Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 25. Juli 2017 - 3 Bf 96/15

bei uns veröffentlicht am25.07.2017

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 insoweit, als darin der Klage stattgegeben wird und soweit es die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ betrifft, geändert.

Die Klage wird insoweit, als sich der Kläger gegen die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ in dem Bescheid vom 11. Januar 2008 und dem Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 wendet, abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und des erstinstanzlichen Verfahrens, soweit dieses die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ betrifft.

Hinsichtlich der Kosten ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung von Leistungsbewilligungen.

2

Der Kläger ist examinierter Altenpfleger. Er war in der Vergangenheit – bis Juli 2007 – Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Hamburg. Nachdem er bis Juli 2002 in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden hatte, war er in der Folgezeit – vom 2. Juli 2002 bis zum 23. November 2003 – krankgeschrieben und bezog Krankengeld.

3

Der Kläger nahm als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr im Mai 2003 – während des Bezugs von Krankengeld – an einem viertägigen Lehrgang teil. Am 16. Mai 2003 beantragte er die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages gemäß § 14 Abs. 4 FeuerwG in Höhe von insgesamt 920,-- Euro (4 Tage á 230,-- Euro [Tageshöchstbetrag gemäß § 35 FeuerwV]) und gab dabei an, beruflich selbständig zu sein und regelmäßige Arbeitszeiten montags bis freitags jeweils von 8.00 Uhr bis 16.30 Uhr und samstags und sonntags jeweils von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr zu haben. Die Beklagte zahlte an den Kläger den pauschalen Anerkennungsbetrag wie beantragt aus. Ein schriftlicher Bewilligungsbescheid erging nicht.

4

Im September 2003 – ebenfalls noch während des Bezugs von Krankengeld – nahm der Kläger an einem Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr teil und beantragte in der Folge hierfür die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages in Höhe von 230,-- Euro. Auch hierbei gab er an, beruflich selbständig zu sein und regelmäßige Arbeitszeiten von 8.15 Uhr bis 16.00 Uhr zu haben. Die Beklagte zahlte an den Kläger den pauschalen Anerkennungsbetrag wie beantragt aus. Ein schriftlicher Bewilligungsbescheid erging nicht.

5

Im November 2003 unterzeichnete der Kläger einen Arbeitsvertrag mit einem Intensiv-Pflegedienst, in dem er sich verpflichtete, dort ab dem 1. Januar 2004 in Vollzeit (40 Stunden an sechs Tagen) zu arbeiten. Der Arbeitsbeginn wurde später einvernehmlich auf den 12. Januar 2004 verschoben.

6

Vom 9. Dezember 2003 bis 11. Januar 2004 war der Kläger arbeitslos gemeldet. Er bezog in dieser Zeit Arbeitslosengeld.

7

Nachdem der Kläger am 12. Januar 2004 seine neue Stelle angetreten hatte, wurde ihm bereits am 13. Januar 2004 mit sofortiger Wirkung gekündigt und er wurde bis zum 31. Januar 2004 von der Arbeit freigestellt. In dieser Zeit erhielt der Kläger den vereinbarten Lohn und er war krankenversichert.

8

Am 17. Januar 2004 erlitt der Kläger im Rahmen eines Einsatzes der Freiwilligen Feuerwehr eine Verletzung des Sprunggelenks. In der hierzu gefertigten Unfallanzeige vom 19. Januar 2004 ist als Beruf des Klägers „selbständig“ angegeben.

9

Erstmals unter dem 4. Februar 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten wegen des Unfalls vom 17. Januar 2004 die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages wegen Verdienstausfalls in der Zeit vom 18. Januar 2004 bis zum 13. Februar 2004. In dem Antragsformular bezeichnete er sich als „beruflich Selbständiger“ und gab 22 (fiktive) Arbeitstage sowie seine tägliche regelmäßige Arbeitszeit mit „20.00 bis 6.00 Uhr“ an. Dem Antrag legte er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum vom 19. Januar 2004 bis zum 13. Februar 2004 bei. Die Beklagte zahlte an den Kläger auf der Grundlage einer entsprechenden internen Auszahlungsanordnung den pauschalen Anerkennungsbetrag wie beantragt und unter Zugrundelegung des Tageshöchstbetrags in Höhe von insgesamt 5.060,-- Euro (22 x 230,-- Euro) aus. Dabei gingen die Sachbearbeiter bei der Beklagten davon aus, dass ein pauschaler Anerkennungsbetrag auch für Zeiten dienstunfallbedingter Arbeitsunfähigkeit gezahlt werden könne. Ein schriftlicher Bewilligungsbescheid erging nicht.

10

In der Folgezeit beantragte der Kläger bei der Beklagten wiederholt die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages, legte jeweils Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor und ging im Übrigen wie bei seinem Antrag vom 4. Februar 2004 vor. Die Beklagte erließ keine schriftlichen Bewilligungsbescheide, sondern zahlte an den Kläger auf der Grundlage entsprechender interner Auszahlungsanordnungen insgesamt 113.984,-- Euro wie folgt aus:

11


lfd. Nr.


Antrag


Zeitraum


Auszahlung-AO


Betrag (Euro)

1       

4.2.2004

18.1.2004 – 13.2.2004

5.2.2004

5.060,--

2       

4.3.2004

13.2.2004 – 5.3.2004

10.3.2004

4.140,--

3       

3.4.2004

19.3.2004 – 26.3.2004

27.4.2004

1.610,--

4       

23.4.2004

6.3.2014 – 18.3.2004

1.6.2004

2.070,--

5       

23.4.2004

27.3.2004 – 30.3.2004

1.6.2004

920,--

6       

23.4.2004

1.4.2004 – 30.4.2004

1.6.2004

5.060,--

7       

21.5.2004

1.5.2004 – 25.5.2004

1.6.2004

5.060,--

8       

24.6.2004

1.6.2004 – 26.6.2004

29.6.2004

5.060,--

9       

26.6.2004

28.6.2004 – 16.7.2004

29.6.2004

4.140,--

10    

20.7.2004

16.7.2004 – 20.8.2004

26.7.2004

6.440,--

11    

20.8.2004

20.8.2004 – 29.8.2004

25.8.2004

2.070,--

12    

30.8.2004

30.8.2004 – 30.9.2004

30.9.2004

5.750,--

13    

5.10.2004

1.10.2004 – 19.10.2004

3.11.2004

3.680,--

14    

19.10.2004

19.10.2004 – 1.11.2004

3.11.2004

2.760,--

15    

2.11.2004

1.11.2004 – 26.11.2004

29.11.2004

5.520,--

16    

7.12.2004

    27.11.2004 – 14.12.2004

22.12.2004

3.450,--

17    

14.12.2004

15.12.2004 – 5.1.2005

22.12.2004

3.680,--

18    

17.1.2005

6.1.2005 – 20.1.2005

3.2.2005

2.806,--

19    

3.2.2005

21.1.2005 – 16.2.2005

22.2.2005

4.994,--

20    

23.2.2005

16.2.2005 – 7.3.2005

23.3.2005

3.458,--

21    

9.3.2005

8.3.2005 – 22.3.2005

23.3.2005

2.842,--

22    

23.3.2005

22.3.2005 – 4.4.2005

27.4.2005

2.226,--

23    

28.4.2005

4.4.2005 – 29.4.2005

3.5.2005

4.838,--

24    

28.4.2005

29.4.2005 – 4.5.2005

3.5.2005

846,--

25    

4.5.2005

4.5.2005 – 19.5.2005

6.6.2005

2.382,--

26    

19.5.2005

20.5.2005 – 27.5.2005

6.6.2005

1.536,--

27    

11.6.2005

28.5.2005 – 6.7.2005

25.7.2005

7.220,--

28    

14.7.2005

7.7.2005 – 31.8.2005

2.9.2005

10.448,--

29    

7.9.2005

1.9.2005 – 21.9.2005

8.12.2005

3.918,--

12

Parallel zu der Gewährung pauschaler Anerkennungsbeträge bezog der Kläger bei der Hanseatischen Feuerwehr-Unfallkasse wegen des am 17. Januar 2004 erlittenen Unfalls im Zeitraum vom 19. Januar 2004 bis zum 17. Mai 2005 Verletztengeld in Höhe von insgesamt 43.309,-- Euro zzgl. Mehrleistungen. Auch hier hatte er bei der Antragstellung angegeben, beruflich selbständig zu sein. Ferner beantragte der Kläger im März 2004 – obwohl er fortlaufend krankgeschrieben war – bei der Bundesagentur für Arbeit einen monatlichen Existenzgründungszuschuss, der ihm für zwölf Monate in Höhe von monatlich 600,-- Euro (insgesamt 7.200,-- Euro) gewährt wurde. Zuvor hatte er im Februar 2004 ein Gewerbe angemeldet, das im Dezember 2004 wieder abgemeldet wurde.

13

Im Juni 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages wegen des Unfalls vom 17. Januar 2004, weil er in der Zeit vom 14. Mai 2007 bis zum 30. Juni 2007 krankgeschrieben war. Dieser Antrag veranlasste die Beklagte zu einer Überprüfung der Angelegenheit.

14

Mit Bescheid vom 23. Oktober 2007 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung eines weiteren pauschalen Anerkennungsbetrages ab: Die Leistung nach § 14 Abs. 4 FeuerwG werde nur an beruflich Selbständige geleistet. Der Kläger sei aber im Zeitpunkt seines Unfalls nicht selbständig gewesen. Im Übrigen werde nach § 14 Abs. 4 FeuerwG kein unfallbedingter Verdienstausfall gewährt. Derartige Leistungen würden von der Unfallversicherung gewährt. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch.

15

Auf die Mitteilung der Beklagten, dass beabsichtigt sei, die in der Vergangenheit erfolgten Bewilligungen aufzuheben, machte der Kläger geltend, er habe zum 5. Januar 2004 seine Stelle auf 50 % reduziert und habe sich ab dem 13. Januar 2004 vollständig auf seine Selbständigkeit konzentriert.

16

Mit Bescheid vom 11. Januar 2008 hob die Beklagte alle bislang ergangenen „Bescheide“ über die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages auf und forderte ihn zur Rückzahlung von insgesamt 115.134,-- Euro bis zum 8. Februar 2008 zzgl. (Verzugs-) Zinsen in Höhe des Basiszinssatzes ab dem 8. Februar 2008 für den Fall nicht rechtzeitiger Zahlung auf. Als Daten der „Bescheide“ gab sie für solche Auszahlungen, die nach dem Unfall des Klägers erfolgt waren, da jeweilige Datum der Auszahlungsanordnung an. Für die aufgrund der Einsätze im Mai 2003 und im September 2003 erfolgten Auszahlungen gab die Beklagte als Daten der „Bescheide“ das Datum der jeweiligen Antragstellung des Klägers an. Zur Begründung der Aufhebung und der Rückforderung verwies die Beklagte auf § 48 Abs. 2 HmbVwVfG und darauf, dass der Kläger wahrheitswidrig angegeben habe, beruflich selbständig zu sein. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch.

17

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. April 2009 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 23. Oktober 2007 zurück.

18

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 11. Januar 2008 zurück: Die Aufhebung der Bewilligungen beruhe auf § 48 Abs. 1 und 2 HmbVwVfG. Mangels Selbständigkeit habe der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen nach § 14 Abs. 4 FeuerwG gehabt. Im Mai 2003 bzw. im September 2003 sei er abhängig beschäftigt gewesen bzw. arbeitsunfähig krankgeschrieben gewesen. Zur Zeit des Dienstunfalls im Januar 2004 sei er abhängig beschäftigt gewesen. Seine anderslautenden Beteuerungen seien nicht glaubhaft. Für die ab Februar 2004 gewährten Leistungen komme hinzu, dass die Leistung nach § 14 Abs. 4 FeuerwG keine krankheitsbedingten Ausfallzeiten erfasse. Auch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift scheide aus. Auf Vertrauen könne sich der Kläger wegen § 49 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und 2 VwVfG nicht berufen. Die fehlerhafte rechtliche Bewertung durch die Beklagte trete hinter der vorsätzlichen Täuschung durch den Kläger zurück. Die Rückforderung zu viel gezahlter Leistungen beruhe auf § 49a Abs. 1 HmbVwVfG. Der geltend gemachte Zinsanspruch werde gemäß § 49a Abs. 3 HmbVwVfG festgesetzt und bleibe sowohl hinsichtlich des Zeitraums, für den er geltend gemacht werde, als auch hinsichtlich der Höhe hinter dem nach § 49a Abs. 3 HmbVwVfG Möglichen zurück.

19

Mit Urteil vom 21. April 2010 – nachdem die vorliegende Klage anhängig geworden ist – verurteilte das Amtsgericht Hamburg-St. Georg den Kläger wegen versuchten Betruges in 26 Fällen sowie wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Auf die Berufungen des Klägers und der Staatsanwaltschaft verurteilte das Landgericht Hamburg den Kläger mit Urteil vom 10. Februar 2011 wegen vollendeten Betruges in 27 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung. Dieses Urteil änderte das Hanseatische Oberlandesgericht mit Beschluss vom 17. August 2011 im Schuldspruch dahin, dass der Kläger des (vollendeten) Betruges in 23 Fällen schuldig sei; im Rechtsfolgenausspruch hob es das landgerichtliche Urteil mit den zugehörigen Feststellungen auf. Mit Urteil vom 6. Dezember 2011 verurteilte das Landgericht Hamburg den Kläger wegen Betruges in 23 Fällen und unter Einbeziehung einer (Freiheits-) Strafe aus einem im April 2010 gegen den Kläger wegen gemeinschaftlichen Betrugs ergangenen amtsgerichtlichen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstraße von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte.

20

Mit seiner am 18. Mai 2009 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht: Der Rückforderungsbescheid sei nicht hinreichend bestimmt, weil der Gesamtbetrag nicht nachvollziehbar aufgeschlüsselt werde. Er – der Kläger – sei zum Zeitpunkt seines Unfalls freiberuflich und damit selbständig tätig gewesen. § 14 Abs. 4 FeuerwG setze zudem gar keine Selbständigkeit voraus. Die Vorschrift sei im Übrigen auch einschlägig, wenn Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr Dienstausfall wegen eines Unfalls im Einsatz erlitten. Die Beklagte habe den Sachverhalt unzureichend ermittelt. Es werde die Einrede der Verjährung erhoben.

21

Der Kläger hat beantragt,

22

1. den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 11. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2009 aufzuheben,

23

2. die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2009 zu verpflichten, dem Kläger einen Anerkennungsbetrag in Höhe von 8.773,-- Euro zu leisten.

24

Die Beklagte hat beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Die Beklagte ist dem Vorbringen des Klägers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht entgegen getreten. Sie hat die Auffassung vertreten, es sei maßgeblich darauf abzustellen, dass der Kläger im Zeitpunkt des Dienstunfalls abhängig beschäftigt gewesen sei.

27

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 den Bescheid vom 11. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2009 aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen: Die angefochtenen Bescheide könnten, soweit darin Bewilligungsbescheide für die Vergangenheit aufgehoben würden, nicht auf § 48 HmbVwVfG gestützt werden. Die Beklagte habe gegenüber dem Kläger keine Verwaltungsakte erlassen. Bei den erstellten „Auszahlungsanordnungen“ handele es sich nicht um Verwaltungsakte. Gleiches gelte für die von der Landeshauptkasse veranlassten Buchungen zugunsten des Bankkontos des Klägers. Es sei auch kein „konkludenter“ Verwaltungsakt erlassen worden. Da die Beklagte mithin keine Verwaltungsakte habe aufheben können, gehe auch die auf § 49a HmbVwVfG gestützte Rückforderung ins Leere. Demgegenüber könne der Kläger nicht verlangen, dass die Beklagte ihm für den Zeitraum 14. Mai 2007 bis zum 30. Juni 2007 einen pauschalen Anerkennungsbetrag auszahle. § 14 Abs. 4 FeuerwG gebe keinen Anspruch bei dienstunfallbedingter Arbeitsunfähigkeit.

28

Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 17. August 2016 die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugelassen.

29

Mit ihrer am 12. September 2016 eingegangenen Berufungsbegründung macht die Beklagte insbesondere und vertiefend Ausführungen zu ihrer Auffassung, bei den jeweils auf die Anträge des Klägers hin erfolgten Auszahlungen habe es sich um Verwaltungsakte gehandelt.

30

Die Beklagte hat zunächst angekündigt, sie wolle beantragen, das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 insoweit, als darin der Klage stattgegeben wird, zu ändern und die Klage (insgesamt) abzuweisen. Nachdem der Kläger mitgeteilt hat, dass über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, hat der Senat das Verfahren mit Beschluss vom 7. Juni 2017 insoweit abgetrennt, als sich der Kläger gegen die Rückforderung (zzgl. Zinsen) in dem Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2008 und dem Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 wendet. Das Berufungsverfahren ist, soweit es den abgetrennten Gegenstand betrifft, nunmehr unter dem Aktenzeichen 3 Bf 113/17 anhängig.

31

Die Beklagte beantragt in dem vorliegenden Verfahren,

32

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 insoweit, als darin der Klage stattgegeben wird und soweit es die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ betrifft, zu ändern und die Klage insoweit, als sich der Kläger gegen die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ in dem Bescheid vom 11. Januar 2008 und dem Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 wendet, abzuweisen.

33

Der Kläger beantragt,

34

die Berufung zurückzuweisen.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens, auf die Gerichtsakte des abgetrennten Verfahrens (3 Bf 113/17), auf die Sachakten der Beklagten (zwei Bände) sowie auf die beigezogen Akten des Strafverfahrens (insgesamt fünf Bände) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

36

Der Senat ist nicht gehindert, über die vorliegende Berufung zu entscheiden, obwohl über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Zwar wird gemäß § 173 Satz 1 VwGO, § 240 Satz 1 ZPO das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Partei unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Auf die Anfechtung der von der Beklagten verfügten Aufhebung von Verwaltungsakten erstreckt sich die Unterbrechung indes nicht. Denn die Aufhebung begünstigender Verwaltungsakte ist ein rechtsgestaltender Akt, der den Erstattungsanspruch durch Beseitigung des Rechtsgrundes für die ursprüngliche Leistung erst entstehen lässt. Die Aufhebung stellt, anders als die Rückforderung, daher nicht die Verfolgung einer Forderung auf Befriedigung aus der Insolvenzmasse dar, die nur nach Maßgabe der insolvenzrechtlichen Vorschriften erfolgen darf, sondern sie ist Voraussetzung für eine solche Forderung und hiervon zu unterscheiden (vgl. zum Vorstehenden bereits OVG Hamburg, Beschl. v. 7.6.2017, 3 Bf 96/15, juris Rn. 4, m.w.N.).

37

Die zulässige Berufung ist begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung der Klage – in dem Umfang, in dem sie Gegenstand dieses Berufungsverfahrens ist – stattgegeben und den Rücknahmebescheid der Beklagten vom 11. Januar 2008 und den Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 aufgehoben. Denn die Klage ist, soweit sie Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist, unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind, soweit sie Gegenstand dieses Berufungsverfahrens sind, rechtmäßig (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil die Beklagte darin die gegenüber dem Kläger erfolgten Bewilligungen zu Recht zurückgenommen hat.

I.

38

Rechtsgrundlage für die Rücknahme der zugunsten des Klägers erfolgten Bewilligungen ist § 48 Abs. 1 HmbVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt zurückgenommen werden, bei begünstigenden Verwaltungsakten allerdings nur unter den Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 bis 4 HmbVwVfG. Die Rücknahmevoraussetzungen sind vorliegend erfüllt: Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger begünstigende Verwaltungsakte erlassen (hierzu 1.). Diese waren rechtswidrig (hierzu 2.). Der Rücknahme steht kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers entgegen (hierzu 3.). Die Rücknahme war auch nicht verfristet (hierzu 4.). Die Beklagte hat das Rücknahmeermessen fehlerfrei ausgeübt (hierzu 5.).

39

1. Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger begünstigende Verwaltungsakte erlassen, indem sie ihm auf seine entsprechenden Anträge hin pauschale Anerkennungsbeträge gemäß § 14 Abs. 4 FeuerwG bewilligt hat.

40

Allerdings hat das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt, dass gegenüber dem Kläger keine schriftlichen (Bewilligungs-) Bescheide ergangen sind. Ebenfalls zutreffend ist es, dass es sich bei den von der Beklagten gefertigten (internen) Auszahlungsanordnungen nicht um Verwaltungsakte i.S.v. § 35 Satz 1 HmbVwVfG gehandelt hat, weil diese nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet gewesen sind. Der erkennende Senat teilt demgegenüber nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, auch in den von der Beklagten auf die jeweiligen Anträge des Klägers hin veranlassten Auszahlungen des Geldes lägen keine außenwirksamen Regelungen i.S.v. § 35 Satz 1 HmbVwVfG.

41

Der Auszahlung von Geld, auch wenn sie – wie hier – in unbarer Form durch Überweisung erfolgt, fehlt allerdings für gewöhnlich die für das Vorliegen eines Verwaltungsaktes konstitutive Regelungswirkung. Denn die Behörde hat die auf die Begründung eines Anspruchs des Empfängers gerichteten Willenserklärungen regelmäßig bereits im Vorwege durch Bescheid (oder Vertrag) abgegeben. In derartigen Fällen ist die Auszahlung einer Geldleistung für den Zahlungsempfänger nach ihrem objektiven Sinngehalt gerade nicht auf eine unmittelbare und verbindliche Festlegung von Rechten und Pflichten gerichtet, sondern es handelt sich um eine bloße schlicht-hoheitliche Maßnahme ohne Regelungswirkung, d.h. um eine Maßnahme, die den Vollzug einer zuvor ergangenen Regelung darstellt.

42

Anders kann es aber dort sein, wo der Auszahlung keine (schriftliche oder anderweitig zum Ausdruck gebrachte) Bewilligung vorausgeht. Wird eine Leistung beantragt, und erfolgt daraufhin eine Auszahlung der Leistung, ohne dass zuvor eine ausdrückliche Bewilligung vorgenommen wurde, so kommt es in Betracht, die Zahlung nicht lediglich als einen schlicht-hoheitlichen Realakt, sondern (auch) als konkludenten Verwaltungsakt anzusehen. Denn die Zahlung schließt dann die Entscheidung ein, ob und in welcher Höhe gezahlt werden soll. Mit ihr wird gleichzeitig festgestellt, dass dem Leistungsempfänger der der Zahlung zugrunde liegende Anspruch zusteht. Dies kann jedenfalls und zumal dann gelten, wenn der Auszahlung – wie hier aufgrund der Notwendigkeit, im Antrag verschiedene Angaben zu machen, um die Berechtigung und die Höhe des Anspruchs beurteilen zu können – eine behördliche Prüfung vorausgeht und dies für den Leistungsempfänger erkennbar ist (vgl. hierzu OVG Weimar, Urt. v. 18.11.2009, 1 KO 693/07, BauR 2010, 893, juris Rn. 26; siehe auch OVG Berlin, Urt. v. 27.3.1981, 2 B 21/79, NVwZ 1982, 253, juris Ls). In derartigen Fällen muss auch der Leistungsempfänger die Auszahlung regelmäßig dahin verstehen, dass mit ihr gleichzeitig die Bekanntgabe einer auf seinen Antrag hin erfolgten Bewilligungsentscheidung verbunden ist, d.h. die konkludente Mitteilung, dass seinem Antrag stattgegeben wird (vgl. BSG, Urt. v. 25.3.2003, B 1 KR 36/01 R, BSGE 91, 39, juris Rn. 11, m.w.N. [Auszahlung von Krankengeld]; BFH, Urt. v. 1.3.1974, VI R 253/70, BFHE 111, 457, juris Rn. 7 [Erstattung von Steuern]; VG Magdeburg, Urt. v. 5.12.2012, 1 A 142, 11, juris Rn. 17 [Auszahlung von Lohnersatzleistungen]; VG München, Urt. v. 1.3.2011, M 16 K 10.6145, juris Rn. 32 ff. [Auszahlung einer Prüfervergütung]; VG Braunschweig, Urt. v. 6.3.2003, 3 A 95/01, juris Rn. 18 [Auszahlung von Sozialleistungen]; vgl. auch FG Münster, Urt. v. 12.6.2013, 10 K 1551/11 Kg, juris Rn. 20 [Auszahlung von Kindergeld]; s. ferner Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 37 Rn. 20; Tiedemann, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, Stand: 1. Januar 2017, § 37 Rn. 34; offen gelassen bei BVerwG, Urt. v. 14.7.1998, 5 C 2.97, DVBl. 1998, 1135, juris Rn. 11; anders – zu einem anders gelagerten Sachverhalt –: OVG Weimar, a.a.O.; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 89; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, Anh. § 42 Rn. 26).

43

Nach den vorstehenden Maßgaben misst der erkennende Senat den von der Beklagten auf die jeweiligen Anträge des Klägers hin veranlassten Auszahlungen des Geldes Verwaltungsaktqualität i.S.v. § 35 Satz 1 HmbVwVfG zu. Der Kläger hat jeweils die Gewährung von pauschalen Anerkennungsbeträgen beantragt und hierbei Angaben über die Zeiträume, für die die Leistung beantragt wird, über die Höhe der beanspruchten Leistung sowie über weitere anspruchsrelevante Umstände (Beschäftigungsstatus, Krankschreibung) gemacht. Die Beklagte hat daraufhin Auszahlungen zu Gunsten des Klägers getätigt, ohne zuvor gesonderte Bewilligungsbescheide zu erlassen. Aufgrund seiner gestellten Anträge und der darin von ihm gemachten Angaben musste sich dem Kläger aufdrängen, dass nach dem objektiven Erklärungsgehalt der zu seinen Gunsten erfolgten Auszahlungen mit diesen auch entsprechende Bewilligungen seiner Anträge verbunden waren (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 14.7.1998, 5 C 2.97, DVBl. 1998, 1135, juris Rn. 11). Er selber hatte wiederholt bei der Beklagten nachgefragt, ob dort alle für die Auszahlung erforderlichen Unterlagen und Angaben vorhanden seien oder ob Weiteres nachgereicht werden müsse. Davon, dass die Beklagte die Auszahlungen nicht soz. automatisch vornahm, sondern die Anträge einer – in vielerlei Hinsicht unzutreffenden und unzureichenden (hierzu i.E. sogleich unter 2.) – Prüfung unterzog, ging demnach auch der Kläger aus. Dem kann, anders als dies der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vertreten hat, nicht entgegen gehalten werden, dass den Auszahlungen der Inhalt der damit verbundenen Regelungen und die hierbei angenommenen tatsächlichen und rechtlichen Umstände nicht entnommen werden konnten. Gegenstand der Regelungen war nur die jeweilige Bewilligung der zuvor jeweils beantragten Leistung in einer bestimmten Höhe. Diese Regelungsinhalte ergaben sich aus den Auszahlungen ohne Weiteres. Die den Bewilligungsentscheidungen zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Umstände sind nicht Teil der jeweiligen Regelung, sondern sie betreffen ihre – vorliegend verzichtbare (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 1 und 2 HmbVwVfG) – Begründung.

44

Die Gründe, die das Verwaltungsgericht zu seiner anderslautenden, die Eigenheiten des vorliegenden Einzelfalls von vornherein unbeachtet lassenden Auffassung veranlasst haben, vermögen den erkennenden Senat nicht zu überzeugen. Die Annahme, dass „die Rechtsfigur eines ´konkludenten Verwaltungsaktes` (...) mit den gesetzlichen Vorschriften über das Verwaltungsverfahren nicht im Einklang“ stehe, übersieht, dass ein Verwaltungsakt nach § 37 Abs. 2 Satz 1 HmbVwVfG nicht nur schriftlich und mündlich, sondern auch in anderer Weise – etwa durch konkludentes Verhalten – erlassen werden kann. Es überzeugt auch nicht, aus dem Vorliegen schriftlicher Anträge abzuleiten, dass eine Bewilligung dieser Anträge stets nur in schriftlicher Form habe erfolgen können. Für die Annahme, dass über schriftliche Anträge nur schriftlich entschieden werden kann, gibt es keine gesetzlichen Anknüpfungspunkte (anders – ohne nähere Begründung – aber Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 37 Rn. 50).

45

2. Die Bewilligungen pauschaler Anerkennungsbeträge nach § 14 Abs. 4 FeuerwG waren rechtswidrig. Ein Anspruch auf Zahlung eines pauschalen Anerkennungsbetrages besteht von vornherein nicht für krankheitsbedingte Ausfallzeiten (hierzu a]). Dessen ungeachtet hatte der Kläger im gesamten vorliegend relevanten Zeitraum keinen Verdienstausfall i.S.v. § 14 Abs. 4 Satz 1 FeuerwG, der die Auszahlung pauschaler Anerkennungsbeträge hätte rechtfertigen können (hierzu b]).

46

a) Ein Anspruch auf Zahlung eines pauschalen Anerkennungsbetrages nach § 14 Abs. 4 FeuerwG besteht von vornherein nicht für krankheitsbedingte Ausfallzeiten.

47

Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 FeuerwG ist Voraussetzung für die Gewährung des pauschalen Anerkennungsbetrages, dass erwerbstätige Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren einen Verdienstausfall „durch Ausübung des Dienstes im Sinne des Absatz 2 Satz 1“ erleiden. Hierunter fallen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG nur Einsätze, Übungen, Lehrgänge, Aus- oder Fortbildungen oder sonstige dienstliche Veranstaltungen. Berufliche Ausfallzeiten aufgrund von Krankheit – auch wenn diese mittelbar auf einem „Dienst“ i.S.v. § 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG beruhen – sind demgegenüber in § 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG nicht genannt, sondern sie werden in § 15 Abs. 1 Buchstabe b) FeuerwG von Dienstzeiten i.S.v. § 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG unterschieden. Sie führen danach weder dazu, dass Arbeitnehmer einen Freistellungs- und Lohnfortzahlungsanspruch gegen ihre Arbeitgeber nach § 14 Abs. 2 FeuerwG haben, noch dazu, dass erwerbstätige Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren, die nicht Arbeitnehmer i.S.v. § 14 Abs. 2 FeuerwG sind, einen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nach § 14 Abs. 4 FeuerwG haben.

48

Auch systematisch-teleologische Erwägungen sprechen dagegen, dass § 14 Abs. 4 FeuerwG einen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag im Fall krankheitsbedingter Ausfallzeiten bereitstellt. § 14 Abs. 4 FeuerwG dient dem Zweck, Benachteiligungen von erwerbstätigen Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr zu vermeiden, die nicht Arbeitnehmer sind und deshalb – anders als Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr, die Arbeitnehmer sind – keinen Lohnfortzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber nach § 14 Abs. 2 Satz 2 FeuerwG haben. Die Vorschrift will die erwerbstätigen Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr, die nicht Arbeitnehmer sind, aber auch nicht gegenüber Arbeitnehmern privilegieren. Dies wäre indes die Folge, wäre § 14 Abs. 4 FeuerwG auch im Fall krankheitsbedingter Ausfallzeiten einschlägig. Wie § 15 Abs. 1 FeuerwG, der zwischen Ausfallzeiten nach § 14 Abs. 2 FeuerwG und solchen aufgrund von Arbeitsunfähigkeit unterscheidet, nämlich deutlich macht, haben Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr, die Arbeitnehmer sind, nach § 14 Abs. 2 Satz 2 FeuerwG gerade keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, die auf den Dienst in einer Freiwilligen Feuerwehr zurückzuführen ist.

49

Weitere teleologische Erwägungen stützen die vorstehende Auslegung. Die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren sind in der gesetzlichen Unfallversicherung, deren Träger die Feuerwehr-Unfallkassen sind (vgl. § 114 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB VII), pflichtversichert. Erleiden sie (in Ausübung ihres Dienstes) einen Unfall und werden sie in der Folge arbeitsunfähig, haben sie Anspruch auf Verletztengeld (§§ 45 ff. SGB VII). Dieses wird grundsätzlich für die gesamte Zeit der Arbeitsunfähigkeit gezahlt (vgl. § 46 Abs. 3 SGB VII) und orientiert sich seiner Höhe nach am Krankengeld nach §§ 44 ff. SGB V (vgl. § 47 SGB VII). Es handelt sich bei dem Verletztengeld danach, ebenso wie beim Krankengeld, um eine Entgeltersatzleistung, die den Ausfall von Einkommen infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ausgleichen soll (vgl. BSG, Urt. v. 1.3.2011, B 7 AL 26/09 R, BSGE 108, 1, juris Rn. 16). Die Existenz dieser Leistung – die der Kläger im Übrigen ebenfalls in Anspruch genommen hat – lässt es als ausgeschlossen erscheinen, dass eine gleichgelagerte Leistung auch auf landesrechtlicher Ebene zur Verfügung gestellt wird. Es ist nicht ersichtlich, dass der (Landes- ) Gesetzgeber – ungeachtet der Frage, ob er hierfür überhaupt die Kompetenz hätte (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG) – die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren insoweit doppelt absichern wollte mit der Folge, dass diese im Fall dienstunfallbedingter Ausfallzeiten in der Summe einen Zahlungsanspruch hätten, der den regulären Verdienst bei Weitem übersteigen würde.

50

b) Ungeachtet der unter a) angestellten Erwägungen hatte der Kläger im gesamten vorliegend relevanten Zeitraum keinen Verdienstausfall i.S.v. § 14 Abs. 4 Satz 1 FeuerwG, der die Auszahlung pauschaler Anerkennungsbeträge hätte rechtfertigen können.

51

Voraussetzung für die Gewährung des pauschalen Anerkennungsbetrages ist nach § 14 Abs. 4 Satz 1 FeuerwG, dass das Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, das den Anspruch geltend macht, einen Verdienstausfall erlitten hat, der im Übrigen glaubhaft zu machen ist. Einen Verdienstausfall aufgrund seiner Tätigkeit im Dienst der Freiwilligen Feuerwehr und später aufgrund seiner dienstunfallbedingten Arbeitsunfähigkeit – unterstellt, Letzteres könnte dem Grunde nach einen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nach § 14 Abs. 4 FeuerwG begründen – hat der Kläger aber nicht glaubhaft gemacht, weil er gar keinen Verdienstausfall erlitten hat:

52

aa) Dies gilt zunächst für die Zeiten im Mai 2003 und im September 2003, in denen der Kläger an einem Lehrgang bzw. an einem Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr teilgenommen hat. Der Kläger war seinerzeit nicht erwerbstätig, sondern er war krankgeschrieben und bezog Krankengeld. Dass er, hätte er nicht an dem betreffenden Lehrgang (Mai 2003) bzw. an dem betreffenden Einsatz (September 2003) teilgenommen, (selbständig) erwerbstätig gewesen wäre und einen Verdienst erzielt hätte, ist mit Blick auf den durchgängigen, auch nach dem Lehrgang bzw. Einsatz jeweils ohne Unterbrechung fortgesetzten Bezug von Krankengeld nicht ersichtlich und wird auch von dem Kläger selbst nicht vorgetragen. Für seine auf den entsprechenden Antragsformularen vom 16. Mai 2003 bzw. vom 30. September 2003 eingetragenen „regelmäßigen Arbeitszeiten“ gibt es, zumal mit Blick darauf, dass der Kläger bereits seit Juli 2002 krankgeschrieben war und Krankengeld bezog, keine Grundlage.

53

bb) Für die Zeit vom 18. Januar 2004 bis zum 31. Januar 2004 hat der Kläger auch keinen Verdienstausfall erlitten. Er war in dieser Zeit abhängig beschäftigt und bezog das vereinbarte Arbeitsentgelt, und zwar auch während der Zeit seiner einsatzbedingten Verhinderung (§ 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG) und für die nachfolgende Zeit seiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EntgFG). Auch für eine „nebenberufliche“ selbständige Tätigkeit mit der Möglichkeit zusätzlicher Einnahmen in dem vorstehend genannten Zeitraum gibt es keine Anhaltspunkte (vgl. hierzu nachfolgend unter cc]), zumal der Kläger hierzu arbeitsvertraglich gar nicht berechtigt gewesen wäre, da es hierfür der schriftlichen Zustimmung des Arbeitsgebers bedurft hätte (vgl. Bl. 222 der Akte des Strafverfahrens), die nicht vorlag (vgl. hierzu das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Februar 2011, dort S. 5, 18 [Bl. 404 der Akte des Strafverfahrens]).

54

cc) Auch in der Zeit ab 1. Februar 2004 (bis zum 21. September 2005) hat der Kläger keinen Verdienstausfall erlitten. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in dieser Zeit selbständig tätig gewesen wäre und einen Verdienst erzielt hätte, wäre er nicht arbeitsunfähig gewesen.

55

Der Kläger war seit Juli 2002 und bis Ende November 2003 krankgeschrieben und bezog in dieser Zeit Krankengeld. Dass er in dieser Zeit selbständig tätig gewesen ist oder auch nur Aktivitäten zur Vorbereitung einer selbständigen Tätigkeit entfaltet hat, ist nicht erkennbar und wird auch vom Kläger nicht ernsthaft behauptet (s.o. unter aa]). Anschließend war er für ca. zwei Wochen weder beschäftigt, noch bezog er anderweitige Leistungen, bevor er ab dem 9. Dezember 2003 und bis zum Beginn seiner abhängigen Beschäftigung zum 12. Januar 2004 Arbeitslosengeld bezog. Eine selbständige Tätigkeit ist auch in diesem Zeitraum nicht zu verzeichnen.

56

Der gegenteiligen Behauptung des Klägers, er sei nach dem Ende seiner Krankschreibung selbständig tätig gewesen bzw. er habe seine zukünftige selbständige Tätigkeit (für die Zeit nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses) vorbereitet, schenkt der erkennende Senat keinen Glauben. Vielmehr folgt der Senat den überzeugenden und nachvollziehbaren Feststellungen in dem insoweit rechtkräftig gewordenen Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Februar 2011 (dort vor allem S. 6 ff., 13 ff., Bl. 392 ff., 400 ff. der Akte des Strafverfahrens). Dieses hat insbesondere belegt, dass der Kläger seine angebliche selbständige Tätigkeit und seinen hierbei erzielten Verdienst durch Vorlage von vier Rechnungen zu beweisen versucht hat, die sich allerdings als Totalfälschungen entpuppt haben. Es hat ferner festgestellt, dass es – abgesehen von den gefälschten Rechnungen – keine Hinweise oder gar Belege dafür gibt, der Kläger sei nach seiner bis November 2003 andauernden Krankschreibung selbständig tätig gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass die im Strafverfahren getroffenen Feststellungen unrichtig sind, liegen nicht vor. Auch der Kläger trägt keine neuen Gesichtspunkte vor, die die vom Landgericht getroffenen Feststellungen als zweifelhaft erscheinen ließen. Vor diesem Hintergrund kann der Senat seiner Entscheidung die Feststellungen aus dem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Februar 2011 ohne weitere eigene Ermittlungen zugrunde legen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.9.1981, 7 B 188.81, Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 60, juris Rn. 7; VGH München, Beschl. v. 5.3.2014, 22 ZB 12.2174, GewArch 2014, 444, juris Rn. 28; siehe auch OVG Koblenz, Urt. v. 9.5.1989, 6 A 124/88, NJW 1990, 1553, juris Rn. 40).

57

War der Kläger danach bis zu seinem Dienstunfall nicht selbständig tätig, so fehlt jede Grundlage dafür, eine – durch den Dienstunfall vereitelte – selbständige Tätigkeit und entsprechende Einnahmen hieraus für die Zeit nach dem Dienstunfall anzunehmen. Die von dem Kläger in den jeweiligen Antragsformularen eingetragenen „regelmäßigen Arbeitszeiten“ und der darin angegebene angebliche Verdienstausfall entbehren erneut jeder Grundlage, weil der Kläger zu keinem Zeitpunkt – weder vor noch nach seinem Unfall – in dieser Weise und in entsprechendem Umfang selbständig tätig gewesen ist. Allein die Vorstellung des Betroffenen, während der „Dienstzeiten“ i.S.v. § 14 Abs. 4 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 FeuerwG in einer bestimmten Weise, in einem bestimmten Umfang und mit einem fiktiv ersonnenen Verdienst beruflich tätig sein zu können, ohne dass es hierfür einen Anknüpfungspunkt in der bisherigen Erwerbsbiographie gibt, kann einen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nach § 14 Abs. 4 FeuerwG weder ganz noch teilweise begründen. Denn diese Leistung dient der Kompensation eines tatsächlich erlittenen und nicht eines allenfalls theoretisch denkbaren Verdienstausfalls.

58

3. Der mit den angefochtenen Bescheiden verfügten Rücknahme steht kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers entgegen.

59

Allerdings kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 HmbVwVfG nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Verwaltungsakt vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 2 HmbVwVfG ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn – was vorliegend anzunehmen ist – der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht hat oder nicht mehr (ohne Weiteres) rückgängig zu machende Vermögensdispositionen getroffen hat.

60

Der Kläger kann sich indes nicht auf Vertrauen berufen. Auf Vertrauen kann sich nicht berufen, wer den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt hat (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG), wer den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 HmbVwVfG), oder wer die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 HmbVwVfG). Alle der in § 48 Abs. 2 Satz 3 HmbVwVfG genannten Tatbestände sind vorliegend erfüllt:

61

a) Eine arglistige Täuschung i.S.v. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG liegt dann vor, wenn der Täuschende erkennt und in Kauf nimmt, dass die Behörde auf Grund seines Verhaltens für sie wesentliche Umstände als gegeben ansieht, die in Wahrheit nicht vorliegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.9.1985, 2 C 30.84, DVBl. 1986, 148, juris Rn. 24).

62

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten im Rahmen seiner Anträge wahrheitswidrig angegeben, er sei beruflich selbständig, und hierbei „regelmäßige“ Arbeitszeiten angegeben, die jeder Grundlage entbehren. Diese Angaben des Klägers haben bei der Beklagten zu der irrtümlichen Vorstellung geführt, der Kläger habe als beruflich Selbständiger Anspruch auf die Leistung nach § 14 Abs. 4 FeuerwG. Dass es für die Beklagte – und für den Kläger erkennbar – entscheidend auf die Selbständigkeit ankam, zeigt sich bereits daran, dass sich die dortigen Antragsformulare ausdrücklich an „beruflich Selbständige“ richten. Dem kann nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass – worauf der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat – bei der Beklagten nicht geprüft bzw. in Frage gestellt worden ist, ob die Angabe des Klägers, beruflich selbständig zu sein, tatsächlich zutrifft. Denn dies ändert nichts daran, dass die handelnden Sachbearbeiter bei der Beklagten davon ausgegangen sind, die Angaben des Klägers zu seiner angeblichen beruflichen Selbständigkeit träfen zu. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn auch die Sachbearbeiter bei der Beklagten davon ausgegangen wären, dass der Kläger in Wahrheit nicht beruflich selbständig war, seine Angaben also unrichtig waren. Hierfür gibt es aber keine Anhaltspunkte, und namentlich das Landgericht Hamburg hat in seinem insoweit rechtskräftig gewordenen Urteil vom 10. Februar 2011 auch keine dahingehenden Feststellungen getroffen, sondern im Gegenteil festgestellt, die Sachbearbeiter bei der Beklagten hätten „der weitergehenden Behauptung des Angeklagten, er würde als beruflich Selbständiger dienstbedingten Arbeitsausfall erleiden“, vertraut, „ohne dass sie (...) die angebliche Selbständigkeit noch weiter überprüften“ (vgl. UA S. 7 [Bl. 393 der Akte des Strafverfahrens]). Einen anderen diesbezüglichen Sachverhalt hat im Übrigen auch das Amtsgericht Hamburg-St. Georg in seinem später geänderten Urteil vom 21. April 2010 nicht festgestellt, sondern den betreffenden Sachverhalt lediglich abweichend (straf-) rechtlich gewürdigt (vgl. UA S. 6 f. und 15 f. [Bl. 303 ff. der Akte des Strafverfahrens]).

63

Die Unrichtigkeit seiner Angaben war dem Kläger auch bekannt. Dies wird nicht zuletzt dadurch deutlich, dass er im Strafverfahren die behauptete Selbständigkeit mithilfe von Unterlagen zu belegen versucht hat, bei denen es sich um Totalfälschungen handelte. Ein bloßer Rechts- oder Subsumtionsirrtum, d.h. ein Irrtum darüber, was unter beruflicher Selbständigkeit zu verstehen ist, erscheint vor diesem Hintergrund ausgeschlossen (vgl. hierzu auch das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Februar 2011, dort S. 18 [Bl. 404 der Akte des Strafverfahrens]).

64

Es fehlt auch nicht an der nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG erforderlichen Kausalität („... durch arglistige Täuschung erwirkt“). Zwar hätte der Kläger – ungeachtet des Fehlens einer selbständigen Erwerbstätigkeit – ohnehin keinen Anspruch nach § 14 Abs. 4 FeuerwG gehabt, weil ein Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nicht für krankheitsbedingte Ausfallzeiten besteht (vgl. oben zu 2 a]). Indes kann die Täuschung des Klägers nicht hinweggedacht werden, ohne dass die von der Beklagten vorgenommenen Bewilligungen entfielen. Hätte der Kläger nämlich offenbart, dass er nicht beruflich selbständig war und hierdurch auch keinen entsprechenden Verdienstausfall erlitten hat, hätte die Beklagte den pauschalen Anerkennungsbetrag ungeachtet ihres Rechtsirrtums nicht bewilligt. Umgekehrt hätte die Fehlvorstellung der Beklagten, dass der pauschale Anerkennungsbetrag auch für Zeiten dienstunfallbedingter Arbeitsunfähigkeit gewährt werden kann, nicht die Bewilligungen zu Gunsten des Klägers zufolge gehabt, wenn dieser nicht angegeben hätte, beruflich Selbständiger sei.

65

b) Der Kläger hat die mit den angefochtenen Bescheiden zurückgenommenen Bewilligungen durch Angaben erwirkt, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 HmbVwVfG. Er hat im Rahmen seiner Antragstellungen angegeben, er sei beruflich selbständig, habe – jeweils konkret bezeichnete – regelmäßige Arbeitszeiten und aufgrund seiner dienstunfallbedingten Arbeitsunfähigkeit einen Verdienstausfall erlitten. Diese Angaben waren unrichtig. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter a) sowie unter 2. b) Bezug genommen. Dass der Kläger die Unrichtigkeit seiner Angaben auch kannte, spielt im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 HmbVwVfG keine Rolle, denn die Vorschrift setzt ein Verschulden nicht voraus und es kommt somit nicht darauf an, ob der Betroffene die Unrichtigkeit der in seiner Sphäre liegenden Angaben, auf die die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts zurückzuführen ist, kannte oder hätte kennen müssen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.5.1998, 9 B 1134.97, juris Rn. 5; Urt. v. 14.8.1986, 3 C 9.85, BVerwGE 74, 357, juris Rn. 29).

66

Der Kläger hat die zurückgenommenen Bewilligungen auch durch seine unrichtigen Angaben „erwirkt“. Der Grund für die Rechtswidrigkeit der Bewilligungen, die die Beklagte zur Rücknahme veranlasst haben, liegt in den falschen Angaben des Klägers. Hätte der Kläger keine unzutreffenden Angaben gemacht, hätte die Beklagte den pauschalen Anerkennungsbetrag nicht wiederholt zugunsten des Klägers bewilligt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter a) Bezug genommen.

67

c) Der Kläger kannte überdies die Rechtswidrigkeit der von der Beklagten zu seinen Gunsten vorgenommenen Bewilligungen des pauschalen Anerkennungsbetrages, § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 HmbVwVfG. Dies muss schon deshalb angenommen werden, weil er bewusst falsche Angaben gemacht hat (s.o. unter a]). Damit kann er nur den Zweck verfolgt haben, eine Leistung zu erhalten, auf die er andernfalls keinen Anspruch gehabt hätte, denn sonst hätte kein Grund bestanden, derartige Angaben zu machen. Auch der Umstand, dass der Kläger im Strafverfahren seine angebliche Selbständigkeit mithilfe von Unterlagen zu belegen versucht hat, bei denen es sich um Totalfälschungen handelte, macht deutlich, dass dem Kläger bewusst war, in Wahrheit keinen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nach § 14 Abs. 4 FeuerwG gehabt zu haben.

68

4. Die Rücknahme war nicht verfristet. Abgesehen davon, dass die Jahresfrist aus § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG vorliegend wegen § 48 Abs. 4 Satz 2 HmbVwVfG ohnehin nicht gilt, weil der Kläger i.S.v. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG arglistig getäuscht hat, hat die Beklagte den angefochtenen Rücknahmebescheid vom 11. Januar 2008 innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG erlassen.

69

Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG beginnt erst zu laufen, wenn der Behörde sämtliche für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Erforderlich ist also zunächst die Kenntnis derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts ergibt. Das sind die Tatsachen, die den im Einzelfall unterlaufenen Rechtsanwendungsfehler und die Kausalität dieses Fehlers für den Inhalt des Verwaltungsakts ausmachen. Schon der Wortlaut der Vorschrift stellt allerdings klar, dass die Erkenntnis der Rechtswidrigkeit für sich allein den Fristenlauf nicht auszulösen vermag, sondern hierzu die vollständige Kenntnis des für die Entscheidung über die Rücknahme des Verwaltungsakts erheblichen Sachverhalts nötig ist. Hierzu gehören alle Tatsachen, die im Falle des § 48 Abs. 2 HmbVwVfG ein Vertrauen des Begünstigten in den Bestand des Verwaltungsakts entweder nicht rechtfertigen oder ein bestehendes Vertrauen als nicht schutzwürdig erscheinen lassen, sowie die für die Ermessensausübung wesentlichen Umstände (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.8.2014, 4 B 1.14, BRS 82 Nr. 174, juris Rn. 11, unter Bezugnahme auf BVerwG [GS], Beschl. v. 19.12.1984, GrSen 1/84 und GrSen 2/84, BVerwGE 70, 356, juris). Bei der in § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG geregelten Rücknahmefrist handelt es sich danach nicht um eine Bearbeitungs-, sondern um eine reine Entscheidungsfrist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 48 Rn. 156).

70

Vorliegend veranlasste erst der neuerliche Antrag des Klägers im Juni 2007 die Beklagte zu einer Überprüfung der Angelegenheit. Im Zuge dieser Überprüfung erhielt die Beklagte erstmals Kenntnis davon, dass der Kläger in den Zeiten, für die er den pauschalen Anerkennungsbetrag geltend gemacht hatte, nicht beruflich selbständig tätig gewesen war. Bereits wenige Monate später verfügte die Beklagte die angefochtene Rücknahme der in der Vergangenheit vorgenommenen Bewilligungen.

71

5. Die Beklagte hat das ihr nach § 48 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG zukommende Rücknahmeermessen fehlerfrei ausgeübt.

72

Grundsätzlich steht die Entscheidung, einen rechtswidrigen Verwaltungsakt zurückzunehmen, gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG im Ermessen der Behörde. Für die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte gilt gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 HmbVwVfG allerdings ergänzend § 48 Abs. 2 HmbVwVfG. Nach § 48 Abs. 2 Satz 4 wird in den Fällen des § 48 Abs. 2 Satz 3 HmbVwVfG – die vorliegend allesamt einschlägig sind (s.o. unter 3.) – der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Diese Regelung bezieht sich nicht nur auf die Frage, ob der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit oder nur mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden soll, sondern auch auf die logisch vorrangige Frage, ob er überhaupt zurückgenommen werden soll. Liegt danach kein Ausnahmefall vor, so ist die Rücknahme die Regel und sind weitergehende Ermessenserwägungen nicht anzustellen. Nach § 48 Abs. 2 Satz 4 HmbVwVfG besteht kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung ein intendiertes Ermessen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 26.11.2015, OVG 7 B 4.15, juris Rn. 29; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 48 Rn. 127b).

73

Vorliegend sind Gründe, von der Rücknahme der rechtswidrigen Bewilligungen ausnahmsweise abzusehen, nicht gegeben. Für das Vorliegen eines Regelfalls spricht schon, dass nicht nur einer, sondern alle drei der vertrauensschutzbeseitigenden Tatbestände aus § 48 Abs. 2 Satz 3 HmbVwVfG erfüllt sind, darunter der Arglist-Tatbestand des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG. Es gibt auch keinen Grund, eine Ausnahme deshalb zu machen, weil die Beklagte selbst einem Rechtsirrtum unterlegen ist und die Bewilligungen auch ungeachtet der vorsätzlichen Falschangaben nicht hätte vornehmen dürfen. Denn dies ändert an der Kausalität der bewussten Falschangaben des Klägers für die unrichtigen Bewilligungen nichts: Hätte er nicht angegeben, beruflich selbständig zu sein, hätte die Beklagte die Bewilligungen nicht vorgenommen. Der bloße Rechtsirrtum der Beklagten hat im Übrigen kein der vorsätzlichen Täuschung durch den Kläger vergleichbares Gewicht. Der Kläger hat sich den bei der Beklagten bestehenden Rechtsirrtum zunutze gemacht, um durch bewusste Falschangaben an eine Leistung zu gelangen, auf die er keinen Anspruch hatte.

II.

74

Die in dem Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2008 und dem Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 ebenfalls enthaltene Rückforderung (zzgl. Zinsen) ist, nachdem das Verfahren insoweit abgetrennt worden ist (3 Bf 113/17), nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens.

III.

75

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

76

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

77

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO bestehen nicht.

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Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 25. Juli 2017 - 3 Bf 96/15 zitiert 19 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 4 Fahreignungs-Bewertungssystem


(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 74


(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete: 1. das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 240 Unterbrechung durch Insolvenzverfahren


Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfa

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 47 Höhe des Verletztengeldes


(1) Versicherte, die Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt haben, erhalten Verletztengeld entsprechend § 47 Abs. 1 und 2 des Fünften Buches mit der Maßgabe, daß1.das Regelentgelt aus dem Gesamtbetrag des regelmäßigen Arbeitsentgelts und des Ar

Entgeltfortzahlungsgesetz - EntgFG | § 3 Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall


(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeits

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 46 Beginn und Ende des Verletztengeldes


(1) Verletztengeld wird von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, oder mit dem Tag des Beginns einer Heilbehandlungsmaßnahme, die den Versicherten an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit hindert.

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 114 Unfallversicherungsträger


(1) Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsträger) sind 1. die in der Anlage 1 aufgeführten gewerblichen Berufsgenossenschaften,2. die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau; bei Durchführung der Aufgaben

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Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 insoweit, als darin der Klage stattgegeben wird und soweit es die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ be

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(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsträger) sind

1.
die in der Anlage 1 aufgeführten gewerblichen Berufsgenossenschaften,
2.
die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau; bei Durchführung der Aufgaben nach diesem Gesetz und in sonstigen Angelegenheiten der landwirtschaftlichen Unfallversicherung führt sie die Bezeichnung landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft,
3.
die Unfallversicherung Bund und Bahn,
4.
die Unfallkassen der Länder,
5.
die Gemeindeunfallversicherungsverbände und Unfallkassen der Gemeinden,
6.
die Feuerwehr-Unfallkassen,
7.
die gemeinsamen Unfallkassen für den Landes- und den kommunalen Bereich.
Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft nimmt in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung Verbandsaufgaben wahr.

(2) Soweit dieses Gesetz die Unfallversicherungsträger ermächtigt, Satzungen zu erlassen, bedürfen diese der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Ergibt sich nachträglich, daß eine Satzung nicht hätte genehmigt werden dürfen, kann die Aufsichtsbehörde anordnen, daß der Unfallversicherungsträger innerhalb einer bestimmten Frist die erforderliche Änderung vornimmt. Kommt der Unfallversicherungsträger der Anordnung nicht innerhalb dieser Frist nach, kann die Aufsichtsbehörde die erforderliche Änderung anstelle des Unfallversicherungsträgers selbst vornehmen.

(3) Für die Unfallversicherung Bund und Bahn gilt Absatz 2 mit der Maßgabe, dass bei der Genehmigung folgender Satzungen das Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und dem Bundesministerium der Finanzen erforderlich ist:

1.
Satzungen über die Erstreckung des Versicherungsschutzes auf Personen nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 und 3,
2.
Satzungen über die Obergrenze des Jahresarbeitsverdienstes (§ 85 Abs. 2),
3.
Satzungen über Mehrleistungen (§ 94) und
4.
Satzungen über die Aufwendungen der Unfallversicherung Bund und Bahn (§ 186).

(1) Verletztengeld wird von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, oder mit dem Tag des Beginns einer Heilbehandlungsmaßnahme, die den Versicherten an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit hindert.

(2) Die Satzung kann bestimmen, daß für Unternehmer, ihre Ehegatten oder ihre Lebenspartner und für den Unternehmern nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Gleichgestellte Verletztengeld längstens für die Dauer der ersten 13 Wochen nach dem sich aus Absatz 1 ergebenden Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Versicherte, die bei einer Krankenkasse mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind.

(3) Das Verletztengeld endet

1.
mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit oder der Hinderung an einer ganztägigen Erwerbstätigkeit durch eine Heilbehandlungsmaßnahme,
2.
mit dem Tag, der dem Tag vorausgeht, an dem ein Anspruch auf Übergangsgeld entsteht.
Wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen sind, endet das Verletztengeld
1.
mit dem Tag, an dem die Heilbehandlung so weit abgeschlossen ist, daß die Versicherten eine zumutbare, zur Verfügung stehende Berufs- oder Erwerbstätigkeit aufnehmen können,
2.
mit Beginn der in § 50 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches genannten Leistungen, es sei denn, daß diese Leistungen mit dem Versicherungsfall im Zusammenhang stehen,
3.
im übrigen mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an, jedoch nicht vor dem Ende der stationären Behandlung.

(1) Versicherte, die Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt haben, erhalten Verletztengeld entsprechend § 47 Abs. 1 und 2 des Fünften Buches mit der Maßgabe, daß

1.
das Regelentgelt aus dem Gesamtbetrag des regelmäßigen Arbeitsentgelts und des Arbeitseinkommens zu berechnen und bis zu einem Betrag in Höhe des 360. Teils des Höchstjahresarbeitsverdienstes zu berücksichtigen ist,
2.
das Verletztengeld 80 vom Hundert des Regelentgelts beträgt und das bei Anwendung des § 47 Abs. 1 und 2 des Fünften Buches berechnete Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigt.
Arbeitseinkommen ist bei der Ermittlung des Regelentgelts mit dem 360. Teil des im Kalenderjahr vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Maßnahmen der Heilbehandlung erzielten Arbeitseinkommens zugrunde zu legen. Die Satzung hat bei nicht kontinuierlicher Arbeitsverrichtung und -vergütung abweichende Bestimmungen zur Zahlung und Berechnung des Verletztengeldes vorzusehen, die sicherstellen, daß das Verletztengeld seine Entgeltersatzfunktion erfüllt.

(1a) Für Ansprüche auf Verletztengeld, die vor dem 1. Januar 2001 entstanden sind, ist § 47 Abs. 1 und 2 des Fünften Buches in der vor dem 22. Juni 2000 jeweils geltenden Fassung für Zeiten nach dem 31. Dezember 1996 mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass sich das Regelentgelt um 10 vom Hundert, höchstens aber bis zu einem Betrag in Höhe des dreihundertsechzigsten Teils des Höchstjahresarbeitsverdienstes erhöht. Das regelmäßige Nettoarbeitsentgelt ist um denselben Vomhundertsatz zu erhöhen. Satz 1 und 2 gilt für Ansprüche, über die vor dem 22. Juni 2000 bereits unanfechtbar entschieden war, nur für Zeiten vom 22. Juni 2000 an bis zum Ende der Leistungsdauer. Entscheidungen über die Ansprüche, die vor dem 22. Juni 2000 unanfechtbar geworden sind, sind nicht nach § 44 Abs. 1 des Zehnten Buches zurückzunehmen.

(2) Versicherte, die Arbeitslosengeld, Unterhaltsgeld oder Kurzarbeitergeld bezogen haben, erhalten Verletztengeld in Höhe des Krankengeldes nach § 47b des Fünften Buches. Versicherte, die nicht nur darlehensweise gewährtes Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches oder nicht nur Leistungen für Erstausstattungen für Bekleidung bei Schwangerschaft und Geburt nach dem Zweiten Buch bezogen haben, erhalten Verletztengeld in Höhe des Betrages des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches.

(3) Versicherte, die als Entwicklungshelfer Unterhaltsleistungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes bezogen haben, erhalten Verletztengeld in Höhe dieses Betrages.

(4) Bei Versicherten, die unmittelbar vor dem Versicherungsfall Krankengeld, Pflegeunterstützungsgeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen haben, wird bei der Berechnung des Verletztengeldes von dem bisher zugrunde gelegten Regelentgelt ausgegangen.

(5) Abweichend von Absatz 1 erhalten Versicherte, die den Versicherungsfall infolge einer Tätigkeit als Unternehmer, mitarbeitende Ehegatten oder Lebenspartner oder den Unternehmern nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Gleichgestellte erlitten haben, Verletztengeld je Kalendertag in Höhe des 450. Teils des Jahresarbeitsverdienstes. Ist das Verletztengeld für einen ganzen Kalendermonat zu zahlen, ist dieser mit 30 Tagen anzusetzen.

(6) Hat sich der Versicherungsfall während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung ereignet, gilt für die Berechnung des Verletztengeldes Absatz 1 entsprechend; nach der Entlassung erhalten die Versicherten Verletztengeld je Kalendertag in Höhe des 450. Teils des Jahresarbeitsverdienstes, wenn dies für die Versicherten günstiger ist.

(7) (weggefallen)

(8) Die Regelungen der §§ 90 und 91 über die Neufestsetzung des Jahresarbeitsverdienstes nach Altersstufen oder nach der Schul- oder Berufsausbildung gelten für das Verletztengeld entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Juli 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist höheres Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 2.2. bis 9.6.2007, insbesondere unter Berücksichtigung eines höheren Freibetrages für Nebeneinkommen.

2

Der 1948 geborene Kläger war ab 11.4.2001 versicherungspflichtig beschäftigt und übte daneben ab dem 1.10.2001 eine Beschäftigung (mit einem zeitlichen Umfang von unter 15 Wochenstunden) aus, bei der er im Zeitraum Dezember 2002 bis Dezember 2003 durchschnittlich über 400 Euro brutto monatlich verdiente. Am 12.12.2003 erlitt der Kläger im Rahmen seiner Hauptbeschäftigung einen Arbeitsunfall und bezog vom 23.1.2004 bis 9.6.2005 Verletztengeld, das unter Einbeziehung seines Einkommens aus der Nebentätigkeit berechnet war.

3

Am 10.6.2005 meldete sich der Kläger arbeitslos und bezog bis zum 9.6.2007 Alg. Im März 2006 nahm er seine Nebentätigkeit wieder auf; die Beklagte änderte die Alg-Bewilligung (Bescheid vom 29.6.2005) ua für den streitigen Zeitraum wegen des erzielten Nebeneinkommens unter Berücksichtigung eines Freibetrags von 165 Euro monatlich ab (Bescheid vom 3.1.2007; Bescheid vom 8.2.2007 für die Zeit ab 1.9.2006; Widerspruchsbescheid vom 19.2.2007).

4

Die mit dem Ziel erhobene Klage, bei der Berücksichtigung des Nebeneinkommens einen höheren Freibetrag, errechnet aus dem Durchschnittsverdienst der bereits früher ausgeübten Nebentätigkeit, zugrunde zu legen, blieb erfolglos (Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.10.2007), nachdem auch während des Klageverfahrens nach Vorlage der jeweiligen Einkommensnachweise Änderungsbescheide ergangen waren (Bescheid vom 14.3.2007 ebenfalls für die Zeit ab 1.9.2006; Bescheid vom 5.4.2007 für die Zeit ab 1.2.2007; Bescheid vom 10.5.2007 für die Zeit ab 1.3.2007; Bescheid vom 1.6.2007 für die Zeit ab 1.4.2007; Bescheid vom 28.6.2007 für die Zeit ab 1.5.2007). Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat die Beklagte demgegenüber verurteilt, dem Kläger ab dem 2.2.2007 höheres Alg unter Zugrundelegung eines Freibetrages für Nebeneinkommen in Höhe von monatlich 234,30 Euro zu gewähren (Urteil vom 15.7.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der vom erzielten Nebeneinkommen abzuziehende Freibetrag bemesse sich nicht nach § 141 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III), sondern nach dessen Abs 2 in der vom 1.1.2005 bis 31.12.2008 geltenden Fassung. Nach Sinn und Zweck der Regelung stehe der Bezug einer Lohnersatzleistung der vom Gesetz geforderten Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gleich. Es spiele auch keine Rolle, dass die bis zum Arbeitsunfall ausgeübte Nebenbeschäftigung zwar unter 15 Stunden wöchentlich ausgeübt worden sei, aber wegen der Höhe des gezahlten Arbeitsentgelts die Geringfügigkeitsgrenze überschritten habe und damit versicherungspflichtig gewesen sei.

5

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 141 Abs 2 SGB III. Der dortige Begriff des Arbeitsentgelts sei eng auszulegen und gelte nicht für Einkommen aus Lohnersatzleistungen. Eine Privilegierung der Einkommensanrechnung auf der Grundlage des § 141 Abs 2 SGB III sei zudem nicht geboten, wenn vor Entstehung des Alg-Anspruchs eine nicht geringfügige und damit versicherungspflichtige, aber weniger als 15 Wochenstunden umfassende Tätigkeit ausgeübt worden sei.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz) begründet. Es fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen des LSG, um abschließend entscheiden zu können.

10

Gegenstand des Verfahrens sind wegen der Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Zeit vom 2.2. bis 9.6.2007 nur die Bescheide vom 5.4., 10.5., 1.6. und 28.6.2007. Denn der Bescheid vom 8.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.2.2007 ist insgesamt ersetzt durch den Bescheid vom 14.3.2007 (§ 39 Abs 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz), der seinerseits durch den Bescheid vom 5.4.2007 unter Erhöhung des täglichen Leistungsbetrages für Februar 2007 auf 24,89 Euro ersetzt wird. Der Bescheid vom 10.5.2007 ersetzt ab März 2007 den Bescheid vom 5.4.2007 unter Erhöhung des täglichen Leistungsbetrages in diesem Monat auf 24,91 Euro. Der Bescheid vom 1.6.2007 ersetzt dann ab 1.4.2007 den Bescheid vom 10.5.2007 unter Anhebung des täglichen Leistungsbetrages für April 2007 auf 23,87 Euro. Schließlich ersetzt noch der Bescheid vom 28.6.2007 ab 1.5.2007 den Bescheid vom 1.6.2007 unter Erhöhung des täglichen Leistungsbetrages für diesen Monat auf 20,29 Euro. Diese Abänderungsbescheide betreffend die Monate Februar bis Juni 2007 sind gemäß § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Den Änderungsbescheid vom 7.9.2007 betreffend den Leistungsanspruch vom 1.6. bis 9.6.2007 hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben. Die Bescheide aus dem Jahr 2006 über die Neuberechnung des Leistungsanspruchs unter Berücksichtigung der ab März 2006 wieder aufgenommenen Nebentätigkeit des Klägers sind bestandskräftig geworden (§ 77 SGG).

11

Es handelt es sich um eine Teil-Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG), gerichtet auf höheres Alg unter Berücksichtigung eines um 69,30 Euro (234,30 Euro - 165 Euro) höheren Freibetrags, begrenzt in der Höhe des früher bewilligten Alg. Bei einem solchen Streit sind Grund und Höhe des Anspruchs auf Alg in vollem Umfang und unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen (stRspr; vgl: BSGE 95, 8 ff RdNr 6 = SozR 4-4300 § 140 Nr 1; BSGE 95, 191 RdNr 13 = SozR 4-4300 § 37b Nr 2; BSG SozR 4-4300 § 130 Nr 3 RdNr 9).

12

Ob die streitgegenständlichen Änderungsbescheide nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X iVm § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III dann ihrerseits wegen der Einkommensanrechnung jeweils für einen Monat wieder nach §§ 44, 45 oder nach § 48 SGB X zu korrigieren waren, weil evtl die ursprüngliche Einkommensanrechnung von Anfang falsch war(vgl hierzu mit Nachweisen aus der Rspr: Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand März 2007, § 329 RdNr 1 f), mag das LSG prüfen. Das LSG hat sich ausschließlich mit der Berechnung des Freibetrages nach § 141 Abs 2 SGB III(in der Fassung, die die Norm durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - BGBl I 2848 - erhalten hat) auseinander gesetzt. Bei der Berechnung des Alg-Anspruchs ist dem Kläger allerdings kein Freibetrag nach § 141 Abs 2 SGB III zuzugestehen.

13

Nach § 141 Abs 1 Satz 1 SGB III ist das Arbeitsentgelt aus einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung, die der Arbeitslose während einer Zeit ausübt, für die ihm Alg zusteht, nach Abzug der Steuern, der Sozialversicherungsbeiträge und der Werbungskosten sowie eines Freibetrages in Höhe von 165 Euro auf das Alg für den Kalendermonat, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird, anzurechnen. Nach § 141 Abs 2 SGB III bleibt jedoch das Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung nach Abs 1 Satz 1 bis zu dem Betrag anrechnungsfrei, der in den letzten 12 Monaten vor der Entstehung des Anspruches aus einer geringfügigen Beschäftigung durchschnittlich auf den Monat entfällt, mindestens jedoch ein Betrag in Höhe des Freibetrages, der sich nach Abs 1 ergeben würde, wenn der Arbeitslose in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruches neben einem Versicherungspflichtverhältnis eine geringfügige Beschäftigung mindestens 12 Monate lang ausgeübt hat.

14

Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) liegen die Voraussetzungen des § 141 Abs 2 SGB III für das vom Kläger in der Zeit ab 2.2.2007 erzielte Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung nicht vor. Der Kläger hat nicht in den vor Entstehung des Alg-Anspruchs liegenden letzten 18 Monaten neben seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung eine geringfügige Beschäftigung mindestens 12 Monate lang ausgeübt. Entgegen den Ausführungen des LSG im angefochtenen Urteil ist der Bezug von Verletztengeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung der tatsächlichen Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung in dem erforderlichen Umfang und Zeitraum nicht gleichzusetzen. Denn unabhängig von der Frage, ob und in welchem Umfang eine Unterbrechung der ausgeübten geringfügigen Beschäftigung die Berücksichtigung des Freibetrages nach § 141 Abs 2 SGB III entfallen lässt(vgl hierzu Bundessozialgericht , Urteil vom 1.7.2010 - B 11 AL 31/09 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), handelt es sich entgegen den Ausführungen des LSG bei dem gezahlten Verletztengeld nicht um Arbeitsentgelt, das durch Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung erzielt worden ist.

15

Während § 141 Abs 1 SGB III den Zweck verfolgt, dem Arbeitslosen einen Anreiz zu geben, seine Arbeitskraft neben dem Bezug von Leistungen einzusetzen, um auf diese Weise seine Wiedereingliederung zu erleichtern(BT-Drucks 13/4941, zu § 141 - Anrechnung von Nebeneinkommen - S 180), verfolgt Abs 2 der Regelung ebenso wie der Abs 3 die Absicht, dem Arbeitslosen die Nebeneinkünfte zu belassen, die schon längere Zeit vor Eintritt der Arbeitslosigkeit seinen Lebensstandard mitbestimmt haben (BT-Drucks 14/873 S 14 zu Nr 21; s insgesamt hierzu BSGE 97, 80 ff = SozR 4-4300 § 141 Nr 3, RdNr 15 mwN). Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 141 Abs 2 SGB III muss dabei allerdings die geringfügige Beschäftigung auch tatsächlich ausgeübt worden sein.

16

Diese Auslegung kann entgegen der Auffassung des LSG nicht ausschließlich durch die Teleologie des Gesetzes geprägt werden. Vielmehr stellt das Gesetz ausdrücklich und bewusst auf die Ausübung einer Nebentätigkeit ab. Das Verletztengeld als Lohnersatzleistung fällt damit nicht unter die Vorschrift des § 141 Abs 2 SGB III, weil es kein tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt aus einer ausgeübten Tätigkeit ist. Der Bezug von Verletztengeld ersetzt gerade ein tatsächlich erarbeitetes Einkommen bzw Nebeneinkommen, tritt quasi an dessen Stelle, und kann aufgrund seines Lohnersatzcharakters nicht dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt iS des § 141 Abs 1 SGB III gleichgesetzt werden. Sozialleistungen wie das Verletztengeld fallen also nicht unter § 141 SGB III, weil dort die Begünstigung lediglich für das "Arbeitsentgelt" vorgesehen ist.

17

Dass der Bezug einer Entgeltersatzleistung nicht dem Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung gleichzustellen ist, ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des § 141 SGB III(s die Darstellung in BSG, Urteil vom 1.7.2010 - B 11 AL 31/09 R - RdNr 19, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) und aus systematischen Erwägungen. Zwar bezogen sich die Ausführungen des BSG im Urteil vom 28.1.1992 (SozR 3-4100 § 115 Nr 3 S 13 f),dass nur das ausdrücklich genannte "Arbeitsentgelt", nicht aber damit zusammenhängende Lohnersatzleistungen wie das Verletztengeld von der Regelung umfasst seien, auf die Vorgängervorschrift des § 141 Abs 1 Satz 1 SGB III, den § 115 Abs 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz. Allerdings bezieht sich § 141 Abs 2 SGB III gleichfalls auf das Arbeitsentgelt in Abs 1 der Vorschrift, sodass der Arbeitsentgeltbegriff in beiden Absätzen nach der gesamten Struktur des § 141 SGB III, denknotwendig einheitlich auszulegen ist. Insoweit stellt § 141 SGB III auf die in § 14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) enthaltene Legaldefinition ab, wonach Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung sind.

18

Die Änderung des § 141 SGB III mit Wirkung zum 1.1.2009 durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917), mit der der Gesetzgeber den Begriff einer geringfügigen Beschäftigung aus dem Gesetzestext entfernt und durch eine Bezugnahme auf eine Erwerbstätigkeit iS des § 119 Abs 3 SGB III ersetzt hat, der eine Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) von weniger als 15 Stunden wöchentlich verlangt. Mit dieser Neuregelung sollte die nach altem Recht bestehende Ungleichbehandlung zwischen einem Arbeitslosen, der sein privilegiertes Nebeneinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit erzielte und einem Arbeitslosen, der eine abhängige Nebenbeschäftigung ausübte, beseitigt werden. Denn das Nebeneinkommen aus einer abhängigen Beschäftigung wurde nur in vollem Umfang geschützt, wenn es im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung erzielt wurde (Entgeltgrenze 400 Euro monatlich), während Nebeneinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit auch dann privilegiert war, wenn es mehr als geringfügig war, die Tätigkeit jedoch weniger als 15 Wochenstunden ausgeübt wurde (vgl: BT-Drucks 16/10810 S 38 zu Nr 40). Die Gesetzesbegründung stellt mithin ausdrücklich auf Einkommen aus einer Tätigkeit ab.

19

Eine solche wörtliche Auslegung ist im Übrigen auch zur Gleichbehandlung abhängig Beschäftigter mit Selbstständigen nach § 141 Abs 3 SGB III erforderlich, die nicht im Falle von Krankheit, Arbeitsunfällen etc von Gesetzes wegen versichert sind, bzw denen eine etwaige Versicherungsleistung unabhängig von dem Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit erbracht wird. Die vom LSG zu Grunde gelegte teleologische Auslegung würde demgegenüber die abhängig Beschäftigten bei Berücksichtigung einer Lohnersatzleistung einseitig gegenüber den Selbstständigen bevorzugen.

20

Ob die Regelung des § 141 Abs 2 SGB III wegen des Begriffs einer geringfügigen Beschäftigung in seiner bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung gegen Art 3 Grundgesetz verstößt und ob insoweit eine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, kann hier dahinstehen. Denn es fehlt bereits an der vor der Arbeitslosigkeit erforderlichen Ausübung einer Beschäftigung.

21

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, so verliert er wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch nach Satz 1 für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nicht, wenn

1.
er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder
2.
seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.

(2) Als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Absatzes 1 gilt auch eine Arbeitsverhinderung, die infolge einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft eintritt. Dasselbe gilt für einen Abbruch der Schwangerschaft, wenn die Schwangerschaft innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis durch einen Arzt abgebrochen wird, die schwangere Frau den Abbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle hat beraten lassen.

(3) Der Anspruch nach Absatz 1 entsteht nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.

(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz

1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder
2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
dienen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 oder einer auf Grund § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe sind nebeneinander anzuwenden.

(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,
2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und
3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn

1.
die Fahrerlaubnis entzogen,
2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder
3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
worden ist und die Fahrerlaubnis danach neu erteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei
1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3,
2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis,
3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis,
4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder
5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.

(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:

1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;
2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;
3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Die Ermahnung nach Satz 1 Nummer 1 und die Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. In der Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist bei den Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen
1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,
2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.

(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen

1.
Ermahnung auf fünf Punkte,
2.
Verwarnung auf sieben Punkte,
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.

(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach

1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches,
2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder
3.
den §§ 24a oder 24c
ergangen ist, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.

Tenor

I.

Die Verwaltungsstreitsachen 22 ZB 12.2174 und 22 ZB 12.2175 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

III.

Die Kläger tragen die Kosten jeweils ihres Antragsverfahrens.

IV.

Die Streitwerte der Antragsverfahren werden auf jeweils 20.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin zu 1), die damals als „K...-Fleisch u. Kühlhaus GmbH“ firmierte, meldete am 21. März 2002 rückwirkend zum 1. Januar 2002 bei der Stadt Illertissen (Lkr. Neu-Ulm) das Gewerbe „Großhandel mit Fleisch, Kühlhausbetrieb“ an. Am 30. Mai 2007 beschloss ihre Gesellschafterversammlung, die Firma der Klägerin zu 1) in „K... Fleisch GmbH“ zu ändern und den „Fleisch-Import-Export“ als Gegenstand der gewerblichen Tätigkeit zu bestimmen. Am 21. Dezember 2007 änderte die Klägerin zu 1) ihren Gesellschaftsvertrag dahingehend, dass ihre Firma nunmehr „O... GmbH“ laute und sich ihr Sitz in Chemnitz befinde. Am 5. Juni 2008 beschloss die Gesellschafterversammlung die Verlegung des Sitzes der Klägerin zu 1) nach Achstetten (Lkr. Biberach). Eine am 8. September 2008 abgehaltene Gesellschafterversammlung beschloss die Änderung der Firma der Klägerin zu 1) in die derzeit geführte Bezeichnung, die Verlegung des Sitzes nach Kirchdorf an der Iller (Lkr. Biberach) sowie eine Änderung des Gegenstandes der gewerblichen Betätigung in „Großhandel mit Fleischprodukten und Lebensmittel[n] aller Art und Güte für die Lebensmittel-, Petfood- und Pharmakaindustrie“.

Alleiniger Geschäftsführer der Klägerin zu 1) war bis zum Wirksamwerden des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 20. Oktober 2010 (Az. 1 StR 400/10) der Kläger zu 2). Durch diesen Beschluss verwarf der Bundesgerichtshof die Revision des Klägers zu 2) gegen das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 12. März 2010 (Az. 1 KLs 114 Js 19823/05), in dem gegen ihn wegen Betruges in 15 Fällen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren erkannt worden war, als unbegründet. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Kläger zu 2) unter der Firma der Klägerin zu 1) nicht zum menschlichen Verzehr bestimmtes Material der Kategorie 3 im Sinn von Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 (ABl L 273 vom 10.10.2002, S. 1) erworben (nachfolgend „K-3-Material“ genannt). Zur Steigerung des Gewinns beim Verkauf habe er diese Ware in der EDV unter Verschleierung ihrer Herkunft und ihres Status wie die im üblichen Geschäftsbetrieb angelieferten Fleischprodukte für die Lebensmittelindustrie verbucht, sie dem Lebensmittelkühlhaus zugeführt, das er unter der Firma der Klägerin zu 1) betrieben habe, und sie zwischen dem 7. September 2004 und dem 23. November 2004 in mindestens 15 Fällen als Lebensmittel mit deutlich gesteigerter Gewinnmarge an Abnehmer aus der Lebensmittelindustrie verkauft. Dabei habe er seine Kunden über die tatsächliche Beschaffenheit der Ware getäuscht und einen Schaden in Höhe von 235.827,29 € verursacht.

Nachdem das Landratsamt Biberach mit Schreiben vom 9. Mai 2011 gemäß § 3 Abs. 3 LVwVfG BW der Weiterführung der vom Landratsamt Neu-Ulm gegen beide Kläger betriebenen Verwaltungsverfahren nach § 35 GewO durch die letztgenannte Behörde zugestimmt hatte, untersagte das Landratsamt Neu-Ulm durch Bescheid vom 17. Mai 2011 der Klägerin zu 1) die selbstständige Ausübung des Gewerbes „Großhandel mit Fleischprodukten und Lebensmittel[n] aller Art und Güte für die Lebensmittel-, Petfood- und Pharmakaindustrie“ sowie die Ausübung jeder weiteren gewerblichen Tätigkeit. Gleichzeitig wurde ihr unter Zwangsgeldandrohung aufgegeben, ihren Geschäftsbetrieb innerhalb von drei Monaten nach der Bestandskraft des Bescheids einzustellen. Durch weiteren Bescheid vom 17. Mai 2011 untersagte die gleiche Behörde dem Kläger zu 2) die selbstständige Ausübung des Gewerbes „Großhandel mit Fleischprodukten und Lebensmittel[n] aller Art und Güte für die Lebensmittel-, Petfood- und Pharmakaindustrie“, jeder weiteren gewerblichen Tätigkeit sowie einer Betätigung als mit der Leitung eines Gewerbetriebs beauftragte Person oder als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden.

Die gegen diese Bescheide erhobenen Klagen der Kläger zu 1) und 2) wies das Verwaltungsgericht Augsburg durch Urteile vom 4. Juni 2012 als unbegründet ab.

Die Kläger beantragen, gegen diese Entscheidungen die Berufung zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Zulassungsanträge abzulehnen.

II.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung, deren Verbindung zur gemeinsamen Entscheidung auf § 93 Satz 1 VwGO beruht, bleiben ohne Erfolg.

Gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO kann einem solchen Rechtsschutzbegehren nur entsprochen werden, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO „dargelegt“ ist und vorliegt. Dem auch in § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO verankerten Darlegungserfordernis sind die Kläger nur hinsichtlich des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nachgekommen.

Sie haben in den Abschnitten I und II der Schriftsätze ihrer Bevollmächtigten vom 22. Oktober 2012 eine Mehrzahl von Gesichtspunkten vorgetragen, derentwegen sie die angefochtenen Urteile in tatsächlicher bzw. rechtlicher Hinsicht für unzutreffend erachten. Diesem Vorbringen schließt sich in den Abschnitten III der Antragsbegründungen jeweils die Aussage an: „Die Berufung ist daher gem. § 124a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und/oder Nr. 2 und/oder und/oder Nr. 3 und/oder Nr. 4 und/oder Nr. 5 VwGO vorliegen.“ Ergänzend nehmen die Kläger in Abschnitt IV der Antragsbegründungen auf ihr gesamtes Vorbringen im ersten Rechtszug, insbesondere in den Klageschriften vom 20. Juni 2011 einschließlich der dortigen Beweisantritte, Bezug.

Der Verwaltungsgerichtshof lässt es dahinstehen, ob die Begründungen der Anträ-ge auf Zulassung der Berufung den gesetzlichen Anforderungen deshalb nicht genügen, weil das Vorbringen in den Abschnitten I und II der Schriftsätze vom 22. Oktober 2012 nicht auf bestimmte Zulassungsgründe im Sinn von § 124 Abs. 2 VwGO bezogen ist, diese Zuordnung vielmehr - wie vor allem das vorstehende Zitat aus den Abschnitten III der Antragsbegründungen zeigt - dem Gericht überlassen bleibt, oder ob von diesem Erfordernis dann abgesehen werden darf, wenn sich ein bestimmtes Vorbringen seinem Inhalt nach eindeutig einem der in § 124 Abs. 2 VwGO aufgeführten Tatbestände zuordnen lässt (in diesem Sinn z. B. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124a Rn. 187 f. m. w. N.). Denn auch auf der Grundlage der letztgenannten Auffassung genügen die Ausführungen in den Abschnitten I und II der Antragsbegründungen nicht den Anforderungen, die an eine formgerechte Darlegung der Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 VwGO zu stellen sind. Nicht aufgezeigt haben die Kläger namentlich, dass die vorliegenden Streitsachen Problemstellungen tatsächlicher oder rechtlicher Art aufwerfen, deren zutreffende Erfassung bzw. Entscheidung mit überdurchschnittlichen Schwierigkeiten einhergeht; vor allem fehlt jeder Vortrag dazu, worin solche besonderen Schwierigkeiten bestehen sollen (vgl. zu diesem Erfordernis einer formgültigen Darlegung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124a Rn. 53). Insbesondere kommt an keiner Stelle der Begründungen der Zulassungsanträge zum Ausdruck, dass die zutreffende Beantwortung bestimmter entscheidungserheblicher Fragen unter tatsächlichem oder rechtlichem Blickwinkel ungewiss ist und sich die richtige Lösung nur nach einem aufwändigen Prozess der Wahrheitsfindung gewinnen lässt. Was den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO anbetrifft, so haben die Kläger keine konkrete rechtliche oder tatsächliche Fragestellung formuliert, die sich in den vorliegenden Verfahren in entscheidungserheblicher Weise stellt und deren obergerichtliche Klärung im Interesse der Rechtseinheit oder der Fortentwicklung des Rechts geboten ist. Desgleichen haben sie nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht einen Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem Rechtssatz abweicht, den eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO aufgeführten Gerichte einer von ihm erlassenen Entscheidung zugrunde gelegt hat. Schließlich ist auch nicht ausgeführt, inwiefern die Voraussetzungen eines geltend gemachten Verfahrensfehlers vorliegen sollen.

Die Kläger machen - gleichsam im Stil einer Berufungsbegründung - vielmehr die sachliche Verfehltheit der angefochtenen Entscheidungen geltend. Solches Vorbringen kann unter den besonderen Gegebenheiten der vorliegenden Streitsachen als formell beachtliche Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Urteile im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO anerkannt werden, da die Kläger in konkreter Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts substantiiert vorgetragen haben, warum den von der Vorinstanz vertretenen tatsächlichen und rechtlichen Annahmen aus ihrer Sicht nicht zu folgen ist (vgl. zur weitgehenden Deckungsgleichheit der an eine Berufungsbegründung und an die Darlegung „ernstlicher Zweifel“ im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu stellenden Anforderungen BVerwG, U. v. 4.10.1999 - 6 C 31.98 - DVBl 2000, 562/563).

1. Aus den Darlegungen der Kläger ergeben sich keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht das Landratsamt Neu-Ulm zu Recht als gemäß § 35 Abs. 7 Satz 1 GewO i. V. m. Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG für den Erlass des gegen die Klägerin zu 1) gerichteten Bescheids vom 17. Mai 2011 örtlich zuständig angesehen hat.

Soweit die Klägerin zu 1) erstmals im Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 1. Februar 2013 behauptet hat, Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG sei unanwendbar, da § 35 Abs. 7 GewO eine abschließende bundesrechtliche Regelung der örtlichen Zuständigkeit enthalte, kann dahinstehen, ob dieses Vorbringen unberücksichtigt bleiben muss, da es dem Verwaltungsgerichtshof erst nach dem Ablauf der Antragsbegründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) zugegangen ist und es sich nicht als Verdeutlichung und Vertiefung fristgerechten Vorbringens darstellt (in der Antragsbegründung vom 22.10.2012 wurde die grundsätzliche Anwendbarkeit des Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG nicht thematisiert). Ihr diesbezügliches Vorbringen ist jedenfalls in der Sache nicht geeignet, einen Anspruch auf Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen.

Eine Gegenüberstellung der Regelungsgehalte des § 35 Abs. 7 GewO und des Art. 3 BayVwVfG ergibt, dass die erstgenannte Bestimmung - vergleichbar mit Art. 3 Abs. 1 BayVwVfG - lediglich die primären, „im Regelfall“ geltenden Anknüpfungspunkte festlegt, nach denen sich die örtliche Behördenzuständigkeit bestimmt. § 35 Abs. 7 GewO als die speziellere Norm verdrängt deshalb innerhalb seines Anwendungsbereichs jedenfalls Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG. Nicht geregelt wird durch § 35 Abs. 7 GewO demgegenüber, welche Behörde in Sonderfällen, namentlich dann zu einem Tätigwerden berufen ist, wenn sich aus § 35 Abs. 7 GewO die örtliche Zuständigkeit mehrerer Behörden ergibt, sich die zuständigkeitsbegründenden Umstände während eines Verwaltungsverfahrens ändern, oder zur Unterbindung einer gewerblichen Betätigung dringliche Maßnahmen getroffen werden müssen, die nach § 35 Abs. 7 GewO zuständige Behörde hierzu aber nicht rasch genug in der Lage ist. Eben diese Lücken schließen die Absätze 2 bis 4 des Art. 3 BayVwVfG.

Von der Einschlägigkeit des § 3 Abs. 3 VwVfG (bzw. der damit korrespondierenden Bestimmungen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder) in Fällen, in denen der Betroffene im Anschluss an die Einleitung eines Verfahrens nach § 35 GewO seine gewerbliche Niederlassung in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Behörde verlegt, gehen deshalb sowohl die Rechtsprechung (OVG NRW, U. v. 21.9.1978 - XIII A 1614/77 - GewArch 1979, 165/166) als auch das Schrifttum (vgl. Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, Stand Juni 2006, § 35 Rn. 187) aus. Das vom Beklagten angezogene Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. März 1999 (Az. 3 S 69/97) bejaht die Anwendbarkeit des § 3 VwVfG in Verwaltungsverfahren nach § 35 GewO zwar in erster Linie mit Blickrichtung auf § 3 Abs. 2 Satz 1 VwVfG; für § 3 Abs. 3 VwVfG kann der Sache nach jedoch nichts anderes gelten.

Die Kläger leiten aus der in Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG vorgenommenen Gegenüberstellung der „bisher“ (nicht aber der „ehedem“ oder „früher“) zuständigen Behörde einer- und der „nunmehr“ zuständigen Behörde andererseits her, eine Zustimmungserklärung nach dieser Vorschrift könne die Behörde, die nach den primären Anknüpfungskriterien für die örtliche Zuständigkeit - d. h. entweder nach Art. 3 Abs. 1 BayVwVfG oder nach Maßgabe vergleichbarer Vorschriften im einschlägigen Fachgesetz - aktuell zur Entscheidung berufen wäre (hier: das Landratsamt Biberach), nur gegenüber derjenigen Behörde (hier: die Stadt Chemnitz) abgeben, die bis zu dem Zeitpunkt örtlich zuständig war, in dem der Umstand eingetreten ist, der den Zuständigkeitswechsel auf die nach den primären Regeln aktuell „grundsätzlich“ zuständige Behörde herbeigeführt hat. Dieser Schluss entspricht indes jedenfalls dann weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck des Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG, wenn die Stelle, die nach den primären Bestimmungen als letzte vor der nunmehr örtlich zur Entscheidung berufenen Behörde zuständig gewesen wäre, das Verwaltungsverfahren, innerhalb dessen sich die Zuständigkeitsfrage stellt, nicht betrieben hat. Wenn nämlich Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG der bisher zuständigen Behörde die Befugnis zuerkennt, unter der Voraussetzung der Zustimmung der nunmehr zuständigen Stelle das Verwaltungsverfahren „fortzuführen“, so kommt bereits unmittelbar im Wortlaut der Norm zum Ausdruck, dass Empfänger einer Zustimmungserklärung nach dieser Vorschrift nur eine Behörde sein soll, die das Verwaltungsverfahren bisher „geführt“ hat.

Dies aber ist bei der Stadt Chemnitz nicht der Fall. Das Landratsamt Neu-Ulm hat die dortige Stadtverwaltung mit Kurzmitteilung vom 26. März 2008 lediglich gebeten, auf eine Gewerbeanmeldung durch die Klägerin zu 1) hinzuwirken. Demgegenüber wurden weder die Akten der Gewerbeuntersagungsverfahren an die Stadt Chemnitz abgegeben, noch liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Stadt Chemnitz eine die Kläger betreffende, nach außen hin hervortretende, auf eine Gewerbeuntersagung abzielende Tätigkeit im Sinn von § 9 VwVfG entfaltet hat.

Der Sinn und Zweck des Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG gebieten es ebenfalls, in Fällen, in denen im Laufe ein und desselben Verwaltungsverfahrens mehrere Behörden nacheinander örtlich zuständig geworden sind, von denen einzelne jedoch dieses Verwaltungsverfahren nicht betrieben haben, allein diejenigen Behörden als zur Entgegennahme der Zustimmungserklärung zuständig anzusehen, die eine Tätigkeit im Sinn von Art. 9 BayVwVfG entfaltet haben und damit für eine „Fortführung“ des Verfahrens in Betracht kommen, um Verzögerungen in der Sachbearbeitung zu vermeiden, die dann eintreten können, wenn eine mit der Sache bisher nicht vertraute Behörde die Bearbeitung der Angelegenheit übernehmen müsste (so ausdrücklich die Begründung zu § 3 Abs. 3 VwVfG BTDrs. 7/910, S. 37).

Die Konstellation, dass im Laufe ein und desselben Verwaltungsverfahrens mehrere Behörden nacheinander örtlich zuständig werden, ohne dass alle von ihnen das Verfahren tatsächlich betrieben haben, hat der Gesetzgeber ersichtlich nicht bedacht; ausweislich des von ihm verwendeten Begriffspaars der „bisher“ und der „nunmehr“ zuständigen Behörde stand ihm offenbar nur die Fallgestaltung eines einmaligen Zuständigkeitswechsels vor Augen. Das Verwaltungsgericht hat diese Regelungslücke zutreffend durch eine Erstreckung des Anwendungsbereichs des Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG im Wege teleologischer Extension auch auf den hier inmitten stehenden Sachverhalt geschlossen.

Aus dem Vorbringen in den Antragsbegründungen ergibt sich nicht, dass die mit Zustimmung des Landratsamts Biberach getroffene Entscheidung des Landratsamts Neu-Ulm, das Gewerbeuntersagungsverfahren nach der Verlegung der gewerblichen Niederlassung der Klägerin zu 1) in den Zuständigkeitsbereich anderer Kreisverwaltungsbehörden weiterzuführen, entgegen Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG nicht unter Wahrung der Interessen der Klägerin zu 1) getroffen wurde. Sie sieht eine Benachteiligung ausschließlich darin, dass ihr durch die Fortdauer der Zuständigkeit des Landratsamts Neu-Ulm die in Baden-Württemberg bestehende Möglichkeit genommen worden sei, gegen den Untersagungsbescheid Widerspruch einzulegen. Nachteile bei der Rechtsverfolgung, die sich an das Verwaltungsverfahren anschließen, haben im Rahmen des Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG jedoch außer Betracht zu bleiben (vgl. BVerwG, U. v. 22.2.1985 - 8 C 25.84 - BVerwGE 71, 63/71 zu § 3 Abs. 3 VwVfG). Zu den nach dieser Vorschrift berücksichtigungsfähigen Interessen gehören vielmehr nur solche, die „Erleichterungen oder Erschwernisse im Rahmen des anhängigen Verfahrens“ ggf. einschließlich von Behördenkontakten zum Gegenstand haben, die nach Verfahrensabschluss notwendig werden (Hoffmann in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl. 2014, § 3 Rn. 71).

Soweit die Klägerin zu 1) schließlich in Abrede stellt, dass die Fortführung des Untersagungsverfahrens durch das Landratsamt Neu-Ulm im Sinn von Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG „der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens“ gedient habe, ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidung, von der durch diese Vorschrift eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen, im behördlichen Ermessen steht (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 3 Rn. 50), das hier in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt wurde. Hieran bestehen auch im Licht der Antragsbegründungen keine Zweifel. Das Landratsamt Neu-Ulm war mit den Vorgängen, die Anlass zu den gegen die Kläger ergriffenen Maßnahmen gegeben haben, seit der von ihm am 12. Oktober 2005 mündlich verfügten Schließung des Betriebs der Klägerin zu 1) umfassend vertraut. Auch wenn das Landratsamt Neu-Ulm mit dem Erlass von Untersagungsverfügungen zugewartet hat, bis das gegen den Kläger zu 2) anhängige Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen war, lässt es allein schon diese umfangreiche Vorbefassung mit der Materie als ermessensgerecht erscheinen, den Abschluss der Angelegenheit nicht dem erst im Laufe des Jahres 2008 zuständig gewordenen Landratsamt Biberach zu überantworten.

2. Aus den Antragsbegründungen ergeben sich ferner keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, das Landratsamt Neu-Ulm sei gemäß § 35 Abs. 7 Satz 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG auch für den Erlass des den Kläger zu 2) betreffenden Bescheids vom 17. Mai 2011 örtlich zuständig gewesen.

Die darin ausgesprochenen Untersagungsverfügungen sind auf § 35 Abs. 7a GewO gestützt. Satz 3 dieser Vorschrift erklärt u. a. § 35 Abs. 7 GewO für „entsprechend“ anwendbar. Diese Verweisung stellt damit eine Ausprägung der limitierten Akzessorietät dar, die zwischen einem gegen den Gewerbetreibenden selbst gerichteten Untersagungsverfahren und einem Verwaltungsverfahren besteht, durch das gemäß § 35 Abs. 7a GewO sichergestellt werden soll, dass Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer oder andere leitende Funktionsträger von (insbesondere als juristische Person verfassten) Gewerbetreibenden ein auf § 35 Abs. 1 GewO gestütztes Verbot nicht dadurch unterlaufen, dass die natürlichen Personen, die das unzuverlässige Wirtschaftssubjekt bisher geleitet haben, sich nunmehr selbst gewerblich betätigen oder sie ihr gemeinwohlunverträgliches Verhalten als Vertretungsberechtigte oder leitende Funktionsträger eines anderen Gewerbetreibenden fortsetzen.

Wegen der Zuständigkeitsakzessorietät hatte die Prolongation der örtlichen Zuständigkeit des Landratsamts Neu-Ulm für das gegen die Klägerin zu 1) gerichtete Untersagungsverfahren, die durch die Zustimmungserklärung des Landratsamts Biberach bewirkt wurde, zur Folge, dass die erstgenannte Behörde auch für das auf § 35 Abs. 7a GewO gestützte Vorgehen gegen den Kläger zu 2) örtlich zuständig blieb. Folgt die Zuständigkeit zum Erlass der ihn betreffenden Untersagungsverfügung aber aus § 35 Abs. 7 Satz 1 GewO i. V. m. Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG, so bedurfte es keiner zusätzlichen Zustimmung der Stadt Kempten (Allgäu) nach der letztgenannten Vorschrift, wie sie der Kläger zu 2) ausweislich der Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung deshalb für geboten erachtet, weil er sich bei Erlass des ihm gegenüber ergangenen Bescheids vom 17. Mai 2011 in der Justizvollzugsanstalt Kempten aufhielt.

3. Die Unzuverlässigkeit beider Kläger hat das Verwaltungsgericht zutreffend aus der Tatsache hergeleitet, dass der Kläger zu 2) in seiner Eigenschaft als damaliger Geschäftsführer der Klägerin zu 1) in großem Umfang und unter Aufbietung erheblichen kriminellen Willens (vgl. dazu Abschnitt VI.2 des Strafurteils vom 12.3.2010) eine Mehrzahl von Betrugsstraftaten in der Absicht begangen hat, sich hierdurch eine Einnahmequelle von nicht unerheblicher Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Dieses Verhalten des Klägers zu 2) muss sich die Klägerin zu 1) zurechnen lassen, da der Kläger zu 2) im Tatzeitraum ihr alleiniger Geschäftsführer war und er nach den Feststellungen des Landgerichts Memmingen, wie sie insbesondere in Abschnitt IV.3.2 der Gründe des Strafurteils vom 12. März 2010 dokumentiert wurden, ihren Geschäftsbetrieb zudem - wenn auch unter Mithilfe weiterer Personen - tatsächlich geleitet hat. Hierauf, nicht aber auf sein Ausscheiden aus diesen Funktionen vor dem Erlass der Untersagungsbescheide kommt es entgegen der Auffassung an, die in den (überdies erst nach dem Ablauf der Antragsbegründungsfristen eingegangenen) Schriftsätzen der Bevollmächtigten der Klägerin zu 1) vom 1. Februar 2013 und des Bevollmächtigten des Klägers zu 2) vom 31. Januar 2013 vertreten wird.

Mit der Rechtskraft einer strafgerichtlichen Entscheidung steht allerdings für Verfahren nach § 35 Abs. 1 und § 35 Abs. 7a GewO nicht mit bindender Wirkung fest, dass der Verurteilte die ihm zur Last gelegten Taten tatsächlich begangen hat. Denn § 35 Abs. 3 GewO schreibt eine Bindung an die dort bezeichneten Inhalte von Strafurteilen und die in § 35 Abs. 3 Satz 3 GewO aufgeführten Entscheidungen nur mit der Maßgabe vor, dass die Verwaltungsbehörde hiervon nicht zum Nachteil des Gewerbetreibenden abweichen darf. Dieser Grundsatz gilt wegen der in § 35 Abs. 7a Satz 3 GewO enthaltenen Verweisung auch in Verfahren, die auf eine Entscheidung nach § 35 Abs. 7a GewO abzielen.

Aus den Antragsbegründungen ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht diese rechtliche Gegebenheit verkannt hat. Die Kläger machen insoweit lediglich - überdies ohne jede Glaubhaftmachung - geltend, das Verwaltungsgericht habe in der mündlichen Verhandlung geäußert, es sei gemäß § 35 Abs. 3 GewO an die Entscheidung des Strafgerichts gebunden. Die nach § 124a Abs. 2 Nr. 1 VwGO für eine Zulassung der Berufung erforderlichen „ernstlichen Zweifel“ müssen sich indes auf das Ergebnis des Verfahrens (d. h. das instanzbeendende Urteil) beziehen. Dieses enthält jedoch keinen Hinweis darauf, das Verwaltungsgericht habe sich bei der Feststellung der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit der Kläger an die Entscheidungen des Landgerichts Memmingen vom 12. März 2010 und des Bundesgerichtshofs vom 20. Oktober 2010 gebunden gesehen. Vielmehr wurde in der Randnummer 136 des gegen die Klägerin zu 1) und in der Randnummer 135 des gegen den Kläger zu 2) ergangenen Urteils vom 4. Juni 2012 jeweils ausdrücklich festgehalten, nicht das Strafurteil selbst, sondern das Verhalten, das zu der Verurteilung geführt hat, stelle die Tatsache dar, durch die im Sinn von § 35 Abs. 1 GewO der Unzuverlässigkeitsvorwurf dargetan werde.

Dessen ungeachtet ist der Umstand, dass der Kläger zu 2) wegen einer Mehrzahl von Betrugshandlungen rechtskräftig verurteilt wurde, die er im Rahmen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin zu 1) begangen hat, für die erlassenen Untersagungsbescheide und die sich hieran anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht ohne Belang. Denn Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte dürfen ihren Entscheidungen Feststellungen, die die Strafgerichte unanfechtbar getroffen haben, regelmäßig ohne weitere eigene Ermittlungen zugrunde legen (OVG RhPf, U. v. 9.5.1989 - 6 A 124/88 - NJW 1990, 1553/1554; vgl. auch BVerwG, B. v. 28.9.1981 - 7 B 188.81 - Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 60). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur anzuerkennen, wenn gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen sprechen, was insbesondere dann der Fall ist, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel vorliegen, die nach § 359 Nr. 5 StPO die Zulässigkeit eines Wiederaufnahmeverfahrens begründen würden (BVerwG, B. v. 28.9.1981 - 7 B 188.81 - a. a. O.; OVG RhPf, U. v. 9.5.1989 - 6 A 124/88 - a. a. O.). Aus den Antragsbegründungen ergeben sich derartige Anhaltspunkte indes nicht.

Soweit die Kläger die Richtigkeit des Strafurteils vom 12. März 2010 in Frage stellen, bezogen auf einen Teilaspekt des am 7. und 8. September 2004 getätigten Verkaufsvorgangs, wozu das Gutachten des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, auf das das Landgericht die Verurteilung des Klägers zu 2) u. a. gestützt hat, als Zeitpunkt des „Verwiegungsausgangs“ dieser Palette den 7. September 2004, 11:52:26 Uhr, angibt, und der vollständig beladene, zur Abfahrt bereite Lastkraftwagen, der u. a. diese Palette abtransportiert habe, am 7. September 2004 um 11:52 Uhr verwogen worden sei, ist ihnen nicht zu folgen. Die Kläger machen geltend, nach der Auslagerung eines Artikels auf die Rampe erfolge bei einem Export in ein Nicht-EU-Land jedoch zunächst die Begutachtung der gesamten zur Versendung anstehenden Partie durch den zuständigen Veterinär. Im Anschluss daran würden alle Paletten auf den Lastkraftwagen verladen und die Frachtpapiere dem Frachtführer ausgehändigt, der das Fahrzeug sodann auf die Waage fahre. Diese Vorgänge ließen sich nicht unter einer halben Stunde erledigen. Träfen die Ausführungen des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zu, wäre hierfür weniger als eine Minute benötigt worden; das sei technisch unmöglich. Das Gutachten des Landesamtes sei deshalb objektiv falsch. Da das Urteil des Landgerichts auf diesem Gutachten beruhe, sei es ebenfalls unzutreffend.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts ergeben sich aus diesen Ausführungen deshalb nicht, weil die Behauptung der Kläger, zwischen dem „Verwiegungsausgang“ der das Kühlhaus verlassenden Ware und der Verwiegung des für den Abtransport bestimmten Lastkraftwagens müsse mindestens eine halbe Stunde liegen, nicht nur in keiner Weise belegt, sondern auch unabhängig hiervon nicht plausibel ist. Die vom Landgericht einvernommenen, im Tatzeitraum mit dem Betrieb der Klägerin zu 1) befassten Veterinäre haben übereinstimmend bekundet, sie hätten bei Exporten in nicht der Europäischen Union angehörende Länder (die u. a. die Palette mit dem Artikelcode 2515778 umfassende Lieferung erfolgte nach den unbestrittenen Feststellungen des Landgerichts nach Kaliningrad) lediglich anhand der vom Unternehmer vorgefertigten Dokumente eine „Nämlichkeitskontrolle“ durchgeführt, bei der nur geprüft worden sei, ob die ausgestellten Papiere zu der bereitgestellten Ware passten, d. h. es sich auf der Grundlage einer Sichtkontrolle um das angegebene Produkt gehandelt habe und die genannte Menge stimmig gewesen sei. Nach dieser Kontrolle seien die von der Klägerin zu 1) vorgefertigten Papiere gezeichnet und gesiegelt worden (vgl. Abschnitt IV.9.5.2 des Urteils vom 12.3.2010). Diese nur formale Prüfung erfordert weder größeren Zeitaufwand, noch muss sie - entgegen der Darstellung in den Antragsbegründungen - sachnotwendig zwischen einer ggf. stattfindenden Ausgangsverwiegung und der Verwiegung des dem Abtransport dienenden Lastkraftwagens stattfinden.

4. Die Unzuverlässigkeit beider Kläger ist bis zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt - nämlich bis zum Erlass bzw. bis zur Bekanntgabe der Bescheide vom 17. Mai 2011 (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/2 f.) - ungeachtet der Tatsache nicht entfallen, dass bis dahin seit der letzten, durch das Strafurteil vom 12. März 2010 geahndeten Betrugshandlung etwa sechseinhalb Jahre verstrichen waren.

Entgegen der in den angefochtenen Entscheidungen vertretenen Auffassung kann dieses Ergebnis allerdings nicht aus einer analogen Anwendung der u. a. in § 33c Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2, § 33d Abs. 3 Satz 2, § 33i Abs. 2 Nr. 1, § 34b Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 und § 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 GewO (heutiger Fassung) getroffenen Regelungen hergeleitet werden. Nach diesen (und vergleichbaren) Bestimmungen gelten Personen, die u. a. wegen Betruges verurteilt wurden und sich um bestimmte gewerberechtliche Erlaubnisse bewerben, innerhalb eines Zeitraums von drei bzw. fünf Jahren ab der Rechtskraft der Verurteilung als unzuverlässig. Der Übertragung dieser normativen Wertung auf die in § 35 GewO geregelte Untersagung erlaubnisfreier Gewerbe steht zum einen das Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz, zum anderen die nicht durchgängig zu bejahende Vergleichbarkeit der Sachverhalte entgegen.

Die in § 35 Abs. 6 Satz 2 GewO und in § 52 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 2 BZRG enthaltenen Bestimmungen zeigen, dass sich der Gesetzgeber des Problems, wie lange Umständen Aussagekraft zukommt, aus denen die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit einer Person folgt, sehr wohl bewusst war, und dass er diesbezügliche partielle Regelungen getroffen hat. Wenn er gleichwohl und ungeachtet der Tatsache, dass er den Katalog der erlaubnisbedürftigen Gewerbe, für die die drei- bzw. fünfjährige Regelvermutung der fortdauernden Unzuverlässigkeit eingreift, in jüngerer Zeit wiederholt erweitert hat (vgl. § 34d - dort insbesondere § 34d Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 - GewO; § 34e - dort insbesondere § 34e Abs. 2 mit Rückverweisung auf 34d Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 - GewO; § 34f - dort insbesondere § 34f Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 - GewO), von der Aufnahme einer vergleichbaren Regelung in § 35 GewO absah, so kann das nur so verstanden werden, dass dies mit Vorbedacht geschah. Eine planmäßige Regelungslücke aber darf seitens des Rechtsanwenders nicht durch die Heranziehung einer als solcher nicht anwendbaren Norm geschlossen werden. Gegen einen Rückgriff auf die für mehrere erlaubnisbedürftige Gewerbe bestehenden Vorschriften, denen zufolge innerhalb bestimmter Zeiträume nach der Rechtskraft einer Verurteilung wegen bestimmter Delikte im Regelfall von der fortbestehenden Unzuverlässigkeit des Betroffenen auszugehen ist, im Rahmen des § 35 GewO spricht zudem, dass die vom Verwaltungsgericht angeführten und die vorstehend ergänzend erwähnten Fristenregelungen sich jeweils auf vergleichsweise scharf konturierte gewerbliche Betätigungen beziehen. Bei ihnen lässt sich im Wege normativer Wertung festlegen, innerhalb welcher Zeitspanne einer begangenen Straftat typischerweise (d. h. unter dem Vorbehalt einer zugunsten bzw. zulasten des Betroffenen abweichenden Einzelfallbetrachtung) Aussagekraft für das anzustellende Zuverlässigkeitsurteil zukommt. Die Bandbreite der von § 35 GewO erfassten erlaubnisfreien Gewerbe ist indes so groß, dass sich diese Frage nicht durch einen Rekurs auf die bei bestimmten erlaubnisbedürftigen Gewerben - sei es auch nur in der Gestalt einer widerlegbaren „Regelvermutung“ - geltenden Drei- bzw. Fünfjahresfristen beantworten lässt. Das gilt umso mehr, als sich auf der Grundlage eines solchen rechtlichen Ansatzes nicht sicher entscheiden ließe, ob einem Gewerbetreibenden, der mit Fleisch und mit bei der Schlachtung von Tieren anfallenden Nebenprodukten gehandelt hat, die rechtskräftige Verurteilung wegen Betruges vorbehaltlich eines atypischen Sonderfalles drei oder fünf Jahre lang als Unzuverlässigkeitsgrund entgegengehalten werden darf. Hinzu kommt, dass der Verlust der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit nach dem Vorgesagten grundsätzlich aus einem einschlägigen Fehlverhalten, nicht aber aus einer deswegen verhängten Sanktion resultiert; die Entscheidung, die „Regelfrist“ für den Fortbestand der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit dessen ungeachtet erst mit der Rechtskraft einer strafgerichtlichen Ahndung des Fehlverhaltens beginnen zu lassen, stellt eine positivrechtliche „Setzung“ dar, die dem hierzu allein legitimierten Gesetzgeber vorbehalten bleiben muss.

Die Beantwortung der Frage, ob länger zurückliegende Straftaten einem Gewerbetreibenden im Rahmen eines Untersagungsverfahrens nach § 35 GewO noch entgegengehalten werden dürfen, hat deshalb auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller einschlägigen Umstände zu erfolgen, in die namentlich die Art und die Umstände der Delikte sowie die Entwicklung der Persönlichkeit des Betroffenen einzubeziehen sind (so mit Blickrichtung auf die gleichgelagerte Problemstellung im Rahmen des § 35 Abs. 6 GewO NdsOVG, B. v. 29.1.2008 - 7 PA 190/07 - NVwZ-RR 2008, 464; vgl. ferner zur gebotenen Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalles und zur fehlenden Maßgeblichkeit fester Zeiträume BVerwG, B. v. 9.7.1993 - 1 B 105.93 - NVwZ-RR 1994, 19 mit Blickrichtung auf die im Rahmen der Vermutungsregelung des § 34c Abs. 2 Nr. 1 GewO anzustellende Prüfung).

Eine solche Gesamtbetrachtung des Verhaltens des Klägers zu 2) hat ausweislich der Ausführungen eingangs der Randnummer 139 des im Verfahren Au 5 K 11.862 erlassenen und der Randnummer 138 des in der Sache Au 5 K 11.864 ergangenen Urteils auch das Verwaltungsgericht vorgenommen. Ungeachtet des nach dem Vorgesagten nicht zulässigen Rückgriffs auf die u. a. in § 33c Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2, § 33d Abs. 3 Satz 2, § 33i Abs. 2 Nr. 1, § 34b Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 und § 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 GewO normierten Fristen ist es zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass beide Kläger im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nach wie vor als unzuverlässig anzusehen waren.

In der Vielzahl und der Schwere der vom Kläger zu 2) begangenen Betrugsstraftaten und in dem von ihm hierbei an den Tag gelegten erheblichen kriminellen Willen (LG Memmingen, U. v. 12.3.2010 - Az. 1 KLs 114 Js 19823/05 - UA S. 86) manifestiert sich eine ausgeprägte Bereitschaft, die Gebote der Rechtsordnung zu verletzen und Dritte um des eigenen Vermögensvorteils willen zu schädigen. Dieses Fehlverhalten betrifft seine Rechtstreue und seine Redlichkeit im geschäftlichen Verkehr und damit den Kernbereich der Voraussetzungen, die jeder Gewerbetreibende, aber auch jeder Vertretungsberechtigte und jeder (faktische) Betriebsleiter eines Gewerbetreibenden erfüllen muss, um als zuverlässig gelten zu können. Angesichts des Gewichts der Umstände, die zum Verlust der Zuverlässigkeit des Klägers zu 2) geführt haben, bedürfte es aussagekräftiger, zweifelsfrei erwiesener und über eine lange Zeit hinweg vorliegender Tatsachen, um den erforderlichen tiefgreifenden Einstellungs- und Verhaltenswandel und damit eine Wiedererlangung der Zuverlässigkeit durch ihn bejahen zu können.

Beim Kläger zu 2) fehlen nicht nur derartige, ihm günstige Aspekte; er hat sich im Gegenteil auch nach den Betrugshandlungen, die den Gegenstand des Strafurteils vom 12. März 2010 bildeten, weiteres Fehlverhalten von nicht geringem Gewicht zuschulden kommen lassen.

Ausweislich der Feststellungen in Abschnitt V.9.5.4 des letztgenannten Urteils, denen die Kläger nicht widersprochen haben, hat der Kläger zu 2) zwischen einer am 20. Dezember 2005 durchgeführten Durchsuchung des Kühlhauses der Klägerin zu 1) und einer erneuten Betriebskontrolle am 2. Februar 2006 dort eingelagertes Fleisch umetikettiert, um so den wahrheitswidrigen Eindruck hervorzurufen, diese Ware stamme ebenfalls von der dänischen Fa. B..., von der er das nicht zum menschlichen Verzehr bestimmte, von ihm später zur Verwendung in der Lebensmittelindustrie weiterverkaufte K-3-Material erworben hat. Hierbei handelte er zur Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs in der Absicht, bei den mit der Aufklärung seiner Straftaten befassten staatlichen Stellen den Irrtum hervorzurufen, er habe von der Fa. B... nicht nur K-3-Material, sondern auch zum menschlichen Verzehr bestimmtes Fleisch bezogen; unter dieser Voraussetzung wäre der Nachweis der Falschdeklarierung des von ihm tatsächlich aufgekauften K-3-Materials zumindest erschwert worden. Die Neigung des Klägers zu Täuschungshandlungen endete mithin nicht in dem Zeitpunkt, von dem an die Behörden auf sein Tun aufmerksam geworden waren und sie gegen ihn Ermittlungen aufgenommen hatten.

Dass der Kläger zu 2) die gegen ihn seit dem Jahr 2005 ergriffenen strafprozessualen und verwaltungsrechtlichen Maßnahmen nicht zum Anlass genommen hat, um zumindest von da an gewissenhaft auf die Einhaltung der Rechtsordnung Bedacht zu nehmen, beweist der Umstand, dass gegen ihn am 5. April 2006 zwei rechtskräftig gewordene, auf Geldbußen in Höhe von zusammen 25.000 € lautende Bußgeldbescheide erlassen wurden, durch die u. a. geahndet wurde, dass er als Geschäftsführer der Klägerin zu 1) bis mindestens 28. März 2006 41.017 kg Tiernahrung als K-3-Material angenommen und im Kühlhaus der Klägerin zu 1) eingelagert hatte, obwohl die Klägerin zu 1) nicht über die zu diesem Zweck erforderliche Zulassung als „K-3-Betrieb“ verfügte, und dass in diesem Kühlhaus am 12. Oktober 2006 weiteres nicht zum menschlichen Genuss geeignetes Material im Umfang von 309 kg gelagert war. U. a. auch auf diese Sachverhalte hat das Landratsamt ausweislich der Bescheide vom 17. Mai 2011 den Unzuverlässigkeitsvorwurf gestützt; die Kläger sind der Richtigkeit der diesbezüglichen Vorhalte nicht entgegengetreten.

Dass der Kläger zu 2) nach den im Urteil vom 12. März 2010 geahndeten Betrugshandlungen weiterhin nicht davon Abstand nahm, die Rechtsordnung auch in strafbarer Weise zu verletzen, belegt ferner der Umstand, dass er am 19. Juni 2007 unter Verstoß gegen ein Fahrverbot ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt hat (vgl. u. a. Seite 9 oben des Urteils vom 12.3.2010). Die insoweit begangene Straftat weist zwar keinen unmittelbaren gewerberechtlichen Bezug auf. Sie bestätigt jedoch die fortbestehende Bereitschaft des Klägers zu 2), vorsätzlich Verboten zuwiderzuhandeln und Straftaten zu begehen, und steht deshalb ebenfalls der Annahme eines durchgreifenden Einstellungs- und Verhaltenswandels entgegen, wie er Voraussetzung für die Wiedererlangung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit wäre.

Dass auch die Klägerin zu 1) im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nach wie vor unzuverlässig war, obwohl der Kläger zu 2) seine Rechtsstellung als ihr Geschäftsführer gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Buchst. e GmbHG bereits mit dem Eintritt der Rechtskraft des Strafurteils vom 12. März 2010 verloren hatte, folgt zum einen aus der Tatsache, dass er auch am 17. Mai 2011 noch 80% der Geschäftsanteile der Klägerin zu 1) innehatte; die Übertragung des gesamten Stammkapitals auf die Ehefrau des Klägers zu 2) erfolgte ausweislich der am 23. Oktober 2012 beim Amtsgericht Ulm - Registergericht - eingereichten Gesellschafterliste erst im Lauf des Jahres 2012. Im entscheidungserheblichen Zeitpunkt war der unzuverlässige Kläger zu 2) mithin noch in der Lage, als Mehrheitsgesellschafter maßgeblichen Einfluss auf die Klägerin zu 1) auszuüben.

Die am 13. Januar 2011 erfolgte Eintragung der Bestellung der Ehefrau des Klägers zu 2) als Geschäftsführerin der Klägerin zu 1) in das Handelsregister ließ die fortdauernde Unzuverlässigkeit der Klägerin zu 1) ferner deshalb unberührt, weil auch die Ehefrau des Klägers zu 2) nicht die Gewähr für eine allzeit rechtskonforme Geschäftsführung bot. Denn sie hat es unter Verstoß gegen die Pflicht, die den Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach § 39 Abs. 1 GmbHG trifft, über lange Zeit hinweg unterlassen, das Ausscheiden ihres Ehemannes aus der Geschäftsführerfunktion zum Handelsregister anzumelden; er war dort noch bis zum 30. Oktober 2012 als Geschäftsführer der Klägerin zu 1) eingetragen.

5. Schließlich stand das bereits vor dem maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt erfolgte Ausscheiden des Klägers zu 2) aus dem Amt eines Geschäftsführers der Klägerin zu 1) dem Erlass des ihn betreffenden Bescheids vom 17. Mai 2011 nicht entgegen. Denn die gemäß § 35 Abs. 7a Satz 3 GewO entsprechend anwendbare Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 3 GewO bewirkt, dass eine Untersagung nach § 35 Abs. 7a GewO auch dann noch ausgesprochen werden kann, wenn der Vertretungsberechtigte oder der sonst für einen Gewerbetreibenden in leitender Stellung Tätige vor dem Abschluss des Verfahrens aus dieser Funktion ausscheidet, sofern er diese Position im Zeitpunkt der Einleitung des Verwaltungsverfahrens nach § 35 Abs. 7a GewO noch innehatte (vgl. eingehend dazu Heß in Friauf, GewO, Stand Mai 2012 bzw. Mai 2013, § 35 Rn. 624a). Die letztgenannte Voraussetzung ist hier erfüllt, da - wie bereits dargestellt - auch das den Kläger zu 2) betreffende Verfahren spätestens im Laufe des Jahres 2006 eingeleitet worden war.

6. Wenn das Landratsamt mit dem Erlass von Untersagungsverfügungen gegen die Kläger bis zum Jahr 2011 zugewartet hat, so können sie hieraus nichts zu ihren Gunsten herleiten.

Soweit der gegen die Klägerin zu 1) ergangene Ausspruch seine Rechtsgrundlage in § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO findet, steht eine gebundene Entscheidung inmitten. Da die Klägerin zu 1) nach dem Vorgesagten auch im Mai 2011 noch unzuverlässig war, musste ihr diese Betätigung deshalb zwingend untersagt werden. Entgegen der Begründung der Anträge auf Zulassung der Berufung hängt die Beantwortung der Frage, ob ein solcher Ausspruch zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist, wie § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO das außerdem voraussetzt, nicht von der Dauer des Verwaltungsverfahrens und davon ab, ob die Behörde rechts- und ermessensfehlerfrei von einem früheren Einschreiten abgesehen hat. Ausschlaggebend ist vielmehr allein, dass im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt objektiv Gesichtspunkte vorliegen, die eine Unterbindung des betroffenen Gewerbes im Interesse des Gemeinwohls gebieten. Von einem unzuverlässigen Gewerbetreibenden, der einen Großhandel mit Fleischprodukten und Lebensmitteln aller Art und Güte betreibt, die u. a. zur Verwendung in der Lebensmittelindustrie bestimmt sind, können zum einen dann Gefahren für das Leben und die Gesundheit von Verbrauchern ausgehen, wenn er verdorbene oder sonst nicht einwandfreie Ware in den Verkehr bringt; zum anderen gibt er Grund zu der Besorgnis, durch ihn könnten die berechtigen Erwartungen der Konsumenten beeinträchtigt werden, nicht über die Herkunft und die Beschaffenheit von Lebensmitteln getäuscht zu werden, wenn sich die Fehlvorstellung nicht auf die gesundheitliche Unbedenklichkeit derartiger Wirtschaftsgüter bezieht.

Soweit die am 17. Mai 2011 erlassenen Bescheide Ermessensentscheidungen beinhalten, haben die Kläger keine Gesichtspunkte vorgebracht, die diese Verwaltungsakte als ermessensfehlerhaft erscheinen lassen. Die seit dem Bekanntwerden der Verfehlungen des Klägers zu 2) bis zum Bescheidserlass verstrichene lange Zeitspanne kann nach den Gegebenheiten des konkreten Falles nicht als Ermessensfehlgebrauch angesehen werden. Angesichts der schwierigen Beweislage (das Landgericht benötigte zur Durchführung der Hauptverhandlung elf Sitzungstage) erschien ein solches Zuwarten namentlich deshalb vertretbar, um es zu vermeiden, dass eine Untersagungsverfügung in inhaltlichen Widerspruch zu einer später ergehenden, den gleichen Sachverhalt betreffenden strafgerichtlichen Entscheidung geraten könnte.

7. Den auf § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO gestützten Entscheidungen sind die Kläger in den Begründungen der Anträge nur insoweit entgegengetreten, als sie in Abrede stellen, die Absicht der Klägerin zu 1), sich auf jeden Fall irgendwie weiter zu betätigen, werde schon dadurch belegt, dass bereits am 13. Januar 2011 die im Betrieb bis dahin nach außen hin nicht in Erscheinung getretene Ehefrau des Klägers zu 2) als weitere alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin in das Handelsregister eingetragen worden sei. Diesem Einwand kommt von vornherein nur für das Verfahren der Klägerin zu 1) Bedeutung zu, da sich das Verwaltungsgericht zur Rechtfertigung der gegenüber dem Kläger zu 2) ergangenen, auf § 35 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 35 Abs. 7a Satz 3 GewO ergangene Verfügung nicht auf diesen Gesichtspunkt gestützt hat.

Aus diesem Einwand ergeben sich aber auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des im Verfahren der Klägerin zu 1) erlassenen Urteils. Ein rechtstreuer Gewerbetreibender stellt seine Betätigung unverzüglich ein, nachdem er die gewerbliche Zuverlässigkeit verloren hat. Aus dem Umstand, dass die Klägerin zu 1) trotz eingetretener Unzuverlässigkeit stattdessen eine neue Geschäftsführerin bestellt hat, hat das Verwaltungsgericht deshalb zu Recht auf die Absicht geschlossen, den Geschäftsbetrieb fortzusetzen.

Der Kostenausspruch beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit der Empfehlung in den Abschnitten 54.2.1 und 54.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.