarzt. Der Vergleich des Beklagten mit der Wahlleistung Unterkunft greife nicht. Anders als bei der Inanspruchnahme eines Belegarztes, habe ein Beihilfeberechtigter in Fällen, in denen die Leistung „Zweibettzimmer“ zur Regelleistung eines Krankenhauses gehöre, tatsächlich keine Wahlmöglichkeit und könne faktisch auch nicht verzichten. Zudem sei in solchen Fällen der Entscheidungsmaßstab die am betreffenden Krankenhaus gemäß dessen Leistungsfähigkeit geltende „allgemeine Krankenhausleistung“, so dass bereits deshalb die Wahlleistung in Bezug auf Unterkunft auch rechtsbegrifflich ausscheide. Anders sei dies beim Verzicht auf die Wahlleistung „Chefarzt“, es sei denn, an einem Krankenhaus gehörte die chefärztliche Behandlung zur „allgemeinen Krankenhausleistung“. Wenn mit der Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO lediglich habe klargestellt werden sollen, dass die Zahlung des Tagegeldes von einem Verzicht auf „wahlärztliche“ Leistungen abhängen solle, solches also auch schon nach der vorherigen Gesetzesfassung gewollt gewesen sei, stehe dem Kläger Tagegeld gerade zu, denn er habe auf eine ihm zugängliche Zusatzleistung, die Wahlleistung „Chefarzt“, verzichtet.
22 
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Akten des Verwaltungsgerichts, die Akten des Beklagten, die Schriftsätze der Beteiligten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
23 
Gegenstand der auf Antrag des Beklagten zugelassenen Berufung ist lediglich der stattgebende Teil des verwaltungsgerichtlichen Urteils, da nur der Beklagte einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt hat. Im Berufungsverfahren geht es daher darum, ob das Verwaltungsgericht zu Recht den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben hat, als damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von mehr als 378,-- EUR, d.h. in Höhe von 182,-- EUR, vom Kläger zurückgefordert wurde. Rechtskräftig geworden ist das Urteil hingegen, soweit die Klage abgewiesen wurde, also hinsichtlich der (Teil-)Aufhebung des Bescheides vom 29.03.2013 durch den Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 und der Rückforderung überzahlter Beihilfe in Höhe von 378,-- EUR.
II.
24 
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
25 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben, als damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von 182,-- EUR vom Kläger zurückgefordert wurde. Der Widerspruchsbescheid ist in diesem (noch) in Streit stehenden Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beihilfebescheid vom 29.03.2013 hinsichtlich der Leistung von Tagegeld für den Aufenthalt in der H...-Klinik war zwar nur in Höhe von 126,-- EUR rechtmäßig (1.). Die verfügte Rücknahme nach § 48 LVwVfG ist aber dennoch (insgesamt) rechtswidrig (2.). Die Rückforderung des Beihilfebetrags von 182,-- EUR hat ebenfalls keinen Bestand (3.).
26 
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist maßgeblich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2015 - 5 C 2.14 -, juris Rn. 10). Da es um Tagegeld für einen stationären Aufenthalt im Dezember 2012 geht, ist die Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. 1995, 561) in der Fassung vom 14.02.2012 (GBl. 2012, 25) einschlägig, die im Übrigen mit der Nachfolgefassung vom 18.12.2012, gültig ab 01.01.2013 (GBl. 2012, 677), hinsichtlich der entscheidungserheblichen Vorschriften übereinstimmt (im Folgenden: BVO).
27 
Die im Beihilfebescheid vom 29.03.2013 gewährte Leistung von Tagegeld beruht auf § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO. Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO wurde eine Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts gewährt, wenn anlässlich der Inanspruchnahme von Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 1 oder 4 BVO gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO nicht geltend gemacht wurden. § 7 Abs. 7 Satz 1 BVO betrifft die Behandlung in Krankenhäusern nach § 7 Abs. 2 BVO, also solchen, die nicht als öffentliches Krankenhaus nach § 108 SGB V zugelassen sind. Die private H...-Klinik gehört zu diesen Krankenhäusern, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Dass gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO nur wahlärztliche Leistungen umfassen, hat nicht nur das Verwaltungsgericht mit überzeugender Argumentation begründet, worauf der Senat nach § 130b Satz 2 VwGO Bezug nimmt, sondern wird auch vom Beklagten so gesehen.
28 
Da der Kläger für seinen Aufenthalt in der H...-Klinik keine gesondert berechneten (wahl)ärztlichen Leistungen geltend gemacht hat, hat er Anspruch auf Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts. Entgegen der Auffassung des Beklagten war im Fall des Klägers ein Anspruch auf Tagegeld nicht „denknotwendig“ ausgeschlossen, weil der Kläger keine Wahlarztleistungen in Anspruch nehmen und daher auch nicht auf diese verzichten konnte. Zwar ist dem Beklagten im Ausgangspunkt zuzustimmen, dass die Gewährung von Tagegeld voraussetzt, dass der Beihilfeberechtigte eine Beihilfe zu den Wahlleistungen hätte erhalten können, wenn er die Wahlleistungen in Anspruch genommen hätte und folglich Tagegeld ausscheidet, wenn die Inanspruchnahme von Wahlleistungen gar nicht möglich war. Dass der Kläger, nachdem er sich für die Belegarztbehandlung entschieden hatte, keine Wahlarztbehandlung mehr in Anspruch nehmen konnte, steht indes dem Vorhandensein einer Wahlmöglichkeit nicht entgegen. Wenn in dem Krankenhaus des stationären Aufenthalts, sei es in einem öffentlichen, sei es in einem privaten, grundsätzlich die Möglichkeit geboten wird, eine Wahlarztbehandlung in Anspruch zu nehmen, sich der Beihilfeberechtigte aber statt für die Wahlarztbehandlung für eine Belegarztbehandlung entscheidet, hatte er die erforderliche Wahlmöglichkeit. Vorliegend bestand diese Wahlmöglichkeit, da in der H...-Klinik Wahlarztbehandlung angeboten wird (s. http://www...-kliniken.de/klinik/titisee-neustadt/ihr-klinikaufenthalt/ihre-wahlleistungen/ihr-wahlarzt.html sowie http://www...-privatkliniken.de/kosten/allgemein/). Der Kläger hat von dieser Wahlmöglichkeit dahingehend Gebrauch gemacht, dass er sich statt für die wahlärztliche für die belegärztliche Behandlung entschieden hat. Dass er, nachdem er sich einmal für die Belegarztbehandlung entschieden hat, keine Wahlarztbehandlung mehr in Anspruch nehmen kann, ist unerheblich. Die abweichende Auffassung des Beklagten würde zu einem künstlichen Auseinanderreißen eines einheitlichen Sachverhalts führen, der in der stationären Behandlung besteht, innerhalb welcher verschiedene Behandlungsoptionen - Hauptabteilung, Wahlarzt, Belegarzt - eröffnet sind. Der Beklagte räumt im Übrigen auch ein, dass der Beihilfeberechtigte eine Wahlmöglichkeit hat, auch wenn er hierbei nur die Behandlung in der Hauptabteilung eines Krankenhauses und in der Belegabteilung in den Blick nimmt. Soweit er in diesem Zusammenhang weiter ausführt, dass es bei der Entscheidung für den Belegarzt dem Patienten zunächst nicht um die Reduzierung von Kosten für den Beihilfeträger gehe, sondern die Behandlung durch einen bestimmten, durch seine Expertise ausgewiesenen Arzt, mag dies zwar zutreffen und ermöglicht dem Beihilfeberechtigten, auch ohne Chefarztbehandlung einen Arzt seiner Wahl in Anspruch zu nehmen. Wenn der Beklagte die belegärztliche Behandlung aber als für das Tagegeld anspruchsvernichtend ansehen will, muss er dies entsprechend in den einschlägigen Vorschriften der §§ 6a und 15 Abs. 4 BVO ausdrücklich regeln. Dass er dies bislang offenbar nicht gewollt hat, zeigt der Umstand, dass er die gesondert berechnete belegärztliche Behandlung nach § 18 KHEntG und § 16 Satz 1 BPflV ausdrücklich bei der Behandlung in Privatkliniken als beihilfefähig festgeschrieben und dabei zwischen „gesondert berechneten wahlärztlichen Leistungen“ und „gesondert berechneten belegärztlichen Leistungen“ differenziert (s. § 7 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 und 4 BVO in der seit 01.04.2014 geltenden Fassung vom 20.12.2013, GBl. 2014, 53), in der gleichzeitig erfolgten Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO aber ausdrücklich nur nicht beanspruchte „wahlärztliche Leistungen“ bei der Tagegeldregelung berücksichtigt hat.
29 
Soweit der Beklagte zur Stützung seiner Auffassung die Regelung über die Wahlleistung Unterkunft heranzieht, vermag dies nicht zu überzeugen. Wenn das Zweibettzimmer keine Wahlleistung, sondern die Regelleistung darstellt, kann der Beihilfeberechtigte nämlich nicht zwischen der Regelleistung und der Wahlleistung „Unterkunft im Zweibettzimmer“ wählen, weil es diese Leistung gar nicht als Wahlleistung gibt. Dass ihm dann kein Tagegeld zusteht, weil die Regelleistung bereits in der DRG-Fallpauschale bzw. den Basis-/Abteilungspflegesätzen enthalten ist - und damit dem Beklagten auch kein Mehraufwand entsteht -, ist konsequent (s. auch VwVBVO vom 24.04.2012 Nr. 4 zu § 15, GABl. 2012, 383 = Die Justiz 2012, 341). Der vom Beklagten angestellte Vergleich mit der Wahlarztbehandlung würde indes nur dann greifen, wenn diese die Regelleistung darstellte und daher eine Auswahlentscheidung nicht möglich wäre, nicht aber bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Behandlung statt einer - wie hier - möglichen Behandlung durch den Wahlarzt.
30 
Dieses Ergebnis ist auch im Hinblick auf Sinn und Zweck der Tagegeldregelung gerechtfertigt, die dem Beihilfeberechtigten einen Anreiz bieten soll, auf eine wahlärztliche Behandlung zu verzichten, auf die er wegen Zahlung des Beitrags nach § 6a Abs. 2 BVO an sich Anspruch hätte, und damit dem Dienstherrn Beihilfeleistungen zu ersparen. Diese Ersparnis ergibt sich nämlich nicht nur, wenn statt der Wahlleistungen (lediglich) die allgemeinen Krankenhausleistungen in Anspruch genommen werden, sondern auch bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Behandlungen, die nach § 6a Abs. 1 Satz 2 GOÄ um 15% gekürzt werden. Soweit der Beklagte einwendet, aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO („gesondert berechnete Leistungen“) ergebe sich, dass neben dem Verzicht auf Wahlarztbehandlung Voraussetzung der Tagegeldgewährung auch deren gesonderte Erbringung und Berechnung sei, also kein Tagegeldanspruch bestehe, wenn Leistungen nicht gesondert erbracht und berechnet würden, wie dies bei Behandlungen durch den Belegarzt der Fall sei, überzeugt dies nicht, denn die Behandlung wurde hier von Dr. T. gerade gesondert erbracht und berechnet. Eben dieser Umstand wurde vom Beklagten zunächst auch als Begründung für die Ablehnung eines Tagegeldanspruchs herangezogen. Soweit der Beklagte schließlich die Argumentation des Verwaltungsgerichts im Hinblick auf die Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO vom 20.12.2013 (GBl. 2014, 53) angreift, weil dieses allein darauf abgestellt habe, dass beihilferechtlich keine Chefarztrechnung geltend gemacht worden sei, ergibt sich hieraus nichts Abweichendes. Der Beklagte räumt insoweit selbst ein, dass die Formulierung „wahlärztliche“ Leistungen anstelle von „gesondert berechnete ärztliche Leistungen“ ohne inhaltliche Änderung nur der Vereinheitlichung des Wortlauts und der Klarstellung dient und weiterhin Tagegeld nur bei der Möglichkeit der Inanspruchnahme und des Verzichts auf Wahlleistungen gewährt werde. Daher ist es auch nach der Neufassung durch § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO allein entscheidend, ob der Beihilfeberechtigte anlässlich seines Aufenthalts in einem öffentlichen Krankenhaus (§ 15 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BVO i.V.m. § 108 SGB V) oder einer Privatklinik (§ 15 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 BVO) grundsätzlich die Möglichkeit hatte, eine Wahlarztbehandlung in Anspruch zu nehmen. Dass dies vorliegend der Fall war, wurde oben dargelegt.
31 
2. Die Gewährung von Tagegeld war jedoch nur für neun Tage und damit in Höhe von 126,-- EUR (9 x 14,-- EUR) gerechtfertigt, denn nur in diesem Zeitraum (06.12. bis 14.12.2012) hielt sich der Kläger in der H...-Klinik auf. Der Beihilfebescheid vom 29.03.2013 war daher in Bezug auf den Aufenthalt in der H...-Klinik rechtswidrig, soweit damit ein den Betrag von 126,-- EUR übersteigendes Tagegeld gewährt wurde. Die Rücknahme des insoweit rechtswidrigen Verwaltungsaktes nach § 48 LVwVfG stand danach im Ermessen des Beklagten. Da der Berechnungsfehler aber vom Beklagten, wie auch dessen Vertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat einräumte, überhaupt nicht erkannt wurde, fehlt in dem die Rücknahme verfügenden Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 eine diesbezügliche Ermessensausübung, so dass die Rücknahme des Ausgangsbescheides vom 29.03.2013 nicht nur hinsichtlich des Tagegeldes für neun Aufenthaltstage, sondern auch hinsichtlich der vier weiteren Tage rechtswidrig war.
32 
3. Eine Rückforderung der gewährten Beihilfe scheidet folglich ebenfalls aus, die das Landesamt im Übrigen auch nicht auf § 49a LVwVfG hätte stützen können. Durch die Novellierung des Landesbeamtengesetzes im Rahmen der Dienstrechtsreform zum 01.01.2011 ist infolge des ersatzlosen Wegfalls des § 109 LBG a.F. keine ausdrückliche Regelung für die Rückforderung sonstiger Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften mehr vorhanden. § 49a LVwVfG ist indes nicht geeignet, diese Regelungslücke zu schließen, da er als allgemeiner Erstattungsanspruch dem besonderen Verhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn, welches geprägt ist durch eine Treuepflicht einerseits und eine Fürsorgepflicht andererseits, und dessen Auswirkungen bei der Rückforderung von in diesem besonderen Pflichtenverhältnis bezahlten Geldleistungen nicht gerecht wird (Senatsurteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris Rn. 20 ff.). Die eingetretene planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Rückforderung „sonstiger“ zu viel gezahlter Geldleistungen ist bis zu einer ausdrücklichen Regelung des Landesgesetzgebers stattdessen durch analoge Anwendung anderer (neuer) beamtenrechtlicher Vorschriften zu schließen. Ungeachtet der Wortgleichheit der dafür zur Verfügung stehenden neugefassten Rückforderungsregelungen im Besoldungs- bzw. Versorgungsrecht ist eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG vorzunehmen, da dies der früheren Regelung des § 109 LBG a.F. mit seinem Verweis auf die damals geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften am Nächsten kommt (Senatsurteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris Rn. 25).
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
35 
Beschluss vom 24. März 2017
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 182,00 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
23 
Gegenstand der auf Antrag des Beklagten zugelassenen Berufung ist lediglich der stattgebende Teil des verwaltungsgerichtlichen Urteils, da nur der Beklagte einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt hat. Im Berufungsverfahren geht es daher darum, ob das Verwaltungsgericht zu Recht den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben hat, als damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von mehr als 378,-- EUR, d.h. in Höhe von 182,-- EUR, vom Kläger zurückgefordert wurde. Rechtskräftig geworden ist das Urteil hingegen, soweit die Klage abgewiesen wurde, also hinsichtlich der (Teil-)Aufhebung des Bescheides vom 29.03.2013 durch den Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 und der Rückforderung überzahlter Beihilfe in Höhe von 378,-- EUR.
II.
24 
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
25 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben, als damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von 182,-- EUR vom Kläger zurückgefordert wurde. Der Widerspruchsbescheid ist in diesem (noch) in Streit stehenden Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beihilfebescheid vom 29.03.2013 hinsichtlich der Leistung von Tagegeld für den Aufenthalt in der H...-Klinik war zwar nur in Höhe von 126,-- EUR rechtmäßig (1.). Die verfügte Rücknahme nach § 48 LVwVfG ist aber dennoch (insgesamt) rechtswidrig (2.). Die Rückforderung des Beihilfebetrags von 182,-- EUR hat ebenfalls keinen Bestand (3.).
26 
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist maßgeblich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2015 - 5 C 2.14 -, juris Rn. 10). Da es um Tagegeld für einen stationären Aufenthalt im Dezember 2012 geht, ist die Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. 1995, 561) in der Fassung vom 14.02.2012 (GBl. 2012, 25) einschlägig, die im Übrigen mit der Nachfolgefassung vom 18.12.2012, gültig ab 01.01.2013 (GBl. 2012, 677), hinsichtlich der entscheidungserheblichen Vorschriften übereinstimmt (im Folgenden: BVO).
27 
Die im Beihilfebescheid vom 29.03.2013 gewährte Leistung von Tagegeld beruht auf § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO. Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO wurde eine Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts gewährt, wenn anlässlich der Inanspruchnahme von Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 1 oder 4 BVO gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO nicht geltend gemacht wurden. § 7 Abs. 7 Satz 1 BVO betrifft die Behandlung in Krankenhäusern nach § 7 Abs. 2 BVO, also solchen, die nicht als öffentliches Krankenhaus nach § 108 SGB V zugelassen sind. Die private H...-Klinik gehört zu diesen Krankenhäusern, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Dass gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO nur wahlärztliche Leistungen umfassen, hat nicht nur das Verwaltungsgericht mit überzeugender Argumentation begründet, worauf der Senat nach § 130b Satz 2 VwGO Bezug nimmt, sondern wird auch vom Beklagten so gesehen.
28 
Da der Kläger für seinen Aufenthalt in der H...-Klinik keine gesondert berechneten (wahl)ärztlichen Leistungen geltend gemacht hat, hat er Anspruch auf Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts. Entgegen der Auffassung des Beklagten war im Fall des Klägers ein Anspruch auf Tagegeld nicht „denknotwendig“ ausgeschlossen, weil der Kläger keine Wahlarztleistungen in Anspruch nehmen und daher auch nicht auf diese verzichten konnte. Zwar ist dem Beklagten im Ausgangspunkt zuzustimmen, dass die Gewährung von Tagegeld voraussetzt, dass der Beihilfeberechtigte eine Beihilfe zu den Wahlleistungen hätte erhalten können, wenn er die Wahlleistungen in Anspruch genommen hätte und folglich Tagegeld ausscheidet, wenn die Inanspruchnahme von Wahlleistungen gar nicht möglich war. Dass der Kläger, nachdem er sich für die Belegarztbehandlung entschieden hatte, keine Wahlarztbehandlung mehr in Anspruch nehmen konnte, steht indes dem Vorhandensein einer Wahlmöglichkeit nicht entgegen. Wenn in dem Krankenhaus des stationären Aufenthalts, sei es in einem öffentlichen, sei es in einem privaten, grundsätzlich die Möglichkeit geboten wird, eine Wahlarztbehandlung in Anspruch zu nehmen, sich der Beihilfeberechtigte aber statt für die Wahlarztbehandlung für eine Belegarztbehandlung entscheidet, hatte er die erforderliche Wahlmöglichkeit. Vorliegend bestand diese Wahlmöglichkeit, da in der H...-Klinik Wahlarztbehandlung angeboten wird (s. http://www...-kliniken.de/klinik/titisee-neustadt/ihr-klinikaufenthalt/ihre-wahlleistungen/ihr-wahlarzt.html sowie http://www...-privatkliniken.de/kosten/allgemein/). Der Kläger hat von dieser Wahlmöglichkeit dahingehend Gebrauch gemacht, dass er sich statt für die wahlärztliche für die belegärztliche Behandlung entschieden hat. Dass er, nachdem er sich einmal für die Belegarztbehandlung entschieden hat, keine Wahlarztbehandlung mehr in Anspruch nehmen kann, ist unerheblich. Die abweichende Auffassung des Beklagten würde zu einem künstlichen Auseinanderreißen eines einheitlichen Sachverhalts führen, der in der stationären Behandlung besteht, innerhalb welcher verschiedene Behandlungsoptionen - Hauptabteilung, Wahlarzt, Belegarzt - eröffnet sind. Der Beklagte räumt im Übrigen auch ein, dass der Beihilfeberechtigte eine Wahlmöglichkeit hat, auch wenn er hierbei nur die Behandlung in der Hauptabteilung eines Krankenhauses und in der Belegabteilung in den Blick nimmt. Soweit er in diesem Zusammenhang weiter ausführt, dass es bei der Entscheidung für den Belegarzt dem Patienten zunächst nicht um die Reduzierung von Kosten für den Beihilfeträger gehe, sondern die Behandlung durch einen bestimmten, durch seine Expertise ausgewiesenen Arzt, mag dies zwar zutreffen und ermöglicht dem Beihilfeberechtigten, auch ohne Chefarztbehandlung einen Arzt seiner Wahl in Anspruch zu nehmen. Wenn der Beklagte die belegärztliche Behandlung aber als für das Tagegeld anspruchsvernichtend ansehen will, muss er dies entsprechend in den einschlägigen Vorschriften der §§ 6a und 15 Abs. 4 BVO ausdrücklich regeln. Dass er dies bislang offenbar nicht gewollt hat, zeigt der Umstand, dass er die gesondert berechnete belegärztliche Behandlung nach § 18 KHEntG und § 16 Satz 1 BPflV ausdrücklich bei der Behandlung in Privatkliniken als beihilfefähig festgeschrieben und dabei zwischen „gesondert berechneten wahlärztlichen Leistungen“ und „gesondert berechneten belegärztlichen Leistungen“ differenziert (s. § 7 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 und 4 BVO in der seit 01.04.2014 geltenden Fassung vom 20.12.2013, GBl. 2014, 53), in der gleichzeitig erfolgten Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO aber ausdrücklich nur nicht beanspruchte „wahlärztliche Leistungen“ bei der Tagegeldregelung berücksichtigt hat.
29 
Soweit der Beklagte zur Stützung seiner Auffassung die Regelung über die Wahlleistung Unterkunft heranzieht, vermag dies nicht zu überzeugen. Wenn das Zweibettzimmer keine Wahlleistung, sondern die Regelleistung darstellt, kann der Beihilfeberechtigte nämlich nicht zwischen der Regelleistung und der Wahlleistung „Unterkunft im Zweibettzimmer“ wählen, weil es diese Leistung gar nicht als Wahlleistung gibt. Dass ihm dann kein Tagegeld zusteht, weil die Regelleistung bereits in der DRG-Fallpauschale bzw. den Basis-/Abteilungspflegesätzen enthalten ist - und damit dem Beklagten auch kein Mehraufwand entsteht -, ist konsequent (s. auch VwVBVO vom 24.04.2012 Nr. 4 zu § 15, GABl. 2012, 383 = Die Justiz 2012, 341). Der vom Beklagten angestellte Vergleich mit der Wahlarztbehandlung würde indes nur dann greifen, wenn diese die Regelleistung darstellte und daher eine Auswahlentscheidung nicht möglich wäre, nicht aber bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Behandlung statt einer - wie hier - möglichen Behandlung durch den Wahlarzt.
30 
Dieses Ergebnis ist auch im Hinblick auf Sinn und Zweck der Tagegeldregelung gerechtfertigt, die dem Beihilfeberechtigten einen Anreiz bieten soll, auf eine wahlärztliche Behandlung zu verzichten, auf die er wegen Zahlung des Beitrags nach § 6a Abs. 2 BVO an sich Anspruch hätte, und damit dem Dienstherrn Beihilfeleistungen zu ersparen. Diese Ersparnis ergibt sich nämlich nicht nur, wenn statt der Wahlleistungen (lediglich) die allgemeinen Krankenhausleistungen in Anspruch genommen werden, sondern auch bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Behandlungen, die nach § 6a Abs. 1 Satz 2 GOÄ um 15% gekürzt werden. Soweit der Beklagte einwendet, aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO („gesondert berechnete Leistungen“) ergebe sich, dass neben dem Verzicht auf Wahlarztbehandlung Voraussetzung der Tagegeldgewährung auch deren gesonderte Erbringung und Berechnung sei, also kein Tagegeldanspruch bestehe, wenn Leistungen nicht gesondert erbracht und berechnet würden, wie dies bei Behandlungen durch den Belegarzt der Fall sei, überzeugt dies nicht, denn die Behandlung wurde hier von Dr. T. gerade gesondert erbracht und berechnet. Eben dieser Umstand wurde vom Beklagten zunächst auch als Begründung für die Ablehnung eines Tagegeldanspruchs herangezogen. Soweit der Beklagte schließlich die Argumentation des Verwaltungsgerichts im Hinblick auf die Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO vom 20.12.2013 (GBl. 2014, 53) angreift, weil dieses allein darauf abgestellt habe, dass beihilferechtlich keine Chefarztrechnung geltend gemacht worden sei, ergibt sich hieraus nichts Abweichendes. Der Beklagte räumt insoweit selbst ein, dass die Formulierung „wahlärztliche“ Leistungen anstelle von „gesondert berechnete ärztliche Leistungen“ ohne inhaltliche Änderung nur der Vereinheitlichung des Wortlauts und der Klarstellung dient und weiterhin Tagegeld nur bei der Möglichkeit der Inanspruchnahme und des Verzichts auf Wahlleistungen gewährt werde. Daher ist es auch nach der Neufassung durch § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO allein entscheidend, ob der Beihilfeberechtigte anlässlich seines Aufenthalts in einem öffentlichen Krankenhaus (§ 15 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BVO i.V.m. § 108 SGB V) oder einer Privatklinik (§ 15 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 BVO) grundsätzlich die Möglichkeit hatte, eine Wahlarztbehandlung in Anspruch zu nehmen. Dass dies vorliegend der Fall war, wurde oben dargelegt.
31 
2. Die Gewährung von Tagegeld war jedoch nur für neun Tage und damit in Höhe von 126,-- EUR (9 x 14,-- EUR) gerechtfertigt, denn nur in diesem Zeitraum (06.12. bis 14.12.2012) hielt sich der Kläger in der H...-Klinik auf. Der Beihilfebescheid vom 29.03.2013 war daher in Bezug auf den Aufenthalt in der H...-Klinik rechtswidrig, soweit damit ein den Betrag von 126,-- EUR übersteigendes Tagegeld gewährt wurde. Die Rücknahme des insoweit rechtswidrigen Verwaltungsaktes nach § 48 LVwVfG stand danach im Ermessen des Beklagten. Da der Berechnungsfehler aber vom Beklagten, wie auch dessen Vertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat einräumte, überhaupt nicht erkannt wurde, fehlt in dem die Rücknahme verfügenden Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 eine diesbezügliche Ermessensausübung, so dass die Rücknahme des Ausgangsbescheides vom 29.03.2013 nicht nur hinsichtlich des Tagegeldes für neun Aufenthaltstage, sondern auch hinsichtlich der vier weiteren Tage rechtswidrig war.
32 
3. Eine Rückforderung der gewährten Beihilfe scheidet folglich ebenfalls aus, die das Landesamt im Übrigen auch nicht auf § 49a LVwVfG hätte stützen können. Durch die Novellierung des Landesbeamtengesetzes im Rahmen der Dienstrechtsreform zum 01.01.2011 ist infolge des ersatzlosen Wegfalls des § 109 LBG a.F. keine ausdrückliche Regelung für die Rückforderung sonstiger Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften mehr vorhanden. § 49a LVwVfG ist indes nicht geeignet, diese Regelungslücke zu schließen, da er als allgemeiner Erstattungsanspruch dem besonderen Verhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn, welches geprägt ist durch eine Treuepflicht einerseits und eine Fürsorgepflicht andererseits, und dessen Auswirkungen bei der Rückforderung von in diesem besonderen Pflichtenverhältnis bezahlten Geldleistungen nicht gerecht wird (Senatsurteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris Rn. 20 ff.). Die eingetretene planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Rückforderung „sonstiger“ zu viel gezahlter Geldleistungen ist bis zu einer ausdrücklichen Regelung des Landesgesetzgebers stattdessen durch analoge Anwendung anderer (neuer) beamtenrechtlicher Vorschriften zu schließen. Ungeachtet der Wortgleichheit der dafür zur Verfügung stehenden neugefassten Rückforderungsregelungen im Besoldungs- bzw. Versorgungsrecht ist eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG vorzunehmen, da dies der früheren Regelung des § 109 LBG a.F. mit seinem Verweis auf die damals geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften am Nächsten kommt (Senatsurteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris Rn. 25).
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
35 
Beschluss vom 24. März 2017
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 182,00 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. August 2011 - 3 K 1822/11 - geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2010 und deren Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2011 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Kassenleistungen.
Der Kläger ist B1-Mitglied bei der Beklagten. Er leidet an einer dialysepflichtigen Niereninsuffizienz. Seit 2008 unterzieht er sich mehrmals wöchentlich einer Dialysebehandlung. Bis Ende Juni 2009 wurde die Praxis, in welcher die Dialysebehandlung durchgeführt wird, von Dr. W. betrieben. Vom 1.7.2009 bis zum 30.9.2009 wurde sie unter dem Namen „Nephrologisches Therapiezentrum X GmbH & Co. KG“ von Dr. B. weitergeführt. Seit Oktober 2009 wird sie - unter demselben Namen - von Dr. K. geleitet.
Mit Datum vom 2.8.2009 bzw. 4.9.2009 stellte Dr. W. dem Kläger für im Einzelnen aufgeführte Dialysebehandlungen in den Monaten Juli und August 2009 3.426,22 EUR bzw. 3.184,81 EUR in Rechnung. In den Rechnungen wurden für jeden Behandlungstag die erbrachten Leistungen jeweils im Einzelnen aufgeschlüsselt.
Auf die Erstattungsanträge des Klägers vom 3.8.2009 und vom 7.9.2009 bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheiden vom 24.8.2009 und vom 21.9.2009 einen „Zahlbetrag“ i.H.v. 3.301,30 EUR, darunter Kassenleistungen i.H.v. 990,41 EUR, bzw. einen „Zahlbetrag“ i.H.v. 3.184,81 EUR, darunter 955,44 EUR an Kassenleistungen. Die Erstattungsbeträge wurden anschließend von dem Kläger an Herrn Dr. W. überwiesen.
Unter dem 1.10.2009 erhielt der Kläger eine „Ärztliche Liquidation“ des Nephrologischen Therapiezentrums X - Dr. B.. Darin wurden ihm für Dialysebehandlungen, die in den Monaten Juli bis September 2009 durchgeführt worden seien, insgesamt 9.759,39 EUR in Rechnung gestellt. Auf den Leistungsantrag des Klägers vom 2.10.2009 erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 21.10.2009 insoweit einen „Zahlbetrag“ von 9.759,39 EUR, darunter 2.927,82 EUR an Kassenleistungen, an.
Mit Schreiben vom 4.1.2010 forderte die Beklagte den Kläger auf, die „ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen“ i.H.v. 6.233,05 EUR zu erstatten. Seit Juli 2009 werde er von Dr. B. behandelt, der die Praxis von Dr. W. übernommen habe. Die Leistungen für Monate Juli und August 2009 seien doppelt in Rechnung gestellt und erstattet worden. Dadurch sei es zu einer Überzahlung gekommen. Die Leistungsabrechnungen vom 24.8.2009 und vom 21.9.2009 würden „daher nach Ausübung des Ermessens insoweit zurückgenommen“.
Unter dem 12.1.2010 - bei der Beklagten eingegangen am 14.1.2010 - widersprach der Kläger der Rückforderung. Es sei für ihn nicht erkennbar gewesen, dass es sich jeweils um dieselben Leistungen für den gleichen Leistungszeitraum gehandelt habe. Zudem habe er die Rechnungen jeweils bei den behandelnden Ärzten Dr. W. und Dr. B. in voller Höhe beglichen. Daher sei er auch entreichert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.5.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. In der Begründung wird ausgeführt: Vom 1.7. bis zum 30.9.2009 sei der Kläger ausschließlich durch Dr. B. medizinisch betreut worden. Die Rechnungen des Dr. W. vom 2.8. und vom 4.9.2009 bezögen sich auf die Monate Juli und August 2009, also auf einen Zeitraum, in dem dieser nicht mehr der behandelnde Arzt des Klägers gewesen sei. Daher seien insoweit Kassenleistungen i.H.v. insgesamt 1.869,92 EUR zu Unrecht gezahlt worden. Die Leistungsabrechnungen vom 24.8.2009 und vom 21.9.2009 würden daher insoweit zurückgenommen. Die Rücknahme erfolge in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens unter Abwägung der widerstreitenden Interessen. Das Interesse der Beklagten an der Erbringung satzungsgemäßer Leistungen überwiege das Interesse des Klägers am Behaltendürfen der rechtswidrigen Leistung. Sein Vertrauen in das Behaltendürfen der rechtswidrigen Leistung sei nicht schutzwürdig. Auf den Rechnungen seien die Behandlungstage klar angegeben. Der Kläger habe daher erkennen müssen, dass Dr. W. Leistungen für einen Zeitraum abrechne, an dem er nicht mehr sein behandelnder Arzt gewesen sei. Da er die Rechtswidrigkeit der Verwaltungsakte somit zumindest in Folge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe, sei das öffentliche Interesse höher zu bewerten als sein Vertrauensschutz. Der Kläger sei auch nach wie vor bereichert, da er mit dem rechtsgrundlos erlangten Geld eine bestehende oder eine vermeintliche Schuld getilgt habe. Im ersten Fall erlange er eine Schuldbefreiung und im zweiten Fall einen Bereicherungsanspruch gegen den Scheingläubiger.
Der Kläger hat am 20.5.2011 Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Er hat vorgetragen: Das Nephrologische Therapiezentrum X GmbH & Co. KG habe ihm erst mit Schreiben vom 1.12.2009 mitgeteilt, dass in der Dialysepraxis Y am 1.7.2009 einen Arztwechsel stattgefunden habe. Im Juli und August 2009 sei er noch durch Dr. W. behandelt worden. In der Praxis sei auch das gleiche Behandlungspersonal tätig gewesen wie vorher. Dr. W. habe ihm die Rechnung für Juli 2009 persönlich in einem Briefumschlag nach einer Dialysebehandlung Anfang August 2009 ausgehändigt. Der Kläger habe Dr. W. auch im August 2009 noch gesehen. Kein Angehöriger des Behandlungspersonals in der Praxis in Y habe ihn auf einen Arztwechsel hingewiesen. Zwar sei im August 2009 teilweise auch ein anderer Arzt anwesend gewesen, mit dem er jedoch nicht gesprochen habe. Dies sei für ihn letztendlich ohne Bedeutung gewesen, da die Dialysebehandlung durch die Krankenschwestern durchgeführt werde und ein ärztlicher Kontakt im Behandlungssinne überhaupt nicht stattfinde. Veränderungen im Praxisbereich habe er erst im Laufe des Monats Oktober 2009 festgestellt, nachdem plötzlich andere Krankenschwestern in der Praxis gewesen seien. Über einen Inhaberwechsel sei er nichtsdestotrotz nicht informiert worden; ein Dr. B. habe sich ihm nicht vorgestellt. Es sei ihm nicht nachvollziehbar, weshalb ihm als schwerkrankem 84-jährigem Rentner zugemutet werde, Details von Arztabrechnungen erkennen zu können, während dies der Beklagten mit ihrem fachkundigen Personal nicht möglich gewesen sei. Es sei ihm auch nicht möglich, sich das Geld von Dr. W. „wieder zu holen“. Dieser werde per Haftbefehl wegen millionenfacher Steuerhinterziehung gesucht, sein Aufenthaltsort sei unbekannt. Ein Anspruch gegen Dr. W. sei somit nicht mehr realisierbar.
10 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 4.8.2011 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Die Rücknahme der Leistungsabrechnungen vom 24.8. und vom 21.9.2009 sei rechtmäßig, da diese rechtswidrig ergangen seien. Dr. W. habe in dem abgerechneten Zeitraum vom 1.7. bis zum 31.8.2009 keine ärztlichen Leistungen mehr erbracht. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Er habe die Rechtswidrigkeit der in den Bescheiden festgesetzten Kassenleistungen infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt. Ab 1.7.2009 sei er nicht mehr bei Dr. W., sondern beim Nephrologischen Therapiezentrum - Dr. B. - in Behandlung gewesen. Der Abrechnungszeitraum gehe aus den Rechnungen von Dr. W. eindeutig und ohne weiteres erkennbar hervor. Bei der gebotenen Sorgfalt habe der Kläger daher ohne weiteres erkennen können, dass die Liquidationen von Dr. W. unberechtigt gewesen seien. Die Beklagte habe ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt, in dem sie darauf hingewiesen habe, dass das Interesse der Solidargemeinschaft der Versicherten an der Rückforderung der zu Unrecht ausbezahlten Kassenleistungen das Interesse des Klägers am Behaltendürfen der rechtswidrig erlangten Leistungen überwiege, zumal der Kläger habe erkennen können, dass ihm diese Kassenleistungen nicht zustünden. Durch die Rücknahme der Leistungsbescheide sei der Rechtsgrund für die Gewährung von Kassenleistungen entfallen, so dass der Kläger diese Leistungen zu Unrecht i.S.d. Satzung der Beklagten erhalten habe.
11 
Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend: Von November 2008 bis September 2009 sei er durchgehend in der Dialysepraxis in Y von Dr. W. medizinisch betreut worden. Hierbei handle es sich um eine Niederlassung des Dialysezentrums X. Er habe jeweils Anfangs des Monats als Privatpatient die Rechnung für den Vormonat von Herrn Dr. W. persönlich erhalten. Er habe auch Anfang August 2009 und Anfang September 2009 in Y von Herrn Dr. W. jeweils die Rechnungen für den Vormonat ausgehändigt bekommen. Er weise nochmals darauf hin, dass er einen Dr. B. überhaupt nicht kenne und nach dem Ausscheiden von Dr. W. von einer Frau Dr. Breyer in Y behandelt worden sei.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4.8.2011 - 3 K 1822/11 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 4.1.2010 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 11.5.2011 aufzuheben.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
16 
Sie trägt vor: In der mit Antrag vom 9.10.2009 eingereichten Rechnung des Nephrologischen Therapiezentrums X vom 1.10.2009 sei dem Kläger für den Zeitraum Juli bis September 2009 ein Betrag von 9.759,39 EUR in Rechnung gestellt worden. Dem Kläger habe die im Gegensatz zu den vorherigen Rechnungen ungewöhnlich hohe Rechnungssumme auffallen müssen, denn mit den beiden von Herrn Dr. W. ausgestellten Rechnungen für die Monate Juli und August 2009 seien deutlich niedrigere Beträge gefordert worden. Bei einem Vergleich der drei Rechnungen hätte der Kläger ohne weiteres bemerken können, dass er die Rechnungen für die Monate Juli und August 2009 bereits beglichen habe.
17 
Die Beklagte nimmt ferner Bezug auf ein Schreiben des Nephrologischen Therapiezentrums X GmbH & Co. KG vom 21.9.2011. In diesem Schreiben wird ausgeführt, dass Herr Dr. W. dem Therapiezentrum zivilrechtlich die alleinige Erbringung von Dialyseleistungen am Standort Y ab dem 1.7.2011 übertragen habe. Diese Vereinbarung sei jedoch aus verschiedenen Gründen zum Ende des dritten Quartals 2009 wieder aufgelöst worden. Der Kläger sei auf die geänderte ärztliche und pflegerische Situation im Dialysezentrum Y hingewiesen worden. Neben neuen Pflegekräften und Ambulanzmitarbeitern seien im Wechsel auch zwei neue Nephrologinnen in der Dialyse tätig gewesen. Es werde bestritten, dass Dr. W. in diesen zwei Monaten vor Ort in größerem Umfange regelmäßig ärztlich tätig gewesen sei. Wann und wie Dr. W. dem Kläger die Rechnungen habe zukommen lassen, könne nicht nachvollzogen werden. Tatsache sei, dass Dr. W. seit Juli 2009 keinen Zugriff mehr auf die Patientendaten habe, daher müsse davon ausgegangen werden, dass die dem Kläger übergebenen Rechnungen manuell erstellt worden seien. Dr. W. habe seine ärztliche Tätigkeit ab Juli 2009 zunächst inoffiziell und dann zum September 2009 vollständig aufgegeben. Daher habe er ab Juli 2009 kein Recht gehabt, dem Kläger erbrachte Leistungen abzurechnen.
18 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten sowie die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
20 
Die Berufung des Klägers ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 4.1.2010 und deren Widerspruchsbescheid vom 11.5.2011 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die darin verfügte Rücknahme der Leistungsabrechnungen vom 24.8. und vom 21.9.2009 ist nicht von § 48 VwVfG gedeckt. Die in dem angefochtenen Bescheid weiter verfügte Rückforderung der aufgrund dieser Leistungsabrechnungen ausgezahlten Geldbeträge, welche die Beklagte auf § 30 Abs. 5 ihrer Satzung stützt, ist somit ebenfalls rechtswidrig, da diese Zahlungen nicht rechtsgrundlos erfolgt sind.
21 
Rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte können gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Die in § 48 Abs. 2 VwVfG genannten Voraussetzungen für eine Rücknahme liegen aber nicht vor. Es kann daher dahinstehen, ob die zurückgenommenen Leistungsabrechnungen überhaupt objektiv rechtswidrig i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG sind.
22 
Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG ist das Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte die ihm gewährten Leistungen verbraucht hat. Der Begünstigte kann sich gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG auf Vertrauen nicht berufen kann, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Gemessen an diesen Kriterien liegt hier entgegen der Auffassung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers in den Bestand der zurückgenommenen Leistungsmitteilungen vor.
23 
1. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts hat der Kläger die ihm mit den Leistungsabrechnungen vom 24.8. und vom 21.9.2009 bewilligten Gelder verbraucht (§ 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG). Nach seinem unbestrittenen Vortrag hat er die eingegangenen Zahlungen der Beklagten unmittelbar nach Zahlungseingang an Dr. W. überwiesen. Durch die Zahlungen an Dr. W. ist der Kläger entreichert.
24 
Zur Beantwortung der Frage, ob eine gewährte Leistung verbraucht i.S.v. § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG ist, kann auf die im Zivilrecht zum Begriff der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 48 Rn. 108). Allerdings werden hiernach Zahlungen zur Tilgung eigener Schulden grundsätzlich nicht als Entreicherung im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB angesehen, weil der Begünstigte durch die Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit von dieser befreit wird (vgl. Schwab in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl., § 818 Rn. 169; BVerwG, Urteil vom 28.1.1993 - 2 C 15.91 - NVwZ-RR 1994, 32). Gleiches gilt im Allgemeinen auch bei Zahlungen auf eine nicht bestehende Schuld, weil der Begünstigte hierdurch einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch gegen den Nichtberechtigten erwirbt, an den er geleistet hat.
25 
Hier liegt jedoch in zweierlei Hinsicht ein Sonderfall vor. Zum einen ist der Aufenthaltsort des Empfängers der Zahlungen des Klägers - Dr. W. - unbekannt; nach den von der Beklagten nicht bestrittenen Angaben des Klägers ist er untergetaucht, weil er mit Haftbefehl wegen Steuerhinterziehung gesucht wird. Angesichts dessen besteht ein denkbarer Rückforderungsanspruch des Klägers gewissermaßen „nur auf dem Papier“. Bei lebensnaher Betrachtung dürfte keinerlei Chance bestehen, diesen Anspruch zu realisieren, sodass er bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise faktisch wertlos ist. Im Falle des Klägers lässt sich daher nicht sagen, dass der zur Tilgung der (vermeintlichen) Verbindlichkeit verwendete Betrag wertmäßig noch in seinem Vermögen vorhanden ist (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: BVerwG, Urteil vom 28.1.1993, aaO., juris-Rn. 12). Zum anderen hat der Kläger die von der Beklagten bewilligten und gewährten Kassenleistungen bestimmungsgemäß verwendet und zur Begleichung der Rechnungen des - scheinbar - zur Abrechnung berechtigten behandelnden Arztes Dr. W. eingesetzt. Insoweit ist der vorliegende Fall mit der im Beihilferecht gegebenen Interessenlage vergleichbar. Dort wird aber grundsätzlich davon ausgegangen, dass ein Beihilfeberechtigter in schutzwürdiger Weise auf den Bestand von Beihilfebescheiden vertraut hat, wenn er mit der ihm gewährten Beihilfe die diesen Bescheiden zugrundeliegenden Arztrechnungen beglichen hat (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 5.7.2007 - 6 A 4961/05 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 15.11.2011 - 26 K 444/11 - jeweils juris).
26 
2. Das Vertrauen des Klägers ist auch sonst schutzwürdig. Ihm kann insbesondere nicht vorgeworfen werden, dass er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG). Angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles erscheint es schon als fraglich, ob der Kläger bei Einreichung der ersten - von Dr. W. ausgestellten - Abrechnungen für die in den Monaten Juli und August 2009 erbrachten Dialysebehandlungen überhaupt fahrlässig gehandelt hat. Jedenfalls liegt aber keine grobe Fahrlässigkeit vor.
27 
Weder das Verwaltungsgericht noch die Beklagte haben ausreichend berücksichtigt, dass hier kein typischer Fall vorliegt, in dem ein Patient seinen behandelnden Arzt wechselt. Der Kläger hat aus seiner Sicht seine Dialysebehandlungen seit November 2008 stets durch dieselbe Dialysepraxis durchführen lassen. Gewechselt hat lediglich der Betreiber der Dialysepraxis. Bei dieser Sachlage könnte dem Kläger nur dann grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, wenn es sich ihm bereits zum Zeitpunkt der Einreichung der von Dr. W. ausgestellten Rechnungen an die Beklagte hätte aufdrängen müssen, dass dieser nicht mehr zur Rechnungsstellung befugt war. Dies ist jedoch nicht der Fall.
28 
Nach dem Vorbringen des Klägers war er bei Einreichung der Rechnungen nicht über einen Betreiberwechsel zum 1.7.2009 informiert. Der Senat hält dies für überzeugend. Zwar behauptet das Nephrologische Therapiezentrum in seiner Stellungnahme vom 21.9.2011, der Kläger sei auf die geänderte ärztliche und pflegerische Situation im Dialysezentrum Y hingewiesen worden. Diese pauschale Behauptung wird jedoch in keiner Weise substantiiert; es wird insbesondere nicht näher ausgeführt, durch wenn und in welcher Weise dieser Hinweis erfolgt sein soll. Eine schriftliche Information des Klägers über den Wechsel des Praxisinhabers ist jedenfalls für den hier maßgeblichen Zeitraum offenkundig nicht erfolgt. Angesichts dessen spricht Vieles dafür, dass sich die Stellungnahme des Nephrologischen Therapiezentrums auf die tatsächlich erfolgte Benachrichtigung über den zweiten Betreiberwechsel von Dr. B. zu Dr. K. bezieht und nicht auf den hier relevanten ersten Betreiberwechsel von Dr. W. zu Dr. B.. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass eine Dialysebehandlung nicht mit einer gewöhnlichen ärztlichen Behandlung vergleichbar ist. Der Kontakt zwischen Arzt und Patient beschränkt sich in Routinefällen, in denen keine Komplikationen auftreten, auf Kontrollen; den eigentlichen Anschluss an die Behandlungsgeräte und die Versorgung des Patienten während der Dialyse erledigt typischerweise - wie auch im Falle des Klägers - das medizinische Hilfspersonal. Dass und weshalb dieses den Kläger mündlich über einen Betreiberwechsel informiert haben sollte, ist nicht ersichtlich.
29 
Aus der Sicht des Klägers bestand für einen Wechsel des Betreibers der Praxis auch deshalb kein Anhaltspunkt, weil seinem Vortrag zufolge Dr. W. noch in den Monaten Juli und August 2009 in den Praxisräumen anwesend war und ihm jeweils bei der ersten Behandlung im neuen Monat die Rechnung für den Vormonat persönlich überreicht hat. Insoweit beruft sich die Beklagte zwar auf die bereits erwähnte Stellungnahme des Nephrologischen Behandlungszentrums vom 21.9.2011, in der bestritten wird, dass Herr Dr. W. in diesen zwei Monaten vor Ort in größerem Umfange regelmäßig ärztlich tätig gewesen sei. Dadurch wird jedoch der Vortrag des Klägers letztlich nicht in Frage gestellt. Denn umgekehrt geht aus dieser Stellungnahme hervor, dass Dr. W. zumindest gelegentlich noch in den Räumen der Praxis zugegen war und dort auch noch bisweilen als Arzt aufgetreten ist; bestritten wird nur, dass er in größerem Umfange und regelmäßig ärztlich tätig gewesen ist.
30 
Weiter erwecken auch die streitbefangenen Rechnungen selbst nicht den Eindruck, dass sie von einem Unberechtigten stammen könnten. Im Gegenteil: In den Rechnungen sind für jeden Behandlungstag die erbrachten Leistungen jeweils im Einzelnen aufgeschlüsselt. Dies reicht bis zu Kleinbeträgen wie den Glukoseverbrauch in Höhe von 2,68 EUR pro Sitzung. Es ist deshalb kaum vorstellbar, dass diese Rechnungen ohne Rückgriff auf die Patientendaten des Klägers und ohne Zuhilfenahme eines Abrechnungsprogramms erstellt worden sein könnten. Die Vermutung des Nephrologischen Behandlungszentrums, die von Dr. W. ausgestellten Rechnungen seien „manuell gefertigt“ worden, ist danach nicht überzeugend. Selbst wenn dies doch der Fall wäre, wirken sie jedenfalls aus Sicht des Patienten wie „echte“ Rechnungen und legen in keiner Weise den Verdacht nahe, dass sie durch einen Unberechtigten erstellt worden sein könnten. Ein grob fahrlässiges Verhalten kann dem Kläger somit nicht vorgeworfen werden.
31 
Dies ist umso weniger der Fall, als Dr. W. und sein Nachfolger für die Monate Juli und August 2009 - Dr. B. - zumindest übergangsweise nach außen so aufgetreten sind, als betrieben sie gemeinsam die Praxis. Aus einer in das Verfahren eingeführten Veröffentlichung aus dem Internet ergibt sich, dass Dr. W. und Dr. B. zusammen mit einem dritten Arzt als Inhaber einer Praxis für Nieren- und Hochdruckerkrankungen unter der Adresse des Nephrologischen Behandlungszentrums aufgetreten und gemeinsam auf dem Praxisschild aufgeführt worden sind.
32 
Die Ausführungen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 16.1.2012 rechtfertigen keine andere Beurteilung.
33 
Zum einen macht die Beklagte geltend, in der mit Antrag vom 9.10.2009 eingereichten Rechnung des Nephrologischen Therapiezentrums E. X vom 1.10.2009 sei dem Kläger für den Zeitraum Juli bis September 2009 ein Betrag von 9.759,39 EUR in Rechnung gestellt worden; dem Kläger hätte die im Gegensatz zu den vorherigen Rechnungen ungewöhnlich hohe Rechnungssumme auffallen müssen, denn mit den beiden von Herrn Dr. W. ausgestellten Rechnungen für die Monate Juli und August 2009 seien deutlich niedrigere Beträge gefordert worden (Juli 2009: 3.425,22 EUR und August 2009: 3.184,81 EUR).
34 
Dies ist schon im Ansatz verfehlt. Die Beklagte übersieht bei ihrem Vergleich der in Rechnung gestellten Beträge, dass sich die Rechnung des Nephrologischen Therapiezentrums vom 1.10.2009 über 9.759,39 EUR auf drei (Juli, August und September 2009) und nicht auf zwei Monate bezieht. Auf den einzelnen Monat bezogen besteht daher kein auffälliger Unterschied zu den von Dr. W. ausgestellten Einzelrechnungen für die Monate Juli und August 2009.
35 
Zum anderen ist sie der Auffassung, bei einem Vergleich der drei Rechnungen hätte der Kläger bemerken können, dass er die Rechnungen für die Monate Juli und August 2009 bereits an Dr. W. beglichen habe. Dieser Einwand ist jedoch für das vorliegende Verfahren ohne Belang. Die Beklagte hat die Bewilligung von Kassenleistungen für die von Dr. W. erstellten Rechnungen zurückgenommen und nicht die Bewilligung aufgrund der (später ergangenen) Rechnung des Nephrologischen Therapiezentrums; nur der entsprechende Bescheid ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
37 
Beschluss vom 16. Februar 2012
38 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 1.869,62 EUR festgesetzt.
39 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
20 
Die Berufung des Klägers ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 4.1.2010 und deren Widerspruchsbescheid vom 11.5.2011 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die darin verfügte Rücknahme der Leistungsabrechnungen vom 24.8. und vom 21.9.2009 ist nicht von § 48 VwVfG gedeckt. Die in dem angefochtenen Bescheid weiter verfügte Rückforderung der aufgrund dieser Leistungsabrechnungen ausgezahlten Geldbeträge, welche die Beklagte auf § 30 Abs. 5 ihrer Satzung stützt, ist somit ebenfalls rechtswidrig, da diese Zahlungen nicht rechtsgrundlos erfolgt sind.
21 
Rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte können gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Die in § 48 Abs. 2 VwVfG genannten Voraussetzungen für eine Rücknahme liegen aber nicht vor. Es kann daher dahinstehen, ob die zurückgenommenen Leistungsabrechnungen überhaupt objektiv rechtswidrig i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG sind.
22 
Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG ist das Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte die ihm gewährten Leistungen verbraucht hat. Der Begünstigte kann sich gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG auf Vertrauen nicht berufen kann, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Gemessen an diesen Kriterien liegt hier entgegen der Auffassung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers in den Bestand der zurückgenommenen Leistungsmitteilungen vor.
23 
1. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts hat der Kläger die ihm mit den Leistungsabrechnungen vom 24.8. und vom 21.9.2009 bewilligten Gelder verbraucht (§ 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG). Nach seinem unbestrittenen Vortrag hat er die eingegangenen Zahlungen der Beklagten unmittelbar nach Zahlungseingang an Dr. W. überwiesen. Durch die Zahlungen an Dr. W. ist der Kläger entreichert.
24 
Zur Beantwortung der Frage, ob eine gewährte Leistung verbraucht i.S.v. § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG ist, kann auf die im Zivilrecht zum Begriff der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 48 Rn. 108). Allerdings werden hiernach Zahlungen zur Tilgung eigener Schulden grundsätzlich nicht als Entreicherung im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB angesehen, weil der Begünstigte durch die Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit von dieser befreit wird (vgl. Schwab in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl., § 818 Rn. 169; BVerwG, Urteil vom 28.1.1993 - 2 C 15.91 - NVwZ-RR 1994, 32). Gleiches gilt im Allgemeinen auch bei Zahlungen auf eine nicht bestehende Schuld, weil der Begünstigte hierdurch einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch gegen den Nichtberechtigten erwirbt, an den er geleistet hat.
25 
Hier liegt jedoch in zweierlei Hinsicht ein Sonderfall vor. Zum einen ist der Aufenthaltsort des Empfängers der Zahlungen des Klägers - Dr. W. - unbekannt; nach den von der Beklagten nicht bestrittenen Angaben des Klägers ist er untergetaucht, weil er mit Haftbefehl wegen Steuerhinterziehung gesucht wird. Angesichts dessen besteht ein denkbarer Rückforderungsanspruch des Klägers gewissermaßen „nur auf dem Papier“. Bei lebensnaher Betrachtung dürfte keinerlei Chance bestehen, diesen Anspruch zu realisieren, sodass er bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise faktisch wertlos ist. Im Falle des Klägers lässt sich daher nicht sagen, dass der zur Tilgung der (vermeintlichen) Verbindlichkeit verwendete Betrag wertmäßig noch in seinem Vermögen vorhanden ist (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: BVerwG, Urteil vom 28.1.1993, aaO., juris-Rn. 12). Zum anderen hat der Kläger die von der Beklagten bewilligten und gewährten Kassenleistungen bestimmungsgemäß verwendet und zur Begleichung der Rechnungen des - scheinbar - zur Abrechnung berechtigten behandelnden Arztes Dr. W. eingesetzt. Insoweit ist der vorliegende Fall mit der im Beihilferecht gegebenen Interessenlage vergleichbar. Dort wird aber grundsätzlich davon ausgegangen, dass ein Beihilfeberechtigter in schutzwürdiger Weise auf den Bestand von Beihilfebescheiden vertraut hat, wenn er mit der ihm gewährten Beihilfe die diesen Bescheiden zugrundeliegenden Arztrechnungen beglichen hat (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 5.7.2007 - 6 A 4961/05 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 15.11.2011 - 26 K 444/11 - jeweils juris).
26 
2. Das Vertrauen des Klägers ist auch sonst schutzwürdig. Ihm kann insbesondere nicht vorgeworfen werden, dass er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG). Angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles erscheint es schon als fraglich, ob der Kläger bei Einreichung der ersten - von Dr. W. ausgestellten - Abrechnungen für die in den Monaten Juli und August 2009 erbrachten Dialysebehandlungen überhaupt fahrlässig gehandelt hat. Jedenfalls liegt aber keine grobe Fahrlässigkeit vor.
27 
Weder das Verwaltungsgericht noch die Beklagte haben ausreichend berücksichtigt, dass hier kein typischer Fall vorliegt, in dem ein Patient seinen behandelnden Arzt wechselt. Der Kläger hat aus seiner Sicht seine Dialysebehandlungen seit November 2008 stets durch dieselbe Dialysepraxis durchführen lassen. Gewechselt hat lediglich der Betreiber der Dialysepraxis. Bei dieser Sachlage könnte dem Kläger nur dann grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, wenn es sich ihm bereits zum Zeitpunkt der Einreichung der von Dr. W. ausgestellten Rechnungen an die Beklagte hätte aufdrängen müssen, dass dieser nicht mehr zur Rechnungsstellung befugt war. Dies ist jedoch nicht der Fall.
28 
Nach dem Vorbringen des Klägers war er bei Einreichung der Rechnungen nicht über einen Betreiberwechsel zum 1.7.2009 informiert. Der Senat hält dies für überzeugend. Zwar behauptet das Nephrologische Therapiezentrum in seiner Stellungnahme vom 21.9.2011, der Kläger sei auf die geänderte ärztliche und pflegerische Situation im Dialysezentrum Y hingewiesen worden. Diese pauschale Behauptung wird jedoch in keiner Weise substantiiert; es wird insbesondere nicht näher ausgeführt, durch wenn und in welcher Weise dieser Hinweis erfolgt sein soll. Eine schriftliche Information des Klägers über den Wechsel des Praxisinhabers ist jedenfalls für den hier maßgeblichen Zeitraum offenkundig nicht erfolgt. Angesichts dessen spricht Vieles dafür, dass sich die Stellungnahme des Nephrologischen Therapiezentrums auf die tatsächlich erfolgte Benachrichtigung über den zweiten Betreiberwechsel von Dr. B. zu Dr. K. bezieht und nicht auf den hier relevanten ersten Betreiberwechsel von Dr. W. zu Dr. B.. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass eine Dialysebehandlung nicht mit einer gewöhnlichen ärztlichen Behandlung vergleichbar ist. Der Kontakt zwischen Arzt und Patient beschränkt sich in Routinefällen, in denen keine Komplikationen auftreten, auf Kontrollen; den eigentlichen Anschluss an die Behandlungsgeräte und die Versorgung des Patienten während der Dialyse erledigt typischerweise - wie auch im Falle des Klägers - das medizinische Hilfspersonal. Dass und weshalb dieses den Kläger mündlich über einen Betreiberwechsel informiert haben sollte, ist nicht ersichtlich.
29 
Aus der Sicht des Klägers bestand für einen Wechsel des Betreibers der Praxis auch deshalb kein Anhaltspunkt, weil seinem Vortrag zufolge Dr. W. noch in den Monaten Juli und August 2009 in den Praxisräumen anwesend war und ihm jeweils bei der ersten Behandlung im neuen Monat die Rechnung für den Vormonat persönlich überreicht hat. Insoweit beruft sich die Beklagte zwar auf die bereits erwähnte Stellungnahme des Nephrologischen Behandlungszentrums vom 21.9.2011, in der bestritten wird, dass Herr Dr. W. in diesen zwei Monaten vor Ort in größerem Umfange regelmäßig ärztlich tätig gewesen sei. Dadurch wird jedoch der Vortrag des Klägers letztlich nicht in Frage gestellt. Denn umgekehrt geht aus dieser Stellungnahme hervor, dass Dr. W. zumindest gelegentlich noch in den Räumen der Praxis zugegen war und dort auch noch bisweilen als Arzt aufgetreten ist; bestritten wird nur, dass er in größerem Umfange und regelmäßig ärztlich tätig gewesen ist.
30 
Weiter erwecken auch die streitbefangenen Rechnungen selbst nicht den Eindruck, dass sie von einem Unberechtigten stammen könnten. Im Gegenteil: In den Rechnungen sind für jeden Behandlungstag die erbrachten Leistungen jeweils im Einzelnen aufgeschlüsselt. Dies reicht bis zu Kleinbeträgen wie den Glukoseverbrauch in Höhe von 2,68 EUR pro Sitzung. Es ist deshalb kaum vorstellbar, dass diese Rechnungen ohne Rückgriff auf die Patientendaten des Klägers und ohne Zuhilfenahme eines Abrechnungsprogramms erstellt worden sein könnten. Die Vermutung des Nephrologischen Behandlungszentrums, die von Dr. W. ausgestellten Rechnungen seien „manuell gefertigt“ worden, ist danach nicht überzeugend. Selbst wenn dies doch der Fall wäre, wirken sie jedenfalls aus Sicht des Patienten wie „echte“ Rechnungen und legen in keiner Weise den Verdacht nahe, dass sie durch einen Unberechtigten erstellt worden sein könnten. Ein grob fahrlässiges Verhalten kann dem Kläger somit nicht vorgeworfen werden.
31 
Dies ist umso weniger der Fall, als Dr. W. und sein Nachfolger für die Monate Juli und August 2009 - Dr. B. - zumindest übergangsweise nach außen so aufgetreten sind, als betrieben sie gemeinsam die Praxis. Aus einer in das Verfahren eingeführten Veröffentlichung aus dem Internet ergibt sich, dass Dr. W. und Dr. B. zusammen mit einem dritten Arzt als Inhaber einer Praxis für Nieren- und Hochdruckerkrankungen unter der Adresse des Nephrologischen Behandlungszentrums aufgetreten und gemeinsam auf dem Praxisschild aufgeführt worden sind.
32 
Die Ausführungen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 16.1.2012 rechtfertigen keine andere Beurteilung.
33 
Zum einen macht die Beklagte geltend, in der mit Antrag vom 9.10.2009 eingereichten Rechnung des Nephrologischen Therapiezentrums E. X vom 1.10.2009 sei dem Kläger für den Zeitraum Juli bis September 2009 ein Betrag von 9.759,39 EUR in Rechnung gestellt worden; dem Kläger hätte die im Gegensatz zu den vorherigen Rechnungen ungewöhnlich hohe Rechnungssumme auffallen müssen, denn mit den beiden von Herrn Dr. W. ausgestellten Rechnungen für die Monate Juli und August 2009 seien deutlich niedrigere Beträge gefordert worden (Juli 2009: 3.425,22 EUR und August 2009: 3.184,81 EUR).
34 
Dies ist schon im Ansatz verfehlt. Die Beklagte übersieht bei ihrem Vergleich der in Rechnung gestellten Beträge, dass sich die Rechnung des Nephrologischen Therapiezentrums vom 1.10.2009 über 9.759,39 EUR auf drei (Juli, August und September 2009) und nicht auf zwei Monate bezieht. Auf den einzelnen Monat bezogen besteht daher kein auffälliger Unterschied zu den von Dr. W. ausgestellten Einzelrechnungen für die Monate Juli und August 2009.
35 
Zum anderen ist sie der Auffassung, bei einem Vergleich der drei Rechnungen hätte der Kläger bemerken können, dass er die Rechnungen für die Monate Juli und August 2009 bereits an Dr. W. beglichen habe. Dieser Einwand ist jedoch für das vorliegende Verfahren ohne Belang. Die Beklagte hat die Bewilligung von Kassenleistungen für die von Dr. W. erstellten Rechnungen zurückgenommen und nicht die Bewilligung aufgrund der (später ergangenen) Rechnung des Nephrologischen Therapiezentrums; nur der entsprechende Bescheid ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
37 
Beschluss vom 16. Februar 2012
38 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 1.869,62 EUR festgesetzt.
39 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.

(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.

(1) Wird ein Beamter, Richter oder Soldat durch eine gesetzliche Änderung seiner Bezüge einschließlich der Einreihung seines Amtes in die Besoldungsgruppen der Besoldungsordnungen rückwirkend schlechter gestellt, so sind die Unterschiedsbeträge nicht zu erstatten.

(2) Im Übrigen regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Von der Rückforderung kann aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden.

(3) Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tode des Beamten, Richters oder Soldaten auf ein Konto bei einem Geldinstitut überwiesen wurden, gelten als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle zurück zu überweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordert. Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann. Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden.

(4) Soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tode des Beamten, Richters oder Soldaten zu Unrecht erbracht worden sind, haben die Personen, die die Geldleistungen in Empfang genommen oder über den entsprechenden Betrag verfügt haben, diesen Betrag der überweisenden Stelle zu erstatten, sofern er nicht nach Absatz 3 von dem Geldinstitut zurücküberwiesen wird. Ein Geldinstitut, das eine Rücküberweisung mit dem Hinweis abgelehnt hat, dass über den entsprechenden Betrag bereits anderweitig verfügt wurde, hat der überweisenden Stelle auf Verlangen Namen und Anschrift der Personen, die über den Betrag verfügt haben, und etwaiger neuer Kontoinhaber zu benennen. Ein Anspruch gegen die Erben bleibt unberührt.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
XI ZR 562/15
Verkündet am:
4. Juli 2017
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die in Darlehensurkunden eines Kreditinstituts für den Abschluss von Kreditverträgen
mit Unternehmern enthaltene formularmäßige Klausel
"Bearbeitungsentgelt für Vertragsschluss EUR 10.000 €"
unterliegt nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der richterlichen Inhaltskontrolle und

b) Die kenntnisabhängige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 1 BGB für Rückforderungsansprüche
wegen unwirksam formularmäßig vereinbarter Bearbeitungsentgelte
begann auch bei Darlehensverträgen mit Unternehmern nach
§ 488 BGB mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen (Fortführung von
Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115
Rn. 44 ff.).
BGH, Urteil vom 4. Juli 2017 - XI ZR 562/15 - OLG Celle
LG Hannover
ECLI:DE:BGH:2017:040717UXIZR562.15.1

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2017 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 2. Dezember 2015 im Zinsausspruch teilweise aufgehoben, im Umfang der Aufhebung auf die Berufung der Beklagten das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 4. Juni 2015 unter Abweisung der weitergehenden Klage abgeändert und im Zinsausspruch klarstellendwie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 4% aus einem Teilbetrag von 10.000 € für die Zeit vom 11. März 2009 bis zum 16. Januar 2015, aus einem weiteren Teilbetrag von 10.000 € für die Zeit vom 2. September 2009 bis zum 16. Januar 2015 und aus einem weiteren Teilbetrag von 10.000 € für die Zeit vom 19. Mai 2010 bis zum 16. Januar 2015 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 30.000 € ab dem 17. Januar 2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt die Rückzahlung von Bearbeitungsentgelten, die er bei Abschluss von drei Darlehensverträgen an die beklagte Bank bezahlt hat.
2
Der Kläger verfügt über Immobilienvermögen, das durch eine hierfür gegründete GmbH verwaltet wird. Zur Finanzierung von Wohn- und Geschäftshäusern sowie Mehrfamilienhausanlagen nahm der Kläger in den Jahren 2009 und 2010 drei Darlehen bei der Beklagten über 6 Mio. €, 10 Mio. € und 5,8 Mio. € auf. Dabei wurde jeweils eine "Margenvereinbarung" mit einer Laufzeit von etwa einem bzw. zwei Jahren und einer Zinsbindungsfrist von drei Monaten getroffen, in der der EURIBOR als Referenzzinssatz festgelegt wurde. Im Anschluss sollten langfristige Konditionen vereinbart werden.
3
Die drei Darlehensurkunden enthielten neben einem Bearbeitungsentgelt für den Fall, dass das Darlehen vor Ablauf von vier Jahren abgelöst werden sollte, jeweils folgende Regelung: "Bearbeitungsentgelt für Vertragsschluss EUR 10.000 €".
4
Der Kläger verlangt die Erstattung seiner sich hieraus ergebenden Zahlungen von insgesamt 30.000 € zuzüglich Nebenforderungen. Seiner Ansicht nach handelt es sich bei der angegriffenen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung , die ihn unangemessen benachteilige und deshalb unwirksam sei. Die Beklagte hält die Klausel für wirksam und hat hilfsweise die Einrede der Verjährung erhoben.
5
Die Klage ist am 18. Dezember 2014 und eine Klageerweiterung am 22. Dezember 2014 bei dem Landgericht eingegangen. Auf die Gerichtskostenrechnung vom 29. Dezember 2014 hin hat der Kläger die Gerichtsgebühren am 8. Januar 2015 einbezahlt und Klage sowie Klageerweiterung sind am 16. Januar 2015 der Beklagten zugestellt worden.
6
Die Klage war in beiden Vorinstanzen erfolgreich. Mit ihrer von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin das Ziel der vollständigen Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision hat - mit Ausnahme eines kleinen Teils der geltend gemachten Nebenforderungen - keinen Erfolg.

I.

8
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris (OLG Celle, Urteil vom 2. Dezember 2015 - 3 U 113/15) veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
9
Dem Kläger stehe aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu, da die in den drei Darlehensverträgen verwendete Klausel zu dem "Bearbeitungsentgelt für Vertragsschluss" nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sei.
10
Diese Vertragsklausel stelle eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar, da sie bereits dem äußeren Anschein nach Formularcharakter aufweise. Ohne Erfolg berufe sich die Beklagte darauf, es lägen jeweils Individualvereinbarungen im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB vor. Denn die Beklagte habe zu keinem der betroffenen Darlehensverträge ein Aushandeln dargelegt, insbe- sondere nicht ansatzweise vorgetragen, auf welche Weise sie dem Kläger jeweils Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt habe.
11
Die Klausel sei nach dem eindeutigen Wortlaut als Preisnebenabrede anzusehen und als solche wegen unangemessener Benachteiligung des Klägers unwirksam. Zwar handele es sich bei dem Kläger entgegen seiner Ansicht nicht um einen Verbraucher, sondern einen Unternehmer, da die von ihm betriebene Verwaltung seines und des Familienvermögens einen planmäßigen Geschäftsbetrieb erfordert habe. Die angegriffene Klausel halte aber auch im Verkehr mit Unternehmern einer Inhaltskontrolle nicht statt. Zum einen seien Entgeltklauseln mit wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung nicht zu vereinbaren, wenn dadurch Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abgewälzt werde, zu denen der Verwender gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet sei. Zum anderen müsse ein Kreditgeber nach dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB die anfallenden Kosten für die Kreditbearbeitung und -auszahlung durch den laufzeitabhängig bemessenen Zins decken.
12
Diese Erwägungen seien unabhängig davon gültig, ob es sich um ein Unternehmer- oder ein Verbraucherdarlehen handele. Bei der gebotenen typisierten Betrachtungsweise dürfe nicht außer Acht bleiben, dass die von der Beklagten verwendete Klausel nicht nur Großunternehmen erfasse, sondern auch Kleinunternehmer bzw. mittelständische Unternehmer, die sich in einer vergleichbaren Abhängigkeit zur Bank wie ein Verbraucher befinden könnten. Der Kläger könne nicht mit Großunternehmen gleichgesetzt werden, die regelmäßig und dauerhaft ihre Geschäfte über Kredite finanzierten. Schließlich sei nicht ersichtlich oder auch nur nachvollziehbar vorgetragen, dass die Vereinbarung eines Bearbeitungsentgelts im Bereich der Unternehmensfinanzierung ein im Handelsverkehr geltender Brauch oder eine dort geltende Gewohnheit sei.
13
Die Verjährungsfrist sei nicht abgelaufen, da dem Kläger auch in seiner Eigenschaft als Unternehmer eine Klageerhebung nicht zumutbar gewesen sei, bevor der Bundesgerichtshof in seinen Urteilen vom 13. Mai 2014 von Banken verwendete Klauseln über Bearbeitungsentgelte für unwirksam erachtet habe.
14
Die Herausgabepflicht erstrecke sich nach § 818 Abs. 1 BGB auch auf gezogene Nutzungen. Insoweit spreche bei Zahlungen an Banken eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Nutzungen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ziehen würden. Da die Beklagte keinen substantiierten Vortrag zu geringeren Nutzungen gehalten habe, seien vom Landgericht nach dem Grundsatz ne ultra petita zu Recht Zinsen in Höhe von 4% zuerkannt worden. Die Rechtshängigkeitszinsen ergäben sich aus den §§ 288, 291 BGB.

II.

15
Diese Ausführungen halten - mit Ausnahme eines kleinen Teils der Nebenforderungen - revisionsrechtlicher Prüfung stand. Entgegen der Auffassung der Revision steht dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der als "Bearbeitungsentgelt für Vertragsschluss" erbrachten Leistungen zu, weil die entsprechenden Klauseln in den Darlehensverträgen den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
16
1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei der vom Kläger beanstandeten Klausel jeweils um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, die nicht nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ausgehandelt wurde.
17
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Unwirksamkeit der in den drei Darlehensverträgen verwendeten Klausel bejaht.
18
a) Der Senat hat in zwei Urteilen vom 13. Mai 2014 (XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 und XI ZR 170/13, WM 2014, 1325; siehe auch zu Bauspardarlehen Senatsurteil vom 8. November 2016 - XI ZR 552/15, WM 2017, 87 Rn. 11 ff.) entschieden, dass eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditinstituts für den Abschluss von Privatkreditverträgen enthaltene Bestimmung über die Erhebung eines einmaligen Bearbeitungsentgelts nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der richterlichen Inhaltskontrolle unterliegt und im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist. Der Kläger hat allerdings nach den Feststellungen des Berufungsgerichts , die im Hinblick auf den unstreitigen Umfang der vom Kläger betriebenen Vermögensverwaltung keinen Rechtsfehler aufweisen (vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober 2001 - XI ZR 63/01, BGHZ 149, 80, 86 f.), bei dem Abschluss aller drei Verträge als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB gehandelt.
19
b) Ob die in diesen beiden Senatsentscheidungen niedergelegten Grundsätze auch auf formularmäßige Bearbeitungsentgelte in Darlehensverträgen anzuwenden sind, die nicht mit Verbrauchern geschlossen worden sind, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt.
20
aa) Wie das Berufungsgericht ist ein Teil der Instanzrechtsprechung und der rechtswissenschaftlichen Literatur der Ansicht, dass die in den beiden Senatsentscheidungen vom 13. Mai 2014 niedergelegten Grundsätze auch auf Darlehen mit Unternehmern Anwendung finden (OLG Frankfurt am Main, ZIP 2016, 1158 und ZIP 2016, 2057; OLG Düsseldorf, WM 2016, 1983; Hanseatisches OLG in Bremen, Urteil vom 17. Mai 2017 - 1 U 70/16, juris; LG Chemnitz, Urteil vom 13. Juni 2014 - 7 O 28/13, juris; LG Essen, BeckRS 2015, 16652; LG Magdeburg, BKR 2016, 159; LG Neuruppin, Urteil vom 24. September 2015 - 5 O 66/15, juris; LG Duisburg, MDR 2016, 1322; LG Erfurt, Urteil vom 17. Juni 2016 - 9 S 200/15, juris; LG Wiesbaden, Urteil vom 7. Juli 2016 - 9 S 28/15, juris; Fischer, EWiR 2017, 3, 4; Koch, WM 2016, 717 ff.; Kreft, AnwZert InsR 21/2015 Anm. 2; Lammeyer/Singbartl, GWR 2016, 482, 483; PWW/Nobbe, BGB, 12. Aufl., § 488 Rn. 50; Hubert Schmidt, LMK 2014, 361197; BeckOK BGB/Hubert Schmidt, 41. Ed. 1. November 2016, BGB § 307 Rn. 90; Schwintowski in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 488 BGB Rn. 40 und 46; BeckOGK/Zschieschack, Stand 3. Februar 2017, BGB § 307 Entgeltklausel Rn. 25 f.; differenzierend OLG Nürnberg, Urteil vom 4. April 2017 - 14 U 612/15, juris; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht , 12. Aufl., (8) Banken (Kreditinstitute) Rn. 51b und (16) Darlehensverträge Rn. 3b).
21
bb) Die Gegenansicht lehnt eine Übertragung der Senatsrechtsprechung auf Unternehmerdarlehen hingegen mit unterschiedlichen Begründungen ab (OLG München, Beschluss vom 13. Oktober 2014 - 27 U 1088/14, juris; Hanseatisches OLG Hamburg, Urteil vom 27. April 2016 - 13 U 134/15, juris; OLG Köln, WM 2016, 1985; OLG Dresden, WM 2016, 1980; OLG Frankfurt am Main, ZIP 2016, 2211; Kammergericht, BeckRS 2017, 108510; LG München I, ZIP 2015, 967; LG Frankfurt am Main, WM 2015, 1714; LG Saarbrücken, BeckRS 2015, 13513; LG Wiesbaden, Urteil vom 12. Juni 2015 - 2 O 298/14, juris; LG Kleve, NJW 2016, 258; LG Nürnberg-Fürth, BeckRS 2016, 01182; LG Braunschweig, BeckRS 2016, 03868; LG Ravensburg, Urteil vom 14. April 2016 - 2 O 218/15, juris; LG Stuttgart, Urteil vom 15. Juni 2016 - 4 S 194/15, juris; LG Schweinfurt, Urteil vom 21. Oktober 2016 - 32 S 25/16, juris; LG Krefeld, Urteil vom 9. Dezember 2016 - 1 S 47/16, juris; van Bevern/Schmitt, BKR 2015, 323 ff.; Casper/Möllers, WM 2015, 1689 ff.; Edelmann, WuB 2015, 653, 656 f.; Hanke/Adler, WM 2015, 1313 ff.; Hertel, jurisPR-BKR 2/2016 Anm. 4;Herweg/ Fürtjes, ZIP 2015, 1261 ff.; Krepold in Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-HdB, 5. Aufl., § 78 Rn. 118i; Kropf/Habl, BKR 2015, 316, 320 f.; Lang/Schulz, WM 2015, 2173 ff.; Piekenbrock, ZBB 2015, 13 ff.; BeckOGK/C. Weber, Stand 1. Februar 2017, BGB § 488 Rn. 315.12 f.; S. Weber, WM 2016, 150 ff.; ders., WuB 2017, 213, 215).
22
c) Zutreffend ist die erstgenannte Ansicht. Die in den beiden Urteilen vom 13. Mai 2014 zur Beurteilung von Entgeltklauseln in Verbraucherkreditverträgen entwickelten Grundsätze gelten ebenso für Darlehensverträge, die mit Unternehmern geschlossen werden. Danach unterliegt die streitige Klausel überein "Bearbeitungsentgelt für Vertragsschluss" der Inhaltskontrolle (3.) und hält dieser nicht stand (4.).
23
3. Die angegriffene Klausel unterliegt entgegen der Ansicht der Revision auch bei Verwendung gegenüber einem Unternehmer nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle.
24
a) § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Hierunter fallen zwar weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte zusätzlich angebotene Sonderleistung. Preisnebenabreden, die keine echte (Gegen-)Leistung zum Gegenstand haben, sondern mit denen der Klauselverwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten oder für sonstige Tätigkeiten auf den Kunden abwälzt, die der Verwender im eigenen Interesse erbringt, sind hingegen der Inhaltskontrolle unterworfen (st. Rspr., Senatsurteile vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 16 und vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 24, jeweils mwN).
25
Ob eine Klausel nach diesen Grundsätzen eine kontrollfähige Preisnebenabrede oder eine kontrollfreie Preisabrede enthält, ist durch Auslegung zu ermitteln. Diese hat sich nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel einheitlich danach zu richten, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird (Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 25 mwN). Zweifel bei der Auslegung gehen nach der Vorschrift des § 305c Abs. 2 BGB, die auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr gilt (Senatsurteil vom 28. Juli 2015 - XI ZR 434/14, BGHZ 206, 305 Rn. 31), zulasten des Klauselverwenders. Außer Betracht bleiben solche Auslegungsmöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und daher nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (Senatsurteil vom 13. Mai 2014, aaO Rn. 25 mwN).
26
b) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht die von der Beklagten in den drei Darlehensverträgen verwendete Klausel, die der Senat selbstständig auslegen kann (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 26), zu Recht als kontrollfähige Preisnebenabrede eingeordnet.
27
Anders als ein in den drei Darlehensverträgen jeweils zusätzlich vorgesehenes Bearbeitungsentgelt für den Fall vorzeitiger Darlehensrückzahlung werden die mit dem streitgegenständlichen Bearbeitungsentgelt bezahlten Leistungen nicht näher genannt. Nach der verwendeten Bezeichnung "Bearbeitungsentgelt" handelt es sich um Entgelt für die Bearbeitung des Darlehensantrages einschließlich der Vorbereitung des Vertragsschlusses sowie für Verwal- tungsaufwand der Beklagten bei Kreditbearbeitung und -auszahlung (vgl. dazu Senatsurteile vom 13. Mai 2014 - XI ZR 170/13, WM 2014, 1325 Rn. 36 ff. und XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 28 f.). Diese Auslegung des Begriffs "Bearbeitungsentgelt" wird vorliegend durch den jeweiligen Zusatz "für Vertragsschluss" bestätigt, der ebenfalls Aufwand der Beklagten in diesem Zusammenhang beschreibt. Für die stattdessen von der Beklagten vertretene Auffassung, das Entgelt sei als Bestandteil der Gegenleistung für die Kapitalüberlassung vereinbart worden, enthält der Wortlaut der Klausel aus Sicht eines verständigen und redlichen Vertragspartners keinen Anhaltspunkt.
28
c) Entgegen der Ansicht der Revision ist ein solches Bearbeitungsentgelt auch bei Unternehmerdarlehen nicht als kontrollfreie Preishauptabrede anzusehen.
29
aa) Die der Inhaltskontrolle entzogene Bestimmung über den Preis für die Gewährung des Darlehens im Sinne von § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ist beim Darlehen - vorbehaltlich etwaiger kontrollfreier Entgelte für Sonder- oder Zusatzleistungen - zunächst der gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB zu zahlende Zins (Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 31 ff.). Dies gilt, wie die systematische Einordnung des § 488 BGB als allgemeine Vorschrift des Darlehensrechts zeigt, in gleicher Weise für Verbraucher- wie für Unternehmerdarlehen.
30
bb) Darüber hinaus stellt das Bearbeitungsentgelt - anders als die Revision meint - auch bei Unternehmerdarlehen kein Entgelt für eine rechtlich selbstständige, gesondert vergütungsfähige Leistung des Kreditinstituts dar. Vielmehr werden mit dem Bearbeitungsentgelt Kosten für Tätigkeiten auf die Kunden des Kreditinstituts abgewälzt, die dieses im eigenen Interesse erbringt oder aufgrund bestehender eigener Rechtspflichten zu erbringen hat.
31
(1) Entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht (vgl. Hanke/Adler, WM 2015, 1313, 1314) folgt bei Unternehmerdarlehen auch aus § 354 HGB nichts anderes. Zwar liegt dieser Norm der Erfahrungssatz zugrunde, dass ein Kaufmann seine Geschäftsleistungen nicht unentgeltlich erbringt (MünchKommHGB/ Karsten Schmidt, 3. Aufl., HGB § 354 Rn. 1). Das betrifft vorliegend aber lediglich den Zins als Entgelt für die Kapitalnutzung, weil § 354 HGB Geschäfte oder Dienste des Kaufmanns betrifft, die dieser für einen anderen erbringt. Wird hingegen der Kaufmann im eigenen Interesse tätig, ist § 354 HGB selbst dann nicht anwendbar, wenn die Bemühungen des Kaufmanns im Ergebnis auch anderen zugutekommen (BGH, Urteil vom 21. November 1983 - VIII ZR 173/82, WM 1984, 165, 166; MünchKommHGB/Karsten Schmidt, 3. Aufl., HGB § 354 Rn. 9). Folglich ist auch bei einem Unternehmerdarlehen nicht jede Tätigkeit des Kreditinstituts von vornherein gesondert zu entgelten (vgl. auch BeckOK BGB/H. Schmidt, 41. Ed. 1. November 2016, BGB § 307 Rn. 90), sondern entscheidend ist, in wessen Interesse die bepreiste Tätigkeit erbracht wird.
32
(2) Danach ist die Zurverfügungstellung der Darlehenssumme auch bei einem Unternehmerdarlehen keine gesondert vergütungsfähige, neben die Kapitalüberlassung tretende Sonderleistung des Kreditinstituts für den Kunden. Die Beschaffung des Kapitals dient vielmehr auch in diesen Fällen der Sicherstellung der eigenen Refinanzierung der Bank. Diese erfüllt mit der Überlassung des vereinbarten Geldbetrages sodann ihre gesetzliche Hauptleistungspflicht aus § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 170/13, WM 2014, 1325 Rn. 58).
33
(3) Dies gilt ebenso für die Prüfung der Bonität des Kunden (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 49 ff.). Soweit die Revision auf den Aufwand bei der Prüfung von Geschäftsplänen, Bilanzen, weiteren Zahlenwerken und ähnlichen Finanzierungsgrundlagen und dem hieraus folgenden individuellen Zuschnitt der Finanzierung hinweist (ähnlich: van Bevern/Schmitt, BKR 2015, 323, 326; Hanke/Adler, WM 2015, 1313, 1314; Lang/Schulz, WM 2015, 2173, 2178; aA OLG Frankfurt am Main, ZIP 2016, 1158, 1159; Lapp/Salamon in Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 307 BGB Rn. 69; Schwintowski in Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 488 BGB Rn. 40; BeckOGK/Zschieschack, Stand 3. Februar 2017, BGB § 307 Entgeltklausel Rn. 26), ändert dies nichts an der zugrunde liegenden Interessenlage. Die Bonitätsprüfung und die Bewertung der angebotenen Sicherheiten erfolgt im Regelfall im Interesse des Kreditinstituts und im öffentlichen Interesse der Kreditwirtschaft, Forderungsausfälle zu vermeiden (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 50). Dass damit in Einzelfällen zugleich eine Überschuldung des Unternehmers verhindert werden kann (hierauf abstellend: Hanke/Adler, WM 2015, 1313, 1315 und Lang/Schulz, WM 2015, 2173, 2178), beruht lediglich auf einem reflexartigen Nebeneffekt.
34
(4) Dies stellt sich auch unter Berücksichtigung der Buchführungs- und Bilanzierungspflichten kaufmännischer Darlehensnehmer nicht anders dar (so aber LG Kleve, NJW 2016, 258 f.).
35
Zwar treffen den Kaufmann nach § 238 HGB und § 242 HGB eigene öffentlich -rechtliche Pflichten, die u.a. der Selbstkontrolle seiner Bonität und dem Schutz seiner Gläubiger dienen (Böcking/Gros in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, 3. Aufl., HGB § 238 Rn. 1 und § 242 Rn. 1; MünchKommHGB/ Ballwieser, 3. Aufl., HGB § 238 Rn. 1 und § 242 Rn. 1). Das ändert aber nichts daran, dass die vor Vergabe eines Darlehens von dem Kreditinstitut durchgeführte Bonitätsprüfung in dessen eigenem Interesse erfolgt. Das Kreditinstitut nutzt dabei allenfalls - wie auch hier vereinbart - ihm vorgelegte Jahresabschlüsse des Darlehensnehmers als Grundlage seiner eigenständigen Boni- tätsprüfung. Sofern der Darlehensnehmer die Ergebnisse der Bonitätsprüfung des Kreditinstituts im Einzelfall später anderweitig verwenden könnte, würde es sich dabei lediglich um einen Nebeneffekt der im eigenen Interesse des Kreditinstituts vorgenommenen Prüfung handeln.
36
(5) Soweit die Revision entgegenhält, die Tätigkeit der Beklagten gehe bei langfristigen gewerblichen Immobilienfinanzierungen - vergleichbar der Tätigkeit eines Architekten bei einem Bauvorhaben (§ 34 Abs. 3 Nr. 1 HOAI in der ab dem 17. September 2013 gültigen Fassung) - über eine Bonitätsprüfung hinaus und beinhalte die Ermittlung und Objektivierung von Grundlagen der in Aussicht genommenen Immobilienfinanzierung, ändert das nichts daran, dass das Kreditinstitut auch insoweit im eigenen Interesse tätig wird. Zudem ist dieser Vergleich bereits im Ansatz verfehlt, weil sich die entsprechende Leistungspflicht eines Architekten aus dem mit dem Bauherrn geschlossenen Vertrag ergeben muss und nicht aus den Gebührentatbeständen der HOAI (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1996 - VII ZR 283/95, BGHZ 133, 399, 402 f.). Dass der Kläger der Beklagten einen Auftrag erteilt hätte, die von ihr vor Abschluss des Darlehensvertrages vorgenommenen Überprüfungen durchzuführen, behauptet die Beklagte aber selbst nicht. Sollte das Ergebnis der vom Darlehensgeber durchgeführten Überprüfungen im Einzelfall auch gegenüber anderen Kapitalgebern verwendbar sein, handelte es sich wiederum um einen reflexartigen Vorteil des Darlehensnehmers und nicht um die Vereinbarung einer selbstständig zu entgeltenden Sonderleistung.
37
4. Die damit als Preisnebenabrede einzuordnende Klausel hält entgegen der Auffassung der Revision der Inhaltskontrolle nicht stand. Die Klausel ist unwirksam , weil die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Entgelts auch für die Bearbeitung eines Unternehmerdarlehens mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist und die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).
38
a) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Erhebung des Bearbeitungsentgelts mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Denn das von dem Kläger zu leistende Entgelt ist laufzeitunabhängig ausgestaltet und weicht daher von dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ab, das ein laufzeitabhängiges Entgelt für die Darlehensgewährung vorsieht (Senatsurteile vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 67 f. und vom 16. Februar 2016 - XI ZR 454/14, WM 2016, 699 Rn. 40). Dieses Leitbild gilt für Unternehmerdarlehen in gleicher Weise wie für Verbraucherdarlehen.
39
Weiter ist die Klausel unwirksam, weil die Beklagte damit Kosten auf den Kläger abwälzt, die für die Erfüllung ihrer Hauptleistungspflicht anfallen. Denn es gehört zu den wesentlichen Grundlagen des dispositiven Gesetzesrechts, dass jeder Rechtsunterworfene für Tätigkeiten, zu denen er gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt , kein gesondertes Entgelt verlangen kann (Senatsurteile vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 66 und vom 16. Februar 2016 - XI ZR 454/14, WM 2016, 699 Rn. 39 f.).
40
b) Durch diese Abweichungen von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung wird eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners indiziert (Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 69 mwN). Diese gesetzliche Unwirksamkeitsvermutung gilt, wie sich aus § 310 Abs. 1 BGB ergibt, auch für Verträge mit Unternehmern (Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl., § 310 Abs. 1 BGB Rn. 18; Cas- per/Möllers, WM 2015, 1689, 1690; unzutreffend Hanke/Adler, WM 2015, 1313,

1317).

41
Die Vermutung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB wäre widerlegt, wenn die Klausel auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung den Kunden nicht unangemessen benachteiligt. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild sachlich gerechtfertigt oder der gesetzliche Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt ist (Senatsurteile vom 14. Januar 2014 - XI ZR 355/12, BGHZ 199, 355 Rn. 45 mwN und vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 9/15, WM 2017, 80 Rn. 32, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Solche Gründe sind aber weder von der Beklagten dargetan noch sonst ersichtlich.
42
aa) Wie vom Senat bereits ausgeführt worden ist, hat der Gesetzgeber mit der Schaffung von § 312a Abs. 3 BGB in der seit dem 13. Juni 2014 geltenden Fassung nicht zum Ausdruck gebracht, dass er Bearbeitungsentgelte generell für zulässig erachtet (Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 72). Bei Kreditvergabe an Unternehmer kann nichts anderes gelten (Koch, WM 2016, 717, 719; aA van Bevern/Schmitt, BKR 2015, 323, 327; Herweg/Fürtjes, ZIP 2015, 1261, 1269). Die in dieser Vorschrift niedergelegten formalen Anforderungen lassen keine Rückschlüsse auf die materiell-rechtliche Zulässigkeit von Bearbeitungsentgelten - wie den im Streit stehenden - zu (Senatsurteil vom 13. Mai 2014, aaO).
43
bb) Entgegen der Auffassung der Revision ist es unerheblich, dass das Bearbeitungsentgelt in allen drei Fällen weniger als 1% des Bruttodarlehensbetrages ausmacht. Denn die geringe Höhe eines Entgelts ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich kein geeignetes Kriterium, um eine unangemessene Benachteiligung zu rechtfertigen (Senatsurteil vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 9/15, WM 2017, 80 Rn. 40 mwN).
44
cc) Zur Rechtfertigung der Klausel kann auch nicht darauf abgestellt werden, dass ein Unternehmer in der Lage sei, die durch Erhebung eines Bearbeitungsentgelts entstehenden Belastungen auf nachgelagerte Handelsstufen oder Endkunden abzuwälzen (so aber LG Stuttgart, Urteil vom 15. Juni 2016 - 4 S 194/15, juris Rn. 41; Hanke/Adler, WM 2015, 1313, 1317 f.; Lang/Schulz, WM 2015, 2173, 2174; aA Koch, WM 2016, 717, 721 f.; differenzierend Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl., § 307 BGB Rn. 189). Zwar ist anerkannt, dass eine den Vertragspartner benachteiligende Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht durch Gewährung anderer rechtlicher Vorteile kompensiert werden kann (Senatsurteil vom 23. April 1991 - XI ZR 128/90, BGHZ 114, 238, 242 f. und 246). Die inhaltliche Unausgewogenheit einer Klausel, die den Verwender einseitig begünstigt, kann aber nur durch Vorteile für dessen Vertragspartner kompensiert werden, die ihm vom Klauselverwender gewährt werden (vgl. auch Senatsurteil vom 21. April 2015 - XI ZR 200/14, WM 2015, 1232 Rn. 18). Deswegen ist es unerheblich, ob es einzelnen Unternehmern durch überobligationsmäßige Anstrengungen gelingen kann, die finanziellen Nachteile, die ihnen durch die angegriffene Klausel entstehen, auf ihre Kunden abzuwälzen.
45
dd) Aus demselben Grund kann die Angemessenheit eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts nicht mit eventuell hieraus resultierenden steuerlichen Vorteilen auf der Seite des unternehmerischen Kreditnehmers - verbunden mit einem niedrigeren Vertragszins - begründet werden.
46
(1) Auch die von der Revision genannten steuerlichen Vorteile beruhen nicht auf einem Entgegenkommen der Beklagten als Klauselverwender, son- dern können lediglich im Einzelfall nach Maßgabe der konkreten steuerlichen Situation des Vertragspartners eintreten.
47
(2) Unabhängig davon wird eine an sich unangemessene Benachteiligung der Kunden durch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Entgelte im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht schon deswegen durch einen niedrigeren Zinssatz ausgeglichen, weil es einzelnen Kunden gelingt, einen größeren Teil der anfallenden Bearbeitungsgebühr sofort steuerlich zum Abzug zu bringen (so LG Itzehoe, Urteil vom 6. September 2016 - 7 O 129/15, juris Rn. 34 ff.; Hanke/Adler, WM 2015, 1313, 1318).
48
(a) Ein Unternehmer mag zwar, wie die Revision herausstellt, ein Interesse daran haben, von einem durch das fixe Bearbeitungsentgelt ermöglichten reduzierten Zinssatz zu profitierten (so Herweg/Fürtjes, ZIP 2015, 1261, 1267). Dabei übersieht sie aber, dass nach gefestigter Rechtsprechung im Rahmen der Inhaltskontrolle von Formularklauseln nach § 307 BGB eine unangemessene Benachteiligung nicht mit einem möglicherweise geringeren Preis gerechtfertigt werden kann (vgl. BGH, Urteile vom 16. November 1992 - II ZR 184/91, BGHZ 120, 216, 226 und vom 4. September 2013 - IV ZR 215/12, BGHZ 199, 170 Rn. 43).
49
(b) Ohnehin verbietet sich nach der im Rahmen der Angemessenheitsprüfung gebotenen überindividuellen und generalisierenden Betrachtungsweise die Unterstellung einer einheitlichen steuerlichen Interessenlage unternehmerischer Kreditnehmer. Vielmehr zeigt der hierzu eröffnete steuerliche Gestaltungsspielraum (siehe dazu etwa van Bevern/Schmitt, BKR 2015, 323, 329), dass es ebenso Kunden gibt, deren steuerliche Interessen gegen die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts zu Beginn des Vertragsverhältnisses sprechen (so auch Koch, WM 2016, 717, 721).
50
ee) Soweit die Revision in diesem Zusammenhang geltend macht, jedenfalls sei eine Mitkreditierung des Bearbeitungsentgelts für den Unternehmer finanziell vorteilhafter als dessen gesonderte Erhebung, sodass der Unternehmer die Mitkreditierung regelmäßig vorziehen werde, führt das im vorliegenden Falle zu keinem anderen Abwägungsergebnis.
51
(1) Dieser Umstand ist vorliegend nicht erheblich, da nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts die Bearbeitungsentgelte nach allen drei Darlehensverträgen nicht mitfinanziert, sondern von dem Kläger gesondert gezahlt worden sind.
52
(2) Unabhängig davon würde es sich bei der gebotenen überindividuellen und generalisierenden Betrachtungsweise wiederum nicht um einen allgemeinen Vorteil auf der Seite des Kunden handeln, der der Indizwirkung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB entgegenstehen könnte.
53
Allerdings hat der Senat im Zusammenhang mit Verbraucherdarlehensverträgen ergänzend auf die aus der Mitkreditierung eines Bearbeitungsentgelts resultierende Pflicht des Kunden hingewiesen, Zinsen auf das Bearbeitungsentgelt zu zahlen (Senatsurteile vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 77 f. und XI ZR 170/13, WM 2014, 1325 Rn. 84 f.). Soweit die Revision in diesem Zusammenhang geltend macht, dass es für den Kunden der Bank im Einzelfall wirtschaftlich vorteilhafter sein könne, das Bearbeitungsentgelt zu finanzieren anstatt es aus Liquiditätsreserven zahlen zu müssen (vgl. Casper/ Möllers, WM 2015, 1689, 1696 ff.), ändert das nichts an der entscheidenden Zahlung des Bearbeitungsentgelts als solcher. Es verbleibt unabhängig von der Frage, ob dieses zusätzliche Entgelt finanziert oder aus Eigenkapital aufgebracht wird, bei der durch die streitgegenständliche Klausel ausgelösten und - zumindest teilweise - nicht ausgeglichenen Benachteiligung des Kunden, ent- gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB das zusätzliche Bearbeitungsentgelt zahlen zu müssen.
54
ff) Die streitige Klausel hält auch nicht bei angemessener Berücksichtigung der im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche nach § 310 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB der Inhaltskontrolle stand.
55
(1) Nach dieser Vorschrift ist bei der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen , die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, auf die Gewohnheiten und Gebräuche des Handelsverkehrs Rücksicht zu nehmen und darüber hinaus den Besonderheiten des kaufmännischen Geschäftsverkehrs angemessen Rechnung zu tragen (BGH, Urteile vom 27. September 1984 - X ZR 12/84, BGHZ 92, 200, 206 und vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, BGHZ 201, 230 Rn. 43). Der kaufmännische Rechtsverkehr ist wegen der dort herrschenden Handelsbräuche, Usancen, Verkehrssitten und wegen der zumeist größeren rechtsgeschäftlichen Erfahrung der Beteiligten auf eine stärkere Elastizität der für ihn maßgeblichen vertragsrechtlichen Normen angewiesen als der Letztverbraucher. Innerhalb des kaufmännischen Geschäftsverkehrs sind auch die branchentypischen Interessen der Vertragschließenden zu berücksichtigen (BGH, Urteile vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, BGHZ 201, 230 Rn. 43 und vom 28. Juli 2015 - XI ZR 434/14, BGHZ 206, 305 Rn. 40, jeweils mwN).
56
(2) Auf einen zu ihren Gunsten eingreifenden Handelsbrauch kann sich die Beklagte nicht berufen.
57
Das Bestehen eines Handelsbrauchs nach § 346 HGB setzt voraus, dass die am Vertrag Beteiligten im Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsschlusses davon ausgehen, es bestehe eine allgemeine Übung, die eine Verpflichtung auch ohne Abschluss einer darauf gerichteten Vereinbarung begründet (BGH, Urteil vom 25. November 1993 - VII ZR 17/93, WM 1994, 601, 602). Deswegen steht der Annahme eines Handelsbrauchs zwar nicht entgegen, dass dieser im Einzelfall aus Gründen der Vollständigkeit oder zur Beweissicherung im Vertrag schriftlich niedergelegt wird. Entscheidend bleibt aber, dass die Beteiligten von einer entsprechenden Verpflichtung kraft allgemeiner Übung unabhängig davon ausgegangen sein müssen, dass diese - letztlich redundant - schriftlich fixiert worden ist. Allein die Tatsache, dass in einer Vielzahl von gleichartigen Verträgen eine entsprechende Vereinbarung - hier durch Allgemeine Geschäftsbedingungen - getroffen wird, kann mithin die Existenz eines Handelsbrauchs nicht belegen. Von einem Handelsbrauch kann vielmehr erst gesprochen werden, wenn eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffene Regelung auch ohne besondere Vereinbarung oder Empfehlung freiwillig befolgt würde (BGH, Urteil vom 2. Juli 1980 - VIII ZR 178/79, WM 1980, 1122, 1123; MünchKommBGB/Basedow, 7. Aufl., § 310 Rn. 11).
58
Dafür besteht vorliegend kein Anhalt. Auch die Beklagte macht nicht geltend , bei Unternehmerdarlehen würden von den Darlehensnehmern Bearbeitungsentgelte auch dann gezahlt, wenn diese im Darlehensvertrag bzw. in einbezogenen Geschäftsbedingungen nicht ausdrücklich vereinbart worden sind. Die Üblichkeit einer Klausel (hierauf abstellend etwa Piekenbrock, ZBB 2015, 13, 19) für sich kann deren Unangemessenheit nicht ausräumen (Senatsurteil vom 17. Januar 1989 - XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259, 267 mwN).
59
(3) Die Angemessenheit der Klausel lässt sich auch nicht mit Besonderheiten des kaufmännischen Geschäftsverkehrs rechtfertigen.
60
(a) Klauseln wie die hier im Streit stehende wurden sowohl im Rechtsverkehr mit Verbrauchern (vgl. nur Senatsurteile vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 und XI ZR 170/13, WM 2014, 1325) als auch mit Un- ternehmern verwendet. Die Verwendung solcher Klauseln beruht mithin nicht auf Besonderheit des kaufmännischen Geschäftsverkehrs.
61
(b) Entgegen der Darstellung der Revision wird die Unwirksamkeitsvermutung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB auch nicht dadurch widerlegt, dass Unternehmer im Verhältnis zu kreditgebenden Banken allgemein weniger schutzwürdig wären.
62
(aa) Teile der Instanzrechtsprechung und der Literatur halten Unternehmer bei Abschluss von Darlehen allgemein für weniger schutzbedürftig, da diese geschäftserfahren seien und über wirtschaftliches Verständnis verfügten (vgl. beispielsweise LG Stuttgart, Urteil vom 15. Juni 2016 - 4 S 194/15, juris Rn. 41; LG Krefeld, Urteil vom 9. Dezember 2016 - 1 S 47/16, juris Rn. 32; van Bevern/Schmitt, BKR 2015, 323, 327; Hertel, jurisPR-BKR 2/2016 Anm. 4; S. Weber, WM 2016, 150, 153 f.; aA Hubert Schmidt, LMK 2014, 361197). Wie die dem Verbraucherschutz dienenden §§ 491 ff. BGB sowie die in Art. 247 EGBGB normierten Informationspflichten zeigten, gehe der Gesetzgeber davon aus, dass ein Unternehmer aufgrund seiner Geschäftstätigkeit in der Regel Erfahrung mit der Aufnahme von Krediten habe und die marktüblichen Gepflogenheiten kenne (van Bevern/Schmitt, BKR 2015, 323, 327; Casper/Möllers, WM 2015, 1689, 1695). Darüber hinaus verfüge ein Unternehmer über eine stärkere Verhandlungsmacht gegenüber Banken als ein Verbraucher (LG Frankfurt am Main, WM 2015, 1714, 1715; Hanke/Adler, WM 2015, 1313, 1318; Hertel, jurisPR-BKR 2/2016 Anm. 4; Kropf/Habl, BKR 2015, 316, 320 f.; aA LG Magdeburg, BKR 2016, 159, 161; Fischer, EWiR 2017, 3, 4).
63
(bb) Diese Argumentation übersieht, dass der Schutzzweck des § 307 BGB, die Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht zu begrenzen, auch zugunsten eines - informierten und erfahrenen - Unternehmers gilt.
64
(aaa) Die Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen rechtfertigt sich u.a. aus dem Gesichtspunkt, einer unangemessenen, einseitigen Inanspruchnahme des Rechts, den Inhalt von Verträgen durch generelle Regelungen zu gestalten, dann entgegenzuwirken, wenn die Grundsätze der Vertragsgerechtigkeit in nicht zu billigender Weise verletzt sind (BGH, Urteile vom 7. Juli 1976 - IV ZR 229/74, WM 1976, 960, 961 und vom 15. Dezember 1976 - IV ZR 197/75, WM 1977, 287, 288; Ulmer/Habersack in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., Einleitung Rn. 48). Die Inhaltskontrolle von AGB-Klauseln soll vor Klauseln schützen, bei denen das auf einen gegenseitigen Interessenausgleich gerichtete dispositive Gesetzesrecht - wie hier - durch einseitige Gestaltungsmacht des Klauselverwenders außer Kraft gesetzt wird (BGH, Urteile vom 19. November 2009 - III ZR 108/08, BGHZ 183, 220 Rn. 13, vom 10. Oktober 2013 - VII ZR 19/12, NJW 2014, 206 Rn. 27 und vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 60 mwN).
65
Ob eine solche vom Verwender in Anspruch genommene einseitige Gestaltungsmacht sich aus dessen besonderer Erfahrung auf dem betreffenden Geschäftsfeld ergibt oder auf wirtschaftlicher Überlegenheit beruht (vgl. dazu BGH, Urteil vom 20. März 2014 - VII ZR 248/13, BGHZ 200, 326 Rn. 30), ist dabei nicht entscheidend (vgl. BGH Urteil vom 10. Oktober 2013 - VII ZR 19/12, NJW 2014, 206 Rn. 27). Der Schutzzweck der Inhaltskontrolle besteht vielmehr darin, der Gefahr einer Ausnutzung einseitiger Verhandlungsmacht durch den Verwender entgegenzutreten, welche typischerweise und unabhängig von der Marktstellung des Verwenders mit der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen verbunden ist (BGH, Urteile vom 17. Februar 2010 - VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 Rn. 12 und vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201,168 Rn. 60; Ulmer/Habersack in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., Einleitung Rn. 48 mwN).
66
(bbb) Danach sind im Hinblick auf die im Streit stehende Klausel Unternehmer nicht weniger schutzwürdig als Verbraucher.
67
Dass ein Unternehmer möglicherweise eine sich aus verschiedenen Entgeltkomponenten ergebende Gesamtbelastung besser abschätzen kann (BeckOGK/C. Weber, Stand 1. Februar 2017, BGB § 488 Rn. 315.12; vgl. auch Guggenberger, BKR 2017, 1, 6), belegt nicht die Angemessenheit der Klausel bei Verwendung gegenüber Unternehmern. Denn die Inhaltskontrolle hat einen anderen Zweck als das Transparenzgebot. Sie soll nicht vor schwer durchschaubaren Entgeltvereinbarungen, sondern unabhängig davon allgemein vor Klauseln schützen, bei denen das auf einen gegenseitigen Interessenausgleich gerichtete dispositive Gesetzesrecht durch einseitige Gestaltungsmacht des Klauselverwenders außer Kraft gesetzt wird (Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 60 mwN).
68
Es gibt auch keinen Anhalt dafür, dass Kreditinstitute gegenüber Unternehmern - anders als gegenüber Verbrauchern - keine solche einseitige Gestaltungsmacht in Anspruch nehmen könnten, da eine situative Unterlegenheit von Unternehmern allgemein geringer sei als von Verbrauchern. Vielmehr kann die wirtschaftliche Situation von Unternehmern, deren Geschäftserfolg von der Darlehensgewährung abhängt, durchaus ein höheres Maß von Abhängigkeit von dem Kreditinstitut aufweisen, als das bei Verbrauchern der Fall ist, die um einen Immobiliarkredit zum Zwecke der Errichtung eines Eigenheims oder gar nur um einen Konsumentenkredit nachsuchen (vgl. OLG Düsseldorf, WM 2016, 1983, 1984 f.; OLG Frankfurt am Main, ZIP 2016, 2057, 2059; LG Magdeburg, BKR 2016, 159, 161; LG Neuruppin, Urteil vom 24. September 2015 - 5 O 66/15, juris Rn. 33; LG Erfurt, Urteil vom 17. Juni 2016 - 9 S 200/15, juris Rn. 26; Fischer, WuB 2017, 37, 41).
69
(cc) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch keine Grundlage dafür gesehen , bei der Inhaltskontrolle der vorliegenden Klausel zwischen verschiedenen Gruppen von Unternehmern zu differenzieren.
70
(aaa) Sowohl die Tatsache, dass ein Unternehmer Darlehensverträge mit vergleichbaren Klauseln häufiger abgeschlossen hat (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 27. April 2016 - 13 U 134/15, juris Rn. 31 ff.; LG Chemnitz, Urteil vom 13. Juni 2014 - 7 O 28/13, juris Rn. 29), als auch der Umstand, dass der Abschluss von Darlehensverträgen zum Kerngeschäft des Unternehmens gehört (vgl. LG Braunschweig, BeckRS 2016, 03868 Rn. 28; LG Wiesbaden, Urteil vom 7. Juli 2016 - 9 S 28/15, juris Rn. 29), sowie die Einschaltung eines eigenen Steuerberaters (vgl. LG Saarbrücken, BeckRS 2015, 13513) können im Einzelfall allenfalls dafür sprechen, dass der betroffene Unternehmer die Risiken einer Klausel besser einschätzen konnte. Diesem Umstand kommt jedoch, wie dargestellt, bei einer übersichtlichen und ohne weitere Schwierigkeiten einzuordnenden Entgeltklausel wie derjenigen, über die vorliegend zu entscheiden ist, keine Bedeutung zu.
71
(bbb) Unabhängig davon kommt es nach der gebotenen überindividuellen und generalisierenden Betrachtungsweise nicht darauf an, ob der Vertragspartner des Verwenders aufgrund seiner Verhandlungsmacht im Einzelfall die Möglichkeit gehabt hätte, für ihn günstigere, der Gesetzeslage entsprechende Vereinbarungen zu treffen (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 - VII ZR 19/12, NJW 2014, 206 Rn. 27).
72
gg) Eine unangemessene Benachteiligung kann auch nicht unter Verweis auf bankbetriebswirtschaftliche Erwägungen verneint werden. Wie der Senat entschieden hat, sind Klauseln in Verbraucherdarlehensverträgen, die laufzeitunabhängige Bearbeitungsentgelte vorsehen, nicht deswegen angemessen, weil Kreditinstitute gegebenenfalls anfallende Vorfälligkeitsentschädigungen nicht für auskömmlich erachten und sich deswegen gezwungen sehen, im Falle der Unwirksamkeit von Formularklauseln über Bearbeitungsentgelte den betreffenden Bearbeitungsaufwand in den Sollzinssatz einzupreisen (vgl. dazu Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 74 ff.). Für entsprechende Klauseln in Unternehmerdarlehensverträgen gilt nichts anderes.
73
(1) Auch für Unternehmerdarlehen ist nicht erkennbar, weshalb Verwaltungsaufwand , der bei Abschluss des Darlehensvertrages für den Kreditgeber hauptsächlich zu Beginn anfällt, die Erhebung eines laufzeitunabhängigen pauschalierten Bearbeitungsentgelts erfordert (vgl. dazu Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 76).
74
(2) Allerdings stand dem Kläger vorliegend wegen der vertraglich vereinbarten kurzen Zinsbindungsfrist von drei Monaten gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 1 BGB - in der nach Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB auf alle drei Verträge anwendbaren , bis zum 10. Juni 2010 gültigen Fassung - kurzfristig ein ordentliches Kündigungsrecht zu, so dass bei Einpreisung des Bearbeitungsaufwands in den Zins keine Gewissheit bestanden hätte, dass der anfängliche Aufwand bis zur Kündigung des Darlehens durch den Darlehensnehmer abgegolten ist. Gleichzeitig wäre die Beklagte mangels rechtlich geschützter Zinserwartung auch nicht durch einen entsprechenden Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung abgesichert (vgl. dazu LG Braunschweig, BeckRS 2016, 03868 Rn. 34 ff.; LG Stuttgart, Urteil vom 15. Juni 2016 - 4 S 194/15, juris Rn. 45; van Bevern/ Schmitt, BKR 2015, 323, 327 f.). Das rechtfertigt die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts für die Darlehensgewährung aber auch im unternehmerischen Rechtsverkehr nicht.
75
(a) Im vorliegenden Fall hat sich die Beklagte nämlich in den Darlehensbedingungen aller drei Verträge zusätzlich zum streitigen Bearbeitungsentgelt für den Vertragsschluss ein weiteres "Bearbeitungsentgelt bei Rückzahlung" für den Fall einer Ablösung des Darlehens vor Ablauf von vier Jahren ausbedungen. Damit sind - die Wirksamkeit der Klausel unterstellt - sämtliche Nachteile der Beklagten im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung der Darlehensvaluten bereits abgegolten und die Beklagte erhielte einen zweifachen Ausgleich für die Enttäuschung ihrer Zinserwartungen.
76
Dabei ist ohne Bedeutung, ob diese weitere Entgeltklausel bereits für sich unwirksam ist oder sich eine unangemessene Benachteiligung des Darlehensnehmers erst aus deren Zusammenwirken mit dem hier streitigen Bearbeitungsentgelt ergibt. Denn auch im zweiten Fall wären beide Klauseln unwirksam , weil es nicht Sache des Gerichts ist auszusuchen, welche von zwei Klauseln Bestand haben soll (vgl. BGH, Urteile vom 26. Oktober 1994 - VIII ARZ 3/94, BGHZ 127, 245, 254 und vom 5. Dezember 2006 - X ZR 165/03, NJW 2007, 997 Rn. 27).
77
(b) Unabhängig davon kann der Verzicht auf eine Erhebung des Bearbeitungsentgelts auch im Falle einer zu Beginn unsicheren Laufzeit der Darlehen dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechend durch eine Erhöhung des Zinssatzes ausgeglichen werden (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 9/15, WM 2017, 80 Rn. 38) und das Risiko vorzeitiger Vertragskündigungen nach § 489 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch eine Mischkalkulation berücksichtigt werden (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 9/15, aaO Rn. 39).
78
hh) Entgegen der Auffassung der Revision kommt dem Umstand, dass bei Unternehmerdarlehen - anders als bei Verbraucherdarlehen (vgl. dazu Se- natsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 79 f.) - der Einbehalt eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts nicht in Widerspruch zu einem Ablösungsrecht nach § 500 Abs. 2 BGB bzw. zur Deckelung einer Vorfälligkeitsentschädigung nach § 502 Abs. 1 Nr. 1 BGB - jeweils in der bis zum 20. März 2016 gültigen Fassung (nachfolgend aF) - treten und deswegen den Darlehensnehmer auch nicht von einer vorzeitigen Darlehensrückzahlung abhalten kann (vgl. dazu Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 27. April 2016 - 13 U 134/15, juris Rn. 35; OLG Frankfurt am Main, ZIP 2016, 2211, 2214; LG Braunschweig, BeckRS 2016, 03868 Rn. 33; LG Stuttgart, Urteil vom 15. Juni 2016 - 4 S 194/15, juris Rn. 40; Casper/Möllers, WM 2015, 1689, 1695; Hanke/Adler, WM 2015, 1313, 1318 f.; Koch, WM 2016, 717, 722 f.; Piekenbrock, ZBB 2015, 13, 19; BeckOGK/C. Weber, Stand 1. Februar 2017, BGB § 488 Rn. 315.13), keine entscheidende Bedeutung bei der Interessenabwägung nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB zu. Denn diese Erwägung ist in der Rechtsprechung des Senats nur ergänzend herangezogen worden.
79
Deswegen ist auch bisher schon Klauseln über Bearbeitungsentgelte in Fällen die Anerkennung versagt worden, in denen der Darlehensnehmer kein vorzeitiges Lösungsrecht und keine Deckelung der Vorfälligkeitsentschädigung in Anspruch nehmen konnte. So lagen den Urteilen des Senats vom 28. Oktober 2014 (XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 2 und XI ZR 17/14, BKR 2015, 26 Rn. 2) Verträge vom 5. Februar 2008 und vom 8. Dezember 2006 zugrunde, auf die die von der Revision angesprochenen Regelungen in § 500 Abs. 2 BGB aF und § 502 Abs. 1 Nr. 1 BGB aF gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB keine Anwendung fanden. Auch dort bestanden - wie hier - zugunsten des jeweiligen Darlehensnehmers kein vorzeitiges Ablösungsrecht und keine Begrenzung der Vorfälligkeitsentschädigung, die durch den vollständigen Einbehalt eines Bearbeitungsentgelts hätten entwertet werden können.
80
c) Wie der Senat bereits für Verbraucherdarlehen entschieden hat (Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 85 f.), steht Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG nicht der Annahme entgegen, Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien unwirksam. Dies gilt entgegen der Ansicht der Revision in gleicher Weise für Unternehmerdarlehen.
81
aa) Es trifft zwar zu, dass das AGB-rechtliche Verbot, Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu erheben, einen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG) der Beklagten darstellt. Denn das Grundrecht der Berufsfreiheit umfasst auch die Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen selbst festzusetzen bzw. mit Vertragspartnern auszuhandeln (BVerfG, WM 2000, 2040, 2041). Dieser Eingriff ist jedoch gerechtfertigt.
82
bb) § 307 BGB ist taugliche Schranke im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Berufsfreiheit. Denn die Inhaltskontrolle ist auch bei Unternehmerdarlehen zum Schutz der Privatautonomie des Vertragspartners des Klauselverwenders geboten, um im Sinne praktischer Konkordanz die erforderliche Waffengleichheit zwischen Klauselverwendern und deren Vertragspartnern herzustellen (vgl. BVerfG, WM2010, 2044, 2046 und WM 2000, 2040, 2041). Die Annahme der Unwirksamkeit der angegriffenen Klausel entspricht zudem dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 86 mwN). Andere, gleich geeignete, aber mildere Maßnahmen kommen nicht in Betracht. Insbesondere genügt - wie oben dargelegt - allein eine vollständige Information über die anfallenden Gesamtkosten des Kredits dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Schutzzweck einer Inhaltskontrolle nicht, da die unangemessene Benachteiligung des Kunden der Beklagten nicht auf fehlender Transparenz der streitigen Klausel, sondern auf der Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht durch die Beklagte als Klauselverwender beruht.
83
Unabhängig davon bleibt es der Beklagten unbenommen, ihren mit der Darlehensgewährung verbundenen Bearbeitungsaufwand während der Vertragslaufzeit durch entsprechende Kalkulation des Zinses zu decken, den sie innerhalb der Grenzen des § 138 BGB frei bestimmen kann (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 86 mwN).
84
5. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB) für nicht durchgreifend erachtet.
85
a) Bereicherungsansprüche verjähren nach der Regelverjährung des § 195 BGB in drei Jahren. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB hat diese Kenntnis, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt (Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 35 mwN). Auf dieser Grundlage muss dem Anspruchsberechtigten die Erhebung einer Klage Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos möglich sein (Senatsurteil vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07, WM 2008, 2155 Rn. 14 mwN).
86
Der Verjährungsbeginn setzt danach aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände voraus. Nicht erforderlich ist in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht.
Ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn aber hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. In diesen Fällen fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn. Das gilt erst recht, wenn der Durchsetzung des Anspruchs eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensteht (Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 35 mwN).
87
b) Nach diesen Grundsätzen sind die Rückzahlungsansprüche des Klägers nicht verjährt.
88
aa) Der Anspruch des Klägers ist nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen der Tatsachengerichte durch Zahlung von dreimal 10.000 € in den Jahren 2009 und 2010 entstanden (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
89
bb) Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) ebenso wie bei Verbraucherdarlehen bereits im Jahr 2011 vorgelegen haben.
90
(1) Die Frage, wann bei Unternehmerdarlehen die Verjährungsfrist für die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Bearbeitungsentgelte anläuft, wird in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur unterschiedlich beantwortet.
91
(a) Das Berufungsgericht hat auf den 13. Mai 2014 abgestellt, weil vor den beiden an diesem Tage ergangenen Entscheidungen des Senats zu Bearbeitungsentgelten bei Verbraucherdarlehen (XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 und XI ZR 170/13, WM 2014, 1325) eine Klageerhebung für einen Unternehmer nicht zumutbar gewesen sei.
92
(b) Weitergehend wird vertreten, dass die dreijährige Verjährungsfrist bislang noch nicht zu laufen begonnen habe und folglich nur die zehnjährige Höchstfrist des § 199 Abs. 4 BGB maßgeblich sei, weil die bisherige Rechtsprechung des Senats zu Bearbeitungsentgelten bei Darlehensverträgen nur Verbraucherdarlehen betroffen habe. Die Frage, ob die dabei entwickelten Grundsätze auf Unternehmerdarlehen zu übertragen seien, werde in der Rechtsprechung der Instanzgerichte überwiegend verneint. Deshalb bestehe bis heute eine unsichere Rechtslage (vgl. LG Erfurt, Urteil vom 17. Juni 2016 - 9 S 200/15, juris Rn. 30 f.; Lammeyer/Singbartl, GWR 2016, 482, 484; ähnlich für Darlehensgebühren bei Bauspardarlehen: Träber, AG 2017, R51, R52).
93
(c) Das Landgericht hingegen hat im vorliegenden Rechtsstreit die zu Bearbeitungsentgelten bei Verbraucherdarlehen ergangene Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 44 ff.) auch auf Unternehmerdarlehen übertragen. Die Verjährungsfrist habe danach mit dem Ablauf des Jahres 2011 zu laufen begonnen (vgl. OLG Frankfurt am Main, ZIP 2016, 1158, 1159; OLG Düsseldorf, WM 2016, 1983, 1985; LG Essen, BeckRS 2015, 16652).
94
(2) Zutreffend ist die letztgenannte Ansicht. Die Grundsätze, die der Senat zu Verbraucherdarlehen aufgestellt hat (Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 44 ff.), gelten auch für Unternehmerdarlehen.
95
(a) Der Senat hat für Ansprüche auf Rückzahlung von Bearbeitungsentgelt im Rahmen von Verbraucherdarlehensverträgen eine Klageerhebung im Jahre 2011 als zumutbar angesehen. Denn in diesem Jahr hatte sich eine gefestigte Auffassung der Oberlandesgerichte herausgebildet, wonach Klauseln über Bearbeitungsentgelte in Abweichung von einer früheren höchstrichterli- chen Rechtsprechung unwirksam sind (Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 46 mwN). Folglich war mit Ablauf dieses Jahres eine Rückforderungsklage für den Bankkunden zwar nicht risikofrei, aber zumutbar.
96
(b) Dies gilt ebenso für die Rückforderung von Bearbeitungsentgelten, die im unternehmerischen Rechtsverkehr für die Gewährung von Darlehen erhoben wurden.
97
(aa) Vor dem Jahr 2011 stand bei Unternehmer- wie bei Verbraucherdarlehen der Zumutbarkeit einer Rückforderungsklage die ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entgegen, die Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen allgemein gebilligt hatte (vgl. BGH, Urteile vom 21. Februar 1985 - III ZR 207/83, WM 1985, 686, 687, vom 1. Juni 1989 - III ZR 219/87, WM 1989, 1011, 1014 und vom 29. Mai 1990 - XI ZR 231/89, BGHZ 111, 287, 293).
98
Eine Änderung trat ein, als sich im Jahre 2011 eine gefestigte oberlandesgerichtliche Rechtsprechung herausgebildet hatte, die Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen missbilligte. Auf diese Entwicklung hat der erkennende Senat seine Auffassung gestützt, ein rechtskundiger Dritter habe im Jahr 2011 billigerweise damit rechnen müssen, dass Banken die erfolgreiche Berufung auf die ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zukünftig versagt werden würde (vgl. Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 59). Dies habe zum Anlauf der dreijährigen Regelverjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2011 geführt.
99
(bb) Diese Erwägungen erfassen auch Rückforderungsansprüche von Unternehmern. Denn die Grundsätze, mit denen in der Instanzrechtsprechung eine Abkehr von der älteren Auffassung des Bundesgerichtshofs gerechtfertigt wurde, betreffen auch Entgeltklauseln, die in Darlehensverträgen mit Unternehmern einbezogen worden sind. Für Unternehmerdarlehensverträge stand seitdem ebenso wie für Verbraucherdarlehensverträge in Zweifel, ob Klauseln in Geschäftsbedingungen mit den wesentlichen Grundlagen der Rechtsordnung vereinbar sind (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), wenn Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abgewälzt wird, zu denen der Verwender gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt. Ein rechtskundiger Dritter musste daher mit Ablauf des Jahres 2011 damit rechnen, dass von dieser Rechtsprechungsänderung auch Entgeltklauseln erfasst werden , die in Darlehensverträgen mit Unternehmern einbezogen worden sind.
100
(cc) Zwar haben in der Folge eine Reihe von Instanzgerichten mit unterschiedlichen Begründungen entsprechende Entgeltklauseln in Unternehmerdarlehensverträgen als wirksam angesehen (vgl. etwa Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 27. April 2016 - 13 U 134/15, juris; OLG Köln, WM 2016, 1985; OLG Dresden, WM 2016, 1980; OLG Frankfurt am Main, ZIP 2016, 2211; LG Braunschweig, BeckRS 2016, 03868; LG Stuttgart, Urteil vom 15. Juni 2016 - 4 S 194/15, juris; LG Schweinfurt, Urteil vom 21. Oktober 2016 - 32 S 25/16, juris; LG Krefeld, Urteil vom 9. Dezember 2016 - 1 S 47/16, juris). Dies führt jedoch nicht dazu, dass Unternehmern mit Ablauf des Jahres 2011 die Erhebung einer Klage auf Rückzahlung von Bearbeitungsentgelten nicht zuzumuten war. Denn zumutbar ist die gerichtliche Geltendmachung eines Anspruchs , sobald sie hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Nicht erforderlich ist, dass die Rechtsverfolgung risikolos möglich ist (Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 56 mwN). Mit dem Risiko, dass erst eine abschließende Entscheidung des Bundesgerichtshofs Gewissheit über den Bestand und die Reichweite der in der Rechtsprechung der Instanzgerichte entwickelten Grundsätze bringen konnte, waren Unternehmer nicht anders als Verbraucher belastet. Danach war in beiden Fällen mit Ablauf des Jahres 2011 die Erhebung einer Rückforderungsklage zumutbar.
101
(dd) Gemessen hieran sind die streitigen bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsansprüche des Klägers nicht verjährt. Diese sind zwar bereits durch Zahlung in den Jahren 2009 und 2010 entstanden (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Da die dreijährige Regelverjährung des § 195 BGB mangels vorheriger Zumutbarkeit der Klageerhebung - wie dargelegt - erst mit Ablauf des Jahres 2011 zu laufen begann, wurde die Verjährung aber durch die am 18. Dezember 2014 bei dem Landgericht eingegangene und der Beklagten am 16. Januar 2015 zugestellte Klage rechtzeitig vor Ende des Jahres 2014 gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 253 Abs. 1, § 167 ZPO).
102
6. Rechtsfehlerhaft hat hingegen das Berufungsgericht dem Kläger Nutzungsersatz (vgl. Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 71) bereits für den Tag zugesprochen, an dem die Zahlung des jeweiligen Bearbeitungsentgelts geleistet worden ist. Die Beklagte kann tatsächlich erst ab dem Tag nach der jeweiligen Zahlung Nutzungen aus den ihr zugeflossenen Beträgen gezogen haben.
103
Ebenso sind dem Kläger unzutreffend aus § 291 BGB bereits ab dem Tage der Zustellung der Klageschrift am 16. Januar 2015 Prozesszinsen zugesprochen worden. Die Pflicht zur Zinszahlung besteht in entsprechender Anwendung von § 187 Abs. 1 BGB erst ab dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag (BGH, Urteil vom 24. Januar 1990 - VIII ZR 296/88, WM 1990, 890, 892).

III.

104
Soweit das Urteil nach § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und den Ausspruch zu den Nebenforderungen teilweise abändern. Wegen des geringen Erfolgs der Revision waren die Kosten im vollen Umfang der Beklagten aufzuerlegen (§ 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 analog, § 97 Abs. 1 ZPO).
Ellenberger Grüneberg Maihold Menges Derstadt

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 04.06.2015 - 3 O 354/14 -
OLG Celle, Entscheidung vom 02.12.2015 - 3 U 113/15 -

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 12. Oktober 2011 - 1 K 3870/10 - wird unter Abänderung seines Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit lediglich hinsichtlich der Verfahrenskosten gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 4.500 EUR für vorläufig vollstreckbar erklärt.

Gründe

 
I.
Mit Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 12.10.2011 - 1 K 3870/10 -, der Antragstellerin am 28.10.2011 zugestellt, wurde diese verurteilt es zu unterlassen, näher bezeichnete Äußerungen in Veröffentlichungen, Presseerklärungen und auf ihrer Homepage zum Bahnprojekt Stuttgart 21 zu tätigen (Ziffer 1) und an Fassaden und sonstigen Flächen ihrer Gebäude kundzutun „Allerhöchste Eisenbahn! JA! Unsere Zukunft braucht die ICE-Strecke mit Stuttgart 21“ sowie auf ihren Internetseiten durch Banner oder sonstige entsprechende Gestaltungselemente zu verlautbaren „Allerhöchste Eisenbahn! JA zur Bahnstrecke und zu S21“ (Ziffer 2). Zugleich wurde das Urteil „insgesamt, nicht allein wegen der Kosten“ gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.500 EUR für vorläufig vollstreckbar erklärt und für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die unter Ziffern 1 und 2 ausgesprochenen Unterlassungsverpflichtungen ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000 EUR angedroht. Der am 31.10.2011 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangene Antrag auf Zulassung der Berufung (Az.: 2907/11) wurde bislang noch nicht begründet.
Bereits am 28.10.2011 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgerichtshof einen Antrag gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 718 Abs. 1 ZPO gestellt. Zur Begründung führt sie aus: Eine Vorabentscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit sei gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 718 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung auch im verwaltungsgerichtlichen Berufungszulassungsverfahren möglich. Urteile, die auf eine allgemeine Leistungsklage hin ergehen und einen Hoheitsträger zur Vornahme einer schlicht-hoheitlichen Maßnahme verurteilen, könnten in entsprechender Anwendung des § 167 Abs. 2 VwGO nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden. Zumindest müsse eine deutlich höhere Sicherheitsleistung festgesetzt werden. Die festgesetzte Sicherheitsleistung entspreche lediglich den Kosten, die die Antragstellerin den Antragsgegnern zu erstatten habe, wenn das Urteil rechtskräftig werde. Es müssten aber auch die Kosten für die Entfernung und das mögliche Wiederanbringen des Plakates sowie die Kosten für die Entfernung des Banners von ihrer Homepage und der untersagten Äußerungen aus sämtlichen Publikationen berücksichtigt werden. Auch ein immaterieller Schaden sei in Rechnung zu stellen.
Die Antragstellerin beantragt, nach § 718 Abs. 1 ZPO vorab über die vorläufige Vollstreckbarkeit zu entscheiden und diese dahingehend einzuschränken, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 12.10.2011 - 1 K 3870/10 - nur wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung vollstreckbar ist, hilfsweise, die Sicherheitsleistung für die vorläufige Vollstreckbarkeit auf 17.700 EUR festzusetzen.
Die Antragsgegner sind dem Antrag entgegengetreten. Dem Antrag fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis, nachdem die Antragstellerin bekundet habe, lediglich die Entscheidung in der Sache überprüfen lassen zu wollen, dem Urteil aber hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit Folge zu leisten. In der Sache könne § 167 Abs. 2 VwGO auf Leistungsklagen nicht entsprechend angewandt werden. Es müsse keine höhere Sicherheitsleistung festgesetzt werden, da der Antragstellerin überhaupt kein Schaden drohe.
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
II.
Auf den Antrag der Antragstellerin ist das Urteil des Verwaltungsgerichts gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 718 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung in seinem Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern.
Über den gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 718 Abs. 1 ZPO statthaften und auch im Übrigen zulässigen Antrag kann der Senat im Beschlussweg ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Nach § 718 Abs. 1 ZPO ist in der Berufungsinstanz über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf Antrag vorab zu verhandeln und zu entscheiden. Diese Vorschrift bezieht sich nicht nur auf den Fall, dass das Berufungsgericht erstmalig über die vorläufige Vollstreckbarkeit entscheidet, sondern auch darauf, dass ein Beteiligter eine Entscheidung der ersten Instanz in der Hauptsache und wegen deren Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit anficht (Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 718 ZPO RdNr. 1). Im letzteren Fall soll durch die Vorschrift des § 718 Abs. 1 ZPO die Möglichkeit geschaffen werden, die Beteiligten vor den unter Umständen wirtschaftlich schwerwiegenden Auswirkungen einer fehlerhaften Vollstreckbarkeitsentscheidung in der erstinstanzlichen Entscheidung zu bewahren (Krüger, in: Münchener Kommentar zur ZPO, Band 2, 2. Aufl., § 718 ZPO RdNr. 1). Diese im Verwaltungsprozess gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprechend anwendbare Vorschrift (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.08.1974 - VII B 60.74 -, Buchholz 310 § 167 VwGO Nr. 5) ist auch im Verfahren auf Zulassung der Berufung analog anzuwenden (Thür. OVG, Beschluss vom 06.03.2002 - 1 ZKO 743/01 -, NVwZ-RR 2002, 907; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17.10.2007 - 2 P 237/07 -, NVwZ-RR 2008, 366). Denn anderenfalls entstünde eine Regelungslücke, die dem oben genannten Sinn des § 718 Abs. 1 ZPO widersprechen würde. Der eine Vorabentscheidung begehrende Beteiligte müsste bei einer fehlerhaften erstinstanzlichen Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit - je nach seiner Stellung als Vollstreckungsschuldner oder -gläubiger - entweder die Zwangsvollstreckung gegen sich hinnehmen oder mit der Zwangsvollstreckung zuwarten, bis über den Antrag auf Zulassung der Berufung entschieden ist, obwohl der Gesetzgeber dem Rechtsmittelgericht mit § 718 Abs. 1 ZPO erkennbar ein Mittel an die Hand gegeben hat, Fehler der ersten Instanz im Zusammenhang mit der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit zu korrigieren. Die Befugnis des Senats, im Beschlussweg ohne mündliche Verhandlung über den Antrag der Antragstellerin zu entscheiden, folgt bei der gebotenen entsprechenden Anwendung des § 718 Abs. 1 ZPO im Stadium des Verfahrens auf Zulassung der Berufung daraus, dass in diesem Verfahren nur die prozessuale Handlungsmöglichkeit des Beschlusses zur Verfügung steht (Thür. OVG, Beschluss vom 06.03.2002; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17.10.2007, jew. a.a.O.).
Die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Antrag nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 718 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Die Antragstellerin hat einen wirksamen Antrag bei dem Senat gestellt und die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts beantragt. Entgegen der Ansicht der Antragsgegner hat die Antragstellerin auch durch ihr Verhalten - etwa bei dem von den Antragsgegnern näher dargestellten Gespräch am 28.10.2011 - nicht einen Verzicht auf die Möglichkeit der Antragstellung nach § 718 Abs. 1 ZPO zu erkennen gegeben, was gegebenenfalls dazu führen könnte, das Rechtsschutzbedürfnis für einen solchen Antrag in Frage zu stellen. Auch wenn die Vertreter der Antragstellerin erklärt haben sollten, das Urteil des Verwaltungsgerichts „umsetzen“ zu wollen, schließt dies die Inanspruchnahme von Rechtsmitteln gegen dieses Urteil und von anderweitigen gesetzlich vorgesehenen Korrekturmöglichkeiten nicht aus. In den Schreiben der Vertreter der Antragstellerin vom 24.10. und 26.10.2011 an den Vertreter des Antragsgegners wird insoweit lediglich ausdrücklich erklärt, dass selbstverständlich unverzüglich alles in die Wege geleitet werde, um das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen umzusetzen; dies gelte „allerdings nur solange, wie das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen Bestand habe und die Voraussetzungen für die Vollstreckbarkeit auch tatsächlich vorliegen“.
10 
Der von der Antragstellerin gestellte Antrag auf Vorabentscheidung ist auch begründet. Bei der Entscheidung über diesen Antrag ist nicht auf die Erfolgsaussichten des Antrags auf Zulassung der Berufung oder einer zugelassenen Berufung abzustellen. Prüfungsmaßstab für die Vorabentscheidung ist allein, ob die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zur vorläufigen Vollstreckbarkeit nach Maßgabe der §§ 167 ff. VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO der rechtlichen Nachprüfung standhält (Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, § 167 VwGO RdNr. 147).
11 
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Beschluss vom 24.03.1999 - 9 S 3012/98 -, VBlBW 1999, 263) können nach § 167 Abs. 2 VwGO nicht bloß Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen lediglich wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden, sondern schließt § 167 Abs. 2 VwGO auch aus, Urteile auf allgemeine Leistungsklagen der vorliegenden Art über den Kostenausspruch hinaus für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Dem schließt sich der Senat für die Frage der Vollstreckbarkeit von Urteilen auf allgemeine Leistungsklagen an, die nicht die Verurteilung zu einer Geldleistung zum Gegenstand haben, sondern auf die Vornahme oder Unterlassung schlicht hoheitlichen Handelns erkennen (ebenso: Niedersächs. OVG, Urteil vom 18.01.2000 - 11 L 87/00 -, NVwZ 2000, 578; Teilurteil vom 30.08.1989 - 12 L 85/89 -, NVwZ 1990, 275; Pietzner, a.a.O., § 167 VwGO RdNr. 135; Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 5. Aufl. § 167 RdNr. 18; Wysk, VwGO, § 167 RdNr. 14; Wolfrum, NVwZ 1990, 236, 240; anderer Ansicht: Hess.VGH, Teilurteil vom 19.09.1989 - 2 S 576/89 -, NVwZ 1990, 272; differenzierend nach qualitativen Gesichtspunkten: Heckmann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 167 VwGO RdNr. 21; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 167 VwGO RdNr. 11).
12 
Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen: § 167 Abs. 1 VwGO verweist für die Frage der (vorläufigen) Vollstreckbarkeit auf die Vorschriften der §§ 708 ff. ZPO, die auch im Verwaltungsprozess entsprechend gelten, wenn sich aus der Verwaltungsgerichtsordnung nichts anderes ergibt. Durch diesen Vorbehalt soll die Berücksichtigung der Besonderheiten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und der darin zu beurteilenden Rechtsbeziehungen sichergestellt werden. Insoweit hat der Gesetzgeber in § 167 Abs. 2 VwGO ausdrücklich die vorläufige Vollstreckbarkeit von Urteilen, die auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen ergehen, geregelt und bestimmt, dass derartige Urteile nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden können. Hintergrund dieser Regelung ist, dass es dem Wesen staatlicher Verwaltung zuwiderläuft, wenn durch ein Urteil zu hoheitlichem Handeln angehalten werden soll, das noch nicht rechtskräftig ist und dessen Bestand mithin noch in Frage steht. In hoheitliche Verwaltung soll nur mit rechtskräftigen Entscheidungen eingegriffen werden, was den Grundsatz der Gewaltenteilung sichern soll. Bei Berücksichtigung dieses gesetzgeberischen Anliegens kann es aber nicht entscheidend darauf ankommen, ob das hoheitliche Verwaltungshandeln in der Form eines Verwaltungsaktes erfolgt, denn durch die Formenwahl erfährt dieses Handeln keine höhere Qualifikation (vgl. Wolfrum, a.a.O.). Vielmehr gelten diese Grundsätze gleichermaßen, wenn eine Behörde durch ein Leistungsurteil - wie hier - verpflichtet werden soll, die Ausübung einer hoheitlichen Tätigkeit zu unterlassen oder hoheitliche Maßnahmen vorzunehmen, so dass § 167 Abs. 2 VwGO insoweit auch auf Urteile, die auf allgemeine Leistungsklagen ergehen, entsprechend anzuwenden ist.
13 
Einer solchen Anwendung steht nicht entgegen, dass der Wortlaut des § 167 Abs. 2 VwGO die Leistungsklage nicht ausdrücklich erwähnt. Denn der Gesetzgeber ist beim Erlass des § 167 Abs. 2 VwGO davon ausgegangen, mit dieser Vorschrift alle verwaltungsgerichtlichen Urteile erfasst zu haben, die ein hoheitliches Handeln zum Gegenstand haben und ihrer Art nach vollstreckbar sind. Zum Zeitpunkt des Erlasses des § 167 Abs. 2 VwGO war die allgemeine Leistungsklage allenfalls als Geldleistungsklage geläufig, während die auf Vornahme oder Unterlassung schlicht hoheitlicher Handlungen gerichtete Leistungsklage erst später in das Blickfeld von Rechtsprechung und Schrifttum gelangte (vgl. dazu ausführlich: Pietzner, a.a.O., § 172 VwGO RdNr. 18).
14 
Mit dem Leistungsurteil des Verwaltungsgerichts ist der Antragstellerin ein Unterlassen schlicht hoheitlichen Handelns aufgegeben worden. Die Antragstellerin nimmt für sich in Anspruch, mit den nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts zu unterlassenden Äußerungen im Zusammenhang mit dem Bahnprojekt „Stuttgart 21/Neubaustrecke Wendlingen-Ulm“ ihr nach § 1 Abs. 1 IHKG obliegende Aufgaben wahrzunehmen. Solche Aufgaben verfolgt die Antragstellerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit als Trägerin öffentlicher Verwaltung; dies gilt auch für das schlichte Verwaltungshandeln (vgl. Frentzel/Jäkel/Junge, IHKG, 7. Aufl., § 3 IHKG RdNr. 7). Dementsprechend haben die Antragsgegner auf dem Verwaltungsrechtsweg im Wege der allgemeinen Leistungsklage ihren Unterlassungsanspruch - erstinstanzlich erfolgreich - geltend gemacht. Die Frage, ob die Antragstellerin mit ihren streitbefangenen Äußerungen die Grenzen der ihr obliegenden Aufgaben überschritten hat, ist, wie bereits oben zum Prüfungsmaßstab ausgeführt, für die Beurteilung der Frage der vorläufigen Vollstreckbarkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils unerheblich.
15 
Soweit die Antragsgegner für den Fall, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil nur wegen der Kosten für vollstreckbar erklärt wird, meinen, die Antragstellerin könne trotz des entgegenstehenden Urteils des Verwaltungsgerichts in den nächsten Wochen sanktionslos ihre Äußerungen weiter tätigen, steht effektiver Rechtsschutz in Anbetracht der §§ 123, 168 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht in Frage (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 24.03.1999, a.a.O.).
16 
Einer Kostenentscheidung bedarf es im Verfahren nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 718 Abs. 1 ZPO nicht.
17 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 718 Abs. 2 ZPO).

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

Tenor

Der angegriffene Beschluss wird geändert.

Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird auf 1.920 Euro festgesetzt.

Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 10. Juni 2015 - 6 K 770/14 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung ihm als Beihilfeleistung gewährter Krankenhaustagegelder.
Der 1950 geborene Kläger ist gegenüber dem Beklagten mit einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt und hat aufgrund seines monatlichen Beitrags in Höhe von 22,-- EUR Anspruch auf Beihilfe zu Aufwendungen für Wahlleistungen.
Vom 06.12. bis 14.12.2012 befand er sich in der H...-Klinik in Titisee, einer Privatklinik, in stationärer Behandlung, wofür ihm von Belegarzt Dr. T. 1.913,64 EUR in Rechnung gestellt wurden (Liquidation vom 22.01.2013, unter Verminderung des gemäß GOÄ errechneten Betrags von 2.247,23 EUR um 15% = 333,59 EUR). Auf seinen Antrag vom 24.01.2013 hin wurde ihm hierfür mit Bescheid der Landesamtes für Besoldung und Versorgung - Landesamt - vom 30.01.2013 Beihilfe gewährt.
Im Anschluss hielt er sich vom 14.12.2012 bis 11.01.2013 in der T... Klinik Bad Krozingen, einer Einrichtung der Anschlussheilbehandlung, auf.
Auf seinen Antrag vom 06.03.2013 gewährte ihm das Landesamt mit Bescheid vom 29.03.2013 - unter anderem - für diese beiden Klinikaufenthalte Tagegeld in Höhe von insgesamt 560,-- EUR (13 Tage H...-Klinik à 14,-- EUR = 182,-- EUR und 27 Tage T... Klinik à 14,-- EUR = 378,-- EUR). Dem Antrag waren Bescheinigungen der jeweiligen Krankenhausverwaltung zu Wahlleistungen beigefügt. In der Bescheinigung der H...-Klinik vom 11.02.2013 ist angegeben, dass die Klinik einen Zuschlag auf die Wahlleistung Unterkunft erhebe und der Kläger auf deren Inanspruchnahme nicht verzichtet habe. Auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen habe der Kläger während seines Aufenthalts verzichtet.
Mit Schreiben vom 03.04.2013 erhob der Kläger gegen den Beihilfebescheid vom 29.03.2013 Widerspruch mit der Begründung, ihm stehe ein Tagegeldsatz von 22,-- EUR statt lediglich 14,-- EUR zu. Es habe sich um eine anerkannte Anschlussheilbehandlung nach Hüft-OP gehandelt.
Daraufhin hörte das Landesamt den Kläger mit Schreiben vom 28.05.2013 zur geplanten Rückforderung des Tagegeldes an, da ein solches bei Anschlussheilbehandlungen nicht gewährt werde und erläuterte ihm mit weiterem Schreiben vom 27.08.2013, warum ihm auch für den Aufenthalt in der H...-Klinik kein Tagegeld zustehe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 wies das Landesamt den Widerspruch zurück (Nr. 1), hob den Bescheid vom 29.03.2013 hinsichtlich der Gewährung der Tagegelder auf (Nr. 2) und forderte vom Kläger die Rückzahlung insoweit überzahlter Beihilfe in Höhe von 560,-- EUR (Nr. 3). Zur Begründung wurde auf die beiden Schreiben vom 28.05.2013 und 27.08.2013 verwiesen, wo es heißt, dass für den Aufenthalt in der H...-Klinik ein Tagegeld zu Unrecht gewährt worden sei, da der Kläger insoweit bereits Beihilfe für ärztliche Leistungen beantragt und auch bewilligt bekommen habe. Für den Aufenthalt in der T... Klinik als einer Einrichtung der Anschlussheilbehandlung komme die Gewährung von Tagegeld nicht in Betracht. Da der Bescheid vom 29.03.2013 rechtswidrig sei, könne er nach Maßgabe des § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG zurückgenommen werden. Mangels Bestandskraft bestehe kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf dessen Bestand. Zwar stehe der Behörde im Rahmen des § 48 LVwVfG hinsichtlich der Rücknahme ein Ermessen zu. Aber auch unter Berücksichtigung aller Umstände bei der Gesamtabwägung, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen und der Rechtmäßigkeit der Verwaltung, könne der Bescheid zurückgenommen werden. Durch das Dienstrechtsreformgesetz vom 09.11.2010 sei das Landesbeamtengesetz grundlegend geändert worden. Für die Rückforderung von Beihilfe seien nun die einschlägigen Bestimmungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes maßgebend. Die zuvor geltenden Verweise auf § 12 BBesG seien im Landesbeamtengesetz nicht enthalten. Somit richte sich die Rückforderung der insoweit rechtsgrundlos gewährten Leistungen nach § 49a LVwVfG. Für den Umfang der Erstattung gälten die Vorschriften der §§ 818 ff. BGB.
Am 14.02.2014 hat der Kläger hiergegen - entsprechend der Rechtsmittelbelehrung - Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben, das den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 20.03.2014 - 3 K 833/14 - an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Freiburg verwiesen hat. Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, beide Klinikaufenthalte erfüllten die Voraussetzungen für die Gewährung von Tagegeld, da es sich jeweils um stationäre Aufenthalte gehandelt und der Kläger auf chefärztliche Behandlung verzichtet habe. Die Verweigerung von Tagegeld bei einer Anschlussheilbehandlung sei sachwidrig.
10 
Der Beklagte ist der Klage unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Ausführungen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren entgegengetreten. Voraussetzung für die Gewährung von Tagegeld sei, dass gesondert berechnete ärztliche Leistungen nicht geltend gemacht worden seien. Unerheblich sei, ob es sich dabei um chefärztliche Leistungen handle und der Kläger auf Wahlarztleistungen verzichtet habe. Dass es sich um eine Belegarztbehandlung gehandelt habe, ändere daran nichts, denn wahlärztliche und belegärztliche Leistungen könnten nicht nebeneinander für dieselbe Behandlung geltend gemacht werden, so dass der Verzicht auf Wahlarztbehandlung sich nicht auswirke. Die Gewährung von Beihilfe für die mit Rechnung vom 22.01.2013 liquidierten Leistungen stehe daher der Gewährung von Beihilfe entgegen. Für den Ausschluss von Tagegeld bei Anschlussheilbehandlungen gebe es sachliche Gründe. Der Verzicht stelle bei letzterer keinen „geldwerten Vorteil“ dar, da der ärztliche Betreuungsaufwand geringer sei.
11 
Nach gerichtlichem Hinweis vom 30.04.2015 hat der Kläger die Klage insoweit zurückgenommen, als er die Gewährung eines weiteren Tagegelds unter Zugrundelegung eines Tagessatzes in Höhe von 22,-- EUR je Tag begehrt hatte.
12 
Mit Urteil vom 10.06.2015 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klage zurückgenommen worden war, und unter Abweisung der Klage im Übrigen den Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben, soweit damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von mehr als 378,-- EUR vom Kläger zurückgefordert wurde. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Bescheid vom 29.03.2013, durch den dem Kläger für den Aufenthalt in der H...-Klinik ein Tagegeld von 182,-- EUR gewährt worden sei, rechtmäßig und deshalb der den Kläger insoweit erstmals beschwerende Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 rechtswidrig sei. Denn die damit gem. § 48 LVwVfG verfügte Rücknahme setze die Rechtswidrigkeit des zurückgenommenen Bescheids voraus und die zugleich gem. § 49a LVwVfG verfügte Rückforderung des Tagegelds dessen rechtsgrundlose Gewährung. Der hier maßgebliche § 15 Abs. 4 BVO Satz 3 a.F. habe einen Anspruch auf ein Tagegeld in Höhe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts in einer Privatklinik (§ 7 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, Abs. 7 Satz 1 BVO) gewährt, wenn „gesondert berechnete ärztliche Leistungen" nicht geltend gemacht worden seien. Insoweit habe der Kläger zwar eine gesondert berechnete ärztliche Leistung, nämlich des Belegarztes Dr. T, geltend gemacht und dafür auch Beihilfeleistungen erhalten, so dass nach dem Wortlaut der Vorschrift die Voraussetzungen für eine Tagegeldgewährung nicht erfüllt gewesen wären. Nach Sinn und Zweck der Tagegeldregelung sei die Vorschrift des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO jedoch im Wege der teleologischen Reduktion dahin auszulegen, dass mit „gesondert berechneten ärztlichen Leistungen" nur „wahlärztliche" Leistungen gemeint seien, zu denen belegärztliche Leistungen gerade nicht zählten. Die Tage-geldregelung solle nach ihrem Sinn und Zweck einem Beihilfeberechtigten nur einen Anreiz geben, auf eine Chefarztbehandlung zu verzichten, also die für den Beklagten kostengünstigere Behandlungsvariante einer Behandlung durch das sonstige ärztliche Personal zu wählen, die als allgemeine Krankenhausleistung durch die für eine Behandlung in der Hauptabteilung geltenden Fallpauschalen mitabgegolten sei. Dadurch solle dem Beklagten die Beihilfeleistung zu den zusätzlichen Kosten einer Chefarztbehandlung erspart werden, auf die der Beihilfeberechtigte, wenn er einen monatlichen Beitrag von 22,-- EUR zahle, gem. § 6a Abs. 2 BVO an sich einen Anspruch hätte. Hingegen solle die Tagegeldregelung nicht einen Anreiz dafür bieten, dem Beklagten auch noch die Beihilfe zu Belegarztrechnungen zu ersparen, auf die der Beihilfeberechtigte schon ohne Leistung eines eigenen Zusatzbeitrags von 22,-- EUR monatlich einen regulären Beihilfeanspruch habe, weil die Belegarztkosten keine Wahlarztkosten und nicht in den deutlich geringeren Fallpauschalen enthalten seien, die für eine Behandlung in Belegabteilungen gälten, und die Kosten der ärztlichen Behandlung eben gerade nicht schon mitenthielten. Andernfalls würde der Beihilfeberechtigte durch Versagung eines Tagegeldes bei Geltendmachung einer Belegarztbehandlung schlechter gestellt, als wenn er sich - was ihm jederzeit frei stehe - ganz normal zu den höheren, die allgemeine Arztleistung mitabdeckenden beihilfefähigen Fallpauschalen in einer Hauptabteilung von einem der angestellten Ärzte behandeln ließe, der kein Chefarzt sei, und in diesem Fall mangels Chefarztbehandlung ein Tagegeld erhielte. Dem stehe nicht der Umstand entgegen, dass Belegarztbehandlung und Wahlarztbehandlung sich wechselseitig ausschlössen, da es neben bzw. zusätzlich zu einer Behandlung durch einen Belegarzt in einer Belegabteilung eines öffentlichen oder privaten Krankenhauses schon begriffsnotwendig keine Chefarzt(=Wahlarzt)-Behandlung geben könne. Bei dem Belegarzt handle es sich nicht um einen der angestellten Arzte des Krankenhauses (Chefärzte und sonstige Arzte), unter denen ein wahlleistungsberechtigter Patient auswählen könne, sondern der Belegarzt sei ein externer vom Patienten bereits gewählter Arzt, der lediglich die sachlichen, räumlichen und personellen Mittel des Krankenhauses aufgrund vertraglicher Abreden nutzen könne. Sowohl die Entscheidung eines Beihilfeberechtigten, sich durch einen Belegarzt in einer Belegabteilung behandeln zu lassen, als auch die ihm stattdessen alternativ ebenso mögliche Entscheidung, sich in der Hauptabteilung durch einen der - nicht als Chefarzt qualifizierten - angestellten Arzte behandeln zu lassen, löse in beiden Fällen einen vergleichbaren beihilfefähigen Aufwand aus, der in jedem Fall geringer und für den Beklagten beihilferechtlich günstiger sei als derjenige, der anfiele, wenn sich der Beihilfeberechtigte, was ihm möglich wäre, stattdessen für eine Behandlung in einer Hauptabteilung durch den Chefarzt entschiede, welche einen beihilfefähigen Aufwand in Form der Fallpauschale zum Hauptabteilungssatz zuzüglich der Chefarztrechnung auslösen würde. Für die Gewährung eines Tagegeldes könne es daher lediglich entscheidend sein, dass der geltend gemachte beihilfefähige Aufwand eine Chefarztrechnung nicht mitumfasse. Das zeige die Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO (a.F.), die eine Tagegeldgewährung bei einem Aufenthalt in einem öffentlichen Krankenhaus allein davon abhängig mache, dass keine Chefarztbehandlung gewählt worden sei, also ein Tagegeld nicht ausschließe, wenn eine Behandlung in der Belegabteilung eines öffentlichen Krankenhauses durch einen Belegarzt geltend gemacht werde. Warum etwas anderes gelten sollte, wenn es sich um eine Privatklinik handele, die ebenfalls eine Belegabteilung aufweisen könne, sei nicht ersichtlich. Diese Auslegung werde auch durch die Neuregelung der Vorschrift in § 15 Abs. 4 Satz 2 (n.F.) untermauert, die ohne Unterscheidung zwischen Privatklinik und öffentlicher Klinik die Gewährung eines Tagegeldes allein davon abhängig mache, dass beihilferechtlich keine Chefarztrechnung geltend gemacht werde.
13 
Soweit dem Kläger Tagegeld in Höhe von 378,-- EUR für den Aufenthalt in der T... Klinik gewährt worden sei, sei der Bescheid vom 29.03.2013 rechtswidrig, weshalb der Widerspruchsbescheid rechtmäßig sei. Denn die damit gem. § 48 LVwVfG verfügte Rücknahme setze die Rechtswidrigkeit des zurückgenommenen Bescheids voraus und die zugleich gem. § 49a LVwVfG verfügte Rückforderung des Tagegelds dessen rechtsgrundlose Gewährung. Da die T... Klinik eine Einrichtung der Anschlussheilbehandlung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 BVO darstelle, werde die dort durchgeführte Behandlung nicht von der Tagegeldregelung des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO (a.F.) erfasst, die sich ihrem eindeutigen Wortlaut nach nur auf Einrichtungen nach § 7 Abs. 7 Satz 1 BVO (Krankenhäuser) bzw. Einrichtungen nach § 7 Abs. 7 Satz 4 BVO, d.h. Einrichtungen der Suchtbehandlung (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BVO) bzw. sonstige Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 BVO), beziehe. Diese Differenzierung verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn der sachliche Unterschied liege darin, dass bei einer Anschlussheilbehandlung, anders als bei einer Suchtbehandlung bzw. bei einer medizinischen Rehabilitation, der Anteil des ärztlichen Betreuungsaufwandes generell deutlich geringer sei, weil bei der Anschlussheilbehandlung lediglich die zuvor schon im Rahmen der Krankenhausbehandlung unter maßgeblicher ärztlicher Beteiligung weitgehend behobene Gesundheitsschädigung nur noch endgültig „auskuriert" werde, so dass der Verzicht auf eine Chefarztbehandlung in einer Einrichtung der Anschlussheilbehandlung dem Beklagten keine vergleichbar gewichtige finanzielle Belastung erspare wie ein solcher Verzicht bezüglich einer Behandlung in einer der anderen genannten Behandlungseinrichtungen. Dies werde durch die Neuregelung des § 15 Abs. 4 BVO in der ab 01.04.2014 gültigen Fassung bestätigt, wonach die Regelung über das Tagegeld inzwischen sogar nur noch bei Verzicht auf wahlärztliche Behandlung in einem - öffentlichen oder privaten - Krankenhaus gewährt werde.
14 
Die Berufung wurde nicht zugelassen.
15 
Auf Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 05.04.2016 - 2 S 1481/15 - die Berufung zur Klärung der Grundsatzfrage zugelassen, ob es für die Gewährung einer Beihilfe in Form eines Tagegeldes nach § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F. nur darauf ankommt, ob gesondert berechnete Leistungen durch die Inanspruchnahme von Wahlleistungen nicht angefallen sind oder ob es erforderlich ist, dass diese überhaupt in Anspruch genommen werden konnten und damit die Möglichkeit, auf sie zu verzichten, bestand.
16 
Am 09.05.2016 hat der Beklagte die Berufung wie folgt begründet: Nach Maßgabe des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F. werde eine Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts gewährt, wenn anlässlich der Inanspruchnahme von Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 1 oder 4 BVO gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO nicht geltend gemacht würden. Unter „gesondert berechneten ärztlichen Leistungen“ gemäß § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO seien nur „wahlärztliche“ Leistungen zu verstehen. Bestätigt werde dies durch die klarstellende Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO, wonach eine Beihilfe von 22,-- EUR pro Tag, an welchem die Leistung berechenbar gewesen wäre, anlässlich eines Aufenthalts nach § 15 Abs. 4 Satz 1 BVO für nicht beanspruchte „wahlärztliche“ Leistungen gewährt werde. Hierfür sprächen auch die Verwaltungsvorschriften vom 24.06.2012, wo von „Wahlarzttagegeld“ die Rede sei. Die Tagegeldregelung solle dem Beihilfeberechtigten einen Anreiz dazu geben, auf wahlärztliche Behandlung zu verzichten, folglich die kostengünstigere Behandlungsvariante durch das sonstige ärztliche Personal eines Krankenhauses zu wählen, die als allgemeine Krankenhausleistung durch die für eine Behandlung in der Hauptabteilung geltenden Fallpauschalen bereits mitabgegolten sei. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, das insoweit auf § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO n.F. hinweise, sei für die Gewährung eines Tagegeldes nicht allein darauf abzustellen, dass der geltend gemachte Aufwand keine Chefarztrechnung umfasse. In Konstellationen wie der vorliegenden könne nämlich ein Anspruch auf Krankenhaustagegeld denknotwendig nicht bestehen, weshalb es unerheblich sei, dass der Kläger keine wahlärztlichen Leistungen in Anspruch genommen und auf diese gleichsam „verzichtet habe“. Er habe nämlich überhaupt nicht die Möglichkeit gehabt, Wahlarztleistungen in Anspruch zu nehmen. Grundvoraussetzung für ein Tagegeld sei aber, dass der Beihilfeberechtigte eine Beihilfe zu den Wahlleistungen hätte erhalten können, wenn er diese in Anspruch genommen hätte. Tagegeld könne dem Beihilfeberechtigten nur dann gewährt werden, wenn gesondert berechnete Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO nicht geltend gemacht würden. Nach dieser Vorschrift wiederum seien gesondert erbrachte und berechnete Leistungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO beihilfefähig. Hierunter fielen gesondert erbrachte und berechnete „ärztliche, psychotherapeutische und zahnärztliche Leistungen und Leistungen von Heilpraktikern nach Maßgabe der Anlage“. Bereits aus dem Wortlaut der Norm ergebe sich, dass neben dem Verzicht auf eine wahlärztliche Behandlung als solche weitere Voraussetzung sei, dass diese gesondert erbracht und berechnet werde. Dies bedeute, dass Tagegeld ausscheide, wenn keine Leistungen gesondert erbracht und abgerechnet würden, weil diese Leistungen bereits Gegenstand der Behandlung seien, wie dies bei Behandlungen durch den Belegarzt der Fall sei. Die gesetzlichen Anforderungen an Wahlleistungen seien in § 17 KHEntgG festgelegt. Da Belegärzte gemäß § 121 Abs. 2 SGB V, § 18 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG weder beim Krankenhaus angestellt noch beamtete Ärzte des Krankenhauses seien, kämen sie nicht als Wahlärzte in Betracht. Folglich habe der Kläger aufgrund seiner Entscheidung für die Behandlung durch den Belegarzt weder gesondert berechnete (wahl)ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen noch auf diese verzichten können. Ihm sei mithin kein Tagegeld auf Grundlage des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F. zu gewähren gewesen. Vereinbare der Patient mit dem Krankenhaus die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen, so sichere er sich durch Zahlung einer gesonderten Vergütung die Krankenhausbehandlung durch eine ärztliche Person seines Vertrauens. Die persönliche Leistungserbringung durch einen „Chefarzt“ sei für eine Behandlung jedoch unmöglich, wenn für diese bereits belegärztliche Leistungen in Anspruch genommen worden seien. Denn der Belegarzt habe aufgrund des zwischen ihm und dem jeweiligen Patienten geschlossenen privaten Behandlungsvertrags ebenso wie der Wahlarzt die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung. Ein Verzicht auf eine Leistung setze voraus, dass eine Wahl bestehe. Bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Leistungen bestehe jedoch keine Möglichkeit für ein- und dieselbe Behandlung Chefarztleistungen zu wählen, da diese bereits vom Belegarzt erbracht worden seien. Insofern komme es nicht darauf an, ob in beiden Fällen ein vergleichbarer beihilfefähiger Aufwand ausgelöst werde. Ein vergleichbarer beihilfefähiger Aufwand führe auch nicht dazu, dass einem Beihilfeberechtigten ein Anspruch auf Tagegeld zustehe. Dieser bestehe ungeachtet der Höhe einer Aufwendung nur dann, wenn die einschlägige gesetzliche Norm, hier § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F., erfüllt sei. Es bleibe zwar grundsätzlich der Wahl des Beihilfeberechtigten überlassen, ob er sich für eine Behandlung in der Hauptabteilung eines Krankenhauses oder für eine Behandlung durch einen Belegarzt entscheide, doch werde es für ihn zunächst nebensächlich sein, mit welchen Kosten die Behandlung verbunden sei. Entscheidend werde für ihn vielmehr die Auswahl des behandelnden Arztes sein. Der Patient wähle den jeweiligen Belegarzt, weil er sich gerade von diesem behandeln lassen wolle. Sein Fokus liege dabei nicht auf einer Kostenersparnis. Dem Patienten hätte auch die Möglichkeit offen gestanden, sich in einem Krankenhaus in der Hauptabteilung von einem Arzt behandeln zu lassen, dessen Auswahl ihm bei Verzicht auf die Wahlarztleistungen nicht gestattet gewesen wäre. Dass er sich gegen die Behandlung durch einen beliebigen Arzt der Hauptabteilung und für eine ärztliche Betreuung durch einen von ihm ausgewählten Belegarzt entschieden habe, begründe gleichwohl keinen Anspruch auf Tagegeld, weil es bei Inanspruchnahme belegärztlicher Leistung nicht entscheidend sei, dass auf die wahlärztlichen Leistungen verzichtet werde und diese folglich nicht gesondert berechnet würden. Ziehe man die Rechtsprechung hinsichtlich der Wahlleistung Unterkunft nach § 15 Abs. 4 BVO heran, ergebe sich daraus, dass Tagegeld für die Unterbringung in einem Zweibettzimmer nur dann geleistet werde, wenn der Beihilfeberechtigte die Wahlleistung nicht in Anspruch nehme und darüber hinaus die Unterbringung in einem Zweibettzimmer nicht die Regelleistung in dem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus sei. Dies beruhe darauf, dass Regelleistungen in solchen Krankenhäusern bereits in den DRG-Fallpauschalen bzw. den Basis-/Abteilungspflegesätzen enthalten seien. Beamte seien in diesen Fällen nicht so zu stellen, als wäre die Inanspruchnahme der Regelleistung bei ihnen die Inanspruchnahme einer Wahlleistung. Aus diesem Rechtsvergleich ergebe sich, dass auch bei Inanspruchnahme der Wahlleistung Unterkunft neben der tatsächlichen Ausübung des Anspruchs bzw. dem Verzicht auf die Wahlleistung erforderlich sei, dass die Unterbringung in einem Zweibettzimmer nicht bereits Teil der Regelleistung sei, sondern dem Patienten die Wahl zwischen einem Mehrbett- und einem Zweibettzimmer eröffnet sei und er auf die Unterbringung in einem Zweibettzimmer verzichte. Aus Gründen der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung sei Tagegeld nach § 15 Abs. 4 BVO sowohl für die Wahlleistung Unterkunft als auch für die wahlärztlichen Leistungen nur dann zu gewähren, wenn der Beihilfeberechtigte überhaupt die Möglichkeit habe, auf diese Leistungen zu verzichten. Aus der Neufassung des § 15 Abs. 4 BVO ergebe sich nichts Abweichendes. Sowohl nach der alten Regelung als auch nach der neuen Fassung sei es ohne Belang, in welcher Einrichtung sich der Beihilfeberechtigte befinde. Auch in einem öffentlichen Krankenhaus gebe und habe es kein Tagegeld gegeben, wenn eine Behandlung in der Belegabteilung durch einen Belegarzt geltend gemacht worden sei, da keine Möglichkeit auf Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen bestanden habe. Die Neufassung diene der Klarstellung, dass Tagegeld einheitlich bei der Nichtinanspruchnahme „wahlärztlicher“ Leistungen gewährt werde. § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F. habe die Zahlung von Tagegeld lediglich von der Nichtgeltendmachung gesondert berechneter „ärztlicher“ Leistungen abhängig gemacht. Die Neufassung bezwecke daher eine Vereinheitlichung des Wortlauts und habe eine klarstellende Funktion.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 10.06.2015 - 6 K 770/14 -, soweit das Verfahren nicht eingestellt worden ist, zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
19 
Der Kläger beantragt,
20 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
21 
Er verweist auf sein Vorbringen im Berufungszulassungsverfahren und trägt ergänzend vor, er habe bereits dadurch seinen Verzicht „ausgeübt“, dass er sich gegen eine chefärztliche und für eine belegärztliche Behandlung entschieden habe. Es komme allein darauf an, dass er auf den „Zukauf“ einer über den Facharztstandard hinausgehenden Leistung eines hochqualifizierten Spezialisten verzichtet haben müsse. Nur jener „Zukauf“ hätte zu einer „Verteuerung“ der Behandlung geführt, nicht aber die Behandlung durch einen „gewöhnlichen“ Facharzt, eben den Belegarzt. Der Vergleich des Beklagten mit der Wahlleistung Unterkunft greife nicht. Anders als bei der Inanspruchnahme eines Belegarztes, habe ein Beihilfeberechtigter in Fällen, in denen die Leistung „Zweibettzimmer“ zur Regelleistung eines Krankenhauses gehöre, tatsächlich keine Wahlmöglichkeit und könne faktisch auch nicht verzichten. Zudem sei in solchen Fällen der Entscheidungsmaßstab die am betreffenden Krankenhaus gemäß dessen Leistungsfähigkeit geltende „allgemeine Krankenhausleistung“, so dass bereits deshalb die Wahlleistung in Bezug auf Unterkunft auch rechtsbegrifflich ausscheide. Anders sei dies beim Verzicht auf die Wahlleistung „Chefarzt“, es sei denn, an einem Krankenhaus gehörte die chefärztliche Behandlung zur „allgemeinen Krankenhausleistung“. Wenn mit der Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO lediglich habe klargestellt werden sollen, dass die Zahlung des Tagegeldes von einem Verzicht auf „wahlärztliche“ Leistungen abhängen solle, solches also auch schon nach der vorherigen Gesetzesfassung gewollt gewesen sei, stehe dem Kläger Tagegeld gerade zu, denn er habe auf eine ihm zugängliche Zusatzleistung, die Wahlleistung „Chefarzt“, verzichtet.
22 
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Akten des Verwaltungsgerichts, die Akten des Beklagten, die Schriftsätze der Beteiligten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
23 
Gegenstand der auf Antrag des Beklagten zugelassenen Berufung ist lediglich der stattgebende Teil des verwaltungsgerichtlichen Urteils, da nur der Beklagte einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt hat. Im Berufungsverfahren geht es daher darum, ob das Verwaltungsgericht zu Recht den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben hat, als damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von mehr als 378,-- EUR, d.h. in Höhe von 182,-- EUR, vom Kläger zurückgefordert wurde. Rechtskräftig geworden ist das Urteil hingegen, soweit die Klage abgewiesen wurde, also hinsichtlich der (Teil-)Aufhebung des Bescheides vom 29.03.2013 durch den Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 und der Rückforderung überzahlter Beihilfe in Höhe von 378,-- EUR.
II.
24 
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
25 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben, als damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von 182,-- EUR vom Kläger zurückgefordert wurde. Der Widerspruchsbescheid ist in diesem (noch) in Streit stehenden Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beihilfebescheid vom 29.03.2013 hinsichtlich der Leistung von Tagegeld für den Aufenthalt in der H...-Klinik war zwar nur in Höhe von 126,-- EUR rechtmäßig (1.). Die verfügte Rücknahme nach § 48 LVwVfG ist aber dennoch (insgesamt) rechtswidrig (2.). Die Rückforderung des Beihilfebetrags von 182,-- EUR hat ebenfalls keinen Bestand (3.).
26 
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist maßgeblich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2015 - 5 C 2.14 -, juris Rn. 10). Da es um Tagegeld für einen stationären Aufenthalt im Dezember 2012 geht, ist die Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. 1995, 561) in der Fassung vom 14.02.2012 (GBl. 2012, 25) einschlägig, die im Übrigen mit der Nachfolgefassung vom 18.12.2012, gültig ab 01.01.2013 (GBl. 2012, 677), hinsichtlich der entscheidungserheblichen Vorschriften übereinstimmt (im Folgenden: BVO).
27 
Die im Beihilfebescheid vom 29.03.2013 gewährte Leistung von Tagegeld beruht auf § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO. Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO wurde eine Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts gewährt, wenn anlässlich der Inanspruchnahme von Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 1 oder 4 BVO gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO nicht geltend gemacht wurden. § 7 Abs. 7 Satz 1 BVO betrifft die Behandlung in Krankenhäusern nach § 7 Abs. 2 BVO, also solchen, die nicht als öffentliches Krankenhaus nach § 108 SGB V zugelassen sind. Die private H...-Klinik gehört zu diesen Krankenhäusern, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Dass gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO nur wahlärztliche Leistungen umfassen, hat nicht nur das Verwaltungsgericht mit überzeugender Argumentation begründet, worauf der Senat nach § 130b Satz 2 VwGO Bezug nimmt, sondern wird auch vom Beklagten so gesehen.
28 
Da der Kläger für seinen Aufenthalt in der H...-Klinik keine gesondert berechneten (wahl)ärztlichen Leistungen geltend gemacht hat, hat er Anspruch auf Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts. Entgegen der Auffassung des Beklagten war im Fall des Klägers ein Anspruch auf Tagegeld nicht „denknotwendig“ ausgeschlossen, weil der Kläger keine Wahlarztleistungen in Anspruch nehmen und daher auch nicht auf diese verzichten konnte. Zwar ist dem Beklagten im Ausgangspunkt zuzustimmen, dass die Gewährung von Tagegeld voraussetzt, dass der Beihilfeberechtigte eine Beihilfe zu den Wahlleistungen hätte erhalten können, wenn er die Wahlleistungen in Anspruch genommen hätte und folglich Tagegeld ausscheidet, wenn die Inanspruchnahme von Wahlleistungen gar nicht möglich war. Dass der Kläger, nachdem er sich für die Belegarztbehandlung entschieden hatte, keine Wahlarztbehandlung mehr in Anspruch nehmen konnte, steht indes dem Vorhandensein einer Wahlmöglichkeit nicht entgegen. Wenn in dem Krankenhaus des stationären Aufenthalts, sei es in einem öffentlichen, sei es in einem privaten, grundsätzlich die Möglichkeit geboten wird, eine Wahlarztbehandlung in Anspruch zu nehmen, sich der Beihilfeberechtigte aber statt für die Wahlarztbehandlung für eine Belegarztbehandlung entscheidet, hatte er die erforderliche Wahlmöglichkeit. Vorliegend bestand diese Wahlmöglichkeit, da in der H...-Klinik Wahlarztbehandlung angeboten wird (s. http://www...-kliniken.de/klinik/titisee-neustadt/ihr-klinikaufenthalt/ihre-wahlleistungen/ihr-wahlarzt.html sowie http://www...-privatkliniken.de/kosten/allgemein/). Der Kläger hat von dieser Wahlmöglichkeit dahingehend Gebrauch gemacht, dass er sich statt für die wahlärztliche für die belegärztliche Behandlung entschieden hat. Dass er, nachdem er sich einmal für die Belegarztbehandlung entschieden hat, keine Wahlarztbehandlung mehr in Anspruch nehmen kann, ist unerheblich. Die abweichende Auffassung des Beklagten würde zu einem künstlichen Auseinanderreißen eines einheitlichen Sachverhalts führen, der in der stationären Behandlung besteht, innerhalb welcher verschiedene Behandlungsoptionen - Hauptabteilung, Wahlarzt, Belegarzt - eröffnet sind. Der Beklagte räumt im Übrigen auch ein, dass der Beihilfeberechtigte eine Wahlmöglichkeit hat, auch wenn er hierbei nur die Behandlung in der Hauptabteilung eines Krankenhauses und in der Belegabteilung in den Blick nimmt. Soweit er in diesem Zusammenhang weiter ausführt, dass es bei der Entscheidung für den Belegarzt dem Patienten zunächst nicht um die Reduzierung von Kosten für den Beihilfeträger gehe, sondern die Behandlung durch einen bestimmten, durch seine Expertise ausgewiesenen Arzt, mag dies zwar zutreffen und ermöglicht dem Beihilfeberechtigten, auch ohne Chefarztbehandlung einen Arzt seiner Wahl in Anspruch zu nehmen. Wenn der Beklagte die belegärztliche Behandlung aber als für das Tagegeld anspruchsvernichtend ansehen will, muss er dies entsprechend in den einschlägigen Vorschriften der §§ 6a und 15 Abs. 4 BVO ausdrücklich regeln. Dass er dies bislang offenbar nicht gewollt hat, zeigt der Umstand, dass er die gesondert berechnete belegärztliche Behandlung nach § 18 KHEntG und § 16 Satz 1 BPflV ausdrücklich bei der Behandlung in Privatkliniken als beihilfefähig festgeschrieben und dabei zwischen „gesondert berechneten wahlärztlichen Leistungen“ und „gesondert berechneten belegärztlichen Leistungen“ differenziert (s. § 7 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 und 4 BVO in der seit 01.04.2014 geltenden Fassung vom 20.12.2013, GBl. 2014, 53), in der gleichzeitig erfolgten Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO aber ausdrücklich nur nicht beanspruchte „wahlärztliche Leistungen“ bei der Tagegeldregelung berücksichtigt hat.
29 
Soweit der Beklagte zur Stützung seiner Auffassung die Regelung über die Wahlleistung Unterkunft heranzieht, vermag dies nicht zu überzeugen. Wenn das Zweibettzimmer keine Wahlleistung, sondern die Regelleistung darstellt, kann der Beihilfeberechtigte nämlich nicht zwischen der Regelleistung und der Wahlleistung „Unterkunft im Zweibettzimmer“ wählen, weil es diese Leistung gar nicht als Wahlleistung gibt. Dass ihm dann kein Tagegeld zusteht, weil die Regelleistung bereits in der DRG-Fallpauschale bzw. den Basis-/Abteilungspflegesätzen enthalten ist - und damit dem Beklagten auch kein Mehraufwand entsteht -, ist konsequent (s. auch VwVBVO vom 24.04.2012 Nr. 4 zu § 15, GABl. 2012, 383 = Die Justiz 2012, 341). Der vom Beklagten angestellte Vergleich mit der Wahlarztbehandlung würde indes nur dann greifen, wenn diese die Regelleistung darstellte und daher eine Auswahlentscheidung nicht möglich wäre, nicht aber bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Behandlung statt einer - wie hier - möglichen Behandlung durch den Wahlarzt.
30 
Dieses Ergebnis ist auch im Hinblick auf Sinn und Zweck der Tagegeldregelung gerechtfertigt, die dem Beihilfeberechtigten einen Anreiz bieten soll, auf eine wahlärztliche Behandlung zu verzichten, auf die er wegen Zahlung des Beitrags nach § 6a Abs. 2 BVO an sich Anspruch hätte, und damit dem Dienstherrn Beihilfeleistungen zu ersparen. Diese Ersparnis ergibt sich nämlich nicht nur, wenn statt der Wahlleistungen (lediglich) die allgemeinen Krankenhausleistungen in Anspruch genommen werden, sondern auch bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Behandlungen, die nach § 6a Abs. 1 Satz 2 GOÄ um 15% gekürzt werden. Soweit der Beklagte einwendet, aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO („gesondert berechnete Leistungen“) ergebe sich, dass neben dem Verzicht auf Wahlarztbehandlung Voraussetzung der Tagegeldgewährung auch deren gesonderte Erbringung und Berechnung sei, also kein Tagegeldanspruch bestehe, wenn Leistungen nicht gesondert erbracht und berechnet würden, wie dies bei Behandlungen durch den Belegarzt der Fall sei, überzeugt dies nicht, denn die Behandlung wurde hier von Dr. T. gerade gesondert erbracht und berechnet. Eben dieser Umstand wurde vom Beklagten zunächst auch als Begründung für die Ablehnung eines Tagegeldanspruchs herangezogen. Soweit der Beklagte schließlich die Argumentation des Verwaltungsgerichts im Hinblick auf die Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO vom 20.12.2013 (GBl. 2014, 53) angreift, weil dieses allein darauf abgestellt habe, dass beihilferechtlich keine Chefarztrechnung geltend gemacht worden sei, ergibt sich hieraus nichts Abweichendes. Der Beklagte räumt insoweit selbst ein, dass die Formulierung „wahlärztliche“ Leistungen anstelle von „gesondert berechnete ärztliche Leistungen“ ohne inhaltliche Änderung nur der Vereinheitlichung des Wortlauts und der Klarstellung dient und weiterhin Tagegeld nur bei der Möglichkeit der Inanspruchnahme und des Verzichts auf Wahlleistungen gewährt werde. Daher ist es auch nach der Neufassung durch § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO allein entscheidend, ob der Beihilfeberechtigte anlässlich seines Aufenthalts in einem öffentlichen Krankenhaus (§ 15 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BVO i.V.m. § 108 SGB V) oder einer Privatklinik (§ 15 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 BVO) grundsätzlich die Möglichkeit hatte, eine Wahlarztbehandlung in Anspruch zu nehmen. Dass dies vorliegend der Fall war, wurde oben dargelegt.
31 
2. Die Gewährung von Tagegeld war jedoch nur für neun Tage und damit in Höhe von 126,-- EUR (9 x 14,-- EUR) gerechtfertigt, denn nur in diesem Zeitraum (06.12. bis 14.12.2012) hielt sich der Kläger in der H...-Klinik auf. Der Beihilfebescheid vom 29.03.2013 war daher in Bezug auf den Aufenthalt in der H...-Klinik rechtswidrig, soweit damit ein den Betrag von 126,-- EUR übersteigendes Tagegeld gewährt wurde. Die Rücknahme des insoweit rechtswidrigen Verwaltungsaktes nach § 48 LVwVfG stand danach im Ermessen des Beklagten. Da der Berechnungsfehler aber vom Beklagten, wie auch dessen Vertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat einräumte, überhaupt nicht erkannt wurde, fehlt in dem die Rücknahme verfügenden Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 eine diesbezügliche Ermessensausübung, so dass die Rücknahme des Ausgangsbescheides vom 29.03.2013 nicht nur hinsichtlich des Tagegeldes für neun Aufenthaltstage, sondern auch hinsichtlich der vier weiteren Tage rechtswidrig war.
32 
3. Eine Rückforderung der gewährten Beihilfe scheidet folglich ebenfalls aus, die das Landesamt im Übrigen auch nicht auf § 49a LVwVfG hätte stützen können. Durch die Novellierung des Landesbeamtengesetzes im Rahmen der Dienstrechtsreform zum 01.01.2011 ist infolge des ersatzlosen Wegfalls des § 109 LBG a.F. keine ausdrückliche Regelung für die Rückforderung sonstiger Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften mehr vorhanden. § 49a LVwVfG ist indes nicht geeignet, diese Regelungslücke zu schließen, da er als allgemeiner Erstattungsanspruch dem besonderen Verhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn, welches geprägt ist durch eine Treuepflicht einerseits und eine Fürsorgepflicht andererseits, und dessen Auswirkungen bei der Rückforderung von in diesem besonderen Pflichtenverhältnis bezahlten Geldleistungen nicht gerecht wird (Senatsurteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris Rn. 20 ff.). Die eingetretene planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Rückforderung „sonstiger“ zu viel gezahlter Geldleistungen ist bis zu einer ausdrücklichen Regelung des Landesgesetzgebers stattdessen durch analoge Anwendung anderer (neuer) beamtenrechtlicher Vorschriften zu schließen. Ungeachtet der Wortgleichheit der dafür zur Verfügung stehenden neugefassten Rückforderungsregelungen im Besoldungs- bzw. Versorgungsrecht ist eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG vorzunehmen, da dies der früheren Regelung des § 109 LBG a.F. mit seinem Verweis auf die damals geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften am Nächsten kommt (Senatsurteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris Rn. 25).
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
35 
Beschluss vom 24. März 2017
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 182,00 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
23 
Gegenstand der auf Antrag des Beklagten zugelassenen Berufung ist lediglich der stattgebende Teil des verwaltungsgerichtlichen Urteils, da nur der Beklagte einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt hat. Im Berufungsverfahren geht es daher darum, ob das Verwaltungsgericht zu Recht den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben hat, als damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von mehr als 378,-- EUR, d.h. in Höhe von 182,-- EUR, vom Kläger zurückgefordert wurde. Rechtskräftig geworden ist das Urteil hingegen, soweit die Klage abgewiesen wurde, also hinsichtlich der (Teil-)Aufhebung des Bescheides vom 29.03.2013 durch den Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 und der Rückforderung überzahlter Beihilfe in Höhe von 378,-- EUR.
II.
24 
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
25 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben, als damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von 182,-- EUR vom Kläger zurückgefordert wurde. Der Widerspruchsbescheid ist in diesem (noch) in Streit stehenden Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beihilfebescheid vom 29.03.2013 hinsichtlich der Leistung von Tagegeld für den Aufenthalt in der H...-Klinik war zwar nur in Höhe von 126,-- EUR rechtmäßig (1.). Die verfügte Rücknahme nach § 48 LVwVfG ist aber dennoch (insgesamt) rechtswidrig (2.). Die Rückforderung des Beihilfebetrags von 182,-- EUR hat ebenfalls keinen Bestand (3.).
26 
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist maßgeblich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2015 - 5 C 2.14 -, juris Rn. 10). Da es um Tagegeld für einen stationären Aufenthalt im Dezember 2012 geht, ist die Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. 1995, 561) in der Fassung vom 14.02.2012 (GBl. 2012, 25) einschlägig, die im Übrigen mit der Nachfolgefassung vom 18.12.2012, gültig ab 01.01.2013 (GBl. 2012, 677), hinsichtlich der entscheidungserheblichen Vorschriften übereinstimmt (im Folgenden: BVO).
27 
Die im Beihilfebescheid vom 29.03.2013 gewährte Leistung von Tagegeld beruht auf § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO. Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO wurde eine Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts gewährt, wenn anlässlich der Inanspruchnahme von Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 1 oder 4 BVO gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO nicht geltend gemacht wurden. § 7 Abs. 7 Satz 1 BVO betrifft die Behandlung in Krankenhäusern nach § 7 Abs. 2 BVO, also solchen, die nicht als öffentliches Krankenhaus nach § 108 SGB V zugelassen sind. Die private H...-Klinik gehört zu diesen Krankenhäusern, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Dass gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO nur wahlärztliche Leistungen umfassen, hat nicht nur das Verwaltungsgericht mit überzeugender Argumentation begründet, worauf der Senat nach § 130b Satz 2 VwGO Bezug nimmt, sondern wird auch vom Beklagten so gesehen.
28 
Da der Kläger für seinen Aufenthalt in der H...-Klinik keine gesondert berechneten (wahl)ärztlichen Leistungen geltend gemacht hat, hat er Anspruch auf Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts. Entgegen der Auffassung des Beklagten war im Fall des Klägers ein Anspruch auf Tagegeld nicht „denknotwendig“ ausgeschlossen, weil der Kläger keine Wahlarztleistungen in Anspruch nehmen und daher auch nicht auf diese verzichten konnte. Zwar ist dem Beklagten im Ausgangspunkt zuzustimmen, dass die Gewährung von Tagegeld voraussetzt, dass der Beihilfeberechtigte eine Beihilfe zu den Wahlleistungen hätte erhalten können, wenn er die Wahlleistungen in Anspruch genommen hätte und folglich Tagegeld ausscheidet, wenn die Inanspruchnahme von Wahlleistungen gar nicht möglich war. Dass der Kläger, nachdem er sich für die Belegarztbehandlung entschieden hatte, keine Wahlarztbehandlung mehr in Anspruch nehmen konnte, steht indes dem Vorhandensein einer Wahlmöglichkeit nicht entgegen. Wenn in dem Krankenhaus des stationären Aufenthalts, sei es in einem öffentlichen, sei es in einem privaten, grundsätzlich die Möglichkeit geboten wird, eine Wahlarztbehandlung in Anspruch zu nehmen, sich der Beihilfeberechtigte aber statt für die Wahlarztbehandlung für eine Belegarztbehandlung entscheidet, hatte er die erforderliche Wahlmöglichkeit. Vorliegend bestand diese Wahlmöglichkeit, da in der H...-Klinik Wahlarztbehandlung angeboten wird (s. http://www...-kliniken.de/klinik/titisee-neustadt/ihr-klinikaufenthalt/ihre-wahlleistungen/ihr-wahlarzt.html sowie http://www...-privatkliniken.de/kosten/allgemein/). Der Kläger hat von dieser Wahlmöglichkeit dahingehend Gebrauch gemacht, dass er sich statt für die wahlärztliche für die belegärztliche Behandlung entschieden hat. Dass er, nachdem er sich einmal für die Belegarztbehandlung entschieden hat, keine Wahlarztbehandlung mehr in Anspruch nehmen kann, ist unerheblich. Die abweichende Auffassung des Beklagten würde zu einem künstlichen Auseinanderreißen eines einheitlichen Sachverhalts führen, der in der stationären Behandlung besteht, innerhalb welcher verschiedene Behandlungsoptionen - Hauptabteilung, Wahlarzt, Belegarzt - eröffnet sind. Der Beklagte räumt im Übrigen auch ein, dass der Beihilfeberechtigte eine Wahlmöglichkeit hat, auch wenn er hierbei nur die Behandlung in der Hauptabteilung eines Krankenhauses und in der Belegabteilung in den Blick nimmt. Soweit er in diesem Zusammenhang weiter ausführt, dass es bei der Entscheidung für den Belegarzt dem Patienten zunächst nicht um die Reduzierung von Kosten für den Beihilfeträger gehe, sondern die Behandlung durch einen bestimmten, durch seine Expertise ausgewiesenen Arzt, mag dies zwar zutreffen und ermöglicht dem Beihilfeberechtigten, auch ohne Chefarztbehandlung einen Arzt seiner Wahl in Anspruch zu nehmen. Wenn der Beklagte die belegärztliche Behandlung aber als für das Tagegeld anspruchsvernichtend ansehen will, muss er dies entsprechend in den einschlägigen Vorschriften der §§ 6a und 15 Abs. 4 BVO ausdrücklich regeln. Dass er dies bislang offenbar nicht gewollt hat, zeigt der Umstand, dass er die gesondert berechnete belegärztliche Behandlung nach § 18 KHEntG und § 16 Satz 1 BPflV ausdrücklich bei der Behandlung in Privatkliniken als beihilfefähig festgeschrieben und dabei zwischen „gesondert berechneten wahlärztlichen Leistungen“ und „gesondert berechneten belegärztlichen Leistungen“ differenziert (s. § 7 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 und 4 BVO in der seit 01.04.2014 geltenden Fassung vom 20.12.2013, GBl. 2014, 53), in der gleichzeitig erfolgten Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO aber ausdrücklich nur nicht beanspruchte „wahlärztliche Leistungen“ bei der Tagegeldregelung berücksichtigt hat.
29 
Soweit der Beklagte zur Stützung seiner Auffassung die Regelung über die Wahlleistung Unterkunft heranzieht, vermag dies nicht zu überzeugen. Wenn das Zweibettzimmer keine Wahlleistung, sondern die Regelleistung darstellt, kann der Beihilfeberechtigte nämlich nicht zwischen der Regelleistung und der Wahlleistung „Unterkunft im Zweibettzimmer“ wählen, weil es diese Leistung gar nicht als Wahlleistung gibt. Dass ihm dann kein Tagegeld zusteht, weil die Regelleistung bereits in der DRG-Fallpauschale bzw. den Basis-/Abteilungspflegesätzen enthalten ist - und damit dem Beklagten auch kein Mehraufwand entsteht -, ist konsequent (s. auch VwVBVO vom 24.04.2012 Nr. 4 zu § 15, GABl. 2012, 383 = Die Justiz 2012, 341). Der vom Beklagten angestellte Vergleich mit der Wahlarztbehandlung würde indes nur dann greifen, wenn diese die Regelleistung darstellte und daher eine Auswahlentscheidung nicht möglich wäre, nicht aber bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Behandlung statt einer - wie hier - möglichen Behandlung durch den Wahlarzt.
30 
Dieses Ergebnis ist auch im Hinblick auf Sinn und Zweck der Tagegeldregelung gerechtfertigt, die dem Beihilfeberechtigten einen Anreiz bieten soll, auf eine wahlärztliche Behandlung zu verzichten, auf die er wegen Zahlung des Beitrags nach § 6a Abs. 2 BVO an sich Anspruch hätte, und damit dem Dienstherrn Beihilfeleistungen zu ersparen. Diese Ersparnis ergibt sich nämlich nicht nur, wenn statt der Wahlleistungen (lediglich) die allgemeinen Krankenhausleistungen in Anspruch genommen werden, sondern auch bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Behandlungen, die nach § 6a Abs. 1 Satz 2 GOÄ um 15% gekürzt werden. Soweit der Beklagte einwendet, aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO („gesondert berechnete Leistungen“) ergebe sich, dass neben dem Verzicht auf Wahlarztbehandlung Voraussetzung der Tagegeldgewährung auch deren gesonderte Erbringung und Berechnung sei, also kein Tagegeldanspruch bestehe, wenn Leistungen nicht gesondert erbracht und berechnet würden, wie dies bei Behandlungen durch den Belegarzt der Fall sei, überzeugt dies nicht, denn die Behandlung wurde hier von Dr. T. gerade gesondert erbracht und berechnet. Eben dieser Umstand wurde vom Beklagten zunächst auch als Begründung für die Ablehnung eines Tagegeldanspruchs herangezogen. Soweit der Beklagte schließlich die Argumentation des Verwaltungsgerichts im Hinblick auf die Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO vom 20.12.2013 (GBl. 2014, 53) angreift, weil dieses allein darauf abgestellt habe, dass beihilferechtlich keine Chefarztrechnung geltend gemacht worden sei, ergibt sich hieraus nichts Abweichendes. Der Beklagte räumt insoweit selbst ein, dass die Formulierung „wahlärztliche“ Leistungen anstelle von „gesondert berechnete ärztliche Leistungen“ ohne inhaltliche Änderung nur der Vereinheitlichung des Wortlauts und der Klarstellung dient und weiterhin Tagegeld nur bei der Möglichkeit der Inanspruchnahme und des Verzichts auf Wahlleistungen gewährt werde. Daher ist es auch nach der Neufassung durch § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO allein entscheidend, ob der Beihilfeberechtigte anlässlich seines Aufenthalts in einem öffentlichen Krankenhaus (§ 15 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BVO i.V.m. § 108 SGB V) oder einer Privatklinik (§ 15 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 BVO) grundsätzlich die Möglichkeit hatte, eine Wahlarztbehandlung in Anspruch zu nehmen. Dass dies vorliegend der Fall war, wurde oben dargelegt.
31 
2. Die Gewährung von Tagegeld war jedoch nur für neun Tage und damit in Höhe von 126,-- EUR (9 x 14,-- EUR) gerechtfertigt, denn nur in diesem Zeitraum (06.12. bis 14.12.2012) hielt sich der Kläger in der H...-Klinik auf. Der Beihilfebescheid vom 29.03.2013 war daher in Bezug auf den Aufenthalt in der H...-Klinik rechtswidrig, soweit damit ein den Betrag von 126,-- EUR übersteigendes Tagegeld gewährt wurde. Die Rücknahme des insoweit rechtswidrigen Verwaltungsaktes nach § 48 LVwVfG stand danach im Ermessen des Beklagten. Da der Berechnungsfehler aber vom Beklagten, wie auch dessen Vertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat einräumte, überhaupt nicht erkannt wurde, fehlt in dem die Rücknahme verfügenden Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 eine diesbezügliche Ermessensausübung, so dass die Rücknahme des Ausgangsbescheides vom 29.03.2013 nicht nur hinsichtlich des Tagegeldes für neun Aufenthaltstage, sondern auch hinsichtlich der vier weiteren Tage rechtswidrig war.
32 
3. Eine Rückforderung der gewährten Beihilfe scheidet folglich ebenfalls aus, die das Landesamt im Übrigen auch nicht auf § 49a LVwVfG hätte stützen können. Durch die Novellierung des Landesbeamtengesetzes im Rahmen der Dienstrechtsreform zum 01.01.2011 ist infolge des ersatzlosen Wegfalls des § 109 LBG a.F. keine ausdrückliche Regelung für die Rückforderung sonstiger Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften mehr vorhanden. § 49a LVwVfG ist indes nicht geeignet, diese Regelungslücke zu schließen, da er als allgemeiner Erstattungsanspruch dem besonderen Verhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn, welches geprägt ist durch eine Treuepflicht einerseits und eine Fürsorgepflicht andererseits, und dessen Auswirkungen bei der Rückforderung von in diesem besonderen Pflichtenverhältnis bezahlten Geldleistungen nicht gerecht wird (Senatsurteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris Rn. 20 ff.). Die eingetretene planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Rückforderung „sonstiger“ zu viel gezahlter Geldleistungen ist bis zu einer ausdrücklichen Regelung des Landesgesetzgebers stattdessen durch analoge Anwendung anderer (neuer) beamtenrechtlicher Vorschriften zu schließen. Ungeachtet der Wortgleichheit der dafür zur Verfügung stehenden neugefassten Rückforderungsregelungen im Besoldungs- bzw. Versorgungsrecht ist eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG vorzunehmen, da dies der früheren Regelung des § 109 LBG a.F. mit seinem Verweis auf die damals geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften am Nächsten kommt (Senatsurteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris Rn. 25).
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
35 
Beschluss vom 24. März 2017
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 182,00 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.10.2013 - 6 K 702/13 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Kassenleistungen in Höhe von 3.237,60 EUR.
Die Klägerin ist B1-Mitglied bei der Beklagten. Sie war in der Zeit von Dezember 2003 bis Juli 2005 in Behandlung bei Dr. K. Dieser wurde mit Urteil des Landgerichts München I vom 24.08.2011 - 12 KLs 569 Js 39263/05 - wegen Betrugs in Mittäterschaft in 1554 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung lag nach den Feststellungen des Landgerichts der Sachverhalt zugrunde, dass Dr. K. einem Teil seiner Patienten folgende Vorgehensweise vorschlug: Auf der Rechnung werde er nicht die tatsächlich erbrachten Leistungen der Bioresonanztherapie, der Bioenergetischen Fokalherdtherapie und der EAV-Testung aufführen. Vielmehr werde er statt der Bioresonanztherapie und der Bioenergetischen Fokalherdtherapie auf der Rechnung die Leistungen mit „Akupunktur“ (269a GOÄ), „Infiltrationsbehandlung“ (268 GOÄ) und „Systembezogene Untersuchung“ (5 GOÄ) ausweisen. Die EAV-Testung werde er auf der Rechnung mit „Epikutantest“ (380 GOÄ), „Pricktest“ (385 GOÄ), „Pricktest (20 x)“ (386 GOÄ) und „Pricktest (20 x)“ (387 GOÄ) bezeichnen. Die Patienten, die auf diesen Vorschlag eingegangen seien, werden in dem Strafurteil entsprechend der aus der Anklage vom 06.09.2010 übernommenen Nummer aufgeführt; danach wird die Klägerin unter den Nummern 1010, 1068, 1136, 1428 und 1498 ausdrücklich erwähnt. Das Urteil des Landgerichts München I ist seit 09.02.2012 rechtskräftig.
Mit Bescheid vom 17.10.2012 nahm die Beklagte die Leistungsabrechnungen gegenüber der Klägerin vom 04.02.2004, 22.03.2004, 11.05.2004, 25.11.2004, 25.01.2005 und 14.07.2005 zurück und forderte von der Klägerin die aus ihrer Sicht ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 6.795,83 EUR (Beihilfe- und Kassenleistungen) zurück. Hiergegen erhob die Klägerin mit der Begründung Widerspruch, es sei unzutreffend, dass falsche Rechnungsstellungen nach Absprache mit den Patienten getroffen worden seien. Jedenfalls zwischen ihr und Dr. K. habe es keine Absprache in Richtung auf eine falsche Rechnungsstellung gegeben. Sie sei von der Ordnungsgemäßheit dieser Rechnungen ausgegangen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Widerspruchsausschusses II der Beklagten vom 24.01.2013 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, der Rückforderungsanspruch werde hinsichtlich der Kassenleistungen in Höhe von 3237,60 EUR geltend gemacht. Die Rücknahme der Bewilligungsbescheide sei in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erfolgt. Das Interesse der Versichertengemeinschaft an der Erbringung satzungsgemäßer Leistungen überwiege das Interesse der Klägerin am Behaltendürfen der rechtswidrigen Leistungen. Das Vertrauen der Klägerin sei nicht schutzwürdig. Der Rückforderungsanspruch sei nicht verjährt. Sie habe am 17.10.2012 festgestellt, dass der Klägerin an den oben genannten Daten Leistungen zu Unrecht gewährt worden seien. Am gleichen Tag sei die Rückforderung fristgerecht durchgeführt worden. Besondere Billigkeitsgesichtspunkte seien nicht vorhanden. Der Widerspruchsbescheid wurde am 29.01.2013 zugestellt.
Am 27.02.2013 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, die angefochtenen Bescheide aufzuheben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bezüglich der Rückforderung von Leistungen fehle es an einer Ermessensausübung. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass sie keine Ahnung von den fachspezifischen Eigenheiten ärztlicher Abrechnungen habe, die angesetzten Gebührenpositionen nicht gekannt habe und davon ausgegangen sei, dass der behandelnde Arzt seine Abrechnungen korrekt erstelle. Zu Unrecht werde ihr arglistige Täuschung und damit strafbares Verhalten unterstellt. Sie habe die Abrechnungen von Dr. K. ungeprüft bei der Beklagten eingereicht. Der Rückforderungsanspruch sei verjährt. Die polizeilichen Ermittlungen seien im Jahre 2008 abgeschlossen gewesen. Die den Regress begründenden Umstände seien der Beklagten bekannt gewesen und hätten bis Ende 2011 geltend gemacht werden müssen. Die Beklagte hat ihre ablehnende Position aufrecht erhalten und u.a. ausgeführt, nach dem landgerichtlichen Urteil stehe fest, dass die Rechnungen von Dr. K. von den Patienten entsprechend einem gemeinsamen Tatplan jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Rechnungsstellung bei den jeweiligen Krankenversicherungen und Beihilfestellen zur Erstattung eingereicht worden seien. Die Rückforderung der rechtswidrig gewährten Leistungen sei zwingend vorgeschrieben. Insoweit habe kein Ermessensspielraum bestanden. Auch die Verjährungsvorschrift des § 79 Abs. 4 der Satzung der Beklagten stehe der Geltendmachung der Rückforderung nicht entgegen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 01.10.2013 ohne mündliche Verhandlung abgewiesen und ausgeführt, die zulässige Klage sei nicht begründet. Rechtsgrundlage für die angefochtene Rücknahme der ursprünglichen Leistungsbescheide und für die Rückforderung von Leistungen in Höhe von 3.237,60 EUR sei § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten in der zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013 i.V.m. § 48 VwVfG. Nach § 30 Abs. 4 der Satzung seien zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die streitigen Leistungen der Klägerin durch die im Rückforderungsbescheid vom 17.10.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte bewilligt worden seien, sei die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass als Voraussetzung für die Rückforderung diese Verwaltungsakte zurückgenommen werden müssten. Die Rücknahme der ursprünglichen Leistungsbescheide durch den Bescheid vom 17.10.2012 sei auch rechtmäßig erfolgt. Die Leistungen seien objektiv zu Unrecht gewährt worden. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige Geldleistung gewähre, dürfe zwar nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut habe und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig sei (§ 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Auf Vertrauensschutz könne sich der Begünstigte nach § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG allerdings nicht berufen, wenn wie hier der Ausschlussgrund nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG vorliege. Denn die Klägerin habe die begünstigenden Leistungsbescheide durch arglistige Täuschung erwirkt. Sie seien von Anfang an rechtswidrig gewesen, da die geltend gemachten Leistungen von dem behandelnden Arzt nicht erbracht worden seien. Dr. K. sei deshalb strafgerichtlich wegen Betrugs in Mittäterschaft zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Im strafgerichtlichen Verfahren habe sich Dr. K. dahingehend eingelassen, dass er, nachdem bezüglich der von ihm durchgeführten Testungen und Therapien keine direkten Nummern in der GOÄ vorhanden seien, die Behandlungen analog anderer Nummern abgerechnet habe. Jeder Patient habe einen Hinweiszettel erhalten, durch welchen ihm bewusst gewesen sei, dass es sich um eine analoge Abrechnung handele. Der Patient hätte den Hinweiszettel bei seiner Versicherung mit einreichen sollen. In den Urteilsgründen des landgerichtlichen Urteils sei die Klägerin - neben einer Vielzahl anderer Patientinnen und Patienten - namentlich als Patientin aufgeführt, die sich mit der von Dr. K. vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden erklärt habe. Weiter seien in den Gründen des landgerichtlichen Urteils die durch Leistungsbescheide der Beklagten vom 04.02.2004, 22.03.2004, 11.05.2004, 25.01.2005 und 14.07.2005 festgesetzten Kassenleistungen ausdrücklich aufgeführt. Die Klägerin gehöre daher zum Kreis derjenigen Personen, die am Betrug von Dr. K. als Mittäter beteiligt gewesen seien. Sie könne daher nicht mit Erfolg einwenden, sie habe gerade wegen des unterschriebenen Hinweisblattes davon ausgehen können, dass Dr. K. seine Leistungen korrekt abgerechnet habe. Die Feststelllungen im Strafurteil beruhten weiter auf der Zeugenaussage des polizeilichen Sachbearbeiters W. Dieser habe angegeben, dass bei der Durchsuchung in allen Patientenakten ein grünes, von den Patienten unterschriebenes Belehrungsblatt gefunden worden sei. In diesem sei der jeweilige Patient darauf hingewiesen worden, dass durch den Angeklagten die Bioresonanztherapie, die Bioenergetische Fokalherdtherapie und die EAV-Testung als ärztliche Leistungen erbracht worden seien und diese analog den Nummern für die GOÄ-Nummern der Leistungen „Systembezogene Untersuchung“, „Akupunktur‘, „Infiltrationsbehandlung“, „Pricktest“ und „Epikutantest“ abgerechnet worden seien. Die Klägerin räume ein, ein derartiges Belehrungsblatt unterschrieben zu haben, sich aber nicht mehr an dessen genauen Wortlaut erinnern zu können. Sie habe daher durch vorsätzliches Verhalten eine Ursache für den Erlass der rechtswidrigen Leistungsbescheide gesetzt. Obwohl Dr. K. sie ausdrücklich darüber informiert habe, dass er in seinen Rechnungen Leistungen aufführe, die er nicht erbracht habe, habe sie diese bei der Beklagten eingereicht, um die entsprechenden Kassenleistungen zu bekommen, und die beteiligten Mitarbeiter der Beklagten so arglistig getäuscht. Auch wenn der Leistungsbescheid vom 25.11.2004, in dem Kassenleistungen in Höhe von 923,36 EUR festgesetzt worden seien, nicht im Strafurteil aufgeführt sei, habe die Klägerin auch ihn durch unrichtige Angaben erwirkt. Denn in der mit dem Erstattungsantrag vorgelegten Rechnung des Dr. K. vom 02.11.2011 würden - wie in den Rechnungen, die Gegenstand des strafgerichtlichen Verfahrens gewesen seien,- Gebühren für Infiltrationsbehandlung und Akupunktur geltend gemacht.
Der Rücknahme der rechtswidrigen Bescheide stehe § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG nicht entgegen. Denn die darin vorgesehene Jahresfrist seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme gemäß § 48 Abs. 4 S. 2 VwVfG gelte nicht im Falle, dass der Begünstigte den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt habe. Die Rücknahme sie auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Unschädlich sei, dass die erforderlichen Ermessenserwägungen erst im Widerspruchsbescheid enthalten seien.
Seien somit die Leistungsbescheide nachträglich weggefallen, habe die Klägerin auch die von der Beklagten geforderten 3.237,60 EUR zurückzuerstatten. Die Rückforderung sei nach § 30 Abs. 5 Satz 1 der Satzung zwingend vorgeschrieben. Offen bleiben könne, ob insoweit § 49a Abs. 2 Satz 1 VwVfG ergänzend Anwendung finde, der für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweise. Denn nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG könne sich der Begünstigte auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen, soweit er die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsaktes geführt hätten, gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Diese Voraussetzungen hätten bei der Klägerin vorgelegen. Damit sei ihr auch bei Anwendung des § 49a VwVfG der Entreicherungseinwand verwehrt.
Der Rückerstattungsanspruch sei auch noch nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 79 Abs. 4 Satz 1 der Satzung beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und die Beklagte von den in Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe (§ 79 Abs. 4 Satz 2 der Satzung). Da die Rückforderung erst mit Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen im Bescheid vom 17.10.2012 entstanden sei, habe die Verjährungsfrist erst mit Ablauf des Jahres 2012 zu laufen begonnen.
10 
Die Klägerin hat die vom Senat zugelassene Berufung innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 07.05.2014 begründet. Sie trägt vor, die vom Verwaltungsgericht übernommene Feststellung aus dem strafgerichtlichen Urteil, es liege ein Betrug in Mittäterschaft der Klägerin vor, sei unzutreffend. Die Klägerin sei im landgerichtlichen Verfahren weder als Beschuldigte geführt noch sei gegen sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Sie sei dort nicht beteiligt und auch nicht als Zeugin gehört worden. Das Verwaltungsgericht habe durch die Übernahme dieser Feststellungen des Landgerichts gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Es habe sich nämlich lediglich darauf beschränkt, die von der Beklagten vorgelegten Auszüge aus dem Strafurteil gegen Dr. K. zu übernehmen. Mögliche Beweismittel seien nicht erhoben worden. Darüber hinaus habe das Erstgericht eine überraschende Entscheidung getroffen und in diesem Zusammenhang auch gegen Hinweispflichten verstoßen. Es sei nicht darauf hingewiesen worden, dass ohne jegliche weiteren Ermittlungen zu entscheiden beabsichtigt sei und von der Beklagten vorgelegte Auszüge des Strafurteils gegen Dr. K. übernommen werden sollten. Eine Stellungnahme hierzu sei nicht möglich gewesen bzw. eine Gelegenheit zur Stellungnahme nicht eingeräumt worden. Das Original des vom Verwaltungsgericht zitierten, aber nicht beigezogenen Hinweisblattes weise unterhalb der Ausstellereigenschaft von Dr. K. Folgendes aus: „Die von mir gewünschte Behandlung ist nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Die von mir gewünschte Behandlung kann nicht mit jeder Krankenkasse abgerechnet werden. Ich wünsche durch den behandelnden Arzt die folgenden Leistungen in Anspruch zu nehmen“. Sodann werde hinsichtlich der angebotenen Therapien, u.a. wie im Fall der Klägerin Bioresonanztherapie ausgeführt, dass die analog bestimmter GOÄ-Nummern unter Angabe des entsprechenden Gebührensatzes (2,3 bzw. 1,5) abgerechnet werde als Akupunktur, Infiltration und Symptomuntersuchung. Das Verwaltungsgericht habe auf dieser Basis zu Unrecht die bloße landgerichtliche Verurteilung und die dort getroffenen Feststellungen ausreichen lassen, um von einer arglistigen Täuschung durch die Klägerin auszugehen. Arglist sei nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht zitiere unvollständig, denn im Strafurteil heiße es auf S. 8, der angeklagte Dr. K. habe diese Vorgehensweise vorgeschlagen, „um dennoch eine Erstattung der von ihm erbrachten Leistungen durch die Versicherungen und Beihilfestellen an die Patienten sicherzustellen“. Weder diese letztgenannte Unterstellung des Strafgerichts noch die vom Verwaltungsgericht durchgeführte Bezugnahme, die Klägerin sei als eine derjenigen Patientinnen genannt, welche auf diesen Vorschlag eingegangen seien, fänden aber irgendeine Grundlage in tatsächlichen Beweiserhebungen und Feststellungen. Die Klägerin sei nicht vernommen worden und habe sich nie zu strafrechtlichen Vorwürfen äußern können. Nicht einmal die Strafkammer habe konkrete unmittelbare Feststellungen zu dem grünen Hinweisblatt getroffen, sondern dieses nur indirekt über die Aussage des Kriminalbeamten W. eingeführt. Dabei seien die Aussagen auf diesem grünen Belehrungsblatt eindeutig inhaltlich gegenteilig, nämlich dahingehend, dass die gewünschte Behandlung nicht Bestandteil vertragsärztlicher Versorgung sei und nicht mit jeder Krankenkasse abgerechnet werden könne. Wenn aber von vornherein klar sei, dass nicht zweifelsfrei eine Erstattung durch die Krankenkasse erfolge, ergebe es keinen Sinn, dass die anschließend aufgeführte Darstellung der Abrechnungen der vereinbarten Leistungen nach analogen Tatbeständen der GOÄ eine rechtswidrige Zielrichtung haben solle. Vielmehr ergebe sich eine schlüssige Erklärung hierzu gerade aus der Bemerkung, die Dr. K. seinerzeit gegenüber der Klägerin gemacht habe, dass er diese Abrechnungsziffern analog deswegen wähle, weil für die von ihm erbrachten Behandlungen eigene GOÄ-Nummern noch fehlen würden. Ebenso wenig wie diesen Sachverhalt habe das Verwaltungsgericht weitere Gesichtspunkte gewürdigt, die gegen eine Arglist bzw. Mittäterschaft der Klägerin sprächen: Einem Laien wie der Klägerin sei nicht ohne weiteres erkennbar, ob und was für ein Unterschied zwischen Akupunkturbehandlungen und Bioresonanzbehandlungen liege. Das eine finde mit Metallnadeln statt, das andere mit Elektroden. Eine Analogie auch bei der Abrechnung, zumal wenn sie von dem Arzt erklärt werde, erscheine nicht ohne weiteres als zweifelhaft. Hätte Dr. K. tatsächlich allen Patienten, wie ihm zur Last gelegt, offengelegt, dass er falsch abrechne und die von ihm schriftlich angegebene analoge Abrechnung gerade nicht rechtmäßig sei, so hätte er damit 1.554 Personen zu Mitwissern seiner Falschabrechnung gemacht. Wäre dies richtig, so hätte er zwangsläufig damit rechnen müssen, binnen kurzer Zeit hinsichtlich seiner betrügerischen Aktion aufzufliegen. Tatsächlich habe er gerade mit dem grünen Hinweisblatt das gegenteilige Ziel verfolgt, nämlich die Rechtmäßigkeit seiner Abrechnungsweise den Patienten vorzuspiegeln, die somit nicht Mittäter, sondern Opfer oder Werkzeuge seines betrügerischen Handelns geworden seien.
11 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Regelung in § 48 Abs. 4 VwVfG einschlägig. Dies resultiere daraus, dass keine arglistige Täuschung der Klägerin vorliege. Die Beklagte hätte binnen Jahresfrist ab Kenntnis die Rückforderung geltend machen müssen, habe dies aber nicht getan, so dass sie mit ihrer Forderung ausgeschlossen sei. Hinzu komme, dass auch die dreijährige Verjährungsfrist einschlägig sei. Denn die Argumentation des Erstgerichts, die Verjährungsfrist beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und die Beklagte von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe mit der Konsequenz, dass die Forderung erst mit der Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen entstanden sei, stelle einen Zirkelschluss dar. Mit dieser Argumentation könne jede Behörde den Beginn der eigenen Verjährungsfrist erst aktiv festlegen durch ihren entsprechenden Bescheid. Dies wäre eine Umgehung der Verjährungsregelung. Die Beklagte müsse sich die Kenntniserlangung der anspruchsbegründenden Tatsachen, wenn ein entsprechender Anspruch denn bestünde, bereits im Jahr 2008 zurechnen lassen. Insoweit seien die Ausführungen im Strafurteil vom 28.04.2011 hinsichtlich des dortigen Ermittlungsganges zu verwerten, durch den die Beklagte auch Kenntnis erlangt habe. Da bereits in der Anklageschrift die Klägerin als eine der vielen Patienten/-innen mit falschen Abrechnungen von Dr. K. genannt sei, ergebe sich hieraus, dass die Beklagte spätestens im Jahr 2008 Kenntnis des Sachverhalts gehabt habe, nachdem in diesem Jahr die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München abgeschlossen worden seien. Daher komme die Rückforderung erst 2012 zu spät.
12 
Schließlich sei die Klägerin auch entreichert. Ein doloses Handeln liege nicht vor. Die Klägerin habe aber auch keinen finanziellen Vorteil durch die angeblichen Betrügereien des Dr. K. erlangt. Sie habe die Rechnungen bezahlt und somit die vollständigen Erstattungsleistungen der Beklagten auf diese verwendet. Auch hieraus werde deutlich, dass sie nichts anderes als ein Werkzeug des Dr. K. gewesen sei, das in Unkenntnis der tatsächlichen Rechts- und Abrechnungslage diesem Einnahmen verschafft habe. Auch weil dieser Gesichtspunkt unzutreffend gewürdigt worden sei, habe die Beklagte ermessensfehlerhaft entschieden.
13 
Die Klägerin beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.10.2013 - 6 K 702/13 - aufzuheben, ebenso den Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013, soweit jeweils Kassenleistungen betroffen sind;
15 
außerdem die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt im Einzelnen aus: Gegen den Amtsermittlungsgrundsatz sei nicht verstoßen worden. Eine weitere Aufklärung habe sich nicht aufgedrängt. Die anwaltlich vertretene Klägerin habe es unterlassen, eine entsprechende Zeugenvernehmung zu beantragen. Auch eine Überraschungsentscheidung liege nicht vor, da die Klägerin bis zur Urteilsverkündung ausreichend Zeit gehabt habe, auf die Klageerwiderung der Beklagten Stellung zu nehmen und zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen. Auch ein Verwertungsverbot hinsichtlich der strafgerichtlichen Verurteilung liege nicht vor. Unabhängig von der nicht entscheidungserheblichen Frage, ob ein strafbares Verhalten der Klägerin vorliege, stehe fest, dass auf den Rechnungen von Dr. K. nicht erbrachte Leistungen aufgeführt seien. Ein Hinweis auf eine analoge Abrechnung der Gebührennummern finde sich in den Rechnungen nicht. Indem die Klägerin diese Rechnungen bei der Beklagten zur Erstattung eingereicht habe, obwohl sie gewusst oder es jedenfalls für möglich gehalten habe, dass diese unrichtigen Angaben zu den erbrachten Leistungen keinerlei Hinweise auf eine mögliche analoge Abrechnung bestimmter Gebührenziffern enthielten, habe sie arglistig gehandelt. Ferner sei für die Klägerin die Fehlerhaftigkeit der Bescheide der Beklagten im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG offensichtlich erkennbar gewesen. Sie habe aufgrund des gemeinsamen Tatplans und des Hinweises des behandelnden Arztes positive Kenntnis davon gehabt, dass die Leistungsabrechnungen der Beklagten fehlerhaft gewesen seien. Jedenfalls hätte die Klägerin aufgrund der jeweiligen eindeutigen Texte zu den einzelnen Gebührenpositionen der Rechnungen von Dr. K. ohne besondere Mühe und im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre erkennen können, dass rechtswidrig ärztliche Leistungen erstattet worden seien, obwohl sie diese niemals erhalten gehabt habe. Spezielle Kenntnisse zu den Abrechnungsziffern der GOÄ seien hierzu nicht erforderlich gewesen. Nach den Feststellungen des Strafurteils habe eine arglistige Täuschung vorgelegen; jedenfalls habe die Klägerin Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Leistungsbescheide gehabt bzw. die Rechtswidrigkeit grob fahrlässig verkannt. Die Fehlerhaftigkeit der Bescheide der Beklagten sei für die Klägerin offensichtlich erkennbar gewesen. Ihr habe sich aufdrängen müssen, dass sie gerade keine Injektionen und somit auch keine Infiltrationsbehandlung erhalten habe. Ihr sei es zumutbar gewesen die von ihr eingereichten Rechnungen auf Grundlage ihrer individuellen Kenntnisse und Fähigkeit auf Richtigkeit zu überprüfen und darauf zu achten, dass ausschließlich die tatsächlich erbrachten ärztlichen Leistungen aufgeführt seien. Vorliegend habe sie es unterlassen, die von ihr eingereichten Rechnungen auch nur ansatzweise auf Richtigkeit und Plausibilität zu überprüfen.
19 
Zutreffend führe das Verwaltungsgericht auch aus, dass die Rückforderung erst mit Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen im Bescheid vom 17.10.2012 entstanden und damit der Rückforderungsanspruch nicht verjährt sei. Ferner sei die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG innerhalb der Jahresfrist seit Kenntnisnahme der Tatsachen, welche die Rücknahme rechtfertigten, erfolgt. Die Beklagte habe am 17.10.2012 positive Kenntnis erlangt, dass die fraglichen Leistungen zu Unrecht gewährt worden seien und die weiteren Voraussetzungen für eine Rücknahme vorlägen. Dagegen spreche auch nicht die Tatsache, dass die Beklagte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens bzw. aus der Anklageschrift Kenntnis von dem - dem Strafverfahren zugrundeliegenden - Sachverhalt erlangt habe. Im vorliegenden Fall habe der Ausgang des Strafverfahrens gegen Dr. K. durch rechtskräftiges Strafurteil abgewartet werden müssen, da die Beklagte erst zu diesem Zeitpunkt eine sichere Kenntnis über die Tatsachen gehabt habe, die eine Rücknahme rechtfertigten. Schließlich könne sich die Klägerin nicht auf Entreicherung berufen.
20 
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bei ihrer informatorischen Anhörung ausgeführt, sie sei von der Erstattungsfähigkeit der erbrachten Leistungen ausgegangen. Dr. K. habe sie einen grünen Zettel über Analogabrechnungen unterschreiben lassen, sie habe aber keine Mehrfertigung erhalten. Bei Rechnungsstellung mit Abrechnung von „Akupunktur“ habe sie dann in der Praxis nachgefragt und um Übersendung einer Kopie des grünen Zettels gebeten, diese aber nie erhalten. Ihr sei bei wiederholter Nachfrage von den Mitarbeiterinnen der Praxis mitgeteilt worden, die Rechnung habe wegen der Analogabrechnungen ihre Richtigkeit. Sie habe es dann unterlassen, weiter zu insistieren, und die Rechnungen eingereicht. Der Senat hat Zeugenbeweis durch Vernehmung von Dr. K. erhoben. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zum Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
21 
Die Akten der Beklagten, das Strafurteil des Landgerichts München I und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart waren Gegenstand des Verfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013 - jeweils bezogen auf Kassenleistungen - sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
23 
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Rechtsgrundlage für die Rückforderung § 30 Abs. 4 der Satzung der beklagten Postbeamtenkrankenkasse in der zur Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013, i. V. m. § 48 VwVfG ist.
24 
Nach § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten sind zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die im Rückforderungsbescheid vom 17.12.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte ausgestaltet waren, bedurfte es als Voraussetzung einer Rückforderung zunächst der Aufhebung dieser Verwaltungsakte, was durch deren Rücknahme im Rahmen des Bescheids vom 17.12.2012 geschehen ist. Sowohl diese Rücknahme (1) als auch die Rückforderung (2) sind rechtmäßig erfolgt.
25 
1. Die Rücknahme der Geldleistung gewährenden Verwaltungsakte richtet sich nach § 48 Abs. 1 und 2 VwVfG.
26 
a) Die im Bescheid erfassten sechs Leistungsabrechnungen waren objektiv rechtswidrig (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da jeweils Leistungen abgerechnet wurden, die so nicht erbracht worden sind. Hiervon ist die Beklagte zu Recht ausgegangen. Das hat sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Darin hat der Zeuge angegeben, dass seine medizinischen Leistungen stets auf die Bioresonanztherapie und die weiteren im Tatbestand genannten Leistungen beschränkt waren und er herkömmliche Leistungen, wie sie formal den Abrechnungen zugrunde lagen, nicht erbracht hat. Dass er sich an den konkreten Patientenkontakt mit der Klägerin nicht erinnerte, beeinträchtigt die Glaubhaftigkeit seiner generellen Aussage nicht, sondern erscheint angesichts des Zeitabstands und der Vielzahl seiner Patientinnen und Patienten plausibel. Des weiteren spricht für die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Aussage, dass sich seine Angaben hierzu mit den Feststellungen in dem gegen ihn ergangenen Strafurteil decken. Hinzu kommt, dass auch die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat angegeben hat, sich gerade wegen der Bioresonanztherapie zur Behandlung beim Zeugen begeben zu haben, da herkömmliche Therapien bei ihr erfolglos geblieben seien.
27 
b) Auf Vertrauensschutz, der grundsätzlich nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG einer Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte entgegensteht, kann sich die Klägerin nicht berufen, denn er wird im vorliegenden Fall durch § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen.
28 
aa) Dabei folgt der Senat nicht der Annahme des Verwaltungsgerichts, die jeweiligen Verwaltungsakte seien durch arglistige Täuschung erwirkt, und damit sei § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG erfüllt. Die Klägerin hat insoweit formal zu Recht beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die Annahme einer arglistigen Täuschung maßgeblich aus den Feststellungen des gegen den Zeugen ergangenen Strafurteils abgeleitet hat, obgleich die Klägerin trotz des dort erhobenen Kollusionsvorwurfs mit dem Zeugen weder in dieses Strafverfahren einbezogen noch überhaupt je gegen sie in diesem Zusammenhang ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Aber auch inhaltlich fehlt dem Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung eine hinreichend sichere Überzeugung davon, dass die Klägerin arglistig getäuscht hat. Um arglistige Täuschung handelt es sich, wenn der Adressat des Verwaltungsakts durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, bei Behördenmitarbeitern einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorruft, diese durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen (BVerwG. Urteil vom 18.09.1985 - 2 C 30.84 - ZBR 1986, 52; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 48 Rn. 112). Die Klägerin hat hierzu bei ihrer Anhörung vor dem Senat ausgeführt, sie habe bei der Erwähnung der - tatsächlich nicht erbrachten - Akupunktur in der ersten Rechnung telefonisch nachgefragt und eine Kopie des von ihr unterschriebenen grünen Zettels über die Analogabrechnungen (erfolglos) erbeten, schließlich aber die Rechnungen unkommentiert weitergeleitet, weil ihr die Korrektheit der Abrechnung von Praxismitarbeiterinnen bestätigt worden sei. Zwar bestehen an ihrer Aussage Zweifel insofern, als ihre Behauptung, keine Mehrfertigung des grünen Zettels erhalten zu haben, in Widerspruch zu der Aussage des Zeugen steht, es seien stets Kopien des grünen Zettels an die Patienten ausgehändigt worden; außerdem erscheint es wenig plausibel, dass sie zunächst eine Kopie des grünen Zettels angefordert haben will, um ihn gegebenenfalls der bei der Kasse einzureichenden Arztrechnung beizufügen, dann aber - obwohl sie die angeforderte Kopie nicht erhalten habe - auf bloße telefonische Mitteilung, es habe alles seine Richtigkeit, die tatsächlich unrichtige Rechnung ohne erklärenden oder erläuternden Zusatz bei der Beklagten einreichte und die Richtigkeit der Angaben auf dem Erstattungsantrag versicherte. Gleichwohl hält es der Senat immerhin noch für möglich, dass die Klägerin insoweit die Augen verschlossen und nicht einen bewussten Täuschungsvorsatz gefasst hatte.
29 
bb) Die Klägerin kann sich aber auf Vertrauensschutz jedenfalls deshalb nicht berufen, weil die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG erfüllt sind.
30 
§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG liegt vor, weil die Klägerin die Leistungsbescheide durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, indem sie die Arztrechnungen ohne weitere Kommentierung oder Mitlieferung des ihr möglicherweise vorliegenden grünen Zettels eingereicht und die Richtigkeit ihrer Angaben versichert und damit zum Ausdruck gebracht hat, die konkret abgerechneten medizinischen Leistungen seien erbracht worden. Die entsprechenden Feststellungen lassen sich den Akten entnehmen und sind auch nicht streitig. Auf die Frage eines Verschuldens kommt es insoweit nicht an.
31 
Aber auch die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 sind gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin der grüne Zettel zur Analogabrechnung vorgelegen hat oder nicht. Denn die Rechtswidrigkeit der Bescheide, die auf von ihr erbrachten Fehlangaben beruhten, war ihr - wenn nicht bekannt - so doch zumindest infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt. Der Klägerin musste bei Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. dazu u. a. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn. 122) klar sein, dass ein auf unrichtigen oder in wesentlicher Hinsicht unvollständigen Sachverhaltsangaben beruhender Verwaltungsakt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht rechtmäßig ist. In diesem Zusammenhang kann sie sich - anders als bei der Frage einer arglistigen Täuschung - weder mit dem Hinweis auf ein bloßes Vergessen des Hinzufügens weiterer Informationen noch mit dem Hinweis auf Unklarheiten oder Fehlvorstellungen im Zusammenhang mit dem Begriff analoger Abrechnungen entlasten.
32 
c) Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung kann die Klägerin nicht für sich geltend machen. Mit Blick auf den fehlenden Vertrauensschutz ist regelmäßig eine Ermessensreduktion in Richtung einer Rücknahme auch für die Vergangenheit anzunehmen, wenn - wie hier - für einen Ausnahmefall nichts ersichtlich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn.127b und 127c). Unabhängig davon ist die im Widerspruchsbescheid erfolgte Ermessensausübung nicht zu beanstanden.
33 
d) Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG stand der Rücknahme nicht entgegen. Mangels Nachweisbarkeit von Arglist folgt das allerdings noch nicht aus einer tatbestandlichen Unanwendbarkeit der Vorschrift (vgl. hierzu § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG). Doch ist die Rücknahme rechtzeitig innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfolgt: Kenntnis von den gesamten Umständen lässt sich frühestens ab Rechtskraft des gegen den Zeugen wegen Abrechnungsbetrugs ergangenen Strafurteils annehmen (09.02.2012). Damit war die am 17.10.2012 erfolgte Rücknahme rechtzeitig. Ohne Erfolg versucht die Klägerin dem entgegenzuhalten, die Frist sei schon mit Kenntnis vom Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang des gegen den Zeugen gerichteten Strafverfahrens im Jahr 2008 in Lauf gesetzt worden, weshalb eine Rücknahme im Oktober 2012 verfristet sei. Sie verkennt hierbei, dass erst die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Behördenentscheidung über eine Rücknahme relevant sind oder sein können einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung unter Umständen relevanten Tatsachen die Frist in Lauf setzt (Kopp/Ramsauer aaO, Rn. 153 m. w. N.). Vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens kann von einer solchen Kenntnis jedenfalls nicht die Rede sein.
34 
Damit war die Rücknahme der streitgegenständlichen Leistungsbescheide rechtmäßig. Dies gilt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch hinsichtlich des im Strafurteil nicht erwähnten Leistungsbescheids, weil sich die vom Zeugen erbrachten Leistungen nach den übereinstimmenden Angaben des Zeugen und der Klägerin im gesamten Behandlungszeitraum auf Bioresonanztherapie beschränkt haben und auch der Abrechnungsmodus in der Weise unverändert geblieben ist, dass so nicht erbrachte Leistungen aufgeführt wurden, ohne dass in der Rechnung ein Hinweis auf diesbezüglich zu erwägende Analogansetzungen von Gebühren enthalten war.
35 
2. Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Kassenleistungen nach § 30 Abs. 4 der Satzung ist ebenfalls rechtmäßig. Insoweit liegt eine zwingende Regelung vor.
36 
a) Mit dem Verwaltungsgericht kann offen bleiben, ob neben § 30 Abs. 4 der Satzung auch § 49a Abs. 2 VwVfG ergänzend anzuwenden ist, dessen Satz 1 für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweist. Denn die Klägerin kann sich - auch bei Anwendbarkeit von § 49a VwVfG - auf einen Wegfall der Bereicherung jedenfalls nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht berufen, weil sie die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben, jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit (s. oben) nicht kannte.
37 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Erstattungsanspruch auch nicht verjährt. § 79 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Satzung bestimmt, dass Rückforderungsansprüche in drei Jahren verjähren und die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und die Beklagte von den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht in Auslegung dieser Bestimmung darauf, dass der Rückforderungsanspruch erst am 17.10.2012 entstanden und damit nicht verjährt ist, ohne dass es noch auf die Frage der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen ankommt. Die Argumentation der Klägerin, hier würden Verjährungsvorschriften umgangen, ist ebenso unrichtig wie ihre Annahme, die rückforderungsbegründenden Umstände seien bereits mit Kenntnis des Abschlusses des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens 2008 bekannt gewesen. Letzteres wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage einer möglichen Verfristung der Rücknahme nach § 48 Abs. 4 VwVfG verneint; hierauf wird verwiesen.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39 
Ein Ausspruch zu § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nicht veranlasst, da die Klägerin nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat und auch erstinstanzlich unterlegen ist, so dass für Erstattungsforderungen ihrerseits kein Raum ist.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 14. August 2015
42 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.237,60 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013 - jeweils bezogen auf Kassenleistungen - sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
23 
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Rechtsgrundlage für die Rückforderung § 30 Abs. 4 der Satzung der beklagten Postbeamtenkrankenkasse in der zur Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013, i. V. m. § 48 VwVfG ist.
24 
Nach § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten sind zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die im Rückforderungsbescheid vom 17.12.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte ausgestaltet waren, bedurfte es als Voraussetzung einer Rückforderung zunächst der Aufhebung dieser Verwaltungsakte, was durch deren Rücknahme im Rahmen des Bescheids vom 17.12.2012 geschehen ist. Sowohl diese Rücknahme (1) als auch die Rückforderung (2) sind rechtmäßig erfolgt.
25 
1. Die Rücknahme der Geldleistung gewährenden Verwaltungsakte richtet sich nach § 48 Abs. 1 und 2 VwVfG.
26 
a) Die im Bescheid erfassten sechs Leistungsabrechnungen waren objektiv rechtswidrig (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da jeweils Leistungen abgerechnet wurden, die so nicht erbracht worden sind. Hiervon ist die Beklagte zu Recht ausgegangen. Das hat sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Darin hat der Zeuge angegeben, dass seine medizinischen Leistungen stets auf die Bioresonanztherapie und die weiteren im Tatbestand genannten Leistungen beschränkt waren und er herkömmliche Leistungen, wie sie formal den Abrechnungen zugrunde lagen, nicht erbracht hat. Dass er sich an den konkreten Patientenkontakt mit der Klägerin nicht erinnerte, beeinträchtigt die Glaubhaftigkeit seiner generellen Aussage nicht, sondern erscheint angesichts des Zeitabstands und der Vielzahl seiner Patientinnen und Patienten plausibel. Des weiteren spricht für die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Aussage, dass sich seine Angaben hierzu mit den Feststellungen in dem gegen ihn ergangenen Strafurteil decken. Hinzu kommt, dass auch die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat angegeben hat, sich gerade wegen der Bioresonanztherapie zur Behandlung beim Zeugen begeben zu haben, da herkömmliche Therapien bei ihr erfolglos geblieben seien.
27 
b) Auf Vertrauensschutz, der grundsätzlich nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG einer Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte entgegensteht, kann sich die Klägerin nicht berufen, denn er wird im vorliegenden Fall durch § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen.
28 
aa) Dabei folgt der Senat nicht der Annahme des Verwaltungsgerichts, die jeweiligen Verwaltungsakte seien durch arglistige Täuschung erwirkt, und damit sei § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG erfüllt. Die Klägerin hat insoweit formal zu Recht beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die Annahme einer arglistigen Täuschung maßgeblich aus den Feststellungen des gegen den Zeugen ergangenen Strafurteils abgeleitet hat, obgleich die Klägerin trotz des dort erhobenen Kollusionsvorwurfs mit dem Zeugen weder in dieses Strafverfahren einbezogen noch überhaupt je gegen sie in diesem Zusammenhang ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Aber auch inhaltlich fehlt dem Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung eine hinreichend sichere Überzeugung davon, dass die Klägerin arglistig getäuscht hat. Um arglistige Täuschung handelt es sich, wenn der Adressat des Verwaltungsakts durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, bei Behördenmitarbeitern einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorruft, diese durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen (BVerwG. Urteil vom 18.09.1985 - 2 C 30.84 - ZBR 1986, 52; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 48 Rn. 112). Die Klägerin hat hierzu bei ihrer Anhörung vor dem Senat ausgeführt, sie habe bei der Erwähnung der - tatsächlich nicht erbrachten - Akupunktur in der ersten Rechnung telefonisch nachgefragt und eine Kopie des von ihr unterschriebenen grünen Zettels über die Analogabrechnungen (erfolglos) erbeten, schließlich aber die Rechnungen unkommentiert weitergeleitet, weil ihr die Korrektheit der Abrechnung von Praxismitarbeiterinnen bestätigt worden sei. Zwar bestehen an ihrer Aussage Zweifel insofern, als ihre Behauptung, keine Mehrfertigung des grünen Zettels erhalten zu haben, in Widerspruch zu der Aussage des Zeugen steht, es seien stets Kopien des grünen Zettels an die Patienten ausgehändigt worden; außerdem erscheint es wenig plausibel, dass sie zunächst eine Kopie des grünen Zettels angefordert haben will, um ihn gegebenenfalls der bei der Kasse einzureichenden Arztrechnung beizufügen, dann aber - obwohl sie die angeforderte Kopie nicht erhalten habe - auf bloße telefonische Mitteilung, es habe alles seine Richtigkeit, die tatsächlich unrichtige Rechnung ohne erklärenden oder erläuternden Zusatz bei der Beklagten einreichte und die Richtigkeit der Angaben auf dem Erstattungsantrag versicherte. Gleichwohl hält es der Senat immerhin noch für möglich, dass die Klägerin insoweit die Augen verschlossen und nicht einen bewussten Täuschungsvorsatz gefasst hatte.
29 
bb) Die Klägerin kann sich aber auf Vertrauensschutz jedenfalls deshalb nicht berufen, weil die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG erfüllt sind.
30 
§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG liegt vor, weil die Klägerin die Leistungsbescheide durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, indem sie die Arztrechnungen ohne weitere Kommentierung oder Mitlieferung des ihr möglicherweise vorliegenden grünen Zettels eingereicht und die Richtigkeit ihrer Angaben versichert und damit zum Ausdruck gebracht hat, die konkret abgerechneten medizinischen Leistungen seien erbracht worden. Die entsprechenden Feststellungen lassen sich den Akten entnehmen und sind auch nicht streitig. Auf die Frage eines Verschuldens kommt es insoweit nicht an.
31 
Aber auch die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 sind gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin der grüne Zettel zur Analogabrechnung vorgelegen hat oder nicht. Denn die Rechtswidrigkeit der Bescheide, die auf von ihr erbrachten Fehlangaben beruhten, war ihr - wenn nicht bekannt - so doch zumindest infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt. Der Klägerin musste bei Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. dazu u. a. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn. 122) klar sein, dass ein auf unrichtigen oder in wesentlicher Hinsicht unvollständigen Sachverhaltsangaben beruhender Verwaltungsakt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht rechtmäßig ist. In diesem Zusammenhang kann sie sich - anders als bei der Frage einer arglistigen Täuschung - weder mit dem Hinweis auf ein bloßes Vergessen des Hinzufügens weiterer Informationen noch mit dem Hinweis auf Unklarheiten oder Fehlvorstellungen im Zusammenhang mit dem Begriff analoger Abrechnungen entlasten.
32 
c) Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung kann die Klägerin nicht für sich geltend machen. Mit Blick auf den fehlenden Vertrauensschutz ist regelmäßig eine Ermessensreduktion in Richtung einer Rücknahme auch für die Vergangenheit anzunehmen, wenn - wie hier - für einen Ausnahmefall nichts ersichtlich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn.127b und 127c). Unabhängig davon ist die im Widerspruchsbescheid erfolgte Ermessensausübung nicht zu beanstanden.
33 
d) Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG stand der Rücknahme nicht entgegen. Mangels Nachweisbarkeit von Arglist folgt das allerdings noch nicht aus einer tatbestandlichen Unanwendbarkeit der Vorschrift (vgl. hierzu § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG). Doch ist die Rücknahme rechtzeitig innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfolgt: Kenntnis von den gesamten Umständen lässt sich frühestens ab Rechtskraft des gegen den Zeugen wegen Abrechnungsbetrugs ergangenen Strafurteils annehmen (09.02.2012). Damit war die am 17.10.2012 erfolgte Rücknahme rechtzeitig. Ohne Erfolg versucht die Klägerin dem entgegenzuhalten, die Frist sei schon mit Kenntnis vom Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang des gegen den Zeugen gerichteten Strafverfahrens im Jahr 2008 in Lauf gesetzt worden, weshalb eine Rücknahme im Oktober 2012 verfristet sei. Sie verkennt hierbei, dass erst die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Behördenentscheidung über eine Rücknahme relevant sind oder sein können einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung unter Umständen relevanten Tatsachen die Frist in Lauf setzt (Kopp/Ramsauer aaO, Rn. 153 m. w. N.). Vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens kann von einer solchen Kenntnis jedenfalls nicht die Rede sein.
34 
Damit war die Rücknahme der streitgegenständlichen Leistungsbescheide rechtmäßig. Dies gilt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch hinsichtlich des im Strafurteil nicht erwähnten Leistungsbescheids, weil sich die vom Zeugen erbrachten Leistungen nach den übereinstimmenden Angaben des Zeugen und der Klägerin im gesamten Behandlungszeitraum auf Bioresonanztherapie beschränkt haben und auch der Abrechnungsmodus in der Weise unverändert geblieben ist, dass so nicht erbrachte Leistungen aufgeführt wurden, ohne dass in der Rechnung ein Hinweis auf diesbezüglich zu erwägende Analogansetzungen von Gebühren enthalten war.
35 
2. Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Kassenleistungen nach § 30 Abs. 4 der Satzung ist ebenfalls rechtmäßig. Insoweit liegt eine zwingende Regelung vor.
36 
a) Mit dem Verwaltungsgericht kann offen bleiben, ob neben § 30 Abs. 4 der Satzung auch § 49a Abs. 2 VwVfG ergänzend anzuwenden ist, dessen Satz 1 für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweist. Denn die Klägerin kann sich - auch bei Anwendbarkeit von § 49a VwVfG - auf einen Wegfall der Bereicherung jedenfalls nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht berufen, weil sie die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben, jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit (s. oben) nicht kannte.
37 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Erstattungsanspruch auch nicht verjährt. § 79 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Satzung bestimmt, dass Rückforderungsansprüche in drei Jahren verjähren und die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und die Beklagte von den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht in Auslegung dieser Bestimmung darauf, dass der Rückforderungsanspruch erst am 17.10.2012 entstanden und damit nicht verjährt ist, ohne dass es noch auf die Frage der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen ankommt. Die Argumentation der Klägerin, hier würden Verjährungsvorschriften umgangen, ist ebenso unrichtig wie ihre Annahme, die rückforderungsbegründenden Umstände seien bereits mit Kenntnis des Abschlusses des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens 2008 bekannt gewesen. Letzteres wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage einer möglichen Verfristung der Rücknahme nach § 48 Abs. 4 VwVfG verneint; hierauf wird verwiesen.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39 
Ein Ausspruch zu § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nicht veranlasst, da die Klägerin nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat und auch erstinstanzlich unterlegen ist, so dass für Erstattungsforderungen ihrerseits kein Raum ist.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 14. August 2015
42 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.237,60 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 insoweit, als darin der Klage stattgegeben wird und soweit es die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ betrifft, geändert.

Die Klage wird insoweit, als sich der Kläger gegen die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ in dem Bescheid vom 11. Januar 2008 und dem Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 wendet, abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und des erstinstanzlichen Verfahrens, soweit dieses die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ betrifft.

Hinsichtlich der Kosten ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung von Leistungsbewilligungen.

2

Der Kläger ist examinierter Altenpfleger. Er war in der Vergangenheit – bis Juli 2007 – Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Hamburg. Nachdem er bis Juli 2002 in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden hatte, war er in der Folgezeit – vom 2. Juli 2002 bis zum 23. November 2003 – krankgeschrieben und bezog Krankengeld.

3

Der Kläger nahm als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr im Mai 2003 – während des Bezugs von Krankengeld – an einem viertägigen Lehrgang teil. Am 16. Mai 2003 beantragte er die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages gemäß § 14 Abs. 4 FeuerwG in Höhe von insgesamt 920,-- Euro (4 Tage á 230,-- Euro [Tageshöchstbetrag gemäß § 35 FeuerwV]) und gab dabei an, beruflich selbständig zu sein und regelmäßige Arbeitszeiten montags bis freitags jeweils von 8.00 Uhr bis 16.30 Uhr und samstags und sonntags jeweils von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr zu haben. Die Beklagte zahlte an den Kläger den pauschalen Anerkennungsbetrag wie beantragt aus. Ein schriftlicher Bewilligungsbescheid erging nicht.

4

Im September 2003 – ebenfalls noch während des Bezugs von Krankengeld – nahm der Kläger an einem Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr teil und beantragte in der Folge hierfür die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages in Höhe von 230,-- Euro. Auch hierbei gab er an, beruflich selbständig zu sein und regelmäßige Arbeitszeiten von 8.15 Uhr bis 16.00 Uhr zu haben. Die Beklagte zahlte an den Kläger den pauschalen Anerkennungsbetrag wie beantragt aus. Ein schriftlicher Bewilligungsbescheid erging nicht.

5

Im November 2003 unterzeichnete der Kläger einen Arbeitsvertrag mit einem Intensiv-Pflegedienst, in dem er sich verpflichtete, dort ab dem 1. Januar 2004 in Vollzeit (40 Stunden an sechs Tagen) zu arbeiten. Der Arbeitsbeginn wurde später einvernehmlich auf den 12. Januar 2004 verschoben.

6

Vom 9. Dezember 2003 bis 11. Januar 2004 war der Kläger arbeitslos gemeldet. Er bezog in dieser Zeit Arbeitslosengeld.

7

Nachdem der Kläger am 12. Januar 2004 seine neue Stelle angetreten hatte, wurde ihm bereits am 13. Januar 2004 mit sofortiger Wirkung gekündigt und er wurde bis zum 31. Januar 2004 von der Arbeit freigestellt. In dieser Zeit erhielt der Kläger den vereinbarten Lohn und er war krankenversichert.

8

Am 17. Januar 2004 erlitt der Kläger im Rahmen eines Einsatzes der Freiwilligen Feuerwehr eine Verletzung des Sprunggelenks. In der hierzu gefertigten Unfallanzeige vom 19. Januar 2004 ist als Beruf des Klägers „selbständig“ angegeben.

9

Erstmals unter dem 4. Februar 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten wegen des Unfalls vom 17. Januar 2004 die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages wegen Verdienstausfalls in der Zeit vom 18. Januar 2004 bis zum 13. Februar 2004. In dem Antragsformular bezeichnete er sich als „beruflich Selbständiger“ und gab 22 (fiktive) Arbeitstage sowie seine tägliche regelmäßige Arbeitszeit mit „20.00 bis 6.00 Uhr“ an. Dem Antrag legte er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum vom 19. Januar 2004 bis zum 13. Februar 2004 bei. Die Beklagte zahlte an den Kläger auf der Grundlage einer entsprechenden internen Auszahlungsanordnung den pauschalen Anerkennungsbetrag wie beantragt und unter Zugrundelegung des Tageshöchstbetrags in Höhe von insgesamt 5.060,-- Euro (22 x 230,-- Euro) aus. Dabei gingen die Sachbearbeiter bei der Beklagten davon aus, dass ein pauschaler Anerkennungsbetrag auch für Zeiten dienstunfallbedingter Arbeitsunfähigkeit gezahlt werden könne. Ein schriftlicher Bewilligungsbescheid erging nicht.

10

In der Folgezeit beantragte der Kläger bei der Beklagten wiederholt die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages, legte jeweils Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor und ging im Übrigen wie bei seinem Antrag vom 4. Februar 2004 vor. Die Beklagte erließ keine schriftlichen Bewilligungsbescheide, sondern zahlte an den Kläger auf der Grundlage entsprechender interner Auszahlungsanordnungen insgesamt 113.984,-- Euro wie folgt aus:

11


lfd. Nr.


Antrag


Zeitraum


Auszahlung-AO


Betrag (Euro)

1       

4.2.2004

18.1.2004 – 13.2.2004

5.2.2004

5.060,--

2       

4.3.2004

13.2.2004 – 5.3.2004

10.3.2004

4.140,--

3       

3.4.2004

19.3.2004 – 26.3.2004

27.4.2004

1.610,--

4       

23.4.2004

6.3.2014 – 18.3.2004

1.6.2004

2.070,--

5       

23.4.2004

27.3.2004 – 30.3.2004

1.6.2004

920,--

6       

23.4.2004

1.4.2004 – 30.4.2004

1.6.2004

5.060,--

7       

21.5.2004

1.5.2004 – 25.5.2004

1.6.2004

5.060,--

8       

24.6.2004

1.6.2004 – 26.6.2004

29.6.2004

5.060,--

9       

26.6.2004

28.6.2004 – 16.7.2004

29.6.2004

4.140,--

10    

20.7.2004

16.7.2004 – 20.8.2004

26.7.2004

6.440,--

11    

20.8.2004

20.8.2004 – 29.8.2004

25.8.2004

2.070,--

12    

30.8.2004

30.8.2004 – 30.9.2004

30.9.2004

5.750,--

13    

5.10.2004

1.10.2004 – 19.10.2004

3.11.2004

3.680,--

14    

19.10.2004

19.10.2004 – 1.11.2004

3.11.2004

2.760,--

15    

2.11.2004

1.11.2004 – 26.11.2004

29.11.2004

5.520,--

16    

7.12.2004

    27.11.2004 – 14.12.2004

22.12.2004

3.450,--

17    

14.12.2004

15.12.2004 – 5.1.2005

22.12.2004

3.680,--

18    

17.1.2005

6.1.2005 – 20.1.2005

3.2.2005

2.806,--

19    

3.2.2005

21.1.2005 – 16.2.2005

22.2.2005

4.994,--

20    

23.2.2005

16.2.2005 – 7.3.2005

23.3.2005

3.458,--

21    

9.3.2005

8.3.2005 – 22.3.2005

23.3.2005

2.842,--

22    

23.3.2005

22.3.2005 – 4.4.2005

27.4.2005

2.226,--

23    

28.4.2005

4.4.2005 – 29.4.2005

3.5.2005

4.838,--

24    

28.4.2005

29.4.2005 – 4.5.2005

3.5.2005

846,--

25    

4.5.2005

4.5.2005 – 19.5.2005

6.6.2005

2.382,--

26    

19.5.2005

20.5.2005 – 27.5.2005

6.6.2005

1.536,--

27    

11.6.2005

28.5.2005 – 6.7.2005

25.7.2005

7.220,--

28    

14.7.2005

7.7.2005 – 31.8.2005

2.9.2005

10.448,--

29    

7.9.2005

1.9.2005 – 21.9.2005

8.12.2005

3.918,--

12

Parallel zu der Gewährung pauschaler Anerkennungsbeträge bezog der Kläger bei der Hanseatischen Feuerwehr-Unfallkasse wegen des am 17. Januar 2004 erlittenen Unfalls im Zeitraum vom 19. Januar 2004 bis zum 17. Mai 2005 Verletztengeld in Höhe von insgesamt 43.309,-- Euro zzgl. Mehrleistungen. Auch hier hatte er bei der Antragstellung angegeben, beruflich selbständig zu sein. Ferner beantragte der Kläger im März 2004 – obwohl er fortlaufend krankgeschrieben war – bei der Bundesagentur für Arbeit einen monatlichen Existenzgründungszuschuss, der ihm für zwölf Monate in Höhe von monatlich 600,-- Euro (insgesamt 7.200,-- Euro) gewährt wurde. Zuvor hatte er im Februar 2004 ein Gewerbe angemeldet, das im Dezember 2004 wieder abgemeldet wurde.

13

Im Juni 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages wegen des Unfalls vom 17. Januar 2004, weil er in der Zeit vom 14. Mai 2007 bis zum 30. Juni 2007 krankgeschrieben war. Dieser Antrag veranlasste die Beklagte zu einer Überprüfung der Angelegenheit.

14

Mit Bescheid vom 23. Oktober 2007 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung eines weiteren pauschalen Anerkennungsbetrages ab: Die Leistung nach § 14 Abs. 4 FeuerwG werde nur an beruflich Selbständige geleistet. Der Kläger sei aber im Zeitpunkt seines Unfalls nicht selbständig gewesen. Im Übrigen werde nach § 14 Abs. 4 FeuerwG kein unfallbedingter Verdienstausfall gewährt. Derartige Leistungen würden von der Unfallversicherung gewährt. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch.

15

Auf die Mitteilung der Beklagten, dass beabsichtigt sei, die in der Vergangenheit erfolgten Bewilligungen aufzuheben, machte der Kläger geltend, er habe zum 5. Januar 2004 seine Stelle auf 50 % reduziert und habe sich ab dem 13. Januar 2004 vollständig auf seine Selbständigkeit konzentriert.

16

Mit Bescheid vom 11. Januar 2008 hob die Beklagte alle bislang ergangenen „Bescheide“ über die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages auf und forderte ihn zur Rückzahlung von insgesamt 115.134,-- Euro bis zum 8. Februar 2008 zzgl. (Verzugs-) Zinsen in Höhe des Basiszinssatzes ab dem 8. Februar 2008 für den Fall nicht rechtzeitiger Zahlung auf. Als Daten der „Bescheide“ gab sie für solche Auszahlungen, die nach dem Unfall des Klägers erfolgt waren, da jeweilige Datum der Auszahlungsanordnung an. Für die aufgrund der Einsätze im Mai 2003 und im September 2003 erfolgten Auszahlungen gab die Beklagte als Daten der „Bescheide“ das Datum der jeweiligen Antragstellung des Klägers an. Zur Begründung der Aufhebung und der Rückforderung verwies die Beklagte auf § 48 Abs. 2 HmbVwVfG und darauf, dass der Kläger wahrheitswidrig angegeben habe, beruflich selbständig zu sein. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch.

17

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. April 2009 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 23. Oktober 2007 zurück.

18

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 11. Januar 2008 zurück: Die Aufhebung der Bewilligungen beruhe auf § 48 Abs. 1 und 2 HmbVwVfG. Mangels Selbständigkeit habe der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen nach § 14 Abs. 4 FeuerwG gehabt. Im Mai 2003 bzw. im September 2003 sei er abhängig beschäftigt gewesen bzw. arbeitsunfähig krankgeschrieben gewesen. Zur Zeit des Dienstunfalls im Januar 2004 sei er abhängig beschäftigt gewesen. Seine anderslautenden Beteuerungen seien nicht glaubhaft. Für die ab Februar 2004 gewährten Leistungen komme hinzu, dass die Leistung nach § 14 Abs. 4 FeuerwG keine krankheitsbedingten Ausfallzeiten erfasse. Auch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift scheide aus. Auf Vertrauen könne sich der Kläger wegen § 49 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und 2 VwVfG nicht berufen. Die fehlerhafte rechtliche Bewertung durch die Beklagte trete hinter der vorsätzlichen Täuschung durch den Kläger zurück. Die Rückforderung zu viel gezahlter Leistungen beruhe auf § 49a Abs. 1 HmbVwVfG. Der geltend gemachte Zinsanspruch werde gemäß § 49a Abs. 3 HmbVwVfG festgesetzt und bleibe sowohl hinsichtlich des Zeitraums, für den er geltend gemacht werde, als auch hinsichtlich der Höhe hinter dem nach § 49a Abs. 3 HmbVwVfG Möglichen zurück.

19

Mit Urteil vom 21. April 2010 – nachdem die vorliegende Klage anhängig geworden ist – verurteilte das Amtsgericht Hamburg-St. Georg den Kläger wegen versuchten Betruges in 26 Fällen sowie wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Auf die Berufungen des Klägers und der Staatsanwaltschaft verurteilte das Landgericht Hamburg den Kläger mit Urteil vom 10. Februar 2011 wegen vollendeten Betruges in 27 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung. Dieses Urteil änderte das Hanseatische Oberlandesgericht mit Beschluss vom 17. August 2011 im Schuldspruch dahin, dass der Kläger des (vollendeten) Betruges in 23 Fällen schuldig sei; im Rechtsfolgenausspruch hob es das landgerichtliche Urteil mit den zugehörigen Feststellungen auf. Mit Urteil vom 6. Dezember 2011 verurteilte das Landgericht Hamburg den Kläger wegen Betruges in 23 Fällen und unter Einbeziehung einer (Freiheits-) Strafe aus einem im April 2010 gegen den Kläger wegen gemeinschaftlichen Betrugs ergangenen amtsgerichtlichen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstraße von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte.

20

Mit seiner am 18. Mai 2009 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht: Der Rückforderungsbescheid sei nicht hinreichend bestimmt, weil der Gesamtbetrag nicht nachvollziehbar aufgeschlüsselt werde. Er – der Kläger – sei zum Zeitpunkt seines Unfalls freiberuflich und damit selbständig tätig gewesen. § 14 Abs. 4 FeuerwG setze zudem gar keine Selbständigkeit voraus. Die Vorschrift sei im Übrigen auch einschlägig, wenn Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr Dienstausfall wegen eines Unfalls im Einsatz erlitten. Die Beklagte habe den Sachverhalt unzureichend ermittelt. Es werde die Einrede der Verjährung erhoben.

21

Der Kläger hat beantragt,

22

1. den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 11. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2009 aufzuheben,

23

2. die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2009 zu verpflichten, dem Kläger einen Anerkennungsbetrag in Höhe von 8.773,-- Euro zu leisten.

24

Die Beklagte hat beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Die Beklagte ist dem Vorbringen des Klägers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht entgegen getreten. Sie hat die Auffassung vertreten, es sei maßgeblich darauf abzustellen, dass der Kläger im Zeitpunkt des Dienstunfalls abhängig beschäftigt gewesen sei.

27

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 den Bescheid vom 11. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2009 aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen: Die angefochtenen Bescheide könnten, soweit darin Bewilligungsbescheide für die Vergangenheit aufgehoben würden, nicht auf § 48 HmbVwVfG gestützt werden. Die Beklagte habe gegenüber dem Kläger keine Verwaltungsakte erlassen. Bei den erstellten „Auszahlungsanordnungen“ handele es sich nicht um Verwaltungsakte. Gleiches gelte für die von der Landeshauptkasse veranlassten Buchungen zugunsten des Bankkontos des Klägers. Es sei auch kein „konkludenter“ Verwaltungsakt erlassen worden. Da die Beklagte mithin keine Verwaltungsakte habe aufheben können, gehe auch die auf § 49a HmbVwVfG gestützte Rückforderung ins Leere. Demgegenüber könne der Kläger nicht verlangen, dass die Beklagte ihm für den Zeitraum 14. Mai 2007 bis zum 30. Juni 2007 einen pauschalen Anerkennungsbetrag auszahle. § 14 Abs. 4 FeuerwG gebe keinen Anspruch bei dienstunfallbedingter Arbeitsunfähigkeit.

28

Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 17. August 2016 die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugelassen.

29

Mit ihrer am 12. September 2016 eingegangenen Berufungsbegründung macht die Beklagte insbesondere und vertiefend Ausführungen zu ihrer Auffassung, bei den jeweils auf die Anträge des Klägers hin erfolgten Auszahlungen habe es sich um Verwaltungsakte gehandelt.

30

Die Beklagte hat zunächst angekündigt, sie wolle beantragen, das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 insoweit, als darin der Klage stattgegeben wird, zu ändern und die Klage (insgesamt) abzuweisen. Nachdem der Kläger mitgeteilt hat, dass über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, hat der Senat das Verfahren mit Beschluss vom 7. Juni 2017 insoweit abgetrennt, als sich der Kläger gegen die Rückforderung (zzgl. Zinsen) in dem Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2008 und dem Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 wendet. Das Berufungsverfahren ist, soweit es den abgetrennten Gegenstand betrifft, nunmehr unter dem Aktenzeichen 3 Bf 113/17 anhängig.

31

Die Beklagte beantragt in dem vorliegenden Verfahren,

32

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 insoweit, als darin der Klage stattgegeben wird und soweit es die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ betrifft, zu ändern und die Klage insoweit, als sich der Kläger gegen die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ in dem Bescheid vom 11. Januar 2008 und dem Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 wendet, abzuweisen.

33

Der Kläger beantragt,

34

die Berufung zurückzuweisen.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens, auf die Gerichtsakte des abgetrennten Verfahrens (3 Bf 113/17), auf die Sachakten der Beklagten (zwei Bände) sowie auf die beigezogen Akten des Strafverfahrens (insgesamt fünf Bände) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

36

Der Senat ist nicht gehindert, über die vorliegende Berufung zu entscheiden, obwohl über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Zwar wird gemäß § 173 Satz 1 VwGO, § 240 Satz 1 ZPO das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Partei unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Auf die Anfechtung der von der Beklagten verfügten Aufhebung von Verwaltungsakten erstreckt sich die Unterbrechung indes nicht. Denn die Aufhebung begünstigender Verwaltungsakte ist ein rechtsgestaltender Akt, der den Erstattungsanspruch durch Beseitigung des Rechtsgrundes für die ursprüngliche Leistung erst entstehen lässt. Die Aufhebung stellt, anders als die Rückforderung, daher nicht die Verfolgung einer Forderung auf Befriedigung aus der Insolvenzmasse dar, die nur nach Maßgabe der insolvenzrechtlichen Vorschriften erfolgen darf, sondern sie ist Voraussetzung für eine solche Forderung und hiervon zu unterscheiden (vgl. zum Vorstehenden bereits OVG Hamburg, Beschl. v. 7.6.2017, 3 Bf 96/15, juris Rn. 4, m.w.N.).

37

Die zulässige Berufung ist begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung der Klage – in dem Umfang, in dem sie Gegenstand dieses Berufungsverfahrens ist – stattgegeben und den Rücknahmebescheid der Beklagten vom 11. Januar 2008 und den Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 aufgehoben. Denn die Klage ist, soweit sie Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist, unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind, soweit sie Gegenstand dieses Berufungsverfahrens sind, rechtmäßig (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil die Beklagte darin die gegenüber dem Kläger erfolgten Bewilligungen zu Recht zurückgenommen hat.

I.

38

Rechtsgrundlage für die Rücknahme der zugunsten des Klägers erfolgten Bewilligungen ist § 48 Abs. 1 HmbVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt zurückgenommen werden, bei begünstigenden Verwaltungsakten allerdings nur unter den Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 bis 4 HmbVwVfG. Die Rücknahmevoraussetzungen sind vorliegend erfüllt: Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger begünstigende Verwaltungsakte erlassen (hierzu 1.). Diese waren rechtswidrig (hierzu 2.). Der Rücknahme steht kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers entgegen (hierzu 3.). Die Rücknahme war auch nicht verfristet (hierzu 4.). Die Beklagte hat das Rücknahmeermessen fehlerfrei ausgeübt (hierzu 5.).

39

1. Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger begünstigende Verwaltungsakte erlassen, indem sie ihm auf seine entsprechenden Anträge hin pauschale Anerkennungsbeträge gemäß § 14 Abs. 4 FeuerwG bewilligt hat.

40

Allerdings hat das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt, dass gegenüber dem Kläger keine schriftlichen (Bewilligungs-) Bescheide ergangen sind. Ebenfalls zutreffend ist es, dass es sich bei den von der Beklagten gefertigten (internen) Auszahlungsanordnungen nicht um Verwaltungsakte i.S.v. § 35 Satz 1 HmbVwVfG gehandelt hat, weil diese nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet gewesen sind. Der erkennende Senat teilt demgegenüber nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, auch in den von der Beklagten auf die jeweiligen Anträge des Klägers hin veranlassten Auszahlungen des Geldes lägen keine außenwirksamen Regelungen i.S.v. § 35 Satz 1 HmbVwVfG.

41

Der Auszahlung von Geld, auch wenn sie – wie hier – in unbarer Form durch Überweisung erfolgt, fehlt allerdings für gewöhnlich die für das Vorliegen eines Verwaltungsaktes konstitutive Regelungswirkung. Denn die Behörde hat die auf die Begründung eines Anspruchs des Empfängers gerichteten Willenserklärungen regelmäßig bereits im Vorwege durch Bescheid (oder Vertrag) abgegeben. In derartigen Fällen ist die Auszahlung einer Geldleistung für den Zahlungsempfänger nach ihrem objektiven Sinngehalt gerade nicht auf eine unmittelbare und verbindliche Festlegung von Rechten und Pflichten gerichtet, sondern es handelt sich um eine bloße schlicht-hoheitliche Maßnahme ohne Regelungswirkung, d.h. um eine Maßnahme, die den Vollzug einer zuvor ergangenen Regelung darstellt.

42

Anders kann es aber dort sein, wo der Auszahlung keine (schriftliche oder anderweitig zum Ausdruck gebrachte) Bewilligung vorausgeht. Wird eine Leistung beantragt, und erfolgt daraufhin eine Auszahlung der Leistung, ohne dass zuvor eine ausdrückliche Bewilligung vorgenommen wurde, so kommt es in Betracht, die Zahlung nicht lediglich als einen schlicht-hoheitlichen Realakt, sondern (auch) als konkludenten Verwaltungsakt anzusehen. Denn die Zahlung schließt dann die Entscheidung ein, ob und in welcher Höhe gezahlt werden soll. Mit ihr wird gleichzeitig festgestellt, dass dem Leistungsempfänger der der Zahlung zugrunde liegende Anspruch zusteht. Dies kann jedenfalls und zumal dann gelten, wenn der Auszahlung – wie hier aufgrund der Notwendigkeit, im Antrag verschiedene Angaben zu machen, um die Berechtigung und die Höhe des Anspruchs beurteilen zu können – eine behördliche Prüfung vorausgeht und dies für den Leistungsempfänger erkennbar ist (vgl. hierzu OVG Weimar, Urt. v. 18.11.2009, 1 KO 693/07, BauR 2010, 893, juris Rn. 26; siehe auch OVG Berlin, Urt. v. 27.3.1981, 2 B 21/79, NVwZ 1982, 253, juris Ls). In derartigen Fällen muss auch der Leistungsempfänger die Auszahlung regelmäßig dahin verstehen, dass mit ihr gleichzeitig die Bekanntgabe einer auf seinen Antrag hin erfolgten Bewilligungsentscheidung verbunden ist, d.h. die konkludente Mitteilung, dass seinem Antrag stattgegeben wird (vgl. BSG, Urt. v. 25.3.2003, B 1 KR 36/01 R, BSGE 91, 39, juris Rn. 11, m.w.N. [Auszahlung von Krankengeld]; BFH, Urt. v. 1.3.1974, VI R 253/70, BFHE 111, 457, juris Rn. 7 [Erstattung von Steuern]; VG Magdeburg, Urt. v. 5.12.2012, 1 A 142, 11, juris Rn. 17 [Auszahlung von Lohnersatzleistungen]; VG München, Urt. v. 1.3.2011, M 16 K 10.6145, juris Rn. 32 ff. [Auszahlung einer Prüfervergütung]; VG Braunschweig, Urt. v. 6.3.2003, 3 A 95/01, juris Rn. 18 [Auszahlung von Sozialleistungen]; vgl. auch FG Münster, Urt. v. 12.6.2013, 10 K 1551/11 Kg, juris Rn. 20 [Auszahlung von Kindergeld]; s. ferner Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 37 Rn. 20; Tiedemann, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, Stand: 1. Januar 2017, § 37 Rn. 34; offen gelassen bei BVerwG, Urt. v. 14.7.1998, 5 C 2.97, DVBl. 1998, 1135, juris Rn. 11; anders – zu einem anders gelagerten Sachverhalt –: OVG Weimar, a.a.O.; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 89; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, Anh. § 42 Rn. 26).

43

Nach den vorstehenden Maßgaben misst der erkennende Senat den von der Beklagten auf die jeweiligen Anträge des Klägers hin veranlassten Auszahlungen des Geldes Verwaltungsaktqualität i.S.v. § 35 Satz 1 HmbVwVfG zu. Der Kläger hat jeweils die Gewährung von pauschalen Anerkennungsbeträgen beantragt und hierbei Angaben über die Zeiträume, für die die Leistung beantragt wird, über die Höhe der beanspruchten Leistung sowie über weitere anspruchsrelevante Umstände (Beschäftigungsstatus, Krankschreibung) gemacht. Die Beklagte hat daraufhin Auszahlungen zu Gunsten des Klägers getätigt, ohne zuvor gesonderte Bewilligungsbescheide zu erlassen. Aufgrund seiner gestellten Anträge und der darin von ihm gemachten Angaben musste sich dem Kläger aufdrängen, dass nach dem objektiven Erklärungsgehalt der zu seinen Gunsten erfolgten Auszahlungen mit diesen auch entsprechende Bewilligungen seiner Anträge verbunden waren (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 14.7.1998, 5 C 2.97, DVBl. 1998, 1135, juris Rn. 11). Er selber hatte wiederholt bei der Beklagten nachgefragt, ob dort alle für die Auszahlung erforderlichen Unterlagen und Angaben vorhanden seien oder ob Weiteres nachgereicht werden müsse. Davon, dass die Beklagte die Auszahlungen nicht soz. automatisch vornahm, sondern die Anträge einer – in vielerlei Hinsicht unzutreffenden und unzureichenden (hierzu i.E. sogleich unter 2.) – Prüfung unterzog, ging demnach auch der Kläger aus. Dem kann, anders als dies der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vertreten hat, nicht entgegen gehalten werden, dass den Auszahlungen der Inhalt der damit verbundenen Regelungen und die hierbei angenommenen tatsächlichen und rechtlichen Umstände nicht entnommen werden konnten. Gegenstand der Regelungen war nur die jeweilige Bewilligung der zuvor jeweils beantragten Leistung in einer bestimmten Höhe. Diese Regelungsinhalte ergaben sich aus den Auszahlungen ohne Weiteres. Die den Bewilligungsentscheidungen zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Umstände sind nicht Teil der jeweiligen Regelung, sondern sie betreffen ihre – vorliegend verzichtbare (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 1 und 2 HmbVwVfG) – Begründung.

44

Die Gründe, die das Verwaltungsgericht zu seiner anderslautenden, die Eigenheiten des vorliegenden Einzelfalls von vornherein unbeachtet lassenden Auffassung veranlasst haben, vermögen den erkennenden Senat nicht zu überzeugen. Die Annahme, dass „die Rechtsfigur eines ´konkludenten Verwaltungsaktes` (...) mit den gesetzlichen Vorschriften über das Verwaltungsverfahren nicht im Einklang“ stehe, übersieht, dass ein Verwaltungsakt nach § 37 Abs. 2 Satz 1 HmbVwVfG nicht nur schriftlich und mündlich, sondern auch in anderer Weise – etwa durch konkludentes Verhalten – erlassen werden kann. Es überzeugt auch nicht, aus dem Vorliegen schriftlicher Anträge abzuleiten, dass eine Bewilligung dieser Anträge stets nur in schriftlicher Form habe erfolgen können. Für die Annahme, dass über schriftliche Anträge nur schriftlich entschieden werden kann, gibt es keine gesetzlichen Anknüpfungspunkte (anders – ohne nähere Begründung – aber Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 37 Rn. 50).

45

2. Die Bewilligungen pauschaler Anerkennungsbeträge nach § 14 Abs. 4 FeuerwG waren rechtswidrig. Ein Anspruch auf Zahlung eines pauschalen Anerkennungsbetrages besteht von vornherein nicht für krankheitsbedingte Ausfallzeiten (hierzu a]). Dessen ungeachtet hatte der Kläger im gesamten vorliegend relevanten Zeitraum keinen Verdienstausfall i.S.v. § 14 Abs. 4 Satz 1 FeuerwG, der die Auszahlung pauschaler Anerkennungsbeträge hätte rechtfertigen können (hierzu b]).

46

a) Ein Anspruch auf Zahlung eines pauschalen Anerkennungsbetrages nach § 14 Abs. 4 FeuerwG besteht von vornherein nicht für krankheitsbedingte Ausfallzeiten.

47

Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 FeuerwG ist Voraussetzung für die Gewährung des pauschalen Anerkennungsbetrages, dass erwerbstätige Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren einen Verdienstausfall „durch Ausübung des Dienstes im Sinne des Absatz 2 Satz 1“ erleiden. Hierunter fallen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG nur Einsätze, Übungen, Lehrgänge, Aus- oder Fortbildungen oder sonstige dienstliche Veranstaltungen. Berufliche Ausfallzeiten aufgrund von Krankheit – auch wenn diese mittelbar auf einem „Dienst“ i.S.v. § 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG beruhen – sind demgegenüber in § 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG nicht genannt, sondern sie werden in § 15 Abs. 1 Buchstabe b) FeuerwG von Dienstzeiten i.S.v. § 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG unterschieden. Sie führen danach weder dazu, dass Arbeitnehmer einen Freistellungs- und Lohnfortzahlungsanspruch gegen ihre Arbeitgeber nach § 14 Abs. 2 FeuerwG haben, noch dazu, dass erwerbstätige Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren, die nicht Arbeitnehmer i.S.v. § 14 Abs. 2 FeuerwG sind, einen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nach § 14 Abs. 4 FeuerwG haben.

48

Auch systematisch-teleologische Erwägungen sprechen dagegen, dass § 14 Abs. 4 FeuerwG einen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag im Fall krankheitsbedingter Ausfallzeiten bereitstellt. § 14 Abs. 4 FeuerwG dient dem Zweck, Benachteiligungen von erwerbstätigen Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr zu vermeiden, die nicht Arbeitnehmer sind und deshalb – anders als Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr, die Arbeitnehmer sind – keinen Lohnfortzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber nach § 14 Abs. 2 Satz 2 FeuerwG haben. Die Vorschrift will die erwerbstätigen Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr, die nicht Arbeitnehmer sind, aber auch nicht gegenüber Arbeitnehmern privilegieren. Dies wäre indes die Folge, wäre § 14 Abs. 4 FeuerwG auch im Fall krankheitsbedingter Ausfallzeiten einschlägig. Wie § 15 Abs. 1 FeuerwG, der zwischen Ausfallzeiten nach § 14 Abs. 2 FeuerwG und solchen aufgrund von Arbeitsunfähigkeit unterscheidet, nämlich deutlich macht, haben Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr, die Arbeitnehmer sind, nach § 14 Abs. 2 Satz 2 FeuerwG gerade keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, die auf den Dienst in einer Freiwilligen Feuerwehr zurückzuführen ist.

49

Weitere teleologische Erwägungen stützen die vorstehende Auslegung. Die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren sind in der gesetzlichen Unfallversicherung, deren Träger die Feuerwehr-Unfallkassen sind (vgl. § 114 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB VII), pflichtversichert. Erleiden sie (in Ausübung ihres Dienstes) einen Unfall und werden sie in der Folge arbeitsunfähig, haben sie Anspruch auf Verletztengeld (§§ 45 ff. SGB VII). Dieses wird grundsätzlich für die gesamte Zeit der Arbeitsunfähigkeit gezahlt (vgl. § 46 Abs. 3 SGB VII) und orientiert sich seiner Höhe nach am Krankengeld nach §§ 44 ff. SGB V (vgl. § 47 SGB VII). Es handelt sich bei dem Verletztengeld danach, ebenso wie beim Krankengeld, um eine Entgeltersatzleistung, die den Ausfall von Einkommen infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ausgleichen soll (vgl. BSG, Urt. v. 1.3.2011, B 7 AL 26/09 R, BSGE 108, 1, juris Rn. 16). Die Existenz dieser Leistung – die der Kläger im Übrigen ebenfalls in Anspruch genommen hat – lässt es als ausgeschlossen erscheinen, dass eine gleichgelagerte Leistung auch auf landesrechtlicher Ebene zur Verfügung gestellt wird. Es ist nicht ersichtlich, dass der (Landes- ) Gesetzgeber – ungeachtet der Frage, ob er hierfür überhaupt die Kompetenz hätte (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG) – die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren insoweit doppelt absichern wollte mit der Folge, dass diese im Fall dienstunfallbedingter Ausfallzeiten in der Summe einen Zahlungsanspruch hätten, der den regulären Verdienst bei Weitem übersteigen würde.

50

b) Ungeachtet der unter a) angestellten Erwägungen hatte der Kläger im gesamten vorliegend relevanten Zeitraum keinen Verdienstausfall i.S.v. § 14 Abs. 4 Satz 1 FeuerwG, der die Auszahlung pauschaler Anerkennungsbeträge hätte rechtfertigen können.

51

Voraussetzung für die Gewährung des pauschalen Anerkennungsbetrages ist nach § 14 Abs. 4 Satz 1 FeuerwG, dass das Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, das den Anspruch geltend macht, einen Verdienstausfall erlitten hat, der im Übrigen glaubhaft zu machen ist. Einen Verdienstausfall aufgrund seiner Tätigkeit im Dienst der Freiwilligen Feuerwehr und später aufgrund seiner dienstunfallbedingten Arbeitsunfähigkeit – unterstellt, Letzteres könnte dem Grunde nach einen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nach § 14 Abs. 4 FeuerwG begründen – hat der Kläger aber nicht glaubhaft gemacht, weil er gar keinen Verdienstausfall erlitten hat:

52

aa) Dies gilt zunächst für die Zeiten im Mai 2003 und im September 2003, in denen der Kläger an einem Lehrgang bzw. an einem Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr teilgenommen hat. Der Kläger war seinerzeit nicht erwerbstätig, sondern er war krankgeschrieben und bezog Krankengeld. Dass er, hätte er nicht an dem betreffenden Lehrgang (Mai 2003) bzw. an dem betreffenden Einsatz (September 2003) teilgenommen, (selbständig) erwerbstätig gewesen wäre und einen Verdienst erzielt hätte, ist mit Blick auf den durchgängigen, auch nach dem Lehrgang bzw. Einsatz jeweils ohne Unterbrechung fortgesetzten Bezug von Krankengeld nicht ersichtlich und wird auch von dem Kläger selbst nicht vorgetragen. Für seine auf den entsprechenden Antragsformularen vom 16. Mai 2003 bzw. vom 30. September 2003 eingetragenen „regelmäßigen Arbeitszeiten“ gibt es, zumal mit Blick darauf, dass der Kläger bereits seit Juli 2002 krankgeschrieben war und Krankengeld bezog, keine Grundlage.

53

bb) Für die Zeit vom 18. Januar 2004 bis zum 31. Januar 2004 hat der Kläger auch keinen Verdienstausfall erlitten. Er war in dieser Zeit abhängig beschäftigt und bezog das vereinbarte Arbeitsentgelt, und zwar auch während der Zeit seiner einsatzbedingten Verhinderung (§ 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG) und für die nachfolgende Zeit seiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EntgFG). Auch für eine „nebenberufliche“ selbständige Tätigkeit mit der Möglichkeit zusätzlicher Einnahmen in dem vorstehend genannten Zeitraum gibt es keine Anhaltspunkte (vgl. hierzu nachfolgend unter cc]), zumal der Kläger hierzu arbeitsvertraglich gar nicht berechtigt gewesen wäre, da es hierfür der schriftlichen Zustimmung des Arbeitsgebers bedurft hätte (vgl. Bl. 222 der Akte des Strafverfahrens), die nicht vorlag (vgl. hierzu das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Februar 2011, dort S. 5, 18 [Bl. 404 der Akte des Strafverfahrens]).

54

cc) Auch in der Zeit ab 1. Februar 2004 (bis zum 21. September 2005) hat der Kläger keinen Verdienstausfall erlitten. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in dieser Zeit selbständig tätig gewesen wäre und einen Verdienst erzielt hätte, wäre er nicht arbeitsunfähig gewesen.

55

Der Kläger war seit Juli 2002 und bis Ende November 2003 krankgeschrieben und bezog in dieser Zeit Krankengeld. Dass er in dieser Zeit selbständig tätig gewesen ist oder auch nur Aktivitäten zur Vorbereitung einer selbständigen Tätigkeit entfaltet hat, ist nicht erkennbar und wird auch vom Kläger nicht ernsthaft behauptet (s.o. unter aa]). Anschließend war er für ca. zwei Wochen weder beschäftigt, noch bezog er anderweitige Leistungen, bevor er ab dem 9. Dezember 2003 und bis zum Beginn seiner abhängigen Beschäftigung zum 12. Januar 2004 Arbeitslosengeld bezog. Eine selbständige Tätigkeit ist auch in diesem Zeitraum nicht zu verzeichnen.

56

Der gegenteiligen Behauptung des Klägers, er sei nach dem Ende seiner Krankschreibung selbständig tätig gewesen bzw. er habe seine zukünftige selbständige Tätigkeit (für die Zeit nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses) vorbereitet, schenkt der erkennende Senat keinen Glauben. Vielmehr folgt der Senat den überzeugenden und nachvollziehbaren Feststellungen in dem insoweit rechtkräftig gewordenen Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Februar 2011 (dort vor allem S. 6 ff., 13 ff., Bl. 392 ff., 400 ff. der Akte des Strafverfahrens). Dieses hat insbesondere belegt, dass der Kläger seine angebliche selbständige Tätigkeit und seinen hierbei erzielten Verdienst durch Vorlage von vier Rechnungen zu beweisen versucht hat, die sich allerdings als Totalfälschungen entpuppt haben. Es hat ferner festgestellt, dass es – abgesehen von den gefälschten Rechnungen – keine Hinweise oder gar Belege dafür gibt, der Kläger sei nach seiner bis November 2003 andauernden Krankschreibung selbständig tätig gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass die im Strafverfahren getroffenen Feststellungen unrichtig sind, liegen nicht vor. Auch der Kläger trägt keine neuen Gesichtspunkte vor, die die vom Landgericht getroffenen Feststellungen als zweifelhaft erscheinen ließen. Vor diesem Hintergrund kann der Senat seiner Entscheidung die Feststellungen aus dem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Februar 2011 ohne weitere eigene Ermittlungen zugrunde legen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.9.1981, 7 B 188.81, Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 60, juris Rn. 7; VGH München, Beschl. v. 5.3.2014, 22 ZB 12.2174, GewArch 2014, 444, juris Rn. 28; siehe auch OVG Koblenz, Urt. v. 9.5.1989, 6 A 124/88, NJW 1990, 1553, juris Rn. 40).

57

War der Kläger danach bis zu seinem Dienstunfall nicht selbständig tätig, so fehlt jede Grundlage dafür, eine – durch den Dienstunfall vereitelte – selbständige Tätigkeit und entsprechende Einnahmen hieraus für die Zeit nach dem Dienstunfall anzunehmen. Die von dem Kläger in den jeweiligen Antragsformularen eingetragenen „regelmäßigen Arbeitszeiten“ und der darin angegebene angebliche Verdienstausfall entbehren erneut jeder Grundlage, weil der Kläger zu keinem Zeitpunkt – weder vor noch nach seinem Unfall – in dieser Weise und in entsprechendem Umfang selbständig tätig gewesen ist. Allein die Vorstellung des Betroffenen, während der „Dienstzeiten“ i.S.v. § 14 Abs. 4 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 FeuerwG in einer bestimmten Weise, in einem bestimmten Umfang und mit einem fiktiv ersonnenen Verdienst beruflich tätig sein zu können, ohne dass es hierfür einen Anknüpfungspunkt in der bisherigen Erwerbsbiographie gibt, kann einen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nach § 14 Abs. 4 FeuerwG weder ganz noch teilweise begründen. Denn diese Leistung dient der Kompensation eines tatsächlich erlittenen und nicht eines allenfalls theoretisch denkbaren Verdienstausfalls.

58

3. Der mit den angefochtenen Bescheiden verfügten Rücknahme steht kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers entgegen.

59

Allerdings kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 HmbVwVfG nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Verwaltungsakt vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 2 HmbVwVfG ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn – was vorliegend anzunehmen ist – der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht hat oder nicht mehr (ohne Weiteres) rückgängig zu machende Vermögensdispositionen getroffen hat.

60

Der Kläger kann sich indes nicht auf Vertrauen berufen. Auf Vertrauen kann sich nicht berufen, wer den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt hat (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG), wer den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 HmbVwVfG), oder wer die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 HmbVwVfG). Alle der in § 48 Abs. 2 Satz 3 HmbVwVfG genannten Tatbestände sind vorliegend erfüllt:

61

a) Eine arglistige Täuschung i.S.v. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG liegt dann vor, wenn der Täuschende erkennt und in Kauf nimmt, dass die Behörde auf Grund seines Verhaltens für sie wesentliche Umstände als gegeben ansieht, die in Wahrheit nicht vorliegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.9.1985, 2 C 30.84, DVBl. 1986, 148, juris Rn. 24).

62

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten im Rahmen seiner Anträge wahrheitswidrig angegeben, er sei beruflich selbständig, und hierbei „regelmäßige“ Arbeitszeiten angegeben, die jeder Grundlage entbehren. Diese Angaben des Klägers haben bei der Beklagten zu der irrtümlichen Vorstellung geführt, der Kläger habe als beruflich Selbständiger Anspruch auf die Leistung nach § 14 Abs. 4 FeuerwG. Dass es für die Beklagte – und für den Kläger erkennbar – entscheidend auf die Selbständigkeit ankam, zeigt sich bereits daran, dass sich die dortigen Antragsformulare ausdrücklich an „beruflich Selbständige“ richten. Dem kann nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass – worauf der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat – bei der Beklagten nicht geprüft bzw. in Frage gestellt worden ist, ob die Angabe des Klägers, beruflich selbständig zu sein, tatsächlich zutrifft. Denn dies ändert nichts daran, dass die handelnden Sachbearbeiter bei der Beklagten davon ausgegangen sind, die Angaben des Klägers zu seiner angeblichen beruflichen Selbständigkeit träfen zu. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn auch die Sachbearbeiter bei der Beklagten davon ausgegangen wären, dass der Kläger in Wahrheit nicht beruflich selbständig war, seine Angaben also unrichtig waren. Hierfür gibt es aber keine Anhaltspunkte, und namentlich das Landgericht Hamburg hat in seinem insoweit rechtskräftig gewordenen Urteil vom 10. Februar 2011 auch keine dahingehenden Feststellungen getroffen, sondern im Gegenteil festgestellt, die Sachbearbeiter bei der Beklagten hätten „der weitergehenden Behauptung des Angeklagten, er würde als beruflich Selbständiger dienstbedingten Arbeitsausfall erleiden“, vertraut, „ohne dass sie (...) die angebliche Selbständigkeit noch weiter überprüften“ (vgl. UA S. 7 [Bl. 393 der Akte des Strafverfahrens]). Einen anderen diesbezüglichen Sachverhalt hat im Übrigen auch das Amtsgericht Hamburg-St. Georg in seinem später geänderten Urteil vom 21. April 2010 nicht festgestellt, sondern den betreffenden Sachverhalt lediglich abweichend (straf-) rechtlich gewürdigt (vgl. UA S. 6 f. und 15 f. [Bl. 303 ff. der Akte des Strafverfahrens]).

63

Die Unrichtigkeit seiner Angaben war dem Kläger auch bekannt. Dies wird nicht zuletzt dadurch deutlich, dass er im Strafverfahren die behauptete Selbständigkeit mithilfe von Unterlagen zu belegen versucht hat, bei denen es sich um Totalfälschungen handelte. Ein bloßer Rechts- oder Subsumtionsirrtum, d.h. ein Irrtum darüber, was unter beruflicher Selbständigkeit zu verstehen ist, erscheint vor diesem Hintergrund ausgeschlossen (vgl. hierzu auch das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Februar 2011, dort S. 18 [Bl. 404 der Akte des Strafverfahrens]).

64

Es fehlt auch nicht an der nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG erforderlichen Kausalität („... durch arglistige Täuschung erwirkt“). Zwar hätte der Kläger – ungeachtet des Fehlens einer selbständigen Erwerbstätigkeit – ohnehin keinen Anspruch nach § 14 Abs. 4 FeuerwG gehabt, weil ein Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nicht für krankheitsbedingte Ausfallzeiten besteht (vgl. oben zu 2 a]). Indes kann die Täuschung des Klägers nicht hinweggedacht werden, ohne dass die von der Beklagten vorgenommenen Bewilligungen entfielen. Hätte der Kläger nämlich offenbart, dass er nicht beruflich selbständig war und hierdurch auch keinen entsprechenden Verdienstausfall erlitten hat, hätte die Beklagte den pauschalen Anerkennungsbetrag ungeachtet ihres Rechtsirrtums nicht bewilligt. Umgekehrt hätte die Fehlvorstellung der Beklagten, dass der pauschale Anerkennungsbetrag auch für Zeiten dienstunfallbedingter Arbeitsunfähigkeit gewährt werden kann, nicht die Bewilligungen zu Gunsten des Klägers zufolge gehabt, wenn dieser nicht angegeben hätte, beruflich Selbständiger sei.

65

b) Der Kläger hat die mit den angefochtenen Bescheiden zurückgenommenen Bewilligungen durch Angaben erwirkt, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 HmbVwVfG. Er hat im Rahmen seiner Antragstellungen angegeben, er sei beruflich selbständig, habe – jeweils konkret bezeichnete – regelmäßige Arbeitszeiten und aufgrund seiner dienstunfallbedingten Arbeitsunfähigkeit einen Verdienstausfall erlitten. Diese Angaben waren unrichtig. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter a) sowie unter 2. b) Bezug genommen. Dass der Kläger die Unrichtigkeit seiner Angaben auch kannte, spielt im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 HmbVwVfG keine Rolle, denn die Vorschrift setzt ein Verschulden nicht voraus und es kommt somit nicht darauf an, ob der Betroffene die Unrichtigkeit der in seiner Sphäre liegenden Angaben, auf die die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts zurückzuführen ist, kannte oder hätte kennen müssen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.5.1998, 9 B 1134.97, juris Rn. 5; Urt. v. 14.8.1986, 3 C 9.85, BVerwGE 74, 357, juris Rn. 29).

66

Der Kläger hat die zurückgenommenen Bewilligungen auch durch seine unrichtigen Angaben „erwirkt“. Der Grund für die Rechtswidrigkeit der Bewilligungen, die die Beklagte zur Rücknahme veranlasst haben, liegt in den falschen Angaben des Klägers. Hätte der Kläger keine unzutreffenden Angaben gemacht, hätte die Beklagte den pauschalen Anerkennungsbetrag nicht wiederholt zugunsten des Klägers bewilligt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter a) Bezug genommen.

67

c) Der Kläger kannte überdies die Rechtswidrigkeit der von der Beklagten zu seinen Gunsten vorgenommenen Bewilligungen des pauschalen Anerkennungsbetrages, § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 HmbVwVfG. Dies muss schon deshalb angenommen werden, weil er bewusst falsche Angaben gemacht hat (s.o. unter a]). Damit kann er nur den Zweck verfolgt haben, eine Leistung zu erhalten, auf die er andernfalls keinen Anspruch gehabt hätte, denn sonst hätte kein Grund bestanden, derartige Angaben zu machen. Auch der Umstand, dass der Kläger im Strafverfahren seine angebliche Selbständigkeit mithilfe von Unterlagen zu belegen versucht hat, bei denen es sich um Totalfälschungen handelte, macht deutlich, dass dem Kläger bewusst war, in Wahrheit keinen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nach § 14 Abs. 4 FeuerwG gehabt zu haben.

68

4. Die Rücknahme war nicht verfristet. Abgesehen davon, dass die Jahresfrist aus § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG vorliegend wegen § 48 Abs. 4 Satz 2 HmbVwVfG ohnehin nicht gilt, weil der Kläger i.S.v. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG arglistig getäuscht hat, hat die Beklagte den angefochtenen Rücknahmebescheid vom 11. Januar 2008 innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG erlassen.

69

Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG beginnt erst zu laufen, wenn der Behörde sämtliche für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Erforderlich ist also zunächst die Kenntnis derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts ergibt. Das sind die Tatsachen, die den im Einzelfall unterlaufenen Rechtsanwendungsfehler und die Kausalität dieses Fehlers für den Inhalt des Verwaltungsakts ausmachen. Schon der Wortlaut der Vorschrift stellt allerdings klar, dass die Erkenntnis der Rechtswidrigkeit für sich allein den Fristenlauf nicht auszulösen vermag, sondern hierzu die vollständige Kenntnis des für die Entscheidung über die Rücknahme des Verwaltungsakts erheblichen Sachverhalts nötig ist. Hierzu gehören alle Tatsachen, die im Falle des § 48 Abs. 2 HmbVwVfG ein Vertrauen des Begünstigten in den Bestand des Verwaltungsakts entweder nicht rechtfertigen oder ein bestehendes Vertrauen als nicht schutzwürdig erscheinen lassen, sowie die für die Ermessensausübung wesentlichen Umstände (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.8.2014, 4 B 1.14, BRS 82 Nr. 174, juris Rn. 11, unter Bezugnahme auf BVerwG [GS], Beschl. v. 19.12.1984, GrSen 1/84 und GrSen 2/84, BVerwGE 70, 356, juris). Bei der in § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG geregelten Rücknahmefrist handelt es sich danach nicht um eine Bearbeitungs-, sondern um eine reine Entscheidungsfrist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 48 Rn. 156).

70

Vorliegend veranlasste erst der neuerliche Antrag des Klägers im Juni 2007 die Beklagte zu einer Überprüfung der Angelegenheit. Im Zuge dieser Überprüfung erhielt die Beklagte erstmals Kenntnis davon, dass der Kläger in den Zeiten, für die er den pauschalen Anerkennungsbetrag geltend gemacht hatte, nicht beruflich selbständig tätig gewesen war. Bereits wenige Monate später verfügte die Beklagte die angefochtene Rücknahme der in der Vergangenheit vorgenommenen Bewilligungen.

71

5. Die Beklagte hat das ihr nach § 48 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG zukommende Rücknahmeermessen fehlerfrei ausgeübt.

72

Grundsätzlich steht die Entscheidung, einen rechtswidrigen Verwaltungsakt zurückzunehmen, gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG im Ermessen der Behörde. Für die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte gilt gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 HmbVwVfG allerdings ergänzend § 48 Abs. 2 HmbVwVfG. Nach § 48 Abs. 2 Satz 4 wird in den Fällen des § 48 Abs. 2 Satz 3 HmbVwVfG – die vorliegend allesamt einschlägig sind (s.o. unter 3.) – der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Diese Regelung bezieht sich nicht nur auf die Frage, ob der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit oder nur mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden soll, sondern auch auf die logisch vorrangige Frage, ob er überhaupt zurückgenommen werden soll. Liegt danach kein Ausnahmefall vor, so ist die Rücknahme die Regel und sind weitergehende Ermessenserwägungen nicht anzustellen. Nach § 48 Abs. 2 Satz 4 HmbVwVfG besteht kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung ein intendiertes Ermessen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 26.11.2015, OVG 7 B 4.15, juris Rn. 29; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 48 Rn. 127b).

73

Vorliegend sind Gründe, von der Rücknahme der rechtswidrigen Bewilligungen ausnahmsweise abzusehen, nicht gegeben. Für das Vorliegen eines Regelfalls spricht schon, dass nicht nur einer, sondern alle drei der vertrauensschutzbeseitigenden Tatbestände aus § 48 Abs. 2 Satz 3 HmbVwVfG erfüllt sind, darunter der Arglist-Tatbestand des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG. Es gibt auch keinen Grund, eine Ausnahme deshalb zu machen, weil die Beklagte selbst einem Rechtsirrtum unterlegen ist und die Bewilligungen auch ungeachtet der vorsätzlichen Falschangaben nicht hätte vornehmen dürfen. Denn dies ändert an der Kausalität der bewussten Falschangaben des Klägers für die unrichtigen Bewilligungen nichts: Hätte er nicht angegeben, beruflich selbständig zu sein, hätte die Beklagte die Bewilligungen nicht vorgenommen. Der bloße Rechtsirrtum der Beklagten hat im Übrigen kein der vorsätzlichen Täuschung durch den Kläger vergleichbares Gewicht. Der Kläger hat sich den bei der Beklagten bestehenden Rechtsirrtum zunutze gemacht, um durch bewusste Falschangaben an eine Leistung zu gelangen, auf die er keinen Anspruch hatte.

II.

74

Die in dem Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2008 und dem Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 ebenfalls enthaltene Rückforderung (zzgl. Zinsen) ist, nachdem das Verfahren insoweit abgetrennt worden ist (3 Bf 113/17), nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens.

III.

75

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

76

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

77

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO bestehen nicht.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.10.2013 - 6 K 702/13 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Kassenleistungen in Höhe von 3.237,60 EUR.
Die Klägerin ist B1-Mitglied bei der Beklagten. Sie war in der Zeit von Dezember 2003 bis Juli 2005 in Behandlung bei Dr. K. Dieser wurde mit Urteil des Landgerichts München I vom 24.08.2011 - 12 KLs 569 Js 39263/05 - wegen Betrugs in Mittäterschaft in 1554 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung lag nach den Feststellungen des Landgerichts der Sachverhalt zugrunde, dass Dr. K. einem Teil seiner Patienten folgende Vorgehensweise vorschlug: Auf der Rechnung werde er nicht die tatsächlich erbrachten Leistungen der Bioresonanztherapie, der Bioenergetischen Fokalherdtherapie und der EAV-Testung aufführen. Vielmehr werde er statt der Bioresonanztherapie und der Bioenergetischen Fokalherdtherapie auf der Rechnung die Leistungen mit „Akupunktur“ (269a GOÄ), „Infiltrationsbehandlung“ (268 GOÄ) und „Systembezogene Untersuchung“ (5 GOÄ) ausweisen. Die EAV-Testung werde er auf der Rechnung mit „Epikutantest“ (380 GOÄ), „Pricktest“ (385 GOÄ), „Pricktest (20 x)“ (386 GOÄ) und „Pricktest (20 x)“ (387 GOÄ) bezeichnen. Die Patienten, die auf diesen Vorschlag eingegangen seien, werden in dem Strafurteil entsprechend der aus der Anklage vom 06.09.2010 übernommenen Nummer aufgeführt; danach wird die Klägerin unter den Nummern 1010, 1068, 1136, 1428 und 1498 ausdrücklich erwähnt. Das Urteil des Landgerichts München I ist seit 09.02.2012 rechtskräftig.
Mit Bescheid vom 17.10.2012 nahm die Beklagte die Leistungsabrechnungen gegenüber der Klägerin vom 04.02.2004, 22.03.2004, 11.05.2004, 25.11.2004, 25.01.2005 und 14.07.2005 zurück und forderte von der Klägerin die aus ihrer Sicht ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 6.795,83 EUR (Beihilfe- und Kassenleistungen) zurück. Hiergegen erhob die Klägerin mit der Begründung Widerspruch, es sei unzutreffend, dass falsche Rechnungsstellungen nach Absprache mit den Patienten getroffen worden seien. Jedenfalls zwischen ihr und Dr. K. habe es keine Absprache in Richtung auf eine falsche Rechnungsstellung gegeben. Sie sei von der Ordnungsgemäßheit dieser Rechnungen ausgegangen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Widerspruchsausschusses II der Beklagten vom 24.01.2013 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, der Rückforderungsanspruch werde hinsichtlich der Kassenleistungen in Höhe von 3237,60 EUR geltend gemacht. Die Rücknahme der Bewilligungsbescheide sei in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erfolgt. Das Interesse der Versichertengemeinschaft an der Erbringung satzungsgemäßer Leistungen überwiege das Interesse der Klägerin am Behaltendürfen der rechtswidrigen Leistungen. Das Vertrauen der Klägerin sei nicht schutzwürdig. Der Rückforderungsanspruch sei nicht verjährt. Sie habe am 17.10.2012 festgestellt, dass der Klägerin an den oben genannten Daten Leistungen zu Unrecht gewährt worden seien. Am gleichen Tag sei die Rückforderung fristgerecht durchgeführt worden. Besondere Billigkeitsgesichtspunkte seien nicht vorhanden. Der Widerspruchsbescheid wurde am 29.01.2013 zugestellt.
Am 27.02.2013 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, die angefochtenen Bescheide aufzuheben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bezüglich der Rückforderung von Leistungen fehle es an einer Ermessensausübung. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass sie keine Ahnung von den fachspezifischen Eigenheiten ärztlicher Abrechnungen habe, die angesetzten Gebührenpositionen nicht gekannt habe und davon ausgegangen sei, dass der behandelnde Arzt seine Abrechnungen korrekt erstelle. Zu Unrecht werde ihr arglistige Täuschung und damit strafbares Verhalten unterstellt. Sie habe die Abrechnungen von Dr. K. ungeprüft bei der Beklagten eingereicht. Der Rückforderungsanspruch sei verjährt. Die polizeilichen Ermittlungen seien im Jahre 2008 abgeschlossen gewesen. Die den Regress begründenden Umstände seien der Beklagten bekannt gewesen und hätten bis Ende 2011 geltend gemacht werden müssen. Die Beklagte hat ihre ablehnende Position aufrecht erhalten und u.a. ausgeführt, nach dem landgerichtlichen Urteil stehe fest, dass die Rechnungen von Dr. K. von den Patienten entsprechend einem gemeinsamen Tatplan jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Rechnungsstellung bei den jeweiligen Krankenversicherungen und Beihilfestellen zur Erstattung eingereicht worden seien. Die Rückforderung der rechtswidrig gewährten Leistungen sei zwingend vorgeschrieben. Insoweit habe kein Ermessensspielraum bestanden. Auch die Verjährungsvorschrift des § 79 Abs. 4 der Satzung der Beklagten stehe der Geltendmachung der Rückforderung nicht entgegen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 01.10.2013 ohne mündliche Verhandlung abgewiesen und ausgeführt, die zulässige Klage sei nicht begründet. Rechtsgrundlage für die angefochtene Rücknahme der ursprünglichen Leistungsbescheide und für die Rückforderung von Leistungen in Höhe von 3.237,60 EUR sei § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten in der zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013 i.V.m. § 48 VwVfG. Nach § 30 Abs. 4 der Satzung seien zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die streitigen Leistungen der Klägerin durch die im Rückforderungsbescheid vom 17.10.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte bewilligt worden seien, sei die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass als Voraussetzung für die Rückforderung diese Verwaltungsakte zurückgenommen werden müssten. Die Rücknahme der ursprünglichen Leistungsbescheide durch den Bescheid vom 17.10.2012 sei auch rechtmäßig erfolgt. Die Leistungen seien objektiv zu Unrecht gewährt worden. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige Geldleistung gewähre, dürfe zwar nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut habe und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig sei (§ 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Auf Vertrauensschutz könne sich der Begünstigte nach § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG allerdings nicht berufen, wenn wie hier der Ausschlussgrund nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG vorliege. Denn die Klägerin habe die begünstigenden Leistungsbescheide durch arglistige Täuschung erwirkt. Sie seien von Anfang an rechtswidrig gewesen, da die geltend gemachten Leistungen von dem behandelnden Arzt nicht erbracht worden seien. Dr. K. sei deshalb strafgerichtlich wegen Betrugs in Mittäterschaft zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Im strafgerichtlichen Verfahren habe sich Dr. K. dahingehend eingelassen, dass er, nachdem bezüglich der von ihm durchgeführten Testungen und Therapien keine direkten Nummern in der GOÄ vorhanden seien, die Behandlungen analog anderer Nummern abgerechnet habe. Jeder Patient habe einen Hinweiszettel erhalten, durch welchen ihm bewusst gewesen sei, dass es sich um eine analoge Abrechnung handele. Der Patient hätte den Hinweiszettel bei seiner Versicherung mit einreichen sollen. In den Urteilsgründen des landgerichtlichen Urteils sei die Klägerin - neben einer Vielzahl anderer Patientinnen und Patienten - namentlich als Patientin aufgeführt, die sich mit der von Dr. K. vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden erklärt habe. Weiter seien in den Gründen des landgerichtlichen Urteils die durch Leistungsbescheide der Beklagten vom 04.02.2004, 22.03.2004, 11.05.2004, 25.01.2005 und 14.07.2005 festgesetzten Kassenleistungen ausdrücklich aufgeführt. Die Klägerin gehöre daher zum Kreis derjenigen Personen, die am Betrug von Dr. K. als Mittäter beteiligt gewesen seien. Sie könne daher nicht mit Erfolg einwenden, sie habe gerade wegen des unterschriebenen Hinweisblattes davon ausgehen können, dass Dr. K. seine Leistungen korrekt abgerechnet habe. Die Feststelllungen im Strafurteil beruhten weiter auf der Zeugenaussage des polizeilichen Sachbearbeiters W. Dieser habe angegeben, dass bei der Durchsuchung in allen Patientenakten ein grünes, von den Patienten unterschriebenes Belehrungsblatt gefunden worden sei. In diesem sei der jeweilige Patient darauf hingewiesen worden, dass durch den Angeklagten die Bioresonanztherapie, die Bioenergetische Fokalherdtherapie und die EAV-Testung als ärztliche Leistungen erbracht worden seien und diese analog den Nummern für die GOÄ-Nummern der Leistungen „Systembezogene Untersuchung“, „Akupunktur‘, „Infiltrationsbehandlung“, „Pricktest“ und „Epikutantest“ abgerechnet worden seien. Die Klägerin räume ein, ein derartiges Belehrungsblatt unterschrieben zu haben, sich aber nicht mehr an dessen genauen Wortlaut erinnern zu können. Sie habe daher durch vorsätzliches Verhalten eine Ursache für den Erlass der rechtswidrigen Leistungsbescheide gesetzt. Obwohl Dr. K. sie ausdrücklich darüber informiert habe, dass er in seinen Rechnungen Leistungen aufführe, die er nicht erbracht habe, habe sie diese bei der Beklagten eingereicht, um die entsprechenden Kassenleistungen zu bekommen, und die beteiligten Mitarbeiter der Beklagten so arglistig getäuscht. Auch wenn der Leistungsbescheid vom 25.11.2004, in dem Kassenleistungen in Höhe von 923,36 EUR festgesetzt worden seien, nicht im Strafurteil aufgeführt sei, habe die Klägerin auch ihn durch unrichtige Angaben erwirkt. Denn in der mit dem Erstattungsantrag vorgelegten Rechnung des Dr. K. vom 02.11.2011 würden - wie in den Rechnungen, die Gegenstand des strafgerichtlichen Verfahrens gewesen seien,- Gebühren für Infiltrationsbehandlung und Akupunktur geltend gemacht.
Der Rücknahme der rechtswidrigen Bescheide stehe § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG nicht entgegen. Denn die darin vorgesehene Jahresfrist seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme gemäß § 48 Abs. 4 S. 2 VwVfG gelte nicht im Falle, dass der Begünstigte den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt habe. Die Rücknahme sie auch ermessensfehlerfrei erfolgt. Unschädlich sei, dass die erforderlichen Ermessenserwägungen erst im Widerspruchsbescheid enthalten seien.
Seien somit die Leistungsbescheide nachträglich weggefallen, habe die Klägerin auch die von der Beklagten geforderten 3.237,60 EUR zurückzuerstatten. Die Rückforderung sei nach § 30 Abs. 5 Satz 1 der Satzung zwingend vorgeschrieben. Offen bleiben könne, ob insoweit § 49a Abs. 2 Satz 1 VwVfG ergänzend Anwendung finde, der für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweise. Denn nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG könne sich der Begünstigte auf den Wegfall der Bereicherung nicht berufen, soweit er die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsaktes geführt hätten, gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Diese Voraussetzungen hätten bei der Klägerin vorgelegen. Damit sei ihr auch bei Anwendung des § 49a VwVfG der Entreicherungseinwand verwehrt.
Der Rückerstattungsanspruch sei auch noch nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 79 Abs. 4 Satz 1 der Satzung beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und die Beklagte von den in Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe (§ 79 Abs. 4 Satz 2 der Satzung). Da die Rückforderung erst mit Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen im Bescheid vom 17.10.2012 entstanden sei, habe die Verjährungsfrist erst mit Ablauf des Jahres 2012 zu laufen begonnen.
10 
Die Klägerin hat die vom Senat zugelassene Berufung innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 07.05.2014 begründet. Sie trägt vor, die vom Verwaltungsgericht übernommene Feststellung aus dem strafgerichtlichen Urteil, es liege ein Betrug in Mittäterschaft der Klägerin vor, sei unzutreffend. Die Klägerin sei im landgerichtlichen Verfahren weder als Beschuldigte geführt noch sei gegen sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Sie sei dort nicht beteiligt und auch nicht als Zeugin gehört worden. Das Verwaltungsgericht habe durch die Übernahme dieser Feststellungen des Landgerichts gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Es habe sich nämlich lediglich darauf beschränkt, die von der Beklagten vorgelegten Auszüge aus dem Strafurteil gegen Dr. K. zu übernehmen. Mögliche Beweismittel seien nicht erhoben worden. Darüber hinaus habe das Erstgericht eine überraschende Entscheidung getroffen und in diesem Zusammenhang auch gegen Hinweispflichten verstoßen. Es sei nicht darauf hingewiesen worden, dass ohne jegliche weiteren Ermittlungen zu entscheiden beabsichtigt sei und von der Beklagten vorgelegte Auszüge des Strafurteils gegen Dr. K. übernommen werden sollten. Eine Stellungnahme hierzu sei nicht möglich gewesen bzw. eine Gelegenheit zur Stellungnahme nicht eingeräumt worden. Das Original des vom Verwaltungsgericht zitierten, aber nicht beigezogenen Hinweisblattes weise unterhalb der Ausstellereigenschaft von Dr. K. Folgendes aus: „Die von mir gewünschte Behandlung ist nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Die von mir gewünschte Behandlung kann nicht mit jeder Krankenkasse abgerechnet werden. Ich wünsche durch den behandelnden Arzt die folgenden Leistungen in Anspruch zu nehmen“. Sodann werde hinsichtlich der angebotenen Therapien, u.a. wie im Fall der Klägerin Bioresonanztherapie ausgeführt, dass die analog bestimmter GOÄ-Nummern unter Angabe des entsprechenden Gebührensatzes (2,3 bzw. 1,5) abgerechnet werde als Akupunktur, Infiltration und Symptomuntersuchung. Das Verwaltungsgericht habe auf dieser Basis zu Unrecht die bloße landgerichtliche Verurteilung und die dort getroffenen Feststellungen ausreichen lassen, um von einer arglistigen Täuschung durch die Klägerin auszugehen. Arglist sei nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht zitiere unvollständig, denn im Strafurteil heiße es auf S. 8, der angeklagte Dr. K. habe diese Vorgehensweise vorgeschlagen, „um dennoch eine Erstattung der von ihm erbrachten Leistungen durch die Versicherungen und Beihilfestellen an die Patienten sicherzustellen“. Weder diese letztgenannte Unterstellung des Strafgerichts noch die vom Verwaltungsgericht durchgeführte Bezugnahme, die Klägerin sei als eine derjenigen Patientinnen genannt, welche auf diesen Vorschlag eingegangen seien, fänden aber irgendeine Grundlage in tatsächlichen Beweiserhebungen und Feststellungen. Die Klägerin sei nicht vernommen worden und habe sich nie zu strafrechtlichen Vorwürfen äußern können. Nicht einmal die Strafkammer habe konkrete unmittelbare Feststellungen zu dem grünen Hinweisblatt getroffen, sondern dieses nur indirekt über die Aussage des Kriminalbeamten W. eingeführt. Dabei seien die Aussagen auf diesem grünen Belehrungsblatt eindeutig inhaltlich gegenteilig, nämlich dahingehend, dass die gewünschte Behandlung nicht Bestandteil vertragsärztlicher Versorgung sei und nicht mit jeder Krankenkasse abgerechnet werden könne. Wenn aber von vornherein klar sei, dass nicht zweifelsfrei eine Erstattung durch die Krankenkasse erfolge, ergebe es keinen Sinn, dass die anschließend aufgeführte Darstellung der Abrechnungen der vereinbarten Leistungen nach analogen Tatbeständen der GOÄ eine rechtswidrige Zielrichtung haben solle. Vielmehr ergebe sich eine schlüssige Erklärung hierzu gerade aus der Bemerkung, die Dr. K. seinerzeit gegenüber der Klägerin gemacht habe, dass er diese Abrechnungsziffern analog deswegen wähle, weil für die von ihm erbrachten Behandlungen eigene GOÄ-Nummern noch fehlen würden. Ebenso wenig wie diesen Sachverhalt habe das Verwaltungsgericht weitere Gesichtspunkte gewürdigt, die gegen eine Arglist bzw. Mittäterschaft der Klägerin sprächen: Einem Laien wie der Klägerin sei nicht ohne weiteres erkennbar, ob und was für ein Unterschied zwischen Akupunkturbehandlungen und Bioresonanzbehandlungen liege. Das eine finde mit Metallnadeln statt, das andere mit Elektroden. Eine Analogie auch bei der Abrechnung, zumal wenn sie von dem Arzt erklärt werde, erscheine nicht ohne weiteres als zweifelhaft. Hätte Dr. K. tatsächlich allen Patienten, wie ihm zur Last gelegt, offengelegt, dass er falsch abrechne und die von ihm schriftlich angegebene analoge Abrechnung gerade nicht rechtmäßig sei, so hätte er damit 1.554 Personen zu Mitwissern seiner Falschabrechnung gemacht. Wäre dies richtig, so hätte er zwangsläufig damit rechnen müssen, binnen kurzer Zeit hinsichtlich seiner betrügerischen Aktion aufzufliegen. Tatsächlich habe er gerade mit dem grünen Hinweisblatt das gegenteilige Ziel verfolgt, nämlich die Rechtmäßigkeit seiner Abrechnungsweise den Patienten vorzuspiegeln, die somit nicht Mittäter, sondern Opfer oder Werkzeuge seines betrügerischen Handelns geworden seien.
11 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Regelung in § 48 Abs. 4 VwVfG einschlägig. Dies resultiere daraus, dass keine arglistige Täuschung der Klägerin vorliege. Die Beklagte hätte binnen Jahresfrist ab Kenntnis die Rückforderung geltend machen müssen, habe dies aber nicht getan, so dass sie mit ihrer Forderung ausgeschlossen sei. Hinzu komme, dass auch die dreijährige Verjährungsfrist einschlägig sei. Denn die Argumentation des Erstgerichts, die Verjährungsfrist beginne mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und die Beklagte von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe mit der Konsequenz, dass die Forderung erst mit der Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen entstanden sei, stelle einen Zirkelschluss dar. Mit dieser Argumentation könne jede Behörde den Beginn der eigenen Verjährungsfrist erst aktiv festlegen durch ihren entsprechenden Bescheid. Dies wäre eine Umgehung der Verjährungsregelung. Die Beklagte müsse sich die Kenntniserlangung der anspruchsbegründenden Tatsachen, wenn ein entsprechender Anspruch denn bestünde, bereits im Jahr 2008 zurechnen lassen. Insoweit seien die Ausführungen im Strafurteil vom 28.04.2011 hinsichtlich des dortigen Ermittlungsganges zu verwerten, durch den die Beklagte auch Kenntnis erlangt habe. Da bereits in der Anklageschrift die Klägerin als eine der vielen Patienten/-innen mit falschen Abrechnungen von Dr. K. genannt sei, ergebe sich hieraus, dass die Beklagte spätestens im Jahr 2008 Kenntnis des Sachverhalts gehabt habe, nachdem in diesem Jahr die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München abgeschlossen worden seien. Daher komme die Rückforderung erst 2012 zu spät.
12 
Schließlich sei die Klägerin auch entreichert. Ein doloses Handeln liege nicht vor. Die Klägerin habe aber auch keinen finanziellen Vorteil durch die angeblichen Betrügereien des Dr. K. erlangt. Sie habe die Rechnungen bezahlt und somit die vollständigen Erstattungsleistungen der Beklagten auf diese verwendet. Auch hieraus werde deutlich, dass sie nichts anderes als ein Werkzeug des Dr. K. gewesen sei, das in Unkenntnis der tatsächlichen Rechts- und Abrechnungslage diesem Einnahmen verschafft habe. Auch weil dieser Gesichtspunkt unzutreffend gewürdigt worden sei, habe die Beklagte ermessensfehlerhaft entschieden.
13 
Die Klägerin beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.10.2013 - 6 K 702/13 - aufzuheben, ebenso den Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013, soweit jeweils Kassenleistungen betroffen sind;
15 
außerdem die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt im Einzelnen aus: Gegen den Amtsermittlungsgrundsatz sei nicht verstoßen worden. Eine weitere Aufklärung habe sich nicht aufgedrängt. Die anwaltlich vertretene Klägerin habe es unterlassen, eine entsprechende Zeugenvernehmung zu beantragen. Auch eine Überraschungsentscheidung liege nicht vor, da die Klägerin bis zur Urteilsverkündung ausreichend Zeit gehabt habe, auf die Klageerwiderung der Beklagten Stellung zu nehmen und zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen. Auch ein Verwertungsverbot hinsichtlich der strafgerichtlichen Verurteilung liege nicht vor. Unabhängig von der nicht entscheidungserheblichen Frage, ob ein strafbares Verhalten der Klägerin vorliege, stehe fest, dass auf den Rechnungen von Dr. K. nicht erbrachte Leistungen aufgeführt seien. Ein Hinweis auf eine analoge Abrechnung der Gebührennummern finde sich in den Rechnungen nicht. Indem die Klägerin diese Rechnungen bei der Beklagten zur Erstattung eingereicht habe, obwohl sie gewusst oder es jedenfalls für möglich gehalten habe, dass diese unrichtigen Angaben zu den erbrachten Leistungen keinerlei Hinweise auf eine mögliche analoge Abrechnung bestimmter Gebührenziffern enthielten, habe sie arglistig gehandelt. Ferner sei für die Klägerin die Fehlerhaftigkeit der Bescheide der Beklagten im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG offensichtlich erkennbar gewesen. Sie habe aufgrund des gemeinsamen Tatplans und des Hinweises des behandelnden Arztes positive Kenntnis davon gehabt, dass die Leistungsabrechnungen der Beklagten fehlerhaft gewesen seien. Jedenfalls hätte die Klägerin aufgrund der jeweiligen eindeutigen Texte zu den einzelnen Gebührenpositionen der Rechnungen von Dr. K. ohne besondere Mühe und im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre erkennen können, dass rechtswidrig ärztliche Leistungen erstattet worden seien, obwohl sie diese niemals erhalten gehabt habe. Spezielle Kenntnisse zu den Abrechnungsziffern der GOÄ seien hierzu nicht erforderlich gewesen. Nach den Feststellungen des Strafurteils habe eine arglistige Täuschung vorgelegen; jedenfalls habe die Klägerin Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Leistungsbescheide gehabt bzw. die Rechtswidrigkeit grob fahrlässig verkannt. Die Fehlerhaftigkeit der Bescheide der Beklagten sei für die Klägerin offensichtlich erkennbar gewesen. Ihr habe sich aufdrängen müssen, dass sie gerade keine Injektionen und somit auch keine Infiltrationsbehandlung erhalten habe. Ihr sei es zumutbar gewesen die von ihr eingereichten Rechnungen auf Grundlage ihrer individuellen Kenntnisse und Fähigkeit auf Richtigkeit zu überprüfen und darauf zu achten, dass ausschließlich die tatsächlich erbrachten ärztlichen Leistungen aufgeführt seien. Vorliegend habe sie es unterlassen, die von ihr eingereichten Rechnungen auch nur ansatzweise auf Richtigkeit und Plausibilität zu überprüfen.
19 
Zutreffend führe das Verwaltungsgericht auch aus, dass die Rückforderung erst mit Rücknahme der rechtswidrigen Abrechnungen im Bescheid vom 17.10.2012 entstanden und damit der Rückforderungsanspruch nicht verjährt sei. Ferner sei die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG innerhalb der Jahresfrist seit Kenntnisnahme der Tatsachen, welche die Rücknahme rechtfertigten, erfolgt. Die Beklagte habe am 17.10.2012 positive Kenntnis erlangt, dass die fraglichen Leistungen zu Unrecht gewährt worden seien und die weiteren Voraussetzungen für eine Rücknahme vorlägen. Dagegen spreche auch nicht die Tatsache, dass die Beklagte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens bzw. aus der Anklageschrift Kenntnis von dem - dem Strafverfahren zugrundeliegenden - Sachverhalt erlangt habe. Im vorliegenden Fall habe der Ausgang des Strafverfahrens gegen Dr. K. durch rechtskräftiges Strafurteil abgewartet werden müssen, da die Beklagte erst zu diesem Zeitpunkt eine sichere Kenntnis über die Tatsachen gehabt habe, die eine Rücknahme rechtfertigten. Schließlich könne sich die Klägerin nicht auf Entreicherung berufen.
20 
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bei ihrer informatorischen Anhörung ausgeführt, sie sei von der Erstattungsfähigkeit der erbrachten Leistungen ausgegangen. Dr. K. habe sie einen grünen Zettel über Analogabrechnungen unterschreiben lassen, sie habe aber keine Mehrfertigung erhalten. Bei Rechnungsstellung mit Abrechnung von „Akupunktur“ habe sie dann in der Praxis nachgefragt und um Übersendung einer Kopie des grünen Zettels gebeten, diese aber nie erhalten. Ihr sei bei wiederholter Nachfrage von den Mitarbeiterinnen der Praxis mitgeteilt worden, die Rechnung habe wegen der Analogabrechnungen ihre Richtigkeit. Sie habe es dann unterlassen, weiter zu insistieren, und die Rechnungen eingereicht. Der Senat hat Zeugenbeweis durch Vernehmung von Dr. K. erhoben. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zum Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
21 
Die Akten der Beklagten, das Strafurteil des Landgerichts München I und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart waren Gegenstand des Verfahrens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013 - jeweils bezogen auf Kassenleistungen - sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
23 
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Rechtsgrundlage für die Rückforderung § 30 Abs. 4 der Satzung der beklagten Postbeamtenkrankenkasse in der zur Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013, i. V. m. § 48 VwVfG ist.
24 
Nach § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten sind zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die im Rückforderungsbescheid vom 17.12.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte ausgestaltet waren, bedurfte es als Voraussetzung einer Rückforderung zunächst der Aufhebung dieser Verwaltungsakte, was durch deren Rücknahme im Rahmen des Bescheids vom 17.12.2012 geschehen ist. Sowohl diese Rücknahme (1) als auch die Rückforderung (2) sind rechtmäßig erfolgt.
25 
1. Die Rücknahme der Geldleistung gewährenden Verwaltungsakte richtet sich nach § 48 Abs. 1 und 2 VwVfG.
26 
a) Die im Bescheid erfassten sechs Leistungsabrechnungen waren objektiv rechtswidrig (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da jeweils Leistungen abgerechnet wurden, die so nicht erbracht worden sind. Hiervon ist die Beklagte zu Recht ausgegangen. Das hat sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Darin hat der Zeuge angegeben, dass seine medizinischen Leistungen stets auf die Bioresonanztherapie und die weiteren im Tatbestand genannten Leistungen beschränkt waren und er herkömmliche Leistungen, wie sie formal den Abrechnungen zugrunde lagen, nicht erbracht hat. Dass er sich an den konkreten Patientenkontakt mit der Klägerin nicht erinnerte, beeinträchtigt die Glaubhaftigkeit seiner generellen Aussage nicht, sondern erscheint angesichts des Zeitabstands und der Vielzahl seiner Patientinnen und Patienten plausibel. Des weiteren spricht für die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Aussage, dass sich seine Angaben hierzu mit den Feststellungen in dem gegen ihn ergangenen Strafurteil decken. Hinzu kommt, dass auch die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat angegeben hat, sich gerade wegen der Bioresonanztherapie zur Behandlung beim Zeugen begeben zu haben, da herkömmliche Therapien bei ihr erfolglos geblieben seien.
27 
b) Auf Vertrauensschutz, der grundsätzlich nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG einer Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte entgegensteht, kann sich die Klägerin nicht berufen, denn er wird im vorliegenden Fall durch § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen.
28 
aa) Dabei folgt der Senat nicht der Annahme des Verwaltungsgerichts, die jeweiligen Verwaltungsakte seien durch arglistige Täuschung erwirkt, und damit sei § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG erfüllt. Die Klägerin hat insoweit formal zu Recht beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die Annahme einer arglistigen Täuschung maßgeblich aus den Feststellungen des gegen den Zeugen ergangenen Strafurteils abgeleitet hat, obgleich die Klägerin trotz des dort erhobenen Kollusionsvorwurfs mit dem Zeugen weder in dieses Strafverfahren einbezogen noch überhaupt je gegen sie in diesem Zusammenhang ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Aber auch inhaltlich fehlt dem Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung eine hinreichend sichere Überzeugung davon, dass die Klägerin arglistig getäuscht hat. Um arglistige Täuschung handelt es sich, wenn der Adressat des Verwaltungsakts durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, bei Behördenmitarbeitern einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorruft, diese durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen (BVerwG. Urteil vom 18.09.1985 - 2 C 30.84 - ZBR 1986, 52; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 48 Rn. 112). Die Klägerin hat hierzu bei ihrer Anhörung vor dem Senat ausgeführt, sie habe bei der Erwähnung der - tatsächlich nicht erbrachten - Akupunktur in der ersten Rechnung telefonisch nachgefragt und eine Kopie des von ihr unterschriebenen grünen Zettels über die Analogabrechnungen (erfolglos) erbeten, schließlich aber die Rechnungen unkommentiert weitergeleitet, weil ihr die Korrektheit der Abrechnung von Praxismitarbeiterinnen bestätigt worden sei. Zwar bestehen an ihrer Aussage Zweifel insofern, als ihre Behauptung, keine Mehrfertigung des grünen Zettels erhalten zu haben, in Widerspruch zu der Aussage des Zeugen steht, es seien stets Kopien des grünen Zettels an die Patienten ausgehändigt worden; außerdem erscheint es wenig plausibel, dass sie zunächst eine Kopie des grünen Zettels angefordert haben will, um ihn gegebenenfalls der bei der Kasse einzureichenden Arztrechnung beizufügen, dann aber - obwohl sie die angeforderte Kopie nicht erhalten habe - auf bloße telefonische Mitteilung, es habe alles seine Richtigkeit, die tatsächlich unrichtige Rechnung ohne erklärenden oder erläuternden Zusatz bei der Beklagten einreichte und die Richtigkeit der Angaben auf dem Erstattungsantrag versicherte. Gleichwohl hält es der Senat immerhin noch für möglich, dass die Klägerin insoweit die Augen verschlossen und nicht einen bewussten Täuschungsvorsatz gefasst hatte.
29 
bb) Die Klägerin kann sich aber auf Vertrauensschutz jedenfalls deshalb nicht berufen, weil die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG erfüllt sind.
30 
§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG liegt vor, weil die Klägerin die Leistungsbescheide durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, indem sie die Arztrechnungen ohne weitere Kommentierung oder Mitlieferung des ihr möglicherweise vorliegenden grünen Zettels eingereicht und die Richtigkeit ihrer Angaben versichert und damit zum Ausdruck gebracht hat, die konkret abgerechneten medizinischen Leistungen seien erbracht worden. Die entsprechenden Feststellungen lassen sich den Akten entnehmen und sind auch nicht streitig. Auf die Frage eines Verschuldens kommt es insoweit nicht an.
31 
Aber auch die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 sind gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin der grüne Zettel zur Analogabrechnung vorgelegen hat oder nicht. Denn die Rechtswidrigkeit der Bescheide, die auf von ihr erbrachten Fehlangaben beruhten, war ihr - wenn nicht bekannt - so doch zumindest infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt. Der Klägerin musste bei Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. dazu u. a. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn. 122) klar sein, dass ein auf unrichtigen oder in wesentlicher Hinsicht unvollständigen Sachverhaltsangaben beruhender Verwaltungsakt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht rechtmäßig ist. In diesem Zusammenhang kann sie sich - anders als bei der Frage einer arglistigen Täuschung - weder mit dem Hinweis auf ein bloßes Vergessen des Hinzufügens weiterer Informationen noch mit dem Hinweis auf Unklarheiten oder Fehlvorstellungen im Zusammenhang mit dem Begriff analoger Abrechnungen entlasten.
32 
c) Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung kann die Klägerin nicht für sich geltend machen. Mit Blick auf den fehlenden Vertrauensschutz ist regelmäßig eine Ermessensreduktion in Richtung einer Rücknahme auch für die Vergangenheit anzunehmen, wenn - wie hier - für einen Ausnahmefall nichts ersichtlich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn.127b und 127c). Unabhängig davon ist die im Widerspruchsbescheid erfolgte Ermessensausübung nicht zu beanstanden.
33 
d) Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG stand der Rücknahme nicht entgegen. Mangels Nachweisbarkeit von Arglist folgt das allerdings noch nicht aus einer tatbestandlichen Unanwendbarkeit der Vorschrift (vgl. hierzu § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG). Doch ist die Rücknahme rechtzeitig innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfolgt: Kenntnis von den gesamten Umständen lässt sich frühestens ab Rechtskraft des gegen den Zeugen wegen Abrechnungsbetrugs ergangenen Strafurteils annehmen (09.02.2012). Damit war die am 17.10.2012 erfolgte Rücknahme rechtzeitig. Ohne Erfolg versucht die Klägerin dem entgegenzuhalten, die Frist sei schon mit Kenntnis vom Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang des gegen den Zeugen gerichteten Strafverfahrens im Jahr 2008 in Lauf gesetzt worden, weshalb eine Rücknahme im Oktober 2012 verfristet sei. Sie verkennt hierbei, dass erst die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Behördenentscheidung über eine Rücknahme relevant sind oder sein können einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung unter Umständen relevanten Tatsachen die Frist in Lauf setzt (Kopp/Ramsauer aaO, Rn. 153 m. w. N.). Vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens kann von einer solchen Kenntnis jedenfalls nicht die Rede sein.
34 
Damit war die Rücknahme der streitgegenständlichen Leistungsbescheide rechtmäßig. Dies gilt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch hinsichtlich des im Strafurteil nicht erwähnten Leistungsbescheids, weil sich die vom Zeugen erbrachten Leistungen nach den übereinstimmenden Angaben des Zeugen und der Klägerin im gesamten Behandlungszeitraum auf Bioresonanztherapie beschränkt haben und auch der Abrechnungsmodus in der Weise unverändert geblieben ist, dass so nicht erbrachte Leistungen aufgeführt wurden, ohne dass in der Rechnung ein Hinweis auf diesbezüglich zu erwägende Analogansetzungen von Gebühren enthalten war.
35 
2. Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Kassenleistungen nach § 30 Abs. 4 der Satzung ist ebenfalls rechtmäßig. Insoweit liegt eine zwingende Regelung vor.
36 
a) Mit dem Verwaltungsgericht kann offen bleiben, ob neben § 30 Abs. 4 der Satzung auch § 49a Abs. 2 VwVfG ergänzend anzuwenden ist, dessen Satz 1 für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweist. Denn die Klägerin kann sich - auch bei Anwendbarkeit von § 49a VwVfG - auf einen Wegfall der Bereicherung jedenfalls nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht berufen, weil sie die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben, jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit (s. oben) nicht kannte.
37 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Erstattungsanspruch auch nicht verjährt. § 79 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Satzung bestimmt, dass Rückforderungsansprüche in drei Jahren verjähren und die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und die Beklagte von den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht in Auslegung dieser Bestimmung darauf, dass der Rückforderungsanspruch erst am 17.10.2012 entstanden und damit nicht verjährt ist, ohne dass es noch auf die Frage der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen ankommt. Die Argumentation der Klägerin, hier würden Verjährungsvorschriften umgangen, ist ebenso unrichtig wie ihre Annahme, die rückforderungsbegründenden Umstände seien bereits mit Kenntnis des Abschlusses des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens 2008 bekannt gewesen. Letzteres wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage einer möglichen Verfristung der Rücknahme nach § 48 Abs. 4 VwVfG verneint; hierauf wird verwiesen.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39 
Ein Ausspruch zu § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nicht veranlasst, da die Klägerin nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat und auch erstinstanzlich unterlegen ist, so dass für Erstattungsforderungen ihrerseits kein Raum ist.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 14. August 2015
42 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.237,60 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.10.2012 und deren Widerspruchsbescheid vom 24.01.2013 - jeweils bezogen auf Kassenleistungen - sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
23 
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Rechtsgrundlage für die Rückforderung § 30 Abs. 4 der Satzung der beklagten Postbeamtenkrankenkasse in der zur Zeit des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung der 84. Änderung, Stand 01.01.2013, i. V. m. § 48 VwVfG ist.
24 
Nach § 30 Abs. 4 der Satzung der Beklagten sind zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten. Da die im Rückforderungsbescheid vom 17.12.2012 genannten Leistungsabrechnungen als Verwaltungsakte ausgestaltet waren, bedurfte es als Voraussetzung einer Rückforderung zunächst der Aufhebung dieser Verwaltungsakte, was durch deren Rücknahme im Rahmen des Bescheids vom 17.12.2012 geschehen ist. Sowohl diese Rücknahme (1) als auch die Rückforderung (2) sind rechtmäßig erfolgt.
25 
1. Die Rücknahme der Geldleistung gewährenden Verwaltungsakte richtet sich nach § 48 Abs. 1 und 2 VwVfG.
26 
a) Die im Bescheid erfassten sechs Leistungsabrechnungen waren objektiv rechtswidrig (§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da jeweils Leistungen abgerechnet wurden, die so nicht erbracht worden sind. Hiervon ist die Beklagte zu Recht ausgegangen. Das hat sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Darin hat der Zeuge angegeben, dass seine medizinischen Leistungen stets auf die Bioresonanztherapie und die weiteren im Tatbestand genannten Leistungen beschränkt waren und er herkömmliche Leistungen, wie sie formal den Abrechnungen zugrunde lagen, nicht erbracht hat. Dass er sich an den konkreten Patientenkontakt mit der Klägerin nicht erinnerte, beeinträchtigt die Glaubhaftigkeit seiner generellen Aussage nicht, sondern erscheint angesichts des Zeitabstands und der Vielzahl seiner Patientinnen und Patienten plausibel. Des weiteren spricht für die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Aussage, dass sich seine Angaben hierzu mit den Feststellungen in dem gegen ihn ergangenen Strafurteil decken. Hinzu kommt, dass auch die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat angegeben hat, sich gerade wegen der Bioresonanztherapie zur Behandlung beim Zeugen begeben zu haben, da herkömmliche Therapien bei ihr erfolglos geblieben seien.
27 
b) Auf Vertrauensschutz, der grundsätzlich nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG einer Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte entgegensteht, kann sich die Klägerin nicht berufen, denn er wird im vorliegenden Fall durch § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen.
28 
aa) Dabei folgt der Senat nicht der Annahme des Verwaltungsgerichts, die jeweiligen Verwaltungsakte seien durch arglistige Täuschung erwirkt, und damit sei § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG erfüllt. Die Klägerin hat insoweit formal zu Recht beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die Annahme einer arglistigen Täuschung maßgeblich aus den Feststellungen des gegen den Zeugen ergangenen Strafurteils abgeleitet hat, obgleich die Klägerin trotz des dort erhobenen Kollusionsvorwurfs mit dem Zeugen weder in dieses Strafverfahren einbezogen noch überhaupt je gegen sie in diesem Zusammenhang ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Aber auch inhaltlich fehlt dem Senat nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung eine hinreichend sichere Überzeugung davon, dass die Klägerin arglistig getäuscht hat. Um arglistige Täuschung handelt es sich, wenn der Adressat des Verwaltungsakts durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder deren Unrichtigkeit er für möglich hielt, jedoch in Kauf nahm, bei Behördenmitarbeitern einen Irrtum in dem Bewusstsein hervorruft, diese durch Täuschung zu einer für ihn günstigen Entscheidung zu bestimmen (BVerwG. Urteil vom 18.09.1985 - 2 C 30.84 - ZBR 1986, 52; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 48 Rn. 112). Die Klägerin hat hierzu bei ihrer Anhörung vor dem Senat ausgeführt, sie habe bei der Erwähnung der - tatsächlich nicht erbrachten - Akupunktur in der ersten Rechnung telefonisch nachgefragt und eine Kopie des von ihr unterschriebenen grünen Zettels über die Analogabrechnungen (erfolglos) erbeten, schließlich aber die Rechnungen unkommentiert weitergeleitet, weil ihr die Korrektheit der Abrechnung von Praxismitarbeiterinnen bestätigt worden sei. Zwar bestehen an ihrer Aussage Zweifel insofern, als ihre Behauptung, keine Mehrfertigung des grünen Zettels erhalten zu haben, in Widerspruch zu der Aussage des Zeugen steht, es seien stets Kopien des grünen Zettels an die Patienten ausgehändigt worden; außerdem erscheint es wenig plausibel, dass sie zunächst eine Kopie des grünen Zettels angefordert haben will, um ihn gegebenenfalls der bei der Kasse einzureichenden Arztrechnung beizufügen, dann aber - obwohl sie die angeforderte Kopie nicht erhalten habe - auf bloße telefonische Mitteilung, es habe alles seine Richtigkeit, die tatsächlich unrichtige Rechnung ohne erklärenden oder erläuternden Zusatz bei der Beklagten einreichte und die Richtigkeit der Angaben auf dem Erstattungsantrag versicherte. Gleichwohl hält es der Senat immerhin noch für möglich, dass die Klägerin insoweit die Augen verschlossen und nicht einen bewussten Täuschungsvorsatz gefasst hatte.
29 
bb) Die Klägerin kann sich aber auf Vertrauensschutz jedenfalls deshalb nicht berufen, weil die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG erfüllt sind.
30 
§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG liegt vor, weil die Klägerin die Leistungsbescheide durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, indem sie die Arztrechnungen ohne weitere Kommentierung oder Mitlieferung des ihr möglicherweise vorliegenden grünen Zettels eingereicht und die Richtigkeit ihrer Angaben versichert und damit zum Ausdruck gebracht hat, die konkret abgerechneten medizinischen Leistungen seien erbracht worden. Die entsprechenden Feststellungen lassen sich den Akten entnehmen und sind auch nicht streitig. Auf die Frage eines Verschuldens kommt es insoweit nicht an.
31 
Aber auch die Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 sind gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Klägerin der grüne Zettel zur Analogabrechnung vorgelegen hat oder nicht. Denn die Rechtswidrigkeit der Bescheide, die auf von ihr erbrachten Fehlangaben beruhten, war ihr - wenn nicht bekannt - so doch zumindest infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt. Der Klägerin musste bei Parallelwertung in der Laiensphäre (vgl. dazu u. a. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn. 122) klar sein, dass ein auf unrichtigen oder in wesentlicher Hinsicht unvollständigen Sachverhaltsangaben beruhender Verwaltungsakt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht rechtmäßig ist. In diesem Zusammenhang kann sie sich - anders als bei der Frage einer arglistigen Täuschung - weder mit dem Hinweis auf ein bloßes Vergessen des Hinzufügens weiterer Informationen noch mit dem Hinweis auf Unklarheiten oder Fehlvorstellungen im Zusammenhang mit dem Begriff analoger Abrechnungen entlasten.
32 
c) Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung kann die Klägerin nicht für sich geltend machen. Mit Blick auf den fehlenden Vertrauensschutz ist regelmäßig eine Ermessensreduktion in Richtung einer Rücknahme auch für die Vergangenheit anzunehmen, wenn - wie hier - für einen Ausnahmefall nichts ersichtlich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 15. Aufl., § 48 Rn.127b und 127c). Unabhängig davon ist die im Widerspruchsbescheid erfolgte Ermessensausübung nicht zu beanstanden.
33 
d) Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG stand der Rücknahme nicht entgegen. Mangels Nachweisbarkeit von Arglist folgt das allerdings noch nicht aus einer tatbestandlichen Unanwendbarkeit der Vorschrift (vgl. hierzu § 48 Abs. 4 Satz 2 VwVfG). Doch ist die Rücknahme rechtzeitig innerhalb der Frist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erfolgt: Kenntnis von den gesamten Umständen lässt sich frühestens ab Rechtskraft des gegen den Zeugen wegen Abrechnungsbetrugs ergangenen Strafurteils annehmen (09.02.2012). Damit war die am 17.10.2012 erfolgte Rücknahme rechtzeitig. Ohne Erfolg versucht die Klägerin dem entgegenzuhalten, die Frist sei schon mit Kenntnis vom Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang des gegen den Zeugen gerichteten Strafverfahrens im Jahr 2008 in Lauf gesetzt worden, weshalb eine Rücknahme im Oktober 2012 verfristet sei. Sie verkennt hierbei, dass erst die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Behördenentscheidung über eine Rücknahme relevant sind oder sein können einschließlich der für die zu treffende Ermessensentscheidung unter Umständen relevanten Tatsachen die Frist in Lauf setzt (Kopp/Ramsauer aaO, Rn. 153 m. w. N.). Vor dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens kann von einer solchen Kenntnis jedenfalls nicht die Rede sein.
34 
Damit war die Rücknahme der streitgegenständlichen Leistungsbescheide rechtmäßig. Dies gilt - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch hinsichtlich des im Strafurteil nicht erwähnten Leistungsbescheids, weil sich die vom Zeugen erbrachten Leistungen nach den übereinstimmenden Angaben des Zeugen und der Klägerin im gesamten Behandlungszeitraum auf Bioresonanztherapie beschränkt haben und auch der Abrechnungsmodus in der Weise unverändert geblieben ist, dass so nicht erbrachte Leistungen aufgeführt wurden, ohne dass in der Rechnung ein Hinweis auf diesbezüglich zu erwägende Analogansetzungen von Gebühren enthalten war.
35 
2. Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Kassenleistungen nach § 30 Abs. 4 der Satzung ist ebenfalls rechtmäßig. Insoweit liegt eine zwingende Regelung vor.
36 
a) Mit dem Verwaltungsgericht kann offen bleiben, ob neben § 30 Abs. 4 der Satzung auch § 49a Abs. 2 VwVfG ergänzend anzuwenden ist, dessen Satz 1 für den Umfang der Erstattung auf die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verweist. Denn die Klägerin kann sich - auch bei Anwendbarkeit von § 49a VwVfG - auf einen Wegfall der Bereicherung jedenfalls nach § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht berufen, weil sie die Umstände, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt haben, jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit (s. oben) nicht kannte.
37 
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Erstattungsanspruch auch nicht verjährt. § 79 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Satzung bestimmt, dass Rückforderungsansprüche in drei Jahren verjähren und die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und die Beklagte von den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht in Auslegung dieser Bestimmung darauf, dass der Rückforderungsanspruch erst am 17.10.2012 entstanden und damit nicht verjährt ist, ohne dass es noch auf die Frage der Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen ankommt. Die Argumentation der Klägerin, hier würden Verjährungsvorschriften umgangen, ist ebenso unrichtig wie ihre Annahme, die rückforderungsbegründenden Umstände seien bereits mit Kenntnis des Abschlusses des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens 2008 bekannt gewesen. Letzteres wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage einer möglichen Verfristung der Rücknahme nach § 48 Abs. 4 VwVfG verneint; hierauf wird verwiesen.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39 
Ein Ausspruch zu § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist nicht veranlasst, da die Klägerin nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat und auch erstinstanzlich unterlegen ist, so dass für Erstattungsforderungen ihrerseits kein Raum ist.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 14. August 2015
42 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.237,60 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 31. August 2004 -11 K 2450/03 - geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 9.7.2002 wird insgesamt aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein im Jahr 1950 geborener indischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die Rücknahme seiner Aufenthaltsberechtigung und seine Ausweisung. Er reiste im Jahr 1979 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er erfolglos einen Asylantrag stellte. Dabei gab er an, verheiratet zu sein und einen Sohn zu haben. Am ...1985 heiratete er eine im Jahr 1939 geborene deutsche Staatsangehörige und erhielt am 28.2.1985 eine Aufenthaltserlaubnis sowie am 19.3.1991 eine Aufenthaltsberechtigung. Im Zusammenhang mit der Eheschließung legte er mehrere Schriftstücke vor, wonach seine indische Ehefrau im Jahr 1984 verstorben sei. Die Ehe mit seiner deutschen Ehefrau wurde im Jahr 1998 geschieden. Am 14.6.2000 beantragte eine Inderin namens „K. K.“ in New Delhi die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, um als Ehefrau des Klägers mit diesem in Deutschland zusammenzuleben. Als Geburtsdatum gab sie den ...1966 an, als Heiratsdatum den ...1999. Mit Schreiben vom 30.10.2000 teilte die deutsche Botschaft New Delhi der Beklagten mit, dass diese Ehe schon seit über 18 Jahren bestehe und drei Kinder daraus hervorgegangen seien. Mit Schriftsatz seines damaligen Rechtsanwalts vom 5.3.2002 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten u. a., da ein von ihm eingeleitetes Verfahren auf Familiennachzug nicht vorangekommen sei, habe er auf Anraten Dritter und maßgebliches Betreiben seiner damaligen Arbeitgeberin diese geheiratet und der Wahrheit zuwider angegeben, seine 1978 geheiratete (indische) Frau sei verstorben. Mit dieser Heirat habe verhindert werden sollen, dass er ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland verliere. Vor der Heirat habe er beim Standesamt Stuttgart-Bernhausen eine Bescheinigung über den Tod seiner (indischen) Ehefrau vorlegen müssen, die auch über die Deutsche Botschaft New Delhi auf Betreiben seiner fragwürdigen Berater beschafft und beim Standesamt vorgelegt worden sei.
Mit Verfügung vom 9.7.2002 nahm die Beklagte die Aufenthaltsberechtigung des Klägers zurück (Nr.1) und wies ihn unbefristet aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Nr. 2 und 3). Gleichzeitig drohte sie ihm die Abschiebung nach Indien an. Zur Begründung wurde ausgeführt: Rechtsgrundlage der Rücknahme sei § 48 LVwVfG. Hätte der Kläger nicht beim Standesamt bewusst falsche Unterlagen bei der Bestellung des Aufgebots für die Eheschließung vorgelegt, hätte er auch nicht bigamistisch heiraten können. Ihm wäre aufgrund der Eheschließung keine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden. Die Aufenthaltsberechtigung sei nur erteilt worden, weil die Behörde davon ausgegangen sei, dass er rechtmäßig verheiratet und aufgrund der familiären Lebensgemeinschaft mit seiner deutschen Ehefrau der Aufenthalt im Bundesgebiet erlaubt sei. Die erteilte Aufenthaltsberechtigung sei daher nach § 48 LVwVfG zurückzunehmen. Nach § 45 Abs. 1 AuslG könne ein Ausländer ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtige. Es sei das schutzwürdige Interesse des Klägers an einem zukünftigen Aufenthalt im Bundesgebiet gegen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung abzuwägen und auch die Frage der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung zu prüfen. Danach sei die Ausweisung gerechtfertigt.
Nachdem das Regierungspräsidium Stuttgart über den Widerspruch des Klägers nicht entschieden hatte, erhob er am 16.6.2003 Klage.
Mit ohne mündliche Verhandlung ergangenem Urteil vom 31.8.2004 hat das Verwaltungsgericht die Ausweisung in der Verfügung vom 9.7.2002 (Nr. 2 und 3) aufgehoben und die Klage im übrigen (Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung und Abschiebungsandrohung) abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Rücknahmeverfügung sei rechtmäßig. Die Erteilung der Aufenthaltsberechtigung sei rechtswidrig gewesen, weil ein Ausweisungsgrund vorgelegen habe, der durch Erteilung der vorausgegangenen Aufenthaltserlaubnis nicht verbraucht gewesen sei. Der Kläger habe - ungeachtet einer Strafbarkeit wegen der umstrittenen Doppelehe - eine Urkundenfälschung begangen, nämlich beim Standesamt zum Zweck der Eheschließung mit unstreitig falschen Belegen über den Tod seiner Ehefrau eine unechte oder verfälschte Urkunde zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht. Damit habe er auch unrichtige oder unvollständige Angaben benutzt, um für sich eine Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen. Diese Taten dürften zwar schon bei Erteilung der Aufenthaltsberechtigung verjährt gewesen sein, seien jedoch auch nach sieben Jahren als nicht nur vereinzelter oder geringfügiger Verstoß gegen Rechtsvorschriften i. S. des § 46 Nr. 2 AuslG zu werten. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG sei eingehalten, denn die Ausländerbehörde habe frühestens mit dem Bericht der deutschen Botschaft vom 12.7.2001, möglicherweise erst nach Anhörung des Klägers hinreichende Kenntnis von die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen erlangt. Die Rücknahme selbst lasse zwar keine Ermessenserwägungen erkennen und sogar Zweifel an einer Ermessensentscheidung überhaupt aufkommen. Zu berücksichtigen sei aber, dass der Bescheid zuvor die Ermessensvorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wiedergebe, einen Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 annehme und ausführe, dass ohne die Täuschung des Standesamtes und der Ausländerbehörde keine Aufenthaltsgenehmigung erteilt worden wäre. Damit sei die Beklagte von einer Ermessensermächtigung und möglicherweise von einem Fall ausgegangen, in dem es keiner weiteren Ermessenserwägungen bedürfe. Dies sei bei einer Ermessensreduzierung und nach den Grundsätzen über das gelenkte bzw. intendierte Ermessen nicht zu beanstanden und werde etwa für die Fälle des § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG angenommen, liege somit auch für den Fall des § 48 Abs. 4 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG nahe. Ob ein solcher Fall vorliege, könne aber auch in diesem Zusammenhang dahinstehen, denn die Beklagte habe bei der anschließend begründeten Ausweisung Ermessenserwägungen dargelegt, die für die weniger einschneidende Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung tragfähig seien. Bei entsprechender Anwendung des § 45 Abs. 2 AuslG habe allerdings die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet für die Zeit der rechtswidrig erteilten und deshalb zurückzunehmenden Aufenthaltsberechtigung denknotwendig außer Betracht zu bleiben, und die Zeit davor sei nur von Bedeutung, soweit über die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung hinaus Konsequenzen für den weiteren Aufenthalt gezogen würden - hier mit der Ausweisung selbst. Im übrigen habe die Beklagte zutreffend und unwidersprochen angeführt, dass außer der Erwerbstätigkeit seit 1979 keine besonderen Bindungen des Klägers in Deutschland vorgetragen oder ersichtlich seien, die Familie vielmehr im Heimatland lebe, und eine etwaige Abschiebung nicht unmöglich sei. Bezüglich der Ausweisung sei die Klage jedoch begründet. Die Beklagte habe nicht erkennbar gewürdigt, dass der Kläger seit 28.2.1984 bis zum Zeitpunkt der Ausweisung über gültig gebliebene Aufenthaltsgenehmigungen verfügt habe, was in eine Abwägung der öffentlichen Interessen an der Ausreise und Fernhaltung des Klägers einerseits und dessen privater Belange andererseits mit dem gebührenden Gewicht hätte einbezogen werden müssen.
Gegen das am 8.9.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.9.2004 die Zulassung der Berufung beantragt, soweit die Klage abgewiesen worden ist. Mit Beschluss vom 22.11. 2005 hat der Senat die Berufung zugelassen.
Mit am 7.12.2005 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger die Berufung begründet. Zur Begründung führt er aus: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er - abgesehen von der umstrittenen Frage einer Doppelehe (§ 172 StGB) - eine Urkundenfälschung begangen (§ 267 Abs. 1 StGB) und unrichtige oder unvollständige Angaben benutzt habe, um sich eine Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen, was als nicht nur vereinzelter oder geringfügiger Verstoß gegen Rechtsvorschriften i.S. des § 46 Nr. 2 AuslG zu werten sei. Eine Urkundenfälschung habe hier nicht vorgelegen. Hinsichtlich eines Verstoßes gegen § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG fehle es jedenfalls an der Kausalität zwischen der falschen Behauptung einerseits und einem ausländerrechtlich unrichtigen Ergebnis andererseits. Denn die von ihm in Indien geschlossene Ehe sei wegen des Alters seiner Ehefrau unwirksam gewesen, weshalb es an einer nach deutschem Recht anerkennungsfähigen Ehe gefehlt habe. Die Beklagte habe bei der Rücknahme auch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG nicht eingehalten. Zudem fehle es insoweit an der Ermessensausübung. Im angegriffenen Bescheid werde ausgeführt, dass die ihm erteilte Aufenthaltsberechtigung „zurückzunehmen ist“. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könnten die Erwägungen, welche die Beklagte im Rahmen der Ermessensausübung bei der Ausweisung angestellt habe, nicht auf die Rücknahmeentscheidung übertragen werden. Dies gelte umso mehr, als die Ermessenserwägungen auch die Ausweisung nicht getragen hätten. Bei der Ermessensausübung müsse auch berücksichtigt werden, dass er seit dem 8.4.1979 in der Bundesrepublik Deutschland lebe und dass es daher äußerst fragwürdig sei, ob er sich in Indien noch einmal einleben könne. Er habe auch über fast den gesamten Zeitraum seines Aufenthalts in der Bundesrepublik in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis gestanden. Mit seiner Arbeit habe er nicht nur die deutsche Wirtschaft, sondern auch seine Familienangehörigen in Indien unterstützt und damit zu deren Überleben beigetragen. Eine Rückkehr würde für ihn und seine Familie auch einen Absturz ins wirtschaftliche und soziale „Nichts“ bedeuten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 31.8.2004 - 11 K 2450/03 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 9.7.2002 insgesamt aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
12 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der dem Senat vorliegenden Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts Stuttgart verwiesen. Sie waren Gegenstand der Verhandlung und Beratung.

Entscheidungsgründe

 
13 
Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, weil hierauf in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
14 
Die vom Senat zugelassene Berufung des Klägers ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO). Zwar hat der Kläger nicht innerhalb der Frist des § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO einen förmlichen Berufungsantrag gestellt. Dies ist aber deshalb unschädlich, weil sich das Ziel der Berufung - die vollständige Aufhebung der angefochtenen Verfügung - unmissverständlich aus der Berufungsbegründung entnehmen lässt. Daher wäre es hier eine bloße „Förmelei“, noch einen ausdrücklichen Antrag zu fordern (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.11.2005 - 2 S 1884/03 -, juris, m.w.N.).
15 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die angefochtene Verfügung der Beklagten vom 9.7.2002 nicht nur hinsichtlich der Ausweisung, sondern in vollem Umfang aufheben müssen. Denn sie ist auch rechtswidrig und verletzt den Kläger auch insoweit in seinen Rechten, als mit ihr seine Aufenthaltsberechtigung zurückgenommen worden und ihm die Abschiebung angedroht worden ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24; Urteil vom 26.2.2002 - 1 C 21/00 -, InfAuslR 2002, 338; Urteil vom 28.5.1991 - 1 C 20/89 -, NVwZ 1992, 177) bestimmt sich der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei Anfechtungsklagen in erster Linie nach dem materiellen Recht und, wenn diesem keine Anhaltspunkte für den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt zu entnehmen sind, grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der letzten verwaltungsbehördlichen Entscheidung. Soweit - wie im vorliegenden Fall - ein Widerspruchsbescheid nicht ergangen ist, ist maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.1997 - 17 A 5677/95 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996 - Bs VI 104/96 -, DÖV 1997, 386). Dies ergibt sich daraus, dass es bei der Beurteilung eines belastenden Verwaltungsakts nicht auf den Zeitpunkt der letzten (tatsächlich ergangenen) Behördenentscheidung, sondern auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens ankommt (BVerwG, Beschluss vom 31.7.1985, Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 73; Beschluss vom 11.3.1988, NVwZ 1990, 654; Urteil vom 17.12.1976, BVerwGE 359, 361; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996, a.a.O.) und dass das Verwaltungsverfahren (Vorverfahren) mit der Erhebung einer sog. Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO nicht beendet ist, weil die nach Ablauf der gesetzlichen Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO ohne Durchführung des Vorverfahrens erhobene Klage zwar bereits zulässig ist, aber die Fortführung des Vorverfahrens nicht etwa ausschließt (BVerwG, Beschluss vom 1.7.1986, Buchholz 316 § 39 VwVfG Nr. 10). Ob das Vorverfahren ausnahmsweise schon dann wegen Zweckerreichung (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.4.1994, Buchholz 436.36 § 18 BAföG Nr. 13 S. 3 f.) - als abgeschlossen zu betrachten ist, wenn sich die betreffende Beklagte durch die Behörde, die sachlich für den Erlass des Widerspruchsbescheides zuständig wäre, auf die Klage einlässt und zugleich zu erkennen gibt, dass sie keinen Widerspruchsbescheid mehr erlassen wird, kann hier dahingestellt bleiben, weil die Beklagte nicht Widerspruchsbehörde ist. Zudem hat das Regierungspräsidium Stuttgart den Erlass eines Widerspruchsbescheids nicht ausdrücklich abgelehnt. Danach ist vorliegend die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat maßgebend, weshalb in ausländerrechtlicher Hinsicht die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes Anwendung finden.
17 
Zutreffend - und von der Beklagten unwidersprochen - hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die vom Kläger ausdrücklich gegen „die Ausweisungsverfügung der Beklagten vom 09.07.2002 (Az.: 10319-snd-bes)“ erhobene Klage sich auch gegen die in Ziffer 1 der Verfügung enthaltene Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung richtet.
18 
Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung des Klägers ist § 48 Abs. 1 LVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach Satz 2 dieser Bestimmung darf ein begünstigender Verwaltungsakt nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 LVwVfG sind zwar gegeben (1); die Beklagte hat jedoch das ihr zustehende Ermessen nicht ausgeübt (2).
19 
1. Das Verwaltungsgericht ist bei der Auslegung der von ihm zu überprüfenden Verfügung zu Recht zum Ergebnis gelangt, dass die Beklagte die Aufenthaltsberechtigung des Klägers (nur) mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen hat. Zwar gelten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 12.4.2005 - 1 C 9/04 -, AuAS 2005, 218) nur geringe Anforderungen, um einen Willen der Behörde zur Rücknahme der Aufenthaltsgenehmigung (auch) für die Vergangenheit zu bejahen. Auch vor diesem Hintergrund lässt sich aber weder der Verfügung noch dem weiteren Vorbringen der Beklagten - die die Auffassung des Verwaltungsgerichts im übrigen nicht in Zweifel gezogen hat - hinreichend deutlich entnehmen, dass die Rücknahme hier mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgen sollte. Insbesondere enthält der Wortlaut der Verfügung keinen hierfür sprechenden Anhaltspunkt. Der Annahme einer Rücknahme mit Wirkung (nur) für die Zukunft lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass eine solche im Hinblick auf § 44 Abs. 1 Nr. 1 AuslG bzw. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG als wenig sinnvoll erscheint, weil danach die Aufenthaltsgenehmigung mit der Ausweisung des Ausländers ohnehin erlischt. Dies zeigt sich gerade im vorliegenden Fall deutlich, in welchem das Verwaltungsgericht zwar die Ausweisung des Klägers aufgehoben, die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung aber als rechtmäßig bestätigt hat (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 23.5.1995 - 1 C 3/94 -, BVerwGE 98, 298, wonach die Ausweisung nicht stets ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel ist, um eine rechtswidrige Aufenthaltsgenehmigung zu beseitigen und wonach an deren Beseitigung ein öffentliches Interesse selbst dann bestehen kann, wenn dieses nicht zugleich darauf gerichtet ist, dass der Ausländer Deutschland verlässt).
20 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch angenommen, dass es sich bei der dem Kläger am 19.3.1991 erteilten Aufenthaltsberechtigung um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt handelt.
21 
Die nach den Angaben des Klägers bestehende eheliche Lebensgemeinschaft mit einer deutschen Staatsangehörigen, die der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis 1985 und später auch der hier streitigen Aufenthaltsberechtigung aus dem Jahr 1991 zugrunde lag (vgl. § 27 Abs. 3 Nr. 2 AuslG), stand nämlich nicht unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG, dessen Verwirklichung auch die Erteilung der Aufenthaltsberechtigung im vorliegenden Fall dienen sollte. Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, entfaltet eine unzulässige Doppelehe - ungeachtet ihrer rechtlichen Wirksamkeit - nämlich zugunsten des Ausländers grundsätzlich keine ausländerrechtlichen Wirkungen, weil sie nicht unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG steht (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.8.2005, - 13 S 951/04 -, juris, m.w.N.).
22 
Die Beklagte hat angenommen, dass der Kläger bei seiner Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen am 22.2.1985 bereits rechtswirksam mit einer indischen Staatsangehörigen verheiratet gewesen ist und es sich bei der Eheschließung daher um eine unzulässige Doppelehe (vgl. § 172 StGB) gehandelt hat. Diese Auffassung erweist sich als zutreffend. Entgegen dem Vorbringen des Klägers lässt sich insbesondere nicht feststellen, dass die im Jahr 1979 in Indien erfolgte Eheschließung wegen des damaligen Alters der im Jahr 1966 geborenen Ehefrau unwirksam gewesen ist.
23 
Die Wirksamkeit dieser traditionell erfolgten Eheschließung beurteilt sich nach den Bestimmungen des Hindu-Ehegesetzes Nr. 25 vom 18.5.1955 (abgedruckt bei Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht). Nach Section 7 Abs. 1 dieses Gesetzes kann eine Hindu-Ehe nach den Riten und Zeremonien einer der Parteien geschlossen werden. Wenn zu diesen Riten und Zeremonien das „Saptapadi“ gehört, das heißt dass der Bräutigam und die Braut vor dem heiligen Feuer gemeinschaftlich sieben Schritte machen müssen, so ist nach Absatz 2 dieser Bestimmung die Ehe vollzogen und bindend, wenn der siebente Schritt gemacht ist. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, hat es sich bei der im Jahr 1979 erfolgten Eheschließung um eine solche nach diesem Ritus gehandelt, bei der die genannten Anforderungen eingehalten worden sind. Dass es sich beim Kläger und seiner (damaligen) Braut um Sikhs handelt, steht dem nicht entgegen; für Sikhs gilt hinsichtlich der Eheschließung im hier interessierenden Punkt nämlich nichts Abweichendes (vgl. Sect. 2 Abs. 1 (b) Hindu-Ehegesetz)
24 
Entgegen der Auffassung des Klägers war diese Eheschließung nicht deshalb unwirksam, weil seine Ehefrau - nach seinen Angaben - zum damaligen Zeitpunkt erst 13 Jahre alt gewesen ist. Zwar bestimmt Sect. 5 (iii) des Hindu-Ehegesetzes als Voraussetzung der Eheschließung, dass zur Zeit der Eheschließung der Bräutigam das 21. und die Braut das 18. Lebensjahr vollendet haben müssen. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift führt jedoch nicht zur Nichtigkeit der Ehe, weil er in den Regelungen über die Ehenichtigkeit (Sect. 11 und 12) nicht genannt ist. Vielmehr bestimmt Sect. 13 Abs. 2 (iv) des Hindu-Ehegesetzes, dass eine Frau die Auflösung der Ehe durch ein Scheidungsurteil beantragen kann, wenn die Ehe (gleich ob sie vollzogen wurde oder nicht) vor Erreichung ihres 15. Lebensjahres geschlossen wurde und sie diese Ehe vor Erreichung ihres 18. Lebensjahres abgelehnt hat. Vorliegend spricht aber nichts dafür, dass die indische Ehefrau des Klägers die Ehe vor Erreichung des 18. Lebensjahres abgelehnt oder die Scheidung betrieben hat. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung hierzu angegeben, dass eine solche Ablehnung nicht erfolgt und ihm auch von einer Scheidungsabsicht nichts bekannt sei. Gegenteilige Anhaltspunkte sind auch sonst nicht erkennbar, zumal aus dieser Ehe drei Kinder hervorgegangen sind.
25 
Der Wirksamkeit der Eheschließung steht auch nicht entgegen, dass diese im Jahr 1979 nicht registriert worden ist. Zwar sieht Sect. 8 des Hindu-Ehegesetzes die Möglichkeit vor, die Ehe zu Beweiszwecken registrieren zu lassen, was der Kläger im Jahr 1999 getan hat. Nach Sect. 8 Abs. 5 des Hindu-Ehegesetzes wird die Gültigkeit einer Hindu-Ehe aber in keiner Weise durch die Unterlassung einer solchen Eintragung berührt. Schließlich scheitert die Gültigkeit der im Jahr 1979 geschlossenen Ehe des Klägers auch nicht daran, dass sie gegen das Gesetz zur Verhinderung der Kinderehen Nr. 19/1929 (abgedruckt bei Bergmann/Ferid/Henrich, a.a.O.) verstoßen haben dürfte. Denn dieser Verstoß ist zwar unter Strafe gestellt, berührt jedoch nicht die Gültigkeit einer gleichwohl geschlossenen Ehe (vgl. hierzu Bergmann/Ferid/ Henrich, a.a.O., S. 23). Im Ergebnis ist die Beklagte danach zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen bereits rechtswirksam verheiratet gewesen ist.
26 
Darüber hinaus erweist sich die dem Kläger erteilte Aufenthaltsberechtigung aber auch deshalb als rechtswidrig, weil bei ihrer Erteilung ein Ausweisungsgrund vorlag (vgl. §§ 27 Abs. 2 Nr. 5, 24 Abs. 1 Nr. 6 AuslG). Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - mit der Vorlage der Schriftstücke zum angeblichen Tod seiner indischen Ehefrau eine Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) begangen hat. Denn zum einen hat er jedenfalls gegen § 172 StGB (Doppelehe) verstoßen. Zum anderen lag ein Verstoß gegen § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG (vgl. jetzt § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG) vor, weil er durch Vorlage der inhaltlich unzutreffenden „Sterbeurkunde“ seiner (indischen) Ehefrau beim Standesamt unrichtige und unvollständige Angaben gemacht hatte, um die Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen zu ermöglichen und für sich eine Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen.
27 
Diese Vorgehensweise war auch ursächlich für die Erteilung der Aufenthaltsberechtigung. Denn ohne das vorgetäuschte Versterben seiner indischen Ehefrau wäre eine Eheschließung in der Bundesrepublik Deutschland nicht erfolgt, nachdem der Kläger im Asylverfahren angegeben hatte, verheiratet zu sein. Im übrigen setzte § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG die Kausalität zwischen der unrichtigen Angabe und der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung entgegen der Auffassung des Klägers aber auch nicht voraus. Vielmehr stellte diese Vorschrift den Rechtsmissbrauch zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung bereits im Vorfeld unter Strafe und verlangte keine Eignung zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung. Es kommt daher insoweit nicht darauf an, ob dem Kläger bereits aus anderen Gründen eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen gewesen wäre (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.1.1998 - 3 Ss 1/98 -, NVwZ-RR 1999, 73; BayObLG, Beschluss vom 15.9.2003 - 4St RR 112/03, 4St RR 112/2003 -, juris; VG Berlin, Urteil vom 29.1.2004 -11 A 905.03 -, InfAuslR 2004, 204; OVG Berlin, Beschluss vom 17.6.2005 - 3 N 85.04 -, juris).
28 
Bei den Verstößen des Klägers gegen § 172 StGB und § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG handelte es sich auch um einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften, weshalb diese einen Ausweisungsgrund nach § 46 Nr. 2 AuslG (vgl. jetzt § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG) darstellten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 22.1.2002 - 1 C 6/01 -, BVerwGE 115, 352). Ein Rechtsverstoß ist insoweit nämlich nur dann unbeachtlich, wenn er vereinzelt und geringfügig ist, also andererseits immer beachtlich, wenn er vereinzelt, aber nicht geringfügig oder geringfügig, aber nicht vereinzelt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.9.1996 - 1 C 9/94 -, BVerwGE 102, 63; Urteil vom 18.11.2004 - BVerwG 1 C 23.03 -, BVerwGE 122, 193). Eine - wie hier -vorsätzlich begangene Straftat ist aber grundsätzlich nicht geringfügig im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.11.2004, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 17. 6.1998 -1 C 27/96 -, BVerwGE 107, 58 m.w.N.).
29 
Ob dem Kläger eine Aufenthaltsgenehmigung auf Grund seiner Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen auch deshalb nicht zustand, weil es sich bei dieser möglicherweise um eine sog. Scheinehe gehandelt hat, kann angesichts der bereits aus anderen Gründen nicht gegebenen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung offen bleiben.
30 
Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte auch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG für die Rücknahme eingehalten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 24.1.2001 - 8 C 8/00 -, BVerwGE 112, 360 m.w.N.; ferner VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.2.2000 - 8 S 1817/99 -, NVwZ-RR 2001, 6; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. , Rnr. 138 zu § 48 m.w.N.) beginnt diese nämlich erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die weiteren für die Rücknahme entscheidungserheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass hiervon erst mit Eingang des Berichts der deutschen Botschaft vom 12.7.2001 und (möglicherweise) der anschließenden Anhörung des Klägers ausgegangen werden konnte, weil zuvor noch Klärungsbedarf bestanden hat. Danach ist die Jahresfrist hier aber eingehalten worden.
31 
2. Die von der Beklagten verfügte Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung des Kläger erweist sich aber deshalb als rechtswidrig, weil sie das ihr durch § 48 Abs. 1 LVwVfG („kann“) eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt hat.
32 
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, lässt die angefochtene Verfügung hinsichtlich der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung keine Ermessenserwägungen erkennen und sogar durchgreifende Zweifel daran aufkommen, dass eine Ermessensentscheidung überhaupt getroffen worden ist, wenn es dort heißt: „Die Ihnen erteilte Aufenthaltsberechtigung ist von daher nach § 48 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes zurückzunehmen.“ Zudem finden sich im Zusammenhang mit der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung keine Ausführungen, die sich als Ermessensausübung verstehen lassen. Die Verfügung enthält auch keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass die bei der Entscheidung über die Ausweisung angestellten Ermessenserwägungen auch für die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung gelten sollen. Das Verwaltungsgericht hat allerdings angenommen, dass die von der Beklagten bei der Ausweisung angestellten Ermessenserwägungen auch für die weniger einschneidende Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung tragfähig seien, also auf diese übertragen werden könnten. Dies ist jedoch nicht zutreffend, wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt:
33 
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Auffassung das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.5.1995 (- 1 C 3/94 -, BVerwGE 98, 298) herangezogen. Dort hatte die Behörde eine Aufenthaltsgenehmigung nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG nachträglich zeitlich beschränkt, obwohl die Voraussetzungen für Ihre Erteilung von vornherein nicht gegeben waren. Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Fall angenommen, die angefochtene Verfügung finde in § 48 LVwVfG eine Rechtsgrundlage, ohne dass es einer richterlichen Umdeutung der Verfügung bedürfe. Hinsichtlich der Ermessensausübung hat es weiter ausgeführt, es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte und die Widerspruchsbehörde, die nach den nicht zu beanstandenden Darlegungen des Berufungsgerichts ihr Ermessen im Hinblick auf § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG ordnungsgemäß ausgeübt und dabei die Belange des Klägers gewürdigt und mit den entgegenstehenden öffentlichen Belangen angemessen abgewogen hätten, bei der Anwendung des § 48 LVwVfG zusätzliche Gesichtspunkte in den Blick hätten nehmen müssen (vgl. BVerwG, a.a.O.).
34 
Damit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. Denn hier geht es nicht darum, eine für die beabsichtigte Maßnahme herangezogene, nicht einschlägige Rechtsgrundlage auszuwechseln und die von der Behörde angestellten Ermessenserwägungen auch für diese gelten zu lassen. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, die von der Behörde für eine eigenständige, in Voraussetzungen und Wirkungen anders gelagerte Maßnahme, nämlich die Ausweisung, angestellten Ermessenserwägungen könnten auch auf die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung übertragen werden. Abgesehen davon, dass die Ausweisungsverfügung der Beklagten einschließlich der in dieser enthaltenen Ermessenserwägungen inzwischen rechtskräftig aufgehoben und damit rechtlich nicht mehr existent ist, ist dies jedoch schon deshalb problematisch, weil beide Maßnahmen eine unterschiedliche Zielrichtung verfolgen und unterschiedliche Auswirkungen haben. Da sich der angefochtenen Verfügung - wie ausgeführt - keinerlei Hinweis darauf entnehmen lässt, dass nach dem Willen der Beklagten die von ihr zur Ausweisung angestellten Ermessenserwägungen auch uneingeschränkt für die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung gelten sollen, führt die vom Verwaltungsgericht gewählte Vorgehensweise zudem dazu, dass der Beklagten vom Gericht Ermessenserwägungen „untergeschoben“ werden, was jedoch über den von § 114 VwGO vorgegebenen Prüfungsumfang hinausgeht.
35 
Hinzu kommt, dass das Verwaltungsgericht die Ausweisung des Klägers wegen eines Ermessensfehlers aufgehoben hat. Zwar beruhte dies darauf, dass die Beklagte nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht erkennbar gewürdigt hat, dass der Kläger seit 28.2.1985 bis zum Zeitpunkt der Ausweisung über gültig gebliebene Aufenthaltsgenehmigungen verfügt hat. Demgegenüber ist das Verwaltungsgericht bei der Beurteilung der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung des Klägers davon ausgegangen, dass in diesem Zusammenhang gerade die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet für die Zeit der rechtswidrig erteilten und deshalb zurückzunehmenden Aufenthaltsberechtigung denknotwendig außer Betracht zu bleiben habe, weshalb die Ermessenserwägungen der Beklagten hierfür ausreichend seien. Auch vor diesem Hintergrund ist es jedoch nicht zulässig, die (aufgehobenen) Ermessenserwägungen für den Bereich der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung weiter fortgelten zu lassen. Es lässt sich schon nicht ausschließen, dass die Beklagte die zu berücksichtigenden Belange anders als bei der Entscheidung über die Ausweisung gewichtet oder weitere Belange in ihre Erwägungen eingestellt hätte, wenn sie bei der Entscheidung über die Rücknahme das ihr eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hätte. Zudem erscheint es als denkbar, dass die Ausweisung von vornherein unterblieben wäre, wenn die Beklagte alle nach Auffassung des Verwaltungsgerichts zu berücksichtigenden Umstände - also auch den langjährigen rechtmäßigen Aufenthalt des Klägers - in ihre Ermessenserwägungen eingestellt hätte. Möglicherweise hätte sich dies aber auch auf die Ermessensausübung im Zusammenhang mit der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung ausgewirkt. Angesichts dessen scheidet eine Übertragung der zur Ausweisung angestellten Ermessenserwägungen auf die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung im Ergebnis hier aus.
36 
Auch die vom Verwaltungsgericht erwogene Anwendung der Grundsätze über das sog. gelenkte bzw. intendierte Ermessen kommt hier nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestimmen sich die Anforderungen an den Inhalt und den Umfang der Begründung eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des Einzelfalles (vgl. u.a. Urteil vom 15.6.1971 - BVerwG II C 17.70 - BVerwGE 38, 191; Urteil vom 5.7.1985 - BVerwG 8 C 22.83 -, BVerwGE 72, 1). Dabei kann vor allem eine Rolle spielen, ob es sich um eine Ermessensbetätigung handelt, deren Richtung bereits vom Gesetz vorgezeichnet ist (sog. intendiertes Ermessen), bei der also ein bestimmtes Ergebnis dem Gesetz näher steht, sozusagen im Grundsatz gewollt ist und davon nur ausnahmsweise abgesehen werden darf. Bei einer solchen Konstellation gilt nämlich, dass es für die eine Ausnahme ablehnende Ermessensentscheidung keiner Abwägung des „Für und Wider" bedarf; damit entfällt zugleich auch eine entsprechende Begründungspflicht der Behörde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.8.1980 - BVerwG 4 B 67.80 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 168 S. 126). Eine Begründung der Ermessenserwägungen der Behörde ist somit entbehrlich, wenn eine Ermessen einräumende Vorschrift dahin auszulegen ist, dass sie für den Regelfall von einer Ermessensausübung in einem bestimmten Sinne ausgeht und besondere Gründe vorliegen müssen, um ausnahmsweise eine gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen. Liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst. Versteht sich aber das Ergebnis von selbst, so bedarf es insoweit nach § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG auch keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.1997 - 3 C 22/96 -, BVerwGE 105, 55; Urteil vom 23.5.1996 - 3 C 13/94 -, Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1; Urteil vom 25.9.1992 - BVerwG 8 C 68 u. 70.90 -, BVerwGE 91, 82; Urteil vom 5.7.1985, a.a.O.). Dies nimmt das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 23.5.1996, a.a.O.) im Bereich der Rücknahme von Verwaltungsakten etwa im Fall des § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG an, der für die Fälle des Satzes 3 die Rücknahme des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit als Regel festlegt.
37 
Eine Regelung, welche für den hier gegebenen Fall der Rücknahme auf ein sog. intendiertes Ermessen hinweist, ist nicht vorhanden. § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG ist im Fall des Klägers nicht unmittelbar anwendbar, weil es sich bei der Aufenthaltsberechtigung nicht um einen Verwaltungsakt handelt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG und Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rnr. 74 ff. zu § 48). Zwar erklärt § 48 Abs. 3 Satz 2 LVwVfG für die - wie hier - nicht unter Absatz 2 fallenden Verwaltungsakte Absatz 2 Satz 3 für anwendbar, nicht jedoch Satz 4. Zudem regelt § 48 Abs. 3 Satz 1 LVwVfG (nur) den Anspruch des Betroffenen auf Ausgleich des durch die Rücknahme entstehenden Vermögensnachteils, wenn sein Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts schutzwürdig ist. Der in Satz 2 enthaltene Verweis auf § 48 Absatz 2 Satz 3 LVwVfG bezieht sich daher allein hierauf. Ein intendiertes Ermessen hinsichtlich der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung des Klägers lässt sich hieraus nicht entnehmen. Dies folgt auch daraus, dass in den Fällen des § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG zumeist staatliche Leistungen an den Betroffenen ergangen sind, weshalb es im Regelfall nahe liegt, diesen Leistungen durch die rückwirkende Rücknahme des zu Grunde liegenden Verwaltungsaktes die Grundlage zu entziehen, um eine Rückforderung zu ermöglichen. Damit ist der vorliegende Fall aber nicht vergleichbar. Vielmehr bedarf es bei der Rücknahme einer Aufenthaltsgenehmigung regelmäßig einer umfassenden Abwägung aller für und gegen diese sprechenden Umstände, ohne dass ein Ergebnis für den Regelfall vorgezeichnet ist.
38 
Eine sonstige Regelung, aus der sich für den zu entscheidenden Fall ein sog. intendiertes Ermessen ergibt, ist gleichfalls nicht erkennbar. Damit erweist sich die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung wegen fehlender Ermessensausübung durch die Beklagte als rechtswidrig, weshalb der angefochtene Bescheid auch insoweit aufzuheben ist.
39 
Danach kann auch die dem angefochtenen Bescheid beigefügte Abschiebungsandrohung keinen Bestand haben (vgl. § 58 Abs. 1, § 50 Abs. 1 AufenthG).
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da § 161 Abs. 3 VwGO nicht zu einer anderen Kostenverteilung führen würde, kann offen bleiben, ob diese Vorschrift hier anwendbar ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.7.1991 - 3 C 56/90 -, DÖV 1991, 1025; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.).
41 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
13 
Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, weil hierauf in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
14 
Die vom Senat zugelassene Berufung des Klägers ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO). Zwar hat der Kläger nicht innerhalb der Frist des § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO einen förmlichen Berufungsantrag gestellt. Dies ist aber deshalb unschädlich, weil sich das Ziel der Berufung - die vollständige Aufhebung der angefochtenen Verfügung - unmissverständlich aus der Berufungsbegründung entnehmen lässt. Daher wäre es hier eine bloße „Förmelei“, noch einen ausdrücklichen Antrag zu fordern (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14.11.2005 - 2 S 1884/03 -, juris, m.w.N.).
15 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die angefochtene Verfügung der Beklagten vom 9.7.2002 nicht nur hinsichtlich der Ausweisung, sondern in vollem Umfang aufheben müssen. Denn sie ist auch rechtswidrig und verletzt den Kläger auch insoweit in seinen Rechten, als mit ihr seine Aufenthaltsberechtigung zurückgenommen worden und ihm die Abschiebung angedroht worden ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24; Urteil vom 26.2.2002 - 1 C 21/00 -, InfAuslR 2002, 338; Urteil vom 28.5.1991 - 1 C 20/89 -, NVwZ 1992, 177) bestimmt sich der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei Anfechtungsklagen in erster Linie nach dem materiellen Recht und, wenn diesem keine Anhaltspunkte für den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt zu entnehmen sind, grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der letzten verwaltungsbehördlichen Entscheidung. Soweit - wie im vorliegenden Fall - ein Widerspruchsbescheid nicht ergangen ist, ist maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.1997 - 17 A 5677/95 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996 - Bs VI 104/96 -, DÖV 1997, 386). Dies ergibt sich daraus, dass es bei der Beurteilung eines belastenden Verwaltungsakts nicht auf den Zeitpunkt der letzten (tatsächlich ergangenen) Behördenentscheidung, sondern auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens ankommt (BVerwG, Beschluss vom 31.7.1985, Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 73; Beschluss vom 11.3.1988, NVwZ 1990, 654; Urteil vom 17.12.1976, BVerwGE 359, 361; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996, a.a.O.) und dass das Verwaltungsverfahren (Vorverfahren) mit der Erhebung einer sog. Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO nicht beendet ist, weil die nach Ablauf der gesetzlichen Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO ohne Durchführung des Vorverfahrens erhobene Klage zwar bereits zulässig ist, aber die Fortführung des Vorverfahrens nicht etwa ausschließt (BVerwG, Beschluss vom 1.7.1986, Buchholz 316 § 39 VwVfG Nr. 10). Ob das Vorverfahren ausnahmsweise schon dann wegen Zweckerreichung (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.4.1994, Buchholz 436.36 § 18 BAföG Nr. 13 S. 3 f.) - als abgeschlossen zu betrachten ist, wenn sich die betreffende Beklagte durch die Behörde, die sachlich für den Erlass des Widerspruchsbescheides zuständig wäre, auf die Klage einlässt und zugleich zu erkennen gibt, dass sie keinen Widerspruchsbescheid mehr erlassen wird, kann hier dahingestellt bleiben, weil die Beklagte nicht Widerspruchsbehörde ist. Zudem hat das Regierungspräsidium Stuttgart den Erlass eines Widerspruchsbescheids nicht ausdrücklich abgelehnt. Danach ist vorliegend die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat maßgebend, weshalb in ausländerrechtlicher Hinsicht die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes Anwendung finden.
17 
Zutreffend - und von der Beklagten unwidersprochen - hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die vom Kläger ausdrücklich gegen „die Ausweisungsverfügung der Beklagten vom 09.07.2002 (Az.: 10319-snd-bes)“ erhobene Klage sich auch gegen die in Ziffer 1 der Verfügung enthaltene Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung richtet.
18 
Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung des Klägers ist § 48 Abs. 1 LVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach Satz 2 dieser Bestimmung darf ein begünstigender Verwaltungsakt nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 LVwVfG sind zwar gegeben (1); die Beklagte hat jedoch das ihr zustehende Ermessen nicht ausgeübt (2).
19 
1. Das Verwaltungsgericht ist bei der Auslegung der von ihm zu überprüfenden Verfügung zu Recht zum Ergebnis gelangt, dass die Beklagte die Aufenthaltsberechtigung des Klägers (nur) mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen hat. Zwar gelten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 12.4.2005 - 1 C 9/04 -, AuAS 2005, 218) nur geringe Anforderungen, um einen Willen der Behörde zur Rücknahme der Aufenthaltsgenehmigung (auch) für die Vergangenheit zu bejahen. Auch vor diesem Hintergrund lässt sich aber weder der Verfügung noch dem weiteren Vorbringen der Beklagten - die die Auffassung des Verwaltungsgerichts im übrigen nicht in Zweifel gezogen hat - hinreichend deutlich entnehmen, dass die Rücknahme hier mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgen sollte. Insbesondere enthält der Wortlaut der Verfügung keinen hierfür sprechenden Anhaltspunkt. Der Annahme einer Rücknahme mit Wirkung (nur) für die Zukunft lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass eine solche im Hinblick auf § 44 Abs. 1 Nr. 1 AuslG bzw. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG als wenig sinnvoll erscheint, weil danach die Aufenthaltsgenehmigung mit der Ausweisung des Ausländers ohnehin erlischt. Dies zeigt sich gerade im vorliegenden Fall deutlich, in welchem das Verwaltungsgericht zwar die Ausweisung des Klägers aufgehoben, die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung aber als rechtmäßig bestätigt hat (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 23.5.1995 - 1 C 3/94 -, BVerwGE 98, 298, wonach die Ausweisung nicht stets ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel ist, um eine rechtswidrige Aufenthaltsgenehmigung zu beseitigen und wonach an deren Beseitigung ein öffentliches Interesse selbst dann bestehen kann, wenn dieses nicht zugleich darauf gerichtet ist, dass der Ausländer Deutschland verlässt).
20 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch angenommen, dass es sich bei der dem Kläger am 19.3.1991 erteilten Aufenthaltsberechtigung um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt handelt.
21 
Die nach den Angaben des Klägers bestehende eheliche Lebensgemeinschaft mit einer deutschen Staatsangehörigen, die der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis 1985 und später auch der hier streitigen Aufenthaltsberechtigung aus dem Jahr 1991 zugrunde lag (vgl. § 27 Abs. 3 Nr. 2 AuslG), stand nämlich nicht unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG, dessen Verwirklichung auch die Erteilung der Aufenthaltsberechtigung im vorliegenden Fall dienen sollte. Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, entfaltet eine unzulässige Doppelehe - ungeachtet ihrer rechtlichen Wirksamkeit - nämlich zugunsten des Ausländers grundsätzlich keine ausländerrechtlichen Wirkungen, weil sie nicht unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG steht (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.8.2005, - 13 S 951/04 -, juris, m.w.N.).
22 
Die Beklagte hat angenommen, dass der Kläger bei seiner Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen am 22.2.1985 bereits rechtswirksam mit einer indischen Staatsangehörigen verheiratet gewesen ist und es sich bei der Eheschließung daher um eine unzulässige Doppelehe (vgl. § 172 StGB) gehandelt hat. Diese Auffassung erweist sich als zutreffend. Entgegen dem Vorbringen des Klägers lässt sich insbesondere nicht feststellen, dass die im Jahr 1979 in Indien erfolgte Eheschließung wegen des damaligen Alters der im Jahr 1966 geborenen Ehefrau unwirksam gewesen ist.
23 
Die Wirksamkeit dieser traditionell erfolgten Eheschließung beurteilt sich nach den Bestimmungen des Hindu-Ehegesetzes Nr. 25 vom 18.5.1955 (abgedruckt bei Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht). Nach Section 7 Abs. 1 dieses Gesetzes kann eine Hindu-Ehe nach den Riten und Zeremonien einer der Parteien geschlossen werden. Wenn zu diesen Riten und Zeremonien das „Saptapadi“ gehört, das heißt dass der Bräutigam und die Braut vor dem heiligen Feuer gemeinschaftlich sieben Schritte machen müssen, so ist nach Absatz 2 dieser Bestimmung die Ehe vollzogen und bindend, wenn der siebente Schritt gemacht ist. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, hat es sich bei der im Jahr 1979 erfolgten Eheschließung um eine solche nach diesem Ritus gehandelt, bei der die genannten Anforderungen eingehalten worden sind. Dass es sich beim Kläger und seiner (damaligen) Braut um Sikhs handelt, steht dem nicht entgegen; für Sikhs gilt hinsichtlich der Eheschließung im hier interessierenden Punkt nämlich nichts Abweichendes (vgl. Sect. 2 Abs. 1 (b) Hindu-Ehegesetz)
24 
Entgegen der Auffassung des Klägers war diese Eheschließung nicht deshalb unwirksam, weil seine Ehefrau - nach seinen Angaben - zum damaligen Zeitpunkt erst 13 Jahre alt gewesen ist. Zwar bestimmt Sect. 5 (iii) des Hindu-Ehegesetzes als Voraussetzung der Eheschließung, dass zur Zeit der Eheschließung der Bräutigam das 21. und die Braut das 18. Lebensjahr vollendet haben müssen. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift führt jedoch nicht zur Nichtigkeit der Ehe, weil er in den Regelungen über die Ehenichtigkeit (Sect. 11 und 12) nicht genannt ist. Vielmehr bestimmt Sect. 13 Abs. 2 (iv) des Hindu-Ehegesetzes, dass eine Frau die Auflösung der Ehe durch ein Scheidungsurteil beantragen kann, wenn die Ehe (gleich ob sie vollzogen wurde oder nicht) vor Erreichung ihres 15. Lebensjahres geschlossen wurde und sie diese Ehe vor Erreichung ihres 18. Lebensjahres abgelehnt hat. Vorliegend spricht aber nichts dafür, dass die indische Ehefrau des Klägers die Ehe vor Erreichung des 18. Lebensjahres abgelehnt oder die Scheidung betrieben hat. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung hierzu angegeben, dass eine solche Ablehnung nicht erfolgt und ihm auch von einer Scheidungsabsicht nichts bekannt sei. Gegenteilige Anhaltspunkte sind auch sonst nicht erkennbar, zumal aus dieser Ehe drei Kinder hervorgegangen sind.
25 
Der Wirksamkeit der Eheschließung steht auch nicht entgegen, dass diese im Jahr 1979 nicht registriert worden ist. Zwar sieht Sect. 8 des Hindu-Ehegesetzes die Möglichkeit vor, die Ehe zu Beweiszwecken registrieren zu lassen, was der Kläger im Jahr 1999 getan hat. Nach Sect. 8 Abs. 5 des Hindu-Ehegesetzes wird die Gültigkeit einer Hindu-Ehe aber in keiner Weise durch die Unterlassung einer solchen Eintragung berührt. Schließlich scheitert die Gültigkeit der im Jahr 1979 geschlossenen Ehe des Klägers auch nicht daran, dass sie gegen das Gesetz zur Verhinderung der Kinderehen Nr. 19/1929 (abgedruckt bei Bergmann/Ferid/Henrich, a.a.O.) verstoßen haben dürfte. Denn dieser Verstoß ist zwar unter Strafe gestellt, berührt jedoch nicht die Gültigkeit einer gleichwohl geschlossenen Ehe (vgl. hierzu Bergmann/Ferid/ Henrich, a.a.O., S. 23). Im Ergebnis ist die Beklagte danach zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen bereits rechtswirksam verheiratet gewesen ist.
26 
Darüber hinaus erweist sich die dem Kläger erteilte Aufenthaltsberechtigung aber auch deshalb als rechtswidrig, weil bei ihrer Erteilung ein Ausweisungsgrund vorlag (vgl. §§ 27 Abs. 2 Nr. 5, 24 Abs. 1 Nr. 6 AuslG). Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - mit der Vorlage der Schriftstücke zum angeblichen Tod seiner indischen Ehefrau eine Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) begangen hat. Denn zum einen hat er jedenfalls gegen § 172 StGB (Doppelehe) verstoßen. Zum anderen lag ein Verstoß gegen § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG (vgl. jetzt § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG) vor, weil er durch Vorlage der inhaltlich unzutreffenden „Sterbeurkunde“ seiner (indischen) Ehefrau beim Standesamt unrichtige und unvollständige Angaben gemacht hatte, um die Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen zu ermöglichen und für sich eine Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen.
27 
Diese Vorgehensweise war auch ursächlich für die Erteilung der Aufenthaltsberechtigung. Denn ohne das vorgetäuschte Versterben seiner indischen Ehefrau wäre eine Eheschließung in der Bundesrepublik Deutschland nicht erfolgt, nachdem der Kläger im Asylverfahren angegeben hatte, verheiratet zu sein. Im übrigen setzte § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG die Kausalität zwischen der unrichtigen Angabe und der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung entgegen der Auffassung des Klägers aber auch nicht voraus. Vielmehr stellte diese Vorschrift den Rechtsmissbrauch zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung bereits im Vorfeld unter Strafe und verlangte keine Eignung zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung. Es kommt daher insoweit nicht darauf an, ob dem Kläger bereits aus anderen Gründen eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen gewesen wäre (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.1.1998 - 3 Ss 1/98 -, NVwZ-RR 1999, 73; BayObLG, Beschluss vom 15.9.2003 - 4St RR 112/03, 4St RR 112/2003 -, juris; VG Berlin, Urteil vom 29.1.2004 -11 A 905.03 -, InfAuslR 2004, 204; OVG Berlin, Beschluss vom 17.6.2005 - 3 N 85.04 -, juris).
28 
Bei den Verstößen des Klägers gegen § 172 StGB und § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG handelte es sich auch um einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften, weshalb diese einen Ausweisungsgrund nach § 46 Nr. 2 AuslG (vgl. jetzt § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG) darstellten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 22.1.2002 - 1 C 6/01 -, BVerwGE 115, 352). Ein Rechtsverstoß ist insoweit nämlich nur dann unbeachtlich, wenn er vereinzelt und geringfügig ist, also andererseits immer beachtlich, wenn er vereinzelt, aber nicht geringfügig oder geringfügig, aber nicht vereinzelt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.9.1996 - 1 C 9/94 -, BVerwGE 102, 63; Urteil vom 18.11.2004 - BVerwG 1 C 23.03 -, BVerwGE 122, 193). Eine - wie hier -vorsätzlich begangene Straftat ist aber grundsätzlich nicht geringfügig im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.11.2004, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 17. 6.1998 -1 C 27/96 -, BVerwGE 107, 58 m.w.N.).
29 
Ob dem Kläger eine Aufenthaltsgenehmigung auf Grund seiner Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen auch deshalb nicht zustand, weil es sich bei dieser möglicherweise um eine sog. Scheinehe gehandelt hat, kann angesichts der bereits aus anderen Gründen nicht gegebenen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung offen bleiben.
30 
Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte auch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG für die Rücknahme eingehalten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 24.1.2001 - 8 C 8/00 -, BVerwGE 112, 360 m.w.N.; ferner VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.2.2000 - 8 S 1817/99 -, NVwZ-RR 2001, 6; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. , Rnr. 138 zu § 48 m.w.N.) beginnt diese nämlich erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die weiteren für die Rücknahme entscheidungserheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass hiervon erst mit Eingang des Berichts der deutschen Botschaft vom 12.7.2001 und (möglicherweise) der anschließenden Anhörung des Klägers ausgegangen werden konnte, weil zuvor noch Klärungsbedarf bestanden hat. Danach ist die Jahresfrist hier aber eingehalten worden.
31 
2. Die von der Beklagten verfügte Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung des Kläger erweist sich aber deshalb als rechtswidrig, weil sie das ihr durch § 48 Abs. 1 LVwVfG („kann“) eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt hat.
32 
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, lässt die angefochtene Verfügung hinsichtlich der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung keine Ermessenserwägungen erkennen und sogar durchgreifende Zweifel daran aufkommen, dass eine Ermessensentscheidung überhaupt getroffen worden ist, wenn es dort heißt: „Die Ihnen erteilte Aufenthaltsberechtigung ist von daher nach § 48 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes zurückzunehmen.“ Zudem finden sich im Zusammenhang mit der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung keine Ausführungen, die sich als Ermessensausübung verstehen lassen. Die Verfügung enthält auch keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass die bei der Entscheidung über die Ausweisung angestellten Ermessenserwägungen auch für die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung gelten sollen. Das Verwaltungsgericht hat allerdings angenommen, dass die von der Beklagten bei der Ausweisung angestellten Ermessenserwägungen auch für die weniger einschneidende Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung tragfähig seien, also auf diese übertragen werden könnten. Dies ist jedoch nicht zutreffend, wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt:
33 
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Auffassung das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.5.1995 (- 1 C 3/94 -, BVerwGE 98, 298) herangezogen. Dort hatte die Behörde eine Aufenthaltsgenehmigung nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG nachträglich zeitlich beschränkt, obwohl die Voraussetzungen für Ihre Erteilung von vornherein nicht gegeben waren. Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Fall angenommen, die angefochtene Verfügung finde in § 48 LVwVfG eine Rechtsgrundlage, ohne dass es einer richterlichen Umdeutung der Verfügung bedürfe. Hinsichtlich der Ermessensausübung hat es weiter ausgeführt, es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte und die Widerspruchsbehörde, die nach den nicht zu beanstandenden Darlegungen des Berufungsgerichts ihr Ermessen im Hinblick auf § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG ordnungsgemäß ausgeübt und dabei die Belange des Klägers gewürdigt und mit den entgegenstehenden öffentlichen Belangen angemessen abgewogen hätten, bei der Anwendung des § 48 LVwVfG zusätzliche Gesichtspunkte in den Blick hätten nehmen müssen (vgl. BVerwG, a.a.O.).
34 
Damit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. Denn hier geht es nicht darum, eine für die beabsichtigte Maßnahme herangezogene, nicht einschlägige Rechtsgrundlage auszuwechseln und die von der Behörde angestellten Ermessenserwägungen auch für diese gelten zu lassen. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, die von der Behörde für eine eigenständige, in Voraussetzungen und Wirkungen anders gelagerte Maßnahme, nämlich die Ausweisung, angestellten Ermessenserwägungen könnten auch auf die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung übertragen werden. Abgesehen davon, dass die Ausweisungsverfügung der Beklagten einschließlich der in dieser enthaltenen Ermessenserwägungen inzwischen rechtskräftig aufgehoben und damit rechtlich nicht mehr existent ist, ist dies jedoch schon deshalb problematisch, weil beide Maßnahmen eine unterschiedliche Zielrichtung verfolgen und unterschiedliche Auswirkungen haben. Da sich der angefochtenen Verfügung - wie ausgeführt - keinerlei Hinweis darauf entnehmen lässt, dass nach dem Willen der Beklagten die von ihr zur Ausweisung angestellten Ermessenserwägungen auch uneingeschränkt für die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung gelten sollen, führt die vom Verwaltungsgericht gewählte Vorgehensweise zudem dazu, dass der Beklagten vom Gericht Ermessenserwägungen „untergeschoben“ werden, was jedoch über den von § 114 VwGO vorgegebenen Prüfungsumfang hinausgeht.
35 
Hinzu kommt, dass das Verwaltungsgericht die Ausweisung des Klägers wegen eines Ermessensfehlers aufgehoben hat. Zwar beruhte dies darauf, dass die Beklagte nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht erkennbar gewürdigt hat, dass der Kläger seit 28.2.1985 bis zum Zeitpunkt der Ausweisung über gültig gebliebene Aufenthaltsgenehmigungen verfügt hat. Demgegenüber ist das Verwaltungsgericht bei der Beurteilung der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung des Klägers davon ausgegangen, dass in diesem Zusammenhang gerade die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet für die Zeit der rechtswidrig erteilten und deshalb zurückzunehmenden Aufenthaltsberechtigung denknotwendig außer Betracht zu bleiben habe, weshalb die Ermessenserwägungen der Beklagten hierfür ausreichend seien. Auch vor diesem Hintergrund ist es jedoch nicht zulässig, die (aufgehobenen) Ermessenserwägungen für den Bereich der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung weiter fortgelten zu lassen. Es lässt sich schon nicht ausschließen, dass die Beklagte die zu berücksichtigenden Belange anders als bei der Entscheidung über die Ausweisung gewichtet oder weitere Belange in ihre Erwägungen eingestellt hätte, wenn sie bei der Entscheidung über die Rücknahme das ihr eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hätte. Zudem erscheint es als denkbar, dass die Ausweisung von vornherein unterblieben wäre, wenn die Beklagte alle nach Auffassung des Verwaltungsgerichts zu berücksichtigenden Umstände - also auch den langjährigen rechtmäßigen Aufenthalt des Klägers - in ihre Ermessenserwägungen eingestellt hätte. Möglicherweise hätte sich dies aber auch auf die Ermessensausübung im Zusammenhang mit der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung ausgewirkt. Angesichts dessen scheidet eine Übertragung der zur Ausweisung angestellten Ermessenserwägungen auf die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung im Ergebnis hier aus.
36 
Auch die vom Verwaltungsgericht erwogene Anwendung der Grundsätze über das sog. gelenkte bzw. intendierte Ermessen kommt hier nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestimmen sich die Anforderungen an den Inhalt und den Umfang der Begründung eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des Einzelfalles (vgl. u.a. Urteil vom 15.6.1971 - BVerwG II C 17.70 - BVerwGE 38, 191; Urteil vom 5.7.1985 - BVerwG 8 C 22.83 -, BVerwGE 72, 1). Dabei kann vor allem eine Rolle spielen, ob es sich um eine Ermessensbetätigung handelt, deren Richtung bereits vom Gesetz vorgezeichnet ist (sog. intendiertes Ermessen), bei der also ein bestimmtes Ergebnis dem Gesetz näher steht, sozusagen im Grundsatz gewollt ist und davon nur ausnahmsweise abgesehen werden darf. Bei einer solchen Konstellation gilt nämlich, dass es für die eine Ausnahme ablehnende Ermessensentscheidung keiner Abwägung des „Für und Wider" bedarf; damit entfällt zugleich auch eine entsprechende Begründungspflicht der Behörde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.8.1980 - BVerwG 4 B 67.80 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 168 S. 126). Eine Begründung der Ermessenserwägungen der Behörde ist somit entbehrlich, wenn eine Ermessen einräumende Vorschrift dahin auszulegen ist, dass sie für den Regelfall von einer Ermessensausübung in einem bestimmten Sinne ausgeht und besondere Gründe vorliegen müssen, um ausnahmsweise eine gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen. Liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst. Versteht sich aber das Ergebnis von selbst, so bedarf es insoweit nach § 39 Abs. 1 Satz 3 VwVfG auch keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.1997 - 3 C 22/96 -, BVerwGE 105, 55; Urteil vom 23.5.1996 - 3 C 13/94 -, Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1; Urteil vom 25.9.1992 - BVerwG 8 C 68 u. 70.90 -, BVerwGE 91, 82; Urteil vom 5.7.1985, a.a.O.). Dies nimmt das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 23.5.1996, a.a.O.) im Bereich der Rücknahme von Verwaltungsakten etwa im Fall des § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG an, der für die Fälle des Satzes 3 die Rücknahme des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit als Regel festlegt.
37 
Eine Regelung, welche für den hier gegebenen Fall der Rücknahme auf ein sog. intendiertes Ermessen hinweist, ist nicht vorhanden. § 48 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG ist im Fall des Klägers nicht unmittelbar anwendbar, weil es sich bei der Aufenthaltsberechtigung nicht um einen Verwaltungsakt handelt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG und Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rnr. 74 ff. zu § 48). Zwar erklärt § 48 Abs. 3 Satz 2 LVwVfG für die - wie hier - nicht unter Absatz 2 fallenden Verwaltungsakte Absatz 2 Satz 3 für anwendbar, nicht jedoch Satz 4. Zudem regelt § 48 Abs. 3 Satz 1 LVwVfG (nur) den Anspruch des Betroffenen auf Ausgleich des durch die Rücknahme entstehenden Vermögensnachteils, wenn sein Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts schutzwürdig ist. Der in Satz 2 enthaltene Verweis auf § 48 Absatz 2 Satz 3 LVwVfG bezieht sich daher allein hierauf. Ein intendiertes Ermessen hinsichtlich der Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung des Klägers lässt sich hieraus nicht entnehmen. Dies folgt auch daraus, dass in den Fällen des § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG zumeist staatliche Leistungen an den Betroffenen ergangen sind, weshalb es im Regelfall nahe liegt, diesen Leistungen durch die rückwirkende Rücknahme des zu Grunde liegenden Verwaltungsaktes die Grundlage zu entziehen, um eine Rückforderung zu ermöglichen. Damit ist der vorliegende Fall aber nicht vergleichbar. Vielmehr bedarf es bei der Rücknahme einer Aufenthaltsgenehmigung regelmäßig einer umfassenden Abwägung aller für und gegen diese sprechenden Umstände, ohne dass ein Ergebnis für den Regelfall vorgezeichnet ist.
38 
Eine sonstige Regelung, aus der sich für den zu entscheidenden Fall ein sog. intendiertes Ermessen ergibt, ist gleichfalls nicht erkennbar. Damit erweist sich die Rücknahme der Aufenthaltsberechtigung wegen fehlender Ermessensausübung durch die Beklagte als rechtswidrig, weshalb der angefochtene Bescheid auch insoweit aufzuheben ist.
39 
Danach kann auch die dem angefochtenen Bescheid beigefügte Abschiebungsandrohung keinen Bestand haben (vgl. § 58 Abs. 1, § 50 Abs. 1 AufenthG).
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da § 161 Abs. 3 VwGO nicht zu einer anderen Kostenverteilung führen würde, kann offen bleiben, ob diese Vorschrift hier anwendbar ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.7.1991 - 3 C 56/90 -, DÖV 1991, 1025; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.).
41 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Sonstige Literatur

 
42 
Rechtsmittelbelehrung
43 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
44 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
45 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
46 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
47 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
48 
Beschluss vom 11.1.2006
49 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr.1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718).
50 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, der als Polizeibeamter im Dienst des Beklagten steht, wendet sich mit seiner Klage gegen die Rücknahme von Beihilfebescheiden, mit denen Aufwendungen für seine am 03.12.1988 geborene Stieftochter erstattet wurden, und die Rückforderung der ohne Rechtsgrund gezahlten Beihilfe. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch die Rückforderung in Höhe von insgesamt 32.837,43 EUR.
Der Kläger erhielt seit seiner Eheschließung im Jahr 2008 laufend Beihilfeleistungen für seine Stieftochter. Mit Schreiben vom 27.05.2013 unterrichtete der Kläger das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesamt), dass er sich am 03.07.2013 von seiner Ehefrau, der Mutter der Stieftochter, scheiden lassen werde. Mit am 24.06.2013 beim Landesamt eingegangenem Formular vom 19.06.2013 teilte der Kläger im Rahmen seiner Erklärung zum Familienzuschlag mit, dass er seit Juni 2011 von seiner Frau getrennt lebe. Am 17.07.2013 wurde die am 20.08.2008 geschlossene Ehe geschieden. Der Scheidungsbeschluss ist seit dem 03.09.2013 rechtskräftig.
Das Landesamt hörte den Kläger zur beabsichtigten Rücknahme von Beihilfebescheiden für nach dem 01.01.2012 entstandenen Aufwendungen der Stieftochter an. Dabei gab der Kläger an, dass er aufgrund verschiedener Auskünfte davon ausgegangen sei, dass die Beihilfeberechtigung für seine Stieftochter bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils bestehe. Er sei jedenfalls nicht mehr bereichert, da er die ausgezahlten Beträge sofort an seine Stieftochter zur Bezahlung der Arztrechnungen weitergereicht habe. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass ihm die gewährte Leistung materiell nicht zustehe.
Mit Bescheid vom 15.11.2013 änderte das Landesamt seinen Beihilfebescheid vom 04.04.2012 insoweit ab bzw. hob ihn insoweit auf, als zu den für das Stiefkind ab 01.01.2012 entstandenen Aufwendungen Beihilfe gewährt worden war (Nr. 1), hob die Bescheide vom 19.06.2012, 09.08.2012, 09.11.2012, 03.01.2013, 01.05.2013, 16.08.2013 und 10.09.2013 auf (Nr. 2) und forderte die ohne Rechtsgrund gezahlte Beihilfe in Höhe von 32.837,43 Euro vom Kläger zurück (Nr. 3).
Zur Begründung führte es aus, die Voraussetzungen für die Rücknahme der Bescheide gemäß § 48 LVwVfG seien erfüllt. Eine Mitteilung des Klägers über den Wegfall der Stiefkindeigenschaft bei der Bezüge zahlenden Stelle bzw. der Familienkasse sei nicht zeitgerecht erfolgt, so dass bei Stellung der genannten Beihilfeanträge fälschlicherweise davon ausgegangen worden sei, dass seine Stieftochter auch über den 31.12.2011 hinaus berücksichtigungsfähige Angehörige sei. Der Kläger habe damit die Verwaltungsakte durch unvollständige Angaben erwirkt und es sei unbeachtlich, ob ihm die möglichen Auswirkungen bewusst gewesen seien oder nicht. Zwar stehe der Behörde im Rahmen des § 48 LVwVfG hinsichtlich der Rücknahme ein Ermessen zu. Aber auch unter Berücksichtigung aller Umstände bei der Gesamtabwägung, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen und der Rechtmäßigkeit der Verwaltung, könnten die Bescheide zurückgenommen werden. Die Rückforderung der insoweit rechtsgrundlos gewährten Leistungen richte sich nach § 49a LVwVfG. Für den Umfang der Erstattung gälten die Vorschriften der §§ 812 ff. BGB. Der Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Beihilfe bleibe ohne Rücksicht auf den Wegfall der Bereicherung bestehen, wenn der Beihilfeempfänger die Überzahlung durch schuldhafte Verletzung der ihm gegenüber seinem Dienstherrn obliegenden Pflichten verursacht habe oder der Beihilfeempfänger den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung oder die Fehlerhaftigkeit des der Zahlung zu Grunde liegenden Bescheides beim Empfang der Beihilfe gekannt oder nachträglich erfahren habe oder der Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung oder die Fehlerhaftigkeit des Bescheides so offensichtlich gewesen sei, dass der Empfänger dies hätte erkennen müssen. Der Kläger habe in Bezug auf die Gewährung beziehungsweise Zahlung kinderbezogener Leistungen für seine Stieftochter entscheidungsrelevante, rechtzeitige Angaben gegenüber dem für die Zahlung seiner Dienstbezüge zuständigen Arbeitsgebiet unterlassen, sodass die Voraussetzungen für die Rückforderung erfüllt seien und der Wegfall der Bereicherung nicht geltend gemacht werden könne. Auch im Rahmen der in § 12 Abs. 2 BBesG vorgeschriebenen Billigkeitsentscheidung vermöge es weder ganz noch teilweise von der Rückforderung abzusehen.
Den vom Kläger dagegen fristgerecht erhobenen Widerspruch wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2014 zurück. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, dass bei der Ermessensausübung berücksichtigt worden sei, dass bei rechtzeitiger Geltendmachung einer Bedarfsanpassung die Deckungslücke bei der privaten Krankenversicherung versicherbar gewesen wäre. Werde dies versäumt, so gehe dies aber nicht zu Lasten des Landes. Durch das Dienstrechtsreformgesetz vom 09.11.2010 sei das Landesbeamtengesetz grundlegend geändert worden. Für die Rückforderung von Beihilfe seien nun die einschlägigen Bestimmungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes maßgebend. Die zuvor geltenden Verweise auf § 12 Bundesbesoldungsgesetz und die danach erforderliche Billigkeitsentscheidung seien im Landesbeamtengesetz nicht enthalten. Somit richte sich die Rückforderung der insoweit rechtsgrundlos gewährten Leistungen nach § 49a LVwVfG. Auf den Wegfall der Bereicherung könne sich der Kläger nicht berufen, soweit er die Umstände gekannt habe, die zur Rücknahme des Verwaltungsakts geführt hätten. Die Entreicherungseinrede im Rahmen des § 49a Abs. 2 LVwVfG laufe somit immer dann leer, wenn sich der Bereicherte nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen könne. Dies sei nach den obigen Ausführungen unzweifelhaft der Fall. Auf Antrag des Klägers könne jedoch über eine ratenweise Rückzahlung des Überzahlungsbetrages entschieden werden. Damit erscheine eine den Umständen gerecht werdende tragbare Lösung gegeben.
Auf die am 20.06.2014 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Rückforderung (Nr. 3) aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird u.a. ausgeführt: Die Voraussetzungen einer Rückforderung der überzahlten Beihilfe nach § 49a Abs. 1 und 2 LVwVfG lägen zwar vor. Die Rückforderungsentscheidung sei gleichwohl rechtswidrig, da das Landesamt keine Billigkeitsentscheidung getroffen habe. Einer solchen hätte es aber in analoger Anwendung von § 15 Abs. 2 Satz 3 Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg (LBesGBW) und § 5 Abs. 2 Satz 3 Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg (LBeamtVGBW) wegen einer planwidrigen Regelungslücke bedurft.
Ausgangspunkt der Überlegung bilde dabei der Umstand, dass vor der Dienstrechtsreform (vgl. hierzu das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts vom 09.11.2010, GBl. 2010, S. 793 – DRG) die Rückforderung überzahlter Beihilfe auf Grundlage des § 109 LBG a.F. habe erfolgen können. Er habe vorgesehen, dass für die Rückforderung von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) entsprechend anzuwenden gewesen sei. Die Rückforderung von Beihilfe habe damit den gleichen Voraussetzungen wie die von Besoldungs- oder Versorgungsbezügen unterlegen, insbesondere in Bezug auf das Erfordernis einer Billigkeitsentscheidung.
Diesen Gleichlauf habe der Landesgesetzgeber im Zuge der Dienstrechtsreform durch das Streichen der Vorschrift des § 109 LBG a.F., ohne dass hierfür ein sachlicher Grund ersichtlich sei, beseitigt. Parallel dazu habe er im Landesbesoldungsgesetz Baden-Württemberg und im Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg für überzahlte Besoldungs- beziehungsweise Versorgungsbezüge eigenständige Rechtsgrundlagen für die Rückforderung geschaffen, die jeweils eine Grundlage für Billigkeitsentscheidungen vorsähen. Es lasse sich kein sachlicher Grund dafür ermitteln, weshalb für Besoldungs- und Versorgungsbezüge spezialgesetzliche Rückforderungsrechtsgrundlagen geschaffen worden seien, während die Rückforderung der Beihilfe sich nunmehr nach der allgemeinen Bestimmung des § 49a LVwVfG richten solle, die eine Billigkeitsentscheidung nicht vorsehe. Es liege darüber hinaus die für einen Analogieschluss erforderliche vergleichbare Sach- und Interessenlage vor. Die Rückforderung von Besoldungs- und Versorgungsbezügen oder von überzahlter Beihilfe könne den Beamten – gemessen an seinem Monats- und Jahresverdienst – im Einzelfall hart treffen. Auch der vorliegende Fall sei hierfür ein geeignetes Beispiel. Das Landesamt habe in dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Widerspruchsbescheid keine Billigkeitsentscheidung getroffen, obwohl hierfür angesichts der erheblichen Rückforderungshöhe und eines möglichen Mitverschuldens der Behörde, was die Beihilfebescheide vom 16.08.2013 und 10.09.2013 betreffe, Anlass bestanden hätte. Die Ankündigung, auf entsprechenden Antrag eine Ratenzahlung zu bewilligen, genüge insoweit nicht. Angesichts dessen sei der Rückforderungsbescheid aufzuheben und dem Landesamt so Gelegenheit einzuräumen, eine angemessene Billigkeitsentscheidung treffen zu können.
10 
Die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung hat der Beklagte - soweit der Klage stattgegeben wurde - fristgerecht eingelegt und begründet. Der Beklagte macht geltend: Das Verwaltungsgericht habe sich in rechtlich unzulässiger Weise über den eindeutigen Wortlaut des § 49a Abs. 1 und 2 LVwVfG hinweggesetzt und eine Analogie zu § 15 Abs. 2 Satz 3 LBesG und § 5 Abs. 2 Satz 3 LBeamtVG gebildet. Dabei habe es zum einen übersehen, dass Analogien von Ausnahmetatbeständen systemisch verboten seien und zum anderen in rechtsirrtümlicher Weise angenommen, dass die Voraussetzungen einer Analogie gegeben seien. Im Streitfalle habe das Verwaltungsgericht Karlsruhe richtigerweise geurteilt, dass § 49a LVwVfG grundsätzlich zur Anwendung kommen müsse. Dabei handele es sich um die Grundregel der Erstattung von erbrachten Leistungen nach Rücknahme von rechtswidrigen Verwaltungsakten, und zwar für sämtliche Bereiche der Verwaltung. Der Gesetzgeber habe insofern eben gerade kein Ermessen vorgesehen. In einigen spezialrechtlichen Bereichen, wie z.B. im Besoldungs- und Versorgungsrecht habe der Gesetzgeber mit § 15 LBesG und § 5 LBeamtVG ausnahmsweise Vorkehrungen getroffen, die einer Behörde erlaubten, entgegen dem Grundsatz von § 49a LVwVfG ggf. eine Billigkeitsentscheidung zu treffen, also Ermessen im weiteren Sinne auszuüben. Diese Vorschriften gälten allerdings ausschließlich für diese eng abgrenzbaren Bereiche der Besoldung und Versorgung und eben gerade nicht für weitere Rechtsgebiete. Doch darüber hinaus lägen auch die kumulativen Voraussetzungen einer Analogie nicht vor. Insbesondere sei die vermeintliche Regelungslücke nicht planwidrig. Wie das Verwaltungsgericht Karlsruhe richtigerweise ausgeführt habe, sei am 09.11.2010 das öffentliche Dienstrecht umfassend reformiert worden. Das heiße, der Gesetzgeber habe nicht nur einzelne Bereiche des Dienstrechts überarbeitet, sondern habe sich Gedanken über das öffentliche Dienstrecht insgesamt gemacht. Während er den § 109 LBG a.F. abgeschafft und für die Bereiche der Besoldung und Versorgung eigene Vorschriften geschaffen habe, habe er für die Beihilfe offensichtlich keine spezielle Regelung treffen wollen, sondern habe nach dem Klammerprinzip die §§ 48 ff. LVwVfG für den Bereich der Beihilfe wieder aufleben lassen. Dass die vermeintliche Regelungslücke nicht planwidrig sei, ergebe sich also schon aus dem Umkehrschluss der Reform und Schaffung der § 15 LBesG und § 5 LBeamtVG. Schließlich liege auch keine vergleichbare Interessenlage vor. Allein die Tatsache, dass es sowohl im Bereich der Besoldung als auch der Beihilfe zur Rückforderung von hohen Beträgen kommen könne, stelle noch keine vergleichbare Sachlage dar. Ansonsten wären alle möglichen Lebenssachverhalte vergleichbar, etwa auch die Rückforderung von Subventionen, da insofern ebenfalls stets hohe Beträge im Streite stünden. Bei der Beihilfe handele es sich um zweckgebundene Leistungen, anders als bei der Besoldung oder der Versorgung. Während die Besoldung und Versorgung dem Beamten zur freien Verfügung stehe, um sein Leben zu bestreiten und es nach seinen Vorlieben zu gestalten, sei die Beihilfe zweckgebunden und verbleibe letztlich nicht beim Beamten, sondern werde an den medizinischen Dienstleister weitergereicht. Allein hieraus ergäbe sich, dass die Interessenlage eine völlig andere sei.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.02.2015 - 9 K 1815/14 - zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
15 
Er verweist in erster Linie auf das angefochtene Urteil und macht ergänzend geltend, dass das Verwaltungsgericht Karlsruhe insbesondere substantiiert dargelegt habe, dass auch eine vergleichbare Interessenlage vorliege und gerade der vorliegende Fall ein geeignetes Beispiel dafür sei, dass die Rückforderung von Besoldungs- und Versorgungsbezügen oder von überzahlter Beihilfe den Beamten im Einzelnen hart treffen könne. Im vorliegenden Falle sei die Stieftochter des Klägers an Multipler Sklerose erkrankt. Es seien allein im Zeitraum von März 2012 bis August 2013 Arzneikosten von mindestens 32.837,43 EUR entstanden. Der Kläger habe diesen Betrag - im Gegensatz zu einem zu viel gezahlten Besoldungsbetrag - direkt an die behandelnden Arzte weitergeleitet. Er gerate als Autobahnpolizeibeamter im Streifendienst in größte wirtschaftliche Existenzbedrohung, wenn er den geforderten Betrag zuzüglich Zinsen zurückzahlen müsse. Weitere Einkünfte als sein Beamtengehalt habe er natürlich nicht.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Nach §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO entscheidet der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
18 
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass die Rückforderungsentscheidung in Nr. 3 des Bescheids des Landesamts vom 15.11.2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21.05.2014 rechtswidrig ist und den Kläger deshalb in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies gilt allerdings nicht lediglich im Hinblick auf das Fehlen einer Billigkeitsentscheidung, sondern schon bezüglich der Rückforderungsentscheidung selbst, welche von einem unrichtigen Maßstab bezüglich der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes für die Zahlung ausgeht. Denn hinsichtlich beider Entscheidungen besteht derzeit eine planwidrige Regelungslücke (dazu 1.), welche bis zu einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers durch eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG zu schließen ist (dazu 2.).
19 
1. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass durch die umfangreichen Neuregelungen des Dienstrechtsreformgesetzes in einen Teilbereich eine planwidrige Regelungslücke für die Rückforderung zu viel gezahlter Geldleistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften entstanden ist. Denn der Landesgesetzgeber hat nur für die Rückforderung zu viel bezahlter Bezüge (§ 15 Abs. 2 LBesG) und zu viel bezahlter Versorgungsbezüge bzw. zu viel gezahlten Alters- oder Hinterbliebenengeldes (§ 5 Abs. 2 LBeamtVG) eine ausdrückliche gesetzliche Regelung getroffen. Beide Rückforderungsvorschriften sind wegen der Begriffsbestimmungen der Bezüge in § 1 LBesG einerseits bzw. der Versorgungsbezüge in § 17 LBeamtVG andererseits nach ihrem Wortlaut auf den vorliegenden Fall der Rückforderung von Beihilfe nicht unmittelbar anwendbar. Eine „Auffangvorschrift“ für die Rückforderung von „sonstigen“ Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften, also solchen Geldleistungen, die nicht Besoldung i.S.v. § 1 LBesG oder Versorgung i.S.v. § 17 LBeamtVG sind, fehlt in dem durch die Dienstrechtsreform mit Geltung zum 01.01.2011 ebenfalls neugefassten Landesbeamtengesetz. Zuvor, also nach der bis zum 31.12.2010 geltenden Vorschrift des § 109 LBG in der Fassung vom 19.03.1996 (bzw. der Vorgängerfassung vom 08.08.1979) war für Rückforderungen von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes entsprechend anzuwenden. Diese Vorschrift galt bis zur Dienstrechtsreform für Landesbeamte hinsichtlich der Rückforderung von Bezügen noch unmittelbar. Durch den ersatzlosen Wegfall von § 109 LBG a.F. besteht somit seit dem 01.01.2011 keine ausdrückliche Regelung für die Rückforderung sonstiger Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften mehr. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass hierdurch eine planwidrige Regelungslücke eingetreten ist.
20 
Zu Unrecht wendet der Beklagte hiergegen ein, dass § 49a LVwVfG geeignet sei, den Eintritt einer Regelungslücke zu verhindern. Denn § 49a LVwVfG findet nach Abs. 1 (unmittelbar) nur Anwendung, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist. Dementsprechend stellt Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift auch auf die Kenntnis der Umstände ab, die zu Rücknahme, Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsakts geführt haben. Der Anwendungsbereich von § 109 LBG a.F. setzte dagegen - wie auch § 12 Abs. 2 BBesG und andere beamtenrechtliche Rückforderungsregelungen - gerade nicht voraus, dass die (Geld-)leistung durch Verwaltungsakt gewährt sein musste. Vielmehr wurde auch die Rückforderung von Geldleistungen ermöglicht, bei denen es von vornherein an einem Verwaltungsakt als Rechtsgrund für das Behaltendürfen fehlte. Schon dieser Unterschied im Anwendungsbereich zeigt, dass § 49a LVwVfG nicht geeignet ist, die durch den Wegfall von § 109 LBG a.F. entstandene Regelungslücke vollständig zu schließen. Zudem dürfte § 49a LVwVfG wie auch die gleichlautende bundesrechtliche Regelung des § 49a VwVfG nur auf Erstattungsansprüche des Staates gegen den Bürger unmittelbar anzuwenden sein (vgl. Baumeister in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 49a Rn. 6). Jedenfalls ist der allgemeine Erstattungsanspruch des § 49a LVwVfG nicht geeignet, dem besonderen Verhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn, welches geprägt ist durch eine Treuepflicht einerseits und eine Fürsorgepflicht andererseits, und dessen Auswirkungen bei der Rückforderung von in diesem besonderen Pflichtenverhältnis bezahlten Geldleistungen gerecht zu werden.
21 
Schon die Gesetzgebungshistorie zeigt, dass seit Bestehen der Bundesrepublik anerkannt war, dass für Beamte bei der Rückforderung von Leistungen aus dem Dienstverhältnis besondere Regelungen gelten sollten, welche vom damals noch nicht kodifizierten allgemeinen Erstattungsanspruch des späteren § 49a VwVfG für Leistungen zwischen Staat und Bürger abweichen und nicht nur Leistungen umfassen, welche durch Verwaltungsakt gewährt wurden. Diesem Gedanken trug die Rahmengesetzgebung des Bundes zum Beamtenrecht Rechnung, indem § 53 Abs. 2 BRRG in der Fassung vom 01.07.1957 (BGBl. I 667) wortgleich mit dem für Bundesbeamte geltenden § 87 Abs. 2 BBG in der Fassung vom 18.09.1957 (BGBl. I 1338) auch für Landesbeamte vorsah, dass sich der Umfang der Bereicherung zwar - vergleichbar dem allgemeinen Erstattungsanspruch - nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ergeben sollte, eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung aber nur ausgeschlossen war, wenn der Beamte den Mangel des rechtlichen Grundes kannte oder dieser so offensichtlich war, dass er ihn hätte kennen müssen. Dieser für den Beamten im Vergleich zu dem allgemeinen Erstattungsanspruch (bei dem eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Umstände, welche zur Rücknahme oder zum Widerruf des Verwaltungsakts geführt hatte, erforderlich war) günstigere Regelung sollte den Besonderheiten des Beamtenverhältnisses Rechnung tragen. Sie beinhaltete daher von Anfang an noch die Möglichkeit, aus Billigkeitsgründen von einer Rückforderung ganz oder teilweise abzusehen. § 53 Abs. 2 BRRG wurde - ebenso wie die wortgleiche Vorschrift des § 87 Abs. 2 BBG - trotz des Wortlauts nicht allein auf die Rückforderung von Dienst- oder Versorgungsbezügen im engeren Sinne, sondern auf sämtliche Leistungen des Dienstherrn aus dem Beamtenverhältnis (entsprechend) angewandt (vgl. Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Kommentar, Stand 29.10.1961, Rn. 5 zu § 87). Eine ausdrückliche Umsetzung des Landesgesetzgebers entsprechend der Verpflichtung in § 1 Abs. 2 BRRG a.F. erfolgte erst mit Neufassung des Landesbeamtengesetzes vom 08.08.1979 in Form des § 109 LBG, welcher bis zum Inkrafttreten des Dienstrechtsreformgesetzes eine analoge Anwendung der damals für die Rückforderung von Bezügen von Landesbeamten unmittelbar geltenden Vorschrift des § 12 Abs. 2 BBesG vorsah. Somit bestand in der Gesetzgebung der Bundesrepublik durchgehend (auch) für Beamte des Landes Baden-Württemberg eine gegenüber dem allgemeinen Erstattungsanspruch günstigere Rückforderungsregelung für sonstige Geldleistungen aus dem Beamtenverhältnis. Hätte der Landesgesetzgeber diese „Begünstigung“ durch das Dienstrechtsreformgesetz aufheben und durch die ungünstigere allgemeine Regelung des § 49a Abs. 2 LVwVfG ersetzen wollen, hätte es dazu angesichts der deutlichen Schlechterstellung der Landesbeamten für die Zukunft ausdrücklicher Erwägungen bedurft. Insoweit fehlt es, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, an jeglichen Anhaltspunkten in den umfangreichen Gesetzgebungsmaterialien. In der Zielsetzung der Gesetzesbegründung wird darauf abgestellt, dass die hinzugewonnenen Gesetzgebungskompetenzen genutzt werden sollen, um die Rechtsverhältnisse der Beamtinnen und Beamten im Lande einer Generalrevision zu unterziehen und den modernen Erfordernissen, den Interessen der Beamtinnen und Beamten sowie den Belangen des Landes und sonstiger Dienstherrn anzupassen (LT-Dr. 14/6694, S. 1). Bei der Wiedergabe des „wesentlichen Inhalts“ der Neuregelungen findet sich weder in Bezug auf beamtenrechtliche noch hinsichtlich besoldungsrechtlicher Regelungen ein Hinweis auf eine beabsichtigte Änderung der Rückforderungsvorschriften (aaO S. 2). Zur Neuregelung des § 15 LBesG wird z.B. ausgeführt, dass die Bestimmung unverändert § 12 BBesG entspreche (aaO S. 460). Zur Änderung der Beihilfeverordnung wird ausgeführt, dass (lediglich) redaktionelle Anpassungen an die geänderte Paragrafenfolge des Landesbeamtengesetzes sowie eine Umstellung von Verweisungen des Bundesbesoldungs- und Versorgungsrechts auf das neue Landesbesoldungs- und Versorgungsrecht vorgenommen würden (aaO S. 599). Hieraus ergeben sich somit keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber speziell im Beihilferecht strengere Rückforderungsregelungen beabsichtigt hat. Auch der Hinweis des Beklagten auf die vollständige Streichung aller Paragrafen des 3. Unterabschnitts des alten Landesbeamtengesetzes mit Ausnahme von § 110 LBG ist nicht geeignet, eine bewusste Abschaffung der früheren Rückforderungsregelung zu belegen. Denn dieser Unterabschnitt (§§ 106 – 110) stand unter der Überschrift Besoldung, Versorgung und sonstige Leistungen, welche keineswegs ersatzlos weggefallen sind, sondern überwiegend (§§ 106 – 108) im neugefassten Landesbesoldungs- bzw. Versorgungsgesetz geregelt wurden. Lediglich der auch in diesem Abschnitt des alten Landesbeamtengesetzes geregelte Übergang des Schadensersatzanspruchs eines Beamten gegen einen Dritten (§ 110) wurde ins neugefasste Landesbeamtengesetz übernommen. Demgegenüber entfiel die Regelung des § 109 LBG a.F. ersatzlos. Dass damit nicht nur eine redaktionelle Umstellung von Verweisungen (vgl. LT-Dr. 14/6694, S. 599 zu Artikel 47) im Hinblick auf das nicht mehr für Landesbeamte anwendbare Bundesbesoldungsgesetz, sondern eine inhaltliche Abschaffung der beamtenrechtlichen Sonderregelung für Rückforderungen sonstiger Leistungen durch den Gesetzgeber erfolgt sein sollte, entbehrt jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte.
22 
Neben der Gesetzgebungshistorie spricht auch ein Blick auf die Rechtslage in anderen Bundesländern dafür, dass dem baden-württembergischen Landesgesetzgeber bei der Novellierung des Landesbeamtengesetzes im Rahmen der Dienstrechtsreform zum 01.01.2011 der ersatzlose Wegfall einer Regelung zu Grundsätzen des bundeseinheitlichen Berufsbeamtentums nicht bewusst war. Denn in den anderen Bundesländern wurde jeweils nach dem Wechsel der Gesetzgebungskompetenz eine „Neuregelung“ für die Rückforderung sonstiger Geldleistungen im Rahmen des Beamtenverhältnisses getroffen (s. etwa § 87 Niedersächsisches Beamtengesetz vom 25.03.2009 oder Art. 13 Bayerisches Beamtengesetz vom 29.07.2008). Soweit mit der Neufassung des Bundesbeamtengesetzes vom 05.02.2009 zunächst die entsprechende Regelung des § 87 Abs. 2 BBG (a.F.) wegfallen war, wurde diese „Regelungslücke“ durch Einfügung des § 84a BBG zum 14.03.2015 inzwischen geschlossen.
23 
Schließlich dürfte sich auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ergeben, dass eine Geltung des allgemeinen Rückforderungsanspruchs nach § 49a LVwVfG auch für Beamte infolge der ersatzlosen Abschaffung der bisherigen Sonderregelung zur Rückforderung sonstiger Leistungen aus dem Beamtenverhältnis einschließlich der Eröffnung einer Billigkeitsentscheidung nicht zulässig gewesen wäre. Zwar gelten auch für Verwaltungsakte zu Geldleistungen aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich die allgemeinen Regelungen der §§ 48, 49 LVwVfG auf der ersten Stufe der Frage, ob der Verwaltungsakt zurückgenommen oder widerrufen werden darf. Die separat auf einer zweiten Stufe zu prüfende Frage der Rückforderung muss jedoch den Besonderheiten des Berufsbeamtentums Rechnung tragen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss es die Alimentierung den Beamten ermöglichen, sich ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf zu widmen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Sicherheit und Unabhängigkeit zur Erfüllung der ihnen zugewiesenen Aufgaben beizutragen (st. Rspr., zuletzt Beschluss vom 17.11.2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - Rn. 97 nach juris). Die in dieser Rechtsprechung hervorgehobene Qualitätssicherung des Berufsbeamtentums beinhaltet auch die Verpflichtung des Dienstherrn zur Wahrung eines amtsangemessenen Lebensunterhalts trotz laufender Aufwendungen für die Risikovorsorge oder besonderer Belastungen wegen Krankheit (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.2004 - 2 C 50/02 - Rn. 9 u. 120 nach juris). Fehl geht daher die Annahme des Beklagten, dass Rückforderungen von Beihilfeleistungen grundsätzlich einer anderen Behandlung durch den Gesetzgeber zugänglich seien. Wie gerade der vorliegende Fall zeigt, kann auch die Rückforderung von Beihilfe im Einzelfall zu einer existenziellen Notlage des Beamten führen, welche geeignet ist, seine rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu gefährden. Daher ist es bei Rückforderungen des Dienstherrn gegenüber seinem Beamten geboten, eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, damit nicht jede Verletzung einer Anzeigepflicht aufgrund strenger haushaltsrechtlicher Vorschriften automatisch zu einer Rückforderung mit möglicherweise existenzbedrohenden Folgen für den Beamten führt. Gerade auch der Umstand, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung zur früher anwendbaren Regelung des § 12 Abs. 2 BBesG stets davon ausgegangen ist, dass eine Billigkeitsprüfung unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls untrennbarer Bestandteil der Rückforderungsentscheidung ist, zeigt, dass Beamte aufgrund des besonderen gegenseitigen Pflichtenverhältnisses insoweit nicht den starren Regelungen des § 49a LVwVfG unterworfen sein dürfen.
24 
Davon ging im Übrigen der Beklagte selbst noch im Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheids aus, indem er § 12 BBesG wenigstens erwähnt hat. Weshalb er dann im Widerspruchsbescheid und im gerichtlichen Verfahren vehement die Rechtsauffassung vertritt, dem Dienstherrn sei seit Inkrafttreten des Dienstrechtsreformgesetzes eine Billigkeitsentscheidung verwehrt, weil auch bei nur geringem Verschulden eine vollständige Rückforderung ohne die Möglichkeit der Berücksichtigung von Besonderheiten oder Härten des Einzelfalls entsprechend den allgemeinen zwischen Staat und Bürger geltenden Vorschriften zwingend sei, erschließt sich dem Senat nicht.
25 
2. Die durch das Dienstrechtsreformgesetz eingetretene planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Rückforderung „sonstiger“ zu viel gezahlter Geldleistungen ist bis zu einer ausdrücklichen Regelung des Landesgesetzgebers durch analoge Anwendung anderer (neuer) beamtenrechtlicher Vorschriften zu schließen. Ungeachtet der Wortgleichheit der dafür zur Verfügung stehenden neugefassten Rückforderungsregelungen im Besoldungs- bzw. Versorgungsrecht ist der Senat der Auffassung, dass eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG vorzunehmen ist, da dies der früheren Regelung des § 109 LBG a.F. mit seinem Verweis auf die damals geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften am Nächsten kommt.
26 
Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht zu Recht die gesamte Rückforderungsentscheidung (Nr. 3 des angefochtenen Bescheids) aufgehoben und der Klage insoweit stattgegeben. Der Beklagte ist nicht gehindert, anhand des geänderten Maßstabs des § 15 Abs. 2 LBesG nochmals über die Rückforderung ggf. einschließlich einer Billigkeitsprüfung zu entscheiden.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
28 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
29 
Beschluss vom 20. September 2016
30 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 32.837,43 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
17 
Nach §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO entscheidet der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
18 
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass die Rückforderungsentscheidung in Nr. 3 des Bescheids des Landesamts vom 15.11.2013 in Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 21.05.2014 rechtswidrig ist und den Kläger deshalb in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies gilt allerdings nicht lediglich im Hinblick auf das Fehlen einer Billigkeitsentscheidung, sondern schon bezüglich der Rückforderungsentscheidung selbst, welche von einem unrichtigen Maßstab bezüglich der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes für die Zahlung ausgeht. Denn hinsichtlich beider Entscheidungen besteht derzeit eine planwidrige Regelungslücke (dazu 1.), welche bis zu einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers durch eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG zu schließen ist (dazu 2.).
19 
1. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass durch die umfangreichen Neuregelungen des Dienstrechtsreformgesetzes in einen Teilbereich eine planwidrige Regelungslücke für die Rückforderung zu viel gezahlter Geldleistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften entstanden ist. Denn der Landesgesetzgeber hat nur für die Rückforderung zu viel bezahlter Bezüge (§ 15 Abs. 2 LBesG) und zu viel bezahlter Versorgungsbezüge bzw. zu viel gezahlten Alters- oder Hinterbliebenengeldes (§ 5 Abs. 2 LBeamtVG) eine ausdrückliche gesetzliche Regelung getroffen. Beide Rückforderungsvorschriften sind wegen der Begriffsbestimmungen der Bezüge in § 1 LBesG einerseits bzw. der Versorgungsbezüge in § 17 LBeamtVG andererseits nach ihrem Wortlaut auf den vorliegenden Fall der Rückforderung von Beihilfe nicht unmittelbar anwendbar. Eine „Auffangvorschrift“ für die Rückforderung von „sonstigen“ Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften, also solchen Geldleistungen, die nicht Besoldung i.S.v. § 1 LBesG oder Versorgung i.S.v. § 17 LBeamtVG sind, fehlt in dem durch die Dienstrechtsreform mit Geltung zum 01.01.2011 ebenfalls neugefassten Landesbeamtengesetz. Zuvor, also nach der bis zum 31.12.2010 geltenden Vorschrift des § 109 LBG in der Fassung vom 19.03.1996 (bzw. der Vorgängerfassung vom 08.08.1979) war für Rückforderungen von Leistungen des Dienstherrn, die nicht Besoldung oder Versorgung sind, § 12 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes entsprechend anzuwenden. Diese Vorschrift galt bis zur Dienstrechtsreform für Landesbeamte hinsichtlich der Rückforderung von Bezügen noch unmittelbar. Durch den ersatzlosen Wegfall von § 109 LBG a.F. besteht somit seit dem 01.01.2011 keine ausdrückliche Regelung für die Rückforderung sonstiger Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften mehr. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass hierdurch eine planwidrige Regelungslücke eingetreten ist.
20 
Zu Unrecht wendet der Beklagte hiergegen ein, dass § 49a LVwVfG geeignet sei, den Eintritt einer Regelungslücke zu verhindern. Denn § 49a LVwVfG findet nach Abs. 1 (unmittelbar) nur Anwendung, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist. Dementsprechend stellt Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift auch auf die Kenntnis der Umstände ab, die zu Rücknahme, Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsakts geführt haben. Der Anwendungsbereich von § 109 LBG a.F. setzte dagegen - wie auch § 12 Abs. 2 BBesG und andere beamtenrechtliche Rückforderungsregelungen - gerade nicht voraus, dass die (Geld-)leistung durch Verwaltungsakt gewährt sein musste. Vielmehr wurde auch die Rückforderung von Geldleistungen ermöglicht, bei denen es von vornherein an einem Verwaltungsakt als Rechtsgrund für das Behaltendürfen fehlte. Schon dieser Unterschied im Anwendungsbereich zeigt, dass § 49a LVwVfG nicht geeignet ist, die durch den Wegfall von § 109 LBG a.F. entstandene Regelungslücke vollständig zu schließen. Zudem dürfte § 49a LVwVfG wie auch die gleichlautende bundesrechtliche Regelung des § 49a VwVfG nur auf Erstattungsansprüche des Staates gegen den Bürger unmittelbar anzuwenden sein (vgl. Baumeister in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, Kommentar, 4. Auflage 2014, § 49a Rn. 6). Jedenfalls ist der allgemeine Erstattungsanspruch des § 49a LVwVfG nicht geeignet, dem besonderen Verhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn, welches geprägt ist durch eine Treuepflicht einerseits und eine Fürsorgepflicht andererseits, und dessen Auswirkungen bei der Rückforderung von in diesem besonderen Pflichtenverhältnis bezahlten Geldleistungen gerecht zu werden.
21 
Schon die Gesetzgebungshistorie zeigt, dass seit Bestehen der Bundesrepublik anerkannt war, dass für Beamte bei der Rückforderung von Leistungen aus dem Dienstverhältnis besondere Regelungen gelten sollten, welche vom damals noch nicht kodifizierten allgemeinen Erstattungsanspruch des späteren § 49a VwVfG für Leistungen zwischen Staat und Bürger abweichen und nicht nur Leistungen umfassen, welche durch Verwaltungsakt gewährt wurden. Diesem Gedanken trug die Rahmengesetzgebung des Bundes zum Beamtenrecht Rechnung, indem § 53 Abs. 2 BRRG in der Fassung vom 01.07.1957 (BGBl. I 667) wortgleich mit dem für Bundesbeamte geltenden § 87 Abs. 2 BBG in der Fassung vom 18.09.1957 (BGBl. I 1338) auch für Landesbeamte vorsah, dass sich der Umfang der Bereicherung zwar - vergleichbar dem allgemeinen Erstattungsanspruch - nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ergeben sollte, eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung aber nur ausgeschlossen war, wenn der Beamte den Mangel des rechtlichen Grundes kannte oder dieser so offensichtlich war, dass er ihn hätte kennen müssen. Dieser für den Beamten im Vergleich zu dem allgemeinen Erstattungsanspruch (bei dem eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Umstände, welche zur Rücknahme oder zum Widerruf des Verwaltungsakts geführt hatte, erforderlich war) günstigere Regelung sollte den Besonderheiten des Beamtenverhältnisses Rechnung tragen. Sie beinhaltete daher von Anfang an noch die Möglichkeit, aus Billigkeitsgründen von einer Rückforderung ganz oder teilweise abzusehen. § 53 Abs. 2 BRRG wurde - ebenso wie die wortgleiche Vorschrift des § 87 Abs. 2 BBG - trotz des Wortlauts nicht allein auf die Rückforderung von Dienst- oder Versorgungsbezügen im engeren Sinne, sondern auf sämtliche Leistungen des Dienstherrn aus dem Beamtenverhältnis (entsprechend) angewandt (vgl. Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Kommentar, Stand 29.10.1961, Rn. 5 zu § 87). Eine ausdrückliche Umsetzung des Landesgesetzgebers entsprechend der Verpflichtung in § 1 Abs. 2 BRRG a.F. erfolgte erst mit Neufassung des Landesbeamtengesetzes vom 08.08.1979 in Form des § 109 LBG, welcher bis zum Inkrafttreten des Dienstrechtsreformgesetzes eine analoge Anwendung der damals für die Rückforderung von Bezügen von Landesbeamten unmittelbar geltenden Vorschrift des § 12 Abs. 2 BBesG vorsah. Somit bestand in der Gesetzgebung der Bundesrepublik durchgehend (auch) für Beamte des Landes Baden-Württemberg eine gegenüber dem allgemeinen Erstattungsanspruch günstigere Rückforderungsregelung für sonstige Geldleistungen aus dem Beamtenverhältnis. Hätte der Landesgesetzgeber diese „Begünstigung“ durch das Dienstrechtsreformgesetz aufheben und durch die ungünstigere allgemeine Regelung des § 49a Abs. 2 LVwVfG ersetzen wollen, hätte es dazu angesichts der deutlichen Schlechterstellung der Landesbeamten für die Zukunft ausdrücklicher Erwägungen bedurft. Insoweit fehlt es, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, an jeglichen Anhaltspunkten in den umfangreichen Gesetzgebungsmaterialien. In der Zielsetzung der Gesetzesbegründung wird darauf abgestellt, dass die hinzugewonnenen Gesetzgebungskompetenzen genutzt werden sollen, um die Rechtsverhältnisse der Beamtinnen und Beamten im Lande einer Generalrevision zu unterziehen und den modernen Erfordernissen, den Interessen der Beamtinnen und Beamten sowie den Belangen des Landes und sonstiger Dienstherrn anzupassen (LT-Dr. 14/6694, S. 1). Bei der Wiedergabe des „wesentlichen Inhalts“ der Neuregelungen findet sich weder in Bezug auf beamtenrechtliche noch hinsichtlich besoldungsrechtlicher Regelungen ein Hinweis auf eine beabsichtigte Änderung der Rückforderungsvorschriften (aaO S. 2). Zur Neuregelung des § 15 LBesG wird z.B. ausgeführt, dass die Bestimmung unverändert § 12 BBesG entspreche (aaO S. 460). Zur Änderung der Beihilfeverordnung wird ausgeführt, dass (lediglich) redaktionelle Anpassungen an die geänderte Paragrafenfolge des Landesbeamtengesetzes sowie eine Umstellung von Verweisungen des Bundesbesoldungs- und Versorgungsrechts auf das neue Landesbesoldungs- und Versorgungsrecht vorgenommen würden (aaO S. 599). Hieraus ergeben sich somit keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber speziell im Beihilferecht strengere Rückforderungsregelungen beabsichtigt hat. Auch der Hinweis des Beklagten auf die vollständige Streichung aller Paragrafen des 3. Unterabschnitts des alten Landesbeamtengesetzes mit Ausnahme von § 110 LBG ist nicht geeignet, eine bewusste Abschaffung der früheren Rückforderungsregelung zu belegen. Denn dieser Unterabschnitt (§§ 106 – 110) stand unter der Überschrift Besoldung, Versorgung und sonstige Leistungen, welche keineswegs ersatzlos weggefallen sind, sondern überwiegend (§§ 106 – 108) im neugefassten Landesbesoldungs- bzw. Versorgungsgesetz geregelt wurden. Lediglich der auch in diesem Abschnitt des alten Landesbeamtengesetzes geregelte Übergang des Schadensersatzanspruchs eines Beamten gegen einen Dritten (§ 110) wurde ins neugefasste Landesbeamtengesetz übernommen. Demgegenüber entfiel die Regelung des § 109 LBG a.F. ersatzlos. Dass damit nicht nur eine redaktionelle Umstellung von Verweisungen (vgl. LT-Dr. 14/6694, S. 599 zu Artikel 47) im Hinblick auf das nicht mehr für Landesbeamte anwendbare Bundesbesoldungsgesetz, sondern eine inhaltliche Abschaffung der beamtenrechtlichen Sonderregelung für Rückforderungen sonstiger Leistungen durch den Gesetzgeber erfolgt sein sollte, entbehrt jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte.
22 
Neben der Gesetzgebungshistorie spricht auch ein Blick auf die Rechtslage in anderen Bundesländern dafür, dass dem baden-württembergischen Landesgesetzgeber bei der Novellierung des Landesbeamtengesetzes im Rahmen der Dienstrechtsreform zum 01.01.2011 der ersatzlose Wegfall einer Regelung zu Grundsätzen des bundeseinheitlichen Berufsbeamtentums nicht bewusst war. Denn in den anderen Bundesländern wurde jeweils nach dem Wechsel der Gesetzgebungskompetenz eine „Neuregelung“ für die Rückforderung sonstiger Geldleistungen im Rahmen des Beamtenverhältnisses getroffen (s. etwa § 87 Niedersächsisches Beamtengesetz vom 25.03.2009 oder Art. 13 Bayerisches Beamtengesetz vom 29.07.2008). Soweit mit der Neufassung des Bundesbeamtengesetzes vom 05.02.2009 zunächst die entsprechende Regelung des § 87 Abs. 2 BBG (a.F.) wegfallen war, wurde diese „Regelungslücke“ durch Einfügung des § 84a BBG zum 14.03.2015 inzwischen geschlossen.
23 
Schließlich dürfte sich auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ergeben, dass eine Geltung des allgemeinen Rückforderungsanspruchs nach § 49a LVwVfG auch für Beamte infolge der ersatzlosen Abschaffung der bisherigen Sonderregelung zur Rückforderung sonstiger Leistungen aus dem Beamtenverhältnis einschließlich der Eröffnung einer Billigkeitsentscheidung nicht zulässig gewesen wäre. Zwar gelten auch für Verwaltungsakte zu Geldleistungen aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich die allgemeinen Regelungen der §§ 48, 49 LVwVfG auf der ersten Stufe der Frage, ob der Verwaltungsakt zurückgenommen oder widerrufen werden darf. Die separat auf einer zweiten Stufe zu prüfende Frage der Rückforderung muss jedoch den Besonderheiten des Berufsbeamtentums Rechnung tragen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss es die Alimentierung den Beamten ermöglichen, sich ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf zu widmen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Sicherheit und Unabhängigkeit zur Erfüllung der ihnen zugewiesenen Aufgaben beizutragen (st. Rspr., zuletzt Beschluss vom 17.11.2015 - 2 BvL 19/09 u.a. - Rn. 97 nach juris). Die in dieser Rechtsprechung hervorgehobene Qualitätssicherung des Berufsbeamtentums beinhaltet auch die Verpflichtung des Dienstherrn zur Wahrung eines amtsangemessenen Lebensunterhalts trotz laufender Aufwendungen für die Risikovorsorge oder besonderer Belastungen wegen Krankheit (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.06.2004 - 2 C 50/02 - Rn. 9 u. 120 nach juris). Fehl geht daher die Annahme des Beklagten, dass Rückforderungen von Beihilfeleistungen grundsätzlich einer anderen Behandlung durch den Gesetzgeber zugänglich seien. Wie gerade der vorliegende Fall zeigt, kann auch die Rückforderung von Beihilfe im Einzelfall zu einer existenziellen Notlage des Beamten führen, welche geeignet ist, seine rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu gefährden. Daher ist es bei Rückforderungen des Dienstherrn gegenüber seinem Beamten geboten, eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, damit nicht jede Verletzung einer Anzeigepflicht aufgrund strenger haushaltsrechtlicher Vorschriften automatisch zu einer Rückforderung mit möglicherweise existenzbedrohenden Folgen für den Beamten führt. Gerade auch der Umstand, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung zur früher anwendbaren Regelung des § 12 Abs. 2 BBesG stets davon ausgegangen ist, dass eine Billigkeitsprüfung unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls untrennbarer Bestandteil der Rückforderungsentscheidung ist, zeigt, dass Beamte aufgrund des besonderen gegenseitigen Pflichtenverhältnisses insoweit nicht den starren Regelungen des § 49a LVwVfG unterworfen sein dürfen.
24 
Davon ging im Übrigen der Beklagte selbst noch im Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheids aus, indem er § 12 BBesG wenigstens erwähnt hat. Weshalb er dann im Widerspruchsbescheid und im gerichtlichen Verfahren vehement die Rechtsauffassung vertritt, dem Dienstherrn sei seit Inkrafttreten des Dienstrechtsreformgesetzes eine Billigkeitsentscheidung verwehrt, weil auch bei nur geringem Verschulden eine vollständige Rückforderung ohne die Möglichkeit der Berücksichtigung von Besonderheiten oder Härten des Einzelfalls entsprechend den allgemeinen zwischen Staat und Bürger geltenden Vorschriften zwingend sei, erschließt sich dem Senat nicht.
25 
2. Die durch das Dienstrechtsreformgesetz eingetretene planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Rückforderung „sonstiger“ zu viel gezahlter Geldleistungen ist bis zu einer ausdrücklichen Regelung des Landesgesetzgebers durch analoge Anwendung anderer (neuer) beamtenrechtlicher Vorschriften zu schließen. Ungeachtet der Wortgleichheit der dafür zur Verfügung stehenden neugefassten Rückforderungsregelungen im Besoldungs- bzw. Versorgungsrecht ist der Senat der Auffassung, dass eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG vorzunehmen ist, da dies der früheren Regelung des § 109 LBG a.F. mit seinem Verweis auf die damals geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften am Nächsten kommt.
26 
Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht zu Recht die gesamte Rückforderungsentscheidung (Nr. 3 des angefochtenen Bescheids) aufgehoben und der Klage insoweit stattgegeben. Der Beklagte ist nicht gehindert, anhand des geänderten Maßstabs des § 15 Abs. 2 LBesG nochmals über die Rückforderung ggf. einschließlich einer Billigkeitsprüfung zu entscheiden.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
28 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
29 
Beschluss vom 20. September 2016
30 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 32.837,43 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 10. Juni 2015 - 6 K 770/14 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung ihm als Beihilfeleistung gewährter Krankenhaustagegelder.
Der 1950 geborene Kläger ist gegenüber dem Beklagten mit einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt und hat aufgrund seines monatlichen Beitrags in Höhe von 22,-- EUR Anspruch auf Beihilfe zu Aufwendungen für Wahlleistungen.
Vom 06.12. bis 14.12.2012 befand er sich in der H...-Klinik in Titisee, einer Privatklinik, in stationärer Behandlung, wofür ihm von Belegarzt Dr. T. 1.913,64 EUR in Rechnung gestellt wurden (Liquidation vom 22.01.2013, unter Verminderung des gemäß GOÄ errechneten Betrags von 2.247,23 EUR um 15% = 333,59 EUR). Auf seinen Antrag vom 24.01.2013 hin wurde ihm hierfür mit Bescheid der Landesamtes für Besoldung und Versorgung - Landesamt - vom 30.01.2013 Beihilfe gewährt.
Im Anschluss hielt er sich vom 14.12.2012 bis 11.01.2013 in der T... Klinik Bad Krozingen, einer Einrichtung der Anschlussheilbehandlung, auf.
Auf seinen Antrag vom 06.03.2013 gewährte ihm das Landesamt mit Bescheid vom 29.03.2013 - unter anderem - für diese beiden Klinikaufenthalte Tagegeld in Höhe von insgesamt 560,-- EUR (13 Tage H...-Klinik à 14,-- EUR = 182,-- EUR und 27 Tage T... Klinik à 14,-- EUR = 378,-- EUR). Dem Antrag waren Bescheinigungen der jeweiligen Krankenhausverwaltung zu Wahlleistungen beigefügt. In der Bescheinigung der H...-Klinik vom 11.02.2013 ist angegeben, dass die Klinik einen Zuschlag auf die Wahlleistung Unterkunft erhebe und der Kläger auf deren Inanspruchnahme nicht verzichtet habe. Auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen habe der Kläger während seines Aufenthalts verzichtet.
Mit Schreiben vom 03.04.2013 erhob der Kläger gegen den Beihilfebescheid vom 29.03.2013 Widerspruch mit der Begründung, ihm stehe ein Tagegeldsatz von 22,-- EUR statt lediglich 14,-- EUR zu. Es habe sich um eine anerkannte Anschlussheilbehandlung nach Hüft-OP gehandelt.
Daraufhin hörte das Landesamt den Kläger mit Schreiben vom 28.05.2013 zur geplanten Rückforderung des Tagegeldes an, da ein solches bei Anschlussheilbehandlungen nicht gewährt werde und erläuterte ihm mit weiterem Schreiben vom 27.08.2013, warum ihm auch für den Aufenthalt in der H...-Klinik kein Tagegeld zustehe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 wies das Landesamt den Widerspruch zurück (Nr. 1), hob den Bescheid vom 29.03.2013 hinsichtlich der Gewährung der Tagegelder auf (Nr. 2) und forderte vom Kläger die Rückzahlung insoweit überzahlter Beihilfe in Höhe von 560,-- EUR (Nr. 3). Zur Begründung wurde auf die beiden Schreiben vom 28.05.2013 und 27.08.2013 verwiesen, wo es heißt, dass für den Aufenthalt in der H...-Klinik ein Tagegeld zu Unrecht gewährt worden sei, da der Kläger insoweit bereits Beihilfe für ärztliche Leistungen beantragt und auch bewilligt bekommen habe. Für den Aufenthalt in der T... Klinik als einer Einrichtung der Anschlussheilbehandlung komme die Gewährung von Tagegeld nicht in Betracht. Da der Bescheid vom 29.03.2013 rechtswidrig sei, könne er nach Maßgabe des § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG zurückgenommen werden. Mangels Bestandskraft bestehe kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf dessen Bestand. Zwar stehe der Behörde im Rahmen des § 48 LVwVfG hinsichtlich der Rücknahme ein Ermessen zu. Aber auch unter Berücksichtigung aller Umstände bei der Gesamtabwägung, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen und der Rechtmäßigkeit der Verwaltung, könne der Bescheid zurückgenommen werden. Durch das Dienstrechtsreformgesetz vom 09.11.2010 sei das Landesbeamtengesetz grundlegend geändert worden. Für die Rückforderung von Beihilfe seien nun die einschlägigen Bestimmungen des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes maßgebend. Die zuvor geltenden Verweise auf § 12 BBesG seien im Landesbeamtengesetz nicht enthalten. Somit richte sich die Rückforderung der insoweit rechtsgrundlos gewährten Leistungen nach § 49a LVwVfG. Für den Umfang der Erstattung gälten die Vorschriften der §§ 818 ff. BGB.
Am 14.02.2014 hat der Kläger hiergegen - entsprechend der Rechtsmittelbelehrung - Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben, das den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 20.03.2014 - 3 K 833/14 - an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Freiburg verwiesen hat. Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, beide Klinikaufenthalte erfüllten die Voraussetzungen für die Gewährung von Tagegeld, da es sich jeweils um stationäre Aufenthalte gehandelt und der Kläger auf chefärztliche Behandlung verzichtet habe. Die Verweigerung von Tagegeld bei einer Anschlussheilbehandlung sei sachwidrig.
10 
Der Beklagte ist der Klage unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Ausführungen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren entgegengetreten. Voraussetzung für die Gewährung von Tagegeld sei, dass gesondert berechnete ärztliche Leistungen nicht geltend gemacht worden seien. Unerheblich sei, ob es sich dabei um chefärztliche Leistungen handle und der Kläger auf Wahlarztleistungen verzichtet habe. Dass es sich um eine Belegarztbehandlung gehandelt habe, ändere daran nichts, denn wahlärztliche und belegärztliche Leistungen könnten nicht nebeneinander für dieselbe Behandlung geltend gemacht werden, so dass der Verzicht auf Wahlarztbehandlung sich nicht auswirke. Die Gewährung von Beihilfe für die mit Rechnung vom 22.01.2013 liquidierten Leistungen stehe daher der Gewährung von Beihilfe entgegen. Für den Ausschluss von Tagegeld bei Anschlussheilbehandlungen gebe es sachliche Gründe. Der Verzicht stelle bei letzterer keinen „geldwerten Vorteil“ dar, da der ärztliche Betreuungsaufwand geringer sei.
11 
Nach gerichtlichem Hinweis vom 30.04.2015 hat der Kläger die Klage insoweit zurückgenommen, als er die Gewährung eines weiteren Tagegelds unter Zugrundelegung eines Tagessatzes in Höhe von 22,-- EUR je Tag begehrt hatte.
12 
Mit Urteil vom 10.06.2015 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klage zurückgenommen worden war, und unter Abweisung der Klage im Übrigen den Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben, soweit damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von mehr als 378,-- EUR vom Kläger zurückgefordert wurde. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Bescheid vom 29.03.2013, durch den dem Kläger für den Aufenthalt in der H...-Klinik ein Tagegeld von 182,-- EUR gewährt worden sei, rechtmäßig und deshalb der den Kläger insoweit erstmals beschwerende Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 rechtswidrig sei. Denn die damit gem. § 48 LVwVfG verfügte Rücknahme setze die Rechtswidrigkeit des zurückgenommenen Bescheids voraus und die zugleich gem. § 49a LVwVfG verfügte Rückforderung des Tagegelds dessen rechtsgrundlose Gewährung. Der hier maßgebliche § 15 Abs. 4 BVO Satz 3 a.F. habe einen Anspruch auf ein Tagegeld in Höhe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts in einer Privatklinik (§ 7 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, Abs. 7 Satz 1 BVO) gewährt, wenn „gesondert berechnete ärztliche Leistungen" nicht geltend gemacht worden seien. Insoweit habe der Kläger zwar eine gesondert berechnete ärztliche Leistung, nämlich des Belegarztes Dr. T, geltend gemacht und dafür auch Beihilfeleistungen erhalten, so dass nach dem Wortlaut der Vorschrift die Voraussetzungen für eine Tagegeldgewährung nicht erfüllt gewesen wären. Nach Sinn und Zweck der Tagegeldregelung sei die Vorschrift des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO jedoch im Wege der teleologischen Reduktion dahin auszulegen, dass mit „gesondert berechneten ärztlichen Leistungen" nur „wahlärztliche" Leistungen gemeint seien, zu denen belegärztliche Leistungen gerade nicht zählten. Die Tage-geldregelung solle nach ihrem Sinn und Zweck einem Beihilfeberechtigten nur einen Anreiz geben, auf eine Chefarztbehandlung zu verzichten, also die für den Beklagten kostengünstigere Behandlungsvariante einer Behandlung durch das sonstige ärztliche Personal zu wählen, die als allgemeine Krankenhausleistung durch die für eine Behandlung in der Hauptabteilung geltenden Fallpauschalen mitabgegolten sei. Dadurch solle dem Beklagten die Beihilfeleistung zu den zusätzlichen Kosten einer Chefarztbehandlung erspart werden, auf die der Beihilfeberechtigte, wenn er einen monatlichen Beitrag von 22,-- EUR zahle, gem. § 6a Abs. 2 BVO an sich einen Anspruch hätte. Hingegen solle die Tagegeldregelung nicht einen Anreiz dafür bieten, dem Beklagten auch noch die Beihilfe zu Belegarztrechnungen zu ersparen, auf die der Beihilfeberechtigte schon ohne Leistung eines eigenen Zusatzbeitrags von 22,-- EUR monatlich einen regulären Beihilfeanspruch habe, weil die Belegarztkosten keine Wahlarztkosten und nicht in den deutlich geringeren Fallpauschalen enthalten seien, die für eine Behandlung in Belegabteilungen gälten, und die Kosten der ärztlichen Behandlung eben gerade nicht schon mitenthielten. Andernfalls würde der Beihilfeberechtigte durch Versagung eines Tagegeldes bei Geltendmachung einer Belegarztbehandlung schlechter gestellt, als wenn er sich - was ihm jederzeit frei stehe - ganz normal zu den höheren, die allgemeine Arztleistung mitabdeckenden beihilfefähigen Fallpauschalen in einer Hauptabteilung von einem der angestellten Ärzte behandeln ließe, der kein Chefarzt sei, und in diesem Fall mangels Chefarztbehandlung ein Tagegeld erhielte. Dem stehe nicht der Umstand entgegen, dass Belegarztbehandlung und Wahlarztbehandlung sich wechselseitig ausschlössen, da es neben bzw. zusätzlich zu einer Behandlung durch einen Belegarzt in einer Belegabteilung eines öffentlichen oder privaten Krankenhauses schon begriffsnotwendig keine Chefarzt(=Wahlarzt)-Behandlung geben könne. Bei dem Belegarzt handle es sich nicht um einen der angestellten Arzte des Krankenhauses (Chefärzte und sonstige Arzte), unter denen ein wahlleistungsberechtigter Patient auswählen könne, sondern der Belegarzt sei ein externer vom Patienten bereits gewählter Arzt, der lediglich die sachlichen, räumlichen und personellen Mittel des Krankenhauses aufgrund vertraglicher Abreden nutzen könne. Sowohl die Entscheidung eines Beihilfeberechtigten, sich durch einen Belegarzt in einer Belegabteilung behandeln zu lassen, als auch die ihm stattdessen alternativ ebenso mögliche Entscheidung, sich in der Hauptabteilung durch einen der - nicht als Chefarzt qualifizierten - angestellten Arzte behandeln zu lassen, löse in beiden Fällen einen vergleichbaren beihilfefähigen Aufwand aus, der in jedem Fall geringer und für den Beklagten beihilferechtlich günstiger sei als derjenige, der anfiele, wenn sich der Beihilfeberechtigte, was ihm möglich wäre, stattdessen für eine Behandlung in einer Hauptabteilung durch den Chefarzt entschiede, welche einen beihilfefähigen Aufwand in Form der Fallpauschale zum Hauptabteilungssatz zuzüglich der Chefarztrechnung auslösen würde. Für die Gewährung eines Tagegeldes könne es daher lediglich entscheidend sein, dass der geltend gemachte beihilfefähige Aufwand eine Chefarztrechnung nicht mitumfasse. Das zeige die Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO (a.F.), die eine Tagegeldgewährung bei einem Aufenthalt in einem öffentlichen Krankenhaus allein davon abhängig mache, dass keine Chefarztbehandlung gewählt worden sei, also ein Tagegeld nicht ausschließe, wenn eine Behandlung in der Belegabteilung eines öffentlichen Krankenhauses durch einen Belegarzt geltend gemacht werde. Warum etwas anderes gelten sollte, wenn es sich um eine Privatklinik handele, die ebenfalls eine Belegabteilung aufweisen könne, sei nicht ersichtlich. Diese Auslegung werde auch durch die Neuregelung der Vorschrift in § 15 Abs. 4 Satz 2 (n.F.) untermauert, die ohne Unterscheidung zwischen Privatklinik und öffentlicher Klinik die Gewährung eines Tagegeldes allein davon abhängig mache, dass beihilferechtlich keine Chefarztrechnung geltend gemacht werde.
13 
Soweit dem Kläger Tagegeld in Höhe von 378,-- EUR für den Aufenthalt in der T... Klinik gewährt worden sei, sei der Bescheid vom 29.03.2013 rechtswidrig, weshalb der Widerspruchsbescheid rechtmäßig sei. Denn die damit gem. § 48 LVwVfG verfügte Rücknahme setze die Rechtswidrigkeit des zurückgenommenen Bescheids voraus und die zugleich gem. § 49a LVwVfG verfügte Rückforderung des Tagegelds dessen rechtsgrundlose Gewährung. Da die T... Klinik eine Einrichtung der Anschlussheilbehandlung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 BVO darstelle, werde die dort durchgeführte Behandlung nicht von der Tagegeldregelung des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO (a.F.) erfasst, die sich ihrem eindeutigen Wortlaut nach nur auf Einrichtungen nach § 7 Abs. 7 Satz 1 BVO (Krankenhäuser) bzw. Einrichtungen nach § 7 Abs. 7 Satz 4 BVO, d.h. Einrichtungen der Suchtbehandlung (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BVO) bzw. sonstige Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 BVO), beziehe. Diese Differenzierung verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn der sachliche Unterschied liege darin, dass bei einer Anschlussheilbehandlung, anders als bei einer Suchtbehandlung bzw. bei einer medizinischen Rehabilitation, der Anteil des ärztlichen Betreuungsaufwandes generell deutlich geringer sei, weil bei der Anschlussheilbehandlung lediglich die zuvor schon im Rahmen der Krankenhausbehandlung unter maßgeblicher ärztlicher Beteiligung weitgehend behobene Gesundheitsschädigung nur noch endgültig „auskuriert" werde, so dass der Verzicht auf eine Chefarztbehandlung in einer Einrichtung der Anschlussheilbehandlung dem Beklagten keine vergleichbar gewichtige finanzielle Belastung erspare wie ein solcher Verzicht bezüglich einer Behandlung in einer der anderen genannten Behandlungseinrichtungen. Dies werde durch die Neuregelung des § 15 Abs. 4 BVO in der ab 01.04.2014 gültigen Fassung bestätigt, wonach die Regelung über das Tagegeld inzwischen sogar nur noch bei Verzicht auf wahlärztliche Behandlung in einem - öffentlichen oder privaten - Krankenhaus gewährt werde.
14 
Die Berufung wurde nicht zugelassen.
15 
Auf Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 05.04.2016 - 2 S 1481/15 - die Berufung zur Klärung der Grundsatzfrage zugelassen, ob es für die Gewährung einer Beihilfe in Form eines Tagegeldes nach § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F. nur darauf ankommt, ob gesondert berechnete Leistungen durch die Inanspruchnahme von Wahlleistungen nicht angefallen sind oder ob es erforderlich ist, dass diese überhaupt in Anspruch genommen werden konnten und damit die Möglichkeit, auf sie zu verzichten, bestand.
16 
Am 09.05.2016 hat der Beklagte die Berufung wie folgt begründet: Nach Maßgabe des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F. werde eine Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts gewährt, wenn anlässlich der Inanspruchnahme von Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 1 oder 4 BVO gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO nicht geltend gemacht würden. Unter „gesondert berechneten ärztlichen Leistungen“ gemäß § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO seien nur „wahlärztliche“ Leistungen zu verstehen. Bestätigt werde dies durch die klarstellende Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO, wonach eine Beihilfe von 22,-- EUR pro Tag, an welchem die Leistung berechenbar gewesen wäre, anlässlich eines Aufenthalts nach § 15 Abs. 4 Satz 1 BVO für nicht beanspruchte „wahlärztliche“ Leistungen gewährt werde. Hierfür sprächen auch die Verwaltungsvorschriften vom 24.06.2012, wo von „Wahlarzttagegeld“ die Rede sei. Die Tagegeldregelung solle dem Beihilfeberechtigten einen Anreiz dazu geben, auf wahlärztliche Behandlung zu verzichten, folglich die kostengünstigere Behandlungsvariante durch das sonstige ärztliche Personal eines Krankenhauses zu wählen, die als allgemeine Krankenhausleistung durch die für eine Behandlung in der Hauptabteilung geltenden Fallpauschalen bereits mitabgegolten sei. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, das insoweit auf § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO n.F. hinweise, sei für die Gewährung eines Tagegeldes nicht allein darauf abzustellen, dass der geltend gemachte Aufwand keine Chefarztrechnung umfasse. In Konstellationen wie der vorliegenden könne nämlich ein Anspruch auf Krankenhaustagegeld denknotwendig nicht bestehen, weshalb es unerheblich sei, dass der Kläger keine wahlärztlichen Leistungen in Anspruch genommen und auf diese gleichsam „verzichtet habe“. Er habe nämlich überhaupt nicht die Möglichkeit gehabt, Wahlarztleistungen in Anspruch zu nehmen. Grundvoraussetzung für ein Tagegeld sei aber, dass der Beihilfeberechtigte eine Beihilfe zu den Wahlleistungen hätte erhalten können, wenn er diese in Anspruch genommen hätte. Tagegeld könne dem Beihilfeberechtigten nur dann gewährt werden, wenn gesondert berechnete Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO nicht geltend gemacht würden. Nach dieser Vorschrift wiederum seien gesondert erbrachte und berechnete Leistungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO beihilfefähig. Hierunter fielen gesondert erbrachte und berechnete „ärztliche, psychotherapeutische und zahnärztliche Leistungen und Leistungen von Heilpraktikern nach Maßgabe der Anlage“. Bereits aus dem Wortlaut der Norm ergebe sich, dass neben dem Verzicht auf eine wahlärztliche Behandlung als solche weitere Voraussetzung sei, dass diese gesondert erbracht und berechnet werde. Dies bedeute, dass Tagegeld ausscheide, wenn keine Leistungen gesondert erbracht und abgerechnet würden, weil diese Leistungen bereits Gegenstand der Behandlung seien, wie dies bei Behandlungen durch den Belegarzt der Fall sei. Die gesetzlichen Anforderungen an Wahlleistungen seien in § 17 KHEntgG festgelegt. Da Belegärzte gemäß § 121 Abs. 2 SGB V, § 18 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG weder beim Krankenhaus angestellt noch beamtete Ärzte des Krankenhauses seien, kämen sie nicht als Wahlärzte in Betracht. Folglich habe der Kläger aufgrund seiner Entscheidung für die Behandlung durch den Belegarzt weder gesondert berechnete (wahl)ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen noch auf diese verzichten können. Ihm sei mithin kein Tagegeld auf Grundlage des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F. zu gewähren gewesen. Vereinbare der Patient mit dem Krankenhaus die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen, so sichere er sich durch Zahlung einer gesonderten Vergütung die Krankenhausbehandlung durch eine ärztliche Person seines Vertrauens. Die persönliche Leistungserbringung durch einen „Chefarzt“ sei für eine Behandlung jedoch unmöglich, wenn für diese bereits belegärztliche Leistungen in Anspruch genommen worden seien. Denn der Belegarzt habe aufgrund des zwischen ihm und dem jeweiligen Patienten geschlossenen privaten Behandlungsvertrags ebenso wie der Wahlarzt die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung. Ein Verzicht auf eine Leistung setze voraus, dass eine Wahl bestehe. Bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Leistungen bestehe jedoch keine Möglichkeit für ein- und dieselbe Behandlung Chefarztleistungen zu wählen, da diese bereits vom Belegarzt erbracht worden seien. Insofern komme es nicht darauf an, ob in beiden Fällen ein vergleichbarer beihilfefähiger Aufwand ausgelöst werde. Ein vergleichbarer beihilfefähiger Aufwand führe auch nicht dazu, dass einem Beihilfeberechtigten ein Anspruch auf Tagegeld zustehe. Dieser bestehe ungeachtet der Höhe einer Aufwendung nur dann, wenn die einschlägige gesetzliche Norm, hier § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F., erfüllt sei. Es bleibe zwar grundsätzlich der Wahl des Beihilfeberechtigten überlassen, ob er sich für eine Behandlung in der Hauptabteilung eines Krankenhauses oder für eine Behandlung durch einen Belegarzt entscheide, doch werde es für ihn zunächst nebensächlich sein, mit welchen Kosten die Behandlung verbunden sei. Entscheidend werde für ihn vielmehr die Auswahl des behandelnden Arztes sein. Der Patient wähle den jeweiligen Belegarzt, weil er sich gerade von diesem behandeln lassen wolle. Sein Fokus liege dabei nicht auf einer Kostenersparnis. Dem Patienten hätte auch die Möglichkeit offen gestanden, sich in einem Krankenhaus in der Hauptabteilung von einem Arzt behandeln zu lassen, dessen Auswahl ihm bei Verzicht auf die Wahlarztleistungen nicht gestattet gewesen wäre. Dass er sich gegen die Behandlung durch einen beliebigen Arzt der Hauptabteilung und für eine ärztliche Betreuung durch einen von ihm ausgewählten Belegarzt entschieden habe, begründe gleichwohl keinen Anspruch auf Tagegeld, weil es bei Inanspruchnahme belegärztlicher Leistung nicht entscheidend sei, dass auf die wahlärztlichen Leistungen verzichtet werde und diese folglich nicht gesondert berechnet würden. Ziehe man die Rechtsprechung hinsichtlich der Wahlleistung Unterkunft nach § 15 Abs. 4 BVO heran, ergebe sich daraus, dass Tagegeld für die Unterbringung in einem Zweibettzimmer nur dann geleistet werde, wenn der Beihilfeberechtigte die Wahlleistung nicht in Anspruch nehme und darüber hinaus die Unterbringung in einem Zweibettzimmer nicht die Regelleistung in dem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus sei. Dies beruhe darauf, dass Regelleistungen in solchen Krankenhäusern bereits in den DRG-Fallpauschalen bzw. den Basis-/Abteilungspflegesätzen enthalten seien. Beamte seien in diesen Fällen nicht so zu stellen, als wäre die Inanspruchnahme der Regelleistung bei ihnen die Inanspruchnahme einer Wahlleistung. Aus diesem Rechtsvergleich ergebe sich, dass auch bei Inanspruchnahme der Wahlleistung Unterkunft neben der tatsächlichen Ausübung des Anspruchs bzw. dem Verzicht auf die Wahlleistung erforderlich sei, dass die Unterbringung in einem Zweibettzimmer nicht bereits Teil der Regelleistung sei, sondern dem Patienten die Wahl zwischen einem Mehrbett- und einem Zweibettzimmer eröffnet sei und er auf die Unterbringung in einem Zweibettzimmer verzichte. Aus Gründen der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung sei Tagegeld nach § 15 Abs. 4 BVO sowohl für die Wahlleistung Unterkunft als auch für die wahlärztlichen Leistungen nur dann zu gewähren, wenn der Beihilfeberechtigte überhaupt die Möglichkeit habe, auf diese Leistungen zu verzichten. Aus der Neufassung des § 15 Abs. 4 BVO ergebe sich nichts Abweichendes. Sowohl nach der alten Regelung als auch nach der neuen Fassung sei es ohne Belang, in welcher Einrichtung sich der Beihilfeberechtigte befinde. Auch in einem öffentlichen Krankenhaus gebe und habe es kein Tagegeld gegeben, wenn eine Behandlung in der Belegabteilung durch einen Belegarzt geltend gemacht worden sei, da keine Möglichkeit auf Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen bestanden habe. Die Neufassung diene der Klarstellung, dass Tagegeld einheitlich bei der Nichtinanspruchnahme „wahlärztlicher“ Leistungen gewährt werde. § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO a.F. habe die Zahlung von Tagegeld lediglich von der Nichtgeltendmachung gesondert berechneter „ärztlicher“ Leistungen abhängig gemacht. Die Neufassung bezwecke daher eine Vereinheitlichung des Wortlauts und habe eine klarstellende Funktion.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 10.06.2015 - 6 K 770/14 -, soweit das Verfahren nicht eingestellt worden ist, zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
19 
Der Kläger beantragt,
20 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
21 
Er verweist auf sein Vorbringen im Berufungszulassungsverfahren und trägt ergänzend vor, er habe bereits dadurch seinen Verzicht „ausgeübt“, dass er sich gegen eine chefärztliche und für eine belegärztliche Behandlung entschieden habe. Es komme allein darauf an, dass er auf den „Zukauf“ einer über den Facharztstandard hinausgehenden Leistung eines hochqualifizierten Spezialisten verzichtet haben müsse. Nur jener „Zukauf“ hätte zu einer „Verteuerung“ der Behandlung geführt, nicht aber die Behandlung durch einen „gewöhnlichen“ Facharzt, eben den Belegarzt. Der Vergleich des Beklagten mit der Wahlleistung Unterkunft greife nicht. Anders als bei der Inanspruchnahme eines Belegarztes, habe ein Beihilfeberechtigter in Fällen, in denen die Leistung „Zweibettzimmer“ zur Regelleistung eines Krankenhauses gehöre, tatsächlich keine Wahlmöglichkeit und könne faktisch auch nicht verzichten. Zudem sei in solchen Fällen der Entscheidungsmaßstab die am betreffenden Krankenhaus gemäß dessen Leistungsfähigkeit geltende „allgemeine Krankenhausleistung“, so dass bereits deshalb die Wahlleistung in Bezug auf Unterkunft auch rechtsbegrifflich ausscheide. Anders sei dies beim Verzicht auf die Wahlleistung „Chefarzt“, es sei denn, an einem Krankenhaus gehörte die chefärztliche Behandlung zur „allgemeinen Krankenhausleistung“. Wenn mit der Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO lediglich habe klargestellt werden sollen, dass die Zahlung des Tagegeldes von einem Verzicht auf „wahlärztliche“ Leistungen abhängen solle, solches also auch schon nach der vorherigen Gesetzesfassung gewollt gewesen sei, stehe dem Kläger Tagegeld gerade zu, denn er habe auf eine ihm zugängliche Zusatzleistung, die Wahlleistung „Chefarzt“, verzichtet.
22 
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Akten des Verwaltungsgerichts, die Akten des Beklagten, die Schriftsätze der Beteiligten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
23 
Gegenstand der auf Antrag des Beklagten zugelassenen Berufung ist lediglich der stattgebende Teil des verwaltungsgerichtlichen Urteils, da nur der Beklagte einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt hat. Im Berufungsverfahren geht es daher darum, ob das Verwaltungsgericht zu Recht den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben hat, als damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von mehr als 378,-- EUR, d.h. in Höhe von 182,-- EUR, vom Kläger zurückgefordert wurde. Rechtskräftig geworden ist das Urteil hingegen, soweit die Klage abgewiesen wurde, also hinsichtlich der (Teil-)Aufhebung des Bescheides vom 29.03.2013 durch den Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 und der Rückforderung überzahlter Beihilfe in Höhe von 378,-- EUR.
II.
24 
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
25 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben, als damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von 182,-- EUR vom Kläger zurückgefordert wurde. Der Widerspruchsbescheid ist in diesem (noch) in Streit stehenden Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beihilfebescheid vom 29.03.2013 hinsichtlich der Leistung von Tagegeld für den Aufenthalt in der H...-Klinik war zwar nur in Höhe von 126,-- EUR rechtmäßig (1.). Die verfügte Rücknahme nach § 48 LVwVfG ist aber dennoch (insgesamt) rechtswidrig (2.). Die Rückforderung des Beihilfebetrags von 182,-- EUR hat ebenfalls keinen Bestand (3.).
26 
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist maßgeblich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2015 - 5 C 2.14 -, juris Rn. 10). Da es um Tagegeld für einen stationären Aufenthalt im Dezember 2012 geht, ist die Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. 1995, 561) in der Fassung vom 14.02.2012 (GBl. 2012, 25) einschlägig, die im Übrigen mit der Nachfolgefassung vom 18.12.2012, gültig ab 01.01.2013 (GBl. 2012, 677), hinsichtlich der entscheidungserheblichen Vorschriften übereinstimmt (im Folgenden: BVO).
27 
Die im Beihilfebescheid vom 29.03.2013 gewährte Leistung von Tagegeld beruht auf § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO. Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO wurde eine Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts gewährt, wenn anlässlich der Inanspruchnahme von Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 1 oder 4 BVO gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO nicht geltend gemacht wurden. § 7 Abs. 7 Satz 1 BVO betrifft die Behandlung in Krankenhäusern nach § 7 Abs. 2 BVO, also solchen, die nicht als öffentliches Krankenhaus nach § 108 SGB V zugelassen sind. Die private H...-Klinik gehört zu diesen Krankenhäusern, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Dass gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO nur wahlärztliche Leistungen umfassen, hat nicht nur das Verwaltungsgericht mit überzeugender Argumentation begründet, worauf der Senat nach § 130b Satz 2 VwGO Bezug nimmt, sondern wird auch vom Beklagten so gesehen.
28 
Da der Kläger für seinen Aufenthalt in der H...-Klinik keine gesondert berechneten (wahl)ärztlichen Leistungen geltend gemacht hat, hat er Anspruch auf Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts. Entgegen der Auffassung des Beklagten war im Fall des Klägers ein Anspruch auf Tagegeld nicht „denknotwendig“ ausgeschlossen, weil der Kläger keine Wahlarztleistungen in Anspruch nehmen und daher auch nicht auf diese verzichten konnte. Zwar ist dem Beklagten im Ausgangspunkt zuzustimmen, dass die Gewährung von Tagegeld voraussetzt, dass der Beihilfeberechtigte eine Beihilfe zu den Wahlleistungen hätte erhalten können, wenn er die Wahlleistungen in Anspruch genommen hätte und folglich Tagegeld ausscheidet, wenn die Inanspruchnahme von Wahlleistungen gar nicht möglich war. Dass der Kläger, nachdem er sich für die Belegarztbehandlung entschieden hatte, keine Wahlarztbehandlung mehr in Anspruch nehmen konnte, steht indes dem Vorhandensein einer Wahlmöglichkeit nicht entgegen. Wenn in dem Krankenhaus des stationären Aufenthalts, sei es in einem öffentlichen, sei es in einem privaten, grundsätzlich die Möglichkeit geboten wird, eine Wahlarztbehandlung in Anspruch zu nehmen, sich der Beihilfeberechtigte aber statt für die Wahlarztbehandlung für eine Belegarztbehandlung entscheidet, hatte er die erforderliche Wahlmöglichkeit. Vorliegend bestand diese Wahlmöglichkeit, da in der H...-Klinik Wahlarztbehandlung angeboten wird (s. http://www...-kliniken.de/klinik/titisee-neustadt/ihr-klinikaufenthalt/ihre-wahlleistungen/ihr-wahlarzt.html sowie http://www...-privatkliniken.de/kosten/allgemein/). Der Kläger hat von dieser Wahlmöglichkeit dahingehend Gebrauch gemacht, dass er sich statt für die wahlärztliche für die belegärztliche Behandlung entschieden hat. Dass er, nachdem er sich einmal für die Belegarztbehandlung entschieden hat, keine Wahlarztbehandlung mehr in Anspruch nehmen kann, ist unerheblich. Die abweichende Auffassung des Beklagten würde zu einem künstlichen Auseinanderreißen eines einheitlichen Sachverhalts führen, der in der stationären Behandlung besteht, innerhalb welcher verschiedene Behandlungsoptionen - Hauptabteilung, Wahlarzt, Belegarzt - eröffnet sind. Der Beklagte räumt im Übrigen auch ein, dass der Beihilfeberechtigte eine Wahlmöglichkeit hat, auch wenn er hierbei nur die Behandlung in der Hauptabteilung eines Krankenhauses und in der Belegabteilung in den Blick nimmt. Soweit er in diesem Zusammenhang weiter ausführt, dass es bei der Entscheidung für den Belegarzt dem Patienten zunächst nicht um die Reduzierung von Kosten für den Beihilfeträger gehe, sondern die Behandlung durch einen bestimmten, durch seine Expertise ausgewiesenen Arzt, mag dies zwar zutreffen und ermöglicht dem Beihilfeberechtigten, auch ohne Chefarztbehandlung einen Arzt seiner Wahl in Anspruch zu nehmen. Wenn der Beklagte die belegärztliche Behandlung aber als für das Tagegeld anspruchsvernichtend ansehen will, muss er dies entsprechend in den einschlägigen Vorschriften der §§ 6a und 15 Abs. 4 BVO ausdrücklich regeln. Dass er dies bislang offenbar nicht gewollt hat, zeigt der Umstand, dass er die gesondert berechnete belegärztliche Behandlung nach § 18 KHEntG und § 16 Satz 1 BPflV ausdrücklich bei der Behandlung in Privatkliniken als beihilfefähig festgeschrieben und dabei zwischen „gesondert berechneten wahlärztlichen Leistungen“ und „gesondert berechneten belegärztlichen Leistungen“ differenziert (s. § 7 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 und 4 BVO in der seit 01.04.2014 geltenden Fassung vom 20.12.2013, GBl. 2014, 53), in der gleichzeitig erfolgten Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO aber ausdrücklich nur nicht beanspruchte „wahlärztliche Leistungen“ bei der Tagegeldregelung berücksichtigt hat.
29 
Soweit der Beklagte zur Stützung seiner Auffassung die Regelung über die Wahlleistung Unterkunft heranzieht, vermag dies nicht zu überzeugen. Wenn das Zweibettzimmer keine Wahlleistung, sondern die Regelleistung darstellt, kann der Beihilfeberechtigte nämlich nicht zwischen der Regelleistung und der Wahlleistung „Unterkunft im Zweibettzimmer“ wählen, weil es diese Leistung gar nicht als Wahlleistung gibt. Dass ihm dann kein Tagegeld zusteht, weil die Regelleistung bereits in der DRG-Fallpauschale bzw. den Basis-/Abteilungspflegesätzen enthalten ist - und damit dem Beklagten auch kein Mehraufwand entsteht -, ist konsequent (s. auch VwVBVO vom 24.04.2012 Nr. 4 zu § 15, GABl. 2012, 383 = Die Justiz 2012, 341). Der vom Beklagten angestellte Vergleich mit der Wahlarztbehandlung würde indes nur dann greifen, wenn diese die Regelleistung darstellte und daher eine Auswahlentscheidung nicht möglich wäre, nicht aber bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Behandlung statt einer - wie hier - möglichen Behandlung durch den Wahlarzt.
30 
Dieses Ergebnis ist auch im Hinblick auf Sinn und Zweck der Tagegeldregelung gerechtfertigt, die dem Beihilfeberechtigten einen Anreiz bieten soll, auf eine wahlärztliche Behandlung zu verzichten, auf die er wegen Zahlung des Beitrags nach § 6a Abs. 2 BVO an sich Anspruch hätte, und damit dem Dienstherrn Beihilfeleistungen zu ersparen. Diese Ersparnis ergibt sich nämlich nicht nur, wenn statt der Wahlleistungen (lediglich) die allgemeinen Krankenhausleistungen in Anspruch genommen werden, sondern auch bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Behandlungen, die nach § 6a Abs. 1 Satz 2 GOÄ um 15% gekürzt werden. Soweit der Beklagte einwendet, aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO („gesondert berechnete Leistungen“) ergebe sich, dass neben dem Verzicht auf Wahlarztbehandlung Voraussetzung der Tagegeldgewährung auch deren gesonderte Erbringung und Berechnung sei, also kein Tagegeldanspruch bestehe, wenn Leistungen nicht gesondert erbracht und berechnet würden, wie dies bei Behandlungen durch den Belegarzt der Fall sei, überzeugt dies nicht, denn die Behandlung wurde hier von Dr. T. gerade gesondert erbracht und berechnet. Eben dieser Umstand wurde vom Beklagten zunächst auch als Begründung für die Ablehnung eines Tagegeldanspruchs herangezogen. Soweit der Beklagte schließlich die Argumentation des Verwaltungsgerichts im Hinblick auf die Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO vom 20.12.2013 (GBl. 2014, 53) angreift, weil dieses allein darauf abgestellt habe, dass beihilferechtlich keine Chefarztrechnung geltend gemacht worden sei, ergibt sich hieraus nichts Abweichendes. Der Beklagte räumt insoweit selbst ein, dass die Formulierung „wahlärztliche“ Leistungen anstelle von „gesondert berechnete ärztliche Leistungen“ ohne inhaltliche Änderung nur der Vereinheitlichung des Wortlauts und der Klarstellung dient und weiterhin Tagegeld nur bei der Möglichkeit der Inanspruchnahme und des Verzichts auf Wahlleistungen gewährt werde. Daher ist es auch nach der Neufassung durch § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO allein entscheidend, ob der Beihilfeberechtigte anlässlich seines Aufenthalts in einem öffentlichen Krankenhaus (§ 15 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BVO i.V.m. § 108 SGB V) oder einer Privatklinik (§ 15 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 BVO) grundsätzlich die Möglichkeit hatte, eine Wahlarztbehandlung in Anspruch zu nehmen. Dass dies vorliegend der Fall war, wurde oben dargelegt.
31 
2. Die Gewährung von Tagegeld war jedoch nur für neun Tage und damit in Höhe von 126,-- EUR (9 x 14,-- EUR) gerechtfertigt, denn nur in diesem Zeitraum (06.12. bis 14.12.2012) hielt sich der Kläger in der H...-Klinik auf. Der Beihilfebescheid vom 29.03.2013 war daher in Bezug auf den Aufenthalt in der H...-Klinik rechtswidrig, soweit damit ein den Betrag von 126,-- EUR übersteigendes Tagegeld gewährt wurde. Die Rücknahme des insoweit rechtswidrigen Verwaltungsaktes nach § 48 LVwVfG stand danach im Ermessen des Beklagten. Da der Berechnungsfehler aber vom Beklagten, wie auch dessen Vertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat einräumte, überhaupt nicht erkannt wurde, fehlt in dem die Rücknahme verfügenden Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 eine diesbezügliche Ermessensausübung, so dass die Rücknahme des Ausgangsbescheides vom 29.03.2013 nicht nur hinsichtlich des Tagegeldes für neun Aufenthaltstage, sondern auch hinsichtlich der vier weiteren Tage rechtswidrig war.
32 
3. Eine Rückforderung der gewährten Beihilfe scheidet folglich ebenfalls aus, die das Landesamt im Übrigen auch nicht auf § 49a LVwVfG hätte stützen können. Durch die Novellierung des Landesbeamtengesetzes im Rahmen der Dienstrechtsreform zum 01.01.2011 ist infolge des ersatzlosen Wegfalls des § 109 LBG a.F. keine ausdrückliche Regelung für die Rückforderung sonstiger Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften mehr vorhanden. § 49a LVwVfG ist indes nicht geeignet, diese Regelungslücke zu schließen, da er als allgemeiner Erstattungsanspruch dem besonderen Verhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn, welches geprägt ist durch eine Treuepflicht einerseits und eine Fürsorgepflicht andererseits, und dessen Auswirkungen bei der Rückforderung von in diesem besonderen Pflichtenverhältnis bezahlten Geldleistungen nicht gerecht wird (Senatsurteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris Rn. 20 ff.). Die eingetretene planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Rückforderung „sonstiger“ zu viel gezahlter Geldleistungen ist bis zu einer ausdrücklichen Regelung des Landesgesetzgebers stattdessen durch analoge Anwendung anderer (neuer) beamtenrechtlicher Vorschriften zu schließen. Ungeachtet der Wortgleichheit der dafür zur Verfügung stehenden neugefassten Rückforderungsregelungen im Besoldungs- bzw. Versorgungsrecht ist eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG vorzunehmen, da dies der früheren Regelung des § 109 LBG a.F. mit seinem Verweis auf die damals geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften am Nächsten kommt (Senatsurteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris Rn. 25).
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
35 
Beschluss vom 24. März 2017
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 182,00 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
23 
Gegenstand der auf Antrag des Beklagten zugelassenen Berufung ist lediglich der stattgebende Teil des verwaltungsgerichtlichen Urteils, da nur der Beklagte einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt hat. Im Berufungsverfahren geht es daher darum, ob das Verwaltungsgericht zu Recht den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben hat, als damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von mehr als 378,-- EUR, d.h. in Höhe von 182,-- EUR, vom Kläger zurückgefordert wurde. Rechtskräftig geworden ist das Urteil hingegen, soweit die Klage abgewiesen wurde, also hinsichtlich der (Teil-)Aufhebung des Bescheides vom 29.03.2013 durch den Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 und der Rückforderung überzahlter Beihilfe in Höhe von 378,-- EUR.
II.
24 
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
25 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 10.01.2014 insoweit aufgehoben, als damit der Bescheid vom 29.03.2013 aufgehoben und überzahlte Beihilfe in Höhe von 182,-- EUR vom Kläger zurückgefordert wurde. Der Widerspruchsbescheid ist in diesem (noch) in Streit stehenden Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beihilfebescheid vom 29.03.2013 hinsichtlich der Leistung von Tagegeld für den Aufenthalt in der H...-Klinik war zwar nur in Höhe von 126,-- EUR rechtmäßig (1.). Die verfügte Rücknahme nach § 48 LVwVfG ist aber dennoch (insgesamt) rechtswidrig (2.). Die Rückforderung des Beihilfebetrags von 182,-- EUR hat ebenfalls keinen Bestand (3.).
26 
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist maßgeblich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.04.2015 - 5 C 2.14 -, juris Rn. 10). Da es um Tagegeld für einen stationären Aufenthalt im Dezember 2012 geht, ist die Verordnung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. 1995, 561) in der Fassung vom 14.02.2012 (GBl. 2012, 25) einschlägig, die im Übrigen mit der Nachfolgefassung vom 18.12.2012, gültig ab 01.01.2013 (GBl. 2012, 677), hinsichtlich der entscheidungserheblichen Vorschriften übereinstimmt (im Folgenden: BVO).
27 
Die im Beihilfebescheid vom 29.03.2013 gewährte Leistung von Tagegeld beruht auf § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO. Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO wurde eine Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts gewährt, wenn anlässlich der Inanspruchnahme von Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 1 oder 4 BVO gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO nicht geltend gemacht wurden. § 7 Abs. 7 Satz 1 BVO betrifft die Behandlung in Krankenhäusern nach § 7 Abs. 2 BVO, also solchen, die nicht als öffentliches Krankenhaus nach § 108 SGB V zugelassen sind. Die private H...-Klinik gehört zu diesen Krankenhäusern, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Dass gesondert berechnete ärztliche Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 BVO i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO nur wahlärztliche Leistungen umfassen, hat nicht nur das Verwaltungsgericht mit überzeugender Argumentation begründet, worauf der Senat nach § 130b Satz 2 VwGO Bezug nimmt, sondern wird auch vom Beklagten so gesehen.
28 
Da der Kläger für seinen Aufenthalt in der H...-Klinik keine gesondert berechneten (wahl)ärztlichen Leistungen geltend gemacht hat, hat er Anspruch auf Beihilfe von 14,-- EUR pro Tag des stationären Aufenthalts. Entgegen der Auffassung des Beklagten war im Fall des Klägers ein Anspruch auf Tagegeld nicht „denknotwendig“ ausgeschlossen, weil der Kläger keine Wahlarztleistungen in Anspruch nehmen und daher auch nicht auf diese verzichten konnte. Zwar ist dem Beklagten im Ausgangspunkt zuzustimmen, dass die Gewährung von Tagegeld voraussetzt, dass der Beihilfeberechtigte eine Beihilfe zu den Wahlleistungen hätte erhalten können, wenn er die Wahlleistungen in Anspruch genommen hätte und folglich Tagegeld ausscheidet, wenn die Inanspruchnahme von Wahlleistungen gar nicht möglich war. Dass der Kläger, nachdem er sich für die Belegarztbehandlung entschieden hatte, keine Wahlarztbehandlung mehr in Anspruch nehmen konnte, steht indes dem Vorhandensein einer Wahlmöglichkeit nicht entgegen. Wenn in dem Krankenhaus des stationären Aufenthalts, sei es in einem öffentlichen, sei es in einem privaten, grundsätzlich die Möglichkeit geboten wird, eine Wahlarztbehandlung in Anspruch zu nehmen, sich der Beihilfeberechtigte aber statt für die Wahlarztbehandlung für eine Belegarztbehandlung entscheidet, hatte er die erforderliche Wahlmöglichkeit. Vorliegend bestand diese Wahlmöglichkeit, da in der H...-Klinik Wahlarztbehandlung angeboten wird (s. http://www...-kliniken.de/klinik/titisee-neustadt/ihr-klinikaufenthalt/ihre-wahlleistungen/ihr-wahlarzt.html sowie http://www...-privatkliniken.de/kosten/allgemein/). Der Kläger hat von dieser Wahlmöglichkeit dahingehend Gebrauch gemacht, dass er sich statt für die wahlärztliche für die belegärztliche Behandlung entschieden hat. Dass er, nachdem er sich einmal für die Belegarztbehandlung entschieden hat, keine Wahlarztbehandlung mehr in Anspruch nehmen kann, ist unerheblich. Die abweichende Auffassung des Beklagten würde zu einem künstlichen Auseinanderreißen eines einheitlichen Sachverhalts führen, der in der stationären Behandlung besteht, innerhalb welcher verschiedene Behandlungsoptionen - Hauptabteilung, Wahlarzt, Belegarzt - eröffnet sind. Der Beklagte räumt im Übrigen auch ein, dass der Beihilfeberechtigte eine Wahlmöglichkeit hat, auch wenn er hierbei nur die Behandlung in der Hauptabteilung eines Krankenhauses und in der Belegabteilung in den Blick nimmt. Soweit er in diesem Zusammenhang weiter ausführt, dass es bei der Entscheidung für den Belegarzt dem Patienten zunächst nicht um die Reduzierung von Kosten für den Beihilfeträger gehe, sondern die Behandlung durch einen bestimmten, durch seine Expertise ausgewiesenen Arzt, mag dies zwar zutreffen und ermöglicht dem Beihilfeberechtigten, auch ohne Chefarztbehandlung einen Arzt seiner Wahl in Anspruch zu nehmen. Wenn der Beklagte die belegärztliche Behandlung aber als für das Tagegeld anspruchsvernichtend ansehen will, muss er dies entsprechend in den einschlägigen Vorschriften der §§ 6a und 15 Abs. 4 BVO ausdrücklich regeln. Dass er dies bislang offenbar nicht gewollt hat, zeigt der Umstand, dass er die gesondert berechnete belegärztliche Behandlung nach § 18 KHEntG und § 16 Satz 1 BPflV ausdrücklich bei der Behandlung in Privatkliniken als beihilfefähig festgeschrieben und dabei zwischen „gesondert berechneten wahlärztlichen Leistungen“ und „gesondert berechneten belegärztlichen Leistungen“ differenziert (s. § 7 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 und 4 BVO in der seit 01.04.2014 geltenden Fassung vom 20.12.2013, GBl. 2014, 53), in der gleichzeitig erfolgten Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO aber ausdrücklich nur nicht beanspruchte „wahlärztliche Leistungen“ bei der Tagegeldregelung berücksichtigt hat.
29 
Soweit der Beklagte zur Stützung seiner Auffassung die Regelung über die Wahlleistung Unterkunft heranzieht, vermag dies nicht zu überzeugen. Wenn das Zweibettzimmer keine Wahlleistung, sondern die Regelleistung darstellt, kann der Beihilfeberechtigte nämlich nicht zwischen der Regelleistung und der Wahlleistung „Unterkunft im Zweibettzimmer“ wählen, weil es diese Leistung gar nicht als Wahlleistung gibt. Dass ihm dann kein Tagegeld zusteht, weil die Regelleistung bereits in der DRG-Fallpauschale bzw. den Basis-/Abteilungspflegesätzen enthalten ist - und damit dem Beklagten auch kein Mehraufwand entsteht -, ist konsequent (s. auch VwVBVO vom 24.04.2012 Nr. 4 zu § 15, GABl. 2012, 383 = Die Justiz 2012, 341). Der vom Beklagten angestellte Vergleich mit der Wahlarztbehandlung würde indes nur dann greifen, wenn diese die Regelleistung darstellte und daher eine Auswahlentscheidung nicht möglich wäre, nicht aber bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Behandlung statt einer - wie hier - möglichen Behandlung durch den Wahlarzt.
30 
Dieses Ergebnis ist auch im Hinblick auf Sinn und Zweck der Tagegeldregelung gerechtfertigt, die dem Beihilfeberechtigten einen Anreiz bieten soll, auf eine wahlärztliche Behandlung zu verzichten, auf die er wegen Zahlung des Beitrags nach § 6a Abs. 2 BVO an sich Anspruch hätte, und damit dem Dienstherrn Beihilfeleistungen zu ersparen. Diese Ersparnis ergibt sich nämlich nicht nur, wenn statt der Wahlleistungen (lediglich) die allgemeinen Krankenhausleistungen in Anspruch genommen werden, sondern auch bei der Inanspruchnahme belegärztlicher Behandlungen, die nach § 6a Abs. 1 Satz 2 GOÄ um 15% gekürzt werden. Soweit der Beklagte einwendet, aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 3 BVO („gesondert berechnete Leistungen“) ergebe sich, dass neben dem Verzicht auf Wahlarztbehandlung Voraussetzung der Tagegeldgewährung auch deren gesonderte Erbringung und Berechnung sei, also kein Tagegeldanspruch bestehe, wenn Leistungen nicht gesondert erbracht und berechnet würden, wie dies bei Behandlungen durch den Belegarzt der Fall sei, überzeugt dies nicht, denn die Behandlung wurde hier von Dr. T. gerade gesondert erbracht und berechnet. Eben dieser Umstand wurde vom Beklagten zunächst auch als Begründung für die Ablehnung eines Tagegeldanspruchs herangezogen. Soweit der Beklagte schließlich die Argumentation des Verwaltungsgerichts im Hinblick auf die Neufassung des § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO vom 20.12.2013 (GBl. 2014, 53) angreift, weil dieses allein darauf abgestellt habe, dass beihilferechtlich keine Chefarztrechnung geltend gemacht worden sei, ergibt sich hieraus nichts Abweichendes. Der Beklagte räumt insoweit selbst ein, dass die Formulierung „wahlärztliche“ Leistungen anstelle von „gesondert berechnete ärztliche Leistungen“ ohne inhaltliche Änderung nur der Vereinheitlichung des Wortlauts und der Klarstellung dient und weiterhin Tagegeld nur bei der Möglichkeit der Inanspruchnahme und des Verzichts auf Wahlleistungen gewährt werde. Daher ist es auch nach der Neufassung durch § 15 Abs. 4 Satz 2 BVO allein entscheidend, ob der Beihilfeberechtigte anlässlich seines Aufenthalts in einem öffentlichen Krankenhaus (§ 15 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BVO i.V.m. § 108 SGB V) oder einer Privatklinik (§ 15 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 BVO) grundsätzlich die Möglichkeit hatte, eine Wahlarztbehandlung in Anspruch zu nehmen. Dass dies vorliegend der Fall war, wurde oben dargelegt.
31 
2. Die Gewährung von Tagegeld war jedoch nur für neun Tage und damit in Höhe von 126,-- EUR (9 x 14,-- EUR) gerechtfertigt, denn nur in diesem Zeitraum (06.12. bis 14.12.2012) hielt sich der Kläger in der H...-Klinik auf. Der Beihilfebescheid vom 29.03.2013 war daher in Bezug auf den Aufenthalt in der H...-Klinik rechtswidrig, soweit damit ein den Betrag von 126,-- EUR übersteigendes Tagegeld gewährt wurde. Die Rücknahme des insoweit rechtswidrigen Verwaltungsaktes nach § 48 LVwVfG stand danach im Ermessen des Beklagten. Da der Berechnungsfehler aber vom Beklagten, wie auch dessen Vertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat einräumte, überhaupt nicht erkannt wurde, fehlt in dem die Rücknahme verfügenden Widerspruchsbescheid vom 10.01.2014 eine diesbezügliche Ermessensausübung, so dass die Rücknahme des Ausgangsbescheides vom 29.03.2013 nicht nur hinsichtlich des Tagegeldes für neun Aufenthaltstage, sondern auch hinsichtlich der vier weiteren Tage rechtswidrig war.
32 
3. Eine Rückforderung der gewährten Beihilfe scheidet folglich ebenfalls aus, die das Landesamt im Übrigen auch nicht auf § 49a LVwVfG hätte stützen können. Durch die Novellierung des Landesbeamtengesetzes im Rahmen der Dienstrechtsreform zum 01.01.2011 ist infolge des ersatzlosen Wegfalls des § 109 LBG a.F. keine ausdrückliche Regelung für die Rückforderung sonstiger Leistungen des Dienstherrn aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften mehr vorhanden. § 49a LVwVfG ist indes nicht geeignet, diese Regelungslücke zu schließen, da er als allgemeiner Erstattungsanspruch dem besonderen Verhältnis zwischen Beamten und Dienstherrn, welches geprägt ist durch eine Treuepflicht einerseits und eine Fürsorgepflicht andererseits, und dessen Auswirkungen bei der Rückforderung von in diesem besonderen Pflichtenverhältnis bezahlten Geldleistungen nicht gerecht wird (Senatsurteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris Rn. 20 ff.). Die eingetretene planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Rückforderung „sonstiger“ zu viel gezahlter Geldleistungen ist bis zu einer ausdrücklichen Regelung des Landesgesetzgebers stattdessen durch analoge Anwendung anderer (neuer) beamtenrechtlicher Vorschriften zu schließen. Ungeachtet der Wortgleichheit der dafür zur Verfügung stehenden neugefassten Rückforderungsregelungen im Besoldungs- bzw. Versorgungsrecht ist eine analoge Anwendung von § 15 Abs. 2 LBesG vorzunehmen, da dies der früheren Regelung des § 109 LBG a.F. mit seinem Verweis auf die damals geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften am Nächsten kommt (Senatsurteil vom 20.09.2016 - 2 S 994/15 -, juris Rn. 25).
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
34 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
35 
Beschluss vom 24. März 2017
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 182,00 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. August 2011 - 3 K 1822/11 - geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2010 und deren Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2011 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Kassenleistungen.
Der Kläger ist B1-Mitglied bei der Beklagten. Er leidet an einer dialysepflichtigen Niereninsuffizienz. Seit 2008 unterzieht er sich mehrmals wöchentlich einer Dialysebehandlung. Bis Ende Juni 2009 wurde die Praxis, in welcher die Dialysebehandlung durchgeführt wird, von Dr. W. betrieben. Vom 1.7.2009 bis zum 30.9.2009 wurde sie unter dem Namen „Nephrologisches Therapiezentrum X GmbH & Co. KG“ von Dr. B. weitergeführt. Seit Oktober 2009 wird sie - unter demselben Namen - von Dr. K. geleitet.
Mit Datum vom 2.8.2009 bzw. 4.9.2009 stellte Dr. W. dem Kläger für im Einzelnen aufgeführte Dialysebehandlungen in den Monaten Juli und August 2009 3.426,22 EUR bzw. 3.184,81 EUR in Rechnung. In den Rechnungen wurden für jeden Behandlungstag die erbrachten Leistungen jeweils im Einzelnen aufgeschlüsselt.
Auf die Erstattungsanträge des Klägers vom 3.8.2009 und vom 7.9.2009 bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheiden vom 24.8.2009 und vom 21.9.2009 einen „Zahlbetrag“ i.H.v. 3.301,30 EUR, darunter Kassenleistungen i.H.v. 990,41 EUR, bzw. einen „Zahlbetrag“ i.H.v. 3.184,81 EUR, darunter 955,44 EUR an Kassenleistungen. Die Erstattungsbeträge wurden anschließend von dem Kläger an Herrn Dr. W. überwiesen.
Unter dem 1.10.2009 erhielt der Kläger eine „Ärztliche Liquidation“ des Nephrologischen Therapiezentrums X - Dr. B.. Darin wurden ihm für Dialysebehandlungen, die in den Monaten Juli bis September 2009 durchgeführt worden seien, insgesamt 9.759,39 EUR in Rechnung gestellt. Auf den Leistungsantrag des Klägers vom 2.10.2009 erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 21.10.2009 insoweit einen „Zahlbetrag“ von 9.759,39 EUR, darunter 2.927,82 EUR an Kassenleistungen, an.
Mit Schreiben vom 4.1.2010 forderte die Beklagte den Kläger auf, die „ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen“ i.H.v. 6.233,05 EUR zu erstatten. Seit Juli 2009 werde er von Dr. B. behandelt, der die Praxis von Dr. W. übernommen habe. Die Leistungen für Monate Juli und August 2009 seien doppelt in Rechnung gestellt und erstattet worden. Dadurch sei es zu einer Überzahlung gekommen. Die Leistungsabrechnungen vom 24.8.2009 und vom 21.9.2009 würden „daher nach Ausübung des Ermessens insoweit zurückgenommen“.
Unter dem 12.1.2010 - bei der Beklagten eingegangen am 14.1.2010 - widersprach der Kläger der Rückforderung. Es sei für ihn nicht erkennbar gewesen, dass es sich jeweils um dieselben Leistungen für den gleichen Leistungszeitraum gehandelt habe. Zudem habe er die Rechnungen jeweils bei den behandelnden Ärzten Dr. W. und Dr. B. in voller Höhe beglichen. Daher sei er auch entreichert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.5.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. In der Begründung wird ausgeführt: Vom 1.7. bis zum 30.9.2009 sei der Kläger ausschließlich durch Dr. B. medizinisch betreut worden. Die Rechnungen des Dr. W. vom 2.8. und vom 4.9.2009 bezögen sich auf die Monate Juli und August 2009, also auf einen Zeitraum, in dem dieser nicht mehr der behandelnde Arzt des Klägers gewesen sei. Daher seien insoweit Kassenleistungen i.H.v. insgesamt 1.869,92 EUR zu Unrecht gezahlt worden. Die Leistungsabrechnungen vom 24.8.2009 und vom 21.9.2009 würden daher insoweit zurückgenommen. Die Rücknahme erfolge in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens unter Abwägung der widerstreitenden Interessen. Das Interesse der Beklagten an der Erbringung satzungsgemäßer Leistungen überwiege das Interesse des Klägers am Behaltendürfen der rechtswidrigen Leistung. Sein Vertrauen in das Behaltendürfen der rechtswidrigen Leistung sei nicht schutzwürdig. Auf den Rechnungen seien die Behandlungstage klar angegeben. Der Kläger habe daher erkennen müssen, dass Dr. W. Leistungen für einen Zeitraum abrechne, an dem er nicht mehr sein behandelnder Arzt gewesen sei. Da er die Rechtswidrigkeit der Verwaltungsakte somit zumindest in Folge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe, sei das öffentliche Interesse höher zu bewerten als sein Vertrauensschutz. Der Kläger sei auch nach wie vor bereichert, da er mit dem rechtsgrundlos erlangten Geld eine bestehende oder eine vermeintliche Schuld getilgt habe. Im ersten Fall erlange er eine Schuldbefreiung und im zweiten Fall einen Bereicherungsanspruch gegen den Scheingläubiger.
Der Kläger hat am 20.5.2011 Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Er hat vorgetragen: Das Nephrologische Therapiezentrum X GmbH & Co. KG habe ihm erst mit Schreiben vom 1.12.2009 mitgeteilt, dass in der Dialysepraxis Y am 1.7.2009 einen Arztwechsel stattgefunden habe. Im Juli und August 2009 sei er noch durch Dr. W. behandelt worden. In der Praxis sei auch das gleiche Behandlungspersonal tätig gewesen wie vorher. Dr. W. habe ihm die Rechnung für Juli 2009 persönlich in einem Briefumschlag nach einer Dialysebehandlung Anfang August 2009 ausgehändigt. Der Kläger habe Dr. W. auch im August 2009 noch gesehen. Kein Angehöriger des Behandlungspersonals in der Praxis in Y habe ihn auf einen Arztwechsel hingewiesen. Zwar sei im August 2009 teilweise auch ein anderer Arzt anwesend gewesen, mit dem er jedoch nicht gesprochen habe. Dies sei für ihn letztendlich ohne Bedeutung gewesen, da die Dialysebehandlung durch die Krankenschwestern durchgeführt werde und ein ärztlicher Kontakt im Behandlungssinne überhaupt nicht stattfinde. Veränderungen im Praxisbereich habe er erst im Laufe des Monats Oktober 2009 festgestellt, nachdem plötzlich andere Krankenschwestern in der Praxis gewesen seien. Über einen Inhaberwechsel sei er nichtsdestotrotz nicht informiert worden; ein Dr. B. habe sich ihm nicht vorgestellt. Es sei ihm nicht nachvollziehbar, weshalb ihm als schwerkrankem 84-jährigem Rentner zugemutet werde, Details von Arztabrechnungen erkennen zu können, während dies der Beklagten mit ihrem fachkundigen Personal nicht möglich gewesen sei. Es sei ihm auch nicht möglich, sich das Geld von Dr. W. „wieder zu holen“. Dieser werde per Haftbefehl wegen millionenfacher Steuerhinterziehung gesucht, sein Aufenthaltsort sei unbekannt. Ein Anspruch gegen Dr. W. sei somit nicht mehr realisierbar.
10 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 4.8.2011 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Die Rücknahme der Leistungsabrechnungen vom 24.8. und vom 21.9.2009 sei rechtmäßig, da diese rechtswidrig ergangen seien. Dr. W. habe in dem abgerechneten Zeitraum vom 1.7. bis zum 31.8.2009 keine ärztlichen Leistungen mehr erbracht. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Er habe die Rechtswidrigkeit der in den Bescheiden festgesetzten Kassenleistungen infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt. Ab 1.7.2009 sei er nicht mehr bei Dr. W., sondern beim Nephrologischen Therapiezentrum - Dr. B. - in Behandlung gewesen. Der Abrechnungszeitraum gehe aus den Rechnungen von Dr. W. eindeutig und ohne weiteres erkennbar hervor. Bei der gebotenen Sorgfalt habe der Kläger daher ohne weiteres erkennen können, dass die Liquidationen von Dr. W. unberechtigt gewesen seien. Die Beklagte habe ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt, in dem sie darauf hingewiesen habe, dass das Interesse der Solidargemeinschaft der Versicherten an der Rückforderung der zu Unrecht ausbezahlten Kassenleistungen das Interesse des Klägers am Behaltendürfen der rechtswidrig erlangten Leistungen überwiege, zumal der Kläger habe erkennen können, dass ihm diese Kassenleistungen nicht zustünden. Durch die Rücknahme der Leistungsbescheide sei der Rechtsgrund für die Gewährung von Kassenleistungen entfallen, so dass der Kläger diese Leistungen zu Unrecht i.S.d. Satzung der Beklagten erhalten habe.
11 
Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend: Von November 2008 bis September 2009 sei er durchgehend in der Dialysepraxis in Y von Dr. W. medizinisch betreut worden. Hierbei handle es sich um eine Niederlassung des Dialysezentrums X. Er habe jeweils Anfangs des Monats als Privatpatient die Rechnung für den Vormonat von Herrn Dr. W. persönlich erhalten. Er habe auch Anfang August 2009 und Anfang September 2009 in Y von Herrn Dr. W. jeweils die Rechnungen für den Vormonat ausgehändigt bekommen. Er weise nochmals darauf hin, dass er einen Dr. B. überhaupt nicht kenne und nach dem Ausscheiden von Dr. W. von einer Frau Dr. Breyer in Y behandelt worden sei.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4.8.2011 - 3 K 1822/11 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 4.1.2010 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 11.5.2011 aufzuheben.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
16 
Sie trägt vor: In der mit Antrag vom 9.10.2009 eingereichten Rechnung des Nephrologischen Therapiezentrums X vom 1.10.2009 sei dem Kläger für den Zeitraum Juli bis September 2009 ein Betrag von 9.759,39 EUR in Rechnung gestellt worden. Dem Kläger habe die im Gegensatz zu den vorherigen Rechnungen ungewöhnlich hohe Rechnungssumme auffallen müssen, denn mit den beiden von Herrn Dr. W. ausgestellten Rechnungen für die Monate Juli und August 2009 seien deutlich niedrigere Beträge gefordert worden. Bei einem Vergleich der drei Rechnungen hätte der Kläger ohne weiteres bemerken können, dass er die Rechnungen für die Monate Juli und August 2009 bereits beglichen habe.
17 
Die Beklagte nimmt ferner Bezug auf ein Schreiben des Nephrologischen Therapiezentrums X GmbH & Co. KG vom 21.9.2011. In diesem Schreiben wird ausgeführt, dass Herr Dr. W. dem Therapiezentrum zivilrechtlich die alleinige Erbringung von Dialyseleistungen am Standort Y ab dem 1.7.2011 übertragen habe. Diese Vereinbarung sei jedoch aus verschiedenen Gründen zum Ende des dritten Quartals 2009 wieder aufgelöst worden. Der Kläger sei auf die geänderte ärztliche und pflegerische Situation im Dialysezentrum Y hingewiesen worden. Neben neuen Pflegekräften und Ambulanzmitarbeitern seien im Wechsel auch zwei neue Nephrologinnen in der Dialyse tätig gewesen. Es werde bestritten, dass Dr. W. in diesen zwei Monaten vor Ort in größerem Umfange regelmäßig ärztlich tätig gewesen sei. Wann und wie Dr. W. dem Kläger die Rechnungen habe zukommen lassen, könne nicht nachvollzogen werden. Tatsache sei, dass Dr. W. seit Juli 2009 keinen Zugriff mehr auf die Patientendaten habe, daher müsse davon ausgegangen werden, dass die dem Kläger übergebenen Rechnungen manuell erstellt worden seien. Dr. W. habe seine ärztliche Tätigkeit ab Juli 2009 zunächst inoffiziell und dann zum September 2009 vollständig aufgegeben. Daher habe er ab Juli 2009 kein Recht gehabt, dem Kläger erbrachte Leistungen abzurechnen.
18 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten sowie die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
20 
Die Berufung des Klägers ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 4.1.2010 und deren Widerspruchsbescheid vom 11.5.2011 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die darin verfügte Rücknahme der Leistungsabrechnungen vom 24.8. und vom 21.9.2009 ist nicht von § 48 VwVfG gedeckt. Die in dem angefochtenen Bescheid weiter verfügte Rückforderung der aufgrund dieser Leistungsabrechnungen ausgezahlten Geldbeträge, welche die Beklagte auf § 30 Abs. 5 ihrer Satzung stützt, ist somit ebenfalls rechtswidrig, da diese Zahlungen nicht rechtsgrundlos erfolgt sind.
21 
Rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte können gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Die in § 48 Abs. 2 VwVfG genannten Voraussetzungen für eine Rücknahme liegen aber nicht vor. Es kann daher dahinstehen, ob die zurückgenommenen Leistungsabrechnungen überhaupt objektiv rechtswidrig i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG sind.
22 
Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG ist das Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte die ihm gewährten Leistungen verbraucht hat. Der Begünstigte kann sich gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG auf Vertrauen nicht berufen kann, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Gemessen an diesen Kriterien liegt hier entgegen der Auffassung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers in den Bestand der zurückgenommenen Leistungsmitteilungen vor.
23 
1. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts hat der Kläger die ihm mit den Leistungsabrechnungen vom 24.8. und vom 21.9.2009 bewilligten Gelder verbraucht (§ 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG). Nach seinem unbestrittenen Vortrag hat er die eingegangenen Zahlungen der Beklagten unmittelbar nach Zahlungseingang an Dr. W. überwiesen. Durch die Zahlungen an Dr. W. ist der Kläger entreichert.
24 
Zur Beantwortung der Frage, ob eine gewährte Leistung verbraucht i.S.v. § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG ist, kann auf die im Zivilrecht zum Begriff der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 48 Rn. 108). Allerdings werden hiernach Zahlungen zur Tilgung eigener Schulden grundsätzlich nicht als Entreicherung im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB angesehen, weil der Begünstigte durch die Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit von dieser befreit wird (vgl. Schwab in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl., § 818 Rn. 169; BVerwG, Urteil vom 28.1.1993 - 2 C 15.91 - NVwZ-RR 1994, 32). Gleiches gilt im Allgemeinen auch bei Zahlungen auf eine nicht bestehende Schuld, weil der Begünstigte hierdurch einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch gegen den Nichtberechtigten erwirbt, an den er geleistet hat.
25 
Hier liegt jedoch in zweierlei Hinsicht ein Sonderfall vor. Zum einen ist der Aufenthaltsort des Empfängers der Zahlungen des Klägers - Dr. W. - unbekannt; nach den von der Beklagten nicht bestrittenen Angaben des Klägers ist er untergetaucht, weil er mit Haftbefehl wegen Steuerhinterziehung gesucht wird. Angesichts dessen besteht ein denkbarer Rückforderungsanspruch des Klägers gewissermaßen „nur auf dem Papier“. Bei lebensnaher Betrachtung dürfte keinerlei Chance bestehen, diesen Anspruch zu realisieren, sodass er bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise faktisch wertlos ist. Im Falle des Klägers lässt sich daher nicht sagen, dass der zur Tilgung der (vermeintlichen) Verbindlichkeit verwendete Betrag wertmäßig noch in seinem Vermögen vorhanden ist (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: BVerwG, Urteil vom 28.1.1993, aaO., juris-Rn. 12). Zum anderen hat der Kläger die von der Beklagten bewilligten und gewährten Kassenleistungen bestimmungsgemäß verwendet und zur Begleichung der Rechnungen des - scheinbar - zur Abrechnung berechtigten behandelnden Arztes Dr. W. eingesetzt. Insoweit ist der vorliegende Fall mit der im Beihilferecht gegebenen Interessenlage vergleichbar. Dort wird aber grundsätzlich davon ausgegangen, dass ein Beihilfeberechtigter in schutzwürdiger Weise auf den Bestand von Beihilfebescheiden vertraut hat, wenn er mit der ihm gewährten Beihilfe die diesen Bescheiden zugrundeliegenden Arztrechnungen beglichen hat (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 5.7.2007 - 6 A 4961/05 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 15.11.2011 - 26 K 444/11 - jeweils juris).
26 
2. Das Vertrauen des Klägers ist auch sonst schutzwürdig. Ihm kann insbesondere nicht vorgeworfen werden, dass er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG). Angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles erscheint es schon als fraglich, ob der Kläger bei Einreichung der ersten - von Dr. W. ausgestellten - Abrechnungen für die in den Monaten Juli und August 2009 erbrachten Dialysebehandlungen überhaupt fahrlässig gehandelt hat. Jedenfalls liegt aber keine grobe Fahrlässigkeit vor.
27 
Weder das Verwaltungsgericht noch die Beklagte haben ausreichend berücksichtigt, dass hier kein typischer Fall vorliegt, in dem ein Patient seinen behandelnden Arzt wechselt. Der Kläger hat aus seiner Sicht seine Dialysebehandlungen seit November 2008 stets durch dieselbe Dialysepraxis durchführen lassen. Gewechselt hat lediglich der Betreiber der Dialysepraxis. Bei dieser Sachlage könnte dem Kläger nur dann grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, wenn es sich ihm bereits zum Zeitpunkt der Einreichung der von Dr. W. ausgestellten Rechnungen an die Beklagte hätte aufdrängen müssen, dass dieser nicht mehr zur Rechnungsstellung befugt war. Dies ist jedoch nicht der Fall.
28 
Nach dem Vorbringen des Klägers war er bei Einreichung der Rechnungen nicht über einen Betreiberwechsel zum 1.7.2009 informiert. Der Senat hält dies für überzeugend. Zwar behauptet das Nephrologische Therapiezentrum in seiner Stellungnahme vom 21.9.2011, der Kläger sei auf die geänderte ärztliche und pflegerische Situation im Dialysezentrum Y hingewiesen worden. Diese pauschale Behauptung wird jedoch in keiner Weise substantiiert; es wird insbesondere nicht näher ausgeführt, durch wenn und in welcher Weise dieser Hinweis erfolgt sein soll. Eine schriftliche Information des Klägers über den Wechsel des Praxisinhabers ist jedenfalls für den hier maßgeblichen Zeitraum offenkundig nicht erfolgt. Angesichts dessen spricht Vieles dafür, dass sich die Stellungnahme des Nephrologischen Therapiezentrums auf die tatsächlich erfolgte Benachrichtigung über den zweiten Betreiberwechsel von Dr. B. zu Dr. K. bezieht und nicht auf den hier relevanten ersten Betreiberwechsel von Dr. W. zu Dr. B.. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass eine Dialysebehandlung nicht mit einer gewöhnlichen ärztlichen Behandlung vergleichbar ist. Der Kontakt zwischen Arzt und Patient beschränkt sich in Routinefällen, in denen keine Komplikationen auftreten, auf Kontrollen; den eigentlichen Anschluss an die Behandlungsgeräte und die Versorgung des Patienten während der Dialyse erledigt typischerweise - wie auch im Falle des Klägers - das medizinische Hilfspersonal. Dass und weshalb dieses den Kläger mündlich über einen Betreiberwechsel informiert haben sollte, ist nicht ersichtlich.
29 
Aus der Sicht des Klägers bestand für einen Wechsel des Betreibers der Praxis auch deshalb kein Anhaltspunkt, weil seinem Vortrag zufolge Dr. W. noch in den Monaten Juli und August 2009 in den Praxisräumen anwesend war und ihm jeweils bei der ersten Behandlung im neuen Monat die Rechnung für den Vormonat persönlich überreicht hat. Insoweit beruft sich die Beklagte zwar auf die bereits erwähnte Stellungnahme des Nephrologischen Behandlungszentrums vom 21.9.2011, in der bestritten wird, dass Herr Dr. W. in diesen zwei Monaten vor Ort in größerem Umfange regelmäßig ärztlich tätig gewesen sei. Dadurch wird jedoch der Vortrag des Klägers letztlich nicht in Frage gestellt. Denn umgekehrt geht aus dieser Stellungnahme hervor, dass Dr. W. zumindest gelegentlich noch in den Räumen der Praxis zugegen war und dort auch noch bisweilen als Arzt aufgetreten ist; bestritten wird nur, dass er in größerem Umfange und regelmäßig ärztlich tätig gewesen ist.
30 
Weiter erwecken auch die streitbefangenen Rechnungen selbst nicht den Eindruck, dass sie von einem Unberechtigten stammen könnten. Im Gegenteil: In den Rechnungen sind für jeden Behandlungstag die erbrachten Leistungen jeweils im Einzelnen aufgeschlüsselt. Dies reicht bis zu Kleinbeträgen wie den Glukoseverbrauch in Höhe von 2,68 EUR pro Sitzung. Es ist deshalb kaum vorstellbar, dass diese Rechnungen ohne Rückgriff auf die Patientendaten des Klägers und ohne Zuhilfenahme eines Abrechnungsprogramms erstellt worden sein könnten. Die Vermutung des Nephrologischen Behandlungszentrums, die von Dr. W. ausgestellten Rechnungen seien „manuell gefertigt“ worden, ist danach nicht überzeugend. Selbst wenn dies doch der Fall wäre, wirken sie jedenfalls aus Sicht des Patienten wie „echte“ Rechnungen und legen in keiner Weise den Verdacht nahe, dass sie durch einen Unberechtigten erstellt worden sein könnten. Ein grob fahrlässiges Verhalten kann dem Kläger somit nicht vorgeworfen werden.
31 
Dies ist umso weniger der Fall, als Dr. W. und sein Nachfolger für die Monate Juli und August 2009 - Dr. B. - zumindest übergangsweise nach außen so aufgetreten sind, als betrieben sie gemeinsam die Praxis. Aus einer in das Verfahren eingeführten Veröffentlichung aus dem Internet ergibt sich, dass Dr. W. und Dr. B. zusammen mit einem dritten Arzt als Inhaber einer Praxis für Nieren- und Hochdruckerkrankungen unter der Adresse des Nephrologischen Behandlungszentrums aufgetreten und gemeinsam auf dem Praxisschild aufgeführt worden sind.
32 
Die Ausführungen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 16.1.2012 rechtfertigen keine andere Beurteilung.
33 
Zum einen macht die Beklagte geltend, in der mit Antrag vom 9.10.2009 eingereichten Rechnung des Nephrologischen Therapiezentrums E. X vom 1.10.2009 sei dem Kläger für den Zeitraum Juli bis September 2009 ein Betrag von 9.759,39 EUR in Rechnung gestellt worden; dem Kläger hätte die im Gegensatz zu den vorherigen Rechnungen ungewöhnlich hohe Rechnungssumme auffallen müssen, denn mit den beiden von Herrn Dr. W. ausgestellten Rechnungen für die Monate Juli und August 2009 seien deutlich niedrigere Beträge gefordert worden (Juli 2009: 3.425,22 EUR und August 2009: 3.184,81 EUR).
34 
Dies ist schon im Ansatz verfehlt. Die Beklagte übersieht bei ihrem Vergleich der in Rechnung gestellten Beträge, dass sich die Rechnung des Nephrologischen Therapiezentrums vom 1.10.2009 über 9.759,39 EUR auf drei (Juli, August und September 2009) und nicht auf zwei Monate bezieht. Auf den einzelnen Monat bezogen besteht daher kein auffälliger Unterschied zu den von Dr. W. ausgestellten Einzelrechnungen für die Monate Juli und August 2009.
35 
Zum anderen ist sie der Auffassung, bei einem Vergleich der drei Rechnungen hätte der Kläger bemerken können, dass er die Rechnungen für die Monate Juli und August 2009 bereits an Dr. W. beglichen habe. Dieser Einwand ist jedoch für das vorliegende Verfahren ohne Belang. Die Beklagte hat die Bewilligung von Kassenleistungen für die von Dr. W. erstellten Rechnungen zurückgenommen und nicht die Bewilligung aufgrund der (später ergangenen) Rechnung des Nephrologischen Therapiezentrums; nur der entsprechende Bescheid ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
37 
Beschluss vom 16. Februar 2012
38 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 1.869,62 EUR festgesetzt.
39 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
20 
Die Berufung des Klägers ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 4.1.2010 und deren Widerspruchsbescheid vom 11.5.2011 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die darin verfügte Rücknahme der Leistungsabrechnungen vom 24.8. und vom 21.9.2009 ist nicht von § 48 VwVfG gedeckt. Die in dem angefochtenen Bescheid weiter verfügte Rückforderung der aufgrund dieser Leistungsabrechnungen ausgezahlten Geldbeträge, welche die Beklagte auf § 30 Abs. 5 ihrer Satzung stützt, ist somit ebenfalls rechtswidrig, da diese Zahlungen nicht rechtsgrundlos erfolgt sind.
21 
Rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte können gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Die in § 48 Abs. 2 VwVfG genannten Voraussetzungen für eine Rücknahme liegen aber nicht vor. Es kann daher dahinstehen, ob die zurückgenommenen Leistungsabrechnungen überhaupt objektiv rechtswidrig i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG sind.
22 
Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG ist das Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte die ihm gewährten Leistungen verbraucht hat. Der Begünstigte kann sich gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG auf Vertrauen nicht berufen kann, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Gemessen an diesen Kriterien liegt hier entgegen der Auffassung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers in den Bestand der zurückgenommenen Leistungsmitteilungen vor.
23 
1. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts hat der Kläger die ihm mit den Leistungsabrechnungen vom 24.8. und vom 21.9.2009 bewilligten Gelder verbraucht (§ 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG). Nach seinem unbestrittenen Vortrag hat er die eingegangenen Zahlungen der Beklagten unmittelbar nach Zahlungseingang an Dr. W. überwiesen. Durch die Zahlungen an Dr. W. ist der Kläger entreichert.
24 
Zur Beantwortung der Frage, ob eine gewährte Leistung verbraucht i.S.v. § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG ist, kann auf die im Zivilrecht zum Begriff der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 48 Rn. 108). Allerdings werden hiernach Zahlungen zur Tilgung eigener Schulden grundsätzlich nicht als Entreicherung im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB angesehen, weil der Begünstigte durch die Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit von dieser befreit wird (vgl. Schwab in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl., § 818 Rn. 169; BVerwG, Urteil vom 28.1.1993 - 2 C 15.91 - NVwZ-RR 1994, 32). Gleiches gilt im Allgemeinen auch bei Zahlungen auf eine nicht bestehende Schuld, weil der Begünstigte hierdurch einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch gegen den Nichtberechtigten erwirbt, an den er geleistet hat.
25 
Hier liegt jedoch in zweierlei Hinsicht ein Sonderfall vor. Zum einen ist der Aufenthaltsort des Empfängers der Zahlungen des Klägers - Dr. W. - unbekannt; nach den von der Beklagten nicht bestrittenen Angaben des Klägers ist er untergetaucht, weil er mit Haftbefehl wegen Steuerhinterziehung gesucht wird. Angesichts dessen besteht ein denkbarer Rückforderungsanspruch des Klägers gewissermaßen „nur auf dem Papier“. Bei lebensnaher Betrachtung dürfte keinerlei Chance bestehen, diesen Anspruch zu realisieren, sodass er bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise faktisch wertlos ist. Im Falle des Klägers lässt sich daher nicht sagen, dass der zur Tilgung der (vermeintlichen) Verbindlichkeit verwendete Betrag wertmäßig noch in seinem Vermögen vorhanden ist (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: BVerwG, Urteil vom 28.1.1993, aaO., juris-Rn. 12). Zum anderen hat der Kläger die von der Beklagten bewilligten und gewährten Kassenleistungen bestimmungsgemäß verwendet und zur Begleichung der Rechnungen des - scheinbar - zur Abrechnung berechtigten behandelnden Arztes Dr. W. eingesetzt. Insoweit ist der vorliegende Fall mit der im Beihilferecht gegebenen Interessenlage vergleichbar. Dort wird aber grundsätzlich davon ausgegangen, dass ein Beihilfeberechtigter in schutzwürdiger Weise auf den Bestand von Beihilfebescheiden vertraut hat, wenn er mit der ihm gewährten Beihilfe die diesen Bescheiden zugrundeliegenden Arztrechnungen beglichen hat (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 5.7.2007 - 6 A 4961/05 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 15.11.2011 - 26 K 444/11 - jeweils juris).
26 
2. Das Vertrauen des Klägers ist auch sonst schutzwürdig. Ihm kann insbesondere nicht vorgeworfen werden, dass er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG). Angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles erscheint es schon als fraglich, ob der Kläger bei Einreichung der ersten - von Dr. W. ausgestellten - Abrechnungen für die in den Monaten Juli und August 2009 erbrachten Dialysebehandlungen überhaupt fahrlässig gehandelt hat. Jedenfalls liegt aber keine grobe Fahrlässigkeit vor.
27 
Weder das Verwaltungsgericht noch die Beklagte haben ausreichend berücksichtigt, dass hier kein typischer Fall vorliegt, in dem ein Patient seinen behandelnden Arzt wechselt. Der Kläger hat aus seiner Sicht seine Dialysebehandlungen seit November 2008 stets durch dieselbe Dialysepraxis durchführen lassen. Gewechselt hat lediglich der Betreiber der Dialysepraxis. Bei dieser Sachlage könnte dem Kläger nur dann grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, wenn es sich ihm bereits zum Zeitpunkt der Einreichung der von Dr. W. ausgestellten Rechnungen an die Beklagte hätte aufdrängen müssen, dass dieser nicht mehr zur Rechnungsstellung befugt war. Dies ist jedoch nicht der Fall.
28 
Nach dem Vorbringen des Klägers war er bei Einreichung der Rechnungen nicht über einen Betreiberwechsel zum 1.7.2009 informiert. Der Senat hält dies für überzeugend. Zwar behauptet das Nephrologische Therapiezentrum in seiner Stellungnahme vom 21.9.2011, der Kläger sei auf die geänderte ärztliche und pflegerische Situation im Dialysezentrum Y hingewiesen worden. Diese pauschale Behauptung wird jedoch in keiner Weise substantiiert; es wird insbesondere nicht näher ausgeführt, durch wenn und in welcher Weise dieser Hinweis erfolgt sein soll. Eine schriftliche Information des Klägers über den Wechsel des Praxisinhabers ist jedenfalls für den hier maßgeblichen Zeitraum offenkundig nicht erfolgt. Angesichts dessen spricht Vieles dafür, dass sich die Stellungnahme des Nephrologischen Therapiezentrums auf die tatsächlich erfolgte Benachrichtigung über den zweiten Betreiberwechsel von Dr. B. zu Dr. K. bezieht und nicht auf den hier relevanten ersten Betreiberwechsel von Dr. W. zu Dr. B.. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass eine Dialysebehandlung nicht mit einer gewöhnlichen ärztlichen Behandlung vergleichbar ist. Der Kontakt zwischen Arzt und Patient beschränkt sich in Routinefällen, in denen keine Komplikationen auftreten, auf Kontrollen; den eigentlichen Anschluss an die Behandlungsgeräte und die Versorgung des Patienten während der Dialyse erledigt typischerweise - wie auch im Falle des Klägers - das medizinische Hilfspersonal. Dass und weshalb dieses den Kläger mündlich über einen Betreiberwechsel informiert haben sollte, ist nicht ersichtlich.
29 
Aus der Sicht des Klägers bestand für einen Wechsel des Betreibers der Praxis auch deshalb kein Anhaltspunkt, weil seinem Vortrag zufolge Dr. W. noch in den Monaten Juli und August 2009 in den Praxisräumen anwesend war und ihm jeweils bei der ersten Behandlung im neuen Monat die Rechnung für den Vormonat persönlich überreicht hat. Insoweit beruft sich die Beklagte zwar auf die bereits erwähnte Stellungnahme des Nephrologischen Behandlungszentrums vom 21.9.2011, in der bestritten wird, dass Herr Dr. W. in diesen zwei Monaten vor Ort in größerem Umfange regelmäßig ärztlich tätig gewesen sei. Dadurch wird jedoch der Vortrag des Klägers letztlich nicht in Frage gestellt. Denn umgekehrt geht aus dieser Stellungnahme hervor, dass Dr. W. zumindest gelegentlich noch in den Räumen der Praxis zugegen war und dort auch noch bisweilen als Arzt aufgetreten ist; bestritten wird nur, dass er in größerem Umfange und regelmäßig ärztlich tätig gewesen ist.
30 
Weiter erwecken auch die streitbefangenen Rechnungen selbst nicht den Eindruck, dass sie von einem Unberechtigten stammen könnten. Im Gegenteil: In den Rechnungen sind für jeden Behandlungstag die erbrachten Leistungen jeweils im Einzelnen aufgeschlüsselt. Dies reicht bis zu Kleinbeträgen wie den Glukoseverbrauch in Höhe von 2,68 EUR pro Sitzung. Es ist deshalb kaum vorstellbar, dass diese Rechnungen ohne Rückgriff auf die Patientendaten des Klägers und ohne Zuhilfenahme eines Abrechnungsprogramms erstellt worden sein könnten. Die Vermutung des Nephrologischen Behandlungszentrums, die von Dr. W. ausgestellten Rechnungen seien „manuell gefertigt“ worden, ist danach nicht überzeugend. Selbst wenn dies doch der Fall wäre, wirken sie jedenfalls aus Sicht des Patienten wie „echte“ Rechnungen und legen in keiner Weise den Verdacht nahe, dass sie durch einen Unberechtigten erstellt worden sein könnten. Ein grob fahrlässiges Verhalten kann dem Kläger somit nicht vorgeworfen werden.
31 
Dies ist umso weniger der Fall, als Dr. W. und sein Nachfolger für die Monate Juli und August 2009 - Dr. B. - zumindest übergangsweise nach außen so aufgetreten sind, als betrieben sie gemeinsam die Praxis. Aus einer in das Verfahren eingeführten Veröffentlichung aus dem Internet ergibt sich, dass Dr. W. und Dr. B. zusammen mit einem dritten Arzt als Inhaber einer Praxis für Nieren- und Hochdruckerkrankungen unter der Adresse des Nephrologischen Behandlungszentrums aufgetreten und gemeinsam auf dem Praxisschild aufgeführt worden sind.
32 
Die Ausführungen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 16.1.2012 rechtfertigen keine andere Beurteilung.
33 
Zum einen macht die Beklagte geltend, in der mit Antrag vom 9.10.2009 eingereichten Rechnung des Nephrologischen Therapiezentrums E. X vom 1.10.2009 sei dem Kläger für den Zeitraum Juli bis September 2009 ein Betrag von 9.759,39 EUR in Rechnung gestellt worden; dem Kläger hätte die im Gegensatz zu den vorherigen Rechnungen ungewöhnlich hohe Rechnungssumme auffallen müssen, denn mit den beiden von Herrn Dr. W. ausgestellten Rechnungen für die Monate Juli und August 2009 seien deutlich niedrigere Beträge gefordert worden (Juli 2009: 3.425,22 EUR und August 2009: 3.184,81 EUR).
34 
Dies ist schon im Ansatz verfehlt. Die Beklagte übersieht bei ihrem Vergleich der in Rechnung gestellten Beträge, dass sich die Rechnung des Nephrologischen Therapiezentrums vom 1.10.2009 über 9.759,39 EUR auf drei (Juli, August und September 2009) und nicht auf zwei Monate bezieht. Auf den einzelnen Monat bezogen besteht daher kein auffälliger Unterschied zu den von Dr. W. ausgestellten Einzelrechnungen für die Monate Juli und August 2009.
35 
Zum anderen ist sie der Auffassung, bei einem Vergleich der drei Rechnungen hätte der Kläger bemerken können, dass er die Rechnungen für die Monate Juli und August 2009 bereits an Dr. W. beglichen habe. Dieser Einwand ist jedoch für das vorliegende Verfahren ohne Belang. Die Beklagte hat die Bewilligung von Kassenleistungen für die von Dr. W. erstellten Rechnungen zurückgenommen und nicht die Bewilligung aufgrund der (später ergangenen) Rechnung des Nephrologischen Therapiezentrums; nur der entsprechende Bescheid ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
36 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
37 
Beschluss vom 16. Februar 2012
38 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 1.869,62 EUR festgesetzt.
39 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.

(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.

(1) Wird ein Beamter, Richter oder Soldat durch eine gesetzliche Änderung seiner Bezüge einschließlich der Einreihung seines Amtes in die Besoldungsgruppen der Besoldungsordnungen rückwirkend schlechter gestellt, so sind die Unterschiedsbeträge nicht zu erstatten.

(2) Im Übrigen regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Von der Rückforderung kann aus Billigkeitsgründen mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ganz oder teilweise abgesehen werden.

(3) Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tode des Beamten, Richters oder Soldaten auf ein Konto bei einem Geldinstitut überwiesen wurden, gelten als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle zurück zu überweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordert. Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann. Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden.

(4) Soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tode des Beamten, Richters oder Soldaten zu Unrecht erbracht worden sind, haben die Personen, die die Geldleistungen in Empfang genommen oder über den entsprechenden Betrag verfügt haben, diesen Betrag der überweisenden Stelle zu erstatten, sofern er nicht nach Absatz 3 von dem Geldinstitut zurücküberwiesen wird. Ein Geldinstitut, das eine Rücküberweisung mit dem Hinweis abgelehnt hat, dass über den entsprechenden Betrag bereits anderweitig verfügt wurde, hat der überweisenden Stelle auf Verlangen Namen und Anschrift der Personen, die über den Betrag verfügt haben, und etwaiger neuer Kontoinhaber zu benennen. Ein Anspruch gegen die Erben bleibt unberührt.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
XI ZR 562/15
Verkündet am:
4. Juli 2017
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die in Darlehensurkunden eines Kreditinstituts für den Abschluss von Kreditverträgen
mit Unternehmern enthaltene formularmäßige Klausel
"Bearbeitungsentgelt für Vertragsschluss EUR 10.000 €"
unterliegt nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der richterlichen Inhaltskontrolle und

b) Die kenntnisabhängige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 1 BGB für Rückforderungsansprüche
wegen unwirksam formularmäßig vereinbarter Bearbeitungsentgelte
begann auch bei Darlehensverträgen mit Unternehmern nach
§ 488 BGB mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen (Fortführung von
Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115
Rn. 44 ff.).
BGH, Urteil vom 4. Juli 2017 - XI ZR 562/15 - OLG Celle
LG Hannover
ECLI:DE:BGH:2017:040717UXIZR562.15.1

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2017 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Maihold sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 2. Dezember 2015 im Zinsausspruch teilweise aufgehoben, im Umfang der Aufhebung auf die Berufung der Beklagten das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 4. Juni 2015 unter Abweisung der weitergehenden Klage abgeändert und im Zinsausspruch klarstellendwie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 4% aus einem Teilbetrag von 10.000 € für die Zeit vom 11. März 2009 bis zum 16. Januar 2015, aus einem weiteren Teilbetrag von 10.000 € für die Zeit vom 2. September 2009 bis zum 16. Januar 2015 und aus einem weiteren Teilbetrag von 10.000 € für die Zeit vom 19. Mai 2010 bis zum 16. Januar 2015 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 30.000 € ab dem 17. Januar 2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt die Rückzahlung von Bearbeitungsentgelten, die er bei Abschluss von drei Darlehensverträgen an die beklagte Bank bezahlt hat.
2
Der Kläger verfügt über Immobilienvermögen, das durch eine hierfür gegründete GmbH verwaltet wird. Zur Finanzierung von Wohn- und Geschäftshäusern sowie Mehrfamilienhausanlagen nahm der Kläger in den Jahren 2009 und 2010 drei Darlehen bei der Beklagten über 6 Mio. €, 10 Mio. € und 5,8 Mio. € auf. Dabei wurde jeweils eine "Margenvereinbarung" mit einer Laufzeit von etwa einem bzw. zwei Jahren und einer Zinsbindungsfrist von drei Monaten getroffen, in der der EURIBOR als Referenzzinssatz festgelegt wurde. Im Anschluss sollten langfristige Konditionen vereinbart werden.
3
Die drei Darlehensurkunden enthielten neben einem Bearbeitungsentgelt für den Fall, dass das Darlehen vor Ablauf von vier Jahren abgelöst werden sollte, jeweils folgende Regelung: "Bearbeitungsentgelt für Vertragsschluss EUR 10.000 €".
4
Der Kläger verlangt die Erstattung seiner sich hieraus ergebenden Zahlungen von insgesamt 30.000 € zuzüglich Nebenforderungen. Seiner Ansicht nach handelt es sich bei der angegriffenen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung , die ihn unangemessen benachteilige und deshalb unwirksam sei. Die Beklagte hält die Klausel für wirksam und hat hilfsweise die Einrede der Verjährung erhoben.
5
Die Klage ist am 18. Dezember 2014 und eine Klageerweiterung am 22. Dezember 2014 bei dem Landgericht eingegangen. Auf die Gerichtskostenrechnung vom 29. Dezember 2014 hin hat der Kläger die Gerichtsgebühren am 8. Januar 2015 einbezahlt und Klage sowie Klageerweiterung sind am 16. Januar 2015 der Beklagten zugestellt worden.
6
Die Klage war in beiden Vorinstanzen erfolgreich. Mit ihrer von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin das Ziel der vollständigen Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision hat - mit Ausnahme eines kleinen Teils der geltend gemachten Nebenforderungen - keinen Erfolg.

I.

8
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris (OLG Celle, Urteil vom 2. Dezember 2015 - 3 U 113/15) veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
9
Dem Kläger stehe aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu, da die in den drei Darlehensverträgen verwendete Klausel zu dem "Bearbeitungsentgelt für Vertragsschluss" nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sei.
10
Diese Vertragsklausel stelle eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar, da sie bereits dem äußeren Anschein nach Formularcharakter aufweise. Ohne Erfolg berufe sich die Beklagte darauf, es lägen jeweils Individualvereinbarungen im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB vor. Denn die Beklagte habe zu keinem der betroffenen Darlehensverträge ein Aushandeln dargelegt, insbe- sondere nicht ansatzweise vorgetragen, auf welche Weise sie dem Kläger jeweils Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt habe.
11
Die Klausel sei nach dem eindeutigen Wortlaut als Preisnebenabrede anzusehen und als solche wegen unangemessener Benachteiligung des Klägers unwirksam. Zwar handele es sich bei dem Kläger entgegen seiner Ansicht nicht um einen Verbraucher, sondern einen Unternehmer, da die von ihm betriebene Verwaltung seines und des Familienvermögens einen planmäßigen Geschäftsbetrieb erfordert habe. Die angegriffene Klausel halte aber auch im Verkehr mit Unternehmern einer Inhaltskontrolle nicht statt. Zum einen seien Entgeltklauseln mit wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung nicht zu vereinbaren, wenn dadurch Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abgewälzt werde, zu denen der Verwender gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet sei. Zum anderen müsse ein Kreditgeber nach dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB die anfallenden Kosten für die Kreditbearbeitung und -auszahlung durch den laufzeitabhängig bemessenen Zins decken.
12
Diese Erwägungen seien unabhängig davon gültig, ob es sich um ein Unternehmer- oder ein Verbraucherdarlehen handele. Bei der gebotenen typisierten Betrachtungsweise dürfe nicht außer Acht bleiben, dass die von der Beklagten verwendete Klausel nicht nur Großunternehmen erfasse, sondern auch Kleinunternehmer bzw. mittelständische Unternehmer, die sich in einer vergleichbaren Abhängigkeit zur Bank wie ein Verbraucher befinden könnten. Der Kläger könne nicht mit Großunternehmen gleichgesetzt werden, die regelmäßig und dauerhaft ihre Geschäfte über Kredite finanzierten. Schließlich sei nicht ersichtlich oder auch nur nachvollziehbar vorgetragen, dass die Vereinbarung eines Bearbeitungsentgelts im Bereich der Unternehmensfinanzierung ein im Handelsverkehr geltender Brauch oder eine dort geltende Gewohnheit sei.
13
Die Verjährungsfrist sei nicht abgelaufen, da dem Kläger auch in seiner Eigenschaft als Unternehmer eine Klageerhebung nicht zumutbar gewesen sei, bevor der Bundesgerichtshof in seinen Urteilen vom 13. Mai 2014 von Banken verwendete Klauseln über Bearbeitungsentgelte für unwirksam erachtet habe.
14
Die Herausgabepflicht erstrecke sich nach § 818 Abs. 1 BGB auch auf gezogene Nutzungen. Insoweit spreche bei Zahlungen an Banken eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Nutzungen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ziehen würden. Da die Beklagte keinen substantiierten Vortrag zu geringeren Nutzungen gehalten habe, seien vom Landgericht nach dem Grundsatz ne ultra petita zu Recht Zinsen in Höhe von 4% zuerkannt worden. Die Rechtshängigkeitszinsen ergäben sich aus den §§ 288, 291 BGB.

II.

15
Diese Ausführungen halten - mit Ausnahme eines kleinen Teils der Nebenforderungen - revisionsrechtlicher Prüfung stand. Entgegen der Auffassung der Revision steht dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der als "Bearbeitungsentgelt für Vertragsschluss" erbrachten Leistungen zu, weil die entsprechenden Klauseln in den Darlehensverträgen den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
16
1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei der vom Kläger beanstandeten Klausel jeweils um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, die nicht nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ausgehandelt wurde.
17
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Unwirksamkeit der in den drei Darlehensverträgen verwendeten Klausel bejaht.
18
a) Der Senat hat in zwei Urteilen vom 13. Mai 2014 (XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 und XI ZR 170/13, WM 2014, 1325; siehe auch zu Bauspardarlehen Senatsurteil vom 8. November 2016 - XI ZR 552/15, WM 2017, 87 Rn. 11 ff.) entschieden, dass eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditinstituts für den Abschluss von Privatkreditverträgen enthaltene Bestimmung über die Erhebung eines einmaligen Bearbeitungsentgelts nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der richterlichen Inhaltskontrolle unterliegt und im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist. Der Kläger hat allerdings nach den Feststellungen des Berufungsgerichts , die im Hinblick auf den unstreitigen Umfang der vom Kläger betriebenen Vermögensverwaltung keinen Rechtsfehler aufweisen (vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober 2001 - XI ZR 63/01, BGHZ 149, 80, 86 f.), bei dem Abschluss aller drei Verträge als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB gehandelt.
19
b) Ob die in diesen beiden Senatsentscheidungen niedergelegten Grundsätze auch auf formularmäßige Bearbeitungsentgelte in Darlehensverträgen anzuwenden sind, die nicht mit Verbrauchern geschlossen worden sind, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt.
20
aa) Wie das Berufungsgericht ist ein Teil der Instanzrechtsprechung und der rechtswissenschaftlichen Literatur der Ansicht, dass die in den beiden Senatsentscheidungen vom 13. Mai 2014 niedergelegten Grundsätze auch auf Darlehen mit Unternehmern Anwendung finden (OLG Frankfurt am Main, ZIP 2016, 1158 und ZIP 2016, 2057; OLG Düsseldorf, WM 2016, 1983; Hanseatisches OLG in Bremen, Urteil vom 17. Mai 2017 - 1 U 70/16, juris; LG Chemnitz, Urteil vom 13. Juni 2014 - 7 O 28/13, juris; LG Essen, BeckRS 2015, 16652; LG Magdeburg, BKR 2016, 159; LG Neuruppin, Urteil vom 24. September 2015 - 5 O 66/15, juris; LG Duisburg, MDR 2016, 1322; LG Erfurt, Urteil vom 17. Juni 2016 - 9 S 200/15, juris; LG Wiesbaden, Urteil vom 7. Juli 2016 - 9 S 28/15, juris; Fischer, EWiR 2017, 3, 4; Koch, WM 2016, 717 ff.; Kreft, AnwZert InsR 21/2015 Anm. 2; Lammeyer/Singbartl, GWR 2016, 482, 483; PWW/Nobbe, BGB, 12. Aufl., § 488 Rn. 50; Hubert Schmidt, LMK 2014, 361197; BeckOK BGB/Hubert Schmidt, 41. Ed. 1. November 2016, BGB § 307 Rn. 90; Schwintowski in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 488 BGB Rn. 40 und 46; BeckOGK/Zschieschack, Stand 3. Februar 2017, BGB § 307 Entgeltklausel Rn. 25 f.; differenzierend OLG Nürnberg, Urteil vom 4. April 2017 - 14 U 612/15, juris; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht , 12. Aufl., (8) Banken (Kreditinstitute) Rn. 51b und (16) Darlehensverträge Rn. 3b).
21
bb) Die Gegenansicht lehnt eine Übertragung der Senatsrechtsprechung auf Unternehmerdarlehen hingegen mit unterschiedlichen Begründungen ab (OLG München, Beschluss vom 13. Oktober 2014 - 27 U 1088/14, juris; Hanseatisches OLG Hamburg, Urteil vom 27. April 2016 - 13 U 134/15, juris; OLG Köln, WM 2016, 1985; OLG Dresden, WM 2016, 1980; OLG Frankfurt am Main, ZIP 2016, 2211; Kammergericht, BeckRS 2017, 108510; LG München I, ZIP 2015, 967; LG Frankfurt am Main, WM 2015, 1714; LG Saarbrücken, BeckRS 2015, 13513; LG Wiesbaden, Urteil vom 12. Juni 2015 - 2 O 298/14, juris; LG Kleve, NJW 2016, 258; LG Nürnberg-Fürth, BeckRS 2016, 01182; LG Braunschweig, BeckRS 2016, 03868; LG Ravensburg, Urteil vom 14. April 2016 - 2 O 218/15, juris; LG Stuttgart, Urteil vom 15. Juni 2016 - 4 S 194/15, juris; LG Schweinfurt, Urteil vom 21. Oktober 2016 - 32 S 25/16, juris; LG Krefeld, Urteil vom 9. Dezember 2016 - 1 S 47/16, juris; van Bevern/Schmitt, BKR 2015, 323 ff.; Casper/Möllers, WM 2015, 1689 ff.; Edelmann, WuB 2015, 653, 656 f.; Hanke/Adler, WM 2015, 1313 ff.; Hertel, jurisPR-BKR 2/2016 Anm. 4;Herweg/ Fürtjes, ZIP 2015, 1261 ff.; Krepold in Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-HdB, 5. Aufl., § 78 Rn. 118i; Kropf/Habl, BKR 2015, 316, 320 f.; Lang/Schulz, WM 2015, 2173 ff.; Piekenbrock, ZBB 2015, 13 ff.; BeckOGK/C. Weber, Stand 1. Februar 2017, BGB § 488 Rn. 315.12 f.; S. Weber, WM 2016, 150 ff.; ders., WuB 2017, 213, 215).
22
c) Zutreffend ist die erstgenannte Ansicht. Die in den beiden Urteilen vom 13. Mai 2014 zur Beurteilung von Entgeltklauseln in Verbraucherkreditverträgen entwickelten Grundsätze gelten ebenso für Darlehensverträge, die mit Unternehmern geschlossen werden. Danach unterliegt die streitige Klausel überein "Bearbeitungsentgelt für Vertragsschluss" der Inhaltskontrolle (3.) und hält dieser nicht stand (4.).
23
3. Die angegriffene Klausel unterliegt entgegen der Ansicht der Revision auch bei Verwendung gegenüber einem Unternehmer nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle.
24
a) § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Hierunter fallen zwar weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte zusätzlich angebotene Sonderleistung. Preisnebenabreden, die keine echte (Gegen-)Leistung zum Gegenstand haben, sondern mit denen der Klauselverwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten oder für sonstige Tätigkeiten auf den Kunden abwälzt, die der Verwender im eigenen Interesse erbringt, sind hingegen der Inhaltskontrolle unterworfen (st. Rspr., Senatsurteile vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 16 und vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 24, jeweils mwN).
25
Ob eine Klausel nach diesen Grundsätzen eine kontrollfähige Preisnebenabrede oder eine kontrollfreie Preisabrede enthält, ist durch Auslegung zu ermitteln. Diese hat sich nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel einheitlich danach zu richten, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird (Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 25 mwN). Zweifel bei der Auslegung gehen nach der Vorschrift des § 305c Abs. 2 BGB, die auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr gilt (Senatsurteil vom 28. Juli 2015 - XI ZR 434/14, BGHZ 206, 305 Rn. 31), zulasten des Klauselverwenders. Außer Betracht bleiben solche Auslegungsmöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und daher nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (Senatsurteil vom 13. Mai 2014, aaO Rn. 25 mwN).
26
b) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht die von der Beklagten in den drei Darlehensverträgen verwendete Klausel, die der Senat selbstständig auslegen kann (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 26), zu Recht als kontrollfähige Preisnebenabrede eingeordnet.
27
Anders als ein in den drei Darlehensverträgen jeweils zusätzlich vorgesehenes Bearbeitungsentgelt für den Fall vorzeitiger Darlehensrückzahlung werden die mit dem streitgegenständlichen Bearbeitungsentgelt bezahlten Leistungen nicht näher genannt. Nach der verwendeten Bezeichnung "Bearbeitungsentgelt" handelt es sich um Entgelt für die Bearbeitung des Darlehensantrages einschließlich der Vorbereitung des Vertragsschlusses sowie für Verwal- tungsaufwand der Beklagten bei Kreditbearbeitung und -auszahlung (vgl. dazu Senatsurteile vom 13. Mai 2014 - XI ZR 170/13, WM 2014, 1325 Rn. 36 ff. und XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 28 f.). Diese Auslegung des Begriffs "Bearbeitungsentgelt" wird vorliegend durch den jeweiligen Zusatz "für Vertragsschluss" bestätigt, der ebenfalls Aufwand der Beklagten in diesem Zusammenhang beschreibt. Für die stattdessen von der Beklagten vertretene Auffassung, das Entgelt sei als Bestandteil der Gegenleistung für die Kapitalüberlassung vereinbart worden, enthält der Wortlaut der Klausel aus Sicht eines verständigen und redlichen Vertragspartners keinen Anhaltspunkt.
28
c) Entgegen der Ansicht der Revision ist ein solches Bearbeitungsentgelt auch bei Unternehmerdarlehen nicht als kontrollfreie Preishauptabrede anzusehen.
29
aa) Die der Inhaltskontrolle entzogene Bestimmung über den Preis für die Gewährung des Darlehens im Sinne von § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ist beim Darlehen - vorbehaltlich etwaiger kontrollfreier Entgelte für Sonder- oder Zusatzleistungen - zunächst der gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB zu zahlende Zins (Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 31 ff.). Dies gilt, wie die systematische Einordnung des § 488 BGB als allgemeine Vorschrift des Darlehensrechts zeigt, in gleicher Weise für Verbraucher- wie für Unternehmerdarlehen.
30
bb) Darüber hinaus stellt das Bearbeitungsentgelt - anders als die Revision meint - auch bei Unternehmerdarlehen kein Entgelt für eine rechtlich selbstständige, gesondert vergütungsfähige Leistung des Kreditinstituts dar. Vielmehr werden mit dem Bearbeitungsentgelt Kosten für Tätigkeiten auf die Kunden des Kreditinstituts abgewälzt, die dieses im eigenen Interesse erbringt oder aufgrund bestehender eigener Rechtspflichten zu erbringen hat.
31
(1) Entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht (vgl. Hanke/Adler, WM 2015, 1313, 1314) folgt bei Unternehmerdarlehen auch aus § 354 HGB nichts anderes. Zwar liegt dieser Norm der Erfahrungssatz zugrunde, dass ein Kaufmann seine Geschäftsleistungen nicht unentgeltlich erbringt (MünchKommHGB/ Karsten Schmidt, 3. Aufl., HGB § 354 Rn. 1). Das betrifft vorliegend aber lediglich den Zins als Entgelt für die Kapitalnutzung, weil § 354 HGB Geschäfte oder Dienste des Kaufmanns betrifft, die dieser für einen anderen erbringt. Wird hingegen der Kaufmann im eigenen Interesse tätig, ist § 354 HGB selbst dann nicht anwendbar, wenn die Bemühungen des Kaufmanns im Ergebnis auch anderen zugutekommen (BGH, Urteil vom 21. November 1983 - VIII ZR 173/82, WM 1984, 165, 166; MünchKommHGB/Karsten Schmidt, 3. Aufl., HGB § 354 Rn. 9). Folglich ist auch bei einem Unternehmerdarlehen nicht jede Tätigkeit des Kreditinstituts von vornherein gesondert zu entgelten (vgl. auch BeckOK BGB/H. Schmidt, 41. Ed. 1. November 2016, BGB § 307 Rn. 90), sondern entscheidend ist, in wessen Interesse die bepreiste Tätigkeit erbracht wird.
32
(2) Danach ist die Zurverfügungstellung der Darlehenssumme auch bei einem Unternehmerdarlehen keine gesondert vergütungsfähige, neben die Kapitalüberlassung tretende Sonderleistung des Kreditinstituts für den Kunden. Die Beschaffung des Kapitals dient vielmehr auch in diesen Fällen der Sicherstellung der eigenen Refinanzierung der Bank. Diese erfüllt mit der Überlassung des vereinbarten Geldbetrages sodann ihre gesetzliche Hauptleistungspflicht aus § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 170/13, WM 2014, 1325 Rn. 58).
33
(3) Dies gilt ebenso für die Prüfung der Bonität des Kunden (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 49 ff.). Soweit die Revision auf den Aufwand bei der Prüfung von Geschäftsplänen, Bilanzen, weiteren Zahlenwerken und ähnlichen Finanzierungsgrundlagen und dem hieraus folgenden individuellen Zuschnitt der Finanzierung hinweist (ähnlich: van Bevern/Schmitt, BKR 2015, 323, 326; Hanke/Adler, WM 2015, 1313, 1314; Lang/Schulz, WM 2015, 2173, 2178; aA OLG Frankfurt am Main, ZIP 2016, 1158, 1159; Lapp/Salamon in Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 307 BGB Rn. 69; Schwintowski in Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 488 BGB Rn. 40; BeckOGK/Zschieschack, Stand 3. Februar 2017, BGB § 307 Entgeltklausel Rn. 26), ändert dies nichts an der zugrunde liegenden Interessenlage. Die Bonitätsprüfung und die Bewertung der angebotenen Sicherheiten erfolgt im Regelfall im Interesse des Kreditinstituts und im öffentlichen Interesse der Kreditwirtschaft, Forderungsausfälle zu vermeiden (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 50). Dass damit in Einzelfällen zugleich eine Überschuldung des Unternehmers verhindert werden kann (hierauf abstellend: Hanke/Adler, WM 2015, 1313, 1315 und Lang/Schulz, WM 2015, 2173, 2178), beruht lediglich auf einem reflexartigen Nebeneffekt.
34
(4) Dies stellt sich auch unter Berücksichtigung der Buchführungs- und Bilanzierungspflichten kaufmännischer Darlehensnehmer nicht anders dar (so aber LG Kleve, NJW 2016, 258 f.).
35
Zwar treffen den Kaufmann nach § 238 HGB und § 242 HGB eigene öffentlich -rechtliche Pflichten, die u.a. der Selbstkontrolle seiner Bonität und dem Schutz seiner Gläubiger dienen (Böcking/Gros in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, 3. Aufl., HGB § 238 Rn. 1 und § 242 Rn. 1; MünchKommHGB/ Ballwieser, 3. Aufl., HGB § 238 Rn. 1 und § 242 Rn. 1). Das ändert aber nichts daran, dass die vor Vergabe eines Darlehens von dem Kreditinstitut durchgeführte Bonitätsprüfung in dessen eigenem Interesse erfolgt. Das Kreditinstitut nutzt dabei allenfalls - wie auch hier vereinbart - ihm vorgelegte Jahresabschlüsse des Darlehensnehmers als Grundlage seiner eigenständigen Boni- tätsprüfung. Sofern der Darlehensnehmer die Ergebnisse der Bonitätsprüfung des Kreditinstituts im Einzelfall später anderweitig verwenden könnte, würde es sich dabei lediglich um einen Nebeneffekt der im eigenen Interesse des Kreditinstituts vorgenommenen Prüfung handeln.
36
(5) Soweit die Revision entgegenhält, die Tätigkeit der Beklagten gehe bei langfristigen gewerblichen Immobilienfinanzierungen - vergleichbar der Tätigkeit eines Architekten bei einem Bauvorhaben (§ 34 Abs. 3 Nr. 1 HOAI in der ab dem 17. September 2013 gültigen Fassung) - über eine Bonitätsprüfung hinaus und beinhalte die Ermittlung und Objektivierung von Grundlagen der in Aussicht genommenen Immobilienfinanzierung, ändert das nichts daran, dass das Kreditinstitut auch insoweit im eigenen Interesse tätig wird. Zudem ist dieser Vergleich bereits im Ansatz verfehlt, weil sich die entsprechende Leistungspflicht eines Architekten aus dem mit dem Bauherrn geschlossenen Vertrag ergeben muss und nicht aus den Gebührentatbeständen der HOAI (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1996 - VII ZR 283/95, BGHZ 133, 399, 402 f.). Dass der Kläger der Beklagten einen Auftrag erteilt hätte, die von ihr vor Abschluss des Darlehensvertrages vorgenommenen Überprüfungen durchzuführen, behauptet die Beklagte aber selbst nicht. Sollte das Ergebnis der vom Darlehensgeber durchgeführten Überprüfungen im Einzelfall auch gegenüber anderen Kapitalgebern verwendbar sein, handelte es sich wiederum um einen reflexartigen Vorteil des Darlehensnehmers und nicht um die Vereinbarung einer selbstständig zu entgeltenden Sonderleistung.
37
4. Die damit als Preisnebenabrede einzuordnende Klausel hält entgegen der Auffassung der Revision der Inhaltskontrolle nicht stand. Die Klausel ist unwirksam , weil die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Entgelts auch für die Bearbeitung eines Unternehmerdarlehens mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist und die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).
38
a) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Erhebung des Bearbeitungsentgelts mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Denn das von dem Kläger zu leistende Entgelt ist laufzeitunabhängig ausgestaltet und weicht daher von dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ab, das ein laufzeitabhängiges Entgelt für die Darlehensgewährung vorsieht (Senatsurteile vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 67 f. und vom 16. Februar 2016 - XI ZR 454/14, WM 2016, 699 Rn. 40). Dieses Leitbild gilt für Unternehmerdarlehen in gleicher Weise wie für Verbraucherdarlehen.
39
Weiter ist die Klausel unwirksam, weil die Beklagte damit Kosten auf den Kläger abwälzt, die für die Erfüllung ihrer Hauptleistungspflicht anfallen. Denn es gehört zu den wesentlichen Grundlagen des dispositiven Gesetzesrechts, dass jeder Rechtsunterworfene für Tätigkeiten, zu denen er gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt , kein gesondertes Entgelt verlangen kann (Senatsurteile vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 66 und vom 16. Februar 2016 - XI ZR 454/14, WM 2016, 699 Rn. 39 f.).
40
b) Durch diese Abweichungen von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung wird eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners indiziert (Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 69 mwN). Diese gesetzliche Unwirksamkeitsvermutung gilt, wie sich aus § 310 Abs. 1 BGB ergibt, auch für Verträge mit Unternehmern (Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl., § 310 Abs. 1 BGB Rn. 18; Cas- per/Möllers, WM 2015, 1689, 1690; unzutreffend Hanke/Adler, WM 2015, 1313,

1317).

41
Die Vermutung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB wäre widerlegt, wenn die Klausel auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung den Kunden nicht unangemessen benachteiligt. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild sachlich gerechtfertigt oder der gesetzliche Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt ist (Senatsurteile vom 14. Januar 2014 - XI ZR 355/12, BGHZ 199, 355 Rn. 45 mwN und vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 9/15, WM 2017, 80 Rn. 32, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Solche Gründe sind aber weder von der Beklagten dargetan noch sonst ersichtlich.
42
aa) Wie vom Senat bereits ausgeführt worden ist, hat der Gesetzgeber mit der Schaffung von § 312a Abs. 3 BGB in der seit dem 13. Juni 2014 geltenden Fassung nicht zum Ausdruck gebracht, dass er Bearbeitungsentgelte generell für zulässig erachtet (Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 72). Bei Kreditvergabe an Unternehmer kann nichts anderes gelten (Koch, WM 2016, 717, 719; aA van Bevern/Schmitt, BKR 2015, 323, 327; Herweg/Fürtjes, ZIP 2015, 1261, 1269). Die in dieser Vorschrift niedergelegten formalen Anforderungen lassen keine Rückschlüsse auf die materiell-rechtliche Zulässigkeit von Bearbeitungsentgelten - wie den im Streit stehenden - zu (Senatsurteil vom 13. Mai 2014, aaO).
43
bb) Entgegen der Auffassung der Revision ist es unerheblich, dass das Bearbeitungsentgelt in allen drei Fällen weniger als 1% des Bruttodarlehensbetrages ausmacht. Denn die geringe Höhe eines Entgelts ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich kein geeignetes Kriterium, um eine unangemessene Benachteiligung zu rechtfertigen (Senatsurteil vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 9/15, WM 2017, 80 Rn. 40 mwN).
44
cc) Zur Rechtfertigung der Klausel kann auch nicht darauf abgestellt werden, dass ein Unternehmer in der Lage sei, die durch Erhebung eines Bearbeitungsentgelts entstehenden Belastungen auf nachgelagerte Handelsstufen oder Endkunden abzuwälzen (so aber LG Stuttgart, Urteil vom 15. Juni 2016 - 4 S 194/15, juris Rn. 41; Hanke/Adler, WM 2015, 1313, 1317 f.; Lang/Schulz, WM 2015, 2173, 2174; aA Koch, WM 2016, 717, 721 f.; differenzierend Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl., § 307 BGB Rn. 189). Zwar ist anerkannt, dass eine den Vertragspartner benachteiligende Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht durch Gewährung anderer rechtlicher Vorteile kompensiert werden kann (Senatsurteil vom 23. April 1991 - XI ZR 128/90, BGHZ 114, 238, 242 f. und 246). Die inhaltliche Unausgewogenheit einer Klausel, die den Verwender einseitig begünstigt, kann aber nur durch Vorteile für dessen Vertragspartner kompensiert werden, die ihm vom Klauselverwender gewährt werden (vgl. auch Senatsurteil vom 21. April 2015 - XI ZR 200/14, WM 2015, 1232 Rn. 18). Deswegen ist es unerheblich, ob es einzelnen Unternehmern durch überobligationsmäßige Anstrengungen gelingen kann, die finanziellen Nachteile, die ihnen durch die angegriffene Klausel entstehen, auf ihre Kunden abzuwälzen.
45
dd) Aus demselben Grund kann die Angemessenheit eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts nicht mit eventuell hieraus resultierenden steuerlichen Vorteilen auf der Seite des unternehmerischen Kreditnehmers - verbunden mit einem niedrigeren Vertragszins - begründet werden.
46
(1) Auch die von der Revision genannten steuerlichen Vorteile beruhen nicht auf einem Entgegenkommen der Beklagten als Klauselverwender, son- dern können lediglich im Einzelfall nach Maßgabe der konkreten steuerlichen Situation des Vertragspartners eintreten.
47
(2) Unabhängig davon wird eine an sich unangemessene Benachteiligung der Kunden durch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Entgelte im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht schon deswegen durch einen niedrigeren Zinssatz ausgeglichen, weil es einzelnen Kunden gelingt, einen größeren Teil der anfallenden Bearbeitungsgebühr sofort steuerlich zum Abzug zu bringen (so LG Itzehoe, Urteil vom 6. September 2016 - 7 O 129/15, juris Rn. 34 ff.; Hanke/Adler, WM 2015, 1313, 1318).
48
(a) Ein Unternehmer mag zwar, wie die Revision herausstellt, ein Interesse daran haben, von einem durch das fixe Bearbeitungsentgelt ermöglichten reduzierten Zinssatz zu profitierten (so Herweg/Fürtjes, ZIP 2015, 1261, 1267). Dabei übersieht sie aber, dass nach gefestigter Rechtsprechung im Rahmen der Inhaltskontrolle von Formularklauseln nach § 307 BGB eine unangemessene Benachteiligung nicht mit einem möglicherweise geringeren Preis gerechtfertigt werden kann (vgl. BGH, Urteile vom 16. November 1992 - II ZR 184/91, BGHZ 120, 216, 226 und vom 4. September 2013 - IV ZR 215/12, BGHZ 199, 170 Rn. 43).
49
(b) Ohnehin verbietet sich nach der im Rahmen der Angemessenheitsprüfung gebotenen überindividuellen und generalisierenden Betrachtungsweise die Unterstellung einer einheitlichen steuerlichen Interessenlage unternehmerischer Kreditnehmer. Vielmehr zeigt der hierzu eröffnete steuerliche Gestaltungsspielraum (siehe dazu etwa van Bevern/Schmitt, BKR 2015, 323, 329), dass es ebenso Kunden gibt, deren steuerliche Interessen gegen die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts zu Beginn des Vertragsverhältnisses sprechen (so auch Koch, WM 2016, 717, 721).
50
ee) Soweit die Revision in diesem Zusammenhang geltend macht, jedenfalls sei eine Mitkreditierung des Bearbeitungsentgelts für den Unternehmer finanziell vorteilhafter als dessen gesonderte Erhebung, sodass der Unternehmer die Mitkreditierung regelmäßig vorziehen werde, führt das im vorliegenden Falle zu keinem anderen Abwägungsergebnis.
51
(1) Dieser Umstand ist vorliegend nicht erheblich, da nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts die Bearbeitungsentgelte nach allen drei Darlehensverträgen nicht mitfinanziert, sondern von dem Kläger gesondert gezahlt worden sind.
52
(2) Unabhängig davon würde es sich bei der gebotenen überindividuellen und generalisierenden Betrachtungsweise wiederum nicht um einen allgemeinen Vorteil auf der Seite des Kunden handeln, der der Indizwirkung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB entgegenstehen könnte.
53
Allerdings hat der Senat im Zusammenhang mit Verbraucherdarlehensverträgen ergänzend auf die aus der Mitkreditierung eines Bearbeitungsentgelts resultierende Pflicht des Kunden hingewiesen, Zinsen auf das Bearbeitungsentgelt zu zahlen (Senatsurteile vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 77 f. und XI ZR 170/13, WM 2014, 1325 Rn. 84 f.). Soweit die Revision in diesem Zusammenhang geltend macht, dass es für den Kunden der Bank im Einzelfall wirtschaftlich vorteilhafter sein könne, das Bearbeitungsentgelt zu finanzieren anstatt es aus Liquiditätsreserven zahlen zu müssen (vgl. Casper/ Möllers, WM 2015, 1689, 1696 ff.), ändert das nichts an der entscheidenden Zahlung des Bearbeitungsentgelts als solcher. Es verbleibt unabhängig von der Frage, ob dieses zusätzliche Entgelt finanziert oder aus Eigenkapital aufgebracht wird, bei der durch die streitgegenständliche Klausel ausgelösten und - zumindest teilweise - nicht ausgeglichenen Benachteiligung des Kunden, ent- gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB das zusätzliche Bearbeitungsentgelt zahlen zu müssen.
54
ff) Die streitige Klausel hält auch nicht bei angemessener Berücksichtigung der im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche nach § 310 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB der Inhaltskontrolle stand.
55
(1) Nach dieser Vorschrift ist bei der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen , die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, auf die Gewohnheiten und Gebräuche des Handelsverkehrs Rücksicht zu nehmen und darüber hinaus den Besonderheiten des kaufmännischen Geschäftsverkehrs angemessen Rechnung zu tragen (BGH, Urteile vom 27. September 1984 - X ZR 12/84, BGHZ 92, 200, 206 und vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, BGHZ 201, 230 Rn. 43). Der kaufmännische Rechtsverkehr ist wegen der dort herrschenden Handelsbräuche, Usancen, Verkehrssitten und wegen der zumeist größeren rechtsgeschäftlichen Erfahrung der Beteiligten auf eine stärkere Elastizität der für ihn maßgeblichen vertragsrechtlichen Normen angewiesen als der Letztverbraucher. Innerhalb des kaufmännischen Geschäftsverkehrs sind auch die branchentypischen Interessen der Vertragschließenden zu berücksichtigen (BGH, Urteile vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 114/13, BGHZ 201, 230 Rn. 43 und vom 28. Juli 2015 - XI ZR 434/14, BGHZ 206, 305 Rn. 40, jeweils mwN).
56
(2) Auf einen zu ihren Gunsten eingreifenden Handelsbrauch kann sich die Beklagte nicht berufen.
57
Das Bestehen eines Handelsbrauchs nach § 346 HGB setzt voraus, dass die am Vertrag Beteiligten im Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsschlusses davon ausgehen, es bestehe eine allgemeine Übung, die eine Verpflichtung auch ohne Abschluss einer darauf gerichteten Vereinbarung begründet (BGH, Urteil vom 25. November 1993 - VII ZR 17/93, WM 1994, 601, 602). Deswegen steht der Annahme eines Handelsbrauchs zwar nicht entgegen, dass dieser im Einzelfall aus Gründen der Vollständigkeit oder zur Beweissicherung im Vertrag schriftlich niedergelegt wird. Entscheidend bleibt aber, dass die Beteiligten von einer entsprechenden Verpflichtung kraft allgemeiner Übung unabhängig davon ausgegangen sein müssen, dass diese - letztlich redundant - schriftlich fixiert worden ist. Allein die Tatsache, dass in einer Vielzahl von gleichartigen Verträgen eine entsprechende Vereinbarung - hier durch Allgemeine Geschäftsbedingungen - getroffen wird, kann mithin die Existenz eines Handelsbrauchs nicht belegen. Von einem Handelsbrauch kann vielmehr erst gesprochen werden, wenn eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffene Regelung auch ohne besondere Vereinbarung oder Empfehlung freiwillig befolgt würde (BGH, Urteil vom 2. Juli 1980 - VIII ZR 178/79, WM 1980, 1122, 1123; MünchKommBGB/Basedow, 7. Aufl., § 310 Rn. 11).
58
Dafür besteht vorliegend kein Anhalt. Auch die Beklagte macht nicht geltend , bei Unternehmerdarlehen würden von den Darlehensnehmern Bearbeitungsentgelte auch dann gezahlt, wenn diese im Darlehensvertrag bzw. in einbezogenen Geschäftsbedingungen nicht ausdrücklich vereinbart worden sind. Die Üblichkeit einer Klausel (hierauf abstellend etwa Piekenbrock, ZBB 2015, 13, 19) für sich kann deren Unangemessenheit nicht ausräumen (Senatsurteil vom 17. Januar 1989 - XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259, 267 mwN).
59
(3) Die Angemessenheit der Klausel lässt sich auch nicht mit Besonderheiten des kaufmännischen Geschäftsverkehrs rechtfertigen.
60
(a) Klauseln wie die hier im Streit stehende wurden sowohl im Rechtsverkehr mit Verbrauchern (vgl. nur Senatsurteile vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 und XI ZR 170/13, WM 2014, 1325) als auch mit Un- ternehmern verwendet. Die Verwendung solcher Klauseln beruht mithin nicht auf Besonderheit des kaufmännischen Geschäftsverkehrs.
61
(b) Entgegen der Darstellung der Revision wird die Unwirksamkeitsvermutung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB auch nicht dadurch widerlegt, dass Unternehmer im Verhältnis zu kreditgebenden Banken allgemein weniger schutzwürdig wären.
62
(aa) Teile der Instanzrechtsprechung und der Literatur halten Unternehmer bei Abschluss von Darlehen allgemein für weniger schutzbedürftig, da diese geschäftserfahren seien und über wirtschaftliches Verständnis verfügten (vgl. beispielsweise LG Stuttgart, Urteil vom 15. Juni 2016 - 4 S 194/15, juris Rn. 41; LG Krefeld, Urteil vom 9. Dezember 2016 - 1 S 47/16, juris Rn. 32; van Bevern/Schmitt, BKR 2015, 323, 327; Hertel, jurisPR-BKR 2/2016 Anm. 4; S. Weber, WM 2016, 150, 153 f.; aA Hubert Schmidt, LMK 2014, 361197). Wie die dem Verbraucherschutz dienenden §§ 491 ff. BGB sowie die in Art. 247 EGBGB normierten Informationspflichten zeigten, gehe der Gesetzgeber davon aus, dass ein Unternehmer aufgrund seiner Geschäftstätigkeit in der Regel Erfahrung mit der Aufnahme von Krediten habe und die marktüblichen Gepflogenheiten kenne (van Bevern/Schmitt, BKR 2015, 323, 327; Casper/Möllers, WM 2015, 1689, 1695). Darüber hinaus verfüge ein Unternehmer über eine stärkere Verhandlungsmacht gegenüber Banken als ein Verbraucher (LG Frankfurt am Main, WM 2015, 1714, 1715; Hanke/Adler, WM 2015, 1313, 1318; Hertel, jurisPR-BKR 2/2016 Anm. 4; Kropf/Habl, BKR 2015, 316, 320 f.; aA LG Magdeburg, BKR 2016, 159, 161; Fischer, EWiR 2017, 3, 4).
63
(bb) Diese Argumentation übersieht, dass der Schutzzweck des § 307 BGB, die Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht zu begrenzen, auch zugunsten eines - informierten und erfahrenen - Unternehmers gilt.
64
(aaa) Die Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen rechtfertigt sich u.a. aus dem Gesichtspunkt, einer unangemessenen, einseitigen Inanspruchnahme des Rechts, den Inhalt von Verträgen durch generelle Regelungen zu gestalten, dann entgegenzuwirken, wenn die Grundsätze der Vertragsgerechtigkeit in nicht zu billigender Weise verletzt sind (BGH, Urteile vom 7. Juli 1976 - IV ZR 229/74, WM 1976, 960, 961 und vom 15. Dezember 1976 - IV ZR 197/75, WM 1977, 287, 288; Ulmer/Habersack in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., Einleitung Rn. 48). Die Inhaltskontrolle von AGB-Klauseln soll vor Klauseln schützen, bei denen das auf einen gegenseitigen Interessenausgleich gerichtete dispositive Gesetzesrecht - wie hier - durch einseitige Gestaltungsmacht des Klauselverwenders außer Kraft gesetzt wird (BGH, Urteile vom 19. November 2009 - III ZR 108/08, BGHZ 183, 220 Rn. 13, vom 10. Oktober 2013 - VII ZR 19/12, NJW 2014, 206 Rn. 27 und vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 60 mwN).
65
Ob eine solche vom Verwender in Anspruch genommene einseitige Gestaltungsmacht sich aus dessen besonderer Erfahrung auf dem betreffenden Geschäftsfeld ergibt oder auf wirtschaftlicher Überlegenheit beruht (vgl. dazu BGH, Urteil vom 20. März 2014 - VII ZR 248/13, BGHZ 200, 326 Rn. 30), ist dabei nicht entscheidend (vgl. BGH Urteil vom 10. Oktober 2013 - VII ZR 19/12, NJW 2014, 206 Rn. 27). Der Schutzzweck der Inhaltskontrolle besteht vielmehr darin, der Gefahr einer Ausnutzung einseitiger Verhandlungsmacht durch den Verwender entgegenzutreten, welche typischerweise und unabhängig von der Marktstellung des Verwenders mit der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen verbunden ist (BGH, Urteile vom 17. Februar 2010 - VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 Rn. 12 und vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201,168 Rn. 60; Ulmer/Habersack in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., Einleitung Rn. 48 mwN).
66
(bbb) Danach sind im Hinblick auf die im Streit stehende Klausel Unternehmer nicht weniger schutzwürdig als Verbraucher.
67
Dass ein Unternehmer möglicherweise eine sich aus verschiedenen Entgeltkomponenten ergebende Gesamtbelastung besser abschätzen kann (BeckOGK/C. Weber, Stand 1. Februar 2017, BGB § 488 Rn. 315.12; vgl. auch Guggenberger, BKR 2017, 1, 6), belegt nicht die Angemessenheit der Klausel bei Verwendung gegenüber Unternehmern. Denn die Inhaltskontrolle hat einen anderen Zweck als das Transparenzgebot. Sie soll nicht vor schwer durchschaubaren Entgeltvereinbarungen, sondern unabhängig davon allgemein vor Klauseln schützen, bei denen das auf einen gegenseitigen Interessenausgleich gerichtete dispositive Gesetzesrecht durch einseitige Gestaltungsmacht des Klauselverwenders außer Kraft gesetzt wird (Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 60 mwN).
68
Es gibt auch keinen Anhalt dafür, dass Kreditinstitute gegenüber Unternehmern - anders als gegenüber Verbrauchern - keine solche einseitige Gestaltungsmacht in Anspruch nehmen könnten, da eine situative Unterlegenheit von Unternehmern allgemein geringer sei als von Verbrauchern. Vielmehr kann die wirtschaftliche Situation von Unternehmern, deren Geschäftserfolg von der Darlehensgewährung abhängt, durchaus ein höheres Maß von Abhängigkeit von dem Kreditinstitut aufweisen, als das bei Verbrauchern der Fall ist, die um einen Immobiliarkredit zum Zwecke der Errichtung eines Eigenheims oder gar nur um einen Konsumentenkredit nachsuchen (vgl. OLG Düsseldorf, WM 2016, 1983, 1984 f.; OLG Frankfurt am Main, ZIP 2016, 2057, 2059; LG Magdeburg, BKR 2016, 159, 161; LG Neuruppin, Urteil vom 24. September 2015 - 5 O 66/15, juris Rn. 33; LG Erfurt, Urteil vom 17. Juni 2016 - 9 S 200/15, juris Rn. 26; Fischer, WuB 2017, 37, 41).
69
(cc) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch keine Grundlage dafür gesehen , bei der Inhaltskontrolle der vorliegenden Klausel zwischen verschiedenen Gruppen von Unternehmern zu differenzieren.
70
(aaa) Sowohl die Tatsache, dass ein Unternehmer Darlehensverträge mit vergleichbaren Klauseln häufiger abgeschlossen hat (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 27. April 2016 - 13 U 134/15, juris Rn. 31 ff.; LG Chemnitz, Urteil vom 13. Juni 2014 - 7 O 28/13, juris Rn. 29), als auch der Umstand, dass der Abschluss von Darlehensverträgen zum Kerngeschäft des Unternehmens gehört (vgl. LG Braunschweig, BeckRS 2016, 03868 Rn. 28; LG Wiesbaden, Urteil vom 7. Juli 2016 - 9 S 28/15, juris Rn. 29), sowie die Einschaltung eines eigenen Steuerberaters (vgl. LG Saarbrücken, BeckRS 2015, 13513) können im Einzelfall allenfalls dafür sprechen, dass der betroffene Unternehmer die Risiken einer Klausel besser einschätzen konnte. Diesem Umstand kommt jedoch, wie dargestellt, bei einer übersichtlichen und ohne weitere Schwierigkeiten einzuordnenden Entgeltklausel wie derjenigen, über die vorliegend zu entscheiden ist, keine Bedeutung zu.
71
(bbb) Unabhängig davon kommt es nach der gebotenen überindividuellen und generalisierenden Betrachtungsweise nicht darauf an, ob der Vertragspartner des Verwenders aufgrund seiner Verhandlungsmacht im Einzelfall die Möglichkeit gehabt hätte, für ihn günstigere, der Gesetzeslage entsprechende Vereinbarungen zu treffen (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 - VII ZR 19/12, NJW 2014, 206 Rn. 27).
72
gg) Eine unangemessene Benachteiligung kann auch nicht unter Verweis auf bankbetriebswirtschaftliche Erwägungen verneint werden. Wie der Senat entschieden hat, sind Klauseln in Verbraucherdarlehensverträgen, die laufzeitunabhängige Bearbeitungsentgelte vorsehen, nicht deswegen angemessen, weil Kreditinstitute gegebenenfalls anfallende Vorfälligkeitsentschädigungen nicht für auskömmlich erachten und sich deswegen gezwungen sehen, im Falle der Unwirksamkeit von Formularklauseln über Bearbeitungsentgelte den betreffenden Bearbeitungsaufwand in den Sollzinssatz einzupreisen (vgl. dazu Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 74 ff.). Für entsprechende Klauseln in Unternehmerdarlehensverträgen gilt nichts anderes.
73
(1) Auch für Unternehmerdarlehen ist nicht erkennbar, weshalb Verwaltungsaufwand , der bei Abschluss des Darlehensvertrages für den Kreditgeber hauptsächlich zu Beginn anfällt, die Erhebung eines laufzeitunabhängigen pauschalierten Bearbeitungsentgelts erfordert (vgl. dazu Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 76).
74
(2) Allerdings stand dem Kläger vorliegend wegen der vertraglich vereinbarten kurzen Zinsbindungsfrist von drei Monaten gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 1 BGB - in der nach Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB auf alle drei Verträge anwendbaren , bis zum 10. Juni 2010 gültigen Fassung - kurzfristig ein ordentliches Kündigungsrecht zu, so dass bei Einpreisung des Bearbeitungsaufwands in den Zins keine Gewissheit bestanden hätte, dass der anfängliche Aufwand bis zur Kündigung des Darlehens durch den Darlehensnehmer abgegolten ist. Gleichzeitig wäre die Beklagte mangels rechtlich geschützter Zinserwartung auch nicht durch einen entsprechenden Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung abgesichert (vgl. dazu LG Braunschweig, BeckRS 2016, 03868 Rn. 34 ff.; LG Stuttgart, Urteil vom 15. Juni 2016 - 4 S 194/15, juris Rn. 45; van Bevern/ Schmitt, BKR 2015, 323, 327 f.). Das rechtfertigt die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts für die Darlehensgewährung aber auch im unternehmerischen Rechtsverkehr nicht.
75
(a) Im vorliegenden Fall hat sich die Beklagte nämlich in den Darlehensbedingungen aller drei Verträge zusätzlich zum streitigen Bearbeitungsentgelt für den Vertragsschluss ein weiteres "Bearbeitungsentgelt bei Rückzahlung" für den Fall einer Ablösung des Darlehens vor Ablauf von vier Jahren ausbedungen. Damit sind - die Wirksamkeit der Klausel unterstellt - sämtliche Nachteile der Beklagten im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung der Darlehensvaluten bereits abgegolten und die Beklagte erhielte einen zweifachen Ausgleich für die Enttäuschung ihrer Zinserwartungen.
76
Dabei ist ohne Bedeutung, ob diese weitere Entgeltklausel bereits für sich unwirksam ist oder sich eine unangemessene Benachteiligung des Darlehensnehmers erst aus deren Zusammenwirken mit dem hier streitigen Bearbeitungsentgelt ergibt. Denn auch im zweiten Fall wären beide Klauseln unwirksam , weil es nicht Sache des Gerichts ist auszusuchen, welche von zwei Klauseln Bestand haben soll (vgl. BGH, Urteile vom 26. Oktober 1994 - VIII ARZ 3/94, BGHZ 127, 245, 254 und vom 5. Dezember 2006 - X ZR 165/03, NJW 2007, 997 Rn. 27).
77
(b) Unabhängig davon kann der Verzicht auf eine Erhebung des Bearbeitungsentgelts auch im Falle einer zu Beginn unsicheren Laufzeit der Darlehen dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechend durch eine Erhöhung des Zinssatzes ausgeglichen werden (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 9/15, WM 2017, 80 Rn. 38) und das Risiko vorzeitiger Vertragskündigungen nach § 489 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch eine Mischkalkulation berücksichtigt werden (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 9/15, aaO Rn. 39).
78
hh) Entgegen der Auffassung der Revision kommt dem Umstand, dass bei Unternehmerdarlehen - anders als bei Verbraucherdarlehen (vgl. dazu Se- natsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 79 f.) - der Einbehalt eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts nicht in Widerspruch zu einem Ablösungsrecht nach § 500 Abs. 2 BGB bzw. zur Deckelung einer Vorfälligkeitsentschädigung nach § 502 Abs. 1 Nr. 1 BGB - jeweils in der bis zum 20. März 2016 gültigen Fassung (nachfolgend aF) - treten und deswegen den Darlehensnehmer auch nicht von einer vorzeitigen Darlehensrückzahlung abhalten kann (vgl. dazu Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 27. April 2016 - 13 U 134/15, juris Rn. 35; OLG Frankfurt am Main, ZIP 2016, 2211, 2214; LG Braunschweig, BeckRS 2016, 03868 Rn. 33; LG Stuttgart, Urteil vom 15. Juni 2016 - 4 S 194/15, juris Rn. 40; Casper/Möllers, WM 2015, 1689, 1695; Hanke/Adler, WM 2015, 1313, 1318 f.; Koch, WM 2016, 717, 722 f.; Piekenbrock, ZBB 2015, 13, 19; BeckOGK/C. Weber, Stand 1. Februar 2017, BGB § 488 Rn. 315.13), keine entscheidende Bedeutung bei der Interessenabwägung nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB zu. Denn diese Erwägung ist in der Rechtsprechung des Senats nur ergänzend herangezogen worden.
79
Deswegen ist auch bisher schon Klauseln über Bearbeitungsentgelte in Fällen die Anerkennung versagt worden, in denen der Darlehensnehmer kein vorzeitiges Lösungsrecht und keine Deckelung der Vorfälligkeitsentschädigung in Anspruch nehmen konnte. So lagen den Urteilen des Senats vom 28. Oktober 2014 (XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 2 und XI ZR 17/14, BKR 2015, 26 Rn. 2) Verträge vom 5. Februar 2008 und vom 8. Dezember 2006 zugrunde, auf die die von der Revision angesprochenen Regelungen in § 500 Abs. 2 BGB aF und § 502 Abs. 1 Nr. 1 BGB aF gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB keine Anwendung fanden. Auch dort bestanden - wie hier - zugunsten des jeweiligen Darlehensnehmers kein vorzeitiges Ablösungsrecht und keine Begrenzung der Vorfälligkeitsentschädigung, die durch den vollständigen Einbehalt eines Bearbeitungsentgelts hätten entwertet werden können.
80
c) Wie der Senat bereits für Verbraucherdarlehen entschieden hat (Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 85 f.), steht Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG nicht der Annahme entgegen, Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien unwirksam. Dies gilt entgegen der Ansicht der Revision in gleicher Weise für Unternehmerdarlehen.
81
aa) Es trifft zwar zu, dass das AGB-rechtliche Verbot, Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu erheben, einen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG) der Beklagten darstellt. Denn das Grundrecht der Berufsfreiheit umfasst auch die Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen selbst festzusetzen bzw. mit Vertragspartnern auszuhandeln (BVerfG, WM 2000, 2040, 2041). Dieser Eingriff ist jedoch gerechtfertigt.
82
bb) § 307 BGB ist taugliche Schranke im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Berufsfreiheit. Denn die Inhaltskontrolle ist auch bei Unternehmerdarlehen zum Schutz der Privatautonomie des Vertragspartners des Klauselverwenders geboten, um im Sinne praktischer Konkordanz die erforderliche Waffengleichheit zwischen Klauselverwendern und deren Vertragspartnern herzustellen (vgl. BVerfG, WM2010, 2044, 2046 und WM 2000, 2040, 2041). Die Annahme der Unwirksamkeit der angegriffenen Klausel entspricht zudem dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 86 mwN). Andere, gleich geeignete, aber mildere Maßnahmen kommen nicht in Betracht. Insbesondere genügt - wie oben dargelegt - allein eine vollständige Information über die anfallenden Gesamtkosten des Kredits dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Schutzzweck einer Inhaltskontrolle nicht, da die unangemessene Benachteiligung des Kunden der Beklagten nicht auf fehlender Transparenz der streitigen Klausel, sondern auf der Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht durch die Beklagte als Klauselverwender beruht.
83
Unabhängig davon bleibt es der Beklagten unbenommen, ihren mit der Darlehensgewährung verbundenen Bearbeitungsaufwand während der Vertragslaufzeit durch entsprechende Kalkulation des Zinses zu decken, den sie innerhalb der Grenzen des § 138 BGB frei bestimmen kann (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 2014 - XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 Rn. 86 mwN).
84
5. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB) für nicht durchgreifend erachtet.
85
a) Bereicherungsansprüche verjähren nach der Regelverjährung des § 195 BGB in drei Jahren. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB hat diese Kenntnis, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt (Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 35 mwN). Auf dieser Grundlage muss dem Anspruchsberechtigten die Erhebung einer Klage Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos möglich sein (Senatsurteil vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07, WM 2008, 2155 Rn. 14 mwN).
86
Der Verjährungsbeginn setzt danach aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände voraus. Nicht erforderlich ist in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht.
Ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn aber hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. In diesen Fällen fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn. Das gilt erst recht, wenn der Durchsetzung des Anspruchs eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensteht (Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 35 mwN).
87
b) Nach diesen Grundsätzen sind die Rückzahlungsansprüche des Klägers nicht verjährt.
88
aa) Der Anspruch des Klägers ist nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen der Tatsachengerichte durch Zahlung von dreimal 10.000 € in den Jahren 2009 und 2010 entstanden (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
89
bb) Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) ebenso wie bei Verbraucherdarlehen bereits im Jahr 2011 vorgelegen haben.
90
(1) Die Frage, wann bei Unternehmerdarlehen die Verjährungsfrist für die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Bearbeitungsentgelte anläuft, wird in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur unterschiedlich beantwortet.
91
(a) Das Berufungsgericht hat auf den 13. Mai 2014 abgestellt, weil vor den beiden an diesem Tage ergangenen Entscheidungen des Senats zu Bearbeitungsentgelten bei Verbraucherdarlehen (XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 und XI ZR 170/13, WM 2014, 1325) eine Klageerhebung für einen Unternehmer nicht zumutbar gewesen sei.
92
(b) Weitergehend wird vertreten, dass die dreijährige Verjährungsfrist bislang noch nicht zu laufen begonnen habe und folglich nur die zehnjährige Höchstfrist des § 199 Abs. 4 BGB maßgeblich sei, weil die bisherige Rechtsprechung des Senats zu Bearbeitungsentgelten bei Darlehensverträgen nur Verbraucherdarlehen betroffen habe. Die Frage, ob die dabei entwickelten Grundsätze auf Unternehmerdarlehen zu übertragen seien, werde in der Rechtsprechung der Instanzgerichte überwiegend verneint. Deshalb bestehe bis heute eine unsichere Rechtslage (vgl. LG Erfurt, Urteil vom 17. Juni 2016 - 9 S 200/15, juris Rn. 30 f.; Lammeyer/Singbartl, GWR 2016, 482, 484; ähnlich für Darlehensgebühren bei Bauspardarlehen: Träber, AG 2017, R51, R52).
93
(c) Das Landgericht hingegen hat im vorliegenden Rechtsstreit die zu Bearbeitungsentgelten bei Verbraucherdarlehen ergangene Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 44 ff.) auch auf Unternehmerdarlehen übertragen. Die Verjährungsfrist habe danach mit dem Ablauf des Jahres 2011 zu laufen begonnen (vgl. OLG Frankfurt am Main, ZIP 2016, 1158, 1159; OLG Düsseldorf, WM 2016, 1983, 1985; LG Essen, BeckRS 2015, 16652).
94
(2) Zutreffend ist die letztgenannte Ansicht. Die Grundsätze, die der Senat zu Verbraucherdarlehen aufgestellt hat (Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 44 ff.), gelten auch für Unternehmerdarlehen.
95
(a) Der Senat hat für Ansprüche auf Rückzahlung von Bearbeitungsentgelt im Rahmen von Verbraucherdarlehensverträgen eine Klageerhebung im Jahre 2011 als zumutbar angesehen. Denn in diesem Jahr hatte sich eine gefestigte Auffassung der Oberlandesgerichte herausgebildet, wonach Klauseln über Bearbeitungsentgelte in Abweichung von einer früheren höchstrichterli- chen Rechtsprechung unwirksam sind (Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 46 mwN). Folglich war mit Ablauf dieses Jahres eine Rückforderungsklage für den Bankkunden zwar nicht risikofrei, aber zumutbar.
96
(b) Dies gilt ebenso für die Rückforderung von Bearbeitungsentgelten, die im unternehmerischen Rechtsverkehr für die Gewährung von Darlehen erhoben wurden.
97
(aa) Vor dem Jahr 2011 stand bei Unternehmer- wie bei Verbraucherdarlehen der Zumutbarkeit einer Rückforderungsklage die ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entgegen, die Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen allgemein gebilligt hatte (vgl. BGH, Urteile vom 21. Februar 1985 - III ZR 207/83, WM 1985, 686, 687, vom 1. Juni 1989 - III ZR 219/87, WM 1989, 1011, 1014 und vom 29. Mai 1990 - XI ZR 231/89, BGHZ 111, 287, 293).
98
Eine Änderung trat ein, als sich im Jahre 2011 eine gefestigte oberlandesgerichtliche Rechtsprechung herausgebildet hatte, die Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen missbilligte. Auf diese Entwicklung hat der erkennende Senat seine Auffassung gestützt, ein rechtskundiger Dritter habe im Jahr 2011 billigerweise damit rechnen müssen, dass Banken die erfolgreiche Berufung auf die ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zukünftig versagt werden würde (vgl. Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 59). Dies habe zum Anlauf der dreijährigen Regelverjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2011 geführt.
99
(bb) Diese Erwägungen erfassen auch Rückforderungsansprüche von Unternehmern. Denn die Grundsätze, mit denen in der Instanzrechtsprechung eine Abkehr von der älteren Auffassung des Bundesgerichtshofs gerechtfertigt wurde, betreffen auch Entgeltklauseln, die in Darlehensverträgen mit Unternehmern einbezogen worden sind. Für Unternehmerdarlehensverträge stand seitdem ebenso wie für Verbraucherdarlehensverträge in Zweifel, ob Klauseln in Geschäftsbedingungen mit den wesentlichen Grundlagen der Rechtsordnung vereinbar sind (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), wenn Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abgewälzt wird, zu denen der Verwender gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt. Ein rechtskundiger Dritter musste daher mit Ablauf des Jahres 2011 damit rechnen, dass von dieser Rechtsprechungsänderung auch Entgeltklauseln erfasst werden , die in Darlehensverträgen mit Unternehmern einbezogen worden sind.
100
(cc) Zwar haben in der Folge eine Reihe von Instanzgerichten mit unterschiedlichen Begründungen entsprechende Entgeltklauseln in Unternehmerdarlehensverträgen als wirksam angesehen (vgl. etwa Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 27. April 2016 - 13 U 134/15, juris; OLG Köln, WM 2016, 1985; OLG Dresden, WM 2016, 1980; OLG Frankfurt am Main, ZIP 2016, 2211; LG Braunschweig, BeckRS 2016, 03868; LG Stuttgart, Urteil vom 15. Juni 2016 - 4 S 194/15, juris; LG Schweinfurt, Urteil vom 21. Oktober 2016 - 32 S 25/16, juris; LG Krefeld, Urteil vom 9. Dezember 2016 - 1 S 47/16, juris). Dies führt jedoch nicht dazu, dass Unternehmern mit Ablauf des Jahres 2011 die Erhebung einer Klage auf Rückzahlung von Bearbeitungsentgelten nicht zuzumuten war. Denn zumutbar ist die gerichtliche Geltendmachung eines Anspruchs , sobald sie hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Nicht erforderlich ist, dass die Rechtsverfolgung risikolos möglich ist (Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 56 mwN). Mit dem Risiko, dass erst eine abschließende Entscheidung des Bundesgerichtshofs Gewissheit über den Bestand und die Reichweite der in der Rechtsprechung der Instanzgerichte entwickelten Grundsätze bringen konnte, waren Unternehmer nicht anders als Verbraucher belastet. Danach war in beiden Fällen mit Ablauf des Jahres 2011 die Erhebung einer Rückforderungsklage zumutbar.
101
(dd) Gemessen hieran sind die streitigen bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsansprüche des Klägers nicht verjährt. Diese sind zwar bereits durch Zahlung in den Jahren 2009 und 2010 entstanden (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Da die dreijährige Regelverjährung des § 195 BGB mangels vorheriger Zumutbarkeit der Klageerhebung - wie dargelegt - erst mit Ablauf des Jahres 2011 zu laufen begann, wurde die Verjährung aber durch die am 18. Dezember 2014 bei dem Landgericht eingegangene und der Beklagten am 16. Januar 2015 zugestellte Klage rechtzeitig vor Ende des Jahres 2014 gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 253 Abs. 1, § 167 ZPO).
102
6. Rechtsfehlerhaft hat hingegen das Berufungsgericht dem Kläger Nutzungsersatz (vgl. Senatsurteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, BGHZ 203, 115 Rn. 71) bereits für den Tag zugesprochen, an dem die Zahlung des jeweiligen Bearbeitungsentgelts geleistet worden ist. Die Beklagte kann tatsächlich erst ab dem Tag nach der jeweiligen Zahlung Nutzungen aus den ihr zugeflossenen Beträgen gezogen haben.
103
Ebenso sind dem Kläger unzutreffend aus § 291 BGB bereits ab dem Tage der Zustellung der Klageschrift am 16. Januar 2015 Prozesszinsen zugesprochen worden. Die Pflicht zur Zinszahlung besteht in entsprechender Anwendung von § 187 Abs. 1 BGB erst ab dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag (BGH, Urteil vom 24. Januar 1990 - VIII ZR 296/88, WM 1990, 890, 892).

III.

104
Soweit das Urteil nach § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und den Ausspruch zu den Nebenforderungen teilweise abändern. Wegen des geringen Erfolgs der Revision waren die Kosten im vollen Umfang der Beklagten aufzuerlegen (§ 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 analog, § 97 Abs. 1 ZPO).
Ellenberger Grüneberg Maihold Menges Derstadt

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 04.06.2015 - 3 O 354/14 -
OLG Celle, Entscheidung vom 02.12.2015 - 3 U 113/15 -

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 12. Oktober 2011 - 1 K 3870/10 - wird unter Abänderung seines Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit lediglich hinsichtlich der Verfahrenskosten gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 4.500 EUR für vorläufig vollstreckbar erklärt.

Gründe

 
I.
Mit Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 12.10.2011 - 1 K 3870/10 -, der Antragstellerin am 28.10.2011 zugestellt, wurde diese verurteilt es zu unterlassen, näher bezeichnete Äußerungen in Veröffentlichungen, Presseerklärungen und auf ihrer Homepage zum Bahnprojekt Stuttgart 21 zu tätigen (Ziffer 1) und an Fassaden und sonstigen Flächen ihrer Gebäude kundzutun „Allerhöchste Eisenbahn! JA! Unsere Zukunft braucht die ICE-Strecke mit Stuttgart 21“ sowie auf ihren Internetseiten durch Banner oder sonstige entsprechende Gestaltungselemente zu verlautbaren „Allerhöchste Eisenbahn! JA zur Bahnstrecke und zu S21“ (Ziffer 2). Zugleich wurde das Urteil „insgesamt, nicht allein wegen der Kosten“ gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.500 EUR für vorläufig vollstreckbar erklärt und für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die unter Ziffern 1 und 2 ausgesprochenen Unterlassungsverpflichtungen ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000 EUR angedroht. Der am 31.10.2011 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangene Antrag auf Zulassung der Berufung (Az.: 2907/11) wurde bislang noch nicht begründet.
Bereits am 28.10.2011 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgerichtshof einen Antrag gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 718 Abs. 1 ZPO gestellt. Zur Begründung führt sie aus: Eine Vorabentscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit sei gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 718 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung auch im verwaltungsgerichtlichen Berufungszulassungsverfahren möglich. Urteile, die auf eine allgemeine Leistungsklage hin ergehen und einen Hoheitsträger zur Vornahme einer schlicht-hoheitlichen Maßnahme verurteilen, könnten in entsprechender Anwendung des § 167 Abs. 2 VwGO nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden. Zumindest müsse eine deutlich höhere Sicherheitsleistung festgesetzt werden. Die festgesetzte Sicherheitsleistung entspreche lediglich den Kosten, die die Antragstellerin den Antragsgegnern zu erstatten habe, wenn das Urteil rechtskräftig werde. Es müssten aber auch die Kosten für die Entfernung und das mögliche Wiederanbringen des Plakates sowie die Kosten für die Entfernung des Banners von ihrer Homepage und der untersagten Äußerungen aus sämtlichen Publikationen berücksichtigt werden. Auch ein immaterieller Schaden sei in Rechnung zu stellen.
Die Antragstellerin beantragt, nach § 718 Abs. 1 ZPO vorab über die vorläufige Vollstreckbarkeit zu entscheiden und diese dahingehend einzuschränken, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 12.10.2011 - 1 K 3870/10 - nur wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung vollstreckbar ist, hilfsweise, die Sicherheitsleistung für die vorläufige Vollstreckbarkeit auf 17.700 EUR festzusetzen.
Die Antragsgegner sind dem Antrag entgegengetreten. Dem Antrag fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis, nachdem die Antragstellerin bekundet habe, lediglich die Entscheidung in der Sache überprüfen lassen zu wollen, dem Urteil aber hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit Folge zu leisten. In der Sache könne § 167 Abs. 2 VwGO auf Leistungsklagen nicht entsprechend angewandt werden. Es müsse keine höhere Sicherheitsleistung festgesetzt werden, da der Antragstellerin überhaupt kein Schaden drohe.
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
II.
Auf den Antrag der Antragstellerin ist das Urteil des Verwaltungsgerichts gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 718 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung in seinem Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern.
Über den gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 718 Abs. 1 ZPO statthaften und auch im Übrigen zulässigen Antrag kann der Senat im Beschlussweg ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Nach § 718 Abs. 1 ZPO ist in der Berufungsinstanz über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf Antrag vorab zu verhandeln und zu entscheiden. Diese Vorschrift bezieht sich nicht nur auf den Fall, dass das Berufungsgericht erstmalig über die vorläufige Vollstreckbarkeit entscheidet, sondern auch darauf, dass ein Beteiligter eine Entscheidung der ersten Instanz in der Hauptsache und wegen deren Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit anficht (Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 718 ZPO RdNr. 1). Im letzteren Fall soll durch die Vorschrift des § 718 Abs. 1 ZPO die Möglichkeit geschaffen werden, die Beteiligten vor den unter Umständen wirtschaftlich schwerwiegenden Auswirkungen einer fehlerhaften Vollstreckbarkeitsentscheidung in der erstinstanzlichen Entscheidung zu bewahren (Krüger, in: Münchener Kommentar zur ZPO, Band 2, 2. Aufl., § 718 ZPO RdNr. 1). Diese im Verwaltungsprozess gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprechend anwendbare Vorschrift (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.08.1974 - VII B 60.74 -, Buchholz 310 § 167 VwGO Nr. 5) ist auch im Verfahren auf Zulassung der Berufung analog anzuwenden (Thür. OVG, Beschluss vom 06.03.2002 - 1 ZKO 743/01 -, NVwZ-RR 2002, 907; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17.10.2007 - 2 P 237/07 -, NVwZ-RR 2008, 366). Denn anderenfalls entstünde eine Regelungslücke, die dem oben genannten Sinn des § 718 Abs. 1 ZPO widersprechen würde. Der eine Vorabentscheidung begehrende Beteiligte müsste bei einer fehlerhaften erstinstanzlichen Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit - je nach seiner Stellung als Vollstreckungsschuldner oder -gläubiger - entweder die Zwangsvollstreckung gegen sich hinnehmen oder mit der Zwangsvollstreckung zuwarten, bis über den Antrag auf Zulassung der Berufung entschieden ist, obwohl der Gesetzgeber dem Rechtsmittelgericht mit § 718 Abs. 1 ZPO erkennbar ein Mittel an die Hand gegeben hat, Fehler der ersten Instanz im Zusammenhang mit der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit zu korrigieren. Die Befugnis des Senats, im Beschlussweg ohne mündliche Verhandlung über den Antrag der Antragstellerin zu entscheiden, folgt bei der gebotenen entsprechenden Anwendung des § 718 Abs. 1 ZPO im Stadium des Verfahrens auf Zulassung der Berufung daraus, dass in diesem Verfahren nur die prozessuale Handlungsmöglichkeit des Beschlusses zur Verfügung steht (Thür. OVG, Beschluss vom 06.03.2002; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17.10.2007, jew. a.a.O.).
Die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Antrag nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 718 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Die Antragstellerin hat einen wirksamen Antrag bei dem Senat gestellt und die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts beantragt. Entgegen der Ansicht der Antragsgegner hat die Antragstellerin auch durch ihr Verhalten - etwa bei dem von den Antragsgegnern näher dargestellten Gespräch am 28.10.2011 - nicht einen Verzicht auf die Möglichkeit der Antragstellung nach § 718 Abs. 1 ZPO zu erkennen gegeben, was gegebenenfalls dazu führen könnte, das Rechtsschutzbedürfnis für einen solchen Antrag in Frage zu stellen. Auch wenn die Vertreter der Antragstellerin erklärt haben sollten, das Urteil des Verwaltungsgerichts „umsetzen“ zu wollen, schließt dies die Inanspruchnahme von Rechtsmitteln gegen dieses Urteil und von anderweitigen gesetzlich vorgesehenen Korrekturmöglichkeiten nicht aus. In den Schreiben der Vertreter der Antragstellerin vom 24.10. und 26.10.2011 an den Vertreter des Antragsgegners wird insoweit lediglich ausdrücklich erklärt, dass selbstverständlich unverzüglich alles in die Wege geleitet werde, um das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen umzusetzen; dies gelte „allerdings nur solange, wie das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen Bestand habe und die Voraussetzungen für die Vollstreckbarkeit auch tatsächlich vorliegen“.
10 
Der von der Antragstellerin gestellte Antrag auf Vorabentscheidung ist auch begründet. Bei der Entscheidung über diesen Antrag ist nicht auf die Erfolgsaussichten des Antrags auf Zulassung der Berufung oder einer zugelassenen Berufung abzustellen. Prüfungsmaßstab für die Vorabentscheidung ist allein, ob die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zur vorläufigen Vollstreckbarkeit nach Maßgabe der §§ 167 ff. VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO der rechtlichen Nachprüfung standhält (Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, § 167 VwGO RdNr. 147).
11 
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Beschluss vom 24.03.1999 - 9 S 3012/98 -, VBlBW 1999, 263) können nach § 167 Abs. 2 VwGO nicht bloß Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen lediglich wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden, sondern schließt § 167 Abs. 2 VwGO auch aus, Urteile auf allgemeine Leistungsklagen der vorliegenden Art über den Kostenausspruch hinaus für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Dem schließt sich der Senat für die Frage der Vollstreckbarkeit von Urteilen auf allgemeine Leistungsklagen an, die nicht die Verurteilung zu einer Geldleistung zum Gegenstand haben, sondern auf die Vornahme oder Unterlassung schlicht hoheitlichen Handelns erkennen (ebenso: Niedersächs. OVG, Urteil vom 18.01.2000 - 11 L 87/00 -, NVwZ 2000, 578; Teilurteil vom 30.08.1989 - 12 L 85/89 -, NVwZ 1990, 275; Pietzner, a.a.O., § 167 VwGO RdNr. 135; Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 5. Aufl. § 167 RdNr. 18; Wysk, VwGO, § 167 RdNr. 14; Wolfrum, NVwZ 1990, 236, 240; anderer Ansicht: Hess.VGH, Teilurteil vom 19.09.1989 - 2 S 576/89 -, NVwZ 1990, 272; differenzierend nach qualitativen Gesichtspunkten: Heckmann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 167 VwGO RdNr. 21; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 167 VwGO RdNr. 11).
12 
Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen: § 167 Abs. 1 VwGO verweist für die Frage der (vorläufigen) Vollstreckbarkeit auf die Vorschriften der §§ 708 ff. ZPO, die auch im Verwaltungsprozess entsprechend gelten, wenn sich aus der Verwaltungsgerichtsordnung nichts anderes ergibt. Durch diesen Vorbehalt soll die Berücksichtigung der Besonderheiten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und der darin zu beurteilenden Rechtsbeziehungen sichergestellt werden. Insoweit hat der Gesetzgeber in § 167 Abs. 2 VwGO ausdrücklich die vorläufige Vollstreckbarkeit von Urteilen, die auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen ergehen, geregelt und bestimmt, dass derartige Urteile nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden können. Hintergrund dieser Regelung ist, dass es dem Wesen staatlicher Verwaltung zuwiderläuft, wenn durch ein Urteil zu hoheitlichem Handeln angehalten werden soll, das noch nicht rechtskräftig ist und dessen Bestand mithin noch in Frage steht. In hoheitliche Verwaltung soll nur mit rechtskräftigen Entscheidungen eingegriffen werden, was den Grundsatz der Gewaltenteilung sichern soll. Bei Berücksichtigung dieses gesetzgeberischen Anliegens kann es aber nicht entscheidend darauf ankommen, ob das hoheitliche Verwaltungshandeln in der Form eines Verwaltungsaktes erfolgt, denn durch die Formenwahl erfährt dieses Handeln keine höhere Qualifikation (vgl. Wolfrum, a.a.O.). Vielmehr gelten diese Grundsätze gleichermaßen, wenn eine Behörde durch ein Leistungsurteil - wie hier - verpflichtet werden soll, die Ausübung einer hoheitlichen Tätigkeit zu unterlassen oder hoheitliche Maßnahmen vorzunehmen, so dass § 167 Abs. 2 VwGO insoweit auch auf Urteile, die auf allgemeine Leistungsklagen ergehen, entsprechend anzuwenden ist.
13 
Einer solchen Anwendung steht nicht entgegen, dass der Wortlaut des § 167 Abs. 2 VwGO die Leistungsklage nicht ausdrücklich erwähnt. Denn der Gesetzgeber ist beim Erlass des § 167 Abs. 2 VwGO davon ausgegangen, mit dieser Vorschrift alle verwaltungsgerichtlichen Urteile erfasst zu haben, die ein hoheitliches Handeln zum Gegenstand haben und ihrer Art nach vollstreckbar sind. Zum Zeitpunkt des Erlasses des § 167 Abs. 2 VwGO war die allgemeine Leistungsklage allenfalls als Geldleistungsklage geläufig, während die auf Vornahme oder Unterlassung schlicht hoheitlicher Handlungen gerichtete Leistungsklage erst später in das Blickfeld von Rechtsprechung und Schrifttum gelangte (vgl. dazu ausführlich: Pietzner, a.a.O., § 172 VwGO RdNr. 18).
14 
Mit dem Leistungsurteil des Verwaltungsgerichts ist der Antragstellerin ein Unterlassen schlicht hoheitlichen Handelns aufgegeben worden. Die Antragstellerin nimmt für sich in Anspruch, mit den nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts zu unterlassenden Äußerungen im Zusammenhang mit dem Bahnprojekt „Stuttgart 21/Neubaustrecke Wendlingen-Ulm“ ihr nach § 1 Abs. 1 IHKG obliegende Aufgaben wahrzunehmen. Solche Aufgaben verfolgt die Antragstellerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts und damit als Trägerin öffentlicher Verwaltung; dies gilt auch für das schlichte Verwaltungshandeln (vgl. Frentzel/Jäkel/Junge, IHKG, 7. Aufl., § 3 IHKG RdNr. 7). Dementsprechend haben die Antragsgegner auf dem Verwaltungsrechtsweg im Wege der allgemeinen Leistungsklage ihren Unterlassungsanspruch - erstinstanzlich erfolgreich - geltend gemacht. Die Frage, ob die Antragstellerin mit ihren streitbefangenen Äußerungen die Grenzen der ihr obliegenden Aufgaben überschritten hat, ist, wie bereits oben zum Prüfungsmaßstab ausgeführt, für die Beurteilung der Frage der vorläufigen Vollstreckbarkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils unerheblich.
15 
Soweit die Antragsgegner für den Fall, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil nur wegen der Kosten für vollstreckbar erklärt wird, meinen, die Antragstellerin könne trotz des entgegenstehenden Urteils des Verwaltungsgerichts in den nächsten Wochen sanktionslos ihre Äußerungen weiter tätigen, steht effektiver Rechtsschutz in Anbetracht der §§ 123, 168 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht in Frage (vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 24.03.1999, a.a.O.).
16 
Einer Kostenentscheidung bedarf es im Verfahren nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 718 Abs. 1 ZPO nicht.
17 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 718 Abs. 2 ZPO).

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

Tenor

Der angegriffene Beschluss wird geändert.

Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird auf 1.920 Euro festgesetzt.

Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10