Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 13. Dez. 2010 - 11 S 2359/10

bei uns veröffentlicht am13.12.2010

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Mai 2010 - 11 K 2236/09 - wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte und der Beigeladene die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Kläger je zur Hälfte; ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und der Beigeladene jeweils selbst.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Erteilung humanitärer Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG.
Die im Jahre 1969 im Irak geborenen und aus Kirkuk stammenden Kläger zu 1 und 2 reisten mit ihren am 26.04.1997 und 01.11.1998 geborenen Kindern, den Klägern zu 3 und 4, am 26.07.1999 in das Bundesgebiet ein und stellten Asylanträge. Bei der Anhörung durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 11.08.1999 gab der Kläger zu 1 zu seinen persönlichen Verhältnissen unter anderem an: Sein Vater sei Araber, seine Mutter Kurdin. Nach irakischem Gesetz sei er deshalb Araber. Er spreche Kurdisch und Arabisch, außerdem Türkisch und etwas Englisch. Er habe einen Fachhochschulabschluss Fachrichtung Metallbearbeitung und habe bis zu seiner Ausreise in Kirkuk eine Autowerkstatt für Auto-Elektrik betrieben. Der Kläger zu 1 legte verschiedene irakische Dokumente vor, unter anderem ein Abschlusszeugnis der Technischen Hochschule ..., eine Heiratsurkunde und Urkunden über die Staatsangehörigkeit sowie Personalausweise.
Mit Bescheid vom 29.10.1999 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen und drohte den Klägern die Abschiebung in den Irak an. Die hiergegen erhobenen Klagen wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 24.01.2001 - A 13 K 14053/99 - ab. Seit Ende Oktober 1999 hielt sich die Familie nicht mehr in der ihr zugewiesenen Unterkunft auf. Am 23.01.2002 wurden die Kläger zu 1 bis 4 aus Schweden rücküberstellt, wo sie unter anderen Namen um Asyl nachgesucht hatten. Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 05.02.2002 die Anträge auf Durchführung von weiteren Asylverfahren und die Anträge auf Abänderung des Bescheides vom 29.10.1999 bezüglich der Feststellungen zu § 53 AuslG ab. Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies mit Urteil vom 15.04.2003 - A 2 K 10431/02 - die hiergegen erhobenen Klagen ab. Die Anträge der Kläger auf Zulassung der Berufung ruhten zunächst und wurden vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 30.08.2006 - A 2 S 290/05 - abgelehnt.
Die Kläger zu 1 bis 4 erhalten seit 31.01.2002 bis heute ununterbrochen Bescheinigungen über die Aussetzung der Abschiebung. Auch die im Bundesgebiet am 04.06.2004 geborene Klägerin zu 5, deren Asylantrag nach § 14a Abs. 2 AsylVfG mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.02.2006 unanfechtbar abgelehnt worden ist, verfügt bis heute lediglich über Duldungen. Die Duldungen für die Familienmitglieder haben grundsätzlich eine Geltungsdauer von drei Monaten.
Am 08.07.2008 beantragten die Kläger durch ihre Prozessbevollmächtigte unter Berufung auf die sog. Altfallregelung und § 25 Abs. 5 AufenthG die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen. Sie machten geltend, sie seien im Bundesgebiet integriert. Die Kinder besuchten die Schule oder eine Kindertageseinrichtung. Die Kläger zu 1 und 2 seien mittlerweile erwerbstätig. Auch im Hinblick auf die psychischen Erkrankungen der Klägerinnen zu 2 und 3 seien sie unverschuldet an einer Ausreise in den Irak gehindert. Die Kläger legten unter anderem Stellungnahmen der Psychologischen Beratungsstelle für politisch Verfolgte und Vertriebene, Stuttgart (im Folgenden: PBV), Schulbescheinigungen und Zeugnisse für die Kläger zu 3 und 4 sowie Lohnabrechnungen vor.
Mit Verfügungen vom 18.12.2008 lehnte die Beklagte die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen ab und führte zur Begründung unter anderem aus: Da die Kläger erst Anfang 2002 aus Schweden nach Deutschland rücküberstellt worden seien, seien schon die zeitlichen Voraussetzungen für ein Bleiberecht nach der Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 und nach der Altfallregelung des § 104a AufenthG nicht erfüllt. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG lägen ebenfalls nicht vor. Hinsichtlich eines rechtlichen inlandsbezogenen Ausreisehindernisses aus Art. 8 EMRK fehle es bei den Eltern, den Klägern zu 1 und 2, an der notwendigen Integration. Auch sei davon auszugehen, dass diese mit den Lebensverhältnissen ihres Heimatlandes noch vertraut seien und eine Reintegration möglich und zumutbar sei. Bei den Klägern zu 3 bis 5 sei kein überdurchschnittliches Maß der Integration festzustellen. Der stets nur geduldeten Familie könne eine gemeinsame Ausreise in das Herkunftsland zugemutet werden. Auch seien die Regelerteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 AufenthG nicht erfüllt. Der Lebensunterhalt sei nicht ohne - zusätzliche - Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gesichert. Die Identität sei nicht geklärt, denn die Angaben zur Person beruhten ausschließlich auf Angaben der Kläger selbst, die in Schweden andere Personalien verwendet hätten. Schließlich werde auch die Passpflicht nicht erfüllt. Nach umfassender Gewichtung und Wertung sämtlicher Umstände des Falles und Abwägung der privaten Belange gegenüber dem öffentlichen Interesse komme eine Abweichung von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht in Betracht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2009, zugestellt am 11.05.2009, wies das Regierungspräsidium Stuttgart die gegen die Verfügungen erhobenen Widersprüche der Kläger zurück und führte mit Blick auf § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK aus: Die Kläger zu 1 und 2 seien seit ihrer Wiedereinreise in das Bundesgebiet im Januar 2002 zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts auf öffentliche Leistungen angewiesen gewesen. Auch bezüglich der Kläger zu 3 bis 5 seien keine besonderen Integrationsleistungen ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Klägerin zu 5 im Bundesgebiet geboren sei und die Kläger zu 3 und 4 hier zur Schule gingen, rechtfertige nicht die Annahme, eine Rückkehr in den Irak sei ihnen unzumutbar. Sie hätten noch kein Alter erreicht, in dem ihnen ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates ihrer Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen könnte. Die Kläger zu 1 und 2 seien im Irak geboren und aufgewachsen und hätten diesen erst im Erwachsenenalter verlassen. Auch die Kläger zu 3 und 4 seien dort geboren und hätten dort kurze Zeit gelebt. Zudem verfügten die Kläger auch heute noch über familiäre Anknüpfungspunkte. Nachdem die Kläger zu 1 und 2 bisher in ausgesprochen geringem Maße im Bundesgebiet integriert seien, könne davon ausgegangen werden, dass die innerfamiliären Lebensverhältnisse noch stark von der nationalen Herkunft der Großfamilie geprägt seien und die Kläger zu 3 bis 5 ihre Muttersprache zumindest in Grundzügen beherrschten. Diese würden auch nicht allein in den Irak übersiedeln, sondern könnten mit der Unterstützung der Kläger zu 1 und 2 sowie ggfs. anderer Verwandter rechnen. Auch die bisher vorgetragenen Erkrankungen reichten nicht aus, um von einer Unzumutbarkeit der Rückkehr in den Irak ausgehen zu können. Insbesondere sei nichts dafür ersichtlich, dass die Kläger auf eine dringende ärztliche Behandlung angewiesen wären, die nur im Bundesgebiet erbracht werden könnte. Allein die pauschale Aussage, die Kläger zu 3 bis 5 würden Verhaltensauffälligkeiten zeigen, und der Umstand, dass die Klägerinnen zu 2 und 3 psychotherapeutische Beratungsgespräche wahrnähmen, könnten die Unzumutbarkeit der Rückkehr nicht begründen.
Mit ihren am 10.06.2009 beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klagen verfolgen die Kläger ihr Begehren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG weiter. Zur Begründung haben sie weitere Stellungnahmen der PBV sowie Bescheinigungen verschiedener Institutionen und Privatpersonen zum gesellschaftlichen und sozialen Leben der Familie vorgelegt, insbesondere zu den Aktivitäten der Kläger zu 3 und 4 im Fußballverein (aktive Spieler in einer Mädchen- bzw. Jugendfußballmannschaft des TSV H.), in der Schule (unter anderem Klassensprecherin bzw. stellvertretender Klassensprecher) und in Freizeiteinrichtungen.
Die Beklagte ist den Klagen entgegengetreten. Das beigeladene Land hat sich nicht geäußert.
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Nach der ohne Dolmetscher erfolgten Anhörung der Kläger in der mündlichen Verhandlung hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 10.05.2010 - 11 K 2236/09 - die Beklagte verpflichtet, den Klägern eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen und die Bescheide der Beklagten vom 18.12.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 08.05.2009 aufgehoben. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Aufgrund der vollständigen Integration der Kläger zu 3 und 4 in die deutschen Lebensverhältnisse und der vollständigen Entwurzelung gegenüber der Heimat ihrer Eltern ergebe sich für diese unter dem Gesichtspunkt des Rechts auf Achtung des Privatlebens ein rechtliches Abschiebungsverbot aus Art. 8 EMRK. Das Aufenthaltsrecht der Kläger zu 1, 2 und 5 folge aus Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK unter dem Gesichtspunkt des Familienlebens mit den im Bundesgebiet verwurzelten Klägern zu 3 und 4. Der Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK sei auch bei lediglich Geduldeten eröffnet. Was die Frage der Qualität des Aufenthaltsrechts anbelange, so sei dies Teil der Schrankenprüfung, insbesondere nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, wobei im vorliegenden Fall zu berücksichtigen sei, dass die Integrationsleistungen unter dem Schutz der jahrelangen bewussten „Vollstreckungszurückhaltung“ der Behörden stattgefunden hätten. Die Kläger zu 3 und 4 hätten - wie ihre Aktivitäten beim Sport, in der Schule und in der Freizeit zeigten - sich mit der bundesdeutschen Gesellschaft identifiziert und die demokratischen Grundanschauungen, die Wertvorstellungen und Verhaltensweisen inländischer Jugendlicher als Teil ihrer eigenen Identität persönlichkeitsprägend auf- und angenommen. Sie unterschieden sich durch ihre kulturellen Verhaltens- und Sichtweisen nicht von deutschen Schülern. Bei beiden sei auch von einer vollständigen Entwurzelung auszugehen. Sie besäßen nur mündliche Sprachkenntnisse in Sorani. Sie hätten als Kleinkinder den Irak verlassen und könnten nicht auf eigene Erfahrungen zurückgreifen. Ihre Eltern seien auch nicht in der Lage, ihren Kindern die notwendige Unterstützung für eine erforderliche Reintegration zu geben. Seit dem Sturz Saddam Husseins und der Neuerrichtung des Landes hätten sich sämtliche Umstände dort, in wirtschaftlicher Hinsicht, in den sozialen Bedingungen, in gesellschaftlicher Hinsicht und - ganz besonders - in Sicherheitsfragen so grundlegend gewandelt, dass nicht zu erkennen sei, dass die Eltern selbst wüssten, wie es in diesem Land „laufe“ und wie sie eine Eingliederung der Kläger zu 3 und 4 in die dortige Gesellschaft erfolgreich bewerkstelligen sollten. Es sei angesichts ihres Alters, aber auch aus finanziellen Gründen, höchst unwahrscheinlich, dass namentlich für die Klägerin zu 3 die Möglichkeit bestehen könnte, durch einen Schulbesuch im Irak Zugang zur dortigen Gesellschaft zu finden. Ferner handele es sich bei den Klägern um eine ethnisch gemischte Familie aus arabischen (Kläger zu 1) und kurdischen (Klägerin zu 2) Angehörigen. Wie die Kläger in der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschildert hätten, habe die Verbindung der Klägerin zu 2 mit dem Kläger zu 1 zu familiären Verwerfungen dergestalt geführt, dass die Klägerin zu 2 gleichsam aus ihrer Familie verstoßen worden sei. Bis heute habe sich hieran nichts geändert. Für den Raum Kirkuk, der gerade nicht in der autonomen Provinz des Nordirak liege, werde seit langem und auch in jüngster Zeit von erheblichen, ständig zunehmenden ethnischen Spannungen berichtet. Es komme vielfach zu Übergriffen, Gewalttaten und Bombenanschlägen. Wie die Kläger zu 1 und 2 in einer solchen Situation den Klägern zu 3 und 4 bei der Reintegration ins Heimatland in irgendeiner Weise behilflich sein sollten, sei schlechterdings nicht vorstellbar. Das der Beklagten nach § 25 Abs. 5 AufenthG eingeräumte Ermessen sei angesichts der vorliegenden Umstände und auch mit Blick auf die Regelerteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 AufenthG auf Null reduziert.
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Auf Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 06.10.2010 die Berufung zugelassen, die fristgerecht unter Stellung eines Antrags begründet worden ist. Die Beklagte ist der Auffassung, die Kläger könnten sich schon deshalb nicht auf § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK berufen, weil ansonsten die mit der Altfallregelung nach § 104a AufenthG getroffene gesetzgeberische Entscheidung umgangen würde. Jedenfalls liege kein schützenswertes Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK vor. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Urteil vom 30.04.2009 ausgeführt, eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte komme grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht. Die Kläger zu 3 und 4 könnten sich schon deshalb nicht auf ein rechtliches Abschiebungsverbot aus Art. 8 EMRK berufen, weil ihr Aufenthalt zu keiner Zeit rechtmäßig, sondern stets nur geduldet gewesen sei. Abgesehen davon fehle es auch an besonderen Integrationsleistungen. Mit dem Schulbesuch kämen sie lediglich ihrer Schulpflicht nach. Das Verwaltungsgericht habe die Wahl der Klägerin zu 3 zur Klassensprecherin und die Wahl des Klägers zu 4 zum stellvertretenden Klassensprecher und auch deren sportliches Engagement überbewertet - zumal der Aufenthalt der gesamten Familie bis heute durch einen nur vorübergehenden geduldeten Status gekennzeichnet sei. Der Aussetzung der Abschiebung wohne der Natur nach inne, dass eine Aufenthaltsverfestigung grundsätzlich nicht möglich sei. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass bestimmte Regelungen, z.B. entsprechende Erlasse, dennoch geduldeten Ausländern zu einem Aufenthaltstitel unter den dort genannten Voraussetzungen verhelfen könnten. Der geduldete Ausländer dürfe nämlich von Beginn seines geduldeten Aufenthalts an und auch im weiteren Verlauf nicht darauf vertrauen, er werde später einmal in den Genuss solcher begünstigenden Regelungen kommen. Den Klägern habe stets bewusst sein müssen, ihr Aufenthalt im Bundesgebiet könne mit Wegfall der Duldungsgründe jederzeit beendet werden. Dass dies ganz kleinen Kindern unter Umständen nicht einfach zu vermitteln sei, werde nicht verkannt - umso höher seien jedoch die Anforderungen an die Eltern zu stellen, ihren Kindern diesen „unsicheren“ Aufenthalt im Bundesgebiet klarzumachen. Die Kläger zu 3 und 4 seien bei der Zurückstellung aus Schweden in einem Alter gewesen, in dem man ihnen mit entsprechender Mühe und einem kindgerechten Erklären das sicher hätte vermitteln können. Nach den Angaben der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht werde in der Familie Sorani gesprochen und auch kurdisches Fernsehen geschaut. Dies zeige, dass die Familie als Gesamteinheit im Bundesgebiet doch noch nicht so verwurzelt sei, dass im hausinternen Bereich eine deutsche Lebensweise kultiviert werde. Dies färbe natürlich auch auf die Kinder ab, so dass diese zwar möglicherweise außerhalb der heimischen Wohnung guten Umgang mit der deutschen Lebensweise hätten - wie dies bei Kindern normalerweise üblich sei, da Kinder sich regelmäßig ihrer Umgebung gut anpassen könnten - jedoch im privaten und innerfamiliären Bereich den Umgang mit den Sitten ihres Heimatstaates pflegten. Den Klägern zu 3 und 4 sei es auch durchaus möglich und zumutbar, Sorani noch schriftlich zu erlernen, zumal sie in einem Alter seien, in dem üblicherweise an der Schule Fremdsprachen gelernt würden. Ihre Eltern könnten ihnen in ihrer Heimat ohne weiteres dabei helfen. Kinder im Alter der Kläger zu 3 und 4 fänden naturgemäß auch leicht Kontakt zu Gleichaltrigen und hätten, da sie Sorani zumindest mündlich beherrschten, auch bei einer Kontaktaufnahme keine Schwierigkeiten - im Gegensatz zu Kindern, die die Sprache der Gleichaltrigen nicht sprächen. Auch werde ihnen ihre Fähigkeit zum Teamgeist, den sie hier in den Fußballmannschaften und als (stellvertretender) Klassensprecher bewiesen hätten, dabei helfen. Es sei zwar richtig, dass sich für die Kläger zu 3 und 4 bei einer Rückkehr in ihre Heimat einiges ändern werde. Es sei jedoch nicht ersichtlich, warum ihnen diese Umstellung nicht gelingen sollte. Die Kläger zu 3 und 4 befänden sich in der Vorpubertät bzw. am Anfang der Pubertät und hätten daher eine eigene Persönlichkeitsbildung noch lange nicht abgeschlossen, so dass gerade zum jetzigen Zeitpunkt eine Reintegration in die Heimat noch möglich sei. Es sei sicherlich richtig, dass die Klägerin zu 3 in ihrer Heimat nicht mehr Mädchenfußball spielen können werde, jedoch sei dies unter Umständen auch bei einem bloßen Umzug innerhalb des Bundesgebiets der Fall, wenn der neue Wohnort keine Mädchenfußballmannschaft habe. Was einen möglichen Schulbesuch der Kläger zu 3 und 4 im Irak angehe, so sei festzustellen, dass die Kinder im Irak eben die Verhältnisse antreffen würden, die dort für Kinder in diesem Alter üblich seien, was ihnen durchaus zuzumuten sei. Die Kläger zu 3 und 4 könnten und dürften nicht erwarten, im Fall einer Rückkehr in ihre Heimat die gleichen Bildungsmöglichkeiten zu erhalten wie im Bundesgebiet. Es gebe kein Recht darauf, den hier erlebten Status in der Heimat aufrechterhalten zu können, wenn dort andere Verhältnisse üblich seien. Soweit das Verwaltungsgericht im Rahmen der familienbezogenen Gesamtbetrachtung darauf abgestellt habe, dass die Kläger zu 1 und 2 selbst nicht mehr wüssten, was in diesem Land „laufe“ und so eine Eingliederung der Kläger zu 3 und 4 nicht zu bewerkstelligen sei, so sei dem schon aus den zuvor genannten Gründen entgegenzutreten. Die Kinder hätten schon von sich aus sehr gute Voraussetzungen für eine Reintegration, so dass diesbezüglich an eine Hilfe der Eltern keine so großen Anforderungen mehr zu stellen seien. Außerdem sei davon auszugehen, dass die Kläger zu 1 und 2 über die Verhältnisse in der Heimat durch die Medien, insbesondere das kurdische Fernsehen, gut informiert seien. Dass ihre Familie ethnisch gemischt sei, führe zu keiner anderen Betrachtungsweise. Beide sprächen Sorani und damit eine der Amtssprachen des Irak. Es komme auch nicht darauf an, ob eine Integration in der Provinz Kirkuk möglich sei, denn die Familie sei nicht gezwungen, genau dorthin zu gehen, sondern könne sich auch einen anderen Ort im Irak auswählen. Nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes könne die Familie darauf verwiesen werden, die familiäre Lebensgemeinschaft in ihrem Heimatstaat zu führen.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.05.2010 - 11 K 2236/09 - zu ändern und die Klagen abzuweisen.
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Der Beigeladene schließt sich ausdrücklich dem Antrag der Beklagten an und führt im Wesentlichen aus: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe die Frage, ob auch die sozialen Bindungen von Ausländern im Rahmen von Aufenthalten ohne einen Aufenthaltstitel vom Schutzbereich des Art. 8 EMRK erfasst würden, bisher offengelassen. Richtigerweise bedürfe es für den Schutz der sozialen Bindungen eines Ausländers einer festen Verankerung des Privatlebens im Vertragsstaat, die sich nicht auf eine lose Verbindung beschränke und einen aufenthaltsrechtlichen Status als Basis aufweise, die berechtigterweise die Erwartung hervorrufen könne, dort bleiben zu dürfen. Zwar sicherten die Vertragsstaaten gemäß Art. 1 EMRK allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen die in Abschnitt 1 bestimmten Rechte und Freiheiten zu. Hier sei jedoch zu unterscheiden zwischen dem Schutz der sozialen Bindungen des Ausländers im Aufenthaltsstaat und dem faktischen Aufenthalt als Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Rechte. Bei Ausländern sei in aufenthaltsrechtlicher Hinsicht die Freiheitssphäre grundsätzlich begrenzt, da sie für den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels bedürften. Der Schutz sozialer Bindungen durch Art. 8 EMRK während rechtswidriger Aufenthalte würde das Recht der Vertragsstaaten auf die Kontrolle der Zuwanderung unterlaufen. Soweit sich das Verwaltungsgericht bei seiner These, ein schutzwürdiges Privatleben könne auch bei einem rechtswidrigen Aufenthalt vorliegen, auf das erstinstanzliche Urteil des EGMR vom 16.06.2005 im Verfahren Nr. Nr. 60654/00 (Sisojeva ./. Lettland) stütze, sei dies zudem verfehlt. Weder eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung noch eine Aufenthaltsgestattung könnten die Basis für ein schutzwürdiges Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK bilden. Eine Duldung erschöpfe sich in dem vorübergehenden Verzicht auf die Vollstreckung der vollziehbaren Ausreisepflicht. Für einen ordnungsgemäßen Aufenthalt sei gemäß § 4 Abs. 1 AufenthG ein Aufenthaltstitel erforderlich. Von dem vorübergehenden Verzicht auf die Vollstreckung der vollziehbaren Ausreisepflicht und der strafrechtlichen Sanktionierung gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG könne nicht auf eine Legalisierung des Aufenthalts geschlossen werden. Für geduldete Ausländer fehle es wegen der Rechtswidrigkeit des Aufenthalts an einer Basis für soziale Bindungen, deren Schutz die Vertragsstaaten gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisten müssten. Die Kinder müssten aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen. Soweit das Verwaltungsgericht auf die Intention des Gesetzgebers abstelle, „Kettenduldungen“ nicht mehr vorzusehen, und eine großzügige Auslegung des § 25 Abs. 5 AufenthG befürworte, sei dies verfehlt. Die Evaluierung des Zuwanderungsgesetzes durch das Bundesinnenministerium habe ergeben, dass die Mehrzahl der vollziehbar ausreisepflichtigen Personen die Ausreisehindernisse zu vertreten habe. Dies erkläre, warum in der Mehrzahl der Fälle die „Kettenduldungen“ nicht durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels abgelöst werden könnten. Eine großzügige Handhabung des § 25 Abs. 5 AufenthG würde die Intention des Gesetzgebers einer konsequenten Ausländerpolitik, die einerseits der Integration der rechtmäßig in Deutschland lebenden Ausländer und andererseits der Bekämpfung der illegalen Zuwanderung verpflichtet sei und deren zentrales Element die Durchsetzung bestehender Ausreiseverpflichtungen sei, konterkarieren. Eine solche Auslegung des § 25 Abs. 5 AufenthG könne auch nicht auf die Gesetzesbegründung gestützt werden, da sich die Systematik des Aufenthaltsgesetzes insoweit im Verlauf des Vermittlungsverfahrens zum Zuwanderungsgesetz durch die Einfügung der Duldung geändert habe. Eine großzügige Handhabung des § 25 Abs. 5 AufenthG wiese der Vorschrift die Funktion einer allgemeinen Bleiberechtsregelung zu. Ein wesentlicher Bestandteil des politischen Kompromisses zum Zuwanderungsgesetz sei jedoch der Verzicht auf eine solche allgemeine Bleiberechtsregelung gewesen.
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Die Kläger beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung.
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Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung die Kläger zu 1 bis 4, die Psychologin Frau A. (PBV), die die Kläger betreuende Sozialarbeiterin Frau O.-Y. sowie den derzeitigen Arbeitgeber des Klägers zu 1 Herrn S. K. angehört. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
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Wegen des weitergehenden Vortrags und Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der Akten sowie die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel zum Irak verwiesen. Dem Senat liegen die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart, die Ausländerakten über die Kläger (zehn Bände der Beklagten, zwei Bände des Regierungspräsidiums Stuttgart) und die die Kläger betreffenden gerichtlichen Asylverfahrensakten (drei Bände) vor.

Entscheidungsgründe

 
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Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht den von den Klägern jeweils geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG bejaht. Die zulässigen Verpflichtungsklagen sind begründet; die Bescheide der Beklagten vom 18.12.2008 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 08.05.2009 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger daher in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
Die Klägerin zu 3 hat in dem für die Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aus dem Recht auf Achtung ihres Privatlebens nach Art. 8 EMRK einen Anspruch auf Legalisierung ihres Aufenthalts gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG (I.). Der sachliche und personelle Anwendungsbereich des Art. 8 EMRK ist eröffnet. Auch ein Ausländer, der seit seiner Einreise in das Bundesgebiet nur über einen geduldeten Aufenthalt nach § 60a Abs. 2 AufenthG verfügt, kann sich auf das Recht auf Achtung seines Privatlebens berufen. Der prekären aufenthaltsrechtlichen Situation ist im Rahmen der Prüfung des Art. 8 Abs. 2 EMRK nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Rechnung zu tragen (1.). Der Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens besteht darin, dass durch die Vorenthaltung eines verlässlichen Aufenthaltsstatus das Privatleben der Klägerin zu 3 unverhältnismäßig beeinträchtigt wird (2.). Sie ist in besonderem Maße im Bundesgebiet integriert (3.). Auch unter Berücksichtigung ihres prekären Aufenthaltsstatus kann ihr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht zugemutet werden (4.). Dem Anspruch der Klägerin zu 3 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stehen die Regelerteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 AufenthG nicht entgegen (5.). Auch der Kläger zu 4 hat aus dem Recht auf Achtung seines Privatlebens nach Art. 8 EMRK einen Anspruch auf Legalisierung seines Aufenthalts gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG (II.). Den Klägern zu 1, 2 und 5 steht ein Anspruch auf Erteilung eines Titels nach § 25 Abs. 5 AufenthG im Hinblick auf die jeweils mit den Klägern zu 3 bzw. 4 gelebte familiäre Lebensgemeinschaft zu (III.).
I.)
22 
Der Klägerin zu 3 ist nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
23 
Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses nicht in absehbarer Zeit zu rechnen ist. Nach Satz 2 soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist.
24 
Die Klägerin zu 3 ist aufgrund der im Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohung gemäß Bescheid des Bundesamts vom 29.10.1999 vollziehbar ausreisepflichtig. Sie wird seit 31.01.2002 bis heute ununterbrochen („ketten“-)geduldet und damit um ein Vielfaches länger als der in § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG definierte Zeitraum. Die - freiwillige - Ausreise der Klägerin zu 3 ist aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil einer solchen das Recht auf Achtung des Privatlebens aus Art. 8 EMRK entgegensteht. Der Begriff der Ausreise umfasst die zwangsweise Abschiebung und die freiwillige Ausreise (BVerwG, Urteile vom 10.11.2009 - 1 C 19.08 - juris Rn. 12 und vom 27.6.2006 - 1 C 14.05 - juris Rn. 15). Da die Ausreise eine unvertretbare Handlung darstellt, ist die Unmöglichkeit im Hinblick auf den betroffenen Ausländer zu prüfen. Eine rechtliche Unmöglichkeit liegt vor, wenn es diesem Ausländer aus Rechtsgründen nicht zuzumuten ist, Deutschland zu verlassen. Allgemeine Widrigkeiten oder Überlegungen humanitärer Art, die keine Abschiebungshindernisse zur Folge haben, bleiben dabei unberücksichtigt. Somit ist die Ausreise unzumutbar und damit unmöglich, wenn rechtliche zielstaats- und/oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen (BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14.05 - juris Rn. 17). Zu den inlandsbezogenen Abschiebungsverboten zählen auch die Verbote, die aus Verfassungsrecht (z.B. Art. 6 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind (BVerwG, Urteil vom 27.6.2006, a.a.O.).
25 
1.) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Klägerin zu 3 die Berufung auf § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK nicht deshalb verwehrt, weil die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG nicht erfüllt worden sind. Die Klägerin zu 3 und ihre Familie haben sich zum Stichtag am 01.07.2007 nicht - wie von § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG für Familien mit minderjährigen Kindern gefordert - seit mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet aufgehalten. Sie sind zwar erstmals im Juli 1999 in das Bundesgebiet eingereist. Allerdings kann auf diesen Zeitpunkt nicht abgestellt werden, weil die Familie den Angaben im Asylfolgeverfahren zufolge nach Erlass des ablehnenden Bescheids des Bundesamts vom 29.10.1999 zunächst in der Türkei gegangen ist, um dort zu leben (siehe im Einzelnen den Schriftsatz ihres damaligen Prozessbevollmächtigten vom 28.03.2002 im Verfahren A 2 K 10431/02). In einem solchen Fall liegt keine unschädliche Unterbrechung der Aufenthaltszeiten vor (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.12.2009 - 13 S 2092/09 - juris Rn. 22 ff.; GK-AufenthG, § 104a Rn. 12 ff.). Erst mit ihrer Rücküberstellung aus Schweden am 23.01.2002 - dorthin war die Familie nach ihrer Abschiebung in den Irak durch die türkischen Behörden zum Zwecke der Asylantragstellung gereist - hat daher der für § 104a AufenthG relevante Aufenthaltszeitraum zu laufen begonnen. Aus der Existenz von Bleiberechts- und Altfallregelungen ergibt sich jedoch keine Sperrwirkung für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK (so aber Fritzsch, Die Grenzen des völkerrechtlichen Schutzes sozialer Bindungen von Ausländern nach Art. 8 EMRK, ZAR 2010, 14; Kluth/Hund/Maaßen, Zuwanderungsrecht, 2008, § 4 Rn. 661, 664). Systematisch stehen die Altfallregelungen der §§ 104a und 104b AufenthG neben § 25 Abs. 5 AufenthG (näher Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl. 2011, § 25 Rn. 78; Eckertz-Höfer, Neuere Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung zum Schutz des Privatlebens, ZAR 2008, 41, 42). Die in den Altfallregelungen normierten generalisierten Fallkonstellationen, die rechtspolitisch begründet und nicht etwa verfassungs- bzw. völkerrechtlichen Bindungen des Gesetzgebers geschuldet sind, berühren die hiervon losgelöste Einzelfallbetrachtungen auf der Grundlage der Menschenrechtskonvention nicht (vgl. auch VGH Bad-Württ., Urteil vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - juris Rn. 19 und Beschluss vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 - juris Rn. 12).
26 
a.) Mit Blick auf den Aufenthalt umfasst das Recht auf Achtung des Privatlebens die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt. Ein Eingriff in die Rechte aus Art. 8 Abs. 1 EMRK muss gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK eine in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahme darstellen, die durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und mit Blick auf das verfolgte legitime Ziel auch im engeren Sinne verhältnismäßig ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - InfAuslR 2007, 275, 277 m.w.N.). Allerdings darf die Vorschrift nicht so ausgelegt werden, als verbiete sie allgemein eine gegebenenfalls auch zwangsweise Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Nach der ständigen Spruchpraxis des EGMR lässt sich aus Art. 8 Abs. 1 EMRK grundsätzlich kein irgendwie geartetes Recht dahingehend ableiten, ein Ausländer dürfe sich einen Aufenthaltsort in einem Konventionsstaat frei wählen. Vielmehr ist den Konventionsstaaten grundsätzlich ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, ob und unter welchen Voraussetzungen sie Einwanderung in ihr Hoheitsgebiet zulassen wollen. Unter anderem in seinen Entscheidungen vom 16.09.2004 (11103/03 - - NVwZ 2005, 1046), vom 07.10.2004 (33743/03 - - NVwZ 2005, 1043) und vom 18.10.2006 (46410/99 - <Üner> - NVwZ 2007, 1279) hat der EGMR ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen bzw. abgeschoben zu werden. Die Vertragsstaaten haben vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Aufenthaltsbeendigung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden (siehe hierzu auch BVerwG, Urteile vom 09.12.1997 - 1 C 19.96 - NVwZ 1998, 742 und vom 29.09.1998 - 1 C 8.98 - NVwZ 1999, 303; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - ZAR 2006, 142 und Beschluss vom 10.05.2006 - 11 2345/05 - juris; HessVGH, Urteil vom 07.07.2006 - 7 UE 509/06 - juris und Beschluss vom 15.02.2006 - 7 TG 106/06 - InfAuslR 2006, 217; NdsOVG, Beschlüsse vom 11.05.2006 - 12 ME 138/06 - InfAuslR 2006, 329 und vom 01.09.2006 - 8 LA 101/06 - juris; OVG NRW, Beschluss vom 11.01.2006 - 18 B 44/06 -AuAS 2006, 144).
27 
Dessen ungeachtet kann nach der Rechtsprechung des EGMR unter anderem in den Sachen „Silvenko“ (Urteil vom 09.10.2003 - 48321/99 - EuGRZ 2006, 560), „Sisojeva I und II“ (Urteil vom 16.06.2005 - 60654/00 - EuGRZ 2006, 554 und Entscheidung vom 15.01.2007 - InfAuslR 2007, 140), „Rodrigues da Silva und Hoogkammer“ (Urteil vom 31.01.2006 - 50435/99 - EuGRZ 2006, 562) sowie „Mendizabal“ (Urteil vom 17.01.2006 - 51431/99 - InfAuslR 2006, 297) ausnahmsweise auch die Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung der Legalisierung des Aufenthalts einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben darstellen, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kommt danach für solche Ausländer in Betracht, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse bei gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik verbunden sind, dass sie gewissermaßen deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind, während sie mit ihrem Heimatland im Wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 - 1 C 8.96 - NVwZ 1999, 303; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - ZAR 2006, 142 und Beschlüsse vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - VBlBW 2009, 357 und vom 08.03.2010 - 11 S 48/10 -).
28 
Für diese den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnende Verbundenheit ist das Bestehen wirtschaftlicher Bindungen zwar regelmäßig typisch, aber nicht unerlässlich. Bei Kindern, die - wie die Klägerin zu 3 - der allgemeinen Schulpflicht unterliegen, nicht erwerbstätig sein dürfen und daher in wirtschaftlicher Hinsicht grundsätzlich noch keine eigenen Bindungen an die Bundesrepublik aufgebaut haben, wäre andernfalls eine Berufung auf das Recht auf Privatleben von vornherein ausgeschlossen, was der Konzeption des Art. 8 EMRK als Menschenrecht widerspräche. Wären wirtschaftliche Bindungen dem Recht auf Achtung des Privatlebens immanente Tatbestandsvoraussetzungen, so wären gerade Kinder, die diese nicht eigenständig begründen können, insoweit vom Schutz der Konvention ausgeschlossen. Dass der eigenständige Aufbau einer wirtschaftlichen Existenzgrundlage für ein schützenswertes Privatleben nicht zwingend konstitutiv sein muss, lässt sich auch aus einem Vergleich mit Art. 16 des Übereinkommens über die Rechte der Kinder (Gesetz vom 17.02.1992, BGBl II S. 121) ersehen, in dem die Vertragsstaaten ausdrücklich vereinbart haben, den Schutz des Privatlebens eines Kindes prinzipiell anzuerkennen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Gedanke der „starken persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen“ vor allem auch dazu dient, solche Konstellationen aus dem Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK „herauszufiltern“, bei denen es nicht gerechtfertigt ist, im Rahmen der Schranken des Absatzes 2 überhaupt in eine umfassende Interessens- und Verhältnismäßigkeitsprüfung einzutreten. Jedenfalls dann, wenn aber - quantitativ betrachtet - ein längerer Aufenthalt vorliegt und - unter einem qualitativen Aspekt - besondere Integrationsleistungen erbracht wurden, ist der Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnet (GK-AufenthG, § 60a Rn. 174 f.). Auch der EGMR geht etwa im Urteil vom 18.10.2006 in der Rechtssache „Üner“ (46410/99 - NVwZ 2007, 1279) von einem denkbar weiten Schutzbereich aus und erachtet als Bestandteil des Privatlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK „die Gesamtheit der sozialen Beziehungen“. Dies entspricht der europäischen Tradition des „in dubio pro libertate“.
29 
Gemessen hieran verfügt die Klägerin zu 3 über Bindungen zum Bundesgebiet, die dem Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens unterfallen. Die am 26.04.1997 geborene Klägerin zu 3 hält sich seit über acht Jahren ununterbrochen hier auf und besucht mittlerweile die 7. Klasse der Hauptschule. Ihre Fähigkeiten in der deutschen Sprache entsprechen, wie sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen konnte, denjenigen von Kindern deutscher Herkunft, die ihr in Alter und Bildungsstand vergleichbar sind. Sie verfügt über einen - auch deutsche Freunde umfassenden -Freundeskreis und ist im Vereinsleben (als Mannschaftsfußballspielerin) und auch im sonstigen gesellschaftlichen Leben (unter anderem in einem Theaterprojekt) aktiv.
30 
Selbst wenn man im Übrigen der Auffassung wäre, dass unter aufenthaltsrechtlichen Aspekten auch wirtschaftliche Bindungen für die Eröffnung des Schutzbereichs des Rechts auf Achtung des Privatlebens unerlässlich wären und bei Minderjährigen deshalb insoweit auf ihre Sorgeberechtigten abzustellen wäre, würde dies im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn beide Elternteile verfügen über hinreichend qualifizierte wirtschaftliche Kontakte. Die Klägerin zu 2 arbeitet seit 23.11.2009 bei der Metzgerei Z. als geringfügig Beschäftigte. Der Kläger zu 1 ist seit 2005 überwiegend - wenn auch in unterschiedlichem Umfang und den Lebensunterhalt nicht allein deckend - erwerbstätig.
31 
b.) Der Eröffnung des Schutzbereichs des Rechts auf Achtung des Privatlebens steht ferner nicht entgegen, dass die Klägerin zu 3 während ihres gesamten bisherigen Aufenthaltes im Bundesgebiet keinen Aufenthaltstitel besessen hat.
32 
aa.) Es ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob sich Ausländer, deren Aufenthalt stets lediglich geduldet worden ist, auf den Schutz der Achtung des Privatlebens berufen können (dies bejahend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.07.2009 - 11 S 1622/07 - juris Rn. 80 und Beschlüsse vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - juris Rn. 17, vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 - InfAuslR 2009, 72 und vom 25.10.2007 - 11 S 2019/07 - InfAuslR 2008, 29; BremOVG, Beschluss vom 22.11.2010 - 1 A 383/09 - juris Rn. 14 ff.; VG Frankfurt, Urteil vom 15.12.2009 - 7 K 1621/08.F - InfAuslR 2010, 302; VG Stuttgart, Urteil vom 26.10.2006 - 4 K 1753/06 - juris Rn. 28 f.; GK-AufenthG, § 25 Rn. 150; HK-AuslR, § 25 Rn. 56; Eckertz-Höfer, Neuere Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung zum Schutz des Privatlebens, ZAR 2008, 41, 44 f.; Bergmann, Aufenthaltsrecht aufgrund von Verwurzelung, ZAR 2007, 128 ff.; Thym, Menschenrecht auf Legalisierung des Aufenthalts?, EuGRZ 2006, 541, 546 ff.; ders., Humanitäres Bleiberecht zum Schutz des Privatlebens?, InfAuslR 2007, 133, 138; Benassi, Die Bedeutung der humanitären Aufenthaltsrechte des § 25 Abs. 4 und 5 AufenthG im Lichte des Art 8 EMRK, InfAuslR 2006, 397, 401 ff.; Hoppe, Verwurzelung von Ausländern ohne Aufenthaltstitel - Wann kann Art. 8 Abs. 1 EMRK zu einem Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG verhelfen?, ZAR 2006, 125, 128 f.; Marx, Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG wegen Verwurzelung, ZAR 2006, 261, 266; Sander, Der Schutz des Aufenthalts durch Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, 2008, S. 346; Mayer, Systemwechsel im Ausweisungsrecht - der Schutz „faktischer Inländer“ mit und ohne familiäre Bindungen nach dem Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), VerwArch 2010, 482, 523) oder ob ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet, nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht kommt (in diesem Sinne: NdsOVG, Beschlüsse vom 12.08.2010 - 8 PA 182/10 - juris Rn. 5, vom 14.05.2009 - 8 LB 158/06 - juris Rn. 24, vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris Rn. 2 und vom 01.09.2006 - 8 LA 101/06 - juris; HessVGH, Urteil vom 07.07.2006 - 7 UE 509/06 - ZAR 2006, 413; Hailbronner, Ausländerrecht, § 25 Rn. 131; Storr/Wenger/Eberle/Albrecht/Harms, Zuwanderungsrecht, 2. Aufl. 2008, § 25 Rn. 31; Fritzsch, Der Schutz sozialer Bindungen von Ausländern, 2009, S. 102 ff., 149 ff. 188 f.; ders., Die Grenzen des völkerrechtlichen Schutzes sozialer Bindungen von Ausländern nach Art. 8 EMRK, ZAR 2010, 14, 16 ff.; Bundesministerium des Innern, Bericht zur Evaluierung des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung des Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz), Juli 2006, Nr. 2.3.10.1.6, S. 80; dies offenbar grundsätzlich annehmend auch BVerwG, Urteile vom 26.10.2010 - 1 C 18.09 - juris Rn. 14 und vom 30.04.2009 - 1 C 3.08 - NVwZ 2009, 1239 Rn. 20).
33 
Soweit sich das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Auffassung, der Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 EMRK sei auch bei nur Geduldeten eröffnet, auf das Urteil des EGMR vom 16.06.2005 (60654/00 - - InfAuslR 2005, 349) berufen hat, wonach dieser explizit keine willentliche Legalisierung verlange (so etwa auch Benassi, InfAuslR 2006, 397, 403), ergibt sich das in dieser Allgemeinheit aus der Entscheidung nicht. Denn die dortigen Beschwerdeführer hatten jahrelang rechtmäßig in der früheren Sowjetunion (im Gebiet des heutigen Lettland) und auch danach noch in Lettland selbst gelebt und ihnen war erst später zum Teil als staatenlos gewordene russische Volkszugehörige ein Aufenthaltsrecht bestritten worden, nachdem sie nach 1989 sogar noch zeitlich befristete Aufenthaltstitel erhalten hatten (vgl. näher Thym, EuGRZ 2006, 541, 545 ff.). Die Entscheidung ist Teil der einzelfallbezogenen Rechtsprechung des EGMR, in der dieser bislang nicht ausdrücklich entschieden hat, ob ein - jedenfalls zeitweiliger - rechtmäßiger Aufenthalt Voraussetzung für die Begründung schutzwürdiger sozialer Bindungen ist (vgl. aus der Rechtsprechung des EGMR etwa Urteile vom 06.02.2001 - 44599/98 -, NVwZ 2002, 453, 455, vom 16.09.2004 - 11103/03 - , a.a.O., vom 07.10.2004 - 3374/03 , a.a.O. und vom 08.04.2008 - 21878/06 - ). Zwar hat der EGMR im Urteil vom 30.01.2006 (50435/99 - - a.a.O.) ausgeführt, „dass Personen, die, ohne den geltenden Gesetzen zu entsprechen, die Behörden eines Vertragsstaates mit ihrer Anwesenheit in diesem Staat konfrontieren, im Allgemeinen nicht erwarten können, dass ihnen ein Aufenthaltsrecht zugesprochen wird.“ Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, der Schutzbereich im Falle einer nicht erfolgten ausdrücklichen Legalisierung wäre von vornherein verschlossen. Das Recht der Vertragsstaaten auf Kontrolle ihrer Zuwanderung gebietet keine solche Auslegung. Ihr Recht, über die Zuwanderung von Ausländern eigenständig zu bestimmen, wird allein dadurch, dass einem Ausländer die Berufung auf den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK ermöglicht wird, nicht tangiert. Dies kann vielmehr erst Ergebnis der im Rahmen des Art. 8 Abs. 2 EMRK durchzuführenden Prüfung sein, bei der auch die Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern als legitime Ziele eines Eingriffs einzustellen sind. Der Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten selbst über Einreise- und Aufenthaltsrechte disponieren können, hat keinen Absolutheitsanspruch. Auch aus der Freizügigkeitsregelung in Art. 2 des 4. Zusatzprotokolls zur Menschrechtskonvention folgt nicht, dass die Begründung eines schutzwürdigen Privatlebens nur bei einem rechtmäßigen Aufenthalt im Vertragsstaat in Betracht kommt (so aber Fritzsch, ZAR 2010, 14, 19). Nach dessen Art. 2 Abs. 1 hat jede Person, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates aufhält, das Recht, sich dort frei zu bewegen und ihren Wohnsitz frei zu wählen. Dieses Zusatzprotokoll dient ausdrücklich dazu, „gewisse Rechte und Freiheiten zu gewährleisten, die nicht bereits in der Konvention oder im ersten Zusatzprotokoll enthalten sind“. Soweit für die Gewährung von Freizügigkeit auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts abgestellt wird, erfolgt dies mit Blick auf diese besondere Gewährleistung, dient aber nach der Intention des Zusatzprotokolls keinesfalls dazu, den Schutzbereich des bereits durch die Konvention selbst gewährten Rechts auf Achtung des Privatlebens einschränkend zu bestimmen. Eine Unterscheidung in unterschiedlich werthaltige Privatleben ist Art. 8 EMRK nicht immanent (Hoppe, ZAR 2006, 125, 127). Darüber hinaus ist ein Verständnis dahingehend, dass ein Privatleben, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine „Verwurzelung“ begründet, nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht kommt, angesichts der Schranke des Art. 8 Abs. 2 EMRK weder erforderlich noch sinnvoll. Abgesehen davon, dass diese Begrenzung des Schutzbereiches durch die Aufnahme des „Vertrauensmerkmals“ wenig konturenscharf ist, steht ein zu eng gefasster Schutzbereich einem einzelfallbezogenen gerechten Interessenausgleich oftmals entgegen und ist zudem geeignet, die Wirksamkeit des konventionsrechtlichen Schutzes zu schmälern (GK-AufenthG, § 60a Rn. 173 f. m.w.N.). Gerade bei Personen, die aus Krisengebieten kommen und bei denen über Jahre hinweg die Abschiebung ausgesetzt worden ist, verbaut eine vorschnelle Ausgrenzung aus dem Schutzbereich die Möglichkeit, den Fallkonstellationen angemessen Rechnung tragen zu können, in denen die Ausländerbehörde in der Vergangenheit über Jahre hinweg nur „Kettenduldungen“ erteilt hatte, obwohl im Grunde realistischer Weise keine Abschiebungs- und Ausreisemöglichkeit bestanden hatte. Solchen Personen, die im Hinblick auf die Verhältnisse in ihrem Heimatland geduldet werden, wird mit der Aussetzung der Abschiebung faktisch eine „Hand zum Verbleib“ gereicht; der Staat zwingt den Ausländer gerade nicht dazu, das Land seines jetzigen Aufenthalts zu verlassen (Hoppe, ZAR 2006, 125, 127). Dies zeigt sich insbesondere im vorliegenden Fall, in dem - mit Blick auf die seit 2003 herrschende Situation im Irak - zu keinem Zeitpunkt auf die Beendigung des Aufenthaltes der Klägerin zu 3 und ihrer Familie hingewirkt worden ist. Vielmehr ist ihren Eltern im Januar 2008 die Beschäftigung sogar uneingeschränkt erlaubt worden, was den weiteren Aufbau wirtschaftlicher Bindungen begünstigt. Ein weiter Schutzbereich mit einer Verlagerung der Aufenthaltsstatusfragen in die Schrankenprüfung erlaubt daher eher dem Einzelfall adäquate Lösungen als eine zu enge Definition des Schutzbereichs. Mögliche Missbrauchsfälle sind kein generelles Argument hiergegen. Zwar ist nach dem Bericht des Bundesinnenministeriums zur Evaluierung des Zuwanderungsgesetzes „die lange Aufenthaltsdauer in der Mehrzahl der Fälle der langjährig Geduldeten auf Verfahrensverschleppungen, missbräuchliche Antragstellungen und fehlende Mitwirkungsbereitschaft zurückzuführen“ (a.a.O. Nr. 2.3.10.3, S. 84). Solche Fälle können jedoch stets im Rahmen der Prüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK „ausgesondert“ werden. Eine weite Fassung des Rechts auf Achtung des Privatlebens entspricht im Übrigen auch der Grundrechtsdogmatik des Bundesverfassungsgerichts bei Art. 2 Abs. 1 GG, das insoweit ebenfalls von einem weiten Schutzbereich ausgeht (siehe etwa BVerfG, Beschluss vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 - juris).
34 
bb.) Erst recht ist im Übrigen die Eröffnung des Schutzbereichs bei Geduldeten anzunehmen, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Rechtsordnung in der Vergangenheit einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vorgesehen hat, der im Einzelfall auch zu realisieren gewesen wäre. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die seinerzeit ausländerrechtlich nicht anwaltlich vertretenen Eltern der Klägerin zu 3 - in Unkenntnis der Rechtslage - keinen entsprechenden Antrag bei der Ausländerbehörde gestellt hatten. Auch ein in der Vergangenheit nach dem Ausländerrecht bestehender, durch die Behörde aber nicht erfüllter Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, stellt eine „Handreichung des Staates“ dar.
35 
Die Kläger zu 1 bis 4 waren aufgrund der Abschiebungsandrohung mit Bescheid des Bundesamtes vom 29.10.1999 seit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens durch Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24.01.2001 vollziehbar ausreisepflichtig und ab 31.01.2002 geduldet. Nach § 30 Abs. 3 AuslG 1990 konnte einem Ausländer, der unanfechtbar ausreisepflichtig war, eine Aufenthaltsbefugnis abweichend von § 8 Abs. 1 AuslG erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 AuslG für eine Duldung vorlagen, weil seiner freiwilligen Ausreise Hindernisse entgegenstanden, die er nicht zu vertreten hatte. Die Regelung ermöglichte die Legalisierung eines schon länger geduldeten Aufenthalts, wobei als Ermessenkriterien die Schwere der zu erwartenden Beeinträchtigungen im Fall der Ausreise, die Dauer der Abschiebungshindernisse und die Art der Duldungsgründe herangezogen werden konnten (Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl. 1993, § 30 Rn. 9). Nach § 34 AuslG konnte die Aufenthaltsbefugnis für jeweils längstens zwei Jahre erteilt und verlängert werden, wobei die jeweilige Frist nach der Art der Erteilungsgründe und der Möglichkeit ihres Fortfalls zu bemessen war (Kanein/Renner, a.a.O., § 34 Rn. 2).
36 
Weshalb die Klägerin zu 3 und ihre Familie nach der Entscheidung des Bundesamts über ihren Folgeantrag mit Bescheid vom 05.02.2002 danach im Jahre 2002 und Anfang 2003 geduldet wurden, obwohl ordnungsgemäß ausgefüllte Anträge auf Ausstellung eines Passersatzes vorlagen, erschließt sich anhand der Akten nicht. Auch die Beklagte und das beigeladene Land haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hierfür keinen nachvollziehbaren Grund benennen können. In der Folgezeit waren die am 20.03.2003 im Irak begonnene Militäraktion und die danach nicht bestehenden Rückführungsmöglichkeiten ursächlich für die Aussetzung der Abschiebung (vgl. auch Schreiben des Innenministeriums vom 27.11.2003 und vom 29.07.2004 - jew. Az.:4-13-IPK/12). Nachdem im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 07.08.2003 die Rückkehrmöglichkeiten aus dem Ausland in den Irak aufgrund der von den Nachbarländern geschlossenen Grenzen verneint worden waren, wurden im Lagebericht vom 06.11.2003 die Möglichkeiten dargestellt, wie auf dem Landweg und mit welchen Dokumenten eine Einreise in den Irak erfolgen konnte (siehe im Einzelnen S. 15 f.). Eine Rückkehr über Kuwait, Iran, Türkei oder Saudi-Arabien war für aus westlichen Ländern kommende Iraker aufgrund der ganz oder jedenfalls für diesen Personenkreis immer wieder geschlossenen Grenzen praktisch nicht realisierbar. Grundsätzlich kam aber eine Einreise über Jordanien oder Syrien in den Irak in Betracht. Aus Deutschland kehrten Iraker mit Hilfe der Internationalen Organisation für Migration über Jordanien zurück (Taxi Amman - Bagdad). Auf dieser Route waren grundsätzlich irakische Pässe erforderlich. Ferner bestand die Möglichkeit, ab Damaskus mit Kleinbussen nach Bagdad zu fahren; syrische Grenzbehörden akzeptierten neben den irakischen Reisepässen auch Ersatzdokumente. In den folgenden Lageberichten des Auswärtigen Amtes (vom 07.05.2004, 02.11.2004 und 24.11.2005) wurden insoweit keine grundsätzlichen Änderungen berichtet. Zwar hätten die Klägerin zu 3 und ihre Familie danach theoretisch den Irak auf dem Landweg erreichen können, wobei die Kläger allerdings erst in ihrer Herkunftsregion Kirkuk eine notwendige Unterstützung durch dort noch lebende Verwandte hätten erlangen können. Eine freiwillige Ausreise war ihnen in Anbetracht der schon mit der Reise über den Landweg unmittelbar verbundenen Gefahren - so war etwa auf Straßenverbindungen wie beispielsweise der Straße von Bagdad nach Amman, der wichtigsten Verbindung Bagdads mit dem Ausland, ständig mit bewaffneten Überfällen zu rechnen, bei denen auch Menschen zu Tode kamen (näher Lageberichte vom 07.05.2004, S. 8 ff. und vom 02.11.2004, S. 12 ff.) - aber auch mit Blick auf die katastrophale Versorgungssituation, die sie im damaligen Irak vorgefunden hätten, nicht zumutbar gewesen. Die Klägerin zu 2 war schwanger mit der am 04.06.2004 geborenen Klägerin zu 5 und der Kläger zu 4 gerade erst fünf Jahre alt. Eine Schwangere sowie kleine Kindern sind jedoch in besonderem Maße auf die ihren Bedürfnissen entsprechende Versorgung mit sauberem Wasser und Lebensmitteln, aber auch auf die Verfügbarkeit medizinischer Hilfe angewiesen. Der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 30.04.2003 beschrieb die medizinische Versorgung, die Versorgung mit Nahrungsmitteln sowie Strom und Wasser als angespannt und kritisch (siehe im Einzelnen S. 2 f.). Die Lageberichte vom 07.08.2003 und 06.11.2003 zeichneten kein grundlegend anderes Bild. Im letztgenannten Lagebericht hieß es, dass sich die Stromversorgung nach der Besetzung des Landes drastisch verschlechtert habe, die Wasserversorgung von der schlechten Stromversorgung in Mitleidenschaft gezogen worden und weiterhin kritisch sei, die medizinische Versorgung angespannt bleibe, da viele Krankenhäuser - sofern sie überhaupt in Betrieb seien - unter schlechten hygienischen Bedingungen und mangelnder Energieversorgung litten und für die Versorgung der Bevölkerung Nahrungsmittel verteilt werden müssten. Diese Einschätzung wurde auch in den folgenden Lageberichten vom 07.05.2004 (vgl. dort S. 10 ff.), 02.11.2004 (S. 15 f., 19) und 24.11.2005 (S. 27 f.) im Wesentlichen aufrechterhalten.
37 
Selbst unter Berücksichtigung dessen, dass der Ausländerbehörde aufgrund der Veränderbarkeit persönlicher Verhältnisse und der Zustände im Herkunftsland zeitlich ein Spielraum zugebilligt werden musste, bevor die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 3 AuslG in Betracht kam, wäre eine solche unter Reduzierung des eingeräumten Ermessens auf Null jedenfalls spätestens im Laufe des Jahres 2004 zu erteilen gewesen. Dem stand nicht entgegen, dass nach dem Schreiben des Innenministeriums an die nachgeordneten Ausländerbehörden zur Rückführung irakischer Staatsangehöriger vom 27.11.2003 im Hinblick auf die grundsätzliche Möglichkeit und Zumutbarkeit einer freiwilligen Rückkehr in den Irak die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsbefugnissen nach § 30 Abs. 3 und 4 AuslG „in der Regel nicht mehr in Betracht kommt“ und nach den Angaben eines Vertreters des beigeladenen Landes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ihm landesweit kein Fall bekannt sei, in dem eine Familie, die sich in einer dem vorliegenden Fall vergleichbaren Situation befand, Aufenthaltsbefugnisse erhalten hätte. Denn ein Anspruch der Klägerin zu 3 und ihrer Familie auf - zeitweilige - Legalisierung ihres Aufenthalts hätte sich - auch als Ausnahmefall von der grundsätzlichen Zumutbarkeit im Sinne des Erlasses des Innenministeriums - unmittelbar aus § 30 Abs. 3 AuslG ergeben.
38 
Die Realisierbarkeit dieses Anspruchs wäre auch nicht aufgrund von § 11 Abs. 1 AuslG 1990 zu verneinen gewesen. Danach konnte einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hatte, vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine Aufenthaltsgenehmigung außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es forderten. Die Vorschrift war zwar auf das von den Eltern der Klägerin zu 3 im Januar 2002 in Gang gesetzte Asylfolgeverfahren anwendbar (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.04.1996 - 11 S 156/96 - InfAuslR 1996, 303, 304), das bestandskräftig erst mit dem Beschluss des erkennenden Gerichtshofs vom 30.08.2006 abgeschlossen wurde. Allerdings hätten - nach entsprechendem Hinweis der Ausländerbehörde - die seinerzeit ausländerrechtlich nicht anwaltlich vertretenen Eltern der Klägerin zu 3 den Asylfolgeantrag zurücknehmen und damit die „Sperrwirkung“ des § 11 Abs. 1 AuslG beseitigen können.
39 
cc.) Selbst wenn man im Übrigen der Auffassung wäre, ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte begründet, komme grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht, gebietet der vorliegende Fall eine Ausnahme von diesem Grundsatz. Die Klägerin zu 3 verfügt mit Blick auf die Situation im Irak seit vielen Jahren über jeweils auf drei Monate befristete Duldungen, die nahtlos ineinander übergehen. Diese „Kettenduldungen“ haben ihre Ursache nicht in einer mangelnden Mitwirkung an der Aufenthaltsbeendigung oder in einem sonstigen rechtsmissbräuchlichen Verhalten, waren doch Passanträge ausgefüllt worden. Ihnen liegt vielmehr zugrunde, dass der Staat es der Ausländerin gerade nicht zumutet, in ihr Heimatland zurückzukehren, in dem er auch selbst nichts unternahm oder unternimmt, eine Aufenthaltsbeendigung zwangsweise durchzusetzen. Einem auf der Grundlage derartiger „zweitklassiger Aufenthaltstitel“ (vgl. Bergmann, ZAR 2007, 128, 129) gelebten Privatleben den Schutz des Art. 8 EMRK von vornherein zu versagen, wäre konventionswidrig.
40 
2.) Ein Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Privatleben der Klägerin zu 3 liegt darin, dass ihr eine Rückkehr in die Lebensverhältnisse ihres Herkunftsstaats nicht mehr zumutbar ist und durch die Vorenthaltung eines Aufenthaltstitels ihr Privatleben unverhältnismäßig beeinträchtigt wird.
41 
a.) Zwar ist nicht ersichtlich, dass das beigeladene Land derzeit oder in absehbarer Zeit eine Aufenthaltsbeendigung der Klägerin zu 3 und ihrer Familie anstreben und ihre Abschiebung in den Irak in die Wege leiten würden. Im vorliegenden Fall reicht jedoch eine Duldung nicht aus, um der Konvention zu entsprechen (vgl. näher Eckertz-Höfer, ZAR 2008, 41, 43; Bergmann, ZAR 2007, 128, 131). Die Duldung begrenzt den Aufenthalt der Klägerin zu 3 kraft Gesetzes auf das Land Baden-Württemberg (§ 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Zusätzlich ist die Wohnsitznahme in Stuttgart angeordnet (vgl. die der Klägerin zu 3 zuletzt am 11.10.2010 ausgestellte Duldungsbescheinigung). Will sie sich - und sei es auch nur kurzzeitig - außerhalb Baden-Württembergs aufhalten, bedarf es nach § 12 Abs. 5 AufenthG der vorherigen Erteilung einer Erlaubnis, die nach Satz 2 grundsätzlich im Ermessen der Ausländerbehörde steht und auf die nur in den engen Grenzen des Satzes 3 ein Rechtsanspruch besteht. Ein spontanes vorübergehendes Verlassen des auf der Grundlage des Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs ist außer in den im Leben der Klägerin zu 3 praktisch nicht relevant werdenden Fällen des § 12 Abs. 5 Satz 3 AufenthG (Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen das persönliche Erscheinen des Ausländers erforderlich ist) nicht möglich. Gerade alterstypische Aktivitäten, an denen sie regelmäßig teilnimmt, wie (Schul-)ausflüge, Ferienfreizeiten oder Fußballturniere, sind - sofern sie außerhalb Baden-Württembergs stattfinden - für sie auf der Grundlage einer Duldung gar nicht oder jedenfalls nur mit erheblichem (Verwaltungs-)Aufwand realisierbar. Ohne Aufenthaltserlaubnis bleibt ihr etwa die im Frühling 2011 vorgesehene Teilnahme ihres Vereins an einem Mädchenfußballturnier in Spanien, wovon die Klägerin zu 3 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat berichtet hat, in jedem Fall verwehrt. Aktivitäten und soziale sowie gesellschaftliche Bindungen, die schon jetzt für ihr Privatleben konstitutiv sind (siehe nachfolgend 3.), und die mit fortschreitendem Alter bei einem Heranwachsenden für seine Sozialisation und Entwicklung der Persönlichkeit von wachsender Bedeutung werden, kann die Klägerin zu 3 nur auf der Grundlage eines legalisierten Aufenthalts in einer dem Recht auf Privatlebenden genügenden Weise „ausleben“. Im Übrigen leidet die Klägerin zu 3 auch psychisch in einer ihr Privatlebenden beeinträchtigenden Weise unter der seit Jahren andauernden, ungewissen und unsicheren aufenthaltsrechtlichen Situation. Dies ergibt sich insbesondere aus der Stellungnahme der PBV vom 09.04.2010. In dieser heißt es, dass das Mädchen unter anderem auf die langjährige Unsicherheit, hier in Deutschland bleiben zu dürfen mit einer längeren, phasenweise verlaufenden Anpassungsstörung reagiert und ein sicherer Aufenthaltsstatus für eine stabile Psyche notwendig ist.
42 
b.) Ob der Eingriff in das geschützte Privatleben der Klägerin zu 3 im konkreten Einzelfall im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, insbesondere verhältnismäßig ist, ist bei der im Alter von 4 Jahren eingereisten Klägerin zu 3 nach ähnlichen Kriterien zu prüfen, wie sie normalerweise bei Einwanderern der zweiten Generation angewendet werden (EGMR, Urteil vom 27.10.2005 - 32231/02 - InfAuslR 2006, 3). Insoweit ist das öffentliche Interesse an der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) mit dem Interesse der Klägerin zu 3 an der Aufrechterhaltung ihrer faktisch gewachsenen und von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten privaten Bindungen im Bundesgebiet abzuwägen. Erforderlich ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Beachtung der vom EGMR entwickelten Kriterien, die im Wesentlichen in den Entscheidungen Boultif und Üner zusammengefasst worden sind (EGMR, Urteile vom 02.08.2001 - 54273/00 - InfAuslR 2001, 476 und vom 05.07.2005 - 46410/99 <Üner> -InfAuslR 2005, 450). Maßgebend sind dabei vor allem die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, der Stand der gesellschaftlichen und sozialen Integration (Sprachkenntnisse, Schule/Beruf, Freizeitgestaltung/Freundeskreis), das Fehlen von Straftaten sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse und Beziehungen. Hierbei kommt es zunächst auf den jeweiligen Grad der „Verwurzelung“ an; je stärker der Betroffene im Aufenthaltsstaat integriert ist, desto schwerer müssen die öffentlichen Interessen wiegen (vgl. auch EGMR, Urteil vom 22.06.2006 - 59643/00 - ). Weiter ist auf den Grad der „Entwurzelung“ abzustellen, d. h. auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Reintegration im Herkunftsstaat, insbesondere aufgrund der Vertrautheit mit den dortigen Verhältnissen und den dort lebenden und aufnahmebereiten Verwandten sowie der Hilfe durch die Eltern bei Minderjährigen. Schließlich können im Rahmen der Schrankenprüfung sonstige Faktoren Berücksichtigung finden, etwa ob und gegebenenfalls wie lange der Aufenthalt des Betroffenen legal war und damit - im Sinn einer „Handreichung des Staates“ - schutzwürdiges Vertrauen auf ein „Hierbleibendürfen“ entwickelt werden konnte (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - juris Rn. 20 und vom 08.03.2010 - 11 S 48/10 -; Renner, a.a.O., § 25 Rn. 80 ff.).
43 
3.) Die im April 1997 geborene Klägerin zu 3 hält sich seit Januar 2002 ununterbrochen in Deutschland auf und hat daher etwa zwei Drittel ihres Lebens hier verbracht. Sie besucht derzeit die 7. Klasse Hauptschule der Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule H. Ihre Fähigkeiten in Deutsch entsprechen denjenigen gleichaltriger Hauptschüler deutscher Herkunft. Ihre Klassenlehrerin bewertet in einer Stellungnahme vom 22.09.2010 die Kenntnisse der Klägerin zu 3 in Deutsch in Wort und Schrift mit „befriedigend“. Dies entspricht auch der Zeugnisnote im Versetzungszeugnis zum Ende des Schuljahres 2009/10. In der aktualisierten Stellungnahme vom 27.11.2010 führt die Klassenlehrerin aus, die Klägerin zu 3 beherrsche die deutsche Sprache in Wort und Schrift, sie könne sich mittlerweile sicher ausdrücken und habe auch ihr Leseverständnis stark verbessert. Dass sich die Klägerin zu 3, die in ihrer Freizeit inzwischen auch Bücher liest, ihrem Alter und Bildungsstand entsprechend sicher in der deutschen Sprache bewegt, hat auch ihre Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gezeigt. Soweit ihr eine kontinuierliche Verbesserung in Deutsch und auch in den übrigen Schulfächern, die im letzten Zeugnis mit Noten von „gut“ bis „ausreichend“ bewertet worden sind, vor allem bisher deshalb gelungen ist, weil sie die Hilfe einer Hausaufgabenbetreuung in Anspruch nehmen kann, steht dies der positiven Bewertung ihrer Deutschkenntnisse und schulischen Leistungen im Rahmen der Würdigung als Integrationsmerkmal nicht entgegen. Denn die Inanspruchnahme von Hilfe bei den Hausaufgaben ist mittlerweile für deutsche Schüler ebenfalls nichts Ungewöhnliches. Ausweislich der Stellungnahmen der Klassenlehrerin vom 27.11.2010 und 22.09.2010 ist die Klägerin zu 3, die in diesem Jahr von ihren Mitschülern zum zweiten Mal als Klassensprecherin gewählt worden ist, auch stets bereit, Aufgaben zum Wohl der Klasse oder der Schule zu übernehmen und engagiert sich sehr für die Interessen der Schüler. Zudem ist sie von den Klassensprechern der Schule in das drei Schüler umfassende Team der Schülervertretung gewählt worden, das auch Mitglied der Schulkonferenz ist (vgl. die Bestätigung der Schulleitung der GHS H. vom 10.11.2010).
44 
Die Klägerin zu 3 ist auch außerhalb ihres Schulalltags fest in die sozialen und gesellschaftlichen Lebensverhältnisse der Bundesrepublik eingebunden. Sie hat einen - auch deutsche Freunde umfassenden - Freundeskreis, mit dem sie in ihrer Freizeit ins Schwimmbad geht oder an organisierten Jugendprojekten teilnimmt. Nach den schriftlichen Berichten eines Diplomsozialpädagogen vom Schülercafé Alberta - Offener Treff für Kinder und Jugendliche und Soziale Schülerbetreuung - vom 28.04.2010, vom 04.10.2010 und vom 07.12.2010 komme die Klägerin zu 3 häufig zu verschiedenen Angeboten des Schülercafés, dessen Schwerpunkt offene Angebote, Hausaufgabenbetreuung, Ferienprogramme und Freizeiten seien. Die Klägerin zu 3 treffe dort ihre Freundinnen aus dem Stadtbezirk und beteilige sich aktiv an den verschiedenen Programmen. Auch an dem Kooperationsprojekt MISS (Mädchen im Stadtbezirk ...) mit dem Jugendhaus ... und der Mobilen Jugendarbeit nehme sie regelmäßig teil. Sie habe einen Workshop zum Thema Selbstbehauptung besucht sowie an einem Fußballturnier und einem Bootsausflug für Mädchen teilgenommen. Den genannten Berichten zufolge ist sie voll in ihren Freundeskreis integriert, bringt sich persönlich und aktiv in das soziale Geschehen ein und übernimmt für sich und die Gruppe Verantwortung in Konfliktfällen. Ferner nimmt die Klägerin zu 3 seit April 2010 regelmäßig an einem integrativen Jugendtheaterprojekt teil, an dem Schülerinnen und Schüler verschiedener Nationalität und aus den unterschiedlichsten Schulformen von Förderschule bis zum Gymnasium beteiligt sind (vgl. hierzu die Teilnahmebestätigung des Jugendhauses ... vom 10.12.2010). Die Klägerin zu 3 ist auch bereits bei verschiedenen Ferienfreizeiten gewesen, unter anderem - nach ihren Angaben als einziges ausländisches Kind - an einer von der Caritas organisierten Jugendfreizeit in .... Sie spielt seit Sommer 2009 Fußball in einer Mädchenmannschaft. Nach der Bescheinigung des Jugendleiters des TSV H. vom 01.05.2010 nimmt sie seitdem regelmäßig am Trainings- und Verbandsspielbetrieb der Mädchenfußballmannschaft der C-Juniorinnen teil, zeigt ihre Integrationsbereitschaft und akzeptiert die Mannschafts- und Spielregeln.
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Auch im Übrigen lebt die Klägerin zu 3 - wie ihre Angaben in der mündlichen Verhandlung verdeutlicht haben - in einer Weise, wie sie auch unter Gleichaltrigen deutscher Herkunft praktiziert wird. Sie erhält mittlerweile Klavierunterricht und hört am liebsten Musik der Richtung „Hip hop“. Sie schaut in ihrer Familie oder gemeinsam mit Freunden und Freundinnen Fernsehsendungen deutscher Privatsender. Die Klägerin zu 3 kleidet sich in einer Art, wie sie auch unter jungen deutschen Mädchen üblich ist. Sie geht mit einem Bikini ins Schwimmbad und trägt kurze Hosen sowie dekolletierte Oberbekleidung.
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Der Bewertung der Integration in gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht als außerordentlich gelungen steht nicht entgegen, dass die - nicht strafmündige - Klägerin zu 3 am 20.03.2010 wegen Körperverletzung angezeigt worden ist und ihr Verhalten in Konfliktsituationen - so etwa im Versetzungszeugnis zum Ende des Schuljahres 2008/09 zu lesen - als „nicht immer der Situation angepasst“ beschrieben wird. Diese Handlungen der Klägerin zu 3 sind nicht Ausdruck einer integrationsfeindlichen Gesinnung, sondern durch eine der Behandlung bedürfenden Verhaltensproblematik bedingt.
47 
Die Klägerin zu 3 hat wegen einer generalisierten Angststörung des Kindesalters und einer mittelgradigen depressiven Episode mit somatischem Syndrom von 29.08.2007 bis 17.09.2008 eine ambulante Psychotherapie absolviert, die vom Gesundheitsamt der Beklagten befürwortet worden war. Wegen einer drastischen Verschlechterung der Symptome (suizidale Vorstellungen und Gedanken) ist die Therapie ab 08.04.2009 wieder aufgenommen worden (vgl. näher PBV, Kurzbericht vom 25.10.2007, Bescheinigung vom 19.05.2009 und Zwischenbericht vom 09.04.2010). Das Gesundheitsamt der Beklagten hat unter dem 18.08.2009 ausgeführt, eine Langzeittherapie sei als Verhaltenstherapie wegen der Schwere des Krankheitsbildes und der bisher nicht erfolgten Stabilisierung des Mädchens medizinisch sinnvoll und begründet. Nach dem Bericht der PBV vom 09.04.2010 ist Grund für die erneute Therapieaufnahme eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion und eine massive Problematik im Bereich des Sozialverhaltens gewesen; es lägen aggressive und dissoziale Züge vor, d.h. Nichtbefolgen von Regeln und Vorschriften der Lehrer, zahlreiche Streitigkeiten mit Mitschülern mit massiven verbalten Attacken und handgreiflichen Auseinandersetzungen. Vermutlich stünden die Schwierigkeiten im Sozialkontakt in engem Zusammenhang mit massiven häuslichen Konflikten und Spannungen. Allerdings heißt es in dem genannten Bericht auch, dass sich durch die regelmäßigen Therapiebesuche deutliche Verbesserungen zeigten; die Lehrerin habe diese ebenfalls im letzten Lehrergespräch benannt. Diese positive Entwicklung spiegelt sich auch in den Beurteilungen der Schule wieder. Das Versetzungszeugnis zum Ende der Klasse 6 bescheinigt der Klägerin zu 3, dass es ihr immer besser gelinge, die Ordnung des Schulalltags einzuhalten; ferner arbeite sie mit anderen Kindern zusammen und bei Auseinandersetzungen sei sie zunehmend in der Lage, Kompromisse zu schließen. In ihrer Stellungnahme vom 27.11.2010 führt die Klassenlehrerin aus, es gelinge der Schülerin im Umgang mit Mitschülern und Lehrern immer besser, den angemessenen Ton zu treffen und ihr Temperament zu beherrschen. Daran arbeite sie hart und habe bemerkenswerte Fortschritte gemacht. In diesen Kontext ist auch die Anzeige des Vaters einer Freundin der Klägerin zu 3 einzuordnen. Nach einer Mitteilung der Polizeirevierstation ... an die Beklagte vom 18.10.2010 ist die Klägerin zu 3 wegen einer am 20.03.2010 begangenen Körperverletzung angezeigt worden. Zwischen ihr und ihrer Freundin sei es zu einem Streit gekommen, in dessen Verlauf sie ihre Freundin mehrfach gegen den Oberschenkel getreten habe. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat mit Verfügung vom 02.11.2010 von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach § 152 Abs. 2 StPO abgesehen. Die Klägerin zu 3 hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausführlich geschildert, wie es zu dieser - letztlich handgreiflich verlaufenden - Auseinandersetzung auf einem Spielplatz gekommen ist, bei der sich beide Mädchen zuvor mit „Matsch“ bespritzt hatten. Beide Kinder sind nach wie vor miteinander befreundet. Die von der Schulsozialarbeiterin in ihrem Bericht über die Klägerin zu 3 vom 29.11.2010 vorgenommene Wertung, zwischen den beiden Mädchen bestehe eine sehr intakte und stabile Freundschaft und bei der Anzeige habe es sich um ein bedauerliches Missverständnis gehandelt, umschreibt die Situation zutreffend.
48 
In wirtschaftlicher Hinsicht liegt keine eigene Integrationsleistung der Klägerin zu 3 vor. Aufgrund ihres Alters unterliegt sie noch der allgemeinen Schulpflicht. Ob die Klägerin zu 3, der die Klassenlehrerin „aus schulischer Sicht gute Perspektiven für ein Leben in Deutschland“ bescheinigt, einmal erfolgreich die Schule abschließen und auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen wird, steht naturgemäß noch nicht fest. Dies führt allerdings nicht dazu, dass die Frage nach wirtschaftlichen Bindungen bei Minderjährigen für die Feststellung des Ausmaßes ihrer Eingliederung in die deutschen Lebensverhältnisse generell obsolet wäre. Die Klägerin zu 3 hat nach der deutschen Rechtsordnung einen Unterhaltsanspruch gegen ihre Eltern (§ 1601 BGB), so dass es insoweit auf deren Unterhaltsleistung und damit inzident auf deren wirtschaftliche Integration ankommt (GK-AufenthG, § 60a Rn. 188; gegen eine isolierte Betrachtung Minderjähriger auch SaarlOVG, Urteil vom 15.10.2009 - 2 A 329/09 - juris Rn. 39). Dabei ist nicht allein maßgebend, ob der Unterhaltsbedarf der Klägerin zu 3 - rechnerisch gesehen - kontinuierlich von ihren Eltern erfüllt worden ist und wird. Für die Frage der wirtschaftlichen Integration sind auch die Unterhaltsansprüche ihrer ebenfalls minderjährigen Geschwister sowie der Bedarf der Eltern einzustellen (vgl. auch §§ 1609, 1603 Abs. 2 BGB). Die Kläger zu 1 und 2 sind zwar derzeit in der Lage, die Lebenshaltungskosten der Familie - ermittelt auf der Grundlage des Asylbewerberleistungsgesetzes - zu bestreiten und erhalten keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mehr (vgl. insoweit noch Bescheid des Sozialamtes der Beklagten vom 14.09.2010 sowie die Mitteilung unter dem 18.10.2010, dass die Leistungen nunmehr eingestellt worden sind). Diese erst in den letzten Monaten eingetretene positive Entwicklung ist jedoch noch nicht hinreichend verfestigt, insbesondere ist eine unumkehrbare Verankerung der Kläger zu 1 und 2 in den deutschen Arbeitsmarkt und eine auskömmliche Sicherung des Bedarfs der Familie noch nicht anzunehmen.
49 
Die Kläger leben nach wie vor in einer Wohnung einer städtischen Asylunterkunft, für die Benutzungsgebühren erhoben werden. Die Familie hat ihren Lebensunterhalt im Bundesgebiet in der Vergangenheit überwiegend durch volle oder jedenfalls aufstockende Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz finanziert, wobei die monatlichen Sozialleistungen unterschiedlich hoch gewesen sind und zwischen 300 EUR und 1176 EUR betragen haben (vgl. im Einzelnen die Auflistung Bl. 166 der Ausländerakte für den Kläger zu 1). Erst seit Januar 2008 ist die Beschäftigung der Kläger zu 1 und 2 uneingeschränkt erlaubt. Die Klägerin zu 2 arbeitet seit 23.11.2009 bei der Metzgerei Z. vormittags als Putzhilfe und bezieht eine Entlohnung als geringfügig Beschäftigte. Soweit die Klägerin zu 2 - insoweit entgegen dem Inhalt der Bescheinigung ihres Arbeitgebers vom 08.12.2010 und der Verdienstabrechnung vom September 2010, die ausdrücklich den 23.11.2009 als Eintrittsdatum ausweisen - in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat, sie sei seit etwa einem halben Jahr dort beschäftigt, handelt es sich offensichtlich um ein sprachliches Missverständnis. Je nach Arbeitsanfall erhält sie zwischen 322 und 399 EUR netto im Monat, im Durchschnitt etwa 370 EUR. Wie sie im Einzelnen erläutert hat, hat sie einen zeitgleich vormittags stattfindenden Integrationskurs abgebrochen, um - mangels realisierbarer Beschäftigungsalternativen - diese Arbeit aufnehmen zu können. Der Kläger zu 1 ist seit Januar 2005 verschiedenen Beschäftigungen nachgegangen, unter anderem als Fahrzeugpfleger bei der Firma B. Automobile, deren Umfang jedoch durch die beschränkte Zustimmungsentscheidung der Agentur für Arbeit ausweislich der Duldungsbescheinigungen vom 03.01.2005 bzw. 12.10.2005 auf zwanzig, später auf zehn Wochenstunden begrenzt gewesen ist. Zum 31.05.2006 hat die Firma B. dem Kläger zu 1 fristlos gekündigt. Von Januar bis März 2008 hat er mit einem monatlichen Auszahlungsbetrag zwischen 243,97 und 522,79 EUR gearbeitet. Ab 01.06.2008 ist der Kläger zu 1 mit einem monatlichen Brutto-Lohn von 1.385 EUR in Vollzeit bei einer Kfz-Werkstatt tätig gewesen. Dieses Arbeitsverhältnis ist zum 31.01.2009 aus betrieblichen Gründen gekündigt worden. Seit 01.09.2010 arbeitet der Kläger bei „...“ mit einer 40-Stunden-Woche als Hilfskraft im Gebrauchtwagenhandel und erhält monatlich 1.253,53 brutto (=1.000 EUR netto). Zusätzlich arbeitet er seit September 2010 als Aushilfe bei R. S. Baustahlarmierungen und bezieht hier monatlich 392,40 EUR.
50 
Für ein dauerhaftes wirtschaftliches „Fußfassen“ im Bundesgebiet ist es nicht zwingend erforderlich, dass die ausgeübte Tätigkeit eine besonders qualifizierte Berufstätigkeit darstellt. Auch kommt es letztlich nicht darauf an, dass der Kläger zu 1 in seiner Erwerbsbiographie stets Arbeitgeber ausländischer Herkunft gehabt hat und dass - gemessen an der gesamten Aufenthaltsdauer in Deutschland - erst relativ spät eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufgenommen worden ist. Allerdings kann von einer wirtschaftlich tragfähigen selbstständigen Existenzgrundlage allenfalls dann ausgegangen werden, wenn die Lebensphase des Bezugs von Sozialleistungen dauerhaft überwunden ist. Zur Feststellung der wirtschaftlichen Integration ist es dabei erforderlich, dass die Betroffenen, sofern - wie hier - kein nennenswertes Vermögen vorliegt, regelmäßige Einnahmen erzielen, die vom Umfang und der Stetigkeit ihres Zuflusses über den Regelbedarfssätzen nach den SGB II oder XII liegen und nicht etwa ständig um diese Grenzen oszillieren (näher GK-AufenthG, § 60a Rn 184 ff.). Ausgehend davon ist noch keine wirtschaftliche Verfestigung im Bundesgebiet gegeben.
51 
Die Kläger zu 1 und 2 erwirtschaften derzeit gemeinsam etwa 1.762 EUR monatlich. Dem steht rechnerisch ein Bedarf von etwa 2.117 EUR gegenüber. Dabei sind der Freibetrag für Erwerbstätige nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II und die Werbungskostenpauschale nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II noch nicht berücksichtigt. Der sich nach dem SGB II ergebende Unterhaltsbedarf für die Kläger zu 1 und 2 beträgt je 323 EUR (vgl. § 20 Abs. 3 SGB II, 90 % von der Regelleistung 359 EUR). Für die drei Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren sind jeweils 251 EUR anzusetzen (70 % von der Regelleistung 359 EUR, vgl. § 28 SGB II). Insgesamt beträgt der Unterhaltsbedarf der Kläger 1.399 EUR. Hinzukommen die Kosten für die Unterkunft, die das Sozialamt der Beklagten im Bescheid über die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz vom 14.09.2010 pro Person der Bedarfsgemeinschaft mit einer Grundmiete von 143,76 EUR angesetzt hat, insgesamt 718,80 EUR. Dieser Betrag entspricht dem Höchstbetrag, der für Paare mit zwei oder mehr zum Haushalt angehörenden unverheirateten Kindern als Gebühr für die Benutzung der Flüchtlingsunterkunft erhoben werden darf (vgl. die Satzung der Beklagten über die Benutzung von Unterkünften des Sozialamts für Wohnsitzlose und Flüchtlinge vom 25.03.2010 - abrufbar unter www.stuttgart.de). Auch ist zu bedenken, dass die Kläger zu 1 und 2 keine in Deutschland anerkannten Berufsausbildungen haben und lediglich als Hilfskräfte beschäftigt sind, mithin auf Positionen, die in besonderem Maße vom Verlust des Arbeitsplatzes bei konjunkturellen Schwankungen bedroht sind. Des Weiteren sind auch die Deutschkenntnisse des Klägers zu 1 nach dem Eindruck des Senats noch nicht von einer solchen Qualität, dass er jede für ihn in Frage kommende Tätigkeit annehmen und daher den Verlust eines Arbeitsplatzes kurzfristig kompensieren könnte. Er versteht zwar - wie seine Reaktionen in der Berufungsverhandlung gezeigt haben - Deutsch jedenfalls teilweise und kann sich nach Angaben seiner Prozessbevollmächtigten auch auf einfache Art in Deutsch unterhalten. Allerdings ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seine Anhörung nur mit Hilfe eines Dolmetschers möglich gewesen. Dass die Klägerin zu 2, die sich - wie ihre Anhörung ergeben hat - flüssig auf einfache Art und Weise verständlich machen kann, ihre Beschäftigung zukünftig ausdehnen kann und wird, lässt sich nicht verlässlich annehmen. Ausweislich der Stellungnahme der PBV vom 06.05.2009 sieht sie sich an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in zeitlich längerem Umfang dadurch gehindert, dass ihr Ehemann nicht zuverlässig nach den Kindern schaue. Insgesamt gesehen verfügen die Eltern der Klägerin zu 3 zwar durchaus über wirtschaftliche Bindungen, eine in wirtschaftlicher Hinsicht gelungene Integration der Kläger zu 1 und 2 liegt jedoch noch nicht vor.
52 
Weiter ist zu ihren Lasten zu berücksichtigen, dass ihr Aufenthalt nach der Rücküberstellung in das Bundesgebiet im Januar 2002 nie durch einen Aufenthaltstitel legalisiert worden ist. Der Klägerin zu 3 und den übrigen Familienmitgliedern ist verbal in der jeweils ausgestellten Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung stets vor Augen geführt worden, dass die Duldung keinen Aufenthaltstitel darstellt und deren Inhaber vollziehbar ausreisepflichtig ist. Aber auch mit Blick auf diesen tendenziell eher gegen die Führung eines schutzwürdigen Privatlebens sprechenden Umstand ist in der Gesamtschau der für die Feststellung des Ausmaßes der Integration relevanten - jeweils für und gegen die Klägerin zu 3 - streitenden Faktoren davon auszugehen, dass sie in erheblichem und schutzwürdigem Maße im Bundesgebiet „verankert“ ist.
53 
4.) In Ansehung des erreichten Integrationsstandes ist der Klägerin zu 3 nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch mit Blick auf den stets nur geduldeten Aufenthalt eine Rückkehr in den Irak nicht zuzumuten.
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a.) Die Klägerin zu 3 ist seit ihrem 5. Lebensjahr nicht mehr im Irak gewesen und hat aus eigenem Erleben keine Erinnerung an dieses Land. Die Lebensverhältnisse im Irak kennt sie allenfalls aus Erzählungen ihrer Eltern oder aus dem kurdischen Fernsehen. Sie kann sich zwar in Sorani mündlich verständigen, in schriftlicher Form fehlt es jedoch an Kenntnissen einer im Irak üblichen Sprache. Allerdings gilt für minderjährige Kinder der Grundsatz, dass bei der Frage der Zumutbarkeit der Rückkehr in den Heimatstaat entscheidend auf die Eltern und deren Hilfestellung abzustellen ist. Die familien- und aufenthaltsrechtliche Stellung minderjähriger Kinder gebietet es, dass diese prinzipiell aufenthaltsrechtlich das Schicksal der Eltern teilen (zu dieser sog. familienbezogenen Gesamtbetrachtung VGH Bad.-Württ., Urteile vom 09.12.2009 - 13 S 2092/09 - juris Rn. 31, vom 22.07.2009 - 11 S 1622/07 -juris Rn. 81 und vom 27.06.2006 - 11 S 951/06 - VBlBW 2006, 442 sowie Beschlüsse vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - juris und vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 -; NdsOVG, Beschluss vom 16.03.2010 - 8 ME 47/10 - juris Rn. 3; VG Stuttgart, Urteile vom 20.07.2006 - 4 K 921/06 - juris Rn. 57 und vom 26.10.2006 - 4 K 1753/06 - juris Rn. 39, 47; VG Koblenz, Urteile vom 11.01.2010 - 3 K 74/09.KO - juris Rn. 64 und vom 08.02.2010 - 3 K 206/09.KO - juris Rn. 79; GK-AufenthG, § 60a Rn. 179, 192; ein dogmatisch anderer Ansatz findet sich - allerdings in anderer Konstellation - in der Rechtsprechung des EuGH, vgl. Urteil vom 19.10.2004 - Rs. C-200/02 - InfAuslR 2004, 413). Das durch Art. 6 GG geschützte elterliche Sorgerecht umfasst unter anderem die Personensorge für das minderjährige Kind, die die Eltern auch dazu berechtigt, seinen Aufenthalt zu bestimmen (vgl. §§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Dieses umfassende Recht der Eltern schränkt rechtlich zugleich das Selbstbestimmungsrecht des Minderjährigen ein. Dieser ist nicht berechtigt, seinen Aufenthaltsort selbstständig und frei zu wählen. Dass Kinder mit zunehmendem Alter an Eigenständigkeit gewinnen, ändert an der Personensorge und dem hieraus folgenden Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern bis zum Eintritt der Volljährigkeit nichts. Diese rechtliche Ausgangssituation prägt auch die nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung. Bei einem minderjährigen Kind ist daher maßgeblich die Situation der Eltern in den Blick zu nehmen. Steht den Eltern wegen deren mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland bzw. fehlender „Entwurzelung“ über Art. 8 EMRK kein Aufenthaltsrecht zu, so ist davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger, der im Bundesgebiet geboren ist und/oder dort lange Zeit gelebt hat und hier integriert ist, auf die von den Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden kann. Eine prinzipiell andere Sichtweise würde dazu führen, dass minderjährige Kinder ihren nicht - oder jedenfalls nicht zulänglich - integrierten Eltern ein Aufenthaltsrecht verschaffen würden, obwohl diesen selbst eine Rückkehr in das Herkunftsland ohne weiteres zumutbar wäre. Im Ergebnis würden damit die Eltern das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer minderjährigen Kinder teilen, was mit den im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 EMRK ebenfalls einzustellenden einwanderungspolitischen Interessen des Staates grundsätzlich nicht in Einklang zu bringen ist (vgl. auch NdsOVG, Urteil vom 29.01.2009 - 11 LB 136/07 - juris Rn. 75).
55 
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es jedoch gebieten, seinerseits Ausnahmen von der familieneinheitlichen Betrachtung zu machen. Ist kein Elternteil trotz der ihm aus seiner Stellung als Personensorgeberechtigter erwachsenden Pflichten in der Lage, die notwendige Hilfe bei der (Re-) Integration in den Herkunftsstaat zu erbringen, so fehlt der familienbezogenen Gesamtbetrachtung regelmäßig die Grundlage. Darüber hinaus kommt eine Ausnahme mit Blick auf die Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Wertvorstellungen dann in Betracht, wenn aufgrund der spezifischen Verhältnisse im Land der Staatsangehörigkeit ein „Einleben“ dort nur unter Inkaufnahme einer gravierenden Änderung der bisherigen Persönlichkeit und der durch diese bedingten Lebensführung möglich wäre. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn in Deutschland heranwachsende Mädchen durch die hier erfolgte Sozialisation in einer Art und Weise geprägt sind, dass eine Verweisung auf ein Leben in ihrem Passstaat sie zwingen würde, ihre bisherige Identität und ihr Verständnis von der Bedeutung der Frau aufgeben zu müssen, weil die traditionelle Rolle der Frau und insbesondere ihre Stellung in der Öffentlichkeit in dem dortigen Gesellschaftssystem in unüberbrückbarem Gegensatz zu den auch von ihr im Bundesgebiet praktizierten Lebensverhältnissen stehen (GK-AufenthG, § 60a Rn 191; Bergmann, ZAR 2007, 128, 132). Diese Ausnahme trifft auf die Klägerin zu 3 zu.
56 
b.) Zwar wird die Klägerin zu 3 erst in einigen Monaten 14 Jahre alt. Sie ist jedoch ungeachtet ihres Alters in der hiesigen Gesellschaftsordnung und in ihren Wertvorstellungen in einer Weise „verwurzelt“, dass ihr eine Rückkehr in den Irak aufgrund der dort derzeit landesweit herrschenden Verhältnisse vor allem mit Blick auf die Situation von Frauen und Mädchen nicht zugemutet werden kann.
57 
aa.) Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 28.11.2010 hat sich die Sicherheitslage im Irak zwar erheblich verbessert, sie ist aber im weltweiten Vergleich immer noch verheerend. Danach kommt es immer noch wöchentlich zu ca. 200 Anschlägen, bei denen im Schnitt pro Woche ca. 150 Todesopfer zu beklagten sind. Schwerpunkte terroristischer Anschläge bleiben weiterhin Bagdad und der Zentralirak, v.a. im Nordosten (Diyala, Salahaddin) sowie die Provinzen Tamin mit der Hauptstadt Kirkuk und Niniwe mit der Hauptstadt Mosul. Neuerdings werden auch Anschläge von Al-Qaida im Raum Basra verzeichnet. Die hohe Gewaltrate im Irak hat immer noch erhebliche Auswirkungen im alltäglichen Leben, wobei den Großteil der Opferlast die weitgehend ungeschützte Zivilbevölkerung trägt. Immer wieder sind Zivilisten Opfer nicht nur politisch motivierter Gewalt, sondern auch organisierter Kriminalität wie Entführungen, Erpressungen und Morde (AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 6, 14 f. und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 6, 15). Die Sicherheitslage im von der Regionalregierung der Region Kurdistan-Irak (KRG) kontrollierten Gebiet ist deutlich besser als im Rest des Landes. Allerdings steigt in den außerhalb der kurdischen Autonomiezone liegenden Gebieten des Nordirak die Zahl der Anschläge und der Todesopfer. Besonders kritisch ist die Lage im erdölreichen Kirkuk, der Herkunftsregion der Klägerin zu 3 und ihrer Familie. Dieses gehört zu den umstrittenen Gebieten des Irak, in dem Araber und Kurden um die Vorherrschaft ringen und sowohl die Zentralregierung als auch die Regionalregierung Kurdistan-Irak die Kontrolle anstreben (vgl. näher Europäisches Zentrum für Kurdische Studien vom 07.07.2010 an VG Stuttgart; AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 15 und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 16).
58 
Die Menschenrechtslage im Irak bleibt prekär. Zwar gibt es langsame Fortschritte; Verstöße gegen die Menschenrechte sind jedoch weiterhin weit verbreitet. Der Staat ist nicht in der Lage, die Sicherheit der Zivilbevölkerung und die Ausübung der in der Verfassung verankerten Rechte und Grundfreiheiten landesweit zu ermöglichen. Auch von der Region Kurdistan-Irak wird von schweren Menschenrechtsverstößen berichtet (AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 6, 28 ff. und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 6, 16 ff.).
59 
Zu den Hauptleidtragenden der gegenwärtigen Umstände im Irak gehören nach der Auskunftslage die Kinder. Die Folgen des Zusammenbruchs staatlicher Strukturen und deren langsamer Wiederaufbau betreffen vor allem Familien, die auf Krankenhäuser, Schulen und Lebensmittelhilfen besonders angewiesen sind. Der Gesundheitszustand der Kinder hat sich seit März 2003 deutlich verschlechtert. Das Gesundheits- und Erziehungswesen im Irak liegt darnieder. Es mangelt an allem und die Grundversorgung ist unzureichend gesichert. Die Alphabetisierungsrate im Irak ist in den letzten 15 Jahren stark gefallen. Nur noch drei von vier Jugendlichen können lesen und schreiben. Die Möglichkeit des Schulbesuchs ist in Anbetracht der Sicherheitslage für viele Kinder noch eingeschränkt und mit Gefahren für Leib und Leben verbunden. Seit einiger Zeit werden Kinder Ziel von kriminellen Lösegelderpressern. Die Schulen sind oftmals in einem schlechten baulichen Zustand; es fehlt an sanitären Einrichtungen. Viele Schulen haben immer noch aus Mangel an Lehrpersonal geschlossen (AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 19 f., 35 und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 6, 20, 34). Für die Situation von Schülerinnen und Schüler im Nordirak ergibt sich insoweit kein grundlegend anderes Bild (vgl. Schweizer Flüchtlingshilfe , Irak: Die sozio-ökonomische Situation im Nordirak, 07.06.2010, S. 14 ff.).
60 
Speziell was die Situation von Frauen und Mädchen anbelangt, so hat sich deren Stellung im Vergleich zur Zeit des Regimes unter Saddam Hussein deutlich verschlechtert. In der Verfassung aus dem Jahre 2005 ist die rechtliche Gleichstellung der Geschlechter zwar formal festgeschrieben. Auch steht Frauen der Zugang zu Bildungseinrichtungen und Arbeitsmarkt im Grundsatz offen. Die Verfassung garantiert ferner die soziale Sicherheit für Frauen und Kinder. Diese Prinzipien sind in der Praxis jedoch nicht umgesetzt (Deutsches Orient-Institut vom 17.06.2008 an VG Göttingen). Die zunehmende Radikalisierung von Teilen der irakischen Gesellschaft hin zu fundamentalistisch radikalislamischen Überzeugungen stellt insbesondere für die Sicherheit der Frau eine Gefährdung dar. Darüber hinaus hat die allgemein prekäre Sicherheitslage erhebliche negative Auswirkungen auf das Alltagsleben der Frauen (siehe hierzu und zum folgenden AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 20 f. und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 20 ff.; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Geschlechtsspezifische Verfolgung für ausgewählte Herkunftsländer, April 2010, S. 96 ff. ; EZKS vom 15.08.2008 an VG Göttingen; Deutsches Orient-Institut vom 17.06.2008 an VG Göttingen; SFH vom 20.11.2007 - Irak: Rückkehr einer verwitweten schiitischen Frau mit einem ehelichen und einem unehelichen Kind).
61 
Gewalt gegen Frauen ist im Irak weit verbreitet. Die Situation der Frauen wird als Privatangelegenheit einer Familie betrachtet und selten an staatliche Stellen herangetragen. Staatliche Schutzmechanismen für Opfer häuslicher Gewalt sind nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Nach dem Strafgesetzbuch ist der Ehemann berechtigt, seine Ehefrau zu bestrafen. Es gibt auch keine Vorschrift, nach der Vergewaltigung in der Ehe strafbar wäre. Zwangsverheiratung wird praktiziert. Die Tradition der Verheiratung junger Mädchen (ab 14 Jahre) existiert, besonders in den ländlichen Gebieten. Familienmitglieder verkaufen auch Mädchen und Frauen, um wirtschaftlichen Zwangslagen zu entgehen, Schulden zu bezahlen oder Meinungsverschiedenheiten zwischen Familien zu überwinden. Frauen werden Opfer der im Irak nicht verbotenen und vor allem im stark patriarchalisch strukturierten Nordirak praktizierten Genitalverstümmelung. Auch Ehrenmorde sind noch immer in allen Teilen des Landes verbreitet. Schließlich nehmen in der irakischen Gesellschaft (insbesondere im schiitisch dominierten Süden) die Tendenzen zur Durchsetzung islamischer Regeln zu, z.B. Kleidervorschriften wie Kopftuchzwang an Schulen und Universitäten. Frauen werden auf familiärer und gesellschaftlicher Ebene mit dem Ziel unter Druck gesetzt, ihre Freizügigkeit und die Möglichkeiten der Teilnahme am öffentlichen Leben einzuschränken. Von Frauen wird verlangt, einen Schleier zu nehmen, keine Kleidung im westlichen Stil zu tragen und zu Hause zu bleiben. Frauen werden vor allem zur Zielscheibe islamischer Extremisten, wenn sie ein normales Leben nach westlichen Maßstäben führen wollen. Frauen, die von Gewaltakten betroffen werden, finden, insbesondere wenn es sich um Fälle häuslicher Gewalt handelt, bei staatlichen Stellen keinen Schutz.
62 
bb.) Für die Frage, ob in Anbetracht der derzeitigen Situation im Irak der Klägerin zu 3 eine Rückkehr zumutbar ist, kommt es aufgrund des unterschiedlichen Maßstabs nicht darauf an, dass die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 oder 2 AufenthG hinsichtlich des Irak derzeit regelmäßig nicht vorliegen (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.08.2010 - A 2 S 1134/10 - juris; OVG NRW, Urteil vom 29.10.2010 - 9 A 3642/06.A - ; BayVGH, Urteil vom 21.01.2010 - 13a B 08.30283 -, wonach der westliche Habitus weiblicher irakischer Staatsangehöriger nicht als individuell gefahrenerhöhender Umstand berücksichtigt werden könne). Bei der einzelfallbezogenen Prüfung im Rahmen des Art. 8 Abs. 2 EMRK geht es nicht primär um „Gefahrenlagen“, sondern um die Feststellung und Bewertung des Ausmaßes der Entfremdung vom Herkunftsstaat.
63 
Die Klägerin zu 3 hat aufgrund der von ihr als prägend erfahrenen Sozialisation im Bundesgebiet die Lebensweise der „westlichen Welt“ in Theorie und Praxis verinnerlicht. Dies ergibt sich nicht nur aus ihrer Art sich zu kleiden, sondern vor allem aus der oben unter 3.) im Einzelnen dargestellten Weise, ihre Freizeit zu verbringen und im Schulalltag aufzutreten. Die Klägerin zu 3 lebt auch in dem selbstverständlichen Bewusstsein, dass Jungen und Mädchen die gleichen Rechte haben und verhält sich dementsprechend. In dieser Art der Lebensführung wird sie von ihren Eltern bestärkt. Diese akzeptieren ihr Hobby Mädchenfußball und die Schwimmbadbesuche ebenso wie ihre Kontakte und Zusammenarbeit mit Jungen in der Schule (unter anderem im Team der Schülervertretung) oder Freizeit. Traditionelle oder gar archaische Vorstellungen werden in der Familie nicht gelebt. Weder ist das Tragen eines Kopftuchs üblich, noch spielt sich das Leben der Klägerin zu 3 und der weiteren weiblichen Familienmitglieder vor allem im häuslichen Bereich ab. Gerade die Klägerin zu 2 ist auch sehr darum bemüht, ihre Tochter auf deren Weg zu einem allgemein anerkannten Bildungsabschluss zu unterstützen. Bei der Bewertung, dass ihr vor diesem Hintergrund die erstmalige Integration in den Irak nicht angesonnen werden kann, spielt als solches keine Rolle, dass die Klägerin zu 3 dort ihren Hobbys nicht mehr nachgehen könnte und auch nicht die gleichen Bildungschancen hätte wie im Bundesgebiet sowie als Heranwachsende prinzipiell noch „entwicklungsfähig“ ist. Gewisse Anpassungen an das, was in seinem Herkunftsland üblich ist, können einem Ausländer abverlangt werden. Entscheidend ist jedoch der Umstand, dass die derzeitige gesellschaftliche Praxis im Irak, die bestimmt, was Frauen und junge Mädchen im Irak tun dürfen und können, diametral dem entgegensteht, was die Persönlichkeit der Klägerin zu 3 bisher geprägt hat und Ausdruck ihrer Individualität ist. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Situation für Frauen und Mädchen im Irak in überschaubarer Zukunft entscheidend verbessern würde, lassen sich den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen nicht entnehmen; im Gegenteil: In den verwerteten Erkenntnismitteln kommt unübersehbar eine „schleichende“ Verschlechterung der Situation von Frauen und Mädchen zum Ausdruck. Die Aufgabe ihrer selbst - dies würde eine Verweisung auf ein Leben im Irak mit sich bringen - kann der Klägerin zu 3 nicht abverlangt werden.
64 
Selbst wenn man im Übrigen die Auffassung der Beklagten zugrunde legen würde, einem jungen Mädchen wäre aufgrund ihrer altersbedingt noch nicht abgeschlossenen Persönlichkeitsbildung eine Integration in die Verhältnisse des Herkunftsstaates prinzipiell möglich und zumutbar, würde dies im vorliegenden Fall deshalb nicht gelten, weil die Klägerin zu 3 psychisch gar nicht in der Lage wäre, eine Rückkehr in den Irak mit der notwendigen Anpassung an den dortigen Lebensstil zu bewältigen. Dies hat die die Klägerin zu 3 betreuende Diplompsychologin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überzeugend dargelegt. Dies entspricht im Übrigen auch Erkenntnissen, die zu einer Rückkehr von Mädchen in den Irak nach langjährigem Auslandsaufenthalt im Westen vorliegen. Nach der Auskunft des EZKS vom 15.08.2008 an das Verwaltungsgericht Göttingen hat sich in den Fällen, in denen ganze Familien freiwillig in den Nordirak zurückgekehrt sind, diese Rückkehr vor allem für junge Frauen und Mädchen in der Pubertät, die einen wesentlichen Teil ihrer Sozialisation in Form eines westlich geprägten Lebensstils erfahren haben, als Katastrophe erwiesen und unter anderem unterschiedlichste psychische Störungen und Krankheiten, insbesondere Depressionen und Essstörungen, zur Folge gehabt.
65 
c.) Im Übrigen ergibt sich eine Ausnahme von der familienbezogenen Gesamtbetrachtung auch daraus, dass die Kläger zu 1 und 2 derzeit und bis auf Weiteres nicht in der Lage sind, der Klägerin zu 3 die für ein - erstmaliges -Einleben im Irak notwendige Hilfestellung zu gewähren. Dies gilt selbst dann, wenn man unterstellen würde, dass ihre Tochter auf den „Kulturschock“ nicht mit einer (psychischen) Erkrankung reagieren würde und sich der für sie dort erforderliche Aufwand an Betreuungs- und Beistandsleistungen nicht von dem unterscheidet, der auch ihren Geschwistern entgegen gebracht werden muss.
66 
Zwar sind die Kläger zu 1 und 2 selbst nicht „entwurzelt“. Sie haben den Irak erst als Erwachsene mit über 30 Jahren verlassen und dort einen höherwertigen Bildungsabschluss erlangt. Die Klägerin zu 2 hat im Irak das Gymnasium besucht und dort zunächst in einer Bank und später als Lehrerin gearbeitet. Sie spricht fließend Türkisch, Arabisch, Kurdisch und Farsi. Der Kläger zu 1 beherrscht ebenfalls diese Sprachen und verfügt auch über Kenntnisse der englischen Sprache. Außerdem leben noch Verwandte im Irak, unter anderem zwei Brüder und eine Schwester der Klägerin zu 2 in Kirkuk. Beide sind auch durch Berichte von Verwandten und das kurdische Fernsehen, das sie regelmäßig schauen, über die aktuellen Verhältnisse im Irak hinreichend informiert. So berichtet die Klägerin zu 2 einem Schreiben von Pfarrer B. - Arbeitskreis Asyl ... - vom 04.10.2010 zufolge bei Plenumssitzungen im Rahmen der „Aktuellen Runde“ über die Situation der Frauen im Irak. Allerdings sind die Kläger zu 1 und 2 aufgrund ihrer eigenen psychischen Belastungen und Erkrankungen nicht in der Lage sein, ihrer Tochter die unerlässliche Hilfe zu geben, die diese nach einem langen und ihr Leben prägenden Aufenthalt im Bundesgebiet bräuchte, um sich im Irak einleben zu können.
67 
Die Klägerin zu 2 ist seit dem Jahre 2007 bis heute bei der PVB wegen psychischer Erkrankungen in Behandlung. Das Gesundheitsamt der Beklagten hat aufgrund einer amtsärztlich-psychiatrischen Untersuchung der Klägerin zu 2 am 19.12.2007 ein erheblich ausgeprägtes depressives Syndrom (mittelschwere bis schwere Episode) mit Somatisierung vor einem posttraumatischen Hintergrund diagnostiziert. Nach einer erneuten Untersuchung vom 26.10.2009 und unter Berücksichtigung eine Stellungnahme der PBV vom 21.07.2009 hat gerade auch der Amtsarzt eine Fortsetzung der Therapie wegen eines erheblich ausgeprägten depressiven Syndroms mit Somatisierung auf posttraumatischer Grundlage befürwortet. Wie die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwesende Diplompsychologin überzeugend geschildert hat, ist die Klägerin zu 2 aufgrund der Behandlung und der sie umgebenden „Netzwerke“ mittlerweile in der Lage, ihr Leben zu bewältigen. Durch die psychologische Betreuung und die ihr hier ermöglichten Tätigkeiten - wie etwa das gelegentliche und ehrenamtliche Übersetzen für andere Flüchtlinge oder das „Sich-Einbringen“ in der Schule ihrer Kinder oder während ihrer Erwerbstätigkeit - erfährt die Klägerin zu 2 die für sie erforderliche innere Stabilität. Dass die Klägerin zu 2 für die Erlangung bzw. Aufrechterhaltung eines seelischen Gleichgewichts ungeachtet dessen, dass sie selbst aktiv hieran arbeitet, auf Unterstützung durch Dritte angewiesen ist, hat auch die die Kläger betreuende Sozialarbeiterin, die mit der Familie ständigen Kontakt hat, im Einzelnen dargelegt. Sie sieht die Klägerin zu 2 am Rande der Belastbarkeit stehen und dringend auf die Einbindung durch ihr soziales Engagement in ihrem derzeitigen Umfeld angewiesen. Würde die Klägerin zu 2 auf ein Leben in den Irak verwiesen, so wäre sie dort für einen unabsehbaren Zeitraum nicht in der Lage, ihren Kindern zu helfen, weil sie selbst eine Rückkehr in den Irak psychisch nicht verkraften würde. Diese schon in verschiedenen schriftlichen Stellungnahmen der PBV zum Ausdruck gebrachte Prognose hat die vom Senat angehörte Psychologin nochmals bekräftigt und darauf hingewiesen, dass bei der Klägerin zu 2 zumindest mit einer schweren Depression zu rechnen wäre. Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine psychische Erkrankung der Klägerin zu 2 im Irak grundsätzlich behandelbar wäre, würde die Notwendigkeit, mit den eigenen Problemen kämpfen zu müssen, bei ihr zwangsläufig so sehr im Vordergrund stehen, dass sie vorhersehbar nicht in der Lage wäre, ihren Kindern diejenige Hilfestellung zu bieten, auf die diese bei der von ihnen zu leistenden erstmaligen Integration in ein fremdes Land existentiell angewiesen wären.
68 
Auch der Kläger zu 1 könnte seine Kinder bei einer Rückkehr in den Irak nicht adäquat unterstützen. Er leidet an einem behandlungsbedürftigen Alkoholproblem und hat deswegen auch schon einen Arzt konsultiert. Seine Ursache hat der Alkoholkonsum nach der Stellungnahme der PBV vom 06.05.2009 aber auch nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter anderem darin, dass ein Bruder von ihm im Jahre 2003 in Kirkuk durch ein Attentat getötet worden sei. Er ist darüber hinaus wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung in Behandlung. Aufgrund seiner Labilität würde er - wie sich aus den schriftlichen Stellungnahmen der PBV und den mündlichen Angaben der Psychologin ergibt - selbst eine Rückkehr in den Irak nicht verkraften und erst Recht nicht die notwendige Hilfestellung gegenüber der Klägerin zu 3 leisten können. Der lange und das Mädchen prägende Aufenthalt im Bundesgebiet, ihr vollständig fehlender Bezug zum Irak, die bei ihr nicht vorhandenen Kenntnisse einer im Irak üblichen Schriftsprache, die prekäre allgemeine (Sicherheits-)Lage, die beschränkten Schulmöglichkeiten und die unzureichend gesicherte Grundversorgung würden an den Erziehungsberichtigen besonders hohe Anforderungen hinsichtlich der Unterstützungsleistungen stellen, die im konkreten Einzelfall aufgrund der bei ihm fehlenden eigenen Belastbarkeit nicht erbracht werden könnten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass in dieser Konstellation Verwandte oder sonstige Dritte im Irak die den Eltern obliegenden Aufgaben der Begleitung bei der Integration in die dortigen Lebensverhältnisse (vorübergehend) in der notwendigen Art und Weise übernehmen könnten.
69 
d.) Im Rahmen dieser Bewertung, dass der Klägerin zu 3 in Anbetracht ihres erreichten Integrationsstands eine Rückkehr in den Irak nicht zugemutet werden kann, spielt es keine entscheidende Rolle, dass ihr Aufenthalt zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich legalisiert gewesen ist. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil die Aussetzung der Abschiebung seit Jahren mit Blick auf die Verhältnisse im Irak vorgenommen worden ist und wird. Dies folgt aus den zur „Rückführung irakischer Staatsangehöriger“ ergangenen Schreiben des Innenministerium vom 18.06.2003, vom 27.11.2003, vom 29.07.2004 und vom 12.03.2007 in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltenden Fassung gemäß ZV-AufenthG (Abschn. D - Irak Nr. 3). Dem entsprechend haben die Beklagte oder das beigeladene Land zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Anstrengungen unternommen, den Aufenthalt der Klägerin zu 3 und ihrer Familie zu beenden. Dass die Situation im Irak auch aus Sicht der Ausländerbehörden nicht ohne weiteres für jeden im Bundesgebiet lebenden ausreisepflichtigen irakischen Staatsangehörigen zu bewältigen ist, lässt sich daran ersehen, dass bislang nur straffällig gewordene Iraker abgeschoben worden sind, die aus den kurdischen Gebieten stammen und dort noch Familie haben, die Schutzfunktionen übernehmen und den betreffenden Rückkehrern Zugang zu Wohnmöglichkeiten und anderen Grundversorgungen verschaffen können (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 38 sowie ZV-AufenthG Abschn. D - Irak Nr. 3). Aufgrund dieser Besonderheiten ist dem aufenthaltsrechtlichen Gesichtspunkt der Begrenzung und Steuerung von Zuwanderern im Rahmen des Art. 8 Abs. 2 EMRK im vorliegenden Fall keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen.
70 
5.) Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK steht nicht entgegen, dass bei ansonsten vorliegenden Regelerteilungsvoraussetzungen der Lebensunterhalt nicht vollständig gesichert ist und die Klägerin zu 3 selbst nicht über einen Pass verfügt. Insoweit liegen Ausnahmen von den Regelerteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 AufenthG vor.
71 
a.) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG ist der Lebensunterhalt eines Ausländers gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Dabei bleiben die in § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgeführten öffentlichen Mittel außer Betracht. Es bedarf mithin der positiven Prognose, dass der Lebensunterhalt des Ausländers in Zukunft unter Berücksichtigung der von ihm angestrebten Aufenthaltsdauer ohne Inanspruchnahme anderer öffentlicher Mittel gesichert ist. Dies erfordert einen Vergleich des voraussichtlichen Unterhaltsbedarfs mit den voraussichtlich zur Verfügung stehenden Mitteln (vgl. zur Prognose GK-AufenthG § 2 Rn. 41 ff.). Bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs kommt es auf den Bedarf der Kernfamilie an, d.h. bei der Prognose, ob der Lebensunterhalt der Klägerin zu 3 künftig voraussichtlich gesichert ist, ist der Bedarf der Kläger zu 1 und 2 sowie 4 und 5 ebenfalls zu berücksichtigen. Bei erwerbsfähigen Ausländern richtet sich die Ermittlung des Unterhaltsbedarfs seit dem 01.01.2005 nach den entsprechenden Bestimmungen des 2. Sozialgesetzbuchs (SGB II). Dabei sind bei der Ermittlung des zur Verfügung stehenden Einkommens grundsätzlich der Freibetrag für Erwerbstätige gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II und die Werbungskostenpauschale nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II zu Lasten des Ausländers anzusetzen (vgl. BVerwG, Urteile vom 16.11.2010 - 1 C 20.09 und 1 C 21.09 - bisher nur Pressemitteilung sowie Urteile vom 07.04.2009 - 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329 und vom 26.08.2008 - 1 C 32.07 -NVwZ 2009, 248 ). Gemessen hieran kann prognostisch nicht von einer Sicherung des Lebensunterhalts ausgegangen werden.
72 
Die Kläger zu 1 und 2 verdienen derzeit gemeinsam monatlich etwa 1.762 EUR netto. Es bestehen zwar keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschäftigungen der Klägerin zu 2, die bereits über ein Jahr bereits ausgeübt wird, und diejenige des Klägers zu 1 demnächst wieder entfallen könnten. Wie die Metzgerei Z. in der Arbeitsbescheinigung vom 08.12.2010 ausgeführt hat, ist die Klägerin zu 2 bis auf weiteres in der Filiale in S. beschäftigt, wo man mit ihrer Arbeit zufrieden sei. Auch hinsichtlich des Klägers zu 1 ist von einer weiteren Erwerbstätigkeit auszugehen. Der den Kläger zu 1 hauptberuflich beschäftigende Arbeitgeber hat unter dem 08.12.2010 schriftlich sowie ergänzend in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, er sei mit dessen Arbeit stets sehr zufrieden gewesen. Daher habe er ihn im September 2010 festangestellt. Auch könne die vom Kläger zu 1 zusätzlich ausgeübte Nebentätigkeit als geringfügig Beschäftigter problemlos mit seiner Tätigkeit als Aushilfsarbeiter bei ihm in Einklang gebracht werden. Es ist auch nicht zu erkennen, dass einer weiteren Erwerbstätigkeit der Eltern der Klägerin zu 3 rechtliche Hindernisse entgegen stehen könnten. Zwar berechtigt der auch ihnen zu erteilende humanitäre Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG (siehe unten III.) nicht schon kraft Gesetzes zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Allerdings ist prognostisch davon auszugehen, dass den Klägern zu 1 und 2 die Ausübung der Erwerbstätigkeit erlaubt werden wird (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1, Alt. 2 AufenthG). Denn selbst als nur Geduldeten wird ihnen seit Januar 2008 die Beschäftigung uneingeschränkt erlaubt. Dass die Zulassung einer Beschäftigung der Kläger zu 1 und 2 nunmehr auf der Grundlage eines - letztlich an die Stelle der Duldung tretenden - zunächst nach § 26 Abs. 1 Satz 1 AufenthG für sechs Monate befristeten humanitären Aufenthaltstitels unter arbeitsmarktspezifischen Aspekten anders zu bewerten wäre, ist nicht ersichtlich (vgl. hierzu auch § 9 Abs. 1 Nr. 2 BeschVerfV). Andererseits steht aber auch nicht zu erwarten, die Kläger zu 1 und 2 könnten in einem überschaubaren Zeitraum ein deutlich höheres Einkommen erzielen. Zwar ist dem Kläger zu 1 eine höhere Entlohnung bei der Firma ... ... in Aussicht gestellt worden, wenn er - auf der Grundlage eines Aufenthaltstitel - für den Betrieb flexibler verwendungsfähig wäre und etwa auch Autos ins Ausland verbringen könnte. Eine konkrete Zusage des Arbeitgebers, die prognostisch Berücksichtigung finden müsste, liegt jedoch nicht vor.
73 
Ausgehend von einer sozialversicherungspflichtigen Weiterbeschäftigung des Klägers zu 1 auf der Grundlage eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG steht den Eltern zukünftig jedoch Kindergeld zu, das nach § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG als Einkommen zu berücksichtigen ist. Nach § 1 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 BKGG hat Anspruch auf Kindergeld unter anderem derjenige, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG besitzt und sich seit mindestens drei Jahren geduldet im Bundesgebiet aufhält und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist. Nach § 6 Abs. 1 BKGG beträgt das Kindergeld für die Klägerin zu 3 und den Kläger zu 4 jeweils 184 EUR sowie für die Klägerin zu 5 190 EUR, mithin zusammengerechnet 558 EUR. Insgesamt werden den Klägern daher bei einem Einkommen von 1.762 EUR zukünftig 2.320 EUR zur Verfügung stehen.
74 
Dem steht ein Bedarf von 2.580 EUR gegenüber. Dieser errechnet sich zunächst anhand der von den Klägern zu tragenden Gebühren für die Unterkunft in Höhe von etwa 718 EUR und des - auf der Grundlage der Regelsätze des SGB II ermittelten - Bedarfs von 1.399 EUR (siehe hierzu oben unter 3.). Des weiteren sind sowohl für den Kläger zu 1 als auch für die Klägerin zu 2 jeweils ein Betrag von 100 EUR nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II anzusetzen. Schließlich sind zu Lasten der Erwerbstätigen aus einem durchschnittlich monatlich zugrunde gelegten Nettoeinkommen der Klägerin zu 2 in Höhe von 370 EUR nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II ein Betrag von 54 EUR und für den Kläger zu 1 bei einem Gesamt-Nettoeinkommen von 1.329 EUR ein solcher von etwa 209 EUR anzusetzen.
75 
Allerdings gebietet der Schutz des Privatlebens der Klägerin zu 3 im Sinne des Art. 8 EMRK die Annahme eines Ausnahmefalles (zur Atypik aufgrund völker- oder verfassungsrechtlicher Wertentscheidung siehe etwa BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 3.08 - NVwZ 2009, 1239 Rn.13 ff.; GK-AufenthG § 5 Rn. 28; Renner, a.a.O. § 5 Rn. 21 ff.). Die Klägerin zu 3 kann aufgrund des Ausmaßes ihrer Integration im Bundesgebiet bei gleichzeitiger „Entwurzelung“ nicht auf ein Leben im Irak verwiesen werden, sondern ist auf ein Verbleiben in der Bundesrepublik angewiesen. Diese für einen Ausnahmefall streitende Wertentscheidung des Art. 8 EMRK ist im vorliegenden Fall auch nicht deshalb in einem anderen Licht zu sehen, weil die Ausländerin minderjährig ist. Zwar könnte die Bejahung eines atypischen Falles in einer solchen Konstellation dazu führen, dass über den Rechtsanspruch des Kindes - vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht - nicht integrationswillige oder -fähige Eltern wegen der grundsätzlich schutzbedürftigen familiären Lebensgemeinschaft ein rechtlich legalisiertes Bleiberecht vermittelt werden könnte, was nicht nur einwanderungspolitisch bedenklich wäre, sondern auch dem von der Konvention anerkannten Recht eines Konventionsstaats zuwiderlaufen würde, über den Zuzug von Ausländern und dessen Voraussetzungen selbst zu entscheiden. Im vorliegenden Fall greifen derartige Bedenken jedoch schon im Hinblick auf den Grad der Integration der Eltern der Klägerin zu 3 nicht durch. Diese haben zwar vor allem in sprachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht hier noch nicht in einer Weise Fuß gefasst, dass sie Inländern vergleichbar wären. Sie arbeiten jedoch an der Verbesserung der Sprachkenntnisse, verhalten sich entsprechend der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung - die eingeholten Auskünfte aus dem Zentralregister vom 04.10.2010 weisen keine Eintragungen auf -, engagieren sich hier im Rahmen ihrer Möglichkeiten (so etwa die Klägerin zu 2 als Elternvertreterin oder der Kläger zu 1 beim Fußball seiner Kinder) und sind um die Erlangung einer qualifizierteren und besser bezahlten Erwerbstätigkeit bemüht. Im Übrigen ist im vorliegenden Fall die Diskrepanz zwischen Unterhaltsbedarf und eigenem Einkommen mit 260 EUR relativ betrachtet gering und allein durch die bedarfserhöhend angesetzten Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II und § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II bedingt. Ein fiktiver Abzug von letztlich tatsächlich vorhandenem Einkommen zu Lasten des Ausländers ist bei einem aus dem Völkerrecht abgeleiteten Aufenthaltsrecht mit dessen Wertentscheidung nicht in Einklang zu bringen.
76 
b.) Die Klägerin zu 3 ist weder im Besitz eines eigenen Passes noch ist sie in dem der Klägerin zu 2 am 24.06.2009 ausgestellten irakischen Reisepass eingetragen (siehe zu dieser Möglichkeit der Erfüllung der Passpflicht § 2 Satz 1 AufenthV). Es liegt jedoch ein Ausnahmefall von der Regelerteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 3 AufenthG vor. Der Zweck der Passpflicht besteht darin, durch den Besitz eines gültigen Passes den Behörden die Feststellung der Identität und der Staatsangehörigkeit sowie der Rückkehrberechtigung seines Inhabers ohne weiteres zu ermöglichen (Renner, a.a.O., § 5 Rn. 14 und Nr. 3.0.8 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift vom 26.10.2009, abgedr. in Renner, a.a.O. vor § 3; GK-AufenthG, § 3 Rn. 14). Nach der Bestätigung der irakischen Botschaft in Berlin vom 11.02.2009 hat die Klägerin zu 3 die regulär geforderten irakischen Unterlagen für die Ausstellung der neuen irakischen Reisepässe mit dem Serienbuchstaben G eingereicht, und der Antrag ist an das zuständige irakische Innenministerium nach Bagdad weitergeleitet worden. Diese Bestätigung liegt mit gleichem Datum auch hinsichtlich ihres Vaters, des Klägers zu 1, vor. Wie die Prozessbevollmächtigte der Kläger in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen erläutert hat, ist im Hinblick auf unterschiedliche Auffassungen zur richtigen Schreibweise des Vornamens des Klägers zu 1, was auch Auswirkungen auf die Pässe der Kinder hat, während des Verfahrens die Erneuerung seines Personalausweises gefordert worden. Der Kläger zu 1 hat dies daraufhin beantragt. Nunmehr sind alle Kläger im Besitz von am 08.08.2010 in Kirkuk ausgestellten irakischen Identitätskarten, die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegt worden sind. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Eltern der Klägerin zu 3 bereits alle erforderlichen Mitwirkungshandlungen für die Ausstellung eines Reisepasses vorgenommen haben, kann die lange Dauer des Verfahrens durch die Heimatbehörden in Passangelegenheiten, die auch Erkenntnissen des Auswärtige Amt entspricht (siehe etwa Lagebericht vom 28.11.2010, S. 36 f. zur Tätigkeit der irakischen Botschaft), nicht zu Lasten der Klägerin zu 3 gehen (vgl. GK-AufenthG § 5 Rn. 58; Renner, a.a.O., § 5 Rn. 13). Für eine Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung in einem solchen Fall spricht auch, dass der Klägerin zu 3 ein sich aus dem Völkerrecht ergebender Anspruch auf Erteilung des Aufenthaltstitels zusteht. Im Übrigen können auch wesentliche Funktionen der Passpflicht mit den in der Berufungsverhandlung vorgelegten Unterlagen hinreichend abgedeckt werden. So ist insbesondere die irakische Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 3 nach der im Original vorgelegten irakischen Staatsangehörigkeitsbescheinigungen für ihre Eltern, von denen sie durch Abstammung ihre Staatsangehörigkeit ableitet, unzweifelhaft.
II.)
77 
Der seit dem 31.01.2002 geduldete Kläger zu 4 hat ebenfalls einen Anspruch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 und 2 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
78 
Entsprechend den allgemeinen Darlegungen oben unter I.) führt der Kläger zu 4 im Bundesgebiet ein schutzwürdiges Privatleben, das durch die Vorenthaltung eines Aufenthaltstitels unverhältnismäßig beeinträchtigt wird. Der am 01.11.1998 geborene Kläger zu 4 lebt seit über acht Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet und besucht hier altersentsprechend die 6. Klasse der Hauptschule. Seine deutschen Sprachkenntnisse in Wort und Schrift entsprechenden denjenigen von Mitschülern deutscher Herkunft. Er hat einen auch deutsche Freunde umfassenden Freundeskreis, mit dem er verschiedene Aktivitäten außerhalb der Schule durchführt (wie etwa Fahrradtouren oder Theaterspiel) und spielt in einem Verein Fußball. Ebenso wie bei seiner älteren Schwester ist auch für den Kläger zu 4 aus den dort allgemein angestellten Erwägungen heraus eine Duldung nicht ausreichend, um sein Privatleben in einer der Konvention entsprechenden Weise führen zu können. Dass es durch eine Duldung dem Kläger zu 4 nicht möglich ist, etwa an Fußballturnieren und entsprechenden Freizeitaktivitäten seines Vereins außerhalb Baden-Württembergs teilzunehmen, obwohl er dies möchte, d.h. dass dieses Verbot eine Belastung für ihn darstellt, ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wie auch schon beim Verwaltungsgericht im Einzelnen deutlich worden.
79 
Der Kläger zu 4 ist in einer Weise in die Lebensverhältnisse im Bundesgebiet integriert, die im Wesentlichen derjenigen der Klägerin zu 3 entspricht. Er hat in etwa drei Viertel seines bisherigen Lebens im Bundesgebiet verbracht und geht in eine Regelschule. Nach dem zuletzt erteilten Zeugnis der Hauptschule (Versetzungszeugnis zum Ende des Schuljahres 2009/10) ist für Deutsch die Note „ausreichend“ vergeben worden; die Leistungen in den übrigen Fächern und Fächerverbünden sind mit „befriedigend“ und „ausreichend“, in einem Fach mit „gut“ bewertet worden. Die in dem Zeugnis ebenfalls enthaltene verbale allgemeine Beurteilung der Arbeitshaltung, Selbstständigkeit und Zusammenarbeit in der Klassen- und Schulgemeinschaft zeigt zwar noch etliche Defizite beim Kläger zu 4 auf (wie etwa schwankende Unterrichtsbeteiligung, Störung des Unterrichts). Es gibt jedoch keine Hinweise darauf, dass es sich hierbei nicht um alters- und entwicklungstypische Erscheinungen handeln würde. Im Übrigen arbeitet der Kläger zu 4 an der Verbesserung seiner Leistungen. Nach einem Schreiben der Kontaktgruppe Asyl ... vom 29.07.2009 erhält er durch den Asylkreis Hilfe bei den Hausaufgaben. Nach anfänglichen Schwierigkeiten komme er zuverlässig zu den Terminen. Er habe Erklärungen in Mathematik und Deutsch schnell verstanden und habe sich die Methoden und Regeln merken können. Er sei auch zu zusätzlichen Leistungen bereit, doch brauche er weiterhin viel Übung, um seine schulischen Leistungen deutlich verbessern zu können. Auch die Sorgfalt und das Gefühl der Verantwortung für seine schulischen Leistungen müssten noch wachsen. Er müsse noch begreifen, wie wichtig Bildung für seinen weiteren Lebensweg sei. Doch sei er auf einem guten Weg. Diese Nachhilfe nimmt er nach wie vor in Anspruch und hat nach einem am 08.12.2010 vorgelegten Schreiben seiner „Nachhilfelehrerein“ erhebliche Fortschritte gemacht. Der Kläger zu 4 ist in der 6. Klasse von seinen Mitschülern zum Klassensprecher gewählt worden, nachdem er zuvor stellvertretender Klassensprecher gewesen war.
80 
Der Kläger zu 4 ist auch außerhalb seines Schulalltags fest in die hier gegebenen gesellschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse eingebunden. In seiner Freizeit spielt er schon seit längerem beim TSV H. Fußball. Er ist - nach seinen Angaben seit zwei Jahren - Kapitän der D-Jugendmannschaft und nimmt auch an Turnieren teil. Zusätzlich spielt er außerhalb des Vereins Fußball und ist auch im Übrigen sportlich sehr aktiv. Nach einer Stellungnahme von ehrenamtlichen Mitarbeitern des Arbeitskreises Asyl vom 02./03.12.2010 trainiert der Kläger zu 4 ferner in einem Boxverein und nimmt außerdem Angebote der evangelischen Kirchengemeinde ... für Kinder wahr. Als jüngeres Kind hat er am Laternenumzug teilgenommen. Ebenso wie seine ältere Schwester engagiert sich der Kläger zu 4 seit April 2010 bei dem Theaterprojekt „Yourstory“ des Jugendhauses ... in Kooperation mit der „freien bühne ...“. Nach den für den Kläger zu 4 erstellten Berichten eines Diplomsozialpädagogen vom Schülercafé ... vom 28.04.2010, vom 04.10.2010 und vom 07.12.2010 komme er häufig zu den verschiedenen Angeboten des Schülercafés. Er nehme regelmäßig an einem wöchentlichen Fußballprogramm teil. Er komme zum Jungentreff und nutze am Freitagabend gerne das Angebot des Teenietreffs. In den Pfingstferien 2009 sei er Teilnehmer der viertägigen Fahrradfreizeit gewesen. Er beteilige sich rege am Geschehen in der Einrichtung. Meistens nutze er mit gleichaltrigen Freunden die Angebote. Er sei sehr aktiv und voll integriert. Insgesamt gesehen unterscheidet sich die Lebensweise des Klägers zu 4 in gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht nicht von derjenigen, wie sie auch von gleichaltrigen Schülern deutscher Herkunft gelebt wird. Unter Berücksichtigung des Maßes der Integration unter wirtschaftlicher Hinsicht und mit Blick auf den Duldungsstatus bereits oben unter I. 3.) getroffenen Feststellungen, die für den Kläger zu 4 gleichermaßen gelten, ist auch bei ihm davon auszugehen, dass er in erheblichem Maße im Bundesgebiet integriert ist.
81 
In Ansehung des erreichten Integrationsstands ist ihm auch trotz seines stets nur geduldeten Aufenthalts eine Rückkehr in den Irak ebenfalls nicht zuzumuten. Der Kläger zu 4 lebt im Bundesgebiet seitdem er drei Jahre alt gewesen ist. Den Irak kennt er aus eigenem Erleben nicht mehr. Er kann sich zwar in der Muttersprache seiner Eltern verständigen, hat jedoch keine Kenntnisse der Schriftsprache. Auf eine Hilfestellung seiner Eltern bei der - erstmaligen -Integration in seinen Passstaat kann er nicht verwiesen werden, weil diese auch ihm gegenüber entsprechend den Ausführungen oben unter I. 4.c.) nicht in der Lage wären, die erforderliche Unterstützung zu gewähren. Entsprechend den Darlegungen oben unter I. 5.) stehen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK die Regelerteilungsvoraussetzungen nicht entgegen.
III.)
82 
Den Klägern zu 1, 2 und 5 steht mit Rücksicht auf die stets gelebte und dem Schutz von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK unterfallende familiäre Lebensgemeinschaft mit den Klägern zu 3 und 4 ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu. Zwar könnte eine Trennung von den Klägern zu 3 und 4 auch dadurch vermieden werden, dass die Abschiebung der übrigen Familienmitglieder weiter ausgesetzt wird. Das Rechtsinstitut der Duldung ist jedoch nicht dazu bestimmt, einen nach der Verfassung gebotenen dauernden Aufenthalt zu sichern und zu ermöglichen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.11.2009 - 13 S 2002/09 - juris Rn. 42; vgl. auch GK-AufenthG, § 60a Rn. 133 ff.). Hinsichtlich der Regelerteilungsvoraussetzungen gelten mit Blick auf den verfassungsrechtlich gebotenen weiteren Aufenthalt die Ausführungen unter I. 5.) entsprechend.
IV.)
83 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und 3, § 159 Satz 1 VwGO und § 100 Abs. 1 ZPO.
84 
Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. Nr. 1 VwGO. Die zwischen den Beteiligten umstrittene Rechtsfrage, ob bei einem im Bundesgebiet - mit Blick auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat - stets nur geduldeten Aufenthalt der Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, ist grundsätzlich klärungsbedürftig und klärungsfähig
85 
Beschluss vom 13. Dezember 2010
86 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
87 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
20 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht den von den Klägern jeweils geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG bejaht. Die zulässigen Verpflichtungsklagen sind begründet; die Bescheide der Beklagten vom 18.12.2008 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 08.05.2009 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger daher in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
Die Klägerin zu 3 hat in dem für die Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aus dem Recht auf Achtung ihres Privatlebens nach Art. 8 EMRK einen Anspruch auf Legalisierung ihres Aufenthalts gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG (I.). Der sachliche und personelle Anwendungsbereich des Art. 8 EMRK ist eröffnet. Auch ein Ausländer, der seit seiner Einreise in das Bundesgebiet nur über einen geduldeten Aufenthalt nach § 60a Abs. 2 AufenthG verfügt, kann sich auf das Recht auf Achtung seines Privatlebens berufen. Der prekären aufenthaltsrechtlichen Situation ist im Rahmen der Prüfung des Art. 8 Abs. 2 EMRK nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Rechnung zu tragen (1.). Der Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens besteht darin, dass durch die Vorenthaltung eines verlässlichen Aufenthaltsstatus das Privatleben der Klägerin zu 3 unverhältnismäßig beeinträchtigt wird (2.). Sie ist in besonderem Maße im Bundesgebiet integriert (3.). Auch unter Berücksichtigung ihres prekären Aufenthaltsstatus kann ihr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht zugemutet werden (4.). Dem Anspruch der Klägerin zu 3 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stehen die Regelerteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 AufenthG nicht entgegen (5.). Auch der Kläger zu 4 hat aus dem Recht auf Achtung seines Privatlebens nach Art. 8 EMRK einen Anspruch auf Legalisierung seines Aufenthalts gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG (II.). Den Klägern zu 1, 2 und 5 steht ein Anspruch auf Erteilung eines Titels nach § 25 Abs. 5 AufenthG im Hinblick auf die jeweils mit den Klägern zu 3 bzw. 4 gelebte familiäre Lebensgemeinschaft zu (III.).
I.)
22 
Der Klägerin zu 3 ist nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
23 
Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses nicht in absehbarer Zeit zu rechnen ist. Nach Satz 2 soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist.
24 
Die Klägerin zu 3 ist aufgrund der im Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohung gemäß Bescheid des Bundesamts vom 29.10.1999 vollziehbar ausreisepflichtig. Sie wird seit 31.01.2002 bis heute ununterbrochen („ketten“-)geduldet und damit um ein Vielfaches länger als der in § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG definierte Zeitraum. Die - freiwillige - Ausreise der Klägerin zu 3 ist aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil einer solchen das Recht auf Achtung des Privatlebens aus Art. 8 EMRK entgegensteht. Der Begriff der Ausreise umfasst die zwangsweise Abschiebung und die freiwillige Ausreise (BVerwG, Urteile vom 10.11.2009 - 1 C 19.08 - juris Rn. 12 und vom 27.6.2006 - 1 C 14.05 - juris Rn. 15). Da die Ausreise eine unvertretbare Handlung darstellt, ist die Unmöglichkeit im Hinblick auf den betroffenen Ausländer zu prüfen. Eine rechtliche Unmöglichkeit liegt vor, wenn es diesem Ausländer aus Rechtsgründen nicht zuzumuten ist, Deutschland zu verlassen. Allgemeine Widrigkeiten oder Überlegungen humanitärer Art, die keine Abschiebungshindernisse zur Folge haben, bleiben dabei unberücksichtigt. Somit ist die Ausreise unzumutbar und damit unmöglich, wenn rechtliche zielstaats- und/oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen (BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14.05 - juris Rn. 17). Zu den inlandsbezogenen Abschiebungsverboten zählen auch die Verbote, die aus Verfassungsrecht (z.B. Art. 6 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind (BVerwG, Urteil vom 27.6.2006, a.a.O.).
25 
1.) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Klägerin zu 3 die Berufung auf § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK nicht deshalb verwehrt, weil die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG nicht erfüllt worden sind. Die Klägerin zu 3 und ihre Familie haben sich zum Stichtag am 01.07.2007 nicht - wie von § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG für Familien mit minderjährigen Kindern gefordert - seit mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet aufgehalten. Sie sind zwar erstmals im Juli 1999 in das Bundesgebiet eingereist. Allerdings kann auf diesen Zeitpunkt nicht abgestellt werden, weil die Familie den Angaben im Asylfolgeverfahren zufolge nach Erlass des ablehnenden Bescheids des Bundesamts vom 29.10.1999 zunächst in der Türkei gegangen ist, um dort zu leben (siehe im Einzelnen den Schriftsatz ihres damaligen Prozessbevollmächtigten vom 28.03.2002 im Verfahren A 2 K 10431/02). In einem solchen Fall liegt keine unschädliche Unterbrechung der Aufenthaltszeiten vor (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.12.2009 - 13 S 2092/09 - juris Rn. 22 ff.; GK-AufenthG, § 104a Rn. 12 ff.). Erst mit ihrer Rücküberstellung aus Schweden am 23.01.2002 - dorthin war die Familie nach ihrer Abschiebung in den Irak durch die türkischen Behörden zum Zwecke der Asylantragstellung gereist - hat daher der für § 104a AufenthG relevante Aufenthaltszeitraum zu laufen begonnen. Aus der Existenz von Bleiberechts- und Altfallregelungen ergibt sich jedoch keine Sperrwirkung für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK (so aber Fritzsch, Die Grenzen des völkerrechtlichen Schutzes sozialer Bindungen von Ausländern nach Art. 8 EMRK, ZAR 2010, 14; Kluth/Hund/Maaßen, Zuwanderungsrecht, 2008, § 4 Rn. 661, 664). Systematisch stehen die Altfallregelungen der §§ 104a und 104b AufenthG neben § 25 Abs. 5 AufenthG (näher Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl. 2011, § 25 Rn. 78; Eckertz-Höfer, Neuere Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung zum Schutz des Privatlebens, ZAR 2008, 41, 42). Die in den Altfallregelungen normierten generalisierten Fallkonstellationen, die rechtspolitisch begründet und nicht etwa verfassungs- bzw. völkerrechtlichen Bindungen des Gesetzgebers geschuldet sind, berühren die hiervon losgelöste Einzelfallbetrachtungen auf der Grundlage der Menschenrechtskonvention nicht (vgl. auch VGH Bad-Württ., Urteil vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - juris Rn. 19 und Beschluss vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 - juris Rn. 12).
26 
a.) Mit Blick auf den Aufenthalt umfasst das Recht auf Achtung des Privatlebens die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt. Ein Eingriff in die Rechte aus Art. 8 Abs. 1 EMRK muss gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK eine in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahme darstellen, die durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und mit Blick auf das verfolgte legitime Ziel auch im engeren Sinne verhältnismäßig ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - InfAuslR 2007, 275, 277 m.w.N.). Allerdings darf die Vorschrift nicht so ausgelegt werden, als verbiete sie allgemein eine gegebenenfalls auch zwangsweise Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Nach der ständigen Spruchpraxis des EGMR lässt sich aus Art. 8 Abs. 1 EMRK grundsätzlich kein irgendwie geartetes Recht dahingehend ableiten, ein Ausländer dürfe sich einen Aufenthaltsort in einem Konventionsstaat frei wählen. Vielmehr ist den Konventionsstaaten grundsätzlich ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, ob und unter welchen Voraussetzungen sie Einwanderung in ihr Hoheitsgebiet zulassen wollen. Unter anderem in seinen Entscheidungen vom 16.09.2004 (11103/03 - - NVwZ 2005, 1046), vom 07.10.2004 (33743/03 - - NVwZ 2005, 1043) und vom 18.10.2006 (46410/99 - <Üner> - NVwZ 2007, 1279) hat der EGMR ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen bzw. abgeschoben zu werden. Die Vertragsstaaten haben vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Aufenthaltsbeendigung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden (siehe hierzu auch BVerwG, Urteile vom 09.12.1997 - 1 C 19.96 - NVwZ 1998, 742 und vom 29.09.1998 - 1 C 8.98 - NVwZ 1999, 303; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - ZAR 2006, 142 und Beschluss vom 10.05.2006 - 11 2345/05 - juris; HessVGH, Urteil vom 07.07.2006 - 7 UE 509/06 - juris und Beschluss vom 15.02.2006 - 7 TG 106/06 - InfAuslR 2006, 217; NdsOVG, Beschlüsse vom 11.05.2006 - 12 ME 138/06 - InfAuslR 2006, 329 und vom 01.09.2006 - 8 LA 101/06 - juris; OVG NRW, Beschluss vom 11.01.2006 - 18 B 44/06 -AuAS 2006, 144).
27 
Dessen ungeachtet kann nach der Rechtsprechung des EGMR unter anderem in den Sachen „Silvenko“ (Urteil vom 09.10.2003 - 48321/99 - EuGRZ 2006, 560), „Sisojeva I und II“ (Urteil vom 16.06.2005 - 60654/00 - EuGRZ 2006, 554 und Entscheidung vom 15.01.2007 - InfAuslR 2007, 140), „Rodrigues da Silva und Hoogkammer“ (Urteil vom 31.01.2006 - 50435/99 - EuGRZ 2006, 562) sowie „Mendizabal“ (Urteil vom 17.01.2006 - 51431/99 - InfAuslR 2006, 297) ausnahmsweise auch die Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung der Legalisierung des Aufenthalts einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben darstellen, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kommt danach für solche Ausländer in Betracht, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse bei gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik verbunden sind, dass sie gewissermaßen deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind, während sie mit ihrem Heimatland im Wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 - 1 C 8.96 - NVwZ 1999, 303; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - ZAR 2006, 142 und Beschlüsse vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - VBlBW 2009, 357 und vom 08.03.2010 - 11 S 48/10 -).
28 
Für diese den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnende Verbundenheit ist das Bestehen wirtschaftlicher Bindungen zwar regelmäßig typisch, aber nicht unerlässlich. Bei Kindern, die - wie die Klägerin zu 3 - der allgemeinen Schulpflicht unterliegen, nicht erwerbstätig sein dürfen und daher in wirtschaftlicher Hinsicht grundsätzlich noch keine eigenen Bindungen an die Bundesrepublik aufgebaut haben, wäre andernfalls eine Berufung auf das Recht auf Privatleben von vornherein ausgeschlossen, was der Konzeption des Art. 8 EMRK als Menschenrecht widerspräche. Wären wirtschaftliche Bindungen dem Recht auf Achtung des Privatlebens immanente Tatbestandsvoraussetzungen, so wären gerade Kinder, die diese nicht eigenständig begründen können, insoweit vom Schutz der Konvention ausgeschlossen. Dass der eigenständige Aufbau einer wirtschaftlichen Existenzgrundlage für ein schützenswertes Privatleben nicht zwingend konstitutiv sein muss, lässt sich auch aus einem Vergleich mit Art. 16 des Übereinkommens über die Rechte der Kinder (Gesetz vom 17.02.1992, BGBl II S. 121) ersehen, in dem die Vertragsstaaten ausdrücklich vereinbart haben, den Schutz des Privatlebens eines Kindes prinzipiell anzuerkennen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Gedanke der „starken persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen“ vor allem auch dazu dient, solche Konstellationen aus dem Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK „herauszufiltern“, bei denen es nicht gerechtfertigt ist, im Rahmen der Schranken des Absatzes 2 überhaupt in eine umfassende Interessens- und Verhältnismäßigkeitsprüfung einzutreten. Jedenfalls dann, wenn aber - quantitativ betrachtet - ein längerer Aufenthalt vorliegt und - unter einem qualitativen Aspekt - besondere Integrationsleistungen erbracht wurden, ist der Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnet (GK-AufenthG, § 60a Rn. 174 f.). Auch der EGMR geht etwa im Urteil vom 18.10.2006 in der Rechtssache „Üner“ (46410/99 - NVwZ 2007, 1279) von einem denkbar weiten Schutzbereich aus und erachtet als Bestandteil des Privatlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK „die Gesamtheit der sozialen Beziehungen“. Dies entspricht der europäischen Tradition des „in dubio pro libertate“.
29 
Gemessen hieran verfügt die Klägerin zu 3 über Bindungen zum Bundesgebiet, die dem Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens unterfallen. Die am 26.04.1997 geborene Klägerin zu 3 hält sich seit über acht Jahren ununterbrochen hier auf und besucht mittlerweile die 7. Klasse der Hauptschule. Ihre Fähigkeiten in der deutschen Sprache entsprechen, wie sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen konnte, denjenigen von Kindern deutscher Herkunft, die ihr in Alter und Bildungsstand vergleichbar sind. Sie verfügt über einen - auch deutsche Freunde umfassenden -Freundeskreis und ist im Vereinsleben (als Mannschaftsfußballspielerin) und auch im sonstigen gesellschaftlichen Leben (unter anderem in einem Theaterprojekt) aktiv.
30 
Selbst wenn man im Übrigen der Auffassung wäre, dass unter aufenthaltsrechtlichen Aspekten auch wirtschaftliche Bindungen für die Eröffnung des Schutzbereichs des Rechts auf Achtung des Privatlebens unerlässlich wären und bei Minderjährigen deshalb insoweit auf ihre Sorgeberechtigten abzustellen wäre, würde dies im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn beide Elternteile verfügen über hinreichend qualifizierte wirtschaftliche Kontakte. Die Klägerin zu 2 arbeitet seit 23.11.2009 bei der Metzgerei Z. als geringfügig Beschäftigte. Der Kläger zu 1 ist seit 2005 überwiegend - wenn auch in unterschiedlichem Umfang und den Lebensunterhalt nicht allein deckend - erwerbstätig.
31 
b.) Der Eröffnung des Schutzbereichs des Rechts auf Achtung des Privatlebens steht ferner nicht entgegen, dass die Klägerin zu 3 während ihres gesamten bisherigen Aufenthaltes im Bundesgebiet keinen Aufenthaltstitel besessen hat.
32 
aa.) Es ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob sich Ausländer, deren Aufenthalt stets lediglich geduldet worden ist, auf den Schutz der Achtung des Privatlebens berufen können (dies bejahend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.07.2009 - 11 S 1622/07 - juris Rn. 80 und Beschlüsse vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - juris Rn. 17, vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 - InfAuslR 2009, 72 und vom 25.10.2007 - 11 S 2019/07 - InfAuslR 2008, 29; BremOVG, Beschluss vom 22.11.2010 - 1 A 383/09 - juris Rn. 14 ff.; VG Frankfurt, Urteil vom 15.12.2009 - 7 K 1621/08.F - InfAuslR 2010, 302; VG Stuttgart, Urteil vom 26.10.2006 - 4 K 1753/06 - juris Rn. 28 f.; GK-AufenthG, § 25 Rn. 150; HK-AuslR, § 25 Rn. 56; Eckertz-Höfer, Neuere Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung zum Schutz des Privatlebens, ZAR 2008, 41, 44 f.; Bergmann, Aufenthaltsrecht aufgrund von Verwurzelung, ZAR 2007, 128 ff.; Thym, Menschenrecht auf Legalisierung des Aufenthalts?, EuGRZ 2006, 541, 546 ff.; ders., Humanitäres Bleiberecht zum Schutz des Privatlebens?, InfAuslR 2007, 133, 138; Benassi, Die Bedeutung der humanitären Aufenthaltsrechte des § 25 Abs. 4 und 5 AufenthG im Lichte des Art 8 EMRK, InfAuslR 2006, 397, 401 ff.; Hoppe, Verwurzelung von Ausländern ohne Aufenthaltstitel - Wann kann Art. 8 Abs. 1 EMRK zu einem Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG verhelfen?, ZAR 2006, 125, 128 f.; Marx, Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG wegen Verwurzelung, ZAR 2006, 261, 266; Sander, Der Schutz des Aufenthalts durch Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, 2008, S. 346; Mayer, Systemwechsel im Ausweisungsrecht - der Schutz „faktischer Inländer“ mit und ohne familiäre Bindungen nach dem Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), VerwArch 2010, 482, 523) oder ob ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet, nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht kommt (in diesem Sinne: NdsOVG, Beschlüsse vom 12.08.2010 - 8 PA 182/10 - juris Rn. 5, vom 14.05.2009 - 8 LB 158/06 - juris Rn. 24, vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris Rn. 2 und vom 01.09.2006 - 8 LA 101/06 - juris; HessVGH, Urteil vom 07.07.2006 - 7 UE 509/06 - ZAR 2006, 413; Hailbronner, Ausländerrecht, § 25 Rn. 131; Storr/Wenger/Eberle/Albrecht/Harms, Zuwanderungsrecht, 2. Aufl. 2008, § 25 Rn. 31; Fritzsch, Der Schutz sozialer Bindungen von Ausländern, 2009, S. 102 ff., 149 ff. 188 f.; ders., Die Grenzen des völkerrechtlichen Schutzes sozialer Bindungen von Ausländern nach Art. 8 EMRK, ZAR 2010, 14, 16 ff.; Bundesministerium des Innern, Bericht zur Evaluierung des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung des Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz), Juli 2006, Nr. 2.3.10.1.6, S. 80; dies offenbar grundsätzlich annehmend auch BVerwG, Urteile vom 26.10.2010 - 1 C 18.09 - juris Rn. 14 und vom 30.04.2009 - 1 C 3.08 - NVwZ 2009, 1239 Rn. 20).
33 
Soweit sich das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Auffassung, der Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 EMRK sei auch bei nur Geduldeten eröffnet, auf das Urteil des EGMR vom 16.06.2005 (60654/00 - - InfAuslR 2005, 349) berufen hat, wonach dieser explizit keine willentliche Legalisierung verlange (so etwa auch Benassi, InfAuslR 2006, 397, 403), ergibt sich das in dieser Allgemeinheit aus der Entscheidung nicht. Denn die dortigen Beschwerdeführer hatten jahrelang rechtmäßig in der früheren Sowjetunion (im Gebiet des heutigen Lettland) und auch danach noch in Lettland selbst gelebt und ihnen war erst später zum Teil als staatenlos gewordene russische Volkszugehörige ein Aufenthaltsrecht bestritten worden, nachdem sie nach 1989 sogar noch zeitlich befristete Aufenthaltstitel erhalten hatten (vgl. näher Thym, EuGRZ 2006, 541, 545 ff.). Die Entscheidung ist Teil der einzelfallbezogenen Rechtsprechung des EGMR, in der dieser bislang nicht ausdrücklich entschieden hat, ob ein - jedenfalls zeitweiliger - rechtmäßiger Aufenthalt Voraussetzung für die Begründung schutzwürdiger sozialer Bindungen ist (vgl. aus der Rechtsprechung des EGMR etwa Urteile vom 06.02.2001 - 44599/98 -, NVwZ 2002, 453, 455, vom 16.09.2004 - 11103/03 - , a.a.O., vom 07.10.2004 - 3374/03 , a.a.O. und vom 08.04.2008 - 21878/06 - ). Zwar hat der EGMR im Urteil vom 30.01.2006 (50435/99 - - a.a.O.) ausgeführt, „dass Personen, die, ohne den geltenden Gesetzen zu entsprechen, die Behörden eines Vertragsstaates mit ihrer Anwesenheit in diesem Staat konfrontieren, im Allgemeinen nicht erwarten können, dass ihnen ein Aufenthaltsrecht zugesprochen wird.“ Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, der Schutzbereich im Falle einer nicht erfolgten ausdrücklichen Legalisierung wäre von vornherein verschlossen. Das Recht der Vertragsstaaten auf Kontrolle ihrer Zuwanderung gebietet keine solche Auslegung. Ihr Recht, über die Zuwanderung von Ausländern eigenständig zu bestimmen, wird allein dadurch, dass einem Ausländer die Berufung auf den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK ermöglicht wird, nicht tangiert. Dies kann vielmehr erst Ergebnis der im Rahmen des Art. 8 Abs. 2 EMRK durchzuführenden Prüfung sein, bei der auch die Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern als legitime Ziele eines Eingriffs einzustellen sind. Der Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten selbst über Einreise- und Aufenthaltsrechte disponieren können, hat keinen Absolutheitsanspruch. Auch aus der Freizügigkeitsregelung in Art. 2 des 4. Zusatzprotokolls zur Menschrechtskonvention folgt nicht, dass die Begründung eines schutzwürdigen Privatlebens nur bei einem rechtmäßigen Aufenthalt im Vertragsstaat in Betracht kommt (so aber Fritzsch, ZAR 2010, 14, 19). Nach dessen Art. 2 Abs. 1 hat jede Person, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates aufhält, das Recht, sich dort frei zu bewegen und ihren Wohnsitz frei zu wählen. Dieses Zusatzprotokoll dient ausdrücklich dazu, „gewisse Rechte und Freiheiten zu gewährleisten, die nicht bereits in der Konvention oder im ersten Zusatzprotokoll enthalten sind“. Soweit für die Gewährung von Freizügigkeit auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts abgestellt wird, erfolgt dies mit Blick auf diese besondere Gewährleistung, dient aber nach der Intention des Zusatzprotokolls keinesfalls dazu, den Schutzbereich des bereits durch die Konvention selbst gewährten Rechts auf Achtung des Privatlebens einschränkend zu bestimmen. Eine Unterscheidung in unterschiedlich werthaltige Privatleben ist Art. 8 EMRK nicht immanent (Hoppe, ZAR 2006, 125, 127). Darüber hinaus ist ein Verständnis dahingehend, dass ein Privatleben, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine „Verwurzelung“ begründet, nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht kommt, angesichts der Schranke des Art. 8 Abs. 2 EMRK weder erforderlich noch sinnvoll. Abgesehen davon, dass diese Begrenzung des Schutzbereiches durch die Aufnahme des „Vertrauensmerkmals“ wenig konturenscharf ist, steht ein zu eng gefasster Schutzbereich einem einzelfallbezogenen gerechten Interessenausgleich oftmals entgegen und ist zudem geeignet, die Wirksamkeit des konventionsrechtlichen Schutzes zu schmälern (GK-AufenthG, § 60a Rn. 173 f. m.w.N.). Gerade bei Personen, die aus Krisengebieten kommen und bei denen über Jahre hinweg die Abschiebung ausgesetzt worden ist, verbaut eine vorschnelle Ausgrenzung aus dem Schutzbereich die Möglichkeit, den Fallkonstellationen angemessen Rechnung tragen zu können, in denen die Ausländerbehörde in der Vergangenheit über Jahre hinweg nur „Kettenduldungen“ erteilt hatte, obwohl im Grunde realistischer Weise keine Abschiebungs- und Ausreisemöglichkeit bestanden hatte. Solchen Personen, die im Hinblick auf die Verhältnisse in ihrem Heimatland geduldet werden, wird mit der Aussetzung der Abschiebung faktisch eine „Hand zum Verbleib“ gereicht; der Staat zwingt den Ausländer gerade nicht dazu, das Land seines jetzigen Aufenthalts zu verlassen (Hoppe, ZAR 2006, 125, 127). Dies zeigt sich insbesondere im vorliegenden Fall, in dem - mit Blick auf die seit 2003 herrschende Situation im Irak - zu keinem Zeitpunkt auf die Beendigung des Aufenthaltes der Klägerin zu 3 und ihrer Familie hingewirkt worden ist. Vielmehr ist ihren Eltern im Januar 2008 die Beschäftigung sogar uneingeschränkt erlaubt worden, was den weiteren Aufbau wirtschaftlicher Bindungen begünstigt. Ein weiter Schutzbereich mit einer Verlagerung der Aufenthaltsstatusfragen in die Schrankenprüfung erlaubt daher eher dem Einzelfall adäquate Lösungen als eine zu enge Definition des Schutzbereichs. Mögliche Missbrauchsfälle sind kein generelles Argument hiergegen. Zwar ist nach dem Bericht des Bundesinnenministeriums zur Evaluierung des Zuwanderungsgesetzes „die lange Aufenthaltsdauer in der Mehrzahl der Fälle der langjährig Geduldeten auf Verfahrensverschleppungen, missbräuchliche Antragstellungen und fehlende Mitwirkungsbereitschaft zurückzuführen“ (a.a.O. Nr. 2.3.10.3, S. 84). Solche Fälle können jedoch stets im Rahmen der Prüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK „ausgesondert“ werden. Eine weite Fassung des Rechts auf Achtung des Privatlebens entspricht im Übrigen auch der Grundrechtsdogmatik des Bundesverfassungsgerichts bei Art. 2 Abs. 1 GG, das insoweit ebenfalls von einem weiten Schutzbereich ausgeht (siehe etwa BVerfG, Beschluss vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 - juris).
34 
bb.) Erst recht ist im Übrigen die Eröffnung des Schutzbereichs bei Geduldeten anzunehmen, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Rechtsordnung in der Vergangenheit einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vorgesehen hat, der im Einzelfall auch zu realisieren gewesen wäre. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die seinerzeit ausländerrechtlich nicht anwaltlich vertretenen Eltern der Klägerin zu 3 - in Unkenntnis der Rechtslage - keinen entsprechenden Antrag bei der Ausländerbehörde gestellt hatten. Auch ein in der Vergangenheit nach dem Ausländerrecht bestehender, durch die Behörde aber nicht erfüllter Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, stellt eine „Handreichung des Staates“ dar.
35 
Die Kläger zu 1 bis 4 waren aufgrund der Abschiebungsandrohung mit Bescheid des Bundesamtes vom 29.10.1999 seit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens durch Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24.01.2001 vollziehbar ausreisepflichtig und ab 31.01.2002 geduldet. Nach § 30 Abs. 3 AuslG 1990 konnte einem Ausländer, der unanfechtbar ausreisepflichtig war, eine Aufenthaltsbefugnis abweichend von § 8 Abs. 1 AuslG erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 AuslG für eine Duldung vorlagen, weil seiner freiwilligen Ausreise Hindernisse entgegenstanden, die er nicht zu vertreten hatte. Die Regelung ermöglichte die Legalisierung eines schon länger geduldeten Aufenthalts, wobei als Ermessenkriterien die Schwere der zu erwartenden Beeinträchtigungen im Fall der Ausreise, die Dauer der Abschiebungshindernisse und die Art der Duldungsgründe herangezogen werden konnten (Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl. 1993, § 30 Rn. 9). Nach § 34 AuslG konnte die Aufenthaltsbefugnis für jeweils längstens zwei Jahre erteilt und verlängert werden, wobei die jeweilige Frist nach der Art der Erteilungsgründe und der Möglichkeit ihres Fortfalls zu bemessen war (Kanein/Renner, a.a.O., § 34 Rn. 2).
36 
Weshalb die Klägerin zu 3 und ihre Familie nach der Entscheidung des Bundesamts über ihren Folgeantrag mit Bescheid vom 05.02.2002 danach im Jahre 2002 und Anfang 2003 geduldet wurden, obwohl ordnungsgemäß ausgefüllte Anträge auf Ausstellung eines Passersatzes vorlagen, erschließt sich anhand der Akten nicht. Auch die Beklagte und das beigeladene Land haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hierfür keinen nachvollziehbaren Grund benennen können. In der Folgezeit waren die am 20.03.2003 im Irak begonnene Militäraktion und die danach nicht bestehenden Rückführungsmöglichkeiten ursächlich für die Aussetzung der Abschiebung (vgl. auch Schreiben des Innenministeriums vom 27.11.2003 und vom 29.07.2004 - jew. Az.:4-13-IPK/12). Nachdem im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 07.08.2003 die Rückkehrmöglichkeiten aus dem Ausland in den Irak aufgrund der von den Nachbarländern geschlossenen Grenzen verneint worden waren, wurden im Lagebericht vom 06.11.2003 die Möglichkeiten dargestellt, wie auf dem Landweg und mit welchen Dokumenten eine Einreise in den Irak erfolgen konnte (siehe im Einzelnen S. 15 f.). Eine Rückkehr über Kuwait, Iran, Türkei oder Saudi-Arabien war für aus westlichen Ländern kommende Iraker aufgrund der ganz oder jedenfalls für diesen Personenkreis immer wieder geschlossenen Grenzen praktisch nicht realisierbar. Grundsätzlich kam aber eine Einreise über Jordanien oder Syrien in den Irak in Betracht. Aus Deutschland kehrten Iraker mit Hilfe der Internationalen Organisation für Migration über Jordanien zurück (Taxi Amman - Bagdad). Auf dieser Route waren grundsätzlich irakische Pässe erforderlich. Ferner bestand die Möglichkeit, ab Damaskus mit Kleinbussen nach Bagdad zu fahren; syrische Grenzbehörden akzeptierten neben den irakischen Reisepässen auch Ersatzdokumente. In den folgenden Lageberichten des Auswärtigen Amtes (vom 07.05.2004, 02.11.2004 und 24.11.2005) wurden insoweit keine grundsätzlichen Änderungen berichtet. Zwar hätten die Klägerin zu 3 und ihre Familie danach theoretisch den Irak auf dem Landweg erreichen können, wobei die Kläger allerdings erst in ihrer Herkunftsregion Kirkuk eine notwendige Unterstützung durch dort noch lebende Verwandte hätten erlangen können. Eine freiwillige Ausreise war ihnen in Anbetracht der schon mit der Reise über den Landweg unmittelbar verbundenen Gefahren - so war etwa auf Straßenverbindungen wie beispielsweise der Straße von Bagdad nach Amman, der wichtigsten Verbindung Bagdads mit dem Ausland, ständig mit bewaffneten Überfällen zu rechnen, bei denen auch Menschen zu Tode kamen (näher Lageberichte vom 07.05.2004, S. 8 ff. und vom 02.11.2004, S. 12 ff.) - aber auch mit Blick auf die katastrophale Versorgungssituation, die sie im damaligen Irak vorgefunden hätten, nicht zumutbar gewesen. Die Klägerin zu 2 war schwanger mit der am 04.06.2004 geborenen Klägerin zu 5 und der Kläger zu 4 gerade erst fünf Jahre alt. Eine Schwangere sowie kleine Kindern sind jedoch in besonderem Maße auf die ihren Bedürfnissen entsprechende Versorgung mit sauberem Wasser und Lebensmitteln, aber auch auf die Verfügbarkeit medizinischer Hilfe angewiesen. Der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 30.04.2003 beschrieb die medizinische Versorgung, die Versorgung mit Nahrungsmitteln sowie Strom und Wasser als angespannt und kritisch (siehe im Einzelnen S. 2 f.). Die Lageberichte vom 07.08.2003 und 06.11.2003 zeichneten kein grundlegend anderes Bild. Im letztgenannten Lagebericht hieß es, dass sich die Stromversorgung nach der Besetzung des Landes drastisch verschlechtert habe, die Wasserversorgung von der schlechten Stromversorgung in Mitleidenschaft gezogen worden und weiterhin kritisch sei, die medizinische Versorgung angespannt bleibe, da viele Krankenhäuser - sofern sie überhaupt in Betrieb seien - unter schlechten hygienischen Bedingungen und mangelnder Energieversorgung litten und für die Versorgung der Bevölkerung Nahrungsmittel verteilt werden müssten. Diese Einschätzung wurde auch in den folgenden Lageberichten vom 07.05.2004 (vgl. dort S. 10 ff.), 02.11.2004 (S. 15 f., 19) und 24.11.2005 (S. 27 f.) im Wesentlichen aufrechterhalten.
37 
Selbst unter Berücksichtigung dessen, dass der Ausländerbehörde aufgrund der Veränderbarkeit persönlicher Verhältnisse und der Zustände im Herkunftsland zeitlich ein Spielraum zugebilligt werden musste, bevor die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 3 AuslG in Betracht kam, wäre eine solche unter Reduzierung des eingeräumten Ermessens auf Null jedenfalls spätestens im Laufe des Jahres 2004 zu erteilen gewesen. Dem stand nicht entgegen, dass nach dem Schreiben des Innenministeriums an die nachgeordneten Ausländerbehörden zur Rückführung irakischer Staatsangehöriger vom 27.11.2003 im Hinblick auf die grundsätzliche Möglichkeit und Zumutbarkeit einer freiwilligen Rückkehr in den Irak die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsbefugnissen nach § 30 Abs. 3 und 4 AuslG „in der Regel nicht mehr in Betracht kommt“ und nach den Angaben eines Vertreters des beigeladenen Landes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ihm landesweit kein Fall bekannt sei, in dem eine Familie, die sich in einer dem vorliegenden Fall vergleichbaren Situation befand, Aufenthaltsbefugnisse erhalten hätte. Denn ein Anspruch der Klägerin zu 3 und ihrer Familie auf - zeitweilige - Legalisierung ihres Aufenthalts hätte sich - auch als Ausnahmefall von der grundsätzlichen Zumutbarkeit im Sinne des Erlasses des Innenministeriums - unmittelbar aus § 30 Abs. 3 AuslG ergeben.
38 
Die Realisierbarkeit dieses Anspruchs wäre auch nicht aufgrund von § 11 Abs. 1 AuslG 1990 zu verneinen gewesen. Danach konnte einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hatte, vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine Aufenthaltsgenehmigung außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es forderten. Die Vorschrift war zwar auf das von den Eltern der Klägerin zu 3 im Januar 2002 in Gang gesetzte Asylfolgeverfahren anwendbar (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.04.1996 - 11 S 156/96 - InfAuslR 1996, 303, 304), das bestandskräftig erst mit dem Beschluss des erkennenden Gerichtshofs vom 30.08.2006 abgeschlossen wurde. Allerdings hätten - nach entsprechendem Hinweis der Ausländerbehörde - die seinerzeit ausländerrechtlich nicht anwaltlich vertretenen Eltern der Klägerin zu 3 den Asylfolgeantrag zurücknehmen und damit die „Sperrwirkung“ des § 11 Abs. 1 AuslG beseitigen können.
39 
cc.) Selbst wenn man im Übrigen der Auffassung wäre, ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte begründet, komme grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht, gebietet der vorliegende Fall eine Ausnahme von diesem Grundsatz. Die Klägerin zu 3 verfügt mit Blick auf die Situation im Irak seit vielen Jahren über jeweils auf drei Monate befristete Duldungen, die nahtlos ineinander übergehen. Diese „Kettenduldungen“ haben ihre Ursache nicht in einer mangelnden Mitwirkung an der Aufenthaltsbeendigung oder in einem sonstigen rechtsmissbräuchlichen Verhalten, waren doch Passanträge ausgefüllt worden. Ihnen liegt vielmehr zugrunde, dass der Staat es der Ausländerin gerade nicht zumutet, in ihr Heimatland zurückzukehren, in dem er auch selbst nichts unternahm oder unternimmt, eine Aufenthaltsbeendigung zwangsweise durchzusetzen. Einem auf der Grundlage derartiger „zweitklassiger Aufenthaltstitel“ (vgl. Bergmann, ZAR 2007, 128, 129) gelebten Privatleben den Schutz des Art. 8 EMRK von vornherein zu versagen, wäre konventionswidrig.
40 
2.) Ein Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Privatleben der Klägerin zu 3 liegt darin, dass ihr eine Rückkehr in die Lebensverhältnisse ihres Herkunftsstaats nicht mehr zumutbar ist und durch die Vorenthaltung eines Aufenthaltstitels ihr Privatleben unverhältnismäßig beeinträchtigt wird.
41 
a.) Zwar ist nicht ersichtlich, dass das beigeladene Land derzeit oder in absehbarer Zeit eine Aufenthaltsbeendigung der Klägerin zu 3 und ihrer Familie anstreben und ihre Abschiebung in den Irak in die Wege leiten würden. Im vorliegenden Fall reicht jedoch eine Duldung nicht aus, um der Konvention zu entsprechen (vgl. näher Eckertz-Höfer, ZAR 2008, 41, 43; Bergmann, ZAR 2007, 128, 131). Die Duldung begrenzt den Aufenthalt der Klägerin zu 3 kraft Gesetzes auf das Land Baden-Württemberg (§ 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Zusätzlich ist die Wohnsitznahme in Stuttgart angeordnet (vgl. die der Klägerin zu 3 zuletzt am 11.10.2010 ausgestellte Duldungsbescheinigung). Will sie sich - und sei es auch nur kurzzeitig - außerhalb Baden-Württembergs aufhalten, bedarf es nach § 12 Abs. 5 AufenthG der vorherigen Erteilung einer Erlaubnis, die nach Satz 2 grundsätzlich im Ermessen der Ausländerbehörde steht und auf die nur in den engen Grenzen des Satzes 3 ein Rechtsanspruch besteht. Ein spontanes vorübergehendes Verlassen des auf der Grundlage des Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs ist außer in den im Leben der Klägerin zu 3 praktisch nicht relevant werdenden Fällen des § 12 Abs. 5 Satz 3 AufenthG (Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen das persönliche Erscheinen des Ausländers erforderlich ist) nicht möglich. Gerade alterstypische Aktivitäten, an denen sie regelmäßig teilnimmt, wie (Schul-)ausflüge, Ferienfreizeiten oder Fußballturniere, sind - sofern sie außerhalb Baden-Württembergs stattfinden - für sie auf der Grundlage einer Duldung gar nicht oder jedenfalls nur mit erheblichem (Verwaltungs-)Aufwand realisierbar. Ohne Aufenthaltserlaubnis bleibt ihr etwa die im Frühling 2011 vorgesehene Teilnahme ihres Vereins an einem Mädchenfußballturnier in Spanien, wovon die Klägerin zu 3 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat berichtet hat, in jedem Fall verwehrt. Aktivitäten und soziale sowie gesellschaftliche Bindungen, die schon jetzt für ihr Privatleben konstitutiv sind (siehe nachfolgend 3.), und die mit fortschreitendem Alter bei einem Heranwachsenden für seine Sozialisation und Entwicklung der Persönlichkeit von wachsender Bedeutung werden, kann die Klägerin zu 3 nur auf der Grundlage eines legalisierten Aufenthalts in einer dem Recht auf Privatlebenden genügenden Weise „ausleben“. Im Übrigen leidet die Klägerin zu 3 auch psychisch in einer ihr Privatlebenden beeinträchtigenden Weise unter der seit Jahren andauernden, ungewissen und unsicheren aufenthaltsrechtlichen Situation. Dies ergibt sich insbesondere aus der Stellungnahme der PBV vom 09.04.2010. In dieser heißt es, dass das Mädchen unter anderem auf die langjährige Unsicherheit, hier in Deutschland bleiben zu dürfen mit einer längeren, phasenweise verlaufenden Anpassungsstörung reagiert und ein sicherer Aufenthaltsstatus für eine stabile Psyche notwendig ist.
42 
b.) Ob der Eingriff in das geschützte Privatleben der Klägerin zu 3 im konkreten Einzelfall im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, insbesondere verhältnismäßig ist, ist bei der im Alter von 4 Jahren eingereisten Klägerin zu 3 nach ähnlichen Kriterien zu prüfen, wie sie normalerweise bei Einwanderern der zweiten Generation angewendet werden (EGMR, Urteil vom 27.10.2005 - 32231/02 - InfAuslR 2006, 3). Insoweit ist das öffentliche Interesse an der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) mit dem Interesse der Klägerin zu 3 an der Aufrechterhaltung ihrer faktisch gewachsenen und von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten privaten Bindungen im Bundesgebiet abzuwägen. Erforderlich ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Beachtung der vom EGMR entwickelten Kriterien, die im Wesentlichen in den Entscheidungen Boultif und Üner zusammengefasst worden sind (EGMR, Urteile vom 02.08.2001 - 54273/00 - InfAuslR 2001, 476 und vom 05.07.2005 - 46410/99 <Üner> -InfAuslR 2005, 450). Maßgebend sind dabei vor allem die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, der Stand der gesellschaftlichen und sozialen Integration (Sprachkenntnisse, Schule/Beruf, Freizeitgestaltung/Freundeskreis), das Fehlen von Straftaten sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse und Beziehungen. Hierbei kommt es zunächst auf den jeweiligen Grad der „Verwurzelung“ an; je stärker der Betroffene im Aufenthaltsstaat integriert ist, desto schwerer müssen die öffentlichen Interessen wiegen (vgl. auch EGMR, Urteil vom 22.06.2006 - 59643/00 - ). Weiter ist auf den Grad der „Entwurzelung“ abzustellen, d. h. auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Reintegration im Herkunftsstaat, insbesondere aufgrund der Vertrautheit mit den dortigen Verhältnissen und den dort lebenden und aufnahmebereiten Verwandten sowie der Hilfe durch die Eltern bei Minderjährigen. Schließlich können im Rahmen der Schrankenprüfung sonstige Faktoren Berücksichtigung finden, etwa ob und gegebenenfalls wie lange der Aufenthalt des Betroffenen legal war und damit - im Sinn einer „Handreichung des Staates“ - schutzwürdiges Vertrauen auf ein „Hierbleibendürfen“ entwickelt werden konnte (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - juris Rn. 20 und vom 08.03.2010 - 11 S 48/10 -; Renner, a.a.O., § 25 Rn. 80 ff.).
43 
3.) Die im April 1997 geborene Klägerin zu 3 hält sich seit Januar 2002 ununterbrochen in Deutschland auf und hat daher etwa zwei Drittel ihres Lebens hier verbracht. Sie besucht derzeit die 7. Klasse Hauptschule der Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule H. Ihre Fähigkeiten in Deutsch entsprechen denjenigen gleichaltriger Hauptschüler deutscher Herkunft. Ihre Klassenlehrerin bewertet in einer Stellungnahme vom 22.09.2010 die Kenntnisse der Klägerin zu 3 in Deutsch in Wort und Schrift mit „befriedigend“. Dies entspricht auch der Zeugnisnote im Versetzungszeugnis zum Ende des Schuljahres 2009/10. In der aktualisierten Stellungnahme vom 27.11.2010 führt die Klassenlehrerin aus, die Klägerin zu 3 beherrsche die deutsche Sprache in Wort und Schrift, sie könne sich mittlerweile sicher ausdrücken und habe auch ihr Leseverständnis stark verbessert. Dass sich die Klägerin zu 3, die in ihrer Freizeit inzwischen auch Bücher liest, ihrem Alter und Bildungsstand entsprechend sicher in der deutschen Sprache bewegt, hat auch ihre Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gezeigt. Soweit ihr eine kontinuierliche Verbesserung in Deutsch und auch in den übrigen Schulfächern, die im letzten Zeugnis mit Noten von „gut“ bis „ausreichend“ bewertet worden sind, vor allem bisher deshalb gelungen ist, weil sie die Hilfe einer Hausaufgabenbetreuung in Anspruch nehmen kann, steht dies der positiven Bewertung ihrer Deutschkenntnisse und schulischen Leistungen im Rahmen der Würdigung als Integrationsmerkmal nicht entgegen. Denn die Inanspruchnahme von Hilfe bei den Hausaufgaben ist mittlerweile für deutsche Schüler ebenfalls nichts Ungewöhnliches. Ausweislich der Stellungnahmen der Klassenlehrerin vom 27.11.2010 und 22.09.2010 ist die Klägerin zu 3, die in diesem Jahr von ihren Mitschülern zum zweiten Mal als Klassensprecherin gewählt worden ist, auch stets bereit, Aufgaben zum Wohl der Klasse oder der Schule zu übernehmen und engagiert sich sehr für die Interessen der Schüler. Zudem ist sie von den Klassensprechern der Schule in das drei Schüler umfassende Team der Schülervertretung gewählt worden, das auch Mitglied der Schulkonferenz ist (vgl. die Bestätigung der Schulleitung der GHS H. vom 10.11.2010).
44 
Die Klägerin zu 3 ist auch außerhalb ihres Schulalltags fest in die sozialen und gesellschaftlichen Lebensverhältnisse der Bundesrepublik eingebunden. Sie hat einen - auch deutsche Freunde umfassenden - Freundeskreis, mit dem sie in ihrer Freizeit ins Schwimmbad geht oder an organisierten Jugendprojekten teilnimmt. Nach den schriftlichen Berichten eines Diplomsozialpädagogen vom Schülercafé Alberta - Offener Treff für Kinder und Jugendliche und Soziale Schülerbetreuung - vom 28.04.2010, vom 04.10.2010 und vom 07.12.2010 komme die Klägerin zu 3 häufig zu verschiedenen Angeboten des Schülercafés, dessen Schwerpunkt offene Angebote, Hausaufgabenbetreuung, Ferienprogramme und Freizeiten seien. Die Klägerin zu 3 treffe dort ihre Freundinnen aus dem Stadtbezirk und beteilige sich aktiv an den verschiedenen Programmen. Auch an dem Kooperationsprojekt MISS (Mädchen im Stadtbezirk ...) mit dem Jugendhaus ... und der Mobilen Jugendarbeit nehme sie regelmäßig teil. Sie habe einen Workshop zum Thema Selbstbehauptung besucht sowie an einem Fußballturnier und einem Bootsausflug für Mädchen teilgenommen. Den genannten Berichten zufolge ist sie voll in ihren Freundeskreis integriert, bringt sich persönlich und aktiv in das soziale Geschehen ein und übernimmt für sich und die Gruppe Verantwortung in Konfliktfällen. Ferner nimmt die Klägerin zu 3 seit April 2010 regelmäßig an einem integrativen Jugendtheaterprojekt teil, an dem Schülerinnen und Schüler verschiedener Nationalität und aus den unterschiedlichsten Schulformen von Förderschule bis zum Gymnasium beteiligt sind (vgl. hierzu die Teilnahmebestätigung des Jugendhauses ... vom 10.12.2010). Die Klägerin zu 3 ist auch bereits bei verschiedenen Ferienfreizeiten gewesen, unter anderem - nach ihren Angaben als einziges ausländisches Kind - an einer von der Caritas organisierten Jugendfreizeit in .... Sie spielt seit Sommer 2009 Fußball in einer Mädchenmannschaft. Nach der Bescheinigung des Jugendleiters des TSV H. vom 01.05.2010 nimmt sie seitdem regelmäßig am Trainings- und Verbandsspielbetrieb der Mädchenfußballmannschaft der C-Juniorinnen teil, zeigt ihre Integrationsbereitschaft und akzeptiert die Mannschafts- und Spielregeln.
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Auch im Übrigen lebt die Klägerin zu 3 - wie ihre Angaben in der mündlichen Verhandlung verdeutlicht haben - in einer Weise, wie sie auch unter Gleichaltrigen deutscher Herkunft praktiziert wird. Sie erhält mittlerweile Klavierunterricht und hört am liebsten Musik der Richtung „Hip hop“. Sie schaut in ihrer Familie oder gemeinsam mit Freunden und Freundinnen Fernsehsendungen deutscher Privatsender. Die Klägerin zu 3 kleidet sich in einer Art, wie sie auch unter jungen deutschen Mädchen üblich ist. Sie geht mit einem Bikini ins Schwimmbad und trägt kurze Hosen sowie dekolletierte Oberbekleidung.
46 
Der Bewertung der Integration in gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht als außerordentlich gelungen steht nicht entgegen, dass die - nicht strafmündige - Klägerin zu 3 am 20.03.2010 wegen Körperverletzung angezeigt worden ist und ihr Verhalten in Konfliktsituationen - so etwa im Versetzungszeugnis zum Ende des Schuljahres 2008/09 zu lesen - als „nicht immer der Situation angepasst“ beschrieben wird. Diese Handlungen der Klägerin zu 3 sind nicht Ausdruck einer integrationsfeindlichen Gesinnung, sondern durch eine der Behandlung bedürfenden Verhaltensproblematik bedingt.
47 
Die Klägerin zu 3 hat wegen einer generalisierten Angststörung des Kindesalters und einer mittelgradigen depressiven Episode mit somatischem Syndrom von 29.08.2007 bis 17.09.2008 eine ambulante Psychotherapie absolviert, die vom Gesundheitsamt der Beklagten befürwortet worden war. Wegen einer drastischen Verschlechterung der Symptome (suizidale Vorstellungen und Gedanken) ist die Therapie ab 08.04.2009 wieder aufgenommen worden (vgl. näher PBV, Kurzbericht vom 25.10.2007, Bescheinigung vom 19.05.2009 und Zwischenbericht vom 09.04.2010). Das Gesundheitsamt der Beklagten hat unter dem 18.08.2009 ausgeführt, eine Langzeittherapie sei als Verhaltenstherapie wegen der Schwere des Krankheitsbildes und der bisher nicht erfolgten Stabilisierung des Mädchens medizinisch sinnvoll und begründet. Nach dem Bericht der PBV vom 09.04.2010 ist Grund für die erneute Therapieaufnahme eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion und eine massive Problematik im Bereich des Sozialverhaltens gewesen; es lägen aggressive und dissoziale Züge vor, d.h. Nichtbefolgen von Regeln und Vorschriften der Lehrer, zahlreiche Streitigkeiten mit Mitschülern mit massiven verbalten Attacken und handgreiflichen Auseinandersetzungen. Vermutlich stünden die Schwierigkeiten im Sozialkontakt in engem Zusammenhang mit massiven häuslichen Konflikten und Spannungen. Allerdings heißt es in dem genannten Bericht auch, dass sich durch die regelmäßigen Therapiebesuche deutliche Verbesserungen zeigten; die Lehrerin habe diese ebenfalls im letzten Lehrergespräch benannt. Diese positive Entwicklung spiegelt sich auch in den Beurteilungen der Schule wieder. Das Versetzungszeugnis zum Ende der Klasse 6 bescheinigt der Klägerin zu 3, dass es ihr immer besser gelinge, die Ordnung des Schulalltags einzuhalten; ferner arbeite sie mit anderen Kindern zusammen und bei Auseinandersetzungen sei sie zunehmend in der Lage, Kompromisse zu schließen. In ihrer Stellungnahme vom 27.11.2010 führt die Klassenlehrerin aus, es gelinge der Schülerin im Umgang mit Mitschülern und Lehrern immer besser, den angemessenen Ton zu treffen und ihr Temperament zu beherrschen. Daran arbeite sie hart und habe bemerkenswerte Fortschritte gemacht. In diesen Kontext ist auch die Anzeige des Vaters einer Freundin der Klägerin zu 3 einzuordnen. Nach einer Mitteilung der Polizeirevierstation ... an die Beklagte vom 18.10.2010 ist die Klägerin zu 3 wegen einer am 20.03.2010 begangenen Körperverletzung angezeigt worden. Zwischen ihr und ihrer Freundin sei es zu einem Streit gekommen, in dessen Verlauf sie ihre Freundin mehrfach gegen den Oberschenkel getreten habe. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat mit Verfügung vom 02.11.2010 von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach § 152 Abs. 2 StPO abgesehen. Die Klägerin zu 3 hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausführlich geschildert, wie es zu dieser - letztlich handgreiflich verlaufenden - Auseinandersetzung auf einem Spielplatz gekommen ist, bei der sich beide Mädchen zuvor mit „Matsch“ bespritzt hatten. Beide Kinder sind nach wie vor miteinander befreundet. Die von der Schulsozialarbeiterin in ihrem Bericht über die Klägerin zu 3 vom 29.11.2010 vorgenommene Wertung, zwischen den beiden Mädchen bestehe eine sehr intakte und stabile Freundschaft und bei der Anzeige habe es sich um ein bedauerliches Missverständnis gehandelt, umschreibt die Situation zutreffend.
48 
In wirtschaftlicher Hinsicht liegt keine eigene Integrationsleistung der Klägerin zu 3 vor. Aufgrund ihres Alters unterliegt sie noch der allgemeinen Schulpflicht. Ob die Klägerin zu 3, der die Klassenlehrerin „aus schulischer Sicht gute Perspektiven für ein Leben in Deutschland“ bescheinigt, einmal erfolgreich die Schule abschließen und auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen wird, steht naturgemäß noch nicht fest. Dies führt allerdings nicht dazu, dass die Frage nach wirtschaftlichen Bindungen bei Minderjährigen für die Feststellung des Ausmaßes ihrer Eingliederung in die deutschen Lebensverhältnisse generell obsolet wäre. Die Klägerin zu 3 hat nach der deutschen Rechtsordnung einen Unterhaltsanspruch gegen ihre Eltern (§ 1601 BGB), so dass es insoweit auf deren Unterhaltsleistung und damit inzident auf deren wirtschaftliche Integration ankommt (GK-AufenthG, § 60a Rn. 188; gegen eine isolierte Betrachtung Minderjähriger auch SaarlOVG, Urteil vom 15.10.2009 - 2 A 329/09 - juris Rn. 39). Dabei ist nicht allein maßgebend, ob der Unterhaltsbedarf der Klägerin zu 3 - rechnerisch gesehen - kontinuierlich von ihren Eltern erfüllt worden ist und wird. Für die Frage der wirtschaftlichen Integration sind auch die Unterhaltsansprüche ihrer ebenfalls minderjährigen Geschwister sowie der Bedarf der Eltern einzustellen (vgl. auch §§ 1609, 1603 Abs. 2 BGB). Die Kläger zu 1 und 2 sind zwar derzeit in der Lage, die Lebenshaltungskosten der Familie - ermittelt auf der Grundlage des Asylbewerberleistungsgesetzes - zu bestreiten und erhalten keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mehr (vgl. insoweit noch Bescheid des Sozialamtes der Beklagten vom 14.09.2010 sowie die Mitteilung unter dem 18.10.2010, dass die Leistungen nunmehr eingestellt worden sind). Diese erst in den letzten Monaten eingetretene positive Entwicklung ist jedoch noch nicht hinreichend verfestigt, insbesondere ist eine unumkehrbare Verankerung der Kläger zu 1 und 2 in den deutschen Arbeitsmarkt und eine auskömmliche Sicherung des Bedarfs der Familie noch nicht anzunehmen.
49 
Die Kläger leben nach wie vor in einer Wohnung einer städtischen Asylunterkunft, für die Benutzungsgebühren erhoben werden. Die Familie hat ihren Lebensunterhalt im Bundesgebiet in der Vergangenheit überwiegend durch volle oder jedenfalls aufstockende Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz finanziert, wobei die monatlichen Sozialleistungen unterschiedlich hoch gewesen sind und zwischen 300 EUR und 1176 EUR betragen haben (vgl. im Einzelnen die Auflistung Bl. 166 der Ausländerakte für den Kläger zu 1). Erst seit Januar 2008 ist die Beschäftigung der Kläger zu 1 und 2 uneingeschränkt erlaubt. Die Klägerin zu 2 arbeitet seit 23.11.2009 bei der Metzgerei Z. vormittags als Putzhilfe und bezieht eine Entlohnung als geringfügig Beschäftigte. Soweit die Klägerin zu 2 - insoweit entgegen dem Inhalt der Bescheinigung ihres Arbeitgebers vom 08.12.2010 und der Verdienstabrechnung vom September 2010, die ausdrücklich den 23.11.2009 als Eintrittsdatum ausweisen - in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat, sie sei seit etwa einem halben Jahr dort beschäftigt, handelt es sich offensichtlich um ein sprachliches Missverständnis. Je nach Arbeitsanfall erhält sie zwischen 322 und 399 EUR netto im Monat, im Durchschnitt etwa 370 EUR. Wie sie im Einzelnen erläutert hat, hat sie einen zeitgleich vormittags stattfindenden Integrationskurs abgebrochen, um - mangels realisierbarer Beschäftigungsalternativen - diese Arbeit aufnehmen zu können. Der Kläger zu 1 ist seit Januar 2005 verschiedenen Beschäftigungen nachgegangen, unter anderem als Fahrzeugpfleger bei der Firma B. Automobile, deren Umfang jedoch durch die beschränkte Zustimmungsentscheidung der Agentur für Arbeit ausweislich der Duldungsbescheinigungen vom 03.01.2005 bzw. 12.10.2005 auf zwanzig, später auf zehn Wochenstunden begrenzt gewesen ist. Zum 31.05.2006 hat die Firma B. dem Kläger zu 1 fristlos gekündigt. Von Januar bis März 2008 hat er mit einem monatlichen Auszahlungsbetrag zwischen 243,97 und 522,79 EUR gearbeitet. Ab 01.06.2008 ist der Kläger zu 1 mit einem monatlichen Brutto-Lohn von 1.385 EUR in Vollzeit bei einer Kfz-Werkstatt tätig gewesen. Dieses Arbeitsverhältnis ist zum 31.01.2009 aus betrieblichen Gründen gekündigt worden. Seit 01.09.2010 arbeitet der Kläger bei „...“ mit einer 40-Stunden-Woche als Hilfskraft im Gebrauchtwagenhandel und erhält monatlich 1.253,53 brutto (=1.000 EUR netto). Zusätzlich arbeitet er seit September 2010 als Aushilfe bei R. S. Baustahlarmierungen und bezieht hier monatlich 392,40 EUR.
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Für ein dauerhaftes wirtschaftliches „Fußfassen“ im Bundesgebiet ist es nicht zwingend erforderlich, dass die ausgeübte Tätigkeit eine besonders qualifizierte Berufstätigkeit darstellt. Auch kommt es letztlich nicht darauf an, dass der Kläger zu 1 in seiner Erwerbsbiographie stets Arbeitgeber ausländischer Herkunft gehabt hat und dass - gemessen an der gesamten Aufenthaltsdauer in Deutschland - erst relativ spät eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufgenommen worden ist. Allerdings kann von einer wirtschaftlich tragfähigen selbstständigen Existenzgrundlage allenfalls dann ausgegangen werden, wenn die Lebensphase des Bezugs von Sozialleistungen dauerhaft überwunden ist. Zur Feststellung der wirtschaftlichen Integration ist es dabei erforderlich, dass die Betroffenen, sofern - wie hier - kein nennenswertes Vermögen vorliegt, regelmäßige Einnahmen erzielen, die vom Umfang und der Stetigkeit ihres Zuflusses über den Regelbedarfssätzen nach den SGB II oder XII liegen und nicht etwa ständig um diese Grenzen oszillieren (näher GK-AufenthG, § 60a Rn 184 ff.). Ausgehend davon ist noch keine wirtschaftliche Verfestigung im Bundesgebiet gegeben.
51 
Die Kläger zu 1 und 2 erwirtschaften derzeit gemeinsam etwa 1.762 EUR monatlich. Dem steht rechnerisch ein Bedarf von etwa 2.117 EUR gegenüber. Dabei sind der Freibetrag für Erwerbstätige nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II und die Werbungskostenpauschale nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II noch nicht berücksichtigt. Der sich nach dem SGB II ergebende Unterhaltsbedarf für die Kläger zu 1 und 2 beträgt je 323 EUR (vgl. § 20 Abs. 3 SGB II, 90 % von der Regelleistung 359 EUR). Für die drei Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren sind jeweils 251 EUR anzusetzen (70 % von der Regelleistung 359 EUR, vgl. § 28 SGB II). Insgesamt beträgt der Unterhaltsbedarf der Kläger 1.399 EUR. Hinzukommen die Kosten für die Unterkunft, die das Sozialamt der Beklagten im Bescheid über die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz vom 14.09.2010 pro Person der Bedarfsgemeinschaft mit einer Grundmiete von 143,76 EUR angesetzt hat, insgesamt 718,80 EUR. Dieser Betrag entspricht dem Höchstbetrag, der für Paare mit zwei oder mehr zum Haushalt angehörenden unverheirateten Kindern als Gebühr für die Benutzung der Flüchtlingsunterkunft erhoben werden darf (vgl. die Satzung der Beklagten über die Benutzung von Unterkünften des Sozialamts für Wohnsitzlose und Flüchtlinge vom 25.03.2010 - abrufbar unter www.stuttgart.de). Auch ist zu bedenken, dass die Kläger zu 1 und 2 keine in Deutschland anerkannten Berufsausbildungen haben und lediglich als Hilfskräfte beschäftigt sind, mithin auf Positionen, die in besonderem Maße vom Verlust des Arbeitsplatzes bei konjunkturellen Schwankungen bedroht sind. Des Weiteren sind auch die Deutschkenntnisse des Klägers zu 1 nach dem Eindruck des Senats noch nicht von einer solchen Qualität, dass er jede für ihn in Frage kommende Tätigkeit annehmen und daher den Verlust eines Arbeitsplatzes kurzfristig kompensieren könnte. Er versteht zwar - wie seine Reaktionen in der Berufungsverhandlung gezeigt haben - Deutsch jedenfalls teilweise und kann sich nach Angaben seiner Prozessbevollmächtigten auch auf einfache Art in Deutsch unterhalten. Allerdings ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seine Anhörung nur mit Hilfe eines Dolmetschers möglich gewesen. Dass die Klägerin zu 2, die sich - wie ihre Anhörung ergeben hat - flüssig auf einfache Art und Weise verständlich machen kann, ihre Beschäftigung zukünftig ausdehnen kann und wird, lässt sich nicht verlässlich annehmen. Ausweislich der Stellungnahme der PBV vom 06.05.2009 sieht sie sich an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in zeitlich längerem Umfang dadurch gehindert, dass ihr Ehemann nicht zuverlässig nach den Kindern schaue. Insgesamt gesehen verfügen die Eltern der Klägerin zu 3 zwar durchaus über wirtschaftliche Bindungen, eine in wirtschaftlicher Hinsicht gelungene Integration der Kläger zu 1 und 2 liegt jedoch noch nicht vor.
52 
Weiter ist zu ihren Lasten zu berücksichtigen, dass ihr Aufenthalt nach der Rücküberstellung in das Bundesgebiet im Januar 2002 nie durch einen Aufenthaltstitel legalisiert worden ist. Der Klägerin zu 3 und den übrigen Familienmitgliedern ist verbal in der jeweils ausgestellten Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung stets vor Augen geführt worden, dass die Duldung keinen Aufenthaltstitel darstellt und deren Inhaber vollziehbar ausreisepflichtig ist. Aber auch mit Blick auf diesen tendenziell eher gegen die Führung eines schutzwürdigen Privatlebens sprechenden Umstand ist in der Gesamtschau der für die Feststellung des Ausmaßes der Integration relevanten - jeweils für und gegen die Klägerin zu 3 - streitenden Faktoren davon auszugehen, dass sie in erheblichem und schutzwürdigem Maße im Bundesgebiet „verankert“ ist.
53 
4.) In Ansehung des erreichten Integrationsstandes ist der Klägerin zu 3 nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch mit Blick auf den stets nur geduldeten Aufenthalt eine Rückkehr in den Irak nicht zuzumuten.
54 
a.) Die Klägerin zu 3 ist seit ihrem 5. Lebensjahr nicht mehr im Irak gewesen und hat aus eigenem Erleben keine Erinnerung an dieses Land. Die Lebensverhältnisse im Irak kennt sie allenfalls aus Erzählungen ihrer Eltern oder aus dem kurdischen Fernsehen. Sie kann sich zwar in Sorani mündlich verständigen, in schriftlicher Form fehlt es jedoch an Kenntnissen einer im Irak üblichen Sprache. Allerdings gilt für minderjährige Kinder der Grundsatz, dass bei der Frage der Zumutbarkeit der Rückkehr in den Heimatstaat entscheidend auf die Eltern und deren Hilfestellung abzustellen ist. Die familien- und aufenthaltsrechtliche Stellung minderjähriger Kinder gebietet es, dass diese prinzipiell aufenthaltsrechtlich das Schicksal der Eltern teilen (zu dieser sog. familienbezogenen Gesamtbetrachtung VGH Bad.-Württ., Urteile vom 09.12.2009 - 13 S 2092/09 - juris Rn. 31, vom 22.07.2009 - 11 S 1622/07 -juris Rn. 81 und vom 27.06.2006 - 11 S 951/06 - VBlBW 2006, 442 sowie Beschlüsse vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - juris und vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 -; NdsOVG, Beschluss vom 16.03.2010 - 8 ME 47/10 - juris Rn. 3; VG Stuttgart, Urteile vom 20.07.2006 - 4 K 921/06 - juris Rn. 57 und vom 26.10.2006 - 4 K 1753/06 - juris Rn. 39, 47; VG Koblenz, Urteile vom 11.01.2010 - 3 K 74/09.KO - juris Rn. 64 und vom 08.02.2010 - 3 K 206/09.KO - juris Rn. 79; GK-AufenthG, § 60a Rn. 179, 192; ein dogmatisch anderer Ansatz findet sich - allerdings in anderer Konstellation - in der Rechtsprechung des EuGH, vgl. Urteil vom 19.10.2004 - Rs. C-200/02 - InfAuslR 2004, 413). Das durch Art. 6 GG geschützte elterliche Sorgerecht umfasst unter anderem die Personensorge für das minderjährige Kind, die die Eltern auch dazu berechtigt, seinen Aufenthalt zu bestimmen (vgl. §§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Dieses umfassende Recht der Eltern schränkt rechtlich zugleich das Selbstbestimmungsrecht des Minderjährigen ein. Dieser ist nicht berechtigt, seinen Aufenthaltsort selbstständig und frei zu wählen. Dass Kinder mit zunehmendem Alter an Eigenständigkeit gewinnen, ändert an der Personensorge und dem hieraus folgenden Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern bis zum Eintritt der Volljährigkeit nichts. Diese rechtliche Ausgangssituation prägt auch die nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung. Bei einem minderjährigen Kind ist daher maßgeblich die Situation der Eltern in den Blick zu nehmen. Steht den Eltern wegen deren mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland bzw. fehlender „Entwurzelung“ über Art. 8 EMRK kein Aufenthaltsrecht zu, so ist davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger, der im Bundesgebiet geboren ist und/oder dort lange Zeit gelebt hat und hier integriert ist, auf die von den Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden kann. Eine prinzipiell andere Sichtweise würde dazu führen, dass minderjährige Kinder ihren nicht - oder jedenfalls nicht zulänglich - integrierten Eltern ein Aufenthaltsrecht verschaffen würden, obwohl diesen selbst eine Rückkehr in das Herkunftsland ohne weiteres zumutbar wäre. Im Ergebnis würden damit die Eltern das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer minderjährigen Kinder teilen, was mit den im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 EMRK ebenfalls einzustellenden einwanderungspolitischen Interessen des Staates grundsätzlich nicht in Einklang zu bringen ist (vgl. auch NdsOVG, Urteil vom 29.01.2009 - 11 LB 136/07 - juris Rn. 75).
55 
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es jedoch gebieten, seinerseits Ausnahmen von der familieneinheitlichen Betrachtung zu machen. Ist kein Elternteil trotz der ihm aus seiner Stellung als Personensorgeberechtigter erwachsenden Pflichten in der Lage, die notwendige Hilfe bei der (Re-) Integration in den Herkunftsstaat zu erbringen, so fehlt der familienbezogenen Gesamtbetrachtung regelmäßig die Grundlage. Darüber hinaus kommt eine Ausnahme mit Blick auf die Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Wertvorstellungen dann in Betracht, wenn aufgrund der spezifischen Verhältnisse im Land der Staatsangehörigkeit ein „Einleben“ dort nur unter Inkaufnahme einer gravierenden Änderung der bisherigen Persönlichkeit und der durch diese bedingten Lebensführung möglich wäre. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn in Deutschland heranwachsende Mädchen durch die hier erfolgte Sozialisation in einer Art und Weise geprägt sind, dass eine Verweisung auf ein Leben in ihrem Passstaat sie zwingen würde, ihre bisherige Identität und ihr Verständnis von der Bedeutung der Frau aufgeben zu müssen, weil die traditionelle Rolle der Frau und insbesondere ihre Stellung in der Öffentlichkeit in dem dortigen Gesellschaftssystem in unüberbrückbarem Gegensatz zu den auch von ihr im Bundesgebiet praktizierten Lebensverhältnissen stehen (GK-AufenthG, § 60a Rn 191; Bergmann, ZAR 2007, 128, 132). Diese Ausnahme trifft auf die Klägerin zu 3 zu.
56 
b.) Zwar wird die Klägerin zu 3 erst in einigen Monaten 14 Jahre alt. Sie ist jedoch ungeachtet ihres Alters in der hiesigen Gesellschaftsordnung und in ihren Wertvorstellungen in einer Weise „verwurzelt“, dass ihr eine Rückkehr in den Irak aufgrund der dort derzeit landesweit herrschenden Verhältnisse vor allem mit Blick auf die Situation von Frauen und Mädchen nicht zugemutet werden kann.
57 
aa.) Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 28.11.2010 hat sich die Sicherheitslage im Irak zwar erheblich verbessert, sie ist aber im weltweiten Vergleich immer noch verheerend. Danach kommt es immer noch wöchentlich zu ca. 200 Anschlägen, bei denen im Schnitt pro Woche ca. 150 Todesopfer zu beklagten sind. Schwerpunkte terroristischer Anschläge bleiben weiterhin Bagdad und der Zentralirak, v.a. im Nordosten (Diyala, Salahaddin) sowie die Provinzen Tamin mit der Hauptstadt Kirkuk und Niniwe mit der Hauptstadt Mosul. Neuerdings werden auch Anschläge von Al-Qaida im Raum Basra verzeichnet. Die hohe Gewaltrate im Irak hat immer noch erhebliche Auswirkungen im alltäglichen Leben, wobei den Großteil der Opferlast die weitgehend ungeschützte Zivilbevölkerung trägt. Immer wieder sind Zivilisten Opfer nicht nur politisch motivierter Gewalt, sondern auch organisierter Kriminalität wie Entführungen, Erpressungen und Morde (AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 6, 14 f. und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 6, 15). Die Sicherheitslage im von der Regionalregierung der Region Kurdistan-Irak (KRG) kontrollierten Gebiet ist deutlich besser als im Rest des Landes. Allerdings steigt in den außerhalb der kurdischen Autonomiezone liegenden Gebieten des Nordirak die Zahl der Anschläge und der Todesopfer. Besonders kritisch ist die Lage im erdölreichen Kirkuk, der Herkunftsregion der Klägerin zu 3 und ihrer Familie. Dieses gehört zu den umstrittenen Gebieten des Irak, in dem Araber und Kurden um die Vorherrschaft ringen und sowohl die Zentralregierung als auch die Regionalregierung Kurdistan-Irak die Kontrolle anstreben (vgl. näher Europäisches Zentrum für Kurdische Studien vom 07.07.2010 an VG Stuttgart; AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 15 und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 16).
58 
Die Menschenrechtslage im Irak bleibt prekär. Zwar gibt es langsame Fortschritte; Verstöße gegen die Menschenrechte sind jedoch weiterhin weit verbreitet. Der Staat ist nicht in der Lage, die Sicherheit der Zivilbevölkerung und die Ausübung der in der Verfassung verankerten Rechte und Grundfreiheiten landesweit zu ermöglichen. Auch von der Region Kurdistan-Irak wird von schweren Menschenrechtsverstößen berichtet (AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 6, 28 ff. und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 6, 16 ff.).
59 
Zu den Hauptleidtragenden der gegenwärtigen Umstände im Irak gehören nach der Auskunftslage die Kinder. Die Folgen des Zusammenbruchs staatlicher Strukturen und deren langsamer Wiederaufbau betreffen vor allem Familien, die auf Krankenhäuser, Schulen und Lebensmittelhilfen besonders angewiesen sind. Der Gesundheitszustand der Kinder hat sich seit März 2003 deutlich verschlechtert. Das Gesundheits- und Erziehungswesen im Irak liegt darnieder. Es mangelt an allem und die Grundversorgung ist unzureichend gesichert. Die Alphabetisierungsrate im Irak ist in den letzten 15 Jahren stark gefallen. Nur noch drei von vier Jugendlichen können lesen und schreiben. Die Möglichkeit des Schulbesuchs ist in Anbetracht der Sicherheitslage für viele Kinder noch eingeschränkt und mit Gefahren für Leib und Leben verbunden. Seit einiger Zeit werden Kinder Ziel von kriminellen Lösegelderpressern. Die Schulen sind oftmals in einem schlechten baulichen Zustand; es fehlt an sanitären Einrichtungen. Viele Schulen haben immer noch aus Mangel an Lehrpersonal geschlossen (AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 19 f., 35 und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 6, 20, 34). Für die Situation von Schülerinnen und Schüler im Nordirak ergibt sich insoweit kein grundlegend anderes Bild (vgl. Schweizer Flüchtlingshilfe , Irak: Die sozio-ökonomische Situation im Nordirak, 07.06.2010, S. 14 ff.).
60 
Speziell was die Situation von Frauen und Mädchen anbelangt, so hat sich deren Stellung im Vergleich zur Zeit des Regimes unter Saddam Hussein deutlich verschlechtert. In der Verfassung aus dem Jahre 2005 ist die rechtliche Gleichstellung der Geschlechter zwar formal festgeschrieben. Auch steht Frauen der Zugang zu Bildungseinrichtungen und Arbeitsmarkt im Grundsatz offen. Die Verfassung garantiert ferner die soziale Sicherheit für Frauen und Kinder. Diese Prinzipien sind in der Praxis jedoch nicht umgesetzt (Deutsches Orient-Institut vom 17.06.2008 an VG Göttingen). Die zunehmende Radikalisierung von Teilen der irakischen Gesellschaft hin zu fundamentalistisch radikalislamischen Überzeugungen stellt insbesondere für die Sicherheit der Frau eine Gefährdung dar. Darüber hinaus hat die allgemein prekäre Sicherheitslage erhebliche negative Auswirkungen auf das Alltagsleben der Frauen (siehe hierzu und zum folgenden AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 20 f. und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 20 ff.; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Geschlechtsspezifische Verfolgung für ausgewählte Herkunftsländer, April 2010, S. 96 ff. ; EZKS vom 15.08.2008 an VG Göttingen; Deutsches Orient-Institut vom 17.06.2008 an VG Göttingen; SFH vom 20.11.2007 - Irak: Rückkehr einer verwitweten schiitischen Frau mit einem ehelichen und einem unehelichen Kind).
61 
Gewalt gegen Frauen ist im Irak weit verbreitet. Die Situation der Frauen wird als Privatangelegenheit einer Familie betrachtet und selten an staatliche Stellen herangetragen. Staatliche Schutzmechanismen für Opfer häuslicher Gewalt sind nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Nach dem Strafgesetzbuch ist der Ehemann berechtigt, seine Ehefrau zu bestrafen. Es gibt auch keine Vorschrift, nach der Vergewaltigung in der Ehe strafbar wäre. Zwangsverheiratung wird praktiziert. Die Tradition der Verheiratung junger Mädchen (ab 14 Jahre) existiert, besonders in den ländlichen Gebieten. Familienmitglieder verkaufen auch Mädchen und Frauen, um wirtschaftlichen Zwangslagen zu entgehen, Schulden zu bezahlen oder Meinungsverschiedenheiten zwischen Familien zu überwinden. Frauen werden Opfer der im Irak nicht verbotenen und vor allem im stark patriarchalisch strukturierten Nordirak praktizierten Genitalverstümmelung. Auch Ehrenmorde sind noch immer in allen Teilen des Landes verbreitet. Schließlich nehmen in der irakischen Gesellschaft (insbesondere im schiitisch dominierten Süden) die Tendenzen zur Durchsetzung islamischer Regeln zu, z.B. Kleidervorschriften wie Kopftuchzwang an Schulen und Universitäten. Frauen werden auf familiärer und gesellschaftlicher Ebene mit dem Ziel unter Druck gesetzt, ihre Freizügigkeit und die Möglichkeiten der Teilnahme am öffentlichen Leben einzuschränken. Von Frauen wird verlangt, einen Schleier zu nehmen, keine Kleidung im westlichen Stil zu tragen und zu Hause zu bleiben. Frauen werden vor allem zur Zielscheibe islamischer Extremisten, wenn sie ein normales Leben nach westlichen Maßstäben führen wollen. Frauen, die von Gewaltakten betroffen werden, finden, insbesondere wenn es sich um Fälle häuslicher Gewalt handelt, bei staatlichen Stellen keinen Schutz.
62 
bb.) Für die Frage, ob in Anbetracht der derzeitigen Situation im Irak der Klägerin zu 3 eine Rückkehr zumutbar ist, kommt es aufgrund des unterschiedlichen Maßstabs nicht darauf an, dass die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 oder 2 AufenthG hinsichtlich des Irak derzeit regelmäßig nicht vorliegen (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.08.2010 - A 2 S 1134/10 - juris; OVG NRW, Urteil vom 29.10.2010 - 9 A 3642/06.A - ; BayVGH, Urteil vom 21.01.2010 - 13a B 08.30283 -, wonach der westliche Habitus weiblicher irakischer Staatsangehöriger nicht als individuell gefahrenerhöhender Umstand berücksichtigt werden könne). Bei der einzelfallbezogenen Prüfung im Rahmen des Art. 8 Abs. 2 EMRK geht es nicht primär um „Gefahrenlagen“, sondern um die Feststellung und Bewertung des Ausmaßes der Entfremdung vom Herkunftsstaat.
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Die Klägerin zu 3 hat aufgrund der von ihr als prägend erfahrenen Sozialisation im Bundesgebiet die Lebensweise der „westlichen Welt“ in Theorie und Praxis verinnerlicht. Dies ergibt sich nicht nur aus ihrer Art sich zu kleiden, sondern vor allem aus der oben unter 3.) im Einzelnen dargestellten Weise, ihre Freizeit zu verbringen und im Schulalltag aufzutreten. Die Klägerin zu 3 lebt auch in dem selbstverständlichen Bewusstsein, dass Jungen und Mädchen die gleichen Rechte haben und verhält sich dementsprechend. In dieser Art der Lebensführung wird sie von ihren Eltern bestärkt. Diese akzeptieren ihr Hobby Mädchenfußball und die Schwimmbadbesuche ebenso wie ihre Kontakte und Zusammenarbeit mit Jungen in der Schule (unter anderem im Team der Schülervertretung) oder Freizeit. Traditionelle oder gar archaische Vorstellungen werden in der Familie nicht gelebt. Weder ist das Tragen eines Kopftuchs üblich, noch spielt sich das Leben der Klägerin zu 3 und der weiteren weiblichen Familienmitglieder vor allem im häuslichen Bereich ab. Gerade die Klägerin zu 2 ist auch sehr darum bemüht, ihre Tochter auf deren Weg zu einem allgemein anerkannten Bildungsabschluss zu unterstützen. Bei der Bewertung, dass ihr vor diesem Hintergrund die erstmalige Integration in den Irak nicht angesonnen werden kann, spielt als solches keine Rolle, dass die Klägerin zu 3 dort ihren Hobbys nicht mehr nachgehen könnte und auch nicht die gleichen Bildungschancen hätte wie im Bundesgebiet sowie als Heranwachsende prinzipiell noch „entwicklungsfähig“ ist. Gewisse Anpassungen an das, was in seinem Herkunftsland üblich ist, können einem Ausländer abverlangt werden. Entscheidend ist jedoch der Umstand, dass die derzeitige gesellschaftliche Praxis im Irak, die bestimmt, was Frauen und junge Mädchen im Irak tun dürfen und können, diametral dem entgegensteht, was die Persönlichkeit der Klägerin zu 3 bisher geprägt hat und Ausdruck ihrer Individualität ist. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Situation für Frauen und Mädchen im Irak in überschaubarer Zukunft entscheidend verbessern würde, lassen sich den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen nicht entnehmen; im Gegenteil: In den verwerteten Erkenntnismitteln kommt unübersehbar eine „schleichende“ Verschlechterung der Situation von Frauen und Mädchen zum Ausdruck. Die Aufgabe ihrer selbst - dies würde eine Verweisung auf ein Leben im Irak mit sich bringen - kann der Klägerin zu 3 nicht abverlangt werden.
64 
Selbst wenn man im Übrigen die Auffassung der Beklagten zugrunde legen würde, einem jungen Mädchen wäre aufgrund ihrer altersbedingt noch nicht abgeschlossenen Persönlichkeitsbildung eine Integration in die Verhältnisse des Herkunftsstaates prinzipiell möglich und zumutbar, würde dies im vorliegenden Fall deshalb nicht gelten, weil die Klägerin zu 3 psychisch gar nicht in der Lage wäre, eine Rückkehr in den Irak mit der notwendigen Anpassung an den dortigen Lebensstil zu bewältigen. Dies hat die die Klägerin zu 3 betreuende Diplompsychologin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überzeugend dargelegt. Dies entspricht im Übrigen auch Erkenntnissen, die zu einer Rückkehr von Mädchen in den Irak nach langjährigem Auslandsaufenthalt im Westen vorliegen. Nach der Auskunft des EZKS vom 15.08.2008 an das Verwaltungsgericht Göttingen hat sich in den Fällen, in denen ganze Familien freiwillig in den Nordirak zurückgekehrt sind, diese Rückkehr vor allem für junge Frauen und Mädchen in der Pubertät, die einen wesentlichen Teil ihrer Sozialisation in Form eines westlich geprägten Lebensstils erfahren haben, als Katastrophe erwiesen und unter anderem unterschiedlichste psychische Störungen und Krankheiten, insbesondere Depressionen und Essstörungen, zur Folge gehabt.
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c.) Im Übrigen ergibt sich eine Ausnahme von der familienbezogenen Gesamtbetrachtung auch daraus, dass die Kläger zu 1 und 2 derzeit und bis auf Weiteres nicht in der Lage sind, der Klägerin zu 3 die für ein - erstmaliges -Einleben im Irak notwendige Hilfestellung zu gewähren. Dies gilt selbst dann, wenn man unterstellen würde, dass ihre Tochter auf den „Kulturschock“ nicht mit einer (psychischen) Erkrankung reagieren würde und sich der für sie dort erforderliche Aufwand an Betreuungs- und Beistandsleistungen nicht von dem unterscheidet, der auch ihren Geschwistern entgegen gebracht werden muss.
66 
Zwar sind die Kläger zu 1 und 2 selbst nicht „entwurzelt“. Sie haben den Irak erst als Erwachsene mit über 30 Jahren verlassen und dort einen höherwertigen Bildungsabschluss erlangt. Die Klägerin zu 2 hat im Irak das Gymnasium besucht und dort zunächst in einer Bank und später als Lehrerin gearbeitet. Sie spricht fließend Türkisch, Arabisch, Kurdisch und Farsi. Der Kläger zu 1 beherrscht ebenfalls diese Sprachen und verfügt auch über Kenntnisse der englischen Sprache. Außerdem leben noch Verwandte im Irak, unter anderem zwei Brüder und eine Schwester der Klägerin zu 2 in Kirkuk. Beide sind auch durch Berichte von Verwandten und das kurdische Fernsehen, das sie regelmäßig schauen, über die aktuellen Verhältnisse im Irak hinreichend informiert. So berichtet die Klägerin zu 2 einem Schreiben von Pfarrer B. - Arbeitskreis Asyl ... - vom 04.10.2010 zufolge bei Plenumssitzungen im Rahmen der „Aktuellen Runde“ über die Situation der Frauen im Irak. Allerdings sind die Kläger zu 1 und 2 aufgrund ihrer eigenen psychischen Belastungen und Erkrankungen nicht in der Lage sein, ihrer Tochter die unerlässliche Hilfe zu geben, die diese nach einem langen und ihr Leben prägenden Aufenthalt im Bundesgebiet bräuchte, um sich im Irak einleben zu können.
67 
Die Klägerin zu 2 ist seit dem Jahre 2007 bis heute bei der PVB wegen psychischer Erkrankungen in Behandlung. Das Gesundheitsamt der Beklagten hat aufgrund einer amtsärztlich-psychiatrischen Untersuchung der Klägerin zu 2 am 19.12.2007 ein erheblich ausgeprägtes depressives Syndrom (mittelschwere bis schwere Episode) mit Somatisierung vor einem posttraumatischen Hintergrund diagnostiziert. Nach einer erneuten Untersuchung vom 26.10.2009 und unter Berücksichtigung eine Stellungnahme der PBV vom 21.07.2009 hat gerade auch der Amtsarzt eine Fortsetzung der Therapie wegen eines erheblich ausgeprägten depressiven Syndroms mit Somatisierung auf posttraumatischer Grundlage befürwortet. Wie die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwesende Diplompsychologin überzeugend geschildert hat, ist die Klägerin zu 2 aufgrund der Behandlung und der sie umgebenden „Netzwerke“ mittlerweile in der Lage, ihr Leben zu bewältigen. Durch die psychologische Betreuung und die ihr hier ermöglichten Tätigkeiten - wie etwa das gelegentliche und ehrenamtliche Übersetzen für andere Flüchtlinge oder das „Sich-Einbringen“ in der Schule ihrer Kinder oder während ihrer Erwerbstätigkeit - erfährt die Klägerin zu 2 die für sie erforderliche innere Stabilität. Dass die Klägerin zu 2 für die Erlangung bzw. Aufrechterhaltung eines seelischen Gleichgewichts ungeachtet dessen, dass sie selbst aktiv hieran arbeitet, auf Unterstützung durch Dritte angewiesen ist, hat auch die die Kläger betreuende Sozialarbeiterin, die mit der Familie ständigen Kontakt hat, im Einzelnen dargelegt. Sie sieht die Klägerin zu 2 am Rande der Belastbarkeit stehen und dringend auf die Einbindung durch ihr soziales Engagement in ihrem derzeitigen Umfeld angewiesen. Würde die Klägerin zu 2 auf ein Leben in den Irak verwiesen, so wäre sie dort für einen unabsehbaren Zeitraum nicht in der Lage, ihren Kindern zu helfen, weil sie selbst eine Rückkehr in den Irak psychisch nicht verkraften würde. Diese schon in verschiedenen schriftlichen Stellungnahmen der PBV zum Ausdruck gebrachte Prognose hat die vom Senat angehörte Psychologin nochmals bekräftigt und darauf hingewiesen, dass bei der Klägerin zu 2 zumindest mit einer schweren Depression zu rechnen wäre. Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine psychische Erkrankung der Klägerin zu 2 im Irak grundsätzlich behandelbar wäre, würde die Notwendigkeit, mit den eigenen Problemen kämpfen zu müssen, bei ihr zwangsläufig so sehr im Vordergrund stehen, dass sie vorhersehbar nicht in der Lage wäre, ihren Kindern diejenige Hilfestellung zu bieten, auf die diese bei der von ihnen zu leistenden erstmaligen Integration in ein fremdes Land existentiell angewiesen wären.
68 
Auch der Kläger zu 1 könnte seine Kinder bei einer Rückkehr in den Irak nicht adäquat unterstützen. Er leidet an einem behandlungsbedürftigen Alkoholproblem und hat deswegen auch schon einen Arzt konsultiert. Seine Ursache hat der Alkoholkonsum nach der Stellungnahme der PBV vom 06.05.2009 aber auch nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter anderem darin, dass ein Bruder von ihm im Jahre 2003 in Kirkuk durch ein Attentat getötet worden sei. Er ist darüber hinaus wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung in Behandlung. Aufgrund seiner Labilität würde er - wie sich aus den schriftlichen Stellungnahmen der PBV und den mündlichen Angaben der Psychologin ergibt - selbst eine Rückkehr in den Irak nicht verkraften und erst Recht nicht die notwendige Hilfestellung gegenüber der Klägerin zu 3 leisten können. Der lange und das Mädchen prägende Aufenthalt im Bundesgebiet, ihr vollständig fehlender Bezug zum Irak, die bei ihr nicht vorhandenen Kenntnisse einer im Irak üblichen Schriftsprache, die prekäre allgemeine (Sicherheits-)Lage, die beschränkten Schulmöglichkeiten und die unzureichend gesicherte Grundversorgung würden an den Erziehungsberichtigen besonders hohe Anforderungen hinsichtlich der Unterstützungsleistungen stellen, die im konkreten Einzelfall aufgrund der bei ihm fehlenden eigenen Belastbarkeit nicht erbracht werden könnten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass in dieser Konstellation Verwandte oder sonstige Dritte im Irak die den Eltern obliegenden Aufgaben der Begleitung bei der Integration in die dortigen Lebensverhältnisse (vorübergehend) in der notwendigen Art und Weise übernehmen könnten.
69 
d.) Im Rahmen dieser Bewertung, dass der Klägerin zu 3 in Anbetracht ihres erreichten Integrationsstands eine Rückkehr in den Irak nicht zugemutet werden kann, spielt es keine entscheidende Rolle, dass ihr Aufenthalt zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich legalisiert gewesen ist. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil die Aussetzung der Abschiebung seit Jahren mit Blick auf die Verhältnisse im Irak vorgenommen worden ist und wird. Dies folgt aus den zur „Rückführung irakischer Staatsangehöriger“ ergangenen Schreiben des Innenministerium vom 18.06.2003, vom 27.11.2003, vom 29.07.2004 und vom 12.03.2007 in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltenden Fassung gemäß ZV-AufenthG (Abschn. D - Irak Nr. 3). Dem entsprechend haben die Beklagte oder das beigeladene Land zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Anstrengungen unternommen, den Aufenthalt der Klägerin zu 3 und ihrer Familie zu beenden. Dass die Situation im Irak auch aus Sicht der Ausländerbehörden nicht ohne weiteres für jeden im Bundesgebiet lebenden ausreisepflichtigen irakischen Staatsangehörigen zu bewältigen ist, lässt sich daran ersehen, dass bislang nur straffällig gewordene Iraker abgeschoben worden sind, die aus den kurdischen Gebieten stammen und dort noch Familie haben, die Schutzfunktionen übernehmen und den betreffenden Rückkehrern Zugang zu Wohnmöglichkeiten und anderen Grundversorgungen verschaffen können (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 38 sowie ZV-AufenthG Abschn. D - Irak Nr. 3). Aufgrund dieser Besonderheiten ist dem aufenthaltsrechtlichen Gesichtspunkt der Begrenzung und Steuerung von Zuwanderern im Rahmen des Art. 8 Abs. 2 EMRK im vorliegenden Fall keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen.
70 
5.) Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK steht nicht entgegen, dass bei ansonsten vorliegenden Regelerteilungsvoraussetzungen der Lebensunterhalt nicht vollständig gesichert ist und die Klägerin zu 3 selbst nicht über einen Pass verfügt. Insoweit liegen Ausnahmen von den Regelerteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 AufenthG vor.
71 
a.) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG ist der Lebensunterhalt eines Ausländers gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Dabei bleiben die in § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgeführten öffentlichen Mittel außer Betracht. Es bedarf mithin der positiven Prognose, dass der Lebensunterhalt des Ausländers in Zukunft unter Berücksichtigung der von ihm angestrebten Aufenthaltsdauer ohne Inanspruchnahme anderer öffentlicher Mittel gesichert ist. Dies erfordert einen Vergleich des voraussichtlichen Unterhaltsbedarfs mit den voraussichtlich zur Verfügung stehenden Mitteln (vgl. zur Prognose GK-AufenthG § 2 Rn. 41 ff.). Bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs kommt es auf den Bedarf der Kernfamilie an, d.h. bei der Prognose, ob der Lebensunterhalt der Klägerin zu 3 künftig voraussichtlich gesichert ist, ist der Bedarf der Kläger zu 1 und 2 sowie 4 und 5 ebenfalls zu berücksichtigen. Bei erwerbsfähigen Ausländern richtet sich die Ermittlung des Unterhaltsbedarfs seit dem 01.01.2005 nach den entsprechenden Bestimmungen des 2. Sozialgesetzbuchs (SGB II). Dabei sind bei der Ermittlung des zur Verfügung stehenden Einkommens grundsätzlich der Freibetrag für Erwerbstätige gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II und die Werbungskostenpauschale nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II zu Lasten des Ausländers anzusetzen (vgl. BVerwG, Urteile vom 16.11.2010 - 1 C 20.09 und 1 C 21.09 - bisher nur Pressemitteilung sowie Urteile vom 07.04.2009 - 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329 und vom 26.08.2008 - 1 C 32.07 -NVwZ 2009, 248 ). Gemessen hieran kann prognostisch nicht von einer Sicherung des Lebensunterhalts ausgegangen werden.
72 
Die Kläger zu 1 und 2 verdienen derzeit gemeinsam monatlich etwa 1.762 EUR netto. Es bestehen zwar keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschäftigungen der Klägerin zu 2, die bereits über ein Jahr bereits ausgeübt wird, und diejenige des Klägers zu 1 demnächst wieder entfallen könnten. Wie die Metzgerei Z. in der Arbeitsbescheinigung vom 08.12.2010 ausgeführt hat, ist die Klägerin zu 2 bis auf weiteres in der Filiale in S. beschäftigt, wo man mit ihrer Arbeit zufrieden sei. Auch hinsichtlich des Klägers zu 1 ist von einer weiteren Erwerbstätigkeit auszugehen. Der den Kläger zu 1 hauptberuflich beschäftigende Arbeitgeber hat unter dem 08.12.2010 schriftlich sowie ergänzend in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, er sei mit dessen Arbeit stets sehr zufrieden gewesen. Daher habe er ihn im September 2010 festangestellt. Auch könne die vom Kläger zu 1 zusätzlich ausgeübte Nebentätigkeit als geringfügig Beschäftigter problemlos mit seiner Tätigkeit als Aushilfsarbeiter bei ihm in Einklang gebracht werden. Es ist auch nicht zu erkennen, dass einer weiteren Erwerbstätigkeit der Eltern der Klägerin zu 3 rechtliche Hindernisse entgegen stehen könnten. Zwar berechtigt der auch ihnen zu erteilende humanitäre Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG (siehe unten III.) nicht schon kraft Gesetzes zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Allerdings ist prognostisch davon auszugehen, dass den Klägern zu 1 und 2 die Ausübung der Erwerbstätigkeit erlaubt werden wird (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1, Alt. 2 AufenthG). Denn selbst als nur Geduldeten wird ihnen seit Januar 2008 die Beschäftigung uneingeschränkt erlaubt. Dass die Zulassung einer Beschäftigung der Kläger zu 1 und 2 nunmehr auf der Grundlage eines - letztlich an die Stelle der Duldung tretenden - zunächst nach § 26 Abs. 1 Satz 1 AufenthG für sechs Monate befristeten humanitären Aufenthaltstitels unter arbeitsmarktspezifischen Aspekten anders zu bewerten wäre, ist nicht ersichtlich (vgl. hierzu auch § 9 Abs. 1 Nr. 2 BeschVerfV). Andererseits steht aber auch nicht zu erwarten, die Kläger zu 1 und 2 könnten in einem überschaubaren Zeitraum ein deutlich höheres Einkommen erzielen. Zwar ist dem Kläger zu 1 eine höhere Entlohnung bei der Firma ... ... in Aussicht gestellt worden, wenn er - auf der Grundlage eines Aufenthaltstitel - für den Betrieb flexibler verwendungsfähig wäre und etwa auch Autos ins Ausland verbringen könnte. Eine konkrete Zusage des Arbeitgebers, die prognostisch Berücksichtigung finden müsste, liegt jedoch nicht vor.
73 
Ausgehend von einer sozialversicherungspflichtigen Weiterbeschäftigung des Klägers zu 1 auf der Grundlage eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG steht den Eltern zukünftig jedoch Kindergeld zu, das nach § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG als Einkommen zu berücksichtigen ist. Nach § 1 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 BKGG hat Anspruch auf Kindergeld unter anderem derjenige, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG besitzt und sich seit mindestens drei Jahren geduldet im Bundesgebiet aufhält und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist. Nach § 6 Abs. 1 BKGG beträgt das Kindergeld für die Klägerin zu 3 und den Kläger zu 4 jeweils 184 EUR sowie für die Klägerin zu 5 190 EUR, mithin zusammengerechnet 558 EUR. Insgesamt werden den Klägern daher bei einem Einkommen von 1.762 EUR zukünftig 2.320 EUR zur Verfügung stehen.
74 
Dem steht ein Bedarf von 2.580 EUR gegenüber. Dieser errechnet sich zunächst anhand der von den Klägern zu tragenden Gebühren für die Unterkunft in Höhe von etwa 718 EUR und des - auf der Grundlage der Regelsätze des SGB II ermittelten - Bedarfs von 1.399 EUR (siehe hierzu oben unter 3.). Des weiteren sind sowohl für den Kläger zu 1 als auch für die Klägerin zu 2 jeweils ein Betrag von 100 EUR nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II anzusetzen. Schließlich sind zu Lasten der Erwerbstätigen aus einem durchschnittlich monatlich zugrunde gelegten Nettoeinkommen der Klägerin zu 2 in Höhe von 370 EUR nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II ein Betrag von 54 EUR und für den Kläger zu 1 bei einem Gesamt-Nettoeinkommen von 1.329 EUR ein solcher von etwa 209 EUR anzusetzen.
75 
Allerdings gebietet der Schutz des Privatlebens der Klägerin zu 3 im Sinne des Art. 8 EMRK die Annahme eines Ausnahmefalles (zur Atypik aufgrund völker- oder verfassungsrechtlicher Wertentscheidung siehe etwa BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 3.08 - NVwZ 2009, 1239 Rn.13 ff.; GK-AufenthG § 5 Rn. 28; Renner, a.a.O. § 5 Rn. 21 ff.). Die Klägerin zu 3 kann aufgrund des Ausmaßes ihrer Integration im Bundesgebiet bei gleichzeitiger „Entwurzelung“ nicht auf ein Leben im Irak verwiesen werden, sondern ist auf ein Verbleiben in der Bundesrepublik angewiesen. Diese für einen Ausnahmefall streitende Wertentscheidung des Art. 8 EMRK ist im vorliegenden Fall auch nicht deshalb in einem anderen Licht zu sehen, weil die Ausländerin minderjährig ist. Zwar könnte die Bejahung eines atypischen Falles in einer solchen Konstellation dazu führen, dass über den Rechtsanspruch des Kindes - vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht - nicht integrationswillige oder -fähige Eltern wegen der grundsätzlich schutzbedürftigen familiären Lebensgemeinschaft ein rechtlich legalisiertes Bleiberecht vermittelt werden könnte, was nicht nur einwanderungspolitisch bedenklich wäre, sondern auch dem von der Konvention anerkannten Recht eines Konventionsstaats zuwiderlaufen würde, über den Zuzug von Ausländern und dessen Voraussetzungen selbst zu entscheiden. Im vorliegenden Fall greifen derartige Bedenken jedoch schon im Hinblick auf den Grad der Integration der Eltern der Klägerin zu 3 nicht durch. Diese haben zwar vor allem in sprachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht hier noch nicht in einer Weise Fuß gefasst, dass sie Inländern vergleichbar wären. Sie arbeiten jedoch an der Verbesserung der Sprachkenntnisse, verhalten sich entsprechend der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung - die eingeholten Auskünfte aus dem Zentralregister vom 04.10.2010 weisen keine Eintragungen auf -, engagieren sich hier im Rahmen ihrer Möglichkeiten (so etwa die Klägerin zu 2 als Elternvertreterin oder der Kläger zu 1 beim Fußball seiner Kinder) und sind um die Erlangung einer qualifizierteren und besser bezahlten Erwerbstätigkeit bemüht. Im Übrigen ist im vorliegenden Fall die Diskrepanz zwischen Unterhaltsbedarf und eigenem Einkommen mit 260 EUR relativ betrachtet gering und allein durch die bedarfserhöhend angesetzten Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II und § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II bedingt. Ein fiktiver Abzug von letztlich tatsächlich vorhandenem Einkommen zu Lasten des Ausländers ist bei einem aus dem Völkerrecht abgeleiteten Aufenthaltsrecht mit dessen Wertentscheidung nicht in Einklang zu bringen.
76 
b.) Die Klägerin zu 3 ist weder im Besitz eines eigenen Passes noch ist sie in dem der Klägerin zu 2 am 24.06.2009 ausgestellten irakischen Reisepass eingetragen (siehe zu dieser Möglichkeit der Erfüllung der Passpflicht § 2 Satz 1 AufenthV). Es liegt jedoch ein Ausnahmefall von der Regelerteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 3 AufenthG vor. Der Zweck der Passpflicht besteht darin, durch den Besitz eines gültigen Passes den Behörden die Feststellung der Identität und der Staatsangehörigkeit sowie der Rückkehrberechtigung seines Inhabers ohne weiteres zu ermöglichen (Renner, a.a.O., § 5 Rn. 14 und Nr. 3.0.8 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift vom 26.10.2009, abgedr. in Renner, a.a.O. vor § 3; GK-AufenthG, § 3 Rn. 14). Nach der Bestätigung der irakischen Botschaft in Berlin vom 11.02.2009 hat die Klägerin zu 3 die regulär geforderten irakischen Unterlagen für die Ausstellung der neuen irakischen Reisepässe mit dem Serienbuchstaben G eingereicht, und der Antrag ist an das zuständige irakische Innenministerium nach Bagdad weitergeleitet worden. Diese Bestätigung liegt mit gleichem Datum auch hinsichtlich ihres Vaters, des Klägers zu 1, vor. Wie die Prozessbevollmächtigte der Kläger in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen erläutert hat, ist im Hinblick auf unterschiedliche Auffassungen zur richtigen Schreibweise des Vornamens des Klägers zu 1, was auch Auswirkungen auf die Pässe der Kinder hat, während des Verfahrens die Erneuerung seines Personalausweises gefordert worden. Der Kläger zu 1 hat dies daraufhin beantragt. Nunmehr sind alle Kläger im Besitz von am 08.08.2010 in Kirkuk ausgestellten irakischen Identitätskarten, die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegt worden sind. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Eltern der Klägerin zu 3 bereits alle erforderlichen Mitwirkungshandlungen für die Ausstellung eines Reisepasses vorgenommen haben, kann die lange Dauer des Verfahrens durch die Heimatbehörden in Passangelegenheiten, die auch Erkenntnissen des Auswärtige Amt entspricht (siehe etwa Lagebericht vom 28.11.2010, S. 36 f. zur Tätigkeit der irakischen Botschaft), nicht zu Lasten der Klägerin zu 3 gehen (vgl. GK-AufenthG § 5 Rn. 58; Renner, a.a.O., § 5 Rn. 13). Für eine Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung in einem solchen Fall spricht auch, dass der Klägerin zu 3 ein sich aus dem Völkerrecht ergebender Anspruch auf Erteilung des Aufenthaltstitels zusteht. Im Übrigen können auch wesentliche Funktionen der Passpflicht mit den in der Berufungsverhandlung vorgelegten Unterlagen hinreichend abgedeckt werden. So ist insbesondere die irakische Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 3 nach der im Original vorgelegten irakischen Staatsangehörigkeitsbescheinigungen für ihre Eltern, von denen sie durch Abstammung ihre Staatsangehörigkeit ableitet, unzweifelhaft.
II.)
77 
Der seit dem 31.01.2002 geduldete Kläger zu 4 hat ebenfalls einen Anspruch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 und 2 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
78 
Entsprechend den allgemeinen Darlegungen oben unter I.) führt der Kläger zu 4 im Bundesgebiet ein schutzwürdiges Privatleben, das durch die Vorenthaltung eines Aufenthaltstitels unverhältnismäßig beeinträchtigt wird. Der am 01.11.1998 geborene Kläger zu 4 lebt seit über acht Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet und besucht hier altersentsprechend die 6. Klasse der Hauptschule. Seine deutschen Sprachkenntnisse in Wort und Schrift entsprechenden denjenigen von Mitschülern deutscher Herkunft. Er hat einen auch deutsche Freunde umfassenden Freundeskreis, mit dem er verschiedene Aktivitäten außerhalb der Schule durchführt (wie etwa Fahrradtouren oder Theaterspiel) und spielt in einem Verein Fußball. Ebenso wie bei seiner älteren Schwester ist auch für den Kläger zu 4 aus den dort allgemein angestellten Erwägungen heraus eine Duldung nicht ausreichend, um sein Privatleben in einer der Konvention entsprechenden Weise führen zu können. Dass es durch eine Duldung dem Kläger zu 4 nicht möglich ist, etwa an Fußballturnieren und entsprechenden Freizeitaktivitäten seines Vereins außerhalb Baden-Württembergs teilzunehmen, obwohl er dies möchte, d.h. dass dieses Verbot eine Belastung für ihn darstellt, ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wie auch schon beim Verwaltungsgericht im Einzelnen deutlich worden.
79 
Der Kläger zu 4 ist in einer Weise in die Lebensverhältnisse im Bundesgebiet integriert, die im Wesentlichen derjenigen der Klägerin zu 3 entspricht. Er hat in etwa drei Viertel seines bisherigen Lebens im Bundesgebiet verbracht und geht in eine Regelschule. Nach dem zuletzt erteilten Zeugnis der Hauptschule (Versetzungszeugnis zum Ende des Schuljahres 2009/10) ist für Deutsch die Note „ausreichend“ vergeben worden; die Leistungen in den übrigen Fächern und Fächerverbünden sind mit „befriedigend“ und „ausreichend“, in einem Fach mit „gut“ bewertet worden. Die in dem Zeugnis ebenfalls enthaltene verbale allgemeine Beurteilung der Arbeitshaltung, Selbstständigkeit und Zusammenarbeit in der Klassen- und Schulgemeinschaft zeigt zwar noch etliche Defizite beim Kläger zu 4 auf (wie etwa schwankende Unterrichtsbeteiligung, Störung des Unterrichts). Es gibt jedoch keine Hinweise darauf, dass es sich hierbei nicht um alters- und entwicklungstypische Erscheinungen handeln würde. Im Übrigen arbeitet der Kläger zu 4 an der Verbesserung seiner Leistungen. Nach einem Schreiben der Kontaktgruppe Asyl ... vom 29.07.2009 erhält er durch den Asylkreis Hilfe bei den Hausaufgaben. Nach anfänglichen Schwierigkeiten komme er zuverlässig zu den Terminen. Er habe Erklärungen in Mathematik und Deutsch schnell verstanden und habe sich die Methoden und Regeln merken können. Er sei auch zu zusätzlichen Leistungen bereit, doch brauche er weiterhin viel Übung, um seine schulischen Leistungen deutlich verbessern zu können. Auch die Sorgfalt und das Gefühl der Verantwortung für seine schulischen Leistungen müssten noch wachsen. Er müsse noch begreifen, wie wichtig Bildung für seinen weiteren Lebensweg sei. Doch sei er auf einem guten Weg. Diese Nachhilfe nimmt er nach wie vor in Anspruch und hat nach einem am 08.12.2010 vorgelegten Schreiben seiner „Nachhilfelehrerein“ erhebliche Fortschritte gemacht. Der Kläger zu 4 ist in der 6. Klasse von seinen Mitschülern zum Klassensprecher gewählt worden, nachdem er zuvor stellvertretender Klassensprecher gewesen war.
80 
Der Kläger zu 4 ist auch außerhalb seines Schulalltags fest in die hier gegebenen gesellschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse eingebunden. In seiner Freizeit spielt er schon seit längerem beim TSV H. Fußball. Er ist - nach seinen Angaben seit zwei Jahren - Kapitän der D-Jugendmannschaft und nimmt auch an Turnieren teil. Zusätzlich spielt er außerhalb des Vereins Fußball und ist auch im Übrigen sportlich sehr aktiv. Nach einer Stellungnahme von ehrenamtlichen Mitarbeitern des Arbeitskreises Asyl vom 02./03.12.2010 trainiert der Kläger zu 4 ferner in einem Boxverein und nimmt außerdem Angebote der evangelischen Kirchengemeinde ... für Kinder wahr. Als jüngeres Kind hat er am Laternenumzug teilgenommen. Ebenso wie seine ältere Schwester engagiert sich der Kläger zu 4 seit April 2010 bei dem Theaterprojekt „Yourstory“ des Jugendhauses ... in Kooperation mit der „freien bühne ...“. Nach den für den Kläger zu 4 erstellten Berichten eines Diplomsozialpädagogen vom Schülercafé ... vom 28.04.2010, vom 04.10.2010 und vom 07.12.2010 komme er häufig zu den verschiedenen Angeboten des Schülercafés. Er nehme regelmäßig an einem wöchentlichen Fußballprogramm teil. Er komme zum Jungentreff und nutze am Freitagabend gerne das Angebot des Teenietreffs. In den Pfingstferien 2009 sei er Teilnehmer der viertägigen Fahrradfreizeit gewesen. Er beteilige sich rege am Geschehen in der Einrichtung. Meistens nutze er mit gleichaltrigen Freunden die Angebote. Er sei sehr aktiv und voll integriert. Insgesamt gesehen unterscheidet sich die Lebensweise des Klägers zu 4 in gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht nicht von derjenigen, wie sie auch von gleichaltrigen Schülern deutscher Herkunft gelebt wird. Unter Berücksichtigung des Maßes der Integration unter wirtschaftlicher Hinsicht und mit Blick auf den Duldungsstatus bereits oben unter I. 3.) getroffenen Feststellungen, die für den Kläger zu 4 gleichermaßen gelten, ist auch bei ihm davon auszugehen, dass er in erheblichem Maße im Bundesgebiet integriert ist.
81 
In Ansehung des erreichten Integrationsstands ist ihm auch trotz seines stets nur geduldeten Aufenthalts eine Rückkehr in den Irak ebenfalls nicht zuzumuten. Der Kläger zu 4 lebt im Bundesgebiet seitdem er drei Jahre alt gewesen ist. Den Irak kennt er aus eigenem Erleben nicht mehr. Er kann sich zwar in der Muttersprache seiner Eltern verständigen, hat jedoch keine Kenntnisse der Schriftsprache. Auf eine Hilfestellung seiner Eltern bei der - erstmaligen -Integration in seinen Passstaat kann er nicht verwiesen werden, weil diese auch ihm gegenüber entsprechend den Ausführungen oben unter I. 4.c.) nicht in der Lage wären, die erforderliche Unterstützung zu gewähren. Entsprechend den Darlegungen oben unter I. 5.) stehen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK die Regelerteilungsvoraussetzungen nicht entgegen.
III.)
82 
Den Klägern zu 1, 2 und 5 steht mit Rücksicht auf die stets gelebte und dem Schutz von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK unterfallende familiäre Lebensgemeinschaft mit den Klägern zu 3 und 4 ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu. Zwar könnte eine Trennung von den Klägern zu 3 und 4 auch dadurch vermieden werden, dass die Abschiebung der übrigen Familienmitglieder weiter ausgesetzt wird. Das Rechtsinstitut der Duldung ist jedoch nicht dazu bestimmt, einen nach der Verfassung gebotenen dauernden Aufenthalt zu sichern und zu ermöglichen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.11.2009 - 13 S 2002/09 - juris Rn. 42; vgl. auch GK-AufenthG, § 60a Rn. 133 ff.). Hinsichtlich der Regelerteilungsvoraussetzungen gelten mit Blick auf den verfassungsrechtlich gebotenen weiteren Aufenthalt die Ausführungen unter I. 5.) entsprechend.
IV.)
83 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und 3, § 159 Satz 1 VwGO und § 100 Abs. 1 ZPO.
84 
Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. Nr. 1 VwGO. Die zwischen den Beteiligten umstrittene Rechtsfrage, ob bei einem im Bundesgebiet - mit Blick auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat - stets nur geduldeten Aufenthalt der Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, ist grundsätzlich klärungsbedürftig und klärungsfähig
85 
Beschluss vom 13. Dezember 2010
86 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
87 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 13. Dez. 2010 - 11 S 2359/10 zitiert 45 §§.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 25 Aufenthalt aus humanitären Gründen


(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlau

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(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass 1. der Lebensunterhalt gesichert ist,1a. die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 100 Kosten bei Streitgenossen


(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 11 Zu berücksichtigendes Einkommen


(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dies

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 159


Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 20 Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts


(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des tägl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 4 Erfordernis eines Aufenthaltstitels


(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist. (2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1603 Leistungsfähigkeit


(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. (2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren min

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 95 Strafvorschriften


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,2. ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet a

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 23 Aufenthaltsgewährung durch die obersten Landesbehörden; Aufnahme bei besonders gelagerten politischen Interessen; Neuansiedlung von Schutzsuchenden


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergrup

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 28 Bedarfe für Bildung und Teilhabe


(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung we

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 26 Dauer des Aufenthalts


(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindesten

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 104a Altfallregelung


(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen K

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1601 Unterhaltsverpflichtete


Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 61 Räumliche Beschränkung, Wohnsitzauflage, Ausreiseeinrichtungen


(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfun

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 3 Passpflicht


(1) Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Für den Aufenthalt im B

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1626 Elterliche Sorge, Grundsätze


(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge). (2) Bei der Pf

Strafprozeßordnung - StPO | § 152 Anklagebehörde; Legalitätsgrundsatz


(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen. (2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspu

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 12 Geltungsbereich; Nebenbestimmungen


(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt. (2) Das Visum und die Aufenthalt

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1609 Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter


Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:1.minderjährige Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2,2.Elternteile, die wegen der Betreuung

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 30 Berechtigte Selbsthilfe


Geht die leistungsberechtigte Person durch Zahlung an Anbieter in Vorleistung, ist der kommunale Träger zur Übernahme der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen verpflichtet, soweit1.unbeschadet des Satzes 2 die Voraussetzungen einer Leistungsgewährun

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 1 Zweck des Gesetzes; Anwendungsbereich


(1) Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbei

Bundeskindergeldgesetz - BKGG 1996 | § 1 Anspruchsberechtigte


(1) Kindergeld nach diesem Gesetz für seine Kinder erhält, wer nach § 1 Absatz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist und auch nicht nach § 1 Absatz 3 des Einkommensteuergesetzes als unbeschränkt steuerpflichtig be

Bundeskindergeldgesetz - BKGG 1996 | § 6 Höhe des Kindergeldes


(1) Das Kindergeld beträgt monatlich für jedes Kind 250 Euro. (2) (weggefallen) (3) Darüber hinaus wird für jedes Kind, für das für den Monat Juli 2022 ein Anspruch auf Kindergeld besteht, für den Monat Juli 2022 ein Einmalbetrag in Höhe von

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 104b Aufenthaltsrecht für integrierte Kinder von geduldeten Ausländern


Einem minderjährigen ledigen Kind kann im Fall der Ausreise seiner Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils, denen oder dem eine Aufenthaltserlaubnis nicht nach § 104a erteilt oder verlängert wird, abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1,

Aufenthaltsverordnung - AufenthV | § 2 Erfüllung der Passpflicht durch Eintragung in den Pass eines gesetzlichen Vertreters


Minderjährige Ausländer, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erfüllen die Passpflicht auch durch Eintragung in einem anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz eines gesetzlichen Vertreters. Für einen minderjährigen Ausländer, der d

Referenzen - Urteile

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 13. Dez. 2010 - 11 S 2359/10 zitiert oder wird zitiert von 31 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 13. Dez. 2010 - 11 S 2359/10 zitiert 9 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. Dez. 2009 - 13 S 2092/09

bei uns veröffentlicht am 09.12.2009

Tenor Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. Juni 2009 - 4 K 4239/08 - wird zurückgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Rev

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 18. Nov. 2009 - 13 S 2002/09

bei uns veröffentlicht am 18.11.2009

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Juni 2009 – 8 K 73/09 – geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheids vom 30. September 2008 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsi

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 15. Okt. 2009 - 2 A 329/09

bei uns veröffentlicht am 15.10.2009

Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 22. Juli 2009 - 11 S 1622/07

bei uns veröffentlicht am 22.07.2009

Tenor Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2006 – 11 K 434/06 – wird zurückgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerich

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 05. Feb. 2009 - 11 S 3244/08

bei uns veröffentlicht am 05.02.2009

Tenor Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt ..., bewilligt. Er hat auf die Prozesskosten monatliche Raten von ... EUR zu zahlen. Auf die Beschwerde des

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 03. Nov. 2008 - 11 S 2235/08

bei uns veröffentlicht am 03.11.2008

Tenor Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 23. Juli 2008 - 4 K 1074/08 - geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung der Antra

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 26. Okt. 2006 - 4 K 1753/06

bei uns veröffentlicht am 26.10.2006

Tenor Die Klagen werden abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1  Die Kläger sind türkische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit. 2  Der Kläger Ziffer 1

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 10. Mai 2006 - 11 S 2354/05

bei uns veröffentlicht am 10.05.2006

Tenor Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. November 2005 - 4 K 2405/05 - werden zurückgewiesen. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert für das B

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 18. Jan. 2006 - 13 S 2220/05

bei uns veröffentlicht am 18.01.2006

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2004 - 11 K 4809/03 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen eins
22 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 13. Dez. 2010 - 11 S 2359/10.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2019 - 10 CE 18.1871, 10 C 18.1874

bei uns veröffentlicht am 24.01.2019

Tenor I. Die Verfahren 10 CE 18.1871 und 10 C 18.1874 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen. III. Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren. IV. Der St

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Okt. 2018 - 10 C 18.1782

bei uns veröffentlicht am 30.10.2018

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe Die Beschwerde, mit der sich der Kläger gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für se

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 29. Okt. 2018 - 10 C 18.1781

bei uns veröffentlicht am 29.10.2018

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe Die Beschwerde, mit der sich der Kläger gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für se

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2019 - 10 ZB 18.2188

bei uns veröffentlicht am 27.02.2019

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Gründe

Referenzen

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; die Anordnung kann vorsehen, dass die zu erteilende Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit erlaubt oder diese nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden kann.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet nicht statt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Die Niederlassungserlaubnis kann mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.

(3) Die Anordnung kann vorsehen, dass § 24 ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet.

(4) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann im Rahmen der Neuansiedlung von Schutzsuchenden im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bestimmten, für eine Neuansiedlung ausgewählten Schutzsuchenden (Resettlement-Flüchtlinge) eine Aufnahmezusage erteilt. Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 24 Absatz 3 bis 5 gelten entsprechend.

(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und er

1.
über ausreichenden Wohnraum verfügt,
2.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt,
3.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter den tatsächlichen Schulbesuch nachweist,
4.
die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat,
5.
keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen hat und diese auch nicht unterstützt und
6.
nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben.
Wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichert, wird die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt. Im Übrigen wird sie nach Satz 1 erteilt; sie gilt als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5; die §§ 9 und 26 Abs. 4 finden keine Anwendung. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 kann bis zum 1. Juli 2008 abgesehen werden. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(2) Dem geduldeten volljährigen ledigen Kind eines geduldeten Ausländers, der sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat, kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt werden, wenn es bei der Einreise minderjährig war und gewährleistet erscheint, dass es sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Das Gleiche gilt für einen Ausländer, der sich als unbegleiteter Minderjähriger seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und bei dem gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann.

(3) Hat ein in häuslicher Gemeinschaft lebendes Familienmitglied Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen, führt dies zur Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift für andere Familienmitglieder. Satz 1 gilt nicht für den Ehegatten eines Ausländers, der Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen hat, wenn der Ehegatte die Voraussetzungen des Absatzes 1 im Übrigen erfüllt und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, ihm den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Sofern im Ausnahmefall Kinder von ihren Eltern getrennt werden, muss ihre Betreuung in Deutschland sichergestellt sein.

(4) Die Aufenthaltserlaubnis kann unter der Bedingung erteilt werden, dass der Ausländer an einem Integrationsgespräch teilnimmt oder eine Integrationsvereinbarung abgeschlossen wird.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt. Sie soll um weitere zwei Jahre als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 verlängert werden, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers bis zum 31. Dezember 2009 überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert war oder wenn der Ausländer mindestens seit dem 1. April 2009 seinen Lebensunterhalt nicht nur vorübergehend eigenständig sichert. Für die Zukunft müssen in beiden Fällen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Lebensunterhalt überwiegend gesichert sein wird. Im Fall des Absatzes 1 Satz 4 wird die Aufenthaltserlaubnis zunächst mit einer Gültigkeit bis zum 1. Juli 2008 erteilt und nur verlängert, wenn der Ausländer spätestens bis dahin nachweist, dass er die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 erfüllt. § 81 Abs. 4 findet keine Anwendung.

(6) Bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung von Härtefällen von Absatz 5 abgewichen werden. Dies gilt bei

1.
Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit Kindern, die nur vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit Kindern, die vorübergehend auf Sozialleistungen angewiesen sind, und denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist,
4.
erwerbsunfähigen Personen, deren Lebensunterhalt einschließlich einer erforderlichen Betreuung und Pflege in sonstiger Weise ohne Leistungen der öffentlichen Hand dauerhaft gesichert ist, es sei denn, die Leistungen beruhen auf Beitragszahlungen,
5.
Personen, die am 31. Dezember 2009 das 65. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie in ihrem Herkunftsland keine Familie, dafür aber im Bundesgebiet Angehörige (Kinder oder Enkel) mit dauerhaftem Aufenthalt bzw. deutscher Staatsangehörigkeit haben und soweit sichergestellt ist, dass für diesen Personenkreis keine Sozialleistungen in Anspruch genommen werden.

(7) Die Länder dürfen anordnen, dass aus Gründen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis nach den Absätzen 1 und 2 Staatsangehörigen bestimmter Staaten zu versagen ist. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und er

1.
über ausreichenden Wohnraum verfügt,
2.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt,
3.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter den tatsächlichen Schulbesuch nachweist,
4.
die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat,
5.
keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen hat und diese auch nicht unterstützt und
6.
nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben.
Wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichert, wird die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt. Im Übrigen wird sie nach Satz 1 erteilt; sie gilt als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5; die §§ 9 und 26 Abs. 4 finden keine Anwendung. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 kann bis zum 1. Juli 2008 abgesehen werden. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(2) Dem geduldeten volljährigen ledigen Kind eines geduldeten Ausländers, der sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat, kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt werden, wenn es bei der Einreise minderjährig war und gewährleistet erscheint, dass es sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Das Gleiche gilt für einen Ausländer, der sich als unbegleiteter Minderjähriger seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und bei dem gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann.

(3) Hat ein in häuslicher Gemeinschaft lebendes Familienmitglied Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen, führt dies zur Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift für andere Familienmitglieder. Satz 1 gilt nicht für den Ehegatten eines Ausländers, der Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen hat, wenn der Ehegatte die Voraussetzungen des Absatzes 1 im Übrigen erfüllt und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, ihm den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Sofern im Ausnahmefall Kinder von ihren Eltern getrennt werden, muss ihre Betreuung in Deutschland sichergestellt sein.

(4) Die Aufenthaltserlaubnis kann unter der Bedingung erteilt werden, dass der Ausländer an einem Integrationsgespräch teilnimmt oder eine Integrationsvereinbarung abgeschlossen wird.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt. Sie soll um weitere zwei Jahre als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 verlängert werden, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers bis zum 31. Dezember 2009 überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert war oder wenn der Ausländer mindestens seit dem 1. April 2009 seinen Lebensunterhalt nicht nur vorübergehend eigenständig sichert. Für die Zukunft müssen in beiden Fällen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Lebensunterhalt überwiegend gesichert sein wird. Im Fall des Absatzes 1 Satz 4 wird die Aufenthaltserlaubnis zunächst mit einer Gültigkeit bis zum 1. Juli 2008 erteilt und nur verlängert, wenn der Ausländer spätestens bis dahin nachweist, dass er die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 erfüllt. § 81 Abs. 4 findet keine Anwendung.

(6) Bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung von Härtefällen von Absatz 5 abgewichen werden. Dies gilt bei

1.
Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit Kindern, die nur vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit Kindern, die vorübergehend auf Sozialleistungen angewiesen sind, und denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist,
4.
erwerbsunfähigen Personen, deren Lebensunterhalt einschließlich einer erforderlichen Betreuung und Pflege in sonstiger Weise ohne Leistungen der öffentlichen Hand dauerhaft gesichert ist, es sei denn, die Leistungen beruhen auf Beitragszahlungen,
5.
Personen, die am 31. Dezember 2009 das 65. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie in ihrem Herkunftsland keine Familie, dafür aber im Bundesgebiet Angehörige (Kinder oder Enkel) mit dauerhaftem Aufenthalt bzw. deutscher Staatsangehörigkeit haben und soweit sichergestellt ist, dass für diesen Personenkreis keine Sozialleistungen in Anspruch genommen werden.

(7) Die Länder dürfen anordnen, dass aus Gründen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis nach den Absätzen 1 und 2 Staatsangehörigen bestimmter Staaten zu versagen ist. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und er

1.
über ausreichenden Wohnraum verfügt,
2.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt,
3.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter den tatsächlichen Schulbesuch nachweist,
4.
die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat,
5.
keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen hat und diese auch nicht unterstützt und
6.
nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben.
Wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichert, wird die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt. Im Übrigen wird sie nach Satz 1 erteilt; sie gilt als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5; die §§ 9 und 26 Abs. 4 finden keine Anwendung. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 kann bis zum 1. Juli 2008 abgesehen werden. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(2) Dem geduldeten volljährigen ledigen Kind eines geduldeten Ausländers, der sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat, kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt werden, wenn es bei der Einreise minderjährig war und gewährleistet erscheint, dass es sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Das Gleiche gilt für einen Ausländer, der sich als unbegleiteter Minderjähriger seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und bei dem gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann.

(3) Hat ein in häuslicher Gemeinschaft lebendes Familienmitglied Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen, führt dies zur Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift für andere Familienmitglieder. Satz 1 gilt nicht für den Ehegatten eines Ausländers, der Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen hat, wenn der Ehegatte die Voraussetzungen des Absatzes 1 im Übrigen erfüllt und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, ihm den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Sofern im Ausnahmefall Kinder von ihren Eltern getrennt werden, muss ihre Betreuung in Deutschland sichergestellt sein.

(4) Die Aufenthaltserlaubnis kann unter der Bedingung erteilt werden, dass der Ausländer an einem Integrationsgespräch teilnimmt oder eine Integrationsvereinbarung abgeschlossen wird.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt. Sie soll um weitere zwei Jahre als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 verlängert werden, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers bis zum 31. Dezember 2009 überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert war oder wenn der Ausländer mindestens seit dem 1. April 2009 seinen Lebensunterhalt nicht nur vorübergehend eigenständig sichert. Für die Zukunft müssen in beiden Fällen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Lebensunterhalt überwiegend gesichert sein wird. Im Fall des Absatzes 1 Satz 4 wird die Aufenthaltserlaubnis zunächst mit einer Gültigkeit bis zum 1. Juli 2008 erteilt und nur verlängert, wenn der Ausländer spätestens bis dahin nachweist, dass er die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 erfüllt. § 81 Abs. 4 findet keine Anwendung.

(6) Bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung von Härtefällen von Absatz 5 abgewichen werden. Dies gilt bei

1.
Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit Kindern, die nur vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit Kindern, die vorübergehend auf Sozialleistungen angewiesen sind, und denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist,
4.
erwerbsunfähigen Personen, deren Lebensunterhalt einschließlich einer erforderlichen Betreuung und Pflege in sonstiger Weise ohne Leistungen der öffentlichen Hand dauerhaft gesichert ist, es sei denn, die Leistungen beruhen auf Beitragszahlungen,
5.
Personen, die am 31. Dezember 2009 das 65. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie in ihrem Herkunftsland keine Familie, dafür aber im Bundesgebiet Angehörige (Kinder oder Enkel) mit dauerhaftem Aufenthalt bzw. deutscher Staatsangehörigkeit haben und soweit sichergestellt ist, dass für diesen Personenkreis keine Sozialleistungen in Anspruch genommen werden.

(7) Die Länder dürfen anordnen, dass aus Gründen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis nach den Absätzen 1 und 2 Staatsangehörigen bestimmter Staaten zu versagen ist. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. Juni 2009 - 4 K 4239/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.
Die im Bundesgebiet geduldeten Kläger sind serbische, möglicherweise auch kosovarische Staatsangehörige und gehören der Volksgruppe der Roma an. Der am 3.5.1978 geborene Kläger zu 1 und die am 5.10.1979 geborene Klägerin zu 2 sind miteinander verheiratet. Die in den Jahren 2002, 2003 und 2005 im Bundesgebiet geborenen Kläger zu 3 - 5 sind deren gemeinsame Kinder. Die Kläger zu 1 und 2 reisten im Jahre 1999 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Alle Kläger mit Ausnahme der Klägerin zu 2 haben mittlerweile Asylverfahren erfolglos betrieben.
Die Kläger sind in einer Obdachlosenunterkunft der Beklagten untergebracht. Laut Einweisungsverfügung der Beklagten vom 27.12.2006 (Verlängerung) handelt es sich um drei Zimmer, für die die Kläger eine monatliche Benutzungsgebühr in Höhe von 471,24 EUR zu zahlen haben. Der Verfügung zufolge werden die Gemeinschaftsflächen (Küche, Bad/WC, Flur) von allen Bewohnern gemeinsam genutzt. Auf dem Abdruck der Verfügung in den Akten der Beklagten befindet sich ein Aktenvermerk vom 9.2.2007, wonach es sich um eine abgeschlossene Wohnung handle.
Auf einem Meldeblatt in den Akten der Beklagten (AS. 138) ist festgehalten: „Wegzug nach unbekannt am 13.6.2005“ . Auf einem weiteren Meldebogen (VAS 140) ist für den 1.7.2005 „Wiederzuzug aus dem Ausland“ vermerkt.
In dem Bericht der Bundespolizeiinspektion Saarbrücken zur Rücküberstellung der Kläger vom 11.7.2005 wird ausgeführt, diese und andere Mitglieder ihrer Großfamilie seien am 8.7.2005 gegen 6.30 Uhr von der französischen Polizei am Bahnhof von Verdun angetroffen, überprüft und aufgrund ihrer fehlenden Pässe und Visa wegen unerlaubter Einreise in die Republik Frankreich festgenommen worden. Sie hätten gegenüber der französischen Polizei angegeben, mit dem Zug in Richtung Lyon unterwegs gewesen zu sein, in Verdun seien ihre Barmittel erschöpft gewesen. Nach ihren eigenen Angaben seien sie am 6.7.2005 von Stuttgart aus in Richtung Frankreich abgereist. Nach ihrer Ankunft in Verdun hätten sie in den dortigen Straßen übernachtet. Fahrkarten hätten sie nicht bei sich gehabt. Nach erfolgter Rücküberstellung aus Frankreich am 8.7.2005 sei bei der Überprüfung festgestellt worden, dass die Kläger außer ihren Duldungen u.a. noch ein Schreiben des Regierungspräsidiums Stuttgart, Bezirksstelle für Asyl, vom 14.6.2005 bei sich geführt hätten. Darin seien sie aufgefordert worden, sich zur Vorbereitung der freiwilligen Rückkehr mit der Behörde in Verbindung zu setzen. Auch nach ihrer Rückkehr aus Frankreich erhielten die Kläger Duldungen.
Unter dem 28.11.2006 beantragten die Kläger die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. In dem Antragsformular ist als Aufenthaltszweck „Erwerbstätigkeit“ angekreuzt. In einem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30.10.2006 berief sich dieser indes allein auf humanitäre Gründe (§ 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK). Mit Schreiben vom 22.11.2006 führte er ergänzend aus, er meine, dass die Kläger unter die Voraussetzungen der Altfallregelung vom 17.11.2006 fielen. Kurz darauf gaben diese die in ihrem Besitz befindlichen serbischen Reisepässe bei der Beklagten ab.
Mit Bescheid vom 6.5.2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Kläger ab; den Klägern zu 4 und 5 drohte sie zudem die Abschiebung in die Bundesrepublik Serbien oder den Kosovo an, falls sie die Bundesrepublik Deutschland nicht spätestens einen Monat nach Bestandskraft dieser Verfügung verließen. Punkt 1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom 20.11.2006 sei nicht erfüllt. Die Kläger hätten Ende Mai/Anfang Juni die Obdachlosenunterkunft verlassen und seien untergetaucht. Am 6.7.2005 seien sie nach Frankreich gereist. Sie hätten dort mit ihren Onkeln, Tanten, Brüdern und Cousins leben und ihren Lebensmittelpunkt dorthin verlegen wollen. Sie seien jedoch von der französischen Polizei festgenommen und am 8.7.2005 nach Deutschland zurück überstellt worden. Sie hätten sich damit zwar noch kurzfristig, jedoch ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde außerhalb der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Zudem hätten sie vorsätzlich behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert oder behindert. Sie hätten zwar zur Erlangung der Aufenthaltserlaubnis einen gültigen serbischen Reisepass vorgelegt. Sie hätten diesen jedoch bereits seit fast zehn Monaten besessen und ihn trotz mehrerer Aufforderungen zur Verhinderung einer möglichen Abschiebung nicht bei der Ausländerbehörde vorgelegt. Des Weiteren seien sie aus ihrer Obdachlosenunterkunft verschwunden, untergetaucht und illegal nach Frankreich gereist, um einer Abschiebung in ihre Heimat zu entgehen. Auch eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG könne den Klägern nicht erteilt werden. Sie verfügten nicht über ausreichenden Wohnraum, da sie in einer kommunalen Obdachlosenunterkunft wohnten. Zudem sei zu ihren Lasten zu werten, dass sie ihren Nationalpass der Ausländerbehörde nicht unverzüglich vorgelegt hätten. Die von ihnen ausgeführte Integration der Familie zu „faktischen Inländern“ könne nicht nachvollzogen werden. Die Kläger zu 1 und 2 befänden sich noch nicht einmal zehn Jahre im Bundesgebiet und hätten keinen deutschen Schulabschluss. Sie seien beide im Kosovo aufgewachsen, beherrschten die Sprache und könnten sich in die dortigen Lebensverhältnisse wieder einfügen. Die Kläger zu 3 - 5 besuchten noch nicht die Schule und könnten sich daher auch problemlos in die Gesellschaft ihres Heimatlandes einfügen. Zudem könne nicht von einer erfolgreichen Integration gesprochen werden, wenn die Familie sich der Abschiebung durch die Nichtaushändigung der gültigen Nationalpässe und Untertauchen entziehe.
Die fristgerecht erhobenen Widersprüche der Kläger wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2008 zurück. Darin wird ausgeführt: Seit der Rückkehr in das Bundesgebiet im Juli 2005 sei der Kläger zu 1 als Teilzeitmitarbeiter bei der Firma M. D. beschäftigt. Im März 2007 habe er zusätzlich eine geringfügige befristete Beschäftigung in einer Autowaschanlage angenommen. Zumindest bis November 2006 hätten die Kläger zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zusätzliche öffentliche Leistungen bezogen. Die erforderliche ununterbrochene Aufenthaltszeit von sechs Jahren sei nicht erfüllt, weil die Kläger im Juni 2005 untergetaucht seien und sich unerlaubt in Frankreich aufgehalten hätten, wo sie am 8.7.2005 festgenommen worden seien. Gemäß Nr. 1.1, Buchstabe i der Anwendungshinweise des Innenministeriums zur Anordnung vom 20.11.2006 führe die Weiterreise in einen anderen Dublin-Staat auch dann zu einer Unterbrechung des Inlandsaufenthalts, wenn eine Rücküberstellung erfolgt sei. Nach Nr. 2.3. der ergänzenden Hinweise des Innenministeriums zu den vorläufigen Anwendungshinweisen zum Aufenthaltsgesetz gelte das Gleiche für die gesetzliche Bleiberechtsregelung des § 104a AufenthG. Gemäß § 50 Abs. 4 AufenthG seien die Kläger mit ihrer unerlaubten Einreise und dem unerlaubten Aufenthalt in Frankreich ihrer Ausreisepflicht nicht nachgekommen. Nach Aktenlage sei auch kein rechtliches oder tatsächliches Ausreisehindernis im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG ersichtlich. Die Kläger zu 1 und 2 lebten erst seit acht Jahren im Bundesgebiet und hätten die überwiegende Zeit ihres Lebens in ihrem Heimatland verbracht. Ihnen sei es deshalb möglich und zumutbar zusammen mit ihren minderjährigen Kindern in ihr Heimatland zurückzukehren. Die minderjährigen Kläger zu 3 - 5 teilten insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern. Die gegen die Kläger zu 4 und 5 ergangenen Abschiebungsandrohungen seien zwischenzeitlich obsolet geworden, nachdem sie das Bundesamt bestandskräftig zur Ausreise aufgefordert und ihnen anderenfalls die Abschiebung in das Kosovo angedroht habe.
Die Kläger haben am 12.11.2006 Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Sie machen ergänzend geltend, der Kläger zu 1 arbeite bereits seit dem 23.3.2003 bei M. D.. Aufenthaltsrechtlich relevante Vorstrafen gebe es nicht.
10 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 4.6.2009 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Ein Anspruch nach § 104a AufenthG bzw. § 23 AufenthG i.V.m. der Anordnung des Innenministeriums vom 20.11.2006 scheitere schon daran, dass sich die Kläger zum jeweiligen Stichtag nicht seit mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet aufgehalten hätten, weil sie nach ihrem Untertauchen im Juni 2005 nach Frankreich ausgereist seien und hierbei ihren Duldungsstatus verloren hätten. Die vorherigen Aufenthaltszeiten könnten daher nicht auf die Mindestdauer des langjährigen Aufenthalts angerechnet werden. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 EMRK ergebe sich kein Abschiebungshindernis. Im Rahmen der Eingriffsrechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK sei eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Für die Kläger spreche der insgesamt lange Aufenthalt im Bundesgebiet, die bei allen Klägern vorhandenen deutschen Sprachkenntnisse, das Fehlen von Straftaten sowie das Bemühen um die Sicherung des Lebensunterhalts durch den Kläger zu 1, neuerdings auch durch die Klägerin zu 2. Dagegen spreche auf der anderen Seite der Umstand, dass die Sicherung des Lebensunterhalts bisher nicht gelungen sei. Die mündliche Verhandlung habe ergeben, dass der Kläger zu 1 aus seiner Teilzeitbeschäftigung bei M. D. ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von ca. 880,-- EUR erziele. Hinzu komme der Verdienst der Klägerin zu 2 aus ihrer neu aufgenommenen Tätigkeit in Höhe von 120,-- EUR im Monat sowie das Kindergeld von ca. 480,-- EUR monatlich. Zusammen seien dies 1.480,-- EUR, wovon die Miete von 472,-- EUR abzuziehen sei. Es verblieben ca. 1.008,-- EUR, während der Bedarf der Familie sich nach den Berechnungen des Sozialamts der Beklagten auf 1.276,05 EUR belaufe. Es klaffe daher eine Lücke von ca. 270,- EUR, die auch derzeit noch durch ergänzende Sozialhilfe abgedeckt werde. Damit sei die wirtschaftliche Integration der Kläger zurzeit nicht gegeben. Hinzu komme der Umstand, dass sie zwischenzeitlich nach Frankreich ausgereist seien und damit bei ihnen keine kontinuierliche Entwicklung hin zu einer zunehmenden Integration festzustellen sei, weil kurzzeitig die Absicht der Eingliederung in die hiesigen Lebensverhältnisse aufgegeben worden sei. Die Entfremdung von den heimatlichen Lebensverhältnissen schreite fort, sei aber noch nicht gravierend, weil die Kläger zu 1 und 2 wegen ihres langjährigen Aufenthalts im Heimatland noch mit den Verhältnissen dort vertraut seien. Allerdings könnten die Kläger zu 3 - 5 die Roma-Sprache als Muttersprache der Kläger zu 1 und 2 nur sehr unzureichend sprechen, wie ihre Aussage in der mündlichen Verhandlung ergeben habe. Als Ergebnis der Abwägung sei festzuhalten, dass der Aspekt der noch nicht erreichten wirtschaftlichen Integration der Kläger bislang das größte Gewicht habe, so dass noch nicht von einer hinreichenden „Verwurzelung“ ausgegangen werden könne. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist den Klägern am 10.6.2009 zugestellt worden.
11 
Die Kläger machen zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung fristgerecht geltend: Der Kläger zu 1 sei inzwischen in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis im Rotationssystem bei M. D. übernommen worden. Sie erfüllten die Voraussetzungen des Art. 8 EMRK. Die Kläger zu 1 und 2 seien im Jahre 1999 ins Bundesgebiet eingereist, die Kläger zu 3 - 5 seien im Bundesgebiet geboren. Seither befänden sie sich bis auf eine kurzfristige Unterbrechung im Jahr 2005 ununterbrochen im Bundesgebiet. Allgemeine Ausschussgründe seien nicht ersichtlich, insbesondere lägen keine aufenthaltsrechtlich relevanten Vorstrafen vor. Zugunsten der Kläger müsse insbesondere der fast zehnjährige Aufenthalt im Bundesgebiet ins Gewicht fallen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sprächen die guten deutschen Sprachkenntnisse für die Kläger. Ihr Lebensunterhalt sei mittlerweile hinreichend gesichert. Der Kläger zu 1 beziehe einen Nettolohn von etwa 900,--EUR monatlich. Hinzu komme ein „Nebenjob“ bei einer Reinigungsfirma. Die Klägerin zu 2 arbeite ebenfalls bei dieser Firma auf 400,-- Euro-Basis. Die Kläger zu 3 - 5 seien hier im Bundesgebiet geboren und hätten keinerlei Bezug zum Kosovo. Neben der deutschen Sprache beherrschten sie nur noch die Roma-Sprache als Muttersprache, allerdings nur sehr unzureichend. Sie sprächen weder albanisch noch serbokroatisch. Nicht außer Acht gelassen werden könne auch die ethnische Volkszugehörigkeit der Kläger. Sie würden nach wie vor im Kosovo als „Menschen zweiter Klasse“ behandelt und angesehen werden.
12 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger zu 1 ergänzend informatorisch angegeben, sie hätten sich nur für 24 Stunden in Frankreich aufgehalten. Aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen. Am 23.6.2005 seien sie aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Er wisse nicht mehr, wo sie sich in der Zwischenzeit bis zu ihrer Ausreise nach Frankreich aufgehalten hätten; möglicherweise hätten sie Urlaub bei Verwandten in Hamburg gemacht. Er arbeite seit Juni 2009 170 Stunden monatlich bei M. D. in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis und daneben 25 Stunden monatlich bei einer Reinigungsfirma. Die Klägerin zu 2 sei dort ca. 40 Stunden pro Monat beschäftigt. Ihre Kinder - die Kläger zu 3 bis 5 - beherrschten die albanische Sprache nicht.
13 
Die Kläger beantragen,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4.6.2009 - 4 K 4239/08 - zu ändern, die Bescheide der Beklagten vom 6.5.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.10.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen zu erteilen.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie vertritt die Ansicht, die Kläger könnten aus ihrem Voraufenthalt keine Rechte ableiten. Sie seien nicht nur wenige Tage untergetaucht. Das Haus, in dem sie als Obdachlose eingewiesen gewesen seien, sei nach Auskunft des zuständigen Sozialarbeiters in der Nacht zum 13.6.2005 verlassen worden. Dieses Datum sei durch eine Befragung der Nachbarn bestätigt worden. Bei der französischen Polizei hätten sie „Abschiebungsandrohungen“ vom 17.5.2005 vorgelegt; die im Polizeibericht erwähnte „Abschiebungsandrohung“ vom 14.6.2005 stamme wahrscheinlich von der anderen Familie ...-... aus dem Ostalbkreis. Der Ausschlussgrund des § 104a Abs. 1 Nr. 4 AufenthG sei durch Untertauchen erfüllt. Als Aufenthaltszeit zu beachten sei nur die Zeit ab der Rücküberstellung am 8.7.2005. Während dieses vierjährigen Aufenthalts seien sie nur geduldet gewesen. Eine Verwurzelung sei aber nicht möglich, wenn sich ein Ausländer nur geduldet in Deutschland aufhalte. Von einer fortgeschrittenen beruflichen und sozialen Integration der Kläger könne nicht die Rede sein. Der Kläger zu 1 sei lediglich als Teilzeitmitarbeiter bei der Firma M. D. beschäftigt. Es sei ihm nicht gelungen, einen Arbeitsplatz mit Vollbeschäftigung zu finden oder sein Arbeitsvolumen beim jetzigen Arbeitgeber auf Vollzeit zu erhöhen. Dieses Argument werde nicht dadurch hinfällig, dass er seit März 2007 daneben eine geringfügige Beschäftigung in einer Autowaschanlage angenommen habe, die er aber nicht mehr ausübe. Die Kläger hätten zwar bei einer „Putzfirma“ mittlerweile zwei Hilfsjobs angenommen. Sie arbeiteten in Teilzeit in zusätzlichen Minijobs, die sie jederzeit wieder verlieren oder aufgeben könnten und in Bereichen, für die eine qualifizierte Ausbildung nicht erforderlich sei. Eine fortgeschrittene berufliche Integration gründe sich in der Regel auf ein unkündbares langjähriges Vollzeitarbeitsverhältnis mit durch die Arbeit erfolgter Qualifizierung und beruflichem Aufstieg. Eine soziale Integration erfordere insbesondere eine dauerhafte eigenständige Lebensunterhaltssicherung. Hinzu komme, dass ihnen die Reintegration im Herkunftsstaat nicht unmöglich sei. Dies zeige sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle. Es treffe nicht zu, dass die Kinder die Sprache des Herkunftsstaates nicht sprechen könnten. Auch der Großvater der Kläger sei im Bundesgebiet aufgenommen worden; es bestehe intensiver Kontakt. Da dieser der deutschen Sprache kaum mächtig sei, könnten die Enkel zwangsläufig nicht deutsch mit ihm sprechen. Minderjährige Kinder teilten grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern. Stehe den Eltern wegen mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland kein Aufenthaltsrecht zu, sei davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger auf die von den Eltern nach der Rückkehr in den Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden könne. Zudem könnten die Kläger keine besondere soziale Integration beispielsweise durch die aktive Mitgliedschaft in Vereinen nachweisen. Die Kinder seien noch so jung, dass sie zusätzliche Sprachen mit Leichtigkeit erlernen könnten, zumal sie als zweisprachig aufgewachsene Kinder sprachbegabt seien und die Eltern die Sprache auch beherrschten und sie in der Erlernung unterstützen könnten.
18 
Dem Senat liegen neben den Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts die von der Beklagten vorgelegten Ausländerakten über die Kläger (sechs Hefte) und die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart vor. Diese Akten waren wie die Prozessakte Gegenstand der mündlichen Verhandlung; wegen der Einzelheiten wird hierauf ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist aber unbegründet, da das Verwaltungsgericht ihre Klage zu Recht abgewiesen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
20 
1. Die Klage ist allerdings nicht schon etwa deshalb unbegründet, weil die Kläger bei der Beklagten keinen Antrag auf die nunmehr geltend gemachten Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen gestellt hätten. Ursprünglich haben sie im Antragsformular zwar angegeben, dass sie einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit begehren. Hierbei hat es sich indes um ein offenkundiges Versehen gehandelt. Wie sich aus dem Schriftverkehr zwischen ihrem Prozessbevollmächtigten und der Behörde eindeutig ergibt, haben sie der Sache nach von Anfang an nur einen humanitären Aufenthaltstitel begehrt. Diese Auslegung ihres Antrags ist auch sachgerecht, da ein Aufenthaltstitel aus anderen Gründen - z. B. zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder zum Familiennachzug - offenkundig nicht in Betracht kommt. Dementsprechend hat auch das Verwaltungsgericht die Klage ausgelegt und in den Entscheidungsgründen ausschließlich geprüft, ob den Klägern ein Titel aus humanitären Gründen erteilt werden kann. Bei dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag handelt es sich demzufolge nicht um eine Klageänderung, sondern nur um eine Konkretisierung des schon ursprünglich geltend gemachten Begehrens.
21 
2. Die Kläger haben jedoch in der Sache weder einen Anspruch auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 23 AufenthG noch nach § 104a AufenthG; auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
22 
a) Die Kläger erfüllen weder die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung nach § 23 AufenthG noch die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG. Sowohl Nr. I.1.1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 als auch § 104a Abs. 1 AufenthG verlangen zu den jeweiligen Stichtagen am 17.11.2006 bzw. 1.7.2007 einen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von sechs Jahren. Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger nicht, da sie das Bundesgebiet verlassen und versucht haben, auf Dauer nach Frankreich auszureisen, und sich damit im Zeitpunkt ihres dortigen Aufgreifens am Bahnhof von Verdun außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben. Zwar sind nach Nr. I.1.1 der Bleiberechtsregelung vom 20.11.2006 kurzfristige erlaubte Auslandsreisen unschädlich. Dasselbe galt nach den vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums (Stand: 17.12.2007) bei § 104a Abs. 1 AufenthG (Nr. 2.3); diese Regelung ist in der mittlerweile verabschiedeten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz allerdings nicht aufgegriffen worden. Bei der Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 hat es sich nicht um eine derartige für die Erfüllung der ununterbrochenen Aufenthaltszeit unschädliche kurzfristige erlaubte Auslandsreise gehandelt. Eine solche setzt nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung zum einen voraus, dass es sich um einen bloß vorübergehenden Aufenthalt im Ausland handelt, nicht aber um eine Ausreise auf Dauer, bei der eine Rückkehr ins Bundesgebiet nicht oder nicht in absehbarer Zeit geplant ist. Zum anderen kann von einer erlaubten Ausreise nur dann gesprochen werden, wenn sie in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt.
23 
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 auf Dauer erfolgen sollte. Die am 13.6.2005 - oder nach dem Vortrag des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.6.2005 -erfolgte Auflösung ihres Haushalts und ihr darauffolgendes Untertauchen belegen, dass sie das Bundesgebiet dauerhaft verlassen wollten. Dies hat der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich bestätigt und angegeben, aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen; sie seien aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Wie lange sich die Kläger genau in Frankreich aufgehalten haben und zu welchem exakten Datum sie ihre Wohnung aufgelöst haben, ist angesichts dessen nicht entscheidungserheblich.
24 
Zum anderen kann im vorliegenden Fall nicht die Rede davon sein, dass die Ausreise der Kläger nach Frankreich in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt sein könnte. Wie der Beklagte glaubhaft vorgetragen hat, erfolgte das Untertauchen und die anschließende Ausreise der Kläger ohne seine Kenntnis und erst Recht ohne seine Billigung.
25 
Als unschädlich kann der Auslandsaufenthalt der Antragsteller auch nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 85 AufenthG angesehen werden (vgl. allg. zu diesem Problemkreis: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.10.2009 – 11 S 1911/09 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 31.1.2008 - 4 K 36/08 - NVwZ-RR 2008, 646; Bayer. VGH, Beschluss vom 4.8.2009 – 19 ZB 09.1510 – juris; VG Würzburg, Urteil vom 3.3.2008 - W 7 K 07.861 - juris; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104a Rn. 13). Danach können Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben. In der Kommentarliteratur wird allerdings vereinzelt die Auffassung vertreten, dass keine Unterbrechung des Aufenthalts eintritt, wenn der Ausländer erfolglos versucht hat, seiner Ausreisepflicht freiwillig durch Ausreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat nachzukommen; finde er dort keine Aufnahme und kehre im Rahmen des Dublin-Verfahrens zurück, so handele es sich lediglich um einen gescheiterten Versuch der Aufenthaltsaufgabe, der nicht zur Unterbrechung führe (so HK-AuslR/Fränkel, § 104 a AufenthG Rn. 9). Schon der gedankliche Ansatzpunkt dieser Auffassung trifft jedoch nicht zu, denn nach § 50 Abs. 4 AufenthG kann ein Ausländer seiner Ausreisepflicht durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur dann genügen, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Dies war bei den Klägern nicht der Fall. Weiter scheidet eine Anwendung des § 85 AufenthG hier deshalb aus, weil dieser nicht die Unterbrechung des Aufenthalts als solchen, die hier im Raum steht, sondern nur dessen Rechtmäßigkeit betrifft. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollte diese Vorschrift beispielsweise dann zur Anwendung kommen, wenn ein Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis verspätet gestellt oder ein Pass ungültig geworden ist (BT-Drucks. 15/420, S. 97), also mit anderen Worten, wenn wegen einer Nachlässigkeit in formaler Hinsicht eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eintritt. Damit ist aber der Fall des Untertauchens und der anschließenden illegalen Ausreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vergleichbar. Auch Sinn und Zweck der Bleiberechtsregelung und des § 104a Abs.1 AufenthG stehen einer entsprechenden Anwendung des § 85 AufenthG entgegen. Der Zweck der Normen, langjährig geduldete Ausländer zu begünstigen, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 202 zu § 104a AufenthG), spricht dafür, grundsätzlich einen ununterbrochenen Aufenthalt zu verlangen und nur erlaubte kurzfristige Auslandsreisen etwa zu Besuchszwecken als unschädlich anzusehen. Gerade im Hinblick darauf, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, lediglich eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren gefordert wird, lässt sich die Zulassung einer bis zu einjährigen Unterbrechung des Aufenthalts mit der gesetzgeberischen Intention nicht vereinbaren.
26 
b) Schließlich kommt auch ein Anspruch der Kläger aus § 25 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht. Ihre Abschiebung ist nicht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK rechtlich unmöglich. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann u.a. Anspruch auf Achtung seines Privatlebens. Dieses Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -InfAuslR 2007, 275).
27 
Offen bleiben kann, ob der Schutzbereich des Rechts der Kläger auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, obwohl ihr Aufenthalt niemals legalisiert worden war. Allerdings neigt auch der Senat der Auffassung des 11. Senats des erkennenden Gerichtshofs zu (vgl. z.B. Beschluss vom 5.2.2009 – 11 S 3244/08 - juris), wonach es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte.
28 
Jedenfalls würde hier eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger keinen (rechtswidrigen) Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens darstellen. Denn Art. 8 EMRK darf nicht so ausgelegt werden, als verbiete er eine Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum Aufnahmestaat verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist.
29 
Dies ist bei den Klägern nicht der Fall. Weder lässt sich sagen, dass sie faktisch als Inländer angesehen werden können, weil sie in Deutschland verwurzelt wären, noch sind sie von ihrem Heimatland vollständig entwurzelt.
30 
Für die Kläger zu 1 und 2 spricht zwar, dass sie sich seit 1999 - soweit ersichtlich straffrei - im Bundesgebiet aufhalten und dass sie die deutsche Sprache beherrschen; die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 sind sogar im Bundesgebiet geboren. Sonstige nennenswerte Integrationsleistungen fehlen aber. Deshalb ist nicht von einer weit reichenden Verwurzelung in Deutschland auszugehen. Eine nachhaltige wirtschaftliche Integration lässt sich nicht feststellen. Erst seit Kurzem sind sie in der Lage, durch mehrere ungelernte Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ein langfristig angelegtes Vollerwerbsverhältnis können die Kläger aber nicht vorweisen. Zwar beträgt der Umfang der Beschäftigung des Klägers zu 1 bei M. D. seit Juni 2009 mittlerweile 170 Stunden monatlich. Der daraus erzielte Verdienst genügt für sich allein genommen indes auch zusammen mit dem Kindergeld immer noch nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie. Auch wenn in den letzten Jahren ihre Bemühungen um eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts anzuerkennen sind, genügen die ausgeübten Tätigkeiten - überwiegend in Teilzeitarbeitsverhältnissen oder als geringfügig Beschäftigte - als ungelernte Arbeitskräfte nicht für die Annahme einer nachhaltigen wirtschaftlichen Verwurzelung. Weitere besondere Integrationsleistungen wie die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen liegen nicht vor. Weiter ist mit hohem Gewicht zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt der Kläger - abgesehen von den Aufenthaltsgestattungen während der Dauer ihrer erfolglosen Asylverfahren - nie legalisiert war, es also an einer „Handreichung des Staates“ und einem rechtlich geschützten Vertrauen darauf, dauerhaft im Bundesgebiet bleiben zu dürfen, fehlt. Abschiebestopperlasse allein konnten dieses Vertrauen zumindest während der Aufenthaltsdauer der Kläger im Bundesgebiet nicht begründen. Schließlich haben die Kläger durch ihren auf Dauer angelegten Versuch der Übersiedlung nach Frankreich im Juni/Juli 2005 selbst deutlich gemacht, dass sie sich in der Bundesrepublik nicht fest „verwurzelt“ fühlen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie bereit waren und versucht haben, Deutschland freiwillig - wenn auch nach ihrem Vortrag aus der (unbegründeten) Angst vor einer Abschiebung heraus - zu verlassen und sich in die Lebensverhältnisse eines anderen Landes – Frankreich - einzufügen.
31 
Eine vollständige Entwurzelung liegt ebenfalls nicht vor. Die Kläger zu 1 und 2 haben den überwiegenden Teil ihres Lebens im Kosovo verbracht. Nachdem diese noch nicht von den Lebensverhältnissen im Kosovo entfremdet sind, muss von ihnen auch erwartet werden, dass sie ihre noch jungen minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3 bis 5, von denen nur das Älteste mittlerweile in Deutschland die Schule besucht, bei der sicher nicht einfachen Eingliederung in die Lebensverhältnisse im Kosovo und dem Erwerb der albanischen Sprache unterstützen werden. Die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 teilen insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern, auch wenn dies für sie eine nicht unerhebliche Härte bedeuten wird.
32 
Sollte das Vorbringen der Kläger (auch) so zu verstehen sein, dass sie zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse geltend machen möchten, weil sie meinen, menschenwürdige Lebensverhältnisse seien für Angehörige der Volksgruppe der Roma im Kosovo nicht gewährleistet, könnten sich jedenfalls die Kläger zu 1 und 3 bis 5 hierauf im vorliegenden Verfahren wegen der Bindungswirkung des § 42 Satz 1 AsylVfG nicht berufen. Denn insoweit machen sie in der Sache zielstaatsbezogene Gesichtspunkte im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG geltend. Liegt hierzu eine negative Statusfeststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (früher Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) vor, so ist die Ausländerbehörde an diese Feststellung gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG gebunden. Ein Ausländer kann die Unzumutbarkeit seiner freiwilligen Ausreise nicht auf eine zielstaatsbezogene Gefahrensituation stützen, wenn und solange das zuständige Bundesamt eine solche Feststellung wie hier abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192 = NVwZ 2006, 1418; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.4.2007 - 11 S 1035/06 - juris; Nds. OVG, Urteil vom 27.9.2007 - 11 LB 69/07 - DVBl. 2007, 57).
33 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
35 
Beschluss vom 9.12.2009
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist aber unbegründet, da das Verwaltungsgericht ihre Klage zu Recht abgewiesen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
20 
1. Die Klage ist allerdings nicht schon etwa deshalb unbegründet, weil die Kläger bei der Beklagten keinen Antrag auf die nunmehr geltend gemachten Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen gestellt hätten. Ursprünglich haben sie im Antragsformular zwar angegeben, dass sie einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit begehren. Hierbei hat es sich indes um ein offenkundiges Versehen gehandelt. Wie sich aus dem Schriftverkehr zwischen ihrem Prozessbevollmächtigten und der Behörde eindeutig ergibt, haben sie der Sache nach von Anfang an nur einen humanitären Aufenthaltstitel begehrt. Diese Auslegung ihres Antrags ist auch sachgerecht, da ein Aufenthaltstitel aus anderen Gründen - z. B. zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder zum Familiennachzug - offenkundig nicht in Betracht kommt. Dementsprechend hat auch das Verwaltungsgericht die Klage ausgelegt und in den Entscheidungsgründen ausschließlich geprüft, ob den Klägern ein Titel aus humanitären Gründen erteilt werden kann. Bei dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag handelt es sich demzufolge nicht um eine Klageänderung, sondern nur um eine Konkretisierung des schon ursprünglich geltend gemachten Begehrens.
21 
2. Die Kläger haben jedoch in der Sache weder einen Anspruch auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 23 AufenthG noch nach § 104a AufenthG; auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
22 
a) Die Kläger erfüllen weder die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung nach § 23 AufenthG noch die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG. Sowohl Nr. I.1.1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 als auch § 104a Abs. 1 AufenthG verlangen zu den jeweiligen Stichtagen am 17.11.2006 bzw. 1.7.2007 einen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von sechs Jahren. Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger nicht, da sie das Bundesgebiet verlassen und versucht haben, auf Dauer nach Frankreich auszureisen, und sich damit im Zeitpunkt ihres dortigen Aufgreifens am Bahnhof von Verdun außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben. Zwar sind nach Nr. I.1.1 der Bleiberechtsregelung vom 20.11.2006 kurzfristige erlaubte Auslandsreisen unschädlich. Dasselbe galt nach den vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums (Stand: 17.12.2007) bei § 104a Abs. 1 AufenthG (Nr. 2.3); diese Regelung ist in der mittlerweile verabschiedeten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz allerdings nicht aufgegriffen worden. Bei der Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 hat es sich nicht um eine derartige für die Erfüllung der ununterbrochenen Aufenthaltszeit unschädliche kurzfristige erlaubte Auslandsreise gehandelt. Eine solche setzt nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung zum einen voraus, dass es sich um einen bloß vorübergehenden Aufenthalt im Ausland handelt, nicht aber um eine Ausreise auf Dauer, bei der eine Rückkehr ins Bundesgebiet nicht oder nicht in absehbarer Zeit geplant ist. Zum anderen kann von einer erlaubten Ausreise nur dann gesprochen werden, wenn sie in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt.
23 
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 auf Dauer erfolgen sollte. Die am 13.6.2005 - oder nach dem Vortrag des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.6.2005 -erfolgte Auflösung ihres Haushalts und ihr darauffolgendes Untertauchen belegen, dass sie das Bundesgebiet dauerhaft verlassen wollten. Dies hat der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich bestätigt und angegeben, aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen; sie seien aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Wie lange sich die Kläger genau in Frankreich aufgehalten haben und zu welchem exakten Datum sie ihre Wohnung aufgelöst haben, ist angesichts dessen nicht entscheidungserheblich.
24 
Zum anderen kann im vorliegenden Fall nicht die Rede davon sein, dass die Ausreise der Kläger nach Frankreich in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt sein könnte. Wie der Beklagte glaubhaft vorgetragen hat, erfolgte das Untertauchen und die anschließende Ausreise der Kläger ohne seine Kenntnis und erst Recht ohne seine Billigung.
25 
Als unschädlich kann der Auslandsaufenthalt der Antragsteller auch nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 85 AufenthG angesehen werden (vgl. allg. zu diesem Problemkreis: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.10.2009 – 11 S 1911/09 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 31.1.2008 - 4 K 36/08 - NVwZ-RR 2008, 646; Bayer. VGH, Beschluss vom 4.8.2009 – 19 ZB 09.1510 – juris; VG Würzburg, Urteil vom 3.3.2008 - W 7 K 07.861 - juris; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104a Rn. 13). Danach können Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben. In der Kommentarliteratur wird allerdings vereinzelt die Auffassung vertreten, dass keine Unterbrechung des Aufenthalts eintritt, wenn der Ausländer erfolglos versucht hat, seiner Ausreisepflicht freiwillig durch Ausreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat nachzukommen; finde er dort keine Aufnahme und kehre im Rahmen des Dublin-Verfahrens zurück, so handele es sich lediglich um einen gescheiterten Versuch der Aufenthaltsaufgabe, der nicht zur Unterbrechung führe (so HK-AuslR/Fränkel, § 104 a AufenthG Rn. 9). Schon der gedankliche Ansatzpunkt dieser Auffassung trifft jedoch nicht zu, denn nach § 50 Abs. 4 AufenthG kann ein Ausländer seiner Ausreisepflicht durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur dann genügen, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Dies war bei den Klägern nicht der Fall. Weiter scheidet eine Anwendung des § 85 AufenthG hier deshalb aus, weil dieser nicht die Unterbrechung des Aufenthalts als solchen, die hier im Raum steht, sondern nur dessen Rechtmäßigkeit betrifft. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollte diese Vorschrift beispielsweise dann zur Anwendung kommen, wenn ein Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis verspätet gestellt oder ein Pass ungültig geworden ist (BT-Drucks. 15/420, S. 97), also mit anderen Worten, wenn wegen einer Nachlässigkeit in formaler Hinsicht eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eintritt. Damit ist aber der Fall des Untertauchens und der anschließenden illegalen Ausreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vergleichbar. Auch Sinn und Zweck der Bleiberechtsregelung und des § 104a Abs.1 AufenthG stehen einer entsprechenden Anwendung des § 85 AufenthG entgegen. Der Zweck der Normen, langjährig geduldete Ausländer zu begünstigen, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 202 zu § 104a AufenthG), spricht dafür, grundsätzlich einen ununterbrochenen Aufenthalt zu verlangen und nur erlaubte kurzfristige Auslandsreisen etwa zu Besuchszwecken als unschädlich anzusehen. Gerade im Hinblick darauf, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, lediglich eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren gefordert wird, lässt sich die Zulassung einer bis zu einjährigen Unterbrechung des Aufenthalts mit der gesetzgeberischen Intention nicht vereinbaren.
26 
b) Schließlich kommt auch ein Anspruch der Kläger aus § 25 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht. Ihre Abschiebung ist nicht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK rechtlich unmöglich. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann u.a. Anspruch auf Achtung seines Privatlebens. Dieses Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -InfAuslR 2007, 275).
27 
Offen bleiben kann, ob der Schutzbereich des Rechts der Kläger auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, obwohl ihr Aufenthalt niemals legalisiert worden war. Allerdings neigt auch der Senat der Auffassung des 11. Senats des erkennenden Gerichtshofs zu (vgl. z.B. Beschluss vom 5.2.2009 – 11 S 3244/08 - juris), wonach es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte.
28 
Jedenfalls würde hier eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger keinen (rechtswidrigen) Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens darstellen. Denn Art. 8 EMRK darf nicht so ausgelegt werden, als verbiete er eine Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum Aufnahmestaat verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist.
29 
Dies ist bei den Klägern nicht der Fall. Weder lässt sich sagen, dass sie faktisch als Inländer angesehen werden können, weil sie in Deutschland verwurzelt wären, noch sind sie von ihrem Heimatland vollständig entwurzelt.
30 
Für die Kläger zu 1 und 2 spricht zwar, dass sie sich seit 1999 - soweit ersichtlich straffrei - im Bundesgebiet aufhalten und dass sie die deutsche Sprache beherrschen; die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 sind sogar im Bundesgebiet geboren. Sonstige nennenswerte Integrationsleistungen fehlen aber. Deshalb ist nicht von einer weit reichenden Verwurzelung in Deutschland auszugehen. Eine nachhaltige wirtschaftliche Integration lässt sich nicht feststellen. Erst seit Kurzem sind sie in der Lage, durch mehrere ungelernte Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ein langfristig angelegtes Vollerwerbsverhältnis können die Kläger aber nicht vorweisen. Zwar beträgt der Umfang der Beschäftigung des Klägers zu 1 bei M. D. seit Juni 2009 mittlerweile 170 Stunden monatlich. Der daraus erzielte Verdienst genügt für sich allein genommen indes auch zusammen mit dem Kindergeld immer noch nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie. Auch wenn in den letzten Jahren ihre Bemühungen um eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts anzuerkennen sind, genügen die ausgeübten Tätigkeiten - überwiegend in Teilzeitarbeitsverhältnissen oder als geringfügig Beschäftigte - als ungelernte Arbeitskräfte nicht für die Annahme einer nachhaltigen wirtschaftlichen Verwurzelung. Weitere besondere Integrationsleistungen wie die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen liegen nicht vor. Weiter ist mit hohem Gewicht zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt der Kläger - abgesehen von den Aufenthaltsgestattungen während der Dauer ihrer erfolglosen Asylverfahren - nie legalisiert war, es also an einer „Handreichung des Staates“ und einem rechtlich geschützten Vertrauen darauf, dauerhaft im Bundesgebiet bleiben zu dürfen, fehlt. Abschiebestopperlasse allein konnten dieses Vertrauen zumindest während der Aufenthaltsdauer der Kläger im Bundesgebiet nicht begründen. Schließlich haben die Kläger durch ihren auf Dauer angelegten Versuch der Übersiedlung nach Frankreich im Juni/Juli 2005 selbst deutlich gemacht, dass sie sich in der Bundesrepublik nicht fest „verwurzelt“ fühlen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie bereit waren und versucht haben, Deutschland freiwillig - wenn auch nach ihrem Vortrag aus der (unbegründeten) Angst vor einer Abschiebung heraus - zu verlassen und sich in die Lebensverhältnisse eines anderen Landes – Frankreich - einzufügen.
31 
Eine vollständige Entwurzelung liegt ebenfalls nicht vor. Die Kläger zu 1 und 2 haben den überwiegenden Teil ihres Lebens im Kosovo verbracht. Nachdem diese noch nicht von den Lebensverhältnissen im Kosovo entfremdet sind, muss von ihnen auch erwartet werden, dass sie ihre noch jungen minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3 bis 5, von denen nur das Älteste mittlerweile in Deutschland die Schule besucht, bei der sicher nicht einfachen Eingliederung in die Lebensverhältnisse im Kosovo und dem Erwerb der albanischen Sprache unterstützen werden. Die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 teilen insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern, auch wenn dies für sie eine nicht unerhebliche Härte bedeuten wird.
32 
Sollte das Vorbringen der Kläger (auch) so zu verstehen sein, dass sie zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse geltend machen möchten, weil sie meinen, menschenwürdige Lebensverhältnisse seien für Angehörige der Volksgruppe der Roma im Kosovo nicht gewährleistet, könnten sich jedenfalls die Kläger zu 1 und 3 bis 5 hierauf im vorliegenden Verfahren wegen der Bindungswirkung des § 42 Satz 1 AsylVfG nicht berufen. Denn insoweit machen sie in der Sache zielstaatsbezogene Gesichtspunkte im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG geltend. Liegt hierzu eine negative Statusfeststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (früher Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) vor, so ist die Ausländerbehörde an diese Feststellung gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG gebunden. Ein Ausländer kann die Unzumutbarkeit seiner freiwilligen Ausreise nicht auf eine zielstaatsbezogene Gefahrensituation stützen, wenn und solange das zuständige Bundesamt eine solche Feststellung wie hier abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192 = NVwZ 2006, 1418; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.4.2007 - 11 S 1035/06 - juris; Nds. OVG, Urteil vom 27.9.2007 - 11 LB 69/07 - DVBl. 2007, 57).
33 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
35 
Beschluss vom 9.12.2009
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und er

1.
über ausreichenden Wohnraum verfügt,
2.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt,
3.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter den tatsächlichen Schulbesuch nachweist,
4.
die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat,
5.
keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen hat und diese auch nicht unterstützt und
6.
nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben.
Wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichert, wird die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt. Im Übrigen wird sie nach Satz 1 erteilt; sie gilt als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5; die §§ 9 und 26 Abs. 4 finden keine Anwendung. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 kann bis zum 1. Juli 2008 abgesehen werden. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(2) Dem geduldeten volljährigen ledigen Kind eines geduldeten Ausländers, der sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat, kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt werden, wenn es bei der Einreise minderjährig war und gewährleistet erscheint, dass es sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Das Gleiche gilt für einen Ausländer, der sich als unbegleiteter Minderjähriger seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und bei dem gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann.

(3) Hat ein in häuslicher Gemeinschaft lebendes Familienmitglied Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen, führt dies zur Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift für andere Familienmitglieder. Satz 1 gilt nicht für den Ehegatten eines Ausländers, der Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen hat, wenn der Ehegatte die Voraussetzungen des Absatzes 1 im Übrigen erfüllt und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, ihm den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Sofern im Ausnahmefall Kinder von ihren Eltern getrennt werden, muss ihre Betreuung in Deutschland sichergestellt sein.

(4) Die Aufenthaltserlaubnis kann unter der Bedingung erteilt werden, dass der Ausländer an einem Integrationsgespräch teilnimmt oder eine Integrationsvereinbarung abgeschlossen wird.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt. Sie soll um weitere zwei Jahre als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 verlängert werden, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers bis zum 31. Dezember 2009 überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert war oder wenn der Ausländer mindestens seit dem 1. April 2009 seinen Lebensunterhalt nicht nur vorübergehend eigenständig sichert. Für die Zukunft müssen in beiden Fällen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Lebensunterhalt überwiegend gesichert sein wird. Im Fall des Absatzes 1 Satz 4 wird die Aufenthaltserlaubnis zunächst mit einer Gültigkeit bis zum 1. Juli 2008 erteilt und nur verlängert, wenn der Ausländer spätestens bis dahin nachweist, dass er die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 erfüllt. § 81 Abs. 4 findet keine Anwendung.

(6) Bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung von Härtefällen von Absatz 5 abgewichen werden. Dies gilt bei

1.
Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit Kindern, die nur vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit Kindern, die vorübergehend auf Sozialleistungen angewiesen sind, und denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist,
4.
erwerbsunfähigen Personen, deren Lebensunterhalt einschließlich einer erforderlichen Betreuung und Pflege in sonstiger Weise ohne Leistungen der öffentlichen Hand dauerhaft gesichert ist, es sei denn, die Leistungen beruhen auf Beitragszahlungen,
5.
Personen, die am 31. Dezember 2009 das 65. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie in ihrem Herkunftsland keine Familie, dafür aber im Bundesgebiet Angehörige (Kinder oder Enkel) mit dauerhaftem Aufenthalt bzw. deutscher Staatsangehörigkeit haben und soweit sichergestellt ist, dass für diesen Personenkreis keine Sozialleistungen in Anspruch genommen werden.

(7) Die Länder dürfen anordnen, dass aus Gründen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis nach den Absätzen 1 und 2 Staatsangehörigen bestimmter Staaten zu versagen ist. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und er

1.
über ausreichenden Wohnraum verfügt,
2.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt,
3.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter den tatsächlichen Schulbesuch nachweist,
4.
die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat,
5.
keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen hat und diese auch nicht unterstützt und
6.
nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben.
Wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichert, wird die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt. Im Übrigen wird sie nach Satz 1 erteilt; sie gilt als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5; die §§ 9 und 26 Abs. 4 finden keine Anwendung. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 kann bis zum 1. Juli 2008 abgesehen werden. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(2) Dem geduldeten volljährigen ledigen Kind eines geduldeten Ausländers, der sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat, kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt werden, wenn es bei der Einreise minderjährig war und gewährleistet erscheint, dass es sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Das Gleiche gilt für einen Ausländer, der sich als unbegleiteter Minderjähriger seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und bei dem gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann.

(3) Hat ein in häuslicher Gemeinschaft lebendes Familienmitglied Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen, führt dies zur Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift für andere Familienmitglieder. Satz 1 gilt nicht für den Ehegatten eines Ausländers, der Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen hat, wenn der Ehegatte die Voraussetzungen des Absatzes 1 im Übrigen erfüllt und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, ihm den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Sofern im Ausnahmefall Kinder von ihren Eltern getrennt werden, muss ihre Betreuung in Deutschland sichergestellt sein.

(4) Die Aufenthaltserlaubnis kann unter der Bedingung erteilt werden, dass der Ausländer an einem Integrationsgespräch teilnimmt oder eine Integrationsvereinbarung abgeschlossen wird.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt. Sie soll um weitere zwei Jahre als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 verlängert werden, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers bis zum 31. Dezember 2009 überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert war oder wenn der Ausländer mindestens seit dem 1. April 2009 seinen Lebensunterhalt nicht nur vorübergehend eigenständig sichert. Für die Zukunft müssen in beiden Fällen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Lebensunterhalt überwiegend gesichert sein wird. Im Fall des Absatzes 1 Satz 4 wird die Aufenthaltserlaubnis zunächst mit einer Gültigkeit bis zum 1. Juli 2008 erteilt und nur verlängert, wenn der Ausländer spätestens bis dahin nachweist, dass er die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 erfüllt. § 81 Abs. 4 findet keine Anwendung.

(6) Bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung von Härtefällen von Absatz 5 abgewichen werden. Dies gilt bei

1.
Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit Kindern, die nur vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit Kindern, die vorübergehend auf Sozialleistungen angewiesen sind, und denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist,
4.
erwerbsunfähigen Personen, deren Lebensunterhalt einschließlich einer erforderlichen Betreuung und Pflege in sonstiger Weise ohne Leistungen der öffentlichen Hand dauerhaft gesichert ist, es sei denn, die Leistungen beruhen auf Beitragszahlungen,
5.
Personen, die am 31. Dezember 2009 das 65. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie in ihrem Herkunftsland keine Familie, dafür aber im Bundesgebiet Angehörige (Kinder oder Enkel) mit dauerhaftem Aufenthalt bzw. deutscher Staatsangehörigkeit haben und soweit sichergestellt ist, dass für diesen Personenkreis keine Sozialleistungen in Anspruch genommen werden.

(7) Die Länder dürfen anordnen, dass aus Gründen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis nach den Absätzen 1 und 2 Staatsangehörigen bestimmter Staaten zu versagen ist. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

Einem minderjährigen ledigen Kind kann im Fall der Ausreise seiner Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils, denen oder dem eine Aufenthaltserlaubnis nicht nach § 104a erteilt oder verlängert wird, abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und § 10 Abs. 3 Satz 1 eine eigenständige Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt werden, wenn

1.
es am 1. Juli 2007 das 14. Lebensjahr vollendet hat,
2.
es sich seit mindestens sechs Jahren rechtmäßig oder geduldet in Deutschland aufhält,
3.
es die deutsche Sprache beherrscht,
4.
es sich auf Grund seiner bisherigen Schulausbildung und Lebensführung in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland eingefügt hat und gewährleistet ist, dass es sich auch in Zukunft in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen wird und
5.
seine Personensorge sichergestellt ist.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 23. Juli 2008 - 4 K 1074/08 - geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung der Antragsteller vorläufig auszusetzen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die 1962 geborenen Antragsteller gehören der Volksgruppe der Ashkali an und stammen aus dem Kosovo. Sie sind serbische, möglicherweise auch kosovarische Staatsangehörige und besitzen gültige serbische Reisepässe. Die Antragsteller reisten 1992 mit ihren 1981, 1982, 1983 und 1986 geborenen Kindern zur Durchführung eines Asylverfahrens in das Bundesgebiet ein. Mit Bescheid vom 15.09.1994 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) ihre Asylanträge ab; ein 1999 durchgeführtes Folgeverfahren blieb ebenfalls ohne Erfolg. In der Folgezeit wurde der Aufenthalt der Antragsteller geduldet.
Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 17.06.2004 wurden die Antragsteller wegen Betrugs zu Geldstrafen von 80 Tagessätzen (Antragsteller zu 1) bzw. 70 Tagessätzen (Antragstellerin zu 2) verurteilt. Dem lag zugrunde, dass die Antragstellerin zu 2 von Juli 1999 bis Juli 2002 stundenweise als Haushaltshilfe in mehreren Privathaushalten tätig war, was dem Sozialhilfeträger verschwiegen wurde. Dadurch kam es zu Überzahlungen von Sozialhilfeleistungen in Höhe von 4.183,39 EUR.
Seit August 2004 sind beide Antragsteller erwerbstätig; sie beziehen seither keine Hilfe zum Lebensunterhalt mehr.
Mit Bescheid vom 05.09.2007 lehnte das Landratsamt Lörrach die Anträge der Antragsteller auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 mit der Begründung ab, dass aufgrund der rechtskräftigen Verurteilungen ein Ausschlussgrund vorliege. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde vom Regierungspräsidium Freiburg mit Widerspruchsbescheid vom 19.03.2008 zurückgewiesen. Auf einen - ebenfalls geltend gemachten - möglichen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG gingen beide Bescheide nicht ein. Am 16.04.2008 haben die Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg erhoben, mit der sie die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG begehren (Az.: 4 K 708/08).
Mit Beschluss vom 23.07.2008 - 4 K 1074/08 - lehnte das Verwaltungsgericht Freiburg die Anträge auf Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO seien bereits unzulässig. Wenn man die Anträge sachdienlich als solche nach § 123 VwGO auslege, fehle es am erforderlichen Anordnungsanspruch. Die Antragsteller hätten keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK. Zwar sei der Schutzbereich des Art. 8 EMRK eröffnet, doch sei der Eingriff in das Recht der Antragsteller auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt. Gegen eine gelungene Integration sprächen insbesondere die von den Antragstellern begangenen Straftaten.
Mit ihren Beschwerden begehren die Antragsteller, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihre Abschiebung vorläufig auszusetzen.
Der Antragsgegner ist den Beschwerden entgegengetreten. Er führt ergänzend aus, es liege im Wesentlichen im Verhalten der UNMIK begründet, dass nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt der Versuch unternommen worden sei, die Antragsteller abzuschieben. Erst seit Mai 2005 sei die UNMIK überhaupt bereit gewesen, Ashkali in beschränkter Zahl aufzunehmen. Angesichts der beschränkten Rückführungsmöglichkeiten sei die Rückführung der Antragsteller, die seit 01.10.2004 nicht mehr im Leistungsbezug standen, nicht prioritär gewesen. Nach dem Abbau des Rückführungsstaus im Jahr 2006 sei sodann die Abschiebung der Antragsteller im Hinblick auf eine zu erwartende Bleiberechts- bzw. Altfallregelung vorläufig zurückgestellt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die fristgerecht erhobenen und begründeten sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechenden Beschwerden der Antragsteller sind zulässig und begründet. Die Antragsteller haben sowohl das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - der Antragsgegner beabsichtigt, sie abzuschieben -, als auch die Voraussetzungen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 und 3 VwGO, §§ 920, Abs. 2, 294 ZPO). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts geht der Senat bei der im Eilverfahren allein angezeigten und möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage davon aus, dass die Antragsteller auch weiterhin zumindest einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG besitzen. Ihre Abschiebung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil der damit einhergehende Eingriff in ihr Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt sein dürfte. Ob den Antragstellern deshalb auch Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen erteilt werden müssen oder können und ob insoweit im Lichte aufenthaltsrechtlicher Schutzwirkungen aus Art. 8 EMRK trotz der rechtskräftigen Verurteilung auch von der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abgesehen werden muss (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG), kann im anhängigen Hauptsacheverfahren geklärt werden.
10 
Die beabsichtigte Abschiebung dürfte - jedenfalls - in den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreifen. Der EGMR geht insoweit von einem weiten Begriff des „Privatlebens“ aus, dessen Schutzbereich auch das „Recht auf Entwicklung einer Person“ sowie das Recht, Beziehungen zu anderen Personen und der Außenwelt zu knüpfen und zu entwickeln und damit letztlich die Gesamtheit der im Land des Aufenthalts - hier Deutschland - „gewachsenen Bindungen“, umfasst. Allerdings darf die Vorschrift nicht so ausgelegt werden, als verbiete sie allgemein eine gegebenenfalls auch zwangsweise Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen konventionswidrigen Eingriff in das „Privatleben“ im Verständnis des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über „starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte“ zum „Aufnahmestaat“ verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung „faktisch zu einem Inländer“ geworden ist, dem wegen der Besonderheiten seines Falles ein Leben in dem Staat seiner Staatsangehörigkeit, zu dem er keinen Bezug (mehr) hat, schlechterdings nicht mehr zugemutet werden kann. Nachdem die Antragsteller seit nunmehr rund 16 Jahren in Deutschland leben, seit über vier Jahren über feste Arbeitsplätze verfügen und von Sozialleistungen unabhängig sind, sie die deutsche Sprache beherrschen, drei ihrer vier inzwischen erwachsenen Kinder eigene Familien gegründet haben und über gesicherte Aufenthaltsrechte verfügen, können die für die rechtliche Annahme eines im Bundesgebiet geführten Privatlebens erforderlichen Bindungen in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht kaum verneint werden. Wie sich hinreichend etwa aus den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Sachen „Sisojeva I und II“ (EGMR, Urteile vom 16.06.2005 und 15.01.2007, EuGRZ 2006, 554 und InfAuslR 2007, 140) sowie „Rodrigues da Silva und Hoogkamer“ (EGMR, Urteil vom 31.01.2006, EuGRZ 2006, 562) ergibt, kommt es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte (offen gelassen im Urteil vom 08.04.2008 - Nr. 21878/06 - „Nnyanzi“); der Schutzbereich dieses Menschenrechts dürfte vielmehr auch bei nur Geduldeten eröffnet sein können (Senatsbeschluss vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - InfAuslR 2008, 29 = VBlBW 2008, 114 = NVwZ 2008, 344; ebenso Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 150; HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 56; Benasssi, InfAuslR 2006, 397 <401 f.>; Hoppe, ZAR 2006, 125; Marx, ZAR 2006, 261 <266>; a.A. wohl Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris und Storr in Storr u.a., ZuwG, 2. Aufl., § 25 AufenthG Rn. 31). Auch die von den Antragstellern begangenen Straftaten, die inzwischen über sechs Jahre zurückliegen, stellen ihre gesellschaftlichen Bindungen im Bundesgebiet nicht ernsthaft in Frage.
11 
Ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfte zu bejahen sein, weil die hier asylverfahrensrechtlich begründeten Ausreisepflichten durchgesetzt, d.h. der Aufenthalt der Antragsteller in Deutschland durch Abschiebung beendet werden soll. Der Senat geht - wie inzwischen wohl auch die Antragsteller - davon aus, dass diesen wegen der begangenen Straftaten weder ein aus der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom 20.11.2006 (Az.: 4-1340/29; vgl. insbesondere Nr. 3.3) ermöglichtes Bleiberecht noch ein Aufenthaltsrecht nach der gesetzlichen Altfallregelung des § 104 a AufenthG zusteht, weswegen eine aufenthaltsrechtliche Legalisierung ihres Privatlebens im Bundesgebiet insoweit ausgeschlossen sein dürfte.
12 
Gleichwohl ergibt sich aus der Existenz der Bleiberechts- und Altfallregelungen keine hier relevante Sperrwirkung. Vielmehr bleibt neben den dort geregelten generalisierten Fallkonstellationen Raum für hiervon losgelöste Einzelfallabwägungen, auch bei einer Entscheidung über das Vorliegen eines zwingenden Duldungsgrundes nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK (Senatsbeschluss vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - a.a.O. m.w.N.). Etwas anderes wäre gerade im Falle von Straftätern mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. die Nachweise in BVerfG, Beschluss vom 01.03.2004 - 2 BvR 1570/03 - NVwZ 2004, 852 = InfAuslR 2004, 280 = EuGRZ 2004, 317) nicht vereinbar.
13 
Der Eingriff in das geschützte Privatleben der Antragsteller dürfte im konkreten Einzelfall im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, weil unverhältnismäßig sein. Insoweit ist insbesondere das öffentliche Interesse an der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) mit dem Interesse der Antragsteller an der Aufrechterhaltung ihrer faktisch gewachsenen und von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten privaten Bindungen im Bundesgebiet abzuwägen. Dabei kommt es zunächst auf den jeweiligen Grad der „Verwurzelung“ an; je stärker der Betroffene im Aufenthaltsstaat integriert ist, desto schwerer müssen die öffentlichen Interessen wiegen (vgl. EGMR, Urteil vom 22.06.2006 - Nr. 59643/00 - „Kaftailova“). Weiter ist auf den Grad der „Entwurzelung“ abzustellen, d. h. auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Reintegration im Herkunftsstaat, insbesondere aufgrund der Vertrautheit mit den dortigen Verhältnissen und den dort lebenden und aufnahmebereiten Verwandten. Schließlich können im Rahmen der Schrankenprüfung sonstige Faktoren Berücksichtigung finden, etwa ob der Aufenthalt des Betroffenen zumindest vorübergehend legal war und damit - i.S. einer „Handreichung des Staates“ - schutzwürdiges Vertrauen auf ein Hierbleibendürfen entwickelt werden konnte.
14 
Gemessen daran dürfte das Interesse der Antragsteller an der Aufrechterhaltung ihrer privaten Bindungen im Bundesgebiet das öffentliche Interesse insbesondere an Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern voraussichtlich überwiegen. Aufgrund ihres langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet, ihrer familiären Bindungen und ihrer Berufstätigkeit ist von einer weitreichenden „Verwurzelung“ der Antragsteller in Deutschland auszugehen. Die Aufenthaltsdauer beträgt das Doppelte der in der gesetzlichen Altfallregelung des § 104 a AufenthG geforderten acht Jahre, ab denen eine hinreichende Integration bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen sozusagen gesetzlich vermutet wird. Eine weitere Besonderheit liegt darin, dass voraussichtlich alle vier Kinder der Antragsteller bereits ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet erlangt haben oder in Kürze erlangen werden. Zu den engen familiären Bindungen der Antragsteller zu ihren Kindern und Enkelkindern treten die sozialen Kontakte zu Deutschen hinzu, die durch die vorgelegten schriftlichen Erklärungen belegt werden. Die Antragsteller haben sich auch nicht erst mit Blick auf die Bleiberechts- bzw. Altfallregelung um Integration in den Arbeitsmarkt bemüht. Sie sind vielmehr bereits seit über vier Jahren erwerbstätig. Dass sie erst als Erwachsene eingewandert sind, steht angesichts dieser besonderen Umstände ihrer Verwurzelung nicht entgegen (vgl. EGMR, Urteil vom 31.01.2006 - Nr. 50252/99 - „Sezen“ - InfAuslR 2006, 255). Insoweit unterscheiden sich die Umstände des vorliegenden Falles wesentlich von denen des Falles „Nnyanzi“, in dem der EGMR bei einer abgelehnten Asylbewerberin aus Uganda nach zehnjährigem Aufenthalt in Großbritannien einen unverhältnismäßigen Eingriff durch die Abschiebung verneint hat (Urteil vom 08.04.2008 - Nr. 21878/06 -). Die Straftaten, die die nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG einen Ausschlussgrund begründende Grenze von 50 Tagessätzen nicht erheblich übersteigen und die zwischenzeitlich über sechs Jahre zurückliegen, fallen demgegenüber nicht erheblich ins Gewicht.
15 
Nachdem die Antragsteller nach Aktenlage in den letzten 16 Jahren nicht mehr im Kosovo gewesen sind, dort keine nahen Verwandten haben, diese vielmehr alle in Deutschland leben, sich die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse im Kosovo seit ihrer Ausreise grundlegend gewandelt haben, sie dort einer wenig geachteten ethnischen Minderheit angehören, kann auch eine weitreichende „Entwurzelung“ angenommen werden. Dass der Aufenthalt der Antragsteller nie legalisiert war, spricht nicht entscheidend gegen sie. Die Antragsteller haben nach Aktenlage in keiner Weise dazu beigetragen, dass es nicht zu einer Aufenthaltsbeendigung kam. Grund für die laufende Verlängerung der Duldungen war, wie der Antragsgegner erläutert hat, im Wesentlichen das abwehrende Verhalten der UNMIK gegenüber der Rückführung von Minderheitsangehörigen und zuletzt die Entscheidung des Antragsgegners, den Fall im Hinblick auf die Bleiberechts- und Altfallregelung zurückzustellen. Vor diesem Hintergrund sowie der skizzierten konkreten Verwurzelungs- und Entwurzelungssituation erscheint der mit der Abschiebung verbundene Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK in der Gesamtabwägung derzeit unverhältnismäßig. Hierfür spricht zudem, dass die Antragsteller nach Abschiebung keine realistische Möglichkeit haben dürften, in absehbarer Zeit legal wieder in das Bundesgebiet einzureisen. Die für ihr Privatleben konstitutiven Beziehungen könnten bei einer Abschiebung mithin gegebenenfalls irreparabel beschädigt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - InfAuslR 2007, 275 = NVwZ 2007, 946).
16 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
17 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 39 Abs. 1 GKG.
18 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2004 - 11 K 4809/03 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.13 S 2220/05

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis bzw. einer Aufenthaltsgenehmigung.
Er wurde am 22.8.1990 in der Bundesrepublik Deutschland geboren und ist vietnamesischer Staatsangehöriger. Seine Eltern reisten im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer aus Vietnam in die DDR ein. Nach der Maueröffnung siedelten sie Ende 1989 in die Bundesrepublik Deutschland über, wo sie im Jahr 1990 einen Asylantrag stellten. Die Asylverfahren endeten im Juli 1994 bzw. Juli 1995 erfolglos. Im Jahr 1995 beantragte die Familie des Klägers die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis. Mit Verfügung vom 20.11.1995 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ab, den hiergegen gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der erkennende Senat mit Beschluss vom 11.6.2001 (13 S 1195/01) ab. Der Kläger war seit seiner Geburt zu keiner Zeit im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung.
Am 15.7.2003 beantragte der Vater des Klägers für sich und seine Familie erneut die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis. Zur Begründung wurde vorgetragen: Das ursprüngliche Abschiebungshindernis der Passlosigkeit sei zwischenzeitlich entfallen, nachdem sich die gesamte Familie freiwillig vietnamesische Reisepässe verschafft habe. Für den Kläger ergebe sich eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung aber daraus, dass er in Böblingen geboren, aufgewachsen und sprachlich sowie kulturell in die Bundesrepublik Deutschland integriert sei. Er habe keinen Bezug zu seinem "Heimatstaat Vietnam". Eine Abschiebung würde eine Entwurzelung bedeuten, die mit einer erheblichen Gefährdung des Kindeswohls, insbesondere der seelischen Gesundheit einhergehen würde. Eine Abschiebung in Kenntnis der zu erwartenden offensichtlichen psychischen Störungen verstoße zudem gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK.
Mit Schreiben vom 14.10.2003 teilte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit: Nach erneuter Prüfung der Aktenlage und Rücksprache mit dem Regierungspräsidium sei man übereingekommen, dass sich an der Sachlage der Familie seit den letzten mehrmals gestellten Anträgen auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nichts geändert habe. Eine neue Prüfung und ein daraus folgender Bescheid, der eine Ablehnung zur Folge hätte, sei daher entbehrlich.
Der Kläger hat - gemeinsam mit seinen übrigen Familienangehörigen - am 21.11.2003 verwaltungsgerichtliche Klage erhoben, zu deren Begründung er im wesentlichen das Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt hat. Mit Beschluss vom 13.10.2004 hat das Verwaltungsgericht nach Durchführung der mündlichen Verhandlung das Verfahren des Klägers vom Verfahren der übrigen Familienangehörigen abgetrennt.
Mit Urteil vom 24.6.2004 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei gem. § 75 VwGO zulässig. Zu Unrecht berufe sich die Beklagte darauf, wegen Unanfechtbarkeit ihrer vorangegangenen ablehnenden Verfügung besitze der Kläger kein Sachbescheidungsinteresse. Denn es lägen Gründe vor, die dafür sprächen, dass ein sachlicher Anlass für eine erneute Prüfung und Entscheidung durch sog. Zweitbescheid gegeben sei. Unabhängig von der Frage, welche Bedeutung dem Umstand zukomme, dass der Kläger nunmehr - anders als im Zeitpunkt der letzten Gerichtsentscheidung - im Besitz eines vietnamesischen Reisepasses sei, berufe er sich auf seine fortgeschrittene Integration und ein daraus resultierendes rechtliches Abschiebungshindernis. Nachdem die vorangegangene Entscheidung des VG Stuttgart insoweit mehr als drei Jahre zurückliege, was angesichts des Alters des Klägers eine erhebliche Zeitspanne sei, habe Anlass für eine neue Prüfung und Entscheidung bestanden. Der Kläger habe auch Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis. Allerdings komme deren Erteilung wohl nicht nach § 30 Abs. 3 AuslG in Betracht, da der Kläger zwischenzeitlich im Besitz eines vietnamesischen Reisepasses sei. Soweit er sich auf das rechtliche Abschiebungshindernis seiner erfolgreichen Integration berufe, dürfte ein Vertretenmüssen i. S. des § 30 Abs. 3 AuslG vorliegen, weil er sich das Verhalten seiner Eltern zurechnen lassen müsse. Diese hätten aber spätestens seit Abschluss ihres Asylverfahrens im Jahr 1995 gewusst, dass sie kein Bleiberecht in Deutschland besäßen. Es wäre im Interesse des Kindeswohls seinerzeit geboten gewesen, den Kläger auf ein Leben im Heimatland Vietnam vorzubereiten. Dass dies nicht in ausreichendem Maße geschehen sei, sei objektiv und subjektiv vorwerfbar und dürfte eine Anwendung von § 30 Abs. 3 AuslG insoweit ausschließen. Der Kläger erfülle jedoch die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 4 AuslG. Wie die gesetzliche Formulierung zeige, komme es hier auf ein Vertretenmüssen gerade nicht an. Auch der Ausländer, der ein Abschiebungshindernis selbst zurechenbar herbeigeführt habe, könne sich im Grundsatz auf diese Vorschrift berufen. Insoweit sei das vom Kläger in Anspruch genommene Abschiebungshindernis seiner gelungenen Integration rechtlich von Bedeutung. Es sei unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles auch tatsächlich gegeben. Eine abgeschlossene erfolgreiche Integration eines fast 15-jährigen im Bundesgebiet geborenen und aufgewachsenen Ausländers sei im Hinblick auf das Schutzgut des "Privatlebens" in Art. 8 Abs. 1 EMRK als rechtliches Abschiebungshindernis zu berücksichtigen. Das Gericht sehe die Integration des Klägers - im Unterschied zu derjenigen seiner Eltern - weitgehend als erfolgreich abgeschlossen an. Er nehme hier am sozialen Leben teil, besuche - mit Erfolg - eine weiterführende Schule, spreche in seiner Umgebung und auch innerhalb der Familie - jedenfalls mit seinen Geschwistern - mehrheitlich deutsch, und weise alle Merkmale eines sog. "faktischen Inländers" auf. Er sei nicht vorbestraft und lebe auch nicht unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel. Seine Abschiebung nach Vietnam würde sich rein tatsächlich nicht als eine Rückkehr ins Heimatland darstellen, vielmehr als eine Art "Verbannung" in die Fremde. Mit Blick auf die vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung komme hinzu, dass das Hineinwachsen des Klägers in diese Integration von mehreren Faktoren begünstigt worden sei, nicht zuletzt von dem Umstand, dass es den Behörden in der Vergangenheit einfach nicht gelungen sei, die aufenthaltsrechtliche Situation der Familie "in den Griff" zu bekommen. Integriere sich ein im Bundesgebiet geborener ausländischer Jugendlicher aber auf Grund der genannten Umstände derart erfolgreich, werde das an sich legitime Ziel, die Einhaltung der aufenthaltsrechtlichen Vorschriften letztendlich doch noch durchzusetzen, schließlich unverhältnismäßig i. S. von Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK, und es sei von einem rechtlichen Abschiebungshindernis auszugehen. Zwar treffe den Ausländer im Rahmen des § 30 Abs. 4 AuslG die Obliegenheit, alles in seiner Kraft Stehende und ihm Zumutbare dazu beizutragen, etwaige Abschiebungshindernisse zu überwinden. Für den Kläger wäre es aus den dargelegten Gründen aber nicht zumutbar, sein Privatleben aufzugeben und seiner Ausreisepflicht zu genügen. Einen Verlust seiner erfolgreich abgeschlossenen Integration vermöge er rein tatsächlich nicht herbeizuführen. Das Ermessen der Beklagten sei vorliegend "auf Null" reduziert.
Gegen das am 30.11.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.12.2004 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 31.10.2005 hat der Senat die Berufung zugelassen. Der Beschluss wurde der Beklagten am 9.11.2005 zugestellt.
Mit am 8.12.2005 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte die Berufung begründet und ausgeführt: Die Trennung der Verfahren der Eltern und der Geschwister von dem des Klägers hätte nicht erfolgen dürfen. Es sei von einer notwendigen Streitgenossenschaft auszugehen. Die Klage sei bereits unzulässig. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass der Kläger ein Sachbescheidungsinteresse habe. Die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Sie müsse generell bei einem Heranwachsenden erwartet werden und sei daher kein neuer Sachverhalt, der ein Sachbescheidungsinteresse begründe. Die Klage sei auch unbegründet. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass es bei § 30 Abs. 4 AuslG nicht darauf ankomme, ob der Ausländer ein Abschiebungshindernis zu vertreten habe. Im übrigen stelle die Integration des Klägers kein Abschiebungshindernis nach Art. 8 Abs. 1 EMRK dar. Seine Familie sei seit mehreren Jahren vollziehbar ausreisepflichtig, das Abschiebungshindernis habe sie auf Grund fehlender Mitwirkung selbst verschuldet. Sie habe sich nachgewiesenermaßen mehrmals geweigert, an den Passbeschaffungsmaßnahmen mitzuwirken, obwohl zumindest der Vater des Klägers einen vom 9.6.1995 bis 8.6.2000 gültigen vietnamesischen Nationalpass bei der Ausländerbehörde hinterlegt gehabt habe. Erst nachdem erneut Hoffnung auf ein Aufenthaltsrecht bestanden habe, sei die Familie bereit gewesen, die entsprechenden Bemühungen zu zeigen. Eine freiwillige Ausreise wäre demnach schon vor Jahren möglich gewesen. Es sei allein den Eltern des Klägers zuzurechnen, dass sich der Aufenthalt im Bundesgebiet derart lange hinausgezogen habe. Auch stelle die Familie einen Integrationswillen nicht ausreichend unter Beweis. Sie hätte bereits vor Jahren ein Aufenthaltsrecht erhalten können, habe dies jedoch selbst durch den mehrjährigen Bezug von Sozialhilfe und durch fehlende Mitwirkungsbereitschaft verhindert. Bleiberechtsregelungen des Innenministeriums hätten daher keine Anwendung gefunden. Dass die Eltern den Kindern weder die heimatliche Sprache noch die vietnamesische Kultur vermittelt hätten, gehe allein zu Lasten der Familie. Der Kläger möge sich zwar selbst integriert haben, er müsse sich jedoch das Verhalten der Eltern anrechnen lassen, da er minderjährig sei und seine Eltern seine gesetzlichen Vertreter seien. Auch aus Art. 8 EMRK könne kein Bleiberecht abgeleitet werden. Hinsichtlich des Schutzes des Familienlebens scheide eine Verletzung dieser Bestimmung schon deshalb aus, weil der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht in Deutschland verweigert werde und daher alle Familienmitglieder in ihr Heimatland zurückkehren müssten. Art. 8 Abs. 1 EMRK gewähre kein Recht, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet sei, um ein Familienleben aufzubauen. Auch das Recht auf Privatleben werde durch eine Aufenthaltsbeendigung nicht verletzt. Es spreche bereits vieles dafür, dass ein schützenswertes Privatleben i. S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK voraussetze, dass zumindest für einen gewissen Zeitraum ein ordnungsgemäßer Aufenthalt im Aufenthaltsstaat vorgelegen habe. Der Kläger habe jedoch nie über einen ordnungsgemäßen Aufenthalt verfügt. Selbst wenn man davon ausgehe, dass auch ein rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines geschützten Privatlebens i. S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein könne, sei die daraus folgende Rechtsposition im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Dabei dürfe Art. 8 EMRK nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deshalb, weil er sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe. Vielmehr bedürfe es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr unzumutbar sei. Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat einreise und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen sei, rechtfertige einen solchen Schluss nicht. Gesichtspunkte seien jeweils unter anderem die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland. Es sei dem Kläger auch zumutbar, in sein Heimatland zurückzukehren. Er sei in einem Alter, in dem er sich an neue Verhältnisse anpassen und in sie einfügen könne. Seine persönlichen Interessen, weiterhin im Bundesgebiet zu leben, seien zwar nachvollziehbar, müssten jedoch gegenüber den aufenthaltsrechtlichen Vorschriften hintanstehen. Nicht richtig sei weiterhin, wenn das Verwaltungsgericht den Behörden eine Teilschuld zumesse. Zum einen werde seitens des Innenministeriums Baden-Württemberg das Instrument der freiwilligen Ausreise bevorzugt. Zum anderen habe die Familie des Klägers die Abschiebung durch fehlende Mitwirkung, die mehrmalige Antragstellung, die Durchführung verwaltungsgerichtlicher Verfahren etc. selbst vereitelt. Es wäre ausschließlich die Pflicht der Familie gewesen auszureisen.
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2004 - 11 K 4809/03 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil.
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Der Beigeladene schließt sich dem Antrag der Beklagten an.
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Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere des weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird auf die gewechselten Schriftsätze und die dem Senat vorliegen Verwaltungsakten der Beklagten, Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart und Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (auch aus früheren Verfahren) verwiesen. Sie waren Gegenstand der Verhandlung und Beratung.

Entscheidungsgründe

 
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Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung, vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weil der Kläger keinen Anspruch auf den von ihm begehrten Aufenthaltstitel hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Entgegen der Auffassung der Beklagten erweist sich das Urteil allerdings nicht schon deshalb als fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen der übrigen Familienmitglieder abgetrennt und über dieses vorab entschieden hat. Nach § 93 VwGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden. Die Entscheidung über eine Verbindung oder Trennung steht im Ermessen des Gerichts (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Rdnr. 3 zu § 93 m.w.N.). Es ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers nach Durchführung der mündlichen Verhandlung abgetrennt hat. Zwar könnte dies anders zu beurteilen sein, wenn zwischen dem Kläger und seinen Familienangehörigen eine notwendige Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO i.V.m. § 62 ZPO bestünde (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 4.7.1991 - 4 UE 552/87 -, juris). Dies ist aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - hier nicht der Fall. Denn es ist nicht ersichtlich, dass über den vom Kläger und seiner Familie geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zwingend einheitlich (d.h. für jeden Familienangehörigen gleich) entschieden werden muss oder dass aus einem sonstigen Grund eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt (vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 6 f. zu § 64). Vielmehr ist es durchaus denkbar, dass die Klage hinsichtlich einiger Familienmitglieder Erfolg hat, hinsichtlich anderer - etwa wegen in ihrer Person liegender Gründe (z.B. Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 AufenthG) - aber nicht. Im übrigen ist aber auch nicht erkennbar, dass sich die Trennung des Verfahrens des Klägers von demjenigen seiner Eltern und Geschwister in der Sache auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hat.
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Der Kläger hat auch das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Sachbescheidungsinteresse. Die Beklagte hat zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung vorgetragen, über den Antrag des Klägers und seiner Familie auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis vom 15.7.2003 sei kein neuer Bescheid erlassen worden, da keine neuen Umstände vorgetragen worden seien, die einen anderen rechtlich relevanten Sachverhalt als in den Jahren zuvor beträfen, in denen der Kläger bereits mehrmals Anträge gestellt und Petitionen eingereicht habe; die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Dem hat das Verwaltungsgericht jedoch zutreffend entgegengehalten, dass der Kläger Gründe vorgetragen hat, die einen sachlichen Anlass für eine erneute Prüfung und förmliche Entscheidung durch Verwaltungsakt boten, weil sich im Hinblick auf seine weiter fortgeschrittene Integration ernsthaft die Frage stellte, ob nunmehr ein Abschiebungshindernis gegeben war oder ob noch an den früheren ablehnenden Entscheidungen festgehalten werden konnte. Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass zur Annahme, dass der erneute Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis von der Beklagten als offensichtlich rechtsmissbräuchlich gestellt angesehen und daher unbeachtet gelassen werden durfte (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rnr. 57 zu § 22 m.w.N.; siehe auch OVG Münster, Beschluss vom 27.10.2005 - 13 A 3802.05A -,    InfAuslR 2006, 99).    
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Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) entgegen. Zwar ist mit diesem ein Anspruch (auch) des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis abgelehnt worden. Damit steht allerdings nur (rechtskräftig) fest, dass ihm zum für die damalige Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (der mündlichen Verhandlung) keine Aufenthaltsbefugnis zustand (vgl. § 121 VwGO und Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 9 und 28 zu § 121). Der Kläger macht aber gerade geltend, dass ein solcher Anspruch aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit und der damit verbundenen fortgeschrittenen Integration nunmehr gegeben ist.
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Die Klage ist aber unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis bzw. Aufenthaltserlaubnis hat.
21 
Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis ist zwar noch unter der Geltung des früheren Ausländergesetzes gestellt worden; für die Frage, ob die Erteilung dieses Aufenthaltstitels aus Rechtsgründen geboten ist (Anspruch) oder aus Rechtsgründen ausscheidet (Sperre), ist aber auf das Recht des seit dem 1.1.2005 geltenden Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG -) vom 30.6.2004 (BGBl I S. 1950), abzustellen (vgl. auch § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Im übrigen (Ermessen) kommt es zwar grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides an (siehe dazu allgemein BVerwG, Urteil vom 16.6.2004 - 1 C 20.03 -, InfAuslR 2004, 427; speziell zum Übergang vom AuslG zum AufenthG siehe VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 9.2.2005 - 11 S 1099/04 -, vom 23.2.2005 - 13 S 2949/04 - und vom 22.6.2005 - 13 S 1023/05 -; Jakober/Welte, AufenthG, Rdnr. 34 f. zu § 101; Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Rdnr. 2 f. zu § 102); da aber im vorliegenden Verfahren weder ein Bescheid der Beklagten noch ein Widerspruchsbescheid ergangen ist (und damit auch keine behördliche Ermessensausübung stattgefunden hat), ist insgesamt maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.1997 - 17 A 5677/95 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996 - Bs VI 104/96 -, DÖV 1997, 386).
22 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis; auch eine Aufenthaltserlaubnis im Ermessensweg kommt hier nicht in Betracht.
23 
1. § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG scheiden als Rechtsgrundlage aus, weil der Kläger weder als Asylberechtigter anerkannt noch festgestellt worden ist, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Nachdem er das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2, 3, 5, oder 7 AufenthG weder vorgetragen hat noch dies sonst erkennbar ist, kommt auch die Anwendung von § 25 Abs. 3 AufenthG nicht in Betracht. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 1 AufenthG scheidet aus, weil der Kläger nicht nur einen vorübergehenden Aufenthalt anstrebt. Zudem ist nicht erkennbar, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann als Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis schon deshalb nicht herangezogen werden, weil es an einem rechtmäßigen (Vor-)Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet fehlt. Die Vorschrift regelt nämlich die von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG abweichende Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie setzt daher zwingend voraus, dass der Ausländer bereits über eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis verfügt (vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 15/420 S. 80: "Satz 2 schafft eine Ausnahmemöglichkeit für Fälle, in denen ein bereits rechtmäßiger Aufenthalt besteht…"). In Betracht kommt danach allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Jedoch sind auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben.
24 
2. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann dem Kläger keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Seine Ausreise ist nämlich nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich.
25 
Nachdem der - vollziehbar ausreisepflichtige - Kläger inzwischen im Besitz eines gültigen vietnamesischen Reisepasses ist, ist das ursprünglich bestehende tatsächliche Ausreisehindernis entfallen. Es ist auch sonst weder vorgetragen noch erkennbar, dass seiner Ausreise ein tatsächliches Ausreisehindernis entgegensteht.
26 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt im Fall des Klägers aber auch kein rechtliches Ausreisehindernis vor. Er macht insoweit geltend, dass seine Integration in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf Art. 8 EMRK einer Aufenthaltsbeendigung entgegensteht. Damit beruft er sich in der Sache auf die Unzumutbarkeit einer (freiwilligen) Ausreise.
27 
Ob auch die Unzumutbarkeit der Ausreise - deren Vorliegen unterstellt - zu ihrer rechtlichen Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG führt, wird unterschiedlich beurteilt. Gegen diese Auffassung könnte sprechen, dass die behauptete Unzumutbarkeit eine freiwillige Ausreise des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland nicht von vornherein ausschließt. Dementsprechend wird unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG teilweise die Auffassung vertreten, es komme auf die Zumutbarkeit einer Ausreise nicht an (vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 23.9.2005 - 3 B 70/05 -, juris; Renner, AuslR, 8. Aufl., Rnr. 34 zu § 25 AufenthG; Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Rnr. 22 und 23a zu § 25). Andererseits ist jedoch nach der Gesetzesbegründung zu § 25 Abs. 5 AufenthG (BT-Drs. 15/420, S. 80) bei der Frage, ob eine Ausreisemöglichkeit besteht, auch die subjektive Möglichkeit - und damit implizit auch die Zumutbarkeit - der Ausreise zu prüfen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, 356; Hessischer VGH, Beschluss vom 1.6.2005 - 3 TG 1273/05 -, Asylmagazin 9/2005, 33; VG Koblenz, Urteil vom 10.10.2005 - 3 K 147/05.KO -, InfAuslR 2006, 25; VG Karlsruhe, Urteil vom 7.9.2005 - 4 K 1390/03 -; Göbel-Zimmermann, ZAR 2005, 275, 278; Benassi, InfAuslR 2005, 357, 362). Daher geht der Senat davon aus, dass auch die Unzumutbarkeit der Ausreise eine rechtliche Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG darstellt. Hierfür spricht auch, dass kein Wille des Gesetzgebers erkennbar ist, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Vergleich zur früheren Regelung in § 30 Abs. 3 und 4 AuslG insoweit zu verschärfen. Letztlich bedarf diese Frage hier aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn im Fall des Klägers ist die Ausreise möglich und zumutbar, weil ihr weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK entgegenstehen.
28 
a) Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, die Einheit und Selbstverantwortlichkeit von Ehe und Familie zu respektieren und zu fördern. Art. 6 Abs. 2 GG garantiert das Elternrecht im Interesse des Kindeswohls und schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen, vor staatlichen Eingriffen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 22.8.2000 - 2 BvR 1363/00 -, juris). Art. 6 Abs. 3 GG regelt die grundsätzlichen Voraussetzungen, unter denen Kinder gegen den Willen der Erziehungsberechtigten von der Familie getrennt werden dürfen.
29 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und nach dem Willen der Beklagten alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, ist der Schutzbereich der genannten Gewährleistungen von vornherein nicht tangiert. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen seiner Familienangehörigen abgetrennt und vorab entschieden hat, ändert hieran nichts, zumal nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Beklagten und des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiterhin eine gemeinsame Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers angestrebt wird.
30 
b) Nach Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl II 1952, 686, 953/II 1954, 14) - EMRK - hat jedermann Anspruch auf Achtung (u.a.) seines Privat- und Familienlebens. Art. 8 Abs. 2 EMRK nennt die Voraussetzungen, unter denen der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts statthaft ist.
31 
Soweit Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch) den Schutz des Familienlebens garantiert, scheidet eine Verletzung dieser Bestimmung aus den bereits genannten Gründen aus. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Urteil der Großen Kammer vom 9.10.2003 - 48321/99 - Slivenko/Lettland, § 94, wobei hier der Begriff des Familienlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK in Bezug auf Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung ausdrücklich verstanden wird als das auf dem Gebiet eines Vertragstaates tatsächlich geführte Familienleben von Nicht-Staatsangehörigen, die sich dort rechtmäßig aufhalten ["by aliens lawfully resident there"]; Entscheidung vom 7.10.2004 - 33743/03 - , NVwZ 2005, 1043,1045).
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Die Weigerung, dem Kläger ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privatlebens darstellen. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff i. S. des Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK liegt jedoch hier nicht vor.
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Nach seiner ursprünglichen Konzeption dient dieses Recht dazu, dem Individuum eine Sphäre zu sichern, in der es die Entwicklung und Erfüllung seiner Persönlichkeit anstreben kann. Wenn der Staat Regeln für das Verhalten in dieser Sphäre trifft, greift er in das Recht auf Achtung der Privatsphäre ein, was der Rechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK bedarf (vgl. zum Schutzbereich des Privatlebens: Frowein/Penkert, EMRK, 1996, Rnr. 1 ff. zu Art. 8). Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 16.6.2005 - 60654/00 -, auszugsweise abgedr. in InfAuslR 2005, 349) stellt auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts jedenfalls dann einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben dar, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kann danach insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland im wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999 - 4 L 195/98 -, juris; zur Bedeutung der engen Bindung an den Aufenthaltsstaat im Zusammenhang mit dem "Schutz des Familienlebens" s. auch EGMR, Urteile vom 26.3.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.9.1997 , InfAuslR 1997, 430, sowie BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.).
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Ein der Rechtfertigung bedürftiger Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer liegt allerdings regelmäßig nur dann vor, wenn sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 3.6.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff. m.w.N., und vom 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz der Kläger sich befindet, aber regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt nämlich keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs kann daher eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, grundsätzlich nicht erfolgen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff. und Beschluss vom 24.11.2005 - 11 S 1078/05 -; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70,71).
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In der - ohnehin stark kasuistisch geprägten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.) - Rechtsprechung des EGMR ist die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, soweit ersichtlich allerdings nicht eindeutig geklärt (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.9.2004 , a.a.O.). Es kann  aber jedenfalls festgehalten werden, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EGMR hierfür nicht ausreichend ist. In der Entscheidung heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung vom 16.6.2005 (- 60654/00 -, Sisojewa/Lettland, auszugsweise abgedruckt in InfAuslR 2005, 349) nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist (siehe §§ 57 f. und 94), und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen (siehe hierzu insbesondere die abweichende Meinung der Richterinnen V und B). Eine vergleichbare Situation ist beim Kläger indes nicht gegeben.
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Allerdings legt die - sehr einzelfallbezogene - Rechtsprechung des EGMR  die Annahme nahe, dass ein schutzwürdiger Aufenthalt im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch beim Vorhandensein einer Duldung jedenfalls nicht von vornherein ausscheidet. Vielmehr dürfte es aus Sicht des EGMR maßgeblich darauf ankommen, warum der betreffende Ausländer sich trotz des Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Aufnahmestaat aufhält, ob ihm eine Ausreise grundsätzlich möglich und zumutbar wäre und ob die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen oder auf Grund anderer Umstände (etwa wegen der Verhältnisse im Heimatstaat) nicht möglich ist.
37 
Selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass auch ein - wie hier - rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition jedoch im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Nach dieser Bestimmung ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts aus Absatz 1 nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.9.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). In seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Recht des Aufenthalts von Ausländern vom 28.5.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) hat der EGMR zudem betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der  "Achtung"  des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.9.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und 7.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat er nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden.  Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen zudem nicht allein deswegen, weil er sich "eine bestimmte Zeit" im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt einen solchen Schluss jedoch noch nicht (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts insbesondere, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.), wobei gerade auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.).
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Vor dem dargestellten Hintergrund ist im Fall des Klägers bei Abwägung aller Umstände nicht festzustellen, dass die Verweigerung der Legalisierung seines Aufenthalts und die geplante Aufenthaltsbeendigung unverhältnismäßig ist und daher gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt. Dabei ist es nach Auffassung des Senats nicht ausreichend, bei der Beurteilung der Integration des Klägers gleichsam isoliert nur in den Blick zu nehmen, inwieweit er selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt ist. Vielmehr kommt dabei auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang seine Familie sich in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Denn für die Beurteilung der Verwurzelung des Klägers kommt es auch entscheidend darauf an, ob bzw. inwieweit seine familiären Verhältnisse an das Leben in der Bundesrepublik Deutschland angeglichen sind und welche Verbindungen insoweit noch zum Land seiner Staatsangehörigkeit bestehen. Für eine solche Gesamtbetrachtung spricht nicht nur die Bezugnahme auf das "Familienleben" als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK, sondern auch die Tatsache, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht allein sichern könnte, sondern hierfür auf die Unterstützung seiner Familie angewiesen ist. Sein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland kann auch insoweit rechtlich nicht isoliert von demjenigen seiner Familie, insbesondere seiner Eltern, beurteilt werden. Zudem wären auch Fallgestaltungen denkbar, in denen nur ein Kind in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist, andere Kinder dagegen auf Rückkehr in den Heimatstaat angewiesen wären.
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Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung sind bei dieser Gesamtbetrachtung - sowohl zu seinen Gunsten wie zu seinen Lasten - auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet) auf das Verhalten seiner Eltern zurückzuführen sind.  Er muss sich das Verhalten seiner Eltern schon deshalb zurechnen lassen, weil er als Kind grundsätzlich deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilt und sich nur deshalb bis heute in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten konnte, weil diese ihrer bestehenden Ausreisepflicht nicht nachgekommen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Hierfür spricht auch, dass das Aufenthaltsgesetz ein selbständiges Aufenthaltsrecht für Kinder erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG) und sie auch erst ab diesem Alter für verfahrensfähig erklärt (vgl. § 80 Abs. 1 AufenthG). Daran zeigt sich, dass der Gesetzgeber auch beim Aufenthaltsgesetz an der Konzeption festgehalten hat, wonach das Aufenthaltsrecht von Kindern bis zum 16. Lebensjahr dem der Eltern folgt; damit wird im übrigen auch ihre Integrationsfähigkeit in andere Lebensverhältnisse generell unterstellt (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 21.9.1994 - 10 UE 548/94 -, NVwZ-RR 1995, 163). Auch sonst geht die Rechtsprechung bei Abschiebungshindernissen von Kindern davon aus, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.7.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken.
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Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten des Klägers in die Erwägungen einzustellen, dass er, wie auch seine Geschwister, in der Bundesrepublik Deutschland geboren und aufgewachsen ist; er beherrscht - wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat - die deutsche Sprache sehr gut, besucht mit überdurchschnittlichem Erfolg die Realschule und möchte anschließend auf das Gymnasium wechseln. Zudem nimmt er am sozialen Leben in seiner Wohngemeinde teil. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass er sich nach seinen Angaben bisher niemals in Vietnam, dem Land seiner Staatsangehörigkeit, aufgehalten hat, dieses also nicht aus eigener Anschauung kennt.
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Andererseits kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Eltern des Klägers bisher in weit geringerem Maß in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert sind als er, weshalb die innerfamiliären Lebensverhältnisse auch heute noch in erheblichem Maß von der vietnamesischen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt werden. Dabei ist in der Verhandlung vor dem Senat vor allem aufgefallen, dass der Vater des Klägers, trotz des langjährigen Aufenthalts, die deutsche Sprache verhältnismäßig schlecht beherrscht, weshalb der Kläger die Fragen des Senats und die Antworten seines Vaters zumeist übersetzen musste. Nach Angaben des Klägers spricht sein Vater allerdings besser Deutsch als seine Mutter, weshalb bei ihr von einer noch geringeren Beherrschung der deutschen Sprache ausgegangen werden muss. Schon diese geringen Sprachkenntnisse der Eltern legen es nahe, dass bei ihnen keine fortgeschrittene Integration angenommen werden kann. Darüber hinaus hat die Familie des Klägers in der Zeit von 1990 bis zum Februar 2000 Sozialhilfe (teilweise in voller Höhe, teilweise als zusätzliche Leistung) bezogen, was für diesen Zeitraum gegen eine gelungene Integration - jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht - spricht.
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Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt über einen rechtmäßigen und damit längerfristig gesicherten Aufenthalt in Deutschland verfügt hat. Dem Umstand, dass seine Eltern im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer in die DDR gelangt sind und dort ein bis zum Jahr 1992 gültiges Aufenthaltsrecht erhalten haben, kommt dabei keine entscheidende Bedeutung zu. Ungeachtet der Frage, ob und gegebenenfalls welche Wirkungen dieses Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland entfaltet hat, waren sie nämlich jedenfalls nach dem Abschluss ihrer Asylverfahren vollziehbar ausreisepflichtig und durchgehend nur im Besitz von Duldungen, die ihre Ausreisepflicht unberührt gelassen haben. Ab diesem Zeitpunkt konnte aber weder für sie noch für den Kläger von einem begründeten Vertrauen auf einen dauerhaften Aufenthalt ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass die Dauer des Aufenthalts maßgeblich dadurch zustande gekommen ist, dass die Eltern des Klägers nach dem rechtskräftigen Abschluss ihrer Asylverfahren trotz der bestehenden Ausreisepflicht mehrere weitere (erfolglose) Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts eingeleitet haben. Sie haben bereits im Jahr 1995 einen erfolglosen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gestellt, im Jahr 1997 ebenfalls erfolglos eine Petition eingereicht und am 15.3.2000 einen - ebenfalls erfolglosen -  Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis auf der Grundlage von § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt vom 12.1.2000 - Az.: 4-1340/29 -gestellt (das damals beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängige Klageverfahren hat währenddessen geruht). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers einer am 28.12.1995 erfolgten Vorladung wegen einer beabsichtigten Passbeschaffung unentschuldigt nicht nachgekommen ist und sich - wie die Beklagte in einem Schreiben an die damaligen Bevollmächtigten der Eltern des Klägers vom 17.5.2000 ausgeführt hat - später auch weigerte, Angaben bezüglich seines letzten Aufenthaltes in Vietnam zu machen. So wird auch im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ausgeführt, die Kläger (gemeint: die Eltern des Klägers) hätten hinsichtlich der Passlosigkeit ihren diesbezüglichen Mitwirkungspflichten nicht genügt und seien mündlichen und schriftlichen Aufforderungen der Ausländerbehörde zum Ausfüllen von Passanträgen nicht nachgekommen bzw. hätten entsprechenden Vorladungen nicht Folge geleistet. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass eine Aufenthaltsbeendigung in der Vergangenheit möglich gewesen wäre, wenn sich die - vollziehbar ausreisepflichtigen - Eltern des Klägers um Reisepapiere bemüht hätten.
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Zugunsten des Klägers fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht, dass sein Aufenthalt und der Aufenthalt seiner Familie seit dem Abschluss der Asylverfahren der Eltern im Jahr 1995 von der Beklagten nicht zwangsweise beendet worden ist. Es erscheint bereits als grundsätzlich zweifelhaft, ob ein Ausländer, der vollziehbar zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist und dieser gesetzlichen Verpflichtung freiwillig nachkommen könnte, sich   überhaupt auf die unterlassene Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung berufen kann. Hat ein Ausländer die seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung entgegenstehenden Hindernisse zu vertreten, so ist er nämlich nach der Rechtsprechung verpflichtet, die ihm entstehenden Nachteile gering zu halten, indem er sich frühzeitig und nachhaltig um die Beseitigung des Ausreisehindernisses bemüht. Zudem hat er Nachteile, die sich hieraus ergeben, grundsätzlich hinzunehmen und kann nicht darauf vertrauen, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Davon abgesehen lagen vorliegend aber auch nachvollziehbare Gründe dafür vor, dass eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers in der Vergangenheit nicht erfolgt ist. Zum einen hat sein Vater - wie ausgeführt - die Mitwirkung an der Beschaffung von Reisepapieren mehrfach verweigert. Zum anderen stellte sich eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie auf der Grundlage des am 21.7.1995 unterzeichneten "Deutsch-Vietnamesischen Rückübernahmeabkommens" nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten bzw. des Regierungspräsidiums Stuttgart als schwierig und langwierig dar.  
44 
Beim Kläger ist auch die Annahme gerechtfertigt, dass er sich in die vietnamesischen Lebensverhältnisse wird einleben können. Wie er schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben hat, verfügt er durchaus über vietnamesische Sprachkenntnisse. Dies hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Zwar hat er hier zunächst gemeint, seine Vietnamesischkenntnisse seien eher schlecht. Allerdings spricht er zuhause nach seinem eigenen Vortrag mit den Eltern Vietnamesisch. In der mündlichen Verhandlung hat er zudem die an seinen Vater gerichteten Fragen des Senats übersetzt, was ihm offenbar keine besonderen Schwierigkeiten bereitet hat. Danach muss der Kläger jedoch über zumindest so gute Kenntnisse der vietnamesischen Sprache verfügen, dass ihm eine Verständigung mit seinen Eltern im Alltagsleben möglich ist. Angesichts seines Alters ist zudem die Annahme gerechtfertigt, dass er diese Kenntnisse der vietnamesischen Sprache weiter ausbauen kann (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2002 - 11 S 862/02 -, NVwZ-RR 2003, 307, 308 f.; Urteil vom 27.1.2004 - 10 S 1610/03 -, VBlBW 2004, 308, 311; Beschluss vom 2.11.2004 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 71;  ferner EGMR, Urteil vom 27.10. 2005 - 32231 - , InfAuslR 2006, 3; Urteil vom 5.7.2005 - 46410/99 - <Üner>, InfAuslR 2005, 450). Soweit er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, er könne die vietnamesische Sprache nicht lesen und schreiben, ist zu berücksichtigen, dass er sich in einem Alter befindet, in dem der Erwerb dieser Kenntnisse jedenfalls noch als zumutbar erscheint, zumal auch diese Sprache lateinische Buchstaben verwendet, wie der Kläger in der Verhandlung nochmals bestätigt hat. Dies gilt umso mehr, als er - wie dargelegt - die vietnamesische Sprache jedenfalls recht gut spricht. Hinzu kommt, dass er nicht allein, sondern gemeinsam mit seiner Familie nach Vietnam übersiedeln soll, dort also nicht auf sich allein gestellt sein wird, sondern insbesondere mit der Unterstützung seiner Eltern rechnen kann, die mit den vietnamesischen Lebensverhältnissen noch hinreichend vertraut sein dürften. Zudem befinden sich noch seine Großeltern in Vietnam, mit welchen die Familie regelmäßigen Kontakt pflegt. Auch dies dürfte ein Einleben in die vietnamesischen Lebensverhältnisse erleichtern.
45 
Unter Abwägung aller Gesichtspunkte kann der Kläger daher auch aus der Tatsache, dass er hier geboren und aufgewachsen ist und hier seine Schulausbildung erhalten hat bzw. derzeit erhält, nicht ableiten, dass die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG in seinem Fall einen unzulässigen Eingriff i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellt.
46 
c) Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Versagung einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers zu einem verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in grundgesetzliche Gewährleistungen aus Art. 1, 2 oder 3 GG führt.
47 
Fehlt es danach bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, bedarf keiner Erörterung, ob das Ermessen der Beklagten - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - dergestalt reduziert ist, dass ermessensfehlerfrei allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommt (sog. "Ermessensreduzierung auf Null").
48 
3. Auch § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden "soll", wenn die Abschiebung 18 Monate lang ausgesetzt ist, verschafft dem Kläger keinen selbständigen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Denn § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG setzt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG voraus. Dies folgt daraus, dass § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG systematisch an den Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG anknüpft und nur die dort vorgesehene Rechtsfolge ("kann") im Sinne eines "soll" modifiziert, sofern das zusätzliche Tatbestandsmerkmal "Aussetzung der Abschiebung seit 18 Monaten" erfüllt ist (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, juris). Bereits der Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist hier aber nicht erfüllt, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt.
49 
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 4 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers (im übrigen, d. h. wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 - wie hier - nicht vorliegen) eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es auf Grund der Umstände des Einzelfalls zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist. Hierbei sind das Kindeswohl und die familiäre Situation zu berücksichtigen (Satz 2).
50 
Es kann vorliegend offen bleiben, ob einem Anspruch auf Grund dieser Bestimmung schon entgegensteht, dass der Kläger im Verwaltungs- und Klageverfahren ausdrücklich (nur) die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis beantragt hat, welcher nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG entspricht (vgl. § 101 Abs. 2 AufenthG). Denn er erfüllt jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 AufenthG. Allerdings steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf dieser Grundlage wohl nicht entgegen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland geboren ist. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Vorgängerbestimmung des § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG war diese nämlich auch auf Kinder anwendbar, die im Bundesgebiet geboren sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004 - 13 S 2833/02 -, InfAuslR 2004, 385 = VBlBW 2004, 354). Dies dürfte auch für die insoweit übereinstimmende Regelung des § 32 Abs. 4 AufenthG angenommen werden können.
51 
Im Fall des Klägers kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Vermeidung einer besonderen Härte in diesem Sinne erforderlich ist. Das Vorliegen einer solchen Härte setzt voraus, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis den minderjährigen Ausländer in den Folgen deutlich ungleich schwerer trifft als andere Ausländer in vergleichbarer Lage (vgl. - zu § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004, a.a.O. m.w.N.; Hailbronner, AuslR, Stand: 6/2005, Rnr. 28 f. zu § 32 AufenthG). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Zweck des § 32 AufenthG darin besteht, den von dieser Bestimmung begünstigten Familienmitgliedern einen gemeinsamen rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen, um dem sich aus Art. 6 GG ergebenden Schutz von Ehe und Familie Rechnung zu tragen (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/420, S. 83). Eine besondere Härte im Sinne dieser Bestimmung kann vor diesem Hintergrund aber nur dann angenommen werden, wenn die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis ein solches Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland hindert. Angesichts des Umstandes, dass sowohl die Eltern des Klägers als auch seine Geschwister vollziehbar ausreisepflichtig sind und nach dem Willen der Beklagten die Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit ihm verlassen sollen, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an ihn schon von der Zweckbestimmung des § 32 Abs. 4 AufenthG her nicht in Betracht. Zudem ist nicht erkennbar, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis eine besondere Härte im dargestellten Sinn begründen könnte, nachdem sie gerade nicht zu einer Trennung von der Familie führt.
52 
5. Auch aus dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (BGBl. II 1992, S. 121 ff.) kann der Kläger für das von ihm begehrte Aufenthaltsrecht nichts herleiten. Dieses Übereinkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland am 5. April 1992 (BGBl. 1992 II, 990) in Kraft getreten.
53 
Im vorliegenden Fall ist schon zweifelhaft, ob das Übereinkommen Rechte des Klägers begründet, aus welchen sich ein Aufenthaltsrecht ergeben könnte. Auch insofern ist von entscheidender Bedeutung, dass er zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern das Bundesgebiet verlassen soll. Das Übereinkommen betont an mehreren Stellen die Achtung vor dem Elternrecht. Insoweit gilt auch bei Heranziehung des Übereinkommens nichts anderes als sonst allgemein im Ausländerrecht, dass nämlich minderjährige Kinder das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen. Aus Art. 20 Abs. 1 des Übereinkommens ergibt sich eine besondere Beistandspflicht des Staates nur für solche Kinder, die aus ihrer familiären Umgebung herausgelöst werden. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.
54 
Darüber hinaus hat die Bundesrepublik Deutschland bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde eine "Erklärung" abgegeben, in der es unter I. Satz 4 und 5 heißt, das Übereinkommen finde innerstaatlich keine unmittelbare Anwendung. Es begründe völkerrechtliche Staatenverpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland nach näherer Bestimmung ihres mit dem Übereinkommen übereinstimmenden innerstaatlichen Rechts erfülle. Des weiteren wird unter IV. eine bereits am 23. Februar 1989 in Genf abgegebene Erklärung bekräftigt, nach der nichts in dem Übereinkommen dahingehend ausgelegt werden könne, dass die widerrechtliche Einreise eines Ausländers in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder dessen widerrechtlicher Aufenthalt dort erlaubt sei; auch könne keine Bestimmung dahin ausgelegt werden, dass sie das Recht der Bundesrepublik Deutschland beschränke, Gesetze und Verordnungen über die Einreise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen.
55 
Die von der Bundesrepublik Deutschland bei der Ratifikation des Vertrages gemachten Vorbehalte schließen die Ableitung von Rechten aus dem Übereinkommen aus. Es spricht auch nichts dafür, dass diese Vorbehalte nach Art. 51 Absatz 2 des Übereinkommens unzulässig wären.
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6. Schließlich ergibt sich auch aus der Landesverfassung Baden-Württemberg nichts für einen Aufenthaltserlaubnisanspruch des Klägers. Dies gilt insbesondere für die in der Rechtsprechung teilweise herangezogene Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 LV, wonach sich das Volk von Baden-Württemberg zu dem unveräußerlichen Menschenrecht auf die Heimat bekennt (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 11.10.2005 - 11 K 5363/03 -). Abgesehen davon, dass die Regelungen der Landesverfassung den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes nachrangig sind (Art. 31 GG), kann sich eine eigene Rechtsposition des Klägers hieraus schon deshalb nicht ergeben, weil es sich dabei nicht um ein Grundrecht handelt, sondern um einen Programmsatz, der allenfalls die Rechtspflicht der Staatsorgane begründet, zur Verwirklichung des Rechts auf Heimat das ihnen Mögliche beizutragen (vgl. Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Rnr. 133 ff. zu Art. 2; Hollerbach in: Feuchte, Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1987, Rnr. 25 ff. zu Art. 2). Nachdem die für den Kläger sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere seine fortgeschrittene Integration in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse, bereits über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG umfassend berücksichtigt worden sind, ist nicht erkennbar, dass sich aus dem Recht auf Heimat insoweit zusätzliche, zugunsten des Klägers zu berücksichtigende Gesichtspunkte ergeben könnten. Danach bedarf auch keiner weiteren Vertiefung, ob der Kläger vom Begriff des "Volkes" in Art. 2 Abs. 2 LV überhaupt erfasst wird.
57 
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung fallen in den Fällen des § 75 die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Es kann offen bleiben, ob die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil eine streitige Gerichtsentscheidung ergeht (hierzu Ring, NVwZ 1995, 1191; Kopp/Schenke, a.a.O. Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Denn § 161 Abs. 3 VwGO ist jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn ein Kläger das anhängige Klageverfahren nach negativer Bescheidung durch die Behörde zunächst fortsetzt und es entweder erst später für erledigt erklärt wird oder streitig über die Sache entschieden werden muss. In einem solchen Fall besteht für eine Kostenüberbürdung auf den Beklagten nach § 161 Abs. 3 VwGO keine Rechtfertigung mehr, weil sich die verzögerte Bescheidung als nicht mehr kausal für den nach dem Erlass des Verwaltungsaktes fortgesetzten Prozess erweist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.7.1991 - 3 C 56/90 -, NVwZ 1991, 1180; Beschluss vom 28.4.1992 - 3 C 50/90 -, Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 94; Clausing in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand 2005, Rnr. 41 zu § 161;  Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Diese Grundsätze sind auch hier anzuwenden. Zwar hat die Beklagte bislang keinen förmlichen Bescheid erlassen; sie hat sich jedoch in der beim Verwaltungsgericht vorgelegten Klageerwiderung vom 23.12.2003 zur Sache geäußert und dabei die Gründe, aus welchen nach ihrer Auffassung die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an den Kläger (und seine Familie) weiterhin ausscheidet, ausführlich dargestellt. Der Kläger hätte danach - in gleicher Weise wie nach dem Ergehen eines Bescheides - die Möglichkeit gehabt, das Verfahren nach Kenntnis der Rechtsauffassung der Beklagten durch Erledigungserklärung oder Rücknahme (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23.7.1991 und vom 28.4.1992, a.a.O.) zu beenden. Nachdem er hierauf verzichtet hat, ist es nicht mehr gerechtfertigt, ihn für die weitere Prozessführung von jedem Kostenrisiko freizustellen. Der Umstand, dass er im erstinstanzlichen Verfahren erfolgreich gewesen ist, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn dies ändert nichts daran, dass das Unterlassen der Bescheidung seines Antrags durch die Beklagte jedenfalls nach Vorlage der Klageerwiderung für den weiteren Fortgang des Verfahrens nicht mehr ursächlich gewesen ist.
58 
Da der Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) entspricht es der Billigkeit, dem Kläger auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
59 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
60 
Beschluss
61 
vom 18.1.2006
62 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr.1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718).
63 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
16 
Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung, vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weil der Kläger keinen Anspruch auf den von ihm begehrten Aufenthaltstitel hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Entgegen der Auffassung der Beklagten erweist sich das Urteil allerdings nicht schon deshalb als fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen der übrigen Familienmitglieder abgetrennt und über dieses vorab entschieden hat. Nach § 93 VwGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden. Die Entscheidung über eine Verbindung oder Trennung steht im Ermessen des Gerichts (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Rdnr. 3 zu § 93 m.w.N.). Es ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers nach Durchführung der mündlichen Verhandlung abgetrennt hat. Zwar könnte dies anders zu beurteilen sein, wenn zwischen dem Kläger und seinen Familienangehörigen eine notwendige Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO i.V.m. § 62 ZPO bestünde (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 4.7.1991 - 4 UE 552/87 -, juris). Dies ist aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - hier nicht der Fall. Denn es ist nicht ersichtlich, dass über den vom Kläger und seiner Familie geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zwingend einheitlich (d.h. für jeden Familienangehörigen gleich) entschieden werden muss oder dass aus einem sonstigen Grund eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt (vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 6 f. zu § 64). Vielmehr ist es durchaus denkbar, dass die Klage hinsichtlich einiger Familienmitglieder Erfolg hat, hinsichtlich anderer - etwa wegen in ihrer Person liegender Gründe (z.B. Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 AufenthG) - aber nicht. Im übrigen ist aber auch nicht erkennbar, dass sich die Trennung des Verfahrens des Klägers von demjenigen seiner Eltern und Geschwister in der Sache auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hat.
18 
Der Kläger hat auch das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Sachbescheidungsinteresse. Die Beklagte hat zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung vorgetragen, über den Antrag des Klägers und seiner Familie auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis vom 15.7.2003 sei kein neuer Bescheid erlassen worden, da keine neuen Umstände vorgetragen worden seien, die einen anderen rechtlich relevanten Sachverhalt als in den Jahren zuvor beträfen, in denen der Kläger bereits mehrmals Anträge gestellt und Petitionen eingereicht habe; die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Dem hat das Verwaltungsgericht jedoch zutreffend entgegengehalten, dass der Kläger Gründe vorgetragen hat, die einen sachlichen Anlass für eine erneute Prüfung und förmliche Entscheidung durch Verwaltungsakt boten, weil sich im Hinblick auf seine weiter fortgeschrittene Integration ernsthaft die Frage stellte, ob nunmehr ein Abschiebungshindernis gegeben war oder ob noch an den früheren ablehnenden Entscheidungen festgehalten werden konnte. Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass zur Annahme, dass der erneute Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis von der Beklagten als offensichtlich rechtsmissbräuchlich gestellt angesehen und daher unbeachtet gelassen werden durfte (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rnr. 57 zu § 22 m.w.N.; siehe auch OVG Münster, Beschluss vom 27.10.2005 - 13 A 3802.05A -,    InfAuslR 2006, 99).    
19 
Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) entgegen. Zwar ist mit diesem ein Anspruch (auch) des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis abgelehnt worden. Damit steht allerdings nur (rechtskräftig) fest, dass ihm zum für die damalige Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (der mündlichen Verhandlung) keine Aufenthaltsbefugnis zustand (vgl. § 121 VwGO und Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 9 und 28 zu § 121). Der Kläger macht aber gerade geltend, dass ein solcher Anspruch aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit und der damit verbundenen fortgeschrittenen Integration nunmehr gegeben ist.
20 
Die Klage ist aber unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis bzw. Aufenthaltserlaubnis hat.
21 
Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis ist zwar noch unter der Geltung des früheren Ausländergesetzes gestellt worden; für die Frage, ob die Erteilung dieses Aufenthaltstitels aus Rechtsgründen geboten ist (Anspruch) oder aus Rechtsgründen ausscheidet (Sperre), ist aber auf das Recht des seit dem 1.1.2005 geltenden Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG -) vom 30.6.2004 (BGBl I S. 1950), abzustellen (vgl. auch § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Im übrigen (Ermessen) kommt es zwar grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides an (siehe dazu allgemein BVerwG, Urteil vom 16.6.2004 - 1 C 20.03 -, InfAuslR 2004, 427; speziell zum Übergang vom AuslG zum AufenthG siehe VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 9.2.2005 - 11 S 1099/04 -, vom 23.2.2005 - 13 S 2949/04 - und vom 22.6.2005 - 13 S 1023/05 -; Jakober/Welte, AufenthG, Rdnr. 34 f. zu § 101; Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Rdnr. 2 f. zu § 102); da aber im vorliegenden Verfahren weder ein Bescheid der Beklagten noch ein Widerspruchsbescheid ergangen ist (und damit auch keine behördliche Ermessensausübung stattgefunden hat), ist insgesamt maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.1997 - 17 A 5677/95 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996 - Bs VI 104/96 -, DÖV 1997, 386).
22 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis; auch eine Aufenthaltserlaubnis im Ermessensweg kommt hier nicht in Betracht.
23 
1. § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG scheiden als Rechtsgrundlage aus, weil der Kläger weder als Asylberechtigter anerkannt noch festgestellt worden ist, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Nachdem er das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2, 3, 5, oder 7 AufenthG weder vorgetragen hat noch dies sonst erkennbar ist, kommt auch die Anwendung von § 25 Abs. 3 AufenthG nicht in Betracht. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 1 AufenthG scheidet aus, weil der Kläger nicht nur einen vorübergehenden Aufenthalt anstrebt. Zudem ist nicht erkennbar, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann als Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis schon deshalb nicht herangezogen werden, weil es an einem rechtmäßigen (Vor-)Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet fehlt. Die Vorschrift regelt nämlich die von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG abweichende Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie setzt daher zwingend voraus, dass der Ausländer bereits über eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis verfügt (vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 15/420 S. 80: "Satz 2 schafft eine Ausnahmemöglichkeit für Fälle, in denen ein bereits rechtmäßiger Aufenthalt besteht…"). In Betracht kommt danach allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Jedoch sind auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben.
24 
2. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann dem Kläger keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Seine Ausreise ist nämlich nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich.
25 
Nachdem der - vollziehbar ausreisepflichtige - Kläger inzwischen im Besitz eines gültigen vietnamesischen Reisepasses ist, ist das ursprünglich bestehende tatsächliche Ausreisehindernis entfallen. Es ist auch sonst weder vorgetragen noch erkennbar, dass seiner Ausreise ein tatsächliches Ausreisehindernis entgegensteht.
26 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt im Fall des Klägers aber auch kein rechtliches Ausreisehindernis vor. Er macht insoweit geltend, dass seine Integration in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf Art. 8 EMRK einer Aufenthaltsbeendigung entgegensteht. Damit beruft er sich in der Sache auf die Unzumutbarkeit einer (freiwilligen) Ausreise.
27 
Ob auch die Unzumutbarkeit der Ausreise - deren Vorliegen unterstellt - zu ihrer rechtlichen Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG führt, wird unterschiedlich beurteilt. Gegen diese Auffassung könnte sprechen, dass die behauptete Unzumutbarkeit eine freiwillige Ausreise des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland nicht von vornherein ausschließt. Dementsprechend wird unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG teilweise die Auffassung vertreten, es komme auf die Zumutbarkeit einer Ausreise nicht an (vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 23.9.2005 - 3 B 70/05 -, juris; Renner, AuslR, 8. Aufl., Rnr. 34 zu § 25 AufenthG; Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Rnr. 22 und 23a zu § 25). Andererseits ist jedoch nach der Gesetzesbegründung zu § 25 Abs. 5 AufenthG (BT-Drs. 15/420, S. 80) bei der Frage, ob eine Ausreisemöglichkeit besteht, auch die subjektive Möglichkeit - und damit implizit auch die Zumutbarkeit - der Ausreise zu prüfen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, 356; Hessischer VGH, Beschluss vom 1.6.2005 - 3 TG 1273/05 -, Asylmagazin 9/2005, 33; VG Koblenz, Urteil vom 10.10.2005 - 3 K 147/05.KO -, InfAuslR 2006, 25; VG Karlsruhe, Urteil vom 7.9.2005 - 4 K 1390/03 -; Göbel-Zimmermann, ZAR 2005, 275, 278; Benassi, InfAuslR 2005, 357, 362). Daher geht der Senat davon aus, dass auch die Unzumutbarkeit der Ausreise eine rechtliche Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG darstellt. Hierfür spricht auch, dass kein Wille des Gesetzgebers erkennbar ist, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Vergleich zur früheren Regelung in § 30 Abs. 3 und 4 AuslG insoweit zu verschärfen. Letztlich bedarf diese Frage hier aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn im Fall des Klägers ist die Ausreise möglich und zumutbar, weil ihr weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK entgegenstehen.
28 
a) Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, die Einheit und Selbstverantwortlichkeit von Ehe und Familie zu respektieren und zu fördern. Art. 6 Abs. 2 GG garantiert das Elternrecht im Interesse des Kindeswohls und schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen, vor staatlichen Eingriffen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 22.8.2000 - 2 BvR 1363/00 -, juris). Art. 6 Abs. 3 GG regelt die grundsätzlichen Voraussetzungen, unter denen Kinder gegen den Willen der Erziehungsberechtigten von der Familie getrennt werden dürfen.
29 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und nach dem Willen der Beklagten alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, ist der Schutzbereich der genannten Gewährleistungen von vornherein nicht tangiert. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen seiner Familienangehörigen abgetrennt und vorab entschieden hat, ändert hieran nichts, zumal nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Beklagten und des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiterhin eine gemeinsame Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers angestrebt wird.
30 
b) Nach Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl II 1952, 686, 953/II 1954, 14) - EMRK - hat jedermann Anspruch auf Achtung (u.a.) seines Privat- und Familienlebens. Art. 8 Abs. 2 EMRK nennt die Voraussetzungen, unter denen der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts statthaft ist.
31 
Soweit Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch) den Schutz des Familienlebens garantiert, scheidet eine Verletzung dieser Bestimmung aus den bereits genannten Gründen aus. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Urteil der Großen Kammer vom 9.10.2003 - 48321/99 - Slivenko/Lettland, § 94, wobei hier der Begriff des Familienlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK in Bezug auf Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung ausdrücklich verstanden wird als das auf dem Gebiet eines Vertragstaates tatsächlich geführte Familienleben von Nicht-Staatsangehörigen, die sich dort rechtmäßig aufhalten ["by aliens lawfully resident there"]; Entscheidung vom 7.10.2004 - 33743/03 - , NVwZ 2005, 1043,1045).
32 
Die Weigerung, dem Kläger ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privatlebens darstellen. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff i. S. des Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK liegt jedoch hier nicht vor.
33 
Nach seiner ursprünglichen Konzeption dient dieses Recht dazu, dem Individuum eine Sphäre zu sichern, in der es die Entwicklung und Erfüllung seiner Persönlichkeit anstreben kann. Wenn der Staat Regeln für das Verhalten in dieser Sphäre trifft, greift er in das Recht auf Achtung der Privatsphäre ein, was der Rechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK bedarf (vgl. zum Schutzbereich des Privatlebens: Frowein/Penkert, EMRK, 1996, Rnr. 1 ff. zu Art. 8). Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 16.6.2005 - 60654/00 -, auszugsweise abgedr. in InfAuslR 2005, 349) stellt auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts jedenfalls dann einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben dar, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kann danach insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland im wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999 - 4 L 195/98 -, juris; zur Bedeutung der engen Bindung an den Aufenthaltsstaat im Zusammenhang mit dem "Schutz des Familienlebens" s. auch EGMR, Urteile vom 26.3.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.9.1997 , InfAuslR 1997, 430, sowie BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.).
34 
Ein der Rechtfertigung bedürftiger Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer liegt allerdings regelmäßig nur dann vor, wenn sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 3.6.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff. m.w.N., und vom 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz der Kläger sich befindet, aber regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt nämlich keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs kann daher eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, grundsätzlich nicht erfolgen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff. und Beschluss vom 24.11.2005 - 11 S 1078/05 -; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70,71).
35 
In der - ohnehin stark kasuistisch geprägten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.) - Rechtsprechung des EGMR ist die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, soweit ersichtlich allerdings nicht eindeutig geklärt (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.9.2004 , a.a.O.). Es kann  aber jedenfalls festgehalten werden, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EGMR hierfür nicht ausreichend ist. In der Entscheidung heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung vom 16.6.2005 (- 60654/00 -, Sisojewa/Lettland, auszugsweise abgedruckt in InfAuslR 2005, 349) nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist (siehe §§ 57 f. und 94), und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen (siehe hierzu insbesondere die abweichende Meinung der Richterinnen V und B). Eine vergleichbare Situation ist beim Kläger indes nicht gegeben.
36 
Allerdings legt die - sehr einzelfallbezogene - Rechtsprechung des EGMR  die Annahme nahe, dass ein schutzwürdiger Aufenthalt im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch beim Vorhandensein einer Duldung jedenfalls nicht von vornherein ausscheidet. Vielmehr dürfte es aus Sicht des EGMR maßgeblich darauf ankommen, warum der betreffende Ausländer sich trotz des Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Aufnahmestaat aufhält, ob ihm eine Ausreise grundsätzlich möglich und zumutbar wäre und ob die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen oder auf Grund anderer Umstände (etwa wegen der Verhältnisse im Heimatstaat) nicht möglich ist.
37 
Selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass auch ein - wie hier - rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition jedoch im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Nach dieser Bestimmung ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts aus Absatz 1 nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.9.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). In seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Recht des Aufenthalts von Ausländern vom 28.5.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) hat der EGMR zudem betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der  "Achtung"  des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.9.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und 7.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat er nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden.  Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen zudem nicht allein deswegen, weil er sich "eine bestimmte Zeit" im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt einen solchen Schluss jedoch noch nicht (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts insbesondere, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.), wobei gerade auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.).
38 
Vor dem dargestellten Hintergrund ist im Fall des Klägers bei Abwägung aller Umstände nicht festzustellen, dass die Verweigerung der Legalisierung seines Aufenthalts und die geplante Aufenthaltsbeendigung unverhältnismäßig ist und daher gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt. Dabei ist es nach Auffassung des Senats nicht ausreichend, bei der Beurteilung der Integration des Klägers gleichsam isoliert nur in den Blick zu nehmen, inwieweit er selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt ist. Vielmehr kommt dabei auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang seine Familie sich in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Denn für die Beurteilung der Verwurzelung des Klägers kommt es auch entscheidend darauf an, ob bzw. inwieweit seine familiären Verhältnisse an das Leben in der Bundesrepublik Deutschland angeglichen sind und welche Verbindungen insoweit noch zum Land seiner Staatsangehörigkeit bestehen. Für eine solche Gesamtbetrachtung spricht nicht nur die Bezugnahme auf das "Familienleben" als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK, sondern auch die Tatsache, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht allein sichern könnte, sondern hierfür auf die Unterstützung seiner Familie angewiesen ist. Sein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland kann auch insoweit rechtlich nicht isoliert von demjenigen seiner Familie, insbesondere seiner Eltern, beurteilt werden. Zudem wären auch Fallgestaltungen denkbar, in denen nur ein Kind in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist, andere Kinder dagegen auf Rückkehr in den Heimatstaat angewiesen wären.
39 
Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung sind bei dieser Gesamtbetrachtung - sowohl zu seinen Gunsten wie zu seinen Lasten - auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet) auf das Verhalten seiner Eltern zurückzuführen sind.  Er muss sich das Verhalten seiner Eltern schon deshalb zurechnen lassen, weil er als Kind grundsätzlich deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilt und sich nur deshalb bis heute in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten konnte, weil diese ihrer bestehenden Ausreisepflicht nicht nachgekommen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Hierfür spricht auch, dass das Aufenthaltsgesetz ein selbständiges Aufenthaltsrecht für Kinder erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG) und sie auch erst ab diesem Alter für verfahrensfähig erklärt (vgl. § 80 Abs. 1 AufenthG). Daran zeigt sich, dass der Gesetzgeber auch beim Aufenthaltsgesetz an der Konzeption festgehalten hat, wonach das Aufenthaltsrecht von Kindern bis zum 16. Lebensjahr dem der Eltern folgt; damit wird im übrigen auch ihre Integrationsfähigkeit in andere Lebensverhältnisse generell unterstellt (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 21.9.1994 - 10 UE 548/94 -, NVwZ-RR 1995, 163). Auch sonst geht die Rechtsprechung bei Abschiebungshindernissen von Kindern davon aus, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.7.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken.
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Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten des Klägers in die Erwägungen einzustellen, dass er, wie auch seine Geschwister, in der Bundesrepublik Deutschland geboren und aufgewachsen ist; er beherrscht - wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat - die deutsche Sprache sehr gut, besucht mit überdurchschnittlichem Erfolg die Realschule und möchte anschließend auf das Gymnasium wechseln. Zudem nimmt er am sozialen Leben in seiner Wohngemeinde teil. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass er sich nach seinen Angaben bisher niemals in Vietnam, dem Land seiner Staatsangehörigkeit, aufgehalten hat, dieses also nicht aus eigener Anschauung kennt.
41 
Andererseits kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Eltern des Klägers bisher in weit geringerem Maß in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert sind als er, weshalb die innerfamiliären Lebensverhältnisse auch heute noch in erheblichem Maß von der vietnamesischen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt werden. Dabei ist in der Verhandlung vor dem Senat vor allem aufgefallen, dass der Vater des Klägers, trotz des langjährigen Aufenthalts, die deutsche Sprache verhältnismäßig schlecht beherrscht, weshalb der Kläger die Fragen des Senats und die Antworten seines Vaters zumeist übersetzen musste. Nach Angaben des Klägers spricht sein Vater allerdings besser Deutsch als seine Mutter, weshalb bei ihr von einer noch geringeren Beherrschung der deutschen Sprache ausgegangen werden muss. Schon diese geringen Sprachkenntnisse der Eltern legen es nahe, dass bei ihnen keine fortgeschrittene Integration angenommen werden kann. Darüber hinaus hat die Familie des Klägers in der Zeit von 1990 bis zum Februar 2000 Sozialhilfe (teilweise in voller Höhe, teilweise als zusätzliche Leistung) bezogen, was für diesen Zeitraum gegen eine gelungene Integration - jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht - spricht.
42 
Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt über einen rechtmäßigen und damit längerfristig gesicherten Aufenthalt in Deutschland verfügt hat. Dem Umstand, dass seine Eltern im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer in die DDR gelangt sind und dort ein bis zum Jahr 1992 gültiges Aufenthaltsrecht erhalten haben, kommt dabei keine entscheidende Bedeutung zu. Ungeachtet der Frage, ob und gegebenenfalls welche Wirkungen dieses Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland entfaltet hat, waren sie nämlich jedenfalls nach dem Abschluss ihrer Asylverfahren vollziehbar ausreisepflichtig und durchgehend nur im Besitz von Duldungen, die ihre Ausreisepflicht unberührt gelassen haben. Ab diesem Zeitpunkt konnte aber weder für sie noch für den Kläger von einem begründeten Vertrauen auf einen dauerhaften Aufenthalt ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass die Dauer des Aufenthalts maßgeblich dadurch zustande gekommen ist, dass die Eltern des Klägers nach dem rechtskräftigen Abschluss ihrer Asylverfahren trotz der bestehenden Ausreisepflicht mehrere weitere (erfolglose) Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts eingeleitet haben. Sie haben bereits im Jahr 1995 einen erfolglosen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gestellt, im Jahr 1997 ebenfalls erfolglos eine Petition eingereicht und am 15.3.2000 einen - ebenfalls erfolglosen -  Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis auf der Grundlage von § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt vom 12.1.2000 - Az.: 4-1340/29 -gestellt (das damals beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängige Klageverfahren hat währenddessen geruht). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers einer am 28.12.1995 erfolgten Vorladung wegen einer beabsichtigten Passbeschaffung unentschuldigt nicht nachgekommen ist und sich - wie die Beklagte in einem Schreiben an die damaligen Bevollmächtigten der Eltern des Klägers vom 17.5.2000 ausgeführt hat - später auch weigerte, Angaben bezüglich seines letzten Aufenthaltes in Vietnam zu machen. So wird auch im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ausgeführt, die Kläger (gemeint: die Eltern des Klägers) hätten hinsichtlich der Passlosigkeit ihren diesbezüglichen Mitwirkungspflichten nicht genügt und seien mündlichen und schriftlichen Aufforderungen der Ausländerbehörde zum Ausfüllen von Passanträgen nicht nachgekommen bzw. hätten entsprechenden Vorladungen nicht Folge geleistet. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass eine Aufenthaltsbeendigung in der Vergangenheit möglich gewesen wäre, wenn sich die - vollziehbar ausreisepflichtigen - Eltern des Klägers um Reisepapiere bemüht hätten.
43 
Zugunsten des Klägers fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht, dass sein Aufenthalt und der Aufenthalt seiner Familie seit dem Abschluss der Asylverfahren der Eltern im Jahr 1995 von der Beklagten nicht zwangsweise beendet worden ist. Es erscheint bereits als grundsätzlich zweifelhaft, ob ein Ausländer, der vollziehbar zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist und dieser gesetzlichen Verpflichtung freiwillig nachkommen könnte, sich   überhaupt auf die unterlassene Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung berufen kann. Hat ein Ausländer die seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung entgegenstehenden Hindernisse zu vertreten, so ist er nämlich nach der Rechtsprechung verpflichtet, die ihm entstehenden Nachteile gering zu halten, indem er sich frühzeitig und nachhaltig um die Beseitigung des Ausreisehindernisses bemüht. Zudem hat er Nachteile, die sich hieraus ergeben, grundsätzlich hinzunehmen und kann nicht darauf vertrauen, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Davon abgesehen lagen vorliegend aber auch nachvollziehbare Gründe dafür vor, dass eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers in der Vergangenheit nicht erfolgt ist. Zum einen hat sein Vater - wie ausgeführt - die Mitwirkung an der Beschaffung von Reisepapieren mehrfach verweigert. Zum anderen stellte sich eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie auf der Grundlage des am 21.7.1995 unterzeichneten "Deutsch-Vietnamesischen Rückübernahmeabkommens" nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten bzw. des Regierungspräsidiums Stuttgart als schwierig und langwierig dar.  
44 
Beim Kläger ist auch die Annahme gerechtfertigt, dass er sich in die vietnamesischen Lebensverhältnisse wird einleben können. Wie er schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben hat, verfügt er durchaus über vietnamesische Sprachkenntnisse. Dies hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Zwar hat er hier zunächst gemeint, seine Vietnamesischkenntnisse seien eher schlecht. Allerdings spricht er zuhause nach seinem eigenen Vortrag mit den Eltern Vietnamesisch. In der mündlichen Verhandlung hat er zudem die an seinen Vater gerichteten Fragen des Senats übersetzt, was ihm offenbar keine besonderen Schwierigkeiten bereitet hat. Danach muss der Kläger jedoch über zumindest so gute Kenntnisse der vietnamesischen Sprache verfügen, dass ihm eine Verständigung mit seinen Eltern im Alltagsleben möglich ist. Angesichts seines Alters ist zudem die Annahme gerechtfertigt, dass er diese Kenntnisse der vietnamesischen Sprache weiter ausbauen kann (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2002 - 11 S 862/02 -, NVwZ-RR 2003, 307, 308 f.; Urteil vom 27.1.2004 - 10 S 1610/03 -, VBlBW 2004, 308, 311; Beschluss vom 2.11.2004 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 71;  ferner EGMR, Urteil vom 27.10. 2005 - 32231 - , InfAuslR 2006, 3; Urteil vom 5.7.2005 - 46410/99 - <Üner>, InfAuslR 2005, 450). Soweit er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, er könne die vietnamesische Sprache nicht lesen und schreiben, ist zu berücksichtigen, dass er sich in einem Alter befindet, in dem der Erwerb dieser Kenntnisse jedenfalls noch als zumutbar erscheint, zumal auch diese Sprache lateinische Buchstaben verwendet, wie der Kläger in der Verhandlung nochmals bestätigt hat. Dies gilt umso mehr, als er - wie dargelegt - die vietnamesische Sprache jedenfalls recht gut spricht. Hinzu kommt, dass er nicht allein, sondern gemeinsam mit seiner Familie nach Vietnam übersiedeln soll, dort also nicht auf sich allein gestellt sein wird, sondern insbesondere mit der Unterstützung seiner Eltern rechnen kann, die mit den vietnamesischen Lebensverhältnissen noch hinreichend vertraut sein dürften. Zudem befinden sich noch seine Großeltern in Vietnam, mit welchen die Familie regelmäßigen Kontakt pflegt. Auch dies dürfte ein Einleben in die vietnamesischen Lebensverhältnisse erleichtern.
45 
Unter Abwägung aller Gesichtspunkte kann der Kläger daher auch aus der Tatsache, dass er hier geboren und aufgewachsen ist und hier seine Schulausbildung erhalten hat bzw. derzeit erhält, nicht ableiten, dass die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG in seinem Fall einen unzulässigen Eingriff i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellt.
46 
c) Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Versagung einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers zu einem verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in grundgesetzliche Gewährleistungen aus Art. 1, 2 oder 3 GG führt.
47 
Fehlt es danach bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, bedarf keiner Erörterung, ob das Ermessen der Beklagten - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - dergestalt reduziert ist, dass ermessensfehlerfrei allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommt (sog. "Ermessensreduzierung auf Null").
48 
3. Auch § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden "soll", wenn die Abschiebung 18 Monate lang ausgesetzt ist, verschafft dem Kläger keinen selbständigen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Denn § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG setzt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG voraus. Dies folgt daraus, dass § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG systematisch an den Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG anknüpft und nur die dort vorgesehene Rechtsfolge ("kann") im Sinne eines "soll" modifiziert, sofern das zusätzliche Tatbestandsmerkmal "Aussetzung der Abschiebung seit 18 Monaten" erfüllt ist (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, juris). Bereits der Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist hier aber nicht erfüllt, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt.
49 
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 4 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers (im übrigen, d. h. wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 - wie hier - nicht vorliegen) eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es auf Grund der Umstände des Einzelfalls zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist. Hierbei sind das Kindeswohl und die familiäre Situation zu berücksichtigen (Satz 2).
50 
Es kann vorliegend offen bleiben, ob einem Anspruch auf Grund dieser Bestimmung schon entgegensteht, dass der Kläger im Verwaltungs- und Klageverfahren ausdrücklich (nur) die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis beantragt hat, welcher nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG entspricht (vgl. § 101 Abs. 2 AufenthG). Denn er erfüllt jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 AufenthG. Allerdings steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf dieser Grundlage wohl nicht entgegen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland geboren ist. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Vorgängerbestimmung des § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG war diese nämlich auch auf Kinder anwendbar, die im Bundesgebiet geboren sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004 - 13 S 2833/02 -, InfAuslR 2004, 385 = VBlBW 2004, 354). Dies dürfte auch für die insoweit übereinstimmende Regelung des § 32 Abs. 4 AufenthG angenommen werden können.
51 
Im Fall des Klägers kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Vermeidung einer besonderen Härte in diesem Sinne erforderlich ist. Das Vorliegen einer solchen Härte setzt voraus, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis den minderjährigen Ausländer in den Folgen deutlich ungleich schwerer trifft als andere Ausländer in vergleichbarer Lage (vgl. - zu § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004, a.a.O. m.w.N.; Hailbronner, AuslR, Stand: 6/2005, Rnr. 28 f. zu § 32 AufenthG). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Zweck des § 32 AufenthG darin besteht, den von dieser Bestimmung begünstigten Familienmitgliedern einen gemeinsamen rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen, um dem sich aus Art. 6 GG ergebenden Schutz von Ehe und Familie Rechnung zu tragen (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/420, S. 83). Eine besondere Härte im Sinne dieser Bestimmung kann vor diesem Hintergrund aber nur dann angenommen werden, wenn die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis ein solches Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland hindert. Angesichts des Umstandes, dass sowohl die Eltern des Klägers als auch seine Geschwister vollziehbar ausreisepflichtig sind und nach dem Willen der Beklagten die Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit ihm verlassen sollen, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an ihn schon von der Zweckbestimmung des § 32 Abs. 4 AufenthG her nicht in Betracht. Zudem ist nicht erkennbar, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis eine besondere Härte im dargestellten Sinn begründen könnte, nachdem sie gerade nicht zu einer Trennung von der Familie führt.
52 
5. Auch aus dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (BGBl. II 1992, S. 121 ff.) kann der Kläger für das von ihm begehrte Aufenthaltsrecht nichts herleiten. Dieses Übereinkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland am 5. April 1992 (BGBl. 1992 II, 990) in Kraft getreten.
53 
Im vorliegenden Fall ist schon zweifelhaft, ob das Übereinkommen Rechte des Klägers begründet, aus welchen sich ein Aufenthaltsrecht ergeben könnte. Auch insofern ist von entscheidender Bedeutung, dass er zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern das Bundesgebiet verlassen soll. Das Übereinkommen betont an mehreren Stellen die Achtung vor dem Elternrecht. Insoweit gilt auch bei Heranziehung des Übereinkommens nichts anderes als sonst allgemein im Ausländerrecht, dass nämlich minderjährige Kinder das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen. Aus Art. 20 Abs. 1 des Übereinkommens ergibt sich eine besondere Beistandspflicht des Staates nur für solche Kinder, die aus ihrer familiären Umgebung herausgelöst werden. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.
54 
Darüber hinaus hat die Bundesrepublik Deutschland bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde eine "Erklärung" abgegeben, in der es unter I. Satz 4 und 5 heißt, das Übereinkommen finde innerstaatlich keine unmittelbare Anwendung. Es begründe völkerrechtliche Staatenverpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland nach näherer Bestimmung ihres mit dem Übereinkommen übereinstimmenden innerstaatlichen Rechts erfülle. Des weiteren wird unter IV. eine bereits am 23. Februar 1989 in Genf abgegebene Erklärung bekräftigt, nach der nichts in dem Übereinkommen dahingehend ausgelegt werden könne, dass die widerrechtliche Einreise eines Ausländers in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder dessen widerrechtlicher Aufenthalt dort erlaubt sei; auch könne keine Bestimmung dahin ausgelegt werden, dass sie das Recht der Bundesrepublik Deutschland beschränke, Gesetze und Verordnungen über die Einreise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen.
55 
Die von der Bundesrepublik Deutschland bei der Ratifikation des Vertrages gemachten Vorbehalte schließen die Ableitung von Rechten aus dem Übereinkommen aus. Es spricht auch nichts dafür, dass diese Vorbehalte nach Art. 51 Absatz 2 des Übereinkommens unzulässig wären.
56 
6. Schließlich ergibt sich auch aus der Landesverfassung Baden-Württemberg nichts für einen Aufenthaltserlaubnisanspruch des Klägers. Dies gilt insbesondere für die in der Rechtsprechung teilweise herangezogene Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 LV, wonach sich das Volk von Baden-Württemberg zu dem unveräußerlichen Menschenrecht auf die Heimat bekennt (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 11.10.2005 - 11 K 5363/03 -). Abgesehen davon, dass die Regelungen der Landesverfassung den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes nachrangig sind (Art. 31 GG), kann sich eine eigene Rechtsposition des Klägers hieraus schon deshalb nicht ergeben, weil es sich dabei nicht um ein Grundrecht handelt, sondern um einen Programmsatz, der allenfalls die Rechtspflicht der Staatsorgane begründet, zur Verwirklichung des Rechts auf Heimat das ihnen Mögliche beizutragen (vgl. Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Rnr. 133 ff. zu Art. 2; Hollerbach in: Feuchte, Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1987, Rnr. 25 ff. zu Art. 2). Nachdem die für den Kläger sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere seine fortgeschrittene Integration in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse, bereits über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG umfassend berücksichtigt worden sind, ist nicht erkennbar, dass sich aus dem Recht auf Heimat insoweit zusätzliche, zugunsten des Klägers zu berücksichtigende Gesichtspunkte ergeben könnten. Danach bedarf auch keiner weiteren Vertiefung, ob der Kläger vom Begriff des "Volkes" in Art. 2 Abs. 2 LV überhaupt erfasst wird.
57 
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung fallen in den Fällen des § 75 die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Es kann offen bleiben, ob die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil eine streitige Gerichtsentscheidung ergeht (hierzu Ring, NVwZ 1995, 1191; Kopp/Schenke, a.a.O. Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Denn § 161 Abs. 3 VwGO ist jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn ein Kläger das anhängige Klageverfahren nach negativer Bescheidung durch die Behörde zunächst fortsetzt und es entweder erst später für erledigt erklärt wird oder streitig über die Sache entschieden werden muss. In einem solchen Fall besteht für eine Kostenüberbürdung auf den Beklagten nach § 161 Abs. 3 VwGO keine Rechtfertigung mehr, weil sich die verzögerte Bescheidung als nicht mehr kausal für den nach dem Erlass des Verwaltungsaktes fortgesetzten Prozess erweist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.7.1991 - 3 C 56/90 -, NVwZ 1991, 1180; Beschluss vom 28.4.1992 - 3 C 50/90 -, Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 94; Clausing in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand 2005, Rnr. 41 zu § 161;  Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Diese Grundsätze sind auch hier anzuwenden. Zwar hat die Beklagte bislang keinen förmlichen Bescheid erlassen; sie hat sich jedoch in der beim Verwaltungsgericht vorgelegten Klageerwiderung vom 23.12.2003 zur Sache geäußert und dabei die Gründe, aus welchen nach ihrer Auffassung die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an den Kläger (und seine Familie) weiterhin ausscheidet, ausführlich dargestellt. Der Kläger hätte danach - in gleicher Weise wie nach dem Ergehen eines Bescheides - die Möglichkeit gehabt, das Verfahren nach Kenntnis der Rechtsauffassung der Beklagten durch Erledigungserklärung oder Rücknahme (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23.7.1991 und vom 28.4.1992, a.a.O.) zu beenden. Nachdem er hierauf verzichtet hat, ist es nicht mehr gerechtfertigt, ihn für die weitere Prozessführung von jedem Kostenrisiko freizustellen. Der Umstand, dass er im erstinstanzlichen Verfahren erfolgreich gewesen ist, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn dies ändert nichts daran, dass das Unterlassen der Bescheidung seines Antrags durch die Beklagte jedenfalls nach Vorlage der Klageerwiderung für den weiteren Fortgang des Verfahrens nicht mehr ursächlich gewesen ist.
58 
Da der Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) entspricht es der Billigkeit, dem Kläger auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
59 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
60 
Beschluss
61 
vom 18.1.2006
62 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr.1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718).
63 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2006 – 11 K 434/06 – wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger, abgelehnte Asylbewerber ungeklärter Staatsangehörigkeit aus dem früheren Jugoslawien, begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen und die Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer.
Die am … 1969 in Skopje geborene Klägerin zu 1 reiste am 19.11.1991 mit ihren am … 1989 bzw. … 1991 in Rijeka geborenen Söhnen, den Klägern zu 2 und zu 3, in das Bundesgebiet ein und beantragte am 21.11.1991 für sich und ihre Kinder die Anerkennung als Asylberechtigte. Der damalige Lebensgefährte der Klägerin zu 1 und Vater der Kinder war bereits zuvor nach Deutschland eingereist. Der am ... 1992 in Mannheim geborene Kläger zu 4 wurde in das Asylverfahren seiner Mutter mit einbezogen.
Mit Bescheid vom 04.11.1994 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - die Asylanträge der Kläger ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht vorliegen und das bezüglich der Kläger zu 1, 3 und 4 keine Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorliegen. Bezüglich des Klägers zu 2 stellte es fest, dass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG hinsichtlich Kroatiens und allen Ländern vorliegen, die keinen mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard besitzen, um die Therapierung seiner Hemmkörperhämophilie zu gewährleisten. Im Übrigen wurden Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG auch bezüglich des Klägers zu 2 verneint. Allen Klägern wurde die Abschiebung nach Kroatien angedroht. Die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG wurde am 23.11.1994 bestandskräftig.
Auf die Klagen der Kläger zu 1, 3 und 4 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 18.06.1996 - A 6 K 14843/94 - die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, hinsichtlich dieser Kläger das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 4 AuslG festzustellen. Im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. Auf die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 11.02.1998 - 14 S 1679/97 - das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klagen insgesamt abgewiesen.
Der Aufenthalt der Kläger wurde in der Folgezeit geduldet. Der Lebensgefährte der Klägerin zu 1 und Vater der Kläger zu 2 - 4 wurde 1997 nach Makedonien abgeschoben. Die Kläger haben zu ihm keinen Kontakt mehr.
Mit Schreiben vom 10.09.2001 und vom 29.08.2002 wurden die Kläger aufgefordert, sich in das Staatsangehörigkeitsregister „ihres Heimatlandes“ eintragen zu lassen. Die Klägerin zu 1 übersandte daraufhin eine Bestätigung der Botschaft der Republik Makedonien vom 05.09.2002, dass sie einen Antrag auf Festlegung der makedonischen Staatsangehörigkeit gestellt habe. Mit weiterem Schreiben legte sie eine Bestätigung der Botschaft der Republik Makedonien vom 05.12.2003 vor, wonach sie keine Staatsbürgerin der Republik Makedonien ist. Mit Schreiben vom 15.06.2004 teilten die makedonischen Behörden dem Regierungspräsidium Karlsruhe auf dessen Ersuchen vom 27.05.2004 mit, dass einer Rückübernahme der Klägerin zu 1 nicht zugestimmt werde, da diese keine makedonische Staatsangehörige sei und sich bereits 1988 nach Kroatien abgemeldet habe.
Das Generalkonsulat der Republik Kroatien in Stuttgart teilte dem Regierungspräsidium Karlsruhe am 12.07.2004 mit, dass es über keinerlei Angaben verfüge, ob die Kläger kroatische Staatsbürger seien.
Am 11.08.2004 beantragten die Kläger die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen und mit Schreiben vom 17.12.2004 die Ausstellung von Reisedokumenten, hilfsweise von Ausweisersatzpapieren. Zur Begründung trugen sie vor, hinsichtlich des Klägers zu 2 lägen die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG vor. Bei den übrigen Klägern ergebe sich ein Abschiebungshindernis aus Art. 8 EMRK, da sie mit dem Kläger zu 2 in familiärer Gemeinschaft lebten. Weder Makedonien noch ein anderer Nachfolgestaat des früheren Jugoslawien sei bereit, ihnen Reisepässe auszustellen. Ihre Passbeschaffungsbemühungen seien erfolglos geblieben.
Mit Bescheid vom 27.06.2005 lehnte die Beklagte die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen gemäß § 30 AuslG bzw. Aufenthaltserlaubnissen gemäß § 25 AufenthG und Reisedokumenten, hilfsweise von Ausweispapieren, ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Kläger hätten sich nicht hinreichend um Eintragung in ein Staatsangehörigkeitsregister bemüht. Da ihre Staatsangehörigkeit nicht geklärt sei, sei auch ihre Identität ungeklärt (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 a AufenthG).
10 
Am 15.05.2005 legten die Kläger Widerspruch ein und führten zur Begründung aus, sie hätten hinreichende Passbeschaffungsbemühungen unternommen. Außer zu Makedonien und zu Kroatien hätten sie keine Beziehungen zu Nachfolgestaaten Jugoslawiens. Ihre Identität sei durch den früheren jugoslawischen Reisepass der Klägerin zu 1 und durch die Geburtsurkunden der Kläger zu 2 - 4 geklärt. Eine Abschiebung aller Kläger sei nach Art. 8 EMRK unzulässig, da in der Person des Klägers zu 2 ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG bestehe.
11 
Am 17.07.2005 teilten die makedonischen Behörden dem Regierungspräsidium Karlsruhe auf dessen Ersuchen mit, dass einer Rückübernahme der Klägerin zu 1 - als in Makedonien geborene Drittstaatsangehörige -, nicht hingegen einer Rückübernahme der übrigen Kläger zugestimmt werde.
12 
Mit Schreiben vom 03.08.2005 forderte die Beklagte die Klägerin zu 1 auf, sich beim Generalkonsulat von Serbien und Montenegro in Stuttgart einen Pass zu besorgen und ihre Kinder in das Staatsangehörigkeitsregister eintragen zu lassen. Das Generalkonsulat bestätigte mit Schreiben vom 13.10.2005, dass die Klägerin zu 1 am 13.10.2005 einen Antrag auf Beschaffung der Dokumente von den zuständigen Behörden in Serbien und Montenegro /Rekonstruktion der Eintragung in das Staatsbürgerregister gestellt habe. Mit Schreiben vom 25.11.2005 teilte das Generalkonsulat der Klägerin zu 1 mit, dass sie ausweislich der Auskunft des zuständigen Registerstandesamts Nis nicht im Staatsangehörigkeitsregister eingetragen sei.
13 
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2006 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe die Widersprüche der Kläger mit der Begründung zurück, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG lägen nicht vor. Die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG stehe zwar derzeit formal einer Aufenthaltsbeendigung entgegen. Fraglich sei jedoch, ob dies auch bei einer freiwilligen Ausreise der Fall sei. Jedenfalls könne nicht ausgeschlossen werden, dass mit dem Wegfall möglicherweise jetzt bestehender Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit zu rechnen sei. Die medizinische Versorgung in Kroatien habe sich gegenüber 1994 verbessert und es erscheine möglich, dass der Kläger zu 2 in Kroatien eine angemessene Versorgung erhalten könne.
14 
Am 10.02.2006 haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben mit den Anträgen, die Verfügung der Beklagten vom 27.06.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.01.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen und Reisedokumente, hilfsweise Ausweisersatze auszustellen. Zur Begründung machen sie geltend, sie hätten ihre Passlosigkeit nicht zu vertreten. Ein aufnahmebereiter Staat stehe nicht zur Verfügung. Eine Behandlung der schweren Hemmkörperhämophilie sowie der chronischen Hepatitis B und C des Klägers zu 2 sei weder in Kroatien noch in einem der anderen Nachfolgestaaten Jugoslawiens möglich.
15 
Das Regierungspräsidium Karlsruhe teilte dem Gericht mit Schreiben vom 13.06.2006 mit, dass die kroatischen Behörden entgegen den Vereinbarungen im Rückübernahmeabkommen der Rückübernahme der Kläger nicht zugestimmt hätten. Die Klägerin zu 1 habe aber, wie aus einem Schreiben des Generalkonsulats der Republik Serbien vom 16.06.2006 hervorgehe, die Möglichkeit, einen Antrag auf Feststellung der serbischen Staatsangehörigkeit zu stellen, weil ihre Mutter aus Serbien stamme.
16 
Die Beklagte legte mit Schreiben vom 29.06.2006 eine beglaubigte Übersetzung der Bestätigung der Republik Serbien 04.04.2006 vor, wonach die Mutter der Klägerin zu 1 Staatsbürgerin der Republik Serbien sei. Außerdem wurde ein Auszug aus dem Geburtsregister vorgelegt, wonach die Mutter der Klägerin zu 1 am 01.10.1953 in Pristina geboren sei und am 16.12.1971 die Ehe mit M. M. in der Gemeinde Skopje geschlossen habe.
17 
Mit Urteil vom 23.06.2006 - 11 K 434/06 - hat das Verwaltungsgericht die Klagen als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Als Anspruchsgrundlage komme allein § 25 Abs. 5 AufenthG in Betracht, dessen Voraussetzungen nicht vorlägen, weil die Klägerin zu 1 für sich und ihre Kinder einen Antrag auf Feststellung der Staatsbürgerschaft beim Generalkonsulat der Republik Serbien stellen könne und diesem Antrag voraussichtlich auch stattgegeben werde, da die Republik Serbien die Staatsbürgerschaft der Mutter der Klägerin zu 1 bestätigt habe. Auch wenn die Kläger bislang nicht im jetzigen serbischen Staatsgebiet gelebt hätten, sei ihnen ein Zuzug dorthin zumutbar. Abschiebungshindernisse in Bezug auf Serbien seien nicht festgestellt und lägen auch nicht vor, da die Krankheit des Klägers zu 2 nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29.03.2005 dort behandelbar sei und kostenfrei behandelt werde. Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf Ausstellung von Reisedokumenten oder Ausweisersatzpapieren.
18 
Am 05.03.2007 haben die Kläger bei der Ausländerbehörde der Beklagten die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund der Bleiberechtsregelung der Innenministerkonferenz vom 17.11.2006 beantragt. Diese Anträge wurden nicht beschieden.
19 
Auf Antrag der Kläger hat der Senat mit Beschluss vom 11.07.2007 - 11 S 1892/06 - die Berufung zugelassen und den Klägern Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug bewilligt. Zur Begründung der Berufung tragen die Kläger im Wesentlichen vor: Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG lägen vor. Sie hätten ihre Passlosigkeit nicht zu vertreten. Die Mutmaßung des Verwaltungsgerichts, sie könnten beim Generalkonsulat der Republik Serbien mit Aussicht auf Erfolg einen Antrag auf Feststellung der Staatsbürgerschaft stellen, sei unzutreffend. Zwar sei die Mutter der Klägerin zu 1 in Pristina geboren worden, sie sei jedoch nicht serbische Staatsangehörige gewesen. In dem Geburtsregister enthalte die Rubrik „Staatsangehörigkeit“ lediglich sechs Querstriche. Die Mutter sei am 17.03.2003 verstorben. In der am 24.03.2003 in Makedonien ausgestellten Sterbeurkunde werde als Staatsangehörigkeit der Mutter ein Eintrag in Form von drei Querstrichen vorgenommen. Die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen seien widersprüchlich. Das Schreiben der Stadt Nis vom 04.04.2006 bestätige, dass die Mutter der Klägerin zu 1 aufgrund des Geburtenbuches als Staatsbürgerin eingetragen sei; das Geburtenbuch selbst weise jedoch ausdrücklich keine Staatsangehörigkeit aus. Die Kläger zu 2 - 4 seien zudem faktische Inländer, sie beherrschten die serbokroatische Sprache nicht. Eine Ausreise nach Serbien sei ihnen nicht zumutbar. Die Behandlung der Hemmkörperhämophilie des Klägers zu 2 sei in keinem der Nachfolgestaaten Jugoslawiens kostenfrei möglich; zudem fehle es an einem mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard. Die jährlichen Behandlungskosten beliefen sich auf knapp 180.000 EUR. Der Kläger zu 2 habe zwischenzeitlich zudem einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Er sei Vater des am 31.10.2007 in Mannheim geborenen deutschen Kindes N. S..
20 
Die Kläger beantragen,
21 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2006 - 11 K 434/06 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 27. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25. Januar 2006 zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen zu erteilen und Reiseausweise für Ausländer, hilfsweise Ausweisersatze auszustellen, sowie ferner, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
22 
Die Beklagte beantragt,
23 
die Berufung zurückzuweisen.
24 
Sie erwidert, der Kläger zu 2 sei nunmehr volljährig und nicht mehr auf die Fürsorge seiner Mutter angewiesen. Er sei zudem zwischenzeitlich mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Mit Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 03.05.2007 sei er wegen einer gemeinschaftlichen schweren Körperverletzung unter Einbeziehung einer vorangegangenen Verurteilung wegen gemeinschaftlichen Raubes u.a. zu einer Jugendstrafe von 20 Monaten verurteilt worden. Er erfülle damit den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Die bisherigen strafrechtlichen Verfehlungen rechtfertigten gemäß § 5 Abs. 3 AufenthG nicht ein Absehen von § 5 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Der Kläger zu 2 habe keinen Schulabschluss und sei keiner Beschäftigung nachgegangen. Er lebe nach dem Lustprinzip und vertraue auf die regelmäßige Sozialhilfe. Aufgrund dieser Lebenseinstellung komme ein Absehen von der Regelerteilungsvoraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts nicht in Betracht. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG lägen bei allen Klägern nicht vor. Sie könnten abgeleitet von der Mutter der Klägerin zu 1 die serbische Staatsangehörigkeit erwerben und in den Besitz serbischer Pässe gelangen. Entsprechende Bemühungen seien ihnen zumutbar.
25 
Mit Beschluss vom 03.06.2009 hat der Senat das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Regierungspräsidium Karlsruhe, zum Verfahren beigeladen. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er trägt vor, die Identität und die Staatsangehörigkeit der Kläger seien bislang nicht geklärt. Die Klägerin zu 1 habe keine Bemühungen um Feststellung der serbischen Staatsbürgerschaft nachgewiesen. Zwischenzeitlich sei den Klägern auch die Eintragung in das kosovarische Staatsangehörigkeitsregister möglich. Die Kläger zu 2 - 4 erfüllten Ausweisungstatbestände, die der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG entgegenstünden.
26 
Die bezüglich der Klägerin zu 1 sowie der Kläger zu 3 und zu 4 eingeholten Auskünfte aus dem Bundeszentralregister enthalten keine Eintragung. Der Kläger zu 2 ist ausweislich der Auskunft aus dem Zentralregister vom 16.06.2009 strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
27 
1. AG Mannheim, Urt. v. 07.11.2006: Gemeinschaftlicher Raub, Leistungserschleichung in zwei Fällen, versuchter Diebstahl in Tateinheit mit Unterschlagung, Diebstahl. Ein Jahr Jugendstrafe auf Bewährung.
28 
2. AG Mannheim, Urt. v. 03.05.2007: Gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung. 20 Monate Jugendstrafe unter Einbeziehung von Nr. 1. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 17.08.2006 gegen 6.00 Uhr morgens trafen der Kläger zu 2 und sein Mittäter nach einem Discothekenbesuch an einer Straßenbahnhaltestelle auf den Geschädigten T. N., der auf dem Weg zur Arbeit umsteigen wollte. Der Mittäter provozierte den Geschädigten, indem er mit einer brennenden Zigarette vor seinem Gesicht herumfummelte. Als der Geschädigte ihm die Zigarette wegnahm, fing der Mittäter an, diesen herumzuschubsen. Der Kläger zu 2 kam hinzu und stieß den Geschädigten mehrfach. Der Geschädigte fiel zu Boden; konnte sich aber wieder aufrappeln und versuchte, sich zu wehren. Der Kläger zu 2 und sein Mittäter schlugen nun gemeinsam auf den Geschädigten ein, bis dieser wieder zu Boden ging. Dann trat der Mittäter einmal mit den Füßen gegen den Kopf des Geschädigten, wodurch er ihn am Auge verletzte. Der Geschädigte trug ein Hämatom am Auge davon und seine Netzhaut wurde in Mitleidenschaft gezogen. Er war zwei Tage arbeitsunfähig. Bei der Strafzumessung wurde zugunsten des Klägers zu 2 sein Geständnis berücksichtigt. Er habe sich geständig, einsichtig und reumütig gezeigt. Auf der anderen Seite lägen schädliche Neigungen vor. Im Hinblick auf den schlechten Bewährungsverlauf habe die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt werden können. Unter erheblichen Bedenken wurde die Entscheidung über die Aussetzung zur Bewährung für sechs Monate zurückgestellt.
29 
3. AG Mannheim, Strafbefehl vom 05.05.2008: Vorsätzliche Körperverletzung. 20 Tagessätze zu 10 EUR Geldstrafe. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 31.10.2007 kam es im Flur eines Krankenhauses zu Streitigkeiten zwischen dem Kläger zu 2 und der Geschädigten, in deren Verlauf er diese mit der flachen Hand ins Gesicht schlug und sie mit den Worten „Du Hure“ beleidigte.
30 
Der Kläger zu 2 verbüßt seit dem 16.06.2008 die mit Urteil vom 03.05.2007 verhängte Jugendstrafe. Zweidritteltermin war am 04.07.2009, Haftende ist der 25.01.2010.
31 
Die Kläger zu 3 und zu 4 wurden mit Urteil des Amtsgerichts Mannheim - Jugendgericht - vom 17.09.2008 wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen, der Kläger zu 4 darüber hinaus wegen Beleidigung in zwei Fällen, der Kläger zu 3 zusätzlich wegen Diebstahls verwarnt. Dem Kläger zu 4 wurde aufgegeben, an 24 Stunden nach Weisung des Stadtjugendamts unentgeltlich gemeinnützig zu arbeiten. Dem Kläger zu 3 wurde auferlegt, nach Weisung des Stadtjugendamts an einem kleinen sozialen Trainingskurs teilzunehmen. Beiden Klägern wurde aufgegeben, mit den Geschädigten einen Täter-Opfer-Ausgleich durchzuführen. Gegen beide Kläger wurde zudem ein Freizeitarrest verhängt.
32 
Die Klägerin zu 1 hat, nachdem ihr seit dem 09.06.2009 die Ausübung einer Erwerbstätigkeit allgemein gestattet ist, eine befristete Teilzeitanstellung als Reinigungskraft gefunden. Sie verdient ca. 700,-- EUR netto monatlich.
33 
Der Kläger zu 2 hat - für den Fall der Haftentlassung - für September 2009 einen Platz in der 9. Klasse in Aussicht, um den Hauptschulabschluss nachzuholen.
34 
Der Kläger zu 3 verließ die Hauptschule 2006 ohne Abschluss. Daran schloss sich ein Berufsvorbereitungsjahr an. Seit dem 02.04.2009 nimmt er am Bundesprojekt Kompetenzagentur mit dem Ziel der Reintegration in das Unterstützungssystem zur Erreichung eines Abschlusses bzw. einer Ausbildung teil.
35 
Der Kläger zu 4 erlangte 2007 den Hauptschulabschluss, absolvierte im Anschluss ein Berufsvorbereitungsjahr und strebt für das nächste Schuljahr den Besuch einer Realschule zur Erlangung des Realschulabschlusses an.
36 
Bereits mit Bescheid vom 19.03.2007 hat das Bundesamt die mit Bescheid vom 04.11.1994 bezüglich des Klägers zu 2 getroffene Feststellung, dass ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG vorliegt, widerrufen und festgestellt, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG vorliegen. Zur Begründung wurde ausgeführt, es müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger zu 2 staatenlos sei. Trotzdem könne er nach Kroatien zurückkehren. Eine adäquate Behandlung seiner Erkrankung in Kroatien sei nach der beim Auswärtigen Amt eingeholten Auskunft vom 10.11.2006 möglich. Die Kosten würden von der Krankenversicherung übernommen. Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 13.02.2008 - A 4 K 343/07 - abgewiesen. Der erkennende Gerichtshof hat mit Beschluss vom 28.04.2008 - A 6 S 915/08 - die Berufung zugelassen, über die noch nicht entschieden wurde (- A 6 S 1160/08 -).
37 
In der Berufungsverhandlung ist dem Vertreter der Beklagten Gelegenheit gegeben worden, sein in § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eingeräumtes Ermessen hinsichtlich des Absehens von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen bezogen auf § 25 Abs. 5 AufenthG zu ergänzen und bezogen auf § 104 a AufenthG erstmals auszuüben. Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
38 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten, des Regierungspräsidiums Karlsruhe und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe sowie die Akten des 6. Senats im Berufungsverfahren A 6 S 1160/08 nebst Beiakten vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
39 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
40 
Gegenstand der uneingeschränkt zugelassenen Berufung ist das gesamte Klagebegehren erster Instanz. Dies umfasst zunächst die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind aber auch die erst nach Ergehen des erstinstanzlichen Urteils bei der Beklagten gestellten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Bleiberechtsregelung, da insoweit der Streitstoff identisch ist und ebenfalls ein humanitärer Aufenthaltszweck verfolgt wird. Der Streitgegenstand einer Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wird bestimmt und begrenzt durch den Aufenthaltszweck, aus dem der Ausländer seinen Anspruch herleitet. Im vorliegenden Verfahren stützen die Kläger ihr Klagebegehren in tatsächlicher Hinsicht auf humanitäre Gründe, wie sie in Abschnitt 5 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes normiert sind. Das Klagebegehren erfasst damit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 43.06 - BVerwGE 129, 226 und Urt. v. 27.01.2009 - 1 C 40.07 - DVBl 2009, 650) auch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) eingeführten und am 28. August 2007 in Kraft getretenen Altfallregelung des § 104 a AufenthG. Denn auch eine nach dieser Vorschrift erteilte Aufenthaltserlaubnis wird entweder als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG erteilt (§ 104 a Abs. 1 Satz 2 AufenthG) oder gilt zumindest als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes104 a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 AufenthG). Die Anträge auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer (vgl. § 5 AufenthV), hilfsweise Ausweisersatzpapieren (vgl. § 48 Abs. 4 AufenthG) werden von den Klägern, wie diese in der mündlichen Verhandlung klargestellt haben, ebenfalls weiterverfolgt. Nicht Streitgegenstand ist demgegenüber das Begehren des Klägers zu 2 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Insoweit wird ein familiärer Aufenthaltszweck nach Abschnitt 6 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes verfolgt; nach dem Trennungsprinzip (BVerwG, Urt. v. 04.09.2007, a.a.O.) handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand. Der Vertreter des Klägers zu 2 hat in der Berufungsverhandlung zudem erklärt, dieses Begehren im vorliegenden Verfahren nicht zu verfolgen.
II.
41 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.01.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat die Anträge der Kläger auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen sowie auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer, hilfsweise Ausweisersatzen, im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Über die geltend gemachten Ansprüche ist unter Zugrundelegung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu entscheiden (unten 1.). Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem bei ihm vorrangig zu prüfenden § 25 Abs. 3 AufenthG (unten 2.) oder nach anderen Anspruchsgrundlagen (unten 3.). Die übrigen Kläger können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des bei ihnen allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor (unten 4). Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (unten 5). Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass sie die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen (unten 6.). Schließlich steht sämtlichen Klägern kein Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises oder Ausweisersatzes zu (unten 7.).
42 
1. Maßgeblich für die Beurteilung der von den Klägern verfolgten Verpflichtungsbegehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist insgesamt der Zeitpunkt der Berufungsverhandlung. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels bei der Frage, ob eine Aufenthaltserlaubnis aus Rechtsgründen erteilt oder versagt werden muss, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz abzustellen, soweit sich nicht aus dem materiellen Recht im Einzelfall Abweichendes ergibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.2004 - 1 C 20.03 - BVerwGE 121, 86 <88>; Senatsurteil vom 18.04.2007 - 11 S 1035/06 - AuAS 2007, 219). Gleiches gilt nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - juris), der sich der Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urt. v. 18.04.2007, a.a.O.) anschließt, auch für die Überprüfung einer Ermessensentscheidung: In Anlehnung an seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung im Falle der gerichtlichen Anfechtung einer Ausweisung (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 <22 ff.>) geht das Bundesverwaltungsgericht nunmehr unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung davon aus, dass auch bei Klagen auf Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels für die Überprüfung der behördlichen Ermessensentscheidung auf den Zeitpunkt abzustellen ist, der für die gerichtliche Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen maßgeblich ist. Dies ist hier der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz.
43 
Nichts anderes ergibt sich vorliegend daraus, dass die Kläger noch unter Geltung des Ausländergesetzes die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen beantragt hatten. Die im Aufenthaltsgesetz getroffenen materiellen Übergangsregelungen (vgl. §§ 103 und 104), wonach das Ausländergesetz in bestimmten Fallkonstellationen über den 01.01.2005 hinaus auf Aufenthaltsansprüche Anwendung findet, erfassen den Fall von vor diesem Zeitpunkt geltend gemachten Ansprüchen auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen nicht.
44 
2. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG.
45 
a) Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG soll einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegt. Die Ausländerbehörde ist nach § 42 AsylVfG an eine positive oder negative Entscheidung des Bundesamts über das Vorliegen eines Abschiebungsverbots gebunden. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf Feststellungen zu § 53 Abs. 6 AuslG, obwohl insoweit keine ausdrückliche Übergangsregelung erlassen worden ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - BVerwGE 126, 192; Senatsurteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 27; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 49).
46 
Danach ist die Beklagte vorliegend an die im Bundesamtsbescheid vom 04.11.1994 getroffene Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG gebunden. Dieser Bescheid ist nicht etwa mangels Bestimmtheit (vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG) gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG insgesamt nichtig. Allerdings erstreckt sich die Bindungswirkung der positiven Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG nur auf Kroatien, nicht hingegen auf weitere Staaten, da der Bescheid insoweit teilnichtig ist (vgl. § 44 Abs. 4 VwVfG). Nach dem Tenor des Bundesamtsbescheides vom 04.11.1994 bezieht sich die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG auf Kroatien und alle Länder, die keinen mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard besitzen, um die Therapierung der Hemmkörperhämophilie des Klägers zu 2 zu gewährleisten. Nähere Feststellungen zum medizinischen Standard in Deutschland, in Kroatien oder in weiteren Ländern finden sich in der Begründung nicht. Auf welche weiteren Länder sich die Feststellung konkret erstrecken soll, ist für den Adressaten nicht erkennbar. Insoweit fehlt es an der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit des Bescheides (§ 37 Abs. 1 VwVfG). Hinsichtlich des Regelungsinhalts erfordert das Bestimmtheitsgebot, dass dieser für die Adressaten nach Art und Umfang aus sich heraus verständlich ist (BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 37 Rn. 12). Demgegenüber genügt es nicht, dass er für die Behörde - möglicherweise unter Hinzuziehung von Erkenntnisquellen zu weiteren Ländern - bestimmbar ist. Hier ist der Bescheid aus sich heraus nicht verständlich. Der Bescheid ist vielmehr in einem wesentlichen Punkt unklar; die bestehende Unbestimmtheit ist offensichtlich und kann auch nicht durch Auslegung behoben werden. Dies führt zur Nichtigkeit (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 44 Rn. 26 m.w.N.). Der nichtige Teil ist indes nicht so wesentlich, dass das Bundesamt die Feststellung in Bezug auf Kroatien ohne diesen Teil nicht erlassen hätte. Es liegt demnach eine Teilnichtigkeit i.S.d. § 44 Abs. 4 VwVfG vor.
47 
Die Bindungswirkung des wirksamen Teils des Bescheids ist nicht deshalb entfallen, weil das Bundesamt zwischenzeitlich die Feststellung widerrufen hat. Der Widerruf wirkt sich, solange er nicht bestandskräftig ist, nur insoweit aus, als er eine Atypik begründet. Rechtsfolge ist, dass der Regelerteilungsanspruch entfällt und über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen zu entscheiden ist (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - BVerwGE 124, 326; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 56).
48 
b) Der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG steht jedoch der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG entgegen. Die beantragte Aufenthaltserlaubnis ist zwingend zu versagen, wenn ein in § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgeführter Ausschlussgrund vorliegt. Dann ist auch eine Ermessensentscheidung nicht eröffnet (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - a.a.O.).
49 
Nach § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer eine „Straftat von erheblicher Bedeutung“ begangen hat. Dieser Ausschlussgrund ist weiter gefasst als die Ausschlussgründe des Art. 1 F des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - GFK -, des Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG - Qualifikationsrichtlinie - und des § 60 Abs. 8 AufenthG. Nach Art. 1 F GFK finden die Bestimmungen dieses Abkommens keine Anwendung auf Personen, in Bezug auf die aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist,
50 
a) dass sie ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen haben, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen;
51 
b) dass sie ein schweres nichtpolitisches Verbrechen außerhalb des Aufnahmelandes begangen haben, bevor sie dort als Flüchtling aufgenommen wurden;
52 
c) dass sie sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider laufen.
53 
Nach Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG ist ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
54 
a) ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen;
55 
b) eine schwere Straftat begangen hat;
56 
c) sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwider laufen;
57 
d) eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit des Landes darstellt, in dem er sich aufhält.
58 
Nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG findet Absatz 1 dieser Norm keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Nach Satz 2 gilt das Gleiche, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des - dem Art. 1 F GFK entsprechenden - § 3 Abs. 2 AsylVfG erfüllt.
59 
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 31) ist es nicht geboten, den Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG in Anlehnung an die angeführten Vorschriften eng auszulegen. Dagegen spricht zunächst die Entstehungsgeschichte der Vorschrift: Der ursprüngliche Regierungsentwurf sah eine vollständige Abschaffung der Duldung vor. Eine Aufenthaltserlaubnis sollte erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2 bis 7 vorliegen. Einziger Ausschlussgrund sollte nach Satz 2 des Entwurfs die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Ausreise in einen anderen Staat sein. Ein von der CDU/CSU-Fraktion eingebrachter Änderungsantrag sah demgegenüber eine restriktive Neufassung des § 25 Abs. 3 vor:
60 
„Einem Ausländer kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 vorliegen. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn eine Ausreise in einen anderen Staat aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist. Eine Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn der Ausländer die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst zu vertreten hat, weil er im Bundesgebiet nicht nur vereinzelte oder geringfügige Straftaten begangen hat oder nach seiner Einreise die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst herbeigeführt, die Aufenthaltsbeendigung in vorwerfbarer Weise hinausgezögert oder vereitelt hat oder sein Handeln in sonstiger Weise rechtsmissbräuchlich ist.“
61 
Begründet wurde der Änderungsantrag u.a. damit, dass Straftätern grundsätzlich keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden solle (BT-Drs. 15/955, S. 14). Diese Einwände haben sich in der vom Vermittlungsausschuss akzeptierten Fassung in der Weise niedergeschlagen, dass die Ausschlussgründe gegenüber dem Regierungsentwurf wesentlich erweitert wurden. Während der Regierungsentwurf einen Ausschluss nur in den Fällen vorsah, in denen die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist, wurden zusätzlich die Fälle des gröblichen Verstoßes gegen Mitwirkungspflichten und die Begehung von Verbrechen, Straftaten oder Handlungen nach Abs. 3 Satz 2 lit. a - d eingefügt (BT-Drs. 15/3479, S. 5).
62 
Die Ausschlussgründe des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. a - d regeln lediglich die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, sagen aber nichts darüber aus, ob Ausländer, bei denen Abschiebungsverbote nach Abs. 3 Satz 1 vorliegen, in ihre Heimatstaaten abgeschoben werden können. Rechtsgrundsätzliche Bedenken dagegen, dass die Ausschlussgründe weiter gefasst sind als in Art. 1 F GFK und in Art. 17 RL 2004/83/EG, bestehen daher nicht. Steht der Ausschlussgrund der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen, ist eine Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG zu erteilen (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 48; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 72). In der Person des Klägers zu 2 liegt ohnehin lediglich ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor, so dass er sich auf die Bestimmungen der GFK und der Qualifikationsrichtlinie nicht berufen kann.
63 
Bei dem Begriff der Straftaten von erheblicher Bedeutung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, den der Gesetzgeber in einer Vielzahl von Gesetzen verwendet (vgl. etwa §§ 81 g, 98 a, 100 g, 100 h, 110 a, 131 StPO, § 28 BDSG, § 23 BPolG, §§ 8, 14, 15 BKAG, §§ 25, 30 PolG BW). Dazu zählen alle Verbrechen, aber auch schwerwiegende Vergehen (etwa §§ 224, 243, 253 StGB; schwerwiegende Straftaten nach dem BtMG). Man versteht darunter solche Taten, die den Rechtsfrieden empfindlich stören und geeignet sind, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Es muss sich bei den zu beurteilenden Taten um Delikte handeln, die mindestens der mittleren Kriminalität zuzurechnen sind (BVerfG, Beschl. v. 14.12.2000 - 1 BvR 1741/99 u.a. - BVerfGE 103, 21 <34> und Beschl. v. 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - juris; NdsOVG, Beschl. v. 06.03.2009 - 7 LA 231/07 - juris; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 81 g Rn. 7 a m.w.N.; Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 50; Hailbronner, AuslR, Kommentar, § 25 Rn. 69). In den Fällen der mittleren Kriminalität ist dabei das besondere Maß des Unrechts nach Lage des konkreten Einzelfalles entscheidend, wobei es nicht so sehr auf den abstrakten Charakter des Straftatbestandes, sondern auf Art und Schwere der jeweiligen konkreten Tat ankommt. Die Beeinträchtigung des Rechtsfriedens oder der Rechtssicherheit kann sich etwa daraus ergeben, dass durch die Straftat bedeutsame Rechtsgüter wie z.B. Leib, Leben, Gesundheit oder fremde Sachen von bedeutendem Wert verletzt wurden. Nach Lage des Falles können auch Eigentums- oder Vermögensdelikte mittlerer Qualität die genannten Voraussetzungen erfüllen, insbesondere wenn es sich um Straftaten mit Seriencharakter und entsprechendem (Gesamt-)Schaden für die Allgemeinheit handelt (BT-Drs. 11/7663 S. 35). Die Straftat muss ein Gewicht aufweisen, das es gerechtfertigt erscheinen lässt, den gesetzgeberischen Zweck der Legalisierung des Aufenthalts zurücktreten zu lassen (Burr, a.a.O. Rn. 50; Hailbronner, a.a.O. Rn. 69; VG Stuttgart, Urt. v. 07.10.2005 - 9 K 2107/04 - InfAuslR 2006, 78).
64 
Daran gemessen liegt der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG hier vor. Der Kläger zu 2 wurde mehrfach nicht nur wegen Eigentums-, sondern auch wegen Gewaltdelikten (gemeinschaftlicher Raub, gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung) verurteilt. Er ist hierbei vor massiven Verletzungen der körperlichen Integrität unbeteiligter Dritter nicht zurückschreckt. Hinzu kommt, dass er die ihm mehrfach eingeräumten Gelegenheiten zur Bewährung ausweislich des Berichts der Bewährungshelferin vom 26.04.2007 und des Urteils des Amtsgerichts Mannheim vom 03.05.2007 nicht genutzt hat. Nichts anderes folgt angesichts des Umstandes, dass gegen den Kläger zu 2 eine Jugendstrafe verhängt wurde, die letztendlich nicht zur Bewährung ausgesetzt werden konnte, daraus, dass der Kläger zu 2 nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde.
65 
Unschädlich ist, dass die in § 72 Abs. 2 AufenthG vorgesehene Beteiligung des Bundesamtes unterbleiben ist. Nach dieser Vorschrift hätte das Vorliegen des Ausschlussgrundes unter Beteiligung des Bundesamtes geprüft werden müssen. Dieses Beteiligungserfordernis verfolgt jedoch nicht das Ziel, Rechte des Ausländers zu wahren. Es ist nicht als verfahrensrechtliche Schutznorm anzusehen. Der betroffene Ausländer kann sich daher in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mit Erfolg auf die unterbliebene Beteiligung berufen (Gutmann in GK-AufenthG, § 72 AufenthG Rn. 55 m.w.N.).
66 
Ob weitere Ausschlussgründe nach § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorliegen, kann danach offenbleiben.
67 
3. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach anderen Anspruchsgrundlagen.
68 
a) Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Kläger zu 2 die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG erfüllt. Insoweit erscheint offen, ob seine Ausreise nach Serbien oder Kosovo möglicherweise im Hinblick auf eine drohende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes wegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots rechtlich unmöglich ist. Bezüglich dieser Staaten liegt keine Bundesamtsentscheidung vor, die die Anwendung des § 25 Abs. 5 AufenthG insoweit sperren würde (vgl. § 42 Satz 1 AsylVfG). In der Rechtsprechung ist auch geklärt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nicht ausschließlich im Rahmen des § 25 Abs. 3, sondern auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG berücksichtigungsfähig sind, soweit keine Prüfungszuständigkeit des Bundesamtes gegeben ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 119).
69 
Einem möglichen Anspruch steht aber jedenfalls das Fehlen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen. Danach setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsgrund vorliegt. Mit den von ihm begangenen vorsätzlichen Straftaten, die nicht vereinzelt und geringfügig sind, hat der Kläger zu 2 den Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG verwirklicht. Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrunds beseitigen würden, sind nicht ersichtlich. Anders als im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG - insoweit kommen gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht zur Anwendung - ist im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG auch nicht von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abzusehen. Vielmehr kann die Ausländerbehörde gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nach pflichtgemäßem Ermessen von der Anwendung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen absehen. Vorliegend hat die Beklagte im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 08.08.2007 ausdrücklich erklärt, dass sie bei dem Kläger zu 2 nicht von der allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG absieht. Die bisherigen strafrechtlichen Verfehlungen des Klägers zu 2 rechtfertigten eine solche Entscheidung nicht. Ermessensfehler sind insoweit nicht erkennbar. Die Ermessensbetätigung steht im Einklang mit der Entscheidung des Gesetzgebers, der im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG das Vorliegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung als zwingenden Ausschlussgrund ausgestaltet hat. Es kann nicht beanstandet werden, dass die Beklagte unter Berufung auf die Schwere der strafrechtlichen Verfehlungen dieser gesetzgeberischen Entscheidung auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG Rechnung trägt.
70 
§ 114 Satz 2 VwGO steht vorliegend der erstmaligen Ermessensbetätigung im gerichtlichen Verfahren nicht entgegen. Zwar erlaubt diese Vorschrift nur die Ergänzung bereits vorhandener Ermessenserwägungen. An solchen fehlt es vorliegend. Der Konzeption des § 114 Satz 2 VwGO liegt indes zugrunde, dass bei Ermessensentscheidungen der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung der maßgebliche Zeitpunkt ist (vgl. Kuntze in Bader u.a., VwGO, § 114 Rn. 5 m.w.N.). Ist aber - wie hier (vgl. oben II. 1.) - der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz der maßgebliche Zeitpunkt auch für die Überprüfung der Ermessensentscheidung und ergibt sich erstmals während des gerichtlichen Verfahrens die Notwendigkeit der Ermessensbetätigung, so ist eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 114 Satz 2 VwGO geboten. In dieser Situation kann es der Behörde, die die Pflicht zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit ihrer Verfügung trifft, nicht verwehrt sein, bezüglich nachträglich entstandener Umstände, die erstmals eine Ermessensentscheidung erfordern, ihr Ermessen insgesamt nachträglich erstmals zu betätigen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bislang zum Ausweisungsrecht so entschieden. Es hat seine frühere Rechtsprechung, wonach Ermessenserwägungen bei Ausweisungsentscheidungen nur insoweit ergänzt werden können, als die nachträglich von der Behörde angegebenen Gründe schon bei Erlass des Verwaltungsaktes vorlagen (vgl. Urt. v. 05.05.1998 - 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351 <363>), mit der Erwägung aufgegeben, dass diese Rechtsprechung sich nicht auf Sachverhalte bezieht, in denen es aus Gründen des materiellen Rechts erforderlich ist, in eine Ermessensentscheidung auch Umstände einzubeziehen, die erst nach Erlass der Ausweisungsverfügung entstanden sind (Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 und Urt. v. 13.01.2009 - 1 C 2.08 - NVwZ 2009, 727). Dies betrifft nicht nur Situationen, in denen die Ergänzung einer bereits getroffenen Ermessensentscheidung geboten ist, sondern auch Fälle, in denen eine ursprünglich gebundene Ausweisung aufgrund nachträglicher Änderungen erstmals einer Ermessensentscheidung bedarf (BVerwG, Urt. v. 15.11.2007, a.a.O. Rn. 19). Der Einbeziehung nachträglicher Ermessenserwägungen könne in dieser Sondersituation nicht entgegengehalten werden, dass diese sich auf nach Erlass der Ausweisung entstandene Umstände beziehen (zustimmend Decker in Posser/Wolff, VwGO, § 114 Rn. 45). Diese Rechtsprechung ist nach Auffassung des Senats auf Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels zu übertragen, nachdem das Bundesverwaltungsgericht auch in diesem Bereich seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt geändert hat (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - a.a.O.). In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf seine neuere Rechtsprechung zum Ausweisungsrecht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ausländerbehörde die Möglichkeit habe, in Erfüllung ihrer Obliegenheit zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle die Ermessenserwägungen in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO im laufenden Verfahren zu aktualisieren (a.a.O. Rn. 42). Soweit danach eine Aktualisierung „in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO“ erfolgen soll, lässt sich dem nicht entnehmen, dass anders als im Ausweisungsrecht eine gegebenenfalls notwendige erstmalige Ermessensbetätigung während des gerichtlichen Verfahrens ausgeschlossen sein soll. Diese Formulierung dürfte vielmehr dem Umstand geschuldet sein, dass in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall eine Ermessensentscheidung getroffen worden war und daher von vornherein nur eine Ergänzung der bereits getroffenen Ermessensentscheidung im Raume stand.
71 
Hier ist die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erst infolge der vom Kläger zu 2 nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2006 begangenen Straftaten entfallen, so dass der Beklagten die erstmalige Ermessensausübung gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG im gerichtlichen Verfahren nicht verwehrt werden kann. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass dadurch der Verwaltungsakt in seinem Wesen geändert würde, was nach der bisherigen Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 27.01.1982 - 8 C 12.81 - BVerwGE 64, 356 <360>) dem Nachschieben von Gründen entgegenstünde. Sinn und Zweck der Schranke der Wesensänderung sind Überlegungen prozessualer Waffengleichheit, damit insbesondere belastende Ermessensverwaltungsakte nicht frühzeitig auf schwacher Grundlage erlassen und von der Verwaltung auch noch im Prozess zur nachträglichen Legitimation der Anordnung nach Belieben nachgebessert werden können. Dieser Zweck trifft aber die infolge der Verschiebung des maßgeblichen Zeitpunkts zu bewältigenden Fälle nachträglicher Änderungen der Sach- und Rechtslage gerade nicht (ebenso Kraft, ZAR 2009, 41 <46>). Sind nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage zugunsten wie zulasten des Ausländers zu berücksichtigen, erscheint es auch unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit gerechtfertigt, der Ausländerbehörde das Recht zur erstmaligen Ermessensentscheidung während des gerichtlichen Verfahrens einzuräumen.
72 
b) Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch gemäß der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17. November 2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Anordnung der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis entgegen. Nach Nr. I 3.3 dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen.
73 
c) Einem möglichen Anspruch des Klägers zu 2 nach § 104 a AufenthG steht der Ausschlussgrund gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 dieser Vorschrift entgegen. Mit der Verurteilung zu einer Jugendstrafe von 20 Monaten ist dieser Ausschlussgrund verwirklicht (vgl. Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 52).
74 
4. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
75 
Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.
76 
a) Zwar sind alle Kläger aufgrund der in den Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohungen nach § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig.
77 
b) Es fehlt jedoch an der Unmöglichkeit der Ausreise. Die Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 ist weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich. Der Begriff der Ausreise umfasst die (zwangsweise) Abschiebung und die freiwillige Ausreise (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Die Ausreise ist unmöglich, wenn sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht erfolgen kann. Da die Ausreise eine unvertretbare Handlung darstellt, ist die Unmöglichkeit im Hinblick auf den betroffenen Ausländer zu prüfen. Von der Unmöglichkeit der Abschiebung kann nicht ohne weiteres auf die Unmöglichkeit der Ausreise geschlossen werden. Grundsätzlich ist von der Möglichkeit einer (freiwilligen) Ausreise auszugehen, solange der Ausländer nicht durch einen gescheiterten Ausreiseversuch das Gegenteil nachweist. Es bedarf jedoch dann keines Versuchs der freiwilligen Ausreise in den Heimatstaat, wenn von vornherein feststeht, dass dieser Versuch erfolglos bleiben wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.06.2003 - 13 S 2767/02 - juris).
78 
aa) Ein tatsächliches Ausreisehindernis kann vorliegen, wenn ein Ausländer staatenlos ist und kein aufnahmebereiter Staat vorhanden ist. Auch der fehlende Besitz eines Passes oder sonstigen Reisedokuments kann die tatsächliche Unmöglichkeit begründen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356).
79 
bb) Die freiwillige Ausreise ist rechtlich unmöglich, wenn dem Ausländer aus Rechtsgründen nicht zuzumuten ist, Deutschland zu verlassen. Allgemeine Widrigkeiten, oder Überlegungen humanitärer Art, die aber keine Abschiebungshindernisse zur Folge haben, bleiben jedoch unberücksichtigt (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Danach ist die Ausreise unzumutbar und damit unmöglich, wenn rechtliche zielstaats- und/oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen. Zu den inlandsbezogenen Abschiebungsverboten zählen auch die Verbote, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006, a.a.O.). Eine rechtliche Unmöglichkeit der freiwilligen Ausreise wäre danach gegeben, wenn die Versagung der Aufenthaltserlaubnis einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf Familien- und Privatleben darstellte.
80 
Ein unverhältnismäßiger Eingriff - und demzufolge eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise - kann angenommen werden, wenn die „Verwurzelung“ des Ausländers in Deutschland infolge fortgeschrittener beruflicher und sozialer Integration bei gleichzeitiger Unmöglichkeit einer Reintegration im Herkunftsstaat dazu führt, dass das geschützte Privatleben nur noch hier geführt werden kann (sog. faktischer Inländer). Die Annahme einer Unzumutbarkeit der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unter dem Aspekt des nach Art. 8 EMRK geschützten „Privatlebens“ setzt eine abgeschlossene und „gelungene“ Integration des Ausländers in die Lebensverhältnisse in Deutschland voraus. Eine derartige Konstellation ist insbesondere denkbar bei Ausländern der zweiten Generation, die in Deutschland aufgewachsen sind und keinerlei Beziehung zum Herkunftsstaat der Eltern besitzen. Wie sich hinreichend etwa aus den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Sachen „Sisojeva I und II“ (EGMR, Urteile vom 16.06.2005 und 15.01.2007, EuGRZ 2006, 554 und InfAuslR 2007, 140) sowie „Rodrigues da Silva und Hoogkamer“ (EGMR, Urteil vom 31.01.2006, EuGRZ 2006, 562) ergibt, kommt es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte (offen gelassen im Urteil vom 08.04.2008 - Nr. 21878/06 - „Nnyanzi“); der Schutzbereich dieses Menschenrechts dürfte vielmehr auch bei nur Geduldeten eröffnet sein können (Senatsbeschlüsse vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - InfAuslR 2008, 29 = VBlBW 2008, 114 = NVwZ 2008, 344, vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 -InfAuslR 2009, 72 und vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - InfAuslR 2009, 178; ebenso Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 150; HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 56; Benassi, InfAuslR 2006, 397 <401 f.>; Hoppe, ZAR 2006, 125; Marx, ZAR 2006, 261 <266>; a.A. wohl Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris und Storr in Storr u.a., ZuwG, 2. Aufl., § 25 AufenthG Rn. 31; unklar insoweit BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris).
81 
Zu berücksichtigen ist auch, dass minderjährige Kinder grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen (sog. familienbezogene Gesamtbetrachtung; vgl. dazu Senatsurteil vom 26.07.2006 - 11 S 951/06 -VBlBW 2006, 442). Steht den Eltern wegen deren mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 AufenthG kein Aufenthaltsrecht zu, so ist davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger, der im Bundesgebiet geboren wurde oder dort lange Zeit gelebt hatte und vollständig integriert ist, auf die von den Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden kann. Ausnahmsweise kann etwas anderes gelten, wenn kein Elternteil in der Lage sein wird, diese Hilfen zu erbringen.
82 
cc) Daran gemessen folgt hier weder aus der Passlosigkeit der Kläger (aaa) noch aus Art. 8 EMRK (bbb) eine Unmöglichkeit der Ausreise. Wollte man dies hinsichtlich der Passlosigkeit anders sehen, stünden jedenfalls die Regelungen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG dem geltend gemachten Anspruch entgegen (ccc).
83 
aaa) Zwar erscheint eine Ausreise nach Kroatien bezüglich aller Kläger ausgeschlossen, nachdem die kroatischen Behörden die Rückübernahme endgültig abgelehnt haben. Gleiches gilt in Bezug auf Makedonien für die Kläger zu 3 und zu 4. Dass eine Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 nach Serbien oder in die Republik Kosovo nicht möglich ist, steht demgegenüber nicht fest. Nachdem insoweit keine eindeutigen Erklärungen der zuständigen Stellen der betreffenden Staaten vorliegen, dass die Kläger nicht übernommen werden, und sie auch keinen - gescheiterten - Ausreiseversuch unternommen haben, ist von der Möglichkeit der freiwilligen Ausreise auszugehen.
84 
bbb) Aus Art. 8 EMRK ergibt sich vorliegend keine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4.
85 
Soweit keine Abschiebung der Klägerin zu 1 nach Makedonien durchgeführt werden soll, ist vorliegend nicht der Schutzbereich des Rechts auf Familienleben (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 05.02.2009 – 11 S 3244/08 – InfAuslR 2009, 178), sondern lediglich der des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnet. Die Klägerin zu 1 und der minderjährige Kläger zu 4 können nach dem oben Ausgeführten darauf verwiesen werden, gemeinsam nach Serbien bzw. Kosovo auszureisen. Gleiches gilt für den volljährigen Kläger zu 3, der im Übrigen nicht in gesteigertem Maße auf familiären Beistand angewiesen ist. Die Ausreise ist für keinen der Kläger unzumutbar. Der Eingriff in das geschützte Privatleben der Kläger ist im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht unverhältnismäßig.
86 
Bei der als Erwachsene eingereisten Klägerin zu 1, die in Makedonien aufgewachsen ist und später im heutigen Kroatien gelebt hat, fehlt es bereits an der erforderlichen Entwurzelung. Zudem ist sie nicht hinreichend verwurzelt, da sie über viele Jahre ausschließlich von Sozialleistungen gelebt und erst vor kurzem eine Arbeitsstelle gefunden hat. Weitere besondere Integrationsleistungen sind nicht ersichtlich. Es fehlt auch an einer Handreichung des Staates, da ihr Aufenthalt nach negativem Abschluss des Asylverfahrens durchgehend nur geduldet war. Sie konnte daher kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand ihres Aufenthalts im Bundesgebiet entwickeln (vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris). Der jetzt 17jährige Kläger zu 4 ist zwar hier geboren und aufgewachsen, so dass ohne weiteres von einer Entwurzelung ausgegangen werden kann. Er hat indes nach Abschluss der Hauptschule keine Ausbildung begonnen und auch beruflich nicht Fuß gefasst. Besondere Integrationsleistungen sind ebenfalls nicht ersichtlich. Negativ ins Gewicht fällt auch seine Verurteilung vom 17.09.2008. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 4 als Minderjähriger grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal seiner Mutter teilt (familienbezogene Gesamtbetrachtung). Bei dem als Kleinkind eingereisten, jetzt 18jährigen Kläger zu 3 fehlt es ebenfalls an einer abgeschlossenen Integration. Er hat keinen Schulabschluss erlangt und ist beruflich nicht integriert. Zudem ist er ebenfalls straffällig geworden. Von einer fortgeschrittenen beruflichen und sozialen Integration kann daher auch bei ihm keine Rede sein.
87 
ccc) Nach § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG darf die Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, „wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist“ (§ 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG), und ein Verschulden liegt insbesondere dann vor (die anderen Verschuldenstatbestände sind hier nicht einschlägig), wenn der Ausländer „zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt“ (§ 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Grundsätzlich ist der Ausländer verpflichtet, von sich aus zumutbare Anforderungen zur Beseitigung von Ausreisehindernissen zu erfüllen; er hat zudem unter Angabe nachprüfbarer Umstände darzulegen und durch Vorlage geeigneter Dokumente nachzuweisen, dass er das ihm Zumutbare zur Erlangung eines Passes oder eines anderen Rückreisedokuments getan hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - InfAuslR 2009, 109; Senatsurteil vom 22.03.2006 - 11 S 1924/05 - je m.w.N.). Bei der Frage, welche Mitwirkungshandlungen konkret zumutbar sind, sind alle Umstände und Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen (siehe BVerwG, Beschl. v. 15.06.2006 - 1 B 54.06 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 4 und VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O. m.w.N.), wobei der Begriff der Zumutbarkeit es ausschließt, einem Ausländer solche Handlungen abzuverlangen, die von vornherein erkennbar aussichtslos sind (BVerwG, Beschluss vom 15.06.2006, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.06.2007 - 3 B 34.05 - juris). Auch dem Verhalten der Behörde als Mitbeteiligter kommt bei der Festlegung der einzelnen Verantwortungsbereiche Bedeutung zu (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 180; BayVGH, Beschl. v. 19.12.2005 - 24 C 05.2856 - InfAuslR 2006, 189). Erfolglos gebliebene behördliche Bemühungen können zwar dem Betroffenen selbst nicht als Verschulden angelastet werden; andererseits entlasten sie jedoch den Ausländer nicht von (sonst) zumutbaren eigenen Anstrengungen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG eigenständige Verantwortungsbereiche von Behörde und Betroffenem anzunehmen sind (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005, a.a.O.) und dass Behördenbemühungen unter Umständen schon deswegen, weil sie von einer Behörde ausgehen, zum Scheitern verurteilt sein können. Die dem Ausländer obliegende Initiativpflicht erstreckt sich auf alle Handlungsmöglichkeiten, die ihm bei objektiver Betrachtungsweise bekannt sein können; nur insoweit kann ihm subjektive Verantwortlichkeit angelastet werden (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005 a.a.O.). Daher hat die zuständige Behörde, wie dies auch § 82 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorgibt, den Betroffenen auf seine Pflichten hinzuweisen und ihm mitzuteilen, dass und in welchem Umfang er zur Erbringung bestimmter Handlungen verpflichtet ist; wenn sich ihm ein bestimmtes Verhalten nicht bereits aufdrängen muss, muss ihm wenigstens hinreichend erkennbar sein, was er konkret zu unternehmen hat. Die Behörde ist regelmäßig angesichts ihrer organisatorischen Überlegenheit und Sachnähe besser in der Lage, die bestehenden Möglichkeiten zu erkennen und die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O.).
88 
Daran gemessen ist ein Verschulden der Kläger hier zu bejahen. Die Klägerin zu 1 ist nie von sich aus tätig geworden, um nach Ungültigwerden ihres alten jugoslawischen Passes neue Pässe für sich und ihre Kinder zu erlangen. Aufforderungen zur Passbeschaffung ist sie bezogen auf Kroatien und Makedonien zunächst nachgekommen. Auch auf dem serbischen Konsulat hat sie vorgesprochen. Nachdem jedoch klar war, dass sie abgeleitet von ihrer Mutter möglicherweise ihre Registrierung und Einbürgerung in Serbien erreichen könnte, hat sie trotz ausdrücklicher Aufforderung seitens der Beklagten keine weiteren Bemühungen in dieser Richtung unternommen. Der Kläger zu 3, der nach Erreichen der Volljährigkeit ebenfalls keine eigenen Bemühungen unternommen hat, muss sich das Verhalten der Klägerin zu 1 ebenso zurechnen lassen wie der noch minderjährige Kläger zu 4.
89 
Auf das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen kommt es nach alledem im Hinblick auf die Ansprüche nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht an.
90 
5. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17.11.2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Dies war hier nicht der Fall. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen entgegen. Nach Nr. I 3.3 der Anordnung dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen. Liegt für einen Elternteil oder für ein im Familienverband lebendes minderjähriges Kind ein Ausschlussgrund vor, so scheidet nach I. 3.5 der Anordnung zur Wahrung der Familieneinheit die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich auch für die übrigen Familienmitglieder aus. Hier liegt nicht nur bei dem Kläger zu 2, sondern auch bei den Klägern zu 3 und zu 4 der anspruchsvernichtende Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vor. Damit scheidet die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch für die Klägerin zu 1 aus.
91 
6. Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen. Lockerungen in Bezug auf die Erfüllung der Passpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG bestehen im Rahmen des § 104 a AufenthG nicht (Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 71). Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrundes beseitigen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern die Erlangung eines Passes unzumutbar sein könnte.
92 
Die von der Beklagten in der Berufungsverhandlung getroffene Entscheidung, nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abzusehen, ist nicht zu beanstanden. Diese Entscheidung wurde tragend mit der Erwägung begründet, die Klägerin zu 1 habe über Jahre hinweg keine Passbeschaffungsbemühungen entfaltet. Sie sei offensichtlich nicht gewillt, sich um einen Pass zu bemühen. Der Kläger zu 4 müsse sich die mangelnden Passbeschaffungsbemühungen seiner Mutter zurechnen lassen. Der Kläger zu 3 hätte sich nach Erreichen der Volljährigkeit auch selbstständig an das serbische Konsulat wenden und Passbeschaffungsbemühungen entfalten können. Diese Erwägungen lassen keine Ermessensfehler erkennen.
93 
§ 114 Satz 2 VwGO steht der erstmaligen Ermessensbetätigung in der Berufungsverhandlung nicht entgegen, weil mit Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt insgesamt erstmals über einen möglichen Anspruch auf der Grundlage des erst während des Berufungsverfahrens in Kraft getretenen § 104 a AufenthG zu entscheiden war. Insoweit gilt das oben unter II. 3. a) Ausgeführte entsprechend.
94 
7. Schließlich können die Kläger weder die Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer noch von Ausweisersatzen beanspruchen. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthV liegen nicht vor, da die Kläger, wie oben ausgeführt, auf zumutbare Weise Pässe erlangen können. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor, da die Beklagte nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abgesehen hat.
III.
95 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären. Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist gegenstandslos, nachdem die Kläger die Verfahrenskosten zu tragen haben.
96 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
97 
Beschluss vom 22. Juli 2009
98 
Der Streitwert des Verfahrens in beiden Rechtszügen wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2 GKG auf jeweils40.000,-- EUR festgesetzt.
99 
Gründe
100 
Mit den Anträgen auf Verpflichtung zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen und zur Ausstellung von Reiseausweisen machen die Kläger zwei verschiedene prozessuale Ansprüche geltend, für die jeweils - je Kläger - der Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG von 5.000,-- EUR anzusetzen ist (Senatsbeschluss vom 13.03.2007 - 11 S 150/07- NVwZ-RR 2007, 429). Dies ergibt einen Streitwert von 40.000,-- EUR. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung ist entsprechend zu ändern.
101 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
39 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
40 
Gegenstand der uneingeschränkt zugelassenen Berufung ist das gesamte Klagebegehren erster Instanz. Dies umfasst zunächst die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind aber auch die erst nach Ergehen des erstinstanzlichen Urteils bei der Beklagten gestellten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Bleiberechtsregelung, da insoweit der Streitstoff identisch ist und ebenfalls ein humanitärer Aufenthaltszweck verfolgt wird. Der Streitgegenstand einer Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wird bestimmt und begrenzt durch den Aufenthaltszweck, aus dem der Ausländer seinen Anspruch herleitet. Im vorliegenden Verfahren stützen die Kläger ihr Klagebegehren in tatsächlicher Hinsicht auf humanitäre Gründe, wie sie in Abschnitt 5 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes normiert sind. Das Klagebegehren erfasst damit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 43.06 - BVerwGE 129, 226 und Urt. v. 27.01.2009 - 1 C 40.07 - DVBl 2009, 650) auch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) eingeführten und am 28. August 2007 in Kraft getretenen Altfallregelung des § 104 a AufenthG. Denn auch eine nach dieser Vorschrift erteilte Aufenthaltserlaubnis wird entweder als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG erteilt (§ 104 a Abs. 1 Satz 2 AufenthG) oder gilt zumindest als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes104 a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 AufenthG). Die Anträge auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer (vgl. § 5 AufenthV), hilfsweise Ausweisersatzpapieren (vgl. § 48 Abs. 4 AufenthG) werden von den Klägern, wie diese in der mündlichen Verhandlung klargestellt haben, ebenfalls weiterverfolgt. Nicht Streitgegenstand ist demgegenüber das Begehren des Klägers zu 2 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Insoweit wird ein familiärer Aufenthaltszweck nach Abschnitt 6 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes verfolgt; nach dem Trennungsprinzip (BVerwG, Urt. v. 04.09.2007, a.a.O.) handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand. Der Vertreter des Klägers zu 2 hat in der Berufungsverhandlung zudem erklärt, dieses Begehren im vorliegenden Verfahren nicht zu verfolgen.
II.
41 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.01.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat die Anträge der Kläger auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen sowie auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer, hilfsweise Ausweisersatzen, im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Über die geltend gemachten Ansprüche ist unter Zugrundelegung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu entscheiden (unten 1.). Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem bei ihm vorrangig zu prüfenden § 25 Abs. 3 AufenthG (unten 2.) oder nach anderen Anspruchsgrundlagen (unten 3.). Die übrigen Kläger können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des bei ihnen allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor (unten 4). Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (unten 5). Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass sie die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen (unten 6.). Schließlich steht sämtlichen Klägern kein Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises oder Ausweisersatzes zu (unten 7.).
42 
1. Maßgeblich für die Beurteilung der von den Klägern verfolgten Verpflichtungsbegehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist insgesamt der Zeitpunkt der Berufungsverhandlung. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels bei der Frage, ob eine Aufenthaltserlaubnis aus Rechtsgründen erteilt oder versagt werden muss, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz abzustellen, soweit sich nicht aus dem materiellen Recht im Einzelfall Abweichendes ergibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.2004 - 1 C 20.03 - BVerwGE 121, 86 <88>; Senatsurteil vom 18.04.2007 - 11 S 1035/06 - AuAS 2007, 219). Gleiches gilt nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - juris), der sich der Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urt. v. 18.04.2007, a.a.O.) anschließt, auch für die Überprüfung einer Ermessensentscheidung: In Anlehnung an seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung im Falle der gerichtlichen Anfechtung einer Ausweisung (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 <22 ff.>) geht das Bundesverwaltungsgericht nunmehr unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung davon aus, dass auch bei Klagen auf Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels für die Überprüfung der behördlichen Ermessensentscheidung auf den Zeitpunkt abzustellen ist, der für die gerichtliche Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen maßgeblich ist. Dies ist hier der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz.
43 
Nichts anderes ergibt sich vorliegend daraus, dass die Kläger noch unter Geltung des Ausländergesetzes die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen beantragt hatten. Die im Aufenthaltsgesetz getroffenen materiellen Übergangsregelungen (vgl. §§ 103 und 104), wonach das Ausländergesetz in bestimmten Fallkonstellationen über den 01.01.2005 hinaus auf Aufenthaltsansprüche Anwendung findet, erfassen den Fall von vor diesem Zeitpunkt geltend gemachten Ansprüchen auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen nicht.
44 
2. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG.
45 
a) Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG soll einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegt. Die Ausländerbehörde ist nach § 42 AsylVfG an eine positive oder negative Entscheidung des Bundesamts über das Vorliegen eines Abschiebungsverbots gebunden. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf Feststellungen zu § 53 Abs. 6 AuslG, obwohl insoweit keine ausdrückliche Übergangsregelung erlassen worden ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - BVerwGE 126, 192; Senatsurteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 27; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 49).
46 
Danach ist die Beklagte vorliegend an die im Bundesamtsbescheid vom 04.11.1994 getroffene Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG gebunden. Dieser Bescheid ist nicht etwa mangels Bestimmtheit (vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG) gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG insgesamt nichtig. Allerdings erstreckt sich die Bindungswirkung der positiven Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG nur auf Kroatien, nicht hingegen auf weitere Staaten, da der Bescheid insoweit teilnichtig ist (vgl. § 44 Abs. 4 VwVfG). Nach dem Tenor des Bundesamtsbescheides vom 04.11.1994 bezieht sich die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG auf Kroatien und alle Länder, die keinen mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard besitzen, um die Therapierung der Hemmkörperhämophilie des Klägers zu 2 zu gewährleisten. Nähere Feststellungen zum medizinischen Standard in Deutschland, in Kroatien oder in weiteren Ländern finden sich in der Begründung nicht. Auf welche weiteren Länder sich die Feststellung konkret erstrecken soll, ist für den Adressaten nicht erkennbar. Insoweit fehlt es an der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit des Bescheides (§ 37 Abs. 1 VwVfG). Hinsichtlich des Regelungsinhalts erfordert das Bestimmtheitsgebot, dass dieser für die Adressaten nach Art und Umfang aus sich heraus verständlich ist (BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 37 Rn. 12). Demgegenüber genügt es nicht, dass er für die Behörde - möglicherweise unter Hinzuziehung von Erkenntnisquellen zu weiteren Ländern - bestimmbar ist. Hier ist der Bescheid aus sich heraus nicht verständlich. Der Bescheid ist vielmehr in einem wesentlichen Punkt unklar; die bestehende Unbestimmtheit ist offensichtlich und kann auch nicht durch Auslegung behoben werden. Dies führt zur Nichtigkeit (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 44 Rn. 26 m.w.N.). Der nichtige Teil ist indes nicht so wesentlich, dass das Bundesamt die Feststellung in Bezug auf Kroatien ohne diesen Teil nicht erlassen hätte. Es liegt demnach eine Teilnichtigkeit i.S.d. § 44 Abs. 4 VwVfG vor.
47 
Die Bindungswirkung des wirksamen Teils des Bescheids ist nicht deshalb entfallen, weil das Bundesamt zwischenzeitlich die Feststellung widerrufen hat. Der Widerruf wirkt sich, solange er nicht bestandskräftig ist, nur insoweit aus, als er eine Atypik begründet. Rechtsfolge ist, dass der Regelerteilungsanspruch entfällt und über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen zu entscheiden ist (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - BVerwGE 124, 326; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 56).
48 
b) Der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG steht jedoch der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG entgegen. Die beantragte Aufenthaltserlaubnis ist zwingend zu versagen, wenn ein in § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgeführter Ausschlussgrund vorliegt. Dann ist auch eine Ermessensentscheidung nicht eröffnet (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - a.a.O.).
49 
Nach § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer eine „Straftat von erheblicher Bedeutung“ begangen hat. Dieser Ausschlussgrund ist weiter gefasst als die Ausschlussgründe des Art. 1 F des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - GFK -, des Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG - Qualifikationsrichtlinie - und des § 60 Abs. 8 AufenthG. Nach Art. 1 F GFK finden die Bestimmungen dieses Abkommens keine Anwendung auf Personen, in Bezug auf die aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist,
50 
a) dass sie ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen haben, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen;
51 
b) dass sie ein schweres nichtpolitisches Verbrechen außerhalb des Aufnahmelandes begangen haben, bevor sie dort als Flüchtling aufgenommen wurden;
52 
c) dass sie sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider laufen.
53 
Nach Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG ist ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
54 
a) ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen;
55 
b) eine schwere Straftat begangen hat;
56 
c) sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwider laufen;
57 
d) eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit des Landes darstellt, in dem er sich aufhält.
58 
Nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG findet Absatz 1 dieser Norm keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Nach Satz 2 gilt das Gleiche, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des - dem Art. 1 F GFK entsprechenden - § 3 Abs. 2 AsylVfG erfüllt.
59 
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 31) ist es nicht geboten, den Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG in Anlehnung an die angeführten Vorschriften eng auszulegen. Dagegen spricht zunächst die Entstehungsgeschichte der Vorschrift: Der ursprüngliche Regierungsentwurf sah eine vollständige Abschaffung der Duldung vor. Eine Aufenthaltserlaubnis sollte erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2 bis 7 vorliegen. Einziger Ausschlussgrund sollte nach Satz 2 des Entwurfs die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Ausreise in einen anderen Staat sein. Ein von der CDU/CSU-Fraktion eingebrachter Änderungsantrag sah demgegenüber eine restriktive Neufassung des § 25 Abs. 3 vor:
60 
„Einem Ausländer kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 vorliegen. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn eine Ausreise in einen anderen Staat aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist. Eine Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn der Ausländer die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst zu vertreten hat, weil er im Bundesgebiet nicht nur vereinzelte oder geringfügige Straftaten begangen hat oder nach seiner Einreise die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst herbeigeführt, die Aufenthaltsbeendigung in vorwerfbarer Weise hinausgezögert oder vereitelt hat oder sein Handeln in sonstiger Weise rechtsmissbräuchlich ist.“
61 
Begründet wurde der Änderungsantrag u.a. damit, dass Straftätern grundsätzlich keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden solle (BT-Drs. 15/955, S. 14). Diese Einwände haben sich in der vom Vermittlungsausschuss akzeptierten Fassung in der Weise niedergeschlagen, dass die Ausschlussgründe gegenüber dem Regierungsentwurf wesentlich erweitert wurden. Während der Regierungsentwurf einen Ausschluss nur in den Fällen vorsah, in denen die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist, wurden zusätzlich die Fälle des gröblichen Verstoßes gegen Mitwirkungspflichten und die Begehung von Verbrechen, Straftaten oder Handlungen nach Abs. 3 Satz 2 lit. a - d eingefügt (BT-Drs. 15/3479, S. 5).
62 
Die Ausschlussgründe des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. a - d regeln lediglich die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, sagen aber nichts darüber aus, ob Ausländer, bei denen Abschiebungsverbote nach Abs. 3 Satz 1 vorliegen, in ihre Heimatstaaten abgeschoben werden können. Rechtsgrundsätzliche Bedenken dagegen, dass die Ausschlussgründe weiter gefasst sind als in Art. 1 F GFK und in Art. 17 RL 2004/83/EG, bestehen daher nicht. Steht der Ausschlussgrund der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen, ist eine Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG zu erteilen (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 48; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 72). In der Person des Klägers zu 2 liegt ohnehin lediglich ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor, so dass er sich auf die Bestimmungen der GFK und der Qualifikationsrichtlinie nicht berufen kann.
63 
Bei dem Begriff der Straftaten von erheblicher Bedeutung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, den der Gesetzgeber in einer Vielzahl von Gesetzen verwendet (vgl. etwa §§ 81 g, 98 a, 100 g, 100 h, 110 a, 131 StPO, § 28 BDSG, § 23 BPolG, §§ 8, 14, 15 BKAG, §§ 25, 30 PolG BW). Dazu zählen alle Verbrechen, aber auch schwerwiegende Vergehen (etwa §§ 224, 243, 253 StGB; schwerwiegende Straftaten nach dem BtMG). Man versteht darunter solche Taten, die den Rechtsfrieden empfindlich stören und geeignet sind, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Es muss sich bei den zu beurteilenden Taten um Delikte handeln, die mindestens der mittleren Kriminalität zuzurechnen sind (BVerfG, Beschl. v. 14.12.2000 - 1 BvR 1741/99 u.a. - BVerfGE 103, 21 <34> und Beschl. v. 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - juris; NdsOVG, Beschl. v. 06.03.2009 - 7 LA 231/07 - juris; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 81 g Rn. 7 a m.w.N.; Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 50; Hailbronner, AuslR, Kommentar, § 25 Rn. 69). In den Fällen der mittleren Kriminalität ist dabei das besondere Maß des Unrechts nach Lage des konkreten Einzelfalles entscheidend, wobei es nicht so sehr auf den abstrakten Charakter des Straftatbestandes, sondern auf Art und Schwere der jeweiligen konkreten Tat ankommt. Die Beeinträchtigung des Rechtsfriedens oder der Rechtssicherheit kann sich etwa daraus ergeben, dass durch die Straftat bedeutsame Rechtsgüter wie z.B. Leib, Leben, Gesundheit oder fremde Sachen von bedeutendem Wert verletzt wurden. Nach Lage des Falles können auch Eigentums- oder Vermögensdelikte mittlerer Qualität die genannten Voraussetzungen erfüllen, insbesondere wenn es sich um Straftaten mit Seriencharakter und entsprechendem (Gesamt-)Schaden für die Allgemeinheit handelt (BT-Drs. 11/7663 S. 35). Die Straftat muss ein Gewicht aufweisen, das es gerechtfertigt erscheinen lässt, den gesetzgeberischen Zweck der Legalisierung des Aufenthalts zurücktreten zu lassen (Burr, a.a.O. Rn. 50; Hailbronner, a.a.O. Rn. 69; VG Stuttgart, Urt. v. 07.10.2005 - 9 K 2107/04 - InfAuslR 2006, 78).
64 
Daran gemessen liegt der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG hier vor. Der Kläger zu 2 wurde mehrfach nicht nur wegen Eigentums-, sondern auch wegen Gewaltdelikten (gemeinschaftlicher Raub, gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung) verurteilt. Er ist hierbei vor massiven Verletzungen der körperlichen Integrität unbeteiligter Dritter nicht zurückschreckt. Hinzu kommt, dass er die ihm mehrfach eingeräumten Gelegenheiten zur Bewährung ausweislich des Berichts der Bewährungshelferin vom 26.04.2007 und des Urteils des Amtsgerichts Mannheim vom 03.05.2007 nicht genutzt hat. Nichts anderes folgt angesichts des Umstandes, dass gegen den Kläger zu 2 eine Jugendstrafe verhängt wurde, die letztendlich nicht zur Bewährung ausgesetzt werden konnte, daraus, dass der Kläger zu 2 nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde.
65 
Unschädlich ist, dass die in § 72 Abs. 2 AufenthG vorgesehene Beteiligung des Bundesamtes unterbleiben ist. Nach dieser Vorschrift hätte das Vorliegen des Ausschlussgrundes unter Beteiligung des Bundesamtes geprüft werden müssen. Dieses Beteiligungserfordernis verfolgt jedoch nicht das Ziel, Rechte des Ausländers zu wahren. Es ist nicht als verfahrensrechtliche Schutznorm anzusehen. Der betroffene Ausländer kann sich daher in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mit Erfolg auf die unterbliebene Beteiligung berufen (Gutmann in GK-AufenthG, § 72 AufenthG Rn. 55 m.w.N.).
66 
Ob weitere Ausschlussgründe nach § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorliegen, kann danach offenbleiben.
67 
3. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach anderen Anspruchsgrundlagen.
68 
a) Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Kläger zu 2 die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG erfüllt. Insoweit erscheint offen, ob seine Ausreise nach Serbien oder Kosovo möglicherweise im Hinblick auf eine drohende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes wegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots rechtlich unmöglich ist. Bezüglich dieser Staaten liegt keine Bundesamtsentscheidung vor, die die Anwendung des § 25 Abs. 5 AufenthG insoweit sperren würde (vgl. § 42 Satz 1 AsylVfG). In der Rechtsprechung ist auch geklärt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nicht ausschließlich im Rahmen des § 25 Abs. 3, sondern auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG berücksichtigungsfähig sind, soweit keine Prüfungszuständigkeit des Bundesamtes gegeben ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 119).
69 
Einem möglichen Anspruch steht aber jedenfalls das Fehlen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen. Danach setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsgrund vorliegt. Mit den von ihm begangenen vorsätzlichen Straftaten, die nicht vereinzelt und geringfügig sind, hat der Kläger zu 2 den Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG verwirklicht. Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrunds beseitigen würden, sind nicht ersichtlich. Anders als im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG - insoweit kommen gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht zur Anwendung - ist im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG auch nicht von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abzusehen. Vielmehr kann die Ausländerbehörde gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nach pflichtgemäßem Ermessen von der Anwendung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen absehen. Vorliegend hat die Beklagte im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 08.08.2007 ausdrücklich erklärt, dass sie bei dem Kläger zu 2 nicht von der allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG absieht. Die bisherigen strafrechtlichen Verfehlungen des Klägers zu 2 rechtfertigten eine solche Entscheidung nicht. Ermessensfehler sind insoweit nicht erkennbar. Die Ermessensbetätigung steht im Einklang mit der Entscheidung des Gesetzgebers, der im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG das Vorliegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung als zwingenden Ausschlussgrund ausgestaltet hat. Es kann nicht beanstandet werden, dass die Beklagte unter Berufung auf die Schwere der strafrechtlichen Verfehlungen dieser gesetzgeberischen Entscheidung auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG Rechnung trägt.
70 
§ 114 Satz 2 VwGO steht vorliegend der erstmaligen Ermessensbetätigung im gerichtlichen Verfahren nicht entgegen. Zwar erlaubt diese Vorschrift nur die Ergänzung bereits vorhandener Ermessenserwägungen. An solchen fehlt es vorliegend. Der Konzeption des § 114 Satz 2 VwGO liegt indes zugrunde, dass bei Ermessensentscheidungen der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung der maßgebliche Zeitpunkt ist (vgl. Kuntze in Bader u.a., VwGO, § 114 Rn. 5 m.w.N.). Ist aber - wie hier (vgl. oben II. 1.) - der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz der maßgebliche Zeitpunkt auch für die Überprüfung der Ermessensentscheidung und ergibt sich erstmals während des gerichtlichen Verfahrens die Notwendigkeit der Ermessensbetätigung, so ist eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 114 Satz 2 VwGO geboten. In dieser Situation kann es der Behörde, die die Pflicht zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit ihrer Verfügung trifft, nicht verwehrt sein, bezüglich nachträglich entstandener Umstände, die erstmals eine Ermessensentscheidung erfordern, ihr Ermessen insgesamt nachträglich erstmals zu betätigen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bislang zum Ausweisungsrecht so entschieden. Es hat seine frühere Rechtsprechung, wonach Ermessenserwägungen bei Ausweisungsentscheidungen nur insoweit ergänzt werden können, als die nachträglich von der Behörde angegebenen Gründe schon bei Erlass des Verwaltungsaktes vorlagen (vgl. Urt. v. 05.05.1998 - 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351 <363>), mit der Erwägung aufgegeben, dass diese Rechtsprechung sich nicht auf Sachverhalte bezieht, in denen es aus Gründen des materiellen Rechts erforderlich ist, in eine Ermessensentscheidung auch Umstände einzubeziehen, die erst nach Erlass der Ausweisungsverfügung entstanden sind (Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 und Urt. v. 13.01.2009 - 1 C 2.08 - NVwZ 2009, 727). Dies betrifft nicht nur Situationen, in denen die Ergänzung einer bereits getroffenen Ermessensentscheidung geboten ist, sondern auch Fälle, in denen eine ursprünglich gebundene Ausweisung aufgrund nachträglicher Änderungen erstmals einer Ermessensentscheidung bedarf (BVerwG, Urt. v. 15.11.2007, a.a.O. Rn. 19). Der Einbeziehung nachträglicher Ermessenserwägungen könne in dieser Sondersituation nicht entgegengehalten werden, dass diese sich auf nach Erlass der Ausweisung entstandene Umstände beziehen (zustimmend Decker in Posser/Wolff, VwGO, § 114 Rn. 45). Diese Rechtsprechung ist nach Auffassung des Senats auf Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels zu übertragen, nachdem das Bundesverwaltungsgericht auch in diesem Bereich seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt geändert hat (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - a.a.O.). In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf seine neuere Rechtsprechung zum Ausweisungsrecht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ausländerbehörde die Möglichkeit habe, in Erfüllung ihrer Obliegenheit zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle die Ermessenserwägungen in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO im laufenden Verfahren zu aktualisieren (a.a.O. Rn. 42). Soweit danach eine Aktualisierung „in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO“ erfolgen soll, lässt sich dem nicht entnehmen, dass anders als im Ausweisungsrecht eine gegebenenfalls notwendige erstmalige Ermessensbetätigung während des gerichtlichen Verfahrens ausgeschlossen sein soll. Diese Formulierung dürfte vielmehr dem Umstand geschuldet sein, dass in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall eine Ermessensentscheidung getroffen worden war und daher von vornherein nur eine Ergänzung der bereits getroffenen Ermessensentscheidung im Raume stand.
71 
Hier ist die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erst infolge der vom Kläger zu 2 nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2006 begangenen Straftaten entfallen, so dass der Beklagten die erstmalige Ermessensausübung gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG im gerichtlichen Verfahren nicht verwehrt werden kann. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass dadurch der Verwaltungsakt in seinem Wesen geändert würde, was nach der bisherigen Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 27.01.1982 - 8 C 12.81 - BVerwGE 64, 356 <360>) dem Nachschieben von Gründen entgegenstünde. Sinn und Zweck der Schranke der Wesensänderung sind Überlegungen prozessualer Waffengleichheit, damit insbesondere belastende Ermessensverwaltungsakte nicht frühzeitig auf schwacher Grundlage erlassen und von der Verwaltung auch noch im Prozess zur nachträglichen Legitimation der Anordnung nach Belieben nachgebessert werden können. Dieser Zweck trifft aber die infolge der Verschiebung des maßgeblichen Zeitpunkts zu bewältigenden Fälle nachträglicher Änderungen der Sach- und Rechtslage gerade nicht (ebenso Kraft, ZAR 2009, 41 <46>). Sind nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage zugunsten wie zulasten des Ausländers zu berücksichtigen, erscheint es auch unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit gerechtfertigt, der Ausländerbehörde das Recht zur erstmaligen Ermessensentscheidung während des gerichtlichen Verfahrens einzuräumen.
72 
b) Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch gemäß der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17. November 2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Anordnung der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis entgegen. Nach Nr. I 3.3 dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen.
73 
c) Einem möglichen Anspruch des Klägers zu 2 nach § 104 a AufenthG steht der Ausschlussgrund gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 dieser Vorschrift entgegen. Mit der Verurteilung zu einer Jugendstrafe von 20 Monaten ist dieser Ausschlussgrund verwirklicht (vgl. Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 52).
74 
4. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
75 
Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.
76 
a) Zwar sind alle Kläger aufgrund der in den Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohungen nach § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig.
77 
b) Es fehlt jedoch an der Unmöglichkeit der Ausreise. Die Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 ist weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich. Der Begriff der Ausreise umfasst die (zwangsweise) Abschiebung und die freiwillige Ausreise (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Die Ausreise ist unmöglich, wenn sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht erfolgen kann. Da die Ausreise eine unvertretbare Handlung darstellt, ist die Unmöglichkeit im Hinblick auf den betroffenen Ausländer zu prüfen. Von der Unmöglichkeit der Abschiebung kann nicht ohne weiteres auf die Unmöglichkeit der Ausreise geschlossen werden. Grundsätzlich ist von der Möglichkeit einer (freiwilligen) Ausreise auszugehen, solange der Ausländer nicht durch einen gescheiterten Ausreiseversuch das Gegenteil nachweist. Es bedarf jedoch dann keines Versuchs der freiwilligen Ausreise in den Heimatstaat, wenn von vornherein feststeht, dass dieser Versuch erfolglos bleiben wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.06.2003 - 13 S 2767/02 - juris).
78 
aa) Ein tatsächliches Ausreisehindernis kann vorliegen, wenn ein Ausländer staatenlos ist und kein aufnahmebereiter Staat vorhanden ist. Auch der fehlende Besitz eines Passes oder sonstigen Reisedokuments kann die tatsächliche Unmöglichkeit begründen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356).
79 
bb) Die freiwillige Ausreise ist rechtlich unmöglich, wenn dem Ausländer aus Rechtsgründen nicht zuzumuten ist, Deutschland zu verlassen. Allgemeine Widrigkeiten, oder Überlegungen humanitärer Art, die aber keine Abschiebungshindernisse zur Folge haben, bleiben jedoch unberücksichtigt (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Danach ist die Ausreise unzumutbar und damit unmöglich, wenn rechtliche zielstaats- und/oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen. Zu den inlandsbezogenen Abschiebungsverboten zählen auch die Verbote, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006, a.a.O.). Eine rechtliche Unmöglichkeit der freiwilligen Ausreise wäre danach gegeben, wenn die Versagung der Aufenthaltserlaubnis einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf Familien- und Privatleben darstellte.
80 
Ein unverhältnismäßiger Eingriff - und demzufolge eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise - kann angenommen werden, wenn die „Verwurzelung“ des Ausländers in Deutschland infolge fortgeschrittener beruflicher und sozialer Integration bei gleichzeitiger Unmöglichkeit einer Reintegration im Herkunftsstaat dazu führt, dass das geschützte Privatleben nur noch hier geführt werden kann (sog. faktischer Inländer). Die Annahme einer Unzumutbarkeit der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unter dem Aspekt des nach Art. 8 EMRK geschützten „Privatlebens“ setzt eine abgeschlossene und „gelungene“ Integration des Ausländers in die Lebensverhältnisse in Deutschland voraus. Eine derartige Konstellation ist insbesondere denkbar bei Ausländern der zweiten Generation, die in Deutschland aufgewachsen sind und keinerlei Beziehung zum Herkunftsstaat der Eltern besitzen. Wie sich hinreichend etwa aus den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Sachen „Sisojeva I und II“ (EGMR, Urteile vom 16.06.2005 und 15.01.2007, EuGRZ 2006, 554 und InfAuslR 2007, 140) sowie „Rodrigues da Silva und Hoogkamer“ (EGMR, Urteil vom 31.01.2006, EuGRZ 2006, 562) ergibt, kommt es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte (offen gelassen im Urteil vom 08.04.2008 - Nr. 21878/06 - „Nnyanzi“); der Schutzbereich dieses Menschenrechts dürfte vielmehr auch bei nur Geduldeten eröffnet sein können (Senatsbeschlüsse vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - InfAuslR 2008, 29 = VBlBW 2008, 114 = NVwZ 2008, 344, vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 -InfAuslR 2009, 72 und vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - InfAuslR 2009, 178; ebenso Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 150; HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 56; Benassi, InfAuslR 2006, 397 <401 f.>; Hoppe, ZAR 2006, 125; Marx, ZAR 2006, 261 <266>; a.A. wohl Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris und Storr in Storr u.a., ZuwG, 2. Aufl., § 25 AufenthG Rn. 31; unklar insoweit BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris).
81 
Zu berücksichtigen ist auch, dass minderjährige Kinder grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen (sog. familienbezogene Gesamtbetrachtung; vgl. dazu Senatsurteil vom 26.07.2006 - 11 S 951/06 -VBlBW 2006, 442). Steht den Eltern wegen deren mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 AufenthG kein Aufenthaltsrecht zu, so ist davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger, der im Bundesgebiet geboren wurde oder dort lange Zeit gelebt hatte und vollständig integriert ist, auf die von den Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden kann. Ausnahmsweise kann etwas anderes gelten, wenn kein Elternteil in der Lage sein wird, diese Hilfen zu erbringen.
82 
cc) Daran gemessen folgt hier weder aus der Passlosigkeit der Kläger (aaa) noch aus Art. 8 EMRK (bbb) eine Unmöglichkeit der Ausreise. Wollte man dies hinsichtlich der Passlosigkeit anders sehen, stünden jedenfalls die Regelungen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG dem geltend gemachten Anspruch entgegen (ccc).
83 
aaa) Zwar erscheint eine Ausreise nach Kroatien bezüglich aller Kläger ausgeschlossen, nachdem die kroatischen Behörden die Rückübernahme endgültig abgelehnt haben. Gleiches gilt in Bezug auf Makedonien für die Kläger zu 3 und zu 4. Dass eine Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 nach Serbien oder in die Republik Kosovo nicht möglich ist, steht demgegenüber nicht fest. Nachdem insoweit keine eindeutigen Erklärungen der zuständigen Stellen der betreffenden Staaten vorliegen, dass die Kläger nicht übernommen werden, und sie auch keinen - gescheiterten - Ausreiseversuch unternommen haben, ist von der Möglichkeit der freiwilligen Ausreise auszugehen.
84 
bbb) Aus Art. 8 EMRK ergibt sich vorliegend keine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4.
85 
Soweit keine Abschiebung der Klägerin zu 1 nach Makedonien durchgeführt werden soll, ist vorliegend nicht der Schutzbereich des Rechts auf Familienleben (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 05.02.2009 – 11 S 3244/08 – InfAuslR 2009, 178), sondern lediglich der des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnet. Die Klägerin zu 1 und der minderjährige Kläger zu 4 können nach dem oben Ausgeführten darauf verwiesen werden, gemeinsam nach Serbien bzw. Kosovo auszureisen. Gleiches gilt für den volljährigen Kläger zu 3, der im Übrigen nicht in gesteigertem Maße auf familiären Beistand angewiesen ist. Die Ausreise ist für keinen der Kläger unzumutbar. Der Eingriff in das geschützte Privatleben der Kläger ist im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht unverhältnismäßig.
86 
Bei der als Erwachsene eingereisten Klägerin zu 1, die in Makedonien aufgewachsen ist und später im heutigen Kroatien gelebt hat, fehlt es bereits an der erforderlichen Entwurzelung. Zudem ist sie nicht hinreichend verwurzelt, da sie über viele Jahre ausschließlich von Sozialleistungen gelebt und erst vor kurzem eine Arbeitsstelle gefunden hat. Weitere besondere Integrationsleistungen sind nicht ersichtlich. Es fehlt auch an einer Handreichung des Staates, da ihr Aufenthalt nach negativem Abschluss des Asylverfahrens durchgehend nur geduldet war. Sie konnte daher kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand ihres Aufenthalts im Bundesgebiet entwickeln (vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris). Der jetzt 17jährige Kläger zu 4 ist zwar hier geboren und aufgewachsen, so dass ohne weiteres von einer Entwurzelung ausgegangen werden kann. Er hat indes nach Abschluss der Hauptschule keine Ausbildung begonnen und auch beruflich nicht Fuß gefasst. Besondere Integrationsleistungen sind ebenfalls nicht ersichtlich. Negativ ins Gewicht fällt auch seine Verurteilung vom 17.09.2008. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 4 als Minderjähriger grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal seiner Mutter teilt (familienbezogene Gesamtbetrachtung). Bei dem als Kleinkind eingereisten, jetzt 18jährigen Kläger zu 3 fehlt es ebenfalls an einer abgeschlossenen Integration. Er hat keinen Schulabschluss erlangt und ist beruflich nicht integriert. Zudem ist er ebenfalls straffällig geworden. Von einer fortgeschrittenen beruflichen und sozialen Integration kann daher auch bei ihm keine Rede sein.
87 
ccc) Nach § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG darf die Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, „wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist“ (§ 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG), und ein Verschulden liegt insbesondere dann vor (die anderen Verschuldenstatbestände sind hier nicht einschlägig), wenn der Ausländer „zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt“ (§ 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Grundsätzlich ist der Ausländer verpflichtet, von sich aus zumutbare Anforderungen zur Beseitigung von Ausreisehindernissen zu erfüllen; er hat zudem unter Angabe nachprüfbarer Umstände darzulegen und durch Vorlage geeigneter Dokumente nachzuweisen, dass er das ihm Zumutbare zur Erlangung eines Passes oder eines anderen Rückreisedokuments getan hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - InfAuslR 2009, 109; Senatsurteil vom 22.03.2006 - 11 S 1924/05 - je m.w.N.). Bei der Frage, welche Mitwirkungshandlungen konkret zumutbar sind, sind alle Umstände und Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen (siehe BVerwG, Beschl. v. 15.06.2006 - 1 B 54.06 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 4 und VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O. m.w.N.), wobei der Begriff der Zumutbarkeit es ausschließt, einem Ausländer solche Handlungen abzuverlangen, die von vornherein erkennbar aussichtslos sind (BVerwG, Beschluss vom 15.06.2006, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.06.2007 - 3 B 34.05 - juris). Auch dem Verhalten der Behörde als Mitbeteiligter kommt bei der Festlegung der einzelnen Verantwortungsbereiche Bedeutung zu (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 180; BayVGH, Beschl. v. 19.12.2005 - 24 C 05.2856 - InfAuslR 2006, 189). Erfolglos gebliebene behördliche Bemühungen können zwar dem Betroffenen selbst nicht als Verschulden angelastet werden; andererseits entlasten sie jedoch den Ausländer nicht von (sonst) zumutbaren eigenen Anstrengungen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG eigenständige Verantwortungsbereiche von Behörde und Betroffenem anzunehmen sind (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005, a.a.O.) und dass Behördenbemühungen unter Umständen schon deswegen, weil sie von einer Behörde ausgehen, zum Scheitern verurteilt sein können. Die dem Ausländer obliegende Initiativpflicht erstreckt sich auf alle Handlungsmöglichkeiten, die ihm bei objektiver Betrachtungsweise bekannt sein können; nur insoweit kann ihm subjektive Verantwortlichkeit angelastet werden (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005 a.a.O.). Daher hat die zuständige Behörde, wie dies auch § 82 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorgibt, den Betroffenen auf seine Pflichten hinzuweisen und ihm mitzuteilen, dass und in welchem Umfang er zur Erbringung bestimmter Handlungen verpflichtet ist; wenn sich ihm ein bestimmtes Verhalten nicht bereits aufdrängen muss, muss ihm wenigstens hinreichend erkennbar sein, was er konkret zu unternehmen hat. Die Behörde ist regelmäßig angesichts ihrer organisatorischen Überlegenheit und Sachnähe besser in der Lage, die bestehenden Möglichkeiten zu erkennen und die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O.).
88 
Daran gemessen ist ein Verschulden der Kläger hier zu bejahen. Die Klägerin zu 1 ist nie von sich aus tätig geworden, um nach Ungültigwerden ihres alten jugoslawischen Passes neue Pässe für sich und ihre Kinder zu erlangen. Aufforderungen zur Passbeschaffung ist sie bezogen auf Kroatien und Makedonien zunächst nachgekommen. Auch auf dem serbischen Konsulat hat sie vorgesprochen. Nachdem jedoch klar war, dass sie abgeleitet von ihrer Mutter möglicherweise ihre Registrierung und Einbürgerung in Serbien erreichen könnte, hat sie trotz ausdrücklicher Aufforderung seitens der Beklagten keine weiteren Bemühungen in dieser Richtung unternommen. Der Kläger zu 3, der nach Erreichen der Volljährigkeit ebenfalls keine eigenen Bemühungen unternommen hat, muss sich das Verhalten der Klägerin zu 1 ebenso zurechnen lassen wie der noch minderjährige Kläger zu 4.
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Auf das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen kommt es nach alledem im Hinblick auf die Ansprüche nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht an.
90 
5. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17.11.2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Dies war hier nicht der Fall. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen entgegen. Nach Nr. I 3.3 der Anordnung dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen. Liegt für einen Elternteil oder für ein im Familienverband lebendes minderjähriges Kind ein Ausschlussgrund vor, so scheidet nach I. 3.5 der Anordnung zur Wahrung der Familieneinheit die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich auch für die übrigen Familienmitglieder aus. Hier liegt nicht nur bei dem Kläger zu 2, sondern auch bei den Klägern zu 3 und zu 4 der anspruchsvernichtende Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vor. Damit scheidet die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch für die Klägerin zu 1 aus.
91 
6. Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen. Lockerungen in Bezug auf die Erfüllung der Passpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG bestehen im Rahmen des § 104 a AufenthG nicht (Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 71). Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrundes beseitigen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern die Erlangung eines Passes unzumutbar sein könnte.
92 
Die von der Beklagten in der Berufungsverhandlung getroffene Entscheidung, nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abzusehen, ist nicht zu beanstanden. Diese Entscheidung wurde tragend mit der Erwägung begründet, die Klägerin zu 1 habe über Jahre hinweg keine Passbeschaffungsbemühungen entfaltet. Sie sei offensichtlich nicht gewillt, sich um einen Pass zu bemühen. Der Kläger zu 4 müsse sich die mangelnden Passbeschaffungsbemühungen seiner Mutter zurechnen lassen. Der Kläger zu 3 hätte sich nach Erreichen der Volljährigkeit auch selbstständig an das serbische Konsulat wenden und Passbeschaffungsbemühungen entfalten können. Diese Erwägungen lassen keine Ermessensfehler erkennen.
93 
§ 114 Satz 2 VwGO steht der erstmaligen Ermessensbetätigung in der Berufungsverhandlung nicht entgegen, weil mit Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt insgesamt erstmals über einen möglichen Anspruch auf der Grundlage des erst während des Berufungsverfahrens in Kraft getretenen § 104 a AufenthG zu entscheiden war. Insoweit gilt das oben unter II. 3. a) Ausgeführte entsprechend.
94 
7. Schließlich können die Kläger weder die Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer noch von Ausweisersatzen beanspruchen. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthV liegen nicht vor, da die Kläger, wie oben ausgeführt, auf zumutbare Weise Pässe erlangen können. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor, da die Beklagte nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abgesehen hat.
III.
95 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären. Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist gegenstandslos, nachdem die Kläger die Verfahrenskosten zu tragen haben.
96 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
97 
Beschluss vom 22. Juli 2009
98 
Der Streitwert des Verfahrens in beiden Rechtszügen wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2 GKG auf jeweils40.000,-- EUR festgesetzt.
99 
Gründe
100 
Mit den Anträgen auf Verpflichtung zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen und zur Ausstellung von Reiseausweisen machen die Kläger zwei verschiedene prozessuale Ansprüche geltend, für die jeweils - je Kläger - der Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG von 5.000,-- EUR anzusetzen ist (Senatsbeschluss vom 13.03.2007 - 11 S 150/07- NVwZ-RR 2007, 429). Dies ergibt einen Streitwert von 40.000,-- EUR. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung ist entsprechend zu ändern.
101 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kläger sind türkische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit.
Der Kläger Ziffer 1 wurde am 12.04.1960, die Klägerin Ziffer 2 am 01.01.1966, der Kläger Ziffer 3 am 05.08.1985, die Klägerin Ziffer 4 am 29.09.1986, der Kläger Ziffer 5 am 15.09.1988, der Kläger Ziffer 6 am 30.10.1990 und der Kläger Ziffer 7 am 28.10.1996 geboren.
Die Kläger Ziffer 1 und 2 sind die Eltern der übrigen Kläger.
Im Jahre 1987 reisten die Kläger Ziffer 1 bis 4 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am 04.07.1987 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Diesen Antrag lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge durch Bescheid vom 15.04.1988 ab. Die hiergegen zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage wurde durch Urteil vom 29.11.1990 abgewiesen (A 8 K 8346/88). Mit Beschluss vom 22.06.1992 lehnte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg den Antrag auf Zulassung der Berufung ab (A 12 S 369/91).
Bereits am 18.09.1991 beantragten die Kläger Ziffer 1 bis 4 erneut ihre Anerkennung als Asylberechtigte sowie die Gewährung von Abschiebungsschutz, nachdem sie bereits mit Schriftsatz vom 21.06.1991 an das Landratsamt Esslingen um Abschiebungsschutz nach den §§ 51 und 53 AuslG nachgesucht hatten. Mit Bescheid vom 22.03.1995 entschied das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hinsichtlich der Kläger Ziffer 1 bis 4, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sowie Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen und lehnte die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab. In der Begründung des Bescheids wurde auch Bezug genommen auf einen mit Schriftsätzen vom 13.07. und 24.07.1992 erneut gestellten Antrag, die Kläger Ziffer 1 bis 4 als Asylberechtigte anzuerkennen sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 vorliegen. Die von den Klägern Ziffer 1 bis 4 insoweit erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 25.10.1996 (A 18 K 13001/95) ab. Der Entscheidung lag zugrunde, dass die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 VwVfG nicht vorgelegen hatten.
Am 09.05.1997 stellten die Kläger Ziffer 1 bis 4 erneut Asylanträge. Mit Bescheid vom 18.03.1998 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Durchführung weiterer Asylverfahren ab. Bereits mit Bescheid vom 07.05.1997 hatte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge Asylerstanträge der Kläger Ziffer 5 bis 7 vom 21.02.1997 abgelehnt. Die von sämtlichen Klägern zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klagen wies dieses mit Urteil vom 12.02.1999 (A 18 K 12454/98) ab. Der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart lag hinsichtlich der Kläger Ziffer 1 bis 4 die Feststellung zugrunde, dass die vorgelegten Dokumente nicht geeignet seien, eine für die Kläger günstigere Entscheidung herbeizuführen und auch die Aussage des in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen als Gefälligkeitsaussage bewertet werden müsse, weshalb die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 VwVfG nicht vorliegen. Der zum Verwaltungsgericht Baden-Württemberg gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung wurde durch Beschluss vom 30.06.1999 (A 12 S 1050/90) abgelehnt.
Am 24.02.1997 beantragten alle Kläger die Erteilung von Aufenthaltstiteln. Mit Bescheid vom 20.05.1997 lehnte das Landratsamt Esslingen die Anträge ab. Die Entscheidung wurde durch Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 15.01.1998 bestätigt. Am 16.06.1999 beantragten die Kläger erneut die Erteilung eines Aufenthaltstitels. Mit Bescheiden vom 31.08.1999 lehnte das Landratsamt Esslingen die Anträge ab. Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Bescheid vom 26.01.2000 ab. Auf die hiergegen zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage verpflichtete dieses den Beklagten durch Urteil vom 09.05.2000 (18 K 1359/00), über die Anträge der Kläger erneut zu entscheiden. Durch Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 31.03.2003 (13 S 1917/01) wurde das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart geändert und die Klagen abgewiesen. Die zum Bundesverwaltungsgericht erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision verwarf das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss vom 26.06.2003 (1 B 150.03).
Am 19.12.2001 stellten sämtliche Kläger erneut Asylanträge. Mit zwei Bescheiden vom 21.01.2002 (die Kläger Ziffer 1 bis 3 sowie 5 bis 7 betreffend) und mit einem weiteren Bescheid vom 22.01.2002 (die Klägerin Ziffer 4 betreffend) lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Anträge auf Durchführung weiterer Asylverfahren ab. Die hingegen von den Klägern Ziffer 1 bis 2 sowie 5 bis 7 zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klagen (A 18 K 10277/02) wies das Verwaltungsgericht Stuttgart durch Urteil vom 30.09.2003 ab. Der Entscheidung lag die Feststellung zugrunde, dass die Aussagen der beiden in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen in den entscheidungserheblichen Aspekten unglaubhaft und deshalb nicht geeignet seien, eine für die Kläger günstigere Entscheidung herbeizuführen (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG). Die vom Kläger Ziffer 3 erhobene Klage (A 18 K 10281/02) wurde ebenfalls durch Urteil vom 30.09.2003 abgewiesen. Das Gleiche gilt hinsichtlich der von der Klägerin Ziffer 4 erhobenen Klage (A 8 K 10279/02). Die insoweit gestellten Anträge auf Zulassung der Berufung wies der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg durch Beschlüsse vom 11.11.2003 als unzulässig zurück.
Am 07.08.2003 sollten die Kläger abgeschoben werden. Die Abschiebung wurde jedoch wegen eines Formfehlers abgebrochen. Am 11.08.2003 unternahm die Klägerin Ziffer 4 einen Suizidversuch.
10 
Am 08.12.2005 stellten sämtliche Kläger einen Antrag auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG, der im Wesentlichen damit begründet wurde, dass der Diabetes mellitus sowie die chronische obstruktive Lungenerkrankung des Klägers Ziffer 1 in der Türkei nicht behandelbar seien und erneut eine Suizidgefahr der Klägerin Ziffer 4 bestehe. Mit Bescheiden vom 22.12.2005 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Abänderung der nach dem alten Recht ergangenen Bescheide hinsichtlich der negativen Feststellung zu § 53 Abs. 1 bis 6 AuslG ab und führte zur Begründung aus, dass sich der Sachvortrag auf einer Wiederholung der bereits im früheren Asylfolgeverfahren vorgetragenen Gründe beschränke. Im Übrigen müsse, wie bereits im früheren Verfahren festgestellt, von einer Behandelbarkeit ausgegangen werden.
11 
Sämtliche Kläger erhoben hiergegen Klagen zum Verwaltungsgericht Stuttgart (A 9 K 13660/05 u.a.), die am 14.02.2006 zurückgenommen wurden.
12 
Bereits im September 2003 hatten die Kläger eine Petition eingereicht mit dem Ziel, ein Daueraufenthaltsrecht in Deutschland zu erlangen. Im März 2005 entschied der Petitionsausschuss, dass der Petition nicht abgeholfen werde. Im Juli 2005 wandten sich die Kläger an die Härtefallkommission, um eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 a AufenthG zu erhalten. Im November 2005 entschied die Härtefallkommission, kein Härtefallersuchen an das Innenministerium zu richten. Im Dezember reichten die Kläger erneut eine Petition ein, der der Petitionsausschuss im Januar 2006 wiederum nicht abhalf.
13 
Am 21.11.2005 beantragten die Kläger beim Landratsamt Esslingen die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen.
14 
Mit Beschlüssen vom 23.01.2006 (9 K 437/06 u.a.) verpflichtete das Verwaltungsgericht Stuttgart die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung, im Hinblick auf das anhängige Verfahren auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen die Kläger abzusehen. Auf die hiergegen vom Beklagten eingelegte Beschwerde änderte der Verwaltungsgerichtshof durch Beschlüsse vom 30.08.2006 (13 S 405/06 u.a.) die Beschlüsse und lehnte die Anträge ab.
15 
Mit Entscheidung vom 14.02.2006 lehnte das Landratsamt Esslingen die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen ab und führte zur Begründung aus: Die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 1 bis 3 AufenthG scheide schon deshalb aus, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bindend entschieden habe, dass die Kläger nicht asylberechtigt seien, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 sowie des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorlägen. Der Umstand, dass die Klägerin Ziffer 4 im Jahre 2003 nach einem Abschiebungsversuch einen Suizidversuch unternommen habe und mit einer Wiederholung eines solchen Suizidversuchs zu rechnen sei, führe nicht zu einem rechtlichen Abschiebungshindernis. Zum einen sei nicht geklärt, ob der Suizidversuch im Zusammenhang mit der Abschiebung erfolgt sei oder wegen familiärer Probleme unternommen worden sei. Zum anderen vermöge die latente Suizidalität deswegen kein Abschiebungshindernis zu begründen, weil derartige Gefahren durch entsprechende Vorkehrungen bei der Organisation der Abschiebung, wie z. B. die Begleitung durch einen Arzt und psychologisches Fachpersonal, Rechnung getragen werden könne. Auch die vorgetragene Krankheit des Klägers Ziffer 1 stelle kein rechtliches Abschiebungshindernis dar. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe mit Bescheid vom 22.12.2005 festgestellt, dass die Krankheit im Heimatland behandelbar sei. Nach § 25 Abs. 4 AufenthG könne einem Ausländer für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, so lange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit erforderten. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, weil die Kläger ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht begehrten. Zudem seien dringende oder persönliche Gründe nicht erkennbar. Es könne auch keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt werden, da die Kläger weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen gehindert seien, in ihr Heimatland zurückzukehren. Die freiwillige Ausreise sei jederzeit möglich und auch zumutbar. Ein rechtlich begründetes Abschiebungshindernis folge auch nicht aus Art. 8 EMRK. Eine Aufenthaltsbeendigung hätte keine Verletzung des hierdurch geschützten Rechts auf ein Privatleben zur Folge. Es spreche schon vieles dafür, dass ein schützenswertes Privatleben voraussetze, dass zumindest für einen gewissen Zeitraum ein ordnungsgemäßer und rechtmäßiger Aufenthalt vorgelegen habe. Über einen solchen ordnungsgemäßen Aufenthalt hätten die Kläger zu keinem Zeitpunkt verfügt. Selbst wenn man aber davon ausgehe, dass auch ein rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines geschützten Privatlebens sein könne, so sei die daraus folgende Rechtsposition im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaats zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Die Kläger Ziffer 1 und 4 seien aber in der Türkei geboren und hätten bis zu ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1987 in der Türkei gelebt. Die Kläger Ziffer 1 und 2 sprächen nur schlecht deutsch, weshalb kein Anhaltspunkt für eine Verwurzelung in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland gegeben seien. Die Kläger Ziffer 5 bis 7 seien zwar in Deutschland geboren, es sei jedoch davon auszugehen, dass diese unter dem sprachlichen Aspekt in der Lage sein werden, sich in der Türkei zu integrieren. Das Hineinwachsen in die Lebensverhältnisse der Türkei werde für sie zwar Anfangs schwierig sein, es sei jedoch nicht ersichtlich, dass ihnen ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates ihrer Staatsangehörigkeit nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen könne. Insbesondere sei Kindern in diesem Alter durchaus zuzumuten, sich in die Lebensverhältnisse des Heimatlands einzuleben und dort eine Ausbildung zu absolvieren bzw. mit den hier erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten eine Arbeit zu suchen. Sie befänden sich in keiner anderen Situation als zahlreiche andere abgelehnte Asylbewerber. Weiterhin könne auch nicht von einer wirtschaftlichen Integration der Familie in die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ausgegangen werden. Die Kläger hätten über einen Zeitraum von beinahe 11 Jahren ihren Lebensunterhalt überwiegend durch öffentliche Mittel bestritten und insgesamt ca. 105.000,-- EUR an Sozialleistungen erhalten. Der Kläger Ziffer 1 stehe zwar seit 1998 in einem Beschäftigungsverhältnis und auch der Kläger Ziffer 3 habe eine Ausbildung zum Bäcker absolviert, sei aber anschließend vom Lehrbetrieb nicht übernommen worden. Von Oktober bis Dezember 2005 habe er sogar ohne Genehmigung gearbeitet, weswegen gegen ihn ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden sei. Erst seit Januar 2006 habe er eine Genehmigung zur Ausübung einer Beschäftigung als Bäckergeselle erhalten. Der Kläger Ziffer 5 habe ebenfalls keine Arbeitserlaubnis und sei trotzdem von Anfang August bis Ende September 2004 und von Anfang Februar 2005 bis Ende Dezember 2005 unerlaubt einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Auch gegen ihn seien Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden. Ob er augenblicklich einer Erwerbstätigkeit nachgehe, sei nicht bekannt. Weiterhin sei im September 2005 von der Klägerin Ziffer 4 ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt worden, der inzwischen abgelehnt worden sei. Im Übrigen werde im Landkreis Esslingen seit 01.12.2004 für den Kläger Ziffer 7 für die Teilnahme an der sozialen Gruppenarbeit bei der Paulinenpflege in Kirchheim/Teck monatlich eine öffentliche Leistung in Höhe von 723,58 EUR gezahlt. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 S. 3 AufenthG scheide ebenfalls aus. Hiernach könne ein Aufenthaltstitel nur zu einem Zweck erteilt werden, der im Kapitel 2 Abschnitte 3 bis 7 nicht geregelt sei. Der hier angestrebte Aufenthaltszweck aus humanitären Gründen sei - wie bereits ausgeführt - in § 25 AufenthG abschließend geregelt.
16 
Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies das Regierungspräsidium Stuttgart durch Bescheid vom 30.03.2006 - zugestellt am 05.04.2006 - zurück.
17 
Am 02.05.2006 haben die Kläger Klage erhoben.
18 
Zur Begründung tragen sie vor: Sie seien faktisch zu Inländern geworden und eine Rückkehr in die Türkei sei ihnen nicht zuzumuten. Die Familie sei in hohem Maße in Deutschland integriert, nehme keine öffentlichen Hilfen für den Lebensunterhalt in Anspruch. Sie verfüge über eine eigene Wohnung, arbeite und befinde sich in Schul- und Berufsausbildung. Die Kinder sprächen perfekt deutsch. Der Kläger Ziffer 3 sei mittlerweile seit Januar 2006 als Bäckergeselle beschäftigt. In der Zeit von Oktober bis Dezember 2005 habe er gearbeitet, während die Arbeitsgenehmigung beantragt gewesen sei. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass diese nicht erteilt worden sei. Der Kläger Ziffer 5 besuche die Schule und sei neben der Schule von August bis September einer Aushilfstätigkeit nachgekommen, wobei ebenfalls eine Arbeitserlaubnis beantragt worden sei. Die Klägerin Ziffer 4 habe einen Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis gestellt, sie habe auch eine Ausbildungsstelle. Bisher sei die Arbeitserlaubnis jedoch noch nicht erteilt worden. Es sei richtig, dass sie im September 2005 einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt habe. Dieser sei abgelehnt worden. Der Antrag werde nicht weiter verfolgt. Hinsichtlich der Klägerin Ziffer 4 sei noch zu berücksichtigen, dass sie im Zusammenhang mit einem früheren Abschiebungsversuch im Jahre 2003 einen ernsthaften Suizidversuch unternommen habe, bei dem sie sich schwerste Verletzungen zugezogen habe. Aus einer vorliegenden ärztlichen Stellungnahme gehe hervor, dass mit einer Wiederholung eines Suizidversuchs im Falle einer erneuten Abschiebung durchaus zu rechnen sei. Die in den Anfangsjahren bezogenen Sozialleistungen könnten den Klägern nicht negativ angelastet werden, da sie seinerzeit keine Aufenthaltserlaubnis erhalten hätten. Die Klägerin Ziffer 2 versorge die Familie. Insgesamt sei eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger unverhältnismäßig i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK.
19 
Die Kläger beantragen,
20 
den Bescheid des Landratsamts Esslingen vom 14.02.2006 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 03.04.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen.
21 
Der Beklagte ist der Klage aus den Gründen der angegriffenen Bescheide entgegengetreten.
22 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
23 
Dem Gericht lagen die vom Landratsamt Esslingen geführten Ausländerakten der Kläger sowie die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die zulässigen Klagen sind nicht begründet. Der Beklagte hat zu Recht die Anträge der Kläger abgelehnt. Sie haben keinen Anspruch auf Erteilung der von ihnen begehrten Aufenthaltserlaubnisse.
25 
Allein in Betracht zu ziehende Rechtsgrundlage für die Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnisse ist vorliegend § 25 Abs. 5 AufenthG. Hiernach kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist, sofern der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. § 25 Abs. 3 AufenthG scheidet schon deshalb aus, weil im Verhältnis zur Ausländerbehörde sowie zum Gericht infolge der negativen Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gem. § 42 AsylVfG bindend feststeht, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (vgl. zum Verständnis des § 60 Abs. 5 AufenthG bzw. des § 53 Abs. 4 AuslG 1990 allein als zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot bzw. –hindernis BVerwG, U.v. 15.04.1997 – 9 C 38.96 – NVwZ 1997, 1127; U.v. 02.09.1997 – 9 C 40.96 – NVwZ 1998, 311). Nichts anderes gilt in Bezug auf die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (vgl. § 4 AsylVfG).
26 
Die Verweigerung eines Aufenthaltstitels durch den Beklagten steht nicht in Widerspruch zu Art. 8 EMRK, weshalb den Klägern eine Rückkehr in ihr Heimatland nicht unmöglich oder aus Rechtsgründen unzumutbar ist (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 27.6.2006 – 1 C 14.05 – juris).
27 
1. a) Im Ausgangspunkt ist zunächst festzuhalten, dass nach der ständigen Spruchpraxis des EGMR aus Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch nicht für Familien) grundsätzlich kein irgendwie geartetes Recht abgeleitet werden kann, dass Ausländer oder Ausländerinnen sich einen Aufenthaltsort in einem Konventionsstaat frei wählen. Vielmehr ist den Konventionsstaaten ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, ob und unter welchen Voraussetzungen sie Einwanderung in ihr Hoheitsgebiet zulassen wollen. Namentlich in seinen Entscheidungen vom 16.09.2004 (11103/03 - - NVwZ 2005, 1046) und vom 07.10.2004 (33743/03 - - NVwZ 2005, 1043 ) hat der EGMR ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden (vgl. zu alledem auch BVerwG, U.v. 9.12.1997 – 1 C 19.96 – NVwZ 1998, 742; U.v. 29.9.1998 – 1 C 8.98 – NVwZ 1999, 303; VGHBW, U.v. 18.1.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; B.v. 10.5.2006 – 11 2345/05 – juris; HessVGH, B.v 15.2.2006 – 7 TG 106/06 – InfAuslR 2006, 217; U.v. 7,7,2006 – 7 UE 509/06 – juris; NdsOVG, B.v. 11.5.2006 – 12 ME 138/06 - InfAuslR 2006, 329; B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 – juris; OVG NW, B.v. 11.1.2006 – 18 B 44/06 – AuAS 2006, 144 Ls.). Dessen ungeachtet kann nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. Urt. v. 16.6.2005 - 60654/00 - - InfAuslR 2005, 349) ausnahmsweise auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben darstellen, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kommt danach für solche Ausländer in Betracht, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie gewissermaßen deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind, während sie mit ihrem Heimatland im Wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.9.1998 - 1 C 8.96 - NVwZ 1999, 303; VGH Bad.-Württ., Urt. v.18.1.2006 - a.a.O. mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
28 
b) In diesem Zusammenhang ist zunächst bereits grundsätzlich umstritten, ob der Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK unter dem Aspekt des Privatlebens überhaupt nur dann eröffnet ist, wenn der Aufenthaltsstaat den Aufenthalt (durch Erteilung eines Titels) positiv ermöglicht (so etwa NdsOVG, B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 – juris; HessVGH, U.v. 7.7.2006 – 7 UE 509/06 – juris) und nicht nur (etwa durch Duldung oder aufgrund gesetzlicher Gestattung als Asylbewerber) ohne sein Zutun faktisch hingenommen hatte bzw. sogar hinnehmen musste. Ein völlig klares Bild lässt sich aus der sehr einzelfallbezogenen Spruchpraxis des EGMR hierzu nicht gewinnen (vgl. auch VGHBW, U.v. 18.1.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142 und letztlich offen gelassen). Auch wenn dieser erst jüngst in seinem Urteil vom 30.1.2006 (50435/99 - - InfAuslR 2006, 298) “daran erinnert, dass Personen, die, ohne den geltenden Gesetzen zu entsprechen, die Behörden eines Vertragsstaates mit ihrer Anwesenheit in diesem Staat konfrontieren, im Allgemeinen nicht erwarten können, dass ihnen ein Aufenthaltsrecht zugesprochen wird,“ so stellte es nach Überzeugung der Kammer eine Überinterpretation dar, hieraus den zwingenden Schluss zu ziehen, schon der Schutzbereich sei im Falle der nicht erfolgten ausdrücklichen Legalisierung von vornherein nicht eröffnet. Ein solches Verständnis ist angesichts der Schranke des Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht erforderlich und sinnvoll. Es stünde zudem einem einzelfallbezogenen gerechten Interessenausgleich oftmals entgegen und wäre auch im Einzelfall geeignet, die Wirksamkeit des konventionsrechtlichen Schutzes zu schmälern (so auch Hoppe, ZAR 2006, 125; Benassi, InfAuslR 2006, 397). Zudem würde eine vorschnelle Ausgrenzung aus dem Schutzbereich die Möglichkeit verbauen, den Fallkonstellationen angemessen Rechnung tragen zu können, in denen die Ausländerbehörde in der Vergangenheit über Jahre hin nur Duldungen erteilt hatte, obwohl im Grunde realistischerweise keine Abschiebungs- und Ausreisemöglichkeiten bestanden und daher eigentlich Aufenthaltstitel hätten erteilt werden müssen. Es ist nicht ersichtlich, dass etwa auch für solche Fälle der Schutzbereich des Art. 8 Abs. EMRK von vornherein nicht eröffnet sein sollte. Allerdings ist der in diesem Zusammenhang teilweise erfolgte Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 16.06.2005 (60654/00 - - InfAuslR 2005, 349), wonach dieser explizit keine willentliche Legalisierung verlange (so etwa Benassi, InfAuslR 2006, 397), nicht überzeugend, weil die dortigen Beschwerdeführer jahrelang rechtmäßig in der früheren Sowjetunion (im Gebiet des heutigen Lettland) und auch danach noch in Lettland selbst gelebt hatten und ihnen erst später z.T. als staatenlos gewordene russische Volkszugehörige ein Aufenthaltsrecht bestritten worden war, nachdem sie nach 1989 aber sogar noch zeitlich befristete Aufenthaltstitel erhalten hatten (vgl. etwa NdsOVG, B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 m.w.N.).
29 
Sachgerecht ist es nach Auffassung der Kammer allein, den Schutzbereich durchaus nicht zu eng zu fassen und die Frage der Legalisierung als Element der Schrankendiskussion zu verstehen. Um aber von einem Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK sprechen zu können, das im Aufenthaltsstaat stattfindet, müssen – bei aller Unschärfe - zumindest zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen muss – quantitativ betrachtet - ein langjähriger Aufenthalt vorliegen. Sodann müssen - unter dem qualitativen Aspekt - bestimmte Integrationsleistungen erbracht worden sein, die es rechtfertigen, im Rahmen der Schranken des Absatzes 2 überhaupt in eine umfassende Interessen- und Verhältnismäßigkeitsprüfung einzutreten und hier gewissermaßen eine Feinabstimmung vorzunehmen. Anders ausgedrückt: Der Schutzbereich ist dann nicht eröffnet, wenn es unter dem quantitativen und/oder qualitativen Aspekt auf der Hand liegt, dass phänotypisch nicht von einem „faktischen Inländer“ gesprochen werden kann und kein Anlass dafür besteht, überhaupt einzelfallbezogen der Frage nachzugehen, ob den Betroffenen eine Rückkehr in das Land ihrer Herkunft zugemutet werden kann.
30 
Eine solcher (negativer) Fall wird typischerweise in folgenden Fallkonstellationen anzunehmen sein:
31 
- Die Betroffenen halten sich erst so einen kurzen Zeitraum im Bundesgebiet auf, dass sich die Frage einer auf der Schrankenebene zu diskutierende Frage (vgl. im Folgenden) nach einer Wiedereingliederung in die Verhältnisse des Herkunftslandes von vornherein nicht stellt. Es spricht hier einiges dafür, sich in etwa an dem 8-Jahreszeitraum des § 10 StAG zu orientieren, der vom Gesetzgeber für das Entstehen eines Einbürgerungsanspruchs vorausgesetzt wird (vgl. Hoppe ZAR 2006, 125 <130>; Benassi InfAuslR 2006, 397 <402>).
32 
- Die Betroffenen haben während des langjährigen Aufenthalts keinerlei wirtschaftliche Existenzgrundlage aufbauen können und leben im Wesentlichen ununterbrochen und weitgehend vollständig von öffentlichen Unterstützungsleistungen.
33 
- Die Betroffenen haben keine nennenswerten Sprachkenntnisse erworben und haben demgemäß keinen nennenswerten engeren Bezug zu den Lebensverhältnissen des Landes.
34 
- Die Betroffenen sind durchgängig von Bagatellfällen abgesehen in erheblichem Umfang kriminell geworden (fahrlässige Tatbegehungen bedürfen hingegen der genauen Einzelfallbetrachtung).
35 
Demgegenüber kann nicht eingewandt werden, in der Spruchpraxis des Gerichtshofs seien die Gesichtspunkte der Straffälligkeit oder der Sicherung des Lebensunterhalt nicht als schutzbereichsschädlich verstanden worden (so aber etwa Schild ANA-ZAR 2006, 29). Denn dieses trifft nur auf die grundlegend andere Fallkonstellation zu, in der ein bereits legalisierter langjähriger Aufenthalt beendet werden soll, sei es mit dem Mittel der Ausweisung, sei es mit dem der Nichtverlängerung eines Aufenthaltstitels; ganz abgesehen davon, dass regelmäßig das Schutzgut „Familie“ berührt war und sich dort diese Fragen von vornherein erst auf der Ebene des Art. 8 Abs. 2 EMRK stellen können. Im vorliegenden Zusammenhang geht es hingegen zunächst um die positive Feststellung eines überhaupt schützenswerten Privatlebens.
36 
c) Den (vielfältigen und vielschichtigen) Gründen für die lange Aufenthaltsdauer ist – von Evidenzfällen wiederum abgesehen – daher erst im Rahmen der Schranke nachzugehen. Hier kommt dem Aspekt einer erfolgten (willentlichen) Legalisierung durch den Aufenthaltsstaat wesentliches Gewicht zu. Ist eine solche nicht erfolgt, muss im Rahmen einer umfassenden Abwägung eine genaue Bewertung der Gründe für den faktischen Aufenthalt erfolgen. Hier kann eine große Bandbreite von Ursachen gegeben sein. Diese kann reichen von einer langjährigen zurechenbaren Vereitelung (wenn nicht gar Sabotierung) einer Aufenthaltsbeendigung bei gleichzeitig möglicher freiwilligen Ausreise bis zu einem Dauerzustand einer unverschuldet unmöglichen Abschiebung wie freiwilligen Ausreise. Dazwischen sind differenzierte Fallgestaltungen denkbar, in denen vielleicht zu bestimmten Zeiten eine freiwillige Ausreise und auch eine Abschiebung möglich waren, die Ausländerbehörde eine solche Möglichkeit jedoch über lange Zeit nicht wahrgenommen hatte. Selbst wenn man davon ausgeht, dass im eigentlichen Sinn eine Abschiebungsmöglichkeit nicht verwirkt werden kann, da es sich nach § 58 Abs. 1 AufenthG um eine Rechtspflicht handelt (vgl. OVG NW, B.v. 25.05.2005 – 18 B 1967/04 – juris), kann in zugespitzten Fällen eine Aufenthaltsbeendigung hier jedoch gleichwohl unverhältnismäßig werden und damit Art. 8 Abs. 2 EMRK zuwider laufen.
37 
Ebenfalls erst auf der Schrankenebene ist zu prüfen, ob ein Wiedereinleben (bei Kindern oftmals eine erstmalige Integration) in die Verhältnisse des Herkunftslandes zumutbar ist. Es handelt sich – unter der Prämisse einer überhaupt erfolgten weitgehenden und fortgeschrittenen Integration in die Verhältnisse des Aufnahmestaats - hierbei um eine klassische Verhältnismäßigkeitsprüfung, in deren Rahmen eine differenzierte Abwägung der persönlichen Belange der Betroffenen mit den öffentlichen einwanderungspolitischen Interessen stattfinden kann und muss.
38 
d) Im Rahmen der Schranken ausfüllenden Abwägung ist in der Regel eine Verweigerung des weiteren Aufenthalts und einer erstmaligen Legalisierung verhältnismäßig und damit zulässig, wenn über Jahre hin eine an sich mögliche Aufenthaltsbeendigung immer wieder durch erkennbare aussichtlose Anträge an Behörden und Gerichte durchkreuzt wurden, sofern dieses zu einem Zeitpunkt geschah, zu dem gemessen an Art. 8 EMRK eine Aufenthaltsbeendigung noch zumutbar war. Dies wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn, wie in der Praxis sehr häufig, Folgeanträge gestellt wurden, die von Behörden und Gerichten als nicht als asylverfahrensrelevant (vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 95 ff.) behandelt wurden. Das Gleiche gilt für Petitionen, die unter realistischer Beurteilung der aktuellen praktizierten Ausländerpolitik im Land keinen Erfolg versprechen konnten. Nicht anders sind vorhersehbar aussichtlose Anträge nach § 23a AufenthG zu behandeln und zu beurteilen. Dabei können die Betroffenen in aller Regel nicht für sich ins Feld führen, dass es retrospektiv betrachtet in bestimmten Zwischenzeiträumen objektiv an sich möglich gewesen wäre, eine Abschiebung durchzuführen. Damit würde nicht genügend berücksichtigt, dass die Ausländerbehörden regelmäßig mit einer Vielzahl von Fällen befasst sind und auch aus Kapazitätsgründen zwangsläufig Schwerpunkte setzen müssen. Auch bliebe unbeachtet, dass mit jedem aussichtlosen Antrag, der jeweils in der Verantwortungssphäre der Betroffenen liegt, die Verfahren komplexer und unübersichtlicher werden können. In besonderen Ausnahmefällen mag eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein.
39 
Eine besondere Problematik besteht insoweit, als in der Mehrzahl der praktisch relevanten Fälle Eltern in der Vergangenheit in Ausübung ihres aus dem Recht der Personensorge fließenden Aufenthaltsbestimmungsrechts gehandelt haben. Es ist hier in Anbetracht der Tatsache, dass die minderjährigen Kinder sich nicht nur familienrechtlich alle Maßnahmen der Personensorge zurechnen lassen müssen, sondern auch grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen, nicht gerechtfertigt, den Kindern diese Maßnahmen im Regelfall nicht zuzurechnen (vgl. VGHBW, B.v. 10.05.2006 – 11 S 2354/05 – juris; VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 - InfAuslR 2006, 409; so aber wohl RhPfOVG, B.v. 24.02.2006 – 7 B 10020/06.OVG – InfAuslR 2006, 274; VG Stuttgart, U.v. 24.06.2004 – 11 K 4809/03 – InfAuslR 2005, 106; U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – InfAuslR 2006, 14), zumal ohnehin – gewissermaßen als Kehrseite - davon auszugehen ist, dass die minderjährigen Kinder mit ihren Eltern zurückkehren (müssen), sofern nicht den Eltern selbst die Rückkehr nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. hierzu noch im Folgenden). Entsprechende Überlegungen gelten, wenn die Eltern – auch zulasten ihrer Kinder – ihren Mitwirkungspflichten bei der Beschaffung von Identitäts- oder Passpapieren in zurechenbarer Art und Weise nicht nachgekommen sind. Die Tatsache, dass die Kinder ab dem 16. Lebensjahr gem. § 80 Abs. 1 verfahrenshandlungsfähig waren, ändert bis zum Eintritt der Volljährigkeit nichts an dieser Bewertung, da die Personensorge und damit das hieraus fließende Aufenthaltsbestimmungsrecht davon nicht berührt werden. Die Fälle des § 35 Abs. 1 S. 1 und § 37 AufenthG sind hier ersichtlich nicht einschlägig. § 35 Abs. 1 S. 1 AufenthG setzt als allein rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers gerade die vorangegangene durchgängige Legalisierung des Aufenthalts voraus. Auch die letztgenannte Vorschrift steht in einem völlig anderen rechtspolitischen Kontext und betrifft Rückkehrer, die regelmäßig vor ihrer Rückkehr bereits die Perspektive eines unbefristeten Aufenthaltsrechts hatten, und stellt eine Reaktion des Gesetzgebers auf die rechtspolitisch umstrittenen und zweifelhaften Aktionen der Rückkehrförderung in den 80-er Jahren im Gefolge des „Gesetzes zur Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern“ (v. 28.11.1983 – BGBl. I 1377) dar, mit der Härten und Unzuträglichkeiten gemildert werden sollten (vgl. zur Vorläufervorschrift des § 16 AuslG 1990 BT-Drucks. 11/6321, 59), weshalb aus ihr keine bestimmten Wertungen verallgemeinert werden können (so aber VG Stuttgart, U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – a.a.O.).
40 
Eine differenziertere Beurteilung ist hingegen bei volljährig gewordenen Kindern geboten. Denn diese nehmen nicht mehr an dem aufenthaltsrechtlichen Schicksal der Eltern teil, weil sie auch nicht mehr deren Personensorge unterliegen. Vor diesem Hintergrund kann und darf nach dem vorgegebenen rechtlichen Rahmen nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sie im Familienverbund in den Herkunftsstaat zurückkehren und dort in demselben leben werden. Haben die Kinder nach Erlangung der Volljährigkeit keine – ihnen dann eigenständig zuzurechnende – Versuche mehr unternommen eine Aufenthaltsbeendigung zu durchkreuzen bzw. zu verhindern, und ggf. nunmehr sogar an der Beseitigung von Abschiebungshindernissen mitzuwirken versucht, und löst sich infolge dessen der unmittelbare zeitliche und sachliche Zusammenhang zu den früheren Handlungen der Eltern, so stößt eine weitergehende Zurechnung des Verhaltens der Eltern angesichts ihrer erlangten rechtlichen Selbstständigkeit an die Grenzen der Verhältnismäßigkeit, sofern alle weiteren Integrationsvoraussetzungen erfüllt sind und auch eine Rückkehr in das Herkunftsland aus sonstigen Gründen nicht mehr zumutbar ist. Allerdings kann diese Sichtweise dann u.U. zu der Konsequenz führen, dass den Volljährigen ein Bleiberecht zukommt, während dies bei den Eltern und eventuell noch vorhandenen minderjährigen Geschwistern nicht der Fall ist (vgl. zu diesen noch im Folgenden). Eine hierdurch bewirkte Trennung der Familienmitglieder wäre jedoch, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, weder mit Art. 6 GG (vgl. BVerfG, B.v. 18.04.1989 – 2 BvR 1169/84 – NJW 1989, 2195; BVerfG (K), B.v. 01.03.2004 – 2 BvR 1570/03 – NVwZ 2004, 852) noch mit Art. 8 Abs. 1 EMRK (vgl. EGMR, U.v. 17.04.2002 – 52853/99 - NJW 2004, 2147, der implizit eine Trennung von erwachsenen Kindern von Eltern und Geschwistern im Grundsatz nicht für problematisch erachtet und den festgestellten Konventionsverstoß allein aus der fehlenden Befristung der Ausweisung herleitete) unvereinbar.
41 
Ob im Übrigen eine Fallkonstellation des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegeben ist, in der eine Aufenthaltsbeendigung eines in Deutschland lebenden Ausländers in das Land seiner Herkunft einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben darstellen würde, hängt immer von zwei kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen ab. Zum einen von seiner Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse („Verwurzelung“) und zum anderen von der Zumutbarkeit einer (erstmaligen) Integration bzw. Reintegration in dem Staat seiner Staatsangehörigkeit („Entwurzelung“).
42 
Für die Integration des Ausländers in Deutschland streitende Gesichtspunkte sind dabei neben einer langjährigen Dauer des Aufenthalts: In Abhängigkeit vom jeweiligen Bildungsstand gute deutsche mündliche und schriftliche Sprachkenntnisse; soziale Eingebundenheit in die hiesigen Lebensverhältnisse, wie sie etwa in der Absolvierung einer allgemeinbildenden Schule und einer (qualifizierten) Berufsausbildung bzw. der Innehabung eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes, in einem festen Wohnsitz, ausreichenden Mitteln (einschließlich ausreichendem Krankenversicherungsschutz), um den Lebensunterhalt ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten zu können, sowie fehlender Straffälligkeit zum Ausdruck kommt. Vorsätzliche Straftaten werden hier, von Bagatelldelikten (wie etwa vereinzelt gebliebene Beförderungserschleichungen oder Ladendiebstählen) abgesehen, regelmäßig entgegenstehen. Von Bedeutung kann hier auch die Feststellung sein, dass die Betreffenden über vielfältige und vielschichtige Beziehungen zu Menschen außerhalb ihrer eigenen landsmannschaftlich geprägten Gruppe verfügen.
43 
In diesem Zusammenhang ist weiter die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts zu würdigen. Denn ein unerlaubter Aufenthalt und die damit verbundene Unsicherheit des Aufenthaltsstatus stehen der Führung eines schutzwürdigen Privatlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK tendenziell entgegen, weil im Grundsatz die Betroffenen angesichts einer ausdrücklichen Verweigerung der Legalisierung durch den Aufenthaltsstaat nicht darauf vertrauen durften, dass dieser den Aufenthalt letztlich doch hinnehmen werde (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., B.v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 - juris; U.v. 18.01.2006 - 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; vgl. auch EGMR, U. v. 30.01.2006 - 50435/99 - - InfAuslR 2006, 298).
44 
Was die wirtschaftliche Integration betrifft, ist es nicht erforderlich, dass etwa eine besonders qualifizierte Berufstätigkeit ausgeübt wird, sofern der Arbeitsplatz ungekündigt ist und prognostisch gesehen weiter bestehen bleiben wird, was insbesondere dann angenommen werden kann, wenn der Betroffene den Arbeitsplatz schon lange innehat. Der Umstand, dass in der Vergangenheit Sozialleistungen bezogen wurden (insbesondere während eines durchlaufenden Asylverfahrens), ist unerheblich, wenn davon ausgegangen werden kann, dass diese Lebensphase zuverlässig und dauerhaft überwunden wurde.
45 
Dabei ist es erforderlich, dass die Betroffenen, sofern kein nennenswertes Vermögen vorliegt, nunmehr regelmäßig Einnahmen erzielen, die vom Umfang und der Stetigkeit ihres Zuflusses zuverlässig über den Regelsätzen nach dem SGB II oder XII zuzüglich den Kosten für die Unterkunft liegen und nicht etwa ständig um diese Grenze oszillieren. Zur Vermeidung von Missverständnissen ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es hier in erster Linie nicht um die Anwendung des Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG geht, von der im Übrigen nach § 5 Abs. 3 AufenthG sogar im Ermessenswege abgesehen werden könnte, sondern vielmehr um die positive Feststellung einer unerlässlichen Integrations- bzw. Verwurzelungsvoraussetzung. Ausländer, die nicht nur vorübergehend in einer prekären wirtschaftlichen Situation leben, mögen sich zwar angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse namentlich auf dem Arbeitsmarkt in einer mit vielen deutschen Staatsangehörigen vergleichbaren Situation befinden, vom Aufbau einer wirtschaftlich tragfähigen selbstständigen Existenzgrundlage, die aufzugeben dem Ausländer nicht als verhältnismäßig und zumutbar angesonnen werden darf, kann jedoch bei dieser Sachlage nicht die Rede sein. Lagen die Einkünfte in der Vergangenheit – nicht nur ganz kurzfristig - unter dieser Grenze, ohne dass aber gesetzlich zustehende Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden, so steht dies möglicherweise dann nicht entgegen, wenn aufgrund einer sorgfältigen durch tragfähige Fakten getragenen Prognose zuverlässig vorhergesagt werden kann, dass – wegen der mit dem Wechsel vom Duldungsstatus in den des erlaubten Aufenthalts verbundenen Veränderungen – eine Verbesserung der Einkommensverhältnisse zu erwarten ist. Es muss dann aber gewissermaßen ein Fall gegeben sein, in dem – etwa mit Rücksicht auf Bildung, Ausbildung sowie die darauf gründenden konkreten Erfahrungen bei der erfolglosen Stellensuche – eine wirtschaftliche Integration bereits im Kern angelegt ist und sich lediglich wegen des bisherigen Duldungsstatus nicht entfalten konnte. All dies dürfte allerdings oftmals nicht nur wegen der aktuell weiterhin hohen Arbeitslosigkeit, sondern auch im Hinblick auf das Nachrangprinzip des § 39 Abs. 2 S. 1 lit. b AufenthG nur schwer darzulegen und nachzuweisen sein. Ob eine solche Ausnahme zu machen ist, kann aber hier letztlich offen bleiben, weil, wie noch auszuführen sein wird, diese Voraussetzungen hier nicht gegeben sind. Der Einwand, man habe in der Vergangenheit tatsächlich ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen leben können, vermag die Feststellung einer unzureichenden wirtschaftlichen Integration nicht in Frage zu stellen, zumal jederzeit Ansprüche geltend gemacht werden könnten, was im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht von vornherein von geringem Gewicht ist (vgl. zum Bezug von Leistungen nach § 8 Abs. 2 BAföG VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 – InfAuslR 2006, 409). Hinzu kommt, dass bei einem Erwerbseinkommen unterhalb der vorgenannten Grenzen, auch wenn keine Sozialleistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden, mit guten Gründen damit gerechnet werden muss, dass die Betroffenen später auch bei einer kleineren Bedarfsgemeinschaft eine so geringe Altersrente beziehen werden, dass dann ein Bezug von Sozialleistungen unausweichlich sein wird. Auch hieraus wird deutlich, dass bei einer solchen Sachlage eine ausreichende wirtschaftliche Integration nicht besteht.
46 
Was die Unzumutbarkeit eines Wiedereinlebens in die Verhältnisse des Herkunftslandes oder im praktisch sehr häufigen Fall eines erstmaligen Einlebens in diese Verhältnisse betrifft, darf diese allerdings wohl nicht vorschnell schon mit dem Argument verneint werden, dass bei hier geborenen oder den wesentlichen Teil des Lebens hier aufgewachsenen Kindern noch ausreichende mündliche Sprachkenntnisse vorhanden seien (vgl. etwa VGHBW, U.v. 18.01.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; HessVGH, U.v. 07.07.2006 – 7 UE 509/06 - juris). Mit einer weitgehenden Reduzierung der Fragestellung auf diesen Aspekt wird die Problematik einer Rückkehr nur unzureichend erfasst und bewältigt. Denn oftmals bestehen Sprachkenntnisse zwar schon deshalb, weil gerade die Eltern eher über weniger gute Deutschkenntnisse verfügen und daher bei realistischer Betrachtungsweise in der Familie weitgehend die Muttersprache gesprochen wurde, auch wenn die Kinder mittlerweile perfekt oder gut deutsch sprechen. Bei genauerer Betrachtung wird sich aber häufig schnell ergeben, dass zwar durchaus noch gute oder wenigstens befriedigende mündliche Sprachkenntnisse bestehen, es aber bei der schriftlichen Ausdrucksfähigkeit – in nachvollziehbarer Ermangelung einer diesbezüglichen Praxis - erhebliche Defizite gibt oder die Schriftsprache gar nicht mehr richtig beherrscht wird, wenn insbesondere noch hinzukommt, dass in der Muttersprache keine lateinischen Schriftzeichen verwendet werden. Gerade aber auch die schriftliche Artikulationsfähigkeit muss als ein wesentliches Integrationselement verstanden und angemessen gewürdigt werden. Daher muss im Einzelfall eine Unzumutbarkeit der Rückkehr bei lediglich festgestellter mündlicher Ausdrucksfähigkeit ernsthaft in Betracht gezogen werde, wenn nicht andere gewichtige Gesichtspunkte und öffentliche Interessen entgegen stehen.
47 
Minderjährige Kinder bedürfen aufgrund ihrer besonderen familien- und auch aufenthalts- und familienrechtlichen Stellung einer gesonderten Betrachtung (vgl. hierzu schon oben). Hier ist immer die Situation der Eltern mit in den Blick zu nehmen und zu berücksichtigen, dass Kinder, solange sie nicht volljährig sind, nicht nur regelmäßig deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilen, sondern darüber hinaus – auch zur Vermeidung einer Unverhältnismäßigkeit der Rückkehr - auf deren familien- und sorgerechtlich zu erbringende Erziehungs- und Hilfeleistungen bei den im Falle der Rückkehr erforderlichen Integrationsbemühungen verwiesen werden dürfen. Gerade in diesen Fällen sind, wenn bei den Eltern der gebotene Integrationsstand nicht erreicht ist bzw. ihnen die Rückkehr ohne weiteres zumutbar ist, erhebliche, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung regelmäßig überwiegende und durchschlagende einwanderungspolitische Interessen berührt, wenn gewissermaßen in umgekehrter Richtung das minderjährige Kind mittelbar seinen nicht oder – wie sehr häufig - nur unzulänglich integrierten Eltern ein Aufenthaltsrecht verschaffen würde mit der Folge, dass im Ergebnis die Eltern das aufenthaltsrechtliche Schicksal des Kindes teilen würden (vgl. zu alledem VGH Baden-Württemberg, B.v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 – juris; a.A. VG Stuttgart, U.v. 24.06.2004 – 11 K 4809/03 – InfAuslR 2005, 106; U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – InfAuslR 2006, 14, das explizit eine gemeinsame Betrachtung ablehnt). Deshalb kann nur in ganz besonderen Ausnahmefällen auch in diesen Fallkonstellationen von einem unverhältnismäßigen Eingriff ausgegangen werden, wenn etwa offenkundig kein Elternteil die erforderliche Unterstützung im Herkunftsland leisten kann (vgl. VG Stuttgart, U.v. 20.7.2006 – 4 K 921/06 – InfAuslR 2006, 409). Zur Klarstellung ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Erfordernis der einheitlichen Betrachtung von Eltern und minderjährigen Kindern weniger auf das Element der Integration in die Lebensverhältnisse des Aufenthaltsstaats abzielt, als vielmehr auf die Zumutbarkeit einer Rückkehr in das Herkunftsland. Denn in der Mehrzahl der praktisch relevanten Fälle kann realistischerweise von einer nicht gelungenen Integration der Eltern nicht auf eine ebenfalls nicht erfolgte Integration der Kinder geschlossen werden. Eine gemeinsame Betrachtung ist auch deshalb geboten, weil andernfalls der Aspekt der wirtschaftlichen Integration nicht umfassend und zutreffend gewürdigt werden würde. Denn in der Regel werden die minderjährigen Kinder wirtschaftlich nicht auf eigenen Beinen stehen, namentlich wenn sie noch in einer Ausbildung stehen. Es wäre auch nicht sachgerecht, letztlich den (unzulänglich integrierten) Eltern über die jedenfalls unter dem wirtschaftlichen Aspekt in keiner Weise integrierten minderjährigen Kindern mittelbar ein Aufenthaltsrecht zuzuerkennen, weil sie für den Unterhalt der Kinder aufkommen müssen (vgl. hierzu auch VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 – a.a.O.).
48 
2. Gemessen hieran stellt die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnisse jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff in das Privatleben der Kläger im Sinne des Art. 8 EMRK dar.
49 
Die Kläger können sich nicht darauf berufen, dass sie sich inzwischen seit 1987 bzw. 1988, 1990 und 1996 faktisch im Bundesgebiet aufhalten und ihnen deshalb eine Rückkehr in die Türkei unzumutbar wäre.
50 
Bei den Klägern Ziffer 1 und 2 liegt dies schon allein deshalb auf der Hand, weil sie als Erwachsene in das Bundesgebiet eingereist sind, weshalb auch nach 19 Jahren mit einer Rückkehr ihnen nichts Unzumutbares abverlangt wird.
51 
Im Übrigen steht bei allen Klägern der Annahme einer Unzumutbarkeit der Rückkehr entgegen, dass es ihnen spätestens seit dem 23.06.1992 und zu einer Zeit, zu der sie sich (maximal) fünf Jahre in der Bundesrepublik aufhielten, möglich und auch zumutbar war, wieder freiwillig in die Türkei zurückzukehren. Denn mit Beschluss vom 22.06.1992 hatte der VGH Baden-Württemberg im ersten Asylverfahren den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des VG Stuttgart vom 29.11.1990 abgelehnt. In der Folgezeit hatten die Kläger durch bis zu vier Folge- und Wiederaufgreifensanträge, zwei Petitionen sowie einen Härtefallantrag, die erkennbar keine Aussichten auf Erfolg haben konnten, ihre zeitnahe Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert bzw. vereitelt. Hinsichtlich des ersten Folgeantrags vom 24.07.1992 hatte das VG Stuttgart im Urteil vom 25.10.1996 zweifelsfrei bereits das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 VwVfG verneint (vgl. zur Qualifizierung dieses Antrags als Folgeantrag VGHBW, U.v. 29.08.2001 - 13 S 1616/00 - UA S. 10). Das Gleiche gilt für den zweiten Folgeantrag vom 09.05.1997 (vgl. VG Stuttgart, U.v. 12.02.1999, in dem die Aussage des vernommenen Zeugen zudem als bloße und leicht durchschaubare Gefälligkeitsaussage gewertet wurde). Bezüglich des dritten Folgeantrags vom 19.12.2001 hatte das VG Stuttgart im Urteil vom 30.09.2003 zwar letztlich wohl doch offen gelassen, ob die Voraussetzungen des § 51 VwVfG vorgelegen hatten, die Klage hatte jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil die Aussagen der beiden Zeugen als in jeder Hinsicht vollständig unglaubhaft gewürdigt worden waren. Der letzte Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens (beschränkt auf die Voraussetzungen des § 53 AuslG 1990 bzw. § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) wurde durch Bescheid des BAMF vom 22.12.2005 abgelehnt, weil die geltend gemachten Gründe bereits Gegenstand des Urteils vom 30.09.2003 gewesen waren. Im Übrigen wurden die insoweit zum VG Stuttgart erhobenen Klagen auch zurückgenommen. Vor diesem Hintergrund müssen auch die beiden erfolglosen Petitionen vom September 2003 und Dezember 2005 gesehen werden, die nur in der Weise bewertet werden können, dass hier weitere - vorhersehbar - erfolglose Versuche unternommen wurden, um eine Aufenthaltsbeendigung zu verhindern. Hinsichtlich des Härtefallantrags gilt nichts anderes. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass hier auch die Kläger Ziffer 3 und 4 eigenständig zu einem Zeitpunkt selbst aktiv wurden, als sie bereits volljährig geworden waren. Daher erweist sich schon aus diesen Gründen das Ansinnen, in die Türkei zurückzukehren, nicht als unverhältnismäßig. Dies gilt selbst dann, wenn man das von den Klägern nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils des VG Stuttgart vom 12.02.1999 am 30.06.1999 bis zur Stellung des nächsten Folgeantrags am 19.12.2001 betriebene aufenthaltsrechtliche Verfahren ihnen nicht zum Nachteil gereichen lässt. Denn nach der dargestellten Vorgeschichte konnten sie jedenfalls, nachdem sie von dem – im Übrigen überzeugend begründeten – Berufungsurteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 31.03.2003 erfahren hatten, nicht darauf vertrauen, ihr Aufenthalt könne noch legalisiert und eine Ausreise bzw. Abschiebung vermieden werden. Gleichwohl haben sie das dritte erkennbar aussichtlose Folgeverfahren weiter betrieben und unmittelbar danach noch eine Petition nachgeschoben.
52 
Folgt bereits hieraus, dass den Klägern eine Rückkehr in ihr Herkunftsland nicht unzumutbar ist, so gilt dies umso mehr, als die Kläger Ziffer 1, 2 und 4 bis 7 auch über kein eigenständiges Einkommen verfügen, das nach den maßgeblichen oben dargestellten Grundsätzen die Annahme rechtfertigt, dass sie in die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ausreichend integriert sind. Bei einem Nettoeinkommen des Klägers Ziffer 1 zwischen 929,64 und 1263,06 EUR monatlich und einem Kindergeldanspruch in Höhe von 462,- EUR sind die Kläger Ziffer 1, 2 und 4 bis 7 unter Berücksichtigung der Kosten für die Unterkunft in Höhe von 628,- EUR zwingend auf laufende Unterstützungsleistungen des Klägers Ziffer 3 in Höhe von 500,- bis 650 EUR monatlich angewiesen. Vermindert man die Kosten der Unterkunft, in der auch der Kläger Ziffer 3 wohnt, um dessen Anteil von 1/7 (d.h. etwa 90,- EUR) auf 538,- EUR, so beläuft sich sozialhilferechtliche Bedarf auf 2.194,-EUR und wird damit nicht einmal bei einer maximalen Unterstützungsleistung in Höhe von 650,- EUR durch den Kläger Ziffer 3 gedeckt. Abgesehen davon kann diese Unterstützungsleistung auch nicht als dauerhaft unterstellt werden, da der Kläger Ziffer 3 diese nur dann wird leisten können, wenn er in der Zukunft nicht selbst Unterhaltsleistungen gegenüber Angehörigen einer eventuell gegründeten eigenen Familie zu erbringen hat. Selbst wenn man den vom Kläger Ziffer 5 seit August diesen Jahres aus einer lediglich befristeten geringfügigen Beschäftigung in Höhe von monatlich 304,06 EUR erzielten Verdienst hinzunimmt, wäre der Bedarf nur bei Berücksichtigung von Unterstützungsleistungen (allerdings dann in geringerer Höhe) des Klägers Ziffer 3 gedeckt. Dass sich infolge der Verbesserung des aufenthaltsrechtlichen Status an den Einkommensverhältnissen des Klägers Ziffer 1 etwa Entscheidendes ändern könnte, ist - nicht zuletzt im Hinblick auf dessen Ausbildung, Alter und gesundheitliche Situation (vgl. zu Letzterem das Vorbringen im letzten Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens) - nicht ersichtlich. Zwar wurde im Übrigen vorgetragen, dass die Klägerin Ziffer 4 einen Ausbildungsplatz erhalten könne. Die Realisierung ihres Ausbildungswunsches und eine damit einher gehende Zunahme des Familieneinkommens setzte aber unabdingbar voraus, dass die erforderliche Zustimmung durch die Arbeitsverwaltung nicht am Nachrangprinzip des § 39 Abs. 2 S. 1 lit. b AufenthG scheitert (vgl. auch Art. 7 S. 1 1. Spiegelstrich ARB 1/80, der mit einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers Ziffer 1 grundsätzlich anwendbar wäre), was aber in Anbetracht der äußerst angespannten Lage auf dem Lehrstellenmarkt nicht von der Hand zu weisen ist. Aus alledem wird deutlich, dass aktuell und auch auf absehbare Zeit die dauerhafte Erzielung eines Einkommens, das zuverlässig über dem sozialhilferechtlichen Bedarf liegt, nicht gewährleistet ist. Nichts anderes gilt für den Kläger Ziffer 5, dem seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung zufolge sein Arbeitgeber für den Fall einer Legalisierung des Aufenthalts eine weitergehende Beschäftigung, allerdings auch nur in Teilzeit, in Aussicht gestellt haben soll.
53 
Was die Situation der Klägerin Ziffer 4 im Übrigen betrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, das nach den vorliegenden polizeilichen Ermittlungsberichten nichts dafür spricht, dass der von ihr unternommene Suizidversuch im Wesentlichen durch den Abschiebungsversuch vom 07.08.2003 verursacht worden sein könnte, wobei dahin stehen kann, ob dieser Frage im vorliegenden Kontext überhaupt rechtliche Relevanz zukäme. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Aussage der Klägerin Ziffer 2 gegenüber der Kriminalaußenstelle Kirchheim vom 11.08.2003, in der sie unmissverständlich auf bereits länger währende innerfamiliäre Konflikte hingewiesen hatte. Im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass im Falle einer ärztlichen Betreuung die Abschiebung nicht in einer Weise gestaltet werden könnte, dass etwaigen, im Übrigen für den heutigen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch nicht einmal ansatzweise plausibel gemachten Risiken, hinreichend zuverlässig begegnet werden kann.
54 
Vor diesem Hintergrund kommt es auf das Ausmaß der bei den Klägern Ziffer 3 bis 7 vorhandene Sprachkompetenz im Einzelnen nicht mehr an. Denn es zumindest davon auszugehen, dass sie sich mündlich in jeder Hinsicht ausreichend in der türkischen Sprache ausdrücken können. Selbst wenn die schriftliche Ausdrucksfähigkeit unvollkommen sein oder gar fehlen sollte, vermag dieser Umstand die vorgenannten Defizite nicht aufzuwiegen.
55 
Den minderjährigen Klägern Ziffer 6 und 7 ist unabhängig von dem Vorgesagten nach den dargelegten Grundsätzen die Rückkehr mit ihren Eltern zuzumuten.
56 
Soweit die Kläger erneut zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote geltend machen, steht deren Berücksichtigung schon die aus den §§ 4 und 42 AsylVfG folgende Bindungswirkung der Entscheidungen des BAMF bzw. der angerufenen Gerichte entgegen, in denen diese Gründe im Übrigen bereits geprüft worden waren.
57 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 159 S. 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.

Gründe

 
24 
Die zulässigen Klagen sind nicht begründet. Der Beklagte hat zu Recht die Anträge der Kläger abgelehnt. Sie haben keinen Anspruch auf Erteilung der von ihnen begehrten Aufenthaltserlaubnisse.
25 
Allein in Betracht zu ziehende Rechtsgrundlage für die Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnisse ist vorliegend § 25 Abs. 5 AufenthG. Hiernach kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist, sofern der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. § 25 Abs. 3 AufenthG scheidet schon deshalb aus, weil im Verhältnis zur Ausländerbehörde sowie zum Gericht infolge der negativen Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gem. § 42 AsylVfG bindend feststeht, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (vgl. zum Verständnis des § 60 Abs. 5 AufenthG bzw. des § 53 Abs. 4 AuslG 1990 allein als zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot bzw. –hindernis BVerwG, U.v. 15.04.1997 – 9 C 38.96 – NVwZ 1997, 1127; U.v. 02.09.1997 – 9 C 40.96 – NVwZ 1998, 311). Nichts anderes gilt in Bezug auf die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (vgl. § 4 AsylVfG).
26 
Die Verweigerung eines Aufenthaltstitels durch den Beklagten steht nicht in Widerspruch zu Art. 8 EMRK, weshalb den Klägern eine Rückkehr in ihr Heimatland nicht unmöglich oder aus Rechtsgründen unzumutbar ist (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 27.6.2006 – 1 C 14.05 – juris).
27 
1. a) Im Ausgangspunkt ist zunächst festzuhalten, dass nach der ständigen Spruchpraxis des EGMR aus Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch nicht für Familien) grundsätzlich kein irgendwie geartetes Recht abgeleitet werden kann, dass Ausländer oder Ausländerinnen sich einen Aufenthaltsort in einem Konventionsstaat frei wählen. Vielmehr ist den Konventionsstaaten ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, ob und unter welchen Voraussetzungen sie Einwanderung in ihr Hoheitsgebiet zulassen wollen. Namentlich in seinen Entscheidungen vom 16.09.2004 (11103/03 - - NVwZ 2005, 1046) und vom 07.10.2004 (33743/03 - - NVwZ 2005, 1043 ) hat der EGMR ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden (vgl. zu alledem auch BVerwG, U.v. 9.12.1997 – 1 C 19.96 – NVwZ 1998, 742; U.v. 29.9.1998 – 1 C 8.98 – NVwZ 1999, 303; VGHBW, U.v. 18.1.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; B.v. 10.5.2006 – 11 2345/05 – juris; HessVGH, B.v 15.2.2006 – 7 TG 106/06 – InfAuslR 2006, 217; U.v. 7,7,2006 – 7 UE 509/06 – juris; NdsOVG, B.v. 11.5.2006 – 12 ME 138/06 - InfAuslR 2006, 329; B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 – juris; OVG NW, B.v. 11.1.2006 – 18 B 44/06 – AuAS 2006, 144 Ls.). Dessen ungeachtet kann nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. Urt. v. 16.6.2005 - 60654/00 - - InfAuslR 2005, 349) ausnahmsweise auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben darstellen, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kommt danach für solche Ausländer in Betracht, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie gewissermaßen deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind, während sie mit ihrem Heimatland im Wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.9.1998 - 1 C 8.96 - NVwZ 1999, 303; VGH Bad.-Württ., Urt. v.18.1.2006 - a.a.O. mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
28 
b) In diesem Zusammenhang ist zunächst bereits grundsätzlich umstritten, ob der Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK unter dem Aspekt des Privatlebens überhaupt nur dann eröffnet ist, wenn der Aufenthaltsstaat den Aufenthalt (durch Erteilung eines Titels) positiv ermöglicht (so etwa NdsOVG, B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 – juris; HessVGH, U.v. 7.7.2006 – 7 UE 509/06 – juris) und nicht nur (etwa durch Duldung oder aufgrund gesetzlicher Gestattung als Asylbewerber) ohne sein Zutun faktisch hingenommen hatte bzw. sogar hinnehmen musste. Ein völlig klares Bild lässt sich aus der sehr einzelfallbezogenen Spruchpraxis des EGMR hierzu nicht gewinnen (vgl. auch VGHBW, U.v. 18.1.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142 und letztlich offen gelassen). Auch wenn dieser erst jüngst in seinem Urteil vom 30.1.2006 (50435/99 - - InfAuslR 2006, 298) “daran erinnert, dass Personen, die, ohne den geltenden Gesetzen zu entsprechen, die Behörden eines Vertragsstaates mit ihrer Anwesenheit in diesem Staat konfrontieren, im Allgemeinen nicht erwarten können, dass ihnen ein Aufenthaltsrecht zugesprochen wird,“ so stellte es nach Überzeugung der Kammer eine Überinterpretation dar, hieraus den zwingenden Schluss zu ziehen, schon der Schutzbereich sei im Falle der nicht erfolgten ausdrücklichen Legalisierung von vornherein nicht eröffnet. Ein solches Verständnis ist angesichts der Schranke des Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht erforderlich und sinnvoll. Es stünde zudem einem einzelfallbezogenen gerechten Interessenausgleich oftmals entgegen und wäre auch im Einzelfall geeignet, die Wirksamkeit des konventionsrechtlichen Schutzes zu schmälern (so auch Hoppe, ZAR 2006, 125; Benassi, InfAuslR 2006, 397). Zudem würde eine vorschnelle Ausgrenzung aus dem Schutzbereich die Möglichkeit verbauen, den Fallkonstellationen angemessen Rechnung tragen zu können, in denen die Ausländerbehörde in der Vergangenheit über Jahre hin nur Duldungen erteilt hatte, obwohl im Grunde realistischerweise keine Abschiebungs- und Ausreisemöglichkeiten bestanden und daher eigentlich Aufenthaltstitel hätten erteilt werden müssen. Es ist nicht ersichtlich, dass etwa auch für solche Fälle der Schutzbereich des Art. 8 Abs. EMRK von vornherein nicht eröffnet sein sollte. Allerdings ist der in diesem Zusammenhang teilweise erfolgte Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 16.06.2005 (60654/00 - - InfAuslR 2005, 349), wonach dieser explizit keine willentliche Legalisierung verlange (so etwa Benassi, InfAuslR 2006, 397), nicht überzeugend, weil die dortigen Beschwerdeführer jahrelang rechtmäßig in der früheren Sowjetunion (im Gebiet des heutigen Lettland) und auch danach noch in Lettland selbst gelebt hatten und ihnen erst später z.T. als staatenlos gewordene russische Volkszugehörige ein Aufenthaltsrecht bestritten worden war, nachdem sie nach 1989 aber sogar noch zeitlich befristete Aufenthaltstitel erhalten hatten (vgl. etwa NdsOVG, B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 m.w.N.).
29 
Sachgerecht ist es nach Auffassung der Kammer allein, den Schutzbereich durchaus nicht zu eng zu fassen und die Frage der Legalisierung als Element der Schrankendiskussion zu verstehen. Um aber von einem Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK sprechen zu können, das im Aufenthaltsstaat stattfindet, müssen – bei aller Unschärfe - zumindest zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen muss – quantitativ betrachtet - ein langjähriger Aufenthalt vorliegen. Sodann müssen - unter dem qualitativen Aspekt - bestimmte Integrationsleistungen erbracht worden sein, die es rechtfertigen, im Rahmen der Schranken des Absatzes 2 überhaupt in eine umfassende Interessen- und Verhältnismäßigkeitsprüfung einzutreten und hier gewissermaßen eine Feinabstimmung vorzunehmen. Anders ausgedrückt: Der Schutzbereich ist dann nicht eröffnet, wenn es unter dem quantitativen und/oder qualitativen Aspekt auf der Hand liegt, dass phänotypisch nicht von einem „faktischen Inländer“ gesprochen werden kann und kein Anlass dafür besteht, überhaupt einzelfallbezogen der Frage nachzugehen, ob den Betroffenen eine Rückkehr in das Land ihrer Herkunft zugemutet werden kann.
30 
Eine solcher (negativer) Fall wird typischerweise in folgenden Fallkonstellationen anzunehmen sein:
31 
- Die Betroffenen halten sich erst so einen kurzen Zeitraum im Bundesgebiet auf, dass sich die Frage einer auf der Schrankenebene zu diskutierende Frage (vgl. im Folgenden) nach einer Wiedereingliederung in die Verhältnisse des Herkunftslandes von vornherein nicht stellt. Es spricht hier einiges dafür, sich in etwa an dem 8-Jahreszeitraum des § 10 StAG zu orientieren, der vom Gesetzgeber für das Entstehen eines Einbürgerungsanspruchs vorausgesetzt wird (vgl. Hoppe ZAR 2006, 125 <130>; Benassi InfAuslR 2006, 397 <402>).
32 
- Die Betroffenen haben während des langjährigen Aufenthalts keinerlei wirtschaftliche Existenzgrundlage aufbauen können und leben im Wesentlichen ununterbrochen und weitgehend vollständig von öffentlichen Unterstützungsleistungen.
33 
- Die Betroffenen haben keine nennenswerten Sprachkenntnisse erworben und haben demgemäß keinen nennenswerten engeren Bezug zu den Lebensverhältnissen des Landes.
34 
- Die Betroffenen sind durchgängig von Bagatellfällen abgesehen in erheblichem Umfang kriminell geworden (fahrlässige Tatbegehungen bedürfen hingegen der genauen Einzelfallbetrachtung).
35 
Demgegenüber kann nicht eingewandt werden, in der Spruchpraxis des Gerichtshofs seien die Gesichtspunkte der Straffälligkeit oder der Sicherung des Lebensunterhalt nicht als schutzbereichsschädlich verstanden worden (so aber etwa Schild ANA-ZAR 2006, 29). Denn dieses trifft nur auf die grundlegend andere Fallkonstellation zu, in der ein bereits legalisierter langjähriger Aufenthalt beendet werden soll, sei es mit dem Mittel der Ausweisung, sei es mit dem der Nichtverlängerung eines Aufenthaltstitels; ganz abgesehen davon, dass regelmäßig das Schutzgut „Familie“ berührt war und sich dort diese Fragen von vornherein erst auf der Ebene des Art. 8 Abs. 2 EMRK stellen können. Im vorliegenden Zusammenhang geht es hingegen zunächst um die positive Feststellung eines überhaupt schützenswerten Privatlebens.
36 
c) Den (vielfältigen und vielschichtigen) Gründen für die lange Aufenthaltsdauer ist – von Evidenzfällen wiederum abgesehen – daher erst im Rahmen der Schranke nachzugehen. Hier kommt dem Aspekt einer erfolgten (willentlichen) Legalisierung durch den Aufenthaltsstaat wesentliches Gewicht zu. Ist eine solche nicht erfolgt, muss im Rahmen einer umfassenden Abwägung eine genaue Bewertung der Gründe für den faktischen Aufenthalt erfolgen. Hier kann eine große Bandbreite von Ursachen gegeben sein. Diese kann reichen von einer langjährigen zurechenbaren Vereitelung (wenn nicht gar Sabotierung) einer Aufenthaltsbeendigung bei gleichzeitig möglicher freiwilligen Ausreise bis zu einem Dauerzustand einer unverschuldet unmöglichen Abschiebung wie freiwilligen Ausreise. Dazwischen sind differenzierte Fallgestaltungen denkbar, in denen vielleicht zu bestimmten Zeiten eine freiwillige Ausreise und auch eine Abschiebung möglich waren, die Ausländerbehörde eine solche Möglichkeit jedoch über lange Zeit nicht wahrgenommen hatte. Selbst wenn man davon ausgeht, dass im eigentlichen Sinn eine Abschiebungsmöglichkeit nicht verwirkt werden kann, da es sich nach § 58 Abs. 1 AufenthG um eine Rechtspflicht handelt (vgl. OVG NW, B.v. 25.05.2005 – 18 B 1967/04 – juris), kann in zugespitzten Fällen eine Aufenthaltsbeendigung hier jedoch gleichwohl unverhältnismäßig werden und damit Art. 8 Abs. 2 EMRK zuwider laufen.
37 
Ebenfalls erst auf der Schrankenebene ist zu prüfen, ob ein Wiedereinleben (bei Kindern oftmals eine erstmalige Integration) in die Verhältnisse des Herkunftslandes zumutbar ist. Es handelt sich – unter der Prämisse einer überhaupt erfolgten weitgehenden und fortgeschrittenen Integration in die Verhältnisse des Aufnahmestaats - hierbei um eine klassische Verhältnismäßigkeitsprüfung, in deren Rahmen eine differenzierte Abwägung der persönlichen Belange der Betroffenen mit den öffentlichen einwanderungspolitischen Interessen stattfinden kann und muss.
38 
d) Im Rahmen der Schranken ausfüllenden Abwägung ist in der Regel eine Verweigerung des weiteren Aufenthalts und einer erstmaligen Legalisierung verhältnismäßig und damit zulässig, wenn über Jahre hin eine an sich mögliche Aufenthaltsbeendigung immer wieder durch erkennbare aussichtlose Anträge an Behörden und Gerichte durchkreuzt wurden, sofern dieses zu einem Zeitpunkt geschah, zu dem gemessen an Art. 8 EMRK eine Aufenthaltsbeendigung noch zumutbar war. Dies wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn, wie in der Praxis sehr häufig, Folgeanträge gestellt wurden, die von Behörden und Gerichten als nicht als asylverfahrensrelevant (vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 95 ff.) behandelt wurden. Das Gleiche gilt für Petitionen, die unter realistischer Beurteilung der aktuellen praktizierten Ausländerpolitik im Land keinen Erfolg versprechen konnten. Nicht anders sind vorhersehbar aussichtlose Anträge nach § 23a AufenthG zu behandeln und zu beurteilen. Dabei können die Betroffenen in aller Regel nicht für sich ins Feld führen, dass es retrospektiv betrachtet in bestimmten Zwischenzeiträumen objektiv an sich möglich gewesen wäre, eine Abschiebung durchzuführen. Damit würde nicht genügend berücksichtigt, dass die Ausländerbehörden regelmäßig mit einer Vielzahl von Fällen befasst sind und auch aus Kapazitätsgründen zwangsläufig Schwerpunkte setzen müssen. Auch bliebe unbeachtet, dass mit jedem aussichtlosen Antrag, der jeweils in der Verantwortungssphäre der Betroffenen liegt, die Verfahren komplexer und unübersichtlicher werden können. In besonderen Ausnahmefällen mag eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein.
39 
Eine besondere Problematik besteht insoweit, als in der Mehrzahl der praktisch relevanten Fälle Eltern in der Vergangenheit in Ausübung ihres aus dem Recht der Personensorge fließenden Aufenthaltsbestimmungsrechts gehandelt haben. Es ist hier in Anbetracht der Tatsache, dass die minderjährigen Kinder sich nicht nur familienrechtlich alle Maßnahmen der Personensorge zurechnen lassen müssen, sondern auch grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen, nicht gerechtfertigt, den Kindern diese Maßnahmen im Regelfall nicht zuzurechnen (vgl. VGHBW, B.v. 10.05.2006 – 11 S 2354/05 – juris; VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 - InfAuslR 2006, 409; so aber wohl RhPfOVG, B.v. 24.02.2006 – 7 B 10020/06.OVG – InfAuslR 2006, 274; VG Stuttgart, U.v. 24.06.2004 – 11 K 4809/03 – InfAuslR 2005, 106; U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – InfAuslR 2006, 14), zumal ohnehin – gewissermaßen als Kehrseite - davon auszugehen ist, dass die minderjährigen Kinder mit ihren Eltern zurückkehren (müssen), sofern nicht den Eltern selbst die Rückkehr nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. hierzu noch im Folgenden). Entsprechende Überlegungen gelten, wenn die Eltern – auch zulasten ihrer Kinder – ihren Mitwirkungspflichten bei der Beschaffung von Identitäts- oder Passpapieren in zurechenbarer Art und Weise nicht nachgekommen sind. Die Tatsache, dass die Kinder ab dem 16. Lebensjahr gem. § 80 Abs. 1 verfahrenshandlungsfähig waren, ändert bis zum Eintritt der Volljährigkeit nichts an dieser Bewertung, da die Personensorge und damit das hieraus fließende Aufenthaltsbestimmungsrecht davon nicht berührt werden. Die Fälle des § 35 Abs. 1 S. 1 und § 37 AufenthG sind hier ersichtlich nicht einschlägig. § 35 Abs. 1 S. 1 AufenthG setzt als allein rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers gerade die vorangegangene durchgängige Legalisierung des Aufenthalts voraus. Auch die letztgenannte Vorschrift steht in einem völlig anderen rechtspolitischen Kontext und betrifft Rückkehrer, die regelmäßig vor ihrer Rückkehr bereits die Perspektive eines unbefristeten Aufenthaltsrechts hatten, und stellt eine Reaktion des Gesetzgebers auf die rechtspolitisch umstrittenen und zweifelhaften Aktionen der Rückkehrförderung in den 80-er Jahren im Gefolge des „Gesetzes zur Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern“ (v. 28.11.1983 – BGBl. I 1377) dar, mit der Härten und Unzuträglichkeiten gemildert werden sollten (vgl. zur Vorläufervorschrift des § 16 AuslG 1990 BT-Drucks. 11/6321, 59), weshalb aus ihr keine bestimmten Wertungen verallgemeinert werden können (so aber VG Stuttgart, U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – a.a.O.).
40 
Eine differenziertere Beurteilung ist hingegen bei volljährig gewordenen Kindern geboten. Denn diese nehmen nicht mehr an dem aufenthaltsrechtlichen Schicksal der Eltern teil, weil sie auch nicht mehr deren Personensorge unterliegen. Vor diesem Hintergrund kann und darf nach dem vorgegebenen rechtlichen Rahmen nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sie im Familienverbund in den Herkunftsstaat zurückkehren und dort in demselben leben werden. Haben die Kinder nach Erlangung der Volljährigkeit keine – ihnen dann eigenständig zuzurechnende – Versuche mehr unternommen eine Aufenthaltsbeendigung zu durchkreuzen bzw. zu verhindern, und ggf. nunmehr sogar an der Beseitigung von Abschiebungshindernissen mitzuwirken versucht, und löst sich infolge dessen der unmittelbare zeitliche und sachliche Zusammenhang zu den früheren Handlungen der Eltern, so stößt eine weitergehende Zurechnung des Verhaltens der Eltern angesichts ihrer erlangten rechtlichen Selbstständigkeit an die Grenzen der Verhältnismäßigkeit, sofern alle weiteren Integrationsvoraussetzungen erfüllt sind und auch eine Rückkehr in das Herkunftsland aus sonstigen Gründen nicht mehr zumutbar ist. Allerdings kann diese Sichtweise dann u.U. zu der Konsequenz führen, dass den Volljährigen ein Bleiberecht zukommt, während dies bei den Eltern und eventuell noch vorhandenen minderjährigen Geschwistern nicht der Fall ist (vgl. zu diesen noch im Folgenden). Eine hierdurch bewirkte Trennung der Familienmitglieder wäre jedoch, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, weder mit Art. 6 GG (vgl. BVerfG, B.v. 18.04.1989 – 2 BvR 1169/84 – NJW 1989, 2195; BVerfG (K), B.v. 01.03.2004 – 2 BvR 1570/03 – NVwZ 2004, 852) noch mit Art. 8 Abs. 1 EMRK (vgl. EGMR, U.v. 17.04.2002 – 52853/99 - NJW 2004, 2147, der implizit eine Trennung von erwachsenen Kindern von Eltern und Geschwistern im Grundsatz nicht für problematisch erachtet und den festgestellten Konventionsverstoß allein aus der fehlenden Befristung der Ausweisung herleitete) unvereinbar.
41 
Ob im Übrigen eine Fallkonstellation des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegeben ist, in der eine Aufenthaltsbeendigung eines in Deutschland lebenden Ausländers in das Land seiner Herkunft einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben darstellen würde, hängt immer von zwei kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen ab. Zum einen von seiner Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse („Verwurzelung“) und zum anderen von der Zumutbarkeit einer (erstmaligen) Integration bzw. Reintegration in dem Staat seiner Staatsangehörigkeit („Entwurzelung“).
42 
Für die Integration des Ausländers in Deutschland streitende Gesichtspunkte sind dabei neben einer langjährigen Dauer des Aufenthalts: In Abhängigkeit vom jeweiligen Bildungsstand gute deutsche mündliche und schriftliche Sprachkenntnisse; soziale Eingebundenheit in die hiesigen Lebensverhältnisse, wie sie etwa in der Absolvierung einer allgemeinbildenden Schule und einer (qualifizierten) Berufsausbildung bzw. der Innehabung eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes, in einem festen Wohnsitz, ausreichenden Mitteln (einschließlich ausreichendem Krankenversicherungsschutz), um den Lebensunterhalt ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten zu können, sowie fehlender Straffälligkeit zum Ausdruck kommt. Vorsätzliche Straftaten werden hier, von Bagatelldelikten (wie etwa vereinzelt gebliebene Beförderungserschleichungen oder Ladendiebstählen) abgesehen, regelmäßig entgegenstehen. Von Bedeutung kann hier auch die Feststellung sein, dass die Betreffenden über vielfältige und vielschichtige Beziehungen zu Menschen außerhalb ihrer eigenen landsmannschaftlich geprägten Gruppe verfügen.
43 
In diesem Zusammenhang ist weiter die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts zu würdigen. Denn ein unerlaubter Aufenthalt und die damit verbundene Unsicherheit des Aufenthaltsstatus stehen der Führung eines schutzwürdigen Privatlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK tendenziell entgegen, weil im Grundsatz die Betroffenen angesichts einer ausdrücklichen Verweigerung der Legalisierung durch den Aufenthaltsstaat nicht darauf vertrauen durften, dass dieser den Aufenthalt letztlich doch hinnehmen werde (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., B.v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 - juris; U.v. 18.01.2006 - 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; vgl. auch EGMR, U. v. 30.01.2006 - 50435/99 - - InfAuslR 2006, 298).
44 
Was die wirtschaftliche Integration betrifft, ist es nicht erforderlich, dass etwa eine besonders qualifizierte Berufstätigkeit ausgeübt wird, sofern der Arbeitsplatz ungekündigt ist und prognostisch gesehen weiter bestehen bleiben wird, was insbesondere dann angenommen werden kann, wenn der Betroffene den Arbeitsplatz schon lange innehat. Der Umstand, dass in der Vergangenheit Sozialleistungen bezogen wurden (insbesondere während eines durchlaufenden Asylverfahrens), ist unerheblich, wenn davon ausgegangen werden kann, dass diese Lebensphase zuverlässig und dauerhaft überwunden wurde.
45 
Dabei ist es erforderlich, dass die Betroffenen, sofern kein nennenswertes Vermögen vorliegt, nunmehr regelmäßig Einnahmen erzielen, die vom Umfang und der Stetigkeit ihres Zuflusses zuverlässig über den Regelsätzen nach dem SGB II oder XII zuzüglich den Kosten für die Unterkunft liegen und nicht etwa ständig um diese Grenze oszillieren. Zur Vermeidung von Missverständnissen ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es hier in erster Linie nicht um die Anwendung des Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG geht, von der im Übrigen nach § 5 Abs. 3 AufenthG sogar im Ermessenswege abgesehen werden könnte, sondern vielmehr um die positive Feststellung einer unerlässlichen Integrations- bzw. Verwurzelungsvoraussetzung. Ausländer, die nicht nur vorübergehend in einer prekären wirtschaftlichen Situation leben, mögen sich zwar angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse namentlich auf dem Arbeitsmarkt in einer mit vielen deutschen Staatsangehörigen vergleichbaren Situation befinden, vom Aufbau einer wirtschaftlich tragfähigen selbstständigen Existenzgrundlage, die aufzugeben dem Ausländer nicht als verhältnismäßig und zumutbar angesonnen werden darf, kann jedoch bei dieser Sachlage nicht die Rede sein. Lagen die Einkünfte in der Vergangenheit – nicht nur ganz kurzfristig - unter dieser Grenze, ohne dass aber gesetzlich zustehende Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden, so steht dies möglicherweise dann nicht entgegen, wenn aufgrund einer sorgfältigen durch tragfähige Fakten getragenen Prognose zuverlässig vorhergesagt werden kann, dass – wegen der mit dem Wechsel vom Duldungsstatus in den des erlaubten Aufenthalts verbundenen Veränderungen – eine Verbesserung der Einkommensverhältnisse zu erwarten ist. Es muss dann aber gewissermaßen ein Fall gegeben sein, in dem – etwa mit Rücksicht auf Bildung, Ausbildung sowie die darauf gründenden konkreten Erfahrungen bei der erfolglosen Stellensuche – eine wirtschaftliche Integration bereits im Kern angelegt ist und sich lediglich wegen des bisherigen Duldungsstatus nicht entfalten konnte. All dies dürfte allerdings oftmals nicht nur wegen der aktuell weiterhin hohen Arbeitslosigkeit, sondern auch im Hinblick auf das Nachrangprinzip des § 39 Abs. 2 S. 1 lit. b AufenthG nur schwer darzulegen und nachzuweisen sein. Ob eine solche Ausnahme zu machen ist, kann aber hier letztlich offen bleiben, weil, wie noch auszuführen sein wird, diese Voraussetzungen hier nicht gegeben sind. Der Einwand, man habe in der Vergangenheit tatsächlich ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen leben können, vermag die Feststellung einer unzureichenden wirtschaftlichen Integration nicht in Frage zu stellen, zumal jederzeit Ansprüche geltend gemacht werden könnten, was im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht von vornherein von geringem Gewicht ist (vgl. zum Bezug von Leistungen nach § 8 Abs. 2 BAföG VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 – InfAuslR 2006, 409). Hinzu kommt, dass bei einem Erwerbseinkommen unterhalb der vorgenannten Grenzen, auch wenn keine Sozialleistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden, mit guten Gründen damit gerechnet werden muss, dass die Betroffenen später auch bei einer kleineren Bedarfsgemeinschaft eine so geringe Altersrente beziehen werden, dass dann ein Bezug von Sozialleistungen unausweichlich sein wird. Auch hieraus wird deutlich, dass bei einer solchen Sachlage eine ausreichende wirtschaftliche Integration nicht besteht.
46 
Was die Unzumutbarkeit eines Wiedereinlebens in die Verhältnisse des Herkunftslandes oder im praktisch sehr häufigen Fall eines erstmaligen Einlebens in diese Verhältnisse betrifft, darf diese allerdings wohl nicht vorschnell schon mit dem Argument verneint werden, dass bei hier geborenen oder den wesentlichen Teil des Lebens hier aufgewachsenen Kindern noch ausreichende mündliche Sprachkenntnisse vorhanden seien (vgl. etwa VGHBW, U.v. 18.01.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; HessVGH, U.v. 07.07.2006 – 7 UE 509/06 - juris). Mit einer weitgehenden Reduzierung der Fragestellung auf diesen Aspekt wird die Problematik einer Rückkehr nur unzureichend erfasst und bewältigt. Denn oftmals bestehen Sprachkenntnisse zwar schon deshalb, weil gerade die Eltern eher über weniger gute Deutschkenntnisse verfügen und daher bei realistischer Betrachtungsweise in der Familie weitgehend die Muttersprache gesprochen wurde, auch wenn die Kinder mittlerweile perfekt oder gut deutsch sprechen. Bei genauerer Betrachtung wird sich aber häufig schnell ergeben, dass zwar durchaus noch gute oder wenigstens befriedigende mündliche Sprachkenntnisse bestehen, es aber bei der schriftlichen Ausdrucksfähigkeit – in nachvollziehbarer Ermangelung einer diesbezüglichen Praxis - erhebliche Defizite gibt oder die Schriftsprache gar nicht mehr richtig beherrscht wird, wenn insbesondere noch hinzukommt, dass in der Muttersprache keine lateinischen Schriftzeichen verwendet werden. Gerade aber auch die schriftliche Artikulationsfähigkeit muss als ein wesentliches Integrationselement verstanden und angemessen gewürdigt werden. Daher muss im Einzelfall eine Unzumutbarkeit der Rückkehr bei lediglich festgestellter mündlicher Ausdrucksfähigkeit ernsthaft in Betracht gezogen werde, wenn nicht andere gewichtige Gesichtspunkte und öffentliche Interessen entgegen stehen.
47 
Minderjährige Kinder bedürfen aufgrund ihrer besonderen familien- und auch aufenthalts- und familienrechtlichen Stellung einer gesonderten Betrachtung (vgl. hierzu schon oben). Hier ist immer die Situation der Eltern mit in den Blick zu nehmen und zu berücksichtigen, dass Kinder, solange sie nicht volljährig sind, nicht nur regelmäßig deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilen, sondern darüber hinaus – auch zur Vermeidung einer Unverhältnismäßigkeit der Rückkehr - auf deren familien- und sorgerechtlich zu erbringende Erziehungs- und Hilfeleistungen bei den im Falle der Rückkehr erforderlichen Integrationsbemühungen verwiesen werden dürfen. Gerade in diesen Fällen sind, wenn bei den Eltern der gebotene Integrationsstand nicht erreicht ist bzw. ihnen die Rückkehr ohne weiteres zumutbar ist, erhebliche, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung regelmäßig überwiegende und durchschlagende einwanderungspolitische Interessen berührt, wenn gewissermaßen in umgekehrter Richtung das minderjährige Kind mittelbar seinen nicht oder – wie sehr häufig - nur unzulänglich integrierten Eltern ein Aufenthaltsrecht verschaffen würde mit der Folge, dass im Ergebnis die Eltern das aufenthaltsrechtliche Schicksal des Kindes teilen würden (vgl. zu alledem VGH Baden-Württemberg, B.v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 – juris; a.A. VG Stuttgart, U.v. 24.06.2004 – 11 K 4809/03 – InfAuslR 2005, 106; U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – InfAuslR 2006, 14, das explizit eine gemeinsame Betrachtung ablehnt). Deshalb kann nur in ganz besonderen Ausnahmefällen auch in diesen Fallkonstellationen von einem unverhältnismäßigen Eingriff ausgegangen werden, wenn etwa offenkundig kein Elternteil die erforderliche Unterstützung im Herkunftsland leisten kann (vgl. VG Stuttgart, U.v. 20.7.2006 – 4 K 921/06 – InfAuslR 2006, 409). Zur Klarstellung ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Erfordernis der einheitlichen Betrachtung von Eltern und minderjährigen Kindern weniger auf das Element der Integration in die Lebensverhältnisse des Aufenthaltsstaats abzielt, als vielmehr auf die Zumutbarkeit einer Rückkehr in das Herkunftsland. Denn in der Mehrzahl der praktisch relevanten Fälle kann realistischerweise von einer nicht gelungenen Integration der Eltern nicht auf eine ebenfalls nicht erfolgte Integration der Kinder geschlossen werden. Eine gemeinsame Betrachtung ist auch deshalb geboten, weil andernfalls der Aspekt der wirtschaftlichen Integration nicht umfassend und zutreffend gewürdigt werden würde. Denn in der Regel werden die minderjährigen Kinder wirtschaftlich nicht auf eigenen Beinen stehen, namentlich wenn sie noch in einer Ausbildung stehen. Es wäre auch nicht sachgerecht, letztlich den (unzulänglich integrierten) Eltern über die jedenfalls unter dem wirtschaftlichen Aspekt in keiner Weise integrierten minderjährigen Kindern mittelbar ein Aufenthaltsrecht zuzuerkennen, weil sie für den Unterhalt der Kinder aufkommen müssen (vgl. hierzu auch VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 – a.a.O.).
48 
2. Gemessen hieran stellt die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnisse jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff in das Privatleben der Kläger im Sinne des Art. 8 EMRK dar.
49 
Die Kläger können sich nicht darauf berufen, dass sie sich inzwischen seit 1987 bzw. 1988, 1990 und 1996 faktisch im Bundesgebiet aufhalten und ihnen deshalb eine Rückkehr in die Türkei unzumutbar wäre.
50 
Bei den Klägern Ziffer 1 und 2 liegt dies schon allein deshalb auf der Hand, weil sie als Erwachsene in das Bundesgebiet eingereist sind, weshalb auch nach 19 Jahren mit einer Rückkehr ihnen nichts Unzumutbares abverlangt wird.
51 
Im Übrigen steht bei allen Klägern der Annahme einer Unzumutbarkeit der Rückkehr entgegen, dass es ihnen spätestens seit dem 23.06.1992 und zu einer Zeit, zu der sie sich (maximal) fünf Jahre in der Bundesrepublik aufhielten, möglich und auch zumutbar war, wieder freiwillig in die Türkei zurückzukehren. Denn mit Beschluss vom 22.06.1992 hatte der VGH Baden-Württemberg im ersten Asylverfahren den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des VG Stuttgart vom 29.11.1990 abgelehnt. In der Folgezeit hatten die Kläger durch bis zu vier Folge- und Wiederaufgreifensanträge, zwei Petitionen sowie einen Härtefallantrag, die erkennbar keine Aussichten auf Erfolg haben konnten, ihre zeitnahe Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert bzw. vereitelt. Hinsichtlich des ersten Folgeantrags vom 24.07.1992 hatte das VG Stuttgart im Urteil vom 25.10.1996 zweifelsfrei bereits das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 VwVfG verneint (vgl. zur Qualifizierung dieses Antrags als Folgeantrag VGHBW, U.v. 29.08.2001 - 13 S 1616/00 - UA S. 10). Das Gleiche gilt für den zweiten Folgeantrag vom 09.05.1997 (vgl. VG Stuttgart, U.v. 12.02.1999, in dem die Aussage des vernommenen Zeugen zudem als bloße und leicht durchschaubare Gefälligkeitsaussage gewertet wurde). Bezüglich des dritten Folgeantrags vom 19.12.2001 hatte das VG Stuttgart im Urteil vom 30.09.2003 zwar letztlich wohl doch offen gelassen, ob die Voraussetzungen des § 51 VwVfG vorgelegen hatten, die Klage hatte jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil die Aussagen der beiden Zeugen als in jeder Hinsicht vollständig unglaubhaft gewürdigt worden waren. Der letzte Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens (beschränkt auf die Voraussetzungen des § 53 AuslG 1990 bzw. § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) wurde durch Bescheid des BAMF vom 22.12.2005 abgelehnt, weil die geltend gemachten Gründe bereits Gegenstand des Urteils vom 30.09.2003 gewesen waren. Im Übrigen wurden die insoweit zum VG Stuttgart erhobenen Klagen auch zurückgenommen. Vor diesem Hintergrund müssen auch die beiden erfolglosen Petitionen vom September 2003 und Dezember 2005 gesehen werden, die nur in der Weise bewertet werden können, dass hier weitere - vorhersehbar - erfolglose Versuche unternommen wurden, um eine Aufenthaltsbeendigung zu verhindern. Hinsichtlich des Härtefallantrags gilt nichts anderes. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass hier auch die Kläger Ziffer 3 und 4 eigenständig zu einem Zeitpunkt selbst aktiv wurden, als sie bereits volljährig geworden waren. Daher erweist sich schon aus diesen Gründen das Ansinnen, in die Türkei zurückzukehren, nicht als unverhältnismäßig. Dies gilt selbst dann, wenn man das von den Klägern nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils des VG Stuttgart vom 12.02.1999 am 30.06.1999 bis zur Stellung des nächsten Folgeantrags am 19.12.2001 betriebene aufenthaltsrechtliche Verfahren ihnen nicht zum Nachteil gereichen lässt. Denn nach der dargestellten Vorgeschichte konnten sie jedenfalls, nachdem sie von dem – im Übrigen überzeugend begründeten – Berufungsurteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 31.03.2003 erfahren hatten, nicht darauf vertrauen, ihr Aufenthalt könne noch legalisiert und eine Ausreise bzw. Abschiebung vermieden werden. Gleichwohl haben sie das dritte erkennbar aussichtlose Folgeverfahren weiter betrieben und unmittelbar danach noch eine Petition nachgeschoben.
52 
Folgt bereits hieraus, dass den Klägern eine Rückkehr in ihr Herkunftsland nicht unzumutbar ist, so gilt dies umso mehr, als die Kläger Ziffer 1, 2 und 4 bis 7 auch über kein eigenständiges Einkommen verfügen, das nach den maßgeblichen oben dargestellten Grundsätzen die Annahme rechtfertigt, dass sie in die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ausreichend integriert sind. Bei einem Nettoeinkommen des Klägers Ziffer 1 zwischen 929,64 und 1263,06 EUR monatlich und einem Kindergeldanspruch in Höhe von 462,- EUR sind die Kläger Ziffer 1, 2 und 4 bis 7 unter Berücksichtigung der Kosten für die Unterkunft in Höhe von 628,- EUR zwingend auf laufende Unterstützungsleistungen des Klägers Ziffer 3 in Höhe von 500,- bis 650 EUR monatlich angewiesen. Vermindert man die Kosten der Unterkunft, in der auch der Kläger Ziffer 3 wohnt, um dessen Anteil von 1/7 (d.h. etwa 90,- EUR) auf 538,- EUR, so beläuft sich sozialhilferechtliche Bedarf auf 2.194,-EUR und wird damit nicht einmal bei einer maximalen Unterstützungsleistung in Höhe von 650,- EUR durch den Kläger Ziffer 3 gedeckt. Abgesehen davon kann diese Unterstützungsleistung auch nicht als dauerhaft unterstellt werden, da der Kläger Ziffer 3 diese nur dann wird leisten können, wenn er in der Zukunft nicht selbst Unterhaltsleistungen gegenüber Angehörigen einer eventuell gegründeten eigenen Familie zu erbringen hat. Selbst wenn man den vom Kläger Ziffer 5 seit August diesen Jahres aus einer lediglich befristeten geringfügigen Beschäftigung in Höhe von monatlich 304,06 EUR erzielten Verdienst hinzunimmt, wäre der Bedarf nur bei Berücksichtigung von Unterstützungsleistungen (allerdings dann in geringerer Höhe) des Klägers Ziffer 3 gedeckt. Dass sich infolge der Verbesserung des aufenthaltsrechtlichen Status an den Einkommensverhältnissen des Klägers Ziffer 1 etwa Entscheidendes ändern könnte, ist - nicht zuletzt im Hinblick auf dessen Ausbildung, Alter und gesundheitliche Situation (vgl. zu Letzterem das Vorbringen im letzten Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens) - nicht ersichtlich. Zwar wurde im Übrigen vorgetragen, dass die Klägerin Ziffer 4 einen Ausbildungsplatz erhalten könne. Die Realisierung ihres Ausbildungswunsches und eine damit einher gehende Zunahme des Familieneinkommens setzte aber unabdingbar voraus, dass die erforderliche Zustimmung durch die Arbeitsverwaltung nicht am Nachrangprinzip des § 39 Abs. 2 S. 1 lit. b AufenthG scheitert (vgl. auch Art. 7 S. 1 1. Spiegelstrich ARB 1/80, der mit einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers Ziffer 1 grundsätzlich anwendbar wäre), was aber in Anbetracht der äußerst angespannten Lage auf dem Lehrstellenmarkt nicht von der Hand zu weisen ist. Aus alledem wird deutlich, dass aktuell und auch auf absehbare Zeit die dauerhafte Erzielung eines Einkommens, das zuverlässig über dem sozialhilferechtlichen Bedarf liegt, nicht gewährleistet ist. Nichts anderes gilt für den Kläger Ziffer 5, dem seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung zufolge sein Arbeitgeber für den Fall einer Legalisierung des Aufenthalts eine weitergehende Beschäftigung, allerdings auch nur in Teilzeit, in Aussicht gestellt haben soll.
53 
Was die Situation der Klägerin Ziffer 4 im Übrigen betrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, das nach den vorliegenden polizeilichen Ermittlungsberichten nichts dafür spricht, dass der von ihr unternommene Suizidversuch im Wesentlichen durch den Abschiebungsversuch vom 07.08.2003 verursacht worden sein könnte, wobei dahin stehen kann, ob dieser Frage im vorliegenden Kontext überhaupt rechtliche Relevanz zukäme. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Aussage der Klägerin Ziffer 2 gegenüber der Kriminalaußenstelle Kirchheim vom 11.08.2003, in der sie unmissverständlich auf bereits länger währende innerfamiliäre Konflikte hingewiesen hatte. Im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass im Falle einer ärztlichen Betreuung die Abschiebung nicht in einer Weise gestaltet werden könnte, dass etwaigen, im Übrigen für den heutigen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch nicht einmal ansatzweise plausibel gemachten Risiken, hinreichend zuverlässig begegnet werden kann.
54 
Vor diesem Hintergrund kommt es auf das Ausmaß der bei den Klägern Ziffer 3 bis 7 vorhandene Sprachkompetenz im Einzelnen nicht mehr an. Denn es zumindest davon auszugehen, dass sie sich mündlich in jeder Hinsicht ausreichend in der türkischen Sprache ausdrücken können. Selbst wenn die schriftliche Ausdrucksfähigkeit unvollkommen sein oder gar fehlen sollte, vermag dieser Umstand die vorgenannten Defizite nicht aufzuwiegen.
55 
Den minderjährigen Klägern Ziffer 6 und 7 ist unabhängig von dem Vorgesagten nach den dargelegten Grundsätzen die Rückkehr mit ihren Eltern zuzumuten.
56 
Soweit die Kläger erneut zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote geltend machen, steht deren Berücksichtigung schon die aus den §§ 4 und 42 AsylVfG folgende Bindungswirkung der Entscheidungen des BAMF bzw. der angerufenen Gerichte entgegen, in denen diese Gründe im Übrigen bereits geprüft worden waren.
57 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 159 S. 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.

(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.

(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.

(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn

1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder
3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
Eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde soll angeordnet werden, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.

(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.

(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.

(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

(1) Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz dient zugleich der Erfüllung der humanitären Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Es regelt hierzu die Einreise, den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern. Die Regelungen in anderen Gesetzen bleiben unberührt.

(2) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Ausländer,

1.
deren Rechtsstellung von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern geregelt ist, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist,
2.
die nach Maßgabe der §§ 18 bis 20 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegen,
3.
soweit sie nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge für den diplomatischen und konsularischen Verkehr und für die Tätigkeit internationaler Organisationen und Einrichtungen von Einwanderungsbeschränkungen, von der Verpflichtung, ihren Aufenthalt der Ausländerbehörde anzuzeigen und dem Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit sind und wenn Gegenseitigkeit besteht, sofern die Befreiungen davon abhängig gemacht werden können.

Tenor

Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt ..., bewilligt. Er hat auf die Prozesskosten monatliche Raten von ... EUR zu zahlen.

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. Dezember 2008 - 3 K 2484/08 - geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers vorläufig auszusetzen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der nach Aktenlage am 01.01.1985 geborene Antragsteller ist ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volks- und alevitischer Religionszugehörigkeit. Er reiste im Juli 1996 zusammen mit zwei seiner Geschwister zur Durchführung eines Asylverfahrens in das Bundesgebiet ein. Sein Vater war bereits im Oktober 1991 als Asylbewerber eingereist, zwei weitere Geschwister 1994. Seine Mutter folgte im Dezember 1996. Mit Bescheid vom 15.11.1996 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) seinen Asylantrag ab; ein 2001 durchgeführtes Folgeverfahren blieb ebenfalls ohne Erfolg. In der Folgezeit wurde der Aufenthalt des Antragstellers geduldet. Sein Antrag vom 28.10.2005 an die Härtefallkommission wurde am 22.03.2006 abgelehnt.
Den Eltern des Antragstellers wurden Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 AufenthG i.V.m. der Anordnung des Innenministeriums vom 20.11.2006 (Bleiberechtsregelung) und den Geschwistern ... und ... Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 a AufenthG (Härtefallregelung) erteilt. Sein Bruder ... besitzt eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen, seine Schwester ... eine Niederlassungserlaubnis.
Der Antragsteller ist mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Zuletzt wurde er, nachdem zuvor die Mehrzahl der Verfahren nach § 47 JGG eingestellt worden war, wie folgt verurteilt:
- Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 15.09.2005 wurde der Antragsteller wegen versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall, Nötigung in Tateinheit mit Sachbeschädigung und versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einem Jugendarrest von vier Wochen verurteilt. Der Antragsteller hatte u.a. eine Bierflasche auf den Besucher einer Diskothek geworfen und das Handy von dessen Freundin zerstört, als diese versuchte, die Polizei zu benachrichtigen. Außerdem hatte er versucht, einen Fahrscheinautomaten aufzubrechen, um das darin vermutete Bargeld zu stehlen.
- Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 14.02.2007 wurde er wegen versuchten Diebstahls zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 25,-- EUR verurteilt. Er hatte in Karlsruhe versucht, einen Fahrscheinautomaten aufzubrechen, um mit dem erbeuteten Geld einen Bordellbesuch zu finanzieren.
- Zuletzt wurde der Antragsteller mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 17.04.2008 wegen Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Er hatte am 04.02.2007 zwei kleinere Geldtresore aus einem Wettbüro gestohlen, um an den Inhalt von erhofften 5.000,-- bis 10.000,-- EUR zu kommen. Unmittelbar nach Verlassen des Wettbüros wurden der Antragsteller und ein Mittäter von Beamten eines Sondereinsatzkommandos gestellt und überwältigt.
Seit September 2004 ist der Antragsteller erwerbstätig; er wohnt mit seinen Eltern sowie den Geschwistern ... und ... in häuslicher Gemeinschaft und trägt mit seinem Erwerbseinkommen zu den Mietkosten der Familie bei.
Mit Bescheid vom 19.08.2008 wies das Regierungspräsidium Freiburg den Antragsteller aus der Bundesrepublik Deutschland aus und lehnte seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 ab. Am 19.09.2008 hat der Antragsteller hiergegen Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg erhoben (Az.: 3 K 1783/08).
Am 04.12.2008 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Hinblick auf seine beabsichtigte Abschiebung nachgesucht. Er hat geltend gemacht, er habe einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG und zudem einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK, sobald er im Besitz eines Passes sei. Die begangenen Straftaten seien überwiegend als Jugendverfehlungen einzustufen. Bei keiner der Straftaten seien Rauschmittel im Spiel gewesen. Das Amtsgericht Freiburg habe ihm eine günstige Sozialprognose bescheinigt, die er bislang gerechtfertigt habe. Alle Familienmitglieder unterstützten und betreuten die Mutter, die seit Jahren an einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung leide. Im Juli 2002 habe er den Hauptschulabschluss erworben und nach wiederholten vergeblichen Versuchen, die Erlaubnis zur Ausübung der Erwerbstätigkeit zu erhalten, im September 2004 eine Anstellung als „Eisenbieger“ in einem Betrieb für Stahlarmierungen gefunden. Er spreche fließend deutsch, verfüge über einen Freundeskreis, der sich auch aus gleichaltrigen Deutschen zusammensetze und engagiere sich u.a. in einem Verein, der sich der Förderung der Völkerverständigung verschrieben habe. In der Türkei lebten nur entferntere Verwandte, zu denen er keinen Kontakt habe. In seiner Familie werde die kurdische Sprache Kurmanci gesprochen. Im Fall seiner Abschiebung drohe eine wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustands seiner Mutter. Bereits das Bekanntwerden der Ausweisungsverfügung habe bei ihr einen schweren psychischen Zusammenbruch ausgelöst.
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Mit Beschluss vom 12.12.2008 - 3 K 2484/08 - hat das Verwaltungsgericht Freiburg den Antrag auf Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es fehle am erforderlichen Anordnungsanspruch. Der Schutz von Ehe und Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG stehe der Abschiebung des ledigen und kinderlosen Antragstellers nicht entgegen. Dafür, dass die Mutter gerade auf seine Hilfe angewiesen sei, sei nichts ersichtlich. Auch auf den durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Schutz des Familienlebens könne sich der Antragsteller nicht berufen. Der Eingriff in das Recht des Antragstellers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens sei nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt. Gegen eine gelungene Integration sprächen insbesondere die von ihm begangenen Straftaten. Die Behauptung des Antragstellers, seine Abschiebung werde zu einer dauerhaften Verschlechterung des Gesundheitszustands seiner Mutter führen, sei nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden. In dem vorgelegten Attest der Frau ... werde eine solche Aussage nicht zuverlässig getroffen, sondern lediglich als - allerdings wahrscheinliche - Möglichkeit in den Raum gestellt. Hinzu komme, dass das Attest keinerlei Aussagen dazu enthalte, auf welche Anknüpfungs- und Befundtatsachen die entsprechende Aussage gestützt sei.
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Mit seiner Beschwerde begehrt der Antragsteller, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, seine Abschiebung vorläufig auszusetzen. Er ergänzt und vertieft sein bisheriges Vorbringen: Nach der fachärztlichen Stellungnahme der Nervenärztin, die die Mutter seit dem Jahr 2000 behandele, habe diese ein besonders inniges Verhältnis zu dem Antragsteller. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht eine Beistandsgemeinschaft verneint. Was das Recht auf Achtung des Privatlebens angehe, sei von einer völligen Entfremdung von den Lebensverhältnissen in der Türkei auszugehen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das in den Personalpapieren vermerkte Geburtsdatum (01.01.1985) unzutreffend sei. Tatsächlich sei er im Juli 1996 geboren und daher bei seiner Ausreise erst 10 Jahre alt gewesen. Nach der letzten Straftat habe er sein Leben grundsätzlich neu ausgerichtet und sich insbesondere einen neuen Freundeskreis aufgebaut. Er lebe seit eineinhalb Jahren in einer festen Beziehung und habe sich von seiner früheren Delinquenz deutlich distanziert. Soweit im angefochtenen Beschluss Zweifel anklängen, ob von einer konkreten Suizidgefahr seiner Mutter ausgegangen werden könne, sei dem entgegenzuhalten, dass sich die Suizidalität wie ein roter Faden durch die Krankheitsgeschichte seiner Mutter ziehe.
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Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegengetreten. Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt ergänzend aus, die Suizidalität der Mutter könne kein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis in der Person des Antragstellers begründen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
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1. Wie sich aus dem Nachstehenden ergibt, hat die Beschwerde hinreichende Erfolgsaussicht. Dem Antragsteller ist mithin für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung zu gewähren, weil er - wie sich aus seiner dahingehenden Erklärung ergibt - nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nur im Umfang der festgesetzten Raten aufbringen kann (vgl. § 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 115, 117 Abs. 2 und Abs. 4 ZPO). Der Antragsteller verfügt über ein Bruttoeinkommen von ... EUR. Hiervon sind abzusetzen die in § 82 Abs. 2 SGB XII bezeichneten Beträge (Lohnsteuer, Rentenversicherung, Fahrtkosten, zusammen... EUR), der Erwerbstätigenfreibetrag gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b ZPO in Höhe von... EUR, der Unterhaltsfreibetrag gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 a ZPO in Höhe von... EUR und der auf ihn entfallende Anteil der Unterkunftskosten von ... EUR (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO). Nicht abzusetzen sind demgegenüber die geltend gemachten Verpflegungskosten sowie die lediglich behauptete, aber nicht glaubhaft gemachte Ratenzahlungsverpflichtung aus einer Geldstrafe in Höhe von monatlich ... EUR. Dem Antragsteller verbleibt demnach ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von ... EUR monatlich, so dass gemäß § 115 Abs. 2 ZPO monatliche Raten von... EUR festzusetzen sind.
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2. Die fristgerecht erhobene und begründete sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet. Der Antragsteller hat sowohl das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - der Antragsgegner beabsichtigt, ihn abzuschieben -, als auch die Voraussetzungen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 und 3 VwGO, §§ 920, Abs. 2, 294 ZPO). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts geht der Senat bei der im Eilverfahren allein angezeigten und möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage davon aus, dass der Antragsteller auch weiterhin zumindest einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG besitzt. Seine Abschiebung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil der damit einhergehende Eingriff in sein Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt sein dürfte. Ob dem Antragsteller deshalb auch eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erteilt werden muss oder kann und ob insoweit im Lichte aufenthaltsrechtlicher Schutzwirkungen aus Art. 8 EMRK trotz der rechtskräftigen Verurteilungen auch von der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abgesehen werden muss (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG), bedarf im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keiner Klärung.
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a) Die beabsichtigte Abschiebung dürfte entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nur in den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens, sondern auch in den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreifen. Bei Beziehungen zwischen nahen Verwandten außerhalb der klassischen Kleinfamilie kommt es darauf an, ob die tatsächlich bestehenden Bindungen hinreichend für die Annahme einer familiären Beziehung sind. Beziehungen zwischen Erwachsenen unterliegen nicht notwendig dem Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK in seiner Ausprägung als Recht auf Achtung des Familienlebens. Es müssen besondere zusätzliche Aspekte der Abhängigkeit hinzutreten, die weiter reichen als normale affektive Beziehungen (EGMR, Urt. v. 17.04.2003 - Nr. 52853/99 [Yilmaz] - NJW 2004, 2147 Rn. 44 m.w.N.; Urt. v. 15.07.2003 - Nr. 52206/99 [Mokrani] - InfAuslR 2004, 183; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl., § 22 Rn. 18 m.w.N.). Art. 8 EMRK vermittelt insoweit grundsätzlich keinen weitergehenden Schutz als Art. 6 GG bei familiären Beziehungen unter Volljährigen. Bei jungen Erwachsenen, die - wie der Antragsteller - nach Erreichen der Volljährigkeit weiterhin mit ihren Eltern in häuslicher Gemeinschaft leben, geht der EGMR allerdings davon aus, dass auch ihre Beziehung zu den Eltern und anderen nahen Familienmitgliedern Familienleben darstellt und aufenthaltsbeendende Maßnahmen daher auch in das Recht auf Achtung des Familienlebens eingreifen (Urt. v. 23.06.2008 - Nr. 1638/03 [Maslov II] - InfAuslR 2008, 333). Der Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Familienlebens dürfte hier auch deshalb eröffnet sein, weil die Beziehung des Antragstellers zu seiner psychisch schwer kranken Mutter ausweislich der vorgelegten fachärztlichen Bescheinigungen sehr innig ist und jedenfalls über das Normalmaß affektiver Beziehungen zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern weit hinausgeht (vgl. zu diesem Aspekt auch EGMR, Urt. v. 28.06.2007 - Nr. 31753/02 [Kaya] - InfAuslR 2007, 325 Rn. 58).
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Daneben dürfte die beabsichtigte Abschiebung in das Recht auf Achtung des Privatlebens eingreifen. Der EGMR geht insoweit von einem weiten Begriff des „Privatlebens“ aus, dessen Schutzbereich auch das „Recht auf Entwicklung einer Person“ sowie das Recht, Beziehungen zu anderen Personen und der Außenwelt zu knüpfen und zu entwickeln und damit letztlich die Gesamtheit der im Land des Aufenthalts - hier Deutschland - „gewachsenen Bindungen“ umfasst. Allerdings darf die Vorschrift nicht so ausgelegt werden, als verbiete sie allgemein eine gegebenenfalls auch zwangsweise Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das „Privatleben“ im Verständnis des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über „starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte“ zum „Aufnahmestaat“ verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung „faktisch zu einem Inländer“ geworden ist. Nachdem der Antragsteller seit seinem 10. oder 11. Lebensjahr in Deutschland lebt, hier den überwiegenden Teil seiner Schulzeit verbracht und den Hauptschulabschluss erlangt hat, seit über vier Jahren über einen festen Arbeitsplatz verfügt und von Sozialleistungen unabhängig ist, er die deutsche Sprache beherrscht, über einen festen - auch deutschen - Freundeskreis verfügt und weitere Integrationsleistungen in Form von Vereinsaktivitäten aufweisen kann, können die für die rechtliche Annahme eines im Bundesgebiet geführten Privatlebens erforderlichen Bindungen in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht kaum verneint werden. Hinzu kommt, dass sowohl seine Eltern als auch seine Geschwister über gesicherte Aufenthaltsrechte verfügen. Wie sich hinreichend etwa aus den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Sachen „Sisojeva I und II“ (EGMR, Urteile vom 16.06.2005 und 15.01.2007, EuGRZ 2006, 554 und InfAuslR 2007, 140) sowie „Rodrigues da Silva und Hoogkamer“ (EGMR, Urteil vom 31.01.2006, EuGRZ 2006, 562) ergibt, kommt es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte (offen gelassen im Urteil vom 08.04.2008 - Nr. 21878/06 - „Nnyanzi“); der Schutzbereich dieses Menschenrechts dürfte vielmehr auch bei nur Geduldeten eröffnet sein können (Senatsbeschlüsse vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - InfAuslR 2008, 29 = VBlBW 2008, 114 = NVwZ 2008, 344 und vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 - InfAuslR 2009, 72; ebenso Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 150; HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 56; Benasssi, InfAuslR 2006, 397 <401 f.>; Hoppe, ZAR 2006, 125; Marx, ZAR 2006, 261 <266>; a.A. wohl Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris und Storr in Storr u.a., ZuwG, 2. Aufl., § 25 AufenthG Rn. 31). Auch die von dem Antragsteller begangenen Straftaten, bei denen es sich überwiegend um Jugendstraftaten handelt, stellen seine gesellschaftlichen Bindungen im Bundesgebiet nicht ernsthaft in Frage.
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Ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfte zu bejahen sein, weil die hier asylverfahrensrechtlich begründete Ausreisepflicht durchgesetzt, d.h. der Aufenthalt des Antragstellers in Deutschland durch Abschiebung beendet werden soll. Der Senat geht - wie inzwischen wohl auch der Antragsteller - davon aus, dass diesem wegen der begangenen Straftaten weder ein aus der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom 20.11.2006 (Az.: 4-1340/29; vgl. insbesondere Nr. 3.3) ermöglichtes Bleiberecht noch ein Aufenthaltsrecht nach der gesetzlichen Altfallregelung des § 104 a AufenthG zusteht, weswegen eine aufenthaltsrechtliche Legalisierung seines Familien- und Privatlebens im Bundesgebiet insoweit ausgeschlossen sein dürfte.
19 
Gleichwohl ergibt sich aus der Existenz der Bleiberechts- und Altfallregelungen keine hier relevante Sperrwirkung. Vielmehr bleibt neben den dort geregelten generalisierten Fallkonstellationen Raum für hiervon losgelöste Einzelfallabwägungen, auch bei einer Entscheidung über das Vorliegen eines zwingenden Duldungsgrundes nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK (Senatsbeschlüsse vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - und vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 - a.a.O. m.w.N.). Etwas anderes wäre gerade im Falle von Straftätern mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. die Nachweise in BVerfG, Beschluss vom 01.03.2004 - 2 BvR 1570/03 - NVwZ 2004, 852 = InfAuslR 2004, 280 = EuGRZ 2004, 317) nicht vereinbar.
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b) Der Eingriff in das geschützte Familien- und Privatleben des Antragstellers dürfte im konkreten Einzelfall im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, weil unverhältnismäßig sein. Die Notwendigkeit des Eingriffs ist bei dem im Alter von 10 oder 11 Jahren eingereisten Antragsteller nach ähnlichen Kriterien zu prüfen, wie sie normalerweise bei Einwanderern der zweiten Generation angewendet werden (EGMR, Urt. v. 27.10.2005 - Nr. 32231/02 [Keles] - InfAuslR 2006, 3 Rn. 56). Insoweit ist insbesondere das öffentliche Interesse an der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) mit dem Interesse des Antragstellers an der Aufrechterhaltung seiner faktisch gewachsenen und von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten privaten Bindungen im Bundesgebiet abzuwägen. Erforderlich ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Beachtung der vom EGMR entwickelten Kriterien, die im Wesentlichen in den Entscheidungen Boultif und Üner zusammengefasst worden sind (EGMR, Urt. v. 02.08.2001 - Nr. 54273/00 [Boultif] - InfAuslR 2001, 476; Urt. v. 05.07.2005 - Nr. 46410/99 [Üner] - InfAuslR 2005, 450 = DVBl 2006, 688). Dabei kommt es zunächst auf den jeweiligen Grad der „Verwurzelung“ an; je stärker der Betroffene im Aufenthaltsstaat integriert ist, desto schwerer müssen die öffentlichen Interessen wiegen (vgl. auch EGMR, Urteil vom 22.06.2006 - Nr. 59643/00 - „Kaftailova“). Weiter ist auf den Grad der „Entwurzelung“ abzustellen, d. h. auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Reintegration im Herkunftsstaat, insbesondere aufgrund der Vertrautheit mit den dortigen Verhältnissen und den dort lebenden und aufnahmebereiten Verwandten. Schließlich können im Rahmen der Schrankenprüfung sonstige Faktoren Berücksichtigung finden, etwa ob der Aufenthalt des Betroffenen zumindest vorübergehend legal war und damit - i.S. einer „Handreichung des Staates“ - schutzwürdiges Vertrauen auf ein Hierbleibendürfen entwickelt werden konnte.
21 
Gemessen daran dürfte das Interesse des Antragstellers an der Aufrechterhaltung seiner familiären und privaten Bindungen im Bundesgebiet das öffentliche Interesse insbesondere an Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von straffälligen Ausländern voraussichtlich überwiegen. Aufgrund seiner Einreise im Grundschulalter, der Erlangung eines Schulabschlusses, seinen familiären und sonstigen sozialen Bindungen und seiner Berufstätigkeit ist von einer weitreichenden „Verwurzelung“ des Antragstellers in Deutschland auszugehen. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass seine Eltern und Geschwister bereits ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet erlangt haben. Zu den engen familiären Bindungen des Antragstellers insbesondere zu seiner psychisch schwer kranken Mutter treten die sozialen Kontakte zu Deutschen und die weiteren Integrationsleistungen (Tätigkeit in Vereinen) hinzu.
22 
Auch die Folgen einer Aufenthaltsbeendigung für die Mutter des Antragstellers können in diesem Zusammenhang nicht völlig ausgeblendet werden. Die Mutter des Antragstellers ist, wie im Beschwerdeverfahren durch Vorlage mehrerer ärztlicher Bescheinigungen jedenfalls für das Eilverfahren hinreichend glaubhaft gemacht wurde, seit dem Jahr 2000 wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung mit rezidivierenden schweren Depressionsphasen und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung in psychiatrischer Behandlung. Das fachärztliche Attest vom 05.12.2008 geht von einer ernsthaften Suizidgefahr aus und stuft die Gefahr einer dauerhaften Verschlechterung und Chronifizierung der psychischen Erkrankungen der Mutter als „sehr wahrscheinlich“ ein. Für den Fall der Abschiebung des Antragstellers müsse eine erneute stationäre Einweisung der Mutter - die ausweislich der vorgelegten ärztlichen Zeugnisse bereits im August/September 2004 sowie vom 08.06. bis 02.08.2006 in stationärer Behandlung war - in das Zentrum für Psychiatrie erfolgen. Verbleibende Restzweifel an den fachärztlich prognostizierten Auswirkungen einer Abschiebung des Antragstellers auf den Gesundheitszustand seiner Mutter können gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren durch Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens beseitigt werden.
23 
Der Senat verkennt auf der anderen Seite nicht, dass der Antragsteller in erheblichem Maße straffällig geworden ist. Die Straftaten können allerdings zumindest überwiegend noch als Jugendverfehlungen betrachtet werden (vgl. EGMR, Urt. v. 17.04.2003 - Nr. 52853/99 [Yilmaz] - NJW 2004, 2147 Rn. 46). Legt man zugrunde, dass der Antragsteller, wie er im Beschwerdeverfahren durch Vorlage eidesstattlicher Versicherungen seiner Eltern und seiner ältesten Schwester glaubhaft gemacht hat, nicht am 01.01.1985, sondern im Juli 1986 geboren wurde, war er auch bei Begehung der letzten Straftat am 04.02.2007 noch Heranwachsender. Von Bedeutung ist auch, dass der Antragsteller nicht wegen Betäubungsmitteldelikten und - abgesehen von einer am 05.09.2004 begangenen versuchten gefährlichen Körperverletzung - nicht wegen Gewaltdelikten verurteilt wurde (vgl. EGMR, Urt. v. 23.06.2008 - Nr. 1638/03 [Maslov II] - InfAuslR 2008, 333). Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Amtsgericht Freiburg dem Antragsteller eine positive Sozialprognose gestellt und die zuletzt verhängte Freiheitsstrafe daher zur Bewährung ausgesetzt hat. Die Straffälligkeit des Antragstellers bewegt sich damit in einem Rahmen, der bei einem im gleichen Alter wie der Antragsteller im Wege des Familiennachzugs eingereisten Ausländer im Regelfall nicht zur Aufenthaltsbeendigung führen, sondern nur eine weitere Verfestigung durch Erteilung einer Niederlassungserlaubnis verhindern würde. Dieser Personenkreis fällt unter die Bestimmungen des § 35 AufenthG. Mit § 35 Abs. 1 AufenthG wollte der Gesetzgeber aus integrationspolitischen Gründen Personen, die in Deutschland einen großen Teil ihrer Jugend und Schulzeit verbracht haben, unter erleichterten Voraussetzungen eine Aufenthaltsverfestigung ermöglichen. Allerdings besteht nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AufenthG kein Rechtsanspruch auf die Niederlassungserlaubnis, wenn der Ausländer in den letzten drei Jahren zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist. Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 AufenthG ist bei in Deutschland aufgewachsenen Ausländern, die zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden sind, in der Regel die Aufenthaltserlaubnis bis zum Ablauf der Bewährungszeit zu verlängern. Diese Vorschrift, die bei in Deutschland aufgewachsenen Ausländern mit legalisiertem Aufenthalt dem Schutzzweck des Art. 8 EMRK Rechnung trägt, führt demnach bei Straftaten, wie sie hier in Rede stehen, im Regelfall nicht zu einer Aufenthaltsbeendigung.
24 
Bisher hat der Antragsteller die vom Strafgericht getroffene positive Prognose bestätigt. Ausweislich der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Berichte der Jugendberatung ... e.V. ist der Antragsteller seit der Begehung seiner Straftaten erheblich gereift, hat seit dem letzten Delikt keinen Kontakt mehr zu seinen alten Freunden und distanziert sich deutlich von seinen damaligen Straftaten. Diese Einschätzung wird gestützt durch die Bescheinigung des Arbeitgebers vom 12.01.2009, in welcher dem Antragsteller, der seit 2008 die Funktion eines Vorarbeiters übernommen hat, ein hohes Maß an Verlässlichkeit attestiert wird. Bei einer Gesamtschau ergeben sich damit für den Senat greifbare Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller mit seiner (jugend-)kriminellen Vergangenheit abgeschlossen und als Erwachsener begonnen hat, diese aufzuarbeiten.
25 
Nachdem der Antragsteller seit seiner Ausreise nicht mehr in der Türkei gewesen ist, dort keine nahen Verwandten hat, diese vielmehr alle in Deutschland leben, er der kurdischen Minderheit angehört und ihm im kurmancisprachigen Elternhaus auch die türkische Sprache nicht vermittelt worden ist, kann auch eine weitreichende „Entwurzelung“ angenommen werden.
26 
Dass der Aufenthalt des Antragstellers nie legalisiert war, ist zwar im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen, fällt aber letztlich nicht entscheidend ins Gewicht. Angesichts der skizzierten konkreten Verwurzelungs- und Entwurzelungssituation erscheint der mit der Abschiebung verbundene Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK in der Gesamtabwägung derzeit unverhältnismäßig. Hierfür spricht zudem, dass der Antragsteller nach einer Abschiebung keine realistische Möglichkeit haben dürfte, in absehbarer Zeit legal wieder in das Bundesgebiet einzureisen. Die für sein Privatleben konstitutiven Beziehungen könnten bei einer Abschiebung mithin gegebenenfalls irreparabel beschädigt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - InfAuslR 2007, 275 = NVwZ 2007, 946).
27 
Sollten sich vor einer Entscheidung in der Hauptsache neue wesentliche Umstände ergeben (bspw. eine erneute Straffälligkeit des Antragstellers), könnte diesen Umständen im Rahmen eines Abänderungsverfahrens analog § 80 Abs. 7 VwGO Rechnung getragen werden.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
29 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 39 Abs. 1 GKG.
30 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen.

(2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren im vorliegenden Rechtsstreit die Verpflichtung des Beklagten zu Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen. Die Kläger zu 1) und 2) sind albanische Volkszugehörige aus der ehemals serbischen Provinz Kosovo. Sie reisten im Sommer 1992 mit drei gemeinsamen Töchtern (Dabei handelte es sich um die drei im Kosovo geborenen Töchter M (*30.7.1987), S (*23.4.1990) und M (* 8.6.1992).) in die Bundesrepublik ein und beantragten – im Ergebnis ohne Erfolg – ihre Anerkennung als Asylberechtigte. (vgl. zum negativen Abschluss des Erstverfahrens – D 1385432-138 – OVG des Saarlandes, Urteil vom 3.12.1996 – 1 R 62/96 –; zum Folgeverfahren – 2456369-138 – VG des Saarlandes, Urteil vom 22.2.2000 – 10 K 468/99.A –) Bei dem Kläger zu 3) handelt es sich um einen 1993 in Deutschland geborenen gemeinsamen Sohn.

Im Mai 2000 wurde der Kläger zu 2) vom Amtsgericht Ottweiler wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt. (vgl. Amtsgericht Ottweiler, Urteil vom 30.5.2000 – 68 Js 349/00/49 VRS 596/00 –, rechtskräftig seit 30.5.2000)

Im Mai 2002 wurde der Kläger zu 2) mit den Töchtern nach Pristina abgeschoben. Die gleichzeitig vorgesehene Abschiebung der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 3) wurde mit Blick darauf, dass für letzteren am selben Tag ebenfalls ein Asylantrag gestellt worden war, nicht durchgeführt. (vgl. hierzu die Nachricht des Bundesgrenzschutzamts Flughafen Frankfurt/Main vom 8.5.2002) Der Antrag wurde im Juli 2002 abgelehnt; eine dagegen erhobene Klage wurde nach erfolglos gebliebenem Eilrechtsschutzverfahren zurückgenommen. (vgl. den Ablehnungsbescheid des Bundesamts vom 17.7.2002 – 2759497-138 – und den Einstellungsbeschluss des VG des Saarlandes vom 21.10.2002 – 10 K 313/02.A –) Ein erneuter Versuch, die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 3) abzuschieben, scheiterte im August 2002, weil diese nicht in der Wohnung angetroffen wurden.

Im Februar 2003 stellte das damalige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge auf erneuten Antrag der Klägerin zu 1) vom September 2002 unter Hinweis auf deren Gesundheitszustand und eine fehlende Behandelbarkeit im Herkunftsland in ihrem Fall ein Abschiebungshindernis hinsichtlich der seinerzeitigen Bundesrepublik Jugoslawien fest. (vgl. den Bescheid vom 4.2.2003 – 5002531-138 –) Insoweit hatte die Klägerin zu 1) vorgetragen, sie leide an einer durch die Abschiebung von Familienangehörigen reaktivierten posttraumatischen Belastungsstörung, die eine regelmäßige psychotherapeutische Behandlung notwendig mache. Daraufhin beantragte der Kläger zu 2) die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis und reiste in der Folge, spätestens im September 2003, erneut in die Bundesrepublik ein. Auf seinen Antrag verpflichtete das Verwaltungsgericht die Ausländerbehörde, den Kläger zu 2) vorläufig nicht abzuschieben und ihm eine Duldung zu erteilen. (vgl. VG des Saarlandes, Beschluss vom 22.8.2003 – 10 F 21/03 –)

Nachdem zum einen das Gesundheitsamt beim (damals) Stadtverband B-Stadt im Juli 2003 aufgrund einer Untersuchung der Klägerin zu 1) deren individuelle Therapiefähigkeit verneint (vgl. das Schreiben vom 11.7.2003 in dem auf eine am 11.6.2003 durch Frau Dr. med. B. durchgeführte Begutachtung der Klägerin zu 1) Bezug genommen wurde) und zum anderen das Bundesamt auf eine Verbesserung der medizinischen Versorgung im Kosovo hingewiesen hatte, wurde der Feststellungsbescheid im Februar 2005 widerrufen. (vgl. den Widerrufsbescheid vom 1.2.2005 – 5081470-138 –) In der Begründung wurde auf eine zwischenzeitlich mögliche medikamentöse Behandlung der psychischen Erkrankung der Klägerin zu 1) im Kosovo verwiesen. Dagegen hat die Klägerin zu 1) erneut ein Rechtsbehelfsverfahren eingeleitet.

In dessen Verlauf wurden der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) im April 2005 jeweils befristete Aufenthaltserlaubnisse erteilt, die im April 2006 verlängert wurden. Gleichzeitig erhielt der Kläger zu 2) eine Aufenthaltserlaubnis. Am 18.10.2006 beantragten alle drei Kläger die Verlängerung und erhielten entsprechende Fiktionsbescheinigungen.

Im Februar 2007 hat das Verwaltungsgericht die Klage der Klägerin zu 1) gegen den Widerrufsbescheid vom Februar 2005 abgewiesen. (vgl. VG des Saarlandes, Urteil vom 21.2.2007 – 10 K 11/05.A –) Ein Rechtsmittel wurde nicht eingelegt.

Im März 2007 wurde der Kläger zu 2) wegen eines 2002 begangenen Betruges zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. (vgl. Amtsgericht Saarlouis, Strafbefehl vom 21.3.2007 – 49 VRS 7 Cs 270/07 –, rechtskräftig seit 4.5.2007)

Im April 2007 beantragten die Kläger dann zunächst die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 23 AufenthG. Nach dem zwischenzeitlichen Inkrafttreten der gesetzlichen Altfallregelung (§ 104a AufenthG) suchten sie im September 2007 schließlich um die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach dieser Regelung nach.

Nachdem bis zu diesem Zeitpunkt eine Entscheidung über die Anträge nicht ergangen war, haben die Kläger im Dezember 2007 die vorliegende Klage als Untätigkeitsklage erhoben.

Mit Bescheid vom 31.1.2008 lehnte der Beklagte sämtliche Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen ab, forderte die Kläger zur Ausreise auf und drohte ihnen für den Fall der Nichtbefolgung die Abschiebung an. In der Begründung ist ausgeführt, nach dem rechtskräftigen Abschluss des Widerrufsverfahrens sei davon auszugehen, dass das frühere Ausreisehindernis im Falle der Klägerin zu 1) nicht mehr vorliege, so dass eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen ausscheide. Die Kläger könnten ferner weder aus der früher im Erlasswege ergangenen Bleiberechtsregelung noch mit Blick auf die seit August 2007 geltende gesetzliche Altfallregelung Ansprüche auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen herleiten. Der einschlägige saarländische Bleiberechtserlass vom 20.12.2006 habe auch wirtschaftliche Integrationsanforderungen gestellt, wohingegen die Kläger nicht in der Lage seien, den Lebensunterhalt selbst sicherzustellen. Nach einer Mitteilung der Landeshauptstadt B-Stadt bezögen sie monatlich etwa 1.200,- EUR öffentliche Leistungen. Darüber hinaus seien diejenigen Ausländer von der Begünstigung ausgenommen, die – wie der Kläger zu 2) – wegen einer vorsätzlichen Straftat im Bundesgebiet verurteilt worden seien, wobei lediglich Geldstrafen bis zu 50 Tagessätzen unberücksichtigt bleiben könnten. Das schließe nach dem Erlass auch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an Familienangehörige des Straftäters aus. Die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers zu 2) stünden nach § 104a Abs. 1 Nr. 6 AufenthG auch einem Anspruch nach der nunmehr geltenden gesetzlichen Altfallregelung entgegen. Der Ausschluss erfasse nach § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG auch die mit dem Verurteilten in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen. Die Voraussetzungen besonderer Härtefallregelungen seien nicht gegeben. Ungeachtet ihres langjährigen Aufenthalts in Deutschland seien angesichts nur geringer Integrationsleistungen auch die Voraussetzungen nach Art. 8 EMRK nicht erfüllt.

Unter dem 27.6.2008 beantragte der Kläger zu 2) beim Bundesministerium der Justiz – Bundeszentralregisterbehörde – die vorzeitige Tilgung der Verurteilung aus dem Strafbefehl vom 21.3.2007. Dem Antrag wurde nicht entsprochen.

Im Juni 2008 hat das Verwaltungsgericht einen Antrag der Kläger zurückwiesen, den Antragsgegner zu verpflichten, „vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen … Abstand zu nehmen“. (vgl. den Beschluss vom 17.6.2008 – 10 L 209/08 –) Die Beschwerde gegen diese Entscheidung blieb erfolglos. (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.8.2008 – 2 B 265/08 –, SKZ 2009, 130, Leitsatz Nr. 58)

Ende August 2008 wandten sich die Kläger an die Härtefallkommission des Saarlandes. Diese hat im Juli 2009 beschlossen, kein Härtefallersuchen an das zuständige Ministerium zu richten.

Die Kläger haben den Ablehnungsbescheid vom 31.1.2008 in ihr Begehren einbezogen und zur Begründung der Klage vorgetragen, die Klägerin zu 1) halte sich seit nunmehr 16 Jahren im Bundesgebiet auf und erfülle die Voraussetzungen gemäß § 104a AufenthG. Sie befinde sich weiterhin in psychotherapeutischer und medikamentöser Behandlung. Eine Rückkehr in den Kosovo sei ihr nicht zumutbar. Das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung gebiete die Annahme eines Härtefalls im Sinne § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG. Zu Unrecht habe der Beklagte insbesondere hinsichtlich des in Deutschland geborenen Klägers zu 3) eine ausreichende Integration in hiesige Lebensverhältnisse verneint. Letztendlich sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 2) erst im Jahre 2007 wegen einer bereits 2002 begangenen Tat mit einer Geldstrafe von „nur“ 60 Tagessätzen belegt worden sei. Warum dieser Strafbefehl erst 5 Jahre nach der Tatbegehung erlassen worden sei, sei nicht nachvollziehbar. Gemäß § 46 Abs. 1 Ziffer 1a) BZRG seien Geldstrafen von nicht mehr als 90 Tagessätzen nach 5 Jahren zu tilgen. Schließlich sei der Beklagte rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass nach Wegfall des Ausreisehindernisses der Klägerin zu 1) eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nicht in Betracht komme; insoweit sei eine Ermessensentscheidung zu treffen. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger zu 2) geltend gemacht, dass er seit 1.9.2008 bei der Landschaftsgärtnerei W in H beschäftigt sei und entsprechende Arbeits- sowie Lohnbescheinigungen vorgelegt.

Die Kläger haben beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids von 31.1.2008 zu verpflichten, die den Klägern erteilten Aufenthaltserlaubnisse zu verlängern bzw. ihnen Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen.

Der Beklagte hat auf seinen Ablehnungsbescheid Bezug genommen und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch Urteil vom 26.2.2009 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. In der Begründung heißt es, ein Anspruch der Klägerin zu 1) auf Verlängerung der im April 2005 mit Blick auf das damals noch in Rede stehende, inzwischen nicht mehr vorliegende Abschiebungshindernis wegen ihrer Erkrankung und seinerzeit fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Kosovo erteilten Aufenthaltserlaubnis komme nicht in Betracht. Gleichzeitig seien damit die familienbedingten Ausreisehindernisse bei den Klägern zu 2) und 3) entfallen. Den Klägern stehe nach der im Rahmen des im Jahre 2008 durchgeführten Eilrechtsschutzverfahrens ergangenen Entscheidung des Senats (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.8.2008 – 2 B 265/08 –, SKZ 2009, 130, Leitsatz Nr. 58) auch kein sonstiges Bleiberecht nach § 25 Abs. 5 AufenthG oder unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK zu. Eine von der Klägerin zu 1) in der mündlichen Verhandlung behauptete Suizidalität könne im Rahmen einer Vollstreckung der Ausreisepflicht Bedeutung erlangen. Ein Abschiebungsverbot im Sinne Art. 8 EMRK lasse sich für den Kläger zu 2) auch nicht aus nunmehr vorgelegten Arbeits- und Gehaltsbescheinigungen der Firma E herleiten. Da die Kläger während ihres gesamten bisherigen Aufenthalts in der Bundesrepublik auf öffentliche Leistungen zur Bestreitung des Lebensunterhalts angewiesen gewesen seien, lasse die nach der Arbeitsbescheinigung vom 23.2.2009 erst erwartete Vollzeitbeschäftigung mit einem monatlichen Bruttogehalt von 1.500,- EUR eine bereits abgeschlossene Integration in die Lebensverhältnisse in Deutschland nicht erkennen. Zudem sprächen die Vorstrafen des Klägers zu 2) gegen eine erfolgreiche soziale Integration. Darüber hinaus könne auch nicht von einer „Entwurzelung aus den Lebensverhältnissen des Heimat- bzw. Herkunftslandes“ ausgegangen werden. Ein Anspruch der Kläger auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ergebe sich zudem weder aus der ministeriellen Bleiberechtsregelung vom Dezember 2006 noch aus der inzwischen an deren Stelle getretenen gesetzlichen Altfallregelung in § 104a AufenthG. In beiden Fällen stehe der Strafbefehl des Amtsgerichts Saarlouis vom 21.3.2007 entgegen, durch den der Kläger zu 2) wegen Betrugs mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen belegt worden sei. Entgegen der Ansicht der Kläger sei die bei Strafbefehlen mit dem Tag der Unterzeichnung durch den Richter beginnende Tilgungsfrist von fünf Jahren noch nicht abgelaufen, selbst wenn die Tat bereits 2002 begangen wurde. Der beim Bundesministerium der Justiz gestellte Antrag auf vorzeitige Tilgung sei abgelehnt worden, so dass die Bestrafung verwertbar sei. Daher scheide auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 3) aus. Insoweit lasse sich auch mit der fortbestehenden Erkrankung der Klägerin zu 1) kein besonderer Härtefall begründen. Die Zurechnung strafrechtlicher Verurteilungen an Familienmitglieder verfolge den legitimen Zweck, den Druck auf Ausländer zu erhöhen, in Deutschland keine Straftaten zu begehen und begegne von daher keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das gelte auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten, wenn die Zurechnung gegenüber dem mit dem straffällig gewordenen Ausländer in häuslicher Gemeinschaft lebenden Ehegatten, für den es eine Härteregelung gebe, und gegenüber minderjährigen Kindern erfolge, die grundsätzlich das ausländerrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilten. Die Sonderregelung für Kinder ab 15 Jahren nach dem Bleiberechtserlass (Ziffer 3.3) oder nach § 104b AufenthG greife zugunsten des Klägers zu 3) nicht ein, da er zum 1.7.2007 das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt habe, eine Trennung von den Eltern nicht erfolgt sei und weil die Kläger zu 1) und 2) erklärtermaßen nicht bereit seien, Deutschland zu verlassen. (vgl. dazu die Gesprächsnotiz des Beklagten vom 14.9.2007, wonach die Kläger zu 1) und 2) nach Hinweis auf § 104b AufenthG ausdrücklich erklärten, zu einer freiwilligen Ausreise nicht bereit zu sein)

Das Urteil wurde dem Beklagten am 12.3.2009 zugestellt. Mit Eingang am 14.4.2009 – Dienstag nach Ostern 2009 – haben diese die vom Verwaltungsgericht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Sache im Hinblick auf die Zurechenbarkeit der Verurteilung des Klägers zu 2) gegenüber der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) zugelassene Berufung eingelegt.

Sie beziehen sich auf den erstinstanzlichen Vortrag und machen geltend, das Verwaltungsgericht habe die durch ein Gutachten feststellbare Suizidalität der Klägerin zu 1) zu Unrecht nicht berücksichtigt. Wenn insoweit irreparable Folgen absehbar im Raum stünden, könne man sich nicht auf den Standpunkt zurückziehen, dass darüber erst im Rahmen der Vollstreckung der Ausreisepflicht zu entscheiden sei. Zumindest liege ein Härtefall vor, der eine Zurechnung der Verurteilung des Klägers zu 2) ihr gegenüber nicht zulasse. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts könne aus seiner zu erwartenden Vollbeschäftigung sehr wohl auf eine gelungene Integration in die hiesigen Verhältnisse geschlossen werden. Der Kläger zu 2) habe sich „im Laufe der Jahre integriert“. Die verspätete Ahndung der bereits 2002 von ihm begangenen Straftat dürfe nicht zu seinen Lasten gehen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei es gerade im vorliegenden Fall, in dem die Klägerin zu 1) selbstmordgefährdet sei, der Kläger zu 3) in Deutschland geboren sei und keinen Bezug zum Herkunftsland der Eltern habe, verfassungswidrig, auch geraume Zeit zurückliegende Straftaten des Ehemannes der Ehefrau und dem Kind zuzurechnen. Selbst wenn dies im Grundsatz verfassungsgemäß sein sollte, sei nach der Rechtsprechung des Senats eine gesonderte Betrachtung für den unbescholtenen Ehepartner geboten. (Die Kläger verweisen insoweit auf einen Beschluss des Senats vom 30.10.2007 – 2 D 390/07 –.)

Durch Beschluss vom 24.6.2009 – 13 S 519/09 – hat der VGH Mannheim ein bei ihm anhängiges Berufungsverfahren ausgesetzt und die Sache dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG vorgelegt zur Klärung der Frage einer – vom vorlegenden Gericht angenommenen – Verfassungswidrigkeit des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG, wonach eine nach § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG beachtliche strafgerichtliche Verurteilung innerhalb einer häuslichen Gemeinschaft lebenden Angehörigen einer Familie anspruchsvernichtend zugerechnet wird. Vor dem Hintergrund haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung den Antrag gestellt,

das vorliegende Verfahren bis zur Entscheidung über den Vorlagebeschluss auszusetzen.

Die Kläger beantragen in der Sache,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 26.2.2009 – 10 K 2056/07 – den Bescheid des Beklagten vom 31.1.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihnen die erteilten Aufenthaltserlaubnisse zu verlängern beziehungsweise Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen.

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahren und der Verfahren VG 10 K 11/05.A, VG 10 L 209/08 und OVG 2 B 265/08 und der zugehörigen Verwaltungsakten Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

I.

Für die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung förmlich beantragte Aussetzung des Verfahrens ist am Maßstab des § 94 Satz 1 VwGO kein Raum. Die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit hängt nicht vom Bestehen oder Nichtbestehen eines „Rechtsverhältnisses“ ab, das Gegenstand des vom VGH Mannheim (vgl. dazu VGH Mannheim vom 24.6.2009 – 13 S 519/09 –, InfAuslR 2009, 350, DÖV 2009, 727) eingeleiteten Vorlageverfahrens (Art 100 Abs. 1 GG) vor dem Bundesverfassungsgericht ist. Die insoweit notwendige Vorgreiflichkeit setzt voraus, dass sich für die Entscheidung eine „Vorfrage“ stellt, die Gegenstand des anderen Rechtsstreits ist. Das ist nicht bereits der Fall, wenn in dem anderen Rechtsstreit – wie hier dem Vorlageverfahren durch das Bundesverfassungsgericht – über dieselbe Rechtsfrage zu entscheiden ist.

Geht man mit der überwiegenden Rechtsprechung davon aus, dass die Vorschrift aus Gründen der Prozessökonomie insbesondere in den Fällen entsprechend anwendbar ist, in denen es um die Frage der Gültigkeit einer für die Entscheidung wesentlichen Rechtsvorschrift geht, so sieht der Senat in Ausübung des ihm dann durch die Bestimmung eröffneten Ermessens von der beantragten Aussetzung ab. Maßgebliche Erwägungen hierfür sind, dass zum einen die ernsthaft nur in Betracht kommende Nichtigkeit der Altfallregelung (§ 104a AufenthG) insgesamt nicht im Sinne des Klagebegehrens anspruchsbegründend sein kann und zum anderen, dass sich die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Zurechnung im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG erheblicher Straftaten gegenüber mit dem Verurteilten in häuslicher Gemeinschaft lebende Familienangehörige aus Sicht des Senats klar – abweichend von dem genannten Vorlagebeschluss – beantworten lässt.

II.

Die vom Verwaltungsgericht nach Maßgabe der §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassene, auch ansonsten zulässige Berufung der Kläger ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die auch aus Sicht des Senats hinsichtlich ihrer Zulässigkeit keinen durchgreifenden Bedenken unterliegende, zulässig in der Form der Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) erhobene und daher auch nach Ergehen des Ablehnungsbescheids vom 31.1.2008 keinem Vorverfahrenserfordernis nach § 68 VwGO (mehr) unterliegende Klage zu Recht abgewiesen (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).

A.

Die Kläger haben keine Ansprüche auf Verlängerung beziehungsweise Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen. Solche Ansprüche ergeben sich weder aus § 25 AufenthG (1.), noch aus administrativen oder (inzwischen) gesetzlichen Bleiberechtsreglungen für langjährig in Deutschland lebende Ausländer (2. und 3.).

1. Ein Anspruch der Kläger auf Erteilung oder Verlängerung (§ 8 AufenthG) von Aufenthaltserlaubnissen ergibt sich nicht aus § 25 AufenthG.

a. Der § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG kommt als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG können die Kläger, die alle drei erfolglos Asylverfahren in Deutschland durchlaufen haben, mangels dahingehender positiver Feststellung durch das in diesen Fällen allein zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gegenüber der Ausländerbehörde von vorneherein nicht mit Erfolg geltend machen. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 26.11.2007 – 2 B 461/07 –, SKZ 2008, 102, Leitsatz Nr. 56, ständige Rechtsprechung) Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse standen im Übrigen allein im Fall der Klägerin zu 1) aufgrund einer bei ihr diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörung und früher unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten im Kosovo im Raum. Dass davon nicht mehr ausgegangen kann, ist nach dem ausführlichen, sich zentral mit diesen Fragen beschäftigenden Urteil des Verwaltungsgerichts vom Februar 2007, (vgl. VG des Saarlandes, Urteil vom 21.2.2007 – 10 K 11/05.A –) durch das die Klage der Klägerin zu 1) gegen den Widerrufsbescheid des Bundesamts vom 1.2.2005 rechtskräftig abgewiesen worden ist, geklärt. Im Übrigen nicht ersichtliche zwischenzeitliche negative Veränderungen des Krankheitsbildes oder der medizinischen Versorgungssituation im Herkunftsland wären allenfalls im Rahmen eines Antrags auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gegenüber dem Bundesamt geltend zu machen.

Der Frage, inwieweit dem im Jahre 2002 in seine Heimat abgeschobenen und (wohl) kurze Zeit darauf wieder illegal eingereisten Kläger zu 2) nach zwischenzeitlicher Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit Blick auf Art. 6 GG noch die Sperre des § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen gehalten werden kann, bedarf daher keiner Vertiefung.

b. Die Voraussetzungen nach § 25 Abs. 5 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor. Danach kann einem Ausländer abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seiner Ausreise ein zwingendes dauerhaftes und von ihm nicht zu vertretendes Hindernis entgegensteht. Dies ist nicht erkennbar. Was die von den Klägern im Berufungsverfahren erneut als (inländisches) Ausreisehindernis eingewandte Suizidalität der Klägerin zu 1) betrifft, so hat der Senat bereits in dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren im Jahre 2008 klargestellt, dass die Ausländerbehörde bei ernsthaften Selbstmordabsichten eines Ausländers je nach den Gegebenheiten des Falles geeignete Vorkehrungen, unter anderem durch Sicherstellung einer ärztlichen Begleitung bei der Rückführung in das Heimatland, dafür zu treffen hat, dass sich der Gesundheitszustand durch den Abschiebevorgang nicht deutlich verschlechtert. (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.8.2008 – 2 B 265/08 –, SKZ 2009, 130, Leitsatz Nr. 58) Dies steht der Annahme einer dauerhaften rechtlichen und/oder tatsächlichen Unmöglichkeit der „Ausreise“ im Verständnis des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG zwingend entgegen. Die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte aktuelle fachärztliche Bescheinigung des behandelnden Arztes (vgl. das Attest des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie P. vom 13.10.2009, Blatt 159 der Gerichtsakte) rechtfertigt keine andere Beurteilung dieser Frage. Diese bezieht sich, insbesondere was die Ausführungen zum Erfordernis einer weiteren intensiven Behandlung der psychischen Erkrankung angeht, ohnehin überwiegend auf die Frage der Sicherstellung der Fortführung einer solchen im Zielstaat der Abschiebung und ist insoweit hier nach dem zuvor Gesagten in diesem Verfahren nicht von Bedeutung. Soweit mit dem Hinweis auf ein „erneutes Auftreten suizidaler Gedanken“ bei der Klägerin zu 1) die Frage der Reisefähigkeit thematisiert wird, enthält das Attest keinerlei Hinweis auf neue Umstände oder eine (wesentliche) Veränderung gegenüber dem bisherigen Erkenntnisstand, der bereits Gegenstand mehrerer erfolgloser Eilrechtsschutzersuchen gewesen ist. (vgl. dazu insbesondere OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.8.2008 – 2 B 265/08 –, SKZ 2009, 130, Leitsatz Nr. 58)

Eine „Unmöglichkeit“ der Ausreise im Sinne des Art. 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unter dem Gesichtspunkt einer Unzumutbarkeit der Ausreise der Kläger beziehungsweise ihrer Rückkehr in den Kosovo lässt sich auch nicht aus Art. 8 EMRK herleiten. Das hat das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats zutreffend begründet. Eine Aufenthaltsbeendigung kann nur dann einen konventionswidrigen Eingriff in das „Privatleben“ im Verständnis des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über so „starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte“ zum „Aufnahmestaat“ verfügt, dass er aufgrund der Gesamtentwicklung „faktisch zu einem Inländer“ geworden ist, dem wegen der Besonderheiten seines Falles ein Leben in dem Staat seiner Staatsangehörigkeit, zu dem er keinen Bezug (mehr) hat, schlechterdings nicht mehr zugemutet werden kann.

Eine schützenswerte Rechtsposition selbst eines im Kindesalter eingereisten und in Deutschland aufgewachsenen Ausländers auf der Grundlage des Art. 8 EMRK als so genannter „faktischer Inländer“ kommt allenfalls in Betracht, wenn von seiner abgeschlossenen „gelungenen“ Integration in die Lebensverhältnisse in Deutschland, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) Grundvoraussetzung für die Annahme eines rechtlichen Abschiebungshindernisses auf der Grundlage des Art. 8 Abs. 1 EMRK ist, ausgegangen werden kann. Nicht ausreichend ist es hingegen, dass sich der Betreffende über einen langen Zeitraum im Inland aufgehalten hat. (vgl. dazu zuletzt OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 9.4.2009 – 2 B 318/09 –, und vom 24.6.2009 – 2 B 348/09 –) Eine „gelungene“ soziale und wirtschaftliche Integration kann im Falle der Kläger nicht angenommen werden. Die Kläger haben während ihres nun insgesamt über 16 Jahre währenden Aufenthalts in Deutschland durchgehend öffentliche Hilfen zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts in Anspruch genommen. Eine isolierte Betrachtung des minderjährigen, in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Klägers zu 3) kommt in dem Zusammenhang nicht in Betracht. (vgl. auch hierzu bereits OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.8.2008 – 2 B 265/08 –, SKZ 2009, 130, Leitsatz Nr. 58)

2. Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Kläger ergibt sich ferner nicht aus der im Gefolge der 182. Sitzung der Innenminister und -senatoren vom 17.11.2006 auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erlassenen saarländischen Bleiberechtsregelung vom Dezember 2006 für im Bundesgebiet integrierte, aber ausreisepflichtige Ausländer (sog. Altfallregelung), (vgl. den Erlass des Ministeriums für Inneres, Familie, Frauen und Sport vom 20.12.2006 – B 5 5510/1 Altfall -, betreffend das „Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausreisepflichtige ausländische Staatsangehörige“) auf die die Kläger in ihrem Antrag vom April 2007 Bezug genommen haben.

Von daher muss nicht auf die in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortete Frage eingegangen werden, ob die Altfallregelungen der Länder bis zu einer formellen Aufhebung der einschlägigen Erlasse – wovon eine insoweit gesonderte Ablehnungsentscheidung enthaltende Bescheid des Beklagten vom 31.1.2008 offenbar ausgeht – neben § 104a AufenthG alternativ weiter anzuwenden sind. (vgl. einerseits OVG Hamburg, Urteil vom 29.1.2008 – 3 Bf 149/02 –, andererseits VGH Mannheim, Beschluss vom 28.4.2008 – 11 S 683/08 -, und OVG Lüneburg, Beschluss vom 27.9.2007 – 11 B LB 69/07 –, DVBl. 2008, 57) Nach den Anwendungshinweisen des Ministeriums für Inneres und Sport zur gesetzlichen Altfallregelung (vgl. die „Hinweise zu den §§ 104a und b AufenthG“ des Ministeriums für Inneres und Sport vom 23.11.2007 – B 5 5510/AufenthG 104a/b, dort Nr. 1 zum „Verhältnis der gesetzlichen Altfallregelung zum IMK-Bleiberechtsbeschluss vom 17. November 2006“) (§§ 104a, 104b AufenthG) spricht indes vieles dafür, dass der Erlassgeber von der Ersetzung seiner bis dahin geltenden Regelung ausgegangen ist. Danach sind bis zum Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht beschiedene Anträge auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG im Verbindung mit dem Beschluss der Innenministerkonferenz vom 17.11.2006 als solche auf Erteilung und Verlängerung (nunmehr) nach der gesetzlichen Altfallregelung zu behandeln.

Mit Blick auf die ministerielle Altfallregelung ist bereits zweifelhaft, ob die Kläger damals zum begünstigten Personenkreis des auf wegen der Unmöglichkeit ihrer Abschiebung geduldete abgelehnte Asylbewerber zielenden Erlasses vom 20.12.2006 gehörten. Dies hätte vorausgesetzt, dass am Stichtag (17.11.2006) eine Ausreisepflicht bestand (vgl. Ziffer 1.4 des Erlasses). Dem gegenüber waren den Klägern in den Jahren 2005/2006 mit Blick auf das Klageverfahren gegen den gegenüber der Klägerin zu 1) ergangenen Widerrufsbescheid des Bundesamts vom 1.2.2005 Aufenthaltserlaubnisse erteilt und dann ab Oktober 2006 aus Anlass der Verlängerungsanträge so genannte Fiktionsbescheinigungen ausgestellt worden. Auf Einzelheiten muss jedoch auch insoweit nicht eingegangen werden.

Auf ein Bleiberecht zielende Anordnungen der Obersten Landesbehörden nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG (vormals § 32 AuslG) aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland sind nicht wie Rechtssätze anzuwenden und auszulegen und begründen dementsprechend für die begünstigten Ausländer keine eigenständigen Rechtsansprüche auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Die nur an den genannten gesetzlichen Zielvorgaben zu orientierende politische Entscheidung, ob die zuständigen Behörden eine solche Anordnung überhaupt erlassen und wie sie dabei den Personenkreis der begünstigten Ausländer abgrenzen, unterliegt keiner gerichtlichen Kontrolle und ein subjektiver Anspruch eines Ausländers auf Einbeziehung in eine entsprechende Anordnung oder gar (erst) auf Erlass einer solchen bestand nicht. Der einzelne Ausländer hat vielmehr - sofern eine entsprechende Anordnung getroffen wird – aus allgemein rechtsstaatlichen Gründen heraus nach Maßgabe des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG) lediglich einen Anspruch auf Gleichbehandlung, für den allein die praktische Anwendung durch die zuständige Behörde bezogen auf das jeweilige Bundesland maßgebend ist. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 5.7.2006 – 2 Q 5/06 –, SKZ 2007, 45, Leitsatz Nr. 46, dort noch zur „Bleiberegelung für Asylbewerber und abgelehnte Vertriebenenbewerber mit langjährigem Aufenthalt“ des Ministeriums für Inneres und Sport vom 20.12.1999 – B 5-5510/1 Altfall – zur Umsetzung eines entsprechenden Beschlusses der Innenministerkonferenz vom 18./19.11.1999, „Altfallregelung“) Dem Vortrag der Kläger lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, dass der Beklagte beziehungsweise das früher zuständige Landesamt für Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten in vom Sachverhalt her gleich gelagerten Fällen „willkürlich“ abweichend verfahren ist und Aufenthaltserlaubnisse erteilt hat.

Im Übrigen setzte die damalige Altfallregelung wie ihre Vorgänger in der detaillierten Ziffer 2 des Erlasses in aller Regel eine bereits gelungene soziale und insbesondere wirtschaftliche Integration zu dem im Erlass genannten Stichzeitpunkt des Beschlusses der Ministerrunde (17.11.2006) voraus. Eine solche lag bei den Klägern vor allem, was die Eigensicherung des Lebensunterhalts und damit die wirtschaftliche Eingliederung in hiesige Lebensverhältnisse betraf, ohne Zweifel nicht vor.

Darüber hinaus waren im Falle der Kläger auch in der Altfallregelung vom Dezember 2006 aufgeführte Ausschlussgründe (dazu Ziffer 3 des Erlasses) gegeben. Der Beklagte hat in seinem Bescheid vom 31.1.2008 zutreffend auf den Ausschlussgrund gemäß Ziffer 3.3 hingewiesen. Nach der Anwendungspraxis der Ausländerbehörde schloss die Verurteilung des Klägers zu 2) zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen für Allgemeinstraftaten die Anwendung des Erlasses in seinem und auch im Falle seiner Familienangehörigen aus. Mit Blick auf den eingangs erwähnten rechtlichen Grundansatz ist dies in dem Zusammenhang jedenfalls nicht weiter zu hinterfragen.

3. Ansprüche der Kläger auf Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnisse ergeben sich schließlich auch nicht aus der seit dem 28.8.2007 geltenden gesetzlichen Altfallregelung der §§ 104a, 104b AufenthG. Sinn dieser Bestimmungen ist es, seit langem in Deutschland lebenden wirtschaftlich integrierten und nur geduldeten Ausländern, die sich in der Vergangenheit im Wesentlichen rechtstreu verhalten haben, durch die Einräumung befristeter Bleiberechte eine Perspektive für einen Verbleib in Deutschland zu geben und ihnen die Möglichkeit einzuräumen, im Bereich wirtschaftlicher Integrationsanforderungen bei Bedarf nachzubessern (§ 104a Abs. 1 Satz 1, Sätze 3 ff., Abs. 5 AufenthG). Personen, die bei Inkrafttreten der Bestimmung noch nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit zu sichern, erhalten bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen nach den dortigen Nr. 1 bis Nr. 6 eine Aufenthaltserlaubnis „auf Probe“ nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG, die nach § 104a Abs. 1 Satz 3 AufenthG den Aufenthaltstiteln aus humanitären Gründen gleichgestellt wird. Die zeitlichen Vorgaben sollen nach der Vorstellung des Bundesgesetzgebers einen Anreiz zur Arbeitsplatzsuche schaffen und die Zuwanderung in die Sozialsysteme vermeiden. Sobald der Ausländer nachweist, dass er seinen Lebensunterhalt eigenständig zu sichern vermag, soll ihm bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erteilt werden. (vgl. dazu Seite 202 der BT-Drucks. 16/5065 zu § 104a Abs. 1 E AufenthG) Bei gesichertem Lebensunterhalt wird die Aufenthaltserlaubnis im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 6 AufenthG auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erteilt (§ 104a Abs. 1 Satz 2 AufenthG).

Die Vorschrift geht jedoch im Grundsatz von einer aufenthaltsrechtlichen „Klärung“ der in den Anwendungsbereich fallenden Altfälle bis Jahresende 2009 aus, sieht für die Fälle erfolgreicher oder Erfolg versprechender Integration dann eine Verlängerungsmöglichkeit um 2 Jahre vor und ist daher für den Fall der Kläger eigentlich schon zeitlich weitgehend „überholt“, (vgl. dazu Funke-Kaiser in GK AuslR, § 104a AufenthG, Rn 3, wonach die gesetzliche Altfallregelung – wie die bisherigen Bleiberechtserlasse der Länder – eine zeitlich durch den Stichtag 1.7.2007 begrenzte Maßnahme des Gesetzgebers darstellt, die nicht für die Zukunft immer wieder neu entstehende Altfälle erfassen will) sofern man nicht für die Fälle frühzeitiger Antragstellung durch den betroffenen Ausländer in einer – unterstellt – rechtswidrigen Ablehnung einen Folgenbeseitigungsansprüche auslösenden Umstand erblickt.

a. Den Klägern ist es bis heute nicht gelungen, den Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit zu sichern, so dass der weitergehende Anspruch nach § 104a Abs. 1 Satz 2 AufenthG auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG aktuell offensichtlich ausscheidet. Der Kläger zu 2) hat zwar bereits im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens auf eine Anstellung bei der Landschaftsgärtnerei E in H hingewiesen und insoweit entsprechende Lohnbescheinigungen vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat war allerdings unstreitig, dass es insoweit Probleme jedenfalls in der Vergangenheit bei einem Einsatz des Klägers zu 2) im Rahmen von Arbeitsaufträgen jenseits der Landesgrenzen, insbesondere im benachbarten Rheinland-Pfalz, gab und dass die Familie daher auch aktuell auf öffentliche Hilfen zum Lebensunterhalt angewiesen ist. (vgl. dazu den mit dem PKH-Antrag vorgelegten Bescheid des Regionalverbands Saarbrücken, Soziales Dienstleistungszentrum, vom 21.8.2009, wonach die Kläger derzeit Hilfen zum Lebensunterhalt nach § 2 AsylbLG in Höhe von 1.234,53 EUR erhalten)

b. Da die auch insoweit zusätzlich geltenden Anforderungen nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht erfüllt sind, steht den Klägern ferner kein Anspruch auf Erteilung der in dieser Altfallregelung vorgesehenen Aufenthaltserlaubnis „auf Probe“ zu.

Zwar dürften die in § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG genannten Integrationsvoraussetzungen eines ausreichendem Wohnraums (Nr. 1), hinreichender mündlicher Deutschkenntnisse (Nr. 2) (Die in der Vorschrift angesprochenen mündlichen Deutschkenntnisse der Anforderungsstufe A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GERR), die von jedem – auch Familienmitglied – gesondert gefordert werden, erfordert nicht mehr, als dass sich der/die Betroffene in einfacher Art, etwa hinsichtlich der Angaben zu seiner Person und seiner Arbeit, mündlich verständlich machen kann.) und des Schulbesuchs des Klägers zu 3) – sofern überhaupt noch schulpflichtig – (Nr. 3) zu bejahen sein, und auch ein Terrorismusverdacht (Nr. 5) steht nicht in Rede. Handlungsweisen, die sich als vorsätzliche Behinderung oder Verzögerung einer Aufenthaltsbeendigung dem Tatbestand der Nr. 4 zuordnen ließen, hat der Beklagte den Klägern nicht entgegen gehalten.

Ebenso unstreitig muss indes hier nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen vom Vorliegen einer im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG erheblichen und nach den einschlägigen registerrechtlichen Vorschriften auch noch verwertbaren Bestrafung des Klägers zu 2) und damit eines Ausschlussgrundes im Sinne der gesetzlichen Altfallregelung ausgegangen werden. Dem Kläger zu 2) wurde durch Strafbefehl vom 21.3.2007 eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen auferlegt. Die inzwischen zwingende Unbeachtlichkeitsregelung für Geldstrafen bis 50 Tagessätzen greift wegen Überschreitens dieses vom Gesetzgeber „bagatellisierten“ Strafmaßes hier nicht ein. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist diese Vorstrafe im Sinne der einschlägigen Bestimmungen des Bundeszentralregistergesetzes unabhängig von dem bereits länger zurückliegenden Tatzeitpunkt im Jahr 2002 verwertbar (§§ 5 Abs. 1 Nr. 4, 46 Abs. 1 Nr. 1a, 51 BZRG). Der an den Zeitpunkt der Unterschrift des Richters unter den Strafbefehl anknüpfende Tilgungszeitraum von hier 5 Jahren ist noch nicht abgelaufen. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist in dem Zusammenhang durch die Regelungen über Tilgungsfristen und Verwertungsverbote (§§ 46 Abs. 1, 51 Abs. 1 BZRG) Rechnung getragen. Da die für den Senat durchaus nachvollziehbare Besonderheit des langen Zwischenraums zwischen Tatbegehung und Bestrafung keinen gesetzlichen Niederschlag gefunden hat, muss der Frage, auf welche Umstände dieser Zeitablauf zurückzuführen und welcher Verantwortungssphäre er zuzuordnen ist, nicht nachgegangen werden. Ein Antrag des Klägers zu 2) an das Bundesamt für Justiz – Bundeszentralregisterbehörde – auf vorzeitige Tilgung blieb erfolglos. Der entsprechende Tilgungsanspruch könnte – wenn er bestünde – nicht im vorliegenden Verfahren gegenüber der Ausländerbehörde geltend gemacht werden, da dieser insoweit keine Regelungsbefugnisse zustehen. Nach der Rechtsprechung des Senats stellt die Verurteilung zu einer Geldstrafe von mehr als 50 Tagessätzen einen strikten Versagungsgrund im Rahmen der gesetzlichen Altfallregelung dar. (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 27.5.2009 – 2 B 330/09 –, im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 27.1.2009 – 1 C 40.07 –, DVBl. 2009, 650)

Nach dem Gesetzeswortlaut rechtfertigt die Verwirklichung des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG auch die Versagung der Aufenthaltserlaubnis gegenüber mit dem Straftäter in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienmitgliedern (§ 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG), hier also gegenüber der Klägerin zu 1) als seiner Ehefrau und dem Kläger zu 3) als gemeinsamem (konkret minderjährigem) Kind.

Die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung ausführlich thematisierte und in der Literatur umstrittene Frage, ob diese Erstreckung der Wirkungen der Verurteilung auf die übrigen mit ihm zusammen lebenden Familienmitglieder (Schlagwort: „Sippenhaft“) verfassungsgemäß ist oder nicht, hat das Verwaltungsgericht – nach ihrer Verneinung – zur Zulassung der Berufung veranlasst. Ob es insoweit mit Blick auf die Grundrechte gerechtfertigt werden kann, was der Wortlaut zulässt, strafrechtliches Verhalten eines Kindes den mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Eltern oder gar seinen minderjährigen Geschwistern zuzurechnen, braucht hier nicht entschieden zu werden. (vgl. dazu den Vorlagebeschluss zum Bundesverfassungsgericht des VGH Mannheim vom 24.6.2009 – 13 S 519/09 –, InfAuslR 2009, 350, DÖV 2009, 727) Die Verfassungsmäßigkeit einer Zurechnung unterliegt jedenfalls gegenüber der strafrechtlich selbst bisher nicht in Erscheinung getretenen Klägerin zu 1) als Ehefrau keinen durchgreifenden Bedenken. (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.1.2008 – 2 S 6.08 –, juris) Insbesondere weist die Bestimmung von ihrem eindeutig geschlechtsneutralen Wortlaut her keine am Maßstab des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 2 G) zu beanstandende Benachteiligung gerade von Ehefrauen auf. (vgl. insbesondere in dem Zusammenhang OVG Lüneburg, Beschluss vom 17.11.2008 – 10 LA 260/08 –, NVwZ-RR 2009, 497)

Der Gesetzgeber hat mit der Altfallregelung 2007 eine bestimmte Gruppen von ausreisepflichtigen Ausländern begünstigende Regelung geschaffen, die das Aufenthaltsgesetz ansonsten nicht vorsieht und zu deren Erlass er weder verfassungs- noch völkerrechtlich verpflichtet ist. Dabei obliegt ihm ein weiter (gesetzgeberischer) Gestaltungsspielraum.

Die Argumentation des von den Klägern bereits im Zusammenhang mit dem Aussetzungsbegehren (§ 94 Satz 1 VwGO, dazu oben I.) in Bezug genommenen VGH Mannheim hinsichtlich der nach seiner Auffassung von dem Zurechnungsgebot in § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG ausgenommenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften mit der Konsequenz einer vermeintlich verfassungswidrigen Ungleichbehandlung (Schlechterstellung) von Eheleuten oder allgemein heterosexuellen Partnerschaften, überzeugt nicht. Die Frage, wer „Familienmitglied“ im Sinne der Vorschrift ist, ist für den Bereich gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften durch den § 11 Abs. 1 LPartG klar beantwortet. Danach gilt ein Lebenspartner als „Familienangehöriger“ des anderen Partners. Die aus dem in der Vorschrift enthaltenen Vorbehalt abweichender gesetzlicher Regelung in Verbindung mit § 27 Abs. 2 AufenthG vom VGH Mannheim (vgl. dazu den Vorlagebeschluss zum Bundesverfassungsgericht des VGH Mannheim vom 24.6.2009 – 13 S 519/09 –, DÖV 2009, 727, bei juris Rn 38, 39) hergeleitete Nichtanwendbarkeit auf formell verpartnerte Personen ist allein am Ergebnis orientiert und gebietet nicht zwingend, die Lebenspartner gerade im Sinne der Altfallregelung nicht als „Familienmitglieder“ zu behandeln.

Es verstößt ferner nicht gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) oder gegen das aus Art. 6 GG hergeleitete Verbot der Diskriminierung der Ehe, dass der Gesetzgeber nicht alle anderen nicht formellen Lebensgemeinschaften in die Regelung mit einbezogen hat, sondern bei § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG – wie auch in anderen Bereichen des Aufenthaltsrechts, etwa beim Familiennachzug – an die für einen sinnvollen Gesetzesvollzug als Anknüpfungspunkt in Betracht kommenden formellen Partnerschaften der Ehe oder – im gleichgeschlechtlichen Bereich – der eingetragenen Lebenspartnerschaft orientiert (§ 11 Abs. 1 LPartG). Die Vorschrift des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG spiegelt – bezogen auf die Ehefrau – die im Zusammenhang mit den Regelungen über den Familiennachzug (§§ 27 ff. AufenthG) an das Bestehen einer Ehe geknüpften Vergünstigungen wieder und schließt es beispielsweise aus, dass der strafrechtlich in Erscheinung getretene Ehegatte – sei es nun Mann oder Frau – sich nach Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG für den Partner auf der Grundlage des Art. 6 GG dann doch ein eigenes Bleiberecht „auf Probe“ sichert.

Der schriftsätzlich als Argument für die aus Sicht der Kläger stattdessen vorzunehmende „gesonderte“ Beurteilung der einzelnen Familienmitglieder genannten Entscheidung des Senats (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 30.10.2007 – 2 D 390/07 –) lässt sich derartiges offensichtlich nicht entnehmen. Der Beschluss betraf eine – erfolgreiche – Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe und enthält lediglich einen knappen Verweis auf die Existenz der Härteregelung in § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG, indes nicht einmal eine Aussage zu deren Anwendbarkeit im dortigen Fall, stattdessen aber einen ausdrücklichen Hinweis auf den Grundsatz der Zurechnung von Verurteilungen im Satz 1.

Die verfassungskritische Literatur (vgl. dazu Funke-Kaiser in GK AuslR, § 104a AufenthG, Rn 58) und Rechtsprechung geht ferner im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die Annahme einer Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht unmittelbar zu einem Anspruch der selbst nicht straffällig gewordenen Familienangehörigen führt. Insoweit wird darauf verweisen, dass der Bundesgesetzgeber außerhalb seiner sich aus der Verfassung (Art. 6 GG) oder aus Völkervertragsrecht (Art. 8 EMRK) ergebenden Verpflichtung zur Einräumung von Bleiberechten nicht gehindert sei, die „Altfallregelung“ gegebenenfalls insgesamt zu streichen, weshalb kein Fall der Teilnichtigkeit (nur) des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG angenommen werden könne. Von daher entzöge die Annahme der Verfassungswidrigkeit der Zurechnungsregel einem Anspruch der Kläger auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG insgesamt die Grundlage. Vor dem Hintergrund ist die Frage aufzuwerfen, weshalb die Frage nach der Verfassungswidrigkeit in auf die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Altfallregelung gerichteten Rechtsstreitigkeiten – auch soweit nur Neubescheidungen begehrt werden – überhaupt gestellt (und beantwortet) werden müsste. Von daher gilt im Ergebnis letztlich zumindest in diesem Teilbereich nichts anderes als für die früheren ministeriellen Bleiberechtserlasse ungeachtet der „Hochzonung“ der Altfallregelung auf die Stufe des formellen Gesetzes. Eine Nichtanwendung isoliert des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG durch die Gerichte bedeutete einen Übergriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei Erlass derartiger begünstigender Regelungen, die verfassungsrechtlich wiederum nur durch das Willkürverbot begrenzt wird. Das hat auch der VGH Mannheim in dem erwähnten Vorlageschluss so gesehen und die Vorlage nur mit Blick auf einen dort gestellten Antrag auf Neubescheidung für gerechtfertigt gehalten. (vgl. dazu den Vorlagebeschluss zum Bundesverfassungsgericht des VGH Mannheim vom 24.6.2009 – 13 S 519/09 –, DÖV 2009, 727, bei juris Rn 51, 52) Diese Differenzierung ist indes nicht nachvollziehbar. Wäre gegebenenfalls von einer Gesamtnichtigkeit des § 104a AufenthG auszugehen und berücksichtigt man zusätzlich das Fehlen einer Verpflichtung des Gesetzgebers zum (erneuten) Erlass solcher Rechtsvorschriften zur Bereinigung von Altfällen jenseits der Gewährleistung der Integrationsgarantie des Art. 8 EMRK, so ist nicht einleuchtend, woraus sich ein Anspruch (auch nur) auf Bescheidung eines Antrags des Ausländers ergeben sollte.

Ausgehend von der rechtlichen Verbindlichkeit der Altfallregelung (§ 104a AufenthG) sollen Härtefälle nach den Vorstellungen des Gesetzgebers, sofern es sich um eine besondere Härte handelt, unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten von der für Ehegatten geltenden Sonderregelung in § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgefangen werden. Eine solche „besondere“ Härte kann tatbestandlich in dem Zusammenhang allerdings sicher nicht bereits aus der Stellung des Zurechnungsadressaten als Ehefrau oder Ehemann hergeleitet werden, um auf diesem Wege das Zurechnungsgebot im Grundsatz zu relativieren. Sie kann vielmehr nur dann angenommen werden, wenn im konkreten („besonderen“) Einzelfall besondere Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die mit der Befolgung der Ausreisepflicht für den Ehepartner verbundenen Konsequenzen sie oder ihn erheblich ungleich härter treffen als andere Ausländer oder Ausländerinnen in vergleichbarer Situation oder wenn die abgeurteilte Straftat gerade gegenüber dem Ehepartner begangen worden ist. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Das gilt auch mit Blick auf die psychische Erkrankung der Klägerin zu 1). (vgl. dazu Funke-Kaiser in GK AuslR, § 104a AufenthG, Rn 60, wonach es eine Härte begründen soll, wenn der nicht straffällig gewordene Ehegatte eine in Deutschland eine lang dauernde Heilbehandlung durchläuft und ihm deren Abbruch nicht zugemutet werden kann) Insoweit ist ein Ende der Behandlungsbedürftigkeit nicht abzusehen und eine solche kann nach dem im Verfahren betreffend die Anfechtung des Widerrufsbescheids des Bundesamts vom 1.2.2005 ergangenen rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21.2.2007 – 10 K 11/05.A – inzwischen auch im Herkunftsland erfolgen. Mit der Erkrankung im Zusammenhang steht die von der Klägerin zu 1) behauptete Selbstmordabsicht (Suizidalität), die auch im Rahmen des § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG keine andere Beurteilung rechtfertigt. Ebenso wenig lässt sich aus dem Verweis auf den zeitlichen Abstand zwischen Tatbegehung (2002) und Bestrafung des Klägers zu 2) ein „besonderer“ Härtefall herleiten. Diese Thematik wird gerade auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten durch die Bestimmungen in §§ 46 Abs. 1, 51 Abs. 1 BZRG über die zeitliche Verwertbarkeit der Einträge im Register abgedeckt. Ansprüche auf vorzeitige Tilgung sind – wie bereits ausgeführt – gegenüber der zuständigen Bundesbehörde geltend zu machen.

Bei den minderjährigen Kindern entspricht die Zurechnung der Straffälligkeit eines Elternteils nach § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG dem allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Grundsatz, dass diese Kinder – wie hier der Kläger zu 3) – das aufenthaltsrechtliche Schicksal der Eltern teilen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der insoweit eine selbständige Beurteilung rechtfertigenden Sondervorschrift nach § 104b AufenthG liegen im Falle des Klägers zu 3) nicht vor. Das gilt bereits für die dort genannte Altersgrenze. Außerdem sind die Kläger zu 1) und 2) erklärtermaßen nicht zu einer „Ausreise“ bereit.

B.

Die in dem nach Erhebung der Klage ergangenen Ablehnungsbescheid vom 31.1.2008 unter Ziffern 4. bis 6. enthaltenen Maßnahmen der Ausreiseaufforderung unter Hinweis auf die Ausreisepflicht (§ 50 Abs. 1 AufenthG), der Abschiebungsandrohung für den Fall der Nichtbefolgung (§ 59 Abs. 1 AufenthG) wie auch der Hinweis auf die sich insoweit aus dem Gesetz ergebende Kostentragungspflicht (§ 66 Abs. 1 AufenthG) sind rechtlich nicht zu beanstanden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO, 100 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen mit Blick auf die höchstrichterlich bisher nicht entschiedene, in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beantwortete Frage der Verfassungsmäßigkeit der Zurechnungsregel des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Ungeachtet der sich aus dem Inhalt der Vorschrift, vor allem der Stichtagsregelung, ergebenden zeitlichen Vorgaben für die Behandlung und Klärung der in ihren Anwendungsbereich fallenden Altfälle (vgl. dazu Funke-Kaiser in GK AuslR, § 104a AufenthG, Rn 3, wonach die gesetzliche Altfallregelung – wie die bisherigen Bleiberechtserlasse der Länder – eine zeitlich durch den Stichtag 1.7.2007 begrenzte Maßnahme des Gesetzgebers darstellt, die nicht für die Zukunft immer wieder neu entstehende Altfälle erfassen will) enthält die Bestimmung keine zeitliche Beschränkung hinsichtlich des gesetzlichen Anwendungsbefehls, so dass insofern nicht von „auslaufendem“ Recht ausgegangen werden kann.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 15.000,- EUR festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG, ebenso bereits die vorläufige Festsetzung im Beschluss vom 16.4.2009 – 2 A 329/09 –).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

I.

Für die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung förmlich beantragte Aussetzung des Verfahrens ist am Maßstab des § 94 Satz 1 VwGO kein Raum. Die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit hängt nicht vom Bestehen oder Nichtbestehen eines „Rechtsverhältnisses“ ab, das Gegenstand des vom VGH Mannheim (vgl. dazu VGH Mannheim vom 24.6.2009 – 13 S 519/09 –, InfAuslR 2009, 350, DÖV 2009, 727) eingeleiteten Vorlageverfahrens (Art 100 Abs. 1 GG) vor dem Bundesverfassungsgericht ist. Die insoweit notwendige Vorgreiflichkeit setzt voraus, dass sich für die Entscheidung eine „Vorfrage“ stellt, die Gegenstand des anderen Rechtsstreits ist. Das ist nicht bereits der Fall, wenn in dem anderen Rechtsstreit – wie hier dem Vorlageverfahren durch das Bundesverfassungsgericht – über dieselbe Rechtsfrage zu entscheiden ist.

Geht man mit der überwiegenden Rechtsprechung davon aus, dass die Vorschrift aus Gründen der Prozessökonomie insbesondere in den Fällen entsprechend anwendbar ist, in denen es um die Frage der Gültigkeit einer für die Entscheidung wesentlichen Rechtsvorschrift geht, so sieht der Senat in Ausübung des ihm dann durch die Bestimmung eröffneten Ermessens von der beantragten Aussetzung ab. Maßgebliche Erwägungen hierfür sind, dass zum einen die ernsthaft nur in Betracht kommende Nichtigkeit der Altfallregelung (§ 104a AufenthG) insgesamt nicht im Sinne des Klagebegehrens anspruchsbegründend sein kann und zum anderen, dass sich die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Zurechnung im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG erheblicher Straftaten gegenüber mit dem Verurteilten in häuslicher Gemeinschaft lebende Familienangehörige aus Sicht des Senats klar – abweichend von dem genannten Vorlagebeschluss – beantworten lässt.

II.

Die vom Verwaltungsgericht nach Maßgabe der §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassene, auch ansonsten zulässige Berufung der Kläger ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die auch aus Sicht des Senats hinsichtlich ihrer Zulässigkeit keinen durchgreifenden Bedenken unterliegende, zulässig in der Form der Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) erhobene und daher auch nach Ergehen des Ablehnungsbescheids vom 31.1.2008 keinem Vorverfahrenserfordernis nach § 68 VwGO (mehr) unterliegende Klage zu Recht abgewiesen (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).

A.

Die Kläger haben keine Ansprüche auf Verlängerung beziehungsweise Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen. Solche Ansprüche ergeben sich weder aus § 25 AufenthG (1.), noch aus administrativen oder (inzwischen) gesetzlichen Bleiberechtsreglungen für langjährig in Deutschland lebende Ausländer (2. und 3.).

1. Ein Anspruch der Kläger auf Erteilung oder Verlängerung (§ 8 AufenthG) von Aufenthaltserlaubnissen ergibt sich nicht aus § 25 AufenthG.

a. Der § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG kommt als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG können die Kläger, die alle drei erfolglos Asylverfahren in Deutschland durchlaufen haben, mangels dahingehender positiver Feststellung durch das in diesen Fällen allein zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gegenüber der Ausländerbehörde von vorneherein nicht mit Erfolg geltend machen. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 26.11.2007 – 2 B 461/07 –, SKZ 2008, 102, Leitsatz Nr. 56, ständige Rechtsprechung) Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse standen im Übrigen allein im Fall der Klägerin zu 1) aufgrund einer bei ihr diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörung und früher unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten im Kosovo im Raum. Dass davon nicht mehr ausgegangen kann, ist nach dem ausführlichen, sich zentral mit diesen Fragen beschäftigenden Urteil des Verwaltungsgerichts vom Februar 2007, (vgl. VG des Saarlandes, Urteil vom 21.2.2007 – 10 K 11/05.A –) durch das die Klage der Klägerin zu 1) gegen den Widerrufsbescheid des Bundesamts vom 1.2.2005 rechtskräftig abgewiesen worden ist, geklärt. Im Übrigen nicht ersichtliche zwischenzeitliche negative Veränderungen des Krankheitsbildes oder der medizinischen Versorgungssituation im Herkunftsland wären allenfalls im Rahmen eines Antrags auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gegenüber dem Bundesamt geltend zu machen.

Der Frage, inwieweit dem im Jahre 2002 in seine Heimat abgeschobenen und (wohl) kurze Zeit darauf wieder illegal eingereisten Kläger zu 2) nach zwischenzeitlicher Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit Blick auf Art. 6 GG noch die Sperre des § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen gehalten werden kann, bedarf daher keiner Vertiefung.

b. Die Voraussetzungen nach § 25 Abs. 5 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor. Danach kann einem Ausländer abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seiner Ausreise ein zwingendes dauerhaftes und von ihm nicht zu vertretendes Hindernis entgegensteht. Dies ist nicht erkennbar. Was die von den Klägern im Berufungsverfahren erneut als (inländisches) Ausreisehindernis eingewandte Suizidalität der Klägerin zu 1) betrifft, so hat der Senat bereits in dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren im Jahre 2008 klargestellt, dass die Ausländerbehörde bei ernsthaften Selbstmordabsichten eines Ausländers je nach den Gegebenheiten des Falles geeignete Vorkehrungen, unter anderem durch Sicherstellung einer ärztlichen Begleitung bei der Rückführung in das Heimatland, dafür zu treffen hat, dass sich der Gesundheitszustand durch den Abschiebevorgang nicht deutlich verschlechtert. (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.8.2008 – 2 B 265/08 –, SKZ 2009, 130, Leitsatz Nr. 58) Dies steht der Annahme einer dauerhaften rechtlichen und/oder tatsächlichen Unmöglichkeit der „Ausreise“ im Verständnis des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG zwingend entgegen. Die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte aktuelle fachärztliche Bescheinigung des behandelnden Arztes (vgl. das Attest des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie P. vom 13.10.2009, Blatt 159 der Gerichtsakte) rechtfertigt keine andere Beurteilung dieser Frage. Diese bezieht sich, insbesondere was die Ausführungen zum Erfordernis einer weiteren intensiven Behandlung der psychischen Erkrankung angeht, ohnehin überwiegend auf die Frage der Sicherstellung der Fortführung einer solchen im Zielstaat der Abschiebung und ist insoweit hier nach dem zuvor Gesagten in diesem Verfahren nicht von Bedeutung. Soweit mit dem Hinweis auf ein „erneutes Auftreten suizidaler Gedanken“ bei der Klägerin zu 1) die Frage der Reisefähigkeit thematisiert wird, enthält das Attest keinerlei Hinweis auf neue Umstände oder eine (wesentliche) Veränderung gegenüber dem bisherigen Erkenntnisstand, der bereits Gegenstand mehrerer erfolgloser Eilrechtsschutzersuchen gewesen ist. (vgl. dazu insbesondere OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.8.2008 – 2 B 265/08 –, SKZ 2009, 130, Leitsatz Nr. 58)

Eine „Unmöglichkeit“ der Ausreise im Sinne des Art. 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unter dem Gesichtspunkt einer Unzumutbarkeit der Ausreise der Kläger beziehungsweise ihrer Rückkehr in den Kosovo lässt sich auch nicht aus Art. 8 EMRK herleiten. Das hat das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats zutreffend begründet. Eine Aufenthaltsbeendigung kann nur dann einen konventionswidrigen Eingriff in das „Privatleben“ im Verständnis des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über so „starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte“ zum „Aufnahmestaat“ verfügt, dass er aufgrund der Gesamtentwicklung „faktisch zu einem Inländer“ geworden ist, dem wegen der Besonderheiten seines Falles ein Leben in dem Staat seiner Staatsangehörigkeit, zu dem er keinen Bezug (mehr) hat, schlechterdings nicht mehr zugemutet werden kann.

Eine schützenswerte Rechtsposition selbst eines im Kindesalter eingereisten und in Deutschland aufgewachsenen Ausländers auf der Grundlage des Art. 8 EMRK als so genannter „faktischer Inländer“ kommt allenfalls in Betracht, wenn von seiner abgeschlossenen „gelungenen“ Integration in die Lebensverhältnisse in Deutschland, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) Grundvoraussetzung für die Annahme eines rechtlichen Abschiebungshindernisses auf der Grundlage des Art. 8 Abs. 1 EMRK ist, ausgegangen werden kann. Nicht ausreichend ist es hingegen, dass sich der Betreffende über einen langen Zeitraum im Inland aufgehalten hat. (vgl. dazu zuletzt OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 9.4.2009 – 2 B 318/09 –, und vom 24.6.2009 – 2 B 348/09 –) Eine „gelungene“ soziale und wirtschaftliche Integration kann im Falle der Kläger nicht angenommen werden. Die Kläger haben während ihres nun insgesamt über 16 Jahre währenden Aufenthalts in Deutschland durchgehend öffentliche Hilfen zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts in Anspruch genommen. Eine isolierte Betrachtung des minderjährigen, in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Klägers zu 3) kommt in dem Zusammenhang nicht in Betracht. (vgl. auch hierzu bereits OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.8.2008 – 2 B 265/08 –, SKZ 2009, 130, Leitsatz Nr. 58)

2. Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Kläger ergibt sich ferner nicht aus der im Gefolge der 182. Sitzung der Innenminister und -senatoren vom 17.11.2006 auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erlassenen saarländischen Bleiberechtsregelung vom Dezember 2006 für im Bundesgebiet integrierte, aber ausreisepflichtige Ausländer (sog. Altfallregelung), (vgl. den Erlass des Ministeriums für Inneres, Familie, Frauen und Sport vom 20.12.2006 – B 5 5510/1 Altfall -, betreffend das „Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausreisepflichtige ausländische Staatsangehörige“) auf die die Kläger in ihrem Antrag vom April 2007 Bezug genommen haben.

Von daher muss nicht auf die in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortete Frage eingegangen werden, ob die Altfallregelungen der Länder bis zu einer formellen Aufhebung der einschlägigen Erlasse – wovon eine insoweit gesonderte Ablehnungsentscheidung enthaltende Bescheid des Beklagten vom 31.1.2008 offenbar ausgeht – neben § 104a AufenthG alternativ weiter anzuwenden sind. (vgl. einerseits OVG Hamburg, Urteil vom 29.1.2008 – 3 Bf 149/02 –, andererseits VGH Mannheim, Beschluss vom 28.4.2008 – 11 S 683/08 -, und OVG Lüneburg, Beschluss vom 27.9.2007 – 11 B LB 69/07 –, DVBl. 2008, 57) Nach den Anwendungshinweisen des Ministeriums für Inneres und Sport zur gesetzlichen Altfallregelung (vgl. die „Hinweise zu den §§ 104a und b AufenthG“ des Ministeriums für Inneres und Sport vom 23.11.2007 – B 5 5510/AufenthG 104a/b, dort Nr. 1 zum „Verhältnis der gesetzlichen Altfallregelung zum IMK-Bleiberechtsbeschluss vom 17. November 2006“) (§§ 104a, 104b AufenthG) spricht indes vieles dafür, dass der Erlassgeber von der Ersetzung seiner bis dahin geltenden Regelung ausgegangen ist. Danach sind bis zum Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht beschiedene Anträge auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG im Verbindung mit dem Beschluss der Innenministerkonferenz vom 17.11.2006 als solche auf Erteilung und Verlängerung (nunmehr) nach der gesetzlichen Altfallregelung zu behandeln.

Mit Blick auf die ministerielle Altfallregelung ist bereits zweifelhaft, ob die Kläger damals zum begünstigten Personenkreis des auf wegen der Unmöglichkeit ihrer Abschiebung geduldete abgelehnte Asylbewerber zielenden Erlasses vom 20.12.2006 gehörten. Dies hätte vorausgesetzt, dass am Stichtag (17.11.2006) eine Ausreisepflicht bestand (vgl. Ziffer 1.4 des Erlasses). Dem gegenüber waren den Klägern in den Jahren 2005/2006 mit Blick auf das Klageverfahren gegen den gegenüber der Klägerin zu 1) ergangenen Widerrufsbescheid des Bundesamts vom 1.2.2005 Aufenthaltserlaubnisse erteilt und dann ab Oktober 2006 aus Anlass der Verlängerungsanträge so genannte Fiktionsbescheinigungen ausgestellt worden. Auf Einzelheiten muss jedoch auch insoweit nicht eingegangen werden.

Auf ein Bleiberecht zielende Anordnungen der Obersten Landesbehörden nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG (vormals § 32 AuslG) aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland sind nicht wie Rechtssätze anzuwenden und auszulegen und begründen dementsprechend für die begünstigten Ausländer keine eigenständigen Rechtsansprüche auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Die nur an den genannten gesetzlichen Zielvorgaben zu orientierende politische Entscheidung, ob die zuständigen Behörden eine solche Anordnung überhaupt erlassen und wie sie dabei den Personenkreis der begünstigten Ausländer abgrenzen, unterliegt keiner gerichtlichen Kontrolle und ein subjektiver Anspruch eines Ausländers auf Einbeziehung in eine entsprechende Anordnung oder gar (erst) auf Erlass einer solchen bestand nicht. Der einzelne Ausländer hat vielmehr - sofern eine entsprechende Anordnung getroffen wird – aus allgemein rechtsstaatlichen Gründen heraus nach Maßgabe des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG) lediglich einen Anspruch auf Gleichbehandlung, für den allein die praktische Anwendung durch die zuständige Behörde bezogen auf das jeweilige Bundesland maßgebend ist. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 5.7.2006 – 2 Q 5/06 –, SKZ 2007, 45, Leitsatz Nr. 46, dort noch zur „Bleiberegelung für Asylbewerber und abgelehnte Vertriebenenbewerber mit langjährigem Aufenthalt“ des Ministeriums für Inneres und Sport vom 20.12.1999 – B 5-5510/1 Altfall – zur Umsetzung eines entsprechenden Beschlusses der Innenministerkonferenz vom 18./19.11.1999, „Altfallregelung“) Dem Vortrag der Kläger lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, dass der Beklagte beziehungsweise das früher zuständige Landesamt für Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten in vom Sachverhalt her gleich gelagerten Fällen „willkürlich“ abweichend verfahren ist und Aufenthaltserlaubnisse erteilt hat.

Im Übrigen setzte die damalige Altfallregelung wie ihre Vorgänger in der detaillierten Ziffer 2 des Erlasses in aller Regel eine bereits gelungene soziale und insbesondere wirtschaftliche Integration zu dem im Erlass genannten Stichzeitpunkt des Beschlusses der Ministerrunde (17.11.2006) voraus. Eine solche lag bei den Klägern vor allem, was die Eigensicherung des Lebensunterhalts und damit die wirtschaftliche Eingliederung in hiesige Lebensverhältnisse betraf, ohne Zweifel nicht vor.

Darüber hinaus waren im Falle der Kläger auch in der Altfallregelung vom Dezember 2006 aufgeführte Ausschlussgründe (dazu Ziffer 3 des Erlasses) gegeben. Der Beklagte hat in seinem Bescheid vom 31.1.2008 zutreffend auf den Ausschlussgrund gemäß Ziffer 3.3 hingewiesen. Nach der Anwendungspraxis der Ausländerbehörde schloss die Verurteilung des Klägers zu 2) zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen für Allgemeinstraftaten die Anwendung des Erlasses in seinem und auch im Falle seiner Familienangehörigen aus. Mit Blick auf den eingangs erwähnten rechtlichen Grundansatz ist dies in dem Zusammenhang jedenfalls nicht weiter zu hinterfragen.

3. Ansprüche der Kläger auf Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnisse ergeben sich schließlich auch nicht aus der seit dem 28.8.2007 geltenden gesetzlichen Altfallregelung der §§ 104a, 104b AufenthG. Sinn dieser Bestimmungen ist es, seit langem in Deutschland lebenden wirtschaftlich integrierten und nur geduldeten Ausländern, die sich in der Vergangenheit im Wesentlichen rechtstreu verhalten haben, durch die Einräumung befristeter Bleiberechte eine Perspektive für einen Verbleib in Deutschland zu geben und ihnen die Möglichkeit einzuräumen, im Bereich wirtschaftlicher Integrationsanforderungen bei Bedarf nachzubessern (§ 104a Abs. 1 Satz 1, Sätze 3 ff., Abs. 5 AufenthG). Personen, die bei Inkrafttreten der Bestimmung noch nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit zu sichern, erhalten bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen nach den dortigen Nr. 1 bis Nr. 6 eine Aufenthaltserlaubnis „auf Probe“ nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG, die nach § 104a Abs. 1 Satz 3 AufenthG den Aufenthaltstiteln aus humanitären Gründen gleichgestellt wird. Die zeitlichen Vorgaben sollen nach der Vorstellung des Bundesgesetzgebers einen Anreiz zur Arbeitsplatzsuche schaffen und die Zuwanderung in die Sozialsysteme vermeiden. Sobald der Ausländer nachweist, dass er seinen Lebensunterhalt eigenständig zu sichern vermag, soll ihm bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erteilt werden. (vgl. dazu Seite 202 der BT-Drucks. 16/5065 zu § 104a Abs. 1 E AufenthG) Bei gesichertem Lebensunterhalt wird die Aufenthaltserlaubnis im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 6 AufenthG auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erteilt (§ 104a Abs. 1 Satz 2 AufenthG).

Die Vorschrift geht jedoch im Grundsatz von einer aufenthaltsrechtlichen „Klärung“ der in den Anwendungsbereich fallenden Altfälle bis Jahresende 2009 aus, sieht für die Fälle erfolgreicher oder Erfolg versprechender Integration dann eine Verlängerungsmöglichkeit um 2 Jahre vor und ist daher für den Fall der Kläger eigentlich schon zeitlich weitgehend „überholt“, (vgl. dazu Funke-Kaiser in GK AuslR, § 104a AufenthG, Rn 3, wonach die gesetzliche Altfallregelung – wie die bisherigen Bleiberechtserlasse der Länder – eine zeitlich durch den Stichtag 1.7.2007 begrenzte Maßnahme des Gesetzgebers darstellt, die nicht für die Zukunft immer wieder neu entstehende Altfälle erfassen will) sofern man nicht für die Fälle frühzeitiger Antragstellung durch den betroffenen Ausländer in einer – unterstellt – rechtswidrigen Ablehnung einen Folgenbeseitigungsansprüche auslösenden Umstand erblickt.

a. Den Klägern ist es bis heute nicht gelungen, den Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit zu sichern, so dass der weitergehende Anspruch nach § 104a Abs. 1 Satz 2 AufenthG auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG aktuell offensichtlich ausscheidet. Der Kläger zu 2) hat zwar bereits im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens auf eine Anstellung bei der Landschaftsgärtnerei E in H hingewiesen und insoweit entsprechende Lohnbescheinigungen vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat war allerdings unstreitig, dass es insoweit Probleme jedenfalls in der Vergangenheit bei einem Einsatz des Klägers zu 2) im Rahmen von Arbeitsaufträgen jenseits der Landesgrenzen, insbesondere im benachbarten Rheinland-Pfalz, gab und dass die Familie daher auch aktuell auf öffentliche Hilfen zum Lebensunterhalt angewiesen ist. (vgl. dazu den mit dem PKH-Antrag vorgelegten Bescheid des Regionalverbands Saarbrücken, Soziales Dienstleistungszentrum, vom 21.8.2009, wonach die Kläger derzeit Hilfen zum Lebensunterhalt nach § 2 AsylbLG in Höhe von 1.234,53 EUR erhalten)

b. Da die auch insoweit zusätzlich geltenden Anforderungen nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht erfüllt sind, steht den Klägern ferner kein Anspruch auf Erteilung der in dieser Altfallregelung vorgesehenen Aufenthaltserlaubnis „auf Probe“ zu.

Zwar dürften die in § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG genannten Integrationsvoraussetzungen eines ausreichendem Wohnraums (Nr. 1), hinreichender mündlicher Deutschkenntnisse (Nr. 2) (Die in der Vorschrift angesprochenen mündlichen Deutschkenntnisse der Anforderungsstufe A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GERR), die von jedem – auch Familienmitglied – gesondert gefordert werden, erfordert nicht mehr, als dass sich der/die Betroffene in einfacher Art, etwa hinsichtlich der Angaben zu seiner Person und seiner Arbeit, mündlich verständlich machen kann.) und des Schulbesuchs des Klägers zu 3) – sofern überhaupt noch schulpflichtig – (Nr. 3) zu bejahen sein, und auch ein Terrorismusverdacht (Nr. 5) steht nicht in Rede. Handlungsweisen, die sich als vorsätzliche Behinderung oder Verzögerung einer Aufenthaltsbeendigung dem Tatbestand der Nr. 4 zuordnen ließen, hat der Beklagte den Klägern nicht entgegen gehalten.

Ebenso unstreitig muss indes hier nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen vom Vorliegen einer im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG erheblichen und nach den einschlägigen registerrechtlichen Vorschriften auch noch verwertbaren Bestrafung des Klägers zu 2) und damit eines Ausschlussgrundes im Sinne der gesetzlichen Altfallregelung ausgegangen werden. Dem Kläger zu 2) wurde durch Strafbefehl vom 21.3.2007 eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen auferlegt. Die inzwischen zwingende Unbeachtlichkeitsregelung für Geldstrafen bis 50 Tagessätzen greift wegen Überschreitens dieses vom Gesetzgeber „bagatellisierten“ Strafmaßes hier nicht ein. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist diese Vorstrafe im Sinne der einschlägigen Bestimmungen des Bundeszentralregistergesetzes unabhängig von dem bereits länger zurückliegenden Tatzeitpunkt im Jahr 2002 verwertbar (§§ 5 Abs. 1 Nr. 4, 46 Abs. 1 Nr. 1a, 51 BZRG). Der an den Zeitpunkt der Unterschrift des Richters unter den Strafbefehl anknüpfende Tilgungszeitraum von hier 5 Jahren ist noch nicht abgelaufen. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist in dem Zusammenhang durch die Regelungen über Tilgungsfristen und Verwertungsverbote (§§ 46 Abs. 1, 51 Abs. 1 BZRG) Rechnung getragen. Da die für den Senat durchaus nachvollziehbare Besonderheit des langen Zwischenraums zwischen Tatbegehung und Bestrafung keinen gesetzlichen Niederschlag gefunden hat, muss der Frage, auf welche Umstände dieser Zeitablauf zurückzuführen und welcher Verantwortungssphäre er zuzuordnen ist, nicht nachgegangen werden. Ein Antrag des Klägers zu 2) an das Bundesamt für Justiz – Bundeszentralregisterbehörde – auf vorzeitige Tilgung blieb erfolglos. Der entsprechende Tilgungsanspruch könnte – wenn er bestünde – nicht im vorliegenden Verfahren gegenüber der Ausländerbehörde geltend gemacht werden, da dieser insoweit keine Regelungsbefugnisse zustehen. Nach der Rechtsprechung des Senats stellt die Verurteilung zu einer Geldstrafe von mehr als 50 Tagessätzen einen strikten Versagungsgrund im Rahmen der gesetzlichen Altfallregelung dar. (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 27.5.2009 – 2 B 330/09 –, im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 27.1.2009 – 1 C 40.07 –, DVBl. 2009, 650)

Nach dem Gesetzeswortlaut rechtfertigt die Verwirklichung des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG auch die Versagung der Aufenthaltserlaubnis gegenüber mit dem Straftäter in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienmitgliedern (§ 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG), hier also gegenüber der Klägerin zu 1) als seiner Ehefrau und dem Kläger zu 3) als gemeinsamem (konkret minderjährigem) Kind.

Die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung ausführlich thematisierte und in der Literatur umstrittene Frage, ob diese Erstreckung der Wirkungen der Verurteilung auf die übrigen mit ihm zusammen lebenden Familienmitglieder (Schlagwort: „Sippenhaft“) verfassungsgemäß ist oder nicht, hat das Verwaltungsgericht – nach ihrer Verneinung – zur Zulassung der Berufung veranlasst. Ob es insoweit mit Blick auf die Grundrechte gerechtfertigt werden kann, was der Wortlaut zulässt, strafrechtliches Verhalten eines Kindes den mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Eltern oder gar seinen minderjährigen Geschwistern zuzurechnen, braucht hier nicht entschieden zu werden. (vgl. dazu den Vorlagebeschluss zum Bundesverfassungsgericht des VGH Mannheim vom 24.6.2009 – 13 S 519/09 –, InfAuslR 2009, 350, DÖV 2009, 727) Die Verfassungsmäßigkeit einer Zurechnung unterliegt jedenfalls gegenüber der strafrechtlich selbst bisher nicht in Erscheinung getretenen Klägerin zu 1) als Ehefrau keinen durchgreifenden Bedenken. (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.1.2008 – 2 S 6.08 –, juris) Insbesondere weist die Bestimmung von ihrem eindeutig geschlechtsneutralen Wortlaut her keine am Maßstab des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 2 G) zu beanstandende Benachteiligung gerade von Ehefrauen auf. (vgl. insbesondere in dem Zusammenhang OVG Lüneburg, Beschluss vom 17.11.2008 – 10 LA 260/08 –, NVwZ-RR 2009, 497)

Der Gesetzgeber hat mit der Altfallregelung 2007 eine bestimmte Gruppen von ausreisepflichtigen Ausländern begünstigende Regelung geschaffen, die das Aufenthaltsgesetz ansonsten nicht vorsieht und zu deren Erlass er weder verfassungs- noch völkerrechtlich verpflichtet ist. Dabei obliegt ihm ein weiter (gesetzgeberischer) Gestaltungsspielraum.

Die Argumentation des von den Klägern bereits im Zusammenhang mit dem Aussetzungsbegehren (§ 94 Satz 1 VwGO, dazu oben I.) in Bezug genommenen VGH Mannheim hinsichtlich der nach seiner Auffassung von dem Zurechnungsgebot in § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG ausgenommenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften mit der Konsequenz einer vermeintlich verfassungswidrigen Ungleichbehandlung (Schlechterstellung) von Eheleuten oder allgemein heterosexuellen Partnerschaften, überzeugt nicht. Die Frage, wer „Familienmitglied“ im Sinne der Vorschrift ist, ist für den Bereich gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften durch den § 11 Abs. 1 LPartG klar beantwortet. Danach gilt ein Lebenspartner als „Familienangehöriger“ des anderen Partners. Die aus dem in der Vorschrift enthaltenen Vorbehalt abweichender gesetzlicher Regelung in Verbindung mit § 27 Abs. 2 AufenthG vom VGH Mannheim (vgl. dazu den Vorlagebeschluss zum Bundesverfassungsgericht des VGH Mannheim vom 24.6.2009 – 13 S 519/09 –, DÖV 2009, 727, bei juris Rn 38, 39) hergeleitete Nichtanwendbarkeit auf formell verpartnerte Personen ist allein am Ergebnis orientiert und gebietet nicht zwingend, die Lebenspartner gerade im Sinne der Altfallregelung nicht als „Familienmitglieder“ zu behandeln.

Es verstößt ferner nicht gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) oder gegen das aus Art. 6 GG hergeleitete Verbot der Diskriminierung der Ehe, dass der Gesetzgeber nicht alle anderen nicht formellen Lebensgemeinschaften in die Regelung mit einbezogen hat, sondern bei § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG – wie auch in anderen Bereichen des Aufenthaltsrechts, etwa beim Familiennachzug – an die für einen sinnvollen Gesetzesvollzug als Anknüpfungspunkt in Betracht kommenden formellen Partnerschaften der Ehe oder – im gleichgeschlechtlichen Bereich – der eingetragenen Lebenspartnerschaft orientiert (§ 11 Abs. 1 LPartG). Die Vorschrift des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG spiegelt – bezogen auf die Ehefrau – die im Zusammenhang mit den Regelungen über den Familiennachzug (§§ 27 ff. AufenthG) an das Bestehen einer Ehe geknüpften Vergünstigungen wieder und schließt es beispielsweise aus, dass der strafrechtlich in Erscheinung getretene Ehegatte – sei es nun Mann oder Frau – sich nach Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG für den Partner auf der Grundlage des Art. 6 GG dann doch ein eigenes Bleiberecht „auf Probe“ sichert.

Der schriftsätzlich als Argument für die aus Sicht der Kläger stattdessen vorzunehmende „gesonderte“ Beurteilung der einzelnen Familienmitglieder genannten Entscheidung des Senats (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 30.10.2007 – 2 D 390/07 –) lässt sich derartiges offensichtlich nicht entnehmen. Der Beschluss betraf eine – erfolgreiche – Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe und enthält lediglich einen knappen Verweis auf die Existenz der Härteregelung in § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG, indes nicht einmal eine Aussage zu deren Anwendbarkeit im dortigen Fall, stattdessen aber einen ausdrücklichen Hinweis auf den Grundsatz der Zurechnung von Verurteilungen im Satz 1.

Die verfassungskritische Literatur (vgl. dazu Funke-Kaiser in GK AuslR, § 104a AufenthG, Rn 58) und Rechtsprechung geht ferner im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die Annahme einer Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht unmittelbar zu einem Anspruch der selbst nicht straffällig gewordenen Familienangehörigen führt. Insoweit wird darauf verweisen, dass der Bundesgesetzgeber außerhalb seiner sich aus der Verfassung (Art. 6 GG) oder aus Völkervertragsrecht (Art. 8 EMRK) ergebenden Verpflichtung zur Einräumung von Bleiberechten nicht gehindert sei, die „Altfallregelung“ gegebenenfalls insgesamt zu streichen, weshalb kein Fall der Teilnichtigkeit (nur) des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG angenommen werden könne. Von daher entzöge die Annahme der Verfassungswidrigkeit der Zurechnungsregel einem Anspruch der Kläger auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG insgesamt die Grundlage. Vor dem Hintergrund ist die Frage aufzuwerfen, weshalb die Frage nach der Verfassungswidrigkeit in auf die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Altfallregelung gerichteten Rechtsstreitigkeiten – auch soweit nur Neubescheidungen begehrt werden – überhaupt gestellt (und beantwortet) werden müsste. Von daher gilt im Ergebnis letztlich zumindest in diesem Teilbereich nichts anderes als für die früheren ministeriellen Bleiberechtserlasse ungeachtet der „Hochzonung“ der Altfallregelung auf die Stufe des formellen Gesetzes. Eine Nichtanwendung isoliert des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG durch die Gerichte bedeutete einen Übergriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei Erlass derartiger begünstigender Regelungen, die verfassungsrechtlich wiederum nur durch das Willkürverbot begrenzt wird. Das hat auch der VGH Mannheim in dem erwähnten Vorlageschluss so gesehen und die Vorlage nur mit Blick auf einen dort gestellten Antrag auf Neubescheidung für gerechtfertigt gehalten. (vgl. dazu den Vorlagebeschluss zum Bundesverfassungsgericht des VGH Mannheim vom 24.6.2009 – 13 S 519/09 –, DÖV 2009, 727, bei juris Rn 51, 52) Diese Differenzierung ist indes nicht nachvollziehbar. Wäre gegebenenfalls von einer Gesamtnichtigkeit des § 104a AufenthG auszugehen und berücksichtigt man zusätzlich das Fehlen einer Verpflichtung des Gesetzgebers zum (erneuten) Erlass solcher Rechtsvorschriften zur Bereinigung von Altfällen jenseits der Gewährleistung der Integrationsgarantie des Art. 8 EMRK, so ist nicht einleuchtend, woraus sich ein Anspruch (auch nur) auf Bescheidung eines Antrags des Ausländers ergeben sollte.

Ausgehend von der rechtlichen Verbindlichkeit der Altfallregelung (§ 104a AufenthG) sollen Härtefälle nach den Vorstellungen des Gesetzgebers, sofern es sich um eine besondere Härte handelt, unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten von der für Ehegatten geltenden Sonderregelung in § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgefangen werden. Eine solche „besondere“ Härte kann tatbestandlich in dem Zusammenhang allerdings sicher nicht bereits aus der Stellung des Zurechnungsadressaten als Ehefrau oder Ehemann hergeleitet werden, um auf diesem Wege das Zurechnungsgebot im Grundsatz zu relativieren. Sie kann vielmehr nur dann angenommen werden, wenn im konkreten („besonderen“) Einzelfall besondere Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die mit der Befolgung der Ausreisepflicht für den Ehepartner verbundenen Konsequenzen sie oder ihn erheblich ungleich härter treffen als andere Ausländer oder Ausländerinnen in vergleichbarer Situation oder wenn die abgeurteilte Straftat gerade gegenüber dem Ehepartner begangen worden ist. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Das gilt auch mit Blick auf die psychische Erkrankung der Klägerin zu 1). (vgl. dazu Funke-Kaiser in GK AuslR, § 104a AufenthG, Rn 60, wonach es eine Härte begründen soll, wenn der nicht straffällig gewordene Ehegatte eine in Deutschland eine lang dauernde Heilbehandlung durchläuft und ihm deren Abbruch nicht zugemutet werden kann) Insoweit ist ein Ende der Behandlungsbedürftigkeit nicht abzusehen und eine solche kann nach dem im Verfahren betreffend die Anfechtung des Widerrufsbescheids des Bundesamts vom 1.2.2005 ergangenen rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21.2.2007 – 10 K 11/05.A – inzwischen auch im Herkunftsland erfolgen. Mit der Erkrankung im Zusammenhang steht die von der Klägerin zu 1) behauptete Selbstmordabsicht (Suizidalität), die auch im Rahmen des § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG keine andere Beurteilung rechtfertigt. Ebenso wenig lässt sich aus dem Verweis auf den zeitlichen Abstand zwischen Tatbegehung (2002) und Bestrafung des Klägers zu 2) ein „besonderer“ Härtefall herleiten. Diese Thematik wird gerade auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten durch die Bestimmungen in §§ 46 Abs. 1, 51 Abs. 1 BZRG über die zeitliche Verwertbarkeit der Einträge im Register abgedeckt. Ansprüche auf vorzeitige Tilgung sind – wie bereits ausgeführt – gegenüber der zuständigen Bundesbehörde geltend zu machen.

Bei den minderjährigen Kindern entspricht die Zurechnung der Straffälligkeit eines Elternteils nach § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG dem allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Grundsatz, dass diese Kinder – wie hier der Kläger zu 3) – das aufenthaltsrechtliche Schicksal der Eltern teilen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der insoweit eine selbständige Beurteilung rechtfertigenden Sondervorschrift nach § 104b AufenthG liegen im Falle des Klägers zu 3) nicht vor. Das gilt bereits für die dort genannte Altersgrenze. Außerdem sind die Kläger zu 1) und 2) erklärtermaßen nicht zu einer „Ausreise“ bereit.

B.

Die in dem nach Erhebung der Klage ergangenen Ablehnungsbescheid vom 31.1.2008 unter Ziffern 4. bis 6. enthaltenen Maßnahmen der Ausreiseaufforderung unter Hinweis auf die Ausreisepflicht (§ 50 Abs. 1 AufenthG), der Abschiebungsandrohung für den Fall der Nichtbefolgung (§ 59 Abs. 1 AufenthG) wie auch der Hinweis auf die sich insoweit aus dem Gesetz ergebende Kostentragungspflicht (§ 66 Abs. 1 AufenthG) sind rechtlich nicht zu beanstanden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO, 100 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen mit Blick auf die höchstrichterlich bisher nicht entschiedene, in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beantwortete Frage der Verfassungsmäßigkeit der Zurechnungsregel des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Ungeachtet der sich aus dem Inhalt der Vorschrift, vor allem der Stichtagsregelung, ergebenden zeitlichen Vorgaben für die Behandlung und Klärung der in ihren Anwendungsbereich fallenden Altfälle (vgl. dazu Funke-Kaiser in GK AuslR, § 104a AufenthG, Rn 3, wonach die gesetzliche Altfallregelung – wie die bisherigen Bleiberechtserlasse der Länder – eine zeitlich durch den Stichtag 1.7.2007 begrenzte Maßnahme des Gesetzgebers darstellt, die nicht für die Zukunft immer wieder neu entstehende Altfälle erfassen will) enthält die Bestimmung keine zeitliche Beschränkung hinsichtlich des gesetzlichen Anwendungsbefehls, so dass insofern nicht von „auslaufendem“ Recht ausgegangen werden kann.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 15.000,- EUR festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG, ebenso bereits die vorläufige Festsetzung im Beschluss vom 16.4.2009 – 2 A 329/09 –).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:

1.
minderjährige Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2,
2.
Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen,
3.
Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen,
4.
Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen,
5.
Enkelkinder und weitere Abkömmlinge,
6.
Eltern,
7.
weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter ihnen gehen die Näheren den Entfernteren vor.

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

Geht die leistungsberechtigte Person durch Zahlung an Anbieter in Vorleistung, ist der kommunale Träger zur Übernahme der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen verpflichtet, soweit

1.
unbeschadet des Satzes 2 die Voraussetzungen einer Leistungsgewährung zur Deckung der Bedarfe im Zeitpunkt der Selbsthilfe nach § 28 Absatz 2 und 5 bis 7 vorlagen und
2.
zum Zeitpunkt der Selbsthilfe der Zweck der Leistung durch Erbringung als Sach- oder Dienstleistung ohne eigenes Verschulden nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen war.
War es dem Leistungsberechtigten nicht möglich, rechtzeitig einen Antrag zu stellen, gilt dieser als zum Zeitpunkt der Selbstvornahme gestellt.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).

(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. Juni 2009 - 4 K 4239/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.
Die im Bundesgebiet geduldeten Kläger sind serbische, möglicherweise auch kosovarische Staatsangehörige und gehören der Volksgruppe der Roma an. Der am 3.5.1978 geborene Kläger zu 1 und die am 5.10.1979 geborene Klägerin zu 2 sind miteinander verheiratet. Die in den Jahren 2002, 2003 und 2005 im Bundesgebiet geborenen Kläger zu 3 - 5 sind deren gemeinsame Kinder. Die Kläger zu 1 und 2 reisten im Jahre 1999 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Alle Kläger mit Ausnahme der Klägerin zu 2 haben mittlerweile Asylverfahren erfolglos betrieben.
Die Kläger sind in einer Obdachlosenunterkunft der Beklagten untergebracht. Laut Einweisungsverfügung der Beklagten vom 27.12.2006 (Verlängerung) handelt es sich um drei Zimmer, für die die Kläger eine monatliche Benutzungsgebühr in Höhe von 471,24 EUR zu zahlen haben. Der Verfügung zufolge werden die Gemeinschaftsflächen (Küche, Bad/WC, Flur) von allen Bewohnern gemeinsam genutzt. Auf dem Abdruck der Verfügung in den Akten der Beklagten befindet sich ein Aktenvermerk vom 9.2.2007, wonach es sich um eine abgeschlossene Wohnung handle.
Auf einem Meldeblatt in den Akten der Beklagten (AS. 138) ist festgehalten: „Wegzug nach unbekannt am 13.6.2005“ . Auf einem weiteren Meldebogen (VAS 140) ist für den 1.7.2005 „Wiederzuzug aus dem Ausland“ vermerkt.
In dem Bericht der Bundespolizeiinspektion Saarbrücken zur Rücküberstellung der Kläger vom 11.7.2005 wird ausgeführt, diese und andere Mitglieder ihrer Großfamilie seien am 8.7.2005 gegen 6.30 Uhr von der französischen Polizei am Bahnhof von Verdun angetroffen, überprüft und aufgrund ihrer fehlenden Pässe und Visa wegen unerlaubter Einreise in die Republik Frankreich festgenommen worden. Sie hätten gegenüber der französischen Polizei angegeben, mit dem Zug in Richtung Lyon unterwegs gewesen zu sein, in Verdun seien ihre Barmittel erschöpft gewesen. Nach ihren eigenen Angaben seien sie am 6.7.2005 von Stuttgart aus in Richtung Frankreich abgereist. Nach ihrer Ankunft in Verdun hätten sie in den dortigen Straßen übernachtet. Fahrkarten hätten sie nicht bei sich gehabt. Nach erfolgter Rücküberstellung aus Frankreich am 8.7.2005 sei bei der Überprüfung festgestellt worden, dass die Kläger außer ihren Duldungen u.a. noch ein Schreiben des Regierungspräsidiums Stuttgart, Bezirksstelle für Asyl, vom 14.6.2005 bei sich geführt hätten. Darin seien sie aufgefordert worden, sich zur Vorbereitung der freiwilligen Rückkehr mit der Behörde in Verbindung zu setzen. Auch nach ihrer Rückkehr aus Frankreich erhielten die Kläger Duldungen.
Unter dem 28.11.2006 beantragten die Kläger die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. In dem Antragsformular ist als Aufenthaltszweck „Erwerbstätigkeit“ angekreuzt. In einem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30.10.2006 berief sich dieser indes allein auf humanitäre Gründe (§ 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK). Mit Schreiben vom 22.11.2006 führte er ergänzend aus, er meine, dass die Kläger unter die Voraussetzungen der Altfallregelung vom 17.11.2006 fielen. Kurz darauf gaben diese die in ihrem Besitz befindlichen serbischen Reisepässe bei der Beklagten ab.
Mit Bescheid vom 6.5.2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Kläger ab; den Klägern zu 4 und 5 drohte sie zudem die Abschiebung in die Bundesrepublik Serbien oder den Kosovo an, falls sie die Bundesrepublik Deutschland nicht spätestens einen Monat nach Bestandskraft dieser Verfügung verließen. Punkt 1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom 20.11.2006 sei nicht erfüllt. Die Kläger hätten Ende Mai/Anfang Juni die Obdachlosenunterkunft verlassen und seien untergetaucht. Am 6.7.2005 seien sie nach Frankreich gereist. Sie hätten dort mit ihren Onkeln, Tanten, Brüdern und Cousins leben und ihren Lebensmittelpunkt dorthin verlegen wollen. Sie seien jedoch von der französischen Polizei festgenommen und am 8.7.2005 nach Deutschland zurück überstellt worden. Sie hätten sich damit zwar noch kurzfristig, jedoch ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde außerhalb der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Zudem hätten sie vorsätzlich behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert oder behindert. Sie hätten zwar zur Erlangung der Aufenthaltserlaubnis einen gültigen serbischen Reisepass vorgelegt. Sie hätten diesen jedoch bereits seit fast zehn Monaten besessen und ihn trotz mehrerer Aufforderungen zur Verhinderung einer möglichen Abschiebung nicht bei der Ausländerbehörde vorgelegt. Des Weiteren seien sie aus ihrer Obdachlosenunterkunft verschwunden, untergetaucht und illegal nach Frankreich gereist, um einer Abschiebung in ihre Heimat zu entgehen. Auch eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG könne den Klägern nicht erteilt werden. Sie verfügten nicht über ausreichenden Wohnraum, da sie in einer kommunalen Obdachlosenunterkunft wohnten. Zudem sei zu ihren Lasten zu werten, dass sie ihren Nationalpass der Ausländerbehörde nicht unverzüglich vorgelegt hätten. Die von ihnen ausgeführte Integration der Familie zu „faktischen Inländern“ könne nicht nachvollzogen werden. Die Kläger zu 1 und 2 befänden sich noch nicht einmal zehn Jahre im Bundesgebiet und hätten keinen deutschen Schulabschluss. Sie seien beide im Kosovo aufgewachsen, beherrschten die Sprache und könnten sich in die dortigen Lebensverhältnisse wieder einfügen. Die Kläger zu 3 - 5 besuchten noch nicht die Schule und könnten sich daher auch problemlos in die Gesellschaft ihres Heimatlandes einfügen. Zudem könne nicht von einer erfolgreichen Integration gesprochen werden, wenn die Familie sich der Abschiebung durch die Nichtaushändigung der gültigen Nationalpässe und Untertauchen entziehe.
Die fristgerecht erhobenen Widersprüche der Kläger wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2008 zurück. Darin wird ausgeführt: Seit der Rückkehr in das Bundesgebiet im Juli 2005 sei der Kläger zu 1 als Teilzeitmitarbeiter bei der Firma M. D. beschäftigt. Im März 2007 habe er zusätzlich eine geringfügige befristete Beschäftigung in einer Autowaschanlage angenommen. Zumindest bis November 2006 hätten die Kläger zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zusätzliche öffentliche Leistungen bezogen. Die erforderliche ununterbrochene Aufenthaltszeit von sechs Jahren sei nicht erfüllt, weil die Kläger im Juni 2005 untergetaucht seien und sich unerlaubt in Frankreich aufgehalten hätten, wo sie am 8.7.2005 festgenommen worden seien. Gemäß Nr. 1.1, Buchstabe i der Anwendungshinweise des Innenministeriums zur Anordnung vom 20.11.2006 führe die Weiterreise in einen anderen Dublin-Staat auch dann zu einer Unterbrechung des Inlandsaufenthalts, wenn eine Rücküberstellung erfolgt sei. Nach Nr. 2.3. der ergänzenden Hinweise des Innenministeriums zu den vorläufigen Anwendungshinweisen zum Aufenthaltsgesetz gelte das Gleiche für die gesetzliche Bleiberechtsregelung des § 104a AufenthG. Gemäß § 50 Abs. 4 AufenthG seien die Kläger mit ihrer unerlaubten Einreise und dem unerlaubten Aufenthalt in Frankreich ihrer Ausreisepflicht nicht nachgekommen. Nach Aktenlage sei auch kein rechtliches oder tatsächliches Ausreisehindernis im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG ersichtlich. Die Kläger zu 1 und 2 lebten erst seit acht Jahren im Bundesgebiet und hätten die überwiegende Zeit ihres Lebens in ihrem Heimatland verbracht. Ihnen sei es deshalb möglich und zumutbar zusammen mit ihren minderjährigen Kindern in ihr Heimatland zurückzukehren. Die minderjährigen Kläger zu 3 - 5 teilten insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern. Die gegen die Kläger zu 4 und 5 ergangenen Abschiebungsandrohungen seien zwischenzeitlich obsolet geworden, nachdem sie das Bundesamt bestandskräftig zur Ausreise aufgefordert und ihnen anderenfalls die Abschiebung in das Kosovo angedroht habe.
Die Kläger haben am 12.11.2006 Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Sie machen ergänzend geltend, der Kläger zu 1 arbeite bereits seit dem 23.3.2003 bei M. D.. Aufenthaltsrechtlich relevante Vorstrafen gebe es nicht.
10 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 4.6.2009 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Ein Anspruch nach § 104a AufenthG bzw. § 23 AufenthG i.V.m. der Anordnung des Innenministeriums vom 20.11.2006 scheitere schon daran, dass sich die Kläger zum jeweiligen Stichtag nicht seit mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet aufgehalten hätten, weil sie nach ihrem Untertauchen im Juni 2005 nach Frankreich ausgereist seien und hierbei ihren Duldungsstatus verloren hätten. Die vorherigen Aufenthaltszeiten könnten daher nicht auf die Mindestdauer des langjährigen Aufenthalts angerechnet werden. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 EMRK ergebe sich kein Abschiebungshindernis. Im Rahmen der Eingriffsrechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK sei eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Für die Kläger spreche der insgesamt lange Aufenthalt im Bundesgebiet, die bei allen Klägern vorhandenen deutschen Sprachkenntnisse, das Fehlen von Straftaten sowie das Bemühen um die Sicherung des Lebensunterhalts durch den Kläger zu 1, neuerdings auch durch die Klägerin zu 2. Dagegen spreche auf der anderen Seite der Umstand, dass die Sicherung des Lebensunterhalts bisher nicht gelungen sei. Die mündliche Verhandlung habe ergeben, dass der Kläger zu 1 aus seiner Teilzeitbeschäftigung bei M. D. ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von ca. 880,-- EUR erziele. Hinzu komme der Verdienst der Klägerin zu 2 aus ihrer neu aufgenommenen Tätigkeit in Höhe von 120,-- EUR im Monat sowie das Kindergeld von ca. 480,-- EUR monatlich. Zusammen seien dies 1.480,-- EUR, wovon die Miete von 472,-- EUR abzuziehen sei. Es verblieben ca. 1.008,-- EUR, während der Bedarf der Familie sich nach den Berechnungen des Sozialamts der Beklagten auf 1.276,05 EUR belaufe. Es klaffe daher eine Lücke von ca. 270,- EUR, die auch derzeit noch durch ergänzende Sozialhilfe abgedeckt werde. Damit sei die wirtschaftliche Integration der Kläger zurzeit nicht gegeben. Hinzu komme der Umstand, dass sie zwischenzeitlich nach Frankreich ausgereist seien und damit bei ihnen keine kontinuierliche Entwicklung hin zu einer zunehmenden Integration festzustellen sei, weil kurzzeitig die Absicht der Eingliederung in die hiesigen Lebensverhältnisse aufgegeben worden sei. Die Entfremdung von den heimatlichen Lebensverhältnissen schreite fort, sei aber noch nicht gravierend, weil die Kläger zu 1 und 2 wegen ihres langjährigen Aufenthalts im Heimatland noch mit den Verhältnissen dort vertraut seien. Allerdings könnten die Kläger zu 3 - 5 die Roma-Sprache als Muttersprache der Kläger zu 1 und 2 nur sehr unzureichend sprechen, wie ihre Aussage in der mündlichen Verhandlung ergeben habe. Als Ergebnis der Abwägung sei festzuhalten, dass der Aspekt der noch nicht erreichten wirtschaftlichen Integration der Kläger bislang das größte Gewicht habe, so dass noch nicht von einer hinreichenden „Verwurzelung“ ausgegangen werden könne. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist den Klägern am 10.6.2009 zugestellt worden.
11 
Die Kläger machen zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung fristgerecht geltend: Der Kläger zu 1 sei inzwischen in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis im Rotationssystem bei M. D. übernommen worden. Sie erfüllten die Voraussetzungen des Art. 8 EMRK. Die Kläger zu 1 und 2 seien im Jahre 1999 ins Bundesgebiet eingereist, die Kläger zu 3 - 5 seien im Bundesgebiet geboren. Seither befänden sie sich bis auf eine kurzfristige Unterbrechung im Jahr 2005 ununterbrochen im Bundesgebiet. Allgemeine Ausschussgründe seien nicht ersichtlich, insbesondere lägen keine aufenthaltsrechtlich relevanten Vorstrafen vor. Zugunsten der Kläger müsse insbesondere der fast zehnjährige Aufenthalt im Bundesgebiet ins Gewicht fallen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sprächen die guten deutschen Sprachkenntnisse für die Kläger. Ihr Lebensunterhalt sei mittlerweile hinreichend gesichert. Der Kläger zu 1 beziehe einen Nettolohn von etwa 900,--EUR monatlich. Hinzu komme ein „Nebenjob“ bei einer Reinigungsfirma. Die Klägerin zu 2 arbeite ebenfalls bei dieser Firma auf 400,-- Euro-Basis. Die Kläger zu 3 - 5 seien hier im Bundesgebiet geboren und hätten keinerlei Bezug zum Kosovo. Neben der deutschen Sprache beherrschten sie nur noch die Roma-Sprache als Muttersprache, allerdings nur sehr unzureichend. Sie sprächen weder albanisch noch serbokroatisch. Nicht außer Acht gelassen werden könne auch die ethnische Volkszugehörigkeit der Kläger. Sie würden nach wie vor im Kosovo als „Menschen zweiter Klasse“ behandelt und angesehen werden.
12 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger zu 1 ergänzend informatorisch angegeben, sie hätten sich nur für 24 Stunden in Frankreich aufgehalten. Aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen. Am 23.6.2005 seien sie aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Er wisse nicht mehr, wo sie sich in der Zwischenzeit bis zu ihrer Ausreise nach Frankreich aufgehalten hätten; möglicherweise hätten sie Urlaub bei Verwandten in Hamburg gemacht. Er arbeite seit Juni 2009 170 Stunden monatlich bei M. D. in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis und daneben 25 Stunden monatlich bei einer Reinigungsfirma. Die Klägerin zu 2 sei dort ca. 40 Stunden pro Monat beschäftigt. Ihre Kinder - die Kläger zu 3 bis 5 - beherrschten die albanische Sprache nicht.
13 
Die Kläger beantragen,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4.6.2009 - 4 K 4239/08 - zu ändern, die Bescheide der Beklagten vom 6.5.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.10.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen zu erteilen.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie vertritt die Ansicht, die Kläger könnten aus ihrem Voraufenthalt keine Rechte ableiten. Sie seien nicht nur wenige Tage untergetaucht. Das Haus, in dem sie als Obdachlose eingewiesen gewesen seien, sei nach Auskunft des zuständigen Sozialarbeiters in der Nacht zum 13.6.2005 verlassen worden. Dieses Datum sei durch eine Befragung der Nachbarn bestätigt worden. Bei der französischen Polizei hätten sie „Abschiebungsandrohungen“ vom 17.5.2005 vorgelegt; die im Polizeibericht erwähnte „Abschiebungsandrohung“ vom 14.6.2005 stamme wahrscheinlich von der anderen Familie ...-... aus dem Ostalbkreis. Der Ausschlussgrund des § 104a Abs. 1 Nr. 4 AufenthG sei durch Untertauchen erfüllt. Als Aufenthaltszeit zu beachten sei nur die Zeit ab der Rücküberstellung am 8.7.2005. Während dieses vierjährigen Aufenthalts seien sie nur geduldet gewesen. Eine Verwurzelung sei aber nicht möglich, wenn sich ein Ausländer nur geduldet in Deutschland aufhalte. Von einer fortgeschrittenen beruflichen und sozialen Integration der Kläger könne nicht die Rede sein. Der Kläger zu 1 sei lediglich als Teilzeitmitarbeiter bei der Firma M. D. beschäftigt. Es sei ihm nicht gelungen, einen Arbeitsplatz mit Vollbeschäftigung zu finden oder sein Arbeitsvolumen beim jetzigen Arbeitgeber auf Vollzeit zu erhöhen. Dieses Argument werde nicht dadurch hinfällig, dass er seit März 2007 daneben eine geringfügige Beschäftigung in einer Autowaschanlage angenommen habe, die er aber nicht mehr ausübe. Die Kläger hätten zwar bei einer „Putzfirma“ mittlerweile zwei Hilfsjobs angenommen. Sie arbeiteten in Teilzeit in zusätzlichen Minijobs, die sie jederzeit wieder verlieren oder aufgeben könnten und in Bereichen, für die eine qualifizierte Ausbildung nicht erforderlich sei. Eine fortgeschrittene berufliche Integration gründe sich in der Regel auf ein unkündbares langjähriges Vollzeitarbeitsverhältnis mit durch die Arbeit erfolgter Qualifizierung und beruflichem Aufstieg. Eine soziale Integration erfordere insbesondere eine dauerhafte eigenständige Lebensunterhaltssicherung. Hinzu komme, dass ihnen die Reintegration im Herkunftsstaat nicht unmöglich sei. Dies zeige sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle. Es treffe nicht zu, dass die Kinder die Sprache des Herkunftsstaates nicht sprechen könnten. Auch der Großvater der Kläger sei im Bundesgebiet aufgenommen worden; es bestehe intensiver Kontakt. Da dieser der deutschen Sprache kaum mächtig sei, könnten die Enkel zwangsläufig nicht deutsch mit ihm sprechen. Minderjährige Kinder teilten grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern. Stehe den Eltern wegen mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland kein Aufenthaltsrecht zu, sei davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger auf die von den Eltern nach der Rückkehr in den Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden könne. Zudem könnten die Kläger keine besondere soziale Integration beispielsweise durch die aktive Mitgliedschaft in Vereinen nachweisen. Die Kinder seien noch so jung, dass sie zusätzliche Sprachen mit Leichtigkeit erlernen könnten, zumal sie als zweisprachig aufgewachsene Kinder sprachbegabt seien und die Eltern die Sprache auch beherrschten und sie in der Erlernung unterstützen könnten.
18 
Dem Senat liegen neben den Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts die von der Beklagten vorgelegten Ausländerakten über die Kläger (sechs Hefte) und die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart vor. Diese Akten waren wie die Prozessakte Gegenstand der mündlichen Verhandlung; wegen der Einzelheiten wird hierauf ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist aber unbegründet, da das Verwaltungsgericht ihre Klage zu Recht abgewiesen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
20 
1. Die Klage ist allerdings nicht schon etwa deshalb unbegründet, weil die Kläger bei der Beklagten keinen Antrag auf die nunmehr geltend gemachten Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen gestellt hätten. Ursprünglich haben sie im Antragsformular zwar angegeben, dass sie einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit begehren. Hierbei hat es sich indes um ein offenkundiges Versehen gehandelt. Wie sich aus dem Schriftverkehr zwischen ihrem Prozessbevollmächtigten und der Behörde eindeutig ergibt, haben sie der Sache nach von Anfang an nur einen humanitären Aufenthaltstitel begehrt. Diese Auslegung ihres Antrags ist auch sachgerecht, da ein Aufenthaltstitel aus anderen Gründen - z. B. zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder zum Familiennachzug - offenkundig nicht in Betracht kommt. Dementsprechend hat auch das Verwaltungsgericht die Klage ausgelegt und in den Entscheidungsgründen ausschließlich geprüft, ob den Klägern ein Titel aus humanitären Gründen erteilt werden kann. Bei dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag handelt es sich demzufolge nicht um eine Klageänderung, sondern nur um eine Konkretisierung des schon ursprünglich geltend gemachten Begehrens.
21 
2. Die Kläger haben jedoch in der Sache weder einen Anspruch auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 23 AufenthG noch nach § 104a AufenthG; auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
22 
a) Die Kläger erfüllen weder die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung nach § 23 AufenthG noch die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG. Sowohl Nr. I.1.1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 als auch § 104a Abs. 1 AufenthG verlangen zu den jeweiligen Stichtagen am 17.11.2006 bzw. 1.7.2007 einen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von sechs Jahren. Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger nicht, da sie das Bundesgebiet verlassen und versucht haben, auf Dauer nach Frankreich auszureisen, und sich damit im Zeitpunkt ihres dortigen Aufgreifens am Bahnhof von Verdun außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben. Zwar sind nach Nr. I.1.1 der Bleiberechtsregelung vom 20.11.2006 kurzfristige erlaubte Auslandsreisen unschädlich. Dasselbe galt nach den vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums (Stand: 17.12.2007) bei § 104a Abs. 1 AufenthG (Nr. 2.3); diese Regelung ist in der mittlerweile verabschiedeten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz allerdings nicht aufgegriffen worden. Bei der Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 hat es sich nicht um eine derartige für die Erfüllung der ununterbrochenen Aufenthaltszeit unschädliche kurzfristige erlaubte Auslandsreise gehandelt. Eine solche setzt nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung zum einen voraus, dass es sich um einen bloß vorübergehenden Aufenthalt im Ausland handelt, nicht aber um eine Ausreise auf Dauer, bei der eine Rückkehr ins Bundesgebiet nicht oder nicht in absehbarer Zeit geplant ist. Zum anderen kann von einer erlaubten Ausreise nur dann gesprochen werden, wenn sie in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt.
23 
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 auf Dauer erfolgen sollte. Die am 13.6.2005 - oder nach dem Vortrag des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.6.2005 -erfolgte Auflösung ihres Haushalts und ihr darauffolgendes Untertauchen belegen, dass sie das Bundesgebiet dauerhaft verlassen wollten. Dies hat der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich bestätigt und angegeben, aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen; sie seien aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Wie lange sich die Kläger genau in Frankreich aufgehalten haben und zu welchem exakten Datum sie ihre Wohnung aufgelöst haben, ist angesichts dessen nicht entscheidungserheblich.
24 
Zum anderen kann im vorliegenden Fall nicht die Rede davon sein, dass die Ausreise der Kläger nach Frankreich in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt sein könnte. Wie der Beklagte glaubhaft vorgetragen hat, erfolgte das Untertauchen und die anschließende Ausreise der Kläger ohne seine Kenntnis und erst Recht ohne seine Billigung.
25 
Als unschädlich kann der Auslandsaufenthalt der Antragsteller auch nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 85 AufenthG angesehen werden (vgl. allg. zu diesem Problemkreis: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.10.2009 – 11 S 1911/09 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 31.1.2008 - 4 K 36/08 - NVwZ-RR 2008, 646; Bayer. VGH, Beschluss vom 4.8.2009 – 19 ZB 09.1510 – juris; VG Würzburg, Urteil vom 3.3.2008 - W 7 K 07.861 - juris; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104a Rn. 13). Danach können Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben. In der Kommentarliteratur wird allerdings vereinzelt die Auffassung vertreten, dass keine Unterbrechung des Aufenthalts eintritt, wenn der Ausländer erfolglos versucht hat, seiner Ausreisepflicht freiwillig durch Ausreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat nachzukommen; finde er dort keine Aufnahme und kehre im Rahmen des Dublin-Verfahrens zurück, so handele es sich lediglich um einen gescheiterten Versuch der Aufenthaltsaufgabe, der nicht zur Unterbrechung führe (so HK-AuslR/Fränkel, § 104 a AufenthG Rn. 9). Schon der gedankliche Ansatzpunkt dieser Auffassung trifft jedoch nicht zu, denn nach § 50 Abs. 4 AufenthG kann ein Ausländer seiner Ausreisepflicht durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur dann genügen, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Dies war bei den Klägern nicht der Fall. Weiter scheidet eine Anwendung des § 85 AufenthG hier deshalb aus, weil dieser nicht die Unterbrechung des Aufenthalts als solchen, die hier im Raum steht, sondern nur dessen Rechtmäßigkeit betrifft. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollte diese Vorschrift beispielsweise dann zur Anwendung kommen, wenn ein Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis verspätet gestellt oder ein Pass ungültig geworden ist (BT-Drucks. 15/420, S. 97), also mit anderen Worten, wenn wegen einer Nachlässigkeit in formaler Hinsicht eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eintritt. Damit ist aber der Fall des Untertauchens und der anschließenden illegalen Ausreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vergleichbar. Auch Sinn und Zweck der Bleiberechtsregelung und des § 104a Abs.1 AufenthG stehen einer entsprechenden Anwendung des § 85 AufenthG entgegen. Der Zweck der Normen, langjährig geduldete Ausländer zu begünstigen, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 202 zu § 104a AufenthG), spricht dafür, grundsätzlich einen ununterbrochenen Aufenthalt zu verlangen und nur erlaubte kurzfristige Auslandsreisen etwa zu Besuchszwecken als unschädlich anzusehen. Gerade im Hinblick darauf, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, lediglich eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren gefordert wird, lässt sich die Zulassung einer bis zu einjährigen Unterbrechung des Aufenthalts mit der gesetzgeberischen Intention nicht vereinbaren.
26 
b) Schließlich kommt auch ein Anspruch der Kläger aus § 25 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht. Ihre Abschiebung ist nicht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK rechtlich unmöglich. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann u.a. Anspruch auf Achtung seines Privatlebens. Dieses Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -InfAuslR 2007, 275).
27 
Offen bleiben kann, ob der Schutzbereich des Rechts der Kläger auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, obwohl ihr Aufenthalt niemals legalisiert worden war. Allerdings neigt auch der Senat der Auffassung des 11. Senats des erkennenden Gerichtshofs zu (vgl. z.B. Beschluss vom 5.2.2009 – 11 S 3244/08 - juris), wonach es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte.
28 
Jedenfalls würde hier eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger keinen (rechtswidrigen) Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens darstellen. Denn Art. 8 EMRK darf nicht so ausgelegt werden, als verbiete er eine Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum Aufnahmestaat verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist.
29 
Dies ist bei den Klägern nicht der Fall. Weder lässt sich sagen, dass sie faktisch als Inländer angesehen werden können, weil sie in Deutschland verwurzelt wären, noch sind sie von ihrem Heimatland vollständig entwurzelt.
30 
Für die Kläger zu 1 und 2 spricht zwar, dass sie sich seit 1999 - soweit ersichtlich straffrei - im Bundesgebiet aufhalten und dass sie die deutsche Sprache beherrschen; die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 sind sogar im Bundesgebiet geboren. Sonstige nennenswerte Integrationsleistungen fehlen aber. Deshalb ist nicht von einer weit reichenden Verwurzelung in Deutschland auszugehen. Eine nachhaltige wirtschaftliche Integration lässt sich nicht feststellen. Erst seit Kurzem sind sie in der Lage, durch mehrere ungelernte Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ein langfristig angelegtes Vollerwerbsverhältnis können die Kläger aber nicht vorweisen. Zwar beträgt der Umfang der Beschäftigung des Klägers zu 1 bei M. D. seit Juni 2009 mittlerweile 170 Stunden monatlich. Der daraus erzielte Verdienst genügt für sich allein genommen indes auch zusammen mit dem Kindergeld immer noch nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie. Auch wenn in den letzten Jahren ihre Bemühungen um eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts anzuerkennen sind, genügen die ausgeübten Tätigkeiten - überwiegend in Teilzeitarbeitsverhältnissen oder als geringfügig Beschäftigte - als ungelernte Arbeitskräfte nicht für die Annahme einer nachhaltigen wirtschaftlichen Verwurzelung. Weitere besondere Integrationsleistungen wie die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen liegen nicht vor. Weiter ist mit hohem Gewicht zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt der Kläger - abgesehen von den Aufenthaltsgestattungen während der Dauer ihrer erfolglosen Asylverfahren - nie legalisiert war, es also an einer „Handreichung des Staates“ und einem rechtlich geschützten Vertrauen darauf, dauerhaft im Bundesgebiet bleiben zu dürfen, fehlt. Abschiebestopperlasse allein konnten dieses Vertrauen zumindest während der Aufenthaltsdauer der Kläger im Bundesgebiet nicht begründen. Schließlich haben die Kläger durch ihren auf Dauer angelegten Versuch der Übersiedlung nach Frankreich im Juni/Juli 2005 selbst deutlich gemacht, dass sie sich in der Bundesrepublik nicht fest „verwurzelt“ fühlen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie bereit waren und versucht haben, Deutschland freiwillig - wenn auch nach ihrem Vortrag aus der (unbegründeten) Angst vor einer Abschiebung heraus - zu verlassen und sich in die Lebensverhältnisse eines anderen Landes – Frankreich - einzufügen.
31 
Eine vollständige Entwurzelung liegt ebenfalls nicht vor. Die Kläger zu 1 und 2 haben den überwiegenden Teil ihres Lebens im Kosovo verbracht. Nachdem diese noch nicht von den Lebensverhältnissen im Kosovo entfremdet sind, muss von ihnen auch erwartet werden, dass sie ihre noch jungen minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3 bis 5, von denen nur das Älteste mittlerweile in Deutschland die Schule besucht, bei der sicher nicht einfachen Eingliederung in die Lebensverhältnisse im Kosovo und dem Erwerb der albanischen Sprache unterstützen werden. Die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 teilen insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern, auch wenn dies für sie eine nicht unerhebliche Härte bedeuten wird.
32 
Sollte das Vorbringen der Kläger (auch) so zu verstehen sein, dass sie zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse geltend machen möchten, weil sie meinen, menschenwürdige Lebensverhältnisse seien für Angehörige der Volksgruppe der Roma im Kosovo nicht gewährleistet, könnten sich jedenfalls die Kläger zu 1 und 3 bis 5 hierauf im vorliegenden Verfahren wegen der Bindungswirkung des § 42 Satz 1 AsylVfG nicht berufen. Denn insoweit machen sie in der Sache zielstaatsbezogene Gesichtspunkte im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG geltend. Liegt hierzu eine negative Statusfeststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (früher Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) vor, so ist die Ausländerbehörde an diese Feststellung gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG gebunden. Ein Ausländer kann die Unzumutbarkeit seiner freiwilligen Ausreise nicht auf eine zielstaatsbezogene Gefahrensituation stützen, wenn und solange das zuständige Bundesamt eine solche Feststellung wie hier abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192 = NVwZ 2006, 1418; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.4.2007 - 11 S 1035/06 - juris; Nds. OVG, Urteil vom 27.9.2007 - 11 LB 69/07 - DVBl. 2007, 57).
33 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
35 
Beschluss vom 9.12.2009
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist aber unbegründet, da das Verwaltungsgericht ihre Klage zu Recht abgewiesen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
20 
1. Die Klage ist allerdings nicht schon etwa deshalb unbegründet, weil die Kläger bei der Beklagten keinen Antrag auf die nunmehr geltend gemachten Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen gestellt hätten. Ursprünglich haben sie im Antragsformular zwar angegeben, dass sie einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit begehren. Hierbei hat es sich indes um ein offenkundiges Versehen gehandelt. Wie sich aus dem Schriftverkehr zwischen ihrem Prozessbevollmächtigten und der Behörde eindeutig ergibt, haben sie der Sache nach von Anfang an nur einen humanitären Aufenthaltstitel begehrt. Diese Auslegung ihres Antrags ist auch sachgerecht, da ein Aufenthaltstitel aus anderen Gründen - z. B. zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder zum Familiennachzug - offenkundig nicht in Betracht kommt. Dementsprechend hat auch das Verwaltungsgericht die Klage ausgelegt und in den Entscheidungsgründen ausschließlich geprüft, ob den Klägern ein Titel aus humanitären Gründen erteilt werden kann. Bei dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag handelt es sich demzufolge nicht um eine Klageänderung, sondern nur um eine Konkretisierung des schon ursprünglich geltend gemachten Begehrens.
21 
2. Die Kläger haben jedoch in der Sache weder einen Anspruch auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 23 AufenthG noch nach § 104a AufenthG; auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
22 
a) Die Kläger erfüllen weder die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung nach § 23 AufenthG noch die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG. Sowohl Nr. I.1.1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 als auch § 104a Abs. 1 AufenthG verlangen zu den jeweiligen Stichtagen am 17.11.2006 bzw. 1.7.2007 einen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von sechs Jahren. Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger nicht, da sie das Bundesgebiet verlassen und versucht haben, auf Dauer nach Frankreich auszureisen, und sich damit im Zeitpunkt ihres dortigen Aufgreifens am Bahnhof von Verdun außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben. Zwar sind nach Nr. I.1.1 der Bleiberechtsregelung vom 20.11.2006 kurzfristige erlaubte Auslandsreisen unschädlich. Dasselbe galt nach den vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums (Stand: 17.12.2007) bei § 104a Abs. 1 AufenthG (Nr. 2.3); diese Regelung ist in der mittlerweile verabschiedeten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz allerdings nicht aufgegriffen worden. Bei der Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 hat es sich nicht um eine derartige für die Erfüllung der ununterbrochenen Aufenthaltszeit unschädliche kurzfristige erlaubte Auslandsreise gehandelt. Eine solche setzt nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung zum einen voraus, dass es sich um einen bloß vorübergehenden Aufenthalt im Ausland handelt, nicht aber um eine Ausreise auf Dauer, bei der eine Rückkehr ins Bundesgebiet nicht oder nicht in absehbarer Zeit geplant ist. Zum anderen kann von einer erlaubten Ausreise nur dann gesprochen werden, wenn sie in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt.
23 
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 auf Dauer erfolgen sollte. Die am 13.6.2005 - oder nach dem Vortrag des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.6.2005 -erfolgte Auflösung ihres Haushalts und ihr darauffolgendes Untertauchen belegen, dass sie das Bundesgebiet dauerhaft verlassen wollten. Dies hat der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich bestätigt und angegeben, aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen; sie seien aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Wie lange sich die Kläger genau in Frankreich aufgehalten haben und zu welchem exakten Datum sie ihre Wohnung aufgelöst haben, ist angesichts dessen nicht entscheidungserheblich.
24 
Zum anderen kann im vorliegenden Fall nicht die Rede davon sein, dass die Ausreise der Kläger nach Frankreich in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt sein könnte. Wie der Beklagte glaubhaft vorgetragen hat, erfolgte das Untertauchen und die anschließende Ausreise der Kläger ohne seine Kenntnis und erst Recht ohne seine Billigung.
25 
Als unschädlich kann der Auslandsaufenthalt der Antragsteller auch nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 85 AufenthG angesehen werden (vgl. allg. zu diesem Problemkreis: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.10.2009 – 11 S 1911/09 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 31.1.2008 - 4 K 36/08 - NVwZ-RR 2008, 646; Bayer. VGH, Beschluss vom 4.8.2009 – 19 ZB 09.1510 – juris; VG Würzburg, Urteil vom 3.3.2008 - W 7 K 07.861 - juris; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104a Rn. 13). Danach können Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben. In der Kommentarliteratur wird allerdings vereinzelt die Auffassung vertreten, dass keine Unterbrechung des Aufenthalts eintritt, wenn der Ausländer erfolglos versucht hat, seiner Ausreisepflicht freiwillig durch Ausreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat nachzukommen; finde er dort keine Aufnahme und kehre im Rahmen des Dublin-Verfahrens zurück, so handele es sich lediglich um einen gescheiterten Versuch der Aufenthaltsaufgabe, der nicht zur Unterbrechung führe (so HK-AuslR/Fränkel, § 104 a AufenthG Rn. 9). Schon der gedankliche Ansatzpunkt dieser Auffassung trifft jedoch nicht zu, denn nach § 50 Abs. 4 AufenthG kann ein Ausländer seiner Ausreisepflicht durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur dann genügen, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Dies war bei den Klägern nicht der Fall. Weiter scheidet eine Anwendung des § 85 AufenthG hier deshalb aus, weil dieser nicht die Unterbrechung des Aufenthalts als solchen, die hier im Raum steht, sondern nur dessen Rechtmäßigkeit betrifft. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollte diese Vorschrift beispielsweise dann zur Anwendung kommen, wenn ein Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis verspätet gestellt oder ein Pass ungültig geworden ist (BT-Drucks. 15/420, S. 97), also mit anderen Worten, wenn wegen einer Nachlässigkeit in formaler Hinsicht eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eintritt. Damit ist aber der Fall des Untertauchens und der anschließenden illegalen Ausreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vergleichbar. Auch Sinn und Zweck der Bleiberechtsregelung und des § 104a Abs.1 AufenthG stehen einer entsprechenden Anwendung des § 85 AufenthG entgegen. Der Zweck der Normen, langjährig geduldete Ausländer zu begünstigen, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 202 zu § 104a AufenthG), spricht dafür, grundsätzlich einen ununterbrochenen Aufenthalt zu verlangen und nur erlaubte kurzfristige Auslandsreisen etwa zu Besuchszwecken als unschädlich anzusehen. Gerade im Hinblick darauf, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, lediglich eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren gefordert wird, lässt sich die Zulassung einer bis zu einjährigen Unterbrechung des Aufenthalts mit der gesetzgeberischen Intention nicht vereinbaren.
26 
b) Schließlich kommt auch ein Anspruch der Kläger aus § 25 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht. Ihre Abschiebung ist nicht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK rechtlich unmöglich. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann u.a. Anspruch auf Achtung seines Privatlebens. Dieses Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -InfAuslR 2007, 275).
27 
Offen bleiben kann, ob der Schutzbereich des Rechts der Kläger auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, obwohl ihr Aufenthalt niemals legalisiert worden war. Allerdings neigt auch der Senat der Auffassung des 11. Senats des erkennenden Gerichtshofs zu (vgl. z.B. Beschluss vom 5.2.2009 – 11 S 3244/08 - juris), wonach es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte.
28 
Jedenfalls würde hier eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger keinen (rechtswidrigen) Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens darstellen. Denn Art. 8 EMRK darf nicht so ausgelegt werden, als verbiete er eine Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum Aufnahmestaat verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist.
29 
Dies ist bei den Klägern nicht der Fall. Weder lässt sich sagen, dass sie faktisch als Inländer angesehen werden können, weil sie in Deutschland verwurzelt wären, noch sind sie von ihrem Heimatland vollständig entwurzelt.
30 
Für die Kläger zu 1 und 2 spricht zwar, dass sie sich seit 1999 - soweit ersichtlich straffrei - im Bundesgebiet aufhalten und dass sie die deutsche Sprache beherrschen; die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 sind sogar im Bundesgebiet geboren. Sonstige nennenswerte Integrationsleistungen fehlen aber. Deshalb ist nicht von einer weit reichenden Verwurzelung in Deutschland auszugehen. Eine nachhaltige wirtschaftliche Integration lässt sich nicht feststellen. Erst seit Kurzem sind sie in der Lage, durch mehrere ungelernte Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ein langfristig angelegtes Vollerwerbsverhältnis können die Kläger aber nicht vorweisen. Zwar beträgt der Umfang der Beschäftigung des Klägers zu 1 bei M. D. seit Juni 2009 mittlerweile 170 Stunden monatlich. Der daraus erzielte Verdienst genügt für sich allein genommen indes auch zusammen mit dem Kindergeld immer noch nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie. Auch wenn in den letzten Jahren ihre Bemühungen um eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts anzuerkennen sind, genügen die ausgeübten Tätigkeiten - überwiegend in Teilzeitarbeitsverhältnissen oder als geringfügig Beschäftigte - als ungelernte Arbeitskräfte nicht für die Annahme einer nachhaltigen wirtschaftlichen Verwurzelung. Weitere besondere Integrationsleistungen wie die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen liegen nicht vor. Weiter ist mit hohem Gewicht zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt der Kläger - abgesehen von den Aufenthaltsgestattungen während der Dauer ihrer erfolglosen Asylverfahren - nie legalisiert war, es also an einer „Handreichung des Staates“ und einem rechtlich geschützten Vertrauen darauf, dauerhaft im Bundesgebiet bleiben zu dürfen, fehlt. Abschiebestopperlasse allein konnten dieses Vertrauen zumindest während der Aufenthaltsdauer der Kläger im Bundesgebiet nicht begründen. Schließlich haben die Kläger durch ihren auf Dauer angelegten Versuch der Übersiedlung nach Frankreich im Juni/Juli 2005 selbst deutlich gemacht, dass sie sich in der Bundesrepublik nicht fest „verwurzelt“ fühlen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie bereit waren und versucht haben, Deutschland freiwillig - wenn auch nach ihrem Vortrag aus der (unbegründeten) Angst vor einer Abschiebung heraus - zu verlassen und sich in die Lebensverhältnisse eines anderen Landes – Frankreich - einzufügen.
31 
Eine vollständige Entwurzelung liegt ebenfalls nicht vor. Die Kläger zu 1 und 2 haben den überwiegenden Teil ihres Lebens im Kosovo verbracht. Nachdem diese noch nicht von den Lebensverhältnissen im Kosovo entfremdet sind, muss von ihnen auch erwartet werden, dass sie ihre noch jungen minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3 bis 5, von denen nur das Älteste mittlerweile in Deutschland die Schule besucht, bei der sicher nicht einfachen Eingliederung in die Lebensverhältnisse im Kosovo und dem Erwerb der albanischen Sprache unterstützen werden. Die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 teilen insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern, auch wenn dies für sie eine nicht unerhebliche Härte bedeuten wird.
32 
Sollte das Vorbringen der Kläger (auch) so zu verstehen sein, dass sie zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse geltend machen möchten, weil sie meinen, menschenwürdige Lebensverhältnisse seien für Angehörige der Volksgruppe der Roma im Kosovo nicht gewährleistet, könnten sich jedenfalls die Kläger zu 1 und 3 bis 5 hierauf im vorliegenden Verfahren wegen der Bindungswirkung des § 42 Satz 1 AsylVfG nicht berufen. Denn insoweit machen sie in der Sache zielstaatsbezogene Gesichtspunkte im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG geltend. Liegt hierzu eine negative Statusfeststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (früher Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) vor, so ist die Ausländerbehörde an diese Feststellung gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG gebunden. Ein Ausländer kann die Unzumutbarkeit seiner freiwilligen Ausreise nicht auf eine zielstaatsbezogene Gefahrensituation stützen, wenn und solange das zuständige Bundesamt eine solche Feststellung wie hier abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192 = NVwZ 2006, 1418; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.4.2007 - 11 S 1035/06 - juris; Nds. OVG, Urteil vom 27.9.2007 - 11 LB 69/07 - DVBl. 2007, 57).
33 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
35 
Beschluss vom 9.12.2009
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2006 – 11 K 434/06 – wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger, abgelehnte Asylbewerber ungeklärter Staatsangehörigkeit aus dem früheren Jugoslawien, begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen und die Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer.
Die am … 1969 in Skopje geborene Klägerin zu 1 reiste am 19.11.1991 mit ihren am … 1989 bzw. … 1991 in Rijeka geborenen Söhnen, den Klägern zu 2 und zu 3, in das Bundesgebiet ein und beantragte am 21.11.1991 für sich und ihre Kinder die Anerkennung als Asylberechtigte. Der damalige Lebensgefährte der Klägerin zu 1 und Vater der Kinder war bereits zuvor nach Deutschland eingereist. Der am ... 1992 in Mannheim geborene Kläger zu 4 wurde in das Asylverfahren seiner Mutter mit einbezogen.
Mit Bescheid vom 04.11.1994 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - die Asylanträge der Kläger ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht vorliegen und das bezüglich der Kläger zu 1, 3 und 4 keine Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorliegen. Bezüglich des Klägers zu 2 stellte es fest, dass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG hinsichtlich Kroatiens und allen Ländern vorliegen, die keinen mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard besitzen, um die Therapierung seiner Hemmkörperhämophilie zu gewährleisten. Im Übrigen wurden Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG auch bezüglich des Klägers zu 2 verneint. Allen Klägern wurde die Abschiebung nach Kroatien angedroht. Die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG wurde am 23.11.1994 bestandskräftig.
Auf die Klagen der Kläger zu 1, 3 und 4 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 18.06.1996 - A 6 K 14843/94 - die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, hinsichtlich dieser Kläger das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 4 AuslG festzustellen. Im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. Auf die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 11.02.1998 - 14 S 1679/97 - das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klagen insgesamt abgewiesen.
Der Aufenthalt der Kläger wurde in der Folgezeit geduldet. Der Lebensgefährte der Klägerin zu 1 und Vater der Kläger zu 2 - 4 wurde 1997 nach Makedonien abgeschoben. Die Kläger haben zu ihm keinen Kontakt mehr.
Mit Schreiben vom 10.09.2001 und vom 29.08.2002 wurden die Kläger aufgefordert, sich in das Staatsangehörigkeitsregister „ihres Heimatlandes“ eintragen zu lassen. Die Klägerin zu 1 übersandte daraufhin eine Bestätigung der Botschaft der Republik Makedonien vom 05.09.2002, dass sie einen Antrag auf Festlegung der makedonischen Staatsangehörigkeit gestellt habe. Mit weiterem Schreiben legte sie eine Bestätigung der Botschaft der Republik Makedonien vom 05.12.2003 vor, wonach sie keine Staatsbürgerin der Republik Makedonien ist. Mit Schreiben vom 15.06.2004 teilten die makedonischen Behörden dem Regierungspräsidium Karlsruhe auf dessen Ersuchen vom 27.05.2004 mit, dass einer Rückübernahme der Klägerin zu 1 nicht zugestimmt werde, da diese keine makedonische Staatsangehörige sei und sich bereits 1988 nach Kroatien abgemeldet habe.
Das Generalkonsulat der Republik Kroatien in Stuttgart teilte dem Regierungspräsidium Karlsruhe am 12.07.2004 mit, dass es über keinerlei Angaben verfüge, ob die Kläger kroatische Staatsbürger seien.
Am 11.08.2004 beantragten die Kläger die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen und mit Schreiben vom 17.12.2004 die Ausstellung von Reisedokumenten, hilfsweise von Ausweisersatzpapieren. Zur Begründung trugen sie vor, hinsichtlich des Klägers zu 2 lägen die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG vor. Bei den übrigen Klägern ergebe sich ein Abschiebungshindernis aus Art. 8 EMRK, da sie mit dem Kläger zu 2 in familiärer Gemeinschaft lebten. Weder Makedonien noch ein anderer Nachfolgestaat des früheren Jugoslawien sei bereit, ihnen Reisepässe auszustellen. Ihre Passbeschaffungsbemühungen seien erfolglos geblieben.
Mit Bescheid vom 27.06.2005 lehnte die Beklagte die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen gemäß § 30 AuslG bzw. Aufenthaltserlaubnissen gemäß § 25 AufenthG und Reisedokumenten, hilfsweise von Ausweispapieren, ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Kläger hätten sich nicht hinreichend um Eintragung in ein Staatsangehörigkeitsregister bemüht. Da ihre Staatsangehörigkeit nicht geklärt sei, sei auch ihre Identität ungeklärt (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 a AufenthG).
10 
Am 15.05.2005 legten die Kläger Widerspruch ein und führten zur Begründung aus, sie hätten hinreichende Passbeschaffungsbemühungen unternommen. Außer zu Makedonien und zu Kroatien hätten sie keine Beziehungen zu Nachfolgestaaten Jugoslawiens. Ihre Identität sei durch den früheren jugoslawischen Reisepass der Klägerin zu 1 und durch die Geburtsurkunden der Kläger zu 2 - 4 geklärt. Eine Abschiebung aller Kläger sei nach Art. 8 EMRK unzulässig, da in der Person des Klägers zu 2 ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG bestehe.
11 
Am 17.07.2005 teilten die makedonischen Behörden dem Regierungspräsidium Karlsruhe auf dessen Ersuchen mit, dass einer Rückübernahme der Klägerin zu 1 - als in Makedonien geborene Drittstaatsangehörige -, nicht hingegen einer Rückübernahme der übrigen Kläger zugestimmt werde.
12 
Mit Schreiben vom 03.08.2005 forderte die Beklagte die Klägerin zu 1 auf, sich beim Generalkonsulat von Serbien und Montenegro in Stuttgart einen Pass zu besorgen und ihre Kinder in das Staatsangehörigkeitsregister eintragen zu lassen. Das Generalkonsulat bestätigte mit Schreiben vom 13.10.2005, dass die Klägerin zu 1 am 13.10.2005 einen Antrag auf Beschaffung der Dokumente von den zuständigen Behörden in Serbien und Montenegro /Rekonstruktion der Eintragung in das Staatsbürgerregister gestellt habe. Mit Schreiben vom 25.11.2005 teilte das Generalkonsulat der Klägerin zu 1 mit, dass sie ausweislich der Auskunft des zuständigen Registerstandesamts Nis nicht im Staatsangehörigkeitsregister eingetragen sei.
13 
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2006 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe die Widersprüche der Kläger mit der Begründung zurück, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG lägen nicht vor. Die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG stehe zwar derzeit formal einer Aufenthaltsbeendigung entgegen. Fraglich sei jedoch, ob dies auch bei einer freiwilligen Ausreise der Fall sei. Jedenfalls könne nicht ausgeschlossen werden, dass mit dem Wegfall möglicherweise jetzt bestehender Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit zu rechnen sei. Die medizinische Versorgung in Kroatien habe sich gegenüber 1994 verbessert und es erscheine möglich, dass der Kläger zu 2 in Kroatien eine angemessene Versorgung erhalten könne.
14 
Am 10.02.2006 haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben mit den Anträgen, die Verfügung der Beklagten vom 27.06.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.01.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen und Reisedokumente, hilfsweise Ausweisersatze auszustellen. Zur Begründung machen sie geltend, sie hätten ihre Passlosigkeit nicht zu vertreten. Ein aufnahmebereiter Staat stehe nicht zur Verfügung. Eine Behandlung der schweren Hemmkörperhämophilie sowie der chronischen Hepatitis B und C des Klägers zu 2 sei weder in Kroatien noch in einem der anderen Nachfolgestaaten Jugoslawiens möglich.
15 
Das Regierungspräsidium Karlsruhe teilte dem Gericht mit Schreiben vom 13.06.2006 mit, dass die kroatischen Behörden entgegen den Vereinbarungen im Rückübernahmeabkommen der Rückübernahme der Kläger nicht zugestimmt hätten. Die Klägerin zu 1 habe aber, wie aus einem Schreiben des Generalkonsulats der Republik Serbien vom 16.06.2006 hervorgehe, die Möglichkeit, einen Antrag auf Feststellung der serbischen Staatsangehörigkeit zu stellen, weil ihre Mutter aus Serbien stamme.
16 
Die Beklagte legte mit Schreiben vom 29.06.2006 eine beglaubigte Übersetzung der Bestätigung der Republik Serbien 04.04.2006 vor, wonach die Mutter der Klägerin zu 1 Staatsbürgerin der Republik Serbien sei. Außerdem wurde ein Auszug aus dem Geburtsregister vorgelegt, wonach die Mutter der Klägerin zu 1 am 01.10.1953 in Pristina geboren sei und am 16.12.1971 die Ehe mit M. M. in der Gemeinde Skopje geschlossen habe.
17 
Mit Urteil vom 23.06.2006 - 11 K 434/06 - hat das Verwaltungsgericht die Klagen als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Als Anspruchsgrundlage komme allein § 25 Abs. 5 AufenthG in Betracht, dessen Voraussetzungen nicht vorlägen, weil die Klägerin zu 1 für sich und ihre Kinder einen Antrag auf Feststellung der Staatsbürgerschaft beim Generalkonsulat der Republik Serbien stellen könne und diesem Antrag voraussichtlich auch stattgegeben werde, da die Republik Serbien die Staatsbürgerschaft der Mutter der Klägerin zu 1 bestätigt habe. Auch wenn die Kläger bislang nicht im jetzigen serbischen Staatsgebiet gelebt hätten, sei ihnen ein Zuzug dorthin zumutbar. Abschiebungshindernisse in Bezug auf Serbien seien nicht festgestellt und lägen auch nicht vor, da die Krankheit des Klägers zu 2 nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29.03.2005 dort behandelbar sei und kostenfrei behandelt werde. Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf Ausstellung von Reisedokumenten oder Ausweisersatzpapieren.
18 
Am 05.03.2007 haben die Kläger bei der Ausländerbehörde der Beklagten die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund der Bleiberechtsregelung der Innenministerkonferenz vom 17.11.2006 beantragt. Diese Anträge wurden nicht beschieden.
19 
Auf Antrag der Kläger hat der Senat mit Beschluss vom 11.07.2007 - 11 S 1892/06 - die Berufung zugelassen und den Klägern Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug bewilligt. Zur Begründung der Berufung tragen die Kläger im Wesentlichen vor: Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG lägen vor. Sie hätten ihre Passlosigkeit nicht zu vertreten. Die Mutmaßung des Verwaltungsgerichts, sie könnten beim Generalkonsulat der Republik Serbien mit Aussicht auf Erfolg einen Antrag auf Feststellung der Staatsbürgerschaft stellen, sei unzutreffend. Zwar sei die Mutter der Klägerin zu 1 in Pristina geboren worden, sie sei jedoch nicht serbische Staatsangehörige gewesen. In dem Geburtsregister enthalte die Rubrik „Staatsangehörigkeit“ lediglich sechs Querstriche. Die Mutter sei am 17.03.2003 verstorben. In der am 24.03.2003 in Makedonien ausgestellten Sterbeurkunde werde als Staatsangehörigkeit der Mutter ein Eintrag in Form von drei Querstrichen vorgenommen. Die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen seien widersprüchlich. Das Schreiben der Stadt Nis vom 04.04.2006 bestätige, dass die Mutter der Klägerin zu 1 aufgrund des Geburtenbuches als Staatsbürgerin eingetragen sei; das Geburtenbuch selbst weise jedoch ausdrücklich keine Staatsangehörigkeit aus. Die Kläger zu 2 - 4 seien zudem faktische Inländer, sie beherrschten die serbokroatische Sprache nicht. Eine Ausreise nach Serbien sei ihnen nicht zumutbar. Die Behandlung der Hemmkörperhämophilie des Klägers zu 2 sei in keinem der Nachfolgestaaten Jugoslawiens kostenfrei möglich; zudem fehle es an einem mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard. Die jährlichen Behandlungskosten beliefen sich auf knapp 180.000 EUR. Der Kläger zu 2 habe zwischenzeitlich zudem einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Er sei Vater des am 31.10.2007 in Mannheim geborenen deutschen Kindes N. S..
20 
Die Kläger beantragen,
21 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2006 - 11 K 434/06 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 27. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25. Januar 2006 zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen zu erteilen und Reiseausweise für Ausländer, hilfsweise Ausweisersatze auszustellen, sowie ferner, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
22 
Die Beklagte beantragt,
23 
die Berufung zurückzuweisen.
24 
Sie erwidert, der Kläger zu 2 sei nunmehr volljährig und nicht mehr auf die Fürsorge seiner Mutter angewiesen. Er sei zudem zwischenzeitlich mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Mit Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 03.05.2007 sei er wegen einer gemeinschaftlichen schweren Körperverletzung unter Einbeziehung einer vorangegangenen Verurteilung wegen gemeinschaftlichen Raubes u.a. zu einer Jugendstrafe von 20 Monaten verurteilt worden. Er erfülle damit den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Die bisherigen strafrechtlichen Verfehlungen rechtfertigten gemäß § 5 Abs. 3 AufenthG nicht ein Absehen von § 5 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Der Kläger zu 2 habe keinen Schulabschluss und sei keiner Beschäftigung nachgegangen. Er lebe nach dem Lustprinzip und vertraue auf die regelmäßige Sozialhilfe. Aufgrund dieser Lebenseinstellung komme ein Absehen von der Regelerteilungsvoraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts nicht in Betracht. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG lägen bei allen Klägern nicht vor. Sie könnten abgeleitet von der Mutter der Klägerin zu 1 die serbische Staatsangehörigkeit erwerben und in den Besitz serbischer Pässe gelangen. Entsprechende Bemühungen seien ihnen zumutbar.
25 
Mit Beschluss vom 03.06.2009 hat der Senat das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Regierungspräsidium Karlsruhe, zum Verfahren beigeladen. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er trägt vor, die Identität und die Staatsangehörigkeit der Kläger seien bislang nicht geklärt. Die Klägerin zu 1 habe keine Bemühungen um Feststellung der serbischen Staatsbürgerschaft nachgewiesen. Zwischenzeitlich sei den Klägern auch die Eintragung in das kosovarische Staatsangehörigkeitsregister möglich. Die Kläger zu 2 - 4 erfüllten Ausweisungstatbestände, die der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG entgegenstünden.
26 
Die bezüglich der Klägerin zu 1 sowie der Kläger zu 3 und zu 4 eingeholten Auskünfte aus dem Bundeszentralregister enthalten keine Eintragung. Der Kläger zu 2 ist ausweislich der Auskunft aus dem Zentralregister vom 16.06.2009 strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
27 
1. AG Mannheim, Urt. v. 07.11.2006: Gemeinschaftlicher Raub, Leistungserschleichung in zwei Fällen, versuchter Diebstahl in Tateinheit mit Unterschlagung, Diebstahl. Ein Jahr Jugendstrafe auf Bewährung.
28 
2. AG Mannheim, Urt. v. 03.05.2007: Gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung. 20 Monate Jugendstrafe unter Einbeziehung von Nr. 1. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 17.08.2006 gegen 6.00 Uhr morgens trafen der Kläger zu 2 und sein Mittäter nach einem Discothekenbesuch an einer Straßenbahnhaltestelle auf den Geschädigten T. N., der auf dem Weg zur Arbeit umsteigen wollte. Der Mittäter provozierte den Geschädigten, indem er mit einer brennenden Zigarette vor seinem Gesicht herumfummelte. Als der Geschädigte ihm die Zigarette wegnahm, fing der Mittäter an, diesen herumzuschubsen. Der Kläger zu 2 kam hinzu und stieß den Geschädigten mehrfach. Der Geschädigte fiel zu Boden; konnte sich aber wieder aufrappeln und versuchte, sich zu wehren. Der Kläger zu 2 und sein Mittäter schlugen nun gemeinsam auf den Geschädigten ein, bis dieser wieder zu Boden ging. Dann trat der Mittäter einmal mit den Füßen gegen den Kopf des Geschädigten, wodurch er ihn am Auge verletzte. Der Geschädigte trug ein Hämatom am Auge davon und seine Netzhaut wurde in Mitleidenschaft gezogen. Er war zwei Tage arbeitsunfähig. Bei der Strafzumessung wurde zugunsten des Klägers zu 2 sein Geständnis berücksichtigt. Er habe sich geständig, einsichtig und reumütig gezeigt. Auf der anderen Seite lägen schädliche Neigungen vor. Im Hinblick auf den schlechten Bewährungsverlauf habe die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt werden können. Unter erheblichen Bedenken wurde die Entscheidung über die Aussetzung zur Bewährung für sechs Monate zurückgestellt.
29 
3. AG Mannheim, Strafbefehl vom 05.05.2008: Vorsätzliche Körperverletzung. 20 Tagessätze zu 10 EUR Geldstrafe. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 31.10.2007 kam es im Flur eines Krankenhauses zu Streitigkeiten zwischen dem Kläger zu 2 und der Geschädigten, in deren Verlauf er diese mit der flachen Hand ins Gesicht schlug und sie mit den Worten „Du Hure“ beleidigte.
30 
Der Kläger zu 2 verbüßt seit dem 16.06.2008 die mit Urteil vom 03.05.2007 verhängte Jugendstrafe. Zweidritteltermin war am 04.07.2009, Haftende ist der 25.01.2010.
31 
Die Kläger zu 3 und zu 4 wurden mit Urteil des Amtsgerichts Mannheim - Jugendgericht - vom 17.09.2008 wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen, der Kläger zu 4 darüber hinaus wegen Beleidigung in zwei Fällen, der Kläger zu 3 zusätzlich wegen Diebstahls verwarnt. Dem Kläger zu 4 wurde aufgegeben, an 24 Stunden nach Weisung des Stadtjugendamts unentgeltlich gemeinnützig zu arbeiten. Dem Kläger zu 3 wurde auferlegt, nach Weisung des Stadtjugendamts an einem kleinen sozialen Trainingskurs teilzunehmen. Beiden Klägern wurde aufgegeben, mit den Geschädigten einen Täter-Opfer-Ausgleich durchzuführen. Gegen beide Kläger wurde zudem ein Freizeitarrest verhängt.
32 
Die Klägerin zu 1 hat, nachdem ihr seit dem 09.06.2009 die Ausübung einer Erwerbstätigkeit allgemein gestattet ist, eine befristete Teilzeitanstellung als Reinigungskraft gefunden. Sie verdient ca. 700,-- EUR netto monatlich.
33 
Der Kläger zu 2 hat - für den Fall der Haftentlassung - für September 2009 einen Platz in der 9. Klasse in Aussicht, um den Hauptschulabschluss nachzuholen.
34 
Der Kläger zu 3 verließ die Hauptschule 2006 ohne Abschluss. Daran schloss sich ein Berufsvorbereitungsjahr an. Seit dem 02.04.2009 nimmt er am Bundesprojekt Kompetenzagentur mit dem Ziel der Reintegration in das Unterstützungssystem zur Erreichung eines Abschlusses bzw. einer Ausbildung teil.
35 
Der Kläger zu 4 erlangte 2007 den Hauptschulabschluss, absolvierte im Anschluss ein Berufsvorbereitungsjahr und strebt für das nächste Schuljahr den Besuch einer Realschule zur Erlangung des Realschulabschlusses an.
36 
Bereits mit Bescheid vom 19.03.2007 hat das Bundesamt die mit Bescheid vom 04.11.1994 bezüglich des Klägers zu 2 getroffene Feststellung, dass ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG vorliegt, widerrufen und festgestellt, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG vorliegen. Zur Begründung wurde ausgeführt, es müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger zu 2 staatenlos sei. Trotzdem könne er nach Kroatien zurückkehren. Eine adäquate Behandlung seiner Erkrankung in Kroatien sei nach der beim Auswärtigen Amt eingeholten Auskunft vom 10.11.2006 möglich. Die Kosten würden von der Krankenversicherung übernommen. Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 13.02.2008 - A 4 K 343/07 - abgewiesen. Der erkennende Gerichtshof hat mit Beschluss vom 28.04.2008 - A 6 S 915/08 - die Berufung zugelassen, über die noch nicht entschieden wurde (- A 6 S 1160/08 -).
37 
In der Berufungsverhandlung ist dem Vertreter der Beklagten Gelegenheit gegeben worden, sein in § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eingeräumtes Ermessen hinsichtlich des Absehens von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen bezogen auf § 25 Abs. 5 AufenthG zu ergänzen und bezogen auf § 104 a AufenthG erstmals auszuüben. Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
38 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten, des Regierungspräsidiums Karlsruhe und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe sowie die Akten des 6. Senats im Berufungsverfahren A 6 S 1160/08 nebst Beiakten vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
39 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
40 
Gegenstand der uneingeschränkt zugelassenen Berufung ist das gesamte Klagebegehren erster Instanz. Dies umfasst zunächst die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind aber auch die erst nach Ergehen des erstinstanzlichen Urteils bei der Beklagten gestellten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Bleiberechtsregelung, da insoweit der Streitstoff identisch ist und ebenfalls ein humanitärer Aufenthaltszweck verfolgt wird. Der Streitgegenstand einer Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wird bestimmt und begrenzt durch den Aufenthaltszweck, aus dem der Ausländer seinen Anspruch herleitet. Im vorliegenden Verfahren stützen die Kläger ihr Klagebegehren in tatsächlicher Hinsicht auf humanitäre Gründe, wie sie in Abschnitt 5 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes normiert sind. Das Klagebegehren erfasst damit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 43.06 - BVerwGE 129, 226 und Urt. v. 27.01.2009 - 1 C 40.07 - DVBl 2009, 650) auch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) eingeführten und am 28. August 2007 in Kraft getretenen Altfallregelung des § 104 a AufenthG. Denn auch eine nach dieser Vorschrift erteilte Aufenthaltserlaubnis wird entweder als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG erteilt (§ 104 a Abs. 1 Satz 2 AufenthG) oder gilt zumindest als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes104 a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 AufenthG). Die Anträge auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer (vgl. § 5 AufenthV), hilfsweise Ausweisersatzpapieren (vgl. § 48 Abs. 4 AufenthG) werden von den Klägern, wie diese in der mündlichen Verhandlung klargestellt haben, ebenfalls weiterverfolgt. Nicht Streitgegenstand ist demgegenüber das Begehren des Klägers zu 2 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Insoweit wird ein familiärer Aufenthaltszweck nach Abschnitt 6 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes verfolgt; nach dem Trennungsprinzip (BVerwG, Urt. v. 04.09.2007, a.a.O.) handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand. Der Vertreter des Klägers zu 2 hat in der Berufungsverhandlung zudem erklärt, dieses Begehren im vorliegenden Verfahren nicht zu verfolgen.
II.
41 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.01.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat die Anträge der Kläger auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen sowie auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer, hilfsweise Ausweisersatzen, im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Über die geltend gemachten Ansprüche ist unter Zugrundelegung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu entscheiden (unten 1.). Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem bei ihm vorrangig zu prüfenden § 25 Abs. 3 AufenthG (unten 2.) oder nach anderen Anspruchsgrundlagen (unten 3.). Die übrigen Kläger können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des bei ihnen allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor (unten 4). Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (unten 5). Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass sie die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen (unten 6.). Schließlich steht sämtlichen Klägern kein Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises oder Ausweisersatzes zu (unten 7.).
42 
1. Maßgeblich für die Beurteilung der von den Klägern verfolgten Verpflichtungsbegehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist insgesamt der Zeitpunkt der Berufungsverhandlung. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels bei der Frage, ob eine Aufenthaltserlaubnis aus Rechtsgründen erteilt oder versagt werden muss, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz abzustellen, soweit sich nicht aus dem materiellen Recht im Einzelfall Abweichendes ergibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.2004 - 1 C 20.03 - BVerwGE 121, 86 <88>; Senatsurteil vom 18.04.2007 - 11 S 1035/06 - AuAS 2007, 219). Gleiches gilt nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - juris), der sich der Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urt. v. 18.04.2007, a.a.O.) anschließt, auch für die Überprüfung einer Ermessensentscheidung: In Anlehnung an seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung im Falle der gerichtlichen Anfechtung einer Ausweisung (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 <22 ff.>) geht das Bundesverwaltungsgericht nunmehr unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung davon aus, dass auch bei Klagen auf Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels für die Überprüfung der behördlichen Ermessensentscheidung auf den Zeitpunkt abzustellen ist, der für die gerichtliche Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen maßgeblich ist. Dies ist hier der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz.
43 
Nichts anderes ergibt sich vorliegend daraus, dass die Kläger noch unter Geltung des Ausländergesetzes die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen beantragt hatten. Die im Aufenthaltsgesetz getroffenen materiellen Übergangsregelungen (vgl. §§ 103 und 104), wonach das Ausländergesetz in bestimmten Fallkonstellationen über den 01.01.2005 hinaus auf Aufenthaltsansprüche Anwendung findet, erfassen den Fall von vor diesem Zeitpunkt geltend gemachten Ansprüchen auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen nicht.
44 
2. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG.
45 
a) Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG soll einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegt. Die Ausländerbehörde ist nach § 42 AsylVfG an eine positive oder negative Entscheidung des Bundesamts über das Vorliegen eines Abschiebungsverbots gebunden. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf Feststellungen zu § 53 Abs. 6 AuslG, obwohl insoweit keine ausdrückliche Übergangsregelung erlassen worden ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - BVerwGE 126, 192; Senatsurteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 27; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 49).
46 
Danach ist die Beklagte vorliegend an die im Bundesamtsbescheid vom 04.11.1994 getroffene Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG gebunden. Dieser Bescheid ist nicht etwa mangels Bestimmtheit (vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG) gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG insgesamt nichtig. Allerdings erstreckt sich die Bindungswirkung der positiven Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG nur auf Kroatien, nicht hingegen auf weitere Staaten, da der Bescheid insoweit teilnichtig ist (vgl. § 44 Abs. 4 VwVfG). Nach dem Tenor des Bundesamtsbescheides vom 04.11.1994 bezieht sich die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG auf Kroatien und alle Länder, die keinen mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard besitzen, um die Therapierung der Hemmkörperhämophilie des Klägers zu 2 zu gewährleisten. Nähere Feststellungen zum medizinischen Standard in Deutschland, in Kroatien oder in weiteren Ländern finden sich in der Begründung nicht. Auf welche weiteren Länder sich die Feststellung konkret erstrecken soll, ist für den Adressaten nicht erkennbar. Insoweit fehlt es an der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit des Bescheides (§ 37 Abs. 1 VwVfG). Hinsichtlich des Regelungsinhalts erfordert das Bestimmtheitsgebot, dass dieser für die Adressaten nach Art und Umfang aus sich heraus verständlich ist (BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 37 Rn. 12). Demgegenüber genügt es nicht, dass er für die Behörde - möglicherweise unter Hinzuziehung von Erkenntnisquellen zu weiteren Ländern - bestimmbar ist. Hier ist der Bescheid aus sich heraus nicht verständlich. Der Bescheid ist vielmehr in einem wesentlichen Punkt unklar; die bestehende Unbestimmtheit ist offensichtlich und kann auch nicht durch Auslegung behoben werden. Dies führt zur Nichtigkeit (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 44 Rn. 26 m.w.N.). Der nichtige Teil ist indes nicht so wesentlich, dass das Bundesamt die Feststellung in Bezug auf Kroatien ohne diesen Teil nicht erlassen hätte. Es liegt demnach eine Teilnichtigkeit i.S.d. § 44 Abs. 4 VwVfG vor.
47 
Die Bindungswirkung des wirksamen Teils des Bescheids ist nicht deshalb entfallen, weil das Bundesamt zwischenzeitlich die Feststellung widerrufen hat. Der Widerruf wirkt sich, solange er nicht bestandskräftig ist, nur insoweit aus, als er eine Atypik begründet. Rechtsfolge ist, dass der Regelerteilungsanspruch entfällt und über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen zu entscheiden ist (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - BVerwGE 124, 326; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 56).
48 
b) Der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG steht jedoch der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG entgegen. Die beantragte Aufenthaltserlaubnis ist zwingend zu versagen, wenn ein in § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgeführter Ausschlussgrund vorliegt. Dann ist auch eine Ermessensentscheidung nicht eröffnet (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - a.a.O.).
49 
Nach § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer eine „Straftat von erheblicher Bedeutung“ begangen hat. Dieser Ausschlussgrund ist weiter gefasst als die Ausschlussgründe des Art. 1 F des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - GFK -, des Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG - Qualifikationsrichtlinie - und des § 60 Abs. 8 AufenthG. Nach Art. 1 F GFK finden die Bestimmungen dieses Abkommens keine Anwendung auf Personen, in Bezug auf die aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist,
50 
a) dass sie ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen haben, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen;
51 
b) dass sie ein schweres nichtpolitisches Verbrechen außerhalb des Aufnahmelandes begangen haben, bevor sie dort als Flüchtling aufgenommen wurden;
52 
c) dass sie sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider laufen.
53 
Nach Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG ist ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
54 
a) ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen;
55 
b) eine schwere Straftat begangen hat;
56 
c) sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwider laufen;
57 
d) eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit des Landes darstellt, in dem er sich aufhält.
58 
Nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG findet Absatz 1 dieser Norm keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Nach Satz 2 gilt das Gleiche, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des - dem Art. 1 F GFK entsprechenden - § 3 Abs. 2 AsylVfG erfüllt.
59 
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 31) ist es nicht geboten, den Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG in Anlehnung an die angeführten Vorschriften eng auszulegen. Dagegen spricht zunächst die Entstehungsgeschichte der Vorschrift: Der ursprüngliche Regierungsentwurf sah eine vollständige Abschaffung der Duldung vor. Eine Aufenthaltserlaubnis sollte erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2 bis 7 vorliegen. Einziger Ausschlussgrund sollte nach Satz 2 des Entwurfs die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Ausreise in einen anderen Staat sein. Ein von der CDU/CSU-Fraktion eingebrachter Änderungsantrag sah demgegenüber eine restriktive Neufassung des § 25 Abs. 3 vor:
60 
„Einem Ausländer kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 vorliegen. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn eine Ausreise in einen anderen Staat aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist. Eine Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn der Ausländer die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst zu vertreten hat, weil er im Bundesgebiet nicht nur vereinzelte oder geringfügige Straftaten begangen hat oder nach seiner Einreise die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst herbeigeführt, die Aufenthaltsbeendigung in vorwerfbarer Weise hinausgezögert oder vereitelt hat oder sein Handeln in sonstiger Weise rechtsmissbräuchlich ist.“
61 
Begründet wurde der Änderungsantrag u.a. damit, dass Straftätern grundsätzlich keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden solle (BT-Drs. 15/955, S. 14). Diese Einwände haben sich in der vom Vermittlungsausschuss akzeptierten Fassung in der Weise niedergeschlagen, dass die Ausschlussgründe gegenüber dem Regierungsentwurf wesentlich erweitert wurden. Während der Regierungsentwurf einen Ausschluss nur in den Fällen vorsah, in denen die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist, wurden zusätzlich die Fälle des gröblichen Verstoßes gegen Mitwirkungspflichten und die Begehung von Verbrechen, Straftaten oder Handlungen nach Abs. 3 Satz 2 lit. a - d eingefügt (BT-Drs. 15/3479, S. 5).
62 
Die Ausschlussgründe des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. a - d regeln lediglich die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, sagen aber nichts darüber aus, ob Ausländer, bei denen Abschiebungsverbote nach Abs. 3 Satz 1 vorliegen, in ihre Heimatstaaten abgeschoben werden können. Rechtsgrundsätzliche Bedenken dagegen, dass die Ausschlussgründe weiter gefasst sind als in Art. 1 F GFK und in Art. 17 RL 2004/83/EG, bestehen daher nicht. Steht der Ausschlussgrund der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen, ist eine Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG zu erteilen (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 48; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 72). In der Person des Klägers zu 2 liegt ohnehin lediglich ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor, so dass er sich auf die Bestimmungen der GFK und der Qualifikationsrichtlinie nicht berufen kann.
63 
Bei dem Begriff der Straftaten von erheblicher Bedeutung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, den der Gesetzgeber in einer Vielzahl von Gesetzen verwendet (vgl. etwa §§ 81 g, 98 a, 100 g, 100 h, 110 a, 131 StPO, § 28 BDSG, § 23 BPolG, §§ 8, 14, 15 BKAG, §§ 25, 30 PolG BW). Dazu zählen alle Verbrechen, aber auch schwerwiegende Vergehen (etwa §§ 224, 243, 253 StGB; schwerwiegende Straftaten nach dem BtMG). Man versteht darunter solche Taten, die den Rechtsfrieden empfindlich stören und geeignet sind, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Es muss sich bei den zu beurteilenden Taten um Delikte handeln, die mindestens der mittleren Kriminalität zuzurechnen sind (BVerfG, Beschl. v. 14.12.2000 - 1 BvR 1741/99 u.a. - BVerfGE 103, 21 <34> und Beschl. v. 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - juris; NdsOVG, Beschl. v. 06.03.2009 - 7 LA 231/07 - juris; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 81 g Rn. 7 a m.w.N.; Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 50; Hailbronner, AuslR, Kommentar, § 25 Rn. 69). In den Fällen der mittleren Kriminalität ist dabei das besondere Maß des Unrechts nach Lage des konkreten Einzelfalles entscheidend, wobei es nicht so sehr auf den abstrakten Charakter des Straftatbestandes, sondern auf Art und Schwere der jeweiligen konkreten Tat ankommt. Die Beeinträchtigung des Rechtsfriedens oder der Rechtssicherheit kann sich etwa daraus ergeben, dass durch die Straftat bedeutsame Rechtsgüter wie z.B. Leib, Leben, Gesundheit oder fremde Sachen von bedeutendem Wert verletzt wurden. Nach Lage des Falles können auch Eigentums- oder Vermögensdelikte mittlerer Qualität die genannten Voraussetzungen erfüllen, insbesondere wenn es sich um Straftaten mit Seriencharakter und entsprechendem (Gesamt-)Schaden für die Allgemeinheit handelt (BT-Drs. 11/7663 S. 35). Die Straftat muss ein Gewicht aufweisen, das es gerechtfertigt erscheinen lässt, den gesetzgeberischen Zweck der Legalisierung des Aufenthalts zurücktreten zu lassen (Burr, a.a.O. Rn. 50; Hailbronner, a.a.O. Rn. 69; VG Stuttgart, Urt. v. 07.10.2005 - 9 K 2107/04 - InfAuslR 2006, 78).
64 
Daran gemessen liegt der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG hier vor. Der Kläger zu 2 wurde mehrfach nicht nur wegen Eigentums-, sondern auch wegen Gewaltdelikten (gemeinschaftlicher Raub, gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung) verurteilt. Er ist hierbei vor massiven Verletzungen der körperlichen Integrität unbeteiligter Dritter nicht zurückschreckt. Hinzu kommt, dass er die ihm mehrfach eingeräumten Gelegenheiten zur Bewährung ausweislich des Berichts der Bewährungshelferin vom 26.04.2007 und des Urteils des Amtsgerichts Mannheim vom 03.05.2007 nicht genutzt hat. Nichts anderes folgt angesichts des Umstandes, dass gegen den Kläger zu 2 eine Jugendstrafe verhängt wurde, die letztendlich nicht zur Bewährung ausgesetzt werden konnte, daraus, dass der Kläger zu 2 nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde.
65 
Unschädlich ist, dass die in § 72 Abs. 2 AufenthG vorgesehene Beteiligung des Bundesamtes unterbleiben ist. Nach dieser Vorschrift hätte das Vorliegen des Ausschlussgrundes unter Beteiligung des Bundesamtes geprüft werden müssen. Dieses Beteiligungserfordernis verfolgt jedoch nicht das Ziel, Rechte des Ausländers zu wahren. Es ist nicht als verfahrensrechtliche Schutznorm anzusehen. Der betroffene Ausländer kann sich daher in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mit Erfolg auf die unterbliebene Beteiligung berufen (Gutmann in GK-AufenthG, § 72 AufenthG Rn. 55 m.w.N.).
66 
Ob weitere Ausschlussgründe nach § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorliegen, kann danach offenbleiben.
67 
3. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach anderen Anspruchsgrundlagen.
68 
a) Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Kläger zu 2 die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG erfüllt. Insoweit erscheint offen, ob seine Ausreise nach Serbien oder Kosovo möglicherweise im Hinblick auf eine drohende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes wegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots rechtlich unmöglich ist. Bezüglich dieser Staaten liegt keine Bundesamtsentscheidung vor, die die Anwendung des § 25 Abs. 5 AufenthG insoweit sperren würde (vgl. § 42 Satz 1 AsylVfG). In der Rechtsprechung ist auch geklärt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nicht ausschließlich im Rahmen des § 25 Abs. 3, sondern auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG berücksichtigungsfähig sind, soweit keine Prüfungszuständigkeit des Bundesamtes gegeben ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 119).
69 
Einem möglichen Anspruch steht aber jedenfalls das Fehlen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen. Danach setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsgrund vorliegt. Mit den von ihm begangenen vorsätzlichen Straftaten, die nicht vereinzelt und geringfügig sind, hat der Kläger zu 2 den Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG verwirklicht. Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrunds beseitigen würden, sind nicht ersichtlich. Anders als im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG - insoweit kommen gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht zur Anwendung - ist im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG auch nicht von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abzusehen. Vielmehr kann die Ausländerbehörde gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nach pflichtgemäßem Ermessen von der Anwendung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen absehen. Vorliegend hat die Beklagte im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 08.08.2007 ausdrücklich erklärt, dass sie bei dem Kläger zu 2 nicht von der allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG absieht. Die bisherigen strafrechtlichen Verfehlungen des Klägers zu 2 rechtfertigten eine solche Entscheidung nicht. Ermessensfehler sind insoweit nicht erkennbar. Die Ermessensbetätigung steht im Einklang mit der Entscheidung des Gesetzgebers, der im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG das Vorliegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung als zwingenden Ausschlussgrund ausgestaltet hat. Es kann nicht beanstandet werden, dass die Beklagte unter Berufung auf die Schwere der strafrechtlichen Verfehlungen dieser gesetzgeberischen Entscheidung auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG Rechnung trägt.
70 
§ 114 Satz 2 VwGO steht vorliegend der erstmaligen Ermessensbetätigung im gerichtlichen Verfahren nicht entgegen. Zwar erlaubt diese Vorschrift nur die Ergänzung bereits vorhandener Ermessenserwägungen. An solchen fehlt es vorliegend. Der Konzeption des § 114 Satz 2 VwGO liegt indes zugrunde, dass bei Ermessensentscheidungen der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung der maßgebliche Zeitpunkt ist (vgl. Kuntze in Bader u.a., VwGO, § 114 Rn. 5 m.w.N.). Ist aber - wie hier (vgl. oben II. 1.) - der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz der maßgebliche Zeitpunkt auch für die Überprüfung der Ermessensentscheidung und ergibt sich erstmals während des gerichtlichen Verfahrens die Notwendigkeit der Ermessensbetätigung, so ist eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 114 Satz 2 VwGO geboten. In dieser Situation kann es der Behörde, die die Pflicht zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit ihrer Verfügung trifft, nicht verwehrt sein, bezüglich nachträglich entstandener Umstände, die erstmals eine Ermessensentscheidung erfordern, ihr Ermessen insgesamt nachträglich erstmals zu betätigen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bislang zum Ausweisungsrecht so entschieden. Es hat seine frühere Rechtsprechung, wonach Ermessenserwägungen bei Ausweisungsentscheidungen nur insoweit ergänzt werden können, als die nachträglich von der Behörde angegebenen Gründe schon bei Erlass des Verwaltungsaktes vorlagen (vgl. Urt. v. 05.05.1998 - 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351 <363>), mit der Erwägung aufgegeben, dass diese Rechtsprechung sich nicht auf Sachverhalte bezieht, in denen es aus Gründen des materiellen Rechts erforderlich ist, in eine Ermessensentscheidung auch Umstände einzubeziehen, die erst nach Erlass der Ausweisungsverfügung entstanden sind (Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 und Urt. v. 13.01.2009 - 1 C 2.08 - NVwZ 2009, 727). Dies betrifft nicht nur Situationen, in denen die Ergänzung einer bereits getroffenen Ermessensentscheidung geboten ist, sondern auch Fälle, in denen eine ursprünglich gebundene Ausweisung aufgrund nachträglicher Änderungen erstmals einer Ermessensentscheidung bedarf (BVerwG, Urt. v. 15.11.2007, a.a.O. Rn. 19). Der Einbeziehung nachträglicher Ermessenserwägungen könne in dieser Sondersituation nicht entgegengehalten werden, dass diese sich auf nach Erlass der Ausweisung entstandene Umstände beziehen (zustimmend Decker in Posser/Wolff, VwGO, § 114 Rn. 45). Diese Rechtsprechung ist nach Auffassung des Senats auf Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels zu übertragen, nachdem das Bundesverwaltungsgericht auch in diesem Bereich seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt geändert hat (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - a.a.O.). In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf seine neuere Rechtsprechung zum Ausweisungsrecht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ausländerbehörde die Möglichkeit habe, in Erfüllung ihrer Obliegenheit zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle die Ermessenserwägungen in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO im laufenden Verfahren zu aktualisieren (a.a.O. Rn. 42). Soweit danach eine Aktualisierung „in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO“ erfolgen soll, lässt sich dem nicht entnehmen, dass anders als im Ausweisungsrecht eine gegebenenfalls notwendige erstmalige Ermessensbetätigung während des gerichtlichen Verfahrens ausgeschlossen sein soll. Diese Formulierung dürfte vielmehr dem Umstand geschuldet sein, dass in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall eine Ermessensentscheidung getroffen worden war und daher von vornherein nur eine Ergänzung der bereits getroffenen Ermessensentscheidung im Raume stand.
71 
Hier ist die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erst infolge der vom Kläger zu 2 nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2006 begangenen Straftaten entfallen, so dass der Beklagten die erstmalige Ermessensausübung gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG im gerichtlichen Verfahren nicht verwehrt werden kann. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass dadurch der Verwaltungsakt in seinem Wesen geändert würde, was nach der bisherigen Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 27.01.1982 - 8 C 12.81 - BVerwGE 64, 356 <360>) dem Nachschieben von Gründen entgegenstünde. Sinn und Zweck der Schranke der Wesensänderung sind Überlegungen prozessualer Waffengleichheit, damit insbesondere belastende Ermessensverwaltungsakte nicht frühzeitig auf schwacher Grundlage erlassen und von der Verwaltung auch noch im Prozess zur nachträglichen Legitimation der Anordnung nach Belieben nachgebessert werden können. Dieser Zweck trifft aber die infolge der Verschiebung des maßgeblichen Zeitpunkts zu bewältigenden Fälle nachträglicher Änderungen der Sach- und Rechtslage gerade nicht (ebenso Kraft, ZAR 2009, 41 <46>). Sind nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage zugunsten wie zulasten des Ausländers zu berücksichtigen, erscheint es auch unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit gerechtfertigt, der Ausländerbehörde das Recht zur erstmaligen Ermessensentscheidung während des gerichtlichen Verfahrens einzuräumen.
72 
b) Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch gemäß der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17. November 2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Anordnung der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis entgegen. Nach Nr. I 3.3 dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen.
73 
c) Einem möglichen Anspruch des Klägers zu 2 nach § 104 a AufenthG steht der Ausschlussgrund gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 dieser Vorschrift entgegen. Mit der Verurteilung zu einer Jugendstrafe von 20 Monaten ist dieser Ausschlussgrund verwirklicht (vgl. Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 52).
74 
4. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
75 
Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.
76 
a) Zwar sind alle Kläger aufgrund der in den Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohungen nach § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig.
77 
b) Es fehlt jedoch an der Unmöglichkeit der Ausreise. Die Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 ist weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich. Der Begriff der Ausreise umfasst die (zwangsweise) Abschiebung und die freiwillige Ausreise (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Die Ausreise ist unmöglich, wenn sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht erfolgen kann. Da die Ausreise eine unvertretbare Handlung darstellt, ist die Unmöglichkeit im Hinblick auf den betroffenen Ausländer zu prüfen. Von der Unmöglichkeit der Abschiebung kann nicht ohne weiteres auf die Unmöglichkeit der Ausreise geschlossen werden. Grundsätzlich ist von der Möglichkeit einer (freiwilligen) Ausreise auszugehen, solange der Ausländer nicht durch einen gescheiterten Ausreiseversuch das Gegenteil nachweist. Es bedarf jedoch dann keines Versuchs der freiwilligen Ausreise in den Heimatstaat, wenn von vornherein feststeht, dass dieser Versuch erfolglos bleiben wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.06.2003 - 13 S 2767/02 - juris).
78 
aa) Ein tatsächliches Ausreisehindernis kann vorliegen, wenn ein Ausländer staatenlos ist und kein aufnahmebereiter Staat vorhanden ist. Auch der fehlende Besitz eines Passes oder sonstigen Reisedokuments kann die tatsächliche Unmöglichkeit begründen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356).
79 
bb) Die freiwillige Ausreise ist rechtlich unmöglich, wenn dem Ausländer aus Rechtsgründen nicht zuzumuten ist, Deutschland zu verlassen. Allgemeine Widrigkeiten, oder Überlegungen humanitärer Art, die aber keine Abschiebungshindernisse zur Folge haben, bleiben jedoch unberücksichtigt (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Danach ist die Ausreise unzumutbar und damit unmöglich, wenn rechtliche zielstaats- und/oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen. Zu den inlandsbezogenen Abschiebungsverboten zählen auch die Verbote, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006, a.a.O.). Eine rechtliche Unmöglichkeit der freiwilligen Ausreise wäre danach gegeben, wenn die Versagung der Aufenthaltserlaubnis einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf Familien- und Privatleben darstellte.
80 
Ein unverhältnismäßiger Eingriff - und demzufolge eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise - kann angenommen werden, wenn die „Verwurzelung“ des Ausländers in Deutschland infolge fortgeschrittener beruflicher und sozialer Integration bei gleichzeitiger Unmöglichkeit einer Reintegration im Herkunftsstaat dazu führt, dass das geschützte Privatleben nur noch hier geführt werden kann (sog. faktischer Inländer). Die Annahme einer Unzumutbarkeit der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unter dem Aspekt des nach Art. 8 EMRK geschützten „Privatlebens“ setzt eine abgeschlossene und „gelungene“ Integration des Ausländers in die Lebensverhältnisse in Deutschland voraus. Eine derartige Konstellation ist insbesondere denkbar bei Ausländern der zweiten Generation, die in Deutschland aufgewachsen sind und keinerlei Beziehung zum Herkunftsstaat der Eltern besitzen. Wie sich hinreichend etwa aus den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Sachen „Sisojeva I und II“ (EGMR, Urteile vom 16.06.2005 und 15.01.2007, EuGRZ 2006, 554 und InfAuslR 2007, 140) sowie „Rodrigues da Silva und Hoogkamer“ (EGMR, Urteil vom 31.01.2006, EuGRZ 2006, 562) ergibt, kommt es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte (offen gelassen im Urteil vom 08.04.2008 - Nr. 21878/06 - „Nnyanzi“); der Schutzbereich dieses Menschenrechts dürfte vielmehr auch bei nur Geduldeten eröffnet sein können (Senatsbeschlüsse vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - InfAuslR 2008, 29 = VBlBW 2008, 114 = NVwZ 2008, 344, vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 -InfAuslR 2009, 72 und vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - InfAuslR 2009, 178; ebenso Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 150; HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 56; Benassi, InfAuslR 2006, 397 <401 f.>; Hoppe, ZAR 2006, 125; Marx, ZAR 2006, 261 <266>; a.A. wohl Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris und Storr in Storr u.a., ZuwG, 2. Aufl., § 25 AufenthG Rn. 31; unklar insoweit BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris).
81 
Zu berücksichtigen ist auch, dass minderjährige Kinder grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen (sog. familienbezogene Gesamtbetrachtung; vgl. dazu Senatsurteil vom 26.07.2006 - 11 S 951/06 -VBlBW 2006, 442). Steht den Eltern wegen deren mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 AufenthG kein Aufenthaltsrecht zu, so ist davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger, der im Bundesgebiet geboren wurde oder dort lange Zeit gelebt hatte und vollständig integriert ist, auf die von den Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden kann. Ausnahmsweise kann etwas anderes gelten, wenn kein Elternteil in der Lage sein wird, diese Hilfen zu erbringen.
82 
cc) Daran gemessen folgt hier weder aus der Passlosigkeit der Kläger (aaa) noch aus Art. 8 EMRK (bbb) eine Unmöglichkeit der Ausreise. Wollte man dies hinsichtlich der Passlosigkeit anders sehen, stünden jedenfalls die Regelungen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG dem geltend gemachten Anspruch entgegen (ccc).
83 
aaa) Zwar erscheint eine Ausreise nach Kroatien bezüglich aller Kläger ausgeschlossen, nachdem die kroatischen Behörden die Rückübernahme endgültig abgelehnt haben. Gleiches gilt in Bezug auf Makedonien für die Kläger zu 3 und zu 4. Dass eine Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 nach Serbien oder in die Republik Kosovo nicht möglich ist, steht demgegenüber nicht fest. Nachdem insoweit keine eindeutigen Erklärungen der zuständigen Stellen der betreffenden Staaten vorliegen, dass die Kläger nicht übernommen werden, und sie auch keinen - gescheiterten - Ausreiseversuch unternommen haben, ist von der Möglichkeit der freiwilligen Ausreise auszugehen.
84 
bbb) Aus Art. 8 EMRK ergibt sich vorliegend keine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4.
85 
Soweit keine Abschiebung der Klägerin zu 1 nach Makedonien durchgeführt werden soll, ist vorliegend nicht der Schutzbereich des Rechts auf Familienleben (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 05.02.2009 – 11 S 3244/08 – InfAuslR 2009, 178), sondern lediglich der des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnet. Die Klägerin zu 1 und der minderjährige Kläger zu 4 können nach dem oben Ausgeführten darauf verwiesen werden, gemeinsam nach Serbien bzw. Kosovo auszureisen. Gleiches gilt für den volljährigen Kläger zu 3, der im Übrigen nicht in gesteigertem Maße auf familiären Beistand angewiesen ist. Die Ausreise ist für keinen der Kläger unzumutbar. Der Eingriff in das geschützte Privatleben der Kläger ist im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht unverhältnismäßig.
86 
Bei der als Erwachsene eingereisten Klägerin zu 1, die in Makedonien aufgewachsen ist und später im heutigen Kroatien gelebt hat, fehlt es bereits an der erforderlichen Entwurzelung. Zudem ist sie nicht hinreichend verwurzelt, da sie über viele Jahre ausschließlich von Sozialleistungen gelebt und erst vor kurzem eine Arbeitsstelle gefunden hat. Weitere besondere Integrationsleistungen sind nicht ersichtlich. Es fehlt auch an einer Handreichung des Staates, da ihr Aufenthalt nach negativem Abschluss des Asylverfahrens durchgehend nur geduldet war. Sie konnte daher kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand ihres Aufenthalts im Bundesgebiet entwickeln (vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris). Der jetzt 17jährige Kläger zu 4 ist zwar hier geboren und aufgewachsen, so dass ohne weiteres von einer Entwurzelung ausgegangen werden kann. Er hat indes nach Abschluss der Hauptschule keine Ausbildung begonnen und auch beruflich nicht Fuß gefasst. Besondere Integrationsleistungen sind ebenfalls nicht ersichtlich. Negativ ins Gewicht fällt auch seine Verurteilung vom 17.09.2008. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 4 als Minderjähriger grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal seiner Mutter teilt (familienbezogene Gesamtbetrachtung). Bei dem als Kleinkind eingereisten, jetzt 18jährigen Kläger zu 3 fehlt es ebenfalls an einer abgeschlossenen Integration. Er hat keinen Schulabschluss erlangt und ist beruflich nicht integriert. Zudem ist er ebenfalls straffällig geworden. Von einer fortgeschrittenen beruflichen und sozialen Integration kann daher auch bei ihm keine Rede sein.
87 
ccc) Nach § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG darf die Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, „wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist“ (§ 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG), und ein Verschulden liegt insbesondere dann vor (die anderen Verschuldenstatbestände sind hier nicht einschlägig), wenn der Ausländer „zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt“ (§ 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Grundsätzlich ist der Ausländer verpflichtet, von sich aus zumutbare Anforderungen zur Beseitigung von Ausreisehindernissen zu erfüllen; er hat zudem unter Angabe nachprüfbarer Umstände darzulegen und durch Vorlage geeigneter Dokumente nachzuweisen, dass er das ihm Zumutbare zur Erlangung eines Passes oder eines anderen Rückreisedokuments getan hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - InfAuslR 2009, 109; Senatsurteil vom 22.03.2006 - 11 S 1924/05 - je m.w.N.). Bei der Frage, welche Mitwirkungshandlungen konkret zumutbar sind, sind alle Umstände und Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen (siehe BVerwG, Beschl. v. 15.06.2006 - 1 B 54.06 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 4 und VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O. m.w.N.), wobei der Begriff der Zumutbarkeit es ausschließt, einem Ausländer solche Handlungen abzuverlangen, die von vornherein erkennbar aussichtslos sind (BVerwG, Beschluss vom 15.06.2006, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.06.2007 - 3 B 34.05 - juris). Auch dem Verhalten der Behörde als Mitbeteiligter kommt bei der Festlegung der einzelnen Verantwortungsbereiche Bedeutung zu (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 180; BayVGH, Beschl. v. 19.12.2005 - 24 C 05.2856 - InfAuslR 2006, 189). Erfolglos gebliebene behördliche Bemühungen können zwar dem Betroffenen selbst nicht als Verschulden angelastet werden; andererseits entlasten sie jedoch den Ausländer nicht von (sonst) zumutbaren eigenen Anstrengungen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG eigenständige Verantwortungsbereiche von Behörde und Betroffenem anzunehmen sind (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005, a.a.O.) und dass Behördenbemühungen unter Umständen schon deswegen, weil sie von einer Behörde ausgehen, zum Scheitern verurteilt sein können. Die dem Ausländer obliegende Initiativpflicht erstreckt sich auf alle Handlungsmöglichkeiten, die ihm bei objektiver Betrachtungsweise bekannt sein können; nur insoweit kann ihm subjektive Verantwortlichkeit angelastet werden (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005 a.a.O.). Daher hat die zuständige Behörde, wie dies auch § 82 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorgibt, den Betroffenen auf seine Pflichten hinzuweisen und ihm mitzuteilen, dass und in welchem Umfang er zur Erbringung bestimmter Handlungen verpflichtet ist; wenn sich ihm ein bestimmtes Verhalten nicht bereits aufdrängen muss, muss ihm wenigstens hinreichend erkennbar sein, was er konkret zu unternehmen hat. Die Behörde ist regelmäßig angesichts ihrer organisatorischen Überlegenheit und Sachnähe besser in der Lage, die bestehenden Möglichkeiten zu erkennen und die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O.).
88 
Daran gemessen ist ein Verschulden der Kläger hier zu bejahen. Die Klägerin zu 1 ist nie von sich aus tätig geworden, um nach Ungültigwerden ihres alten jugoslawischen Passes neue Pässe für sich und ihre Kinder zu erlangen. Aufforderungen zur Passbeschaffung ist sie bezogen auf Kroatien und Makedonien zunächst nachgekommen. Auch auf dem serbischen Konsulat hat sie vorgesprochen. Nachdem jedoch klar war, dass sie abgeleitet von ihrer Mutter möglicherweise ihre Registrierung und Einbürgerung in Serbien erreichen könnte, hat sie trotz ausdrücklicher Aufforderung seitens der Beklagten keine weiteren Bemühungen in dieser Richtung unternommen. Der Kläger zu 3, der nach Erreichen der Volljährigkeit ebenfalls keine eigenen Bemühungen unternommen hat, muss sich das Verhalten der Klägerin zu 1 ebenso zurechnen lassen wie der noch minderjährige Kläger zu 4.
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Auf das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen kommt es nach alledem im Hinblick auf die Ansprüche nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht an.
90 
5. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17.11.2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Dies war hier nicht der Fall. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen entgegen. Nach Nr. I 3.3 der Anordnung dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen. Liegt für einen Elternteil oder für ein im Familienverband lebendes minderjähriges Kind ein Ausschlussgrund vor, so scheidet nach I. 3.5 der Anordnung zur Wahrung der Familieneinheit die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich auch für die übrigen Familienmitglieder aus. Hier liegt nicht nur bei dem Kläger zu 2, sondern auch bei den Klägern zu 3 und zu 4 der anspruchsvernichtende Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vor. Damit scheidet die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch für die Klägerin zu 1 aus.
91 
6. Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen. Lockerungen in Bezug auf die Erfüllung der Passpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG bestehen im Rahmen des § 104 a AufenthG nicht (Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 71). Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrundes beseitigen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern die Erlangung eines Passes unzumutbar sein könnte.
92 
Die von der Beklagten in der Berufungsverhandlung getroffene Entscheidung, nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abzusehen, ist nicht zu beanstanden. Diese Entscheidung wurde tragend mit der Erwägung begründet, die Klägerin zu 1 habe über Jahre hinweg keine Passbeschaffungsbemühungen entfaltet. Sie sei offensichtlich nicht gewillt, sich um einen Pass zu bemühen. Der Kläger zu 4 müsse sich die mangelnden Passbeschaffungsbemühungen seiner Mutter zurechnen lassen. Der Kläger zu 3 hätte sich nach Erreichen der Volljährigkeit auch selbstständig an das serbische Konsulat wenden und Passbeschaffungsbemühungen entfalten können. Diese Erwägungen lassen keine Ermessensfehler erkennen.
93 
§ 114 Satz 2 VwGO steht der erstmaligen Ermessensbetätigung in der Berufungsverhandlung nicht entgegen, weil mit Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt insgesamt erstmals über einen möglichen Anspruch auf der Grundlage des erst während des Berufungsverfahrens in Kraft getretenen § 104 a AufenthG zu entscheiden war. Insoweit gilt das oben unter II. 3. a) Ausgeführte entsprechend.
94 
7. Schließlich können die Kläger weder die Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer noch von Ausweisersatzen beanspruchen. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthV liegen nicht vor, da die Kläger, wie oben ausgeführt, auf zumutbare Weise Pässe erlangen können. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor, da die Beklagte nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abgesehen hat.
III.
95 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären. Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist gegenstandslos, nachdem die Kläger die Verfahrenskosten zu tragen haben.
96 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
97 
Beschluss vom 22. Juli 2009
98 
Der Streitwert des Verfahrens in beiden Rechtszügen wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2 GKG auf jeweils40.000,-- EUR festgesetzt.
99 
Gründe
100 
Mit den Anträgen auf Verpflichtung zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen und zur Ausstellung von Reiseausweisen machen die Kläger zwei verschiedene prozessuale Ansprüche geltend, für die jeweils - je Kläger - der Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG von 5.000,-- EUR anzusetzen ist (Senatsbeschluss vom 13.03.2007 - 11 S 150/07- NVwZ-RR 2007, 429). Dies ergibt einen Streitwert von 40.000,-- EUR. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung ist entsprechend zu ändern.
101 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
39 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
40 
Gegenstand der uneingeschränkt zugelassenen Berufung ist das gesamte Klagebegehren erster Instanz. Dies umfasst zunächst die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind aber auch die erst nach Ergehen des erstinstanzlichen Urteils bei der Beklagten gestellten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Bleiberechtsregelung, da insoweit der Streitstoff identisch ist und ebenfalls ein humanitärer Aufenthaltszweck verfolgt wird. Der Streitgegenstand einer Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wird bestimmt und begrenzt durch den Aufenthaltszweck, aus dem der Ausländer seinen Anspruch herleitet. Im vorliegenden Verfahren stützen die Kläger ihr Klagebegehren in tatsächlicher Hinsicht auf humanitäre Gründe, wie sie in Abschnitt 5 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes normiert sind. Das Klagebegehren erfasst damit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 43.06 - BVerwGE 129, 226 und Urt. v. 27.01.2009 - 1 C 40.07 - DVBl 2009, 650) auch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) eingeführten und am 28. August 2007 in Kraft getretenen Altfallregelung des § 104 a AufenthG. Denn auch eine nach dieser Vorschrift erteilte Aufenthaltserlaubnis wird entweder als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG erteilt (§ 104 a Abs. 1 Satz 2 AufenthG) oder gilt zumindest als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes104 a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 AufenthG). Die Anträge auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer (vgl. § 5 AufenthV), hilfsweise Ausweisersatzpapieren (vgl. § 48 Abs. 4 AufenthG) werden von den Klägern, wie diese in der mündlichen Verhandlung klargestellt haben, ebenfalls weiterverfolgt. Nicht Streitgegenstand ist demgegenüber das Begehren des Klägers zu 2 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Insoweit wird ein familiärer Aufenthaltszweck nach Abschnitt 6 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes verfolgt; nach dem Trennungsprinzip (BVerwG, Urt. v. 04.09.2007, a.a.O.) handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand. Der Vertreter des Klägers zu 2 hat in der Berufungsverhandlung zudem erklärt, dieses Begehren im vorliegenden Verfahren nicht zu verfolgen.
II.
41 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.01.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat die Anträge der Kläger auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen sowie auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer, hilfsweise Ausweisersatzen, im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Über die geltend gemachten Ansprüche ist unter Zugrundelegung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu entscheiden (unten 1.). Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem bei ihm vorrangig zu prüfenden § 25 Abs. 3 AufenthG (unten 2.) oder nach anderen Anspruchsgrundlagen (unten 3.). Die übrigen Kläger können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des bei ihnen allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor (unten 4). Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (unten 5). Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass sie die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen (unten 6.). Schließlich steht sämtlichen Klägern kein Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises oder Ausweisersatzes zu (unten 7.).
42 
1. Maßgeblich für die Beurteilung der von den Klägern verfolgten Verpflichtungsbegehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist insgesamt der Zeitpunkt der Berufungsverhandlung. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels bei der Frage, ob eine Aufenthaltserlaubnis aus Rechtsgründen erteilt oder versagt werden muss, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz abzustellen, soweit sich nicht aus dem materiellen Recht im Einzelfall Abweichendes ergibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.2004 - 1 C 20.03 - BVerwGE 121, 86 <88>; Senatsurteil vom 18.04.2007 - 11 S 1035/06 - AuAS 2007, 219). Gleiches gilt nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - juris), der sich der Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urt. v. 18.04.2007, a.a.O.) anschließt, auch für die Überprüfung einer Ermessensentscheidung: In Anlehnung an seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung im Falle der gerichtlichen Anfechtung einer Ausweisung (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 <22 ff.>) geht das Bundesverwaltungsgericht nunmehr unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung davon aus, dass auch bei Klagen auf Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels für die Überprüfung der behördlichen Ermessensentscheidung auf den Zeitpunkt abzustellen ist, der für die gerichtliche Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen maßgeblich ist. Dies ist hier der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz.
43 
Nichts anderes ergibt sich vorliegend daraus, dass die Kläger noch unter Geltung des Ausländergesetzes die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen beantragt hatten. Die im Aufenthaltsgesetz getroffenen materiellen Übergangsregelungen (vgl. §§ 103 und 104), wonach das Ausländergesetz in bestimmten Fallkonstellationen über den 01.01.2005 hinaus auf Aufenthaltsansprüche Anwendung findet, erfassen den Fall von vor diesem Zeitpunkt geltend gemachten Ansprüchen auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen nicht.
44 
2. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG.
45 
a) Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG soll einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegt. Die Ausländerbehörde ist nach § 42 AsylVfG an eine positive oder negative Entscheidung des Bundesamts über das Vorliegen eines Abschiebungsverbots gebunden. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf Feststellungen zu § 53 Abs. 6 AuslG, obwohl insoweit keine ausdrückliche Übergangsregelung erlassen worden ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - BVerwGE 126, 192; Senatsurteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 27; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 49).
46 
Danach ist die Beklagte vorliegend an die im Bundesamtsbescheid vom 04.11.1994 getroffene Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG gebunden. Dieser Bescheid ist nicht etwa mangels Bestimmtheit (vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG) gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG insgesamt nichtig. Allerdings erstreckt sich die Bindungswirkung der positiven Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG nur auf Kroatien, nicht hingegen auf weitere Staaten, da der Bescheid insoweit teilnichtig ist (vgl. § 44 Abs. 4 VwVfG). Nach dem Tenor des Bundesamtsbescheides vom 04.11.1994 bezieht sich die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG auf Kroatien und alle Länder, die keinen mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard besitzen, um die Therapierung der Hemmkörperhämophilie des Klägers zu 2 zu gewährleisten. Nähere Feststellungen zum medizinischen Standard in Deutschland, in Kroatien oder in weiteren Ländern finden sich in der Begründung nicht. Auf welche weiteren Länder sich die Feststellung konkret erstrecken soll, ist für den Adressaten nicht erkennbar. Insoweit fehlt es an der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit des Bescheides (§ 37 Abs. 1 VwVfG). Hinsichtlich des Regelungsinhalts erfordert das Bestimmtheitsgebot, dass dieser für die Adressaten nach Art und Umfang aus sich heraus verständlich ist (BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 37 Rn. 12). Demgegenüber genügt es nicht, dass er für die Behörde - möglicherweise unter Hinzuziehung von Erkenntnisquellen zu weiteren Ländern - bestimmbar ist. Hier ist der Bescheid aus sich heraus nicht verständlich. Der Bescheid ist vielmehr in einem wesentlichen Punkt unklar; die bestehende Unbestimmtheit ist offensichtlich und kann auch nicht durch Auslegung behoben werden. Dies führt zur Nichtigkeit (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 44 Rn. 26 m.w.N.). Der nichtige Teil ist indes nicht so wesentlich, dass das Bundesamt die Feststellung in Bezug auf Kroatien ohne diesen Teil nicht erlassen hätte. Es liegt demnach eine Teilnichtigkeit i.S.d. § 44 Abs. 4 VwVfG vor.
47 
Die Bindungswirkung des wirksamen Teils des Bescheids ist nicht deshalb entfallen, weil das Bundesamt zwischenzeitlich die Feststellung widerrufen hat. Der Widerruf wirkt sich, solange er nicht bestandskräftig ist, nur insoweit aus, als er eine Atypik begründet. Rechtsfolge ist, dass der Regelerteilungsanspruch entfällt und über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen zu entscheiden ist (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - BVerwGE 124, 326; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 56).
48 
b) Der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG steht jedoch der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG entgegen. Die beantragte Aufenthaltserlaubnis ist zwingend zu versagen, wenn ein in § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgeführter Ausschlussgrund vorliegt. Dann ist auch eine Ermessensentscheidung nicht eröffnet (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - a.a.O.).
49 
Nach § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer eine „Straftat von erheblicher Bedeutung“ begangen hat. Dieser Ausschlussgrund ist weiter gefasst als die Ausschlussgründe des Art. 1 F des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - GFK -, des Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG - Qualifikationsrichtlinie - und des § 60 Abs. 8 AufenthG. Nach Art. 1 F GFK finden die Bestimmungen dieses Abkommens keine Anwendung auf Personen, in Bezug auf die aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist,
50 
a) dass sie ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen haben, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen;
51 
b) dass sie ein schweres nichtpolitisches Verbrechen außerhalb des Aufnahmelandes begangen haben, bevor sie dort als Flüchtling aufgenommen wurden;
52 
c) dass sie sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider laufen.
53 
Nach Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG ist ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
54 
a) ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen;
55 
b) eine schwere Straftat begangen hat;
56 
c) sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwider laufen;
57 
d) eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit des Landes darstellt, in dem er sich aufhält.
58 
Nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG findet Absatz 1 dieser Norm keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Nach Satz 2 gilt das Gleiche, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des - dem Art. 1 F GFK entsprechenden - § 3 Abs. 2 AsylVfG erfüllt.
59 
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 31) ist es nicht geboten, den Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG in Anlehnung an die angeführten Vorschriften eng auszulegen. Dagegen spricht zunächst die Entstehungsgeschichte der Vorschrift: Der ursprüngliche Regierungsentwurf sah eine vollständige Abschaffung der Duldung vor. Eine Aufenthaltserlaubnis sollte erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2 bis 7 vorliegen. Einziger Ausschlussgrund sollte nach Satz 2 des Entwurfs die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Ausreise in einen anderen Staat sein. Ein von der CDU/CSU-Fraktion eingebrachter Änderungsantrag sah demgegenüber eine restriktive Neufassung des § 25 Abs. 3 vor:
60 
„Einem Ausländer kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 vorliegen. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn eine Ausreise in einen anderen Staat aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist. Eine Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn der Ausländer die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst zu vertreten hat, weil er im Bundesgebiet nicht nur vereinzelte oder geringfügige Straftaten begangen hat oder nach seiner Einreise die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst herbeigeführt, die Aufenthaltsbeendigung in vorwerfbarer Weise hinausgezögert oder vereitelt hat oder sein Handeln in sonstiger Weise rechtsmissbräuchlich ist.“
61 
Begründet wurde der Änderungsantrag u.a. damit, dass Straftätern grundsätzlich keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden solle (BT-Drs. 15/955, S. 14). Diese Einwände haben sich in der vom Vermittlungsausschuss akzeptierten Fassung in der Weise niedergeschlagen, dass die Ausschlussgründe gegenüber dem Regierungsentwurf wesentlich erweitert wurden. Während der Regierungsentwurf einen Ausschluss nur in den Fällen vorsah, in denen die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist, wurden zusätzlich die Fälle des gröblichen Verstoßes gegen Mitwirkungspflichten und die Begehung von Verbrechen, Straftaten oder Handlungen nach Abs. 3 Satz 2 lit. a - d eingefügt (BT-Drs. 15/3479, S. 5).
62 
Die Ausschlussgründe des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. a - d regeln lediglich die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, sagen aber nichts darüber aus, ob Ausländer, bei denen Abschiebungsverbote nach Abs. 3 Satz 1 vorliegen, in ihre Heimatstaaten abgeschoben werden können. Rechtsgrundsätzliche Bedenken dagegen, dass die Ausschlussgründe weiter gefasst sind als in Art. 1 F GFK und in Art. 17 RL 2004/83/EG, bestehen daher nicht. Steht der Ausschlussgrund der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen, ist eine Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG zu erteilen (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 48; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 72). In der Person des Klägers zu 2 liegt ohnehin lediglich ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor, so dass er sich auf die Bestimmungen der GFK und der Qualifikationsrichtlinie nicht berufen kann.
63 
Bei dem Begriff der Straftaten von erheblicher Bedeutung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, den der Gesetzgeber in einer Vielzahl von Gesetzen verwendet (vgl. etwa §§ 81 g, 98 a, 100 g, 100 h, 110 a, 131 StPO, § 28 BDSG, § 23 BPolG, §§ 8, 14, 15 BKAG, §§ 25, 30 PolG BW). Dazu zählen alle Verbrechen, aber auch schwerwiegende Vergehen (etwa §§ 224, 243, 253 StGB; schwerwiegende Straftaten nach dem BtMG). Man versteht darunter solche Taten, die den Rechtsfrieden empfindlich stören und geeignet sind, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Es muss sich bei den zu beurteilenden Taten um Delikte handeln, die mindestens der mittleren Kriminalität zuzurechnen sind (BVerfG, Beschl. v. 14.12.2000 - 1 BvR 1741/99 u.a. - BVerfGE 103, 21 <34> und Beschl. v. 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - juris; NdsOVG, Beschl. v. 06.03.2009 - 7 LA 231/07 - juris; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 81 g Rn. 7 a m.w.N.; Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 50; Hailbronner, AuslR, Kommentar, § 25 Rn. 69). In den Fällen der mittleren Kriminalität ist dabei das besondere Maß des Unrechts nach Lage des konkreten Einzelfalles entscheidend, wobei es nicht so sehr auf den abstrakten Charakter des Straftatbestandes, sondern auf Art und Schwere der jeweiligen konkreten Tat ankommt. Die Beeinträchtigung des Rechtsfriedens oder der Rechtssicherheit kann sich etwa daraus ergeben, dass durch die Straftat bedeutsame Rechtsgüter wie z.B. Leib, Leben, Gesundheit oder fremde Sachen von bedeutendem Wert verletzt wurden. Nach Lage des Falles können auch Eigentums- oder Vermögensdelikte mittlerer Qualität die genannten Voraussetzungen erfüllen, insbesondere wenn es sich um Straftaten mit Seriencharakter und entsprechendem (Gesamt-)Schaden für die Allgemeinheit handelt (BT-Drs. 11/7663 S. 35). Die Straftat muss ein Gewicht aufweisen, das es gerechtfertigt erscheinen lässt, den gesetzgeberischen Zweck der Legalisierung des Aufenthalts zurücktreten zu lassen (Burr, a.a.O. Rn. 50; Hailbronner, a.a.O. Rn. 69; VG Stuttgart, Urt. v. 07.10.2005 - 9 K 2107/04 - InfAuslR 2006, 78).
64 
Daran gemessen liegt der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG hier vor. Der Kläger zu 2 wurde mehrfach nicht nur wegen Eigentums-, sondern auch wegen Gewaltdelikten (gemeinschaftlicher Raub, gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung) verurteilt. Er ist hierbei vor massiven Verletzungen der körperlichen Integrität unbeteiligter Dritter nicht zurückschreckt. Hinzu kommt, dass er die ihm mehrfach eingeräumten Gelegenheiten zur Bewährung ausweislich des Berichts der Bewährungshelferin vom 26.04.2007 und des Urteils des Amtsgerichts Mannheim vom 03.05.2007 nicht genutzt hat. Nichts anderes folgt angesichts des Umstandes, dass gegen den Kläger zu 2 eine Jugendstrafe verhängt wurde, die letztendlich nicht zur Bewährung ausgesetzt werden konnte, daraus, dass der Kläger zu 2 nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde.
65 
Unschädlich ist, dass die in § 72 Abs. 2 AufenthG vorgesehene Beteiligung des Bundesamtes unterbleiben ist. Nach dieser Vorschrift hätte das Vorliegen des Ausschlussgrundes unter Beteiligung des Bundesamtes geprüft werden müssen. Dieses Beteiligungserfordernis verfolgt jedoch nicht das Ziel, Rechte des Ausländers zu wahren. Es ist nicht als verfahrensrechtliche Schutznorm anzusehen. Der betroffene Ausländer kann sich daher in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mit Erfolg auf die unterbliebene Beteiligung berufen (Gutmann in GK-AufenthG, § 72 AufenthG Rn. 55 m.w.N.).
66 
Ob weitere Ausschlussgründe nach § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorliegen, kann danach offenbleiben.
67 
3. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach anderen Anspruchsgrundlagen.
68 
a) Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Kläger zu 2 die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG erfüllt. Insoweit erscheint offen, ob seine Ausreise nach Serbien oder Kosovo möglicherweise im Hinblick auf eine drohende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes wegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots rechtlich unmöglich ist. Bezüglich dieser Staaten liegt keine Bundesamtsentscheidung vor, die die Anwendung des § 25 Abs. 5 AufenthG insoweit sperren würde (vgl. § 42 Satz 1 AsylVfG). In der Rechtsprechung ist auch geklärt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nicht ausschließlich im Rahmen des § 25 Abs. 3, sondern auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG berücksichtigungsfähig sind, soweit keine Prüfungszuständigkeit des Bundesamtes gegeben ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 119).
69 
Einem möglichen Anspruch steht aber jedenfalls das Fehlen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen. Danach setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsgrund vorliegt. Mit den von ihm begangenen vorsätzlichen Straftaten, die nicht vereinzelt und geringfügig sind, hat der Kläger zu 2 den Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG verwirklicht. Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrunds beseitigen würden, sind nicht ersichtlich. Anders als im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG - insoweit kommen gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht zur Anwendung - ist im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG auch nicht von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abzusehen. Vielmehr kann die Ausländerbehörde gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nach pflichtgemäßem Ermessen von der Anwendung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen absehen. Vorliegend hat die Beklagte im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 08.08.2007 ausdrücklich erklärt, dass sie bei dem Kläger zu 2 nicht von der allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG absieht. Die bisherigen strafrechtlichen Verfehlungen des Klägers zu 2 rechtfertigten eine solche Entscheidung nicht. Ermessensfehler sind insoweit nicht erkennbar. Die Ermessensbetätigung steht im Einklang mit der Entscheidung des Gesetzgebers, der im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG das Vorliegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung als zwingenden Ausschlussgrund ausgestaltet hat. Es kann nicht beanstandet werden, dass die Beklagte unter Berufung auf die Schwere der strafrechtlichen Verfehlungen dieser gesetzgeberischen Entscheidung auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG Rechnung trägt.
70 
§ 114 Satz 2 VwGO steht vorliegend der erstmaligen Ermessensbetätigung im gerichtlichen Verfahren nicht entgegen. Zwar erlaubt diese Vorschrift nur die Ergänzung bereits vorhandener Ermessenserwägungen. An solchen fehlt es vorliegend. Der Konzeption des § 114 Satz 2 VwGO liegt indes zugrunde, dass bei Ermessensentscheidungen der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung der maßgebliche Zeitpunkt ist (vgl. Kuntze in Bader u.a., VwGO, § 114 Rn. 5 m.w.N.). Ist aber - wie hier (vgl. oben II. 1.) - der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz der maßgebliche Zeitpunkt auch für die Überprüfung der Ermessensentscheidung und ergibt sich erstmals während des gerichtlichen Verfahrens die Notwendigkeit der Ermessensbetätigung, so ist eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 114 Satz 2 VwGO geboten. In dieser Situation kann es der Behörde, die die Pflicht zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit ihrer Verfügung trifft, nicht verwehrt sein, bezüglich nachträglich entstandener Umstände, die erstmals eine Ermessensentscheidung erfordern, ihr Ermessen insgesamt nachträglich erstmals zu betätigen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bislang zum Ausweisungsrecht so entschieden. Es hat seine frühere Rechtsprechung, wonach Ermessenserwägungen bei Ausweisungsentscheidungen nur insoweit ergänzt werden können, als die nachträglich von der Behörde angegebenen Gründe schon bei Erlass des Verwaltungsaktes vorlagen (vgl. Urt. v. 05.05.1998 - 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351 <363>), mit der Erwägung aufgegeben, dass diese Rechtsprechung sich nicht auf Sachverhalte bezieht, in denen es aus Gründen des materiellen Rechts erforderlich ist, in eine Ermessensentscheidung auch Umstände einzubeziehen, die erst nach Erlass der Ausweisungsverfügung entstanden sind (Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 und Urt. v. 13.01.2009 - 1 C 2.08 - NVwZ 2009, 727). Dies betrifft nicht nur Situationen, in denen die Ergänzung einer bereits getroffenen Ermessensentscheidung geboten ist, sondern auch Fälle, in denen eine ursprünglich gebundene Ausweisung aufgrund nachträglicher Änderungen erstmals einer Ermessensentscheidung bedarf (BVerwG, Urt. v. 15.11.2007, a.a.O. Rn. 19). Der Einbeziehung nachträglicher Ermessenserwägungen könne in dieser Sondersituation nicht entgegengehalten werden, dass diese sich auf nach Erlass der Ausweisung entstandene Umstände beziehen (zustimmend Decker in Posser/Wolff, VwGO, § 114 Rn. 45). Diese Rechtsprechung ist nach Auffassung des Senats auf Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels zu übertragen, nachdem das Bundesverwaltungsgericht auch in diesem Bereich seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt geändert hat (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - a.a.O.). In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf seine neuere Rechtsprechung zum Ausweisungsrecht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ausländerbehörde die Möglichkeit habe, in Erfüllung ihrer Obliegenheit zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle die Ermessenserwägungen in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO im laufenden Verfahren zu aktualisieren (a.a.O. Rn. 42). Soweit danach eine Aktualisierung „in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO“ erfolgen soll, lässt sich dem nicht entnehmen, dass anders als im Ausweisungsrecht eine gegebenenfalls notwendige erstmalige Ermessensbetätigung während des gerichtlichen Verfahrens ausgeschlossen sein soll. Diese Formulierung dürfte vielmehr dem Umstand geschuldet sein, dass in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall eine Ermessensentscheidung getroffen worden war und daher von vornherein nur eine Ergänzung der bereits getroffenen Ermessensentscheidung im Raume stand.
71 
Hier ist die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erst infolge der vom Kläger zu 2 nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2006 begangenen Straftaten entfallen, so dass der Beklagten die erstmalige Ermessensausübung gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG im gerichtlichen Verfahren nicht verwehrt werden kann. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass dadurch der Verwaltungsakt in seinem Wesen geändert würde, was nach der bisherigen Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 27.01.1982 - 8 C 12.81 - BVerwGE 64, 356 <360>) dem Nachschieben von Gründen entgegenstünde. Sinn und Zweck der Schranke der Wesensänderung sind Überlegungen prozessualer Waffengleichheit, damit insbesondere belastende Ermessensverwaltungsakte nicht frühzeitig auf schwacher Grundlage erlassen und von der Verwaltung auch noch im Prozess zur nachträglichen Legitimation der Anordnung nach Belieben nachgebessert werden können. Dieser Zweck trifft aber die infolge der Verschiebung des maßgeblichen Zeitpunkts zu bewältigenden Fälle nachträglicher Änderungen der Sach- und Rechtslage gerade nicht (ebenso Kraft, ZAR 2009, 41 <46>). Sind nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage zugunsten wie zulasten des Ausländers zu berücksichtigen, erscheint es auch unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit gerechtfertigt, der Ausländerbehörde das Recht zur erstmaligen Ermessensentscheidung während des gerichtlichen Verfahrens einzuräumen.
72 
b) Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch gemäß der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17. November 2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Anordnung der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis entgegen. Nach Nr. I 3.3 dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen.
73 
c) Einem möglichen Anspruch des Klägers zu 2 nach § 104 a AufenthG steht der Ausschlussgrund gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 dieser Vorschrift entgegen. Mit der Verurteilung zu einer Jugendstrafe von 20 Monaten ist dieser Ausschlussgrund verwirklicht (vgl. Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 52).
74 
4. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
75 
Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.
76 
a) Zwar sind alle Kläger aufgrund der in den Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohungen nach § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig.
77 
b) Es fehlt jedoch an der Unmöglichkeit der Ausreise. Die Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 ist weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich. Der Begriff der Ausreise umfasst die (zwangsweise) Abschiebung und die freiwillige Ausreise (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Die Ausreise ist unmöglich, wenn sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht erfolgen kann. Da die Ausreise eine unvertretbare Handlung darstellt, ist die Unmöglichkeit im Hinblick auf den betroffenen Ausländer zu prüfen. Von der Unmöglichkeit der Abschiebung kann nicht ohne weiteres auf die Unmöglichkeit der Ausreise geschlossen werden. Grundsätzlich ist von der Möglichkeit einer (freiwilligen) Ausreise auszugehen, solange der Ausländer nicht durch einen gescheiterten Ausreiseversuch das Gegenteil nachweist. Es bedarf jedoch dann keines Versuchs der freiwilligen Ausreise in den Heimatstaat, wenn von vornherein feststeht, dass dieser Versuch erfolglos bleiben wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.06.2003 - 13 S 2767/02 - juris).
78 
aa) Ein tatsächliches Ausreisehindernis kann vorliegen, wenn ein Ausländer staatenlos ist und kein aufnahmebereiter Staat vorhanden ist. Auch der fehlende Besitz eines Passes oder sonstigen Reisedokuments kann die tatsächliche Unmöglichkeit begründen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356).
79 
bb) Die freiwillige Ausreise ist rechtlich unmöglich, wenn dem Ausländer aus Rechtsgründen nicht zuzumuten ist, Deutschland zu verlassen. Allgemeine Widrigkeiten, oder Überlegungen humanitärer Art, die aber keine Abschiebungshindernisse zur Folge haben, bleiben jedoch unberücksichtigt (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Danach ist die Ausreise unzumutbar und damit unmöglich, wenn rechtliche zielstaats- und/oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen. Zu den inlandsbezogenen Abschiebungsverboten zählen auch die Verbote, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006, a.a.O.). Eine rechtliche Unmöglichkeit der freiwilligen Ausreise wäre danach gegeben, wenn die Versagung der Aufenthaltserlaubnis einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf Familien- und Privatleben darstellte.
80 
Ein unverhältnismäßiger Eingriff - und demzufolge eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise - kann angenommen werden, wenn die „Verwurzelung“ des Ausländers in Deutschland infolge fortgeschrittener beruflicher und sozialer Integration bei gleichzeitiger Unmöglichkeit einer Reintegration im Herkunftsstaat dazu führt, dass das geschützte Privatleben nur noch hier geführt werden kann (sog. faktischer Inländer). Die Annahme einer Unzumutbarkeit der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unter dem Aspekt des nach Art. 8 EMRK geschützten „Privatlebens“ setzt eine abgeschlossene und „gelungene“ Integration des Ausländers in die Lebensverhältnisse in Deutschland voraus. Eine derartige Konstellation ist insbesondere denkbar bei Ausländern der zweiten Generation, die in Deutschland aufgewachsen sind und keinerlei Beziehung zum Herkunftsstaat der Eltern besitzen. Wie sich hinreichend etwa aus den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Sachen „Sisojeva I und II“ (EGMR, Urteile vom 16.06.2005 und 15.01.2007, EuGRZ 2006, 554 und InfAuslR 2007, 140) sowie „Rodrigues da Silva und Hoogkamer“ (EGMR, Urteil vom 31.01.2006, EuGRZ 2006, 562) ergibt, kommt es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte (offen gelassen im Urteil vom 08.04.2008 - Nr. 21878/06 - „Nnyanzi“); der Schutzbereich dieses Menschenrechts dürfte vielmehr auch bei nur Geduldeten eröffnet sein können (Senatsbeschlüsse vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - InfAuslR 2008, 29 = VBlBW 2008, 114 = NVwZ 2008, 344, vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 -InfAuslR 2009, 72 und vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - InfAuslR 2009, 178; ebenso Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 150; HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 56; Benassi, InfAuslR 2006, 397 <401 f.>; Hoppe, ZAR 2006, 125; Marx, ZAR 2006, 261 <266>; a.A. wohl Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris und Storr in Storr u.a., ZuwG, 2. Aufl., § 25 AufenthG Rn. 31; unklar insoweit BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris).
81 
Zu berücksichtigen ist auch, dass minderjährige Kinder grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen (sog. familienbezogene Gesamtbetrachtung; vgl. dazu Senatsurteil vom 26.07.2006 - 11 S 951/06 -VBlBW 2006, 442). Steht den Eltern wegen deren mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 AufenthG kein Aufenthaltsrecht zu, so ist davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger, der im Bundesgebiet geboren wurde oder dort lange Zeit gelebt hatte und vollständig integriert ist, auf die von den Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden kann. Ausnahmsweise kann etwas anderes gelten, wenn kein Elternteil in der Lage sein wird, diese Hilfen zu erbringen.
82 
cc) Daran gemessen folgt hier weder aus der Passlosigkeit der Kläger (aaa) noch aus Art. 8 EMRK (bbb) eine Unmöglichkeit der Ausreise. Wollte man dies hinsichtlich der Passlosigkeit anders sehen, stünden jedenfalls die Regelungen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG dem geltend gemachten Anspruch entgegen (ccc).
83 
aaa) Zwar erscheint eine Ausreise nach Kroatien bezüglich aller Kläger ausgeschlossen, nachdem die kroatischen Behörden die Rückübernahme endgültig abgelehnt haben. Gleiches gilt in Bezug auf Makedonien für die Kläger zu 3 und zu 4. Dass eine Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 nach Serbien oder in die Republik Kosovo nicht möglich ist, steht demgegenüber nicht fest. Nachdem insoweit keine eindeutigen Erklärungen der zuständigen Stellen der betreffenden Staaten vorliegen, dass die Kläger nicht übernommen werden, und sie auch keinen - gescheiterten - Ausreiseversuch unternommen haben, ist von der Möglichkeit der freiwilligen Ausreise auszugehen.
84 
bbb) Aus Art. 8 EMRK ergibt sich vorliegend keine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4.
85 
Soweit keine Abschiebung der Klägerin zu 1 nach Makedonien durchgeführt werden soll, ist vorliegend nicht der Schutzbereich des Rechts auf Familienleben (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 05.02.2009 – 11 S 3244/08 – InfAuslR 2009, 178), sondern lediglich der des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnet. Die Klägerin zu 1 und der minderjährige Kläger zu 4 können nach dem oben Ausgeführten darauf verwiesen werden, gemeinsam nach Serbien bzw. Kosovo auszureisen. Gleiches gilt für den volljährigen Kläger zu 3, der im Übrigen nicht in gesteigertem Maße auf familiären Beistand angewiesen ist. Die Ausreise ist für keinen der Kläger unzumutbar. Der Eingriff in das geschützte Privatleben der Kläger ist im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht unverhältnismäßig.
86 
Bei der als Erwachsene eingereisten Klägerin zu 1, die in Makedonien aufgewachsen ist und später im heutigen Kroatien gelebt hat, fehlt es bereits an der erforderlichen Entwurzelung. Zudem ist sie nicht hinreichend verwurzelt, da sie über viele Jahre ausschließlich von Sozialleistungen gelebt und erst vor kurzem eine Arbeitsstelle gefunden hat. Weitere besondere Integrationsleistungen sind nicht ersichtlich. Es fehlt auch an einer Handreichung des Staates, da ihr Aufenthalt nach negativem Abschluss des Asylverfahrens durchgehend nur geduldet war. Sie konnte daher kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand ihres Aufenthalts im Bundesgebiet entwickeln (vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris). Der jetzt 17jährige Kläger zu 4 ist zwar hier geboren und aufgewachsen, so dass ohne weiteres von einer Entwurzelung ausgegangen werden kann. Er hat indes nach Abschluss der Hauptschule keine Ausbildung begonnen und auch beruflich nicht Fuß gefasst. Besondere Integrationsleistungen sind ebenfalls nicht ersichtlich. Negativ ins Gewicht fällt auch seine Verurteilung vom 17.09.2008. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 4 als Minderjähriger grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal seiner Mutter teilt (familienbezogene Gesamtbetrachtung). Bei dem als Kleinkind eingereisten, jetzt 18jährigen Kläger zu 3 fehlt es ebenfalls an einer abgeschlossenen Integration. Er hat keinen Schulabschluss erlangt und ist beruflich nicht integriert. Zudem ist er ebenfalls straffällig geworden. Von einer fortgeschrittenen beruflichen und sozialen Integration kann daher auch bei ihm keine Rede sein.
87 
ccc) Nach § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG darf die Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, „wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist“ (§ 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG), und ein Verschulden liegt insbesondere dann vor (die anderen Verschuldenstatbestände sind hier nicht einschlägig), wenn der Ausländer „zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt“ (§ 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Grundsätzlich ist der Ausländer verpflichtet, von sich aus zumutbare Anforderungen zur Beseitigung von Ausreisehindernissen zu erfüllen; er hat zudem unter Angabe nachprüfbarer Umstände darzulegen und durch Vorlage geeigneter Dokumente nachzuweisen, dass er das ihm Zumutbare zur Erlangung eines Passes oder eines anderen Rückreisedokuments getan hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - InfAuslR 2009, 109; Senatsurteil vom 22.03.2006 - 11 S 1924/05 - je m.w.N.). Bei der Frage, welche Mitwirkungshandlungen konkret zumutbar sind, sind alle Umstände und Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen (siehe BVerwG, Beschl. v. 15.06.2006 - 1 B 54.06 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 4 und VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O. m.w.N.), wobei der Begriff der Zumutbarkeit es ausschließt, einem Ausländer solche Handlungen abzuverlangen, die von vornherein erkennbar aussichtslos sind (BVerwG, Beschluss vom 15.06.2006, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.06.2007 - 3 B 34.05 - juris). Auch dem Verhalten der Behörde als Mitbeteiligter kommt bei der Festlegung der einzelnen Verantwortungsbereiche Bedeutung zu (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 180; BayVGH, Beschl. v. 19.12.2005 - 24 C 05.2856 - InfAuslR 2006, 189). Erfolglos gebliebene behördliche Bemühungen können zwar dem Betroffenen selbst nicht als Verschulden angelastet werden; andererseits entlasten sie jedoch den Ausländer nicht von (sonst) zumutbaren eigenen Anstrengungen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG eigenständige Verantwortungsbereiche von Behörde und Betroffenem anzunehmen sind (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005, a.a.O.) und dass Behördenbemühungen unter Umständen schon deswegen, weil sie von einer Behörde ausgehen, zum Scheitern verurteilt sein können. Die dem Ausländer obliegende Initiativpflicht erstreckt sich auf alle Handlungsmöglichkeiten, die ihm bei objektiver Betrachtungsweise bekannt sein können; nur insoweit kann ihm subjektive Verantwortlichkeit angelastet werden (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005 a.a.O.). Daher hat die zuständige Behörde, wie dies auch § 82 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorgibt, den Betroffenen auf seine Pflichten hinzuweisen und ihm mitzuteilen, dass und in welchem Umfang er zur Erbringung bestimmter Handlungen verpflichtet ist; wenn sich ihm ein bestimmtes Verhalten nicht bereits aufdrängen muss, muss ihm wenigstens hinreichend erkennbar sein, was er konkret zu unternehmen hat. Die Behörde ist regelmäßig angesichts ihrer organisatorischen Überlegenheit und Sachnähe besser in der Lage, die bestehenden Möglichkeiten zu erkennen und die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O.).
88 
Daran gemessen ist ein Verschulden der Kläger hier zu bejahen. Die Klägerin zu 1 ist nie von sich aus tätig geworden, um nach Ungültigwerden ihres alten jugoslawischen Passes neue Pässe für sich und ihre Kinder zu erlangen. Aufforderungen zur Passbeschaffung ist sie bezogen auf Kroatien und Makedonien zunächst nachgekommen. Auch auf dem serbischen Konsulat hat sie vorgesprochen. Nachdem jedoch klar war, dass sie abgeleitet von ihrer Mutter möglicherweise ihre Registrierung und Einbürgerung in Serbien erreichen könnte, hat sie trotz ausdrücklicher Aufforderung seitens der Beklagten keine weiteren Bemühungen in dieser Richtung unternommen. Der Kläger zu 3, der nach Erreichen der Volljährigkeit ebenfalls keine eigenen Bemühungen unternommen hat, muss sich das Verhalten der Klägerin zu 1 ebenso zurechnen lassen wie der noch minderjährige Kläger zu 4.
89 
Auf das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen kommt es nach alledem im Hinblick auf die Ansprüche nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht an.
90 
5. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17.11.2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Dies war hier nicht der Fall. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen entgegen. Nach Nr. I 3.3 der Anordnung dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen. Liegt für einen Elternteil oder für ein im Familienverband lebendes minderjähriges Kind ein Ausschlussgrund vor, so scheidet nach I. 3.5 der Anordnung zur Wahrung der Familieneinheit die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich auch für die übrigen Familienmitglieder aus. Hier liegt nicht nur bei dem Kläger zu 2, sondern auch bei den Klägern zu 3 und zu 4 der anspruchsvernichtende Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vor. Damit scheidet die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch für die Klägerin zu 1 aus.
91 
6. Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen. Lockerungen in Bezug auf die Erfüllung der Passpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG bestehen im Rahmen des § 104 a AufenthG nicht (Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 71). Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrundes beseitigen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern die Erlangung eines Passes unzumutbar sein könnte.
92 
Die von der Beklagten in der Berufungsverhandlung getroffene Entscheidung, nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abzusehen, ist nicht zu beanstanden. Diese Entscheidung wurde tragend mit der Erwägung begründet, die Klägerin zu 1 habe über Jahre hinweg keine Passbeschaffungsbemühungen entfaltet. Sie sei offensichtlich nicht gewillt, sich um einen Pass zu bemühen. Der Kläger zu 4 müsse sich die mangelnden Passbeschaffungsbemühungen seiner Mutter zurechnen lassen. Der Kläger zu 3 hätte sich nach Erreichen der Volljährigkeit auch selbstständig an das serbische Konsulat wenden und Passbeschaffungsbemühungen entfalten können. Diese Erwägungen lassen keine Ermessensfehler erkennen.
93 
§ 114 Satz 2 VwGO steht der erstmaligen Ermessensbetätigung in der Berufungsverhandlung nicht entgegen, weil mit Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt insgesamt erstmals über einen möglichen Anspruch auf der Grundlage des erst während des Berufungsverfahrens in Kraft getretenen § 104 a AufenthG zu entscheiden war. Insoweit gilt das oben unter II. 3. a) Ausgeführte entsprechend.
94 
7. Schließlich können die Kläger weder die Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer noch von Ausweisersatzen beanspruchen. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthV liegen nicht vor, da die Kläger, wie oben ausgeführt, auf zumutbare Weise Pässe erlangen können. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor, da die Beklagte nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abgesehen hat.
III.
95 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären. Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist gegenstandslos, nachdem die Kläger die Verfahrenskosten zu tragen haben.
96 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
97 
Beschluss vom 22. Juli 2009
98 
Der Streitwert des Verfahrens in beiden Rechtszügen wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2 GKG auf jeweils40.000,-- EUR festgesetzt.
99 
Gründe
100 
Mit den Anträgen auf Verpflichtung zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen und zur Ausstellung von Reiseausweisen machen die Kläger zwei verschiedene prozessuale Ansprüche geltend, für die jeweils - je Kläger - der Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG von 5.000,-- EUR anzusetzen ist (Senatsbeschluss vom 13.03.2007 - 11 S 150/07- NVwZ-RR 2007, 429). Dies ergibt einen Streitwert von 40.000,-- EUR. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung ist entsprechend zu ändern.
101 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2004 - 11 K 4809/03 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.13 S 2220/05

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis bzw. einer Aufenthaltsgenehmigung.
Er wurde am 22.8.1990 in der Bundesrepublik Deutschland geboren und ist vietnamesischer Staatsangehöriger. Seine Eltern reisten im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer aus Vietnam in die DDR ein. Nach der Maueröffnung siedelten sie Ende 1989 in die Bundesrepublik Deutschland über, wo sie im Jahr 1990 einen Asylantrag stellten. Die Asylverfahren endeten im Juli 1994 bzw. Juli 1995 erfolglos. Im Jahr 1995 beantragte die Familie des Klägers die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis. Mit Verfügung vom 20.11.1995 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ab, den hiergegen gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der erkennende Senat mit Beschluss vom 11.6.2001 (13 S 1195/01) ab. Der Kläger war seit seiner Geburt zu keiner Zeit im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung.
Am 15.7.2003 beantragte der Vater des Klägers für sich und seine Familie erneut die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis. Zur Begründung wurde vorgetragen: Das ursprüngliche Abschiebungshindernis der Passlosigkeit sei zwischenzeitlich entfallen, nachdem sich die gesamte Familie freiwillig vietnamesische Reisepässe verschafft habe. Für den Kläger ergebe sich eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung aber daraus, dass er in Böblingen geboren, aufgewachsen und sprachlich sowie kulturell in die Bundesrepublik Deutschland integriert sei. Er habe keinen Bezug zu seinem "Heimatstaat Vietnam". Eine Abschiebung würde eine Entwurzelung bedeuten, die mit einer erheblichen Gefährdung des Kindeswohls, insbesondere der seelischen Gesundheit einhergehen würde. Eine Abschiebung in Kenntnis der zu erwartenden offensichtlichen psychischen Störungen verstoße zudem gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK.
Mit Schreiben vom 14.10.2003 teilte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit: Nach erneuter Prüfung der Aktenlage und Rücksprache mit dem Regierungspräsidium sei man übereingekommen, dass sich an der Sachlage der Familie seit den letzten mehrmals gestellten Anträgen auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nichts geändert habe. Eine neue Prüfung und ein daraus folgender Bescheid, der eine Ablehnung zur Folge hätte, sei daher entbehrlich.
Der Kläger hat - gemeinsam mit seinen übrigen Familienangehörigen - am 21.11.2003 verwaltungsgerichtliche Klage erhoben, zu deren Begründung er im wesentlichen das Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt hat. Mit Beschluss vom 13.10.2004 hat das Verwaltungsgericht nach Durchführung der mündlichen Verhandlung das Verfahren des Klägers vom Verfahren der übrigen Familienangehörigen abgetrennt.
Mit Urteil vom 24.6.2004 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei gem. § 75 VwGO zulässig. Zu Unrecht berufe sich die Beklagte darauf, wegen Unanfechtbarkeit ihrer vorangegangenen ablehnenden Verfügung besitze der Kläger kein Sachbescheidungsinteresse. Denn es lägen Gründe vor, die dafür sprächen, dass ein sachlicher Anlass für eine erneute Prüfung und Entscheidung durch sog. Zweitbescheid gegeben sei. Unabhängig von der Frage, welche Bedeutung dem Umstand zukomme, dass der Kläger nunmehr - anders als im Zeitpunkt der letzten Gerichtsentscheidung - im Besitz eines vietnamesischen Reisepasses sei, berufe er sich auf seine fortgeschrittene Integration und ein daraus resultierendes rechtliches Abschiebungshindernis. Nachdem die vorangegangene Entscheidung des VG Stuttgart insoweit mehr als drei Jahre zurückliege, was angesichts des Alters des Klägers eine erhebliche Zeitspanne sei, habe Anlass für eine neue Prüfung und Entscheidung bestanden. Der Kläger habe auch Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis. Allerdings komme deren Erteilung wohl nicht nach § 30 Abs. 3 AuslG in Betracht, da der Kläger zwischenzeitlich im Besitz eines vietnamesischen Reisepasses sei. Soweit er sich auf das rechtliche Abschiebungshindernis seiner erfolgreichen Integration berufe, dürfte ein Vertretenmüssen i. S. des § 30 Abs. 3 AuslG vorliegen, weil er sich das Verhalten seiner Eltern zurechnen lassen müsse. Diese hätten aber spätestens seit Abschluss ihres Asylverfahrens im Jahr 1995 gewusst, dass sie kein Bleiberecht in Deutschland besäßen. Es wäre im Interesse des Kindeswohls seinerzeit geboten gewesen, den Kläger auf ein Leben im Heimatland Vietnam vorzubereiten. Dass dies nicht in ausreichendem Maße geschehen sei, sei objektiv und subjektiv vorwerfbar und dürfte eine Anwendung von § 30 Abs. 3 AuslG insoweit ausschließen. Der Kläger erfülle jedoch die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 4 AuslG. Wie die gesetzliche Formulierung zeige, komme es hier auf ein Vertretenmüssen gerade nicht an. Auch der Ausländer, der ein Abschiebungshindernis selbst zurechenbar herbeigeführt habe, könne sich im Grundsatz auf diese Vorschrift berufen. Insoweit sei das vom Kläger in Anspruch genommene Abschiebungshindernis seiner gelungenen Integration rechtlich von Bedeutung. Es sei unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles auch tatsächlich gegeben. Eine abgeschlossene erfolgreiche Integration eines fast 15-jährigen im Bundesgebiet geborenen und aufgewachsenen Ausländers sei im Hinblick auf das Schutzgut des "Privatlebens" in Art. 8 Abs. 1 EMRK als rechtliches Abschiebungshindernis zu berücksichtigen. Das Gericht sehe die Integration des Klägers - im Unterschied zu derjenigen seiner Eltern - weitgehend als erfolgreich abgeschlossen an. Er nehme hier am sozialen Leben teil, besuche - mit Erfolg - eine weiterführende Schule, spreche in seiner Umgebung und auch innerhalb der Familie - jedenfalls mit seinen Geschwistern - mehrheitlich deutsch, und weise alle Merkmale eines sog. "faktischen Inländers" auf. Er sei nicht vorbestraft und lebe auch nicht unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel. Seine Abschiebung nach Vietnam würde sich rein tatsächlich nicht als eine Rückkehr ins Heimatland darstellen, vielmehr als eine Art "Verbannung" in die Fremde. Mit Blick auf die vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung komme hinzu, dass das Hineinwachsen des Klägers in diese Integration von mehreren Faktoren begünstigt worden sei, nicht zuletzt von dem Umstand, dass es den Behörden in der Vergangenheit einfach nicht gelungen sei, die aufenthaltsrechtliche Situation der Familie "in den Griff" zu bekommen. Integriere sich ein im Bundesgebiet geborener ausländischer Jugendlicher aber auf Grund der genannten Umstände derart erfolgreich, werde das an sich legitime Ziel, die Einhaltung der aufenthaltsrechtlichen Vorschriften letztendlich doch noch durchzusetzen, schließlich unverhältnismäßig i. S. von Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK, und es sei von einem rechtlichen Abschiebungshindernis auszugehen. Zwar treffe den Ausländer im Rahmen des § 30 Abs. 4 AuslG die Obliegenheit, alles in seiner Kraft Stehende und ihm Zumutbare dazu beizutragen, etwaige Abschiebungshindernisse zu überwinden. Für den Kläger wäre es aus den dargelegten Gründen aber nicht zumutbar, sein Privatleben aufzugeben und seiner Ausreisepflicht zu genügen. Einen Verlust seiner erfolgreich abgeschlossenen Integration vermöge er rein tatsächlich nicht herbeizuführen. Das Ermessen der Beklagten sei vorliegend "auf Null" reduziert.
Gegen das am 30.11.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.12.2004 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 31.10.2005 hat der Senat die Berufung zugelassen. Der Beschluss wurde der Beklagten am 9.11.2005 zugestellt.
Mit am 8.12.2005 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte die Berufung begründet und ausgeführt: Die Trennung der Verfahren der Eltern und der Geschwister von dem des Klägers hätte nicht erfolgen dürfen. Es sei von einer notwendigen Streitgenossenschaft auszugehen. Die Klage sei bereits unzulässig. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass der Kläger ein Sachbescheidungsinteresse habe. Die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Sie müsse generell bei einem Heranwachsenden erwartet werden und sei daher kein neuer Sachverhalt, der ein Sachbescheidungsinteresse begründe. Die Klage sei auch unbegründet. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass es bei § 30 Abs. 4 AuslG nicht darauf ankomme, ob der Ausländer ein Abschiebungshindernis zu vertreten habe. Im übrigen stelle die Integration des Klägers kein Abschiebungshindernis nach Art. 8 Abs. 1 EMRK dar. Seine Familie sei seit mehreren Jahren vollziehbar ausreisepflichtig, das Abschiebungshindernis habe sie auf Grund fehlender Mitwirkung selbst verschuldet. Sie habe sich nachgewiesenermaßen mehrmals geweigert, an den Passbeschaffungsmaßnahmen mitzuwirken, obwohl zumindest der Vater des Klägers einen vom 9.6.1995 bis 8.6.2000 gültigen vietnamesischen Nationalpass bei der Ausländerbehörde hinterlegt gehabt habe. Erst nachdem erneut Hoffnung auf ein Aufenthaltsrecht bestanden habe, sei die Familie bereit gewesen, die entsprechenden Bemühungen zu zeigen. Eine freiwillige Ausreise wäre demnach schon vor Jahren möglich gewesen. Es sei allein den Eltern des Klägers zuzurechnen, dass sich der Aufenthalt im Bundesgebiet derart lange hinausgezogen habe. Auch stelle die Familie einen Integrationswillen nicht ausreichend unter Beweis. Sie hätte bereits vor Jahren ein Aufenthaltsrecht erhalten können, habe dies jedoch selbst durch den mehrjährigen Bezug von Sozialhilfe und durch fehlende Mitwirkungsbereitschaft verhindert. Bleiberechtsregelungen des Innenministeriums hätten daher keine Anwendung gefunden. Dass die Eltern den Kindern weder die heimatliche Sprache noch die vietnamesische Kultur vermittelt hätten, gehe allein zu Lasten der Familie. Der Kläger möge sich zwar selbst integriert haben, er müsse sich jedoch das Verhalten der Eltern anrechnen lassen, da er minderjährig sei und seine Eltern seine gesetzlichen Vertreter seien. Auch aus Art. 8 EMRK könne kein Bleiberecht abgeleitet werden. Hinsichtlich des Schutzes des Familienlebens scheide eine Verletzung dieser Bestimmung schon deshalb aus, weil der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht in Deutschland verweigert werde und daher alle Familienmitglieder in ihr Heimatland zurückkehren müssten. Art. 8 Abs. 1 EMRK gewähre kein Recht, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet sei, um ein Familienleben aufzubauen. Auch das Recht auf Privatleben werde durch eine Aufenthaltsbeendigung nicht verletzt. Es spreche bereits vieles dafür, dass ein schützenswertes Privatleben i. S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK voraussetze, dass zumindest für einen gewissen Zeitraum ein ordnungsgemäßer Aufenthalt im Aufenthaltsstaat vorgelegen habe. Der Kläger habe jedoch nie über einen ordnungsgemäßen Aufenthalt verfügt. Selbst wenn man davon ausgehe, dass auch ein rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines geschützten Privatlebens i. S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein könne, sei die daraus folgende Rechtsposition im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Dabei dürfe Art. 8 EMRK nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deshalb, weil er sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe. Vielmehr bedürfe es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr unzumutbar sei. Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat einreise und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen sei, rechtfertige einen solchen Schluss nicht. Gesichtspunkte seien jeweils unter anderem die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland. Es sei dem Kläger auch zumutbar, in sein Heimatland zurückzukehren. Er sei in einem Alter, in dem er sich an neue Verhältnisse anpassen und in sie einfügen könne. Seine persönlichen Interessen, weiterhin im Bundesgebiet zu leben, seien zwar nachvollziehbar, müssten jedoch gegenüber den aufenthaltsrechtlichen Vorschriften hintanstehen. Nicht richtig sei weiterhin, wenn das Verwaltungsgericht den Behörden eine Teilschuld zumesse. Zum einen werde seitens des Innenministeriums Baden-Württemberg das Instrument der freiwilligen Ausreise bevorzugt. Zum anderen habe die Familie des Klägers die Abschiebung durch fehlende Mitwirkung, die mehrmalige Antragstellung, die Durchführung verwaltungsgerichtlicher Verfahren etc. selbst vereitelt. Es wäre ausschließlich die Pflicht der Familie gewesen auszureisen.
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2004 - 11 K 4809/03 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
14 
Der Beigeladene schließt sich dem Antrag der Beklagten an.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere des weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird auf die gewechselten Schriftsätze und die dem Senat vorliegen Verwaltungsakten der Beklagten, Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart und Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (auch aus früheren Verfahren) verwiesen. Sie waren Gegenstand der Verhandlung und Beratung.

Entscheidungsgründe

 
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Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung, vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weil der Kläger keinen Anspruch auf den von ihm begehrten Aufenthaltstitel hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Entgegen der Auffassung der Beklagten erweist sich das Urteil allerdings nicht schon deshalb als fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen der übrigen Familienmitglieder abgetrennt und über dieses vorab entschieden hat. Nach § 93 VwGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden. Die Entscheidung über eine Verbindung oder Trennung steht im Ermessen des Gerichts (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Rdnr. 3 zu § 93 m.w.N.). Es ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers nach Durchführung der mündlichen Verhandlung abgetrennt hat. Zwar könnte dies anders zu beurteilen sein, wenn zwischen dem Kläger und seinen Familienangehörigen eine notwendige Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO i.V.m. § 62 ZPO bestünde (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 4.7.1991 - 4 UE 552/87 -, juris). Dies ist aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - hier nicht der Fall. Denn es ist nicht ersichtlich, dass über den vom Kläger und seiner Familie geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zwingend einheitlich (d.h. für jeden Familienangehörigen gleich) entschieden werden muss oder dass aus einem sonstigen Grund eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt (vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 6 f. zu § 64). Vielmehr ist es durchaus denkbar, dass die Klage hinsichtlich einiger Familienmitglieder Erfolg hat, hinsichtlich anderer - etwa wegen in ihrer Person liegender Gründe (z.B. Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 AufenthG) - aber nicht. Im übrigen ist aber auch nicht erkennbar, dass sich die Trennung des Verfahrens des Klägers von demjenigen seiner Eltern und Geschwister in der Sache auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hat.
18 
Der Kläger hat auch das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Sachbescheidungsinteresse. Die Beklagte hat zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung vorgetragen, über den Antrag des Klägers und seiner Familie auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis vom 15.7.2003 sei kein neuer Bescheid erlassen worden, da keine neuen Umstände vorgetragen worden seien, die einen anderen rechtlich relevanten Sachverhalt als in den Jahren zuvor beträfen, in denen der Kläger bereits mehrmals Anträge gestellt und Petitionen eingereicht habe; die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Dem hat das Verwaltungsgericht jedoch zutreffend entgegengehalten, dass der Kläger Gründe vorgetragen hat, die einen sachlichen Anlass für eine erneute Prüfung und förmliche Entscheidung durch Verwaltungsakt boten, weil sich im Hinblick auf seine weiter fortgeschrittene Integration ernsthaft die Frage stellte, ob nunmehr ein Abschiebungshindernis gegeben war oder ob noch an den früheren ablehnenden Entscheidungen festgehalten werden konnte. Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass zur Annahme, dass der erneute Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis von der Beklagten als offensichtlich rechtsmissbräuchlich gestellt angesehen und daher unbeachtet gelassen werden durfte (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rnr. 57 zu § 22 m.w.N.; siehe auch OVG Münster, Beschluss vom 27.10.2005 - 13 A 3802.05A -,    InfAuslR 2006, 99).    
19 
Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) entgegen. Zwar ist mit diesem ein Anspruch (auch) des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis abgelehnt worden. Damit steht allerdings nur (rechtskräftig) fest, dass ihm zum für die damalige Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (der mündlichen Verhandlung) keine Aufenthaltsbefugnis zustand (vgl. § 121 VwGO und Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 9 und 28 zu § 121). Der Kläger macht aber gerade geltend, dass ein solcher Anspruch aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit und der damit verbundenen fortgeschrittenen Integration nunmehr gegeben ist.
20 
Die Klage ist aber unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis bzw. Aufenthaltserlaubnis hat.
21 
Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis ist zwar noch unter der Geltung des früheren Ausländergesetzes gestellt worden; für die Frage, ob die Erteilung dieses Aufenthaltstitels aus Rechtsgründen geboten ist (Anspruch) oder aus Rechtsgründen ausscheidet (Sperre), ist aber auf das Recht des seit dem 1.1.2005 geltenden Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG -) vom 30.6.2004 (BGBl I S. 1950), abzustellen (vgl. auch § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Im übrigen (Ermessen) kommt es zwar grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides an (siehe dazu allgemein BVerwG, Urteil vom 16.6.2004 - 1 C 20.03 -, InfAuslR 2004, 427; speziell zum Übergang vom AuslG zum AufenthG siehe VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 9.2.2005 - 11 S 1099/04 -, vom 23.2.2005 - 13 S 2949/04 - und vom 22.6.2005 - 13 S 1023/05 -; Jakober/Welte, AufenthG, Rdnr. 34 f. zu § 101; Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Rdnr. 2 f. zu § 102); da aber im vorliegenden Verfahren weder ein Bescheid der Beklagten noch ein Widerspruchsbescheid ergangen ist (und damit auch keine behördliche Ermessensausübung stattgefunden hat), ist insgesamt maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.1997 - 17 A 5677/95 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996 - Bs VI 104/96 -, DÖV 1997, 386).
22 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis; auch eine Aufenthaltserlaubnis im Ermessensweg kommt hier nicht in Betracht.
23 
1. § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG scheiden als Rechtsgrundlage aus, weil der Kläger weder als Asylberechtigter anerkannt noch festgestellt worden ist, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Nachdem er das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2, 3, 5, oder 7 AufenthG weder vorgetragen hat noch dies sonst erkennbar ist, kommt auch die Anwendung von § 25 Abs. 3 AufenthG nicht in Betracht. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 1 AufenthG scheidet aus, weil der Kläger nicht nur einen vorübergehenden Aufenthalt anstrebt. Zudem ist nicht erkennbar, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann als Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis schon deshalb nicht herangezogen werden, weil es an einem rechtmäßigen (Vor-)Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet fehlt. Die Vorschrift regelt nämlich die von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG abweichende Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie setzt daher zwingend voraus, dass der Ausländer bereits über eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis verfügt (vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 15/420 S. 80: "Satz 2 schafft eine Ausnahmemöglichkeit für Fälle, in denen ein bereits rechtmäßiger Aufenthalt besteht…"). In Betracht kommt danach allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Jedoch sind auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben.
24 
2. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann dem Kläger keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Seine Ausreise ist nämlich nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich.
25 
Nachdem der - vollziehbar ausreisepflichtige - Kläger inzwischen im Besitz eines gültigen vietnamesischen Reisepasses ist, ist das ursprünglich bestehende tatsächliche Ausreisehindernis entfallen. Es ist auch sonst weder vorgetragen noch erkennbar, dass seiner Ausreise ein tatsächliches Ausreisehindernis entgegensteht.
26 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt im Fall des Klägers aber auch kein rechtliches Ausreisehindernis vor. Er macht insoweit geltend, dass seine Integration in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf Art. 8 EMRK einer Aufenthaltsbeendigung entgegensteht. Damit beruft er sich in der Sache auf die Unzumutbarkeit einer (freiwilligen) Ausreise.
27 
Ob auch die Unzumutbarkeit der Ausreise - deren Vorliegen unterstellt - zu ihrer rechtlichen Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG führt, wird unterschiedlich beurteilt. Gegen diese Auffassung könnte sprechen, dass die behauptete Unzumutbarkeit eine freiwillige Ausreise des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland nicht von vornherein ausschließt. Dementsprechend wird unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG teilweise die Auffassung vertreten, es komme auf die Zumutbarkeit einer Ausreise nicht an (vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 23.9.2005 - 3 B 70/05 -, juris; Renner, AuslR, 8. Aufl., Rnr. 34 zu § 25 AufenthG; Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Rnr. 22 und 23a zu § 25). Andererseits ist jedoch nach der Gesetzesbegründung zu § 25 Abs. 5 AufenthG (BT-Drs. 15/420, S. 80) bei der Frage, ob eine Ausreisemöglichkeit besteht, auch die subjektive Möglichkeit - und damit implizit auch die Zumutbarkeit - der Ausreise zu prüfen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, 356; Hessischer VGH, Beschluss vom 1.6.2005 - 3 TG 1273/05 -, Asylmagazin 9/2005, 33; VG Koblenz, Urteil vom 10.10.2005 - 3 K 147/05.KO -, InfAuslR 2006, 25; VG Karlsruhe, Urteil vom 7.9.2005 - 4 K 1390/03 -; Göbel-Zimmermann, ZAR 2005, 275, 278; Benassi, InfAuslR 2005, 357, 362). Daher geht der Senat davon aus, dass auch die Unzumutbarkeit der Ausreise eine rechtliche Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG darstellt. Hierfür spricht auch, dass kein Wille des Gesetzgebers erkennbar ist, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Vergleich zur früheren Regelung in § 30 Abs. 3 und 4 AuslG insoweit zu verschärfen. Letztlich bedarf diese Frage hier aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn im Fall des Klägers ist die Ausreise möglich und zumutbar, weil ihr weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK entgegenstehen.
28 
a) Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, die Einheit und Selbstverantwortlichkeit von Ehe und Familie zu respektieren und zu fördern. Art. 6 Abs. 2 GG garantiert das Elternrecht im Interesse des Kindeswohls und schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen, vor staatlichen Eingriffen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 22.8.2000 - 2 BvR 1363/00 -, juris). Art. 6 Abs. 3 GG regelt die grundsätzlichen Voraussetzungen, unter denen Kinder gegen den Willen der Erziehungsberechtigten von der Familie getrennt werden dürfen.
29 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und nach dem Willen der Beklagten alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, ist der Schutzbereich der genannten Gewährleistungen von vornherein nicht tangiert. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen seiner Familienangehörigen abgetrennt und vorab entschieden hat, ändert hieran nichts, zumal nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Beklagten und des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiterhin eine gemeinsame Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers angestrebt wird.
30 
b) Nach Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl II 1952, 686, 953/II 1954, 14) - EMRK - hat jedermann Anspruch auf Achtung (u.a.) seines Privat- und Familienlebens. Art. 8 Abs. 2 EMRK nennt die Voraussetzungen, unter denen der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts statthaft ist.
31 
Soweit Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch) den Schutz des Familienlebens garantiert, scheidet eine Verletzung dieser Bestimmung aus den bereits genannten Gründen aus. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Urteil der Großen Kammer vom 9.10.2003 - 48321/99 - Slivenko/Lettland, § 94, wobei hier der Begriff des Familienlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK in Bezug auf Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung ausdrücklich verstanden wird als das auf dem Gebiet eines Vertragstaates tatsächlich geführte Familienleben von Nicht-Staatsangehörigen, die sich dort rechtmäßig aufhalten ["by aliens lawfully resident there"]; Entscheidung vom 7.10.2004 - 33743/03 - , NVwZ 2005, 1043,1045).
32 
Die Weigerung, dem Kläger ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privatlebens darstellen. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff i. S. des Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK liegt jedoch hier nicht vor.
33 
Nach seiner ursprünglichen Konzeption dient dieses Recht dazu, dem Individuum eine Sphäre zu sichern, in der es die Entwicklung und Erfüllung seiner Persönlichkeit anstreben kann. Wenn der Staat Regeln für das Verhalten in dieser Sphäre trifft, greift er in das Recht auf Achtung der Privatsphäre ein, was der Rechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK bedarf (vgl. zum Schutzbereich des Privatlebens: Frowein/Penkert, EMRK, 1996, Rnr. 1 ff. zu Art. 8). Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 16.6.2005 - 60654/00 -, auszugsweise abgedr. in InfAuslR 2005, 349) stellt auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts jedenfalls dann einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben dar, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kann danach insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland im wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999 - 4 L 195/98 -, juris; zur Bedeutung der engen Bindung an den Aufenthaltsstaat im Zusammenhang mit dem "Schutz des Familienlebens" s. auch EGMR, Urteile vom 26.3.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.9.1997 , InfAuslR 1997, 430, sowie BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.).
34 
Ein der Rechtfertigung bedürftiger Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer liegt allerdings regelmäßig nur dann vor, wenn sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 3.6.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff. m.w.N., und vom 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz der Kläger sich befindet, aber regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt nämlich keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs kann daher eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, grundsätzlich nicht erfolgen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff. und Beschluss vom 24.11.2005 - 11 S 1078/05 -; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70,71).
35 
In der - ohnehin stark kasuistisch geprägten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.) - Rechtsprechung des EGMR ist die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, soweit ersichtlich allerdings nicht eindeutig geklärt (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.9.2004 , a.a.O.). Es kann  aber jedenfalls festgehalten werden, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EGMR hierfür nicht ausreichend ist. In der Entscheidung heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung vom 16.6.2005 (- 60654/00 -, Sisojewa/Lettland, auszugsweise abgedruckt in InfAuslR 2005, 349) nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist (siehe §§ 57 f. und 94), und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen (siehe hierzu insbesondere die abweichende Meinung der Richterinnen V und B). Eine vergleichbare Situation ist beim Kläger indes nicht gegeben.
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Allerdings legt die - sehr einzelfallbezogene - Rechtsprechung des EGMR  die Annahme nahe, dass ein schutzwürdiger Aufenthalt im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch beim Vorhandensein einer Duldung jedenfalls nicht von vornherein ausscheidet. Vielmehr dürfte es aus Sicht des EGMR maßgeblich darauf ankommen, warum der betreffende Ausländer sich trotz des Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Aufnahmestaat aufhält, ob ihm eine Ausreise grundsätzlich möglich und zumutbar wäre und ob die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen oder auf Grund anderer Umstände (etwa wegen der Verhältnisse im Heimatstaat) nicht möglich ist.
37 
Selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass auch ein - wie hier - rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition jedoch im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Nach dieser Bestimmung ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts aus Absatz 1 nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.9.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). In seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Recht des Aufenthalts von Ausländern vom 28.5.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) hat der EGMR zudem betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der  "Achtung"  des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.9.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und 7.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat er nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden.  Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen zudem nicht allein deswegen, weil er sich "eine bestimmte Zeit" im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt einen solchen Schluss jedoch noch nicht (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts insbesondere, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.), wobei gerade auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.).
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Vor dem dargestellten Hintergrund ist im Fall des Klägers bei Abwägung aller Umstände nicht festzustellen, dass die Verweigerung der Legalisierung seines Aufenthalts und die geplante Aufenthaltsbeendigung unverhältnismäßig ist und daher gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt. Dabei ist es nach Auffassung des Senats nicht ausreichend, bei der Beurteilung der Integration des Klägers gleichsam isoliert nur in den Blick zu nehmen, inwieweit er selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt ist. Vielmehr kommt dabei auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang seine Familie sich in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Denn für die Beurteilung der Verwurzelung des Klägers kommt es auch entscheidend darauf an, ob bzw. inwieweit seine familiären Verhältnisse an das Leben in der Bundesrepublik Deutschland angeglichen sind und welche Verbindungen insoweit noch zum Land seiner Staatsangehörigkeit bestehen. Für eine solche Gesamtbetrachtung spricht nicht nur die Bezugnahme auf das "Familienleben" als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK, sondern auch die Tatsache, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht allein sichern könnte, sondern hierfür auf die Unterstützung seiner Familie angewiesen ist. Sein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland kann auch insoweit rechtlich nicht isoliert von demjenigen seiner Familie, insbesondere seiner Eltern, beurteilt werden. Zudem wären auch Fallgestaltungen denkbar, in denen nur ein Kind in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist, andere Kinder dagegen auf Rückkehr in den Heimatstaat angewiesen wären.
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Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung sind bei dieser Gesamtbetrachtung - sowohl zu seinen Gunsten wie zu seinen Lasten - auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet) auf das Verhalten seiner Eltern zurückzuführen sind.  Er muss sich das Verhalten seiner Eltern schon deshalb zurechnen lassen, weil er als Kind grundsätzlich deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilt und sich nur deshalb bis heute in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten konnte, weil diese ihrer bestehenden Ausreisepflicht nicht nachgekommen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Hierfür spricht auch, dass das Aufenthaltsgesetz ein selbständiges Aufenthaltsrecht für Kinder erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG) und sie auch erst ab diesem Alter für verfahrensfähig erklärt (vgl. § 80 Abs. 1 AufenthG). Daran zeigt sich, dass der Gesetzgeber auch beim Aufenthaltsgesetz an der Konzeption festgehalten hat, wonach das Aufenthaltsrecht von Kindern bis zum 16. Lebensjahr dem der Eltern folgt; damit wird im übrigen auch ihre Integrationsfähigkeit in andere Lebensverhältnisse generell unterstellt (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 21.9.1994 - 10 UE 548/94 -, NVwZ-RR 1995, 163). Auch sonst geht die Rechtsprechung bei Abschiebungshindernissen von Kindern davon aus, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.7.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken.
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Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten des Klägers in die Erwägungen einzustellen, dass er, wie auch seine Geschwister, in der Bundesrepublik Deutschland geboren und aufgewachsen ist; er beherrscht - wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat - die deutsche Sprache sehr gut, besucht mit überdurchschnittlichem Erfolg die Realschule und möchte anschließend auf das Gymnasium wechseln. Zudem nimmt er am sozialen Leben in seiner Wohngemeinde teil. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass er sich nach seinen Angaben bisher niemals in Vietnam, dem Land seiner Staatsangehörigkeit, aufgehalten hat, dieses also nicht aus eigener Anschauung kennt.
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Andererseits kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Eltern des Klägers bisher in weit geringerem Maß in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert sind als er, weshalb die innerfamiliären Lebensverhältnisse auch heute noch in erheblichem Maß von der vietnamesischen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt werden. Dabei ist in der Verhandlung vor dem Senat vor allem aufgefallen, dass der Vater des Klägers, trotz des langjährigen Aufenthalts, die deutsche Sprache verhältnismäßig schlecht beherrscht, weshalb der Kläger die Fragen des Senats und die Antworten seines Vaters zumeist übersetzen musste. Nach Angaben des Klägers spricht sein Vater allerdings besser Deutsch als seine Mutter, weshalb bei ihr von einer noch geringeren Beherrschung der deutschen Sprache ausgegangen werden muss. Schon diese geringen Sprachkenntnisse der Eltern legen es nahe, dass bei ihnen keine fortgeschrittene Integration angenommen werden kann. Darüber hinaus hat die Familie des Klägers in der Zeit von 1990 bis zum Februar 2000 Sozialhilfe (teilweise in voller Höhe, teilweise als zusätzliche Leistung) bezogen, was für diesen Zeitraum gegen eine gelungene Integration - jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht - spricht.
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Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt über einen rechtmäßigen und damit längerfristig gesicherten Aufenthalt in Deutschland verfügt hat. Dem Umstand, dass seine Eltern im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer in die DDR gelangt sind und dort ein bis zum Jahr 1992 gültiges Aufenthaltsrecht erhalten haben, kommt dabei keine entscheidende Bedeutung zu. Ungeachtet der Frage, ob und gegebenenfalls welche Wirkungen dieses Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland entfaltet hat, waren sie nämlich jedenfalls nach dem Abschluss ihrer Asylverfahren vollziehbar ausreisepflichtig und durchgehend nur im Besitz von Duldungen, die ihre Ausreisepflicht unberührt gelassen haben. Ab diesem Zeitpunkt konnte aber weder für sie noch für den Kläger von einem begründeten Vertrauen auf einen dauerhaften Aufenthalt ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass die Dauer des Aufenthalts maßgeblich dadurch zustande gekommen ist, dass die Eltern des Klägers nach dem rechtskräftigen Abschluss ihrer Asylverfahren trotz der bestehenden Ausreisepflicht mehrere weitere (erfolglose) Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts eingeleitet haben. Sie haben bereits im Jahr 1995 einen erfolglosen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gestellt, im Jahr 1997 ebenfalls erfolglos eine Petition eingereicht und am 15.3.2000 einen - ebenfalls erfolglosen -  Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis auf der Grundlage von § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt vom 12.1.2000 - Az.: 4-1340/29 -gestellt (das damals beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängige Klageverfahren hat währenddessen geruht). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers einer am 28.12.1995 erfolgten Vorladung wegen einer beabsichtigten Passbeschaffung unentschuldigt nicht nachgekommen ist und sich - wie die Beklagte in einem Schreiben an die damaligen Bevollmächtigten der Eltern des Klägers vom 17.5.2000 ausgeführt hat - später auch weigerte, Angaben bezüglich seines letzten Aufenthaltes in Vietnam zu machen. So wird auch im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ausgeführt, die Kläger (gemeint: die Eltern des Klägers) hätten hinsichtlich der Passlosigkeit ihren diesbezüglichen Mitwirkungspflichten nicht genügt und seien mündlichen und schriftlichen Aufforderungen der Ausländerbehörde zum Ausfüllen von Passanträgen nicht nachgekommen bzw. hätten entsprechenden Vorladungen nicht Folge geleistet. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass eine Aufenthaltsbeendigung in der Vergangenheit möglich gewesen wäre, wenn sich die - vollziehbar ausreisepflichtigen - Eltern des Klägers um Reisepapiere bemüht hätten.
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Zugunsten des Klägers fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht, dass sein Aufenthalt und der Aufenthalt seiner Familie seit dem Abschluss der Asylverfahren der Eltern im Jahr 1995 von der Beklagten nicht zwangsweise beendet worden ist. Es erscheint bereits als grundsätzlich zweifelhaft, ob ein Ausländer, der vollziehbar zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist und dieser gesetzlichen Verpflichtung freiwillig nachkommen könnte, sich   überhaupt auf die unterlassene Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung berufen kann. Hat ein Ausländer die seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung entgegenstehenden Hindernisse zu vertreten, so ist er nämlich nach der Rechtsprechung verpflichtet, die ihm entstehenden Nachteile gering zu halten, indem er sich frühzeitig und nachhaltig um die Beseitigung des Ausreisehindernisses bemüht. Zudem hat er Nachteile, die sich hieraus ergeben, grundsätzlich hinzunehmen und kann nicht darauf vertrauen, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Davon abgesehen lagen vorliegend aber auch nachvollziehbare Gründe dafür vor, dass eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers in der Vergangenheit nicht erfolgt ist. Zum einen hat sein Vater - wie ausgeführt - die Mitwirkung an der Beschaffung von Reisepapieren mehrfach verweigert. Zum anderen stellte sich eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie auf der Grundlage des am 21.7.1995 unterzeichneten "Deutsch-Vietnamesischen Rückübernahmeabkommens" nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten bzw. des Regierungspräsidiums Stuttgart als schwierig und langwierig dar.  
44 
Beim Kläger ist auch die Annahme gerechtfertigt, dass er sich in die vietnamesischen Lebensverhältnisse wird einleben können. Wie er schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben hat, verfügt er durchaus über vietnamesische Sprachkenntnisse. Dies hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Zwar hat er hier zunächst gemeint, seine Vietnamesischkenntnisse seien eher schlecht. Allerdings spricht er zuhause nach seinem eigenen Vortrag mit den Eltern Vietnamesisch. In der mündlichen Verhandlung hat er zudem die an seinen Vater gerichteten Fragen des Senats übersetzt, was ihm offenbar keine besonderen Schwierigkeiten bereitet hat. Danach muss der Kläger jedoch über zumindest so gute Kenntnisse der vietnamesischen Sprache verfügen, dass ihm eine Verständigung mit seinen Eltern im Alltagsleben möglich ist. Angesichts seines Alters ist zudem die Annahme gerechtfertigt, dass er diese Kenntnisse der vietnamesischen Sprache weiter ausbauen kann (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2002 - 11 S 862/02 -, NVwZ-RR 2003, 307, 308 f.; Urteil vom 27.1.2004 - 10 S 1610/03 -, VBlBW 2004, 308, 311; Beschluss vom 2.11.2004 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 71;  ferner EGMR, Urteil vom 27.10. 2005 - 32231 - , InfAuslR 2006, 3; Urteil vom 5.7.2005 - 46410/99 - <Üner>, InfAuslR 2005, 450). Soweit er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, er könne die vietnamesische Sprache nicht lesen und schreiben, ist zu berücksichtigen, dass er sich in einem Alter befindet, in dem der Erwerb dieser Kenntnisse jedenfalls noch als zumutbar erscheint, zumal auch diese Sprache lateinische Buchstaben verwendet, wie der Kläger in der Verhandlung nochmals bestätigt hat. Dies gilt umso mehr, als er - wie dargelegt - die vietnamesische Sprache jedenfalls recht gut spricht. Hinzu kommt, dass er nicht allein, sondern gemeinsam mit seiner Familie nach Vietnam übersiedeln soll, dort also nicht auf sich allein gestellt sein wird, sondern insbesondere mit der Unterstützung seiner Eltern rechnen kann, die mit den vietnamesischen Lebensverhältnissen noch hinreichend vertraut sein dürften. Zudem befinden sich noch seine Großeltern in Vietnam, mit welchen die Familie regelmäßigen Kontakt pflegt. Auch dies dürfte ein Einleben in die vietnamesischen Lebensverhältnisse erleichtern.
45 
Unter Abwägung aller Gesichtspunkte kann der Kläger daher auch aus der Tatsache, dass er hier geboren und aufgewachsen ist und hier seine Schulausbildung erhalten hat bzw. derzeit erhält, nicht ableiten, dass die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG in seinem Fall einen unzulässigen Eingriff i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellt.
46 
c) Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Versagung einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers zu einem verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in grundgesetzliche Gewährleistungen aus Art. 1, 2 oder 3 GG führt.
47 
Fehlt es danach bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, bedarf keiner Erörterung, ob das Ermessen der Beklagten - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - dergestalt reduziert ist, dass ermessensfehlerfrei allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommt (sog. "Ermessensreduzierung auf Null").
48 
3. Auch § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden "soll", wenn die Abschiebung 18 Monate lang ausgesetzt ist, verschafft dem Kläger keinen selbständigen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Denn § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG setzt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG voraus. Dies folgt daraus, dass § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG systematisch an den Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG anknüpft und nur die dort vorgesehene Rechtsfolge ("kann") im Sinne eines "soll" modifiziert, sofern das zusätzliche Tatbestandsmerkmal "Aussetzung der Abschiebung seit 18 Monaten" erfüllt ist (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, juris). Bereits der Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist hier aber nicht erfüllt, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt.
49 
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 4 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers (im übrigen, d. h. wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 - wie hier - nicht vorliegen) eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es auf Grund der Umstände des Einzelfalls zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist. Hierbei sind das Kindeswohl und die familiäre Situation zu berücksichtigen (Satz 2).
50 
Es kann vorliegend offen bleiben, ob einem Anspruch auf Grund dieser Bestimmung schon entgegensteht, dass der Kläger im Verwaltungs- und Klageverfahren ausdrücklich (nur) die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis beantragt hat, welcher nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG entspricht (vgl. § 101 Abs. 2 AufenthG). Denn er erfüllt jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 AufenthG. Allerdings steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf dieser Grundlage wohl nicht entgegen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland geboren ist. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Vorgängerbestimmung des § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG war diese nämlich auch auf Kinder anwendbar, die im Bundesgebiet geboren sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004 - 13 S 2833/02 -, InfAuslR 2004, 385 = VBlBW 2004, 354). Dies dürfte auch für die insoweit übereinstimmende Regelung des § 32 Abs. 4 AufenthG angenommen werden können.
51 
Im Fall des Klägers kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Vermeidung einer besonderen Härte in diesem Sinne erforderlich ist. Das Vorliegen einer solchen Härte setzt voraus, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis den minderjährigen Ausländer in den Folgen deutlich ungleich schwerer trifft als andere Ausländer in vergleichbarer Lage (vgl. - zu § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004, a.a.O. m.w.N.; Hailbronner, AuslR, Stand: 6/2005, Rnr. 28 f. zu § 32 AufenthG). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Zweck des § 32 AufenthG darin besteht, den von dieser Bestimmung begünstigten Familienmitgliedern einen gemeinsamen rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen, um dem sich aus Art. 6 GG ergebenden Schutz von Ehe und Familie Rechnung zu tragen (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/420, S. 83). Eine besondere Härte im Sinne dieser Bestimmung kann vor diesem Hintergrund aber nur dann angenommen werden, wenn die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis ein solches Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland hindert. Angesichts des Umstandes, dass sowohl die Eltern des Klägers als auch seine Geschwister vollziehbar ausreisepflichtig sind und nach dem Willen der Beklagten die Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit ihm verlassen sollen, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an ihn schon von der Zweckbestimmung des § 32 Abs. 4 AufenthG her nicht in Betracht. Zudem ist nicht erkennbar, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis eine besondere Härte im dargestellten Sinn begründen könnte, nachdem sie gerade nicht zu einer Trennung von der Familie führt.
52 
5. Auch aus dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (BGBl. II 1992, S. 121 ff.) kann der Kläger für das von ihm begehrte Aufenthaltsrecht nichts herleiten. Dieses Übereinkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland am 5. April 1992 (BGBl. 1992 II, 990) in Kraft getreten.
53 
Im vorliegenden Fall ist schon zweifelhaft, ob das Übereinkommen Rechte des Klägers begründet, aus welchen sich ein Aufenthaltsrecht ergeben könnte. Auch insofern ist von entscheidender Bedeutung, dass er zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern das Bundesgebiet verlassen soll. Das Übereinkommen betont an mehreren Stellen die Achtung vor dem Elternrecht. Insoweit gilt auch bei Heranziehung des Übereinkommens nichts anderes als sonst allgemein im Ausländerrecht, dass nämlich minderjährige Kinder das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen. Aus Art. 20 Abs. 1 des Übereinkommens ergibt sich eine besondere Beistandspflicht des Staates nur für solche Kinder, die aus ihrer familiären Umgebung herausgelöst werden. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.
54 
Darüber hinaus hat die Bundesrepublik Deutschland bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde eine "Erklärung" abgegeben, in der es unter I. Satz 4 und 5 heißt, das Übereinkommen finde innerstaatlich keine unmittelbare Anwendung. Es begründe völkerrechtliche Staatenverpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland nach näherer Bestimmung ihres mit dem Übereinkommen übereinstimmenden innerstaatlichen Rechts erfülle. Des weiteren wird unter IV. eine bereits am 23. Februar 1989 in Genf abgegebene Erklärung bekräftigt, nach der nichts in dem Übereinkommen dahingehend ausgelegt werden könne, dass die widerrechtliche Einreise eines Ausländers in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder dessen widerrechtlicher Aufenthalt dort erlaubt sei; auch könne keine Bestimmung dahin ausgelegt werden, dass sie das Recht der Bundesrepublik Deutschland beschränke, Gesetze und Verordnungen über die Einreise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen.
55 
Die von der Bundesrepublik Deutschland bei der Ratifikation des Vertrages gemachten Vorbehalte schließen die Ableitung von Rechten aus dem Übereinkommen aus. Es spricht auch nichts dafür, dass diese Vorbehalte nach Art. 51 Absatz 2 des Übereinkommens unzulässig wären.
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6. Schließlich ergibt sich auch aus der Landesverfassung Baden-Württemberg nichts für einen Aufenthaltserlaubnisanspruch des Klägers. Dies gilt insbesondere für die in der Rechtsprechung teilweise herangezogene Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 LV, wonach sich das Volk von Baden-Württemberg zu dem unveräußerlichen Menschenrecht auf die Heimat bekennt (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 11.10.2005 - 11 K 5363/03 -). Abgesehen davon, dass die Regelungen der Landesverfassung den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes nachrangig sind (Art. 31 GG), kann sich eine eigene Rechtsposition des Klägers hieraus schon deshalb nicht ergeben, weil es sich dabei nicht um ein Grundrecht handelt, sondern um einen Programmsatz, der allenfalls die Rechtspflicht der Staatsorgane begründet, zur Verwirklichung des Rechts auf Heimat das ihnen Mögliche beizutragen (vgl. Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Rnr. 133 ff. zu Art. 2; Hollerbach in: Feuchte, Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1987, Rnr. 25 ff. zu Art. 2). Nachdem die für den Kläger sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere seine fortgeschrittene Integration in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse, bereits über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG umfassend berücksichtigt worden sind, ist nicht erkennbar, dass sich aus dem Recht auf Heimat insoweit zusätzliche, zugunsten des Klägers zu berücksichtigende Gesichtspunkte ergeben könnten. Danach bedarf auch keiner weiteren Vertiefung, ob der Kläger vom Begriff des "Volkes" in Art. 2 Abs. 2 LV überhaupt erfasst wird.
57 
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung fallen in den Fällen des § 75 die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Es kann offen bleiben, ob die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil eine streitige Gerichtsentscheidung ergeht (hierzu Ring, NVwZ 1995, 1191; Kopp/Schenke, a.a.O. Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Denn § 161 Abs. 3 VwGO ist jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn ein Kläger das anhängige Klageverfahren nach negativer Bescheidung durch die Behörde zunächst fortsetzt und es entweder erst später für erledigt erklärt wird oder streitig über die Sache entschieden werden muss. In einem solchen Fall besteht für eine Kostenüberbürdung auf den Beklagten nach § 161 Abs. 3 VwGO keine Rechtfertigung mehr, weil sich die verzögerte Bescheidung als nicht mehr kausal für den nach dem Erlass des Verwaltungsaktes fortgesetzten Prozess erweist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.7.1991 - 3 C 56/90 -, NVwZ 1991, 1180; Beschluss vom 28.4.1992 - 3 C 50/90 -, Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 94; Clausing in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand 2005, Rnr. 41 zu § 161;  Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Diese Grundsätze sind auch hier anzuwenden. Zwar hat die Beklagte bislang keinen förmlichen Bescheid erlassen; sie hat sich jedoch in der beim Verwaltungsgericht vorgelegten Klageerwiderung vom 23.12.2003 zur Sache geäußert und dabei die Gründe, aus welchen nach ihrer Auffassung die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an den Kläger (und seine Familie) weiterhin ausscheidet, ausführlich dargestellt. Der Kläger hätte danach - in gleicher Weise wie nach dem Ergehen eines Bescheides - die Möglichkeit gehabt, das Verfahren nach Kenntnis der Rechtsauffassung der Beklagten durch Erledigungserklärung oder Rücknahme (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23.7.1991 und vom 28.4.1992, a.a.O.) zu beenden. Nachdem er hierauf verzichtet hat, ist es nicht mehr gerechtfertigt, ihn für die weitere Prozessführung von jedem Kostenrisiko freizustellen. Der Umstand, dass er im erstinstanzlichen Verfahren erfolgreich gewesen ist, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn dies ändert nichts daran, dass das Unterlassen der Bescheidung seines Antrags durch die Beklagte jedenfalls nach Vorlage der Klageerwiderung für den weiteren Fortgang des Verfahrens nicht mehr ursächlich gewesen ist.
58 
Da der Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) entspricht es der Billigkeit, dem Kläger auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
59 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
60 
Beschluss
61 
vom 18.1.2006
62 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr.1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718).
63 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
16 
Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung, vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weil der Kläger keinen Anspruch auf den von ihm begehrten Aufenthaltstitel hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Entgegen der Auffassung der Beklagten erweist sich das Urteil allerdings nicht schon deshalb als fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen der übrigen Familienmitglieder abgetrennt und über dieses vorab entschieden hat. Nach § 93 VwGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden. Die Entscheidung über eine Verbindung oder Trennung steht im Ermessen des Gerichts (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Rdnr. 3 zu § 93 m.w.N.). Es ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers nach Durchführung der mündlichen Verhandlung abgetrennt hat. Zwar könnte dies anders zu beurteilen sein, wenn zwischen dem Kläger und seinen Familienangehörigen eine notwendige Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO i.V.m. § 62 ZPO bestünde (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 4.7.1991 - 4 UE 552/87 -, juris). Dies ist aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - hier nicht der Fall. Denn es ist nicht ersichtlich, dass über den vom Kläger und seiner Familie geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zwingend einheitlich (d.h. für jeden Familienangehörigen gleich) entschieden werden muss oder dass aus einem sonstigen Grund eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt (vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 6 f. zu § 64). Vielmehr ist es durchaus denkbar, dass die Klage hinsichtlich einiger Familienmitglieder Erfolg hat, hinsichtlich anderer - etwa wegen in ihrer Person liegender Gründe (z.B. Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 AufenthG) - aber nicht. Im übrigen ist aber auch nicht erkennbar, dass sich die Trennung des Verfahrens des Klägers von demjenigen seiner Eltern und Geschwister in der Sache auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hat.
18 
Der Kläger hat auch das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Sachbescheidungsinteresse. Die Beklagte hat zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung vorgetragen, über den Antrag des Klägers und seiner Familie auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis vom 15.7.2003 sei kein neuer Bescheid erlassen worden, da keine neuen Umstände vorgetragen worden seien, die einen anderen rechtlich relevanten Sachverhalt als in den Jahren zuvor beträfen, in denen der Kläger bereits mehrmals Anträge gestellt und Petitionen eingereicht habe; die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Dem hat das Verwaltungsgericht jedoch zutreffend entgegengehalten, dass der Kläger Gründe vorgetragen hat, die einen sachlichen Anlass für eine erneute Prüfung und förmliche Entscheidung durch Verwaltungsakt boten, weil sich im Hinblick auf seine weiter fortgeschrittene Integration ernsthaft die Frage stellte, ob nunmehr ein Abschiebungshindernis gegeben war oder ob noch an den früheren ablehnenden Entscheidungen festgehalten werden konnte. Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass zur Annahme, dass der erneute Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis von der Beklagten als offensichtlich rechtsmissbräuchlich gestellt angesehen und daher unbeachtet gelassen werden durfte (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rnr. 57 zu § 22 m.w.N.; siehe auch OVG Münster, Beschluss vom 27.10.2005 - 13 A 3802.05A -,    InfAuslR 2006, 99).    
19 
Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) entgegen. Zwar ist mit diesem ein Anspruch (auch) des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis abgelehnt worden. Damit steht allerdings nur (rechtskräftig) fest, dass ihm zum für die damalige Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (der mündlichen Verhandlung) keine Aufenthaltsbefugnis zustand (vgl. § 121 VwGO und Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 9 und 28 zu § 121). Der Kläger macht aber gerade geltend, dass ein solcher Anspruch aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit und der damit verbundenen fortgeschrittenen Integration nunmehr gegeben ist.
20 
Die Klage ist aber unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis bzw. Aufenthaltserlaubnis hat.
21 
Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis ist zwar noch unter der Geltung des früheren Ausländergesetzes gestellt worden; für die Frage, ob die Erteilung dieses Aufenthaltstitels aus Rechtsgründen geboten ist (Anspruch) oder aus Rechtsgründen ausscheidet (Sperre), ist aber auf das Recht des seit dem 1.1.2005 geltenden Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG -) vom 30.6.2004 (BGBl I S. 1950), abzustellen (vgl. auch § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Im übrigen (Ermessen) kommt es zwar grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides an (siehe dazu allgemein BVerwG, Urteil vom 16.6.2004 - 1 C 20.03 -, InfAuslR 2004, 427; speziell zum Übergang vom AuslG zum AufenthG siehe VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 9.2.2005 - 11 S 1099/04 -, vom 23.2.2005 - 13 S 2949/04 - und vom 22.6.2005 - 13 S 1023/05 -; Jakober/Welte, AufenthG, Rdnr. 34 f. zu § 101; Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Rdnr. 2 f. zu § 102); da aber im vorliegenden Verfahren weder ein Bescheid der Beklagten noch ein Widerspruchsbescheid ergangen ist (und damit auch keine behördliche Ermessensausübung stattgefunden hat), ist insgesamt maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.1997 - 17 A 5677/95 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996 - Bs VI 104/96 -, DÖV 1997, 386).
22 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis; auch eine Aufenthaltserlaubnis im Ermessensweg kommt hier nicht in Betracht.
23 
1. § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG scheiden als Rechtsgrundlage aus, weil der Kläger weder als Asylberechtigter anerkannt noch festgestellt worden ist, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Nachdem er das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2, 3, 5, oder 7 AufenthG weder vorgetragen hat noch dies sonst erkennbar ist, kommt auch die Anwendung von § 25 Abs. 3 AufenthG nicht in Betracht. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 1 AufenthG scheidet aus, weil der Kläger nicht nur einen vorübergehenden Aufenthalt anstrebt. Zudem ist nicht erkennbar, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann als Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis schon deshalb nicht herangezogen werden, weil es an einem rechtmäßigen (Vor-)Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet fehlt. Die Vorschrift regelt nämlich die von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG abweichende Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie setzt daher zwingend voraus, dass der Ausländer bereits über eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis verfügt (vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 15/420 S. 80: "Satz 2 schafft eine Ausnahmemöglichkeit für Fälle, in denen ein bereits rechtmäßiger Aufenthalt besteht…"). In Betracht kommt danach allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Jedoch sind auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben.
24 
2. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann dem Kläger keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Seine Ausreise ist nämlich nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich.
25 
Nachdem der - vollziehbar ausreisepflichtige - Kläger inzwischen im Besitz eines gültigen vietnamesischen Reisepasses ist, ist das ursprünglich bestehende tatsächliche Ausreisehindernis entfallen. Es ist auch sonst weder vorgetragen noch erkennbar, dass seiner Ausreise ein tatsächliches Ausreisehindernis entgegensteht.
26 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt im Fall des Klägers aber auch kein rechtliches Ausreisehindernis vor. Er macht insoweit geltend, dass seine Integration in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf Art. 8 EMRK einer Aufenthaltsbeendigung entgegensteht. Damit beruft er sich in der Sache auf die Unzumutbarkeit einer (freiwilligen) Ausreise.
27 
Ob auch die Unzumutbarkeit der Ausreise - deren Vorliegen unterstellt - zu ihrer rechtlichen Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG führt, wird unterschiedlich beurteilt. Gegen diese Auffassung könnte sprechen, dass die behauptete Unzumutbarkeit eine freiwillige Ausreise des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland nicht von vornherein ausschließt. Dementsprechend wird unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG teilweise die Auffassung vertreten, es komme auf die Zumutbarkeit einer Ausreise nicht an (vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 23.9.2005 - 3 B 70/05 -, juris; Renner, AuslR, 8. Aufl., Rnr. 34 zu § 25 AufenthG; Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Rnr. 22 und 23a zu § 25). Andererseits ist jedoch nach der Gesetzesbegründung zu § 25 Abs. 5 AufenthG (BT-Drs. 15/420, S. 80) bei der Frage, ob eine Ausreisemöglichkeit besteht, auch die subjektive Möglichkeit - und damit implizit auch die Zumutbarkeit - der Ausreise zu prüfen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, 356; Hessischer VGH, Beschluss vom 1.6.2005 - 3 TG 1273/05 -, Asylmagazin 9/2005, 33; VG Koblenz, Urteil vom 10.10.2005 - 3 K 147/05.KO -, InfAuslR 2006, 25; VG Karlsruhe, Urteil vom 7.9.2005 - 4 K 1390/03 -; Göbel-Zimmermann, ZAR 2005, 275, 278; Benassi, InfAuslR 2005, 357, 362). Daher geht der Senat davon aus, dass auch die Unzumutbarkeit der Ausreise eine rechtliche Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG darstellt. Hierfür spricht auch, dass kein Wille des Gesetzgebers erkennbar ist, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Vergleich zur früheren Regelung in § 30 Abs. 3 und 4 AuslG insoweit zu verschärfen. Letztlich bedarf diese Frage hier aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn im Fall des Klägers ist die Ausreise möglich und zumutbar, weil ihr weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK entgegenstehen.
28 
a) Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, die Einheit und Selbstverantwortlichkeit von Ehe und Familie zu respektieren und zu fördern. Art. 6 Abs. 2 GG garantiert das Elternrecht im Interesse des Kindeswohls und schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen, vor staatlichen Eingriffen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 22.8.2000 - 2 BvR 1363/00 -, juris). Art. 6 Abs. 3 GG regelt die grundsätzlichen Voraussetzungen, unter denen Kinder gegen den Willen der Erziehungsberechtigten von der Familie getrennt werden dürfen.
29 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und nach dem Willen der Beklagten alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, ist der Schutzbereich der genannten Gewährleistungen von vornherein nicht tangiert. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen seiner Familienangehörigen abgetrennt und vorab entschieden hat, ändert hieran nichts, zumal nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Beklagten und des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiterhin eine gemeinsame Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers angestrebt wird.
30 
b) Nach Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl II 1952, 686, 953/II 1954, 14) - EMRK - hat jedermann Anspruch auf Achtung (u.a.) seines Privat- und Familienlebens. Art. 8 Abs. 2 EMRK nennt die Voraussetzungen, unter denen der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts statthaft ist.
31 
Soweit Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch) den Schutz des Familienlebens garantiert, scheidet eine Verletzung dieser Bestimmung aus den bereits genannten Gründen aus. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Urteil der Großen Kammer vom 9.10.2003 - 48321/99 - Slivenko/Lettland, § 94, wobei hier der Begriff des Familienlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK in Bezug auf Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung ausdrücklich verstanden wird als das auf dem Gebiet eines Vertragstaates tatsächlich geführte Familienleben von Nicht-Staatsangehörigen, die sich dort rechtmäßig aufhalten ["by aliens lawfully resident there"]; Entscheidung vom 7.10.2004 - 33743/03 - , NVwZ 2005, 1043,1045).
32 
Die Weigerung, dem Kläger ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privatlebens darstellen. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff i. S. des Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK liegt jedoch hier nicht vor.
33 
Nach seiner ursprünglichen Konzeption dient dieses Recht dazu, dem Individuum eine Sphäre zu sichern, in der es die Entwicklung und Erfüllung seiner Persönlichkeit anstreben kann. Wenn der Staat Regeln für das Verhalten in dieser Sphäre trifft, greift er in das Recht auf Achtung der Privatsphäre ein, was der Rechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK bedarf (vgl. zum Schutzbereich des Privatlebens: Frowein/Penkert, EMRK, 1996, Rnr. 1 ff. zu Art. 8). Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 16.6.2005 - 60654/00 -, auszugsweise abgedr. in InfAuslR 2005, 349) stellt auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts jedenfalls dann einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben dar, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kann danach insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland im wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999 - 4 L 195/98 -, juris; zur Bedeutung der engen Bindung an den Aufenthaltsstaat im Zusammenhang mit dem "Schutz des Familienlebens" s. auch EGMR, Urteile vom 26.3.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.9.1997 , InfAuslR 1997, 430, sowie BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.).
34 
Ein der Rechtfertigung bedürftiger Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer liegt allerdings regelmäßig nur dann vor, wenn sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 3.6.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff. m.w.N., und vom 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz der Kläger sich befindet, aber regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt nämlich keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs kann daher eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, grundsätzlich nicht erfolgen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff. und Beschluss vom 24.11.2005 - 11 S 1078/05 -; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70,71).
35 
In der - ohnehin stark kasuistisch geprägten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.) - Rechtsprechung des EGMR ist die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, soweit ersichtlich allerdings nicht eindeutig geklärt (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.9.2004 , a.a.O.). Es kann  aber jedenfalls festgehalten werden, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EGMR hierfür nicht ausreichend ist. In der Entscheidung heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung vom 16.6.2005 (- 60654/00 -, Sisojewa/Lettland, auszugsweise abgedruckt in InfAuslR 2005, 349) nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist (siehe §§ 57 f. und 94), und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen (siehe hierzu insbesondere die abweichende Meinung der Richterinnen V und B). Eine vergleichbare Situation ist beim Kläger indes nicht gegeben.
36 
Allerdings legt die - sehr einzelfallbezogene - Rechtsprechung des EGMR  die Annahme nahe, dass ein schutzwürdiger Aufenthalt im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch beim Vorhandensein einer Duldung jedenfalls nicht von vornherein ausscheidet. Vielmehr dürfte es aus Sicht des EGMR maßgeblich darauf ankommen, warum der betreffende Ausländer sich trotz des Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Aufnahmestaat aufhält, ob ihm eine Ausreise grundsätzlich möglich und zumutbar wäre und ob die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen oder auf Grund anderer Umstände (etwa wegen der Verhältnisse im Heimatstaat) nicht möglich ist.
37 
Selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass auch ein - wie hier - rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition jedoch im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Nach dieser Bestimmung ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts aus Absatz 1 nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.9.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). In seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Recht des Aufenthalts von Ausländern vom 28.5.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) hat der EGMR zudem betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der  "Achtung"  des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.9.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und 7.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat er nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden.  Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen zudem nicht allein deswegen, weil er sich "eine bestimmte Zeit" im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt einen solchen Schluss jedoch noch nicht (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts insbesondere, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.), wobei gerade auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.).
38 
Vor dem dargestellten Hintergrund ist im Fall des Klägers bei Abwägung aller Umstände nicht festzustellen, dass die Verweigerung der Legalisierung seines Aufenthalts und die geplante Aufenthaltsbeendigung unverhältnismäßig ist und daher gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt. Dabei ist es nach Auffassung des Senats nicht ausreichend, bei der Beurteilung der Integration des Klägers gleichsam isoliert nur in den Blick zu nehmen, inwieweit er selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt ist. Vielmehr kommt dabei auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang seine Familie sich in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Denn für die Beurteilung der Verwurzelung des Klägers kommt es auch entscheidend darauf an, ob bzw. inwieweit seine familiären Verhältnisse an das Leben in der Bundesrepublik Deutschland angeglichen sind und welche Verbindungen insoweit noch zum Land seiner Staatsangehörigkeit bestehen. Für eine solche Gesamtbetrachtung spricht nicht nur die Bezugnahme auf das "Familienleben" als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK, sondern auch die Tatsache, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht allein sichern könnte, sondern hierfür auf die Unterstützung seiner Familie angewiesen ist. Sein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland kann auch insoweit rechtlich nicht isoliert von demjenigen seiner Familie, insbesondere seiner Eltern, beurteilt werden. Zudem wären auch Fallgestaltungen denkbar, in denen nur ein Kind in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist, andere Kinder dagegen auf Rückkehr in den Heimatstaat angewiesen wären.
39 
Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung sind bei dieser Gesamtbetrachtung - sowohl zu seinen Gunsten wie zu seinen Lasten - auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet) auf das Verhalten seiner Eltern zurückzuführen sind.  Er muss sich das Verhalten seiner Eltern schon deshalb zurechnen lassen, weil er als Kind grundsätzlich deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilt und sich nur deshalb bis heute in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten konnte, weil diese ihrer bestehenden Ausreisepflicht nicht nachgekommen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Hierfür spricht auch, dass das Aufenthaltsgesetz ein selbständiges Aufenthaltsrecht für Kinder erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG) und sie auch erst ab diesem Alter für verfahrensfähig erklärt (vgl. § 80 Abs. 1 AufenthG). Daran zeigt sich, dass der Gesetzgeber auch beim Aufenthaltsgesetz an der Konzeption festgehalten hat, wonach das Aufenthaltsrecht von Kindern bis zum 16. Lebensjahr dem der Eltern folgt; damit wird im übrigen auch ihre Integrationsfähigkeit in andere Lebensverhältnisse generell unterstellt (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 21.9.1994 - 10 UE 548/94 -, NVwZ-RR 1995, 163). Auch sonst geht die Rechtsprechung bei Abschiebungshindernissen von Kindern davon aus, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.7.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken.
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Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten des Klägers in die Erwägungen einzustellen, dass er, wie auch seine Geschwister, in der Bundesrepublik Deutschland geboren und aufgewachsen ist; er beherrscht - wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat - die deutsche Sprache sehr gut, besucht mit überdurchschnittlichem Erfolg die Realschule und möchte anschließend auf das Gymnasium wechseln. Zudem nimmt er am sozialen Leben in seiner Wohngemeinde teil. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass er sich nach seinen Angaben bisher niemals in Vietnam, dem Land seiner Staatsangehörigkeit, aufgehalten hat, dieses also nicht aus eigener Anschauung kennt.
41 
Andererseits kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Eltern des Klägers bisher in weit geringerem Maß in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert sind als er, weshalb die innerfamiliären Lebensverhältnisse auch heute noch in erheblichem Maß von der vietnamesischen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt werden. Dabei ist in der Verhandlung vor dem Senat vor allem aufgefallen, dass der Vater des Klägers, trotz des langjährigen Aufenthalts, die deutsche Sprache verhältnismäßig schlecht beherrscht, weshalb der Kläger die Fragen des Senats und die Antworten seines Vaters zumeist übersetzen musste. Nach Angaben des Klägers spricht sein Vater allerdings besser Deutsch als seine Mutter, weshalb bei ihr von einer noch geringeren Beherrschung der deutschen Sprache ausgegangen werden muss. Schon diese geringen Sprachkenntnisse der Eltern legen es nahe, dass bei ihnen keine fortgeschrittene Integration angenommen werden kann. Darüber hinaus hat die Familie des Klägers in der Zeit von 1990 bis zum Februar 2000 Sozialhilfe (teilweise in voller Höhe, teilweise als zusätzliche Leistung) bezogen, was für diesen Zeitraum gegen eine gelungene Integration - jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht - spricht.
42 
Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt über einen rechtmäßigen und damit längerfristig gesicherten Aufenthalt in Deutschland verfügt hat. Dem Umstand, dass seine Eltern im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer in die DDR gelangt sind und dort ein bis zum Jahr 1992 gültiges Aufenthaltsrecht erhalten haben, kommt dabei keine entscheidende Bedeutung zu. Ungeachtet der Frage, ob und gegebenenfalls welche Wirkungen dieses Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland entfaltet hat, waren sie nämlich jedenfalls nach dem Abschluss ihrer Asylverfahren vollziehbar ausreisepflichtig und durchgehend nur im Besitz von Duldungen, die ihre Ausreisepflicht unberührt gelassen haben. Ab diesem Zeitpunkt konnte aber weder für sie noch für den Kläger von einem begründeten Vertrauen auf einen dauerhaften Aufenthalt ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass die Dauer des Aufenthalts maßgeblich dadurch zustande gekommen ist, dass die Eltern des Klägers nach dem rechtskräftigen Abschluss ihrer Asylverfahren trotz der bestehenden Ausreisepflicht mehrere weitere (erfolglose) Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts eingeleitet haben. Sie haben bereits im Jahr 1995 einen erfolglosen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gestellt, im Jahr 1997 ebenfalls erfolglos eine Petition eingereicht und am 15.3.2000 einen - ebenfalls erfolglosen -  Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis auf der Grundlage von § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt vom 12.1.2000 - Az.: 4-1340/29 -gestellt (das damals beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängige Klageverfahren hat währenddessen geruht). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers einer am 28.12.1995 erfolgten Vorladung wegen einer beabsichtigten Passbeschaffung unentschuldigt nicht nachgekommen ist und sich - wie die Beklagte in einem Schreiben an die damaligen Bevollmächtigten der Eltern des Klägers vom 17.5.2000 ausgeführt hat - später auch weigerte, Angaben bezüglich seines letzten Aufenthaltes in Vietnam zu machen. So wird auch im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ausgeführt, die Kläger (gemeint: die Eltern des Klägers) hätten hinsichtlich der Passlosigkeit ihren diesbezüglichen Mitwirkungspflichten nicht genügt und seien mündlichen und schriftlichen Aufforderungen der Ausländerbehörde zum Ausfüllen von Passanträgen nicht nachgekommen bzw. hätten entsprechenden Vorladungen nicht Folge geleistet. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass eine Aufenthaltsbeendigung in der Vergangenheit möglich gewesen wäre, wenn sich die - vollziehbar ausreisepflichtigen - Eltern des Klägers um Reisepapiere bemüht hätten.
43 
Zugunsten des Klägers fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht, dass sein Aufenthalt und der Aufenthalt seiner Familie seit dem Abschluss der Asylverfahren der Eltern im Jahr 1995 von der Beklagten nicht zwangsweise beendet worden ist. Es erscheint bereits als grundsätzlich zweifelhaft, ob ein Ausländer, der vollziehbar zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist und dieser gesetzlichen Verpflichtung freiwillig nachkommen könnte, sich   überhaupt auf die unterlassene Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung berufen kann. Hat ein Ausländer die seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung entgegenstehenden Hindernisse zu vertreten, so ist er nämlich nach der Rechtsprechung verpflichtet, die ihm entstehenden Nachteile gering zu halten, indem er sich frühzeitig und nachhaltig um die Beseitigung des Ausreisehindernisses bemüht. Zudem hat er Nachteile, die sich hieraus ergeben, grundsätzlich hinzunehmen und kann nicht darauf vertrauen, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Davon abgesehen lagen vorliegend aber auch nachvollziehbare Gründe dafür vor, dass eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers in der Vergangenheit nicht erfolgt ist. Zum einen hat sein Vater - wie ausgeführt - die Mitwirkung an der Beschaffung von Reisepapieren mehrfach verweigert. Zum anderen stellte sich eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie auf der Grundlage des am 21.7.1995 unterzeichneten "Deutsch-Vietnamesischen Rückübernahmeabkommens" nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten bzw. des Regierungspräsidiums Stuttgart als schwierig und langwierig dar.  
44 
Beim Kläger ist auch die Annahme gerechtfertigt, dass er sich in die vietnamesischen Lebensverhältnisse wird einleben können. Wie er schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben hat, verfügt er durchaus über vietnamesische Sprachkenntnisse. Dies hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Zwar hat er hier zunächst gemeint, seine Vietnamesischkenntnisse seien eher schlecht. Allerdings spricht er zuhause nach seinem eigenen Vortrag mit den Eltern Vietnamesisch. In der mündlichen Verhandlung hat er zudem die an seinen Vater gerichteten Fragen des Senats übersetzt, was ihm offenbar keine besonderen Schwierigkeiten bereitet hat. Danach muss der Kläger jedoch über zumindest so gute Kenntnisse der vietnamesischen Sprache verfügen, dass ihm eine Verständigung mit seinen Eltern im Alltagsleben möglich ist. Angesichts seines Alters ist zudem die Annahme gerechtfertigt, dass er diese Kenntnisse der vietnamesischen Sprache weiter ausbauen kann (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2002 - 11 S 862/02 -, NVwZ-RR 2003, 307, 308 f.; Urteil vom 27.1.2004 - 10 S 1610/03 -, VBlBW 2004, 308, 311; Beschluss vom 2.11.2004 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 71;  ferner EGMR, Urteil vom 27.10. 2005 - 32231 - , InfAuslR 2006, 3; Urteil vom 5.7.2005 - 46410/99 - <Üner>, InfAuslR 2005, 450). Soweit er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, er könne die vietnamesische Sprache nicht lesen und schreiben, ist zu berücksichtigen, dass er sich in einem Alter befindet, in dem der Erwerb dieser Kenntnisse jedenfalls noch als zumutbar erscheint, zumal auch diese Sprache lateinische Buchstaben verwendet, wie der Kläger in der Verhandlung nochmals bestätigt hat. Dies gilt umso mehr, als er - wie dargelegt - die vietnamesische Sprache jedenfalls recht gut spricht. Hinzu kommt, dass er nicht allein, sondern gemeinsam mit seiner Familie nach Vietnam übersiedeln soll, dort also nicht auf sich allein gestellt sein wird, sondern insbesondere mit der Unterstützung seiner Eltern rechnen kann, die mit den vietnamesischen Lebensverhältnissen noch hinreichend vertraut sein dürften. Zudem befinden sich noch seine Großeltern in Vietnam, mit welchen die Familie regelmäßigen Kontakt pflegt. Auch dies dürfte ein Einleben in die vietnamesischen Lebensverhältnisse erleichtern.
45 
Unter Abwägung aller Gesichtspunkte kann der Kläger daher auch aus der Tatsache, dass er hier geboren und aufgewachsen ist und hier seine Schulausbildung erhalten hat bzw. derzeit erhält, nicht ableiten, dass die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG in seinem Fall einen unzulässigen Eingriff i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellt.
46 
c) Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Versagung einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers zu einem verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in grundgesetzliche Gewährleistungen aus Art. 1, 2 oder 3 GG führt.
47 
Fehlt es danach bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, bedarf keiner Erörterung, ob das Ermessen der Beklagten - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - dergestalt reduziert ist, dass ermessensfehlerfrei allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommt (sog. "Ermessensreduzierung auf Null").
48 
3. Auch § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden "soll", wenn die Abschiebung 18 Monate lang ausgesetzt ist, verschafft dem Kläger keinen selbständigen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Denn § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG setzt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG voraus. Dies folgt daraus, dass § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG systematisch an den Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG anknüpft und nur die dort vorgesehene Rechtsfolge ("kann") im Sinne eines "soll" modifiziert, sofern das zusätzliche Tatbestandsmerkmal "Aussetzung der Abschiebung seit 18 Monaten" erfüllt ist (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, juris). Bereits der Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist hier aber nicht erfüllt, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt.
49 
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 4 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers (im übrigen, d. h. wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 - wie hier - nicht vorliegen) eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es auf Grund der Umstände des Einzelfalls zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist. Hierbei sind das Kindeswohl und die familiäre Situation zu berücksichtigen (Satz 2).
50 
Es kann vorliegend offen bleiben, ob einem Anspruch auf Grund dieser Bestimmung schon entgegensteht, dass der Kläger im Verwaltungs- und Klageverfahren ausdrücklich (nur) die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis beantragt hat, welcher nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG entspricht (vgl. § 101 Abs. 2 AufenthG). Denn er erfüllt jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 AufenthG. Allerdings steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf dieser Grundlage wohl nicht entgegen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland geboren ist. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Vorgängerbestimmung des § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG war diese nämlich auch auf Kinder anwendbar, die im Bundesgebiet geboren sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004 - 13 S 2833/02 -, InfAuslR 2004, 385 = VBlBW 2004, 354). Dies dürfte auch für die insoweit übereinstimmende Regelung des § 32 Abs. 4 AufenthG angenommen werden können.
51 
Im Fall des Klägers kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Vermeidung einer besonderen Härte in diesem Sinne erforderlich ist. Das Vorliegen einer solchen Härte setzt voraus, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis den minderjährigen Ausländer in den Folgen deutlich ungleich schwerer trifft als andere Ausländer in vergleichbarer Lage (vgl. - zu § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004, a.a.O. m.w.N.; Hailbronner, AuslR, Stand: 6/2005, Rnr. 28 f. zu § 32 AufenthG). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Zweck des § 32 AufenthG darin besteht, den von dieser Bestimmung begünstigten Familienmitgliedern einen gemeinsamen rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen, um dem sich aus Art. 6 GG ergebenden Schutz von Ehe und Familie Rechnung zu tragen (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/420, S. 83). Eine besondere Härte im Sinne dieser Bestimmung kann vor diesem Hintergrund aber nur dann angenommen werden, wenn die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis ein solches Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland hindert. Angesichts des Umstandes, dass sowohl die Eltern des Klägers als auch seine Geschwister vollziehbar ausreisepflichtig sind und nach dem Willen der Beklagten die Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit ihm verlassen sollen, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an ihn schon von der Zweckbestimmung des § 32 Abs. 4 AufenthG her nicht in Betracht. Zudem ist nicht erkennbar, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis eine besondere Härte im dargestellten Sinn begründen könnte, nachdem sie gerade nicht zu einer Trennung von der Familie führt.
52 
5. Auch aus dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (BGBl. II 1992, S. 121 ff.) kann der Kläger für das von ihm begehrte Aufenthaltsrecht nichts herleiten. Dieses Übereinkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland am 5. April 1992 (BGBl. 1992 II, 990) in Kraft getreten.
53 
Im vorliegenden Fall ist schon zweifelhaft, ob das Übereinkommen Rechte des Klägers begründet, aus welchen sich ein Aufenthaltsrecht ergeben könnte. Auch insofern ist von entscheidender Bedeutung, dass er zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern das Bundesgebiet verlassen soll. Das Übereinkommen betont an mehreren Stellen die Achtung vor dem Elternrecht. Insoweit gilt auch bei Heranziehung des Übereinkommens nichts anderes als sonst allgemein im Ausländerrecht, dass nämlich minderjährige Kinder das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen. Aus Art. 20 Abs. 1 des Übereinkommens ergibt sich eine besondere Beistandspflicht des Staates nur für solche Kinder, die aus ihrer familiären Umgebung herausgelöst werden. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.
54 
Darüber hinaus hat die Bundesrepublik Deutschland bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde eine "Erklärung" abgegeben, in der es unter I. Satz 4 und 5 heißt, das Übereinkommen finde innerstaatlich keine unmittelbare Anwendung. Es begründe völkerrechtliche Staatenverpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland nach näherer Bestimmung ihres mit dem Übereinkommen übereinstimmenden innerstaatlichen Rechts erfülle. Des weiteren wird unter IV. eine bereits am 23. Februar 1989 in Genf abgegebene Erklärung bekräftigt, nach der nichts in dem Übereinkommen dahingehend ausgelegt werden könne, dass die widerrechtliche Einreise eines Ausländers in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder dessen widerrechtlicher Aufenthalt dort erlaubt sei; auch könne keine Bestimmung dahin ausgelegt werden, dass sie das Recht der Bundesrepublik Deutschland beschränke, Gesetze und Verordnungen über die Einreise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen.
55 
Die von der Bundesrepublik Deutschland bei der Ratifikation des Vertrages gemachten Vorbehalte schließen die Ableitung von Rechten aus dem Übereinkommen aus. Es spricht auch nichts dafür, dass diese Vorbehalte nach Art. 51 Absatz 2 des Übereinkommens unzulässig wären.
56 
6. Schließlich ergibt sich auch aus der Landesverfassung Baden-Württemberg nichts für einen Aufenthaltserlaubnisanspruch des Klägers. Dies gilt insbesondere für die in der Rechtsprechung teilweise herangezogene Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 LV, wonach sich das Volk von Baden-Württemberg zu dem unveräußerlichen Menschenrecht auf die Heimat bekennt (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 11.10.2005 - 11 K 5363/03 -). Abgesehen davon, dass die Regelungen der Landesverfassung den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes nachrangig sind (Art. 31 GG), kann sich eine eigene Rechtsposition des Klägers hieraus schon deshalb nicht ergeben, weil es sich dabei nicht um ein Grundrecht handelt, sondern um einen Programmsatz, der allenfalls die Rechtspflicht der Staatsorgane begründet, zur Verwirklichung des Rechts auf Heimat das ihnen Mögliche beizutragen (vgl. Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Rnr. 133 ff. zu Art. 2; Hollerbach in: Feuchte, Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1987, Rnr. 25 ff. zu Art. 2). Nachdem die für den Kläger sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere seine fortgeschrittene Integration in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse, bereits über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG umfassend berücksichtigt worden sind, ist nicht erkennbar, dass sich aus dem Recht auf Heimat insoweit zusätzliche, zugunsten des Klägers zu berücksichtigende Gesichtspunkte ergeben könnten. Danach bedarf auch keiner weiteren Vertiefung, ob der Kläger vom Begriff des "Volkes" in Art. 2 Abs. 2 LV überhaupt erfasst wird.
57 
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung fallen in den Fällen des § 75 die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Es kann offen bleiben, ob die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil eine streitige Gerichtsentscheidung ergeht (hierzu Ring, NVwZ 1995, 1191; Kopp/Schenke, a.a.O. Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Denn § 161 Abs. 3 VwGO ist jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn ein Kläger das anhängige Klageverfahren nach negativer Bescheidung durch die Behörde zunächst fortsetzt und es entweder erst später für erledigt erklärt wird oder streitig über die Sache entschieden werden muss. In einem solchen Fall besteht für eine Kostenüberbürdung auf den Beklagten nach § 161 Abs. 3 VwGO keine Rechtfertigung mehr, weil sich die verzögerte Bescheidung als nicht mehr kausal für den nach dem Erlass des Verwaltungsaktes fortgesetzten Prozess erweist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.7.1991 - 3 C 56/90 -, NVwZ 1991, 1180; Beschluss vom 28.4.1992 - 3 C 50/90 -, Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 94; Clausing in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand 2005, Rnr. 41 zu § 161;  Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Diese Grundsätze sind auch hier anzuwenden. Zwar hat die Beklagte bislang keinen förmlichen Bescheid erlassen; sie hat sich jedoch in der beim Verwaltungsgericht vorgelegten Klageerwiderung vom 23.12.2003 zur Sache geäußert und dabei die Gründe, aus welchen nach ihrer Auffassung die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an den Kläger (und seine Familie) weiterhin ausscheidet, ausführlich dargestellt. Der Kläger hätte danach - in gleicher Weise wie nach dem Ergehen eines Bescheides - die Möglichkeit gehabt, das Verfahren nach Kenntnis der Rechtsauffassung der Beklagten durch Erledigungserklärung oder Rücknahme (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23.7.1991 und vom 28.4.1992, a.a.O.) zu beenden. Nachdem er hierauf verzichtet hat, ist es nicht mehr gerechtfertigt, ihn für die weitere Prozessführung von jedem Kostenrisiko freizustellen. Der Umstand, dass er im erstinstanzlichen Verfahren erfolgreich gewesen ist, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn dies ändert nichts daran, dass das Unterlassen der Bescheidung seines Antrags durch die Beklagte jedenfalls nach Vorlage der Klageerwiderung für den weiteren Fortgang des Verfahrens nicht mehr ursächlich gewesen ist.
58 
Da der Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) entspricht es der Billigkeit, dem Kläger auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
59 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
60 
Beschluss
61 
vom 18.1.2006
62 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr.1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718).
63 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. November 2005 - 4 K 2405/05 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 12.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht erhobenen und begründeten sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechenden Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11.11.2005 sind zulässig, haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegenüber den Antragstellern abzusehen. Dagegen wenden sich die Antragsteller mit ihrem Beschwerdevorbringen, auf dessen Überprüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ohne Erfolg.
I.
Die 1955 bzw. 1966 geborenen Antragsteller zu 1. und 2. sowie ihre 1990, 1991 und 1995 geborenen Kinder, die Antragsteller zu 3. - 4., sind serbisch-montenegrinische Staatsangehörige und gehören nach von ihnen vorgelegten Unterlagen der Volksgruppe der Ashkali an. Die Antragsteller zu 1. - 4. stammen aus dem Kosovo und reisten 1993 in die Bundesrepublik Deutschland ein; der Antragsteller zu 5. wurde in Deutschland geboren. Die Asylanträge der Antragsteller sowie mehrere Asylfolgeanträge wurden vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (bzw. jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) abgelehnt. Bis auf kurze Zeiten des Besitzes von Aufenthaltsgestattungen im Zusammenhang mit der Durchführung von Asylverfahren wurden die Antragsteller geduldet. Derzeit sind die Antragsteller im Besitz von Duldungen, die mit der auflösenden Bedingung „erlischt mit Bekanntgabe des Abschiebetermins“ versehen sind. Mit Schreiben vom 08.08.2005 kündigte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antragstellern die Abschiebung nach Serbien-Montenegro einschließlich des UNMIK-Mandatsgebiets Kosovo an.
Mit Beschluss vom 11.11.2005 lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe es mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs ab, zur Sicherung eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder auf Erteilung von Duldungen ohne auflösende Bedingung eine einstweilig Anordnung zu erlassen. Das Verwaltungsgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen und zusammengefasst damit, dass die Antragsteller sich im Hinblick auf die von ihnen vorgetragene Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland nicht darauf berufen könnten, Art. 8 EMRK stehe der Beendigung ihres Aufenthaltes entgegen. Ein Eingriff in das von Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer setze voraus, dass sein Privat- oder Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert sei. Diese Voraussetzung sei in Fällen einer bloßen Duldung nicht erfüllt. Eine Duldung gewähre keinen legalen ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schütze einen Ausländer, der sich illegal in der Bundesrepublik aufhalte, lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lasse die Ausreisepflicht unberührt.
Dagegen wenden sich die Antragsteller mit der Beschwerde und tragen unter Berufung auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 16.06.2005 (, InfAuslR 2005, 349 ff.) zusammengefasst vor, im Falle des Vorliegens starker persönlicher, sozialer und wirtschaftlicher Kontakte zum Aufnahmestaat stelle Art. 8 EMRK nicht nur ein Abwehrrecht dar, sondern es ergebe sich daraus auch ein Anspruch auf positive Maßnahmen des Aufnahmestaates, etwa ein Recht auf Legalisierung des Aufenthalts. Das Verwaltungsgericht nehme eine Relativierung von Menschenrechten vor, wenn es davon ausgehe, ein rechtlicher Schutz greife nur ein, wenn das Schutzgut auf der Basis eines rechtmäßigen Aufenthalts entstanden sei. Außerdem erwecke die praktische Handhabung des ausländerrechtlichen Regelungsinstruments der Duldung, nämlich die Vergabe von Duldungen über Zeiträume von zehn Jahren und mehr, beim Adressaten das Gefühl der Inhaberschaft eines Aufenthaltstitels und stelle eine verkappte Aufenthaltserlaubnis dar.
II.
Dieses Vorbringen der Antragsteller ist nicht geeignet, ihren Beschwerden zum Erfolg zu verhelfen. Im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Antragsteller im Hinblick auf Art. 8 EMRK weder einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG noch auf Erteilung von Duldungen (ohne auflösende Bedingung) nach § 60a Abs. 2 AufenthG glaubhaft gemacht haben.
Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Ein Ausreisehindernis i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG liegt u.a. dann vor, wenn die Ausreise aus verfassungs- oder völkerrechtlichen Gründen mit Blick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK unzumutbar und damit rechtlich unmöglich ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 -, VBlBW 2006, 200 ff. m.w.N.; Hess. VGH, Beschluss vom 15.02.2006 - 7 TG 106/06 -, InfAuslR 2006, 217; s. dazu auch Senatsurteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, S. 356 ff. m.w.N.).
Gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen und ihm eine Duldung zu erteilen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen - u.a. im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK - unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.
Im vorliegenden Fall sind die Antragsteller auf Grund der unanfechtbaren Ablehnung ihrer Asylanträge zwar vollziehbar ausreisepflichtig. Ihre Ausreise ist jedoch auch unter Beachtung der Gewährleistungen des Art. 8 EMRK nicht rechtlich unmöglich i.S.d. o.g. Vorschriften.
1. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art. 8 Abs. 2 EMRK regelt, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
10 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, scheidet ein Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte „Familienleben“ von vornherein aus (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O., und Beschluss vom 02.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70 ff.). In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Entscheidung vom 07.10.2004 , NVwZ 2005, 1043 ff.).
11 
2. Die Weigerung, den Antragstellern ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen Eingriff in ihr Recht auf Achtung ihres „Privatlebens“ darstellen. Zum schützenswerten Privatleben gehören die gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen in dem Staat, in dem der Ausländer geboren oder aufgewachsen ist. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung kann insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, deren Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (zum Begriff des „faktischen Inländers“ im Zusammenhang mit dem „Schutz des Familienlebens“ vgl. etwa EGMR, Urteile vom 26.03.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.09.1997 , InfAuslR 1997, 430; s. auch BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff. , und OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999 - 4 L 195/98 - ;).
12 
Die - stark kasuistisch geprägte - Rechtsprechung des EGMR zu der Frage, ob ein langjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet eine schutzwürdige Position nach Art. 8 Abs. 1 EMRK begründen kann, bezieht sich im wesentlichen auf die Grenzen der Ausweisungskompetenz der Vertragsstaaten bei Personen, die im Staatsgebiet des Vertragsstaates geboren oder in sehr frühem Alter im Wege des Familiennachzugs in dieses eingereist sind (sog. Ausländer der zweiten Generation), einen Aufenthaltstitel erworben haben und als Folge strafrechtlicher Verfehlungen von der Ausweisung bedroht sind (vgl. die Auswertung der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.03.2004 - 2 BvR 1570/03 -, InfAuslR 2004, 280 ff.). Während bei diesen Ausländern die Frage zu beurteilen ist, ob sie auf Grund ihres langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts und ihrer Sozialisation im Vertragsstaat gegen eine Ausweisung geschützt sind, geht es in Fällen wie dem vorliegenden darum, ob Flüchtlinge, deren Asylanträge erfolglos geblieben sind, deren Abschiebung jedoch über einen sehr langen Zeitraum hinweg nicht durchgesetzt wurde und die auch nicht in den Besitz eines Aufenthaltstitels gelangt sind, aufgrund ihres langjährigen faktischen Aufenthalts im Vertragsstaat und ihres dort erlangten Integrationsgrades gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen geschützt sind und deshalb im Ergebnis einen Anspruch auf Legalisierung ihres Aufenthalts haben.
13 
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 03.06.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff., und vom 29.03.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). setzt ein Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer grundsätzlich voraus, dass sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt. Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist daher in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz die Antragsteller sich befinden, regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999, a.a.O.). Auch nach der Rechtsprechung des Senats kann grundsätzlich eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, nicht erfolgen (vgl. Senatsbeschluss vom 25.09.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff.).
14 
Der EGMR hat in seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Rechts des Aufenthalts von Ausländern vom 28.05.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der „Achtung“ des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.09.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und vom 07.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat der EGMR nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden. Auch wenn die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, in der Rechtsprechung des EGMR soweit ersichtlich noch nicht eindeutig geklärt ist (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.09.2004 , a.a.O.), ist jedenfalls festzuhalten, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EMRK nicht ausreichend ist. In der o.g. Entscheidung Ghiban heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 07.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung des EGMR vom 16.06.2005 (, a.a.O.), nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen. Eine vergleichbare Situation ist bei den Antragstellern nicht gegeben.
15 
b) Selbst wenn man zu Gunsten der Antragsteller davon ausgeht, dass auch ein rechtlich ungesicherter, rein faktischer Aufenthalt im Vertragsstaat eine Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Jedenfalls bei der Bewertung der Notwendigkeit, d.h. der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs, hat die rechtliche Natur des Aufenthalts erhebliches Gewicht.
16 
Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.09.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nicht allein deswegen, weil er sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Bei der danach vorzunehmenden umfassenden Abwägung des legitimen staatlichen Interesses auf Gestaltung des Aufenthaltsrechts gegen die aus einer Verwurzelung folgenden schutzwürdigen Belange der Betroffenen spielt u.a. eine Rolle, aus welchen Gründen der Ausländer sich trotz Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet aufhält, ob etwa die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen (z.B. wegen der Weigerung, an der Beschaffung der erforderlichen Heimreisedokumente mitzuwirken, oder wegen der Durchführung erfolgloser Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltstitels, vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.) oder aus anderen Gründen (etwa im Hinblick auf eine bestehende Erlasslage) nicht erfolgt ist. Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt noch nicht den Schluss, dass die Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 07.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts auch, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann, wobei auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.; OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999, a.a.O.; siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten auch die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.03.2004, a.a.O., zu dem Problemkreis s. auch Hoppe, Verwurzelung von Ausländern ohne Aufenthaltstitel, ZAR 2006, 125 ff.).)
17 
c) Im Rahmen der gebotenen Gesamtschau ist nach Auffassung des Senats bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs bei minderjährigen Kindern regelmäßig nicht nur deren Integration isoliert in den Blick zu nehmen und festzustellen, inwieweit sie selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt sind. Vielmehr kommt auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang sich ihre Familie in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Bei dieser familienbezogenen Gesamtbetrachtung sind auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet, die mangelnde wirtschaftliche oder soziale Integration, die Beachtung der bundesdeutschen Rechtsordnung etc.) auf das Verhalten der Eltern zurückzuführen sind (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.). Dafür, dass ein minderjähriges Kind sich das Verhalten seiner Eltern bei der Prüfung, ob der Eingriff in sein Privatleben durch legitime Ziele der Einwanderungskontrolle gerechtfertigt ist, „zurechnen“ lassen muss, sprechen neben der Bezugnahme auf das „Familienleben“ als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch folgende Erwägungen: Für die Beurteilung der Verwurzelung von minderjährigen Kindern kommt es auch darauf an, inwieweit ihre innerfamiliären Lebensverhältnisse von der nationalen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt sind. Darüber hinaus sind bei der für die aufenthaltsrechtliche Entscheidung relevanten Frage, ob eine (Re)Integration in das Land der Staatsangehörigkeit möglich ist, bei der beabsichtigten Rückführung minderjähriger Kinder die Fertigkeiten und möglichen Unterstützungsleistungen der Eltern sowie deren Verbindungen im Heimatland in Rechnung zu stellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.11.2005, a.a.O., und Hess. VGH, Beschluss vom 15.02.2006, a.a.O). Ferner würde ein allein aus der Integration des minderjährigen Kindes hergeleitetes Aufenthaltsrecht dazu führen, dass den Eltern (und im weiteren auch den minderjährigen Geschwistern) ohne nähere Prüfung ihrer Integration unter Bezugnahme auf Art. 6 GG, Art. 8 EMRK in der Regel zumindest Abschiebungsschutz zu gewähren wäre, was einwanderungspolitische Belange der Bundesrepublik Deutschland in ganz erheblichem Maße berühren und zu einer einseitigen Gewichtung der privaten Belange des betroffenen Ausländers führen würde. Auch die Tatsache, dass minderjährige Kinder ihren Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland regelmäßig nicht alleine sichern können, sondern hierfür auf die Unterstützung ihrer Familie angewiesen sind, spricht dafür, deren wirtschaftliche Integration in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen. Die Konzeption des Aufenthaltsgesetzes geht schließlich ebenfalls davon aus, dass minderjährige Kinder grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen (vgl. § 27 Abs. 1 i.V.m. §§ 29 Abs. 1 - 4, 32 Abs. 1 und 3, 34 AufenthG). Erst volljährige Kinder sind aufenthaltsrechtlich grundsätzlich selbständig zu behandeln, weil zwischen ihnen und ihren Eltern - anders als bei Minderjährigen - regelmäßig keine Beistands-, sondern eine bloße Begegnungsgemeinschaft besteht.
18 
An dieser rechtlichen Beurteilung ändert sich in dem hier maßgeblichen Zusammenhang grundsätzlich auch nichts dadurch, dass das Aufenthaltsgesetz für Kinder nach Vollendung des 16. Lebensjahres unter bestimmten Umständen ein selbständiges Aufenthaltsrecht vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG). § 35 Abs. 1 AufenthG schafft einen privilegierten Erwerbstatbestand für nachgezogene Kinder von Ausländern, die zum Zeitpunkt der Vollendung ihres 16. Lebensjahres mindestens fünf Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, die zum Zwecke des Familiennachzuges nach § 27 AufenthG - welcher seinerseits grundsätzlich ein Aufenthaltsrecht der Eltern bzw. des sorgeberechtigten Elternteils voraussetzt, vgl. § 32 AufenthG - erteilt worden ist (s. Hailbronner, AuslR, § 35 Rn. 3 und 5 AufenthG). Aus dieser gesetzlichen Regelung lassen sich für die hier vorliegende Fallkonstellation, in der weder das minderjährige Kind noch dessen Eltern über eine Aufenthaltserlaubnis verfügen bzw. verfügt haben, keine vergleichbaren Rechte herleiten. Gleiches gilt für die Regelung in § 37 AufenthG, der Ausländern unter bestimmten Umständen ein Recht auf Wiederkehr gewährt, wenn der entsprechende Antrag nach Vollendung des 15. und vor Vollendung des 21. Lebensjahres gestellt wird. Auch diese Vorschrift setzt voraus, dass der Ausländer als Minderjähriger rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte und geht grundsätzlich von einer mindestens achtjährigen rechtmäßigen Aufenthaltsdauer aus.
19 
Ergänzend sei darauf hingewiesen, das auch sonst bei Abschiebungshindernissen von Kindern die Rechtsprechung davon ausgeht, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.09.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.07.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.).
20 
d) Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten der Antragsteller zu berücksichtigen, dass sich die Antragsteller zu 1. - 4. bereits seit 1993 in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, die Antragsteller zu 3. und 4. mithin bereits als Kleinkinder in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind, bzw. der Antragsteller zu 5. sogar im Bundesgebiet geboren wurde. Die Antragsteller zu 3. und 4. besuchen nach dem Vortrag ihres Prozessbevollmächtigten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Realschule, so dass davon ausgegangen werden kann, dass sie die deutsche Sprache gut beherrschen; gleiches dürfte für den Antragsteller zu 5. gelten, der zum Zeitpunkt des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Grundschule besuchte. Für die Antragsteller spricht auch, dass sie offensichtlich seit 2001 keine Sozialhilfe mehr beziehen, sondern sich eine eigene - wenn auch für eine fünfköpfige Familie sehr bescheidene - wirtschaftliche Existenz aufbauen konnten. Ob diese Umstände ohne weitere Darlegungen im Beschwerdeverfahren genügen, um eine tiefe Verwurzelung in Deutschland als erste Voraussetzung eines nur hier möglichen Privatlebens darzutun (vgl. dazu Hess. VGH, Beschluss vom 15.02.2006, a.a.O.), ist fraglich, kann aber dahinstehen.
21 
Bei der Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ist zu Lasten der Antragsteller jedenfalls von erheblicher Bedeutung, dass diese zu keinem Zeitpunkt im Besitz eines Aufenthaltstitels waren, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen konnte, in Deutschland bleiben zu dürfen. Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller sind im vorliegenden Fall die den Antragstellern erteilten Duldungen auch nicht als die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts begründende „verkappte Aufenthaltserlaubnisse“ (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16.10.1990 - 1 C 15/88 -, InfAuslR 1991, 72 ff.) zu betrachten. Den Antragstellern wurde mit den ihnen erteilten Duldungen nicht in Wahrheit ein Aufenthalt im Bundesgebiet erlaubt. Die Erteilung von Duldungen erfolgte erkennbar mit Rücksicht auf eingeleitete Asylfolgeverfahren, fehlende tatsächliche Rückführungsmöglichkeiten und die Erlasslage zur Rückführung von Minderheiten aus dem Kosovo. Die langjährigen Duldungen der Antragsteller sind darüber hinaus auch darauf zurückzuführen, dass sie in ihren ersten Asylverfahren eine albanische Volkszugehörigkeit vorgetragen und sich erst 1999, als sich die Situation der Albaner im Kosovo durch den Einmarsch der KFOR-Truppen und den Rückzug der serbischen Armee entscheidend verbessert hatte, auf ihre Zugehörigkeit zur Minderheit der Ashkali berufen haben. Die Behörden haben die Antragsteller jedenfalls zu keiner Zeit über die Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatusses im Bundesgebiet im Zweifel gelassen. Die rechtliche Wirkung der Duldungen blieb auf den Bereich des Vollstreckungsschutzes gegen eine Entfernung aus dem Bundesgebiet beschränkt. Die Antragsteller waren mithin seit der ersten Ablehnung ihres Asylantrages vollziehbar ausreisepflichtig und nach der bundesdeutschen Rechtsordnung zur freiwilligen Ausreise verpflichtet. Die Tatsache, dass dessen ungeachtet die bundesdeutschen Behörden angesichts der wechselhaften politischen sowie existenziellen Verhältnisse im Kosovo lange Zeit von einer zwangsweisen Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung abgesehen haben, führt noch nicht dazu, eine Aufenthaltsbeendigung nunmehr für unzulässig zu erachten, zumal die Behörden einen entsprechenden Vertrauenstatbestand zu keinem Zeitpunkt geschaffen haben.
22 
Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Antragsteller zu 1. und 2. in weit geringerem Maß in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt sind als die Antragsteller zu 3. - 5. Die Antragsteller zu 1. und 2. sind in Serbien-Montenegro geboren und aufgewachsen und haben ihr Heimatland erst im Erwachsenenalter verlassen. Zu ihren deutschen Sprachkenntnissen und ihrer sonstigen, insbesondere sozialen, Integration in die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ist nichts vorgetragen. Zwar hat der Antragsteller zu 1. eine Arbeitsstelle gefunden und verfügt damit zumindest über eine wirtschaftliche Bindung an die Bundesrepublik. Nicht übersehen werden darf jedoch, dass der Antragsteller zu 1. in der Bundesrepublik Deutschland mehrfach straffällig geworden ist (das Bundeszentralregister weist zwischen 1993 und 2001 sechs Eintragungen auf), so dass von einer Integration in die Rechtsordnung der Bundesrepublik nicht ausgegangen werden kann. Die Antragsteller Ziffer 3. - 5. befinden sich in einem Alter, in dem ihnen angesichts der Gesamtumstände eine Integration in die Lebensverhältnisse des Landes ihrer Staatsangehörigkeit noch angesonnen werden kann. Sie werden nicht allein übersiedeln, sondern können mit der Unterstützung ihrer Eltern und ggf. auch anderer Verwandten rechnen, die mit den Lebensverhältnisse des Staates ihrer Staatsangehörigkeit vertraut sind. Dass die Antragsteller zu 3. - 5. nicht albanisch sprechen und aus diesem Grund eine Integration in die dortigen Lebensverhältnisse auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen würde, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
23 
Der Senat verkennt nicht die erheblichen Schwierigkeiten, die für die Antragsteller nach so langem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland mit einer Übersiedlung in das Land ihrer Staatsangehörigkeit verbunden sind. Sie teilen insoweit allerdings das Schicksal einer Vielzahl von Bürgerkriegsflüchtlingen, die in der Bundesrepublik aus humanitären Gründen langjährig Aufnahme gefunden haben und nunmehr in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen. Die damit verbundenen Probleme und Härten lassen sich durch die Rechtsprechung, die an das gesetzliche Regelungskonzept gebunden ist, nur eingeschränkt lösen. Insbesondere ist es den Verwaltungsgerichten verwehrt, durch eine Überdehnung des Schutzbereiches des Art. 8 EMRK das Fehlen einer auf humanitäre Gründe gestützten Altfallregelung für langjährig Geduldete, die in den Verantwortungsbereich der politischen Entscheidungsträger fällt, auszugleichen.
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung.
25 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 39 Abs. 1 GKG i. d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 (BGBl. I, S. 718 ff.).
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kläger sind türkische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit.
Der Kläger Ziffer 1 wurde am 12.04.1960, die Klägerin Ziffer 2 am 01.01.1966, der Kläger Ziffer 3 am 05.08.1985, die Klägerin Ziffer 4 am 29.09.1986, der Kläger Ziffer 5 am 15.09.1988, der Kläger Ziffer 6 am 30.10.1990 und der Kläger Ziffer 7 am 28.10.1996 geboren.
Die Kläger Ziffer 1 und 2 sind die Eltern der übrigen Kläger.
Im Jahre 1987 reisten die Kläger Ziffer 1 bis 4 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am 04.07.1987 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Diesen Antrag lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge durch Bescheid vom 15.04.1988 ab. Die hiergegen zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage wurde durch Urteil vom 29.11.1990 abgewiesen (A 8 K 8346/88). Mit Beschluss vom 22.06.1992 lehnte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg den Antrag auf Zulassung der Berufung ab (A 12 S 369/91).
Bereits am 18.09.1991 beantragten die Kläger Ziffer 1 bis 4 erneut ihre Anerkennung als Asylberechtigte sowie die Gewährung von Abschiebungsschutz, nachdem sie bereits mit Schriftsatz vom 21.06.1991 an das Landratsamt Esslingen um Abschiebungsschutz nach den §§ 51 und 53 AuslG nachgesucht hatten. Mit Bescheid vom 22.03.1995 entschied das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hinsichtlich der Kläger Ziffer 1 bis 4, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sowie Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen und lehnte die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab. In der Begründung des Bescheids wurde auch Bezug genommen auf einen mit Schriftsätzen vom 13.07. und 24.07.1992 erneut gestellten Antrag, die Kläger Ziffer 1 bis 4 als Asylberechtigte anzuerkennen sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 vorliegen. Die von den Klägern Ziffer 1 bis 4 insoweit erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 25.10.1996 (A 18 K 13001/95) ab. Der Entscheidung lag zugrunde, dass die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 VwVfG nicht vorgelegen hatten.
Am 09.05.1997 stellten die Kläger Ziffer 1 bis 4 erneut Asylanträge. Mit Bescheid vom 18.03.1998 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Durchführung weiterer Asylverfahren ab. Bereits mit Bescheid vom 07.05.1997 hatte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge Asylerstanträge der Kläger Ziffer 5 bis 7 vom 21.02.1997 abgelehnt. Die von sämtlichen Klägern zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klagen wies dieses mit Urteil vom 12.02.1999 (A 18 K 12454/98) ab. Der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart lag hinsichtlich der Kläger Ziffer 1 bis 4 die Feststellung zugrunde, dass die vorgelegten Dokumente nicht geeignet seien, eine für die Kläger günstigere Entscheidung herbeizuführen und auch die Aussage des in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen als Gefälligkeitsaussage bewertet werden müsse, weshalb die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 VwVfG nicht vorliegen. Der zum Verwaltungsgericht Baden-Württemberg gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung wurde durch Beschluss vom 30.06.1999 (A 12 S 1050/90) abgelehnt.
Am 24.02.1997 beantragten alle Kläger die Erteilung von Aufenthaltstiteln. Mit Bescheid vom 20.05.1997 lehnte das Landratsamt Esslingen die Anträge ab. Die Entscheidung wurde durch Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 15.01.1998 bestätigt. Am 16.06.1999 beantragten die Kläger erneut die Erteilung eines Aufenthaltstitels. Mit Bescheiden vom 31.08.1999 lehnte das Landratsamt Esslingen die Anträge ab. Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Bescheid vom 26.01.2000 ab. Auf die hiergegen zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage verpflichtete dieses den Beklagten durch Urteil vom 09.05.2000 (18 K 1359/00), über die Anträge der Kläger erneut zu entscheiden. Durch Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 31.03.2003 (13 S 1917/01) wurde das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart geändert und die Klagen abgewiesen. Die zum Bundesverwaltungsgericht erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision verwarf das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss vom 26.06.2003 (1 B 150.03).
Am 19.12.2001 stellten sämtliche Kläger erneut Asylanträge. Mit zwei Bescheiden vom 21.01.2002 (die Kläger Ziffer 1 bis 3 sowie 5 bis 7 betreffend) und mit einem weiteren Bescheid vom 22.01.2002 (die Klägerin Ziffer 4 betreffend) lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Anträge auf Durchführung weiterer Asylverfahren ab. Die hingegen von den Klägern Ziffer 1 bis 2 sowie 5 bis 7 zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klagen (A 18 K 10277/02) wies das Verwaltungsgericht Stuttgart durch Urteil vom 30.09.2003 ab. Der Entscheidung lag die Feststellung zugrunde, dass die Aussagen der beiden in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen in den entscheidungserheblichen Aspekten unglaubhaft und deshalb nicht geeignet seien, eine für die Kläger günstigere Entscheidung herbeizuführen (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG). Die vom Kläger Ziffer 3 erhobene Klage (A 18 K 10281/02) wurde ebenfalls durch Urteil vom 30.09.2003 abgewiesen. Das Gleiche gilt hinsichtlich der von der Klägerin Ziffer 4 erhobenen Klage (A 8 K 10279/02). Die insoweit gestellten Anträge auf Zulassung der Berufung wies der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg durch Beschlüsse vom 11.11.2003 als unzulässig zurück.
Am 07.08.2003 sollten die Kläger abgeschoben werden. Die Abschiebung wurde jedoch wegen eines Formfehlers abgebrochen. Am 11.08.2003 unternahm die Klägerin Ziffer 4 einen Suizidversuch.
10 
Am 08.12.2005 stellten sämtliche Kläger einen Antrag auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG, der im Wesentlichen damit begründet wurde, dass der Diabetes mellitus sowie die chronische obstruktive Lungenerkrankung des Klägers Ziffer 1 in der Türkei nicht behandelbar seien und erneut eine Suizidgefahr der Klägerin Ziffer 4 bestehe. Mit Bescheiden vom 22.12.2005 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Abänderung der nach dem alten Recht ergangenen Bescheide hinsichtlich der negativen Feststellung zu § 53 Abs. 1 bis 6 AuslG ab und führte zur Begründung aus, dass sich der Sachvortrag auf einer Wiederholung der bereits im früheren Asylfolgeverfahren vorgetragenen Gründe beschränke. Im Übrigen müsse, wie bereits im früheren Verfahren festgestellt, von einer Behandelbarkeit ausgegangen werden.
11 
Sämtliche Kläger erhoben hiergegen Klagen zum Verwaltungsgericht Stuttgart (A 9 K 13660/05 u.a.), die am 14.02.2006 zurückgenommen wurden.
12 
Bereits im September 2003 hatten die Kläger eine Petition eingereicht mit dem Ziel, ein Daueraufenthaltsrecht in Deutschland zu erlangen. Im März 2005 entschied der Petitionsausschuss, dass der Petition nicht abgeholfen werde. Im Juli 2005 wandten sich die Kläger an die Härtefallkommission, um eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 a AufenthG zu erhalten. Im November 2005 entschied die Härtefallkommission, kein Härtefallersuchen an das Innenministerium zu richten. Im Dezember reichten die Kläger erneut eine Petition ein, der der Petitionsausschuss im Januar 2006 wiederum nicht abhalf.
13 
Am 21.11.2005 beantragten die Kläger beim Landratsamt Esslingen die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen.
14 
Mit Beschlüssen vom 23.01.2006 (9 K 437/06 u.a.) verpflichtete das Verwaltungsgericht Stuttgart die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung, im Hinblick auf das anhängige Verfahren auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen die Kläger abzusehen. Auf die hiergegen vom Beklagten eingelegte Beschwerde änderte der Verwaltungsgerichtshof durch Beschlüsse vom 30.08.2006 (13 S 405/06 u.a.) die Beschlüsse und lehnte die Anträge ab.
15 
Mit Entscheidung vom 14.02.2006 lehnte das Landratsamt Esslingen die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen ab und führte zur Begründung aus: Die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 1 bis 3 AufenthG scheide schon deshalb aus, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bindend entschieden habe, dass die Kläger nicht asylberechtigt seien, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 sowie des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorlägen. Der Umstand, dass die Klägerin Ziffer 4 im Jahre 2003 nach einem Abschiebungsversuch einen Suizidversuch unternommen habe und mit einer Wiederholung eines solchen Suizidversuchs zu rechnen sei, führe nicht zu einem rechtlichen Abschiebungshindernis. Zum einen sei nicht geklärt, ob der Suizidversuch im Zusammenhang mit der Abschiebung erfolgt sei oder wegen familiärer Probleme unternommen worden sei. Zum anderen vermöge die latente Suizidalität deswegen kein Abschiebungshindernis zu begründen, weil derartige Gefahren durch entsprechende Vorkehrungen bei der Organisation der Abschiebung, wie z. B. die Begleitung durch einen Arzt und psychologisches Fachpersonal, Rechnung getragen werden könne. Auch die vorgetragene Krankheit des Klägers Ziffer 1 stelle kein rechtliches Abschiebungshindernis dar. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe mit Bescheid vom 22.12.2005 festgestellt, dass die Krankheit im Heimatland behandelbar sei. Nach § 25 Abs. 4 AufenthG könne einem Ausländer für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, so lange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit erforderten. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, weil die Kläger ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht begehrten. Zudem seien dringende oder persönliche Gründe nicht erkennbar. Es könne auch keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt werden, da die Kläger weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen gehindert seien, in ihr Heimatland zurückzukehren. Die freiwillige Ausreise sei jederzeit möglich und auch zumutbar. Ein rechtlich begründetes Abschiebungshindernis folge auch nicht aus Art. 8 EMRK. Eine Aufenthaltsbeendigung hätte keine Verletzung des hierdurch geschützten Rechts auf ein Privatleben zur Folge. Es spreche schon vieles dafür, dass ein schützenswertes Privatleben voraussetze, dass zumindest für einen gewissen Zeitraum ein ordnungsgemäßer und rechtmäßiger Aufenthalt vorgelegen habe. Über einen solchen ordnungsgemäßen Aufenthalt hätten die Kläger zu keinem Zeitpunkt verfügt. Selbst wenn man aber davon ausgehe, dass auch ein rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines geschützten Privatlebens sein könne, so sei die daraus folgende Rechtsposition im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaats zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Die Kläger Ziffer 1 und 4 seien aber in der Türkei geboren und hätten bis zu ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1987 in der Türkei gelebt. Die Kläger Ziffer 1 und 2 sprächen nur schlecht deutsch, weshalb kein Anhaltspunkt für eine Verwurzelung in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland gegeben seien. Die Kläger Ziffer 5 bis 7 seien zwar in Deutschland geboren, es sei jedoch davon auszugehen, dass diese unter dem sprachlichen Aspekt in der Lage sein werden, sich in der Türkei zu integrieren. Das Hineinwachsen in die Lebensverhältnisse der Türkei werde für sie zwar Anfangs schwierig sein, es sei jedoch nicht ersichtlich, dass ihnen ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates ihrer Staatsangehörigkeit nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen könne. Insbesondere sei Kindern in diesem Alter durchaus zuzumuten, sich in die Lebensverhältnisse des Heimatlands einzuleben und dort eine Ausbildung zu absolvieren bzw. mit den hier erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten eine Arbeit zu suchen. Sie befänden sich in keiner anderen Situation als zahlreiche andere abgelehnte Asylbewerber. Weiterhin könne auch nicht von einer wirtschaftlichen Integration der Familie in die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ausgegangen werden. Die Kläger hätten über einen Zeitraum von beinahe 11 Jahren ihren Lebensunterhalt überwiegend durch öffentliche Mittel bestritten und insgesamt ca. 105.000,-- EUR an Sozialleistungen erhalten. Der Kläger Ziffer 1 stehe zwar seit 1998 in einem Beschäftigungsverhältnis und auch der Kläger Ziffer 3 habe eine Ausbildung zum Bäcker absolviert, sei aber anschließend vom Lehrbetrieb nicht übernommen worden. Von Oktober bis Dezember 2005 habe er sogar ohne Genehmigung gearbeitet, weswegen gegen ihn ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden sei. Erst seit Januar 2006 habe er eine Genehmigung zur Ausübung einer Beschäftigung als Bäckergeselle erhalten. Der Kläger Ziffer 5 habe ebenfalls keine Arbeitserlaubnis und sei trotzdem von Anfang August bis Ende September 2004 und von Anfang Februar 2005 bis Ende Dezember 2005 unerlaubt einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Auch gegen ihn seien Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden. Ob er augenblicklich einer Erwerbstätigkeit nachgehe, sei nicht bekannt. Weiterhin sei im September 2005 von der Klägerin Ziffer 4 ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt worden, der inzwischen abgelehnt worden sei. Im Übrigen werde im Landkreis Esslingen seit 01.12.2004 für den Kläger Ziffer 7 für die Teilnahme an der sozialen Gruppenarbeit bei der Paulinenpflege in Kirchheim/Teck monatlich eine öffentliche Leistung in Höhe von 723,58 EUR gezahlt. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 S. 3 AufenthG scheide ebenfalls aus. Hiernach könne ein Aufenthaltstitel nur zu einem Zweck erteilt werden, der im Kapitel 2 Abschnitte 3 bis 7 nicht geregelt sei. Der hier angestrebte Aufenthaltszweck aus humanitären Gründen sei - wie bereits ausgeführt - in § 25 AufenthG abschließend geregelt.
16 
Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies das Regierungspräsidium Stuttgart durch Bescheid vom 30.03.2006 - zugestellt am 05.04.2006 - zurück.
17 
Am 02.05.2006 haben die Kläger Klage erhoben.
18 
Zur Begründung tragen sie vor: Sie seien faktisch zu Inländern geworden und eine Rückkehr in die Türkei sei ihnen nicht zuzumuten. Die Familie sei in hohem Maße in Deutschland integriert, nehme keine öffentlichen Hilfen für den Lebensunterhalt in Anspruch. Sie verfüge über eine eigene Wohnung, arbeite und befinde sich in Schul- und Berufsausbildung. Die Kinder sprächen perfekt deutsch. Der Kläger Ziffer 3 sei mittlerweile seit Januar 2006 als Bäckergeselle beschäftigt. In der Zeit von Oktober bis Dezember 2005 habe er gearbeitet, während die Arbeitsgenehmigung beantragt gewesen sei. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass diese nicht erteilt worden sei. Der Kläger Ziffer 5 besuche die Schule und sei neben der Schule von August bis September einer Aushilfstätigkeit nachgekommen, wobei ebenfalls eine Arbeitserlaubnis beantragt worden sei. Die Klägerin Ziffer 4 habe einen Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis gestellt, sie habe auch eine Ausbildungsstelle. Bisher sei die Arbeitserlaubnis jedoch noch nicht erteilt worden. Es sei richtig, dass sie im September 2005 einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt habe. Dieser sei abgelehnt worden. Der Antrag werde nicht weiter verfolgt. Hinsichtlich der Klägerin Ziffer 4 sei noch zu berücksichtigen, dass sie im Zusammenhang mit einem früheren Abschiebungsversuch im Jahre 2003 einen ernsthaften Suizidversuch unternommen habe, bei dem sie sich schwerste Verletzungen zugezogen habe. Aus einer vorliegenden ärztlichen Stellungnahme gehe hervor, dass mit einer Wiederholung eines Suizidversuchs im Falle einer erneuten Abschiebung durchaus zu rechnen sei. Die in den Anfangsjahren bezogenen Sozialleistungen könnten den Klägern nicht negativ angelastet werden, da sie seinerzeit keine Aufenthaltserlaubnis erhalten hätten. Die Klägerin Ziffer 2 versorge die Familie. Insgesamt sei eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger unverhältnismäßig i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK.
19 
Die Kläger beantragen,
20 
den Bescheid des Landratsamts Esslingen vom 14.02.2006 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 03.04.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen.
21 
Der Beklagte ist der Klage aus den Gründen der angegriffenen Bescheide entgegengetreten.
22 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
23 
Dem Gericht lagen die vom Landratsamt Esslingen geführten Ausländerakten der Kläger sowie die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die zulässigen Klagen sind nicht begründet. Der Beklagte hat zu Recht die Anträge der Kläger abgelehnt. Sie haben keinen Anspruch auf Erteilung der von ihnen begehrten Aufenthaltserlaubnisse.
25 
Allein in Betracht zu ziehende Rechtsgrundlage für die Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnisse ist vorliegend § 25 Abs. 5 AufenthG. Hiernach kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist, sofern der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. § 25 Abs. 3 AufenthG scheidet schon deshalb aus, weil im Verhältnis zur Ausländerbehörde sowie zum Gericht infolge der negativen Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gem. § 42 AsylVfG bindend feststeht, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (vgl. zum Verständnis des § 60 Abs. 5 AufenthG bzw. des § 53 Abs. 4 AuslG 1990 allein als zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot bzw. –hindernis BVerwG, U.v. 15.04.1997 – 9 C 38.96 – NVwZ 1997, 1127; U.v. 02.09.1997 – 9 C 40.96 – NVwZ 1998, 311). Nichts anderes gilt in Bezug auf die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (vgl. § 4 AsylVfG).
26 
Die Verweigerung eines Aufenthaltstitels durch den Beklagten steht nicht in Widerspruch zu Art. 8 EMRK, weshalb den Klägern eine Rückkehr in ihr Heimatland nicht unmöglich oder aus Rechtsgründen unzumutbar ist (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 27.6.2006 – 1 C 14.05 – juris).
27 
1. a) Im Ausgangspunkt ist zunächst festzuhalten, dass nach der ständigen Spruchpraxis des EGMR aus Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch nicht für Familien) grundsätzlich kein irgendwie geartetes Recht abgeleitet werden kann, dass Ausländer oder Ausländerinnen sich einen Aufenthaltsort in einem Konventionsstaat frei wählen. Vielmehr ist den Konventionsstaaten ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, ob und unter welchen Voraussetzungen sie Einwanderung in ihr Hoheitsgebiet zulassen wollen. Namentlich in seinen Entscheidungen vom 16.09.2004 (11103/03 - - NVwZ 2005, 1046) und vom 07.10.2004 (33743/03 - - NVwZ 2005, 1043 ) hat der EGMR ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden (vgl. zu alledem auch BVerwG, U.v. 9.12.1997 – 1 C 19.96 – NVwZ 1998, 742; U.v. 29.9.1998 – 1 C 8.98 – NVwZ 1999, 303; VGHBW, U.v. 18.1.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; B.v. 10.5.2006 – 11 2345/05 – juris; HessVGH, B.v 15.2.2006 – 7 TG 106/06 – InfAuslR 2006, 217; U.v. 7,7,2006 – 7 UE 509/06 – juris; NdsOVG, B.v. 11.5.2006 – 12 ME 138/06 - InfAuslR 2006, 329; B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 – juris; OVG NW, B.v. 11.1.2006 – 18 B 44/06 – AuAS 2006, 144 Ls.). Dessen ungeachtet kann nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. Urt. v. 16.6.2005 - 60654/00 - - InfAuslR 2005, 349) ausnahmsweise auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben darstellen, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kommt danach für solche Ausländer in Betracht, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie gewissermaßen deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind, während sie mit ihrem Heimatland im Wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.9.1998 - 1 C 8.96 - NVwZ 1999, 303; VGH Bad.-Württ., Urt. v.18.1.2006 - a.a.O. mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
28 
b) In diesem Zusammenhang ist zunächst bereits grundsätzlich umstritten, ob der Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK unter dem Aspekt des Privatlebens überhaupt nur dann eröffnet ist, wenn der Aufenthaltsstaat den Aufenthalt (durch Erteilung eines Titels) positiv ermöglicht (so etwa NdsOVG, B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 – juris; HessVGH, U.v. 7.7.2006 – 7 UE 509/06 – juris) und nicht nur (etwa durch Duldung oder aufgrund gesetzlicher Gestattung als Asylbewerber) ohne sein Zutun faktisch hingenommen hatte bzw. sogar hinnehmen musste. Ein völlig klares Bild lässt sich aus der sehr einzelfallbezogenen Spruchpraxis des EGMR hierzu nicht gewinnen (vgl. auch VGHBW, U.v. 18.1.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142 und letztlich offen gelassen). Auch wenn dieser erst jüngst in seinem Urteil vom 30.1.2006 (50435/99 - - InfAuslR 2006, 298) “daran erinnert, dass Personen, die, ohne den geltenden Gesetzen zu entsprechen, die Behörden eines Vertragsstaates mit ihrer Anwesenheit in diesem Staat konfrontieren, im Allgemeinen nicht erwarten können, dass ihnen ein Aufenthaltsrecht zugesprochen wird,“ so stellte es nach Überzeugung der Kammer eine Überinterpretation dar, hieraus den zwingenden Schluss zu ziehen, schon der Schutzbereich sei im Falle der nicht erfolgten ausdrücklichen Legalisierung von vornherein nicht eröffnet. Ein solches Verständnis ist angesichts der Schranke des Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht erforderlich und sinnvoll. Es stünde zudem einem einzelfallbezogenen gerechten Interessenausgleich oftmals entgegen und wäre auch im Einzelfall geeignet, die Wirksamkeit des konventionsrechtlichen Schutzes zu schmälern (so auch Hoppe, ZAR 2006, 125; Benassi, InfAuslR 2006, 397). Zudem würde eine vorschnelle Ausgrenzung aus dem Schutzbereich die Möglichkeit verbauen, den Fallkonstellationen angemessen Rechnung tragen zu können, in denen die Ausländerbehörde in der Vergangenheit über Jahre hin nur Duldungen erteilt hatte, obwohl im Grunde realistischerweise keine Abschiebungs- und Ausreisemöglichkeiten bestanden und daher eigentlich Aufenthaltstitel hätten erteilt werden müssen. Es ist nicht ersichtlich, dass etwa auch für solche Fälle der Schutzbereich des Art. 8 Abs. EMRK von vornherein nicht eröffnet sein sollte. Allerdings ist der in diesem Zusammenhang teilweise erfolgte Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 16.06.2005 (60654/00 - - InfAuslR 2005, 349), wonach dieser explizit keine willentliche Legalisierung verlange (so etwa Benassi, InfAuslR 2006, 397), nicht überzeugend, weil die dortigen Beschwerdeführer jahrelang rechtmäßig in der früheren Sowjetunion (im Gebiet des heutigen Lettland) und auch danach noch in Lettland selbst gelebt hatten und ihnen erst später z.T. als staatenlos gewordene russische Volkszugehörige ein Aufenthaltsrecht bestritten worden war, nachdem sie nach 1989 aber sogar noch zeitlich befristete Aufenthaltstitel erhalten hatten (vgl. etwa NdsOVG, B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 m.w.N.).
29 
Sachgerecht ist es nach Auffassung der Kammer allein, den Schutzbereich durchaus nicht zu eng zu fassen und die Frage der Legalisierung als Element der Schrankendiskussion zu verstehen. Um aber von einem Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK sprechen zu können, das im Aufenthaltsstaat stattfindet, müssen – bei aller Unschärfe - zumindest zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen muss – quantitativ betrachtet - ein langjähriger Aufenthalt vorliegen. Sodann müssen - unter dem qualitativen Aspekt - bestimmte Integrationsleistungen erbracht worden sein, die es rechtfertigen, im Rahmen der Schranken des Absatzes 2 überhaupt in eine umfassende Interessen- und Verhältnismäßigkeitsprüfung einzutreten und hier gewissermaßen eine Feinabstimmung vorzunehmen. Anders ausgedrückt: Der Schutzbereich ist dann nicht eröffnet, wenn es unter dem quantitativen und/oder qualitativen Aspekt auf der Hand liegt, dass phänotypisch nicht von einem „faktischen Inländer“ gesprochen werden kann und kein Anlass dafür besteht, überhaupt einzelfallbezogen der Frage nachzugehen, ob den Betroffenen eine Rückkehr in das Land ihrer Herkunft zugemutet werden kann.
30 
Eine solcher (negativer) Fall wird typischerweise in folgenden Fallkonstellationen anzunehmen sein:
31 
- Die Betroffenen halten sich erst so einen kurzen Zeitraum im Bundesgebiet auf, dass sich die Frage einer auf der Schrankenebene zu diskutierende Frage (vgl. im Folgenden) nach einer Wiedereingliederung in die Verhältnisse des Herkunftslandes von vornherein nicht stellt. Es spricht hier einiges dafür, sich in etwa an dem 8-Jahreszeitraum des § 10 StAG zu orientieren, der vom Gesetzgeber für das Entstehen eines Einbürgerungsanspruchs vorausgesetzt wird (vgl. Hoppe ZAR 2006, 125 <130>; Benassi InfAuslR 2006, 397 <402>).
32 
- Die Betroffenen haben während des langjährigen Aufenthalts keinerlei wirtschaftliche Existenzgrundlage aufbauen können und leben im Wesentlichen ununterbrochen und weitgehend vollständig von öffentlichen Unterstützungsleistungen.
33 
- Die Betroffenen haben keine nennenswerten Sprachkenntnisse erworben und haben demgemäß keinen nennenswerten engeren Bezug zu den Lebensverhältnissen des Landes.
34 
- Die Betroffenen sind durchgängig von Bagatellfällen abgesehen in erheblichem Umfang kriminell geworden (fahrlässige Tatbegehungen bedürfen hingegen der genauen Einzelfallbetrachtung).
35 
Demgegenüber kann nicht eingewandt werden, in der Spruchpraxis des Gerichtshofs seien die Gesichtspunkte der Straffälligkeit oder der Sicherung des Lebensunterhalt nicht als schutzbereichsschädlich verstanden worden (so aber etwa Schild ANA-ZAR 2006, 29). Denn dieses trifft nur auf die grundlegend andere Fallkonstellation zu, in der ein bereits legalisierter langjähriger Aufenthalt beendet werden soll, sei es mit dem Mittel der Ausweisung, sei es mit dem der Nichtverlängerung eines Aufenthaltstitels; ganz abgesehen davon, dass regelmäßig das Schutzgut „Familie“ berührt war und sich dort diese Fragen von vornherein erst auf der Ebene des Art. 8 Abs. 2 EMRK stellen können. Im vorliegenden Zusammenhang geht es hingegen zunächst um die positive Feststellung eines überhaupt schützenswerten Privatlebens.
36 
c) Den (vielfältigen und vielschichtigen) Gründen für die lange Aufenthaltsdauer ist – von Evidenzfällen wiederum abgesehen – daher erst im Rahmen der Schranke nachzugehen. Hier kommt dem Aspekt einer erfolgten (willentlichen) Legalisierung durch den Aufenthaltsstaat wesentliches Gewicht zu. Ist eine solche nicht erfolgt, muss im Rahmen einer umfassenden Abwägung eine genaue Bewertung der Gründe für den faktischen Aufenthalt erfolgen. Hier kann eine große Bandbreite von Ursachen gegeben sein. Diese kann reichen von einer langjährigen zurechenbaren Vereitelung (wenn nicht gar Sabotierung) einer Aufenthaltsbeendigung bei gleichzeitig möglicher freiwilligen Ausreise bis zu einem Dauerzustand einer unverschuldet unmöglichen Abschiebung wie freiwilligen Ausreise. Dazwischen sind differenzierte Fallgestaltungen denkbar, in denen vielleicht zu bestimmten Zeiten eine freiwillige Ausreise und auch eine Abschiebung möglich waren, die Ausländerbehörde eine solche Möglichkeit jedoch über lange Zeit nicht wahrgenommen hatte. Selbst wenn man davon ausgeht, dass im eigentlichen Sinn eine Abschiebungsmöglichkeit nicht verwirkt werden kann, da es sich nach § 58 Abs. 1 AufenthG um eine Rechtspflicht handelt (vgl. OVG NW, B.v. 25.05.2005 – 18 B 1967/04 – juris), kann in zugespitzten Fällen eine Aufenthaltsbeendigung hier jedoch gleichwohl unverhältnismäßig werden und damit Art. 8 Abs. 2 EMRK zuwider laufen.
37 
Ebenfalls erst auf der Schrankenebene ist zu prüfen, ob ein Wiedereinleben (bei Kindern oftmals eine erstmalige Integration) in die Verhältnisse des Herkunftslandes zumutbar ist. Es handelt sich – unter der Prämisse einer überhaupt erfolgten weitgehenden und fortgeschrittenen Integration in die Verhältnisse des Aufnahmestaats - hierbei um eine klassische Verhältnismäßigkeitsprüfung, in deren Rahmen eine differenzierte Abwägung der persönlichen Belange der Betroffenen mit den öffentlichen einwanderungspolitischen Interessen stattfinden kann und muss.
38 
d) Im Rahmen der Schranken ausfüllenden Abwägung ist in der Regel eine Verweigerung des weiteren Aufenthalts und einer erstmaligen Legalisierung verhältnismäßig und damit zulässig, wenn über Jahre hin eine an sich mögliche Aufenthaltsbeendigung immer wieder durch erkennbare aussichtlose Anträge an Behörden und Gerichte durchkreuzt wurden, sofern dieses zu einem Zeitpunkt geschah, zu dem gemessen an Art. 8 EMRK eine Aufenthaltsbeendigung noch zumutbar war. Dies wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn, wie in der Praxis sehr häufig, Folgeanträge gestellt wurden, die von Behörden und Gerichten als nicht als asylverfahrensrelevant (vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 95 ff.) behandelt wurden. Das Gleiche gilt für Petitionen, die unter realistischer Beurteilung der aktuellen praktizierten Ausländerpolitik im Land keinen Erfolg versprechen konnten. Nicht anders sind vorhersehbar aussichtlose Anträge nach § 23a AufenthG zu behandeln und zu beurteilen. Dabei können die Betroffenen in aller Regel nicht für sich ins Feld führen, dass es retrospektiv betrachtet in bestimmten Zwischenzeiträumen objektiv an sich möglich gewesen wäre, eine Abschiebung durchzuführen. Damit würde nicht genügend berücksichtigt, dass die Ausländerbehörden regelmäßig mit einer Vielzahl von Fällen befasst sind und auch aus Kapazitätsgründen zwangsläufig Schwerpunkte setzen müssen. Auch bliebe unbeachtet, dass mit jedem aussichtlosen Antrag, der jeweils in der Verantwortungssphäre der Betroffenen liegt, die Verfahren komplexer und unübersichtlicher werden können. In besonderen Ausnahmefällen mag eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein.
39 
Eine besondere Problematik besteht insoweit, als in der Mehrzahl der praktisch relevanten Fälle Eltern in der Vergangenheit in Ausübung ihres aus dem Recht der Personensorge fließenden Aufenthaltsbestimmungsrechts gehandelt haben. Es ist hier in Anbetracht der Tatsache, dass die minderjährigen Kinder sich nicht nur familienrechtlich alle Maßnahmen der Personensorge zurechnen lassen müssen, sondern auch grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen, nicht gerechtfertigt, den Kindern diese Maßnahmen im Regelfall nicht zuzurechnen (vgl. VGHBW, B.v. 10.05.2006 – 11 S 2354/05 – juris; VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 - InfAuslR 2006, 409; so aber wohl RhPfOVG, B.v. 24.02.2006 – 7 B 10020/06.OVG – InfAuslR 2006, 274; VG Stuttgart, U.v. 24.06.2004 – 11 K 4809/03 – InfAuslR 2005, 106; U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – InfAuslR 2006, 14), zumal ohnehin – gewissermaßen als Kehrseite - davon auszugehen ist, dass die minderjährigen Kinder mit ihren Eltern zurückkehren (müssen), sofern nicht den Eltern selbst die Rückkehr nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. hierzu noch im Folgenden). Entsprechende Überlegungen gelten, wenn die Eltern – auch zulasten ihrer Kinder – ihren Mitwirkungspflichten bei der Beschaffung von Identitäts- oder Passpapieren in zurechenbarer Art und Weise nicht nachgekommen sind. Die Tatsache, dass die Kinder ab dem 16. Lebensjahr gem. § 80 Abs. 1 verfahrenshandlungsfähig waren, ändert bis zum Eintritt der Volljährigkeit nichts an dieser Bewertung, da die Personensorge und damit das hieraus fließende Aufenthaltsbestimmungsrecht davon nicht berührt werden. Die Fälle des § 35 Abs. 1 S. 1 und § 37 AufenthG sind hier ersichtlich nicht einschlägig. § 35 Abs. 1 S. 1 AufenthG setzt als allein rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers gerade die vorangegangene durchgängige Legalisierung des Aufenthalts voraus. Auch die letztgenannte Vorschrift steht in einem völlig anderen rechtspolitischen Kontext und betrifft Rückkehrer, die regelmäßig vor ihrer Rückkehr bereits die Perspektive eines unbefristeten Aufenthaltsrechts hatten, und stellt eine Reaktion des Gesetzgebers auf die rechtspolitisch umstrittenen und zweifelhaften Aktionen der Rückkehrförderung in den 80-er Jahren im Gefolge des „Gesetzes zur Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern“ (v. 28.11.1983 – BGBl. I 1377) dar, mit der Härten und Unzuträglichkeiten gemildert werden sollten (vgl. zur Vorläufervorschrift des § 16 AuslG 1990 BT-Drucks. 11/6321, 59), weshalb aus ihr keine bestimmten Wertungen verallgemeinert werden können (so aber VG Stuttgart, U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – a.a.O.).
40 
Eine differenziertere Beurteilung ist hingegen bei volljährig gewordenen Kindern geboten. Denn diese nehmen nicht mehr an dem aufenthaltsrechtlichen Schicksal der Eltern teil, weil sie auch nicht mehr deren Personensorge unterliegen. Vor diesem Hintergrund kann und darf nach dem vorgegebenen rechtlichen Rahmen nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sie im Familienverbund in den Herkunftsstaat zurückkehren und dort in demselben leben werden. Haben die Kinder nach Erlangung der Volljährigkeit keine – ihnen dann eigenständig zuzurechnende – Versuche mehr unternommen eine Aufenthaltsbeendigung zu durchkreuzen bzw. zu verhindern, und ggf. nunmehr sogar an der Beseitigung von Abschiebungshindernissen mitzuwirken versucht, und löst sich infolge dessen der unmittelbare zeitliche und sachliche Zusammenhang zu den früheren Handlungen der Eltern, so stößt eine weitergehende Zurechnung des Verhaltens der Eltern angesichts ihrer erlangten rechtlichen Selbstständigkeit an die Grenzen der Verhältnismäßigkeit, sofern alle weiteren Integrationsvoraussetzungen erfüllt sind und auch eine Rückkehr in das Herkunftsland aus sonstigen Gründen nicht mehr zumutbar ist. Allerdings kann diese Sichtweise dann u.U. zu der Konsequenz führen, dass den Volljährigen ein Bleiberecht zukommt, während dies bei den Eltern und eventuell noch vorhandenen minderjährigen Geschwistern nicht der Fall ist (vgl. zu diesen noch im Folgenden). Eine hierdurch bewirkte Trennung der Familienmitglieder wäre jedoch, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, weder mit Art. 6 GG (vgl. BVerfG, B.v. 18.04.1989 – 2 BvR 1169/84 – NJW 1989, 2195; BVerfG (K), B.v. 01.03.2004 – 2 BvR 1570/03 – NVwZ 2004, 852) noch mit Art. 8 Abs. 1 EMRK (vgl. EGMR, U.v. 17.04.2002 – 52853/99 - NJW 2004, 2147, der implizit eine Trennung von erwachsenen Kindern von Eltern und Geschwistern im Grundsatz nicht für problematisch erachtet und den festgestellten Konventionsverstoß allein aus der fehlenden Befristung der Ausweisung herleitete) unvereinbar.
41 
Ob im Übrigen eine Fallkonstellation des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegeben ist, in der eine Aufenthaltsbeendigung eines in Deutschland lebenden Ausländers in das Land seiner Herkunft einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben darstellen würde, hängt immer von zwei kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen ab. Zum einen von seiner Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse („Verwurzelung“) und zum anderen von der Zumutbarkeit einer (erstmaligen) Integration bzw. Reintegration in dem Staat seiner Staatsangehörigkeit („Entwurzelung“).
42 
Für die Integration des Ausländers in Deutschland streitende Gesichtspunkte sind dabei neben einer langjährigen Dauer des Aufenthalts: In Abhängigkeit vom jeweiligen Bildungsstand gute deutsche mündliche und schriftliche Sprachkenntnisse; soziale Eingebundenheit in die hiesigen Lebensverhältnisse, wie sie etwa in der Absolvierung einer allgemeinbildenden Schule und einer (qualifizierten) Berufsausbildung bzw. der Innehabung eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes, in einem festen Wohnsitz, ausreichenden Mitteln (einschließlich ausreichendem Krankenversicherungsschutz), um den Lebensunterhalt ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten zu können, sowie fehlender Straffälligkeit zum Ausdruck kommt. Vorsätzliche Straftaten werden hier, von Bagatelldelikten (wie etwa vereinzelt gebliebene Beförderungserschleichungen oder Ladendiebstählen) abgesehen, regelmäßig entgegenstehen. Von Bedeutung kann hier auch die Feststellung sein, dass die Betreffenden über vielfältige und vielschichtige Beziehungen zu Menschen außerhalb ihrer eigenen landsmannschaftlich geprägten Gruppe verfügen.
43 
In diesem Zusammenhang ist weiter die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts zu würdigen. Denn ein unerlaubter Aufenthalt und die damit verbundene Unsicherheit des Aufenthaltsstatus stehen der Führung eines schutzwürdigen Privatlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK tendenziell entgegen, weil im Grundsatz die Betroffenen angesichts einer ausdrücklichen Verweigerung der Legalisierung durch den Aufenthaltsstaat nicht darauf vertrauen durften, dass dieser den Aufenthalt letztlich doch hinnehmen werde (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., B.v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 - juris; U.v. 18.01.2006 - 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; vgl. auch EGMR, U. v. 30.01.2006 - 50435/99 - - InfAuslR 2006, 298).
44 
Was die wirtschaftliche Integration betrifft, ist es nicht erforderlich, dass etwa eine besonders qualifizierte Berufstätigkeit ausgeübt wird, sofern der Arbeitsplatz ungekündigt ist und prognostisch gesehen weiter bestehen bleiben wird, was insbesondere dann angenommen werden kann, wenn der Betroffene den Arbeitsplatz schon lange innehat. Der Umstand, dass in der Vergangenheit Sozialleistungen bezogen wurden (insbesondere während eines durchlaufenden Asylverfahrens), ist unerheblich, wenn davon ausgegangen werden kann, dass diese Lebensphase zuverlässig und dauerhaft überwunden wurde.
45 
Dabei ist es erforderlich, dass die Betroffenen, sofern kein nennenswertes Vermögen vorliegt, nunmehr regelmäßig Einnahmen erzielen, die vom Umfang und der Stetigkeit ihres Zuflusses zuverlässig über den Regelsätzen nach dem SGB II oder XII zuzüglich den Kosten für die Unterkunft liegen und nicht etwa ständig um diese Grenze oszillieren. Zur Vermeidung von Missverständnissen ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es hier in erster Linie nicht um die Anwendung des Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG geht, von der im Übrigen nach § 5 Abs. 3 AufenthG sogar im Ermessenswege abgesehen werden könnte, sondern vielmehr um die positive Feststellung einer unerlässlichen Integrations- bzw. Verwurzelungsvoraussetzung. Ausländer, die nicht nur vorübergehend in einer prekären wirtschaftlichen Situation leben, mögen sich zwar angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse namentlich auf dem Arbeitsmarkt in einer mit vielen deutschen Staatsangehörigen vergleichbaren Situation befinden, vom Aufbau einer wirtschaftlich tragfähigen selbstständigen Existenzgrundlage, die aufzugeben dem Ausländer nicht als verhältnismäßig und zumutbar angesonnen werden darf, kann jedoch bei dieser Sachlage nicht die Rede sein. Lagen die Einkünfte in der Vergangenheit – nicht nur ganz kurzfristig - unter dieser Grenze, ohne dass aber gesetzlich zustehende Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden, so steht dies möglicherweise dann nicht entgegen, wenn aufgrund einer sorgfältigen durch tragfähige Fakten getragenen Prognose zuverlässig vorhergesagt werden kann, dass – wegen der mit dem Wechsel vom Duldungsstatus in den des erlaubten Aufenthalts verbundenen Veränderungen – eine Verbesserung der Einkommensverhältnisse zu erwarten ist. Es muss dann aber gewissermaßen ein Fall gegeben sein, in dem – etwa mit Rücksicht auf Bildung, Ausbildung sowie die darauf gründenden konkreten Erfahrungen bei der erfolglosen Stellensuche – eine wirtschaftliche Integration bereits im Kern angelegt ist und sich lediglich wegen des bisherigen Duldungsstatus nicht entfalten konnte. All dies dürfte allerdings oftmals nicht nur wegen der aktuell weiterhin hohen Arbeitslosigkeit, sondern auch im Hinblick auf das Nachrangprinzip des § 39 Abs. 2 S. 1 lit. b AufenthG nur schwer darzulegen und nachzuweisen sein. Ob eine solche Ausnahme zu machen ist, kann aber hier letztlich offen bleiben, weil, wie noch auszuführen sein wird, diese Voraussetzungen hier nicht gegeben sind. Der Einwand, man habe in der Vergangenheit tatsächlich ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen leben können, vermag die Feststellung einer unzureichenden wirtschaftlichen Integration nicht in Frage zu stellen, zumal jederzeit Ansprüche geltend gemacht werden könnten, was im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht von vornherein von geringem Gewicht ist (vgl. zum Bezug von Leistungen nach § 8 Abs. 2 BAföG VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 – InfAuslR 2006, 409). Hinzu kommt, dass bei einem Erwerbseinkommen unterhalb der vorgenannten Grenzen, auch wenn keine Sozialleistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden, mit guten Gründen damit gerechnet werden muss, dass die Betroffenen später auch bei einer kleineren Bedarfsgemeinschaft eine so geringe Altersrente beziehen werden, dass dann ein Bezug von Sozialleistungen unausweichlich sein wird. Auch hieraus wird deutlich, dass bei einer solchen Sachlage eine ausreichende wirtschaftliche Integration nicht besteht.
46 
Was die Unzumutbarkeit eines Wiedereinlebens in die Verhältnisse des Herkunftslandes oder im praktisch sehr häufigen Fall eines erstmaligen Einlebens in diese Verhältnisse betrifft, darf diese allerdings wohl nicht vorschnell schon mit dem Argument verneint werden, dass bei hier geborenen oder den wesentlichen Teil des Lebens hier aufgewachsenen Kindern noch ausreichende mündliche Sprachkenntnisse vorhanden seien (vgl. etwa VGHBW, U.v. 18.01.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; HessVGH, U.v. 07.07.2006 – 7 UE 509/06 - juris). Mit einer weitgehenden Reduzierung der Fragestellung auf diesen Aspekt wird die Problematik einer Rückkehr nur unzureichend erfasst und bewältigt. Denn oftmals bestehen Sprachkenntnisse zwar schon deshalb, weil gerade die Eltern eher über weniger gute Deutschkenntnisse verfügen und daher bei realistischer Betrachtungsweise in der Familie weitgehend die Muttersprache gesprochen wurde, auch wenn die Kinder mittlerweile perfekt oder gut deutsch sprechen. Bei genauerer Betrachtung wird sich aber häufig schnell ergeben, dass zwar durchaus noch gute oder wenigstens befriedigende mündliche Sprachkenntnisse bestehen, es aber bei der schriftlichen Ausdrucksfähigkeit – in nachvollziehbarer Ermangelung einer diesbezüglichen Praxis - erhebliche Defizite gibt oder die Schriftsprache gar nicht mehr richtig beherrscht wird, wenn insbesondere noch hinzukommt, dass in der Muttersprache keine lateinischen Schriftzeichen verwendet werden. Gerade aber auch die schriftliche Artikulationsfähigkeit muss als ein wesentliches Integrationselement verstanden und angemessen gewürdigt werden. Daher muss im Einzelfall eine Unzumutbarkeit der Rückkehr bei lediglich festgestellter mündlicher Ausdrucksfähigkeit ernsthaft in Betracht gezogen werde, wenn nicht andere gewichtige Gesichtspunkte und öffentliche Interessen entgegen stehen.
47 
Minderjährige Kinder bedürfen aufgrund ihrer besonderen familien- und auch aufenthalts- und familienrechtlichen Stellung einer gesonderten Betrachtung (vgl. hierzu schon oben). Hier ist immer die Situation der Eltern mit in den Blick zu nehmen und zu berücksichtigen, dass Kinder, solange sie nicht volljährig sind, nicht nur regelmäßig deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilen, sondern darüber hinaus – auch zur Vermeidung einer Unverhältnismäßigkeit der Rückkehr - auf deren familien- und sorgerechtlich zu erbringende Erziehungs- und Hilfeleistungen bei den im Falle der Rückkehr erforderlichen Integrationsbemühungen verwiesen werden dürfen. Gerade in diesen Fällen sind, wenn bei den Eltern der gebotene Integrationsstand nicht erreicht ist bzw. ihnen die Rückkehr ohne weiteres zumutbar ist, erhebliche, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung regelmäßig überwiegende und durchschlagende einwanderungspolitische Interessen berührt, wenn gewissermaßen in umgekehrter Richtung das minderjährige Kind mittelbar seinen nicht oder – wie sehr häufig - nur unzulänglich integrierten Eltern ein Aufenthaltsrecht verschaffen würde mit der Folge, dass im Ergebnis die Eltern das aufenthaltsrechtliche Schicksal des Kindes teilen würden (vgl. zu alledem VGH Baden-Württemberg, B.v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 – juris; a.A. VG Stuttgart, U.v. 24.06.2004 – 11 K 4809/03 – InfAuslR 2005, 106; U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – InfAuslR 2006, 14, das explizit eine gemeinsame Betrachtung ablehnt). Deshalb kann nur in ganz besonderen Ausnahmefällen auch in diesen Fallkonstellationen von einem unverhältnismäßigen Eingriff ausgegangen werden, wenn etwa offenkundig kein Elternteil die erforderliche Unterstützung im Herkunftsland leisten kann (vgl. VG Stuttgart, U.v. 20.7.2006 – 4 K 921/06 – InfAuslR 2006, 409). Zur Klarstellung ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Erfordernis der einheitlichen Betrachtung von Eltern und minderjährigen Kindern weniger auf das Element der Integration in die Lebensverhältnisse des Aufenthaltsstaats abzielt, als vielmehr auf die Zumutbarkeit einer Rückkehr in das Herkunftsland. Denn in der Mehrzahl der praktisch relevanten Fälle kann realistischerweise von einer nicht gelungenen Integration der Eltern nicht auf eine ebenfalls nicht erfolgte Integration der Kinder geschlossen werden. Eine gemeinsame Betrachtung ist auch deshalb geboten, weil andernfalls der Aspekt der wirtschaftlichen Integration nicht umfassend und zutreffend gewürdigt werden würde. Denn in der Regel werden die minderjährigen Kinder wirtschaftlich nicht auf eigenen Beinen stehen, namentlich wenn sie noch in einer Ausbildung stehen. Es wäre auch nicht sachgerecht, letztlich den (unzulänglich integrierten) Eltern über die jedenfalls unter dem wirtschaftlichen Aspekt in keiner Weise integrierten minderjährigen Kindern mittelbar ein Aufenthaltsrecht zuzuerkennen, weil sie für den Unterhalt der Kinder aufkommen müssen (vgl. hierzu auch VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 – a.a.O.).
48 
2. Gemessen hieran stellt die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnisse jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff in das Privatleben der Kläger im Sinne des Art. 8 EMRK dar.
49 
Die Kläger können sich nicht darauf berufen, dass sie sich inzwischen seit 1987 bzw. 1988, 1990 und 1996 faktisch im Bundesgebiet aufhalten und ihnen deshalb eine Rückkehr in die Türkei unzumutbar wäre.
50 
Bei den Klägern Ziffer 1 und 2 liegt dies schon allein deshalb auf der Hand, weil sie als Erwachsene in das Bundesgebiet eingereist sind, weshalb auch nach 19 Jahren mit einer Rückkehr ihnen nichts Unzumutbares abverlangt wird.
51 
Im Übrigen steht bei allen Klägern der Annahme einer Unzumutbarkeit der Rückkehr entgegen, dass es ihnen spätestens seit dem 23.06.1992 und zu einer Zeit, zu der sie sich (maximal) fünf Jahre in der Bundesrepublik aufhielten, möglich und auch zumutbar war, wieder freiwillig in die Türkei zurückzukehren. Denn mit Beschluss vom 22.06.1992 hatte der VGH Baden-Württemberg im ersten Asylverfahren den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des VG Stuttgart vom 29.11.1990 abgelehnt. In der Folgezeit hatten die Kläger durch bis zu vier Folge- und Wiederaufgreifensanträge, zwei Petitionen sowie einen Härtefallantrag, die erkennbar keine Aussichten auf Erfolg haben konnten, ihre zeitnahe Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert bzw. vereitelt. Hinsichtlich des ersten Folgeantrags vom 24.07.1992 hatte das VG Stuttgart im Urteil vom 25.10.1996 zweifelsfrei bereits das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 VwVfG verneint (vgl. zur Qualifizierung dieses Antrags als Folgeantrag VGHBW, U.v. 29.08.2001 - 13 S 1616/00 - UA S. 10). Das Gleiche gilt für den zweiten Folgeantrag vom 09.05.1997 (vgl. VG Stuttgart, U.v. 12.02.1999, in dem die Aussage des vernommenen Zeugen zudem als bloße und leicht durchschaubare Gefälligkeitsaussage gewertet wurde). Bezüglich des dritten Folgeantrags vom 19.12.2001 hatte das VG Stuttgart im Urteil vom 30.09.2003 zwar letztlich wohl doch offen gelassen, ob die Voraussetzungen des § 51 VwVfG vorgelegen hatten, die Klage hatte jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil die Aussagen der beiden Zeugen als in jeder Hinsicht vollständig unglaubhaft gewürdigt worden waren. Der letzte Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens (beschränkt auf die Voraussetzungen des § 53 AuslG 1990 bzw. § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) wurde durch Bescheid des BAMF vom 22.12.2005 abgelehnt, weil die geltend gemachten Gründe bereits Gegenstand des Urteils vom 30.09.2003 gewesen waren. Im Übrigen wurden die insoweit zum VG Stuttgart erhobenen Klagen auch zurückgenommen. Vor diesem Hintergrund müssen auch die beiden erfolglosen Petitionen vom September 2003 und Dezember 2005 gesehen werden, die nur in der Weise bewertet werden können, dass hier weitere - vorhersehbar - erfolglose Versuche unternommen wurden, um eine Aufenthaltsbeendigung zu verhindern. Hinsichtlich des Härtefallantrags gilt nichts anderes. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass hier auch die Kläger Ziffer 3 und 4 eigenständig zu einem Zeitpunkt selbst aktiv wurden, als sie bereits volljährig geworden waren. Daher erweist sich schon aus diesen Gründen das Ansinnen, in die Türkei zurückzukehren, nicht als unverhältnismäßig. Dies gilt selbst dann, wenn man das von den Klägern nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils des VG Stuttgart vom 12.02.1999 am 30.06.1999 bis zur Stellung des nächsten Folgeantrags am 19.12.2001 betriebene aufenthaltsrechtliche Verfahren ihnen nicht zum Nachteil gereichen lässt. Denn nach der dargestellten Vorgeschichte konnten sie jedenfalls, nachdem sie von dem – im Übrigen überzeugend begründeten – Berufungsurteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 31.03.2003 erfahren hatten, nicht darauf vertrauen, ihr Aufenthalt könne noch legalisiert und eine Ausreise bzw. Abschiebung vermieden werden. Gleichwohl haben sie das dritte erkennbar aussichtlose Folgeverfahren weiter betrieben und unmittelbar danach noch eine Petition nachgeschoben.
52 
Folgt bereits hieraus, dass den Klägern eine Rückkehr in ihr Herkunftsland nicht unzumutbar ist, so gilt dies umso mehr, als die Kläger Ziffer 1, 2 und 4 bis 7 auch über kein eigenständiges Einkommen verfügen, das nach den maßgeblichen oben dargestellten Grundsätzen die Annahme rechtfertigt, dass sie in die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ausreichend integriert sind. Bei einem Nettoeinkommen des Klägers Ziffer 1 zwischen 929,64 und 1263,06 EUR monatlich und einem Kindergeldanspruch in Höhe von 462,- EUR sind die Kläger Ziffer 1, 2 und 4 bis 7 unter Berücksichtigung der Kosten für die Unterkunft in Höhe von 628,- EUR zwingend auf laufende Unterstützungsleistungen des Klägers Ziffer 3 in Höhe von 500,- bis 650 EUR monatlich angewiesen. Vermindert man die Kosten der Unterkunft, in der auch der Kläger Ziffer 3 wohnt, um dessen Anteil von 1/7 (d.h. etwa 90,- EUR) auf 538,- EUR, so beläuft sich sozialhilferechtliche Bedarf auf 2.194,-EUR und wird damit nicht einmal bei einer maximalen Unterstützungsleistung in Höhe von 650,- EUR durch den Kläger Ziffer 3 gedeckt. Abgesehen davon kann diese Unterstützungsleistung auch nicht als dauerhaft unterstellt werden, da der Kläger Ziffer 3 diese nur dann wird leisten können, wenn er in der Zukunft nicht selbst Unterhaltsleistungen gegenüber Angehörigen einer eventuell gegründeten eigenen Familie zu erbringen hat. Selbst wenn man den vom Kläger Ziffer 5 seit August diesen Jahres aus einer lediglich befristeten geringfügigen Beschäftigung in Höhe von monatlich 304,06 EUR erzielten Verdienst hinzunimmt, wäre der Bedarf nur bei Berücksichtigung von Unterstützungsleistungen (allerdings dann in geringerer Höhe) des Klägers Ziffer 3 gedeckt. Dass sich infolge der Verbesserung des aufenthaltsrechtlichen Status an den Einkommensverhältnissen des Klägers Ziffer 1 etwa Entscheidendes ändern könnte, ist - nicht zuletzt im Hinblick auf dessen Ausbildung, Alter und gesundheitliche Situation (vgl. zu Letzterem das Vorbringen im letzten Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens) - nicht ersichtlich. Zwar wurde im Übrigen vorgetragen, dass die Klägerin Ziffer 4 einen Ausbildungsplatz erhalten könne. Die Realisierung ihres Ausbildungswunsches und eine damit einher gehende Zunahme des Familieneinkommens setzte aber unabdingbar voraus, dass die erforderliche Zustimmung durch die Arbeitsverwaltung nicht am Nachrangprinzip des § 39 Abs. 2 S. 1 lit. b AufenthG scheitert (vgl. auch Art. 7 S. 1 1. Spiegelstrich ARB 1/80, der mit einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers Ziffer 1 grundsätzlich anwendbar wäre), was aber in Anbetracht der äußerst angespannten Lage auf dem Lehrstellenmarkt nicht von der Hand zu weisen ist. Aus alledem wird deutlich, dass aktuell und auch auf absehbare Zeit die dauerhafte Erzielung eines Einkommens, das zuverlässig über dem sozialhilferechtlichen Bedarf liegt, nicht gewährleistet ist. Nichts anderes gilt für den Kläger Ziffer 5, dem seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung zufolge sein Arbeitgeber für den Fall einer Legalisierung des Aufenthalts eine weitergehende Beschäftigung, allerdings auch nur in Teilzeit, in Aussicht gestellt haben soll.
53 
Was die Situation der Klägerin Ziffer 4 im Übrigen betrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, das nach den vorliegenden polizeilichen Ermittlungsberichten nichts dafür spricht, dass der von ihr unternommene Suizidversuch im Wesentlichen durch den Abschiebungsversuch vom 07.08.2003 verursacht worden sein könnte, wobei dahin stehen kann, ob dieser Frage im vorliegenden Kontext überhaupt rechtliche Relevanz zukäme. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Aussage der Klägerin Ziffer 2 gegenüber der Kriminalaußenstelle Kirchheim vom 11.08.2003, in der sie unmissverständlich auf bereits länger währende innerfamiliäre Konflikte hingewiesen hatte. Im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass im Falle einer ärztlichen Betreuung die Abschiebung nicht in einer Weise gestaltet werden könnte, dass etwaigen, im Übrigen für den heutigen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch nicht einmal ansatzweise plausibel gemachten Risiken, hinreichend zuverlässig begegnet werden kann.
54 
Vor diesem Hintergrund kommt es auf das Ausmaß der bei den Klägern Ziffer 3 bis 7 vorhandene Sprachkompetenz im Einzelnen nicht mehr an. Denn es zumindest davon auszugehen, dass sie sich mündlich in jeder Hinsicht ausreichend in der türkischen Sprache ausdrücken können. Selbst wenn die schriftliche Ausdrucksfähigkeit unvollkommen sein oder gar fehlen sollte, vermag dieser Umstand die vorgenannten Defizite nicht aufzuwiegen.
55 
Den minderjährigen Klägern Ziffer 6 und 7 ist unabhängig von dem Vorgesagten nach den dargelegten Grundsätzen die Rückkehr mit ihren Eltern zuzumuten.
56 
Soweit die Kläger erneut zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote geltend machen, steht deren Berücksichtigung schon die aus den §§ 4 und 42 AsylVfG folgende Bindungswirkung der Entscheidungen des BAMF bzw. der angerufenen Gerichte entgegen, in denen diese Gründe im Übrigen bereits geprüft worden waren.
57 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 159 S. 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.

Gründe

 
24 
Die zulässigen Klagen sind nicht begründet. Der Beklagte hat zu Recht die Anträge der Kläger abgelehnt. Sie haben keinen Anspruch auf Erteilung der von ihnen begehrten Aufenthaltserlaubnisse.
25 
Allein in Betracht zu ziehende Rechtsgrundlage für die Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnisse ist vorliegend § 25 Abs. 5 AufenthG. Hiernach kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist, sofern der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. § 25 Abs. 3 AufenthG scheidet schon deshalb aus, weil im Verhältnis zur Ausländerbehörde sowie zum Gericht infolge der negativen Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gem. § 42 AsylVfG bindend feststeht, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (vgl. zum Verständnis des § 60 Abs. 5 AufenthG bzw. des § 53 Abs. 4 AuslG 1990 allein als zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot bzw. –hindernis BVerwG, U.v. 15.04.1997 – 9 C 38.96 – NVwZ 1997, 1127; U.v. 02.09.1997 – 9 C 40.96 – NVwZ 1998, 311). Nichts anderes gilt in Bezug auf die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (vgl. § 4 AsylVfG).
26 
Die Verweigerung eines Aufenthaltstitels durch den Beklagten steht nicht in Widerspruch zu Art. 8 EMRK, weshalb den Klägern eine Rückkehr in ihr Heimatland nicht unmöglich oder aus Rechtsgründen unzumutbar ist (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 27.6.2006 – 1 C 14.05 – juris).
27 
1. a) Im Ausgangspunkt ist zunächst festzuhalten, dass nach der ständigen Spruchpraxis des EGMR aus Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch nicht für Familien) grundsätzlich kein irgendwie geartetes Recht abgeleitet werden kann, dass Ausländer oder Ausländerinnen sich einen Aufenthaltsort in einem Konventionsstaat frei wählen. Vielmehr ist den Konventionsstaaten ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, ob und unter welchen Voraussetzungen sie Einwanderung in ihr Hoheitsgebiet zulassen wollen. Namentlich in seinen Entscheidungen vom 16.09.2004 (11103/03 - - NVwZ 2005, 1046) und vom 07.10.2004 (33743/03 - - NVwZ 2005, 1043 ) hat der EGMR ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden (vgl. zu alledem auch BVerwG, U.v. 9.12.1997 – 1 C 19.96 – NVwZ 1998, 742; U.v. 29.9.1998 – 1 C 8.98 – NVwZ 1999, 303; VGHBW, U.v. 18.1.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; B.v. 10.5.2006 – 11 2345/05 – juris; HessVGH, B.v 15.2.2006 – 7 TG 106/06 – InfAuslR 2006, 217; U.v. 7,7,2006 – 7 UE 509/06 – juris; NdsOVG, B.v. 11.5.2006 – 12 ME 138/06 - InfAuslR 2006, 329; B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 – juris; OVG NW, B.v. 11.1.2006 – 18 B 44/06 – AuAS 2006, 144 Ls.). Dessen ungeachtet kann nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. Urt. v. 16.6.2005 - 60654/00 - - InfAuslR 2005, 349) ausnahmsweise auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben darstellen, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kommt danach für solche Ausländer in Betracht, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie gewissermaßen deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind, während sie mit ihrem Heimatland im Wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.9.1998 - 1 C 8.96 - NVwZ 1999, 303; VGH Bad.-Württ., Urt. v.18.1.2006 - a.a.O. mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
28 
b) In diesem Zusammenhang ist zunächst bereits grundsätzlich umstritten, ob der Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK unter dem Aspekt des Privatlebens überhaupt nur dann eröffnet ist, wenn der Aufenthaltsstaat den Aufenthalt (durch Erteilung eines Titels) positiv ermöglicht (so etwa NdsOVG, B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 – juris; HessVGH, U.v. 7.7.2006 – 7 UE 509/06 – juris) und nicht nur (etwa durch Duldung oder aufgrund gesetzlicher Gestattung als Asylbewerber) ohne sein Zutun faktisch hingenommen hatte bzw. sogar hinnehmen musste. Ein völlig klares Bild lässt sich aus der sehr einzelfallbezogenen Spruchpraxis des EGMR hierzu nicht gewinnen (vgl. auch VGHBW, U.v. 18.1.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142 und letztlich offen gelassen). Auch wenn dieser erst jüngst in seinem Urteil vom 30.1.2006 (50435/99 - - InfAuslR 2006, 298) “daran erinnert, dass Personen, die, ohne den geltenden Gesetzen zu entsprechen, die Behörden eines Vertragsstaates mit ihrer Anwesenheit in diesem Staat konfrontieren, im Allgemeinen nicht erwarten können, dass ihnen ein Aufenthaltsrecht zugesprochen wird,“ so stellte es nach Überzeugung der Kammer eine Überinterpretation dar, hieraus den zwingenden Schluss zu ziehen, schon der Schutzbereich sei im Falle der nicht erfolgten ausdrücklichen Legalisierung von vornherein nicht eröffnet. Ein solches Verständnis ist angesichts der Schranke des Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht erforderlich und sinnvoll. Es stünde zudem einem einzelfallbezogenen gerechten Interessenausgleich oftmals entgegen und wäre auch im Einzelfall geeignet, die Wirksamkeit des konventionsrechtlichen Schutzes zu schmälern (so auch Hoppe, ZAR 2006, 125; Benassi, InfAuslR 2006, 397). Zudem würde eine vorschnelle Ausgrenzung aus dem Schutzbereich die Möglichkeit verbauen, den Fallkonstellationen angemessen Rechnung tragen zu können, in denen die Ausländerbehörde in der Vergangenheit über Jahre hin nur Duldungen erteilt hatte, obwohl im Grunde realistischerweise keine Abschiebungs- und Ausreisemöglichkeiten bestanden und daher eigentlich Aufenthaltstitel hätten erteilt werden müssen. Es ist nicht ersichtlich, dass etwa auch für solche Fälle der Schutzbereich des Art. 8 Abs. EMRK von vornherein nicht eröffnet sein sollte. Allerdings ist der in diesem Zusammenhang teilweise erfolgte Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 16.06.2005 (60654/00 - - InfAuslR 2005, 349), wonach dieser explizit keine willentliche Legalisierung verlange (so etwa Benassi, InfAuslR 2006, 397), nicht überzeugend, weil die dortigen Beschwerdeführer jahrelang rechtmäßig in der früheren Sowjetunion (im Gebiet des heutigen Lettland) und auch danach noch in Lettland selbst gelebt hatten und ihnen erst später z.T. als staatenlos gewordene russische Volkszugehörige ein Aufenthaltsrecht bestritten worden war, nachdem sie nach 1989 aber sogar noch zeitlich befristete Aufenthaltstitel erhalten hatten (vgl. etwa NdsOVG, B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 m.w.N.).
29 
Sachgerecht ist es nach Auffassung der Kammer allein, den Schutzbereich durchaus nicht zu eng zu fassen und die Frage der Legalisierung als Element der Schrankendiskussion zu verstehen. Um aber von einem Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK sprechen zu können, das im Aufenthaltsstaat stattfindet, müssen – bei aller Unschärfe - zumindest zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen muss – quantitativ betrachtet - ein langjähriger Aufenthalt vorliegen. Sodann müssen - unter dem qualitativen Aspekt - bestimmte Integrationsleistungen erbracht worden sein, die es rechtfertigen, im Rahmen der Schranken des Absatzes 2 überhaupt in eine umfassende Interessen- und Verhältnismäßigkeitsprüfung einzutreten und hier gewissermaßen eine Feinabstimmung vorzunehmen. Anders ausgedrückt: Der Schutzbereich ist dann nicht eröffnet, wenn es unter dem quantitativen und/oder qualitativen Aspekt auf der Hand liegt, dass phänotypisch nicht von einem „faktischen Inländer“ gesprochen werden kann und kein Anlass dafür besteht, überhaupt einzelfallbezogen der Frage nachzugehen, ob den Betroffenen eine Rückkehr in das Land ihrer Herkunft zugemutet werden kann.
30 
Eine solcher (negativer) Fall wird typischerweise in folgenden Fallkonstellationen anzunehmen sein:
31 
- Die Betroffenen halten sich erst so einen kurzen Zeitraum im Bundesgebiet auf, dass sich die Frage einer auf der Schrankenebene zu diskutierende Frage (vgl. im Folgenden) nach einer Wiedereingliederung in die Verhältnisse des Herkunftslandes von vornherein nicht stellt. Es spricht hier einiges dafür, sich in etwa an dem 8-Jahreszeitraum des § 10 StAG zu orientieren, der vom Gesetzgeber für das Entstehen eines Einbürgerungsanspruchs vorausgesetzt wird (vgl. Hoppe ZAR 2006, 125 <130>; Benassi InfAuslR 2006, 397 <402>).
32 
- Die Betroffenen haben während des langjährigen Aufenthalts keinerlei wirtschaftliche Existenzgrundlage aufbauen können und leben im Wesentlichen ununterbrochen und weitgehend vollständig von öffentlichen Unterstützungsleistungen.
33 
- Die Betroffenen haben keine nennenswerten Sprachkenntnisse erworben und haben demgemäß keinen nennenswerten engeren Bezug zu den Lebensverhältnissen des Landes.
34 
- Die Betroffenen sind durchgängig von Bagatellfällen abgesehen in erheblichem Umfang kriminell geworden (fahrlässige Tatbegehungen bedürfen hingegen der genauen Einzelfallbetrachtung).
35 
Demgegenüber kann nicht eingewandt werden, in der Spruchpraxis des Gerichtshofs seien die Gesichtspunkte der Straffälligkeit oder der Sicherung des Lebensunterhalt nicht als schutzbereichsschädlich verstanden worden (so aber etwa Schild ANA-ZAR 2006, 29). Denn dieses trifft nur auf die grundlegend andere Fallkonstellation zu, in der ein bereits legalisierter langjähriger Aufenthalt beendet werden soll, sei es mit dem Mittel der Ausweisung, sei es mit dem der Nichtverlängerung eines Aufenthaltstitels; ganz abgesehen davon, dass regelmäßig das Schutzgut „Familie“ berührt war und sich dort diese Fragen von vornherein erst auf der Ebene des Art. 8 Abs. 2 EMRK stellen können. Im vorliegenden Zusammenhang geht es hingegen zunächst um die positive Feststellung eines überhaupt schützenswerten Privatlebens.
36 
c) Den (vielfältigen und vielschichtigen) Gründen für die lange Aufenthaltsdauer ist – von Evidenzfällen wiederum abgesehen – daher erst im Rahmen der Schranke nachzugehen. Hier kommt dem Aspekt einer erfolgten (willentlichen) Legalisierung durch den Aufenthaltsstaat wesentliches Gewicht zu. Ist eine solche nicht erfolgt, muss im Rahmen einer umfassenden Abwägung eine genaue Bewertung der Gründe für den faktischen Aufenthalt erfolgen. Hier kann eine große Bandbreite von Ursachen gegeben sein. Diese kann reichen von einer langjährigen zurechenbaren Vereitelung (wenn nicht gar Sabotierung) einer Aufenthaltsbeendigung bei gleichzeitig möglicher freiwilligen Ausreise bis zu einem Dauerzustand einer unverschuldet unmöglichen Abschiebung wie freiwilligen Ausreise. Dazwischen sind differenzierte Fallgestaltungen denkbar, in denen vielleicht zu bestimmten Zeiten eine freiwillige Ausreise und auch eine Abschiebung möglich waren, die Ausländerbehörde eine solche Möglichkeit jedoch über lange Zeit nicht wahrgenommen hatte. Selbst wenn man davon ausgeht, dass im eigentlichen Sinn eine Abschiebungsmöglichkeit nicht verwirkt werden kann, da es sich nach § 58 Abs. 1 AufenthG um eine Rechtspflicht handelt (vgl. OVG NW, B.v. 25.05.2005 – 18 B 1967/04 – juris), kann in zugespitzten Fällen eine Aufenthaltsbeendigung hier jedoch gleichwohl unverhältnismäßig werden und damit Art. 8 Abs. 2 EMRK zuwider laufen.
37 
Ebenfalls erst auf der Schrankenebene ist zu prüfen, ob ein Wiedereinleben (bei Kindern oftmals eine erstmalige Integration) in die Verhältnisse des Herkunftslandes zumutbar ist. Es handelt sich – unter der Prämisse einer überhaupt erfolgten weitgehenden und fortgeschrittenen Integration in die Verhältnisse des Aufnahmestaats - hierbei um eine klassische Verhältnismäßigkeitsprüfung, in deren Rahmen eine differenzierte Abwägung der persönlichen Belange der Betroffenen mit den öffentlichen einwanderungspolitischen Interessen stattfinden kann und muss.
38 
d) Im Rahmen der Schranken ausfüllenden Abwägung ist in der Regel eine Verweigerung des weiteren Aufenthalts und einer erstmaligen Legalisierung verhältnismäßig und damit zulässig, wenn über Jahre hin eine an sich mögliche Aufenthaltsbeendigung immer wieder durch erkennbare aussichtlose Anträge an Behörden und Gerichte durchkreuzt wurden, sofern dieses zu einem Zeitpunkt geschah, zu dem gemessen an Art. 8 EMRK eine Aufenthaltsbeendigung noch zumutbar war. Dies wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn, wie in der Praxis sehr häufig, Folgeanträge gestellt wurden, die von Behörden und Gerichten als nicht als asylverfahrensrelevant (vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 95 ff.) behandelt wurden. Das Gleiche gilt für Petitionen, die unter realistischer Beurteilung der aktuellen praktizierten Ausländerpolitik im Land keinen Erfolg versprechen konnten. Nicht anders sind vorhersehbar aussichtlose Anträge nach § 23a AufenthG zu behandeln und zu beurteilen. Dabei können die Betroffenen in aller Regel nicht für sich ins Feld führen, dass es retrospektiv betrachtet in bestimmten Zwischenzeiträumen objektiv an sich möglich gewesen wäre, eine Abschiebung durchzuführen. Damit würde nicht genügend berücksichtigt, dass die Ausländerbehörden regelmäßig mit einer Vielzahl von Fällen befasst sind und auch aus Kapazitätsgründen zwangsläufig Schwerpunkte setzen müssen. Auch bliebe unbeachtet, dass mit jedem aussichtlosen Antrag, der jeweils in der Verantwortungssphäre der Betroffenen liegt, die Verfahren komplexer und unübersichtlicher werden können. In besonderen Ausnahmefällen mag eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein.
39 
Eine besondere Problematik besteht insoweit, als in der Mehrzahl der praktisch relevanten Fälle Eltern in der Vergangenheit in Ausübung ihres aus dem Recht der Personensorge fließenden Aufenthaltsbestimmungsrechts gehandelt haben. Es ist hier in Anbetracht der Tatsache, dass die minderjährigen Kinder sich nicht nur familienrechtlich alle Maßnahmen der Personensorge zurechnen lassen müssen, sondern auch grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen, nicht gerechtfertigt, den Kindern diese Maßnahmen im Regelfall nicht zuzurechnen (vgl. VGHBW, B.v. 10.05.2006 – 11 S 2354/05 – juris; VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 - InfAuslR 2006, 409; so aber wohl RhPfOVG, B.v. 24.02.2006 – 7 B 10020/06.OVG – InfAuslR 2006, 274; VG Stuttgart, U.v. 24.06.2004 – 11 K 4809/03 – InfAuslR 2005, 106; U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – InfAuslR 2006, 14), zumal ohnehin – gewissermaßen als Kehrseite - davon auszugehen ist, dass die minderjährigen Kinder mit ihren Eltern zurückkehren (müssen), sofern nicht den Eltern selbst die Rückkehr nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. hierzu noch im Folgenden). Entsprechende Überlegungen gelten, wenn die Eltern – auch zulasten ihrer Kinder – ihren Mitwirkungspflichten bei der Beschaffung von Identitäts- oder Passpapieren in zurechenbarer Art und Weise nicht nachgekommen sind. Die Tatsache, dass die Kinder ab dem 16. Lebensjahr gem. § 80 Abs. 1 verfahrenshandlungsfähig waren, ändert bis zum Eintritt der Volljährigkeit nichts an dieser Bewertung, da die Personensorge und damit das hieraus fließende Aufenthaltsbestimmungsrecht davon nicht berührt werden. Die Fälle des § 35 Abs. 1 S. 1 und § 37 AufenthG sind hier ersichtlich nicht einschlägig. § 35 Abs. 1 S. 1 AufenthG setzt als allein rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers gerade die vorangegangene durchgängige Legalisierung des Aufenthalts voraus. Auch die letztgenannte Vorschrift steht in einem völlig anderen rechtspolitischen Kontext und betrifft Rückkehrer, die regelmäßig vor ihrer Rückkehr bereits die Perspektive eines unbefristeten Aufenthaltsrechts hatten, und stellt eine Reaktion des Gesetzgebers auf die rechtspolitisch umstrittenen und zweifelhaften Aktionen der Rückkehrförderung in den 80-er Jahren im Gefolge des „Gesetzes zur Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern“ (v. 28.11.1983 – BGBl. I 1377) dar, mit der Härten und Unzuträglichkeiten gemildert werden sollten (vgl. zur Vorläufervorschrift des § 16 AuslG 1990 BT-Drucks. 11/6321, 59), weshalb aus ihr keine bestimmten Wertungen verallgemeinert werden können (so aber VG Stuttgart, U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – a.a.O.).
40 
Eine differenziertere Beurteilung ist hingegen bei volljährig gewordenen Kindern geboten. Denn diese nehmen nicht mehr an dem aufenthaltsrechtlichen Schicksal der Eltern teil, weil sie auch nicht mehr deren Personensorge unterliegen. Vor diesem Hintergrund kann und darf nach dem vorgegebenen rechtlichen Rahmen nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sie im Familienverbund in den Herkunftsstaat zurückkehren und dort in demselben leben werden. Haben die Kinder nach Erlangung der Volljährigkeit keine – ihnen dann eigenständig zuzurechnende – Versuche mehr unternommen eine Aufenthaltsbeendigung zu durchkreuzen bzw. zu verhindern, und ggf. nunmehr sogar an der Beseitigung von Abschiebungshindernissen mitzuwirken versucht, und löst sich infolge dessen der unmittelbare zeitliche und sachliche Zusammenhang zu den früheren Handlungen der Eltern, so stößt eine weitergehende Zurechnung des Verhaltens der Eltern angesichts ihrer erlangten rechtlichen Selbstständigkeit an die Grenzen der Verhältnismäßigkeit, sofern alle weiteren Integrationsvoraussetzungen erfüllt sind und auch eine Rückkehr in das Herkunftsland aus sonstigen Gründen nicht mehr zumutbar ist. Allerdings kann diese Sichtweise dann u.U. zu der Konsequenz führen, dass den Volljährigen ein Bleiberecht zukommt, während dies bei den Eltern und eventuell noch vorhandenen minderjährigen Geschwistern nicht der Fall ist (vgl. zu diesen noch im Folgenden). Eine hierdurch bewirkte Trennung der Familienmitglieder wäre jedoch, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, weder mit Art. 6 GG (vgl. BVerfG, B.v. 18.04.1989 – 2 BvR 1169/84 – NJW 1989, 2195; BVerfG (K), B.v. 01.03.2004 – 2 BvR 1570/03 – NVwZ 2004, 852) noch mit Art. 8 Abs. 1 EMRK (vgl. EGMR, U.v. 17.04.2002 – 52853/99 - NJW 2004, 2147, der implizit eine Trennung von erwachsenen Kindern von Eltern und Geschwistern im Grundsatz nicht für problematisch erachtet und den festgestellten Konventionsverstoß allein aus der fehlenden Befristung der Ausweisung herleitete) unvereinbar.
41 
Ob im Übrigen eine Fallkonstellation des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegeben ist, in der eine Aufenthaltsbeendigung eines in Deutschland lebenden Ausländers in das Land seiner Herkunft einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben darstellen würde, hängt immer von zwei kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen ab. Zum einen von seiner Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse („Verwurzelung“) und zum anderen von der Zumutbarkeit einer (erstmaligen) Integration bzw. Reintegration in dem Staat seiner Staatsangehörigkeit („Entwurzelung“).
42 
Für die Integration des Ausländers in Deutschland streitende Gesichtspunkte sind dabei neben einer langjährigen Dauer des Aufenthalts: In Abhängigkeit vom jeweiligen Bildungsstand gute deutsche mündliche und schriftliche Sprachkenntnisse; soziale Eingebundenheit in die hiesigen Lebensverhältnisse, wie sie etwa in der Absolvierung einer allgemeinbildenden Schule und einer (qualifizierten) Berufsausbildung bzw. der Innehabung eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes, in einem festen Wohnsitz, ausreichenden Mitteln (einschließlich ausreichendem Krankenversicherungsschutz), um den Lebensunterhalt ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten zu können, sowie fehlender Straffälligkeit zum Ausdruck kommt. Vorsätzliche Straftaten werden hier, von Bagatelldelikten (wie etwa vereinzelt gebliebene Beförderungserschleichungen oder Ladendiebstählen) abgesehen, regelmäßig entgegenstehen. Von Bedeutung kann hier auch die Feststellung sein, dass die Betreffenden über vielfältige und vielschichtige Beziehungen zu Menschen außerhalb ihrer eigenen landsmannschaftlich geprägten Gruppe verfügen.
43 
In diesem Zusammenhang ist weiter die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts zu würdigen. Denn ein unerlaubter Aufenthalt und die damit verbundene Unsicherheit des Aufenthaltsstatus stehen der Führung eines schutzwürdigen Privatlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK tendenziell entgegen, weil im Grundsatz die Betroffenen angesichts einer ausdrücklichen Verweigerung der Legalisierung durch den Aufenthaltsstaat nicht darauf vertrauen durften, dass dieser den Aufenthalt letztlich doch hinnehmen werde (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., B.v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 - juris; U.v. 18.01.2006 - 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; vgl. auch EGMR, U. v. 30.01.2006 - 50435/99 - - InfAuslR 2006, 298).
44 
Was die wirtschaftliche Integration betrifft, ist es nicht erforderlich, dass etwa eine besonders qualifizierte Berufstätigkeit ausgeübt wird, sofern der Arbeitsplatz ungekündigt ist und prognostisch gesehen weiter bestehen bleiben wird, was insbesondere dann angenommen werden kann, wenn der Betroffene den Arbeitsplatz schon lange innehat. Der Umstand, dass in der Vergangenheit Sozialleistungen bezogen wurden (insbesondere während eines durchlaufenden Asylverfahrens), ist unerheblich, wenn davon ausgegangen werden kann, dass diese Lebensphase zuverlässig und dauerhaft überwunden wurde.
45 
Dabei ist es erforderlich, dass die Betroffenen, sofern kein nennenswertes Vermögen vorliegt, nunmehr regelmäßig Einnahmen erzielen, die vom Umfang und der Stetigkeit ihres Zuflusses zuverlässig über den Regelsätzen nach dem SGB II oder XII zuzüglich den Kosten für die Unterkunft liegen und nicht etwa ständig um diese Grenze oszillieren. Zur Vermeidung von Missverständnissen ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es hier in erster Linie nicht um die Anwendung des Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG geht, von der im Übrigen nach § 5 Abs. 3 AufenthG sogar im Ermessenswege abgesehen werden könnte, sondern vielmehr um die positive Feststellung einer unerlässlichen Integrations- bzw. Verwurzelungsvoraussetzung. Ausländer, die nicht nur vorübergehend in einer prekären wirtschaftlichen Situation leben, mögen sich zwar angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse namentlich auf dem Arbeitsmarkt in einer mit vielen deutschen Staatsangehörigen vergleichbaren Situation befinden, vom Aufbau einer wirtschaftlich tragfähigen selbstständigen Existenzgrundlage, die aufzugeben dem Ausländer nicht als verhältnismäßig und zumutbar angesonnen werden darf, kann jedoch bei dieser Sachlage nicht die Rede sein. Lagen die Einkünfte in der Vergangenheit – nicht nur ganz kurzfristig - unter dieser Grenze, ohne dass aber gesetzlich zustehende Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden, so steht dies möglicherweise dann nicht entgegen, wenn aufgrund einer sorgfältigen durch tragfähige Fakten getragenen Prognose zuverlässig vorhergesagt werden kann, dass – wegen der mit dem Wechsel vom Duldungsstatus in den des erlaubten Aufenthalts verbundenen Veränderungen – eine Verbesserung der Einkommensverhältnisse zu erwarten ist. Es muss dann aber gewissermaßen ein Fall gegeben sein, in dem – etwa mit Rücksicht auf Bildung, Ausbildung sowie die darauf gründenden konkreten Erfahrungen bei der erfolglosen Stellensuche – eine wirtschaftliche Integration bereits im Kern angelegt ist und sich lediglich wegen des bisherigen Duldungsstatus nicht entfalten konnte. All dies dürfte allerdings oftmals nicht nur wegen der aktuell weiterhin hohen Arbeitslosigkeit, sondern auch im Hinblick auf das Nachrangprinzip des § 39 Abs. 2 S. 1 lit. b AufenthG nur schwer darzulegen und nachzuweisen sein. Ob eine solche Ausnahme zu machen ist, kann aber hier letztlich offen bleiben, weil, wie noch auszuführen sein wird, diese Voraussetzungen hier nicht gegeben sind. Der Einwand, man habe in der Vergangenheit tatsächlich ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen leben können, vermag die Feststellung einer unzureichenden wirtschaftlichen Integration nicht in Frage zu stellen, zumal jederzeit Ansprüche geltend gemacht werden könnten, was im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht von vornherein von geringem Gewicht ist (vgl. zum Bezug von Leistungen nach § 8 Abs. 2 BAföG VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 – InfAuslR 2006, 409). Hinzu kommt, dass bei einem Erwerbseinkommen unterhalb der vorgenannten Grenzen, auch wenn keine Sozialleistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden, mit guten Gründen damit gerechnet werden muss, dass die Betroffenen später auch bei einer kleineren Bedarfsgemeinschaft eine so geringe Altersrente beziehen werden, dass dann ein Bezug von Sozialleistungen unausweichlich sein wird. Auch hieraus wird deutlich, dass bei einer solchen Sachlage eine ausreichende wirtschaftliche Integration nicht besteht.
46 
Was die Unzumutbarkeit eines Wiedereinlebens in die Verhältnisse des Herkunftslandes oder im praktisch sehr häufigen Fall eines erstmaligen Einlebens in diese Verhältnisse betrifft, darf diese allerdings wohl nicht vorschnell schon mit dem Argument verneint werden, dass bei hier geborenen oder den wesentlichen Teil des Lebens hier aufgewachsenen Kindern noch ausreichende mündliche Sprachkenntnisse vorhanden seien (vgl. etwa VGHBW, U.v. 18.01.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; HessVGH, U.v. 07.07.2006 – 7 UE 509/06 - juris). Mit einer weitgehenden Reduzierung der Fragestellung auf diesen Aspekt wird die Problematik einer Rückkehr nur unzureichend erfasst und bewältigt. Denn oftmals bestehen Sprachkenntnisse zwar schon deshalb, weil gerade die Eltern eher über weniger gute Deutschkenntnisse verfügen und daher bei realistischer Betrachtungsweise in der Familie weitgehend die Muttersprache gesprochen wurde, auch wenn die Kinder mittlerweile perfekt oder gut deutsch sprechen. Bei genauerer Betrachtung wird sich aber häufig schnell ergeben, dass zwar durchaus noch gute oder wenigstens befriedigende mündliche Sprachkenntnisse bestehen, es aber bei der schriftlichen Ausdrucksfähigkeit – in nachvollziehbarer Ermangelung einer diesbezüglichen Praxis - erhebliche Defizite gibt oder die Schriftsprache gar nicht mehr richtig beherrscht wird, wenn insbesondere noch hinzukommt, dass in der Muttersprache keine lateinischen Schriftzeichen verwendet werden. Gerade aber auch die schriftliche Artikulationsfähigkeit muss als ein wesentliches Integrationselement verstanden und angemessen gewürdigt werden. Daher muss im Einzelfall eine Unzumutbarkeit der Rückkehr bei lediglich festgestellter mündlicher Ausdrucksfähigkeit ernsthaft in Betracht gezogen werde, wenn nicht andere gewichtige Gesichtspunkte und öffentliche Interessen entgegen stehen.
47 
Minderjährige Kinder bedürfen aufgrund ihrer besonderen familien- und auch aufenthalts- und familienrechtlichen Stellung einer gesonderten Betrachtung (vgl. hierzu schon oben). Hier ist immer die Situation der Eltern mit in den Blick zu nehmen und zu berücksichtigen, dass Kinder, solange sie nicht volljährig sind, nicht nur regelmäßig deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilen, sondern darüber hinaus – auch zur Vermeidung einer Unverhältnismäßigkeit der Rückkehr - auf deren familien- und sorgerechtlich zu erbringende Erziehungs- und Hilfeleistungen bei den im Falle der Rückkehr erforderlichen Integrationsbemühungen verwiesen werden dürfen. Gerade in diesen Fällen sind, wenn bei den Eltern der gebotene Integrationsstand nicht erreicht ist bzw. ihnen die Rückkehr ohne weiteres zumutbar ist, erhebliche, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung regelmäßig überwiegende und durchschlagende einwanderungspolitische Interessen berührt, wenn gewissermaßen in umgekehrter Richtung das minderjährige Kind mittelbar seinen nicht oder – wie sehr häufig - nur unzulänglich integrierten Eltern ein Aufenthaltsrecht verschaffen würde mit der Folge, dass im Ergebnis die Eltern das aufenthaltsrechtliche Schicksal des Kindes teilen würden (vgl. zu alledem VGH Baden-Württemberg, B.v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 – juris; a.A. VG Stuttgart, U.v. 24.06.2004 – 11 K 4809/03 – InfAuslR 2005, 106; U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – InfAuslR 2006, 14, das explizit eine gemeinsame Betrachtung ablehnt). Deshalb kann nur in ganz besonderen Ausnahmefällen auch in diesen Fallkonstellationen von einem unverhältnismäßigen Eingriff ausgegangen werden, wenn etwa offenkundig kein Elternteil die erforderliche Unterstützung im Herkunftsland leisten kann (vgl. VG Stuttgart, U.v. 20.7.2006 – 4 K 921/06 – InfAuslR 2006, 409). Zur Klarstellung ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Erfordernis der einheitlichen Betrachtung von Eltern und minderjährigen Kindern weniger auf das Element der Integration in die Lebensverhältnisse des Aufenthaltsstaats abzielt, als vielmehr auf die Zumutbarkeit einer Rückkehr in das Herkunftsland. Denn in der Mehrzahl der praktisch relevanten Fälle kann realistischerweise von einer nicht gelungenen Integration der Eltern nicht auf eine ebenfalls nicht erfolgte Integration der Kinder geschlossen werden. Eine gemeinsame Betrachtung ist auch deshalb geboten, weil andernfalls der Aspekt der wirtschaftlichen Integration nicht umfassend und zutreffend gewürdigt werden würde. Denn in der Regel werden die minderjährigen Kinder wirtschaftlich nicht auf eigenen Beinen stehen, namentlich wenn sie noch in einer Ausbildung stehen. Es wäre auch nicht sachgerecht, letztlich den (unzulänglich integrierten) Eltern über die jedenfalls unter dem wirtschaftlichen Aspekt in keiner Weise integrierten minderjährigen Kindern mittelbar ein Aufenthaltsrecht zuzuerkennen, weil sie für den Unterhalt der Kinder aufkommen müssen (vgl. hierzu auch VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 – a.a.O.).
48 
2. Gemessen hieran stellt die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnisse jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff in das Privatleben der Kläger im Sinne des Art. 8 EMRK dar.
49 
Die Kläger können sich nicht darauf berufen, dass sie sich inzwischen seit 1987 bzw. 1988, 1990 und 1996 faktisch im Bundesgebiet aufhalten und ihnen deshalb eine Rückkehr in die Türkei unzumutbar wäre.
50 
Bei den Klägern Ziffer 1 und 2 liegt dies schon allein deshalb auf der Hand, weil sie als Erwachsene in das Bundesgebiet eingereist sind, weshalb auch nach 19 Jahren mit einer Rückkehr ihnen nichts Unzumutbares abverlangt wird.
51 
Im Übrigen steht bei allen Klägern der Annahme einer Unzumutbarkeit der Rückkehr entgegen, dass es ihnen spätestens seit dem 23.06.1992 und zu einer Zeit, zu der sie sich (maximal) fünf Jahre in der Bundesrepublik aufhielten, möglich und auch zumutbar war, wieder freiwillig in die Türkei zurückzukehren. Denn mit Beschluss vom 22.06.1992 hatte der VGH Baden-Württemberg im ersten Asylverfahren den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des VG Stuttgart vom 29.11.1990 abgelehnt. In der Folgezeit hatten die Kläger durch bis zu vier Folge- und Wiederaufgreifensanträge, zwei Petitionen sowie einen Härtefallantrag, die erkennbar keine Aussichten auf Erfolg haben konnten, ihre zeitnahe Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert bzw. vereitelt. Hinsichtlich des ersten Folgeantrags vom 24.07.1992 hatte das VG Stuttgart im Urteil vom 25.10.1996 zweifelsfrei bereits das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 VwVfG verneint (vgl. zur Qualifizierung dieses Antrags als Folgeantrag VGHBW, U.v. 29.08.2001 - 13 S 1616/00 - UA S. 10). Das Gleiche gilt für den zweiten Folgeantrag vom 09.05.1997 (vgl. VG Stuttgart, U.v. 12.02.1999, in dem die Aussage des vernommenen Zeugen zudem als bloße und leicht durchschaubare Gefälligkeitsaussage gewertet wurde). Bezüglich des dritten Folgeantrags vom 19.12.2001 hatte das VG Stuttgart im Urteil vom 30.09.2003 zwar letztlich wohl doch offen gelassen, ob die Voraussetzungen des § 51 VwVfG vorgelegen hatten, die Klage hatte jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil die Aussagen der beiden Zeugen als in jeder Hinsicht vollständig unglaubhaft gewürdigt worden waren. Der letzte Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens (beschränkt auf die Voraussetzungen des § 53 AuslG 1990 bzw. § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) wurde durch Bescheid des BAMF vom 22.12.2005 abgelehnt, weil die geltend gemachten Gründe bereits Gegenstand des Urteils vom 30.09.2003 gewesen waren. Im Übrigen wurden die insoweit zum VG Stuttgart erhobenen Klagen auch zurückgenommen. Vor diesem Hintergrund müssen auch die beiden erfolglosen Petitionen vom September 2003 und Dezember 2005 gesehen werden, die nur in der Weise bewertet werden können, dass hier weitere - vorhersehbar - erfolglose Versuche unternommen wurden, um eine Aufenthaltsbeendigung zu verhindern. Hinsichtlich des Härtefallantrags gilt nichts anderes. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass hier auch die Kläger Ziffer 3 und 4 eigenständig zu einem Zeitpunkt selbst aktiv wurden, als sie bereits volljährig geworden waren. Daher erweist sich schon aus diesen Gründen das Ansinnen, in die Türkei zurückzukehren, nicht als unverhältnismäßig. Dies gilt selbst dann, wenn man das von den Klägern nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils des VG Stuttgart vom 12.02.1999 am 30.06.1999 bis zur Stellung des nächsten Folgeantrags am 19.12.2001 betriebene aufenthaltsrechtliche Verfahren ihnen nicht zum Nachteil gereichen lässt. Denn nach der dargestellten Vorgeschichte konnten sie jedenfalls, nachdem sie von dem – im Übrigen überzeugend begründeten – Berufungsurteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 31.03.2003 erfahren hatten, nicht darauf vertrauen, ihr Aufenthalt könne noch legalisiert und eine Ausreise bzw. Abschiebung vermieden werden. Gleichwohl haben sie das dritte erkennbar aussichtlose Folgeverfahren weiter betrieben und unmittelbar danach noch eine Petition nachgeschoben.
52 
Folgt bereits hieraus, dass den Klägern eine Rückkehr in ihr Herkunftsland nicht unzumutbar ist, so gilt dies umso mehr, als die Kläger Ziffer 1, 2 und 4 bis 7 auch über kein eigenständiges Einkommen verfügen, das nach den maßgeblichen oben dargestellten Grundsätzen die Annahme rechtfertigt, dass sie in die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ausreichend integriert sind. Bei einem Nettoeinkommen des Klägers Ziffer 1 zwischen 929,64 und 1263,06 EUR monatlich und einem Kindergeldanspruch in Höhe von 462,- EUR sind die Kläger Ziffer 1, 2 und 4 bis 7 unter Berücksichtigung der Kosten für die Unterkunft in Höhe von 628,- EUR zwingend auf laufende Unterstützungsleistungen des Klägers Ziffer 3 in Höhe von 500,- bis 650 EUR monatlich angewiesen. Vermindert man die Kosten der Unterkunft, in der auch der Kläger Ziffer 3 wohnt, um dessen Anteil von 1/7 (d.h. etwa 90,- EUR) auf 538,- EUR, so beläuft sich sozialhilferechtliche Bedarf auf 2.194,-EUR und wird damit nicht einmal bei einer maximalen Unterstützungsleistung in Höhe von 650,- EUR durch den Kläger Ziffer 3 gedeckt. Abgesehen davon kann diese Unterstützungsleistung auch nicht als dauerhaft unterstellt werden, da der Kläger Ziffer 3 diese nur dann wird leisten können, wenn er in der Zukunft nicht selbst Unterhaltsleistungen gegenüber Angehörigen einer eventuell gegründeten eigenen Familie zu erbringen hat. Selbst wenn man den vom Kläger Ziffer 5 seit August diesen Jahres aus einer lediglich befristeten geringfügigen Beschäftigung in Höhe von monatlich 304,06 EUR erzielten Verdienst hinzunimmt, wäre der Bedarf nur bei Berücksichtigung von Unterstützungsleistungen (allerdings dann in geringerer Höhe) des Klägers Ziffer 3 gedeckt. Dass sich infolge der Verbesserung des aufenthaltsrechtlichen Status an den Einkommensverhältnissen des Klägers Ziffer 1 etwa Entscheidendes ändern könnte, ist - nicht zuletzt im Hinblick auf dessen Ausbildung, Alter und gesundheitliche Situation (vgl. zu Letzterem das Vorbringen im letzten Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens) - nicht ersichtlich. Zwar wurde im Übrigen vorgetragen, dass die Klägerin Ziffer 4 einen Ausbildungsplatz erhalten könne. Die Realisierung ihres Ausbildungswunsches und eine damit einher gehende Zunahme des Familieneinkommens setzte aber unabdingbar voraus, dass die erforderliche Zustimmung durch die Arbeitsverwaltung nicht am Nachrangprinzip des § 39 Abs. 2 S. 1 lit. b AufenthG scheitert (vgl. auch Art. 7 S. 1 1. Spiegelstrich ARB 1/80, der mit einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers Ziffer 1 grundsätzlich anwendbar wäre), was aber in Anbetracht der äußerst angespannten Lage auf dem Lehrstellenmarkt nicht von der Hand zu weisen ist. Aus alledem wird deutlich, dass aktuell und auch auf absehbare Zeit die dauerhafte Erzielung eines Einkommens, das zuverlässig über dem sozialhilferechtlichen Bedarf liegt, nicht gewährleistet ist. Nichts anderes gilt für den Kläger Ziffer 5, dem seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung zufolge sein Arbeitgeber für den Fall einer Legalisierung des Aufenthalts eine weitergehende Beschäftigung, allerdings auch nur in Teilzeit, in Aussicht gestellt haben soll.
53 
Was die Situation der Klägerin Ziffer 4 im Übrigen betrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, das nach den vorliegenden polizeilichen Ermittlungsberichten nichts dafür spricht, dass der von ihr unternommene Suizidversuch im Wesentlichen durch den Abschiebungsversuch vom 07.08.2003 verursacht worden sein könnte, wobei dahin stehen kann, ob dieser Frage im vorliegenden Kontext überhaupt rechtliche Relevanz zukäme. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Aussage der Klägerin Ziffer 2 gegenüber der Kriminalaußenstelle Kirchheim vom 11.08.2003, in der sie unmissverständlich auf bereits länger währende innerfamiliäre Konflikte hingewiesen hatte. Im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass im Falle einer ärztlichen Betreuung die Abschiebung nicht in einer Weise gestaltet werden könnte, dass etwaigen, im Übrigen für den heutigen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch nicht einmal ansatzweise plausibel gemachten Risiken, hinreichend zuverlässig begegnet werden kann.
54 
Vor diesem Hintergrund kommt es auf das Ausmaß der bei den Klägern Ziffer 3 bis 7 vorhandene Sprachkompetenz im Einzelnen nicht mehr an. Denn es zumindest davon auszugehen, dass sie sich mündlich in jeder Hinsicht ausreichend in der türkischen Sprache ausdrücken können. Selbst wenn die schriftliche Ausdrucksfähigkeit unvollkommen sein oder gar fehlen sollte, vermag dieser Umstand die vorgenannten Defizite nicht aufzuwiegen.
55 
Den minderjährigen Klägern Ziffer 6 und 7 ist unabhängig von dem Vorgesagten nach den dargelegten Grundsätzen die Rückkehr mit ihren Eltern zuzumuten.
56 
Soweit die Kläger erneut zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote geltend machen, steht deren Berücksichtigung schon die aus den §§ 4 und 42 AsylVfG folgende Bindungswirkung der Entscheidungen des BAMF bzw. der angerufenen Gerichte entgegen, in denen diese Gründe im Übrigen bereits geprüft worden waren.
57 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 159 S. 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).

(2) Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.

(3) Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist.

(2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als Beamter.

(3) Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gilt der Bezug von:

1.
Kindergeld,
2.
Kinderzuschlag,
3.
Erziehungsgeld,
4.
Elterngeld,
5.
Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
6.
öffentlichen Mitteln, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen und
7.
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
Ist der Ausländer in einer gesetzlichen Krankenversicherung krankenversichert, hat er ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Bei der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug werden Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen berücksichtigt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16a bis 16c, 16e sowie 16f mit Ausnahme der Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, als gesichert, wenn der Ausländer über monatliche Mittel in Höhe des monatlichen Bedarfs, der nach den §§ 13 und 13a Abs. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bestimmt wird, verfügt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16d, 16f Absatz 1 für Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, sowie § 17 als gesichert, wenn Mittel entsprechend Satz 5 zuzüglich eines Aufschlages um 10 Prozent zur Verfügung stehen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt die Mindestbeträge nach Satz 5 für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. August des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(4) Als ausreichender Wohnraum wird nicht mehr gefordert, als für die Unterbringung eines Wohnungssuchenden in einer öffentlich geförderten Sozialmietwohnung genügt. Der Wohnraum ist nicht ausreichend, wenn er den auch für Deutsche geltenden Rechtsvorschriften hinsichtlich Beschaffenheit und Belegung nicht genügt. Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres werden bei der Berechnung des für die Familienunterbringung ausreichenden Wohnraumes nicht mitgezählt.

(5) Schengen-Staaten sind die Staaten, in denen folgende Rechtsakte in vollem Umfang Anwendung finden:

1.
Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19),
2.
die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1) und
3.
die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).

(6) Vorübergehender Schutz im Sinne dieses Gesetzes ist die Aufenthaltsgewährung in Anwendung der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 212 S. 12).

(7) Langfristig Aufenthaltsberechtigter ist ein Ausländer, dem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. EU 2004 Nr. L 16 S. 44), die zuletzt durch die Richtlinie 2011/51/EU (ABl. L 132 vom 19.5.2011, S. 1) geändert worden ist, verliehen und nicht entzogen wurde.

(8) Langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU ist der einem langfristig Aufenthaltsberechtigten durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellte Aufenthaltstitel nach Artikel 8 der Richtlinie 2003/109/EG.

(9) Einfache deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER).

(10) Hinreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11) Ausreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11a) Gute deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(12) Die deutsche Sprache beherrscht ein Ausländer, wenn seine Sprachkenntnisse dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechen.

(12a) Eine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn es sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf handelt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist.

(12b) Eine qualifizierte Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zu ihrer Ausübung Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die in einem Studium oder einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden.

(12c) Bildungseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Ausbildungsbetriebe bei einer betrieblichen Berufsaus- oder Weiterbildung,
2.
Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung.

(13) International Schutzberechtigter ist ein Ausländer, der internationalen Schutz genießt im Sinne der

1.
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) oder
2.
Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).

(14) Soweit Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31), der die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung betrifft, maßgeblich ist, gelten § 62 Absatz 3a für die widerlegliche Vermutung einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 und § 62 Absatz 3b Nummer 1 bis 5 als objektive Anhaltspunkte für die Annahme einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 entsprechend; im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 bleibt Artikel 28 Absatz 2 im Übrigen maßgeblich. Ferner kann ein Anhaltspunkt für Fluchtgefahr vorliegen, wenn

1.
der Ausländer einen Mitgliedstaat vor Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz verlassen hat und die Umstände der Feststellung im Bundesgebiet konkret darauf hindeuten, dass er den zuständigen Mitgliedstaat in absehbarer Zeit nicht aufsuchen will,
2.
der Ausländer zuvor mehrfach einen Asylantrag in anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gestellt und den jeweiligen anderen Mitgliedstaat der Asylantragstellung wieder verlassen hat, ohne den Ausgang des dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz abzuwarten.
Die für den Antrag auf Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
a)
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 oder 2 besteht,
b)
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
c)
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Überstellungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft vorzuführen. Auf das Verfahren auf Anordnung von Haft zur Überstellung nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 finden die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend Anwendung, soweit das Verfahren in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nicht abweichend geregelt ist.

Geht die leistungsberechtigte Person durch Zahlung an Anbieter in Vorleistung, ist der kommunale Träger zur Übernahme der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen verpflichtet, soweit

1.
unbeschadet des Satzes 2 die Voraussetzungen einer Leistungsgewährung zur Deckung der Bedarfe im Zeitpunkt der Selbsthilfe nach § 28 Absatz 2 und 5 bis 7 vorlagen und
2.
zum Zeitpunkt der Selbsthilfe der Zweck der Leistung durch Erbringung als Sach- oder Dienstleistung ohne eigenes Verschulden nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen war.
War es dem Leistungsberechtigten nicht möglich, rechtzeitig einen Antrag zu stellen, gilt dieser als zum Zeitpunkt der Selbstvornahme gestellt.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindestens 18 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Asylberechtigten und Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt worden ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes wird die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre. Ausländern, die die Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 erfüllen, wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt. Die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 1 und Absatz 4b werden jeweils für ein Jahr, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 3 jeweils für zwei Jahre erteilt und verlängert; in begründeten Einzelfällen ist eine längere Geltungsdauer zulässig.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.

(3) Einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist,
4.
er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
§ 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6, § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 finden entsprechend Anwendung; von der Voraussetzung in Satz 1 Nummer 3 wird auch abgesehen, wenn der Ausländer die Regelaltersgrenze nach § 35 Satz 2 oder § 235 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erreicht hat. Abweichend von Satz 1 und 2 ist einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
er die deutsche Sprache beherrscht,
4.
sein Lebensunterhalt weit überwiegend gesichert ist und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
In den Fällen des Satzes 3 finden § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 entsprechend Anwendung. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für einen Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4 besitzt, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme vor.

(4) Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 des Asylgesetzes auf die Frist angerechnet. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist.

(2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als Beamter.

(3) Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gilt der Bezug von:

1.
Kindergeld,
2.
Kinderzuschlag,
3.
Erziehungsgeld,
4.
Elterngeld,
5.
Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
6.
öffentlichen Mitteln, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen und
7.
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
Ist der Ausländer in einer gesetzlichen Krankenversicherung krankenversichert, hat er ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Bei der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug werden Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen berücksichtigt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16a bis 16c, 16e sowie 16f mit Ausnahme der Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, als gesichert, wenn der Ausländer über monatliche Mittel in Höhe des monatlichen Bedarfs, der nach den §§ 13 und 13a Abs. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bestimmt wird, verfügt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16d, 16f Absatz 1 für Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, sowie § 17 als gesichert, wenn Mittel entsprechend Satz 5 zuzüglich eines Aufschlages um 10 Prozent zur Verfügung stehen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt die Mindestbeträge nach Satz 5 für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. August des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(4) Als ausreichender Wohnraum wird nicht mehr gefordert, als für die Unterbringung eines Wohnungssuchenden in einer öffentlich geförderten Sozialmietwohnung genügt. Der Wohnraum ist nicht ausreichend, wenn er den auch für Deutsche geltenden Rechtsvorschriften hinsichtlich Beschaffenheit und Belegung nicht genügt. Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres werden bei der Berechnung des für die Familienunterbringung ausreichenden Wohnraumes nicht mitgezählt.

(5) Schengen-Staaten sind die Staaten, in denen folgende Rechtsakte in vollem Umfang Anwendung finden:

1.
Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19),
2.
die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1) und
3.
die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).

(6) Vorübergehender Schutz im Sinne dieses Gesetzes ist die Aufenthaltsgewährung in Anwendung der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 212 S. 12).

(7) Langfristig Aufenthaltsberechtigter ist ein Ausländer, dem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. EU 2004 Nr. L 16 S. 44), die zuletzt durch die Richtlinie 2011/51/EU (ABl. L 132 vom 19.5.2011, S. 1) geändert worden ist, verliehen und nicht entzogen wurde.

(8) Langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU ist der einem langfristig Aufenthaltsberechtigten durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellte Aufenthaltstitel nach Artikel 8 der Richtlinie 2003/109/EG.

(9) Einfache deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER).

(10) Hinreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11) Ausreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11a) Gute deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(12) Die deutsche Sprache beherrscht ein Ausländer, wenn seine Sprachkenntnisse dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechen.

(12a) Eine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn es sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf handelt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist.

(12b) Eine qualifizierte Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zu ihrer Ausübung Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die in einem Studium oder einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden.

(12c) Bildungseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Ausbildungsbetriebe bei einer betrieblichen Berufsaus- oder Weiterbildung,
2.
Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung.

(13) International Schutzberechtigter ist ein Ausländer, der internationalen Schutz genießt im Sinne der

1.
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) oder
2.
Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).

(14) Soweit Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31), der die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung betrifft, maßgeblich ist, gelten § 62 Absatz 3a für die widerlegliche Vermutung einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 und § 62 Absatz 3b Nummer 1 bis 5 als objektive Anhaltspunkte für die Annahme einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 entsprechend; im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 bleibt Artikel 28 Absatz 2 im Übrigen maßgeblich. Ferner kann ein Anhaltspunkt für Fluchtgefahr vorliegen, wenn

1.
der Ausländer einen Mitgliedstaat vor Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz verlassen hat und die Umstände der Feststellung im Bundesgebiet konkret darauf hindeuten, dass er den zuständigen Mitgliedstaat in absehbarer Zeit nicht aufsuchen will,
2.
der Ausländer zuvor mehrfach einen Asylantrag in anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gestellt und den jeweiligen anderen Mitgliedstaat der Asylantragstellung wieder verlassen hat, ohne den Ausgang des dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz abzuwarten.
Die für den Antrag auf Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
a)
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 oder 2 besteht,
b)
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
c)
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Überstellungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft vorzuführen. Auf das Verfahren auf Anordnung von Haft zur Überstellung nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 finden die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend Anwendung, soweit das Verfahren in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nicht abweichend geregelt ist.

(1) Kindergeld nach diesem Gesetz für seine Kinder erhält, wer nach § 1 Absatz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist und auch nicht nach § 1 Absatz 3 des Einkommensteuergesetzes als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird und

1.
in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch steht oder versicherungsfrei nach § 28 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch ist oder
2.
als Entwicklungshelfer Unterhaltsleistungen im Sinne des § 4 Absatz 1 Nummer 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes erhält oder als Missionar derMissionswerke und -gesellschaften,die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e. V., des Deutschen katholischen Missionsrates oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist oder
3.
eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes oder § 20 des Beamtenstatusgesetzes bei einer Einrichtung außerhalb Deutschlands zugewiesene Tätigkeit ausübt oder
4.
als Ehegatte oder Lebenspartner eines Mitglieds der Truppe oder des zivilen Gefolges eines NATO-Mitgliedstaates die Staatsangehörigkeit eines EU/EWR-Mitgliedstaates besitzt und in Deutschland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(2) Kindergeld für sich selbst erhält, wer

1.
in Deutschland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,
2.
Vollwaise ist oder den Aufenthalt seiner Eltern nicht kennt und
3.
nicht bei einer anderen Person als Kind zu berücksichtigen ist.
§ 2 Absatz 2 und 3 sowie die §§ 4 und 5 sind entsprechend anzuwenden. Im Fall des § 2 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 wird Kindergeld längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gewährt.

(3) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.
Abweichend von Satz 1 Nummer 3 erste Alternative erhält ein minderjähriger nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer unabhängig von einer Erwerbstätigkeit Kindergeld.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Das Kindergeld beträgt monatlich für jedes Kind 250 Euro.

(2) (weggefallen)

(3) Darüber hinaus wird für jedes Kind, für das für den Monat Juli 2022 ein Anspruch auf Kindergeld besteht, für den Monat Juli 2022 ein Einmalbetrag in Höhe von 100 Euro gezahlt. Ein Anspruch in Höhe des Einmalbetrags von 100 Euro für das Kalenderjahr 2022 besteht auch für ein Kind, für das nicht für den Monat Juli 2022, jedoch für mindestens einen anderen Kalendermonat im Kalenderjahr 2022 ein Anspruch auf Kindergeld besteht.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

Geht die leistungsberechtigte Person durch Zahlung an Anbieter in Vorleistung, ist der kommunale Träger zur Übernahme der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen verpflichtet, soweit

1.
unbeschadet des Satzes 2 die Voraussetzungen einer Leistungsgewährung zur Deckung der Bedarfe im Zeitpunkt der Selbsthilfe nach § 28 Absatz 2 und 5 bis 7 vorlagen und
2.
zum Zeitpunkt der Selbsthilfe der Zweck der Leistung durch Erbringung als Sach- oder Dienstleistung ohne eigenes Verschulden nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen war.
War es dem Leistungsberechtigten nicht möglich, rechtzeitig einen Antrag zu stellen, gilt dieser als zum Zeitpunkt der Selbstvornahme gestellt.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

Geht die leistungsberechtigte Person durch Zahlung an Anbieter in Vorleistung, ist der kommunale Träger zur Übernahme der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen verpflichtet, soweit

1.
unbeschadet des Satzes 2 die Voraussetzungen einer Leistungsgewährung zur Deckung der Bedarfe im Zeitpunkt der Selbsthilfe nach § 28 Absatz 2 und 5 bis 7 vorlagen und
2.
zum Zeitpunkt der Selbsthilfe der Zweck der Leistung durch Erbringung als Sach- oder Dienstleistung ohne eigenes Verschulden nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen war.
War es dem Leistungsberechtigten nicht möglich, rechtzeitig einen Antrag zu stellen, gilt dieser als zum Zeitpunkt der Selbstvornahme gestellt.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

Minderjährige Ausländer, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erfüllen die Passpflicht auch durch Eintragung in einem anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz eines gesetzlichen Vertreters. Für einen minderjährigen Ausländer, der das zehnte Lebensjahr vollendet hat, gilt dies nur, wenn im Pass oder Passersatz sein eigenes Lichtbild angebracht ist.

(1) Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Für den Aufenthalt im Bundesgebiet erfüllen sie die Passpflicht auch durch den Besitz eines Ausweisersatzes (§ 48 Abs. 2).

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle kann in begründeten Einzelfällen vor der Einreise des Ausländers für den Grenzübertritt und einen anschließenden Aufenthalt von bis zu sechs Monaten Ausnahmen von der Passpflicht zulassen.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Juni 2009 – 8 K 73/09 – geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheids vom 30. September 2008 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 5. Dezember 2008 verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der 1970 geborene Kläger ist serbischer Staatsangehöriger. Er reiste erstmals im Jahre 1992 längerfristig zu seiner seit 1971 in Stuttgart lebenden Mutter in die Bundesrepublik Deutschland ein und hielt sich hier bis zum Jahre 1996 geduldet auf. Am 13. März 1994 wurde sein aus einer nicht-ehelichen Beziehung hervorgegangener Sohn Aleksander geboren, der in der Folgezeit bei der Mutter in xxx lebte. Am 3. November 1995 heiratete er in Stuttgart die slowenische Staatsangehörige M. xxx. Während dieses Aufenthalts wurde der Kläger, wie folgt, strafgerichtlich verurteilt:
- Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 28. Februar 1991 wegen Beihilfe zum Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30,00 DM.
- Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 21. Juli 1993 wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30,00 DM.
- Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 4. April 1995 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Der Kläger verließ am 22. Dezember 1996 das Bundesgebiet.
Im Januar 1999 reiste er mit einem von der französischen Botschaft in Belgrad für einen Besuchsaufenthalt ausgestellten Schengenvisum erneut in das Bundesgebiet ein und beantragte zunächst am 15. März 1999 die Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zwecke des Ehegattennachzugs zu seiner Ehefrau. Der Antrag wurde durch Verfügung der Beklagten vom 4. Januar 2000 abgelehnt, nachdem die eheliche Lebensgemeinschaft jedenfalls im September 1999 aufgelöst worden war. Am 16. Oktober 2000 stellte der Kläger einen Asylantrag. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte den Asylantrag mit Bescheid vom 17. September 2001 ab und stellte gleichzeitig fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht vorliegen und auch keine Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG bestehen. Der Kläger wurde unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet aufgefordert.
Der Kläger lebt seit dem Jahre 2001 in Stuttgart in nicht-ehelicher (häuslicher) Lebensgemeinschaft mit der bosnischen Staatsangehörigen xxx xxx. Aus dieser Beziehung sind eine am 25. März 1999 geborene Tochter und ein am 13.Oktober 2001 geborener Sohn hervorgegangen, die die bosnische Staatsangehörigkeit besitzen. Für beide Kinder hat der Kläger die Vaterschaft anerkannt. Nach den Sorgerechtserklärungen der Eltern vom 8. Juli 2005 üben sie das Sorgerecht für beide Kinder gemeinsam aus. Für Frau xxx wurde aufgrund einer rechtskräftigen Verpflichtung durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Juli 2003 (A 16 K 10520/02) vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Rücksicht auf ihre Erkrankung an einer posttraumatischen Belastungsstörung das Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG festgestellt. Frau xxx und die Kinder sind im Besitz von Aufenthaltstiteln nach § 25 Abs. 5 AufenthG.
Der Kläger beantragte am 9. Juli 2008, wie bereits schon am 25. Juni 2002, 25. Januar 2005 und 18. April 2007, die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen, insbesondere nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Zur Begründung verwies er u. a. auf seine nichteheliche Lebensgemeinschaft mit xxx- xxx und ihren zwei gemeinsamen Kindern.
Nach seiner Wiedereinreise im Jahre 1999 wurde der Kläger, wie folgt, strafgerichtlich verurteilt:
10 
- Urteil des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 5. März 2002 wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 5,00 EUR.
11 
- Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 16. September 2002 wegen veruntreuender Unterschlagung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 5,00 EUR, wobei mit Entscheidung vom 20. Januar 2003 nachträglich unter Einbeziehung der früheren Entscheidungen vom 16. September 2002 und 5. März 2002 eine Gesamtstrafe von 40 Tagessätzen zu je 5,00 EUR gebildet wurde.
12 
- Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart - Bad Cannstatt vom 19. August 2004 wegen unerlaubter Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20,00 EUR.
13 
- Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart - Bad Cannstatt vom 18. Januar 2008 wegen Betrugs zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20,00 EUR.
14 
Mit Verfügung vom 30. September 2008 - zugestellt am 6. Oktober 2008 - lehnte die Beklagte sämtliche vom Kläger gestellten Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab und führte zur Begründung aus: Die bisherigen strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers stellten einen Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG dar. Damit erfülle der Kläger die Voraussetzungen der bundesgesetzlichen Altfallregelung des § 104a AufenthG nicht. Gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG könne einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig sei, jedoch abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn dessen Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich und mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses in absehbarer Zeit nicht zu rechnen sei. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis scheitere am Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 AufenthG, insbesondere weil Ausweisungsgründe nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vorlägen. Der Kläger habe in regelmäßigen Abständen Rechtsvorschriften missachtet und sei zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt worden. Die Ausländerbehörde dürfe beim Vorliegen von Ausweisungsgründen, wie im Falle des Klägers, keine Aufenthaltserlaubnis erteilen. Ein atypischer Geschehensablauf sei vorliegend nicht gegeben, so dass ein Abweichen von der Regel nicht in Betracht komme. Allerdings ermögliche es § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Anwendung des § 5 Abs. 1 AufenthG abzusehen. lm Rahmen des der Behörde eröffneten Ermessens dürfe sich diese davon leiten lassen, dass der Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entgegenstehen dürfen. Ob dies der Fall sei, berücksichtige sie nach der Art und Schwere der Verstöße, nach der vom Ausländer ausgehenden Gefahr und der Nachhaltigkeit, mit der er Rechtsverstöße begehe, unter Beachtung der Dauer seines Aufenthalts. Der Kläger habe seit seiner Einreise in regelmäßigen Abständen gegen Rechtsnormen verstoßen. Neben mehreren Verkehrsdelikten lägen Delikte der gefährlichen Körperverletzung, der veruntreuenden Unterschlagung, der unerlaubten Erwerbstätigkeit und des Betrugs vor. Dabei sei besonders markant, dass das Betrugsdelikt erst vor kurzem begangen worden sei. Dieses erst kürzlich begangene Delikt lasse befürchten, dass sich der Kläger auch künftig nicht straffrei führen werde. Die regelmäßig begangenen Verstöße überstiegen auch die Grenze, die im Rahmen einer Aufenthaltsverfestigung außer Betracht bleiben könnten. Aus den vorgenannten Gründen könne beim Kläger auch kein Absehen von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 3 AufenthG in Betracht kommen. Damit scheitere die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG bereits an § 5 Abs. 1 und 3 AufenthG, unabhängig davon, dass die Voraussetzungen eines rechtlichen Ausreisehindernisses nach Art. 6 GG aufgrund der familiären Verbundenheit mit den leiblichen Kindern und der Lebensgefährtin vorlägen. Sonstige Gründe, die diese Entscheidung als unverhältnismäßig oder als Härte erscheinen ließen, seien nicht bekannt bzw. vorgetragen worden.
15 
Der Kläger erhob am 7. Oktober 2008 Widerspruch, der vom Regierungspräsidium Stuttgart mit am 8. Dezember 2008 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 2008 zurückgewiesen wurde. ln seiner Begründung führte das Regierungspräsidium Stuttgart ergänzend aus: Im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG könnten Ausweisungstatbestände außer Betracht bleiben, die auch eine Aufenthaltsverfestigung nicht verhinderten (§ 9 Abs. 2 Nr. 4 AufenthG). Eine positive Ermessensentscheidung komme dann nicht in Betracht, wenn Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung unter Berücksichtigung der Schwere oder Art des Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder der vom Ausländer ausgehenden Gefahr unter Berücksichtigung der Dauer des bisherigen Aufenthalts und dem Bestehen von Bindungen im Bundesgebiet entgegenstehe. Dies sei im Regelfall anzunehmen, wenn der Ausländer in den letzten drei Jahren nicht wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Jugendstrafe, einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten und einer Geldstrafe von mindestens 90 Tagessätzen verurteilt worden sei. Das würde im Falle des Klägers zutreffen, da er in der Zeit zwischen 2005 bis 2008 lediglich wegen eines Betrugsdelikts zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt worden sei. Beim Kläger bestehe jedoch die Gefahr weiterer zukünftiger Rechtsverletzungen, weshalb bei ihm nicht vom Regelfall ausgegangen werden könne. Seit dem Jahr 1991 verstoße er kontinuierlich gegen Rechtsvorschriften. Eine zukünftige erneute Straffälligkeit könne aufgrund dieses Schemas nicht ausgeschlossen werden. Dabei seien die Anforderungen an den Wahrscheinlichkeitsmaßstab vom Gewicht des bedrohten Rechtsguts einerseits und den schützenswerten Belangen des Ausländers andererseits abhängig. Die Nachhaltigkeit, mit der sich der Kläger in verschiedenen Bereichen über Rechtsgüter hinwegsetze, lasse aber in der Abwägung derzeit eine abschließende positive Prognose nicht zu. Die Gefahr künftiger Rechtsverletzungen sei nicht ausgeschlossen, wie auch das neue Strafverfahren aus dem Jahr 2008 zeige. Deshalb sei im Falle des Klägers unter Berücksichtigung der schutzwürdigen privaten Belange wegen der von ihm ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung eine Ausnahme nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht möglich.
16 
Der Kläger erhob am 8. Januar 2009 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart und trug zur Begründung vor: Der strafgerichtlichen Verurteilung von 2003 habe zugrunde gelegen, dass er sich geweigert habe, eine defekte Videokassette, die die Familie ausgeliehen und die das Kind Marina in seinem Spieltrieb zerstört gehabt habe und für die mehrere hundert Mark verlangt worden seien, zu bezahlen. Die weitere Tat habe einen fahrlässigen Verstoß wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis betroffen. Mit der Verurteilung im Jahre 2004 sei das ausländerrechtliche Verbot, ohne Erlaubnis eine Geschäftsführertätigkeit auszuüben, geahndet worden. Die Verurteilung im Jahre 2008 habe sich auf eine von ihm nicht vollständig bezahlte Rechnung bezogen. Hintergrund seien dauerhafte Ehestreitigkeiten der Inhaberin der Gaststätte mit deren Ehemann, der ein Bekannter von ihm sei, gewesen. Ihm sei eine überhöhte Rechnung in Höhe von 170 EUR vorgelegt worden, während der tatsächliche Wert nur 100 EUR betragen habe; diesen Betrag habe er auch bezahlt. Er sei kein klassischer Straftäter und schon gar nicht einer der Ausweisung unterliegender „Wiederholungstäter" mit andauernder Missachtung der Rechtsordnung.
17 
Die Beklagte trat der Klage aus den Gründen der angefochtenen Verfügungen entgegen.
18 
Durch Urteil vom 10. Juni 2009 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG.
19 
Die Ablehnung der Beklagten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Aufgrund der vom Kläger seit seiner Einreise begangenen, aus dem Bundeszentralregister noch nicht getilgten und daher verwertbaren Straftaten erfülle dieser die Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht. Durch die vom Kläger begangenen zahlreichen Straftaten liege bei ihm zweifellos ein Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vor. Die Beklagte habe im angefochtenen Bescheid die nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG notwendige Ermessensentscheidung getroffen und geprüft, ob hier die Erteilung eines Aufenthaltstitels ausnahmsweise in Betracht komme, da keine Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entgegenstünden. Unter Berücksichtigung der Art und Schwere der vom Kläger seit seiner Einreise in regelmäßigen Abständen begangenen Rechtsverstöße (Verkehrsdelikte, gefährliche Körperverletzung, veruntreuende Unterschlagung, unerlaubte Erwerbstätigkeit, Betrug) komme die Beklagte zum Ergebnis, es sei zu befürchten, dass sich der Kläger auch künftig nicht straffrei führen werde. Der Kläger habe kontinuierlich in den letzten 15 Jahren gegen die Rechtsordnung verstoßen, weshalb die Beklagte auch unter Berücksichtigung der schutzwürdigen privaten Belange wegen der von ihm immer noch ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung eine Ausnahme nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ablehne. Diese Sicht sei jedenfalls zum Zeitpunkt der heutigen mündlichen Verhandlung noch vertretbar. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung des § 104 a Abs. 1 AufenthG. Nach § 104 a Abs. 1 Nr. 6 sei hierfür weitere Voraussetzung, dass der Ausländer nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt worden sei, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylverfahrensgesetz nur von Ausländern begangen werden könnten, grundsätzlich außer Betracht blieben. Mehrere Geldstrafen seien jeweils zu addieren. Die beim Kläger zu berücksichtigenden, nicht getilgten Vorstrafen überstiegen in ihrer Summe von über 100 Tagessätzen bei weitem die in § 104 a Abs. 1 Nr. 6 AufenthG festgelegte Schranke von 50 Tagessätzen.
20 
Das Urteil wurde dem Kläger am 23. Juni 2009 zugestellt.
21 
Am 22. Juli 2009 hat der Kläger die Zulassung der Berufung beantragt und am 24. August (einem Montag) die Begründung vorgelegt.
22 
Mit Beschluss vom 7. September 2009 – dem Kläger am 14. September zugestellt - hat der Senat im Hinblick auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Berufung zugelassen.
23 
Am 9. Oktober 2009 hat der Kläger unter Stellung eines Sachantrags die Berufung begründet: Er ist der Auffassung, dass im Hinblick auf seine familiären Beziehungen zu seinen leiblichen Kindern ein Ausnahmefall gegeben sei, der es rechtfertige von der Nichterfüllung der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abzusehen, auch sei das im Rahmen des § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG der Beklagten eingeräumte Ermessen zu seinen Gunsten auszuüben; jedenfalls aber seien seine familiären grundrechtlich geschützten Belange nicht hinreichend gewürdigt worden, weshalb die Entscheidung ermessensfehlerhaft sei.
24 
Der Kläger beantragt,
25 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Juni 2009 - 8 K 73/09 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 30. September 2008 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 5. Dezember 2008 zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen; hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, über seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
26 
Die Beklagte beantragt,
27 
die Berufung zurückzuweisen.
28 
Sie führt ergänzend aus: Der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG stehe entgegen, dass die Vorschriften des 6. Abschnitts den Familiennachzug abschließend regelten. Insbesondere werde gerade durch § 29 Abs. 3 Satz 2 AufenthG in der hier vorliegenden Fallkonstellation ein Familiennachzug ausgeschlossen. Im Übrigen sei der Lebensunterhalt der Familie nicht vollständig gesichert.
29 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze vom 9. Oktober, 2., 12., 13. und 17. November 2009 verwiesen.
30 
Dem Senat lagen die von der Beklagten geführte Ausländerakte des Klägers (Bl. 1 – 285) und von Frau xxx (Bl. 1 - 221), die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Stuttgart (Bl. 1 – 97b) sowie die Strafakten des Amtsgerichts Stuttgart Bad-Cannstatt (Az. B 2 Cs 85 Js 422/08 3258, B 4 Cs 134 Js 63466/03 3258 und B 1 Cs 23 Js 60690/02 3256) vor.

Entscheidungsgründe

 
31 
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
32 
Der Kläger hat einen Regelanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Ihm ist es aus Rechtsgründen seit mehr als 18 Monaten unverschuldet unmöglich, auszureisen (vgl. § 25 Abs. 5 S. 2 und 3 AufenthG).
33 
Art. 6 Abs. 1 und 2 GG bzw. Art. 8 EMRK begründen im Falle des Klägers mit Rücksicht auf die seit Jahren gelebte familiäre Gemeinschaft mit seinen Kindern und seiner Lebensgefährtin nicht nur ein rechtlich begründetes Abschiebungsverbot, sondern auch eine atypische Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG.
34 
Das Erstere wird auch von der Beklagten nicht infrage gestellt, wie sich nicht zuletzt aus der Tatsache ablesen lässt, dass sie seit dem Jahre 2002 dem Kläger ununterbrochen Duldungen erteilt hat.
35 
Nach Aktenlage und nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung geht der Senat davon aus, dass der Kläger eine familiäre Lebensgemeinschaft mit seinen Kindern und seiner Lebensgefährtin, Frau xxx, weder in deren Herkunftsland Bosnien-Herzegowina noch in seinem Herkunftsland Serbien auf absehbare Zeit herstellen kann. Eine Herstellung in Bosnien und Herzegowina ist schon deshalb rechtlich nicht möglich, weil Frau xxx insoweit aufgrund der rechtskräftigen Feststellung des Bundesamts Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG bzw. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG genießt und aus diesem Grund zusammen mit den Kindern im Besitz eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist und im Übrigen mittlerweile auch einen Anspruch auf Erteilung eines Titels nach § 25 Abs. 3 AufenthG haben wird. Eine Herstellung der Lebensgemeinschaft in Serbien scheitert gegenwärtig daran, dass Frau xxx und die Kinder nach Überzeugung des Senats nur die Staatsangehörigkeit von Bosnien-Herzegowina besitzen. Es gibt keinen ausreichenden Anhalt, dass sie die serbische Staatsangehörigkeit haben könnten. Die Eltern von Frau xxx wurden beide in Bosnien geboren und haben beide dort noch bis nach der Geburt von Frau xxx gelebt. Ihre Mutter ist erst später im Zuge der Trennung der Eltern nach Slowenien gegangen (vgl. Niederschrift des Bundesamts vom 2. November 2000, S. 3). Es muss daher davon ausgegangen werden, dass Frau xxx durch Geburt die Staatsangehörigkeit der früheren Teilrepublik Bosnien erworben hat, die später in die Staatsangehörigkeit des neuen Staates Bosnien und Herzegowina überging (vgl. Auswärtiges Amt Lagebericht Bosnien und Herzegowina v. 4. Mai 2000). Davon geht auch das Verwaltungsgericht Stuttgart im Urteil v. 25. Juli 2003 (A 16 K 10520/02) aus. Zwar kommt auch in Betracht, dass Frau xxx durch ihre Geburt in Serbien die serbische Staatsangehörigkeit erworben haben könnte, die darauf beruht, dass ihre Mutter sich zur Geburt in das Krankenhaus der grenznahen Stadt L. begab. Allerdings konnte man von Rechts wegen nur die Staatsangehörigkeit einer Teilrepublik haben, weshalb die Eltern eine Bestimmung treffen mussten, welche Staatsangehörigkeit das Kind haben sollte (vgl. zu alledem auch Osteuropa-Institut v. 6. Februar 1995). Wenn in diesem Zusammenhang eine Staatsangehörigkeitsbescheinigung über den Besitz der Staatsangehörigkeit von Bosnien und Herzegowina vom 26. Juli 1999 vorliegt und Frau xxx zwei Mal ein Pass von Bosnien und Herzegowina ausgestellt wurde (vgl. vgl. Niederschrift des Bundesamts vom 2. November 2000, S. 2), kann nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden, dass die Option zugunsten Serbien ausgeübt worden war, wenn man den ständigen Aufenthalt der Eltern in Bosnien, aber auch den eigenen von Frau xxx in Rechnung stellt, die, wie sie in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, in Bosnien gelebt hat, dort zur Schule gegangen ist und ihre Ausbildung zur Krankenschwester gemacht hat, bis sie den Kläger kennen gelernt hat. Die von ihr im Rahmen der Anhörung durch das Bundesamt am 2. November 2000 gemachten Angaben sind, wie sich aus deren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung ergab, wohl in der Weise zu verstehen, dass sie sich nur deshalb bei der Passbeschaffung der Hilfe anderer bedient hatte, weil sie, die damals ohne einen Pass in Serbien lebte, keine Möglichkeiten sah, sich einen Pass in Bosnien und Herzegowina ausstellen zu lassen. Dass Frau xxx nicht die serbische Staatsangehörigkeit besitzt, hat offenbar bislang auch die Beklagte so gesehen, nachdem es in den letzten etwa zehn Jahren keinen einzigen Versuch ihrerseits gegeben hat, den Aufenthalt nach Serbien zu beenden. Es kann daher offen bleiben, ob Frau xxx eine Ausreise nach Serbien zuzumuten wäre. Denn immerhin dürfte sie dort ihre schwere Traumatisierung, die heute noch ständig zu behandeln ist, erlitten haben. Mit Rücksicht auf die Bindungswirkung des § 42 AsylVfG wäre der Senat allerdings ohnehin an einer diesbezüglichen Feststellung gehindert.
36 
Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis steht § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ausnahmsweise deshalb nicht entgegen, weil ein atypischer Ausnahmefall vorliegt.
37 
Es bedarf keiner Erörterung, dass der Kläger mit Rücksicht auf die vielfältigen bislang nicht getilgten Straftaten in seiner Person den Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG erfüllt, weshalb dem Grundsatz nach an sich die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht gegeben ist. Auch wenn der Kläger seit Begehung der letzten Straftat im Oktober 2007 nicht erneut verurteilt wurde, so trifft es sicherlich zu, dass angesichts seiner bisherigen strafgerichtlichen Verurteilungen keine hinreichend gesicherte Grundlage für die Annahme besteht, er werde in Zukunft nicht wieder straffällig werden. Abgesehen von der nunmehr über 14 Jahre zurück liegenden Verurteilung im Jahre 1995 wegen gefährlicher Körperverletzung, die einen - allerdings auf beiderseitige verbale Provokationen zurückzuführenden - gewalttätigen Angriff des Klägers betraf, bei dem dieser dem Opfer in den Unterleib trat, sodass diesem ein Hoden entfernt werden musste, und den Kiefer brach, handelte es sich aber durchgängig um nicht einmal mittel-schwere Delikte, die sämtlich nicht in ein Führungszeugnis einzutragen sind. Die höchste Einzelstrafe betrug, im Übrigen nur wegen eines im Jahre 1993 fahrlässig begangenen Delikts, 50 Tagessätze und nach der Wiedereinreise sogar nur noch 30 Tagessätze. Es besteht hiernach kein Anhaltspunkt, der Kläger könne wieder in einem Maße straffällig werden, wie dies im Jahre 1995 der Fall war, zumal er wegen eines einzigen Gewaltdelikts auffällig wurde, als er noch erheblich jünger und noch nicht in eine intensive familiäre Beziehung eingebunden war.
38 
Art. 6 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 EMRK können im Einzelfall nach Abwägung mit allen Aspekten des den Ausweisungsgrund begründenden Sachverhalts einen atypischen Ausnahmefall begründen. Der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG umfasst namentlich die Freiheit der Eheschließung und Familiengründung sowie das Recht auf ein eheliches und familiäres Zusammenleben (BVerfG, Beschluss v. 12. Mai 1987 - 2 BvR 1226/83 u.a. - BVerfGE 76, 1 <42>). Art. 6 Abs. 1 GG begründet grundsätzlich aber noch keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren die bestehenden familiären Bindungen an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 12. Mai 1987 – a.a.O.; Beschluss v. 11. Mai 2007 - 2 BvR 2483/06 - InfAuslR 2007, 336 <337>). Für die Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG ist die Frage, ob es den anderen Familienangehörigen zumutbar ist, den Kläger in sein Herkunftsland zu begleiten, von erheblicher Bedeutung. Denn wenn die familiäre Lebensgemeinschaft nur in der Bundesrepublik Deutschland gelebt werden kann, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen der Bundesrepublik nicht zumutbar ist - etwa weil ihm dort flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung oder sonstige schwerwiegende Beeinträchtigungen von Leib, Leben oder Freiheit drohen -, drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, regelmäßig einwanderungspolitische Belange zurück (vgl. BVerfG, Beschluss v. 18. April 1989 - 2 BvR 1169/84 - BVerfGE 80, 81 <95>). Eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG liegt dagegen fern, wenn die Lebensgemeinschaft zumutbar auch im gemeinsamen Herkunftsland geführt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil v. 26. August 2008 - 1 C 32.07 – BVerwGE 131, 370, Rn. 27). Denn Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistet nicht das Recht, die familiäre Lebensgemeinschaft in Deutschland zu führen, wenn dies auch in einem anderen Land zumutbar möglich ist. Auch für die Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs in den Schutzbereich des Art. 8 EMRK kommt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte der Frage erhebliche Bedeutung zu, ob das Familienleben ohne Hindernisse auch im Herkunftsland möglich ist (vgl. EGMR, Urteil v. 19. Februar 1996 - 53/1995/559/645 - InfAuslR 1996, 245, Gül; Urteil v. 28. November 1996 - 73/1995/579/665 - InfAuslR 1997, 141, Ahmut) oder ob der Nachzug das einzige adäquate Mittel darstellt, in familiärer Gemeinschaft zu leben (vgl. EGMR, Urteil v. 21. Dezember 2001 - 31465/96 - InfAuslR 2002, 334, Sen).
39 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein Ausnahmefall vor, wenn entweder besondere, atypische Umstände vorliegen, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen, oder die Erteilung des Aufenthaltstitels aus Gründen höherrangigen Rechts wie etwa Art. 6 GG oder im Hinblick auf Art. 8 EMRK geboten ist, z.B. weil die Herstellung der Familieneinheit im Herkunftsland nicht möglich ist (vgl. Urteil v. 30. April 2009 – 1 C 3.08 – InfAuslR 2009, 333 m.w.N.). Der letztgenannte Gesichtspunkt wurde allerdings spezifisch im Zusammenhang mit der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG entwickelt und bedarf hinsichtlich der Regelerteilungsvoraussetzung des nicht vorliegenden Ausweisungsgrundes der Modifizierung. Denn allein der Umstand, dass die Herstellung der Familieneinheit im Herkunftsland nicht möglich ist, vermag nicht unterschiedslos alle Ausweisungsgründe ungeachtet ihres jeweiligen Gewichts zu überwinden. Maßgeblich kann nur sein, dass das Gewicht des jeweils konkret verwirklichten Ausweisungsgrundes mit den verfassungsrechtlichen aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG folgenden Erfordernissen in Beziehung gesetzt und abgewogen werden muss. Denn es kann nicht zweifelhaft sein, dass nicht jeder Ausweisungsgrund von geringem Gewicht geeignet sein kann, den verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie zu überspielen. Die Frage, ob eine Ausnahme vorliegt, unterliegt hiernach aber voller gerichtlicher Überprüfung und Einschätzung. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz (vgl. Urteil v. 30. April 2009 – 1 C 3.08 – InfAuslR 2009, 333 m.w.N.).
40 
Diese hier zu beachtende unmittelbare verfassungsrechtliche Wertung von hohem Rang relativiert das ohnehin nicht hohe Gewicht des Ausweisungsgrundes erheblich und nimmt ihm daher das typische, die Versagung des Titels rechtfertigende und tragende Gewicht, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass die letzte Straftat immerhin über zwei Jahre zurückliegt. Für die Annahme eines atypischen Ausnahmefalls, der ein Abweichen von der Regel gebietet, streitet nicht zuletzt, dass von Verfassungs wegen der Beziehung des Vaters zu seinen heranwachsenden Kindern und dem von ihm neben der Mutter zu leistenden eigenständigen Erziehungsbeitrag ein hohes verfassungsrechtliches Gewicht zukommt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss v. 31. August 1999 - 2 BvR 1523/99 - InfAuslR 2000, 67; v. 8. Dezember 2005 – 2 BvR 1001/04 – InfAuslR 2006, 122). In gewissem Umfang wird man das Gewicht des Regelversagungsgrundes des Nichtvorliegens eines Ausweisungsgrundes auch mit der Erwägung vorsichtig relativieren müssen, dass es hier um einen Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG geht, der gerade in Abweichung von der Sperrwirkung der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG erteilt werden kann (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 187 m.w.N.), mit anderen Worten, dass hier als ein typischer Anwendungsfall gerade ein Fall vorliegen kann, bei dem in der Vergangenheit eine Ausweisung ausgesprochen worden war. Die vom Kläger gelebte enge familiäre Lebensgemeinschaft mit seinen Kindern, die sich noch in einem Alter befinden, in dem die Beziehung zwischen ihnen und ihrem Vater und dessen umfassenden Einflüsse auf diese unverzichtbar sind, gebietet es, auch das geringe Risiko der Begehung kleinerer Straftaten hinzunehmen.
41 
Liegt ein solcher Ausnahmefall vor, dann ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insoweit, d.h. unter dem Aspekt des Ausweisungsgrundes, kein weiterer Spielraum für eine noch zu treffende Ermessensentscheidung gegeben (vgl. Urteil v. 30. April 2009 – 1 C 3.08 – InfAuslR 2009, 333).
42 
Demgegenüber kann nicht eingewandt werden, eine Trennung könne (und müsse) durch die Erteilung einer Duldung vermieden werden. Denn das Rechtsinstitut der Duldung ist nicht dazu bestimmt, einen von Verfassungs wegen gebotenen dauernden Aufenthalt zu sichern und zu ermöglichen, was mit Blick auf § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG aus gesetzessystematischen Gründen keinem Zweifel unterliegen kann (vgl. GK-AufenthG § 60a Rdn. 133). Nur dann, wenn das Aufenthaltsgesetz keinerlei Möglichkeit eröffnet, einen legalen Aufenthalt zu begründen, kann und muss dann auch die Duldung diese Lücke schließen, selbst wenn sie einen auf unabsehbare Zeit angelegten Aufenthalt tatsächlich ermöglicht. Im vorliegenden Fall ist aber gerade die aufenthaltsrechtliche Rechtsordnung ausreichend offen, um jedenfalls als Ergebnis einer Abwägung zu einer Legalisierung des Aufenthalts zu kommen. Die aufenthaltsrechtlich anzustellende Abwägung hat hier auch zwischen den Alternativen Beendigung des Aufenthalts einerseits und weiterer zeitlich unabsehbarer Anwesenheit im Bundesgebiet andererseits zu erfolgen, weil andernfalls der nur temporäre Charakter der Duldung aus dem Auge verloren und als dessen Kehrseite das grundsätzlich bestehende rechtliche geschützte Interesse an einer Legalisierungsmöglichkeit vernachlässigt würde.
43 
Dem steht auch nicht entgegen, dass grundsätzlich die Vorschriften des 6. Abschnitts als eine vom Gesetzgeber im Rahmen des ihm eingeräumten Spielraums vorgenommene umfassende Ausgestaltung des Komplexes des Familiennachzugs bzw. der Wahrung der Familieneinheit zu begreifen sind und regelmäßig ein den aus Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK abzuleitenden Anforderungen genügendes aufenthaltsrechtliches Regelwerk darstellen. Nicht zuletzt aus systematischen Gründen folgt hieraus, dass dann, wenn eine Herstellung bzw. Wahrung der Familieneinheit nach dem 6. Abschnitt rechtmäßig versagt werden kann, ein Rückgriff auf die Vorschriften des 5. Abschnitts - und hier regelmäßig auf § 25 Abs. 5 AufenthG - nicht möglich ist. Dies kann jedoch ausnahmsweise dann nicht gelten, wenn Art. 6 Abs. 1 GG etwas anderes gebietet. Ist hiernach rechtlich zwingend eine Trennung der Familie dauerhaft nicht zulässig und kann die Familieneinheit nur im Bundesgebiet hergestellt oder aufrecht erhalten werden, so muss ein solcher Rückgriff zugelassen werden, um nicht in unauflösbaren Konflikt mit vorrangigem Verfassungsrecht zu kommen (vgl. auch VGHBW, Beschluss v. 10. März 2009 - 11 S 2990/08 - InfAuslR 2009, 236). Auch hier gilt wiederum, dass nicht in Art eines Zirkelschlusses darauf verwiesen werden darf, dass mit Rücksicht auf § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG es faktisch nicht zu einer Trennung kommen wird, da die Duldung nicht dazu bestimmt ist, einen voraussichtlich auf Dauer angelegten Aufenthalt zu regeln.
44 
Ein weiterer Versagungsgrund nach § 5 Abs. 1 AufenthG ist hier nicht ersichtlich, insbesondere ist der Lebensunterhalt des Klägers in einer Weise gesichert, dass er keine öffentlichen Mittel in Anspruch nehmen muss (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG). Entgegen der Ansicht der Beklagten ist bei der Bestimmung des Bedarfs und der Prüfung, ob der Kläger Leistungen nach dem SGB II in Anspruch nehmen muss (vgl. zum Maßstab des SGB II BVerwG, Urteil v. 26. August 2008 – 1 C 32.07 – BVerwGE 131, 370), Frau xxx nicht zu berücksichtigten. Der Kläger ist ihr gegenüber nicht unterhaltspflichtig, was von der Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen wird. Daraus folgt weiter, dass beim Kläger bei der Bedarfsberechnung eine diesbezügliche Unterhaltspflicht nicht eingestellt werden darf. Daraus wiederum folgt, dass der Kläger, wie sich aus der folgenden Berechnung ablesen lässt, keinen Anspruch auf Sozialleistungen hat. Einen Leistungsanspruch nach SGB II hat allein Frau xxx. Um deren Aufenthaltsrecht geht es aber nicht, dieses ist auch gegenwärtig nicht infolge der mangelnden Sicherung des Lebensunterhalts in Frage gestellt (vgl. schon Münder, in: LPK-BSHG, 6. Aufl., § 122 Rdn. 15, und nunmehr Brühl, in: Münder, LPK-SGB II, 2005, § 7 Rdn. 29 ff, 33 und 37, wonach derjenige, der über ausreichendes Einkommen und/oder Vermögen verfügt, auch nicht als Empfänger von Sozialhilfeleistungen anzusehen ist, sondern ausschließlich das andere Mitglied der Bedarfsgemeinschaft; vgl. auch OVG BB, Urteil v. 27. August 2009 - 11 B 1.09 - juris; GK-AufenthG, § 2 Rdn. 50).
45 
Für den Kläger und seine beiden unterhaltsberechtigten Kinder ergibt sich folgende Bedarfberechnung:
46 
Regelsatz Kläger
        
359,00 EUR
Regelsätze Kinder
        
502,00 EUR
Miete/Nebenkosten (75 v.H. aus 465,00)
        
349,00 EUR
Pauschbetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2
        
100,00 EUR
Freibetrag nach § 30 SGB II
        
   191,50 EUR
Bedarf
        
1501,50 EUR
47 
Der Freibetrag nach § 30 SGB II errechnet sich in diesem Zusammenhang, wie folgt:
48 
Teilbetrag nach § 30 Satz 2 Nr. 1 SGB II: 20 v.H. aus 700,- EUR
        
140,00 EUR
Teilbetrag nach § 30 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. S. 3: 10 v.H aus 515,- EUR
        
 51,50 EUR
49 
Dem stehen gegenüber Einnahmen:
50 
Nettoeinkommen
        
1315.00 EUR
Kindergeld
        
   328,00 EUR
Einkommen
        
1643,00 EUR
51 
Hieraus ergibt sich ein Überschuss in Höhe von 141,50 EUR.
52 
Selbst wenn man aber dem Ansatz der Beklagten folgt, die eine vollständige Gesamtbetrachtung für richtig erachtet, ergibt sich nicht, dass der Lebensunterhalt nicht gesichert wäre.
53 
Es bestünde folgender Bedarf:
54 
Regelsätze Kläger und Partnerin
        
646,00 EUR
Regelsätze Kinder
        
502,00 EUR
Miete
        
465,00 EUR
Pauschbetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2
        
100,00 EUR
Freibetrag nach § 30 SGB II
        
   191,50 EUR
Bedarf
        
1904,00 EUR
55 
Dem stehen gegenüber Einnahmen:
56 
Nettoeinkommen Kläger
        
1315,00 EUR
Nettoeinkommen Partnerin
        
 120,00 EUR
Kindergeld
        
   328,00 EUR
Einkommen
        
1763,00 EUR
57 
Daraus ergibt sich zwar ein gegenwärtiger Abmangel in Höhe von 152,50 EUR. Frau xxx wird jedoch, wie die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Zusage der Kindertagesstätte „Early Bird Club“ ausweist, ab 4. Januar 2010 auf der Basis von 400,00 EUR als Putzkraft tätig zu sein, weshalb prognostisch gesehen der Lebensunterhalt gesichert sein wird. An der Ernsthaftigkeit und Verlässlichkeit dieser Zusage zu zweifeln, besteht für den Senat kein ausreichender Anlass. Gleichermaßen besteht kein Anhalt dafür, das Frau xxx diese Stelle nicht antreten wird. Zum einen sind die beiden Kinder in einem Alter, das eine stundenweise Beschäftigung ohne weiteres erlaubt. Zum anderen ist sie sich sicherlich der Tatsache bewusst, dass das Aufenthaltsrecht des Klägers andernfalls wieder infrage stehen kann, sofern die Beklagte nicht im Ermessenswege nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Regelerteilungsvoraussetzung absieht oder man - weitergehend -nicht auch hier mit Rücksicht auf die nur geringfügige Unterdeckung von einem atypischen Ausnahmefall auszugehen hätte, was aber gegenwärtig vom Senat nicht beantwortet werden muss (vgl. zu alledem nochmals BVerwG, Urteil v. 30. April 2009 – 1 C 3.08 – InfAuslR 2009, 333).
58 
Im Übrigen haben der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass nach dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgelegten Arbeitsvertrag vom 12. Mai 2009 ein höheres Gehalt vereinbart sei, was in der Tat zutrifft. Der Kläger hat hierzu noch ausgeführt, dass er dieses gegenwärtig nicht vollständig erreichen könne, weil er infolge der Duldung Baden-Württemberg nicht verlassen dürfe.
59 
Der 15 Jahre alte Sohn Alexander, der bei seiner Mutter in deren Familie in xxx lebt, und zu dem der Kläger keine persönliche Beziehung (mehr) hat, ist nicht in die Bedarfsberechnung einzubeziehen. Denn der Kläger hat noch niemals regelmäßig Unterhalt gezahlt, wie er in der mündlichen Verhandlung erläutert hat. Auch hat die Mutter bislang keinen Unterhalt gefordert, geschweige denn dass mit Rücksicht auf unterbliebene Zahlungen durch den Kläger ein Unterhaltsanspruch tituliert wäre. In Anbetracht dessen kann ein allenfalls theoretischer Anspruch, der nicht realisiert wird, nicht zulasten des Klägers in Rechnung gestellt werden. Wäre dies wider Erwarten in der Zukunft doch der Fall, so müsste möglicherweise von einer anderen Sachlage ausgegangen werden.
60 
Allerdings erfüllt der Kläger nicht die Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 AufenthG, da er nur mit einem Schengen-Visum für einen Besuchsaufenthalt eingereist war. Eine Unzumutbarkeit der Einholung des Aufenthaltstitels vom Herkunftsland aus im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG folgt zunächst noch nicht automatisch daraus, dass er mit seinen Kindern in familiärer Gemeinschaft lebt, zumindest dann, wenn, wie hier, die Kinder schon etwas älter sind. Eine Unzumutbarkeit folgt aber daraus, dass der Kläger sich mittlerweile eine berufliche Grundlage in ungekündigter Stellung geschaffen hat, mit der er gerade den Unterhalt der Familie weitgehend sichert. Eine u.U. mehrmonatige Abwesenheit wird den Bestand dieses Arbeitsverhältnis sicherlich ernsthaft gefährden, abgesehen davon kann der Kläger in dieser Zeit dann auf keinen Fall den Unterhalt der Kinder sichern, was auch nicht im öffentlichen Interesse stehen kann. Geht man aber von einer Unzumutbarkeit aus, dann ist - jedenfalls im vorliegenden Fall - nicht ersichtlich, welchen zulässigen Ermessenserwägungen die Beklagte noch anstellen könnte und dürfte, sodass von einer Ermessensreduzierung auszugehen ist (vgl. in diesem Sinne auch Bäuerle, GK-AufenthG, § 5 Rdn. 177).
61 
Im Übrigen können auch die von der Beklagten angestellten Ermessenserwägungen in Bezug auf ein Absehen vom hier vorliegenden Ausweisungsgrund keinen Bestand haben (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Im Bescheid der Beklagten finden sich zu der gesamten familiären Situation des Klägers, insbesondere zu der Beziehung zu seinen Kindern nur der Satz: „Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG scheitert, unabhängig davon, dass die Voraussetzungen eines rechtlichen Abschiebungshindernisses nach Art. 6 GG aufgrund der familiären Verbundenheit mit den leiblichen Kindern und der Lebensgefährtin vorliegen, an § 5 Abs. 1 und 3 AufenthG“; weitere Erwägungen fehlen. Auch im Widerspruchsbescheid wird lediglich pauschal auf „schutzwürdige Belange“ hingewiesen. Beide Bescheide stellen sich der familiären Problematik nicht wirklich, sondern handeln diese lediglich an der Oberfläche mit Leerformeln ab. Insbesondere wird die Frage nicht näher erörtert, ob nicht die Aufrechterhaltung der familiären Lebensgemeinschaft gerade auch im Interesse der Kinder (und nicht in erster Linie des Klägers) es rechtfertigen kann, das geringe Risiko der Begehung weniger gewichtiger Straftaten hinzunehmen. Es fehlt jede vertiefte Auseinandersetzung mit den möglichen Beeinträchtigungen der familiären Gemeinschaft bzw. den konkreten grundrechtlichen Anforderungen an eine individuelle und einzelfallbezogene Abwägung. Vielmehr wird unübersehbar der Eindruck erweckt, dass jede konkrete Gefahr einer Begehung auch geringfügiger Delikte generell auch in Ansehung des Art. 6 GG keine Abweichung ermögliche. Damit und in dieser Pauschalität wird aber den oben unter 1 dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen einer konkreten einzelfallbezogenen Abwägung nicht genügt, die gleichermaßen Geltung beanspruchen, wenn die Frage zu entscheiden ist, ob wenigstens im Ermessenswege von einem Ausweisungsgrund abgesehen wird.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
63 
Ein Grund nach § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
64 
Beschluss vom 18. November 2009
65 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,- EUR festgesetzt.
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
31 
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
32 
Der Kläger hat einen Regelanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Ihm ist es aus Rechtsgründen seit mehr als 18 Monaten unverschuldet unmöglich, auszureisen (vgl. § 25 Abs. 5 S. 2 und 3 AufenthG).
33 
Art. 6 Abs. 1 und 2 GG bzw. Art. 8 EMRK begründen im Falle des Klägers mit Rücksicht auf die seit Jahren gelebte familiäre Gemeinschaft mit seinen Kindern und seiner Lebensgefährtin nicht nur ein rechtlich begründetes Abschiebungsverbot, sondern auch eine atypische Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG.
34 
Das Erstere wird auch von der Beklagten nicht infrage gestellt, wie sich nicht zuletzt aus der Tatsache ablesen lässt, dass sie seit dem Jahre 2002 dem Kläger ununterbrochen Duldungen erteilt hat.
35 
Nach Aktenlage und nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung geht der Senat davon aus, dass der Kläger eine familiäre Lebensgemeinschaft mit seinen Kindern und seiner Lebensgefährtin, Frau xxx, weder in deren Herkunftsland Bosnien-Herzegowina noch in seinem Herkunftsland Serbien auf absehbare Zeit herstellen kann. Eine Herstellung in Bosnien und Herzegowina ist schon deshalb rechtlich nicht möglich, weil Frau xxx insoweit aufgrund der rechtskräftigen Feststellung des Bundesamts Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG bzw. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG genießt und aus diesem Grund zusammen mit den Kindern im Besitz eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist und im Übrigen mittlerweile auch einen Anspruch auf Erteilung eines Titels nach § 25 Abs. 3 AufenthG haben wird. Eine Herstellung der Lebensgemeinschaft in Serbien scheitert gegenwärtig daran, dass Frau xxx und die Kinder nach Überzeugung des Senats nur die Staatsangehörigkeit von Bosnien-Herzegowina besitzen. Es gibt keinen ausreichenden Anhalt, dass sie die serbische Staatsangehörigkeit haben könnten. Die Eltern von Frau xxx wurden beide in Bosnien geboren und haben beide dort noch bis nach der Geburt von Frau xxx gelebt. Ihre Mutter ist erst später im Zuge der Trennung der Eltern nach Slowenien gegangen (vgl. Niederschrift des Bundesamts vom 2. November 2000, S. 3). Es muss daher davon ausgegangen werden, dass Frau xxx durch Geburt die Staatsangehörigkeit der früheren Teilrepublik Bosnien erworben hat, die später in die Staatsangehörigkeit des neuen Staates Bosnien und Herzegowina überging (vgl. Auswärtiges Amt Lagebericht Bosnien und Herzegowina v. 4. Mai 2000). Davon geht auch das Verwaltungsgericht Stuttgart im Urteil v. 25. Juli 2003 (A 16 K 10520/02) aus. Zwar kommt auch in Betracht, dass Frau xxx durch ihre Geburt in Serbien die serbische Staatsangehörigkeit erworben haben könnte, die darauf beruht, dass ihre Mutter sich zur Geburt in das Krankenhaus der grenznahen Stadt L. begab. Allerdings konnte man von Rechts wegen nur die Staatsangehörigkeit einer Teilrepublik haben, weshalb die Eltern eine Bestimmung treffen mussten, welche Staatsangehörigkeit das Kind haben sollte (vgl. zu alledem auch Osteuropa-Institut v. 6. Februar 1995). Wenn in diesem Zusammenhang eine Staatsangehörigkeitsbescheinigung über den Besitz der Staatsangehörigkeit von Bosnien und Herzegowina vom 26. Juli 1999 vorliegt und Frau xxx zwei Mal ein Pass von Bosnien und Herzegowina ausgestellt wurde (vgl. vgl. Niederschrift des Bundesamts vom 2. November 2000, S. 2), kann nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden, dass die Option zugunsten Serbien ausgeübt worden war, wenn man den ständigen Aufenthalt der Eltern in Bosnien, aber auch den eigenen von Frau xxx in Rechnung stellt, die, wie sie in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, in Bosnien gelebt hat, dort zur Schule gegangen ist und ihre Ausbildung zur Krankenschwester gemacht hat, bis sie den Kläger kennen gelernt hat. Die von ihr im Rahmen der Anhörung durch das Bundesamt am 2. November 2000 gemachten Angaben sind, wie sich aus deren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung ergab, wohl in der Weise zu verstehen, dass sie sich nur deshalb bei der Passbeschaffung der Hilfe anderer bedient hatte, weil sie, die damals ohne einen Pass in Serbien lebte, keine Möglichkeiten sah, sich einen Pass in Bosnien und Herzegowina ausstellen zu lassen. Dass Frau xxx nicht die serbische Staatsangehörigkeit besitzt, hat offenbar bislang auch die Beklagte so gesehen, nachdem es in den letzten etwa zehn Jahren keinen einzigen Versuch ihrerseits gegeben hat, den Aufenthalt nach Serbien zu beenden. Es kann daher offen bleiben, ob Frau xxx eine Ausreise nach Serbien zuzumuten wäre. Denn immerhin dürfte sie dort ihre schwere Traumatisierung, die heute noch ständig zu behandeln ist, erlitten haben. Mit Rücksicht auf die Bindungswirkung des § 42 AsylVfG wäre der Senat allerdings ohnehin an einer diesbezüglichen Feststellung gehindert.
36 
Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis steht § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ausnahmsweise deshalb nicht entgegen, weil ein atypischer Ausnahmefall vorliegt.
37 
Es bedarf keiner Erörterung, dass der Kläger mit Rücksicht auf die vielfältigen bislang nicht getilgten Straftaten in seiner Person den Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG erfüllt, weshalb dem Grundsatz nach an sich die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht gegeben ist. Auch wenn der Kläger seit Begehung der letzten Straftat im Oktober 2007 nicht erneut verurteilt wurde, so trifft es sicherlich zu, dass angesichts seiner bisherigen strafgerichtlichen Verurteilungen keine hinreichend gesicherte Grundlage für die Annahme besteht, er werde in Zukunft nicht wieder straffällig werden. Abgesehen von der nunmehr über 14 Jahre zurück liegenden Verurteilung im Jahre 1995 wegen gefährlicher Körperverletzung, die einen - allerdings auf beiderseitige verbale Provokationen zurückzuführenden - gewalttätigen Angriff des Klägers betraf, bei dem dieser dem Opfer in den Unterleib trat, sodass diesem ein Hoden entfernt werden musste, und den Kiefer brach, handelte es sich aber durchgängig um nicht einmal mittel-schwere Delikte, die sämtlich nicht in ein Führungszeugnis einzutragen sind. Die höchste Einzelstrafe betrug, im Übrigen nur wegen eines im Jahre 1993 fahrlässig begangenen Delikts, 50 Tagessätze und nach der Wiedereinreise sogar nur noch 30 Tagessätze. Es besteht hiernach kein Anhaltspunkt, der Kläger könne wieder in einem Maße straffällig werden, wie dies im Jahre 1995 der Fall war, zumal er wegen eines einzigen Gewaltdelikts auffällig wurde, als er noch erheblich jünger und noch nicht in eine intensive familiäre Beziehung eingebunden war.
38 
Art. 6 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 EMRK können im Einzelfall nach Abwägung mit allen Aspekten des den Ausweisungsgrund begründenden Sachverhalts einen atypischen Ausnahmefall begründen. Der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG umfasst namentlich die Freiheit der Eheschließung und Familiengründung sowie das Recht auf ein eheliches und familiäres Zusammenleben (BVerfG, Beschluss v. 12. Mai 1987 - 2 BvR 1226/83 u.a. - BVerfGE 76, 1 <42>). Art. 6 Abs. 1 GG begründet grundsätzlich aber noch keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren die bestehenden familiären Bindungen an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 12. Mai 1987 – a.a.O.; Beschluss v. 11. Mai 2007 - 2 BvR 2483/06 - InfAuslR 2007, 336 <337>). Für die Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG ist die Frage, ob es den anderen Familienangehörigen zumutbar ist, den Kläger in sein Herkunftsland zu begleiten, von erheblicher Bedeutung. Denn wenn die familiäre Lebensgemeinschaft nur in der Bundesrepublik Deutschland gelebt werden kann, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen der Bundesrepublik nicht zumutbar ist - etwa weil ihm dort flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung oder sonstige schwerwiegende Beeinträchtigungen von Leib, Leben oder Freiheit drohen -, drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, regelmäßig einwanderungspolitische Belange zurück (vgl. BVerfG, Beschluss v. 18. April 1989 - 2 BvR 1169/84 - BVerfGE 80, 81 <95>). Eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG liegt dagegen fern, wenn die Lebensgemeinschaft zumutbar auch im gemeinsamen Herkunftsland geführt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil v. 26. August 2008 - 1 C 32.07 – BVerwGE 131, 370, Rn. 27). Denn Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistet nicht das Recht, die familiäre Lebensgemeinschaft in Deutschland zu führen, wenn dies auch in einem anderen Land zumutbar möglich ist. Auch für die Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs in den Schutzbereich des Art. 8 EMRK kommt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte der Frage erhebliche Bedeutung zu, ob das Familienleben ohne Hindernisse auch im Herkunftsland möglich ist (vgl. EGMR, Urteil v. 19. Februar 1996 - 53/1995/559/645 - InfAuslR 1996, 245, Gül; Urteil v. 28. November 1996 - 73/1995/579/665 - InfAuslR 1997, 141, Ahmut) oder ob der Nachzug das einzige adäquate Mittel darstellt, in familiärer Gemeinschaft zu leben (vgl. EGMR, Urteil v. 21. Dezember 2001 - 31465/96 - InfAuslR 2002, 334, Sen).
39 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein Ausnahmefall vor, wenn entweder besondere, atypische Umstände vorliegen, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen, oder die Erteilung des Aufenthaltstitels aus Gründen höherrangigen Rechts wie etwa Art. 6 GG oder im Hinblick auf Art. 8 EMRK geboten ist, z.B. weil die Herstellung der Familieneinheit im Herkunftsland nicht möglich ist (vgl. Urteil v. 30. April 2009 – 1 C 3.08 – InfAuslR 2009, 333 m.w.N.). Der letztgenannte Gesichtspunkt wurde allerdings spezifisch im Zusammenhang mit der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG entwickelt und bedarf hinsichtlich der Regelerteilungsvoraussetzung des nicht vorliegenden Ausweisungsgrundes der Modifizierung. Denn allein der Umstand, dass die Herstellung der Familieneinheit im Herkunftsland nicht möglich ist, vermag nicht unterschiedslos alle Ausweisungsgründe ungeachtet ihres jeweiligen Gewichts zu überwinden. Maßgeblich kann nur sein, dass das Gewicht des jeweils konkret verwirklichten Ausweisungsgrundes mit den verfassungsrechtlichen aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG folgenden Erfordernissen in Beziehung gesetzt und abgewogen werden muss. Denn es kann nicht zweifelhaft sein, dass nicht jeder Ausweisungsgrund von geringem Gewicht geeignet sein kann, den verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie zu überspielen. Die Frage, ob eine Ausnahme vorliegt, unterliegt hiernach aber voller gerichtlicher Überprüfung und Einschätzung. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz (vgl. Urteil v. 30. April 2009 – 1 C 3.08 – InfAuslR 2009, 333 m.w.N.).
40 
Diese hier zu beachtende unmittelbare verfassungsrechtliche Wertung von hohem Rang relativiert das ohnehin nicht hohe Gewicht des Ausweisungsgrundes erheblich und nimmt ihm daher das typische, die Versagung des Titels rechtfertigende und tragende Gewicht, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass die letzte Straftat immerhin über zwei Jahre zurückliegt. Für die Annahme eines atypischen Ausnahmefalls, der ein Abweichen von der Regel gebietet, streitet nicht zuletzt, dass von Verfassungs wegen der Beziehung des Vaters zu seinen heranwachsenden Kindern und dem von ihm neben der Mutter zu leistenden eigenständigen Erziehungsbeitrag ein hohes verfassungsrechtliches Gewicht zukommt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss v. 31. August 1999 - 2 BvR 1523/99 - InfAuslR 2000, 67; v. 8. Dezember 2005 – 2 BvR 1001/04 – InfAuslR 2006, 122). In gewissem Umfang wird man das Gewicht des Regelversagungsgrundes des Nichtvorliegens eines Ausweisungsgrundes auch mit der Erwägung vorsichtig relativieren müssen, dass es hier um einen Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG geht, der gerade in Abweichung von der Sperrwirkung der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG erteilt werden kann (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 187 m.w.N.), mit anderen Worten, dass hier als ein typischer Anwendungsfall gerade ein Fall vorliegen kann, bei dem in der Vergangenheit eine Ausweisung ausgesprochen worden war. Die vom Kläger gelebte enge familiäre Lebensgemeinschaft mit seinen Kindern, die sich noch in einem Alter befinden, in dem die Beziehung zwischen ihnen und ihrem Vater und dessen umfassenden Einflüsse auf diese unverzichtbar sind, gebietet es, auch das geringe Risiko der Begehung kleinerer Straftaten hinzunehmen.
41 
Liegt ein solcher Ausnahmefall vor, dann ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insoweit, d.h. unter dem Aspekt des Ausweisungsgrundes, kein weiterer Spielraum für eine noch zu treffende Ermessensentscheidung gegeben (vgl. Urteil v. 30. April 2009 – 1 C 3.08 – InfAuslR 2009, 333).
42 
Demgegenüber kann nicht eingewandt werden, eine Trennung könne (und müsse) durch die Erteilung einer Duldung vermieden werden. Denn das Rechtsinstitut der Duldung ist nicht dazu bestimmt, einen von Verfassungs wegen gebotenen dauernden Aufenthalt zu sichern und zu ermöglichen, was mit Blick auf § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG aus gesetzessystematischen Gründen keinem Zweifel unterliegen kann (vgl. GK-AufenthG § 60a Rdn. 133). Nur dann, wenn das Aufenthaltsgesetz keinerlei Möglichkeit eröffnet, einen legalen Aufenthalt zu begründen, kann und muss dann auch die Duldung diese Lücke schließen, selbst wenn sie einen auf unabsehbare Zeit angelegten Aufenthalt tatsächlich ermöglicht. Im vorliegenden Fall ist aber gerade die aufenthaltsrechtliche Rechtsordnung ausreichend offen, um jedenfalls als Ergebnis einer Abwägung zu einer Legalisierung des Aufenthalts zu kommen. Die aufenthaltsrechtlich anzustellende Abwägung hat hier auch zwischen den Alternativen Beendigung des Aufenthalts einerseits und weiterer zeitlich unabsehbarer Anwesenheit im Bundesgebiet andererseits zu erfolgen, weil andernfalls der nur temporäre Charakter der Duldung aus dem Auge verloren und als dessen Kehrseite das grundsätzlich bestehende rechtliche geschützte Interesse an einer Legalisierungsmöglichkeit vernachlässigt würde.
43 
Dem steht auch nicht entgegen, dass grundsätzlich die Vorschriften des 6. Abschnitts als eine vom Gesetzgeber im Rahmen des ihm eingeräumten Spielraums vorgenommene umfassende Ausgestaltung des Komplexes des Familiennachzugs bzw. der Wahrung der Familieneinheit zu begreifen sind und regelmäßig ein den aus Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK abzuleitenden Anforderungen genügendes aufenthaltsrechtliches Regelwerk darstellen. Nicht zuletzt aus systematischen Gründen folgt hieraus, dass dann, wenn eine Herstellung bzw. Wahrung der Familieneinheit nach dem 6. Abschnitt rechtmäßig versagt werden kann, ein Rückgriff auf die Vorschriften des 5. Abschnitts - und hier regelmäßig auf § 25 Abs. 5 AufenthG - nicht möglich ist. Dies kann jedoch ausnahmsweise dann nicht gelten, wenn Art. 6 Abs. 1 GG etwas anderes gebietet. Ist hiernach rechtlich zwingend eine Trennung der Familie dauerhaft nicht zulässig und kann die Familieneinheit nur im Bundesgebiet hergestellt oder aufrecht erhalten werden, so muss ein solcher Rückgriff zugelassen werden, um nicht in unauflösbaren Konflikt mit vorrangigem Verfassungsrecht zu kommen (vgl. auch VGHBW, Beschluss v. 10. März 2009 - 11 S 2990/08 - InfAuslR 2009, 236). Auch hier gilt wiederum, dass nicht in Art eines Zirkelschlusses darauf verwiesen werden darf, dass mit Rücksicht auf § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG es faktisch nicht zu einer Trennung kommen wird, da die Duldung nicht dazu bestimmt ist, einen voraussichtlich auf Dauer angelegten Aufenthalt zu regeln.
44 
Ein weiterer Versagungsgrund nach § 5 Abs. 1 AufenthG ist hier nicht ersichtlich, insbesondere ist der Lebensunterhalt des Klägers in einer Weise gesichert, dass er keine öffentlichen Mittel in Anspruch nehmen muss (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG). Entgegen der Ansicht der Beklagten ist bei der Bestimmung des Bedarfs und der Prüfung, ob der Kläger Leistungen nach dem SGB II in Anspruch nehmen muss (vgl. zum Maßstab des SGB II BVerwG, Urteil v. 26. August 2008 – 1 C 32.07 – BVerwGE 131, 370), Frau xxx nicht zu berücksichtigten. Der Kläger ist ihr gegenüber nicht unterhaltspflichtig, was von der Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen wird. Daraus folgt weiter, dass beim Kläger bei der Bedarfsberechnung eine diesbezügliche Unterhaltspflicht nicht eingestellt werden darf. Daraus wiederum folgt, dass der Kläger, wie sich aus der folgenden Berechnung ablesen lässt, keinen Anspruch auf Sozialleistungen hat. Einen Leistungsanspruch nach SGB II hat allein Frau xxx. Um deren Aufenthaltsrecht geht es aber nicht, dieses ist auch gegenwärtig nicht infolge der mangelnden Sicherung des Lebensunterhalts in Frage gestellt (vgl. schon Münder, in: LPK-BSHG, 6. Aufl., § 122 Rdn. 15, und nunmehr Brühl, in: Münder, LPK-SGB II, 2005, § 7 Rdn. 29 ff, 33 und 37, wonach derjenige, der über ausreichendes Einkommen und/oder Vermögen verfügt, auch nicht als Empfänger von Sozialhilfeleistungen anzusehen ist, sondern ausschließlich das andere Mitglied der Bedarfsgemeinschaft; vgl. auch OVG BB, Urteil v. 27. August 2009 - 11 B 1.09 - juris; GK-AufenthG, § 2 Rdn. 50).
45 
Für den Kläger und seine beiden unterhaltsberechtigten Kinder ergibt sich folgende Bedarfberechnung:
46 
Regelsatz Kläger
        
359,00 EUR
Regelsätze Kinder
        
502,00 EUR
Miete/Nebenkosten (75 v.H. aus 465,00)
        
349,00 EUR
Pauschbetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2
        
100,00 EUR
Freibetrag nach § 30 SGB II
        
   191,50 EUR
Bedarf
        
1501,50 EUR
47 
Der Freibetrag nach § 30 SGB II errechnet sich in diesem Zusammenhang, wie folgt:
48 
Teilbetrag nach § 30 Satz 2 Nr. 1 SGB II: 20 v.H. aus 700,- EUR
        
140,00 EUR
Teilbetrag nach § 30 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. S. 3: 10 v.H aus 515,- EUR
        
 51,50 EUR
49 
Dem stehen gegenüber Einnahmen:
50 
Nettoeinkommen
        
1315.00 EUR
Kindergeld
        
   328,00 EUR
Einkommen
        
1643,00 EUR
51 
Hieraus ergibt sich ein Überschuss in Höhe von 141,50 EUR.
52 
Selbst wenn man aber dem Ansatz der Beklagten folgt, die eine vollständige Gesamtbetrachtung für richtig erachtet, ergibt sich nicht, dass der Lebensunterhalt nicht gesichert wäre.
53 
Es bestünde folgender Bedarf:
54 
Regelsätze Kläger und Partnerin
        
646,00 EUR
Regelsätze Kinder
        
502,00 EUR
Miete
        
465,00 EUR
Pauschbetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2
        
100,00 EUR
Freibetrag nach § 30 SGB II
        
   191,50 EUR
Bedarf
        
1904,00 EUR
55 
Dem stehen gegenüber Einnahmen:
56 
Nettoeinkommen Kläger
        
1315,00 EUR
Nettoeinkommen Partnerin
        
 120,00 EUR
Kindergeld
        
   328,00 EUR
Einkommen
        
1763,00 EUR
57 
Daraus ergibt sich zwar ein gegenwärtiger Abmangel in Höhe von 152,50 EUR. Frau xxx wird jedoch, wie die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Zusage der Kindertagesstätte „Early Bird Club“ ausweist, ab 4. Januar 2010 auf der Basis von 400,00 EUR als Putzkraft tätig zu sein, weshalb prognostisch gesehen der Lebensunterhalt gesichert sein wird. An der Ernsthaftigkeit und Verlässlichkeit dieser Zusage zu zweifeln, besteht für den Senat kein ausreichender Anlass. Gleichermaßen besteht kein Anhalt dafür, das Frau xxx diese Stelle nicht antreten wird. Zum einen sind die beiden Kinder in einem Alter, das eine stundenweise Beschäftigung ohne weiteres erlaubt. Zum anderen ist sie sich sicherlich der Tatsache bewusst, dass das Aufenthaltsrecht des Klägers andernfalls wieder infrage stehen kann, sofern die Beklagte nicht im Ermessenswege nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Regelerteilungsvoraussetzung absieht oder man - weitergehend -nicht auch hier mit Rücksicht auf die nur geringfügige Unterdeckung von einem atypischen Ausnahmefall auszugehen hätte, was aber gegenwärtig vom Senat nicht beantwortet werden muss (vgl. zu alledem nochmals BVerwG, Urteil v. 30. April 2009 – 1 C 3.08 – InfAuslR 2009, 333).
58 
Im Übrigen haben der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass nach dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgelegten Arbeitsvertrag vom 12. Mai 2009 ein höheres Gehalt vereinbart sei, was in der Tat zutrifft. Der Kläger hat hierzu noch ausgeführt, dass er dieses gegenwärtig nicht vollständig erreichen könne, weil er infolge der Duldung Baden-Württemberg nicht verlassen dürfe.
59 
Der 15 Jahre alte Sohn Alexander, der bei seiner Mutter in deren Familie in xxx lebt, und zu dem der Kläger keine persönliche Beziehung (mehr) hat, ist nicht in die Bedarfsberechnung einzubeziehen. Denn der Kläger hat noch niemals regelmäßig Unterhalt gezahlt, wie er in der mündlichen Verhandlung erläutert hat. Auch hat die Mutter bislang keinen Unterhalt gefordert, geschweige denn dass mit Rücksicht auf unterbliebene Zahlungen durch den Kläger ein Unterhaltsanspruch tituliert wäre. In Anbetracht dessen kann ein allenfalls theoretischer Anspruch, der nicht realisiert wird, nicht zulasten des Klägers in Rechnung gestellt werden. Wäre dies wider Erwarten in der Zukunft doch der Fall, so müsste möglicherweise von einer anderen Sachlage ausgegangen werden.
60 
Allerdings erfüllt der Kläger nicht die Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 AufenthG, da er nur mit einem Schengen-Visum für einen Besuchsaufenthalt eingereist war. Eine Unzumutbarkeit der Einholung des Aufenthaltstitels vom Herkunftsland aus im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG folgt zunächst noch nicht automatisch daraus, dass er mit seinen Kindern in familiärer Gemeinschaft lebt, zumindest dann, wenn, wie hier, die Kinder schon etwas älter sind. Eine Unzumutbarkeit folgt aber daraus, dass der Kläger sich mittlerweile eine berufliche Grundlage in ungekündigter Stellung geschaffen hat, mit der er gerade den Unterhalt der Familie weitgehend sichert. Eine u.U. mehrmonatige Abwesenheit wird den Bestand dieses Arbeitsverhältnis sicherlich ernsthaft gefährden, abgesehen davon kann der Kläger in dieser Zeit dann auf keinen Fall den Unterhalt der Kinder sichern, was auch nicht im öffentlichen Interesse stehen kann. Geht man aber von einer Unzumutbarkeit aus, dann ist - jedenfalls im vorliegenden Fall - nicht ersichtlich, welchen zulässigen Ermessenserwägungen die Beklagte noch anstellen könnte und dürfte, sodass von einer Ermessensreduzierung auszugehen ist (vgl. in diesem Sinne auch Bäuerle, GK-AufenthG, § 5 Rdn. 177).
61 
Im Übrigen können auch die von der Beklagten angestellten Ermessenserwägungen in Bezug auf ein Absehen vom hier vorliegenden Ausweisungsgrund keinen Bestand haben (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Im Bescheid der Beklagten finden sich zu der gesamten familiären Situation des Klägers, insbesondere zu der Beziehung zu seinen Kindern nur der Satz: „Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG scheitert, unabhängig davon, dass die Voraussetzungen eines rechtlichen Abschiebungshindernisses nach Art. 6 GG aufgrund der familiären Verbundenheit mit den leiblichen Kindern und der Lebensgefährtin vorliegen, an § 5 Abs. 1 und 3 AufenthG“; weitere Erwägungen fehlen. Auch im Widerspruchsbescheid wird lediglich pauschal auf „schutzwürdige Belange“ hingewiesen. Beide Bescheide stellen sich der familiären Problematik nicht wirklich, sondern handeln diese lediglich an der Oberfläche mit Leerformeln ab. Insbesondere wird die Frage nicht näher erörtert, ob nicht die Aufrechterhaltung der familiären Lebensgemeinschaft gerade auch im Interesse der Kinder (und nicht in erster Linie des Klägers) es rechtfertigen kann, das geringe Risiko der Begehung weniger gewichtiger Straftaten hinzunehmen. Es fehlt jede vertiefte Auseinandersetzung mit den möglichen Beeinträchtigungen der familiären Gemeinschaft bzw. den konkreten grundrechtlichen Anforderungen an eine individuelle und einzelfallbezogene Abwägung. Vielmehr wird unübersehbar der Eindruck erweckt, dass jede konkrete Gefahr einer Begehung auch geringfügiger Delikte generell auch in Ansehung des Art. 6 GG keine Abweichung ermögliche. Damit und in dieser Pauschalität wird aber den oben unter 1 dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen einer konkreten einzelfallbezogenen Abwägung nicht genügt, die gleichermaßen Geltung beanspruchen, wenn die Frage zu entscheiden ist, ob wenigstens im Ermessenswege von einem Ausweisungsgrund abgesehen wird.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
63 
Ein Grund nach § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
64 
Beschluss vom 18. November 2009
65 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,- EUR festgesetzt.
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und er

1.
über ausreichenden Wohnraum verfügt,
2.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt,
3.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter den tatsächlichen Schulbesuch nachweist,
4.
die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat,
5.
keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen hat und diese auch nicht unterstützt und
6.
nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben.
Wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichert, wird die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt. Im Übrigen wird sie nach Satz 1 erteilt; sie gilt als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5; die §§ 9 und 26 Abs. 4 finden keine Anwendung. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 kann bis zum 1. Juli 2008 abgesehen werden. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(2) Dem geduldeten volljährigen ledigen Kind eines geduldeten Ausländers, der sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat, kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt werden, wenn es bei der Einreise minderjährig war und gewährleistet erscheint, dass es sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Das Gleiche gilt für einen Ausländer, der sich als unbegleiteter Minderjähriger seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und bei dem gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann.

(3) Hat ein in häuslicher Gemeinschaft lebendes Familienmitglied Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen, führt dies zur Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift für andere Familienmitglieder. Satz 1 gilt nicht für den Ehegatten eines Ausländers, der Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen hat, wenn der Ehegatte die Voraussetzungen des Absatzes 1 im Übrigen erfüllt und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, ihm den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Sofern im Ausnahmefall Kinder von ihren Eltern getrennt werden, muss ihre Betreuung in Deutschland sichergestellt sein.

(4) Die Aufenthaltserlaubnis kann unter der Bedingung erteilt werden, dass der Ausländer an einem Integrationsgespräch teilnimmt oder eine Integrationsvereinbarung abgeschlossen wird.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt. Sie soll um weitere zwei Jahre als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 verlängert werden, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers bis zum 31. Dezember 2009 überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert war oder wenn der Ausländer mindestens seit dem 1. April 2009 seinen Lebensunterhalt nicht nur vorübergehend eigenständig sichert. Für die Zukunft müssen in beiden Fällen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Lebensunterhalt überwiegend gesichert sein wird. Im Fall des Absatzes 1 Satz 4 wird die Aufenthaltserlaubnis zunächst mit einer Gültigkeit bis zum 1. Juli 2008 erteilt und nur verlängert, wenn der Ausländer spätestens bis dahin nachweist, dass er die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 erfüllt. § 81 Abs. 4 findet keine Anwendung.

(6) Bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung von Härtefällen von Absatz 5 abgewichen werden. Dies gilt bei

1.
Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit Kindern, die nur vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit Kindern, die vorübergehend auf Sozialleistungen angewiesen sind, und denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist,
4.
erwerbsunfähigen Personen, deren Lebensunterhalt einschließlich einer erforderlichen Betreuung und Pflege in sonstiger Weise ohne Leistungen der öffentlichen Hand dauerhaft gesichert ist, es sei denn, die Leistungen beruhen auf Beitragszahlungen,
5.
Personen, die am 31. Dezember 2009 das 65. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie in ihrem Herkunftsland keine Familie, dafür aber im Bundesgebiet Angehörige (Kinder oder Enkel) mit dauerhaftem Aufenthalt bzw. deutscher Staatsangehörigkeit haben und soweit sichergestellt ist, dass für diesen Personenkreis keine Sozialleistungen in Anspruch genommen werden.

(7) Die Länder dürfen anordnen, dass aus Gründen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis nach den Absätzen 1 und 2 Staatsangehörigen bestimmter Staaten zu versagen ist. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. Juni 2009 - 4 K 4239/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.
Die im Bundesgebiet geduldeten Kläger sind serbische, möglicherweise auch kosovarische Staatsangehörige und gehören der Volksgruppe der Roma an. Der am 3.5.1978 geborene Kläger zu 1 und die am 5.10.1979 geborene Klägerin zu 2 sind miteinander verheiratet. Die in den Jahren 2002, 2003 und 2005 im Bundesgebiet geborenen Kläger zu 3 - 5 sind deren gemeinsame Kinder. Die Kläger zu 1 und 2 reisten im Jahre 1999 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Alle Kläger mit Ausnahme der Klägerin zu 2 haben mittlerweile Asylverfahren erfolglos betrieben.
Die Kläger sind in einer Obdachlosenunterkunft der Beklagten untergebracht. Laut Einweisungsverfügung der Beklagten vom 27.12.2006 (Verlängerung) handelt es sich um drei Zimmer, für die die Kläger eine monatliche Benutzungsgebühr in Höhe von 471,24 EUR zu zahlen haben. Der Verfügung zufolge werden die Gemeinschaftsflächen (Küche, Bad/WC, Flur) von allen Bewohnern gemeinsam genutzt. Auf dem Abdruck der Verfügung in den Akten der Beklagten befindet sich ein Aktenvermerk vom 9.2.2007, wonach es sich um eine abgeschlossene Wohnung handle.
Auf einem Meldeblatt in den Akten der Beklagten (AS. 138) ist festgehalten: „Wegzug nach unbekannt am 13.6.2005“ . Auf einem weiteren Meldebogen (VAS 140) ist für den 1.7.2005 „Wiederzuzug aus dem Ausland“ vermerkt.
In dem Bericht der Bundespolizeiinspektion Saarbrücken zur Rücküberstellung der Kläger vom 11.7.2005 wird ausgeführt, diese und andere Mitglieder ihrer Großfamilie seien am 8.7.2005 gegen 6.30 Uhr von der französischen Polizei am Bahnhof von Verdun angetroffen, überprüft und aufgrund ihrer fehlenden Pässe und Visa wegen unerlaubter Einreise in die Republik Frankreich festgenommen worden. Sie hätten gegenüber der französischen Polizei angegeben, mit dem Zug in Richtung Lyon unterwegs gewesen zu sein, in Verdun seien ihre Barmittel erschöpft gewesen. Nach ihren eigenen Angaben seien sie am 6.7.2005 von Stuttgart aus in Richtung Frankreich abgereist. Nach ihrer Ankunft in Verdun hätten sie in den dortigen Straßen übernachtet. Fahrkarten hätten sie nicht bei sich gehabt. Nach erfolgter Rücküberstellung aus Frankreich am 8.7.2005 sei bei der Überprüfung festgestellt worden, dass die Kläger außer ihren Duldungen u.a. noch ein Schreiben des Regierungspräsidiums Stuttgart, Bezirksstelle für Asyl, vom 14.6.2005 bei sich geführt hätten. Darin seien sie aufgefordert worden, sich zur Vorbereitung der freiwilligen Rückkehr mit der Behörde in Verbindung zu setzen. Auch nach ihrer Rückkehr aus Frankreich erhielten die Kläger Duldungen.
Unter dem 28.11.2006 beantragten die Kläger die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. In dem Antragsformular ist als Aufenthaltszweck „Erwerbstätigkeit“ angekreuzt. In einem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30.10.2006 berief sich dieser indes allein auf humanitäre Gründe (§ 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK). Mit Schreiben vom 22.11.2006 führte er ergänzend aus, er meine, dass die Kläger unter die Voraussetzungen der Altfallregelung vom 17.11.2006 fielen. Kurz darauf gaben diese die in ihrem Besitz befindlichen serbischen Reisepässe bei der Beklagten ab.
Mit Bescheid vom 6.5.2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Kläger ab; den Klägern zu 4 und 5 drohte sie zudem die Abschiebung in die Bundesrepublik Serbien oder den Kosovo an, falls sie die Bundesrepublik Deutschland nicht spätestens einen Monat nach Bestandskraft dieser Verfügung verließen. Punkt 1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom 20.11.2006 sei nicht erfüllt. Die Kläger hätten Ende Mai/Anfang Juni die Obdachlosenunterkunft verlassen und seien untergetaucht. Am 6.7.2005 seien sie nach Frankreich gereist. Sie hätten dort mit ihren Onkeln, Tanten, Brüdern und Cousins leben und ihren Lebensmittelpunkt dorthin verlegen wollen. Sie seien jedoch von der französischen Polizei festgenommen und am 8.7.2005 nach Deutschland zurück überstellt worden. Sie hätten sich damit zwar noch kurzfristig, jedoch ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde außerhalb der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Zudem hätten sie vorsätzlich behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert oder behindert. Sie hätten zwar zur Erlangung der Aufenthaltserlaubnis einen gültigen serbischen Reisepass vorgelegt. Sie hätten diesen jedoch bereits seit fast zehn Monaten besessen und ihn trotz mehrerer Aufforderungen zur Verhinderung einer möglichen Abschiebung nicht bei der Ausländerbehörde vorgelegt. Des Weiteren seien sie aus ihrer Obdachlosenunterkunft verschwunden, untergetaucht und illegal nach Frankreich gereist, um einer Abschiebung in ihre Heimat zu entgehen. Auch eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG könne den Klägern nicht erteilt werden. Sie verfügten nicht über ausreichenden Wohnraum, da sie in einer kommunalen Obdachlosenunterkunft wohnten. Zudem sei zu ihren Lasten zu werten, dass sie ihren Nationalpass der Ausländerbehörde nicht unverzüglich vorgelegt hätten. Die von ihnen ausgeführte Integration der Familie zu „faktischen Inländern“ könne nicht nachvollzogen werden. Die Kläger zu 1 und 2 befänden sich noch nicht einmal zehn Jahre im Bundesgebiet und hätten keinen deutschen Schulabschluss. Sie seien beide im Kosovo aufgewachsen, beherrschten die Sprache und könnten sich in die dortigen Lebensverhältnisse wieder einfügen. Die Kläger zu 3 - 5 besuchten noch nicht die Schule und könnten sich daher auch problemlos in die Gesellschaft ihres Heimatlandes einfügen. Zudem könne nicht von einer erfolgreichen Integration gesprochen werden, wenn die Familie sich der Abschiebung durch die Nichtaushändigung der gültigen Nationalpässe und Untertauchen entziehe.
Die fristgerecht erhobenen Widersprüche der Kläger wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2008 zurück. Darin wird ausgeführt: Seit der Rückkehr in das Bundesgebiet im Juli 2005 sei der Kläger zu 1 als Teilzeitmitarbeiter bei der Firma M. D. beschäftigt. Im März 2007 habe er zusätzlich eine geringfügige befristete Beschäftigung in einer Autowaschanlage angenommen. Zumindest bis November 2006 hätten die Kläger zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zusätzliche öffentliche Leistungen bezogen. Die erforderliche ununterbrochene Aufenthaltszeit von sechs Jahren sei nicht erfüllt, weil die Kläger im Juni 2005 untergetaucht seien und sich unerlaubt in Frankreich aufgehalten hätten, wo sie am 8.7.2005 festgenommen worden seien. Gemäß Nr. 1.1, Buchstabe i der Anwendungshinweise des Innenministeriums zur Anordnung vom 20.11.2006 führe die Weiterreise in einen anderen Dublin-Staat auch dann zu einer Unterbrechung des Inlandsaufenthalts, wenn eine Rücküberstellung erfolgt sei. Nach Nr. 2.3. der ergänzenden Hinweise des Innenministeriums zu den vorläufigen Anwendungshinweisen zum Aufenthaltsgesetz gelte das Gleiche für die gesetzliche Bleiberechtsregelung des § 104a AufenthG. Gemäß § 50 Abs. 4 AufenthG seien die Kläger mit ihrer unerlaubten Einreise und dem unerlaubten Aufenthalt in Frankreich ihrer Ausreisepflicht nicht nachgekommen. Nach Aktenlage sei auch kein rechtliches oder tatsächliches Ausreisehindernis im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG ersichtlich. Die Kläger zu 1 und 2 lebten erst seit acht Jahren im Bundesgebiet und hätten die überwiegende Zeit ihres Lebens in ihrem Heimatland verbracht. Ihnen sei es deshalb möglich und zumutbar zusammen mit ihren minderjährigen Kindern in ihr Heimatland zurückzukehren. Die minderjährigen Kläger zu 3 - 5 teilten insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern. Die gegen die Kläger zu 4 und 5 ergangenen Abschiebungsandrohungen seien zwischenzeitlich obsolet geworden, nachdem sie das Bundesamt bestandskräftig zur Ausreise aufgefordert und ihnen anderenfalls die Abschiebung in das Kosovo angedroht habe.
Die Kläger haben am 12.11.2006 Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Sie machen ergänzend geltend, der Kläger zu 1 arbeite bereits seit dem 23.3.2003 bei M. D.. Aufenthaltsrechtlich relevante Vorstrafen gebe es nicht.
10 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 4.6.2009 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Ein Anspruch nach § 104a AufenthG bzw. § 23 AufenthG i.V.m. der Anordnung des Innenministeriums vom 20.11.2006 scheitere schon daran, dass sich die Kläger zum jeweiligen Stichtag nicht seit mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet aufgehalten hätten, weil sie nach ihrem Untertauchen im Juni 2005 nach Frankreich ausgereist seien und hierbei ihren Duldungsstatus verloren hätten. Die vorherigen Aufenthaltszeiten könnten daher nicht auf die Mindestdauer des langjährigen Aufenthalts angerechnet werden. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 EMRK ergebe sich kein Abschiebungshindernis. Im Rahmen der Eingriffsrechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK sei eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Für die Kläger spreche der insgesamt lange Aufenthalt im Bundesgebiet, die bei allen Klägern vorhandenen deutschen Sprachkenntnisse, das Fehlen von Straftaten sowie das Bemühen um die Sicherung des Lebensunterhalts durch den Kläger zu 1, neuerdings auch durch die Klägerin zu 2. Dagegen spreche auf der anderen Seite der Umstand, dass die Sicherung des Lebensunterhalts bisher nicht gelungen sei. Die mündliche Verhandlung habe ergeben, dass der Kläger zu 1 aus seiner Teilzeitbeschäftigung bei M. D. ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von ca. 880,-- EUR erziele. Hinzu komme der Verdienst der Klägerin zu 2 aus ihrer neu aufgenommenen Tätigkeit in Höhe von 120,-- EUR im Monat sowie das Kindergeld von ca. 480,-- EUR monatlich. Zusammen seien dies 1.480,-- EUR, wovon die Miete von 472,-- EUR abzuziehen sei. Es verblieben ca. 1.008,-- EUR, während der Bedarf der Familie sich nach den Berechnungen des Sozialamts der Beklagten auf 1.276,05 EUR belaufe. Es klaffe daher eine Lücke von ca. 270,- EUR, die auch derzeit noch durch ergänzende Sozialhilfe abgedeckt werde. Damit sei die wirtschaftliche Integration der Kläger zurzeit nicht gegeben. Hinzu komme der Umstand, dass sie zwischenzeitlich nach Frankreich ausgereist seien und damit bei ihnen keine kontinuierliche Entwicklung hin zu einer zunehmenden Integration festzustellen sei, weil kurzzeitig die Absicht der Eingliederung in die hiesigen Lebensverhältnisse aufgegeben worden sei. Die Entfremdung von den heimatlichen Lebensverhältnissen schreite fort, sei aber noch nicht gravierend, weil die Kläger zu 1 und 2 wegen ihres langjährigen Aufenthalts im Heimatland noch mit den Verhältnissen dort vertraut seien. Allerdings könnten die Kläger zu 3 - 5 die Roma-Sprache als Muttersprache der Kläger zu 1 und 2 nur sehr unzureichend sprechen, wie ihre Aussage in der mündlichen Verhandlung ergeben habe. Als Ergebnis der Abwägung sei festzuhalten, dass der Aspekt der noch nicht erreichten wirtschaftlichen Integration der Kläger bislang das größte Gewicht habe, so dass noch nicht von einer hinreichenden „Verwurzelung“ ausgegangen werden könne. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist den Klägern am 10.6.2009 zugestellt worden.
11 
Die Kläger machen zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung fristgerecht geltend: Der Kläger zu 1 sei inzwischen in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis im Rotationssystem bei M. D. übernommen worden. Sie erfüllten die Voraussetzungen des Art. 8 EMRK. Die Kläger zu 1 und 2 seien im Jahre 1999 ins Bundesgebiet eingereist, die Kläger zu 3 - 5 seien im Bundesgebiet geboren. Seither befänden sie sich bis auf eine kurzfristige Unterbrechung im Jahr 2005 ununterbrochen im Bundesgebiet. Allgemeine Ausschussgründe seien nicht ersichtlich, insbesondere lägen keine aufenthaltsrechtlich relevanten Vorstrafen vor. Zugunsten der Kläger müsse insbesondere der fast zehnjährige Aufenthalt im Bundesgebiet ins Gewicht fallen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sprächen die guten deutschen Sprachkenntnisse für die Kläger. Ihr Lebensunterhalt sei mittlerweile hinreichend gesichert. Der Kläger zu 1 beziehe einen Nettolohn von etwa 900,--EUR monatlich. Hinzu komme ein „Nebenjob“ bei einer Reinigungsfirma. Die Klägerin zu 2 arbeite ebenfalls bei dieser Firma auf 400,-- Euro-Basis. Die Kläger zu 3 - 5 seien hier im Bundesgebiet geboren und hätten keinerlei Bezug zum Kosovo. Neben der deutschen Sprache beherrschten sie nur noch die Roma-Sprache als Muttersprache, allerdings nur sehr unzureichend. Sie sprächen weder albanisch noch serbokroatisch. Nicht außer Acht gelassen werden könne auch die ethnische Volkszugehörigkeit der Kläger. Sie würden nach wie vor im Kosovo als „Menschen zweiter Klasse“ behandelt und angesehen werden.
12 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger zu 1 ergänzend informatorisch angegeben, sie hätten sich nur für 24 Stunden in Frankreich aufgehalten. Aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen. Am 23.6.2005 seien sie aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Er wisse nicht mehr, wo sie sich in der Zwischenzeit bis zu ihrer Ausreise nach Frankreich aufgehalten hätten; möglicherweise hätten sie Urlaub bei Verwandten in Hamburg gemacht. Er arbeite seit Juni 2009 170 Stunden monatlich bei M. D. in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis und daneben 25 Stunden monatlich bei einer Reinigungsfirma. Die Klägerin zu 2 sei dort ca. 40 Stunden pro Monat beschäftigt. Ihre Kinder - die Kläger zu 3 bis 5 - beherrschten die albanische Sprache nicht.
13 
Die Kläger beantragen,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4.6.2009 - 4 K 4239/08 - zu ändern, die Bescheide der Beklagten vom 6.5.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.10.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen zu erteilen.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie vertritt die Ansicht, die Kläger könnten aus ihrem Voraufenthalt keine Rechte ableiten. Sie seien nicht nur wenige Tage untergetaucht. Das Haus, in dem sie als Obdachlose eingewiesen gewesen seien, sei nach Auskunft des zuständigen Sozialarbeiters in der Nacht zum 13.6.2005 verlassen worden. Dieses Datum sei durch eine Befragung der Nachbarn bestätigt worden. Bei der französischen Polizei hätten sie „Abschiebungsandrohungen“ vom 17.5.2005 vorgelegt; die im Polizeibericht erwähnte „Abschiebungsandrohung“ vom 14.6.2005 stamme wahrscheinlich von der anderen Familie ...-... aus dem Ostalbkreis. Der Ausschlussgrund des § 104a Abs. 1 Nr. 4 AufenthG sei durch Untertauchen erfüllt. Als Aufenthaltszeit zu beachten sei nur die Zeit ab der Rücküberstellung am 8.7.2005. Während dieses vierjährigen Aufenthalts seien sie nur geduldet gewesen. Eine Verwurzelung sei aber nicht möglich, wenn sich ein Ausländer nur geduldet in Deutschland aufhalte. Von einer fortgeschrittenen beruflichen und sozialen Integration der Kläger könne nicht die Rede sein. Der Kläger zu 1 sei lediglich als Teilzeitmitarbeiter bei der Firma M. D. beschäftigt. Es sei ihm nicht gelungen, einen Arbeitsplatz mit Vollbeschäftigung zu finden oder sein Arbeitsvolumen beim jetzigen Arbeitgeber auf Vollzeit zu erhöhen. Dieses Argument werde nicht dadurch hinfällig, dass er seit März 2007 daneben eine geringfügige Beschäftigung in einer Autowaschanlage angenommen habe, die er aber nicht mehr ausübe. Die Kläger hätten zwar bei einer „Putzfirma“ mittlerweile zwei Hilfsjobs angenommen. Sie arbeiteten in Teilzeit in zusätzlichen Minijobs, die sie jederzeit wieder verlieren oder aufgeben könnten und in Bereichen, für die eine qualifizierte Ausbildung nicht erforderlich sei. Eine fortgeschrittene berufliche Integration gründe sich in der Regel auf ein unkündbares langjähriges Vollzeitarbeitsverhältnis mit durch die Arbeit erfolgter Qualifizierung und beruflichem Aufstieg. Eine soziale Integration erfordere insbesondere eine dauerhafte eigenständige Lebensunterhaltssicherung. Hinzu komme, dass ihnen die Reintegration im Herkunftsstaat nicht unmöglich sei. Dies zeige sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle. Es treffe nicht zu, dass die Kinder die Sprache des Herkunftsstaates nicht sprechen könnten. Auch der Großvater der Kläger sei im Bundesgebiet aufgenommen worden; es bestehe intensiver Kontakt. Da dieser der deutschen Sprache kaum mächtig sei, könnten die Enkel zwangsläufig nicht deutsch mit ihm sprechen. Minderjährige Kinder teilten grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern. Stehe den Eltern wegen mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland kein Aufenthaltsrecht zu, sei davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger auf die von den Eltern nach der Rückkehr in den Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden könne. Zudem könnten die Kläger keine besondere soziale Integration beispielsweise durch die aktive Mitgliedschaft in Vereinen nachweisen. Die Kinder seien noch so jung, dass sie zusätzliche Sprachen mit Leichtigkeit erlernen könnten, zumal sie als zweisprachig aufgewachsene Kinder sprachbegabt seien und die Eltern die Sprache auch beherrschten und sie in der Erlernung unterstützen könnten.
18 
Dem Senat liegen neben den Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts die von der Beklagten vorgelegten Ausländerakten über die Kläger (sechs Hefte) und die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart vor. Diese Akten waren wie die Prozessakte Gegenstand der mündlichen Verhandlung; wegen der Einzelheiten wird hierauf ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist aber unbegründet, da das Verwaltungsgericht ihre Klage zu Recht abgewiesen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
20 
1. Die Klage ist allerdings nicht schon etwa deshalb unbegründet, weil die Kläger bei der Beklagten keinen Antrag auf die nunmehr geltend gemachten Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen gestellt hätten. Ursprünglich haben sie im Antragsformular zwar angegeben, dass sie einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit begehren. Hierbei hat es sich indes um ein offenkundiges Versehen gehandelt. Wie sich aus dem Schriftverkehr zwischen ihrem Prozessbevollmächtigten und der Behörde eindeutig ergibt, haben sie der Sache nach von Anfang an nur einen humanitären Aufenthaltstitel begehrt. Diese Auslegung ihres Antrags ist auch sachgerecht, da ein Aufenthaltstitel aus anderen Gründen - z. B. zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder zum Familiennachzug - offenkundig nicht in Betracht kommt. Dementsprechend hat auch das Verwaltungsgericht die Klage ausgelegt und in den Entscheidungsgründen ausschließlich geprüft, ob den Klägern ein Titel aus humanitären Gründen erteilt werden kann. Bei dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag handelt es sich demzufolge nicht um eine Klageänderung, sondern nur um eine Konkretisierung des schon ursprünglich geltend gemachten Begehrens.
21 
2. Die Kläger haben jedoch in der Sache weder einen Anspruch auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 23 AufenthG noch nach § 104a AufenthG; auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
22 
a) Die Kläger erfüllen weder die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung nach § 23 AufenthG noch die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG. Sowohl Nr. I.1.1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 als auch § 104a Abs. 1 AufenthG verlangen zu den jeweiligen Stichtagen am 17.11.2006 bzw. 1.7.2007 einen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von sechs Jahren. Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger nicht, da sie das Bundesgebiet verlassen und versucht haben, auf Dauer nach Frankreich auszureisen, und sich damit im Zeitpunkt ihres dortigen Aufgreifens am Bahnhof von Verdun außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben. Zwar sind nach Nr. I.1.1 der Bleiberechtsregelung vom 20.11.2006 kurzfristige erlaubte Auslandsreisen unschädlich. Dasselbe galt nach den vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums (Stand: 17.12.2007) bei § 104a Abs. 1 AufenthG (Nr. 2.3); diese Regelung ist in der mittlerweile verabschiedeten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz allerdings nicht aufgegriffen worden. Bei der Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 hat es sich nicht um eine derartige für die Erfüllung der ununterbrochenen Aufenthaltszeit unschädliche kurzfristige erlaubte Auslandsreise gehandelt. Eine solche setzt nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung zum einen voraus, dass es sich um einen bloß vorübergehenden Aufenthalt im Ausland handelt, nicht aber um eine Ausreise auf Dauer, bei der eine Rückkehr ins Bundesgebiet nicht oder nicht in absehbarer Zeit geplant ist. Zum anderen kann von einer erlaubten Ausreise nur dann gesprochen werden, wenn sie in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt.
23 
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 auf Dauer erfolgen sollte. Die am 13.6.2005 - oder nach dem Vortrag des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.6.2005 -erfolgte Auflösung ihres Haushalts und ihr darauffolgendes Untertauchen belegen, dass sie das Bundesgebiet dauerhaft verlassen wollten. Dies hat der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich bestätigt und angegeben, aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen; sie seien aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Wie lange sich die Kläger genau in Frankreich aufgehalten haben und zu welchem exakten Datum sie ihre Wohnung aufgelöst haben, ist angesichts dessen nicht entscheidungserheblich.
24 
Zum anderen kann im vorliegenden Fall nicht die Rede davon sein, dass die Ausreise der Kläger nach Frankreich in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt sein könnte. Wie der Beklagte glaubhaft vorgetragen hat, erfolgte das Untertauchen und die anschließende Ausreise der Kläger ohne seine Kenntnis und erst Recht ohne seine Billigung.
25 
Als unschädlich kann der Auslandsaufenthalt der Antragsteller auch nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 85 AufenthG angesehen werden (vgl. allg. zu diesem Problemkreis: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.10.2009 – 11 S 1911/09 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 31.1.2008 - 4 K 36/08 - NVwZ-RR 2008, 646; Bayer. VGH, Beschluss vom 4.8.2009 – 19 ZB 09.1510 – juris; VG Würzburg, Urteil vom 3.3.2008 - W 7 K 07.861 - juris; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104a Rn. 13). Danach können Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben. In der Kommentarliteratur wird allerdings vereinzelt die Auffassung vertreten, dass keine Unterbrechung des Aufenthalts eintritt, wenn der Ausländer erfolglos versucht hat, seiner Ausreisepflicht freiwillig durch Ausreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat nachzukommen; finde er dort keine Aufnahme und kehre im Rahmen des Dublin-Verfahrens zurück, so handele es sich lediglich um einen gescheiterten Versuch der Aufenthaltsaufgabe, der nicht zur Unterbrechung führe (so HK-AuslR/Fränkel, § 104 a AufenthG Rn. 9). Schon der gedankliche Ansatzpunkt dieser Auffassung trifft jedoch nicht zu, denn nach § 50 Abs. 4 AufenthG kann ein Ausländer seiner Ausreisepflicht durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur dann genügen, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Dies war bei den Klägern nicht der Fall. Weiter scheidet eine Anwendung des § 85 AufenthG hier deshalb aus, weil dieser nicht die Unterbrechung des Aufenthalts als solchen, die hier im Raum steht, sondern nur dessen Rechtmäßigkeit betrifft. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollte diese Vorschrift beispielsweise dann zur Anwendung kommen, wenn ein Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis verspätet gestellt oder ein Pass ungültig geworden ist (BT-Drucks. 15/420, S. 97), also mit anderen Worten, wenn wegen einer Nachlässigkeit in formaler Hinsicht eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eintritt. Damit ist aber der Fall des Untertauchens und der anschließenden illegalen Ausreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vergleichbar. Auch Sinn und Zweck der Bleiberechtsregelung und des § 104a Abs.1 AufenthG stehen einer entsprechenden Anwendung des § 85 AufenthG entgegen. Der Zweck der Normen, langjährig geduldete Ausländer zu begünstigen, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 202 zu § 104a AufenthG), spricht dafür, grundsätzlich einen ununterbrochenen Aufenthalt zu verlangen und nur erlaubte kurzfristige Auslandsreisen etwa zu Besuchszwecken als unschädlich anzusehen. Gerade im Hinblick darauf, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, lediglich eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren gefordert wird, lässt sich die Zulassung einer bis zu einjährigen Unterbrechung des Aufenthalts mit der gesetzgeberischen Intention nicht vereinbaren.
26 
b) Schließlich kommt auch ein Anspruch der Kläger aus § 25 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht. Ihre Abschiebung ist nicht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK rechtlich unmöglich. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann u.a. Anspruch auf Achtung seines Privatlebens. Dieses Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -InfAuslR 2007, 275).
27 
Offen bleiben kann, ob der Schutzbereich des Rechts der Kläger auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, obwohl ihr Aufenthalt niemals legalisiert worden war. Allerdings neigt auch der Senat der Auffassung des 11. Senats des erkennenden Gerichtshofs zu (vgl. z.B. Beschluss vom 5.2.2009 – 11 S 3244/08 - juris), wonach es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte.
28 
Jedenfalls würde hier eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger keinen (rechtswidrigen) Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens darstellen. Denn Art. 8 EMRK darf nicht so ausgelegt werden, als verbiete er eine Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum Aufnahmestaat verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist.
29 
Dies ist bei den Klägern nicht der Fall. Weder lässt sich sagen, dass sie faktisch als Inländer angesehen werden können, weil sie in Deutschland verwurzelt wären, noch sind sie von ihrem Heimatland vollständig entwurzelt.
30 
Für die Kläger zu 1 und 2 spricht zwar, dass sie sich seit 1999 - soweit ersichtlich straffrei - im Bundesgebiet aufhalten und dass sie die deutsche Sprache beherrschen; die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 sind sogar im Bundesgebiet geboren. Sonstige nennenswerte Integrationsleistungen fehlen aber. Deshalb ist nicht von einer weit reichenden Verwurzelung in Deutschland auszugehen. Eine nachhaltige wirtschaftliche Integration lässt sich nicht feststellen. Erst seit Kurzem sind sie in der Lage, durch mehrere ungelernte Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ein langfristig angelegtes Vollerwerbsverhältnis können die Kläger aber nicht vorweisen. Zwar beträgt der Umfang der Beschäftigung des Klägers zu 1 bei M. D. seit Juni 2009 mittlerweile 170 Stunden monatlich. Der daraus erzielte Verdienst genügt für sich allein genommen indes auch zusammen mit dem Kindergeld immer noch nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie. Auch wenn in den letzten Jahren ihre Bemühungen um eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts anzuerkennen sind, genügen die ausgeübten Tätigkeiten - überwiegend in Teilzeitarbeitsverhältnissen oder als geringfügig Beschäftigte - als ungelernte Arbeitskräfte nicht für die Annahme einer nachhaltigen wirtschaftlichen Verwurzelung. Weitere besondere Integrationsleistungen wie die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen liegen nicht vor. Weiter ist mit hohem Gewicht zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt der Kläger - abgesehen von den Aufenthaltsgestattungen während der Dauer ihrer erfolglosen Asylverfahren - nie legalisiert war, es also an einer „Handreichung des Staates“ und einem rechtlich geschützten Vertrauen darauf, dauerhaft im Bundesgebiet bleiben zu dürfen, fehlt. Abschiebestopperlasse allein konnten dieses Vertrauen zumindest während der Aufenthaltsdauer der Kläger im Bundesgebiet nicht begründen. Schließlich haben die Kläger durch ihren auf Dauer angelegten Versuch der Übersiedlung nach Frankreich im Juni/Juli 2005 selbst deutlich gemacht, dass sie sich in der Bundesrepublik nicht fest „verwurzelt“ fühlen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie bereit waren und versucht haben, Deutschland freiwillig - wenn auch nach ihrem Vortrag aus der (unbegründeten) Angst vor einer Abschiebung heraus - zu verlassen und sich in die Lebensverhältnisse eines anderen Landes – Frankreich - einzufügen.
31 
Eine vollständige Entwurzelung liegt ebenfalls nicht vor. Die Kläger zu 1 und 2 haben den überwiegenden Teil ihres Lebens im Kosovo verbracht. Nachdem diese noch nicht von den Lebensverhältnissen im Kosovo entfremdet sind, muss von ihnen auch erwartet werden, dass sie ihre noch jungen minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3 bis 5, von denen nur das Älteste mittlerweile in Deutschland die Schule besucht, bei der sicher nicht einfachen Eingliederung in die Lebensverhältnisse im Kosovo und dem Erwerb der albanischen Sprache unterstützen werden. Die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 teilen insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern, auch wenn dies für sie eine nicht unerhebliche Härte bedeuten wird.
32 
Sollte das Vorbringen der Kläger (auch) so zu verstehen sein, dass sie zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse geltend machen möchten, weil sie meinen, menschenwürdige Lebensverhältnisse seien für Angehörige der Volksgruppe der Roma im Kosovo nicht gewährleistet, könnten sich jedenfalls die Kläger zu 1 und 3 bis 5 hierauf im vorliegenden Verfahren wegen der Bindungswirkung des § 42 Satz 1 AsylVfG nicht berufen. Denn insoweit machen sie in der Sache zielstaatsbezogene Gesichtspunkte im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG geltend. Liegt hierzu eine negative Statusfeststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (früher Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) vor, so ist die Ausländerbehörde an diese Feststellung gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG gebunden. Ein Ausländer kann die Unzumutbarkeit seiner freiwilligen Ausreise nicht auf eine zielstaatsbezogene Gefahrensituation stützen, wenn und solange das zuständige Bundesamt eine solche Feststellung wie hier abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192 = NVwZ 2006, 1418; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.4.2007 - 11 S 1035/06 - juris; Nds. OVG, Urteil vom 27.9.2007 - 11 LB 69/07 - DVBl. 2007, 57).
33 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
35 
Beschluss vom 9.12.2009
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist aber unbegründet, da das Verwaltungsgericht ihre Klage zu Recht abgewiesen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
20 
1. Die Klage ist allerdings nicht schon etwa deshalb unbegründet, weil die Kläger bei der Beklagten keinen Antrag auf die nunmehr geltend gemachten Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen gestellt hätten. Ursprünglich haben sie im Antragsformular zwar angegeben, dass sie einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit begehren. Hierbei hat es sich indes um ein offenkundiges Versehen gehandelt. Wie sich aus dem Schriftverkehr zwischen ihrem Prozessbevollmächtigten und der Behörde eindeutig ergibt, haben sie der Sache nach von Anfang an nur einen humanitären Aufenthaltstitel begehrt. Diese Auslegung ihres Antrags ist auch sachgerecht, da ein Aufenthaltstitel aus anderen Gründen - z. B. zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder zum Familiennachzug - offenkundig nicht in Betracht kommt. Dementsprechend hat auch das Verwaltungsgericht die Klage ausgelegt und in den Entscheidungsgründen ausschließlich geprüft, ob den Klägern ein Titel aus humanitären Gründen erteilt werden kann. Bei dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag handelt es sich demzufolge nicht um eine Klageänderung, sondern nur um eine Konkretisierung des schon ursprünglich geltend gemachten Begehrens.
21 
2. Die Kläger haben jedoch in der Sache weder einen Anspruch auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 23 AufenthG noch nach § 104a AufenthG; auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
22 
a) Die Kläger erfüllen weder die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung nach § 23 AufenthG noch die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG. Sowohl Nr. I.1.1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 als auch § 104a Abs. 1 AufenthG verlangen zu den jeweiligen Stichtagen am 17.11.2006 bzw. 1.7.2007 einen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von sechs Jahren. Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger nicht, da sie das Bundesgebiet verlassen und versucht haben, auf Dauer nach Frankreich auszureisen, und sich damit im Zeitpunkt ihres dortigen Aufgreifens am Bahnhof von Verdun außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben. Zwar sind nach Nr. I.1.1 der Bleiberechtsregelung vom 20.11.2006 kurzfristige erlaubte Auslandsreisen unschädlich. Dasselbe galt nach den vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums (Stand: 17.12.2007) bei § 104a Abs. 1 AufenthG (Nr. 2.3); diese Regelung ist in der mittlerweile verabschiedeten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz allerdings nicht aufgegriffen worden. Bei der Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 hat es sich nicht um eine derartige für die Erfüllung der ununterbrochenen Aufenthaltszeit unschädliche kurzfristige erlaubte Auslandsreise gehandelt. Eine solche setzt nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung zum einen voraus, dass es sich um einen bloß vorübergehenden Aufenthalt im Ausland handelt, nicht aber um eine Ausreise auf Dauer, bei der eine Rückkehr ins Bundesgebiet nicht oder nicht in absehbarer Zeit geplant ist. Zum anderen kann von einer erlaubten Ausreise nur dann gesprochen werden, wenn sie in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt.
23 
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 auf Dauer erfolgen sollte. Die am 13.6.2005 - oder nach dem Vortrag des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.6.2005 -erfolgte Auflösung ihres Haushalts und ihr darauffolgendes Untertauchen belegen, dass sie das Bundesgebiet dauerhaft verlassen wollten. Dies hat der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich bestätigt und angegeben, aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen; sie seien aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Wie lange sich die Kläger genau in Frankreich aufgehalten haben und zu welchem exakten Datum sie ihre Wohnung aufgelöst haben, ist angesichts dessen nicht entscheidungserheblich.
24 
Zum anderen kann im vorliegenden Fall nicht die Rede davon sein, dass die Ausreise der Kläger nach Frankreich in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt sein könnte. Wie der Beklagte glaubhaft vorgetragen hat, erfolgte das Untertauchen und die anschließende Ausreise der Kläger ohne seine Kenntnis und erst Recht ohne seine Billigung.
25 
Als unschädlich kann der Auslandsaufenthalt der Antragsteller auch nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 85 AufenthG angesehen werden (vgl. allg. zu diesem Problemkreis: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.10.2009 – 11 S 1911/09 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 31.1.2008 - 4 K 36/08 - NVwZ-RR 2008, 646; Bayer. VGH, Beschluss vom 4.8.2009 – 19 ZB 09.1510 – juris; VG Würzburg, Urteil vom 3.3.2008 - W 7 K 07.861 - juris; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104a Rn. 13). Danach können Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben. In der Kommentarliteratur wird allerdings vereinzelt die Auffassung vertreten, dass keine Unterbrechung des Aufenthalts eintritt, wenn der Ausländer erfolglos versucht hat, seiner Ausreisepflicht freiwillig durch Ausreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat nachzukommen; finde er dort keine Aufnahme und kehre im Rahmen des Dublin-Verfahrens zurück, so handele es sich lediglich um einen gescheiterten Versuch der Aufenthaltsaufgabe, der nicht zur Unterbrechung führe (so HK-AuslR/Fränkel, § 104 a AufenthG Rn. 9). Schon der gedankliche Ansatzpunkt dieser Auffassung trifft jedoch nicht zu, denn nach § 50 Abs. 4 AufenthG kann ein Ausländer seiner Ausreisepflicht durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur dann genügen, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Dies war bei den Klägern nicht der Fall. Weiter scheidet eine Anwendung des § 85 AufenthG hier deshalb aus, weil dieser nicht die Unterbrechung des Aufenthalts als solchen, die hier im Raum steht, sondern nur dessen Rechtmäßigkeit betrifft. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollte diese Vorschrift beispielsweise dann zur Anwendung kommen, wenn ein Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis verspätet gestellt oder ein Pass ungültig geworden ist (BT-Drucks. 15/420, S. 97), also mit anderen Worten, wenn wegen einer Nachlässigkeit in formaler Hinsicht eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eintritt. Damit ist aber der Fall des Untertauchens und der anschließenden illegalen Ausreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vergleichbar. Auch Sinn und Zweck der Bleiberechtsregelung und des § 104a Abs.1 AufenthG stehen einer entsprechenden Anwendung des § 85 AufenthG entgegen. Der Zweck der Normen, langjährig geduldete Ausländer zu begünstigen, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 202 zu § 104a AufenthG), spricht dafür, grundsätzlich einen ununterbrochenen Aufenthalt zu verlangen und nur erlaubte kurzfristige Auslandsreisen etwa zu Besuchszwecken als unschädlich anzusehen. Gerade im Hinblick darauf, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, lediglich eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren gefordert wird, lässt sich die Zulassung einer bis zu einjährigen Unterbrechung des Aufenthalts mit der gesetzgeberischen Intention nicht vereinbaren.
26 
b) Schließlich kommt auch ein Anspruch der Kläger aus § 25 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht. Ihre Abschiebung ist nicht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK rechtlich unmöglich. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann u.a. Anspruch auf Achtung seines Privatlebens. Dieses Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -InfAuslR 2007, 275).
27 
Offen bleiben kann, ob der Schutzbereich des Rechts der Kläger auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, obwohl ihr Aufenthalt niemals legalisiert worden war. Allerdings neigt auch der Senat der Auffassung des 11. Senats des erkennenden Gerichtshofs zu (vgl. z.B. Beschluss vom 5.2.2009 – 11 S 3244/08 - juris), wonach es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte.
28 
Jedenfalls würde hier eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger keinen (rechtswidrigen) Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens darstellen. Denn Art. 8 EMRK darf nicht so ausgelegt werden, als verbiete er eine Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum Aufnahmestaat verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist.
29 
Dies ist bei den Klägern nicht der Fall. Weder lässt sich sagen, dass sie faktisch als Inländer angesehen werden können, weil sie in Deutschland verwurzelt wären, noch sind sie von ihrem Heimatland vollständig entwurzelt.
30 
Für die Kläger zu 1 und 2 spricht zwar, dass sie sich seit 1999 - soweit ersichtlich straffrei - im Bundesgebiet aufhalten und dass sie die deutsche Sprache beherrschen; die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 sind sogar im Bundesgebiet geboren. Sonstige nennenswerte Integrationsleistungen fehlen aber. Deshalb ist nicht von einer weit reichenden Verwurzelung in Deutschland auszugehen. Eine nachhaltige wirtschaftliche Integration lässt sich nicht feststellen. Erst seit Kurzem sind sie in der Lage, durch mehrere ungelernte Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ein langfristig angelegtes Vollerwerbsverhältnis können die Kläger aber nicht vorweisen. Zwar beträgt der Umfang der Beschäftigung des Klägers zu 1 bei M. D. seit Juni 2009 mittlerweile 170 Stunden monatlich. Der daraus erzielte Verdienst genügt für sich allein genommen indes auch zusammen mit dem Kindergeld immer noch nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie. Auch wenn in den letzten Jahren ihre Bemühungen um eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts anzuerkennen sind, genügen die ausgeübten Tätigkeiten - überwiegend in Teilzeitarbeitsverhältnissen oder als geringfügig Beschäftigte - als ungelernte Arbeitskräfte nicht für die Annahme einer nachhaltigen wirtschaftlichen Verwurzelung. Weitere besondere Integrationsleistungen wie die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen liegen nicht vor. Weiter ist mit hohem Gewicht zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt der Kläger - abgesehen von den Aufenthaltsgestattungen während der Dauer ihrer erfolglosen Asylverfahren - nie legalisiert war, es also an einer „Handreichung des Staates“ und einem rechtlich geschützten Vertrauen darauf, dauerhaft im Bundesgebiet bleiben zu dürfen, fehlt. Abschiebestopperlasse allein konnten dieses Vertrauen zumindest während der Aufenthaltsdauer der Kläger im Bundesgebiet nicht begründen. Schließlich haben die Kläger durch ihren auf Dauer angelegten Versuch der Übersiedlung nach Frankreich im Juni/Juli 2005 selbst deutlich gemacht, dass sie sich in der Bundesrepublik nicht fest „verwurzelt“ fühlen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie bereit waren und versucht haben, Deutschland freiwillig - wenn auch nach ihrem Vortrag aus der (unbegründeten) Angst vor einer Abschiebung heraus - zu verlassen und sich in die Lebensverhältnisse eines anderen Landes – Frankreich - einzufügen.
31 
Eine vollständige Entwurzelung liegt ebenfalls nicht vor. Die Kläger zu 1 und 2 haben den überwiegenden Teil ihres Lebens im Kosovo verbracht. Nachdem diese noch nicht von den Lebensverhältnissen im Kosovo entfremdet sind, muss von ihnen auch erwartet werden, dass sie ihre noch jungen minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3 bis 5, von denen nur das Älteste mittlerweile in Deutschland die Schule besucht, bei der sicher nicht einfachen Eingliederung in die Lebensverhältnisse im Kosovo und dem Erwerb der albanischen Sprache unterstützen werden. Die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 teilen insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern, auch wenn dies für sie eine nicht unerhebliche Härte bedeuten wird.
32 
Sollte das Vorbringen der Kläger (auch) so zu verstehen sein, dass sie zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse geltend machen möchten, weil sie meinen, menschenwürdige Lebensverhältnisse seien für Angehörige der Volksgruppe der Roma im Kosovo nicht gewährleistet, könnten sich jedenfalls die Kläger zu 1 und 3 bis 5 hierauf im vorliegenden Verfahren wegen der Bindungswirkung des § 42 Satz 1 AsylVfG nicht berufen. Denn insoweit machen sie in der Sache zielstaatsbezogene Gesichtspunkte im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG geltend. Liegt hierzu eine negative Statusfeststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (früher Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) vor, so ist die Ausländerbehörde an diese Feststellung gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG gebunden. Ein Ausländer kann die Unzumutbarkeit seiner freiwilligen Ausreise nicht auf eine zielstaatsbezogene Gefahrensituation stützen, wenn und solange das zuständige Bundesamt eine solche Feststellung wie hier abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192 = NVwZ 2006, 1418; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.4.2007 - 11 S 1035/06 - juris; Nds. OVG, Urteil vom 27.9.2007 - 11 LB 69/07 - DVBl. 2007, 57).
33 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
35 
Beschluss vom 9.12.2009
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und er

1.
über ausreichenden Wohnraum verfügt,
2.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt,
3.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter den tatsächlichen Schulbesuch nachweist,
4.
die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat,
5.
keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen hat und diese auch nicht unterstützt und
6.
nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben.
Wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichert, wird die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt. Im Übrigen wird sie nach Satz 1 erteilt; sie gilt als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5; die §§ 9 und 26 Abs. 4 finden keine Anwendung. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 kann bis zum 1. Juli 2008 abgesehen werden. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(2) Dem geduldeten volljährigen ledigen Kind eines geduldeten Ausländers, der sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat, kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt werden, wenn es bei der Einreise minderjährig war und gewährleistet erscheint, dass es sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Das Gleiche gilt für einen Ausländer, der sich als unbegleiteter Minderjähriger seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und bei dem gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann.

(3) Hat ein in häuslicher Gemeinschaft lebendes Familienmitglied Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen, führt dies zur Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift für andere Familienmitglieder. Satz 1 gilt nicht für den Ehegatten eines Ausländers, der Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen hat, wenn der Ehegatte die Voraussetzungen des Absatzes 1 im Übrigen erfüllt und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, ihm den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Sofern im Ausnahmefall Kinder von ihren Eltern getrennt werden, muss ihre Betreuung in Deutschland sichergestellt sein.

(4) Die Aufenthaltserlaubnis kann unter der Bedingung erteilt werden, dass der Ausländer an einem Integrationsgespräch teilnimmt oder eine Integrationsvereinbarung abgeschlossen wird.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt. Sie soll um weitere zwei Jahre als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 verlängert werden, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers bis zum 31. Dezember 2009 überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert war oder wenn der Ausländer mindestens seit dem 1. April 2009 seinen Lebensunterhalt nicht nur vorübergehend eigenständig sichert. Für die Zukunft müssen in beiden Fällen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Lebensunterhalt überwiegend gesichert sein wird. Im Fall des Absatzes 1 Satz 4 wird die Aufenthaltserlaubnis zunächst mit einer Gültigkeit bis zum 1. Juli 2008 erteilt und nur verlängert, wenn der Ausländer spätestens bis dahin nachweist, dass er die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 erfüllt. § 81 Abs. 4 findet keine Anwendung.

(6) Bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung von Härtefällen von Absatz 5 abgewichen werden. Dies gilt bei

1.
Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit Kindern, die nur vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit Kindern, die vorübergehend auf Sozialleistungen angewiesen sind, und denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist,
4.
erwerbsunfähigen Personen, deren Lebensunterhalt einschließlich einer erforderlichen Betreuung und Pflege in sonstiger Weise ohne Leistungen der öffentlichen Hand dauerhaft gesichert ist, es sei denn, die Leistungen beruhen auf Beitragszahlungen,
5.
Personen, die am 31. Dezember 2009 das 65. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie in ihrem Herkunftsland keine Familie, dafür aber im Bundesgebiet Angehörige (Kinder oder Enkel) mit dauerhaftem Aufenthalt bzw. deutscher Staatsangehörigkeit haben und soweit sichergestellt ist, dass für diesen Personenkreis keine Sozialleistungen in Anspruch genommen werden.

(7) Die Länder dürfen anordnen, dass aus Gründen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis nach den Absätzen 1 und 2 Staatsangehörigen bestimmter Staaten zu versagen ist. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und er

1.
über ausreichenden Wohnraum verfügt,
2.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt,
3.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter den tatsächlichen Schulbesuch nachweist,
4.
die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat,
5.
keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen hat und diese auch nicht unterstützt und
6.
nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben.
Wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichert, wird die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt. Im Übrigen wird sie nach Satz 1 erteilt; sie gilt als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5; die §§ 9 und 26 Abs. 4 finden keine Anwendung. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 kann bis zum 1. Juli 2008 abgesehen werden. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(2) Dem geduldeten volljährigen ledigen Kind eines geduldeten Ausländers, der sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat, kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt werden, wenn es bei der Einreise minderjährig war und gewährleistet erscheint, dass es sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Das Gleiche gilt für einen Ausländer, der sich als unbegleiteter Minderjähriger seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und bei dem gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann.

(3) Hat ein in häuslicher Gemeinschaft lebendes Familienmitglied Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen, führt dies zur Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift für andere Familienmitglieder. Satz 1 gilt nicht für den Ehegatten eines Ausländers, der Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen hat, wenn der Ehegatte die Voraussetzungen des Absatzes 1 im Übrigen erfüllt und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, ihm den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Sofern im Ausnahmefall Kinder von ihren Eltern getrennt werden, muss ihre Betreuung in Deutschland sichergestellt sein.

(4) Die Aufenthaltserlaubnis kann unter der Bedingung erteilt werden, dass der Ausländer an einem Integrationsgespräch teilnimmt oder eine Integrationsvereinbarung abgeschlossen wird.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt. Sie soll um weitere zwei Jahre als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 verlängert werden, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers bis zum 31. Dezember 2009 überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert war oder wenn der Ausländer mindestens seit dem 1. April 2009 seinen Lebensunterhalt nicht nur vorübergehend eigenständig sichert. Für die Zukunft müssen in beiden Fällen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Lebensunterhalt überwiegend gesichert sein wird. Im Fall des Absatzes 1 Satz 4 wird die Aufenthaltserlaubnis zunächst mit einer Gültigkeit bis zum 1. Juli 2008 erteilt und nur verlängert, wenn der Ausländer spätestens bis dahin nachweist, dass er die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 erfüllt. § 81 Abs. 4 findet keine Anwendung.

(6) Bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung von Härtefällen von Absatz 5 abgewichen werden. Dies gilt bei

1.
Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit Kindern, die nur vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit Kindern, die vorübergehend auf Sozialleistungen angewiesen sind, und denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist,
4.
erwerbsunfähigen Personen, deren Lebensunterhalt einschließlich einer erforderlichen Betreuung und Pflege in sonstiger Weise ohne Leistungen der öffentlichen Hand dauerhaft gesichert ist, es sei denn, die Leistungen beruhen auf Beitragszahlungen,
5.
Personen, die am 31. Dezember 2009 das 65. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie in ihrem Herkunftsland keine Familie, dafür aber im Bundesgebiet Angehörige (Kinder oder Enkel) mit dauerhaftem Aufenthalt bzw. deutscher Staatsangehörigkeit haben und soweit sichergestellt ist, dass für diesen Personenkreis keine Sozialleistungen in Anspruch genommen werden.

(7) Die Länder dürfen anordnen, dass aus Gründen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis nach den Absätzen 1 und 2 Staatsangehörigen bestimmter Staaten zu versagen ist. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

Einem minderjährigen ledigen Kind kann im Fall der Ausreise seiner Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils, denen oder dem eine Aufenthaltserlaubnis nicht nach § 104a erteilt oder verlängert wird, abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und § 10 Abs. 3 Satz 1 eine eigenständige Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt werden, wenn

1.
es am 1. Juli 2007 das 14. Lebensjahr vollendet hat,
2.
es sich seit mindestens sechs Jahren rechtmäßig oder geduldet in Deutschland aufhält,
3.
es die deutsche Sprache beherrscht,
4.
es sich auf Grund seiner bisherigen Schulausbildung und Lebensführung in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland eingefügt hat und gewährleistet ist, dass es sich auch in Zukunft in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen wird und
5.
seine Personensorge sichergestellt ist.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 23. Juli 2008 - 4 K 1074/08 - geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung der Antragsteller vorläufig auszusetzen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die 1962 geborenen Antragsteller gehören der Volksgruppe der Ashkali an und stammen aus dem Kosovo. Sie sind serbische, möglicherweise auch kosovarische Staatsangehörige und besitzen gültige serbische Reisepässe. Die Antragsteller reisten 1992 mit ihren 1981, 1982, 1983 und 1986 geborenen Kindern zur Durchführung eines Asylverfahrens in das Bundesgebiet ein. Mit Bescheid vom 15.09.1994 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) ihre Asylanträge ab; ein 1999 durchgeführtes Folgeverfahren blieb ebenfalls ohne Erfolg. In der Folgezeit wurde der Aufenthalt der Antragsteller geduldet.
Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 17.06.2004 wurden die Antragsteller wegen Betrugs zu Geldstrafen von 80 Tagessätzen (Antragsteller zu 1) bzw. 70 Tagessätzen (Antragstellerin zu 2) verurteilt. Dem lag zugrunde, dass die Antragstellerin zu 2 von Juli 1999 bis Juli 2002 stundenweise als Haushaltshilfe in mehreren Privathaushalten tätig war, was dem Sozialhilfeträger verschwiegen wurde. Dadurch kam es zu Überzahlungen von Sozialhilfeleistungen in Höhe von 4.183,39 EUR.
Seit August 2004 sind beide Antragsteller erwerbstätig; sie beziehen seither keine Hilfe zum Lebensunterhalt mehr.
Mit Bescheid vom 05.09.2007 lehnte das Landratsamt Lörrach die Anträge der Antragsteller auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 mit der Begründung ab, dass aufgrund der rechtskräftigen Verurteilungen ein Ausschlussgrund vorliege. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde vom Regierungspräsidium Freiburg mit Widerspruchsbescheid vom 19.03.2008 zurückgewiesen. Auf einen - ebenfalls geltend gemachten - möglichen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG gingen beide Bescheide nicht ein. Am 16.04.2008 haben die Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg erhoben, mit der sie die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG begehren (Az.: 4 K 708/08).
Mit Beschluss vom 23.07.2008 - 4 K 1074/08 - lehnte das Verwaltungsgericht Freiburg die Anträge auf Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO seien bereits unzulässig. Wenn man die Anträge sachdienlich als solche nach § 123 VwGO auslege, fehle es am erforderlichen Anordnungsanspruch. Die Antragsteller hätten keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK. Zwar sei der Schutzbereich des Art. 8 EMRK eröffnet, doch sei der Eingriff in das Recht der Antragsteller auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt. Gegen eine gelungene Integration sprächen insbesondere die von den Antragstellern begangenen Straftaten.
Mit ihren Beschwerden begehren die Antragsteller, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihre Abschiebung vorläufig auszusetzen.
Der Antragsgegner ist den Beschwerden entgegengetreten. Er führt ergänzend aus, es liege im Wesentlichen im Verhalten der UNMIK begründet, dass nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt der Versuch unternommen worden sei, die Antragsteller abzuschieben. Erst seit Mai 2005 sei die UNMIK überhaupt bereit gewesen, Ashkali in beschränkter Zahl aufzunehmen. Angesichts der beschränkten Rückführungsmöglichkeiten sei die Rückführung der Antragsteller, die seit 01.10.2004 nicht mehr im Leistungsbezug standen, nicht prioritär gewesen. Nach dem Abbau des Rückführungsstaus im Jahr 2006 sei sodann die Abschiebung der Antragsteller im Hinblick auf eine zu erwartende Bleiberechts- bzw. Altfallregelung vorläufig zurückgestellt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die fristgerecht erhobenen und begründeten sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechenden Beschwerden der Antragsteller sind zulässig und begründet. Die Antragsteller haben sowohl das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - der Antragsgegner beabsichtigt, sie abzuschieben -, als auch die Voraussetzungen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 und 3 VwGO, §§ 920, Abs. 2, 294 ZPO). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts geht der Senat bei der im Eilverfahren allein angezeigten und möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage davon aus, dass die Antragsteller auch weiterhin zumindest einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG besitzen. Ihre Abschiebung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil der damit einhergehende Eingriff in ihr Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt sein dürfte. Ob den Antragstellern deshalb auch Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen erteilt werden müssen oder können und ob insoweit im Lichte aufenthaltsrechtlicher Schutzwirkungen aus Art. 8 EMRK trotz der rechtskräftigen Verurteilung auch von der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abgesehen werden muss (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG), kann im anhängigen Hauptsacheverfahren geklärt werden.
10 
Die beabsichtigte Abschiebung dürfte - jedenfalls - in den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreifen. Der EGMR geht insoweit von einem weiten Begriff des „Privatlebens“ aus, dessen Schutzbereich auch das „Recht auf Entwicklung einer Person“ sowie das Recht, Beziehungen zu anderen Personen und der Außenwelt zu knüpfen und zu entwickeln und damit letztlich die Gesamtheit der im Land des Aufenthalts - hier Deutschland - „gewachsenen Bindungen“, umfasst. Allerdings darf die Vorschrift nicht so ausgelegt werden, als verbiete sie allgemein eine gegebenenfalls auch zwangsweise Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen konventionswidrigen Eingriff in das „Privatleben“ im Verständnis des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über „starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte“ zum „Aufnahmestaat“ verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung „faktisch zu einem Inländer“ geworden ist, dem wegen der Besonderheiten seines Falles ein Leben in dem Staat seiner Staatsangehörigkeit, zu dem er keinen Bezug (mehr) hat, schlechterdings nicht mehr zugemutet werden kann. Nachdem die Antragsteller seit nunmehr rund 16 Jahren in Deutschland leben, seit über vier Jahren über feste Arbeitsplätze verfügen und von Sozialleistungen unabhängig sind, sie die deutsche Sprache beherrschen, drei ihrer vier inzwischen erwachsenen Kinder eigene Familien gegründet haben und über gesicherte Aufenthaltsrechte verfügen, können die für die rechtliche Annahme eines im Bundesgebiet geführten Privatlebens erforderlichen Bindungen in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht kaum verneint werden. Wie sich hinreichend etwa aus den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Sachen „Sisojeva I und II“ (EGMR, Urteile vom 16.06.2005 und 15.01.2007, EuGRZ 2006, 554 und InfAuslR 2007, 140) sowie „Rodrigues da Silva und Hoogkamer“ (EGMR, Urteil vom 31.01.2006, EuGRZ 2006, 562) ergibt, kommt es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte (offen gelassen im Urteil vom 08.04.2008 - Nr. 21878/06 - „Nnyanzi“); der Schutzbereich dieses Menschenrechts dürfte vielmehr auch bei nur Geduldeten eröffnet sein können (Senatsbeschluss vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - InfAuslR 2008, 29 = VBlBW 2008, 114 = NVwZ 2008, 344; ebenso Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 150; HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 56; Benasssi, InfAuslR 2006, 397 <401 f.>; Hoppe, ZAR 2006, 125; Marx, ZAR 2006, 261 <266>; a.A. wohl Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris und Storr in Storr u.a., ZuwG, 2. Aufl., § 25 AufenthG Rn. 31). Auch die von den Antragstellern begangenen Straftaten, die inzwischen über sechs Jahre zurückliegen, stellen ihre gesellschaftlichen Bindungen im Bundesgebiet nicht ernsthaft in Frage.
11 
Ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfte zu bejahen sein, weil die hier asylverfahrensrechtlich begründeten Ausreisepflichten durchgesetzt, d.h. der Aufenthalt der Antragsteller in Deutschland durch Abschiebung beendet werden soll. Der Senat geht - wie inzwischen wohl auch die Antragsteller - davon aus, dass diesen wegen der begangenen Straftaten weder ein aus der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom 20.11.2006 (Az.: 4-1340/29; vgl. insbesondere Nr. 3.3) ermöglichtes Bleiberecht noch ein Aufenthaltsrecht nach der gesetzlichen Altfallregelung des § 104 a AufenthG zusteht, weswegen eine aufenthaltsrechtliche Legalisierung ihres Privatlebens im Bundesgebiet insoweit ausgeschlossen sein dürfte.
12 
Gleichwohl ergibt sich aus der Existenz der Bleiberechts- und Altfallregelungen keine hier relevante Sperrwirkung. Vielmehr bleibt neben den dort geregelten generalisierten Fallkonstellationen Raum für hiervon losgelöste Einzelfallabwägungen, auch bei einer Entscheidung über das Vorliegen eines zwingenden Duldungsgrundes nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK (Senatsbeschluss vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - a.a.O. m.w.N.). Etwas anderes wäre gerade im Falle von Straftätern mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. die Nachweise in BVerfG, Beschluss vom 01.03.2004 - 2 BvR 1570/03 - NVwZ 2004, 852 = InfAuslR 2004, 280 = EuGRZ 2004, 317) nicht vereinbar.
13 
Der Eingriff in das geschützte Privatleben der Antragsteller dürfte im konkreten Einzelfall im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, weil unverhältnismäßig sein. Insoweit ist insbesondere das öffentliche Interesse an der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) mit dem Interesse der Antragsteller an der Aufrechterhaltung ihrer faktisch gewachsenen und von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten privaten Bindungen im Bundesgebiet abzuwägen. Dabei kommt es zunächst auf den jeweiligen Grad der „Verwurzelung“ an; je stärker der Betroffene im Aufenthaltsstaat integriert ist, desto schwerer müssen die öffentlichen Interessen wiegen (vgl. EGMR, Urteil vom 22.06.2006 - Nr. 59643/00 - „Kaftailova“). Weiter ist auf den Grad der „Entwurzelung“ abzustellen, d. h. auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Reintegration im Herkunftsstaat, insbesondere aufgrund der Vertrautheit mit den dortigen Verhältnissen und den dort lebenden und aufnahmebereiten Verwandten. Schließlich können im Rahmen der Schrankenprüfung sonstige Faktoren Berücksichtigung finden, etwa ob der Aufenthalt des Betroffenen zumindest vorübergehend legal war und damit - i.S. einer „Handreichung des Staates“ - schutzwürdiges Vertrauen auf ein Hierbleibendürfen entwickelt werden konnte.
14 
Gemessen daran dürfte das Interesse der Antragsteller an der Aufrechterhaltung ihrer privaten Bindungen im Bundesgebiet das öffentliche Interesse insbesondere an Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern voraussichtlich überwiegen. Aufgrund ihres langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet, ihrer familiären Bindungen und ihrer Berufstätigkeit ist von einer weitreichenden „Verwurzelung“ der Antragsteller in Deutschland auszugehen. Die Aufenthaltsdauer beträgt das Doppelte der in der gesetzlichen Altfallregelung des § 104 a AufenthG geforderten acht Jahre, ab denen eine hinreichende Integration bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen sozusagen gesetzlich vermutet wird. Eine weitere Besonderheit liegt darin, dass voraussichtlich alle vier Kinder der Antragsteller bereits ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet erlangt haben oder in Kürze erlangen werden. Zu den engen familiären Bindungen der Antragsteller zu ihren Kindern und Enkelkindern treten die sozialen Kontakte zu Deutschen hinzu, die durch die vorgelegten schriftlichen Erklärungen belegt werden. Die Antragsteller haben sich auch nicht erst mit Blick auf die Bleiberechts- bzw. Altfallregelung um Integration in den Arbeitsmarkt bemüht. Sie sind vielmehr bereits seit über vier Jahren erwerbstätig. Dass sie erst als Erwachsene eingewandert sind, steht angesichts dieser besonderen Umstände ihrer Verwurzelung nicht entgegen (vgl. EGMR, Urteil vom 31.01.2006 - Nr. 50252/99 - „Sezen“ - InfAuslR 2006, 255). Insoweit unterscheiden sich die Umstände des vorliegenden Falles wesentlich von denen des Falles „Nnyanzi“, in dem der EGMR bei einer abgelehnten Asylbewerberin aus Uganda nach zehnjährigem Aufenthalt in Großbritannien einen unverhältnismäßigen Eingriff durch die Abschiebung verneint hat (Urteil vom 08.04.2008 - Nr. 21878/06 -). Die Straftaten, die die nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG einen Ausschlussgrund begründende Grenze von 50 Tagessätzen nicht erheblich übersteigen und die zwischenzeitlich über sechs Jahre zurückliegen, fallen demgegenüber nicht erheblich ins Gewicht.
15 
Nachdem die Antragsteller nach Aktenlage in den letzten 16 Jahren nicht mehr im Kosovo gewesen sind, dort keine nahen Verwandten haben, diese vielmehr alle in Deutschland leben, sich die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse im Kosovo seit ihrer Ausreise grundlegend gewandelt haben, sie dort einer wenig geachteten ethnischen Minderheit angehören, kann auch eine weitreichende „Entwurzelung“ angenommen werden. Dass der Aufenthalt der Antragsteller nie legalisiert war, spricht nicht entscheidend gegen sie. Die Antragsteller haben nach Aktenlage in keiner Weise dazu beigetragen, dass es nicht zu einer Aufenthaltsbeendigung kam. Grund für die laufende Verlängerung der Duldungen war, wie der Antragsgegner erläutert hat, im Wesentlichen das abwehrende Verhalten der UNMIK gegenüber der Rückführung von Minderheitsangehörigen und zuletzt die Entscheidung des Antragsgegners, den Fall im Hinblick auf die Bleiberechts- und Altfallregelung zurückzustellen. Vor diesem Hintergrund sowie der skizzierten konkreten Verwurzelungs- und Entwurzelungssituation erscheint der mit der Abschiebung verbundene Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK in der Gesamtabwägung derzeit unverhältnismäßig. Hierfür spricht zudem, dass die Antragsteller nach Abschiebung keine realistische Möglichkeit haben dürften, in absehbarer Zeit legal wieder in das Bundesgebiet einzureisen. Die für ihr Privatleben konstitutiven Beziehungen könnten bei einer Abschiebung mithin gegebenenfalls irreparabel beschädigt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - InfAuslR 2007, 275 = NVwZ 2007, 946).
16 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
17 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 39 Abs. 1 GKG.
18 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2004 - 11 K 4809/03 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.13 S 2220/05

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis bzw. einer Aufenthaltsgenehmigung.
Er wurde am 22.8.1990 in der Bundesrepublik Deutschland geboren und ist vietnamesischer Staatsangehöriger. Seine Eltern reisten im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer aus Vietnam in die DDR ein. Nach der Maueröffnung siedelten sie Ende 1989 in die Bundesrepublik Deutschland über, wo sie im Jahr 1990 einen Asylantrag stellten. Die Asylverfahren endeten im Juli 1994 bzw. Juli 1995 erfolglos. Im Jahr 1995 beantragte die Familie des Klägers die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis. Mit Verfügung vom 20.11.1995 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ab, den hiergegen gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der erkennende Senat mit Beschluss vom 11.6.2001 (13 S 1195/01) ab. Der Kläger war seit seiner Geburt zu keiner Zeit im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung.
Am 15.7.2003 beantragte der Vater des Klägers für sich und seine Familie erneut die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis. Zur Begründung wurde vorgetragen: Das ursprüngliche Abschiebungshindernis der Passlosigkeit sei zwischenzeitlich entfallen, nachdem sich die gesamte Familie freiwillig vietnamesische Reisepässe verschafft habe. Für den Kläger ergebe sich eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung aber daraus, dass er in Böblingen geboren, aufgewachsen und sprachlich sowie kulturell in die Bundesrepublik Deutschland integriert sei. Er habe keinen Bezug zu seinem "Heimatstaat Vietnam". Eine Abschiebung würde eine Entwurzelung bedeuten, die mit einer erheblichen Gefährdung des Kindeswohls, insbesondere der seelischen Gesundheit einhergehen würde. Eine Abschiebung in Kenntnis der zu erwartenden offensichtlichen psychischen Störungen verstoße zudem gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK.
Mit Schreiben vom 14.10.2003 teilte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit: Nach erneuter Prüfung der Aktenlage und Rücksprache mit dem Regierungspräsidium sei man übereingekommen, dass sich an der Sachlage der Familie seit den letzten mehrmals gestellten Anträgen auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nichts geändert habe. Eine neue Prüfung und ein daraus folgender Bescheid, der eine Ablehnung zur Folge hätte, sei daher entbehrlich.
Der Kläger hat - gemeinsam mit seinen übrigen Familienangehörigen - am 21.11.2003 verwaltungsgerichtliche Klage erhoben, zu deren Begründung er im wesentlichen das Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt hat. Mit Beschluss vom 13.10.2004 hat das Verwaltungsgericht nach Durchführung der mündlichen Verhandlung das Verfahren des Klägers vom Verfahren der übrigen Familienangehörigen abgetrennt.
Mit Urteil vom 24.6.2004 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei gem. § 75 VwGO zulässig. Zu Unrecht berufe sich die Beklagte darauf, wegen Unanfechtbarkeit ihrer vorangegangenen ablehnenden Verfügung besitze der Kläger kein Sachbescheidungsinteresse. Denn es lägen Gründe vor, die dafür sprächen, dass ein sachlicher Anlass für eine erneute Prüfung und Entscheidung durch sog. Zweitbescheid gegeben sei. Unabhängig von der Frage, welche Bedeutung dem Umstand zukomme, dass der Kläger nunmehr - anders als im Zeitpunkt der letzten Gerichtsentscheidung - im Besitz eines vietnamesischen Reisepasses sei, berufe er sich auf seine fortgeschrittene Integration und ein daraus resultierendes rechtliches Abschiebungshindernis. Nachdem die vorangegangene Entscheidung des VG Stuttgart insoweit mehr als drei Jahre zurückliege, was angesichts des Alters des Klägers eine erhebliche Zeitspanne sei, habe Anlass für eine neue Prüfung und Entscheidung bestanden. Der Kläger habe auch Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis. Allerdings komme deren Erteilung wohl nicht nach § 30 Abs. 3 AuslG in Betracht, da der Kläger zwischenzeitlich im Besitz eines vietnamesischen Reisepasses sei. Soweit er sich auf das rechtliche Abschiebungshindernis seiner erfolgreichen Integration berufe, dürfte ein Vertretenmüssen i. S. des § 30 Abs. 3 AuslG vorliegen, weil er sich das Verhalten seiner Eltern zurechnen lassen müsse. Diese hätten aber spätestens seit Abschluss ihres Asylverfahrens im Jahr 1995 gewusst, dass sie kein Bleiberecht in Deutschland besäßen. Es wäre im Interesse des Kindeswohls seinerzeit geboten gewesen, den Kläger auf ein Leben im Heimatland Vietnam vorzubereiten. Dass dies nicht in ausreichendem Maße geschehen sei, sei objektiv und subjektiv vorwerfbar und dürfte eine Anwendung von § 30 Abs. 3 AuslG insoweit ausschließen. Der Kläger erfülle jedoch die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 4 AuslG. Wie die gesetzliche Formulierung zeige, komme es hier auf ein Vertretenmüssen gerade nicht an. Auch der Ausländer, der ein Abschiebungshindernis selbst zurechenbar herbeigeführt habe, könne sich im Grundsatz auf diese Vorschrift berufen. Insoweit sei das vom Kläger in Anspruch genommene Abschiebungshindernis seiner gelungenen Integration rechtlich von Bedeutung. Es sei unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles auch tatsächlich gegeben. Eine abgeschlossene erfolgreiche Integration eines fast 15-jährigen im Bundesgebiet geborenen und aufgewachsenen Ausländers sei im Hinblick auf das Schutzgut des "Privatlebens" in Art. 8 Abs. 1 EMRK als rechtliches Abschiebungshindernis zu berücksichtigen. Das Gericht sehe die Integration des Klägers - im Unterschied zu derjenigen seiner Eltern - weitgehend als erfolgreich abgeschlossen an. Er nehme hier am sozialen Leben teil, besuche - mit Erfolg - eine weiterführende Schule, spreche in seiner Umgebung und auch innerhalb der Familie - jedenfalls mit seinen Geschwistern - mehrheitlich deutsch, und weise alle Merkmale eines sog. "faktischen Inländers" auf. Er sei nicht vorbestraft und lebe auch nicht unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel. Seine Abschiebung nach Vietnam würde sich rein tatsächlich nicht als eine Rückkehr ins Heimatland darstellen, vielmehr als eine Art "Verbannung" in die Fremde. Mit Blick auf die vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung komme hinzu, dass das Hineinwachsen des Klägers in diese Integration von mehreren Faktoren begünstigt worden sei, nicht zuletzt von dem Umstand, dass es den Behörden in der Vergangenheit einfach nicht gelungen sei, die aufenthaltsrechtliche Situation der Familie "in den Griff" zu bekommen. Integriere sich ein im Bundesgebiet geborener ausländischer Jugendlicher aber auf Grund der genannten Umstände derart erfolgreich, werde das an sich legitime Ziel, die Einhaltung der aufenthaltsrechtlichen Vorschriften letztendlich doch noch durchzusetzen, schließlich unverhältnismäßig i. S. von Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK, und es sei von einem rechtlichen Abschiebungshindernis auszugehen. Zwar treffe den Ausländer im Rahmen des § 30 Abs. 4 AuslG die Obliegenheit, alles in seiner Kraft Stehende und ihm Zumutbare dazu beizutragen, etwaige Abschiebungshindernisse zu überwinden. Für den Kläger wäre es aus den dargelegten Gründen aber nicht zumutbar, sein Privatleben aufzugeben und seiner Ausreisepflicht zu genügen. Einen Verlust seiner erfolgreich abgeschlossenen Integration vermöge er rein tatsächlich nicht herbeizuführen. Das Ermessen der Beklagten sei vorliegend "auf Null" reduziert.
Gegen das am 30.11.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.12.2004 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 31.10.2005 hat der Senat die Berufung zugelassen. Der Beschluss wurde der Beklagten am 9.11.2005 zugestellt.
Mit am 8.12.2005 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte die Berufung begründet und ausgeführt: Die Trennung der Verfahren der Eltern und der Geschwister von dem des Klägers hätte nicht erfolgen dürfen. Es sei von einer notwendigen Streitgenossenschaft auszugehen. Die Klage sei bereits unzulässig. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass der Kläger ein Sachbescheidungsinteresse habe. Die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Sie müsse generell bei einem Heranwachsenden erwartet werden und sei daher kein neuer Sachverhalt, der ein Sachbescheidungsinteresse begründe. Die Klage sei auch unbegründet. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass es bei § 30 Abs. 4 AuslG nicht darauf ankomme, ob der Ausländer ein Abschiebungshindernis zu vertreten habe. Im übrigen stelle die Integration des Klägers kein Abschiebungshindernis nach Art. 8 Abs. 1 EMRK dar. Seine Familie sei seit mehreren Jahren vollziehbar ausreisepflichtig, das Abschiebungshindernis habe sie auf Grund fehlender Mitwirkung selbst verschuldet. Sie habe sich nachgewiesenermaßen mehrmals geweigert, an den Passbeschaffungsmaßnahmen mitzuwirken, obwohl zumindest der Vater des Klägers einen vom 9.6.1995 bis 8.6.2000 gültigen vietnamesischen Nationalpass bei der Ausländerbehörde hinterlegt gehabt habe. Erst nachdem erneut Hoffnung auf ein Aufenthaltsrecht bestanden habe, sei die Familie bereit gewesen, die entsprechenden Bemühungen zu zeigen. Eine freiwillige Ausreise wäre demnach schon vor Jahren möglich gewesen. Es sei allein den Eltern des Klägers zuzurechnen, dass sich der Aufenthalt im Bundesgebiet derart lange hinausgezogen habe. Auch stelle die Familie einen Integrationswillen nicht ausreichend unter Beweis. Sie hätte bereits vor Jahren ein Aufenthaltsrecht erhalten können, habe dies jedoch selbst durch den mehrjährigen Bezug von Sozialhilfe und durch fehlende Mitwirkungsbereitschaft verhindert. Bleiberechtsregelungen des Innenministeriums hätten daher keine Anwendung gefunden. Dass die Eltern den Kindern weder die heimatliche Sprache noch die vietnamesische Kultur vermittelt hätten, gehe allein zu Lasten der Familie. Der Kläger möge sich zwar selbst integriert haben, er müsse sich jedoch das Verhalten der Eltern anrechnen lassen, da er minderjährig sei und seine Eltern seine gesetzlichen Vertreter seien. Auch aus Art. 8 EMRK könne kein Bleiberecht abgeleitet werden. Hinsichtlich des Schutzes des Familienlebens scheide eine Verletzung dieser Bestimmung schon deshalb aus, weil der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht in Deutschland verweigert werde und daher alle Familienmitglieder in ihr Heimatland zurückkehren müssten. Art. 8 Abs. 1 EMRK gewähre kein Recht, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet sei, um ein Familienleben aufzubauen. Auch das Recht auf Privatleben werde durch eine Aufenthaltsbeendigung nicht verletzt. Es spreche bereits vieles dafür, dass ein schützenswertes Privatleben i. S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK voraussetze, dass zumindest für einen gewissen Zeitraum ein ordnungsgemäßer Aufenthalt im Aufenthaltsstaat vorgelegen habe. Der Kläger habe jedoch nie über einen ordnungsgemäßen Aufenthalt verfügt. Selbst wenn man davon ausgehe, dass auch ein rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines geschützten Privatlebens i. S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein könne, sei die daraus folgende Rechtsposition im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Dabei dürfe Art. 8 EMRK nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deshalb, weil er sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe. Vielmehr bedürfe es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr unzumutbar sei. Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat einreise und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen sei, rechtfertige einen solchen Schluss nicht. Gesichtspunkte seien jeweils unter anderem die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland. Es sei dem Kläger auch zumutbar, in sein Heimatland zurückzukehren. Er sei in einem Alter, in dem er sich an neue Verhältnisse anpassen und in sie einfügen könne. Seine persönlichen Interessen, weiterhin im Bundesgebiet zu leben, seien zwar nachvollziehbar, müssten jedoch gegenüber den aufenthaltsrechtlichen Vorschriften hintanstehen. Nicht richtig sei weiterhin, wenn das Verwaltungsgericht den Behörden eine Teilschuld zumesse. Zum einen werde seitens des Innenministeriums Baden-Württemberg das Instrument der freiwilligen Ausreise bevorzugt. Zum anderen habe die Familie des Klägers die Abschiebung durch fehlende Mitwirkung, die mehrmalige Antragstellung, die Durchführung verwaltungsgerichtlicher Verfahren etc. selbst vereitelt. Es wäre ausschließlich die Pflicht der Familie gewesen auszureisen.
Die Beklagte beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2004 - 11 K 4809/03 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
14 
Der Beigeladene schließt sich dem Antrag der Beklagten an.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere des weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird auf die gewechselten Schriftsätze und die dem Senat vorliegen Verwaltungsakten der Beklagten, Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart und Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (auch aus früheren Verfahren) verwiesen. Sie waren Gegenstand der Verhandlung und Beratung.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung, vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weil der Kläger keinen Anspruch auf den von ihm begehrten Aufenthaltstitel hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Entgegen der Auffassung der Beklagten erweist sich das Urteil allerdings nicht schon deshalb als fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen der übrigen Familienmitglieder abgetrennt und über dieses vorab entschieden hat. Nach § 93 VwGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden. Die Entscheidung über eine Verbindung oder Trennung steht im Ermessen des Gerichts (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Rdnr. 3 zu § 93 m.w.N.). Es ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers nach Durchführung der mündlichen Verhandlung abgetrennt hat. Zwar könnte dies anders zu beurteilen sein, wenn zwischen dem Kläger und seinen Familienangehörigen eine notwendige Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO i.V.m. § 62 ZPO bestünde (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 4.7.1991 - 4 UE 552/87 -, juris). Dies ist aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - hier nicht der Fall. Denn es ist nicht ersichtlich, dass über den vom Kläger und seiner Familie geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zwingend einheitlich (d.h. für jeden Familienangehörigen gleich) entschieden werden muss oder dass aus einem sonstigen Grund eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt (vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 6 f. zu § 64). Vielmehr ist es durchaus denkbar, dass die Klage hinsichtlich einiger Familienmitglieder Erfolg hat, hinsichtlich anderer - etwa wegen in ihrer Person liegender Gründe (z.B. Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 AufenthG) - aber nicht. Im übrigen ist aber auch nicht erkennbar, dass sich die Trennung des Verfahrens des Klägers von demjenigen seiner Eltern und Geschwister in der Sache auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hat.
18 
Der Kläger hat auch das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Sachbescheidungsinteresse. Die Beklagte hat zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung vorgetragen, über den Antrag des Klägers und seiner Familie auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis vom 15.7.2003 sei kein neuer Bescheid erlassen worden, da keine neuen Umstände vorgetragen worden seien, die einen anderen rechtlich relevanten Sachverhalt als in den Jahren zuvor beträfen, in denen der Kläger bereits mehrmals Anträge gestellt und Petitionen eingereicht habe; die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Dem hat das Verwaltungsgericht jedoch zutreffend entgegengehalten, dass der Kläger Gründe vorgetragen hat, die einen sachlichen Anlass für eine erneute Prüfung und förmliche Entscheidung durch Verwaltungsakt boten, weil sich im Hinblick auf seine weiter fortgeschrittene Integration ernsthaft die Frage stellte, ob nunmehr ein Abschiebungshindernis gegeben war oder ob noch an den früheren ablehnenden Entscheidungen festgehalten werden konnte. Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass zur Annahme, dass der erneute Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis von der Beklagten als offensichtlich rechtsmissbräuchlich gestellt angesehen und daher unbeachtet gelassen werden durfte (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rnr. 57 zu § 22 m.w.N.; siehe auch OVG Münster, Beschluss vom 27.10.2005 - 13 A 3802.05A -,    InfAuslR 2006, 99).    
19 
Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) entgegen. Zwar ist mit diesem ein Anspruch (auch) des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis abgelehnt worden. Damit steht allerdings nur (rechtskräftig) fest, dass ihm zum für die damalige Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (der mündlichen Verhandlung) keine Aufenthaltsbefugnis zustand (vgl. § 121 VwGO und Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 9 und 28 zu § 121). Der Kläger macht aber gerade geltend, dass ein solcher Anspruch aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit und der damit verbundenen fortgeschrittenen Integration nunmehr gegeben ist.
20 
Die Klage ist aber unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis bzw. Aufenthaltserlaubnis hat.
21 
Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis ist zwar noch unter der Geltung des früheren Ausländergesetzes gestellt worden; für die Frage, ob die Erteilung dieses Aufenthaltstitels aus Rechtsgründen geboten ist (Anspruch) oder aus Rechtsgründen ausscheidet (Sperre), ist aber auf das Recht des seit dem 1.1.2005 geltenden Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG -) vom 30.6.2004 (BGBl I S. 1950), abzustellen (vgl. auch § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Im übrigen (Ermessen) kommt es zwar grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides an (siehe dazu allgemein BVerwG, Urteil vom 16.6.2004 - 1 C 20.03 -, InfAuslR 2004, 427; speziell zum Übergang vom AuslG zum AufenthG siehe VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 9.2.2005 - 11 S 1099/04 -, vom 23.2.2005 - 13 S 2949/04 - und vom 22.6.2005 - 13 S 1023/05 -; Jakober/Welte, AufenthG, Rdnr. 34 f. zu § 101; Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Rdnr. 2 f. zu § 102); da aber im vorliegenden Verfahren weder ein Bescheid der Beklagten noch ein Widerspruchsbescheid ergangen ist (und damit auch keine behördliche Ermessensausübung stattgefunden hat), ist insgesamt maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.1997 - 17 A 5677/95 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996 - Bs VI 104/96 -, DÖV 1997, 386).
22 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis; auch eine Aufenthaltserlaubnis im Ermessensweg kommt hier nicht in Betracht.
23 
1. § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG scheiden als Rechtsgrundlage aus, weil der Kläger weder als Asylberechtigter anerkannt noch festgestellt worden ist, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Nachdem er das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2, 3, 5, oder 7 AufenthG weder vorgetragen hat noch dies sonst erkennbar ist, kommt auch die Anwendung von § 25 Abs. 3 AufenthG nicht in Betracht. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 1 AufenthG scheidet aus, weil der Kläger nicht nur einen vorübergehenden Aufenthalt anstrebt. Zudem ist nicht erkennbar, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann als Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis schon deshalb nicht herangezogen werden, weil es an einem rechtmäßigen (Vor-)Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet fehlt. Die Vorschrift regelt nämlich die von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG abweichende Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie setzt daher zwingend voraus, dass der Ausländer bereits über eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis verfügt (vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 15/420 S. 80: "Satz 2 schafft eine Ausnahmemöglichkeit für Fälle, in denen ein bereits rechtmäßiger Aufenthalt besteht…"). In Betracht kommt danach allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Jedoch sind auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben.
24 
2. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann dem Kläger keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Seine Ausreise ist nämlich nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich.
25 
Nachdem der - vollziehbar ausreisepflichtige - Kläger inzwischen im Besitz eines gültigen vietnamesischen Reisepasses ist, ist das ursprünglich bestehende tatsächliche Ausreisehindernis entfallen. Es ist auch sonst weder vorgetragen noch erkennbar, dass seiner Ausreise ein tatsächliches Ausreisehindernis entgegensteht.
26 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt im Fall des Klägers aber auch kein rechtliches Ausreisehindernis vor. Er macht insoweit geltend, dass seine Integration in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf Art. 8 EMRK einer Aufenthaltsbeendigung entgegensteht. Damit beruft er sich in der Sache auf die Unzumutbarkeit einer (freiwilligen) Ausreise.
27 
Ob auch die Unzumutbarkeit der Ausreise - deren Vorliegen unterstellt - zu ihrer rechtlichen Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG führt, wird unterschiedlich beurteilt. Gegen diese Auffassung könnte sprechen, dass die behauptete Unzumutbarkeit eine freiwillige Ausreise des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland nicht von vornherein ausschließt. Dementsprechend wird unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG teilweise die Auffassung vertreten, es komme auf die Zumutbarkeit einer Ausreise nicht an (vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 23.9.2005 - 3 B 70/05 -, juris; Renner, AuslR, 8. Aufl., Rnr. 34 zu § 25 AufenthG; Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Rnr. 22 und 23a zu § 25). Andererseits ist jedoch nach der Gesetzesbegründung zu § 25 Abs. 5 AufenthG (BT-Drs. 15/420, S. 80) bei der Frage, ob eine Ausreisemöglichkeit besteht, auch die subjektive Möglichkeit - und damit implizit auch die Zumutbarkeit - der Ausreise zu prüfen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, 356; Hessischer VGH, Beschluss vom 1.6.2005 - 3 TG 1273/05 -, Asylmagazin 9/2005, 33; VG Koblenz, Urteil vom 10.10.2005 - 3 K 147/05.KO -, InfAuslR 2006, 25; VG Karlsruhe, Urteil vom 7.9.2005 - 4 K 1390/03 -; Göbel-Zimmermann, ZAR 2005, 275, 278; Benassi, InfAuslR 2005, 357, 362). Daher geht der Senat davon aus, dass auch die Unzumutbarkeit der Ausreise eine rechtliche Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG darstellt. Hierfür spricht auch, dass kein Wille des Gesetzgebers erkennbar ist, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Vergleich zur früheren Regelung in § 30 Abs. 3 und 4 AuslG insoweit zu verschärfen. Letztlich bedarf diese Frage hier aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn im Fall des Klägers ist die Ausreise möglich und zumutbar, weil ihr weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK entgegenstehen.
28 
a) Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, die Einheit und Selbstverantwortlichkeit von Ehe und Familie zu respektieren und zu fördern. Art. 6 Abs. 2 GG garantiert das Elternrecht im Interesse des Kindeswohls und schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen, vor staatlichen Eingriffen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 22.8.2000 - 2 BvR 1363/00 -, juris). Art. 6 Abs. 3 GG regelt die grundsätzlichen Voraussetzungen, unter denen Kinder gegen den Willen der Erziehungsberechtigten von der Familie getrennt werden dürfen.
29 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und nach dem Willen der Beklagten alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, ist der Schutzbereich der genannten Gewährleistungen von vornherein nicht tangiert. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen seiner Familienangehörigen abgetrennt und vorab entschieden hat, ändert hieran nichts, zumal nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Beklagten und des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiterhin eine gemeinsame Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers angestrebt wird.
30 
b) Nach Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl II 1952, 686, 953/II 1954, 14) - EMRK - hat jedermann Anspruch auf Achtung (u.a.) seines Privat- und Familienlebens. Art. 8 Abs. 2 EMRK nennt die Voraussetzungen, unter denen der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts statthaft ist.
31 
Soweit Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch) den Schutz des Familienlebens garantiert, scheidet eine Verletzung dieser Bestimmung aus den bereits genannten Gründen aus. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Urteil der Großen Kammer vom 9.10.2003 - 48321/99 - Slivenko/Lettland, § 94, wobei hier der Begriff des Familienlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK in Bezug auf Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung ausdrücklich verstanden wird als das auf dem Gebiet eines Vertragstaates tatsächlich geführte Familienleben von Nicht-Staatsangehörigen, die sich dort rechtmäßig aufhalten ["by aliens lawfully resident there"]; Entscheidung vom 7.10.2004 - 33743/03 - , NVwZ 2005, 1043,1045).
32 
Die Weigerung, dem Kläger ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privatlebens darstellen. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff i. S. des Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK liegt jedoch hier nicht vor.
33 
Nach seiner ursprünglichen Konzeption dient dieses Recht dazu, dem Individuum eine Sphäre zu sichern, in der es die Entwicklung und Erfüllung seiner Persönlichkeit anstreben kann. Wenn der Staat Regeln für das Verhalten in dieser Sphäre trifft, greift er in das Recht auf Achtung der Privatsphäre ein, was der Rechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK bedarf (vgl. zum Schutzbereich des Privatlebens: Frowein/Penkert, EMRK, 1996, Rnr. 1 ff. zu Art. 8). Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 16.6.2005 - 60654/00 -, auszugsweise abgedr. in InfAuslR 2005, 349) stellt auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts jedenfalls dann einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben dar, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kann danach insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland im wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999 - 4 L 195/98 -, juris; zur Bedeutung der engen Bindung an den Aufenthaltsstaat im Zusammenhang mit dem "Schutz des Familienlebens" s. auch EGMR, Urteile vom 26.3.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.9.1997 , InfAuslR 1997, 430, sowie BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.).
34 
Ein der Rechtfertigung bedürftiger Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer liegt allerdings regelmäßig nur dann vor, wenn sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 3.6.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff. m.w.N., und vom 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz der Kläger sich befindet, aber regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt nämlich keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs kann daher eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, grundsätzlich nicht erfolgen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff. und Beschluss vom 24.11.2005 - 11 S 1078/05 -; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70,71).
35 
In der - ohnehin stark kasuistisch geprägten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.) - Rechtsprechung des EGMR ist die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, soweit ersichtlich allerdings nicht eindeutig geklärt (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.9.2004 , a.a.O.). Es kann  aber jedenfalls festgehalten werden, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EGMR hierfür nicht ausreichend ist. In der Entscheidung heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung vom 16.6.2005 (- 60654/00 -, Sisojewa/Lettland, auszugsweise abgedruckt in InfAuslR 2005, 349) nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist (siehe §§ 57 f. und 94), und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen (siehe hierzu insbesondere die abweichende Meinung der Richterinnen V und B). Eine vergleichbare Situation ist beim Kläger indes nicht gegeben.
36 
Allerdings legt die - sehr einzelfallbezogene - Rechtsprechung des EGMR  die Annahme nahe, dass ein schutzwürdiger Aufenthalt im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch beim Vorhandensein einer Duldung jedenfalls nicht von vornherein ausscheidet. Vielmehr dürfte es aus Sicht des EGMR maßgeblich darauf ankommen, warum der betreffende Ausländer sich trotz des Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Aufnahmestaat aufhält, ob ihm eine Ausreise grundsätzlich möglich und zumutbar wäre und ob die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen oder auf Grund anderer Umstände (etwa wegen der Verhältnisse im Heimatstaat) nicht möglich ist.
37 
Selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass auch ein - wie hier - rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition jedoch im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Nach dieser Bestimmung ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts aus Absatz 1 nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.9.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). In seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Recht des Aufenthalts von Ausländern vom 28.5.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) hat der EGMR zudem betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der  "Achtung"  des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.9.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und 7.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat er nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden.  Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen zudem nicht allein deswegen, weil er sich "eine bestimmte Zeit" im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt einen solchen Schluss jedoch noch nicht (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts insbesondere, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.), wobei gerade auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.).
38 
Vor dem dargestellten Hintergrund ist im Fall des Klägers bei Abwägung aller Umstände nicht festzustellen, dass die Verweigerung der Legalisierung seines Aufenthalts und die geplante Aufenthaltsbeendigung unverhältnismäßig ist und daher gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt. Dabei ist es nach Auffassung des Senats nicht ausreichend, bei der Beurteilung der Integration des Klägers gleichsam isoliert nur in den Blick zu nehmen, inwieweit er selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt ist. Vielmehr kommt dabei auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang seine Familie sich in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Denn für die Beurteilung der Verwurzelung des Klägers kommt es auch entscheidend darauf an, ob bzw. inwieweit seine familiären Verhältnisse an das Leben in der Bundesrepublik Deutschland angeglichen sind und welche Verbindungen insoweit noch zum Land seiner Staatsangehörigkeit bestehen. Für eine solche Gesamtbetrachtung spricht nicht nur die Bezugnahme auf das "Familienleben" als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK, sondern auch die Tatsache, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht allein sichern könnte, sondern hierfür auf die Unterstützung seiner Familie angewiesen ist. Sein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland kann auch insoweit rechtlich nicht isoliert von demjenigen seiner Familie, insbesondere seiner Eltern, beurteilt werden. Zudem wären auch Fallgestaltungen denkbar, in denen nur ein Kind in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist, andere Kinder dagegen auf Rückkehr in den Heimatstaat angewiesen wären.
39 
Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung sind bei dieser Gesamtbetrachtung - sowohl zu seinen Gunsten wie zu seinen Lasten - auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet) auf das Verhalten seiner Eltern zurückzuführen sind.  Er muss sich das Verhalten seiner Eltern schon deshalb zurechnen lassen, weil er als Kind grundsätzlich deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilt und sich nur deshalb bis heute in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten konnte, weil diese ihrer bestehenden Ausreisepflicht nicht nachgekommen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Hierfür spricht auch, dass das Aufenthaltsgesetz ein selbständiges Aufenthaltsrecht für Kinder erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG) und sie auch erst ab diesem Alter für verfahrensfähig erklärt (vgl. § 80 Abs. 1 AufenthG). Daran zeigt sich, dass der Gesetzgeber auch beim Aufenthaltsgesetz an der Konzeption festgehalten hat, wonach das Aufenthaltsrecht von Kindern bis zum 16. Lebensjahr dem der Eltern folgt; damit wird im übrigen auch ihre Integrationsfähigkeit in andere Lebensverhältnisse generell unterstellt (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 21.9.1994 - 10 UE 548/94 -, NVwZ-RR 1995, 163). Auch sonst geht die Rechtsprechung bei Abschiebungshindernissen von Kindern davon aus, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.7.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken.
40 
Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten des Klägers in die Erwägungen einzustellen, dass er, wie auch seine Geschwister, in der Bundesrepublik Deutschland geboren und aufgewachsen ist; er beherrscht - wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat - die deutsche Sprache sehr gut, besucht mit überdurchschnittlichem Erfolg die Realschule und möchte anschließend auf das Gymnasium wechseln. Zudem nimmt er am sozialen Leben in seiner Wohngemeinde teil. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass er sich nach seinen Angaben bisher niemals in Vietnam, dem Land seiner Staatsangehörigkeit, aufgehalten hat, dieses also nicht aus eigener Anschauung kennt.
41 
Andererseits kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Eltern des Klägers bisher in weit geringerem Maß in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert sind als er, weshalb die innerfamiliären Lebensverhältnisse auch heute noch in erheblichem Maß von der vietnamesischen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt werden. Dabei ist in der Verhandlung vor dem Senat vor allem aufgefallen, dass der Vater des Klägers, trotz des langjährigen Aufenthalts, die deutsche Sprache verhältnismäßig schlecht beherrscht, weshalb der Kläger die Fragen des Senats und die Antworten seines Vaters zumeist übersetzen musste. Nach Angaben des Klägers spricht sein Vater allerdings besser Deutsch als seine Mutter, weshalb bei ihr von einer noch geringeren Beherrschung der deutschen Sprache ausgegangen werden muss. Schon diese geringen Sprachkenntnisse der Eltern legen es nahe, dass bei ihnen keine fortgeschrittene Integration angenommen werden kann. Darüber hinaus hat die Familie des Klägers in der Zeit von 1990 bis zum Februar 2000 Sozialhilfe (teilweise in voller Höhe, teilweise als zusätzliche Leistung) bezogen, was für diesen Zeitraum gegen eine gelungene Integration - jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht - spricht.
42 
Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt über einen rechtmäßigen und damit längerfristig gesicherten Aufenthalt in Deutschland verfügt hat. Dem Umstand, dass seine Eltern im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer in die DDR gelangt sind und dort ein bis zum Jahr 1992 gültiges Aufenthaltsrecht erhalten haben, kommt dabei keine entscheidende Bedeutung zu. Ungeachtet der Frage, ob und gegebenenfalls welche Wirkungen dieses Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland entfaltet hat, waren sie nämlich jedenfalls nach dem Abschluss ihrer Asylverfahren vollziehbar ausreisepflichtig und durchgehend nur im Besitz von Duldungen, die ihre Ausreisepflicht unberührt gelassen haben. Ab diesem Zeitpunkt konnte aber weder für sie noch für den Kläger von einem begründeten Vertrauen auf einen dauerhaften Aufenthalt ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass die Dauer des Aufenthalts maßgeblich dadurch zustande gekommen ist, dass die Eltern des Klägers nach dem rechtskräftigen Abschluss ihrer Asylverfahren trotz der bestehenden Ausreisepflicht mehrere weitere (erfolglose) Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts eingeleitet haben. Sie haben bereits im Jahr 1995 einen erfolglosen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gestellt, im Jahr 1997 ebenfalls erfolglos eine Petition eingereicht und am 15.3.2000 einen - ebenfalls erfolglosen -  Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis auf der Grundlage von § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt vom 12.1.2000 - Az.: 4-1340/29 -gestellt (das damals beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängige Klageverfahren hat währenddessen geruht). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers einer am 28.12.1995 erfolgten Vorladung wegen einer beabsichtigten Passbeschaffung unentschuldigt nicht nachgekommen ist und sich - wie die Beklagte in einem Schreiben an die damaligen Bevollmächtigten der Eltern des Klägers vom 17.5.2000 ausgeführt hat - später auch weigerte, Angaben bezüglich seines letzten Aufenthaltes in Vietnam zu machen. So wird auch im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ausgeführt, die Kläger (gemeint: die Eltern des Klägers) hätten hinsichtlich der Passlosigkeit ihren diesbezüglichen Mitwirkungspflichten nicht genügt und seien mündlichen und schriftlichen Aufforderungen der Ausländerbehörde zum Ausfüllen von Passanträgen nicht nachgekommen bzw. hätten entsprechenden Vorladungen nicht Folge geleistet. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass eine Aufenthaltsbeendigung in der Vergangenheit möglich gewesen wäre, wenn sich die - vollziehbar ausreisepflichtigen - Eltern des Klägers um Reisepapiere bemüht hätten.
43 
Zugunsten des Klägers fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht, dass sein Aufenthalt und der Aufenthalt seiner Familie seit dem Abschluss der Asylverfahren der Eltern im Jahr 1995 von der Beklagten nicht zwangsweise beendet worden ist. Es erscheint bereits als grundsätzlich zweifelhaft, ob ein Ausländer, der vollziehbar zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist und dieser gesetzlichen Verpflichtung freiwillig nachkommen könnte, sich   überhaupt auf die unterlassene Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung berufen kann. Hat ein Ausländer die seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung entgegenstehenden Hindernisse zu vertreten, so ist er nämlich nach der Rechtsprechung verpflichtet, die ihm entstehenden Nachteile gering zu halten, indem er sich frühzeitig und nachhaltig um die Beseitigung des Ausreisehindernisses bemüht. Zudem hat er Nachteile, die sich hieraus ergeben, grundsätzlich hinzunehmen und kann nicht darauf vertrauen, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Davon abgesehen lagen vorliegend aber auch nachvollziehbare Gründe dafür vor, dass eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers in der Vergangenheit nicht erfolgt ist. Zum einen hat sein Vater - wie ausgeführt - die Mitwirkung an der Beschaffung von Reisepapieren mehrfach verweigert. Zum anderen stellte sich eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie auf der Grundlage des am 21.7.1995 unterzeichneten "Deutsch-Vietnamesischen Rückübernahmeabkommens" nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten bzw. des Regierungspräsidiums Stuttgart als schwierig und langwierig dar.  
44 
Beim Kläger ist auch die Annahme gerechtfertigt, dass er sich in die vietnamesischen Lebensverhältnisse wird einleben können. Wie er schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben hat, verfügt er durchaus über vietnamesische Sprachkenntnisse. Dies hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Zwar hat er hier zunächst gemeint, seine Vietnamesischkenntnisse seien eher schlecht. Allerdings spricht er zuhause nach seinem eigenen Vortrag mit den Eltern Vietnamesisch. In der mündlichen Verhandlung hat er zudem die an seinen Vater gerichteten Fragen des Senats übersetzt, was ihm offenbar keine besonderen Schwierigkeiten bereitet hat. Danach muss der Kläger jedoch über zumindest so gute Kenntnisse der vietnamesischen Sprache verfügen, dass ihm eine Verständigung mit seinen Eltern im Alltagsleben möglich ist. Angesichts seines Alters ist zudem die Annahme gerechtfertigt, dass er diese Kenntnisse der vietnamesischen Sprache weiter ausbauen kann (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2002 - 11 S 862/02 -, NVwZ-RR 2003, 307, 308 f.; Urteil vom 27.1.2004 - 10 S 1610/03 -, VBlBW 2004, 308, 311; Beschluss vom 2.11.2004 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 71;  ferner EGMR, Urteil vom 27.10. 2005 - 32231 - , InfAuslR 2006, 3; Urteil vom 5.7.2005 - 46410/99 - <Üner>, InfAuslR 2005, 450). Soweit er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, er könne die vietnamesische Sprache nicht lesen und schreiben, ist zu berücksichtigen, dass er sich in einem Alter befindet, in dem der Erwerb dieser Kenntnisse jedenfalls noch als zumutbar erscheint, zumal auch diese Sprache lateinische Buchstaben verwendet, wie der Kläger in der Verhandlung nochmals bestätigt hat. Dies gilt umso mehr, als er - wie dargelegt - die vietnamesische Sprache jedenfalls recht gut spricht. Hinzu kommt, dass er nicht allein, sondern gemeinsam mit seiner Familie nach Vietnam übersiedeln soll, dort also nicht auf sich allein gestellt sein wird, sondern insbesondere mit der Unterstützung seiner Eltern rechnen kann, die mit den vietnamesischen Lebensverhältnissen noch hinreichend vertraut sein dürften. Zudem befinden sich noch seine Großeltern in Vietnam, mit welchen die Familie regelmäßigen Kontakt pflegt. Auch dies dürfte ein Einleben in die vietnamesischen Lebensverhältnisse erleichtern.
45 
Unter Abwägung aller Gesichtspunkte kann der Kläger daher auch aus der Tatsache, dass er hier geboren und aufgewachsen ist und hier seine Schulausbildung erhalten hat bzw. derzeit erhält, nicht ableiten, dass die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG in seinem Fall einen unzulässigen Eingriff i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellt.
46 
c) Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Versagung einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers zu einem verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in grundgesetzliche Gewährleistungen aus Art. 1, 2 oder 3 GG führt.
47 
Fehlt es danach bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, bedarf keiner Erörterung, ob das Ermessen der Beklagten - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - dergestalt reduziert ist, dass ermessensfehlerfrei allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommt (sog. "Ermessensreduzierung auf Null").
48 
3. Auch § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden "soll", wenn die Abschiebung 18 Monate lang ausgesetzt ist, verschafft dem Kläger keinen selbständigen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Denn § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG setzt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG voraus. Dies folgt daraus, dass § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG systematisch an den Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG anknüpft und nur die dort vorgesehene Rechtsfolge ("kann") im Sinne eines "soll" modifiziert, sofern das zusätzliche Tatbestandsmerkmal "Aussetzung der Abschiebung seit 18 Monaten" erfüllt ist (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, juris). Bereits der Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist hier aber nicht erfüllt, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt.
49 
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 4 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers (im übrigen, d. h. wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 - wie hier - nicht vorliegen) eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es auf Grund der Umstände des Einzelfalls zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist. Hierbei sind das Kindeswohl und die familiäre Situation zu berücksichtigen (Satz 2).
50 
Es kann vorliegend offen bleiben, ob einem Anspruch auf Grund dieser Bestimmung schon entgegensteht, dass der Kläger im Verwaltungs- und Klageverfahren ausdrücklich (nur) die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis beantragt hat, welcher nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG entspricht (vgl. § 101 Abs. 2 AufenthG). Denn er erfüllt jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 AufenthG. Allerdings steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf dieser Grundlage wohl nicht entgegen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland geboren ist. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Vorgängerbestimmung des § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG war diese nämlich auch auf Kinder anwendbar, die im Bundesgebiet geboren sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004 - 13 S 2833/02 -, InfAuslR 2004, 385 = VBlBW 2004, 354). Dies dürfte auch für die insoweit übereinstimmende Regelung des § 32 Abs. 4 AufenthG angenommen werden können.
51 
Im Fall des Klägers kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Vermeidung einer besonderen Härte in diesem Sinne erforderlich ist. Das Vorliegen einer solchen Härte setzt voraus, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis den minderjährigen Ausländer in den Folgen deutlich ungleich schwerer trifft als andere Ausländer in vergleichbarer Lage (vgl. - zu § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004, a.a.O. m.w.N.; Hailbronner, AuslR, Stand: 6/2005, Rnr. 28 f. zu § 32 AufenthG). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Zweck des § 32 AufenthG darin besteht, den von dieser Bestimmung begünstigten Familienmitgliedern einen gemeinsamen rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen, um dem sich aus Art. 6 GG ergebenden Schutz von Ehe und Familie Rechnung zu tragen (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/420, S. 83). Eine besondere Härte im Sinne dieser Bestimmung kann vor diesem Hintergrund aber nur dann angenommen werden, wenn die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis ein solches Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland hindert. Angesichts des Umstandes, dass sowohl die Eltern des Klägers als auch seine Geschwister vollziehbar ausreisepflichtig sind und nach dem Willen der Beklagten die Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit ihm verlassen sollen, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an ihn schon von der Zweckbestimmung des § 32 Abs. 4 AufenthG her nicht in Betracht. Zudem ist nicht erkennbar, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis eine besondere Härte im dargestellten Sinn begründen könnte, nachdem sie gerade nicht zu einer Trennung von der Familie führt.
52 
5. Auch aus dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (BGBl. II 1992, S. 121 ff.) kann der Kläger für das von ihm begehrte Aufenthaltsrecht nichts herleiten. Dieses Übereinkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland am 5. April 1992 (BGBl. 1992 II, 990) in Kraft getreten.
53 
Im vorliegenden Fall ist schon zweifelhaft, ob das Übereinkommen Rechte des Klägers begründet, aus welchen sich ein Aufenthaltsrecht ergeben könnte. Auch insofern ist von entscheidender Bedeutung, dass er zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern das Bundesgebiet verlassen soll. Das Übereinkommen betont an mehreren Stellen die Achtung vor dem Elternrecht. Insoweit gilt auch bei Heranziehung des Übereinkommens nichts anderes als sonst allgemein im Ausländerrecht, dass nämlich minderjährige Kinder das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen. Aus Art. 20 Abs. 1 des Übereinkommens ergibt sich eine besondere Beistandspflicht des Staates nur für solche Kinder, die aus ihrer familiären Umgebung herausgelöst werden. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.
54 
Darüber hinaus hat die Bundesrepublik Deutschland bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde eine "Erklärung" abgegeben, in der es unter I. Satz 4 und 5 heißt, das Übereinkommen finde innerstaatlich keine unmittelbare Anwendung. Es begründe völkerrechtliche Staatenverpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland nach näherer Bestimmung ihres mit dem Übereinkommen übereinstimmenden innerstaatlichen Rechts erfülle. Des weiteren wird unter IV. eine bereits am 23. Februar 1989 in Genf abgegebene Erklärung bekräftigt, nach der nichts in dem Übereinkommen dahingehend ausgelegt werden könne, dass die widerrechtliche Einreise eines Ausländers in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder dessen widerrechtlicher Aufenthalt dort erlaubt sei; auch könne keine Bestimmung dahin ausgelegt werden, dass sie das Recht der Bundesrepublik Deutschland beschränke, Gesetze und Verordnungen über die Einreise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen.
55 
Die von der Bundesrepublik Deutschland bei der Ratifikation des Vertrages gemachten Vorbehalte schließen die Ableitung von Rechten aus dem Übereinkommen aus. Es spricht auch nichts dafür, dass diese Vorbehalte nach Art. 51 Absatz 2 des Übereinkommens unzulässig wären.
56 
6. Schließlich ergibt sich auch aus der Landesverfassung Baden-Württemberg nichts für einen Aufenthaltserlaubnisanspruch des Klägers. Dies gilt insbesondere für die in der Rechtsprechung teilweise herangezogene Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 LV, wonach sich das Volk von Baden-Württemberg zu dem unveräußerlichen Menschenrecht auf die Heimat bekennt (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 11.10.2005 - 11 K 5363/03 -). Abgesehen davon, dass die Regelungen der Landesverfassung den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes nachrangig sind (Art. 31 GG), kann sich eine eigene Rechtsposition des Klägers hieraus schon deshalb nicht ergeben, weil es sich dabei nicht um ein Grundrecht handelt, sondern um einen Programmsatz, der allenfalls die Rechtspflicht der Staatsorgane begründet, zur Verwirklichung des Rechts auf Heimat das ihnen Mögliche beizutragen (vgl. Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Rnr. 133 ff. zu Art. 2; Hollerbach in: Feuchte, Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1987, Rnr. 25 ff. zu Art. 2). Nachdem die für den Kläger sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere seine fortgeschrittene Integration in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse, bereits über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG umfassend berücksichtigt worden sind, ist nicht erkennbar, dass sich aus dem Recht auf Heimat insoweit zusätzliche, zugunsten des Klägers zu berücksichtigende Gesichtspunkte ergeben könnten. Danach bedarf auch keiner weiteren Vertiefung, ob der Kläger vom Begriff des "Volkes" in Art. 2 Abs. 2 LV überhaupt erfasst wird.
57 
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung fallen in den Fällen des § 75 die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Es kann offen bleiben, ob die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil eine streitige Gerichtsentscheidung ergeht (hierzu Ring, NVwZ 1995, 1191; Kopp/Schenke, a.a.O. Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Denn § 161 Abs. 3 VwGO ist jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn ein Kläger das anhängige Klageverfahren nach negativer Bescheidung durch die Behörde zunächst fortsetzt und es entweder erst später für erledigt erklärt wird oder streitig über die Sache entschieden werden muss. In einem solchen Fall besteht für eine Kostenüberbürdung auf den Beklagten nach § 161 Abs. 3 VwGO keine Rechtfertigung mehr, weil sich die verzögerte Bescheidung als nicht mehr kausal für den nach dem Erlass des Verwaltungsaktes fortgesetzten Prozess erweist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.7.1991 - 3 C 56/90 -, NVwZ 1991, 1180; Beschluss vom 28.4.1992 - 3 C 50/90 -, Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 94; Clausing in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand 2005, Rnr. 41 zu § 161;  Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Diese Grundsätze sind auch hier anzuwenden. Zwar hat die Beklagte bislang keinen förmlichen Bescheid erlassen; sie hat sich jedoch in der beim Verwaltungsgericht vorgelegten Klageerwiderung vom 23.12.2003 zur Sache geäußert und dabei die Gründe, aus welchen nach ihrer Auffassung die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an den Kläger (und seine Familie) weiterhin ausscheidet, ausführlich dargestellt. Der Kläger hätte danach - in gleicher Weise wie nach dem Ergehen eines Bescheides - die Möglichkeit gehabt, das Verfahren nach Kenntnis der Rechtsauffassung der Beklagten durch Erledigungserklärung oder Rücknahme (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23.7.1991 und vom 28.4.1992, a.a.O.) zu beenden. Nachdem er hierauf verzichtet hat, ist es nicht mehr gerechtfertigt, ihn für die weitere Prozessführung von jedem Kostenrisiko freizustellen. Der Umstand, dass er im erstinstanzlichen Verfahren erfolgreich gewesen ist, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn dies ändert nichts daran, dass das Unterlassen der Bescheidung seines Antrags durch die Beklagte jedenfalls nach Vorlage der Klageerwiderung für den weiteren Fortgang des Verfahrens nicht mehr ursächlich gewesen ist.
58 
Da der Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) entspricht es der Billigkeit, dem Kläger auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
59 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
60 
Beschluss
61 
vom 18.1.2006
62 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr.1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718).
63 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
16 
Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung, vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weil der Kläger keinen Anspruch auf den von ihm begehrten Aufenthaltstitel hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Entgegen der Auffassung der Beklagten erweist sich das Urteil allerdings nicht schon deshalb als fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen der übrigen Familienmitglieder abgetrennt und über dieses vorab entschieden hat. Nach § 93 VwGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden. Die Entscheidung über eine Verbindung oder Trennung steht im Ermessen des Gerichts (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Rdnr. 3 zu § 93 m.w.N.). Es ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers nach Durchführung der mündlichen Verhandlung abgetrennt hat. Zwar könnte dies anders zu beurteilen sein, wenn zwischen dem Kläger und seinen Familienangehörigen eine notwendige Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO i.V.m. § 62 ZPO bestünde (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 4.7.1991 - 4 UE 552/87 -, juris). Dies ist aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - hier nicht der Fall. Denn es ist nicht ersichtlich, dass über den vom Kläger und seiner Familie geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zwingend einheitlich (d.h. für jeden Familienangehörigen gleich) entschieden werden muss oder dass aus einem sonstigen Grund eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt (vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 6 f. zu § 64). Vielmehr ist es durchaus denkbar, dass die Klage hinsichtlich einiger Familienmitglieder Erfolg hat, hinsichtlich anderer - etwa wegen in ihrer Person liegender Gründe (z.B. Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 AufenthG) - aber nicht. Im übrigen ist aber auch nicht erkennbar, dass sich die Trennung des Verfahrens des Klägers von demjenigen seiner Eltern und Geschwister in der Sache auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hat.
18 
Der Kläger hat auch das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Sachbescheidungsinteresse. Die Beklagte hat zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung vorgetragen, über den Antrag des Klägers und seiner Familie auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis vom 15.7.2003 sei kein neuer Bescheid erlassen worden, da keine neuen Umstände vorgetragen worden seien, die einen anderen rechtlich relevanten Sachverhalt als in den Jahren zuvor beträfen, in denen der Kläger bereits mehrmals Anträge gestellt und Petitionen eingereicht habe; die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Dem hat das Verwaltungsgericht jedoch zutreffend entgegengehalten, dass der Kläger Gründe vorgetragen hat, die einen sachlichen Anlass für eine erneute Prüfung und förmliche Entscheidung durch Verwaltungsakt boten, weil sich im Hinblick auf seine weiter fortgeschrittene Integration ernsthaft die Frage stellte, ob nunmehr ein Abschiebungshindernis gegeben war oder ob noch an den früheren ablehnenden Entscheidungen festgehalten werden konnte. Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass zur Annahme, dass der erneute Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis von der Beklagten als offensichtlich rechtsmissbräuchlich gestellt angesehen und daher unbeachtet gelassen werden durfte (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rnr. 57 zu § 22 m.w.N.; siehe auch OVG Münster, Beschluss vom 27.10.2005 - 13 A 3802.05A -,    InfAuslR 2006, 99).    
19 
Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) entgegen. Zwar ist mit diesem ein Anspruch (auch) des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis abgelehnt worden. Damit steht allerdings nur (rechtskräftig) fest, dass ihm zum für die damalige Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (der mündlichen Verhandlung) keine Aufenthaltsbefugnis zustand (vgl. § 121 VwGO und Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 9 und 28 zu § 121). Der Kläger macht aber gerade geltend, dass ein solcher Anspruch aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit und der damit verbundenen fortgeschrittenen Integration nunmehr gegeben ist.
20 
Die Klage ist aber unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis bzw. Aufenthaltserlaubnis hat.
21 
Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis ist zwar noch unter der Geltung des früheren Ausländergesetzes gestellt worden; für die Frage, ob die Erteilung dieses Aufenthaltstitels aus Rechtsgründen geboten ist (Anspruch) oder aus Rechtsgründen ausscheidet (Sperre), ist aber auf das Recht des seit dem 1.1.2005 geltenden Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG -) vom 30.6.2004 (BGBl I S. 1950), abzustellen (vgl. auch § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Im übrigen (Ermessen) kommt es zwar grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides an (siehe dazu allgemein BVerwG, Urteil vom 16.6.2004 - 1 C 20.03 -, InfAuslR 2004, 427; speziell zum Übergang vom AuslG zum AufenthG siehe VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 9.2.2005 - 11 S 1099/04 -, vom 23.2.2005 - 13 S 2949/04 - und vom 22.6.2005 - 13 S 1023/05 -; Jakober/Welte, AufenthG, Rdnr. 34 f. zu § 101; Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Rdnr. 2 f. zu § 102); da aber im vorliegenden Verfahren weder ein Bescheid der Beklagten noch ein Widerspruchsbescheid ergangen ist (und damit auch keine behördliche Ermessensausübung stattgefunden hat), ist insgesamt maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.1997 - 17 A 5677/95 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996 - Bs VI 104/96 -, DÖV 1997, 386).
22 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis; auch eine Aufenthaltserlaubnis im Ermessensweg kommt hier nicht in Betracht.
23 
1. § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG scheiden als Rechtsgrundlage aus, weil der Kläger weder als Asylberechtigter anerkannt noch festgestellt worden ist, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Nachdem er das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2, 3, 5, oder 7 AufenthG weder vorgetragen hat noch dies sonst erkennbar ist, kommt auch die Anwendung von § 25 Abs. 3 AufenthG nicht in Betracht. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 1 AufenthG scheidet aus, weil der Kläger nicht nur einen vorübergehenden Aufenthalt anstrebt. Zudem ist nicht erkennbar, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann als Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis schon deshalb nicht herangezogen werden, weil es an einem rechtmäßigen (Vor-)Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet fehlt. Die Vorschrift regelt nämlich die von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG abweichende Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie setzt daher zwingend voraus, dass der Ausländer bereits über eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis verfügt (vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 15/420 S. 80: "Satz 2 schafft eine Ausnahmemöglichkeit für Fälle, in denen ein bereits rechtmäßiger Aufenthalt besteht…"). In Betracht kommt danach allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Jedoch sind auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben.
24 
2. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann dem Kläger keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Seine Ausreise ist nämlich nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich.
25 
Nachdem der - vollziehbar ausreisepflichtige - Kläger inzwischen im Besitz eines gültigen vietnamesischen Reisepasses ist, ist das ursprünglich bestehende tatsächliche Ausreisehindernis entfallen. Es ist auch sonst weder vorgetragen noch erkennbar, dass seiner Ausreise ein tatsächliches Ausreisehindernis entgegensteht.
26 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt im Fall des Klägers aber auch kein rechtliches Ausreisehindernis vor. Er macht insoweit geltend, dass seine Integration in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf Art. 8 EMRK einer Aufenthaltsbeendigung entgegensteht. Damit beruft er sich in der Sache auf die Unzumutbarkeit einer (freiwilligen) Ausreise.
27 
Ob auch die Unzumutbarkeit der Ausreise - deren Vorliegen unterstellt - zu ihrer rechtlichen Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG führt, wird unterschiedlich beurteilt. Gegen diese Auffassung könnte sprechen, dass die behauptete Unzumutbarkeit eine freiwillige Ausreise des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland nicht von vornherein ausschließt. Dementsprechend wird unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG teilweise die Auffassung vertreten, es komme auf die Zumutbarkeit einer Ausreise nicht an (vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 23.9.2005 - 3 B 70/05 -, juris; Renner, AuslR, 8. Aufl., Rnr. 34 zu § 25 AufenthG; Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Rnr. 22 und 23a zu § 25). Andererseits ist jedoch nach der Gesetzesbegründung zu § 25 Abs. 5 AufenthG (BT-Drs. 15/420, S. 80) bei der Frage, ob eine Ausreisemöglichkeit besteht, auch die subjektive Möglichkeit - und damit implizit auch die Zumutbarkeit - der Ausreise zu prüfen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, 356; Hessischer VGH, Beschluss vom 1.6.2005 - 3 TG 1273/05 -, Asylmagazin 9/2005, 33; VG Koblenz, Urteil vom 10.10.2005 - 3 K 147/05.KO -, InfAuslR 2006, 25; VG Karlsruhe, Urteil vom 7.9.2005 - 4 K 1390/03 -; Göbel-Zimmermann, ZAR 2005, 275, 278; Benassi, InfAuslR 2005, 357, 362). Daher geht der Senat davon aus, dass auch die Unzumutbarkeit der Ausreise eine rechtliche Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG darstellt. Hierfür spricht auch, dass kein Wille des Gesetzgebers erkennbar ist, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Vergleich zur früheren Regelung in § 30 Abs. 3 und 4 AuslG insoweit zu verschärfen. Letztlich bedarf diese Frage hier aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn im Fall des Klägers ist die Ausreise möglich und zumutbar, weil ihr weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK entgegenstehen.
28 
a) Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, die Einheit und Selbstverantwortlichkeit von Ehe und Familie zu respektieren und zu fördern. Art. 6 Abs. 2 GG garantiert das Elternrecht im Interesse des Kindeswohls und schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen, vor staatlichen Eingriffen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 22.8.2000 - 2 BvR 1363/00 -, juris). Art. 6 Abs. 3 GG regelt die grundsätzlichen Voraussetzungen, unter denen Kinder gegen den Willen der Erziehungsberechtigten von der Familie getrennt werden dürfen.
29 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und nach dem Willen der Beklagten alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, ist der Schutzbereich der genannten Gewährleistungen von vornherein nicht tangiert. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen seiner Familienangehörigen abgetrennt und vorab entschieden hat, ändert hieran nichts, zumal nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Beklagten und des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiterhin eine gemeinsame Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers angestrebt wird.
30 
b) Nach Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl II 1952, 686, 953/II 1954, 14) - EMRK - hat jedermann Anspruch auf Achtung (u.a.) seines Privat- und Familienlebens. Art. 8 Abs. 2 EMRK nennt die Voraussetzungen, unter denen der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts statthaft ist.
31 
Soweit Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch) den Schutz des Familienlebens garantiert, scheidet eine Verletzung dieser Bestimmung aus den bereits genannten Gründen aus. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Urteil der Großen Kammer vom 9.10.2003 - 48321/99 - Slivenko/Lettland, § 94, wobei hier der Begriff des Familienlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK in Bezug auf Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung ausdrücklich verstanden wird als das auf dem Gebiet eines Vertragstaates tatsächlich geführte Familienleben von Nicht-Staatsangehörigen, die sich dort rechtmäßig aufhalten ["by aliens lawfully resident there"]; Entscheidung vom 7.10.2004 - 33743/03 - , NVwZ 2005, 1043,1045).
32 
Die Weigerung, dem Kläger ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privatlebens darstellen. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff i. S. des Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK liegt jedoch hier nicht vor.
33 
Nach seiner ursprünglichen Konzeption dient dieses Recht dazu, dem Individuum eine Sphäre zu sichern, in der es die Entwicklung und Erfüllung seiner Persönlichkeit anstreben kann. Wenn der Staat Regeln für das Verhalten in dieser Sphäre trifft, greift er in das Recht auf Achtung der Privatsphäre ein, was der Rechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK bedarf (vgl. zum Schutzbereich des Privatlebens: Frowein/Penkert, EMRK, 1996, Rnr. 1 ff. zu Art. 8). Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 16.6.2005 - 60654/00 -, auszugsweise abgedr. in InfAuslR 2005, 349) stellt auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts jedenfalls dann einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben dar, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kann danach insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland im wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999 - 4 L 195/98 -, juris; zur Bedeutung der engen Bindung an den Aufenthaltsstaat im Zusammenhang mit dem "Schutz des Familienlebens" s. auch EGMR, Urteile vom 26.3.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.9.1997 , InfAuslR 1997, 430, sowie BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.).
34 
Ein der Rechtfertigung bedürftiger Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer liegt allerdings regelmäßig nur dann vor, wenn sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 3.6.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff. m.w.N., und vom 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz der Kläger sich befindet, aber regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt nämlich keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs kann daher eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, grundsätzlich nicht erfolgen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff. und Beschluss vom 24.11.2005 - 11 S 1078/05 -; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70,71).
35 
In der - ohnehin stark kasuistisch geprägten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.) - Rechtsprechung des EGMR ist die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, soweit ersichtlich allerdings nicht eindeutig geklärt (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.9.2004 , a.a.O.). Es kann  aber jedenfalls festgehalten werden, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EGMR hierfür nicht ausreichend ist. In der Entscheidung heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung vom 16.6.2005 (- 60654/00 -, Sisojewa/Lettland, auszugsweise abgedruckt in InfAuslR 2005, 349) nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist (siehe §§ 57 f. und 94), und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen (siehe hierzu insbesondere die abweichende Meinung der Richterinnen V und B). Eine vergleichbare Situation ist beim Kläger indes nicht gegeben.
36 
Allerdings legt die - sehr einzelfallbezogene - Rechtsprechung des EGMR  die Annahme nahe, dass ein schutzwürdiger Aufenthalt im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch beim Vorhandensein einer Duldung jedenfalls nicht von vornherein ausscheidet. Vielmehr dürfte es aus Sicht des EGMR maßgeblich darauf ankommen, warum der betreffende Ausländer sich trotz des Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Aufnahmestaat aufhält, ob ihm eine Ausreise grundsätzlich möglich und zumutbar wäre und ob die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen oder auf Grund anderer Umstände (etwa wegen der Verhältnisse im Heimatstaat) nicht möglich ist.
37 
Selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass auch ein - wie hier - rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition jedoch im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Nach dieser Bestimmung ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts aus Absatz 1 nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.9.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). In seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Recht des Aufenthalts von Ausländern vom 28.5.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) hat der EGMR zudem betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der  "Achtung"  des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.9.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und 7.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat er nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden.  Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen zudem nicht allein deswegen, weil er sich "eine bestimmte Zeit" im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt einen solchen Schluss jedoch noch nicht (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts insbesondere, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.), wobei gerade auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.).
38 
Vor dem dargestellten Hintergrund ist im Fall des Klägers bei Abwägung aller Umstände nicht festzustellen, dass die Verweigerung der Legalisierung seines Aufenthalts und die geplante Aufenthaltsbeendigung unverhältnismäßig ist und daher gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt. Dabei ist es nach Auffassung des Senats nicht ausreichend, bei der Beurteilung der Integration des Klägers gleichsam isoliert nur in den Blick zu nehmen, inwieweit er selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt ist. Vielmehr kommt dabei auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang seine Familie sich in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Denn für die Beurteilung der Verwurzelung des Klägers kommt es auch entscheidend darauf an, ob bzw. inwieweit seine familiären Verhältnisse an das Leben in der Bundesrepublik Deutschland angeglichen sind und welche Verbindungen insoweit noch zum Land seiner Staatsangehörigkeit bestehen. Für eine solche Gesamtbetrachtung spricht nicht nur die Bezugnahme auf das "Familienleben" als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK, sondern auch die Tatsache, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht allein sichern könnte, sondern hierfür auf die Unterstützung seiner Familie angewiesen ist. Sein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland kann auch insoweit rechtlich nicht isoliert von demjenigen seiner Familie, insbesondere seiner Eltern, beurteilt werden. Zudem wären auch Fallgestaltungen denkbar, in denen nur ein Kind in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist, andere Kinder dagegen auf Rückkehr in den Heimatstaat angewiesen wären.
39 
Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung sind bei dieser Gesamtbetrachtung - sowohl zu seinen Gunsten wie zu seinen Lasten - auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet) auf das Verhalten seiner Eltern zurückzuführen sind.  Er muss sich das Verhalten seiner Eltern schon deshalb zurechnen lassen, weil er als Kind grundsätzlich deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilt und sich nur deshalb bis heute in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten konnte, weil diese ihrer bestehenden Ausreisepflicht nicht nachgekommen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Hierfür spricht auch, dass das Aufenthaltsgesetz ein selbständiges Aufenthaltsrecht für Kinder erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG) und sie auch erst ab diesem Alter für verfahrensfähig erklärt (vgl. § 80 Abs. 1 AufenthG). Daran zeigt sich, dass der Gesetzgeber auch beim Aufenthaltsgesetz an der Konzeption festgehalten hat, wonach das Aufenthaltsrecht von Kindern bis zum 16. Lebensjahr dem der Eltern folgt; damit wird im übrigen auch ihre Integrationsfähigkeit in andere Lebensverhältnisse generell unterstellt (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 21.9.1994 - 10 UE 548/94 -, NVwZ-RR 1995, 163). Auch sonst geht die Rechtsprechung bei Abschiebungshindernissen von Kindern davon aus, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.7.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken.
40 
Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten des Klägers in die Erwägungen einzustellen, dass er, wie auch seine Geschwister, in der Bundesrepublik Deutschland geboren und aufgewachsen ist; er beherrscht - wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat - die deutsche Sprache sehr gut, besucht mit überdurchschnittlichem Erfolg die Realschule und möchte anschließend auf das Gymnasium wechseln. Zudem nimmt er am sozialen Leben in seiner Wohngemeinde teil. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass er sich nach seinen Angaben bisher niemals in Vietnam, dem Land seiner Staatsangehörigkeit, aufgehalten hat, dieses also nicht aus eigener Anschauung kennt.
41 
Andererseits kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Eltern des Klägers bisher in weit geringerem Maß in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert sind als er, weshalb die innerfamiliären Lebensverhältnisse auch heute noch in erheblichem Maß von der vietnamesischen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt werden. Dabei ist in der Verhandlung vor dem Senat vor allem aufgefallen, dass der Vater des Klägers, trotz des langjährigen Aufenthalts, die deutsche Sprache verhältnismäßig schlecht beherrscht, weshalb der Kläger die Fragen des Senats und die Antworten seines Vaters zumeist übersetzen musste. Nach Angaben des Klägers spricht sein Vater allerdings besser Deutsch als seine Mutter, weshalb bei ihr von einer noch geringeren Beherrschung der deutschen Sprache ausgegangen werden muss. Schon diese geringen Sprachkenntnisse der Eltern legen es nahe, dass bei ihnen keine fortgeschrittene Integration angenommen werden kann. Darüber hinaus hat die Familie des Klägers in der Zeit von 1990 bis zum Februar 2000 Sozialhilfe (teilweise in voller Höhe, teilweise als zusätzliche Leistung) bezogen, was für diesen Zeitraum gegen eine gelungene Integration - jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht - spricht.
42 
Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt über einen rechtmäßigen und damit längerfristig gesicherten Aufenthalt in Deutschland verfügt hat. Dem Umstand, dass seine Eltern im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer in die DDR gelangt sind und dort ein bis zum Jahr 1992 gültiges Aufenthaltsrecht erhalten haben, kommt dabei keine entscheidende Bedeutung zu. Ungeachtet der Frage, ob und gegebenenfalls welche Wirkungen dieses Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland entfaltet hat, waren sie nämlich jedenfalls nach dem Abschluss ihrer Asylverfahren vollziehbar ausreisepflichtig und durchgehend nur im Besitz von Duldungen, die ihre Ausreisepflicht unberührt gelassen haben. Ab diesem Zeitpunkt konnte aber weder für sie noch für den Kläger von einem begründeten Vertrauen auf einen dauerhaften Aufenthalt ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass die Dauer des Aufenthalts maßgeblich dadurch zustande gekommen ist, dass die Eltern des Klägers nach dem rechtskräftigen Abschluss ihrer Asylverfahren trotz der bestehenden Ausreisepflicht mehrere weitere (erfolglose) Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts eingeleitet haben. Sie haben bereits im Jahr 1995 einen erfolglosen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gestellt, im Jahr 1997 ebenfalls erfolglos eine Petition eingereicht und am 15.3.2000 einen - ebenfalls erfolglosen -  Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis auf der Grundlage von § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt vom 12.1.2000 - Az.: 4-1340/29 -gestellt (das damals beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängige Klageverfahren hat währenddessen geruht). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers einer am 28.12.1995 erfolgten Vorladung wegen einer beabsichtigten Passbeschaffung unentschuldigt nicht nachgekommen ist und sich - wie die Beklagte in einem Schreiben an die damaligen Bevollmächtigten der Eltern des Klägers vom 17.5.2000 ausgeführt hat - später auch weigerte, Angaben bezüglich seines letzten Aufenthaltes in Vietnam zu machen. So wird auch im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ausgeführt, die Kläger (gemeint: die Eltern des Klägers) hätten hinsichtlich der Passlosigkeit ihren diesbezüglichen Mitwirkungspflichten nicht genügt und seien mündlichen und schriftlichen Aufforderungen der Ausländerbehörde zum Ausfüllen von Passanträgen nicht nachgekommen bzw. hätten entsprechenden Vorladungen nicht Folge geleistet. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass eine Aufenthaltsbeendigung in der Vergangenheit möglich gewesen wäre, wenn sich die - vollziehbar ausreisepflichtigen - Eltern des Klägers um Reisepapiere bemüht hätten.
43 
Zugunsten des Klägers fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht, dass sein Aufenthalt und der Aufenthalt seiner Familie seit dem Abschluss der Asylverfahren der Eltern im Jahr 1995 von der Beklagten nicht zwangsweise beendet worden ist. Es erscheint bereits als grundsätzlich zweifelhaft, ob ein Ausländer, der vollziehbar zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist und dieser gesetzlichen Verpflichtung freiwillig nachkommen könnte, sich   überhaupt auf die unterlassene Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung berufen kann. Hat ein Ausländer die seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung entgegenstehenden Hindernisse zu vertreten, so ist er nämlich nach der Rechtsprechung verpflichtet, die ihm entstehenden Nachteile gering zu halten, indem er sich frühzeitig und nachhaltig um die Beseitigung des Ausreisehindernisses bemüht. Zudem hat er Nachteile, die sich hieraus ergeben, grundsätzlich hinzunehmen und kann nicht darauf vertrauen, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Davon abgesehen lagen vorliegend aber auch nachvollziehbare Gründe dafür vor, dass eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers in der Vergangenheit nicht erfolgt ist. Zum einen hat sein Vater - wie ausgeführt - die Mitwirkung an der Beschaffung von Reisepapieren mehrfach verweigert. Zum anderen stellte sich eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie auf der Grundlage des am 21.7.1995 unterzeichneten "Deutsch-Vietnamesischen Rückübernahmeabkommens" nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten bzw. des Regierungspräsidiums Stuttgart als schwierig und langwierig dar.  
44 
Beim Kläger ist auch die Annahme gerechtfertigt, dass er sich in die vietnamesischen Lebensverhältnisse wird einleben können. Wie er schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben hat, verfügt er durchaus über vietnamesische Sprachkenntnisse. Dies hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Zwar hat er hier zunächst gemeint, seine Vietnamesischkenntnisse seien eher schlecht. Allerdings spricht er zuhause nach seinem eigenen Vortrag mit den Eltern Vietnamesisch. In der mündlichen Verhandlung hat er zudem die an seinen Vater gerichteten Fragen des Senats übersetzt, was ihm offenbar keine besonderen Schwierigkeiten bereitet hat. Danach muss der Kläger jedoch über zumindest so gute Kenntnisse der vietnamesischen Sprache verfügen, dass ihm eine Verständigung mit seinen Eltern im Alltagsleben möglich ist. Angesichts seines Alters ist zudem die Annahme gerechtfertigt, dass er diese Kenntnisse der vietnamesischen Sprache weiter ausbauen kann (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2002 - 11 S 862/02 -, NVwZ-RR 2003, 307, 308 f.; Urteil vom 27.1.2004 - 10 S 1610/03 -, VBlBW 2004, 308, 311; Beschluss vom 2.11.2004 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 71;  ferner EGMR, Urteil vom 27.10. 2005 - 32231 - , InfAuslR 2006, 3; Urteil vom 5.7.2005 - 46410/99 - <Üner>, InfAuslR 2005, 450). Soweit er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, er könne die vietnamesische Sprache nicht lesen und schreiben, ist zu berücksichtigen, dass er sich in einem Alter befindet, in dem der Erwerb dieser Kenntnisse jedenfalls noch als zumutbar erscheint, zumal auch diese Sprache lateinische Buchstaben verwendet, wie der Kläger in der Verhandlung nochmals bestätigt hat. Dies gilt umso mehr, als er - wie dargelegt - die vietnamesische Sprache jedenfalls recht gut spricht. Hinzu kommt, dass er nicht allein, sondern gemeinsam mit seiner Familie nach Vietnam übersiedeln soll, dort also nicht auf sich allein gestellt sein wird, sondern insbesondere mit der Unterstützung seiner Eltern rechnen kann, die mit den vietnamesischen Lebensverhältnissen noch hinreichend vertraut sein dürften. Zudem befinden sich noch seine Großeltern in Vietnam, mit welchen die Familie regelmäßigen Kontakt pflegt. Auch dies dürfte ein Einleben in die vietnamesischen Lebensverhältnisse erleichtern.
45 
Unter Abwägung aller Gesichtspunkte kann der Kläger daher auch aus der Tatsache, dass er hier geboren und aufgewachsen ist und hier seine Schulausbildung erhalten hat bzw. derzeit erhält, nicht ableiten, dass die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG in seinem Fall einen unzulässigen Eingriff i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellt.
46 
c) Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Versagung einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers zu einem verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in grundgesetzliche Gewährleistungen aus Art. 1, 2 oder 3 GG führt.
47 
Fehlt es danach bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, bedarf keiner Erörterung, ob das Ermessen der Beklagten - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - dergestalt reduziert ist, dass ermessensfehlerfrei allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommt (sog. "Ermessensreduzierung auf Null").
48 
3. Auch § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden "soll", wenn die Abschiebung 18 Monate lang ausgesetzt ist, verschafft dem Kläger keinen selbständigen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Denn § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG setzt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG voraus. Dies folgt daraus, dass § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG systematisch an den Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG anknüpft und nur die dort vorgesehene Rechtsfolge ("kann") im Sinne eines "soll" modifiziert, sofern das zusätzliche Tatbestandsmerkmal "Aussetzung der Abschiebung seit 18 Monaten" erfüllt ist (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, juris). Bereits der Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist hier aber nicht erfüllt, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt.
49 
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 4 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers (im übrigen, d. h. wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 - wie hier - nicht vorliegen) eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es auf Grund der Umstände des Einzelfalls zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist. Hierbei sind das Kindeswohl und die familiäre Situation zu berücksichtigen (Satz 2).
50 
Es kann vorliegend offen bleiben, ob einem Anspruch auf Grund dieser Bestimmung schon entgegensteht, dass der Kläger im Verwaltungs- und Klageverfahren ausdrücklich (nur) die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis beantragt hat, welcher nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG entspricht (vgl. § 101 Abs. 2 AufenthG). Denn er erfüllt jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 AufenthG. Allerdings steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf dieser Grundlage wohl nicht entgegen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland geboren ist. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Vorgängerbestimmung des § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG war diese nämlich auch auf Kinder anwendbar, die im Bundesgebiet geboren sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004 - 13 S 2833/02 -, InfAuslR 2004, 385 = VBlBW 2004, 354). Dies dürfte auch für die insoweit übereinstimmende Regelung des § 32 Abs. 4 AufenthG angenommen werden können.
51 
Im Fall des Klägers kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Vermeidung einer besonderen Härte in diesem Sinne erforderlich ist. Das Vorliegen einer solchen Härte setzt voraus, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis den minderjährigen Ausländer in den Folgen deutlich ungleich schwerer trifft als andere Ausländer in vergleichbarer Lage (vgl. - zu § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004, a.a.O. m.w.N.; Hailbronner, AuslR, Stand: 6/2005, Rnr. 28 f. zu § 32 AufenthG). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Zweck des § 32 AufenthG darin besteht, den von dieser Bestimmung begünstigten Familienmitgliedern einen gemeinsamen rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen, um dem sich aus Art. 6 GG ergebenden Schutz von Ehe und Familie Rechnung zu tragen (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/420, S. 83). Eine besondere Härte im Sinne dieser Bestimmung kann vor diesem Hintergrund aber nur dann angenommen werden, wenn die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis ein solches Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland hindert. Angesichts des Umstandes, dass sowohl die Eltern des Klägers als auch seine Geschwister vollziehbar ausreisepflichtig sind und nach dem Willen der Beklagten die Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit ihm verlassen sollen, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an ihn schon von der Zweckbestimmung des § 32 Abs. 4 AufenthG her nicht in Betracht. Zudem ist nicht erkennbar, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis eine besondere Härte im dargestellten Sinn begründen könnte, nachdem sie gerade nicht zu einer Trennung von der Familie führt.
52 
5. Auch aus dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (BGBl. II 1992, S. 121 ff.) kann der Kläger für das von ihm begehrte Aufenthaltsrecht nichts herleiten. Dieses Übereinkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland am 5. April 1992 (BGBl. 1992 II, 990) in Kraft getreten.
53 
Im vorliegenden Fall ist schon zweifelhaft, ob das Übereinkommen Rechte des Klägers begründet, aus welchen sich ein Aufenthaltsrecht ergeben könnte. Auch insofern ist von entscheidender Bedeutung, dass er zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern das Bundesgebiet verlassen soll. Das Übereinkommen betont an mehreren Stellen die Achtung vor dem Elternrecht. Insoweit gilt auch bei Heranziehung des Übereinkommens nichts anderes als sonst allgemein im Ausländerrecht, dass nämlich minderjährige Kinder das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen. Aus Art. 20 Abs. 1 des Übereinkommens ergibt sich eine besondere Beistandspflicht des Staates nur für solche Kinder, die aus ihrer familiären Umgebung herausgelöst werden. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.
54 
Darüber hinaus hat die Bundesrepublik Deutschland bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde eine "Erklärung" abgegeben, in der es unter I. Satz 4 und 5 heißt, das Übereinkommen finde innerstaatlich keine unmittelbare Anwendung. Es begründe völkerrechtliche Staatenverpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland nach näherer Bestimmung ihres mit dem Übereinkommen übereinstimmenden innerstaatlichen Rechts erfülle. Des weiteren wird unter IV. eine bereits am 23. Februar 1989 in Genf abgegebene Erklärung bekräftigt, nach der nichts in dem Übereinkommen dahingehend ausgelegt werden könne, dass die widerrechtliche Einreise eines Ausländers in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder dessen widerrechtlicher Aufenthalt dort erlaubt sei; auch könne keine Bestimmung dahin ausgelegt werden, dass sie das Recht der Bundesrepublik Deutschland beschränke, Gesetze und Verordnungen über die Einreise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen.
55 
Die von der Bundesrepublik Deutschland bei der Ratifikation des Vertrages gemachten Vorbehalte schließen die Ableitung von Rechten aus dem Übereinkommen aus. Es spricht auch nichts dafür, dass diese Vorbehalte nach Art. 51 Absatz 2 des Übereinkommens unzulässig wären.
56 
6. Schließlich ergibt sich auch aus der Landesverfassung Baden-Württemberg nichts für einen Aufenthaltserlaubnisanspruch des Klägers. Dies gilt insbesondere für die in der Rechtsprechung teilweise herangezogene Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 LV, wonach sich das Volk von Baden-Württemberg zu dem unveräußerlichen Menschenrecht auf die Heimat bekennt (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 11.10.2005 - 11 K 5363/03 -). Abgesehen davon, dass die Regelungen der Landesverfassung den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes nachrangig sind (Art. 31 GG), kann sich eine eigene Rechtsposition des Klägers hieraus schon deshalb nicht ergeben, weil es sich dabei nicht um ein Grundrecht handelt, sondern um einen Programmsatz, der allenfalls die Rechtspflicht der Staatsorgane begründet, zur Verwirklichung des Rechts auf Heimat das ihnen Mögliche beizutragen (vgl. Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Rnr. 133 ff. zu Art. 2; Hollerbach in: Feuchte, Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1987, Rnr. 25 ff. zu Art. 2). Nachdem die für den Kläger sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere seine fortgeschrittene Integration in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse, bereits über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG umfassend berücksichtigt worden sind, ist nicht erkennbar, dass sich aus dem Recht auf Heimat insoweit zusätzliche, zugunsten des Klägers zu berücksichtigende Gesichtspunkte ergeben könnten. Danach bedarf auch keiner weiteren Vertiefung, ob der Kläger vom Begriff des "Volkes" in Art. 2 Abs. 2 LV überhaupt erfasst wird.
57 
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung fallen in den Fällen des § 75 die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Es kann offen bleiben, ob die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil eine streitige Gerichtsentscheidung ergeht (hierzu Ring, NVwZ 1995, 1191; Kopp/Schenke, a.a.O. Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Denn § 161 Abs. 3 VwGO ist jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn ein Kläger das anhängige Klageverfahren nach negativer Bescheidung durch die Behörde zunächst fortsetzt und es entweder erst später für erledigt erklärt wird oder streitig über die Sache entschieden werden muss. In einem solchen Fall besteht für eine Kostenüberbürdung auf den Beklagten nach § 161 Abs. 3 VwGO keine Rechtfertigung mehr, weil sich die verzögerte Bescheidung als nicht mehr kausal für den nach dem Erlass des Verwaltungsaktes fortgesetzten Prozess erweist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.7.1991 - 3 C 56/90 -, NVwZ 1991, 1180; Beschluss vom 28.4.1992 - 3 C 50/90 -, Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 94; Clausing in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand 2005, Rnr. 41 zu § 161;  Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Diese Grundsätze sind auch hier anzuwenden. Zwar hat die Beklagte bislang keinen förmlichen Bescheid erlassen; sie hat sich jedoch in der beim Verwaltungsgericht vorgelegten Klageerwiderung vom 23.12.2003 zur Sache geäußert und dabei die Gründe, aus welchen nach ihrer Auffassung die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an den Kläger (und seine Familie) weiterhin ausscheidet, ausführlich dargestellt. Der Kläger hätte danach - in gleicher Weise wie nach dem Ergehen eines Bescheides - die Möglichkeit gehabt, das Verfahren nach Kenntnis der Rechtsauffassung der Beklagten durch Erledigungserklärung oder Rücknahme (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23.7.1991 und vom 28.4.1992, a.a.O.) zu beenden. Nachdem er hierauf verzichtet hat, ist es nicht mehr gerechtfertigt, ihn für die weitere Prozessführung von jedem Kostenrisiko freizustellen. Der Umstand, dass er im erstinstanzlichen Verfahren erfolgreich gewesen ist, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn dies ändert nichts daran, dass das Unterlassen der Bescheidung seines Antrags durch die Beklagte jedenfalls nach Vorlage der Klageerwiderung für den weiteren Fortgang des Verfahrens nicht mehr ursächlich gewesen ist.
58 
Da der Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) entspricht es der Billigkeit, dem Kläger auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
59 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
60 
Beschluss
61 
vom 18.1.2006
62 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr.1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718).
63 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2006 – 11 K 434/06 – wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger, abgelehnte Asylbewerber ungeklärter Staatsangehörigkeit aus dem früheren Jugoslawien, begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen und die Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer.
Die am … 1969 in Skopje geborene Klägerin zu 1 reiste am 19.11.1991 mit ihren am … 1989 bzw. … 1991 in Rijeka geborenen Söhnen, den Klägern zu 2 und zu 3, in das Bundesgebiet ein und beantragte am 21.11.1991 für sich und ihre Kinder die Anerkennung als Asylberechtigte. Der damalige Lebensgefährte der Klägerin zu 1 und Vater der Kinder war bereits zuvor nach Deutschland eingereist. Der am ... 1992 in Mannheim geborene Kläger zu 4 wurde in das Asylverfahren seiner Mutter mit einbezogen.
Mit Bescheid vom 04.11.1994 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - die Asylanträge der Kläger ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht vorliegen und das bezüglich der Kläger zu 1, 3 und 4 keine Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorliegen. Bezüglich des Klägers zu 2 stellte es fest, dass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG hinsichtlich Kroatiens und allen Ländern vorliegen, die keinen mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard besitzen, um die Therapierung seiner Hemmkörperhämophilie zu gewährleisten. Im Übrigen wurden Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG auch bezüglich des Klägers zu 2 verneint. Allen Klägern wurde die Abschiebung nach Kroatien angedroht. Die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG wurde am 23.11.1994 bestandskräftig.
Auf die Klagen der Kläger zu 1, 3 und 4 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 18.06.1996 - A 6 K 14843/94 - die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, hinsichtlich dieser Kläger das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 4 AuslG festzustellen. Im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. Auf die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 11.02.1998 - 14 S 1679/97 - das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klagen insgesamt abgewiesen.
Der Aufenthalt der Kläger wurde in der Folgezeit geduldet. Der Lebensgefährte der Klägerin zu 1 und Vater der Kläger zu 2 - 4 wurde 1997 nach Makedonien abgeschoben. Die Kläger haben zu ihm keinen Kontakt mehr.
Mit Schreiben vom 10.09.2001 und vom 29.08.2002 wurden die Kläger aufgefordert, sich in das Staatsangehörigkeitsregister „ihres Heimatlandes“ eintragen zu lassen. Die Klägerin zu 1 übersandte daraufhin eine Bestätigung der Botschaft der Republik Makedonien vom 05.09.2002, dass sie einen Antrag auf Festlegung der makedonischen Staatsangehörigkeit gestellt habe. Mit weiterem Schreiben legte sie eine Bestätigung der Botschaft der Republik Makedonien vom 05.12.2003 vor, wonach sie keine Staatsbürgerin der Republik Makedonien ist. Mit Schreiben vom 15.06.2004 teilten die makedonischen Behörden dem Regierungspräsidium Karlsruhe auf dessen Ersuchen vom 27.05.2004 mit, dass einer Rückübernahme der Klägerin zu 1 nicht zugestimmt werde, da diese keine makedonische Staatsangehörige sei und sich bereits 1988 nach Kroatien abgemeldet habe.
Das Generalkonsulat der Republik Kroatien in Stuttgart teilte dem Regierungspräsidium Karlsruhe am 12.07.2004 mit, dass es über keinerlei Angaben verfüge, ob die Kläger kroatische Staatsbürger seien.
Am 11.08.2004 beantragten die Kläger die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen und mit Schreiben vom 17.12.2004 die Ausstellung von Reisedokumenten, hilfsweise von Ausweisersatzpapieren. Zur Begründung trugen sie vor, hinsichtlich des Klägers zu 2 lägen die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG vor. Bei den übrigen Klägern ergebe sich ein Abschiebungshindernis aus Art. 8 EMRK, da sie mit dem Kläger zu 2 in familiärer Gemeinschaft lebten. Weder Makedonien noch ein anderer Nachfolgestaat des früheren Jugoslawien sei bereit, ihnen Reisepässe auszustellen. Ihre Passbeschaffungsbemühungen seien erfolglos geblieben.
Mit Bescheid vom 27.06.2005 lehnte die Beklagte die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen gemäß § 30 AuslG bzw. Aufenthaltserlaubnissen gemäß § 25 AufenthG und Reisedokumenten, hilfsweise von Ausweispapieren, ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Kläger hätten sich nicht hinreichend um Eintragung in ein Staatsangehörigkeitsregister bemüht. Da ihre Staatsangehörigkeit nicht geklärt sei, sei auch ihre Identität ungeklärt (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 a AufenthG).
10 
Am 15.05.2005 legten die Kläger Widerspruch ein und führten zur Begründung aus, sie hätten hinreichende Passbeschaffungsbemühungen unternommen. Außer zu Makedonien und zu Kroatien hätten sie keine Beziehungen zu Nachfolgestaaten Jugoslawiens. Ihre Identität sei durch den früheren jugoslawischen Reisepass der Klägerin zu 1 und durch die Geburtsurkunden der Kläger zu 2 - 4 geklärt. Eine Abschiebung aller Kläger sei nach Art. 8 EMRK unzulässig, da in der Person des Klägers zu 2 ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG bestehe.
11 
Am 17.07.2005 teilten die makedonischen Behörden dem Regierungspräsidium Karlsruhe auf dessen Ersuchen mit, dass einer Rückübernahme der Klägerin zu 1 - als in Makedonien geborene Drittstaatsangehörige -, nicht hingegen einer Rückübernahme der übrigen Kläger zugestimmt werde.
12 
Mit Schreiben vom 03.08.2005 forderte die Beklagte die Klägerin zu 1 auf, sich beim Generalkonsulat von Serbien und Montenegro in Stuttgart einen Pass zu besorgen und ihre Kinder in das Staatsangehörigkeitsregister eintragen zu lassen. Das Generalkonsulat bestätigte mit Schreiben vom 13.10.2005, dass die Klägerin zu 1 am 13.10.2005 einen Antrag auf Beschaffung der Dokumente von den zuständigen Behörden in Serbien und Montenegro /Rekonstruktion der Eintragung in das Staatsbürgerregister gestellt habe. Mit Schreiben vom 25.11.2005 teilte das Generalkonsulat der Klägerin zu 1 mit, dass sie ausweislich der Auskunft des zuständigen Registerstandesamts Nis nicht im Staatsangehörigkeitsregister eingetragen sei.
13 
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2006 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe die Widersprüche der Kläger mit der Begründung zurück, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG lägen nicht vor. Die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG stehe zwar derzeit formal einer Aufenthaltsbeendigung entgegen. Fraglich sei jedoch, ob dies auch bei einer freiwilligen Ausreise der Fall sei. Jedenfalls könne nicht ausgeschlossen werden, dass mit dem Wegfall möglicherweise jetzt bestehender Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit zu rechnen sei. Die medizinische Versorgung in Kroatien habe sich gegenüber 1994 verbessert und es erscheine möglich, dass der Kläger zu 2 in Kroatien eine angemessene Versorgung erhalten könne.
14 
Am 10.02.2006 haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben mit den Anträgen, die Verfügung der Beklagten vom 27.06.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.01.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen und Reisedokumente, hilfsweise Ausweisersatze auszustellen. Zur Begründung machen sie geltend, sie hätten ihre Passlosigkeit nicht zu vertreten. Ein aufnahmebereiter Staat stehe nicht zur Verfügung. Eine Behandlung der schweren Hemmkörperhämophilie sowie der chronischen Hepatitis B und C des Klägers zu 2 sei weder in Kroatien noch in einem der anderen Nachfolgestaaten Jugoslawiens möglich.
15 
Das Regierungspräsidium Karlsruhe teilte dem Gericht mit Schreiben vom 13.06.2006 mit, dass die kroatischen Behörden entgegen den Vereinbarungen im Rückübernahmeabkommen der Rückübernahme der Kläger nicht zugestimmt hätten. Die Klägerin zu 1 habe aber, wie aus einem Schreiben des Generalkonsulats der Republik Serbien vom 16.06.2006 hervorgehe, die Möglichkeit, einen Antrag auf Feststellung der serbischen Staatsangehörigkeit zu stellen, weil ihre Mutter aus Serbien stamme.
16 
Die Beklagte legte mit Schreiben vom 29.06.2006 eine beglaubigte Übersetzung der Bestätigung der Republik Serbien 04.04.2006 vor, wonach die Mutter der Klägerin zu 1 Staatsbürgerin der Republik Serbien sei. Außerdem wurde ein Auszug aus dem Geburtsregister vorgelegt, wonach die Mutter der Klägerin zu 1 am 01.10.1953 in Pristina geboren sei und am 16.12.1971 die Ehe mit M. M. in der Gemeinde Skopje geschlossen habe.
17 
Mit Urteil vom 23.06.2006 - 11 K 434/06 - hat das Verwaltungsgericht die Klagen als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Als Anspruchsgrundlage komme allein § 25 Abs. 5 AufenthG in Betracht, dessen Voraussetzungen nicht vorlägen, weil die Klägerin zu 1 für sich und ihre Kinder einen Antrag auf Feststellung der Staatsbürgerschaft beim Generalkonsulat der Republik Serbien stellen könne und diesem Antrag voraussichtlich auch stattgegeben werde, da die Republik Serbien die Staatsbürgerschaft der Mutter der Klägerin zu 1 bestätigt habe. Auch wenn die Kläger bislang nicht im jetzigen serbischen Staatsgebiet gelebt hätten, sei ihnen ein Zuzug dorthin zumutbar. Abschiebungshindernisse in Bezug auf Serbien seien nicht festgestellt und lägen auch nicht vor, da die Krankheit des Klägers zu 2 nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29.03.2005 dort behandelbar sei und kostenfrei behandelt werde. Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf Ausstellung von Reisedokumenten oder Ausweisersatzpapieren.
18 
Am 05.03.2007 haben die Kläger bei der Ausländerbehörde der Beklagten die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund der Bleiberechtsregelung der Innenministerkonferenz vom 17.11.2006 beantragt. Diese Anträge wurden nicht beschieden.
19 
Auf Antrag der Kläger hat der Senat mit Beschluss vom 11.07.2007 - 11 S 1892/06 - die Berufung zugelassen und den Klägern Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug bewilligt. Zur Begründung der Berufung tragen die Kläger im Wesentlichen vor: Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG lägen vor. Sie hätten ihre Passlosigkeit nicht zu vertreten. Die Mutmaßung des Verwaltungsgerichts, sie könnten beim Generalkonsulat der Republik Serbien mit Aussicht auf Erfolg einen Antrag auf Feststellung der Staatsbürgerschaft stellen, sei unzutreffend. Zwar sei die Mutter der Klägerin zu 1 in Pristina geboren worden, sie sei jedoch nicht serbische Staatsangehörige gewesen. In dem Geburtsregister enthalte die Rubrik „Staatsangehörigkeit“ lediglich sechs Querstriche. Die Mutter sei am 17.03.2003 verstorben. In der am 24.03.2003 in Makedonien ausgestellten Sterbeurkunde werde als Staatsangehörigkeit der Mutter ein Eintrag in Form von drei Querstrichen vorgenommen. Die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen seien widersprüchlich. Das Schreiben der Stadt Nis vom 04.04.2006 bestätige, dass die Mutter der Klägerin zu 1 aufgrund des Geburtenbuches als Staatsbürgerin eingetragen sei; das Geburtenbuch selbst weise jedoch ausdrücklich keine Staatsangehörigkeit aus. Die Kläger zu 2 - 4 seien zudem faktische Inländer, sie beherrschten die serbokroatische Sprache nicht. Eine Ausreise nach Serbien sei ihnen nicht zumutbar. Die Behandlung der Hemmkörperhämophilie des Klägers zu 2 sei in keinem der Nachfolgestaaten Jugoslawiens kostenfrei möglich; zudem fehle es an einem mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard. Die jährlichen Behandlungskosten beliefen sich auf knapp 180.000 EUR. Der Kläger zu 2 habe zwischenzeitlich zudem einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Er sei Vater des am 31.10.2007 in Mannheim geborenen deutschen Kindes N. S..
20 
Die Kläger beantragen,
21 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2006 - 11 K 434/06 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 27. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25. Januar 2006 zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen zu erteilen und Reiseausweise für Ausländer, hilfsweise Ausweisersatze auszustellen, sowie ferner, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
22 
Die Beklagte beantragt,
23 
die Berufung zurückzuweisen.
24 
Sie erwidert, der Kläger zu 2 sei nunmehr volljährig und nicht mehr auf die Fürsorge seiner Mutter angewiesen. Er sei zudem zwischenzeitlich mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Mit Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 03.05.2007 sei er wegen einer gemeinschaftlichen schweren Körperverletzung unter Einbeziehung einer vorangegangenen Verurteilung wegen gemeinschaftlichen Raubes u.a. zu einer Jugendstrafe von 20 Monaten verurteilt worden. Er erfülle damit den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Die bisherigen strafrechtlichen Verfehlungen rechtfertigten gemäß § 5 Abs. 3 AufenthG nicht ein Absehen von § 5 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Der Kläger zu 2 habe keinen Schulabschluss und sei keiner Beschäftigung nachgegangen. Er lebe nach dem Lustprinzip und vertraue auf die regelmäßige Sozialhilfe. Aufgrund dieser Lebenseinstellung komme ein Absehen von der Regelerteilungsvoraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts nicht in Betracht. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG lägen bei allen Klägern nicht vor. Sie könnten abgeleitet von der Mutter der Klägerin zu 1 die serbische Staatsangehörigkeit erwerben und in den Besitz serbischer Pässe gelangen. Entsprechende Bemühungen seien ihnen zumutbar.
25 
Mit Beschluss vom 03.06.2009 hat der Senat das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Regierungspräsidium Karlsruhe, zum Verfahren beigeladen. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er trägt vor, die Identität und die Staatsangehörigkeit der Kläger seien bislang nicht geklärt. Die Klägerin zu 1 habe keine Bemühungen um Feststellung der serbischen Staatsbürgerschaft nachgewiesen. Zwischenzeitlich sei den Klägern auch die Eintragung in das kosovarische Staatsangehörigkeitsregister möglich. Die Kläger zu 2 - 4 erfüllten Ausweisungstatbestände, die der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG entgegenstünden.
26 
Die bezüglich der Klägerin zu 1 sowie der Kläger zu 3 und zu 4 eingeholten Auskünfte aus dem Bundeszentralregister enthalten keine Eintragung. Der Kläger zu 2 ist ausweislich der Auskunft aus dem Zentralregister vom 16.06.2009 strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
27 
1. AG Mannheim, Urt. v. 07.11.2006: Gemeinschaftlicher Raub, Leistungserschleichung in zwei Fällen, versuchter Diebstahl in Tateinheit mit Unterschlagung, Diebstahl. Ein Jahr Jugendstrafe auf Bewährung.
28 
2. AG Mannheim, Urt. v. 03.05.2007: Gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung. 20 Monate Jugendstrafe unter Einbeziehung von Nr. 1. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 17.08.2006 gegen 6.00 Uhr morgens trafen der Kläger zu 2 und sein Mittäter nach einem Discothekenbesuch an einer Straßenbahnhaltestelle auf den Geschädigten T. N., der auf dem Weg zur Arbeit umsteigen wollte. Der Mittäter provozierte den Geschädigten, indem er mit einer brennenden Zigarette vor seinem Gesicht herumfummelte. Als der Geschädigte ihm die Zigarette wegnahm, fing der Mittäter an, diesen herumzuschubsen. Der Kläger zu 2 kam hinzu und stieß den Geschädigten mehrfach. Der Geschädigte fiel zu Boden; konnte sich aber wieder aufrappeln und versuchte, sich zu wehren. Der Kläger zu 2 und sein Mittäter schlugen nun gemeinsam auf den Geschädigten ein, bis dieser wieder zu Boden ging. Dann trat der Mittäter einmal mit den Füßen gegen den Kopf des Geschädigten, wodurch er ihn am Auge verletzte. Der Geschädigte trug ein Hämatom am Auge davon und seine Netzhaut wurde in Mitleidenschaft gezogen. Er war zwei Tage arbeitsunfähig. Bei der Strafzumessung wurde zugunsten des Klägers zu 2 sein Geständnis berücksichtigt. Er habe sich geständig, einsichtig und reumütig gezeigt. Auf der anderen Seite lägen schädliche Neigungen vor. Im Hinblick auf den schlechten Bewährungsverlauf habe die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt werden können. Unter erheblichen Bedenken wurde die Entscheidung über die Aussetzung zur Bewährung für sechs Monate zurückgestellt.
29 
3. AG Mannheim, Strafbefehl vom 05.05.2008: Vorsätzliche Körperverletzung. 20 Tagessätze zu 10 EUR Geldstrafe. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 31.10.2007 kam es im Flur eines Krankenhauses zu Streitigkeiten zwischen dem Kläger zu 2 und der Geschädigten, in deren Verlauf er diese mit der flachen Hand ins Gesicht schlug und sie mit den Worten „Du Hure“ beleidigte.
30 
Der Kläger zu 2 verbüßt seit dem 16.06.2008 die mit Urteil vom 03.05.2007 verhängte Jugendstrafe. Zweidritteltermin war am 04.07.2009, Haftende ist der 25.01.2010.
31 
Die Kläger zu 3 und zu 4 wurden mit Urteil des Amtsgerichts Mannheim - Jugendgericht - vom 17.09.2008 wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen, der Kläger zu 4 darüber hinaus wegen Beleidigung in zwei Fällen, der Kläger zu 3 zusätzlich wegen Diebstahls verwarnt. Dem Kläger zu 4 wurde aufgegeben, an 24 Stunden nach Weisung des Stadtjugendamts unentgeltlich gemeinnützig zu arbeiten. Dem Kläger zu 3 wurde auferlegt, nach Weisung des Stadtjugendamts an einem kleinen sozialen Trainingskurs teilzunehmen. Beiden Klägern wurde aufgegeben, mit den Geschädigten einen Täter-Opfer-Ausgleich durchzuführen. Gegen beide Kläger wurde zudem ein Freizeitarrest verhängt.
32 
Die Klägerin zu 1 hat, nachdem ihr seit dem 09.06.2009 die Ausübung einer Erwerbstätigkeit allgemein gestattet ist, eine befristete Teilzeitanstellung als Reinigungskraft gefunden. Sie verdient ca. 700,-- EUR netto monatlich.
33 
Der Kläger zu 2 hat - für den Fall der Haftentlassung - für September 2009 einen Platz in der 9. Klasse in Aussicht, um den Hauptschulabschluss nachzuholen.
34 
Der Kläger zu 3 verließ die Hauptschule 2006 ohne Abschluss. Daran schloss sich ein Berufsvorbereitungsjahr an. Seit dem 02.04.2009 nimmt er am Bundesprojekt Kompetenzagentur mit dem Ziel der Reintegration in das Unterstützungssystem zur Erreichung eines Abschlusses bzw. einer Ausbildung teil.
35 
Der Kläger zu 4 erlangte 2007 den Hauptschulabschluss, absolvierte im Anschluss ein Berufsvorbereitungsjahr und strebt für das nächste Schuljahr den Besuch einer Realschule zur Erlangung des Realschulabschlusses an.
36 
Bereits mit Bescheid vom 19.03.2007 hat das Bundesamt die mit Bescheid vom 04.11.1994 bezüglich des Klägers zu 2 getroffene Feststellung, dass ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG vorliegt, widerrufen und festgestellt, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG vorliegen. Zur Begründung wurde ausgeführt, es müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger zu 2 staatenlos sei. Trotzdem könne er nach Kroatien zurückkehren. Eine adäquate Behandlung seiner Erkrankung in Kroatien sei nach der beim Auswärtigen Amt eingeholten Auskunft vom 10.11.2006 möglich. Die Kosten würden von der Krankenversicherung übernommen. Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 13.02.2008 - A 4 K 343/07 - abgewiesen. Der erkennende Gerichtshof hat mit Beschluss vom 28.04.2008 - A 6 S 915/08 - die Berufung zugelassen, über die noch nicht entschieden wurde (- A 6 S 1160/08 -).
37 
In der Berufungsverhandlung ist dem Vertreter der Beklagten Gelegenheit gegeben worden, sein in § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eingeräumtes Ermessen hinsichtlich des Absehens von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen bezogen auf § 25 Abs. 5 AufenthG zu ergänzen und bezogen auf § 104 a AufenthG erstmals auszuüben. Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
38 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten, des Regierungspräsidiums Karlsruhe und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe sowie die Akten des 6. Senats im Berufungsverfahren A 6 S 1160/08 nebst Beiakten vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
39 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
40 
Gegenstand der uneingeschränkt zugelassenen Berufung ist das gesamte Klagebegehren erster Instanz. Dies umfasst zunächst die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind aber auch die erst nach Ergehen des erstinstanzlichen Urteils bei der Beklagten gestellten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Bleiberechtsregelung, da insoweit der Streitstoff identisch ist und ebenfalls ein humanitärer Aufenthaltszweck verfolgt wird. Der Streitgegenstand einer Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wird bestimmt und begrenzt durch den Aufenthaltszweck, aus dem der Ausländer seinen Anspruch herleitet. Im vorliegenden Verfahren stützen die Kläger ihr Klagebegehren in tatsächlicher Hinsicht auf humanitäre Gründe, wie sie in Abschnitt 5 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes normiert sind. Das Klagebegehren erfasst damit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 43.06 - BVerwGE 129, 226 und Urt. v. 27.01.2009 - 1 C 40.07 - DVBl 2009, 650) auch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) eingeführten und am 28. August 2007 in Kraft getretenen Altfallregelung des § 104 a AufenthG. Denn auch eine nach dieser Vorschrift erteilte Aufenthaltserlaubnis wird entweder als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG erteilt (§ 104 a Abs. 1 Satz 2 AufenthG) oder gilt zumindest als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes104 a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 AufenthG). Die Anträge auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer (vgl. § 5 AufenthV), hilfsweise Ausweisersatzpapieren (vgl. § 48 Abs. 4 AufenthG) werden von den Klägern, wie diese in der mündlichen Verhandlung klargestellt haben, ebenfalls weiterverfolgt. Nicht Streitgegenstand ist demgegenüber das Begehren des Klägers zu 2 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Insoweit wird ein familiärer Aufenthaltszweck nach Abschnitt 6 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes verfolgt; nach dem Trennungsprinzip (BVerwG, Urt. v. 04.09.2007, a.a.O.) handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand. Der Vertreter des Klägers zu 2 hat in der Berufungsverhandlung zudem erklärt, dieses Begehren im vorliegenden Verfahren nicht zu verfolgen.
II.
41 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.01.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat die Anträge der Kläger auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen sowie auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer, hilfsweise Ausweisersatzen, im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Über die geltend gemachten Ansprüche ist unter Zugrundelegung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu entscheiden (unten 1.). Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem bei ihm vorrangig zu prüfenden § 25 Abs. 3 AufenthG (unten 2.) oder nach anderen Anspruchsgrundlagen (unten 3.). Die übrigen Kläger können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des bei ihnen allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor (unten 4). Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (unten 5). Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass sie die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen (unten 6.). Schließlich steht sämtlichen Klägern kein Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises oder Ausweisersatzes zu (unten 7.).
42 
1. Maßgeblich für die Beurteilung der von den Klägern verfolgten Verpflichtungsbegehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist insgesamt der Zeitpunkt der Berufungsverhandlung. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels bei der Frage, ob eine Aufenthaltserlaubnis aus Rechtsgründen erteilt oder versagt werden muss, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz abzustellen, soweit sich nicht aus dem materiellen Recht im Einzelfall Abweichendes ergibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.2004 - 1 C 20.03 - BVerwGE 121, 86 <88>; Senatsurteil vom 18.04.2007 - 11 S 1035/06 - AuAS 2007, 219). Gleiches gilt nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - juris), der sich der Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urt. v. 18.04.2007, a.a.O.) anschließt, auch für die Überprüfung einer Ermessensentscheidung: In Anlehnung an seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung im Falle der gerichtlichen Anfechtung einer Ausweisung (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 <22 ff.>) geht das Bundesverwaltungsgericht nunmehr unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung davon aus, dass auch bei Klagen auf Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels für die Überprüfung der behördlichen Ermessensentscheidung auf den Zeitpunkt abzustellen ist, der für die gerichtliche Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen maßgeblich ist. Dies ist hier der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz.
43 
Nichts anderes ergibt sich vorliegend daraus, dass die Kläger noch unter Geltung des Ausländergesetzes die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen beantragt hatten. Die im Aufenthaltsgesetz getroffenen materiellen Übergangsregelungen (vgl. §§ 103 und 104), wonach das Ausländergesetz in bestimmten Fallkonstellationen über den 01.01.2005 hinaus auf Aufenthaltsansprüche Anwendung findet, erfassen den Fall von vor diesem Zeitpunkt geltend gemachten Ansprüchen auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen nicht.
44 
2. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG.
45 
a) Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG soll einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegt. Die Ausländerbehörde ist nach § 42 AsylVfG an eine positive oder negative Entscheidung des Bundesamts über das Vorliegen eines Abschiebungsverbots gebunden. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf Feststellungen zu § 53 Abs. 6 AuslG, obwohl insoweit keine ausdrückliche Übergangsregelung erlassen worden ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - BVerwGE 126, 192; Senatsurteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 27; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 49).
46 
Danach ist die Beklagte vorliegend an die im Bundesamtsbescheid vom 04.11.1994 getroffene Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG gebunden. Dieser Bescheid ist nicht etwa mangels Bestimmtheit (vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG) gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG insgesamt nichtig. Allerdings erstreckt sich die Bindungswirkung der positiven Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG nur auf Kroatien, nicht hingegen auf weitere Staaten, da der Bescheid insoweit teilnichtig ist (vgl. § 44 Abs. 4 VwVfG). Nach dem Tenor des Bundesamtsbescheides vom 04.11.1994 bezieht sich die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG auf Kroatien und alle Länder, die keinen mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard besitzen, um die Therapierung der Hemmkörperhämophilie des Klägers zu 2 zu gewährleisten. Nähere Feststellungen zum medizinischen Standard in Deutschland, in Kroatien oder in weiteren Ländern finden sich in der Begründung nicht. Auf welche weiteren Länder sich die Feststellung konkret erstrecken soll, ist für den Adressaten nicht erkennbar. Insoweit fehlt es an der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit des Bescheides (§ 37 Abs. 1 VwVfG). Hinsichtlich des Regelungsinhalts erfordert das Bestimmtheitsgebot, dass dieser für die Adressaten nach Art und Umfang aus sich heraus verständlich ist (BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 37 Rn. 12). Demgegenüber genügt es nicht, dass er für die Behörde - möglicherweise unter Hinzuziehung von Erkenntnisquellen zu weiteren Ländern - bestimmbar ist. Hier ist der Bescheid aus sich heraus nicht verständlich. Der Bescheid ist vielmehr in einem wesentlichen Punkt unklar; die bestehende Unbestimmtheit ist offensichtlich und kann auch nicht durch Auslegung behoben werden. Dies führt zur Nichtigkeit (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 44 Rn. 26 m.w.N.). Der nichtige Teil ist indes nicht so wesentlich, dass das Bundesamt die Feststellung in Bezug auf Kroatien ohne diesen Teil nicht erlassen hätte. Es liegt demnach eine Teilnichtigkeit i.S.d. § 44 Abs. 4 VwVfG vor.
47 
Die Bindungswirkung des wirksamen Teils des Bescheids ist nicht deshalb entfallen, weil das Bundesamt zwischenzeitlich die Feststellung widerrufen hat. Der Widerruf wirkt sich, solange er nicht bestandskräftig ist, nur insoweit aus, als er eine Atypik begründet. Rechtsfolge ist, dass der Regelerteilungsanspruch entfällt und über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen zu entscheiden ist (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - BVerwGE 124, 326; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 56).
48 
b) Der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG steht jedoch der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG entgegen. Die beantragte Aufenthaltserlaubnis ist zwingend zu versagen, wenn ein in § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgeführter Ausschlussgrund vorliegt. Dann ist auch eine Ermessensentscheidung nicht eröffnet (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - a.a.O.).
49 
Nach § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer eine „Straftat von erheblicher Bedeutung“ begangen hat. Dieser Ausschlussgrund ist weiter gefasst als die Ausschlussgründe des Art. 1 F des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - GFK -, des Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG - Qualifikationsrichtlinie - und des § 60 Abs. 8 AufenthG. Nach Art. 1 F GFK finden die Bestimmungen dieses Abkommens keine Anwendung auf Personen, in Bezug auf die aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist,
50 
a) dass sie ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen haben, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen;
51 
b) dass sie ein schweres nichtpolitisches Verbrechen außerhalb des Aufnahmelandes begangen haben, bevor sie dort als Flüchtling aufgenommen wurden;
52 
c) dass sie sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider laufen.
53 
Nach Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG ist ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
54 
a) ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen;
55 
b) eine schwere Straftat begangen hat;
56 
c) sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwider laufen;
57 
d) eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit des Landes darstellt, in dem er sich aufhält.
58 
Nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG findet Absatz 1 dieser Norm keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Nach Satz 2 gilt das Gleiche, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des - dem Art. 1 F GFK entsprechenden - § 3 Abs. 2 AsylVfG erfüllt.
59 
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 31) ist es nicht geboten, den Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG in Anlehnung an die angeführten Vorschriften eng auszulegen. Dagegen spricht zunächst die Entstehungsgeschichte der Vorschrift: Der ursprüngliche Regierungsentwurf sah eine vollständige Abschaffung der Duldung vor. Eine Aufenthaltserlaubnis sollte erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2 bis 7 vorliegen. Einziger Ausschlussgrund sollte nach Satz 2 des Entwurfs die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Ausreise in einen anderen Staat sein. Ein von der CDU/CSU-Fraktion eingebrachter Änderungsantrag sah demgegenüber eine restriktive Neufassung des § 25 Abs. 3 vor:
60 
„Einem Ausländer kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 vorliegen. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn eine Ausreise in einen anderen Staat aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist. Eine Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn der Ausländer die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst zu vertreten hat, weil er im Bundesgebiet nicht nur vereinzelte oder geringfügige Straftaten begangen hat oder nach seiner Einreise die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst herbeigeführt, die Aufenthaltsbeendigung in vorwerfbarer Weise hinausgezögert oder vereitelt hat oder sein Handeln in sonstiger Weise rechtsmissbräuchlich ist.“
61 
Begründet wurde der Änderungsantrag u.a. damit, dass Straftätern grundsätzlich keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden solle (BT-Drs. 15/955, S. 14). Diese Einwände haben sich in der vom Vermittlungsausschuss akzeptierten Fassung in der Weise niedergeschlagen, dass die Ausschlussgründe gegenüber dem Regierungsentwurf wesentlich erweitert wurden. Während der Regierungsentwurf einen Ausschluss nur in den Fällen vorsah, in denen die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist, wurden zusätzlich die Fälle des gröblichen Verstoßes gegen Mitwirkungspflichten und die Begehung von Verbrechen, Straftaten oder Handlungen nach Abs. 3 Satz 2 lit. a - d eingefügt (BT-Drs. 15/3479, S. 5).
62 
Die Ausschlussgründe des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. a - d regeln lediglich die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, sagen aber nichts darüber aus, ob Ausländer, bei denen Abschiebungsverbote nach Abs. 3 Satz 1 vorliegen, in ihre Heimatstaaten abgeschoben werden können. Rechtsgrundsätzliche Bedenken dagegen, dass die Ausschlussgründe weiter gefasst sind als in Art. 1 F GFK und in Art. 17 RL 2004/83/EG, bestehen daher nicht. Steht der Ausschlussgrund der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen, ist eine Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG zu erteilen (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 48; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 72). In der Person des Klägers zu 2 liegt ohnehin lediglich ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor, so dass er sich auf die Bestimmungen der GFK und der Qualifikationsrichtlinie nicht berufen kann.
63 
Bei dem Begriff der Straftaten von erheblicher Bedeutung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, den der Gesetzgeber in einer Vielzahl von Gesetzen verwendet (vgl. etwa §§ 81 g, 98 a, 100 g, 100 h, 110 a, 131 StPO, § 28 BDSG, § 23 BPolG, §§ 8, 14, 15 BKAG, §§ 25, 30 PolG BW). Dazu zählen alle Verbrechen, aber auch schwerwiegende Vergehen (etwa §§ 224, 243, 253 StGB; schwerwiegende Straftaten nach dem BtMG). Man versteht darunter solche Taten, die den Rechtsfrieden empfindlich stören und geeignet sind, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Es muss sich bei den zu beurteilenden Taten um Delikte handeln, die mindestens der mittleren Kriminalität zuzurechnen sind (BVerfG, Beschl. v. 14.12.2000 - 1 BvR 1741/99 u.a. - BVerfGE 103, 21 <34> und Beschl. v. 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - juris; NdsOVG, Beschl. v. 06.03.2009 - 7 LA 231/07 - juris; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 81 g Rn. 7 a m.w.N.; Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 50; Hailbronner, AuslR, Kommentar, § 25 Rn. 69). In den Fällen der mittleren Kriminalität ist dabei das besondere Maß des Unrechts nach Lage des konkreten Einzelfalles entscheidend, wobei es nicht so sehr auf den abstrakten Charakter des Straftatbestandes, sondern auf Art und Schwere der jeweiligen konkreten Tat ankommt. Die Beeinträchtigung des Rechtsfriedens oder der Rechtssicherheit kann sich etwa daraus ergeben, dass durch die Straftat bedeutsame Rechtsgüter wie z.B. Leib, Leben, Gesundheit oder fremde Sachen von bedeutendem Wert verletzt wurden. Nach Lage des Falles können auch Eigentums- oder Vermögensdelikte mittlerer Qualität die genannten Voraussetzungen erfüllen, insbesondere wenn es sich um Straftaten mit Seriencharakter und entsprechendem (Gesamt-)Schaden für die Allgemeinheit handelt (BT-Drs. 11/7663 S. 35). Die Straftat muss ein Gewicht aufweisen, das es gerechtfertigt erscheinen lässt, den gesetzgeberischen Zweck der Legalisierung des Aufenthalts zurücktreten zu lassen (Burr, a.a.O. Rn. 50; Hailbronner, a.a.O. Rn. 69; VG Stuttgart, Urt. v. 07.10.2005 - 9 K 2107/04 - InfAuslR 2006, 78).
64 
Daran gemessen liegt der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG hier vor. Der Kläger zu 2 wurde mehrfach nicht nur wegen Eigentums-, sondern auch wegen Gewaltdelikten (gemeinschaftlicher Raub, gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung) verurteilt. Er ist hierbei vor massiven Verletzungen der körperlichen Integrität unbeteiligter Dritter nicht zurückschreckt. Hinzu kommt, dass er die ihm mehrfach eingeräumten Gelegenheiten zur Bewährung ausweislich des Berichts der Bewährungshelferin vom 26.04.2007 und des Urteils des Amtsgerichts Mannheim vom 03.05.2007 nicht genutzt hat. Nichts anderes folgt angesichts des Umstandes, dass gegen den Kläger zu 2 eine Jugendstrafe verhängt wurde, die letztendlich nicht zur Bewährung ausgesetzt werden konnte, daraus, dass der Kläger zu 2 nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde.
65 
Unschädlich ist, dass die in § 72 Abs. 2 AufenthG vorgesehene Beteiligung des Bundesamtes unterbleiben ist. Nach dieser Vorschrift hätte das Vorliegen des Ausschlussgrundes unter Beteiligung des Bundesamtes geprüft werden müssen. Dieses Beteiligungserfordernis verfolgt jedoch nicht das Ziel, Rechte des Ausländers zu wahren. Es ist nicht als verfahrensrechtliche Schutznorm anzusehen. Der betroffene Ausländer kann sich daher in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mit Erfolg auf die unterbliebene Beteiligung berufen (Gutmann in GK-AufenthG, § 72 AufenthG Rn. 55 m.w.N.).
66 
Ob weitere Ausschlussgründe nach § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorliegen, kann danach offenbleiben.
67 
3. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach anderen Anspruchsgrundlagen.
68 
a) Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Kläger zu 2 die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG erfüllt. Insoweit erscheint offen, ob seine Ausreise nach Serbien oder Kosovo möglicherweise im Hinblick auf eine drohende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes wegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots rechtlich unmöglich ist. Bezüglich dieser Staaten liegt keine Bundesamtsentscheidung vor, die die Anwendung des § 25 Abs. 5 AufenthG insoweit sperren würde (vgl. § 42 Satz 1 AsylVfG). In der Rechtsprechung ist auch geklärt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nicht ausschließlich im Rahmen des § 25 Abs. 3, sondern auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG berücksichtigungsfähig sind, soweit keine Prüfungszuständigkeit des Bundesamtes gegeben ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 119).
69 
Einem möglichen Anspruch steht aber jedenfalls das Fehlen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen. Danach setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsgrund vorliegt. Mit den von ihm begangenen vorsätzlichen Straftaten, die nicht vereinzelt und geringfügig sind, hat der Kläger zu 2 den Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG verwirklicht. Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrunds beseitigen würden, sind nicht ersichtlich. Anders als im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG - insoweit kommen gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht zur Anwendung - ist im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG auch nicht von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abzusehen. Vielmehr kann die Ausländerbehörde gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nach pflichtgemäßem Ermessen von der Anwendung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen absehen. Vorliegend hat die Beklagte im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 08.08.2007 ausdrücklich erklärt, dass sie bei dem Kläger zu 2 nicht von der allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG absieht. Die bisherigen strafrechtlichen Verfehlungen des Klägers zu 2 rechtfertigten eine solche Entscheidung nicht. Ermessensfehler sind insoweit nicht erkennbar. Die Ermessensbetätigung steht im Einklang mit der Entscheidung des Gesetzgebers, der im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG das Vorliegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung als zwingenden Ausschlussgrund ausgestaltet hat. Es kann nicht beanstandet werden, dass die Beklagte unter Berufung auf die Schwere der strafrechtlichen Verfehlungen dieser gesetzgeberischen Entscheidung auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG Rechnung trägt.
70 
§ 114 Satz 2 VwGO steht vorliegend der erstmaligen Ermessensbetätigung im gerichtlichen Verfahren nicht entgegen. Zwar erlaubt diese Vorschrift nur die Ergänzung bereits vorhandener Ermessenserwägungen. An solchen fehlt es vorliegend. Der Konzeption des § 114 Satz 2 VwGO liegt indes zugrunde, dass bei Ermessensentscheidungen der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung der maßgebliche Zeitpunkt ist (vgl. Kuntze in Bader u.a., VwGO, § 114 Rn. 5 m.w.N.). Ist aber - wie hier (vgl. oben II. 1.) - der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz der maßgebliche Zeitpunkt auch für die Überprüfung der Ermessensentscheidung und ergibt sich erstmals während des gerichtlichen Verfahrens die Notwendigkeit der Ermessensbetätigung, so ist eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 114 Satz 2 VwGO geboten. In dieser Situation kann es der Behörde, die die Pflicht zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit ihrer Verfügung trifft, nicht verwehrt sein, bezüglich nachträglich entstandener Umstände, die erstmals eine Ermessensentscheidung erfordern, ihr Ermessen insgesamt nachträglich erstmals zu betätigen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bislang zum Ausweisungsrecht so entschieden. Es hat seine frühere Rechtsprechung, wonach Ermessenserwägungen bei Ausweisungsentscheidungen nur insoweit ergänzt werden können, als die nachträglich von der Behörde angegebenen Gründe schon bei Erlass des Verwaltungsaktes vorlagen (vgl. Urt. v. 05.05.1998 - 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351 <363>), mit der Erwägung aufgegeben, dass diese Rechtsprechung sich nicht auf Sachverhalte bezieht, in denen es aus Gründen des materiellen Rechts erforderlich ist, in eine Ermessensentscheidung auch Umstände einzubeziehen, die erst nach Erlass der Ausweisungsverfügung entstanden sind (Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 und Urt. v. 13.01.2009 - 1 C 2.08 - NVwZ 2009, 727). Dies betrifft nicht nur Situationen, in denen die Ergänzung einer bereits getroffenen Ermessensentscheidung geboten ist, sondern auch Fälle, in denen eine ursprünglich gebundene Ausweisung aufgrund nachträglicher Änderungen erstmals einer Ermessensentscheidung bedarf (BVerwG, Urt. v. 15.11.2007, a.a.O. Rn. 19). Der Einbeziehung nachträglicher Ermessenserwägungen könne in dieser Sondersituation nicht entgegengehalten werden, dass diese sich auf nach Erlass der Ausweisung entstandene Umstände beziehen (zustimmend Decker in Posser/Wolff, VwGO, § 114 Rn. 45). Diese Rechtsprechung ist nach Auffassung des Senats auf Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels zu übertragen, nachdem das Bundesverwaltungsgericht auch in diesem Bereich seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt geändert hat (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - a.a.O.). In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf seine neuere Rechtsprechung zum Ausweisungsrecht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ausländerbehörde die Möglichkeit habe, in Erfüllung ihrer Obliegenheit zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle die Ermessenserwägungen in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO im laufenden Verfahren zu aktualisieren (a.a.O. Rn. 42). Soweit danach eine Aktualisierung „in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO“ erfolgen soll, lässt sich dem nicht entnehmen, dass anders als im Ausweisungsrecht eine gegebenenfalls notwendige erstmalige Ermessensbetätigung während des gerichtlichen Verfahrens ausgeschlossen sein soll. Diese Formulierung dürfte vielmehr dem Umstand geschuldet sein, dass in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall eine Ermessensentscheidung getroffen worden war und daher von vornherein nur eine Ergänzung der bereits getroffenen Ermessensentscheidung im Raume stand.
71 
Hier ist die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erst infolge der vom Kläger zu 2 nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2006 begangenen Straftaten entfallen, so dass der Beklagten die erstmalige Ermessensausübung gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG im gerichtlichen Verfahren nicht verwehrt werden kann. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass dadurch der Verwaltungsakt in seinem Wesen geändert würde, was nach der bisherigen Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 27.01.1982 - 8 C 12.81 - BVerwGE 64, 356 <360>) dem Nachschieben von Gründen entgegenstünde. Sinn und Zweck der Schranke der Wesensänderung sind Überlegungen prozessualer Waffengleichheit, damit insbesondere belastende Ermessensverwaltungsakte nicht frühzeitig auf schwacher Grundlage erlassen und von der Verwaltung auch noch im Prozess zur nachträglichen Legitimation der Anordnung nach Belieben nachgebessert werden können. Dieser Zweck trifft aber die infolge der Verschiebung des maßgeblichen Zeitpunkts zu bewältigenden Fälle nachträglicher Änderungen der Sach- und Rechtslage gerade nicht (ebenso Kraft, ZAR 2009, 41 <46>). Sind nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage zugunsten wie zulasten des Ausländers zu berücksichtigen, erscheint es auch unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit gerechtfertigt, der Ausländerbehörde das Recht zur erstmaligen Ermessensentscheidung während des gerichtlichen Verfahrens einzuräumen.
72 
b) Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch gemäß der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17. November 2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Anordnung der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis entgegen. Nach Nr. I 3.3 dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen.
73 
c) Einem möglichen Anspruch des Klägers zu 2 nach § 104 a AufenthG steht der Ausschlussgrund gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 dieser Vorschrift entgegen. Mit der Verurteilung zu einer Jugendstrafe von 20 Monaten ist dieser Ausschlussgrund verwirklicht (vgl. Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 52).
74 
4. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
75 
Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.
76 
a) Zwar sind alle Kläger aufgrund der in den Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohungen nach § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig.
77 
b) Es fehlt jedoch an der Unmöglichkeit der Ausreise. Die Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 ist weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich. Der Begriff der Ausreise umfasst die (zwangsweise) Abschiebung und die freiwillige Ausreise (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Die Ausreise ist unmöglich, wenn sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht erfolgen kann. Da die Ausreise eine unvertretbare Handlung darstellt, ist die Unmöglichkeit im Hinblick auf den betroffenen Ausländer zu prüfen. Von der Unmöglichkeit der Abschiebung kann nicht ohne weiteres auf die Unmöglichkeit der Ausreise geschlossen werden. Grundsätzlich ist von der Möglichkeit einer (freiwilligen) Ausreise auszugehen, solange der Ausländer nicht durch einen gescheiterten Ausreiseversuch das Gegenteil nachweist. Es bedarf jedoch dann keines Versuchs der freiwilligen Ausreise in den Heimatstaat, wenn von vornherein feststeht, dass dieser Versuch erfolglos bleiben wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.06.2003 - 13 S 2767/02 - juris).
78 
aa) Ein tatsächliches Ausreisehindernis kann vorliegen, wenn ein Ausländer staatenlos ist und kein aufnahmebereiter Staat vorhanden ist. Auch der fehlende Besitz eines Passes oder sonstigen Reisedokuments kann die tatsächliche Unmöglichkeit begründen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356).
79 
bb) Die freiwillige Ausreise ist rechtlich unmöglich, wenn dem Ausländer aus Rechtsgründen nicht zuzumuten ist, Deutschland zu verlassen. Allgemeine Widrigkeiten, oder Überlegungen humanitärer Art, die aber keine Abschiebungshindernisse zur Folge haben, bleiben jedoch unberücksichtigt (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Danach ist die Ausreise unzumutbar und damit unmöglich, wenn rechtliche zielstaats- und/oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen. Zu den inlandsbezogenen Abschiebungsverboten zählen auch die Verbote, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006, a.a.O.). Eine rechtliche Unmöglichkeit der freiwilligen Ausreise wäre danach gegeben, wenn die Versagung der Aufenthaltserlaubnis einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf Familien- und Privatleben darstellte.
80 
Ein unverhältnismäßiger Eingriff - und demzufolge eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise - kann angenommen werden, wenn die „Verwurzelung“ des Ausländers in Deutschland infolge fortgeschrittener beruflicher und sozialer Integration bei gleichzeitiger Unmöglichkeit einer Reintegration im Herkunftsstaat dazu führt, dass das geschützte Privatleben nur noch hier geführt werden kann (sog. faktischer Inländer). Die Annahme einer Unzumutbarkeit der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unter dem Aspekt des nach Art. 8 EMRK geschützten „Privatlebens“ setzt eine abgeschlossene und „gelungene“ Integration des Ausländers in die Lebensverhältnisse in Deutschland voraus. Eine derartige Konstellation ist insbesondere denkbar bei Ausländern der zweiten Generation, die in Deutschland aufgewachsen sind und keinerlei Beziehung zum Herkunftsstaat der Eltern besitzen. Wie sich hinreichend etwa aus den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Sachen „Sisojeva I und II“ (EGMR, Urteile vom 16.06.2005 und 15.01.2007, EuGRZ 2006, 554 und InfAuslR 2007, 140) sowie „Rodrigues da Silva und Hoogkamer“ (EGMR, Urteil vom 31.01.2006, EuGRZ 2006, 562) ergibt, kommt es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte (offen gelassen im Urteil vom 08.04.2008 - Nr. 21878/06 - „Nnyanzi“); der Schutzbereich dieses Menschenrechts dürfte vielmehr auch bei nur Geduldeten eröffnet sein können (Senatsbeschlüsse vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - InfAuslR 2008, 29 = VBlBW 2008, 114 = NVwZ 2008, 344, vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 -InfAuslR 2009, 72 und vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - InfAuslR 2009, 178; ebenso Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 150; HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 56; Benassi, InfAuslR 2006, 397 <401 f.>; Hoppe, ZAR 2006, 125; Marx, ZAR 2006, 261 <266>; a.A. wohl Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris und Storr in Storr u.a., ZuwG, 2. Aufl., § 25 AufenthG Rn. 31; unklar insoweit BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris).
81 
Zu berücksichtigen ist auch, dass minderjährige Kinder grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen (sog. familienbezogene Gesamtbetrachtung; vgl. dazu Senatsurteil vom 26.07.2006 - 11 S 951/06 -VBlBW 2006, 442). Steht den Eltern wegen deren mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 AufenthG kein Aufenthaltsrecht zu, so ist davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger, der im Bundesgebiet geboren wurde oder dort lange Zeit gelebt hatte und vollständig integriert ist, auf die von den Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden kann. Ausnahmsweise kann etwas anderes gelten, wenn kein Elternteil in der Lage sein wird, diese Hilfen zu erbringen.
82 
cc) Daran gemessen folgt hier weder aus der Passlosigkeit der Kläger (aaa) noch aus Art. 8 EMRK (bbb) eine Unmöglichkeit der Ausreise. Wollte man dies hinsichtlich der Passlosigkeit anders sehen, stünden jedenfalls die Regelungen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG dem geltend gemachten Anspruch entgegen (ccc).
83 
aaa) Zwar erscheint eine Ausreise nach Kroatien bezüglich aller Kläger ausgeschlossen, nachdem die kroatischen Behörden die Rückübernahme endgültig abgelehnt haben. Gleiches gilt in Bezug auf Makedonien für die Kläger zu 3 und zu 4. Dass eine Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 nach Serbien oder in die Republik Kosovo nicht möglich ist, steht demgegenüber nicht fest. Nachdem insoweit keine eindeutigen Erklärungen der zuständigen Stellen der betreffenden Staaten vorliegen, dass die Kläger nicht übernommen werden, und sie auch keinen - gescheiterten - Ausreiseversuch unternommen haben, ist von der Möglichkeit der freiwilligen Ausreise auszugehen.
84 
bbb) Aus Art. 8 EMRK ergibt sich vorliegend keine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4.
85 
Soweit keine Abschiebung der Klägerin zu 1 nach Makedonien durchgeführt werden soll, ist vorliegend nicht der Schutzbereich des Rechts auf Familienleben (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 05.02.2009 – 11 S 3244/08 – InfAuslR 2009, 178), sondern lediglich der des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnet. Die Klägerin zu 1 und der minderjährige Kläger zu 4 können nach dem oben Ausgeführten darauf verwiesen werden, gemeinsam nach Serbien bzw. Kosovo auszureisen. Gleiches gilt für den volljährigen Kläger zu 3, der im Übrigen nicht in gesteigertem Maße auf familiären Beistand angewiesen ist. Die Ausreise ist für keinen der Kläger unzumutbar. Der Eingriff in das geschützte Privatleben der Kläger ist im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht unverhältnismäßig.
86 
Bei der als Erwachsene eingereisten Klägerin zu 1, die in Makedonien aufgewachsen ist und später im heutigen Kroatien gelebt hat, fehlt es bereits an der erforderlichen Entwurzelung. Zudem ist sie nicht hinreichend verwurzelt, da sie über viele Jahre ausschließlich von Sozialleistungen gelebt und erst vor kurzem eine Arbeitsstelle gefunden hat. Weitere besondere Integrationsleistungen sind nicht ersichtlich. Es fehlt auch an einer Handreichung des Staates, da ihr Aufenthalt nach negativem Abschluss des Asylverfahrens durchgehend nur geduldet war. Sie konnte daher kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand ihres Aufenthalts im Bundesgebiet entwickeln (vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris). Der jetzt 17jährige Kläger zu 4 ist zwar hier geboren und aufgewachsen, so dass ohne weiteres von einer Entwurzelung ausgegangen werden kann. Er hat indes nach Abschluss der Hauptschule keine Ausbildung begonnen und auch beruflich nicht Fuß gefasst. Besondere Integrationsleistungen sind ebenfalls nicht ersichtlich. Negativ ins Gewicht fällt auch seine Verurteilung vom 17.09.2008. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 4 als Minderjähriger grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal seiner Mutter teilt (familienbezogene Gesamtbetrachtung). Bei dem als Kleinkind eingereisten, jetzt 18jährigen Kläger zu 3 fehlt es ebenfalls an einer abgeschlossenen Integration. Er hat keinen Schulabschluss erlangt und ist beruflich nicht integriert. Zudem ist er ebenfalls straffällig geworden. Von einer fortgeschrittenen beruflichen und sozialen Integration kann daher auch bei ihm keine Rede sein.
87 
ccc) Nach § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG darf die Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, „wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist“ (§ 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG), und ein Verschulden liegt insbesondere dann vor (die anderen Verschuldenstatbestände sind hier nicht einschlägig), wenn der Ausländer „zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt“ (§ 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Grundsätzlich ist der Ausländer verpflichtet, von sich aus zumutbare Anforderungen zur Beseitigung von Ausreisehindernissen zu erfüllen; er hat zudem unter Angabe nachprüfbarer Umstände darzulegen und durch Vorlage geeigneter Dokumente nachzuweisen, dass er das ihm Zumutbare zur Erlangung eines Passes oder eines anderen Rückreisedokuments getan hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - InfAuslR 2009, 109; Senatsurteil vom 22.03.2006 - 11 S 1924/05 - je m.w.N.). Bei der Frage, welche Mitwirkungshandlungen konkret zumutbar sind, sind alle Umstände und Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen (siehe BVerwG, Beschl. v. 15.06.2006 - 1 B 54.06 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 4 und VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O. m.w.N.), wobei der Begriff der Zumutbarkeit es ausschließt, einem Ausländer solche Handlungen abzuverlangen, die von vornherein erkennbar aussichtslos sind (BVerwG, Beschluss vom 15.06.2006, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.06.2007 - 3 B 34.05 - juris). Auch dem Verhalten der Behörde als Mitbeteiligter kommt bei der Festlegung der einzelnen Verantwortungsbereiche Bedeutung zu (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 180; BayVGH, Beschl. v. 19.12.2005 - 24 C 05.2856 - InfAuslR 2006, 189). Erfolglos gebliebene behördliche Bemühungen können zwar dem Betroffenen selbst nicht als Verschulden angelastet werden; andererseits entlasten sie jedoch den Ausländer nicht von (sonst) zumutbaren eigenen Anstrengungen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG eigenständige Verantwortungsbereiche von Behörde und Betroffenem anzunehmen sind (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005, a.a.O.) und dass Behördenbemühungen unter Umständen schon deswegen, weil sie von einer Behörde ausgehen, zum Scheitern verurteilt sein können. Die dem Ausländer obliegende Initiativpflicht erstreckt sich auf alle Handlungsmöglichkeiten, die ihm bei objektiver Betrachtungsweise bekannt sein können; nur insoweit kann ihm subjektive Verantwortlichkeit angelastet werden (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005 a.a.O.). Daher hat die zuständige Behörde, wie dies auch § 82 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorgibt, den Betroffenen auf seine Pflichten hinzuweisen und ihm mitzuteilen, dass und in welchem Umfang er zur Erbringung bestimmter Handlungen verpflichtet ist; wenn sich ihm ein bestimmtes Verhalten nicht bereits aufdrängen muss, muss ihm wenigstens hinreichend erkennbar sein, was er konkret zu unternehmen hat. Die Behörde ist regelmäßig angesichts ihrer organisatorischen Überlegenheit und Sachnähe besser in der Lage, die bestehenden Möglichkeiten zu erkennen und die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O.).
88 
Daran gemessen ist ein Verschulden der Kläger hier zu bejahen. Die Klägerin zu 1 ist nie von sich aus tätig geworden, um nach Ungültigwerden ihres alten jugoslawischen Passes neue Pässe für sich und ihre Kinder zu erlangen. Aufforderungen zur Passbeschaffung ist sie bezogen auf Kroatien und Makedonien zunächst nachgekommen. Auch auf dem serbischen Konsulat hat sie vorgesprochen. Nachdem jedoch klar war, dass sie abgeleitet von ihrer Mutter möglicherweise ihre Registrierung und Einbürgerung in Serbien erreichen könnte, hat sie trotz ausdrücklicher Aufforderung seitens der Beklagten keine weiteren Bemühungen in dieser Richtung unternommen. Der Kläger zu 3, der nach Erreichen der Volljährigkeit ebenfalls keine eigenen Bemühungen unternommen hat, muss sich das Verhalten der Klägerin zu 1 ebenso zurechnen lassen wie der noch minderjährige Kläger zu 4.
89 
Auf das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen kommt es nach alledem im Hinblick auf die Ansprüche nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht an.
90 
5. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17.11.2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Dies war hier nicht der Fall. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen entgegen. Nach Nr. I 3.3 der Anordnung dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen. Liegt für einen Elternteil oder für ein im Familienverband lebendes minderjähriges Kind ein Ausschlussgrund vor, so scheidet nach I. 3.5 der Anordnung zur Wahrung der Familieneinheit die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich auch für die übrigen Familienmitglieder aus. Hier liegt nicht nur bei dem Kläger zu 2, sondern auch bei den Klägern zu 3 und zu 4 der anspruchsvernichtende Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vor. Damit scheidet die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch für die Klägerin zu 1 aus.
91 
6. Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen. Lockerungen in Bezug auf die Erfüllung der Passpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG bestehen im Rahmen des § 104 a AufenthG nicht (Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 71). Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrundes beseitigen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern die Erlangung eines Passes unzumutbar sein könnte.
92 
Die von der Beklagten in der Berufungsverhandlung getroffene Entscheidung, nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abzusehen, ist nicht zu beanstanden. Diese Entscheidung wurde tragend mit der Erwägung begründet, die Klägerin zu 1 habe über Jahre hinweg keine Passbeschaffungsbemühungen entfaltet. Sie sei offensichtlich nicht gewillt, sich um einen Pass zu bemühen. Der Kläger zu 4 müsse sich die mangelnden Passbeschaffungsbemühungen seiner Mutter zurechnen lassen. Der Kläger zu 3 hätte sich nach Erreichen der Volljährigkeit auch selbstständig an das serbische Konsulat wenden und Passbeschaffungsbemühungen entfalten können. Diese Erwägungen lassen keine Ermessensfehler erkennen.
93 
§ 114 Satz 2 VwGO steht der erstmaligen Ermessensbetätigung in der Berufungsverhandlung nicht entgegen, weil mit Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt insgesamt erstmals über einen möglichen Anspruch auf der Grundlage des erst während des Berufungsverfahrens in Kraft getretenen § 104 a AufenthG zu entscheiden war. Insoweit gilt das oben unter II. 3. a) Ausgeführte entsprechend.
94 
7. Schließlich können die Kläger weder die Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer noch von Ausweisersatzen beanspruchen. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthV liegen nicht vor, da die Kläger, wie oben ausgeführt, auf zumutbare Weise Pässe erlangen können. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor, da die Beklagte nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abgesehen hat.
III.
95 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären. Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist gegenstandslos, nachdem die Kläger die Verfahrenskosten zu tragen haben.
96 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
97 
Beschluss vom 22. Juli 2009
98 
Der Streitwert des Verfahrens in beiden Rechtszügen wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2 GKG auf jeweils40.000,-- EUR festgesetzt.
99 
Gründe
100 
Mit den Anträgen auf Verpflichtung zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen und zur Ausstellung von Reiseausweisen machen die Kläger zwei verschiedene prozessuale Ansprüche geltend, für die jeweils - je Kläger - der Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG von 5.000,-- EUR anzusetzen ist (Senatsbeschluss vom 13.03.2007 - 11 S 150/07- NVwZ-RR 2007, 429). Dies ergibt einen Streitwert von 40.000,-- EUR. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung ist entsprechend zu ändern.
101 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
39 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
40 
Gegenstand der uneingeschränkt zugelassenen Berufung ist das gesamte Klagebegehren erster Instanz. Dies umfasst zunächst die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind aber auch die erst nach Ergehen des erstinstanzlichen Urteils bei der Beklagten gestellten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Bleiberechtsregelung, da insoweit der Streitstoff identisch ist und ebenfalls ein humanitärer Aufenthaltszweck verfolgt wird. Der Streitgegenstand einer Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wird bestimmt und begrenzt durch den Aufenthaltszweck, aus dem der Ausländer seinen Anspruch herleitet. Im vorliegenden Verfahren stützen die Kläger ihr Klagebegehren in tatsächlicher Hinsicht auf humanitäre Gründe, wie sie in Abschnitt 5 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes normiert sind. Das Klagebegehren erfasst damit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 43.06 - BVerwGE 129, 226 und Urt. v. 27.01.2009 - 1 C 40.07 - DVBl 2009, 650) auch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) eingeführten und am 28. August 2007 in Kraft getretenen Altfallregelung des § 104 a AufenthG. Denn auch eine nach dieser Vorschrift erteilte Aufenthaltserlaubnis wird entweder als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG erteilt (§ 104 a Abs. 1 Satz 2 AufenthG) oder gilt zumindest als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes104 a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 AufenthG). Die Anträge auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer (vgl. § 5 AufenthV), hilfsweise Ausweisersatzpapieren (vgl. § 48 Abs. 4 AufenthG) werden von den Klägern, wie diese in der mündlichen Verhandlung klargestellt haben, ebenfalls weiterverfolgt. Nicht Streitgegenstand ist demgegenüber das Begehren des Klägers zu 2 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Insoweit wird ein familiärer Aufenthaltszweck nach Abschnitt 6 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes verfolgt; nach dem Trennungsprinzip (BVerwG, Urt. v. 04.09.2007, a.a.O.) handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand. Der Vertreter des Klägers zu 2 hat in der Berufungsverhandlung zudem erklärt, dieses Begehren im vorliegenden Verfahren nicht zu verfolgen.
II.
41 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.01.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat die Anträge der Kläger auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen sowie auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer, hilfsweise Ausweisersatzen, im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Über die geltend gemachten Ansprüche ist unter Zugrundelegung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu entscheiden (unten 1.). Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem bei ihm vorrangig zu prüfenden § 25 Abs. 3 AufenthG (unten 2.) oder nach anderen Anspruchsgrundlagen (unten 3.). Die übrigen Kläger können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des bei ihnen allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor (unten 4). Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (unten 5). Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass sie die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen (unten 6.). Schließlich steht sämtlichen Klägern kein Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises oder Ausweisersatzes zu (unten 7.).
42 
1. Maßgeblich für die Beurteilung der von den Klägern verfolgten Verpflichtungsbegehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist insgesamt der Zeitpunkt der Berufungsverhandlung. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels bei der Frage, ob eine Aufenthaltserlaubnis aus Rechtsgründen erteilt oder versagt werden muss, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz abzustellen, soweit sich nicht aus dem materiellen Recht im Einzelfall Abweichendes ergibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.2004 - 1 C 20.03 - BVerwGE 121, 86 <88>; Senatsurteil vom 18.04.2007 - 11 S 1035/06 - AuAS 2007, 219). Gleiches gilt nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - juris), der sich der Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urt. v. 18.04.2007, a.a.O.) anschließt, auch für die Überprüfung einer Ermessensentscheidung: In Anlehnung an seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung im Falle der gerichtlichen Anfechtung einer Ausweisung (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 <22 ff.>) geht das Bundesverwaltungsgericht nunmehr unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung davon aus, dass auch bei Klagen auf Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels für die Überprüfung der behördlichen Ermessensentscheidung auf den Zeitpunkt abzustellen ist, der für die gerichtliche Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen maßgeblich ist. Dies ist hier der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz.
43 
Nichts anderes ergibt sich vorliegend daraus, dass die Kläger noch unter Geltung des Ausländergesetzes die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen beantragt hatten. Die im Aufenthaltsgesetz getroffenen materiellen Übergangsregelungen (vgl. §§ 103 und 104), wonach das Ausländergesetz in bestimmten Fallkonstellationen über den 01.01.2005 hinaus auf Aufenthaltsansprüche Anwendung findet, erfassen den Fall von vor diesem Zeitpunkt geltend gemachten Ansprüchen auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen nicht.
44 
2. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG.
45 
a) Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG soll einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegt. Die Ausländerbehörde ist nach § 42 AsylVfG an eine positive oder negative Entscheidung des Bundesamts über das Vorliegen eines Abschiebungsverbots gebunden. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf Feststellungen zu § 53 Abs. 6 AuslG, obwohl insoweit keine ausdrückliche Übergangsregelung erlassen worden ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - BVerwGE 126, 192; Senatsurteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 27; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 49).
46 
Danach ist die Beklagte vorliegend an die im Bundesamtsbescheid vom 04.11.1994 getroffene Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG gebunden. Dieser Bescheid ist nicht etwa mangels Bestimmtheit (vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG) gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG insgesamt nichtig. Allerdings erstreckt sich die Bindungswirkung der positiven Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG nur auf Kroatien, nicht hingegen auf weitere Staaten, da der Bescheid insoweit teilnichtig ist (vgl. § 44 Abs. 4 VwVfG). Nach dem Tenor des Bundesamtsbescheides vom 04.11.1994 bezieht sich die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG auf Kroatien und alle Länder, die keinen mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard besitzen, um die Therapierung der Hemmkörperhämophilie des Klägers zu 2 zu gewährleisten. Nähere Feststellungen zum medizinischen Standard in Deutschland, in Kroatien oder in weiteren Ländern finden sich in der Begründung nicht. Auf welche weiteren Länder sich die Feststellung konkret erstrecken soll, ist für den Adressaten nicht erkennbar. Insoweit fehlt es an der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit des Bescheides (§ 37 Abs. 1 VwVfG). Hinsichtlich des Regelungsinhalts erfordert das Bestimmtheitsgebot, dass dieser für die Adressaten nach Art und Umfang aus sich heraus verständlich ist (BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 37 Rn. 12). Demgegenüber genügt es nicht, dass er für die Behörde - möglicherweise unter Hinzuziehung von Erkenntnisquellen zu weiteren Ländern - bestimmbar ist. Hier ist der Bescheid aus sich heraus nicht verständlich. Der Bescheid ist vielmehr in einem wesentlichen Punkt unklar; die bestehende Unbestimmtheit ist offensichtlich und kann auch nicht durch Auslegung behoben werden. Dies führt zur Nichtigkeit (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 44 Rn. 26 m.w.N.). Der nichtige Teil ist indes nicht so wesentlich, dass das Bundesamt die Feststellung in Bezug auf Kroatien ohne diesen Teil nicht erlassen hätte. Es liegt demnach eine Teilnichtigkeit i.S.d. § 44 Abs. 4 VwVfG vor.
47 
Die Bindungswirkung des wirksamen Teils des Bescheids ist nicht deshalb entfallen, weil das Bundesamt zwischenzeitlich die Feststellung widerrufen hat. Der Widerruf wirkt sich, solange er nicht bestandskräftig ist, nur insoweit aus, als er eine Atypik begründet. Rechtsfolge ist, dass der Regelerteilungsanspruch entfällt und über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen zu entscheiden ist (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - BVerwGE 124, 326; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 56).
48 
b) Der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG steht jedoch der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG entgegen. Die beantragte Aufenthaltserlaubnis ist zwingend zu versagen, wenn ein in § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgeführter Ausschlussgrund vorliegt. Dann ist auch eine Ermessensentscheidung nicht eröffnet (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - a.a.O.).
49 
Nach § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer eine „Straftat von erheblicher Bedeutung“ begangen hat. Dieser Ausschlussgrund ist weiter gefasst als die Ausschlussgründe des Art. 1 F des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - GFK -, des Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG - Qualifikationsrichtlinie - und des § 60 Abs. 8 AufenthG. Nach Art. 1 F GFK finden die Bestimmungen dieses Abkommens keine Anwendung auf Personen, in Bezug auf die aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist,
50 
a) dass sie ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen haben, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen;
51 
b) dass sie ein schweres nichtpolitisches Verbrechen außerhalb des Aufnahmelandes begangen haben, bevor sie dort als Flüchtling aufgenommen wurden;
52 
c) dass sie sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider laufen.
53 
Nach Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG ist ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
54 
a) ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen;
55 
b) eine schwere Straftat begangen hat;
56 
c) sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwider laufen;
57 
d) eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit des Landes darstellt, in dem er sich aufhält.
58 
Nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG findet Absatz 1 dieser Norm keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Nach Satz 2 gilt das Gleiche, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des - dem Art. 1 F GFK entsprechenden - § 3 Abs. 2 AsylVfG erfüllt.
59 
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 31) ist es nicht geboten, den Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG in Anlehnung an die angeführten Vorschriften eng auszulegen. Dagegen spricht zunächst die Entstehungsgeschichte der Vorschrift: Der ursprüngliche Regierungsentwurf sah eine vollständige Abschaffung der Duldung vor. Eine Aufenthaltserlaubnis sollte erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2 bis 7 vorliegen. Einziger Ausschlussgrund sollte nach Satz 2 des Entwurfs die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Ausreise in einen anderen Staat sein. Ein von der CDU/CSU-Fraktion eingebrachter Änderungsantrag sah demgegenüber eine restriktive Neufassung des § 25 Abs. 3 vor:
60 
„Einem Ausländer kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 vorliegen. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn eine Ausreise in einen anderen Staat aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist. Eine Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn der Ausländer die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst zu vertreten hat, weil er im Bundesgebiet nicht nur vereinzelte oder geringfügige Straftaten begangen hat oder nach seiner Einreise die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst herbeigeführt, die Aufenthaltsbeendigung in vorwerfbarer Weise hinausgezögert oder vereitelt hat oder sein Handeln in sonstiger Weise rechtsmissbräuchlich ist.“
61 
Begründet wurde der Änderungsantrag u.a. damit, dass Straftätern grundsätzlich keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden solle (BT-Drs. 15/955, S. 14). Diese Einwände haben sich in der vom Vermittlungsausschuss akzeptierten Fassung in der Weise niedergeschlagen, dass die Ausschlussgründe gegenüber dem Regierungsentwurf wesentlich erweitert wurden. Während der Regierungsentwurf einen Ausschluss nur in den Fällen vorsah, in denen die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist, wurden zusätzlich die Fälle des gröblichen Verstoßes gegen Mitwirkungspflichten und die Begehung von Verbrechen, Straftaten oder Handlungen nach Abs. 3 Satz 2 lit. a - d eingefügt (BT-Drs. 15/3479, S. 5).
62 
Die Ausschlussgründe des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. a - d regeln lediglich die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, sagen aber nichts darüber aus, ob Ausländer, bei denen Abschiebungsverbote nach Abs. 3 Satz 1 vorliegen, in ihre Heimatstaaten abgeschoben werden können. Rechtsgrundsätzliche Bedenken dagegen, dass die Ausschlussgründe weiter gefasst sind als in Art. 1 F GFK und in Art. 17 RL 2004/83/EG, bestehen daher nicht. Steht der Ausschlussgrund der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen, ist eine Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG zu erteilen (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 48; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 72). In der Person des Klägers zu 2 liegt ohnehin lediglich ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor, so dass er sich auf die Bestimmungen der GFK und der Qualifikationsrichtlinie nicht berufen kann.
63 
Bei dem Begriff der Straftaten von erheblicher Bedeutung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, den der Gesetzgeber in einer Vielzahl von Gesetzen verwendet (vgl. etwa §§ 81 g, 98 a, 100 g, 100 h, 110 a, 131 StPO, § 28 BDSG, § 23 BPolG, §§ 8, 14, 15 BKAG, §§ 25, 30 PolG BW). Dazu zählen alle Verbrechen, aber auch schwerwiegende Vergehen (etwa §§ 224, 243, 253 StGB; schwerwiegende Straftaten nach dem BtMG). Man versteht darunter solche Taten, die den Rechtsfrieden empfindlich stören und geeignet sind, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Es muss sich bei den zu beurteilenden Taten um Delikte handeln, die mindestens der mittleren Kriminalität zuzurechnen sind (BVerfG, Beschl. v. 14.12.2000 - 1 BvR 1741/99 u.a. - BVerfGE 103, 21 <34> und Beschl. v. 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - juris; NdsOVG, Beschl. v. 06.03.2009 - 7 LA 231/07 - juris; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 81 g Rn. 7 a m.w.N.; Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 50; Hailbronner, AuslR, Kommentar, § 25 Rn. 69). In den Fällen der mittleren Kriminalität ist dabei das besondere Maß des Unrechts nach Lage des konkreten Einzelfalles entscheidend, wobei es nicht so sehr auf den abstrakten Charakter des Straftatbestandes, sondern auf Art und Schwere der jeweiligen konkreten Tat ankommt. Die Beeinträchtigung des Rechtsfriedens oder der Rechtssicherheit kann sich etwa daraus ergeben, dass durch die Straftat bedeutsame Rechtsgüter wie z.B. Leib, Leben, Gesundheit oder fremde Sachen von bedeutendem Wert verletzt wurden. Nach Lage des Falles können auch Eigentums- oder Vermögensdelikte mittlerer Qualität die genannten Voraussetzungen erfüllen, insbesondere wenn es sich um Straftaten mit Seriencharakter und entsprechendem (Gesamt-)Schaden für die Allgemeinheit handelt (BT-Drs. 11/7663 S. 35). Die Straftat muss ein Gewicht aufweisen, das es gerechtfertigt erscheinen lässt, den gesetzgeberischen Zweck der Legalisierung des Aufenthalts zurücktreten zu lassen (Burr, a.a.O. Rn. 50; Hailbronner, a.a.O. Rn. 69; VG Stuttgart, Urt. v. 07.10.2005 - 9 K 2107/04 - InfAuslR 2006, 78).
64 
Daran gemessen liegt der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG hier vor. Der Kläger zu 2 wurde mehrfach nicht nur wegen Eigentums-, sondern auch wegen Gewaltdelikten (gemeinschaftlicher Raub, gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung) verurteilt. Er ist hierbei vor massiven Verletzungen der körperlichen Integrität unbeteiligter Dritter nicht zurückschreckt. Hinzu kommt, dass er die ihm mehrfach eingeräumten Gelegenheiten zur Bewährung ausweislich des Berichts der Bewährungshelferin vom 26.04.2007 und des Urteils des Amtsgerichts Mannheim vom 03.05.2007 nicht genutzt hat. Nichts anderes folgt angesichts des Umstandes, dass gegen den Kläger zu 2 eine Jugendstrafe verhängt wurde, die letztendlich nicht zur Bewährung ausgesetzt werden konnte, daraus, dass der Kläger zu 2 nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde.
65 
Unschädlich ist, dass die in § 72 Abs. 2 AufenthG vorgesehene Beteiligung des Bundesamtes unterbleiben ist. Nach dieser Vorschrift hätte das Vorliegen des Ausschlussgrundes unter Beteiligung des Bundesamtes geprüft werden müssen. Dieses Beteiligungserfordernis verfolgt jedoch nicht das Ziel, Rechte des Ausländers zu wahren. Es ist nicht als verfahrensrechtliche Schutznorm anzusehen. Der betroffene Ausländer kann sich daher in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mit Erfolg auf die unterbliebene Beteiligung berufen (Gutmann in GK-AufenthG, § 72 AufenthG Rn. 55 m.w.N.).
66 
Ob weitere Ausschlussgründe nach § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorliegen, kann danach offenbleiben.
67 
3. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach anderen Anspruchsgrundlagen.
68 
a) Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Kläger zu 2 die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG erfüllt. Insoweit erscheint offen, ob seine Ausreise nach Serbien oder Kosovo möglicherweise im Hinblick auf eine drohende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes wegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots rechtlich unmöglich ist. Bezüglich dieser Staaten liegt keine Bundesamtsentscheidung vor, die die Anwendung des § 25 Abs. 5 AufenthG insoweit sperren würde (vgl. § 42 Satz 1 AsylVfG). In der Rechtsprechung ist auch geklärt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nicht ausschließlich im Rahmen des § 25 Abs. 3, sondern auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG berücksichtigungsfähig sind, soweit keine Prüfungszuständigkeit des Bundesamtes gegeben ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 119).
69 
Einem möglichen Anspruch steht aber jedenfalls das Fehlen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen. Danach setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsgrund vorliegt. Mit den von ihm begangenen vorsätzlichen Straftaten, die nicht vereinzelt und geringfügig sind, hat der Kläger zu 2 den Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG verwirklicht. Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrunds beseitigen würden, sind nicht ersichtlich. Anders als im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG - insoweit kommen gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht zur Anwendung - ist im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG auch nicht von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abzusehen. Vielmehr kann die Ausländerbehörde gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nach pflichtgemäßem Ermessen von der Anwendung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen absehen. Vorliegend hat die Beklagte im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 08.08.2007 ausdrücklich erklärt, dass sie bei dem Kläger zu 2 nicht von der allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG absieht. Die bisherigen strafrechtlichen Verfehlungen des Klägers zu 2 rechtfertigten eine solche Entscheidung nicht. Ermessensfehler sind insoweit nicht erkennbar. Die Ermessensbetätigung steht im Einklang mit der Entscheidung des Gesetzgebers, der im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG das Vorliegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung als zwingenden Ausschlussgrund ausgestaltet hat. Es kann nicht beanstandet werden, dass die Beklagte unter Berufung auf die Schwere der strafrechtlichen Verfehlungen dieser gesetzgeberischen Entscheidung auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG Rechnung trägt.
70 
§ 114 Satz 2 VwGO steht vorliegend der erstmaligen Ermessensbetätigung im gerichtlichen Verfahren nicht entgegen. Zwar erlaubt diese Vorschrift nur die Ergänzung bereits vorhandener Ermessenserwägungen. An solchen fehlt es vorliegend. Der Konzeption des § 114 Satz 2 VwGO liegt indes zugrunde, dass bei Ermessensentscheidungen der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung der maßgebliche Zeitpunkt ist (vgl. Kuntze in Bader u.a., VwGO, § 114 Rn. 5 m.w.N.). Ist aber - wie hier (vgl. oben II. 1.) - der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz der maßgebliche Zeitpunkt auch für die Überprüfung der Ermessensentscheidung und ergibt sich erstmals während des gerichtlichen Verfahrens die Notwendigkeit der Ermessensbetätigung, so ist eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 114 Satz 2 VwGO geboten. In dieser Situation kann es der Behörde, die die Pflicht zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit ihrer Verfügung trifft, nicht verwehrt sein, bezüglich nachträglich entstandener Umstände, die erstmals eine Ermessensentscheidung erfordern, ihr Ermessen insgesamt nachträglich erstmals zu betätigen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bislang zum Ausweisungsrecht so entschieden. Es hat seine frühere Rechtsprechung, wonach Ermessenserwägungen bei Ausweisungsentscheidungen nur insoweit ergänzt werden können, als die nachträglich von der Behörde angegebenen Gründe schon bei Erlass des Verwaltungsaktes vorlagen (vgl. Urt. v. 05.05.1998 - 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351 <363>), mit der Erwägung aufgegeben, dass diese Rechtsprechung sich nicht auf Sachverhalte bezieht, in denen es aus Gründen des materiellen Rechts erforderlich ist, in eine Ermessensentscheidung auch Umstände einzubeziehen, die erst nach Erlass der Ausweisungsverfügung entstanden sind (Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 und Urt. v. 13.01.2009 - 1 C 2.08 - NVwZ 2009, 727). Dies betrifft nicht nur Situationen, in denen die Ergänzung einer bereits getroffenen Ermessensentscheidung geboten ist, sondern auch Fälle, in denen eine ursprünglich gebundene Ausweisung aufgrund nachträglicher Änderungen erstmals einer Ermessensentscheidung bedarf (BVerwG, Urt. v. 15.11.2007, a.a.O. Rn. 19). Der Einbeziehung nachträglicher Ermessenserwägungen könne in dieser Sondersituation nicht entgegengehalten werden, dass diese sich auf nach Erlass der Ausweisung entstandene Umstände beziehen (zustimmend Decker in Posser/Wolff, VwGO, § 114 Rn. 45). Diese Rechtsprechung ist nach Auffassung des Senats auf Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels zu übertragen, nachdem das Bundesverwaltungsgericht auch in diesem Bereich seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt geändert hat (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - a.a.O.). In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf seine neuere Rechtsprechung zum Ausweisungsrecht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ausländerbehörde die Möglichkeit habe, in Erfüllung ihrer Obliegenheit zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle die Ermessenserwägungen in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO im laufenden Verfahren zu aktualisieren (a.a.O. Rn. 42). Soweit danach eine Aktualisierung „in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO“ erfolgen soll, lässt sich dem nicht entnehmen, dass anders als im Ausweisungsrecht eine gegebenenfalls notwendige erstmalige Ermessensbetätigung während des gerichtlichen Verfahrens ausgeschlossen sein soll. Diese Formulierung dürfte vielmehr dem Umstand geschuldet sein, dass in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall eine Ermessensentscheidung getroffen worden war und daher von vornherein nur eine Ergänzung der bereits getroffenen Ermessensentscheidung im Raume stand.
71 
Hier ist die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erst infolge der vom Kläger zu 2 nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2006 begangenen Straftaten entfallen, so dass der Beklagten die erstmalige Ermessensausübung gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG im gerichtlichen Verfahren nicht verwehrt werden kann. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass dadurch der Verwaltungsakt in seinem Wesen geändert würde, was nach der bisherigen Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 27.01.1982 - 8 C 12.81 - BVerwGE 64, 356 <360>) dem Nachschieben von Gründen entgegenstünde. Sinn und Zweck der Schranke der Wesensänderung sind Überlegungen prozessualer Waffengleichheit, damit insbesondere belastende Ermessensverwaltungsakte nicht frühzeitig auf schwacher Grundlage erlassen und von der Verwaltung auch noch im Prozess zur nachträglichen Legitimation der Anordnung nach Belieben nachgebessert werden können. Dieser Zweck trifft aber die infolge der Verschiebung des maßgeblichen Zeitpunkts zu bewältigenden Fälle nachträglicher Änderungen der Sach- und Rechtslage gerade nicht (ebenso Kraft, ZAR 2009, 41 <46>). Sind nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage zugunsten wie zulasten des Ausländers zu berücksichtigen, erscheint es auch unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit gerechtfertigt, der Ausländerbehörde das Recht zur erstmaligen Ermessensentscheidung während des gerichtlichen Verfahrens einzuräumen.
72 
b) Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch gemäß der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17. November 2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Anordnung der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis entgegen. Nach Nr. I 3.3 dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen.
73 
c) Einem möglichen Anspruch des Klägers zu 2 nach § 104 a AufenthG steht der Ausschlussgrund gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 dieser Vorschrift entgegen. Mit der Verurteilung zu einer Jugendstrafe von 20 Monaten ist dieser Ausschlussgrund verwirklicht (vgl. Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 52).
74 
4. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
75 
Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.
76 
a) Zwar sind alle Kläger aufgrund der in den Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohungen nach § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig.
77 
b) Es fehlt jedoch an der Unmöglichkeit der Ausreise. Die Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 ist weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich. Der Begriff der Ausreise umfasst die (zwangsweise) Abschiebung und die freiwillige Ausreise (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Die Ausreise ist unmöglich, wenn sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht erfolgen kann. Da die Ausreise eine unvertretbare Handlung darstellt, ist die Unmöglichkeit im Hinblick auf den betroffenen Ausländer zu prüfen. Von der Unmöglichkeit der Abschiebung kann nicht ohne weiteres auf die Unmöglichkeit der Ausreise geschlossen werden. Grundsätzlich ist von der Möglichkeit einer (freiwilligen) Ausreise auszugehen, solange der Ausländer nicht durch einen gescheiterten Ausreiseversuch das Gegenteil nachweist. Es bedarf jedoch dann keines Versuchs der freiwilligen Ausreise in den Heimatstaat, wenn von vornherein feststeht, dass dieser Versuch erfolglos bleiben wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.06.2003 - 13 S 2767/02 - juris).
78 
aa) Ein tatsächliches Ausreisehindernis kann vorliegen, wenn ein Ausländer staatenlos ist und kein aufnahmebereiter Staat vorhanden ist. Auch der fehlende Besitz eines Passes oder sonstigen Reisedokuments kann die tatsächliche Unmöglichkeit begründen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356).
79 
bb) Die freiwillige Ausreise ist rechtlich unmöglich, wenn dem Ausländer aus Rechtsgründen nicht zuzumuten ist, Deutschland zu verlassen. Allgemeine Widrigkeiten, oder Überlegungen humanitärer Art, die aber keine Abschiebungshindernisse zur Folge haben, bleiben jedoch unberücksichtigt (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Danach ist die Ausreise unzumutbar und damit unmöglich, wenn rechtliche zielstaats- und/oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen. Zu den inlandsbezogenen Abschiebungsverboten zählen auch die Verbote, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006, a.a.O.). Eine rechtliche Unmöglichkeit der freiwilligen Ausreise wäre danach gegeben, wenn die Versagung der Aufenthaltserlaubnis einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf Familien- und Privatleben darstellte.
80 
Ein unverhältnismäßiger Eingriff - und demzufolge eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise - kann angenommen werden, wenn die „Verwurzelung“ des Ausländers in Deutschland infolge fortgeschrittener beruflicher und sozialer Integration bei gleichzeitiger Unmöglichkeit einer Reintegration im Herkunftsstaat dazu führt, dass das geschützte Privatleben nur noch hier geführt werden kann (sog. faktischer Inländer). Die Annahme einer Unzumutbarkeit der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unter dem Aspekt des nach Art. 8 EMRK geschützten „Privatlebens“ setzt eine abgeschlossene und „gelungene“ Integration des Ausländers in die Lebensverhältnisse in Deutschland voraus. Eine derartige Konstellation ist insbesondere denkbar bei Ausländern der zweiten Generation, die in Deutschland aufgewachsen sind und keinerlei Beziehung zum Herkunftsstaat der Eltern besitzen. Wie sich hinreichend etwa aus den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Sachen „Sisojeva I und II“ (EGMR, Urteile vom 16.06.2005 und 15.01.2007, EuGRZ 2006, 554 und InfAuslR 2007, 140) sowie „Rodrigues da Silva und Hoogkamer“ (EGMR, Urteil vom 31.01.2006, EuGRZ 2006, 562) ergibt, kommt es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte (offen gelassen im Urteil vom 08.04.2008 - Nr. 21878/06 - „Nnyanzi“); der Schutzbereich dieses Menschenrechts dürfte vielmehr auch bei nur Geduldeten eröffnet sein können (Senatsbeschlüsse vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - InfAuslR 2008, 29 = VBlBW 2008, 114 = NVwZ 2008, 344, vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 -InfAuslR 2009, 72 und vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - InfAuslR 2009, 178; ebenso Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 150; HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 56; Benassi, InfAuslR 2006, 397 <401 f.>; Hoppe, ZAR 2006, 125; Marx, ZAR 2006, 261 <266>; a.A. wohl Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris und Storr in Storr u.a., ZuwG, 2. Aufl., § 25 AufenthG Rn. 31; unklar insoweit BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris).
81 
Zu berücksichtigen ist auch, dass minderjährige Kinder grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen (sog. familienbezogene Gesamtbetrachtung; vgl. dazu Senatsurteil vom 26.07.2006 - 11 S 951/06 -VBlBW 2006, 442). Steht den Eltern wegen deren mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 AufenthG kein Aufenthaltsrecht zu, so ist davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger, der im Bundesgebiet geboren wurde oder dort lange Zeit gelebt hatte und vollständig integriert ist, auf die von den Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden kann. Ausnahmsweise kann etwas anderes gelten, wenn kein Elternteil in der Lage sein wird, diese Hilfen zu erbringen.
82 
cc) Daran gemessen folgt hier weder aus der Passlosigkeit der Kläger (aaa) noch aus Art. 8 EMRK (bbb) eine Unmöglichkeit der Ausreise. Wollte man dies hinsichtlich der Passlosigkeit anders sehen, stünden jedenfalls die Regelungen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG dem geltend gemachten Anspruch entgegen (ccc).
83 
aaa) Zwar erscheint eine Ausreise nach Kroatien bezüglich aller Kläger ausgeschlossen, nachdem die kroatischen Behörden die Rückübernahme endgültig abgelehnt haben. Gleiches gilt in Bezug auf Makedonien für die Kläger zu 3 und zu 4. Dass eine Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 nach Serbien oder in die Republik Kosovo nicht möglich ist, steht demgegenüber nicht fest. Nachdem insoweit keine eindeutigen Erklärungen der zuständigen Stellen der betreffenden Staaten vorliegen, dass die Kläger nicht übernommen werden, und sie auch keinen - gescheiterten - Ausreiseversuch unternommen haben, ist von der Möglichkeit der freiwilligen Ausreise auszugehen.
84 
bbb) Aus Art. 8 EMRK ergibt sich vorliegend keine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4.
85 
Soweit keine Abschiebung der Klägerin zu 1 nach Makedonien durchgeführt werden soll, ist vorliegend nicht der Schutzbereich des Rechts auf Familienleben (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 05.02.2009 – 11 S 3244/08 – InfAuslR 2009, 178), sondern lediglich der des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnet. Die Klägerin zu 1 und der minderjährige Kläger zu 4 können nach dem oben Ausgeführten darauf verwiesen werden, gemeinsam nach Serbien bzw. Kosovo auszureisen. Gleiches gilt für den volljährigen Kläger zu 3, der im Übrigen nicht in gesteigertem Maße auf familiären Beistand angewiesen ist. Die Ausreise ist für keinen der Kläger unzumutbar. Der Eingriff in das geschützte Privatleben der Kläger ist im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht unverhältnismäßig.
86 
Bei der als Erwachsene eingereisten Klägerin zu 1, die in Makedonien aufgewachsen ist und später im heutigen Kroatien gelebt hat, fehlt es bereits an der erforderlichen Entwurzelung. Zudem ist sie nicht hinreichend verwurzelt, da sie über viele Jahre ausschließlich von Sozialleistungen gelebt und erst vor kurzem eine Arbeitsstelle gefunden hat. Weitere besondere Integrationsleistungen sind nicht ersichtlich. Es fehlt auch an einer Handreichung des Staates, da ihr Aufenthalt nach negativem Abschluss des Asylverfahrens durchgehend nur geduldet war. Sie konnte daher kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand ihres Aufenthalts im Bundesgebiet entwickeln (vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris). Der jetzt 17jährige Kläger zu 4 ist zwar hier geboren und aufgewachsen, so dass ohne weiteres von einer Entwurzelung ausgegangen werden kann. Er hat indes nach Abschluss der Hauptschule keine Ausbildung begonnen und auch beruflich nicht Fuß gefasst. Besondere Integrationsleistungen sind ebenfalls nicht ersichtlich. Negativ ins Gewicht fällt auch seine Verurteilung vom 17.09.2008. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 4 als Minderjähriger grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal seiner Mutter teilt (familienbezogene Gesamtbetrachtung). Bei dem als Kleinkind eingereisten, jetzt 18jährigen Kläger zu 3 fehlt es ebenfalls an einer abgeschlossenen Integration. Er hat keinen Schulabschluss erlangt und ist beruflich nicht integriert. Zudem ist er ebenfalls straffällig geworden. Von einer fortgeschrittenen beruflichen und sozialen Integration kann daher auch bei ihm keine Rede sein.
87 
ccc) Nach § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG darf die Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, „wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist“ (§ 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG), und ein Verschulden liegt insbesondere dann vor (die anderen Verschuldenstatbestände sind hier nicht einschlägig), wenn der Ausländer „zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt“ (§ 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Grundsätzlich ist der Ausländer verpflichtet, von sich aus zumutbare Anforderungen zur Beseitigung von Ausreisehindernissen zu erfüllen; er hat zudem unter Angabe nachprüfbarer Umstände darzulegen und durch Vorlage geeigneter Dokumente nachzuweisen, dass er das ihm Zumutbare zur Erlangung eines Passes oder eines anderen Rückreisedokuments getan hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - InfAuslR 2009, 109; Senatsurteil vom 22.03.2006 - 11 S 1924/05 - je m.w.N.). Bei der Frage, welche Mitwirkungshandlungen konkret zumutbar sind, sind alle Umstände und Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen (siehe BVerwG, Beschl. v. 15.06.2006 - 1 B 54.06 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 4 und VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O. m.w.N.), wobei der Begriff der Zumutbarkeit es ausschließt, einem Ausländer solche Handlungen abzuverlangen, die von vornherein erkennbar aussichtslos sind (BVerwG, Beschluss vom 15.06.2006, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.06.2007 - 3 B 34.05 - juris). Auch dem Verhalten der Behörde als Mitbeteiligter kommt bei der Festlegung der einzelnen Verantwortungsbereiche Bedeutung zu (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 180; BayVGH, Beschl. v. 19.12.2005 - 24 C 05.2856 - InfAuslR 2006, 189). Erfolglos gebliebene behördliche Bemühungen können zwar dem Betroffenen selbst nicht als Verschulden angelastet werden; andererseits entlasten sie jedoch den Ausländer nicht von (sonst) zumutbaren eigenen Anstrengungen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG eigenständige Verantwortungsbereiche von Behörde und Betroffenem anzunehmen sind (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005, a.a.O.) und dass Behördenbemühungen unter Umständen schon deswegen, weil sie von einer Behörde ausgehen, zum Scheitern verurteilt sein können. Die dem Ausländer obliegende Initiativpflicht erstreckt sich auf alle Handlungsmöglichkeiten, die ihm bei objektiver Betrachtungsweise bekannt sein können; nur insoweit kann ihm subjektive Verantwortlichkeit angelastet werden (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005 a.a.O.). Daher hat die zuständige Behörde, wie dies auch § 82 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorgibt, den Betroffenen auf seine Pflichten hinzuweisen und ihm mitzuteilen, dass und in welchem Umfang er zur Erbringung bestimmter Handlungen verpflichtet ist; wenn sich ihm ein bestimmtes Verhalten nicht bereits aufdrängen muss, muss ihm wenigstens hinreichend erkennbar sein, was er konkret zu unternehmen hat. Die Behörde ist regelmäßig angesichts ihrer organisatorischen Überlegenheit und Sachnähe besser in der Lage, die bestehenden Möglichkeiten zu erkennen und die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O.).
88 
Daran gemessen ist ein Verschulden der Kläger hier zu bejahen. Die Klägerin zu 1 ist nie von sich aus tätig geworden, um nach Ungültigwerden ihres alten jugoslawischen Passes neue Pässe für sich und ihre Kinder zu erlangen. Aufforderungen zur Passbeschaffung ist sie bezogen auf Kroatien und Makedonien zunächst nachgekommen. Auch auf dem serbischen Konsulat hat sie vorgesprochen. Nachdem jedoch klar war, dass sie abgeleitet von ihrer Mutter möglicherweise ihre Registrierung und Einbürgerung in Serbien erreichen könnte, hat sie trotz ausdrücklicher Aufforderung seitens der Beklagten keine weiteren Bemühungen in dieser Richtung unternommen. Der Kläger zu 3, der nach Erreichen der Volljährigkeit ebenfalls keine eigenen Bemühungen unternommen hat, muss sich das Verhalten der Klägerin zu 1 ebenso zurechnen lassen wie der noch minderjährige Kläger zu 4.
89 
Auf das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen kommt es nach alledem im Hinblick auf die Ansprüche nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht an.
90 
5. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17.11.2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Dies war hier nicht der Fall. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen entgegen. Nach Nr. I 3.3 der Anordnung dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen. Liegt für einen Elternteil oder für ein im Familienverband lebendes minderjähriges Kind ein Ausschlussgrund vor, so scheidet nach I. 3.5 der Anordnung zur Wahrung der Familieneinheit die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich auch für die übrigen Familienmitglieder aus. Hier liegt nicht nur bei dem Kläger zu 2, sondern auch bei den Klägern zu 3 und zu 4 der anspruchsvernichtende Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vor. Damit scheidet die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch für die Klägerin zu 1 aus.
91 
6. Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen. Lockerungen in Bezug auf die Erfüllung der Passpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG bestehen im Rahmen des § 104 a AufenthG nicht (Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 71). Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrundes beseitigen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern die Erlangung eines Passes unzumutbar sein könnte.
92 
Die von der Beklagten in der Berufungsverhandlung getroffene Entscheidung, nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abzusehen, ist nicht zu beanstanden. Diese Entscheidung wurde tragend mit der Erwägung begründet, die Klägerin zu 1 habe über Jahre hinweg keine Passbeschaffungsbemühungen entfaltet. Sie sei offensichtlich nicht gewillt, sich um einen Pass zu bemühen. Der Kläger zu 4 müsse sich die mangelnden Passbeschaffungsbemühungen seiner Mutter zurechnen lassen. Der Kläger zu 3 hätte sich nach Erreichen der Volljährigkeit auch selbstständig an das serbische Konsulat wenden und Passbeschaffungsbemühungen entfalten können. Diese Erwägungen lassen keine Ermessensfehler erkennen.
93 
§ 114 Satz 2 VwGO steht der erstmaligen Ermessensbetätigung in der Berufungsverhandlung nicht entgegen, weil mit Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt insgesamt erstmals über einen möglichen Anspruch auf der Grundlage des erst während des Berufungsverfahrens in Kraft getretenen § 104 a AufenthG zu entscheiden war. Insoweit gilt das oben unter II. 3. a) Ausgeführte entsprechend.
94 
7. Schließlich können die Kläger weder die Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer noch von Ausweisersatzen beanspruchen. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthV liegen nicht vor, da die Kläger, wie oben ausgeführt, auf zumutbare Weise Pässe erlangen können. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor, da die Beklagte nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abgesehen hat.
III.
95 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären. Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist gegenstandslos, nachdem die Kläger die Verfahrenskosten zu tragen haben.
96 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
97 
Beschluss vom 22. Juli 2009
98 
Der Streitwert des Verfahrens in beiden Rechtszügen wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2 GKG auf jeweils40.000,-- EUR festgesetzt.
99 
Gründe
100 
Mit den Anträgen auf Verpflichtung zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen und zur Ausstellung von Reiseausweisen machen die Kläger zwei verschiedene prozessuale Ansprüche geltend, für die jeweils - je Kläger - der Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG von 5.000,-- EUR anzusetzen ist (Senatsbeschluss vom 13.03.2007 - 11 S 150/07- NVwZ-RR 2007, 429). Dies ergibt einen Streitwert von 40.000,-- EUR. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung ist entsprechend zu ändern.
101 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kläger sind türkische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit.
Der Kläger Ziffer 1 wurde am 12.04.1960, die Klägerin Ziffer 2 am 01.01.1966, der Kläger Ziffer 3 am 05.08.1985, die Klägerin Ziffer 4 am 29.09.1986, der Kläger Ziffer 5 am 15.09.1988, der Kläger Ziffer 6 am 30.10.1990 und der Kläger Ziffer 7 am 28.10.1996 geboren.
Die Kläger Ziffer 1 und 2 sind die Eltern der übrigen Kläger.
Im Jahre 1987 reisten die Kläger Ziffer 1 bis 4 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am 04.07.1987 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Diesen Antrag lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge durch Bescheid vom 15.04.1988 ab. Die hiergegen zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage wurde durch Urteil vom 29.11.1990 abgewiesen (A 8 K 8346/88). Mit Beschluss vom 22.06.1992 lehnte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg den Antrag auf Zulassung der Berufung ab (A 12 S 369/91).
Bereits am 18.09.1991 beantragten die Kläger Ziffer 1 bis 4 erneut ihre Anerkennung als Asylberechtigte sowie die Gewährung von Abschiebungsschutz, nachdem sie bereits mit Schriftsatz vom 21.06.1991 an das Landratsamt Esslingen um Abschiebungsschutz nach den §§ 51 und 53 AuslG nachgesucht hatten. Mit Bescheid vom 22.03.1995 entschied das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hinsichtlich der Kläger Ziffer 1 bis 4, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sowie Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen und lehnte die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab. In der Begründung des Bescheids wurde auch Bezug genommen auf einen mit Schriftsätzen vom 13.07. und 24.07.1992 erneut gestellten Antrag, die Kläger Ziffer 1 bis 4 als Asylberechtigte anzuerkennen sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 vorliegen. Die von den Klägern Ziffer 1 bis 4 insoweit erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 25.10.1996 (A 18 K 13001/95) ab. Der Entscheidung lag zugrunde, dass die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 VwVfG nicht vorgelegen hatten.
Am 09.05.1997 stellten die Kläger Ziffer 1 bis 4 erneut Asylanträge. Mit Bescheid vom 18.03.1998 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Durchführung weiterer Asylverfahren ab. Bereits mit Bescheid vom 07.05.1997 hatte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge Asylerstanträge der Kläger Ziffer 5 bis 7 vom 21.02.1997 abgelehnt. Die von sämtlichen Klägern zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klagen wies dieses mit Urteil vom 12.02.1999 (A 18 K 12454/98) ab. Der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart lag hinsichtlich der Kläger Ziffer 1 bis 4 die Feststellung zugrunde, dass die vorgelegten Dokumente nicht geeignet seien, eine für die Kläger günstigere Entscheidung herbeizuführen und auch die Aussage des in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen als Gefälligkeitsaussage bewertet werden müsse, weshalb die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 VwVfG nicht vorliegen. Der zum Verwaltungsgericht Baden-Württemberg gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung wurde durch Beschluss vom 30.06.1999 (A 12 S 1050/90) abgelehnt.
Am 24.02.1997 beantragten alle Kläger die Erteilung von Aufenthaltstiteln. Mit Bescheid vom 20.05.1997 lehnte das Landratsamt Esslingen die Anträge ab. Die Entscheidung wurde durch Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 15.01.1998 bestätigt. Am 16.06.1999 beantragten die Kläger erneut die Erteilung eines Aufenthaltstitels. Mit Bescheiden vom 31.08.1999 lehnte das Landratsamt Esslingen die Anträge ab. Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Bescheid vom 26.01.2000 ab. Auf die hiergegen zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage verpflichtete dieses den Beklagten durch Urteil vom 09.05.2000 (18 K 1359/00), über die Anträge der Kläger erneut zu entscheiden. Durch Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 31.03.2003 (13 S 1917/01) wurde das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart geändert und die Klagen abgewiesen. Die zum Bundesverwaltungsgericht erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision verwarf das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss vom 26.06.2003 (1 B 150.03).
Am 19.12.2001 stellten sämtliche Kläger erneut Asylanträge. Mit zwei Bescheiden vom 21.01.2002 (die Kläger Ziffer 1 bis 3 sowie 5 bis 7 betreffend) und mit einem weiteren Bescheid vom 22.01.2002 (die Klägerin Ziffer 4 betreffend) lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Anträge auf Durchführung weiterer Asylverfahren ab. Die hingegen von den Klägern Ziffer 1 bis 2 sowie 5 bis 7 zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klagen (A 18 K 10277/02) wies das Verwaltungsgericht Stuttgart durch Urteil vom 30.09.2003 ab. Der Entscheidung lag die Feststellung zugrunde, dass die Aussagen der beiden in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen in den entscheidungserheblichen Aspekten unglaubhaft und deshalb nicht geeignet seien, eine für die Kläger günstigere Entscheidung herbeizuführen (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG). Die vom Kläger Ziffer 3 erhobene Klage (A 18 K 10281/02) wurde ebenfalls durch Urteil vom 30.09.2003 abgewiesen. Das Gleiche gilt hinsichtlich der von der Klägerin Ziffer 4 erhobenen Klage (A 8 K 10279/02). Die insoweit gestellten Anträge auf Zulassung der Berufung wies der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg durch Beschlüsse vom 11.11.2003 als unzulässig zurück.
Am 07.08.2003 sollten die Kläger abgeschoben werden. Die Abschiebung wurde jedoch wegen eines Formfehlers abgebrochen. Am 11.08.2003 unternahm die Klägerin Ziffer 4 einen Suizidversuch.
10 
Am 08.12.2005 stellten sämtliche Kläger einen Antrag auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG, der im Wesentlichen damit begründet wurde, dass der Diabetes mellitus sowie die chronische obstruktive Lungenerkrankung des Klägers Ziffer 1 in der Türkei nicht behandelbar seien und erneut eine Suizidgefahr der Klägerin Ziffer 4 bestehe. Mit Bescheiden vom 22.12.2005 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Abänderung der nach dem alten Recht ergangenen Bescheide hinsichtlich der negativen Feststellung zu § 53 Abs. 1 bis 6 AuslG ab und führte zur Begründung aus, dass sich der Sachvortrag auf einer Wiederholung der bereits im früheren Asylfolgeverfahren vorgetragenen Gründe beschränke. Im Übrigen müsse, wie bereits im früheren Verfahren festgestellt, von einer Behandelbarkeit ausgegangen werden.
11 
Sämtliche Kläger erhoben hiergegen Klagen zum Verwaltungsgericht Stuttgart (A 9 K 13660/05 u.a.), die am 14.02.2006 zurückgenommen wurden.
12 
Bereits im September 2003 hatten die Kläger eine Petition eingereicht mit dem Ziel, ein Daueraufenthaltsrecht in Deutschland zu erlangen. Im März 2005 entschied der Petitionsausschuss, dass der Petition nicht abgeholfen werde. Im Juli 2005 wandten sich die Kläger an die Härtefallkommission, um eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 a AufenthG zu erhalten. Im November 2005 entschied die Härtefallkommission, kein Härtefallersuchen an das Innenministerium zu richten. Im Dezember reichten die Kläger erneut eine Petition ein, der der Petitionsausschuss im Januar 2006 wiederum nicht abhalf.
13 
Am 21.11.2005 beantragten die Kläger beim Landratsamt Esslingen die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen.
14 
Mit Beschlüssen vom 23.01.2006 (9 K 437/06 u.a.) verpflichtete das Verwaltungsgericht Stuttgart die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung, im Hinblick auf das anhängige Verfahren auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen die Kläger abzusehen. Auf die hiergegen vom Beklagten eingelegte Beschwerde änderte der Verwaltungsgerichtshof durch Beschlüsse vom 30.08.2006 (13 S 405/06 u.a.) die Beschlüsse und lehnte die Anträge ab.
15 
Mit Entscheidung vom 14.02.2006 lehnte das Landratsamt Esslingen die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen ab und führte zur Begründung aus: Die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 1 bis 3 AufenthG scheide schon deshalb aus, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bindend entschieden habe, dass die Kläger nicht asylberechtigt seien, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 sowie des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorlägen. Der Umstand, dass die Klägerin Ziffer 4 im Jahre 2003 nach einem Abschiebungsversuch einen Suizidversuch unternommen habe und mit einer Wiederholung eines solchen Suizidversuchs zu rechnen sei, führe nicht zu einem rechtlichen Abschiebungshindernis. Zum einen sei nicht geklärt, ob der Suizidversuch im Zusammenhang mit der Abschiebung erfolgt sei oder wegen familiärer Probleme unternommen worden sei. Zum anderen vermöge die latente Suizidalität deswegen kein Abschiebungshindernis zu begründen, weil derartige Gefahren durch entsprechende Vorkehrungen bei der Organisation der Abschiebung, wie z. B. die Begleitung durch einen Arzt und psychologisches Fachpersonal, Rechnung getragen werden könne. Auch die vorgetragene Krankheit des Klägers Ziffer 1 stelle kein rechtliches Abschiebungshindernis dar. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe mit Bescheid vom 22.12.2005 festgestellt, dass die Krankheit im Heimatland behandelbar sei. Nach § 25 Abs. 4 AufenthG könne einem Ausländer für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, so lange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit erforderten. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, weil die Kläger ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht begehrten. Zudem seien dringende oder persönliche Gründe nicht erkennbar. Es könne auch keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt werden, da die Kläger weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen gehindert seien, in ihr Heimatland zurückzukehren. Die freiwillige Ausreise sei jederzeit möglich und auch zumutbar. Ein rechtlich begründetes Abschiebungshindernis folge auch nicht aus Art. 8 EMRK. Eine Aufenthaltsbeendigung hätte keine Verletzung des hierdurch geschützten Rechts auf ein Privatleben zur Folge. Es spreche schon vieles dafür, dass ein schützenswertes Privatleben voraussetze, dass zumindest für einen gewissen Zeitraum ein ordnungsgemäßer und rechtmäßiger Aufenthalt vorgelegen habe. Über einen solchen ordnungsgemäßen Aufenthalt hätten die Kläger zu keinem Zeitpunkt verfügt. Selbst wenn man aber davon ausgehe, dass auch ein rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines geschützten Privatlebens sein könne, so sei die daraus folgende Rechtsposition im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaats zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Die Kläger Ziffer 1 und 4 seien aber in der Türkei geboren und hätten bis zu ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1987 in der Türkei gelebt. Die Kläger Ziffer 1 und 2 sprächen nur schlecht deutsch, weshalb kein Anhaltspunkt für eine Verwurzelung in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland gegeben seien. Die Kläger Ziffer 5 bis 7 seien zwar in Deutschland geboren, es sei jedoch davon auszugehen, dass diese unter dem sprachlichen Aspekt in der Lage sein werden, sich in der Türkei zu integrieren. Das Hineinwachsen in die Lebensverhältnisse der Türkei werde für sie zwar Anfangs schwierig sein, es sei jedoch nicht ersichtlich, dass ihnen ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates ihrer Staatsangehörigkeit nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen könne. Insbesondere sei Kindern in diesem Alter durchaus zuzumuten, sich in die Lebensverhältnisse des Heimatlands einzuleben und dort eine Ausbildung zu absolvieren bzw. mit den hier erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten eine Arbeit zu suchen. Sie befänden sich in keiner anderen Situation als zahlreiche andere abgelehnte Asylbewerber. Weiterhin könne auch nicht von einer wirtschaftlichen Integration der Familie in die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ausgegangen werden. Die Kläger hätten über einen Zeitraum von beinahe 11 Jahren ihren Lebensunterhalt überwiegend durch öffentliche Mittel bestritten und insgesamt ca. 105.000,-- EUR an Sozialleistungen erhalten. Der Kläger Ziffer 1 stehe zwar seit 1998 in einem Beschäftigungsverhältnis und auch der Kläger Ziffer 3 habe eine Ausbildung zum Bäcker absolviert, sei aber anschließend vom Lehrbetrieb nicht übernommen worden. Von Oktober bis Dezember 2005 habe er sogar ohne Genehmigung gearbeitet, weswegen gegen ihn ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden sei. Erst seit Januar 2006 habe er eine Genehmigung zur Ausübung einer Beschäftigung als Bäckergeselle erhalten. Der Kläger Ziffer 5 habe ebenfalls keine Arbeitserlaubnis und sei trotzdem von Anfang August bis Ende September 2004 und von Anfang Februar 2005 bis Ende Dezember 2005 unerlaubt einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Auch gegen ihn seien Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden. Ob er augenblicklich einer Erwerbstätigkeit nachgehe, sei nicht bekannt. Weiterhin sei im September 2005 von der Klägerin Ziffer 4 ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt worden, der inzwischen abgelehnt worden sei. Im Übrigen werde im Landkreis Esslingen seit 01.12.2004 für den Kläger Ziffer 7 für die Teilnahme an der sozialen Gruppenarbeit bei der Paulinenpflege in Kirchheim/Teck monatlich eine öffentliche Leistung in Höhe von 723,58 EUR gezahlt. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 S. 3 AufenthG scheide ebenfalls aus. Hiernach könne ein Aufenthaltstitel nur zu einem Zweck erteilt werden, der im Kapitel 2 Abschnitte 3 bis 7 nicht geregelt sei. Der hier angestrebte Aufenthaltszweck aus humanitären Gründen sei - wie bereits ausgeführt - in § 25 AufenthG abschließend geregelt.
16 
Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies das Regierungspräsidium Stuttgart durch Bescheid vom 30.03.2006 - zugestellt am 05.04.2006 - zurück.
17 
Am 02.05.2006 haben die Kläger Klage erhoben.
18 
Zur Begründung tragen sie vor: Sie seien faktisch zu Inländern geworden und eine Rückkehr in die Türkei sei ihnen nicht zuzumuten. Die Familie sei in hohem Maße in Deutschland integriert, nehme keine öffentlichen Hilfen für den Lebensunterhalt in Anspruch. Sie verfüge über eine eigene Wohnung, arbeite und befinde sich in Schul- und Berufsausbildung. Die Kinder sprächen perfekt deutsch. Der Kläger Ziffer 3 sei mittlerweile seit Januar 2006 als Bäckergeselle beschäftigt. In der Zeit von Oktober bis Dezember 2005 habe er gearbeitet, während die Arbeitsgenehmigung beantragt gewesen sei. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass diese nicht erteilt worden sei. Der Kläger Ziffer 5 besuche die Schule und sei neben der Schule von August bis September einer Aushilfstätigkeit nachgekommen, wobei ebenfalls eine Arbeitserlaubnis beantragt worden sei. Die Klägerin Ziffer 4 habe einen Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis gestellt, sie habe auch eine Ausbildungsstelle. Bisher sei die Arbeitserlaubnis jedoch noch nicht erteilt worden. Es sei richtig, dass sie im September 2005 einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt habe. Dieser sei abgelehnt worden. Der Antrag werde nicht weiter verfolgt. Hinsichtlich der Klägerin Ziffer 4 sei noch zu berücksichtigen, dass sie im Zusammenhang mit einem früheren Abschiebungsversuch im Jahre 2003 einen ernsthaften Suizidversuch unternommen habe, bei dem sie sich schwerste Verletzungen zugezogen habe. Aus einer vorliegenden ärztlichen Stellungnahme gehe hervor, dass mit einer Wiederholung eines Suizidversuchs im Falle einer erneuten Abschiebung durchaus zu rechnen sei. Die in den Anfangsjahren bezogenen Sozialleistungen könnten den Klägern nicht negativ angelastet werden, da sie seinerzeit keine Aufenthaltserlaubnis erhalten hätten. Die Klägerin Ziffer 2 versorge die Familie. Insgesamt sei eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger unverhältnismäßig i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK.
19 
Die Kläger beantragen,
20 
den Bescheid des Landratsamts Esslingen vom 14.02.2006 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 03.04.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen.
21 
Der Beklagte ist der Klage aus den Gründen der angegriffenen Bescheide entgegengetreten.
22 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
23 
Dem Gericht lagen die vom Landratsamt Esslingen geführten Ausländerakten der Kläger sowie die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die zulässigen Klagen sind nicht begründet. Der Beklagte hat zu Recht die Anträge der Kläger abgelehnt. Sie haben keinen Anspruch auf Erteilung der von ihnen begehrten Aufenthaltserlaubnisse.
25 
Allein in Betracht zu ziehende Rechtsgrundlage für die Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnisse ist vorliegend § 25 Abs. 5 AufenthG. Hiernach kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist, sofern der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. § 25 Abs. 3 AufenthG scheidet schon deshalb aus, weil im Verhältnis zur Ausländerbehörde sowie zum Gericht infolge der negativen Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gem. § 42 AsylVfG bindend feststeht, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (vgl. zum Verständnis des § 60 Abs. 5 AufenthG bzw. des § 53 Abs. 4 AuslG 1990 allein als zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot bzw. –hindernis BVerwG, U.v. 15.04.1997 – 9 C 38.96 – NVwZ 1997, 1127; U.v. 02.09.1997 – 9 C 40.96 – NVwZ 1998, 311). Nichts anderes gilt in Bezug auf die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (vgl. § 4 AsylVfG).
26 
Die Verweigerung eines Aufenthaltstitels durch den Beklagten steht nicht in Widerspruch zu Art. 8 EMRK, weshalb den Klägern eine Rückkehr in ihr Heimatland nicht unmöglich oder aus Rechtsgründen unzumutbar ist (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 27.6.2006 – 1 C 14.05 – juris).
27 
1. a) Im Ausgangspunkt ist zunächst festzuhalten, dass nach der ständigen Spruchpraxis des EGMR aus Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch nicht für Familien) grundsätzlich kein irgendwie geartetes Recht abgeleitet werden kann, dass Ausländer oder Ausländerinnen sich einen Aufenthaltsort in einem Konventionsstaat frei wählen. Vielmehr ist den Konventionsstaaten ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, ob und unter welchen Voraussetzungen sie Einwanderung in ihr Hoheitsgebiet zulassen wollen. Namentlich in seinen Entscheidungen vom 16.09.2004 (11103/03 - - NVwZ 2005, 1046) und vom 07.10.2004 (33743/03 - - NVwZ 2005, 1043 ) hat der EGMR ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden (vgl. zu alledem auch BVerwG, U.v. 9.12.1997 – 1 C 19.96 – NVwZ 1998, 742; U.v. 29.9.1998 – 1 C 8.98 – NVwZ 1999, 303; VGHBW, U.v. 18.1.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; B.v. 10.5.2006 – 11 2345/05 – juris; HessVGH, B.v 15.2.2006 – 7 TG 106/06 – InfAuslR 2006, 217; U.v. 7,7,2006 – 7 UE 509/06 – juris; NdsOVG, B.v. 11.5.2006 – 12 ME 138/06 - InfAuslR 2006, 329; B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 – juris; OVG NW, B.v. 11.1.2006 – 18 B 44/06 – AuAS 2006, 144 Ls.). Dessen ungeachtet kann nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. Urt. v. 16.6.2005 - 60654/00 - - InfAuslR 2005, 349) ausnahmsweise auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben darstellen, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kommt danach für solche Ausländer in Betracht, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie gewissermaßen deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind, während sie mit ihrem Heimatland im Wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.9.1998 - 1 C 8.96 - NVwZ 1999, 303; VGH Bad.-Württ., Urt. v.18.1.2006 - a.a.O. mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
28 
b) In diesem Zusammenhang ist zunächst bereits grundsätzlich umstritten, ob der Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK unter dem Aspekt des Privatlebens überhaupt nur dann eröffnet ist, wenn der Aufenthaltsstaat den Aufenthalt (durch Erteilung eines Titels) positiv ermöglicht (so etwa NdsOVG, B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 – juris; HessVGH, U.v. 7.7.2006 – 7 UE 509/06 – juris) und nicht nur (etwa durch Duldung oder aufgrund gesetzlicher Gestattung als Asylbewerber) ohne sein Zutun faktisch hingenommen hatte bzw. sogar hinnehmen musste. Ein völlig klares Bild lässt sich aus der sehr einzelfallbezogenen Spruchpraxis des EGMR hierzu nicht gewinnen (vgl. auch VGHBW, U.v. 18.1.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142 und letztlich offen gelassen). Auch wenn dieser erst jüngst in seinem Urteil vom 30.1.2006 (50435/99 - - InfAuslR 2006, 298) “daran erinnert, dass Personen, die, ohne den geltenden Gesetzen zu entsprechen, die Behörden eines Vertragsstaates mit ihrer Anwesenheit in diesem Staat konfrontieren, im Allgemeinen nicht erwarten können, dass ihnen ein Aufenthaltsrecht zugesprochen wird,“ so stellte es nach Überzeugung der Kammer eine Überinterpretation dar, hieraus den zwingenden Schluss zu ziehen, schon der Schutzbereich sei im Falle der nicht erfolgten ausdrücklichen Legalisierung von vornherein nicht eröffnet. Ein solches Verständnis ist angesichts der Schranke des Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht erforderlich und sinnvoll. Es stünde zudem einem einzelfallbezogenen gerechten Interessenausgleich oftmals entgegen und wäre auch im Einzelfall geeignet, die Wirksamkeit des konventionsrechtlichen Schutzes zu schmälern (so auch Hoppe, ZAR 2006, 125; Benassi, InfAuslR 2006, 397). Zudem würde eine vorschnelle Ausgrenzung aus dem Schutzbereich die Möglichkeit verbauen, den Fallkonstellationen angemessen Rechnung tragen zu können, in denen die Ausländerbehörde in der Vergangenheit über Jahre hin nur Duldungen erteilt hatte, obwohl im Grunde realistischerweise keine Abschiebungs- und Ausreisemöglichkeiten bestanden und daher eigentlich Aufenthaltstitel hätten erteilt werden müssen. Es ist nicht ersichtlich, dass etwa auch für solche Fälle der Schutzbereich des Art. 8 Abs. EMRK von vornherein nicht eröffnet sein sollte. Allerdings ist der in diesem Zusammenhang teilweise erfolgte Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 16.06.2005 (60654/00 - - InfAuslR 2005, 349), wonach dieser explizit keine willentliche Legalisierung verlange (so etwa Benassi, InfAuslR 2006, 397), nicht überzeugend, weil die dortigen Beschwerdeführer jahrelang rechtmäßig in der früheren Sowjetunion (im Gebiet des heutigen Lettland) und auch danach noch in Lettland selbst gelebt hatten und ihnen erst später z.T. als staatenlos gewordene russische Volkszugehörige ein Aufenthaltsrecht bestritten worden war, nachdem sie nach 1989 aber sogar noch zeitlich befristete Aufenthaltstitel erhalten hatten (vgl. etwa NdsOVG, B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 m.w.N.).
29 
Sachgerecht ist es nach Auffassung der Kammer allein, den Schutzbereich durchaus nicht zu eng zu fassen und die Frage der Legalisierung als Element der Schrankendiskussion zu verstehen. Um aber von einem Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK sprechen zu können, das im Aufenthaltsstaat stattfindet, müssen – bei aller Unschärfe - zumindest zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen muss – quantitativ betrachtet - ein langjähriger Aufenthalt vorliegen. Sodann müssen - unter dem qualitativen Aspekt - bestimmte Integrationsleistungen erbracht worden sein, die es rechtfertigen, im Rahmen der Schranken des Absatzes 2 überhaupt in eine umfassende Interessen- und Verhältnismäßigkeitsprüfung einzutreten und hier gewissermaßen eine Feinabstimmung vorzunehmen. Anders ausgedrückt: Der Schutzbereich ist dann nicht eröffnet, wenn es unter dem quantitativen und/oder qualitativen Aspekt auf der Hand liegt, dass phänotypisch nicht von einem „faktischen Inländer“ gesprochen werden kann und kein Anlass dafür besteht, überhaupt einzelfallbezogen der Frage nachzugehen, ob den Betroffenen eine Rückkehr in das Land ihrer Herkunft zugemutet werden kann.
30 
Eine solcher (negativer) Fall wird typischerweise in folgenden Fallkonstellationen anzunehmen sein:
31 
- Die Betroffenen halten sich erst so einen kurzen Zeitraum im Bundesgebiet auf, dass sich die Frage einer auf der Schrankenebene zu diskutierende Frage (vgl. im Folgenden) nach einer Wiedereingliederung in die Verhältnisse des Herkunftslandes von vornherein nicht stellt. Es spricht hier einiges dafür, sich in etwa an dem 8-Jahreszeitraum des § 10 StAG zu orientieren, der vom Gesetzgeber für das Entstehen eines Einbürgerungsanspruchs vorausgesetzt wird (vgl. Hoppe ZAR 2006, 125 <130>; Benassi InfAuslR 2006, 397 <402>).
32 
- Die Betroffenen haben während des langjährigen Aufenthalts keinerlei wirtschaftliche Existenzgrundlage aufbauen können und leben im Wesentlichen ununterbrochen und weitgehend vollständig von öffentlichen Unterstützungsleistungen.
33 
- Die Betroffenen haben keine nennenswerten Sprachkenntnisse erworben und haben demgemäß keinen nennenswerten engeren Bezug zu den Lebensverhältnissen des Landes.
34 
- Die Betroffenen sind durchgängig von Bagatellfällen abgesehen in erheblichem Umfang kriminell geworden (fahrlässige Tatbegehungen bedürfen hingegen der genauen Einzelfallbetrachtung).
35 
Demgegenüber kann nicht eingewandt werden, in der Spruchpraxis des Gerichtshofs seien die Gesichtspunkte der Straffälligkeit oder der Sicherung des Lebensunterhalt nicht als schutzbereichsschädlich verstanden worden (so aber etwa Schild ANA-ZAR 2006, 29). Denn dieses trifft nur auf die grundlegend andere Fallkonstellation zu, in der ein bereits legalisierter langjähriger Aufenthalt beendet werden soll, sei es mit dem Mittel der Ausweisung, sei es mit dem der Nichtverlängerung eines Aufenthaltstitels; ganz abgesehen davon, dass regelmäßig das Schutzgut „Familie“ berührt war und sich dort diese Fragen von vornherein erst auf der Ebene des Art. 8 Abs. 2 EMRK stellen können. Im vorliegenden Zusammenhang geht es hingegen zunächst um die positive Feststellung eines überhaupt schützenswerten Privatlebens.
36 
c) Den (vielfältigen und vielschichtigen) Gründen für die lange Aufenthaltsdauer ist – von Evidenzfällen wiederum abgesehen – daher erst im Rahmen der Schranke nachzugehen. Hier kommt dem Aspekt einer erfolgten (willentlichen) Legalisierung durch den Aufenthaltsstaat wesentliches Gewicht zu. Ist eine solche nicht erfolgt, muss im Rahmen einer umfassenden Abwägung eine genaue Bewertung der Gründe für den faktischen Aufenthalt erfolgen. Hier kann eine große Bandbreite von Ursachen gegeben sein. Diese kann reichen von einer langjährigen zurechenbaren Vereitelung (wenn nicht gar Sabotierung) einer Aufenthaltsbeendigung bei gleichzeitig möglicher freiwilligen Ausreise bis zu einem Dauerzustand einer unverschuldet unmöglichen Abschiebung wie freiwilligen Ausreise. Dazwischen sind differenzierte Fallgestaltungen denkbar, in denen vielleicht zu bestimmten Zeiten eine freiwillige Ausreise und auch eine Abschiebung möglich waren, die Ausländerbehörde eine solche Möglichkeit jedoch über lange Zeit nicht wahrgenommen hatte. Selbst wenn man davon ausgeht, dass im eigentlichen Sinn eine Abschiebungsmöglichkeit nicht verwirkt werden kann, da es sich nach § 58 Abs. 1 AufenthG um eine Rechtspflicht handelt (vgl. OVG NW, B.v. 25.05.2005 – 18 B 1967/04 – juris), kann in zugespitzten Fällen eine Aufenthaltsbeendigung hier jedoch gleichwohl unverhältnismäßig werden und damit Art. 8 Abs. 2 EMRK zuwider laufen.
37 
Ebenfalls erst auf der Schrankenebene ist zu prüfen, ob ein Wiedereinleben (bei Kindern oftmals eine erstmalige Integration) in die Verhältnisse des Herkunftslandes zumutbar ist. Es handelt sich – unter der Prämisse einer überhaupt erfolgten weitgehenden und fortgeschrittenen Integration in die Verhältnisse des Aufnahmestaats - hierbei um eine klassische Verhältnismäßigkeitsprüfung, in deren Rahmen eine differenzierte Abwägung der persönlichen Belange der Betroffenen mit den öffentlichen einwanderungspolitischen Interessen stattfinden kann und muss.
38 
d) Im Rahmen der Schranken ausfüllenden Abwägung ist in der Regel eine Verweigerung des weiteren Aufenthalts und einer erstmaligen Legalisierung verhältnismäßig und damit zulässig, wenn über Jahre hin eine an sich mögliche Aufenthaltsbeendigung immer wieder durch erkennbare aussichtlose Anträge an Behörden und Gerichte durchkreuzt wurden, sofern dieses zu einem Zeitpunkt geschah, zu dem gemessen an Art. 8 EMRK eine Aufenthaltsbeendigung noch zumutbar war. Dies wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn, wie in der Praxis sehr häufig, Folgeanträge gestellt wurden, die von Behörden und Gerichten als nicht als asylverfahrensrelevant (vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 95 ff.) behandelt wurden. Das Gleiche gilt für Petitionen, die unter realistischer Beurteilung der aktuellen praktizierten Ausländerpolitik im Land keinen Erfolg versprechen konnten. Nicht anders sind vorhersehbar aussichtlose Anträge nach § 23a AufenthG zu behandeln und zu beurteilen. Dabei können die Betroffenen in aller Regel nicht für sich ins Feld führen, dass es retrospektiv betrachtet in bestimmten Zwischenzeiträumen objektiv an sich möglich gewesen wäre, eine Abschiebung durchzuführen. Damit würde nicht genügend berücksichtigt, dass die Ausländerbehörden regelmäßig mit einer Vielzahl von Fällen befasst sind und auch aus Kapazitätsgründen zwangsläufig Schwerpunkte setzen müssen. Auch bliebe unbeachtet, dass mit jedem aussichtlosen Antrag, der jeweils in der Verantwortungssphäre der Betroffenen liegt, die Verfahren komplexer und unübersichtlicher werden können. In besonderen Ausnahmefällen mag eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein.
39 
Eine besondere Problematik besteht insoweit, als in der Mehrzahl der praktisch relevanten Fälle Eltern in der Vergangenheit in Ausübung ihres aus dem Recht der Personensorge fließenden Aufenthaltsbestimmungsrechts gehandelt haben. Es ist hier in Anbetracht der Tatsache, dass die minderjährigen Kinder sich nicht nur familienrechtlich alle Maßnahmen der Personensorge zurechnen lassen müssen, sondern auch grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen, nicht gerechtfertigt, den Kindern diese Maßnahmen im Regelfall nicht zuzurechnen (vgl. VGHBW, B.v. 10.05.2006 – 11 S 2354/05 – juris; VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 - InfAuslR 2006, 409; so aber wohl RhPfOVG, B.v. 24.02.2006 – 7 B 10020/06.OVG – InfAuslR 2006, 274; VG Stuttgart, U.v. 24.06.2004 – 11 K 4809/03 – InfAuslR 2005, 106; U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – InfAuslR 2006, 14), zumal ohnehin – gewissermaßen als Kehrseite - davon auszugehen ist, dass die minderjährigen Kinder mit ihren Eltern zurückkehren (müssen), sofern nicht den Eltern selbst die Rückkehr nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. hierzu noch im Folgenden). Entsprechende Überlegungen gelten, wenn die Eltern – auch zulasten ihrer Kinder – ihren Mitwirkungspflichten bei der Beschaffung von Identitäts- oder Passpapieren in zurechenbarer Art und Weise nicht nachgekommen sind. Die Tatsache, dass die Kinder ab dem 16. Lebensjahr gem. § 80 Abs. 1 verfahrenshandlungsfähig waren, ändert bis zum Eintritt der Volljährigkeit nichts an dieser Bewertung, da die Personensorge und damit das hieraus fließende Aufenthaltsbestimmungsrecht davon nicht berührt werden. Die Fälle des § 35 Abs. 1 S. 1 und § 37 AufenthG sind hier ersichtlich nicht einschlägig. § 35 Abs. 1 S. 1 AufenthG setzt als allein rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers gerade die vorangegangene durchgängige Legalisierung des Aufenthalts voraus. Auch die letztgenannte Vorschrift steht in einem völlig anderen rechtspolitischen Kontext und betrifft Rückkehrer, die regelmäßig vor ihrer Rückkehr bereits die Perspektive eines unbefristeten Aufenthaltsrechts hatten, und stellt eine Reaktion des Gesetzgebers auf die rechtspolitisch umstrittenen und zweifelhaften Aktionen der Rückkehrförderung in den 80-er Jahren im Gefolge des „Gesetzes zur Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern“ (v. 28.11.1983 – BGBl. I 1377) dar, mit der Härten und Unzuträglichkeiten gemildert werden sollten (vgl. zur Vorläufervorschrift des § 16 AuslG 1990 BT-Drucks. 11/6321, 59), weshalb aus ihr keine bestimmten Wertungen verallgemeinert werden können (so aber VG Stuttgart, U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – a.a.O.).
40 
Eine differenziertere Beurteilung ist hingegen bei volljährig gewordenen Kindern geboten. Denn diese nehmen nicht mehr an dem aufenthaltsrechtlichen Schicksal der Eltern teil, weil sie auch nicht mehr deren Personensorge unterliegen. Vor diesem Hintergrund kann und darf nach dem vorgegebenen rechtlichen Rahmen nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sie im Familienverbund in den Herkunftsstaat zurückkehren und dort in demselben leben werden. Haben die Kinder nach Erlangung der Volljährigkeit keine – ihnen dann eigenständig zuzurechnende – Versuche mehr unternommen eine Aufenthaltsbeendigung zu durchkreuzen bzw. zu verhindern, und ggf. nunmehr sogar an der Beseitigung von Abschiebungshindernissen mitzuwirken versucht, und löst sich infolge dessen der unmittelbare zeitliche und sachliche Zusammenhang zu den früheren Handlungen der Eltern, so stößt eine weitergehende Zurechnung des Verhaltens der Eltern angesichts ihrer erlangten rechtlichen Selbstständigkeit an die Grenzen der Verhältnismäßigkeit, sofern alle weiteren Integrationsvoraussetzungen erfüllt sind und auch eine Rückkehr in das Herkunftsland aus sonstigen Gründen nicht mehr zumutbar ist. Allerdings kann diese Sichtweise dann u.U. zu der Konsequenz führen, dass den Volljährigen ein Bleiberecht zukommt, während dies bei den Eltern und eventuell noch vorhandenen minderjährigen Geschwistern nicht der Fall ist (vgl. zu diesen noch im Folgenden). Eine hierdurch bewirkte Trennung der Familienmitglieder wäre jedoch, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, weder mit Art. 6 GG (vgl. BVerfG, B.v. 18.04.1989 – 2 BvR 1169/84 – NJW 1989, 2195; BVerfG (K), B.v. 01.03.2004 – 2 BvR 1570/03 – NVwZ 2004, 852) noch mit Art. 8 Abs. 1 EMRK (vgl. EGMR, U.v. 17.04.2002 – 52853/99 - NJW 2004, 2147, der implizit eine Trennung von erwachsenen Kindern von Eltern und Geschwistern im Grundsatz nicht für problematisch erachtet und den festgestellten Konventionsverstoß allein aus der fehlenden Befristung der Ausweisung herleitete) unvereinbar.
41 
Ob im Übrigen eine Fallkonstellation des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegeben ist, in der eine Aufenthaltsbeendigung eines in Deutschland lebenden Ausländers in das Land seiner Herkunft einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben darstellen würde, hängt immer von zwei kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen ab. Zum einen von seiner Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse („Verwurzelung“) und zum anderen von der Zumutbarkeit einer (erstmaligen) Integration bzw. Reintegration in dem Staat seiner Staatsangehörigkeit („Entwurzelung“).
42 
Für die Integration des Ausländers in Deutschland streitende Gesichtspunkte sind dabei neben einer langjährigen Dauer des Aufenthalts: In Abhängigkeit vom jeweiligen Bildungsstand gute deutsche mündliche und schriftliche Sprachkenntnisse; soziale Eingebundenheit in die hiesigen Lebensverhältnisse, wie sie etwa in der Absolvierung einer allgemeinbildenden Schule und einer (qualifizierten) Berufsausbildung bzw. der Innehabung eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes, in einem festen Wohnsitz, ausreichenden Mitteln (einschließlich ausreichendem Krankenversicherungsschutz), um den Lebensunterhalt ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten zu können, sowie fehlender Straffälligkeit zum Ausdruck kommt. Vorsätzliche Straftaten werden hier, von Bagatelldelikten (wie etwa vereinzelt gebliebene Beförderungserschleichungen oder Ladendiebstählen) abgesehen, regelmäßig entgegenstehen. Von Bedeutung kann hier auch die Feststellung sein, dass die Betreffenden über vielfältige und vielschichtige Beziehungen zu Menschen außerhalb ihrer eigenen landsmannschaftlich geprägten Gruppe verfügen.
43 
In diesem Zusammenhang ist weiter die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts zu würdigen. Denn ein unerlaubter Aufenthalt und die damit verbundene Unsicherheit des Aufenthaltsstatus stehen der Führung eines schutzwürdigen Privatlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK tendenziell entgegen, weil im Grundsatz die Betroffenen angesichts einer ausdrücklichen Verweigerung der Legalisierung durch den Aufenthaltsstaat nicht darauf vertrauen durften, dass dieser den Aufenthalt letztlich doch hinnehmen werde (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., B.v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 - juris; U.v. 18.01.2006 - 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; vgl. auch EGMR, U. v. 30.01.2006 - 50435/99 - - InfAuslR 2006, 298).
44 
Was die wirtschaftliche Integration betrifft, ist es nicht erforderlich, dass etwa eine besonders qualifizierte Berufstätigkeit ausgeübt wird, sofern der Arbeitsplatz ungekündigt ist und prognostisch gesehen weiter bestehen bleiben wird, was insbesondere dann angenommen werden kann, wenn der Betroffene den Arbeitsplatz schon lange innehat. Der Umstand, dass in der Vergangenheit Sozialleistungen bezogen wurden (insbesondere während eines durchlaufenden Asylverfahrens), ist unerheblich, wenn davon ausgegangen werden kann, dass diese Lebensphase zuverlässig und dauerhaft überwunden wurde.
45 
Dabei ist es erforderlich, dass die Betroffenen, sofern kein nennenswertes Vermögen vorliegt, nunmehr regelmäßig Einnahmen erzielen, die vom Umfang und der Stetigkeit ihres Zuflusses zuverlässig über den Regelsätzen nach dem SGB II oder XII zuzüglich den Kosten für die Unterkunft liegen und nicht etwa ständig um diese Grenze oszillieren. Zur Vermeidung von Missverständnissen ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es hier in erster Linie nicht um die Anwendung des Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG geht, von der im Übrigen nach § 5 Abs. 3 AufenthG sogar im Ermessenswege abgesehen werden könnte, sondern vielmehr um die positive Feststellung einer unerlässlichen Integrations- bzw. Verwurzelungsvoraussetzung. Ausländer, die nicht nur vorübergehend in einer prekären wirtschaftlichen Situation leben, mögen sich zwar angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse namentlich auf dem Arbeitsmarkt in einer mit vielen deutschen Staatsangehörigen vergleichbaren Situation befinden, vom Aufbau einer wirtschaftlich tragfähigen selbstständigen Existenzgrundlage, die aufzugeben dem Ausländer nicht als verhältnismäßig und zumutbar angesonnen werden darf, kann jedoch bei dieser Sachlage nicht die Rede sein. Lagen die Einkünfte in der Vergangenheit – nicht nur ganz kurzfristig - unter dieser Grenze, ohne dass aber gesetzlich zustehende Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden, so steht dies möglicherweise dann nicht entgegen, wenn aufgrund einer sorgfältigen durch tragfähige Fakten getragenen Prognose zuverlässig vorhergesagt werden kann, dass – wegen der mit dem Wechsel vom Duldungsstatus in den des erlaubten Aufenthalts verbundenen Veränderungen – eine Verbesserung der Einkommensverhältnisse zu erwarten ist. Es muss dann aber gewissermaßen ein Fall gegeben sein, in dem – etwa mit Rücksicht auf Bildung, Ausbildung sowie die darauf gründenden konkreten Erfahrungen bei der erfolglosen Stellensuche – eine wirtschaftliche Integration bereits im Kern angelegt ist und sich lediglich wegen des bisherigen Duldungsstatus nicht entfalten konnte. All dies dürfte allerdings oftmals nicht nur wegen der aktuell weiterhin hohen Arbeitslosigkeit, sondern auch im Hinblick auf das Nachrangprinzip des § 39 Abs. 2 S. 1 lit. b AufenthG nur schwer darzulegen und nachzuweisen sein. Ob eine solche Ausnahme zu machen ist, kann aber hier letztlich offen bleiben, weil, wie noch auszuführen sein wird, diese Voraussetzungen hier nicht gegeben sind. Der Einwand, man habe in der Vergangenheit tatsächlich ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen leben können, vermag die Feststellung einer unzureichenden wirtschaftlichen Integration nicht in Frage zu stellen, zumal jederzeit Ansprüche geltend gemacht werden könnten, was im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht von vornherein von geringem Gewicht ist (vgl. zum Bezug von Leistungen nach § 8 Abs. 2 BAföG VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 – InfAuslR 2006, 409). Hinzu kommt, dass bei einem Erwerbseinkommen unterhalb der vorgenannten Grenzen, auch wenn keine Sozialleistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden, mit guten Gründen damit gerechnet werden muss, dass die Betroffenen später auch bei einer kleineren Bedarfsgemeinschaft eine so geringe Altersrente beziehen werden, dass dann ein Bezug von Sozialleistungen unausweichlich sein wird. Auch hieraus wird deutlich, dass bei einer solchen Sachlage eine ausreichende wirtschaftliche Integration nicht besteht.
46 
Was die Unzumutbarkeit eines Wiedereinlebens in die Verhältnisse des Herkunftslandes oder im praktisch sehr häufigen Fall eines erstmaligen Einlebens in diese Verhältnisse betrifft, darf diese allerdings wohl nicht vorschnell schon mit dem Argument verneint werden, dass bei hier geborenen oder den wesentlichen Teil des Lebens hier aufgewachsenen Kindern noch ausreichende mündliche Sprachkenntnisse vorhanden seien (vgl. etwa VGHBW, U.v. 18.01.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; HessVGH, U.v. 07.07.2006 – 7 UE 509/06 - juris). Mit einer weitgehenden Reduzierung der Fragestellung auf diesen Aspekt wird die Problematik einer Rückkehr nur unzureichend erfasst und bewältigt. Denn oftmals bestehen Sprachkenntnisse zwar schon deshalb, weil gerade die Eltern eher über weniger gute Deutschkenntnisse verfügen und daher bei realistischer Betrachtungsweise in der Familie weitgehend die Muttersprache gesprochen wurde, auch wenn die Kinder mittlerweile perfekt oder gut deutsch sprechen. Bei genauerer Betrachtung wird sich aber häufig schnell ergeben, dass zwar durchaus noch gute oder wenigstens befriedigende mündliche Sprachkenntnisse bestehen, es aber bei der schriftlichen Ausdrucksfähigkeit – in nachvollziehbarer Ermangelung einer diesbezüglichen Praxis - erhebliche Defizite gibt oder die Schriftsprache gar nicht mehr richtig beherrscht wird, wenn insbesondere noch hinzukommt, dass in der Muttersprache keine lateinischen Schriftzeichen verwendet werden. Gerade aber auch die schriftliche Artikulationsfähigkeit muss als ein wesentliches Integrationselement verstanden und angemessen gewürdigt werden. Daher muss im Einzelfall eine Unzumutbarkeit der Rückkehr bei lediglich festgestellter mündlicher Ausdrucksfähigkeit ernsthaft in Betracht gezogen werde, wenn nicht andere gewichtige Gesichtspunkte und öffentliche Interessen entgegen stehen.
47 
Minderjährige Kinder bedürfen aufgrund ihrer besonderen familien- und auch aufenthalts- und familienrechtlichen Stellung einer gesonderten Betrachtung (vgl. hierzu schon oben). Hier ist immer die Situation der Eltern mit in den Blick zu nehmen und zu berücksichtigen, dass Kinder, solange sie nicht volljährig sind, nicht nur regelmäßig deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilen, sondern darüber hinaus – auch zur Vermeidung einer Unverhältnismäßigkeit der Rückkehr - auf deren familien- und sorgerechtlich zu erbringende Erziehungs- und Hilfeleistungen bei den im Falle der Rückkehr erforderlichen Integrationsbemühungen verwiesen werden dürfen. Gerade in diesen Fällen sind, wenn bei den Eltern der gebotene Integrationsstand nicht erreicht ist bzw. ihnen die Rückkehr ohne weiteres zumutbar ist, erhebliche, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung regelmäßig überwiegende und durchschlagende einwanderungspolitische Interessen berührt, wenn gewissermaßen in umgekehrter Richtung das minderjährige Kind mittelbar seinen nicht oder – wie sehr häufig - nur unzulänglich integrierten Eltern ein Aufenthaltsrecht verschaffen würde mit der Folge, dass im Ergebnis die Eltern das aufenthaltsrechtliche Schicksal des Kindes teilen würden (vgl. zu alledem VGH Baden-Württemberg, B.v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 – juris; a.A. VG Stuttgart, U.v. 24.06.2004 – 11 K 4809/03 – InfAuslR 2005, 106; U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – InfAuslR 2006, 14, das explizit eine gemeinsame Betrachtung ablehnt). Deshalb kann nur in ganz besonderen Ausnahmefällen auch in diesen Fallkonstellationen von einem unverhältnismäßigen Eingriff ausgegangen werden, wenn etwa offenkundig kein Elternteil die erforderliche Unterstützung im Herkunftsland leisten kann (vgl. VG Stuttgart, U.v. 20.7.2006 – 4 K 921/06 – InfAuslR 2006, 409). Zur Klarstellung ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Erfordernis der einheitlichen Betrachtung von Eltern und minderjährigen Kindern weniger auf das Element der Integration in die Lebensverhältnisse des Aufenthaltsstaats abzielt, als vielmehr auf die Zumutbarkeit einer Rückkehr in das Herkunftsland. Denn in der Mehrzahl der praktisch relevanten Fälle kann realistischerweise von einer nicht gelungenen Integration der Eltern nicht auf eine ebenfalls nicht erfolgte Integration der Kinder geschlossen werden. Eine gemeinsame Betrachtung ist auch deshalb geboten, weil andernfalls der Aspekt der wirtschaftlichen Integration nicht umfassend und zutreffend gewürdigt werden würde. Denn in der Regel werden die minderjährigen Kinder wirtschaftlich nicht auf eigenen Beinen stehen, namentlich wenn sie noch in einer Ausbildung stehen. Es wäre auch nicht sachgerecht, letztlich den (unzulänglich integrierten) Eltern über die jedenfalls unter dem wirtschaftlichen Aspekt in keiner Weise integrierten minderjährigen Kindern mittelbar ein Aufenthaltsrecht zuzuerkennen, weil sie für den Unterhalt der Kinder aufkommen müssen (vgl. hierzu auch VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 – a.a.O.).
48 
2. Gemessen hieran stellt die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnisse jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff in das Privatleben der Kläger im Sinne des Art. 8 EMRK dar.
49 
Die Kläger können sich nicht darauf berufen, dass sie sich inzwischen seit 1987 bzw. 1988, 1990 und 1996 faktisch im Bundesgebiet aufhalten und ihnen deshalb eine Rückkehr in die Türkei unzumutbar wäre.
50 
Bei den Klägern Ziffer 1 und 2 liegt dies schon allein deshalb auf der Hand, weil sie als Erwachsene in das Bundesgebiet eingereist sind, weshalb auch nach 19 Jahren mit einer Rückkehr ihnen nichts Unzumutbares abverlangt wird.
51 
Im Übrigen steht bei allen Klägern der Annahme einer Unzumutbarkeit der Rückkehr entgegen, dass es ihnen spätestens seit dem 23.06.1992 und zu einer Zeit, zu der sie sich (maximal) fünf Jahre in der Bundesrepublik aufhielten, möglich und auch zumutbar war, wieder freiwillig in die Türkei zurückzukehren. Denn mit Beschluss vom 22.06.1992 hatte der VGH Baden-Württemberg im ersten Asylverfahren den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des VG Stuttgart vom 29.11.1990 abgelehnt. In der Folgezeit hatten die Kläger durch bis zu vier Folge- und Wiederaufgreifensanträge, zwei Petitionen sowie einen Härtefallantrag, die erkennbar keine Aussichten auf Erfolg haben konnten, ihre zeitnahe Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert bzw. vereitelt. Hinsichtlich des ersten Folgeantrags vom 24.07.1992 hatte das VG Stuttgart im Urteil vom 25.10.1996 zweifelsfrei bereits das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 VwVfG verneint (vgl. zur Qualifizierung dieses Antrags als Folgeantrag VGHBW, U.v. 29.08.2001 - 13 S 1616/00 - UA S. 10). Das Gleiche gilt für den zweiten Folgeantrag vom 09.05.1997 (vgl. VG Stuttgart, U.v. 12.02.1999, in dem die Aussage des vernommenen Zeugen zudem als bloße und leicht durchschaubare Gefälligkeitsaussage gewertet wurde). Bezüglich des dritten Folgeantrags vom 19.12.2001 hatte das VG Stuttgart im Urteil vom 30.09.2003 zwar letztlich wohl doch offen gelassen, ob die Voraussetzungen des § 51 VwVfG vorgelegen hatten, die Klage hatte jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil die Aussagen der beiden Zeugen als in jeder Hinsicht vollständig unglaubhaft gewürdigt worden waren. Der letzte Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens (beschränkt auf die Voraussetzungen des § 53 AuslG 1990 bzw. § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) wurde durch Bescheid des BAMF vom 22.12.2005 abgelehnt, weil die geltend gemachten Gründe bereits Gegenstand des Urteils vom 30.09.2003 gewesen waren. Im Übrigen wurden die insoweit zum VG Stuttgart erhobenen Klagen auch zurückgenommen. Vor diesem Hintergrund müssen auch die beiden erfolglosen Petitionen vom September 2003 und Dezember 2005 gesehen werden, die nur in der Weise bewertet werden können, dass hier weitere - vorhersehbar - erfolglose Versuche unternommen wurden, um eine Aufenthaltsbeendigung zu verhindern. Hinsichtlich des Härtefallantrags gilt nichts anderes. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass hier auch die Kläger Ziffer 3 und 4 eigenständig zu einem Zeitpunkt selbst aktiv wurden, als sie bereits volljährig geworden waren. Daher erweist sich schon aus diesen Gründen das Ansinnen, in die Türkei zurückzukehren, nicht als unverhältnismäßig. Dies gilt selbst dann, wenn man das von den Klägern nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils des VG Stuttgart vom 12.02.1999 am 30.06.1999 bis zur Stellung des nächsten Folgeantrags am 19.12.2001 betriebene aufenthaltsrechtliche Verfahren ihnen nicht zum Nachteil gereichen lässt. Denn nach der dargestellten Vorgeschichte konnten sie jedenfalls, nachdem sie von dem – im Übrigen überzeugend begründeten – Berufungsurteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 31.03.2003 erfahren hatten, nicht darauf vertrauen, ihr Aufenthalt könne noch legalisiert und eine Ausreise bzw. Abschiebung vermieden werden. Gleichwohl haben sie das dritte erkennbar aussichtlose Folgeverfahren weiter betrieben und unmittelbar danach noch eine Petition nachgeschoben.
52 
Folgt bereits hieraus, dass den Klägern eine Rückkehr in ihr Herkunftsland nicht unzumutbar ist, so gilt dies umso mehr, als die Kläger Ziffer 1, 2 und 4 bis 7 auch über kein eigenständiges Einkommen verfügen, das nach den maßgeblichen oben dargestellten Grundsätzen die Annahme rechtfertigt, dass sie in die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ausreichend integriert sind. Bei einem Nettoeinkommen des Klägers Ziffer 1 zwischen 929,64 und 1263,06 EUR monatlich und einem Kindergeldanspruch in Höhe von 462,- EUR sind die Kläger Ziffer 1, 2 und 4 bis 7 unter Berücksichtigung der Kosten für die Unterkunft in Höhe von 628,- EUR zwingend auf laufende Unterstützungsleistungen des Klägers Ziffer 3 in Höhe von 500,- bis 650 EUR monatlich angewiesen. Vermindert man die Kosten der Unterkunft, in der auch der Kläger Ziffer 3 wohnt, um dessen Anteil von 1/7 (d.h. etwa 90,- EUR) auf 538,- EUR, so beläuft sich sozialhilferechtliche Bedarf auf 2.194,-EUR und wird damit nicht einmal bei einer maximalen Unterstützungsleistung in Höhe von 650,- EUR durch den Kläger Ziffer 3 gedeckt. Abgesehen davon kann diese Unterstützungsleistung auch nicht als dauerhaft unterstellt werden, da der Kläger Ziffer 3 diese nur dann wird leisten können, wenn er in der Zukunft nicht selbst Unterhaltsleistungen gegenüber Angehörigen einer eventuell gegründeten eigenen Familie zu erbringen hat. Selbst wenn man den vom Kläger Ziffer 5 seit August diesen Jahres aus einer lediglich befristeten geringfügigen Beschäftigung in Höhe von monatlich 304,06 EUR erzielten Verdienst hinzunimmt, wäre der Bedarf nur bei Berücksichtigung von Unterstützungsleistungen (allerdings dann in geringerer Höhe) des Klägers Ziffer 3 gedeckt. Dass sich infolge der Verbesserung des aufenthaltsrechtlichen Status an den Einkommensverhältnissen des Klägers Ziffer 1 etwa Entscheidendes ändern könnte, ist - nicht zuletzt im Hinblick auf dessen Ausbildung, Alter und gesundheitliche Situation (vgl. zu Letzterem das Vorbringen im letzten Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens) - nicht ersichtlich. Zwar wurde im Übrigen vorgetragen, dass die Klägerin Ziffer 4 einen Ausbildungsplatz erhalten könne. Die Realisierung ihres Ausbildungswunsches und eine damit einher gehende Zunahme des Familieneinkommens setzte aber unabdingbar voraus, dass die erforderliche Zustimmung durch die Arbeitsverwaltung nicht am Nachrangprinzip des § 39 Abs. 2 S. 1 lit. b AufenthG scheitert (vgl. auch Art. 7 S. 1 1. Spiegelstrich ARB 1/80, der mit einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers Ziffer 1 grundsätzlich anwendbar wäre), was aber in Anbetracht der äußerst angespannten Lage auf dem Lehrstellenmarkt nicht von der Hand zu weisen ist. Aus alledem wird deutlich, dass aktuell und auch auf absehbare Zeit die dauerhafte Erzielung eines Einkommens, das zuverlässig über dem sozialhilferechtlichen Bedarf liegt, nicht gewährleistet ist. Nichts anderes gilt für den Kläger Ziffer 5, dem seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung zufolge sein Arbeitgeber für den Fall einer Legalisierung des Aufenthalts eine weitergehende Beschäftigung, allerdings auch nur in Teilzeit, in Aussicht gestellt haben soll.
53 
Was die Situation der Klägerin Ziffer 4 im Übrigen betrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, das nach den vorliegenden polizeilichen Ermittlungsberichten nichts dafür spricht, dass der von ihr unternommene Suizidversuch im Wesentlichen durch den Abschiebungsversuch vom 07.08.2003 verursacht worden sein könnte, wobei dahin stehen kann, ob dieser Frage im vorliegenden Kontext überhaupt rechtliche Relevanz zukäme. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Aussage der Klägerin Ziffer 2 gegenüber der Kriminalaußenstelle Kirchheim vom 11.08.2003, in der sie unmissverständlich auf bereits länger währende innerfamiliäre Konflikte hingewiesen hatte. Im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass im Falle einer ärztlichen Betreuung die Abschiebung nicht in einer Weise gestaltet werden könnte, dass etwaigen, im Übrigen für den heutigen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch nicht einmal ansatzweise plausibel gemachten Risiken, hinreichend zuverlässig begegnet werden kann.
54 
Vor diesem Hintergrund kommt es auf das Ausmaß der bei den Klägern Ziffer 3 bis 7 vorhandene Sprachkompetenz im Einzelnen nicht mehr an. Denn es zumindest davon auszugehen, dass sie sich mündlich in jeder Hinsicht ausreichend in der türkischen Sprache ausdrücken können. Selbst wenn die schriftliche Ausdrucksfähigkeit unvollkommen sein oder gar fehlen sollte, vermag dieser Umstand die vorgenannten Defizite nicht aufzuwiegen.
55 
Den minderjährigen Klägern Ziffer 6 und 7 ist unabhängig von dem Vorgesagten nach den dargelegten Grundsätzen die Rückkehr mit ihren Eltern zuzumuten.
56 
Soweit die Kläger erneut zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote geltend machen, steht deren Berücksichtigung schon die aus den §§ 4 und 42 AsylVfG folgende Bindungswirkung der Entscheidungen des BAMF bzw. der angerufenen Gerichte entgegen, in denen diese Gründe im Übrigen bereits geprüft worden waren.
57 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 159 S. 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.

Gründe

 
24 
Die zulässigen Klagen sind nicht begründet. Der Beklagte hat zu Recht die Anträge der Kläger abgelehnt. Sie haben keinen Anspruch auf Erteilung der von ihnen begehrten Aufenthaltserlaubnisse.
25 
Allein in Betracht zu ziehende Rechtsgrundlage für die Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnisse ist vorliegend § 25 Abs. 5 AufenthG. Hiernach kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist, sofern der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. § 25 Abs. 3 AufenthG scheidet schon deshalb aus, weil im Verhältnis zur Ausländerbehörde sowie zum Gericht infolge der negativen Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gem. § 42 AsylVfG bindend feststeht, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (vgl. zum Verständnis des § 60 Abs. 5 AufenthG bzw. des § 53 Abs. 4 AuslG 1990 allein als zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot bzw. –hindernis BVerwG, U.v. 15.04.1997 – 9 C 38.96 – NVwZ 1997, 1127; U.v. 02.09.1997 – 9 C 40.96 – NVwZ 1998, 311). Nichts anderes gilt in Bezug auf die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (vgl. § 4 AsylVfG).
26 
Die Verweigerung eines Aufenthaltstitels durch den Beklagten steht nicht in Widerspruch zu Art. 8 EMRK, weshalb den Klägern eine Rückkehr in ihr Heimatland nicht unmöglich oder aus Rechtsgründen unzumutbar ist (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 27.6.2006 – 1 C 14.05 – juris).
27 
1. a) Im Ausgangspunkt ist zunächst festzuhalten, dass nach der ständigen Spruchpraxis des EGMR aus Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch nicht für Familien) grundsätzlich kein irgendwie geartetes Recht abgeleitet werden kann, dass Ausländer oder Ausländerinnen sich einen Aufenthaltsort in einem Konventionsstaat frei wählen. Vielmehr ist den Konventionsstaaten ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, ob und unter welchen Voraussetzungen sie Einwanderung in ihr Hoheitsgebiet zulassen wollen. Namentlich in seinen Entscheidungen vom 16.09.2004 (11103/03 - - NVwZ 2005, 1046) und vom 07.10.2004 (33743/03 - - NVwZ 2005, 1043 ) hat der EGMR ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden (vgl. zu alledem auch BVerwG, U.v. 9.12.1997 – 1 C 19.96 – NVwZ 1998, 742; U.v. 29.9.1998 – 1 C 8.98 – NVwZ 1999, 303; VGHBW, U.v. 18.1.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; B.v. 10.5.2006 – 11 2345/05 – juris; HessVGH, B.v 15.2.2006 – 7 TG 106/06 – InfAuslR 2006, 217; U.v. 7,7,2006 – 7 UE 509/06 – juris; NdsOVG, B.v. 11.5.2006 – 12 ME 138/06 - InfAuslR 2006, 329; B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 – juris; OVG NW, B.v. 11.1.2006 – 18 B 44/06 – AuAS 2006, 144 Ls.). Dessen ungeachtet kann nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. Urt. v. 16.6.2005 - 60654/00 - - InfAuslR 2005, 349) ausnahmsweise auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben darstellen, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kommt danach für solche Ausländer in Betracht, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie gewissermaßen deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind, während sie mit ihrem Heimatland im Wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.9.1998 - 1 C 8.96 - NVwZ 1999, 303; VGH Bad.-Württ., Urt. v.18.1.2006 - a.a.O. mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
28 
b) In diesem Zusammenhang ist zunächst bereits grundsätzlich umstritten, ob der Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK unter dem Aspekt des Privatlebens überhaupt nur dann eröffnet ist, wenn der Aufenthaltsstaat den Aufenthalt (durch Erteilung eines Titels) positiv ermöglicht (so etwa NdsOVG, B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 – juris; HessVGH, U.v. 7.7.2006 – 7 UE 509/06 – juris) und nicht nur (etwa durch Duldung oder aufgrund gesetzlicher Gestattung als Asylbewerber) ohne sein Zutun faktisch hingenommen hatte bzw. sogar hinnehmen musste. Ein völlig klares Bild lässt sich aus der sehr einzelfallbezogenen Spruchpraxis des EGMR hierzu nicht gewinnen (vgl. auch VGHBW, U.v. 18.1.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142 und letztlich offen gelassen). Auch wenn dieser erst jüngst in seinem Urteil vom 30.1.2006 (50435/99 - - InfAuslR 2006, 298) “daran erinnert, dass Personen, die, ohne den geltenden Gesetzen zu entsprechen, die Behörden eines Vertragsstaates mit ihrer Anwesenheit in diesem Staat konfrontieren, im Allgemeinen nicht erwarten können, dass ihnen ein Aufenthaltsrecht zugesprochen wird,“ so stellte es nach Überzeugung der Kammer eine Überinterpretation dar, hieraus den zwingenden Schluss zu ziehen, schon der Schutzbereich sei im Falle der nicht erfolgten ausdrücklichen Legalisierung von vornherein nicht eröffnet. Ein solches Verständnis ist angesichts der Schranke des Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht erforderlich und sinnvoll. Es stünde zudem einem einzelfallbezogenen gerechten Interessenausgleich oftmals entgegen und wäre auch im Einzelfall geeignet, die Wirksamkeit des konventionsrechtlichen Schutzes zu schmälern (so auch Hoppe, ZAR 2006, 125; Benassi, InfAuslR 2006, 397). Zudem würde eine vorschnelle Ausgrenzung aus dem Schutzbereich die Möglichkeit verbauen, den Fallkonstellationen angemessen Rechnung tragen zu können, in denen die Ausländerbehörde in der Vergangenheit über Jahre hin nur Duldungen erteilt hatte, obwohl im Grunde realistischerweise keine Abschiebungs- und Ausreisemöglichkeiten bestanden und daher eigentlich Aufenthaltstitel hätten erteilt werden müssen. Es ist nicht ersichtlich, dass etwa auch für solche Fälle der Schutzbereich des Art. 8 Abs. EMRK von vornherein nicht eröffnet sein sollte. Allerdings ist der in diesem Zusammenhang teilweise erfolgte Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 16.06.2005 (60654/00 - - InfAuslR 2005, 349), wonach dieser explizit keine willentliche Legalisierung verlange (so etwa Benassi, InfAuslR 2006, 397), nicht überzeugend, weil die dortigen Beschwerdeführer jahrelang rechtmäßig in der früheren Sowjetunion (im Gebiet des heutigen Lettland) und auch danach noch in Lettland selbst gelebt hatten und ihnen erst später z.T. als staatenlos gewordene russische Volkszugehörige ein Aufenthaltsrecht bestritten worden war, nachdem sie nach 1989 aber sogar noch zeitlich befristete Aufenthaltstitel erhalten hatten (vgl. etwa NdsOVG, B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 m.w.N.).
29 
Sachgerecht ist es nach Auffassung der Kammer allein, den Schutzbereich durchaus nicht zu eng zu fassen und die Frage der Legalisierung als Element der Schrankendiskussion zu verstehen. Um aber von einem Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK sprechen zu können, das im Aufenthaltsstaat stattfindet, müssen – bei aller Unschärfe - zumindest zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen muss – quantitativ betrachtet - ein langjähriger Aufenthalt vorliegen. Sodann müssen - unter dem qualitativen Aspekt - bestimmte Integrationsleistungen erbracht worden sein, die es rechtfertigen, im Rahmen der Schranken des Absatzes 2 überhaupt in eine umfassende Interessen- und Verhältnismäßigkeitsprüfung einzutreten und hier gewissermaßen eine Feinabstimmung vorzunehmen. Anders ausgedrückt: Der Schutzbereich ist dann nicht eröffnet, wenn es unter dem quantitativen und/oder qualitativen Aspekt auf der Hand liegt, dass phänotypisch nicht von einem „faktischen Inländer“ gesprochen werden kann und kein Anlass dafür besteht, überhaupt einzelfallbezogen der Frage nachzugehen, ob den Betroffenen eine Rückkehr in das Land ihrer Herkunft zugemutet werden kann.
30 
Eine solcher (negativer) Fall wird typischerweise in folgenden Fallkonstellationen anzunehmen sein:
31 
- Die Betroffenen halten sich erst so einen kurzen Zeitraum im Bundesgebiet auf, dass sich die Frage einer auf der Schrankenebene zu diskutierende Frage (vgl. im Folgenden) nach einer Wiedereingliederung in die Verhältnisse des Herkunftslandes von vornherein nicht stellt. Es spricht hier einiges dafür, sich in etwa an dem 8-Jahreszeitraum des § 10 StAG zu orientieren, der vom Gesetzgeber für das Entstehen eines Einbürgerungsanspruchs vorausgesetzt wird (vgl. Hoppe ZAR 2006, 125 <130>; Benassi InfAuslR 2006, 397 <402>).
32 
- Die Betroffenen haben während des langjährigen Aufenthalts keinerlei wirtschaftliche Existenzgrundlage aufbauen können und leben im Wesentlichen ununterbrochen und weitgehend vollständig von öffentlichen Unterstützungsleistungen.
33 
- Die Betroffenen haben keine nennenswerten Sprachkenntnisse erworben und haben demgemäß keinen nennenswerten engeren Bezug zu den Lebensverhältnissen des Landes.
34 
- Die Betroffenen sind durchgängig von Bagatellfällen abgesehen in erheblichem Umfang kriminell geworden (fahrlässige Tatbegehungen bedürfen hingegen der genauen Einzelfallbetrachtung).
35 
Demgegenüber kann nicht eingewandt werden, in der Spruchpraxis des Gerichtshofs seien die Gesichtspunkte der Straffälligkeit oder der Sicherung des Lebensunterhalt nicht als schutzbereichsschädlich verstanden worden (so aber etwa Schild ANA-ZAR 2006, 29). Denn dieses trifft nur auf die grundlegend andere Fallkonstellation zu, in der ein bereits legalisierter langjähriger Aufenthalt beendet werden soll, sei es mit dem Mittel der Ausweisung, sei es mit dem der Nichtverlängerung eines Aufenthaltstitels; ganz abgesehen davon, dass regelmäßig das Schutzgut „Familie“ berührt war und sich dort diese Fragen von vornherein erst auf der Ebene des Art. 8 Abs. 2 EMRK stellen können. Im vorliegenden Zusammenhang geht es hingegen zunächst um die positive Feststellung eines überhaupt schützenswerten Privatlebens.
36 
c) Den (vielfältigen und vielschichtigen) Gründen für die lange Aufenthaltsdauer ist – von Evidenzfällen wiederum abgesehen – daher erst im Rahmen der Schranke nachzugehen. Hier kommt dem Aspekt einer erfolgten (willentlichen) Legalisierung durch den Aufenthaltsstaat wesentliches Gewicht zu. Ist eine solche nicht erfolgt, muss im Rahmen einer umfassenden Abwägung eine genaue Bewertung der Gründe für den faktischen Aufenthalt erfolgen. Hier kann eine große Bandbreite von Ursachen gegeben sein. Diese kann reichen von einer langjährigen zurechenbaren Vereitelung (wenn nicht gar Sabotierung) einer Aufenthaltsbeendigung bei gleichzeitig möglicher freiwilligen Ausreise bis zu einem Dauerzustand einer unverschuldet unmöglichen Abschiebung wie freiwilligen Ausreise. Dazwischen sind differenzierte Fallgestaltungen denkbar, in denen vielleicht zu bestimmten Zeiten eine freiwillige Ausreise und auch eine Abschiebung möglich waren, die Ausländerbehörde eine solche Möglichkeit jedoch über lange Zeit nicht wahrgenommen hatte. Selbst wenn man davon ausgeht, dass im eigentlichen Sinn eine Abschiebungsmöglichkeit nicht verwirkt werden kann, da es sich nach § 58 Abs. 1 AufenthG um eine Rechtspflicht handelt (vgl. OVG NW, B.v. 25.05.2005 – 18 B 1967/04 – juris), kann in zugespitzten Fällen eine Aufenthaltsbeendigung hier jedoch gleichwohl unverhältnismäßig werden und damit Art. 8 Abs. 2 EMRK zuwider laufen.
37 
Ebenfalls erst auf der Schrankenebene ist zu prüfen, ob ein Wiedereinleben (bei Kindern oftmals eine erstmalige Integration) in die Verhältnisse des Herkunftslandes zumutbar ist. Es handelt sich – unter der Prämisse einer überhaupt erfolgten weitgehenden und fortgeschrittenen Integration in die Verhältnisse des Aufnahmestaats - hierbei um eine klassische Verhältnismäßigkeitsprüfung, in deren Rahmen eine differenzierte Abwägung der persönlichen Belange der Betroffenen mit den öffentlichen einwanderungspolitischen Interessen stattfinden kann und muss.
38 
d) Im Rahmen der Schranken ausfüllenden Abwägung ist in der Regel eine Verweigerung des weiteren Aufenthalts und einer erstmaligen Legalisierung verhältnismäßig und damit zulässig, wenn über Jahre hin eine an sich mögliche Aufenthaltsbeendigung immer wieder durch erkennbare aussichtlose Anträge an Behörden und Gerichte durchkreuzt wurden, sofern dieses zu einem Zeitpunkt geschah, zu dem gemessen an Art. 8 EMRK eine Aufenthaltsbeendigung noch zumutbar war. Dies wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn, wie in der Praxis sehr häufig, Folgeanträge gestellt wurden, die von Behörden und Gerichten als nicht als asylverfahrensrelevant (vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 95 ff.) behandelt wurden. Das Gleiche gilt für Petitionen, die unter realistischer Beurteilung der aktuellen praktizierten Ausländerpolitik im Land keinen Erfolg versprechen konnten. Nicht anders sind vorhersehbar aussichtlose Anträge nach § 23a AufenthG zu behandeln und zu beurteilen. Dabei können die Betroffenen in aller Regel nicht für sich ins Feld führen, dass es retrospektiv betrachtet in bestimmten Zwischenzeiträumen objektiv an sich möglich gewesen wäre, eine Abschiebung durchzuführen. Damit würde nicht genügend berücksichtigt, dass die Ausländerbehörden regelmäßig mit einer Vielzahl von Fällen befasst sind und auch aus Kapazitätsgründen zwangsläufig Schwerpunkte setzen müssen. Auch bliebe unbeachtet, dass mit jedem aussichtlosen Antrag, der jeweils in der Verantwortungssphäre der Betroffenen liegt, die Verfahren komplexer und unübersichtlicher werden können. In besonderen Ausnahmefällen mag eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein.
39 
Eine besondere Problematik besteht insoweit, als in der Mehrzahl der praktisch relevanten Fälle Eltern in der Vergangenheit in Ausübung ihres aus dem Recht der Personensorge fließenden Aufenthaltsbestimmungsrechts gehandelt haben. Es ist hier in Anbetracht der Tatsache, dass die minderjährigen Kinder sich nicht nur familienrechtlich alle Maßnahmen der Personensorge zurechnen lassen müssen, sondern auch grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen, nicht gerechtfertigt, den Kindern diese Maßnahmen im Regelfall nicht zuzurechnen (vgl. VGHBW, B.v. 10.05.2006 – 11 S 2354/05 – juris; VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 - InfAuslR 2006, 409; so aber wohl RhPfOVG, B.v. 24.02.2006 – 7 B 10020/06.OVG – InfAuslR 2006, 274; VG Stuttgart, U.v. 24.06.2004 – 11 K 4809/03 – InfAuslR 2005, 106; U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – InfAuslR 2006, 14), zumal ohnehin – gewissermaßen als Kehrseite - davon auszugehen ist, dass die minderjährigen Kinder mit ihren Eltern zurückkehren (müssen), sofern nicht den Eltern selbst die Rückkehr nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. hierzu noch im Folgenden). Entsprechende Überlegungen gelten, wenn die Eltern – auch zulasten ihrer Kinder – ihren Mitwirkungspflichten bei der Beschaffung von Identitäts- oder Passpapieren in zurechenbarer Art und Weise nicht nachgekommen sind. Die Tatsache, dass die Kinder ab dem 16. Lebensjahr gem. § 80 Abs. 1 verfahrenshandlungsfähig waren, ändert bis zum Eintritt der Volljährigkeit nichts an dieser Bewertung, da die Personensorge und damit das hieraus fließende Aufenthaltsbestimmungsrecht davon nicht berührt werden. Die Fälle des § 35 Abs. 1 S. 1 und § 37 AufenthG sind hier ersichtlich nicht einschlägig. § 35 Abs. 1 S. 1 AufenthG setzt als allein rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers gerade die vorangegangene durchgängige Legalisierung des Aufenthalts voraus. Auch die letztgenannte Vorschrift steht in einem völlig anderen rechtspolitischen Kontext und betrifft Rückkehrer, die regelmäßig vor ihrer Rückkehr bereits die Perspektive eines unbefristeten Aufenthaltsrechts hatten, und stellt eine Reaktion des Gesetzgebers auf die rechtspolitisch umstrittenen und zweifelhaften Aktionen der Rückkehrförderung in den 80-er Jahren im Gefolge des „Gesetzes zur Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern“ (v. 28.11.1983 – BGBl. I 1377) dar, mit der Härten und Unzuträglichkeiten gemildert werden sollten (vgl. zur Vorläufervorschrift des § 16 AuslG 1990 BT-Drucks. 11/6321, 59), weshalb aus ihr keine bestimmten Wertungen verallgemeinert werden können (so aber VG Stuttgart, U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – a.a.O.).
40 
Eine differenziertere Beurteilung ist hingegen bei volljährig gewordenen Kindern geboten. Denn diese nehmen nicht mehr an dem aufenthaltsrechtlichen Schicksal der Eltern teil, weil sie auch nicht mehr deren Personensorge unterliegen. Vor diesem Hintergrund kann und darf nach dem vorgegebenen rechtlichen Rahmen nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sie im Familienverbund in den Herkunftsstaat zurückkehren und dort in demselben leben werden. Haben die Kinder nach Erlangung der Volljährigkeit keine – ihnen dann eigenständig zuzurechnende – Versuche mehr unternommen eine Aufenthaltsbeendigung zu durchkreuzen bzw. zu verhindern, und ggf. nunmehr sogar an der Beseitigung von Abschiebungshindernissen mitzuwirken versucht, und löst sich infolge dessen der unmittelbare zeitliche und sachliche Zusammenhang zu den früheren Handlungen der Eltern, so stößt eine weitergehende Zurechnung des Verhaltens der Eltern angesichts ihrer erlangten rechtlichen Selbstständigkeit an die Grenzen der Verhältnismäßigkeit, sofern alle weiteren Integrationsvoraussetzungen erfüllt sind und auch eine Rückkehr in das Herkunftsland aus sonstigen Gründen nicht mehr zumutbar ist. Allerdings kann diese Sichtweise dann u.U. zu der Konsequenz führen, dass den Volljährigen ein Bleiberecht zukommt, während dies bei den Eltern und eventuell noch vorhandenen minderjährigen Geschwistern nicht der Fall ist (vgl. zu diesen noch im Folgenden). Eine hierdurch bewirkte Trennung der Familienmitglieder wäre jedoch, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, weder mit Art. 6 GG (vgl. BVerfG, B.v. 18.04.1989 – 2 BvR 1169/84 – NJW 1989, 2195; BVerfG (K), B.v. 01.03.2004 – 2 BvR 1570/03 – NVwZ 2004, 852) noch mit Art. 8 Abs. 1 EMRK (vgl. EGMR, U.v. 17.04.2002 – 52853/99 - NJW 2004, 2147, der implizit eine Trennung von erwachsenen Kindern von Eltern und Geschwistern im Grundsatz nicht für problematisch erachtet und den festgestellten Konventionsverstoß allein aus der fehlenden Befristung der Ausweisung herleitete) unvereinbar.
41 
Ob im Übrigen eine Fallkonstellation des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegeben ist, in der eine Aufenthaltsbeendigung eines in Deutschland lebenden Ausländers in das Land seiner Herkunft einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben darstellen würde, hängt immer von zwei kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen ab. Zum einen von seiner Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse („Verwurzelung“) und zum anderen von der Zumutbarkeit einer (erstmaligen) Integration bzw. Reintegration in dem Staat seiner Staatsangehörigkeit („Entwurzelung“).
42 
Für die Integration des Ausländers in Deutschland streitende Gesichtspunkte sind dabei neben einer langjährigen Dauer des Aufenthalts: In Abhängigkeit vom jeweiligen Bildungsstand gute deutsche mündliche und schriftliche Sprachkenntnisse; soziale Eingebundenheit in die hiesigen Lebensverhältnisse, wie sie etwa in der Absolvierung einer allgemeinbildenden Schule und einer (qualifizierten) Berufsausbildung bzw. der Innehabung eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes, in einem festen Wohnsitz, ausreichenden Mitteln (einschließlich ausreichendem Krankenversicherungsschutz), um den Lebensunterhalt ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten zu können, sowie fehlender Straffälligkeit zum Ausdruck kommt. Vorsätzliche Straftaten werden hier, von Bagatelldelikten (wie etwa vereinzelt gebliebene Beförderungserschleichungen oder Ladendiebstählen) abgesehen, regelmäßig entgegenstehen. Von Bedeutung kann hier auch die Feststellung sein, dass die Betreffenden über vielfältige und vielschichtige Beziehungen zu Menschen außerhalb ihrer eigenen landsmannschaftlich geprägten Gruppe verfügen.
43 
In diesem Zusammenhang ist weiter die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts zu würdigen. Denn ein unerlaubter Aufenthalt und die damit verbundene Unsicherheit des Aufenthaltsstatus stehen der Führung eines schutzwürdigen Privatlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK tendenziell entgegen, weil im Grundsatz die Betroffenen angesichts einer ausdrücklichen Verweigerung der Legalisierung durch den Aufenthaltsstaat nicht darauf vertrauen durften, dass dieser den Aufenthalt letztlich doch hinnehmen werde (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., B.v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 - juris; U.v. 18.01.2006 - 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; vgl. auch EGMR, U. v. 30.01.2006 - 50435/99 - - InfAuslR 2006, 298).
44 
Was die wirtschaftliche Integration betrifft, ist es nicht erforderlich, dass etwa eine besonders qualifizierte Berufstätigkeit ausgeübt wird, sofern der Arbeitsplatz ungekündigt ist und prognostisch gesehen weiter bestehen bleiben wird, was insbesondere dann angenommen werden kann, wenn der Betroffene den Arbeitsplatz schon lange innehat. Der Umstand, dass in der Vergangenheit Sozialleistungen bezogen wurden (insbesondere während eines durchlaufenden Asylverfahrens), ist unerheblich, wenn davon ausgegangen werden kann, dass diese Lebensphase zuverlässig und dauerhaft überwunden wurde.
45 
Dabei ist es erforderlich, dass die Betroffenen, sofern kein nennenswertes Vermögen vorliegt, nunmehr regelmäßig Einnahmen erzielen, die vom Umfang und der Stetigkeit ihres Zuflusses zuverlässig über den Regelsätzen nach dem SGB II oder XII zuzüglich den Kosten für die Unterkunft liegen und nicht etwa ständig um diese Grenze oszillieren. Zur Vermeidung von Missverständnissen ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es hier in erster Linie nicht um die Anwendung des Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG geht, von der im Übrigen nach § 5 Abs. 3 AufenthG sogar im Ermessenswege abgesehen werden könnte, sondern vielmehr um die positive Feststellung einer unerlässlichen Integrations- bzw. Verwurzelungsvoraussetzung. Ausländer, die nicht nur vorübergehend in einer prekären wirtschaftlichen Situation leben, mögen sich zwar angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse namentlich auf dem Arbeitsmarkt in einer mit vielen deutschen Staatsangehörigen vergleichbaren Situation befinden, vom Aufbau einer wirtschaftlich tragfähigen selbstständigen Existenzgrundlage, die aufzugeben dem Ausländer nicht als verhältnismäßig und zumutbar angesonnen werden darf, kann jedoch bei dieser Sachlage nicht die Rede sein. Lagen die Einkünfte in der Vergangenheit – nicht nur ganz kurzfristig - unter dieser Grenze, ohne dass aber gesetzlich zustehende Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden, so steht dies möglicherweise dann nicht entgegen, wenn aufgrund einer sorgfältigen durch tragfähige Fakten getragenen Prognose zuverlässig vorhergesagt werden kann, dass – wegen der mit dem Wechsel vom Duldungsstatus in den des erlaubten Aufenthalts verbundenen Veränderungen – eine Verbesserung der Einkommensverhältnisse zu erwarten ist. Es muss dann aber gewissermaßen ein Fall gegeben sein, in dem – etwa mit Rücksicht auf Bildung, Ausbildung sowie die darauf gründenden konkreten Erfahrungen bei der erfolglosen Stellensuche – eine wirtschaftliche Integration bereits im Kern angelegt ist und sich lediglich wegen des bisherigen Duldungsstatus nicht entfalten konnte. All dies dürfte allerdings oftmals nicht nur wegen der aktuell weiterhin hohen Arbeitslosigkeit, sondern auch im Hinblick auf das Nachrangprinzip des § 39 Abs. 2 S. 1 lit. b AufenthG nur schwer darzulegen und nachzuweisen sein. Ob eine solche Ausnahme zu machen ist, kann aber hier letztlich offen bleiben, weil, wie noch auszuführen sein wird, diese Voraussetzungen hier nicht gegeben sind. Der Einwand, man habe in der Vergangenheit tatsächlich ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen leben können, vermag die Feststellung einer unzureichenden wirtschaftlichen Integration nicht in Frage zu stellen, zumal jederzeit Ansprüche geltend gemacht werden könnten, was im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht von vornherein von geringem Gewicht ist (vgl. zum Bezug von Leistungen nach § 8 Abs. 2 BAföG VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 – InfAuslR 2006, 409). Hinzu kommt, dass bei einem Erwerbseinkommen unterhalb der vorgenannten Grenzen, auch wenn keine Sozialleistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden, mit guten Gründen damit gerechnet werden muss, dass die Betroffenen später auch bei einer kleineren Bedarfsgemeinschaft eine so geringe Altersrente beziehen werden, dass dann ein Bezug von Sozialleistungen unausweichlich sein wird. Auch hieraus wird deutlich, dass bei einer solchen Sachlage eine ausreichende wirtschaftliche Integration nicht besteht.
46 
Was die Unzumutbarkeit eines Wiedereinlebens in die Verhältnisse des Herkunftslandes oder im praktisch sehr häufigen Fall eines erstmaligen Einlebens in diese Verhältnisse betrifft, darf diese allerdings wohl nicht vorschnell schon mit dem Argument verneint werden, dass bei hier geborenen oder den wesentlichen Teil des Lebens hier aufgewachsenen Kindern noch ausreichende mündliche Sprachkenntnisse vorhanden seien (vgl. etwa VGHBW, U.v. 18.01.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; HessVGH, U.v. 07.07.2006 – 7 UE 509/06 - juris). Mit einer weitgehenden Reduzierung der Fragestellung auf diesen Aspekt wird die Problematik einer Rückkehr nur unzureichend erfasst und bewältigt. Denn oftmals bestehen Sprachkenntnisse zwar schon deshalb, weil gerade die Eltern eher über weniger gute Deutschkenntnisse verfügen und daher bei realistischer Betrachtungsweise in der Familie weitgehend die Muttersprache gesprochen wurde, auch wenn die Kinder mittlerweile perfekt oder gut deutsch sprechen. Bei genauerer Betrachtung wird sich aber häufig schnell ergeben, dass zwar durchaus noch gute oder wenigstens befriedigende mündliche Sprachkenntnisse bestehen, es aber bei der schriftlichen Ausdrucksfähigkeit – in nachvollziehbarer Ermangelung einer diesbezüglichen Praxis - erhebliche Defizite gibt oder die Schriftsprache gar nicht mehr richtig beherrscht wird, wenn insbesondere noch hinzukommt, dass in der Muttersprache keine lateinischen Schriftzeichen verwendet werden. Gerade aber auch die schriftliche Artikulationsfähigkeit muss als ein wesentliches Integrationselement verstanden und angemessen gewürdigt werden. Daher muss im Einzelfall eine Unzumutbarkeit der Rückkehr bei lediglich festgestellter mündlicher Ausdrucksfähigkeit ernsthaft in Betracht gezogen werde, wenn nicht andere gewichtige Gesichtspunkte und öffentliche Interessen entgegen stehen.
47 
Minderjährige Kinder bedürfen aufgrund ihrer besonderen familien- und auch aufenthalts- und familienrechtlichen Stellung einer gesonderten Betrachtung (vgl. hierzu schon oben). Hier ist immer die Situation der Eltern mit in den Blick zu nehmen und zu berücksichtigen, dass Kinder, solange sie nicht volljährig sind, nicht nur regelmäßig deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilen, sondern darüber hinaus – auch zur Vermeidung einer Unverhältnismäßigkeit der Rückkehr - auf deren familien- und sorgerechtlich zu erbringende Erziehungs- und Hilfeleistungen bei den im Falle der Rückkehr erforderlichen Integrationsbemühungen verwiesen werden dürfen. Gerade in diesen Fällen sind, wenn bei den Eltern der gebotene Integrationsstand nicht erreicht ist bzw. ihnen die Rückkehr ohne weiteres zumutbar ist, erhebliche, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung regelmäßig überwiegende und durchschlagende einwanderungspolitische Interessen berührt, wenn gewissermaßen in umgekehrter Richtung das minderjährige Kind mittelbar seinen nicht oder – wie sehr häufig - nur unzulänglich integrierten Eltern ein Aufenthaltsrecht verschaffen würde mit der Folge, dass im Ergebnis die Eltern das aufenthaltsrechtliche Schicksal des Kindes teilen würden (vgl. zu alledem VGH Baden-Württemberg, B.v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 – juris; a.A. VG Stuttgart, U.v. 24.06.2004 – 11 K 4809/03 – InfAuslR 2005, 106; U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – InfAuslR 2006, 14, das explizit eine gemeinsame Betrachtung ablehnt). Deshalb kann nur in ganz besonderen Ausnahmefällen auch in diesen Fallkonstellationen von einem unverhältnismäßigen Eingriff ausgegangen werden, wenn etwa offenkundig kein Elternteil die erforderliche Unterstützung im Herkunftsland leisten kann (vgl. VG Stuttgart, U.v. 20.7.2006 – 4 K 921/06 – InfAuslR 2006, 409). Zur Klarstellung ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Erfordernis der einheitlichen Betrachtung von Eltern und minderjährigen Kindern weniger auf das Element der Integration in die Lebensverhältnisse des Aufenthaltsstaats abzielt, als vielmehr auf die Zumutbarkeit einer Rückkehr in das Herkunftsland. Denn in der Mehrzahl der praktisch relevanten Fälle kann realistischerweise von einer nicht gelungenen Integration der Eltern nicht auf eine ebenfalls nicht erfolgte Integration der Kinder geschlossen werden. Eine gemeinsame Betrachtung ist auch deshalb geboten, weil andernfalls der Aspekt der wirtschaftlichen Integration nicht umfassend und zutreffend gewürdigt werden würde. Denn in der Regel werden die minderjährigen Kinder wirtschaftlich nicht auf eigenen Beinen stehen, namentlich wenn sie noch in einer Ausbildung stehen. Es wäre auch nicht sachgerecht, letztlich den (unzulänglich integrierten) Eltern über die jedenfalls unter dem wirtschaftlichen Aspekt in keiner Weise integrierten minderjährigen Kindern mittelbar ein Aufenthaltsrecht zuzuerkennen, weil sie für den Unterhalt der Kinder aufkommen müssen (vgl. hierzu auch VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 – a.a.O.).
48 
2. Gemessen hieran stellt die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnisse jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff in das Privatleben der Kläger im Sinne des Art. 8 EMRK dar.
49 
Die Kläger können sich nicht darauf berufen, dass sie sich inzwischen seit 1987 bzw. 1988, 1990 und 1996 faktisch im Bundesgebiet aufhalten und ihnen deshalb eine Rückkehr in die Türkei unzumutbar wäre.
50 
Bei den Klägern Ziffer 1 und 2 liegt dies schon allein deshalb auf der Hand, weil sie als Erwachsene in das Bundesgebiet eingereist sind, weshalb auch nach 19 Jahren mit einer Rückkehr ihnen nichts Unzumutbares abverlangt wird.
51 
Im Übrigen steht bei allen Klägern der Annahme einer Unzumutbarkeit der Rückkehr entgegen, dass es ihnen spätestens seit dem 23.06.1992 und zu einer Zeit, zu der sie sich (maximal) fünf Jahre in der Bundesrepublik aufhielten, möglich und auch zumutbar war, wieder freiwillig in die Türkei zurückzukehren. Denn mit Beschluss vom 22.06.1992 hatte der VGH Baden-Württemberg im ersten Asylverfahren den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des VG Stuttgart vom 29.11.1990 abgelehnt. In der Folgezeit hatten die Kläger durch bis zu vier Folge- und Wiederaufgreifensanträge, zwei Petitionen sowie einen Härtefallantrag, die erkennbar keine Aussichten auf Erfolg haben konnten, ihre zeitnahe Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert bzw. vereitelt. Hinsichtlich des ersten Folgeantrags vom 24.07.1992 hatte das VG Stuttgart im Urteil vom 25.10.1996 zweifelsfrei bereits das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 VwVfG verneint (vgl. zur Qualifizierung dieses Antrags als Folgeantrag VGHBW, U.v. 29.08.2001 - 13 S 1616/00 - UA S. 10). Das Gleiche gilt für den zweiten Folgeantrag vom 09.05.1997 (vgl. VG Stuttgart, U.v. 12.02.1999, in dem die Aussage des vernommenen Zeugen zudem als bloße und leicht durchschaubare Gefälligkeitsaussage gewertet wurde). Bezüglich des dritten Folgeantrags vom 19.12.2001 hatte das VG Stuttgart im Urteil vom 30.09.2003 zwar letztlich wohl doch offen gelassen, ob die Voraussetzungen des § 51 VwVfG vorgelegen hatten, die Klage hatte jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil die Aussagen der beiden Zeugen als in jeder Hinsicht vollständig unglaubhaft gewürdigt worden waren. Der letzte Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens (beschränkt auf die Voraussetzungen des § 53 AuslG 1990 bzw. § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) wurde durch Bescheid des BAMF vom 22.12.2005 abgelehnt, weil die geltend gemachten Gründe bereits Gegenstand des Urteils vom 30.09.2003 gewesen waren. Im Übrigen wurden die insoweit zum VG Stuttgart erhobenen Klagen auch zurückgenommen. Vor diesem Hintergrund müssen auch die beiden erfolglosen Petitionen vom September 2003 und Dezember 2005 gesehen werden, die nur in der Weise bewertet werden können, dass hier weitere - vorhersehbar - erfolglose Versuche unternommen wurden, um eine Aufenthaltsbeendigung zu verhindern. Hinsichtlich des Härtefallantrags gilt nichts anderes. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass hier auch die Kläger Ziffer 3 und 4 eigenständig zu einem Zeitpunkt selbst aktiv wurden, als sie bereits volljährig geworden waren. Daher erweist sich schon aus diesen Gründen das Ansinnen, in die Türkei zurückzukehren, nicht als unverhältnismäßig. Dies gilt selbst dann, wenn man das von den Klägern nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils des VG Stuttgart vom 12.02.1999 am 30.06.1999 bis zur Stellung des nächsten Folgeantrags am 19.12.2001 betriebene aufenthaltsrechtliche Verfahren ihnen nicht zum Nachteil gereichen lässt. Denn nach der dargestellten Vorgeschichte konnten sie jedenfalls, nachdem sie von dem – im Übrigen überzeugend begründeten – Berufungsurteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 31.03.2003 erfahren hatten, nicht darauf vertrauen, ihr Aufenthalt könne noch legalisiert und eine Ausreise bzw. Abschiebung vermieden werden. Gleichwohl haben sie das dritte erkennbar aussichtlose Folgeverfahren weiter betrieben und unmittelbar danach noch eine Petition nachgeschoben.
52 
Folgt bereits hieraus, dass den Klägern eine Rückkehr in ihr Herkunftsland nicht unzumutbar ist, so gilt dies umso mehr, als die Kläger Ziffer 1, 2 und 4 bis 7 auch über kein eigenständiges Einkommen verfügen, das nach den maßgeblichen oben dargestellten Grundsätzen die Annahme rechtfertigt, dass sie in die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ausreichend integriert sind. Bei einem Nettoeinkommen des Klägers Ziffer 1 zwischen 929,64 und 1263,06 EUR monatlich und einem Kindergeldanspruch in Höhe von 462,- EUR sind die Kläger Ziffer 1, 2 und 4 bis 7 unter Berücksichtigung der Kosten für die Unterkunft in Höhe von 628,- EUR zwingend auf laufende Unterstützungsleistungen des Klägers Ziffer 3 in Höhe von 500,- bis 650 EUR monatlich angewiesen. Vermindert man die Kosten der Unterkunft, in der auch der Kläger Ziffer 3 wohnt, um dessen Anteil von 1/7 (d.h. etwa 90,- EUR) auf 538,- EUR, so beläuft sich sozialhilferechtliche Bedarf auf 2.194,-EUR und wird damit nicht einmal bei einer maximalen Unterstützungsleistung in Höhe von 650,- EUR durch den Kläger Ziffer 3 gedeckt. Abgesehen davon kann diese Unterstützungsleistung auch nicht als dauerhaft unterstellt werden, da der Kläger Ziffer 3 diese nur dann wird leisten können, wenn er in der Zukunft nicht selbst Unterhaltsleistungen gegenüber Angehörigen einer eventuell gegründeten eigenen Familie zu erbringen hat. Selbst wenn man den vom Kläger Ziffer 5 seit August diesen Jahres aus einer lediglich befristeten geringfügigen Beschäftigung in Höhe von monatlich 304,06 EUR erzielten Verdienst hinzunimmt, wäre der Bedarf nur bei Berücksichtigung von Unterstützungsleistungen (allerdings dann in geringerer Höhe) des Klägers Ziffer 3 gedeckt. Dass sich infolge der Verbesserung des aufenthaltsrechtlichen Status an den Einkommensverhältnissen des Klägers Ziffer 1 etwa Entscheidendes ändern könnte, ist - nicht zuletzt im Hinblick auf dessen Ausbildung, Alter und gesundheitliche Situation (vgl. zu Letzterem das Vorbringen im letzten Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens) - nicht ersichtlich. Zwar wurde im Übrigen vorgetragen, dass die Klägerin Ziffer 4 einen Ausbildungsplatz erhalten könne. Die Realisierung ihres Ausbildungswunsches und eine damit einher gehende Zunahme des Familieneinkommens setzte aber unabdingbar voraus, dass die erforderliche Zustimmung durch die Arbeitsverwaltung nicht am Nachrangprinzip des § 39 Abs. 2 S. 1 lit. b AufenthG scheitert (vgl. auch Art. 7 S. 1 1. Spiegelstrich ARB 1/80, der mit einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers Ziffer 1 grundsätzlich anwendbar wäre), was aber in Anbetracht der äußerst angespannten Lage auf dem Lehrstellenmarkt nicht von der Hand zu weisen ist. Aus alledem wird deutlich, dass aktuell und auch auf absehbare Zeit die dauerhafte Erzielung eines Einkommens, das zuverlässig über dem sozialhilferechtlichen Bedarf liegt, nicht gewährleistet ist. Nichts anderes gilt für den Kläger Ziffer 5, dem seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung zufolge sein Arbeitgeber für den Fall einer Legalisierung des Aufenthalts eine weitergehende Beschäftigung, allerdings auch nur in Teilzeit, in Aussicht gestellt haben soll.
53 
Was die Situation der Klägerin Ziffer 4 im Übrigen betrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, das nach den vorliegenden polizeilichen Ermittlungsberichten nichts dafür spricht, dass der von ihr unternommene Suizidversuch im Wesentlichen durch den Abschiebungsversuch vom 07.08.2003 verursacht worden sein könnte, wobei dahin stehen kann, ob dieser Frage im vorliegenden Kontext überhaupt rechtliche Relevanz zukäme. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Aussage der Klägerin Ziffer 2 gegenüber der Kriminalaußenstelle Kirchheim vom 11.08.2003, in der sie unmissverständlich auf bereits länger währende innerfamiliäre Konflikte hingewiesen hatte. Im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass im Falle einer ärztlichen Betreuung die Abschiebung nicht in einer Weise gestaltet werden könnte, dass etwaigen, im Übrigen für den heutigen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch nicht einmal ansatzweise plausibel gemachten Risiken, hinreichend zuverlässig begegnet werden kann.
54 
Vor diesem Hintergrund kommt es auf das Ausmaß der bei den Klägern Ziffer 3 bis 7 vorhandene Sprachkompetenz im Einzelnen nicht mehr an. Denn es zumindest davon auszugehen, dass sie sich mündlich in jeder Hinsicht ausreichend in der türkischen Sprache ausdrücken können. Selbst wenn die schriftliche Ausdrucksfähigkeit unvollkommen sein oder gar fehlen sollte, vermag dieser Umstand die vorgenannten Defizite nicht aufzuwiegen.
55 
Den minderjährigen Klägern Ziffer 6 und 7 ist unabhängig von dem Vorgesagten nach den dargelegten Grundsätzen die Rückkehr mit ihren Eltern zuzumuten.
56 
Soweit die Kläger erneut zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote geltend machen, steht deren Berücksichtigung schon die aus den §§ 4 und 42 AsylVfG folgende Bindungswirkung der Entscheidungen des BAMF bzw. der angerufenen Gerichte entgegen, in denen diese Gründe im Übrigen bereits geprüft worden waren.
57 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 159 S. 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.

(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.

(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.

(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn

1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder
3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
Eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde soll angeordnet werden, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.

(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.

(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.

(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

(1) Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz dient zugleich der Erfüllung der humanitären Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Es regelt hierzu die Einreise, den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern. Die Regelungen in anderen Gesetzen bleiben unberührt.

(2) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Ausländer,

1.
deren Rechtsstellung von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern geregelt ist, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist,
2.
die nach Maßgabe der §§ 18 bis 20 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegen,
3.
soweit sie nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge für den diplomatischen und konsularischen Verkehr und für die Tätigkeit internationaler Organisationen und Einrichtungen von Einwanderungsbeschränkungen, von der Verpflichtung, ihren Aufenthalt der Ausländerbehörde anzuzeigen und dem Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit sind und wenn Gegenseitigkeit besteht, sofern die Befreiungen davon abhängig gemacht werden können.

Tenor

Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt ..., bewilligt. Er hat auf die Prozesskosten monatliche Raten von ... EUR zu zahlen.

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. Dezember 2008 - 3 K 2484/08 - geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers vorläufig auszusetzen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der nach Aktenlage am 01.01.1985 geborene Antragsteller ist ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volks- und alevitischer Religionszugehörigkeit. Er reiste im Juli 1996 zusammen mit zwei seiner Geschwister zur Durchführung eines Asylverfahrens in das Bundesgebiet ein. Sein Vater war bereits im Oktober 1991 als Asylbewerber eingereist, zwei weitere Geschwister 1994. Seine Mutter folgte im Dezember 1996. Mit Bescheid vom 15.11.1996 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) seinen Asylantrag ab; ein 2001 durchgeführtes Folgeverfahren blieb ebenfalls ohne Erfolg. In der Folgezeit wurde der Aufenthalt des Antragstellers geduldet. Sein Antrag vom 28.10.2005 an die Härtefallkommission wurde am 22.03.2006 abgelehnt.
Den Eltern des Antragstellers wurden Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 AufenthG i.V.m. der Anordnung des Innenministeriums vom 20.11.2006 (Bleiberechtsregelung) und den Geschwistern ... und ... Aufenthaltserlaubnisse nach § 23 a AufenthG (Härtefallregelung) erteilt. Sein Bruder ... besitzt eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen, seine Schwester ... eine Niederlassungserlaubnis.
Der Antragsteller ist mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Zuletzt wurde er, nachdem zuvor die Mehrzahl der Verfahren nach § 47 JGG eingestellt worden war, wie folgt verurteilt:
- Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 15.09.2005 wurde der Antragsteller wegen versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall, Nötigung in Tateinheit mit Sachbeschädigung und versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einem Jugendarrest von vier Wochen verurteilt. Der Antragsteller hatte u.a. eine Bierflasche auf den Besucher einer Diskothek geworfen und das Handy von dessen Freundin zerstört, als diese versuchte, die Polizei zu benachrichtigen. Außerdem hatte er versucht, einen Fahrscheinautomaten aufzubrechen, um das darin vermutete Bargeld zu stehlen.
- Mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 14.02.2007 wurde er wegen versuchten Diebstahls zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 25,-- EUR verurteilt. Er hatte in Karlsruhe versucht, einen Fahrscheinautomaten aufzubrechen, um mit dem erbeuteten Geld einen Bordellbesuch zu finanzieren.
- Zuletzt wurde der Antragsteller mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 17.04.2008 wegen Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Er hatte am 04.02.2007 zwei kleinere Geldtresore aus einem Wettbüro gestohlen, um an den Inhalt von erhofften 5.000,-- bis 10.000,-- EUR zu kommen. Unmittelbar nach Verlassen des Wettbüros wurden der Antragsteller und ein Mittäter von Beamten eines Sondereinsatzkommandos gestellt und überwältigt.
Seit September 2004 ist der Antragsteller erwerbstätig; er wohnt mit seinen Eltern sowie den Geschwistern ... und ... in häuslicher Gemeinschaft und trägt mit seinem Erwerbseinkommen zu den Mietkosten der Familie bei.
Mit Bescheid vom 19.08.2008 wies das Regierungspräsidium Freiburg den Antragsteller aus der Bundesrepublik Deutschland aus und lehnte seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 ab. Am 19.09.2008 hat der Antragsteller hiergegen Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg erhoben (Az.: 3 K 1783/08).
Am 04.12.2008 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Hinblick auf seine beabsichtigte Abschiebung nachgesucht. Er hat geltend gemacht, er habe einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG und zudem einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK, sobald er im Besitz eines Passes sei. Die begangenen Straftaten seien überwiegend als Jugendverfehlungen einzustufen. Bei keiner der Straftaten seien Rauschmittel im Spiel gewesen. Das Amtsgericht Freiburg habe ihm eine günstige Sozialprognose bescheinigt, die er bislang gerechtfertigt habe. Alle Familienmitglieder unterstützten und betreuten die Mutter, die seit Jahren an einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung leide. Im Juli 2002 habe er den Hauptschulabschluss erworben und nach wiederholten vergeblichen Versuchen, die Erlaubnis zur Ausübung der Erwerbstätigkeit zu erhalten, im September 2004 eine Anstellung als „Eisenbieger“ in einem Betrieb für Stahlarmierungen gefunden. Er spreche fließend deutsch, verfüge über einen Freundeskreis, der sich auch aus gleichaltrigen Deutschen zusammensetze und engagiere sich u.a. in einem Verein, der sich der Förderung der Völkerverständigung verschrieben habe. In der Türkei lebten nur entferntere Verwandte, zu denen er keinen Kontakt habe. In seiner Familie werde die kurdische Sprache Kurmanci gesprochen. Im Fall seiner Abschiebung drohe eine wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustands seiner Mutter. Bereits das Bekanntwerden der Ausweisungsverfügung habe bei ihr einen schweren psychischen Zusammenbruch ausgelöst.
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Mit Beschluss vom 12.12.2008 - 3 K 2484/08 - hat das Verwaltungsgericht Freiburg den Antrag auf Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es fehle am erforderlichen Anordnungsanspruch. Der Schutz von Ehe und Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG stehe der Abschiebung des ledigen und kinderlosen Antragstellers nicht entgegen. Dafür, dass die Mutter gerade auf seine Hilfe angewiesen sei, sei nichts ersichtlich. Auch auf den durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Schutz des Familienlebens könne sich der Antragsteller nicht berufen. Der Eingriff in das Recht des Antragstellers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens sei nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt. Gegen eine gelungene Integration sprächen insbesondere die von ihm begangenen Straftaten. Die Behauptung des Antragstellers, seine Abschiebung werde zu einer dauerhaften Verschlechterung des Gesundheitszustands seiner Mutter führen, sei nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden. In dem vorgelegten Attest der Frau ... werde eine solche Aussage nicht zuverlässig getroffen, sondern lediglich als - allerdings wahrscheinliche - Möglichkeit in den Raum gestellt. Hinzu komme, dass das Attest keinerlei Aussagen dazu enthalte, auf welche Anknüpfungs- und Befundtatsachen die entsprechende Aussage gestützt sei.
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Mit seiner Beschwerde begehrt der Antragsteller, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, seine Abschiebung vorläufig auszusetzen. Er ergänzt und vertieft sein bisheriges Vorbringen: Nach der fachärztlichen Stellungnahme der Nervenärztin, die die Mutter seit dem Jahr 2000 behandele, habe diese ein besonders inniges Verhältnis zu dem Antragsteller. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht eine Beistandsgemeinschaft verneint. Was das Recht auf Achtung des Privatlebens angehe, sei von einer völligen Entfremdung von den Lebensverhältnissen in der Türkei auszugehen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das in den Personalpapieren vermerkte Geburtsdatum (01.01.1985) unzutreffend sei. Tatsächlich sei er im Juli 1996 geboren und daher bei seiner Ausreise erst 10 Jahre alt gewesen. Nach der letzten Straftat habe er sein Leben grundsätzlich neu ausgerichtet und sich insbesondere einen neuen Freundeskreis aufgebaut. Er lebe seit eineinhalb Jahren in einer festen Beziehung und habe sich von seiner früheren Delinquenz deutlich distanziert. Soweit im angefochtenen Beschluss Zweifel anklängen, ob von einer konkreten Suizidgefahr seiner Mutter ausgegangen werden könne, sei dem entgegenzuhalten, dass sich die Suizidalität wie ein roter Faden durch die Krankheitsgeschichte seiner Mutter ziehe.
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Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegengetreten. Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt ergänzend aus, die Suizidalität der Mutter könne kein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis in der Person des Antragstellers begründen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
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1. Wie sich aus dem Nachstehenden ergibt, hat die Beschwerde hinreichende Erfolgsaussicht. Dem Antragsteller ist mithin für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung zu gewähren, weil er - wie sich aus seiner dahingehenden Erklärung ergibt - nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nur im Umfang der festgesetzten Raten aufbringen kann (vgl. § 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 115, 117 Abs. 2 und Abs. 4 ZPO). Der Antragsteller verfügt über ein Bruttoeinkommen von ... EUR. Hiervon sind abzusetzen die in § 82 Abs. 2 SGB XII bezeichneten Beträge (Lohnsteuer, Rentenversicherung, Fahrtkosten, zusammen... EUR), der Erwerbstätigenfreibetrag gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b ZPO in Höhe von... EUR, der Unterhaltsfreibetrag gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 a ZPO in Höhe von... EUR und der auf ihn entfallende Anteil der Unterkunftskosten von ... EUR (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO). Nicht abzusetzen sind demgegenüber die geltend gemachten Verpflegungskosten sowie die lediglich behauptete, aber nicht glaubhaft gemachte Ratenzahlungsverpflichtung aus einer Geldstrafe in Höhe von monatlich ... EUR. Dem Antragsteller verbleibt demnach ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von ... EUR monatlich, so dass gemäß § 115 Abs. 2 ZPO monatliche Raten von... EUR festzusetzen sind.
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2. Die fristgerecht erhobene und begründete sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet. Der Antragsteller hat sowohl das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - der Antragsgegner beabsichtigt, ihn abzuschieben -, als auch die Voraussetzungen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 und 3 VwGO, §§ 920, Abs. 2, 294 ZPO). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts geht der Senat bei der im Eilverfahren allein angezeigten und möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage davon aus, dass der Antragsteller auch weiterhin zumindest einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG besitzt. Seine Abschiebung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil der damit einhergehende Eingriff in sein Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt sein dürfte. Ob dem Antragsteller deshalb auch eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erteilt werden muss oder kann und ob insoweit im Lichte aufenthaltsrechtlicher Schutzwirkungen aus Art. 8 EMRK trotz der rechtskräftigen Verurteilungen auch von der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abgesehen werden muss (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG), bedarf im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keiner Klärung.
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a) Die beabsichtigte Abschiebung dürfte entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nur in den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens, sondern auch in den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreifen. Bei Beziehungen zwischen nahen Verwandten außerhalb der klassischen Kleinfamilie kommt es darauf an, ob die tatsächlich bestehenden Bindungen hinreichend für die Annahme einer familiären Beziehung sind. Beziehungen zwischen Erwachsenen unterliegen nicht notwendig dem Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK in seiner Ausprägung als Recht auf Achtung des Familienlebens. Es müssen besondere zusätzliche Aspekte der Abhängigkeit hinzutreten, die weiter reichen als normale affektive Beziehungen (EGMR, Urt. v. 17.04.2003 - Nr. 52853/99 [Yilmaz] - NJW 2004, 2147 Rn. 44 m.w.N.; Urt. v. 15.07.2003 - Nr. 52206/99 [Mokrani] - InfAuslR 2004, 183; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl., § 22 Rn. 18 m.w.N.). Art. 8 EMRK vermittelt insoweit grundsätzlich keinen weitergehenden Schutz als Art. 6 GG bei familiären Beziehungen unter Volljährigen. Bei jungen Erwachsenen, die - wie der Antragsteller - nach Erreichen der Volljährigkeit weiterhin mit ihren Eltern in häuslicher Gemeinschaft leben, geht der EGMR allerdings davon aus, dass auch ihre Beziehung zu den Eltern und anderen nahen Familienmitgliedern Familienleben darstellt und aufenthaltsbeendende Maßnahmen daher auch in das Recht auf Achtung des Familienlebens eingreifen (Urt. v. 23.06.2008 - Nr. 1638/03 [Maslov II] - InfAuslR 2008, 333). Der Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Familienlebens dürfte hier auch deshalb eröffnet sein, weil die Beziehung des Antragstellers zu seiner psychisch schwer kranken Mutter ausweislich der vorgelegten fachärztlichen Bescheinigungen sehr innig ist und jedenfalls über das Normalmaß affektiver Beziehungen zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern weit hinausgeht (vgl. zu diesem Aspekt auch EGMR, Urt. v. 28.06.2007 - Nr. 31753/02 [Kaya] - InfAuslR 2007, 325 Rn. 58).
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Daneben dürfte die beabsichtigte Abschiebung in das Recht auf Achtung des Privatlebens eingreifen. Der EGMR geht insoweit von einem weiten Begriff des „Privatlebens“ aus, dessen Schutzbereich auch das „Recht auf Entwicklung einer Person“ sowie das Recht, Beziehungen zu anderen Personen und der Außenwelt zu knüpfen und zu entwickeln und damit letztlich die Gesamtheit der im Land des Aufenthalts - hier Deutschland - „gewachsenen Bindungen“ umfasst. Allerdings darf die Vorschrift nicht so ausgelegt werden, als verbiete sie allgemein eine gegebenenfalls auch zwangsweise Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das „Privatleben“ im Verständnis des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über „starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte“ zum „Aufnahmestaat“ verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung „faktisch zu einem Inländer“ geworden ist. Nachdem der Antragsteller seit seinem 10. oder 11. Lebensjahr in Deutschland lebt, hier den überwiegenden Teil seiner Schulzeit verbracht und den Hauptschulabschluss erlangt hat, seit über vier Jahren über einen festen Arbeitsplatz verfügt und von Sozialleistungen unabhängig ist, er die deutsche Sprache beherrscht, über einen festen - auch deutschen - Freundeskreis verfügt und weitere Integrationsleistungen in Form von Vereinsaktivitäten aufweisen kann, können die für die rechtliche Annahme eines im Bundesgebiet geführten Privatlebens erforderlichen Bindungen in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht kaum verneint werden. Hinzu kommt, dass sowohl seine Eltern als auch seine Geschwister über gesicherte Aufenthaltsrechte verfügen. Wie sich hinreichend etwa aus den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Sachen „Sisojeva I und II“ (EGMR, Urteile vom 16.06.2005 und 15.01.2007, EuGRZ 2006, 554 und InfAuslR 2007, 140) sowie „Rodrigues da Silva und Hoogkamer“ (EGMR, Urteil vom 31.01.2006, EuGRZ 2006, 562) ergibt, kommt es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte (offen gelassen im Urteil vom 08.04.2008 - Nr. 21878/06 - „Nnyanzi“); der Schutzbereich dieses Menschenrechts dürfte vielmehr auch bei nur Geduldeten eröffnet sein können (Senatsbeschlüsse vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - InfAuslR 2008, 29 = VBlBW 2008, 114 = NVwZ 2008, 344 und vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 - InfAuslR 2009, 72; ebenso Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 150; HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 56; Benasssi, InfAuslR 2006, 397 <401 f.>; Hoppe, ZAR 2006, 125; Marx, ZAR 2006, 261 <266>; a.A. wohl Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris und Storr in Storr u.a., ZuwG, 2. Aufl., § 25 AufenthG Rn. 31). Auch die von dem Antragsteller begangenen Straftaten, bei denen es sich überwiegend um Jugendstraftaten handelt, stellen seine gesellschaftlichen Bindungen im Bundesgebiet nicht ernsthaft in Frage.
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Ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfte zu bejahen sein, weil die hier asylverfahrensrechtlich begründete Ausreisepflicht durchgesetzt, d.h. der Aufenthalt des Antragstellers in Deutschland durch Abschiebung beendet werden soll. Der Senat geht - wie inzwischen wohl auch der Antragsteller - davon aus, dass diesem wegen der begangenen Straftaten weder ein aus der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom 20.11.2006 (Az.: 4-1340/29; vgl. insbesondere Nr. 3.3) ermöglichtes Bleiberecht noch ein Aufenthaltsrecht nach der gesetzlichen Altfallregelung des § 104 a AufenthG zusteht, weswegen eine aufenthaltsrechtliche Legalisierung seines Familien- und Privatlebens im Bundesgebiet insoweit ausgeschlossen sein dürfte.
19 
Gleichwohl ergibt sich aus der Existenz der Bleiberechts- und Altfallregelungen keine hier relevante Sperrwirkung. Vielmehr bleibt neben den dort geregelten generalisierten Fallkonstellationen Raum für hiervon losgelöste Einzelfallabwägungen, auch bei einer Entscheidung über das Vorliegen eines zwingenden Duldungsgrundes nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK (Senatsbeschlüsse vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - und vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 - a.a.O. m.w.N.). Etwas anderes wäre gerade im Falle von Straftätern mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. die Nachweise in BVerfG, Beschluss vom 01.03.2004 - 2 BvR 1570/03 - NVwZ 2004, 852 = InfAuslR 2004, 280 = EuGRZ 2004, 317) nicht vereinbar.
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b) Der Eingriff in das geschützte Familien- und Privatleben des Antragstellers dürfte im konkreten Einzelfall im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, weil unverhältnismäßig sein. Die Notwendigkeit des Eingriffs ist bei dem im Alter von 10 oder 11 Jahren eingereisten Antragsteller nach ähnlichen Kriterien zu prüfen, wie sie normalerweise bei Einwanderern der zweiten Generation angewendet werden (EGMR, Urt. v. 27.10.2005 - Nr. 32231/02 [Keles] - InfAuslR 2006, 3 Rn. 56). Insoweit ist insbesondere das öffentliche Interesse an der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) mit dem Interesse des Antragstellers an der Aufrechterhaltung seiner faktisch gewachsenen und von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten privaten Bindungen im Bundesgebiet abzuwägen. Erforderlich ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Beachtung der vom EGMR entwickelten Kriterien, die im Wesentlichen in den Entscheidungen Boultif und Üner zusammengefasst worden sind (EGMR, Urt. v. 02.08.2001 - Nr. 54273/00 [Boultif] - InfAuslR 2001, 476; Urt. v. 05.07.2005 - Nr. 46410/99 [Üner] - InfAuslR 2005, 450 = DVBl 2006, 688). Dabei kommt es zunächst auf den jeweiligen Grad der „Verwurzelung“ an; je stärker der Betroffene im Aufenthaltsstaat integriert ist, desto schwerer müssen die öffentlichen Interessen wiegen (vgl. auch EGMR, Urteil vom 22.06.2006 - Nr. 59643/00 - „Kaftailova“). Weiter ist auf den Grad der „Entwurzelung“ abzustellen, d. h. auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Reintegration im Herkunftsstaat, insbesondere aufgrund der Vertrautheit mit den dortigen Verhältnissen und den dort lebenden und aufnahmebereiten Verwandten. Schließlich können im Rahmen der Schrankenprüfung sonstige Faktoren Berücksichtigung finden, etwa ob der Aufenthalt des Betroffenen zumindest vorübergehend legal war und damit - i.S. einer „Handreichung des Staates“ - schutzwürdiges Vertrauen auf ein Hierbleibendürfen entwickelt werden konnte.
21 
Gemessen daran dürfte das Interesse des Antragstellers an der Aufrechterhaltung seiner familiären und privaten Bindungen im Bundesgebiet das öffentliche Interesse insbesondere an Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von straffälligen Ausländern voraussichtlich überwiegen. Aufgrund seiner Einreise im Grundschulalter, der Erlangung eines Schulabschlusses, seinen familiären und sonstigen sozialen Bindungen und seiner Berufstätigkeit ist von einer weitreichenden „Verwurzelung“ des Antragstellers in Deutschland auszugehen. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass seine Eltern und Geschwister bereits ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet erlangt haben. Zu den engen familiären Bindungen des Antragstellers insbesondere zu seiner psychisch schwer kranken Mutter treten die sozialen Kontakte zu Deutschen und die weiteren Integrationsleistungen (Tätigkeit in Vereinen) hinzu.
22 
Auch die Folgen einer Aufenthaltsbeendigung für die Mutter des Antragstellers können in diesem Zusammenhang nicht völlig ausgeblendet werden. Die Mutter des Antragstellers ist, wie im Beschwerdeverfahren durch Vorlage mehrerer ärztlicher Bescheinigungen jedenfalls für das Eilverfahren hinreichend glaubhaft gemacht wurde, seit dem Jahr 2000 wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung mit rezidivierenden schweren Depressionsphasen und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung in psychiatrischer Behandlung. Das fachärztliche Attest vom 05.12.2008 geht von einer ernsthaften Suizidgefahr aus und stuft die Gefahr einer dauerhaften Verschlechterung und Chronifizierung der psychischen Erkrankungen der Mutter als „sehr wahrscheinlich“ ein. Für den Fall der Abschiebung des Antragstellers müsse eine erneute stationäre Einweisung der Mutter - die ausweislich der vorgelegten ärztlichen Zeugnisse bereits im August/September 2004 sowie vom 08.06. bis 02.08.2006 in stationärer Behandlung war - in das Zentrum für Psychiatrie erfolgen. Verbleibende Restzweifel an den fachärztlich prognostizierten Auswirkungen einer Abschiebung des Antragstellers auf den Gesundheitszustand seiner Mutter können gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren durch Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens beseitigt werden.
23 
Der Senat verkennt auf der anderen Seite nicht, dass der Antragsteller in erheblichem Maße straffällig geworden ist. Die Straftaten können allerdings zumindest überwiegend noch als Jugendverfehlungen betrachtet werden (vgl. EGMR, Urt. v. 17.04.2003 - Nr. 52853/99 [Yilmaz] - NJW 2004, 2147 Rn. 46). Legt man zugrunde, dass der Antragsteller, wie er im Beschwerdeverfahren durch Vorlage eidesstattlicher Versicherungen seiner Eltern und seiner ältesten Schwester glaubhaft gemacht hat, nicht am 01.01.1985, sondern im Juli 1986 geboren wurde, war er auch bei Begehung der letzten Straftat am 04.02.2007 noch Heranwachsender. Von Bedeutung ist auch, dass der Antragsteller nicht wegen Betäubungsmitteldelikten und - abgesehen von einer am 05.09.2004 begangenen versuchten gefährlichen Körperverletzung - nicht wegen Gewaltdelikten verurteilt wurde (vgl. EGMR, Urt. v. 23.06.2008 - Nr. 1638/03 [Maslov II] - InfAuslR 2008, 333). Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Amtsgericht Freiburg dem Antragsteller eine positive Sozialprognose gestellt und die zuletzt verhängte Freiheitsstrafe daher zur Bewährung ausgesetzt hat. Die Straffälligkeit des Antragstellers bewegt sich damit in einem Rahmen, der bei einem im gleichen Alter wie der Antragsteller im Wege des Familiennachzugs eingereisten Ausländer im Regelfall nicht zur Aufenthaltsbeendigung führen, sondern nur eine weitere Verfestigung durch Erteilung einer Niederlassungserlaubnis verhindern würde. Dieser Personenkreis fällt unter die Bestimmungen des § 35 AufenthG. Mit § 35 Abs. 1 AufenthG wollte der Gesetzgeber aus integrationspolitischen Gründen Personen, die in Deutschland einen großen Teil ihrer Jugend und Schulzeit verbracht haben, unter erleichterten Voraussetzungen eine Aufenthaltsverfestigung ermöglichen. Allerdings besteht nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AufenthG kein Rechtsanspruch auf die Niederlassungserlaubnis, wenn der Ausländer in den letzten drei Jahren zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist. Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 AufenthG ist bei in Deutschland aufgewachsenen Ausländern, die zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden sind, in der Regel die Aufenthaltserlaubnis bis zum Ablauf der Bewährungszeit zu verlängern. Diese Vorschrift, die bei in Deutschland aufgewachsenen Ausländern mit legalisiertem Aufenthalt dem Schutzzweck des Art. 8 EMRK Rechnung trägt, führt demnach bei Straftaten, wie sie hier in Rede stehen, im Regelfall nicht zu einer Aufenthaltsbeendigung.
24 
Bisher hat der Antragsteller die vom Strafgericht getroffene positive Prognose bestätigt. Ausweislich der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Berichte der Jugendberatung ... e.V. ist der Antragsteller seit der Begehung seiner Straftaten erheblich gereift, hat seit dem letzten Delikt keinen Kontakt mehr zu seinen alten Freunden und distanziert sich deutlich von seinen damaligen Straftaten. Diese Einschätzung wird gestützt durch die Bescheinigung des Arbeitgebers vom 12.01.2009, in welcher dem Antragsteller, der seit 2008 die Funktion eines Vorarbeiters übernommen hat, ein hohes Maß an Verlässlichkeit attestiert wird. Bei einer Gesamtschau ergeben sich damit für den Senat greifbare Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller mit seiner (jugend-)kriminellen Vergangenheit abgeschlossen und als Erwachsener begonnen hat, diese aufzuarbeiten.
25 
Nachdem der Antragsteller seit seiner Ausreise nicht mehr in der Türkei gewesen ist, dort keine nahen Verwandten hat, diese vielmehr alle in Deutschland leben, er der kurdischen Minderheit angehört und ihm im kurmancisprachigen Elternhaus auch die türkische Sprache nicht vermittelt worden ist, kann auch eine weitreichende „Entwurzelung“ angenommen werden.
26 
Dass der Aufenthalt des Antragstellers nie legalisiert war, ist zwar im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen, fällt aber letztlich nicht entscheidend ins Gewicht. Angesichts der skizzierten konkreten Verwurzelungs- und Entwurzelungssituation erscheint der mit der Abschiebung verbundene Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK in der Gesamtabwägung derzeit unverhältnismäßig. Hierfür spricht zudem, dass der Antragsteller nach einer Abschiebung keine realistische Möglichkeit haben dürfte, in absehbarer Zeit legal wieder in das Bundesgebiet einzureisen. Die für sein Privatleben konstitutiven Beziehungen könnten bei einer Abschiebung mithin gegebenenfalls irreparabel beschädigt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - InfAuslR 2007, 275 = NVwZ 2007, 946).
27 
Sollten sich vor einer Entscheidung in der Hauptsache neue wesentliche Umstände ergeben (bspw. eine erneute Straffälligkeit des Antragstellers), könnte diesen Umständen im Rahmen eines Abänderungsverfahrens analog § 80 Abs. 7 VwGO Rechnung getragen werden.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
29 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 39 Abs. 1 GKG.
30 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen.

(2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren im vorliegenden Rechtsstreit die Verpflichtung des Beklagten zu Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen. Die Kläger zu 1) und 2) sind albanische Volkszugehörige aus der ehemals serbischen Provinz Kosovo. Sie reisten im Sommer 1992 mit drei gemeinsamen Töchtern (Dabei handelte es sich um die drei im Kosovo geborenen Töchter M (*30.7.1987), S (*23.4.1990) und M (* 8.6.1992).) in die Bundesrepublik ein und beantragten – im Ergebnis ohne Erfolg – ihre Anerkennung als Asylberechtigte. (vgl. zum negativen Abschluss des Erstverfahrens – D 1385432-138 – OVG des Saarlandes, Urteil vom 3.12.1996 – 1 R 62/96 –; zum Folgeverfahren – 2456369-138 – VG des Saarlandes, Urteil vom 22.2.2000 – 10 K 468/99.A –) Bei dem Kläger zu 3) handelt es sich um einen 1993 in Deutschland geborenen gemeinsamen Sohn.

Im Mai 2000 wurde der Kläger zu 2) vom Amtsgericht Ottweiler wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt. (vgl. Amtsgericht Ottweiler, Urteil vom 30.5.2000 – 68 Js 349/00/49 VRS 596/00 –, rechtskräftig seit 30.5.2000)

Im Mai 2002 wurde der Kläger zu 2) mit den Töchtern nach Pristina abgeschoben. Die gleichzeitig vorgesehene Abschiebung der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 3) wurde mit Blick darauf, dass für letzteren am selben Tag ebenfalls ein Asylantrag gestellt worden war, nicht durchgeführt. (vgl. hierzu die Nachricht des Bundesgrenzschutzamts Flughafen Frankfurt/Main vom 8.5.2002) Der Antrag wurde im Juli 2002 abgelehnt; eine dagegen erhobene Klage wurde nach erfolglos gebliebenem Eilrechtsschutzverfahren zurückgenommen. (vgl. den Ablehnungsbescheid des Bundesamts vom 17.7.2002 – 2759497-138 – und den Einstellungsbeschluss des VG des Saarlandes vom 21.10.2002 – 10 K 313/02.A –) Ein erneuter Versuch, die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 3) abzuschieben, scheiterte im August 2002, weil diese nicht in der Wohnung angetroffen wurden.

Im Februar 2003 stellte das damalige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge auf erneuten Antrag der Klägerin zu 1) vom September 2002 unter Hinweis auf deren Gesundheitszustand und eine fehlende Behandelbarkeit im Herkunftsland in ihrem Fall ein Abschiebungshindernis hinsichtlich der seinerzeitigen Bundesrepublik Jugoslawien fest. (vgl. den Bescheid vom 4.2.2003 – 5002531-138 –) Insoweit hatte die Klägerin zu 1) vorgetragen, sie leide an einer durch die Abschiebung von Familienangehörigen reaktivierten posttraumatischen Belastungsstörung, die eine regelmäßige psychotherapeutische Behandlung notwendig mache. Daraufhin beantragte der Kläger zu 2) die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis und reiste in der Folge, spätestens im September 2003, erneut in die Bundesrepublik ein. Auf seinen Antrag verpflichtete das Verwaltungsgericht die Ausländerbehörde, den Kläger zu 2) vorläufig nicht abzuschieben und ihm eine Duldung zu erteilen. (vgl. VG des Saarlandes, Beschluss vom 22.8.2003 – 10 F 21/03 –)

Nachdem zum einen das Gesundheitsamt beim (damals) Stadtverband B-Stadt im Juli 2003 aufgrund einer Untersuchung der Klägerin zu 1) deren individuelle Therapiefähigkeit verneint (vgl. das Schreiben vom 11.7.2003 in dem auf eine am 11.6.2003 durch Frau Dr. med. B. durchgeführte Begutachtung der Klägerin zu 1) Bezug genommen wurde) und zum anderen das Bundesamt auf eine Verbesserung der medizinischen Versorgung im Kosovo hingewiesen hatte, wurde der Feststellungsbescheid im Februar 2005 widerrufen. (vgl. den Widerrufsbescheid vom 1.2.2005 – 5081470-138 –) In der Begründung wurde auf eine zwischenzeitlich mögliche medikamentöse Behandlung der psychischen Erkrankung der Klägerin zu 1) im Kosovo verwiesen. Dagegen hat die Klägerin zu 1) erneut ein Rechtsbehelfsverfahren eingeleitet.

In dessen Verlauf wurden der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) im April 2005 jeweils befristete Aufenthaltserlaubnisse erteilt, die im April 2006 verlängert wurden. Gleichzeitig erhielt der Kläger zu 2) eine Aufenthaltserlaubnis. Am 18.10.2006 beantragten alle drei Kläger die Verlängerung und erhielten entsprechende Fiktionsbescheinigungen.

Im Februar 2007 hat das Verwaltungsgericht die Klage der Klägerin zu 1) gegen den Widerrufsbescheid vom Februar 2005 abgewiesen. (vgl. VG des Saarlandes, Urteil vom 21.2.2007 – 10 K 11/05.A –) Ein Rechtsmittel wurde nicht eingelegt.

Im März 2007 wurde der Kläger zu 2) wegen eines 2002 begangenen Betruges zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. (vgl. Amtsgericht Saarlouis, Strafbefehl vom 21.3.2007 – 49 VRS 7 Cs 270/07 –, rechtskräftig seit 4.5.2007)

Im April 2007 beantragten die Kläger dann zunächst die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 23 AufenthG. Nach dem zwischenzeitlichen Inkrafttreten der gesetzlichen Altfallregelung (§ 104a AufenthG) suchten sie im September 2007 schließlich um die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach dieser Regelung nach.

Nachdem bis zu diesem Zeitpunkt eine Entscheidung über die Anträge nicht ergangen war, haben die Kläger im Dezember 2007 die vorliegende Klage als Untätigkeitsklage erhoben.

Mit Bescheid vom 31.1.2008 lehnte der Beklagte sämtliche Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen ab, forderte die Kläger zur Ausreise auf und drohte ihnen für den Fall der Nichtbefolgung die Abschiebung an. In der Begründung ist ausgeführt, nach dem rechtskräftigen Abschluss des Widerrufsverfahrens sei davon auszugehen, dass das frühere Ausreisehindernis im Falle der Klägerin zu 1) nicht mehr vorliege, so dass eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen ausscheide. Die Kläger könnten ferner weder aus der früher im Erlasswege ergangenen Bleiberechtsregelung noch mit Blick auf die seit August 2007 geltende gesetzliche Altfallregelung Ansprüche auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen herleiten. Der einschlägige saarländische Bleiberechtserlass vom 20.12.2006 habe auch wirtschaftliche Integrationsanforderungen gestellt, wohingegen die Kläger nicht in der Lage seien, den Lebensunterhalt selbst sicherzustellen. Nach einer Mitteilung der Landeshauptstadt B-Stadt bezögen sie monatlich etwa 1.200,- EUR öffentliche Leistungen. Darüber hinaus seien diejenigen Ausländer von der Begünstigung ausgenommen, die – wie der Kläger zu 2) – wegen einer vorsätzlichen Straftat im Bundesgebiet verurteilt worden seien, wobei lediglich Geldstrafen bis zu 50 Tagessätzen unberücksichtigt bleiben könnten. Das schließe nach dem Erlass auch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an Familienangehörige des Straftäters aus. Die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers zu 2) stünden nach § 104a Abs. 1 Nr. 6 AufenthG auch einem Anspruch nach der nunmehr geltenden gesetzlichen Altfallregelung entgegen. Der Ausschluss erfasse nach § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG auch die mit dem Verurteilten in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen. Die Voraussetzungen besonderer Härtefallregelungen seien nicht gegeben. Ungeachtet ihres langjährigen Aufenthalts in Deutschland seien angesichts nur geringer Integrationsleistungen auch die Voraussetzungen nach Art. 8 EMRK nicht erfüllt.

Unter dem 27.6.2008 beantragte der Kläger zu 2) beim Bundesministerium der Justiz – Bundeszentralregisterbehörde – die vorzeitige Tilgung der Verurteilung aus dem Strafbefehl vom 21.3.2007. Dem Antrag wurde nicht entsprochen.

Im Juni 2008 hat das Verwaltungsgericht einen Antrag der Kläger zurückwiesen, den Antragsgegner zu verpflichten, „vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen … Abstand zu nehmen“. (vgl. den Beschluss vom 17.6.2008 – 10 L 209/08 –) Die Beschwerde gegen diese Entscheidung blieb erfolglos. (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.8.2008 – 2 B 265/08 –, SKZ 2009, 130, Leitsatz Nr. 58)

Ende August 2008 wandten sich die Kläger an die Härtefallkommission des Saarlandes. Diese hat im Juli 2009 beschlossen, kein Härtefallersuchen an das zuständige Ministerium zu richten.

Die Kläger haben den Ablehnungsbescheid vom 31.1.2008 in ihr Begehren einbezogen und zur Begründung der Klage vorgetragen, die Klägerin zu 1) halte sich seit nunmehr 16 Jahren im Bundesgebiet auf und erfülle die Voraussetzungen gemäß § 104a AufenthG. Sie befinde sich weiterhin in psychotherapeutischer und medikamentöser Behandlung. Eine Rückkehr in den Kosovo sei ihr nicht zumutbar. Das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung gebiete die Annahme eines Härtefalls im Sinne § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG. Zu Unrecht habe der Beklagte insbesondere hinsichtlich des in Deutschland geborenen Klägers zu 3) eine ausreichende Integration in hiesige Lebensverhältnisse verneint. Letztendlich sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 2) erst im Jahre 2007 wegen einer bereits 2002 begangenen Tat mit einer Geldstrafe von „nur“ 60 Tagessätzen belegt worden sei. Warum dieser Strafbefehl erst 5 Jahre nach der Tatbegehung erlassen worden sei, sei nicht nachvollziehbar. Gemäß § 46 Abs. 1 Ziffer 1a) BZRG seien Geldstrafen von nicht mehr als 90 Tagessätzen nach 5 Jahren zu tilgen. Schließlich sei der Beklagte rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass nach Wegfall des Ausreisehindernisses der Klägerin zu 1) eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nicht in Betracht komme; insoweit sei eine Ermessensentscheidung zu treffen. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger zu 2) geltend gemacht, dass er seit 1.9.2008 bei der Landschaftsgärtnerei W in H beschäftigt sei und entsprechende Arbeits- sowie Lohnbescheinigungen vorgelegt.

Die Kläger haben beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids von 31.1.2008 zu verpflichten, die den Klägern erteilten Aufenthaltserlaubnisse zu verlängern bzw. ihnen Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen.

Der Beklagte hat auf seinen Ablehnungsbescheid Bezug genommen und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch Urteil vom 26.2.2009 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. In der Begründung heißt es, ein Anspruch der Klägerin zu 1) auf Verlängerung der im April 2005 mit Blick auf das damals noch in Rede stehende, inzwischen nicht mehr vorliegende Abschiebungshindernis wegen ihrer Erkrankung und seinerzeit fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Kosovo erteilten Aufenthaltserlaubnis komme nicht in Betracht. Gleichzeitig seien damit die familienbedingten Ausreisehindernisse bei den Klägern zu 2) und 3) entfallen. Den Klägern stehe nach der im Rahmen des im Jahre 2008 durchgeführten Eilrechtsschutzverfahrens ergangenen Entscheidung des Senats (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.8.2008 – 2 B 265/08 –, SKZ 2009, 130, Leitsatz Nr. 58) auch kein sonstiges Bleiberecht nach § 25 Abs. 5 AufenthG oder unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK zu. Eine von der Klägerin zu 1) in der mündlichen Verhandlung behauptete Suizidalität könne im Rahmen einer Vollstreckung der Ausreisepflicht Bedeutung erlangen. Ein Abschiebungsverbot im Sinne Art. 8 EMRK lasse sich für den Kläger zu 2) auch nicht aus nunmehr vorgelegten Arbeits- und Gehaltsbescheinigungen der Firma E herleiten. Da die Kläger während ihres gesamten bisherigen Aufenthalts in der Bundesrepublik auf öffentliche Leistungen zur Bestreitung des Lebensunterhalts angewiesen gewesen seien, lasse die nach der Arbeitsbescheinigung vom 23.2.2009 erst erwartete Vollzeitbeschäftigung mit einem monatlichen Bruttogehalt von 1.500,- EUR eine bereits abgeschlossene Integration in die Lebensverhältnisse in Deutschland nicht erkennen. Zudem sprächen die Vorstrafen des Klägers zu 2) gegen eine erfolgreiche soziale Integration. Darüber hinaus könne auch nicht von einer „Entwurzelung aus den Lebensverhältnissen des Heimat- bzw. Herkunftslandes“ ausgegangen werden. Ein Anspruch der Kläger auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ergebe sich zudem weder aus der ministeriellen Bleiberechtsregelung vom Dezember 2006 noch aus der inzwischen an deren Stelle getretenen gesetzlichen Altfallregelung in § 104a AufenthG. In beiden Fällen stehe der Strafbefehl des Amtsgerichts Saarlouis vom 21.3.2007 entgegen, durch den der Kläger zu 2) wegen Betrugs mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen belegt worden sei. Entgegen der Ansicht der Kläger sei die bei Strafbefehlen mit dem Tag der Unterzeichnung durch den Richter beginnende Tilgungsfrist von fünf Jahren noch nicht abgelaufen, selbst wenn die Tat bereits 2002 begangen wurde. Der beim Bundesministerium der Justiz gestellte Antrag auf vorzeitige Tilgung sei abgelehnt worden, so dass die Bestrafung verwertbar sei. Daher scheide auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 3) aus. Insoweit lasse sich auch mit der fortbestehenden Erkrankung der Klägerin zu 1) kein besonderer Härtefall begründen. Die Zurechnung strafrechtlicher Verurteilungen an Familienmitglieder verfolge den legitimen Zweck, den Druck auf Ausländer zu erhöhen, in Deutschland keine Straftaten zu begehen und begegne von daher keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das gelte auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten, wenn die Zurechnung gegenüber dem mit dem straffällig gewordenen Ausländer in häuslicher Gemeinschaft lebenden Ehegatten, für den es eine Härteregelung gebe, und gegenüber minderjährigen Kindern erfolge, die grundsätzlich das ausländerrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilten. Die Sonderregelung für Kinder ab 15 Jahren nach dem Bleiberechtserlass (Ziffer 3.3) oder nach § 104b AufenthG greife zugunsten des Klägers zu 3) nicht ein, da er zum 1.7.2007 das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt habe, eine Trennung von den Eltern nicht erfolgt sei und weil die Kläger zu 1) und 2) erklärtermaßen nicht bereit seien, Deutschland zu verlassen. (vgl. dazu die Gesprächsnotiz des Beklagten vom 14.9.2007, wonach die Kläger zu 1) und 2) nach Hinweis auf § 104b AufenthG ausdrücklich erklärten, zu einer freiwilligen Ausreise nicht bereit zu sein)

Das Urteil wurde dem Beklagten am 12.3.2009 zugestellt. Mit Eingang am 14.4.2009 – Dienstag nach Ostern 2009 – haben diese die vom Verwaltungsgericht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Sache im Hinblick auf die Zurechenbarkeit der Verurteilung des Klägers zu 2) gegenüber der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 3) zugelassene Berufung eingelegt.

Sie beziehen sich auf den erstinstanzlichen Vortrag und machen geltend, das Verwaltungsgericht habe die durch ein Gutachten feststellbare Suizidalität der Klägerin zu 1) zu Unrecht nicht berücksichtigt. Wenn insoweit irreparable Folgen absehbar im Raum stünden, könne man sich nicht auf den Standpunkt zurückziehen, dass darüber erst im Rahmen der Vollstreckung der Ausreisepflicht zu entscheiden sei. Zumindest liege ein Härtefall vor, der eine Zurechnung der Verurteilung des Klägers zu 2) ihr gegenüber nicht zulasse. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts könne aus seiner zu erwartenden Vollbeschäftigung sehr wohl auf eine gelungene Integration in die hiesigen Verhältnisse geschlossen werden. Der Kläger zu 2) habe sich „im Laufe der Jahre integriert“. Die verspätete Ahndung der bereits 2002 von ihm begangenen Straftat dürfe nicht zu seinen Lasten gehen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei es gerade im vorliegenden Fall, in dem die Klägerin zu 1) selbstmordgefährdet sei, der Kläger zu 3) in Deutschland geboren sei und keinen Bezug zum Herkunftsland der Eltern habe, verfassungswidrig, auch geraume Zeit zurückliegende Straftaten des Ehemannes der Ehefrau und dem Kind zuzurechnen. Selbst wenn dies im Grundsatz verfassungsgemäß sein sollte, sei nach der Rechtsprechung des Senats eine gesonderte Betrachtung für den unbescholtenen Ehepartner geboten. (Die Kläger verweisen insoweit auf einen Beschluss des Senats vom 30.10.2007 – 2 D 390/07 –.)

Durch Beschluss vom 24.6.2009 – 13 S 519/09 – hat der VGH Mannheim ein bei ihm anhängiges Berufungsverfahren ausgesetzt und die Sache dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG vorgelegt zur Klärung der Frage einer – vom vorlegenden Gericht angenommenen – Verfassungswidrigkeit des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG, wonach eine nach § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG beachtliche strafgerichtliche Verurteilung innerhalb einer häuslichen Gemeinschaft lebenden Angehörigen einer Familie anspruchsvernichtend zugerechnet wird. Vor dem Hintergrund haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung den Antrag gestellt,

das vorliegende Verfahren bis zur Entscheidung über den Vorlagebeschluss auszusetzen.

Die Kläger beantragen in der Sache,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 26.2.2009 – 10 K 2056/07 – den Bescheid des Beklagten vom 31.1.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihnen die erteilten Aufenthaltserlaubnisse zu verlängern beziehungsweise Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen.

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahren und der Verfahren VG 10 K 11/05.A, VG 10 L 209/08 und OVG 2 B 265/08 und der zugehörigen Verwaltungsakten Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

I.

Für die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung förmlich beantragte Aussetzung des Verfahrens ist am Maßstab des § 94 Satz 1 VwGO kein Raum. Die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit hängt nicht vom Bestehen oder Nichtbestehen eines „Rechtsverhältnisses“ ab, das Gegenstand des vom VGH Mannheim (vgl. dazu VGH Mannheim vom 24.6.2009 – 13 S 519/09 –, InfAuslR 2009, 350, DÖV 2009, 727) eingeleiteten Vorlageverfahrens (Art 100 Abs. 1 GG) vor dem Bundesverfassungsgericht ist. Die insoweit notwendige Vorgreiflichkeit setzt voraus, dass sich für die Entscheidung eine „Vorfrage“ stellt, die Gegenstand des anderen Rechtsstreits ist. Das ist nicht bereits der Fall, wenn in dem anderen Rechtsstreit – wie hier dem Vorlageverfahren durch das Bundesverfassungsgericht – über dieselbe Rechtsfrage zu entscheiden ist.

Geht man mit der überwiegenden Rechtsprechung davon aus, dass die Vorschrift aus Gründen der Prozessökonomie insbesondere in den Fällen entsprechend anwendbar ist, in denen es um die Frage der Gültigkeit einer für die Entscheidung wesentlichen Rechtsvorschrift geht, so sieht der Senat in Ausübung des ihm dann durch die Bestimmung eröffneten Ermessens von der beantragten Aussetzung ab. Maßgebliche Erwägungen hierfür sind, dass zum einen die ernsthaft nur in Betracht kommende Nichtigkeit der Altfallregelung (§ 104a AufenthG) insgesamt nicht im Sinne des Klagebegehrens anspruchsbegründend sein kann und zum anderen, dass sich die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Zurechnung im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG erheblicher Straftaten gegenüber mit dem Verurteilten in häuslicher Gemeinschaft lebende Familienangehörige aus Sicht des Senats klar – abweichend von dem genannten Vorlagebeschluss – beantworten lässt.

II.

Die vom Verwaltungsgericht nach Maßgabe der §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassene, auch ansonsten zulässige Berufung der Kläger ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die auch aus Sicht des Senats hinsichtlich ihrer Zulässigkeit keinen durchgreifenden Bedenken unterliegende, zulässig in der Form der Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) erhobene und daher auch nach Ergehen des Ablehnungsbescheids vom 31.1.2008 keinem Vorverfahrenserfordernis nach § 68 VwGO (mehr) unterliegende Klage zu Recht abgewiesen (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).

A.

Die Kläger haben keine Ansprüche auf Verlängerung beziehungsweise Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen. Solche Ansprüche ergeben sich weder aus § 25 AufenthG (1.), noch aus administrativen oder (inzwischen) gesetzlichen Bleiberechtsreglungen für langjährig in Deutschland lebende Ausländer (2. und 3.).

1. Ein Anspruch der Kläger auf Erteilung oder Verlängerung (§ 8 AufenthG) von Aufenthaltserlaubnissen ergibt sich nicht aus § 25 AufenthG.

a. Der § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG kommt als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG können die Kläger, die alle drei erfolglos Asylverfahren in Deutschland durchlaufen haben, mangels dahingehender positiver Feststellung durch das in diesen Fällen allein zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gegenüber der Ausländerbehörde von vorneherein nicht mit Erfolg geltend machen. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 26.11.2007 – 2 B 461/07 –, SKZ 2008, 102, Leitsatz Nr. 56, ständige Rechtsprechung) Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse standen im Übrigen allein im Fall der Klägerin zu 1) aufgrund einer bei ihr diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörung und früher unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten im Kosovo im Raum. Dass davon nicht mehr ausgegangen kann, ist nach dem ausführlichen, sich zentral mit diesen Fragen beschäftigenden Urteil des Verwaltungsgerichts vom Februar 2007, (vgl. VG des Saarlandes, Urteil vom 21.2.2007 – 10 K 11/05.A –) durch das die Klage der Klägerin zu 1) gegen den Widerrufsbescheid des Bundesamts vom 1.2.2005 rechtskräftig abgewiesen worden ist, geklärt. Im Übrigen nicht ersichtliche zwischenzeitliche negative Veränderungen des Krankheitsbildes oder der medizinischen Versorgungssituation im Herkunftsland wären allenfalls im Rahmen eines Antrags auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gegenüber dem Bundesamt geltend zu machen.

Der Frage, inwieweit dem im Jahre 2002 in seine Heimat abgeschobenen und (wohl) kurze Zeit darauf wieder illegal eingereisten Kläger zu 2) nach zwischenzeitlicher Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit Blick auf Art. 6 GG noch die Sperre des § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen gehalten werden kann, bedarf daher keiner Vertiefung.

b. Die Voraussetzungen nach § 25 Abs. 5 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor. Danach kann einem Ausländer abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seiner Ausreise ein zwingendes dauerhaftes und von ihm nicht zu vertretendes Hindernis entgegensteht. Dies ist nicht erkennbar. Was die von den Klägern im Berufungsverfahren erneut als (inländisches) Ausreisehindernis eingewandte Suizidalität der Klägerin zu 1) betrifft, so hat der Senat bereits in dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren im Jahre 2008 klargestellt, dass die Ausländerbehörde bei ernsthaften Selbstmordabsichten eines Ausländers je nach den Gegebenheiten des Falles geeignete Vorkehrungen, unter anderem durch Sicherstellung einer ärztlichen Begleitung bei der Rückführung in das Heimatland, dafür zu treffen hat, dass sich der Gesundheitszustand durch den Abschiebevorgang nicht deutlich verschlechtert. (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.8.2008 – 2 B 265/08 –, SKZ 2009, 130, Leitsatz Nr. 58) Dies steht der Annahme einer dauerhaften rechtlichen und/oder tatsächlichen Unmöglichkeit der „Ausreise“ im Verständnis des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG zwingend entgegen. Die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte aktuelle fachärztliche Bescheinigung des behandelnden Arztes (vgl. das Attest des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie P. vom 13.10.2009, Blatt 159 der Gerichtsakte) rechtfertigt keine andere Beurteilung dieser Frage. Diese bezieht sich, insbesondere was die Ausführungen zum Erfordernis einer weiteren intensiven Behandlung der psychischen Erkrankung angeht, ohnehin überwiegend auf die Frage der Sicherstellung der Fortführung einer solchen im Zielstaat der Abschiebung und ist insoweit hier nach dem zuvor Gesagten in diesem Verfahren nicht von Bedeutung. Soweit mit dem Hinweis auf ein „erneutes Auftreten suizidaler Gedanken“ bei der Klägerin zu 1) die Frage der Reisefähigkeit thematisiert wird, enthält das Attest keinerlei Hinweis auf neue Umstände oder eine (wesentliche) Veränderung gegenüber dem bisherigen Erkenntnisstand, der bereits Gegenstand mehrerer erfolgloser Eilrechtsschutzersuchen gewesen ist. (vgl. dazu insbesondere OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.8.2008 – 2 B 265/08 –, SKZ 2009, 130, Leitsatz Nr. 58)

Eine „Unmöglichkeit“ der Ausreise im Sinne des Art. 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unter dem Gesichtspunkt einer Unzumutbarkeit der Ausreise der Kläger beziehungsweise ihrer Rückkehr in den Kosovo lässt sich auch nicht aus Art. 8 EMRK herleiten. Das hat das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats zutreffend begründet. Eine Aufenthaltsbeendigung kann nur dann einen konventionswidrigen Eingriff in das „Privatleben“ im Verständnis des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über so „starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte“ zum „Aufnahmestaat“ verfügt, dass er aufgrund der Gesamtentwicklung „faktisch zu einem Inländer“ geworden ist, dem wegen der Besonderheiten seines Falles ein Leben in dem Staat seiner Staatsangehörigkeit, zu dem er keinen Bezug (mehr) hat, schlechterdings nicht mehr zugemutet werden kann.

Eine schützenswerte Rechtsposition selbst eines im Kindesalter eingereisten und in Deutschland aufgewachsenen Ausländers auf der Grundlage des Art. 8 EMRK als so genannter „faktischer Inländer“ kommt allenfalls in Betracht, wenn von seiner abgeschlossenen „gelungenen“ Integration in die Lebensverhältnisse in Deutschland, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) Grundvoraussetzung für die Annahme eines rechtlichen Abschiebungshindernisses auf der Grundlage des Art. 8 Abs. 1 EMRK ist, ausgegangen werden kann. Nicht ausreichend ist es hingegen, dass sich der Betreffende über einen langen Zeitraum im Inland aufgehalten hat. (vgl. dazu zuletzt OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 9.4.2009 – 2 B 318/09 –, und vom 24.6.2009 – 2 B 348/09 –) Eine „gelungene“ soziale und wirtschaftliche Integration kann im Falle der Kläger nicht angenommen werden. Die Kläger haben während ihres nun insgesamt über 16 Jahre währenden Aufenthalts in Deutschland durchgehend öffentliche Hilfen zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts in Anspruch genommen. Eine isolierte Betrachtung des minderjährigen, in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Klägers zu 3) kommt in dem Zusammenhang nicht in Betracht. (vgl. auch hierzu bereits OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.8.2008 – 2 B 265/08 –, SKZ 2009, 130, Leitsatz Nr. 58)

2. Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Kläger ergibt sich ferner nicht aus der im Gefolge der 182. Sitzung der Innenminister und -senatoren vom 17.11.2006 auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erlassenen saarländischen Bleiberechtsregelung vom Dezember 2006 für im Bundesgebiet integrierte, aber ausreisepflichtige Ausländer (sog. Altfallregelung), (vgl. den Erlass des Ministeriums für Inneres, Familie, Frauen und Sport vom 20.12.2006 – B 5 5510/1 Altfall -, betreffend das „Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausreisepflichtige ausländische Staatsangehörige“) auf die die Kläger in ihrem Antrag vom April 2007 Bezug genommen haben.

Von daher muss nicht auf die in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortete Frage eingegangen werden, ob die Altfallregelungen der Länder bis zu einer formellen Aufhebung der einschlägigen Erlasse – wovon eine insoweit gesonderte Ablehnungsentscheidung enthaltende Bescheid des Beklagten vom 31.1.2008 offenbar ausgeht – neben § 104a AufenthG alternativ weiter anzuwenden sind. (vgl. einerseits OVG Hamburg, Urteil vom 29.1.2008 – 3 Bf 149/02 –, andererseits VGH Mannheim, Beschluss vom 28.4.2008 – 11 S 683/08 -, und OVG Lüneburg, Beschluss vom 27.9.2007 – 11 B LB 69/07 –, DVBl. 2008, 57) Nach den Anwendungshinweisen des Ministeriums für Inneres und Sport zur gesetzlichen Altfallregelung (vgl. die „Hinweise zu den §§ 104a und b AufenthG“ des Ministeriums für Inneres und Sport vom 23.11.2007 – B 5 5510/AufenthG 104a/b, dort Nr. 1 zum „Verhältnis der gesetzlichen Altfallregelung zum IMK-Bleiberechtsbeschluss vom 17. November 2006“) (§§ 104a, 104b AufenthG) spricht indes vieles dafür, dass der Erlassgeber von der Ersetzung seiner bis dahin geltenden Regelung ausgegangen ist. Danach sind bis zum Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht beschiedene Anträge auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG im Verbindung mit dem Beschluss der Innenministerkonferenz vom 17.11.2006 als solche auf Erteilung und Verlängerung (nunmehr) nach der gesetzlichen Altfallregelung zu behandeln.

Mit Blick auf die ministerielle Altfallregelung ist bereits zweifelhaft, ob die Kläger damals zum begünstigten Personenkreis des auf wegen der Unmöglichkeit ihrer Abschiebung geduldete abgelehnte Asylbewerber zielenden Erlasses vom 20.12.2006 gehörten. Dies hätte vorausgesetzt, dass am Stichtag (17.11.2006) eine Ausreisepflicht bestand (vgl. Ziffer 1.4 des Erlasses). Dem gegenüber waren den Klägern in den Jahren 2005/2006 mit Blick auf das Klageverfahren gegen den gegenüber der Klägerin zu 1) ergangenen Widerrufsbescheid des Bundesamts vom 1.2.2005 Aufenthaltserlaubnisse erteilt und dann ab Oktober 2006 aus Anlass der Verlängerungsanträge so genannte Fiktionsbescheinigungen ausgestellt worden. Auf Einzelheiten muss jedoch auch insoweit nicht eingegangen werden.

Auf ein Bleiberecht zielende Anordnungen der Obersten Landesbehörden nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG (vormals § 32 AuslG) aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland sind nicht wie Rechtssätze anzuwenden und auszulegen und begründen dementsprechend für die begünstigten Ausländer keine eigenständigen Rechtsansprüche auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Die nur an den genannten gesetzlichen Zielvorgaben zu orientierende politische Entscheidung, ob die zuständigen Behörden eine solche Anordnung überhaupt erlassen und wie sie dabei den Personenkreis der begünstigten Ausländer abgrenzen, unterliegt keiner gerichtlichen Kontrolle und ein subjektiver Anspruch eines Ausländers auf Einbeziehung in eine entsprechende Anordnung oder gar (erst) auf Erlass einer solchen bestand nicht. Der einzelne Ausländer hat vielmehr - sofern eine entsprechende Anordnung getroffen wird – aus allgemein rechtsstaatlichen Gründen heraus nach Maßgabe des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG) lediglich einen Anspruch auf Gleichbehandlung, für den allein die praktische Anwendung durch die zuständige Behörde bezogen auf das jeweilige Bundesland maßgebend ist. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 5.7.2006 – 2 Q 5/06 –, SKZ 2007, 45, Leitsatz Nr. 46, dort noch zur „Bleiberegelung für Asylbewerber und abgelehnte Vertriebenenbewerber mit langjährigem Aufenthalt“ des Ministeriums für Inneres und Sport vom 20.12.1999 – B 5-5510/1 Altfall – zur Umsetzung eines entsprechenden Beschlusses der Innenministerkonferenz vom 18./19.11.1999, „Altfallregelung“) Dem Vortrag der Kläger lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, dass der Beklagte beziehungsweise das früher zuständige Landesamt für Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten in vom Sachverhalt her gleich gelagerten Fällen „willkürlich“ abweichend verfahren ist und Aufenthaltserlaubnisse erteilt hat.

Im Übrigen setzte die damalige Altfallregelung wie ihre Vorgänger in der detaillierten Ziffer 2 des Erlasses in aller Regel eine bereits gelungene soziale und insbesondere wirtschaftliche Integration zu dem im Erlass genannten Stichzeitpunkt des Beschlusses der Ministerrunde (17.11.2006) voraus. Eine solche lag bei den Klägern vor allem, was die Eigensicherung des Lebensunterhalts und damit die wirtschaftliche Eingliederung in hiesige Lebensverhältnisse betraf, ohne Zweifel nicht vor.

Darüber hinaus waren im Falle der Kläger auch in der Altfallregelung vom Dezember 2006 aufgeführte Ausschlussgründe (dazu Ziffer 3 des Erlasses) gegeben. Der Beklagte hat in seinem Bescheid vom 31.1.2008 zutreffend auf den Ausschlussgrund gemäß Ziffer 3.3 hingewiesen. Nach der Anwendungspraxis der Ausländerbehörde schloss die Verurteilung des Klägers zu 2) zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen für Allgemeinstraftaten die Anwendung des Erlasses in seinem und auch im Falle seiner Familienangehörigen aus. Mit Blick auf den eingangs erwähnten rechtlichen Grundansatz ist dies in dem Zusammenhang jedenfalls nicht weiter zu hinterfragen.

3. Ansprüche der Kläger auf Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnisse ergeben sich schließlich auch nicht aus der seit dem 28.8.2007 geltenden gesetzlichen Altfallregelung der §§ 104a, 104b AufenthG. Sinn dieser Bestimmungen ist es, seit langem in Deutschland lebenden wirtschaftlich integrierten und nur geduldeten Ausländern, die sich in der Vergangenheit im Wesentlichen rechtstreu verhalten haben, durch die Einräumung befristeter Bleiberechte eine Perspektive für einen Verbleib in Deutschland zu geben und ihnen die Möglichkeit einzuräumen, im Bereich wirtschaftlicher Integrationsanforderungen bei Bedarf nachzubessern (§ 104a Abs. 1 Satz 1, Sätze 3 ff., Abs. 5 AufenthG). Personen, die bei Inkrafttreten der Bestimmung noch nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit zu sichern, erhalten bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen nach den dortigen Nr. 1 bis Nr. 6 eine Aufenthaltserlaubnis „auf Probe“ nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG, die nach § 104a Abs. 1 Satz 3 AufenthG den Aufenthaltstiteln aus humanitären Gründen gleichgestellt wird. Die zeitlichen Vorgaben sollen nach der Vorstellung des Bundesgesetzgebers einen Anreiz zur Arbeitsplatzsuche schaffen und die Zuwanderung in die Sozialsysteme vermeiden. Sobald der Ausländer nachweist, dass er seinen Lebensunterhalt eigenständig zu sichern vermag, soll ihm bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erteilt werden. (vgl. dazu Seite 202 der BT-Drucks. 16/5065 zu § 104a Abs. 1 E AufenthG) Bei gesichertem Lebensunterhalt wird die Aufenthaltserlaubnis im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 6 AufenthG auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erteilt (§ 104a Abs. 1 Satz 2 AufenthG).

Die Vorschrift geht jedoch im Grundsatz von einer aufenthaltsrechtlichen „Klärung“ der in den Anwendungsbereich fallenden Altfälle bis Jahresende 2009 aus, sieht für die Fälle erfolgreicher oder Erfolg versprechender Integration dann eine Verlängerungsmöglichkeit um 2 Jahre vor und ist daher für den Fall der Kläger eigentlich schon zeitlich weitgehend „überholt“, (vgl. dazu Funke-Kaiser in GK AuslR, § 104a AufenthG, Rn 3, wonach die gesetzliche Altfallregelung – wie die bisherigen Bleiberechtserlasse der Länder – eine zeitlich durch den Stichtag 1.7.2007 begrenzte Maßnahme des Gesetzgebers darstellt, die nicht für die Zukunft immer wieder neu entstehende Altfälle erfassen will) sofern man nicht für die Fälle frühzeitiger Antragstellung durch den betroffenen Ausländer in einer – unterstellt – rechtswidrigen Ablehnung einen Folgenbeseitigungsansprüche auslösenden Umstand erblickt.

a. Den Klägern ist es bis heute nicht gelungen, den Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit zu sichern, so dass der weitergehende Anspruch nach § 104a Abs. 1 Satz 2 AufenthG auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG aktuell offensichtlich ausscheidet. Der Kläger zu 2) hat zwar bereits im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens auf eine Anstellung bei der Landschaftsgärtnerei E in H hingewiesen und insoweit entsprechende Lohnbescheinigungen vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat war allerdings unstreitig, dass es insoweit Probleme jedenfalls in der Vergangenheit bei einem Einsatz des Klägers zu 2) im Rahmen von Arbeitsaufträgen jenseits der Landesgrenzen, insbesondere im benachbarten Rheinland-Pfalz, gab und dass die Familie daher auch aktuell auf öffentliche Hilfen zum Lebensunterhalt angewiesen ist. (vgl. dazu den mit dem PKH-Antrag vorgelegten Bescheid des Regionalverbands Saarbrücken, Soziales Dienstleistungszentrum, vom 21.8.2009, wonach die Kläger derzeit Hilfen zum Lebensunterhalt nach § 2 AsylbLG in Höhe von 1.234,53 EUR erhalten)

b. Da die auch insoweit zusätzlich geltenden Anforderungen nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht erfüllt sind, steht den Klägern ferner kein Anspruch auf Erteilung der in dieser Altfallregelung vorgesehenen Aufenthaltserlaubnis „auf Probe“ zu.

Zwar dürften die in § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG genannten Integrationsvoraussetzungen eines ausreichendem Wohnraums (Nr. 1), hinreichender mündlicher Deutschkenntnisse (Nr. 2) (Die in der Vorschrift angesprochenen mündlichen Deutschkenntnisse der Anforderungsstufe A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GERR), die von jedem – auch Familienmitglied – gesondert gefordert werden, erfordert nicht mehr, als dass sich der/die Betroffene in einfacher Art, etwa hinsichtlich der Angaben zu seiner Person und seiner Arbeit, mündlich verständlich machen kann.) und des Schulbesuchs des Klägers zu 3) – sofern überhaupt noch schulpflichtig – (Nr. 3) zu bejahen sein, und auch ein Terrorismusverdacht (Nr. 5) steht nicht in Rede. Handlungsweisen, die sich als vorsätzliche Behinderung oder Verzögerung einer Aufenthaltsbeendigung dem Tatbestand der Nr. 4 zuordnen ließen, hat der Beklagte den Klägern nicht entgegen gehalten.

Ebenso unstreitig muss indes hier nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen vom Vorliegen einer im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG erheblichen und nach den einschlägigen registerrechtlichen Vorschriften auch noch verwertbaren Bestrafung des Klägers zu 2) und damit eines Ausschlussgrundes im Sinne der gesetzlichen Altfallregelung ausgegangen werden. Dem Kläger zu 2) wurde durch Strafbefehl vom 21.3.2007 eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen auferlegt. Die inzwischen zwingende Unbeachtlichkeitsregelung für Geldstrafen bis 50 Tagessätzen greift wegen Überschreitens dieses vom Gesetzgeber „bagatellisierten“ Strafmaßes hier nicht ein. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist diese Vorstrafe im Sinne der einschlägigen Bestimmungen des Bundeszentralregistergesetzes unabhängig von dem bereits länger zurückliegenden Tatzeitpunkt im Jahr 2002 verwertbar (§§ 5 Abs. 1 Nr. 4, 46 Abs. 1 Nr. 1a, 51 BZRG). Der an den Zeitpunkt der Unterschrift des Richters unter den Strafbefehl anknüpfende Tilgungszeitraum von hier 5 Jahren ist noch nicht abgelaufen. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist in dem Zusammenhang durch die Regelungen über Tilgungsfristen und Verwertungsverbote (§§ 46 Abs. 1, 51 Abs. 1 BZRG) Rechnung getragen. Da die für den Senat durchaus nachvollziehbare Besonderheit des langen Zwischenraums zwischen Tatbegehung und Bestrafung keinen gesetzlichen Niederschlag gefunden hat, muss der Frage, auf welche Umstände dieser Zeitablauf zurückzuführen und welcher Verantwortungssphäre er zuzuordnen ist, nicht nachgegangen werden. Ein Antrag des Klägers zu 2) an das Bundesamt für Justiz – Bundeszentralregisterbehörde – auf vorzeitige Tilgung blieb erfolglos. Der entsprechende Tilgungsanspruch könnte – wenn er bestünde – nicht im vorliegenden Verfahren gegenüber der Ausländerbehörde geltend gemacht werden, da dieser insoweit keine Regelungsbefugnisse zustehen. Nach der Rechtsprechung des Senats stellt die Verurteilung zu einer Geldstrafe von mehr als 50 Tagessätzen einen strikten Versagungsgrund im Rahmen der gesetzlichen Altfallregelung dar. (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 27.5.2009 – 2 B 330/09 –, im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 27.1.2009 – 1 C 40.07 –, DVBl. 2009, 650)

Nach dem Gesetzeswortlaut rechtfertigt die Verwirklichung des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG auch die Versagung der Aufenthaltserlaubnis gegenüber mit dem Straftäter in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienmitgliedern (§ 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG), hier also gegenüber der Klägerin zu 1) als seiner Ehefrau und dem Kläger zu 3) als gemeinsamem (konkret minderjährigem) Kind.

Die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung ausführlich thematisierte und in der Literatur umstrittene Frage, ob diese Erstreckung der Wirkungen der Verurteilung auf die übrigen mit ihm zusammen lebenden Familienmitglieder (Schlagwort: „Sippenhaft“) verfassungsgemäß ist oder nicht, hat das Verwaltungsgericht – nach ihrer Verneinung – zur Zulassung der Berufung veranlasst. Ob es insoweit mit Blick auf die Grundrechte gerechtfertigt werden kann, was der Wortlaut zulässt, strafrechtliches Verhalten eines Kindes den mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Eltern oder gar seinen minderjährigen Geschwistern zuzurechnen, braucht hier nicht entschieden zu werden. (vgl. dazu den Vorlagebeschluss zum Bundesverfassungsgericht des VGH Mannheim vom 24.6.2009 – 13 S 519/09 –, InfAuslR 2009, 350, DÖV 2009, 727) Die Verfassungsmäßigkeit einer Zurechnung unterliegt jedenfalls gegenüber der strafrechtlich selbst bisher nicht in Erscheinung getretenen Klägerin zu 1) als Ehefrau keinen durchgreifenden Bedenken. (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.1.2008 – 2 S 6.08 –, juris) Insbesondere weist die Bestimmung von ihrem eindeutig geschlechtsneutralen Wortlaut her keine am Maßstab des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 2 G) zu beanstandende Benachteiligung gerade von Ehefrauen auf. (vgl. insbesondere in dem Zusammenhang OVG Lüneburg, Beschluss vom 17.11.2008 – 10 LA 260/08 –, NVwZ-RR 2009, 497)

Der Gesetzgeber hat mit der Altfallregelung 2007 eine bestimmte Gruppen von ausreisepflichtigen Ausländern begünstigende Regelung geschaffen, die das Aufenthaltsgesetz ansonsten nicht vorsieht und zu deren Erlass er weder verfassungs- noch völkerrechtlich verpflichtet ist. Dabei obliegt ihm ein weiter (gesetzgeberischer) Gestaltungsspielraum.

Die Argumentation des von den Klägern bereits im Zusammenhang mit dem Aussetzungsbegehren (§ 94 Satz 1 VwGO, dazu oben I.) in Bezug genommenen VGH Mannheim hinsichtlich der nach seiner Auffassung von dem Zurechnungsgebot in § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG ausgenommenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften mit der Konsequenz einer vermeintlich verfassungswidrigen Ungleichbehandlung (Schlechterstellung) von Eheleuten oder allgemein heterosexuellen Partnerschaften, überzeugt nicht. Die Frage, wer „Familienmitglied“ im Sinne der Vorschrift ist, ist für den Bereich gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften durch den § 11 Abs. 1 LPartG klar beantwortet. Danach gilt ein Lebenspartner als „Familienangehöriger“ des anderen Partners. Die aus dem in der Vorschrift enthaltenen Vorbehalt abweichender gesetzlicher Regelung in Verbindung mit § 27 Abs. 2 AufenthG vom VGH Mannheim (vgl. dazu den Vorlagebeschluss zum Bundesverfassungsgericht des VGH Mannheim vom 24.6.2009 – 13 S 519/09 –, DÖV 2009, 727, bei juris Rn 38, 39) hergeleitete Nichtanwendbarkeit auf formell verpartnerte Personen ist allein am Ergebnis orientiert und gebietet nicht zwingend, die Lebenspartner gerade im Sinne der Altfallregelung nicht als „Familienmitglieder“ zu behandeln.

Es verstößt ferner nicht gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) oder gegen das aus Art. 6 GG hergeleitete Verbot der Diskriminierung der Ehe, dass der Gesetzgeber nicht alle anderen nicht formellen Lebensgemeinschaften in die Regelung mit einbezogen hat, sondern bei § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG – wie auch in anderen Bereichen des Aufenthaltsrechts, etwa beim Familiennachzug – an die für einen sinnvollen Gesetzesvollzug als Anknüpfungspunkt in Betracht kommenden formellen Partnerschaften der Ehe oder – im gleichgeschlechtlichen Bereich – der eingetragenen Lebenspartnerschaft orientiert (§ 11 Abs. 1 LPartG). Die Vorschrift des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG spiegelt – bezogen auf die Ehefrau – die im Zusammenhang mit den Regelungen über den Familiennachzug (§§ 27 ff. AufenthG) an das Bestehen einer Ehe geknüpften Vergünstigungen wieder und schließt es beispielsweise aus, dass der strafrechtlich in Erscheinung getretene Ehegatte – sei es nun Mann oder Frau – sich nach Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG für den Partner auf der Grundlage des Art. 6 GG dann doch ein eigenes Bleiberecht „auf Probe“ sichert.

Der schriftsätzlich als Argument für die aus Sicht der Kläger stattdessen vorzunehmende „gesonderte“ Beurteilung der einzelnen Familienmitglieder genannten Entscheidung des Senats (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 30.10.2007 – 2 D 390/07 –) lässt sich derartiges offensichtlich nicht entnehmen. Der Beschluss betraf eine – erfolgreiche – Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe und enthält lediglich einen knappen Verweis auf die Existenz der Härteregelung in § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG, indes nicht einmal eine Aussage zu deren Anwendbarkeit im dortigen Fall, stattdessen aber einen ausdrücklichen Hinweis auf den Grundsatz der Zurechnung von Verurteilungen im Satz 1.

Die verfassungskritische Literatur (vgl. dazu Funke-Kaiser in GK AuslR, § 104a AufenthG, Rn 58) und Rechtsprechung geht ferner im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die Annahme einer Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht unmittelbar zu einem Anspruch der selbst nicht straffällig gewordenen Familienangehörigen führt. Insoweit wird darauf verweisen, dass der Bundesgesetzgeber außerhalb seiner sich aus der Verfassung (Art. 6 GG) oder aus Völkervertragsrecht (Art. 8 EMRK) ergebenden Verpflichtung zur Einräumung von Bleiberechten nicht gehindert sei, die „Altfallregelung“ gegebenenfalls insgesamt zu streichen, weshalb kein Fall der Teilnichtigkeit (nur) des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG angenommen werden könne. Von daher entzöge die Annahme der Verfassungswidrigkeit der Zurechnungsregel einem Anspruch der Kläger auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG insgesamt die Grundlage. Vor dem Hintergrund ist die Frage aufzuwerfen, weshalb die Frage nach der Verfassungswidrigkeit in auf die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Altfallregelung gerichteten Rechtsstreitigkeiten – auch soweit nur Neubescheidungen begehrt werden – überhaupt gestellt (und beantwortet) werden müsste. Von daher gilt im Ergebnis letztlich zumindest in diesem Teilbereich nichts anderes als für die früheren ministeriellen Bleiberechtserlasse ungeachtet der „Hochzonung“ der Altfallregelung auf die Stufe des formellen Gesetzes. Eine Nichtanwendung isoliert des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG durch die Gerichte bedeutete einen Übergriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei Erlass derartiger begünstigender Regelungen, die verfassungsrechtlich wiederum nur durch das Willkürverbot begrenzt wird. Das hat auch der VGH Mannheim in dem erwähnten Vorlageschluss so gesehen und die Vorlage nur mit Blick auf einen dort gestellten Antrag auf Neubescheidung für gerechtfertigt gehalten. (vgl. dazu den Vorlagebeschluss zum Bundesverfassungsgericht des VGH Mannheim vom 24.6.2009 – 13 S 519/09 –, DÖV 2009, 727, bei juris Rn 51, 52) Diese Differenzierung ist indes nicht nachvollziehbar. Wäre gegebenenfalls von einer Gesamtnichtigkeit des § 104a AufenthG auszugehen und berücksichtigt man zusätzlich das Fehlen einer Verpflichtung des Gesetzgebers zum (erneuten) Erlass solcher Rechtsvorschriften zur Bereinigung von Altfällen jenseits der Gewährleistung der Integrationsgarantie des Art. 8 EMRK, so ist nicht einleuchtend, woraus sich ein Anspruch (auch nur) auf Bescheidung eines Antrags des Ausländers ergeben sollte.

Ausgehend von der rechtlichen Verbindlichkeit der Altfallregelung (§ 104a AufenthG) sollen Härtefälle nach den Vorstellungen des Gesetzgebers, sofern es sich um eine besondere Härte handelt, unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten von der für Ehegatten geltenden Sonderregelung in § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgefangen werden. Eine solche „besondere“ Härte kann tatbestandlich in dem Zusammenhang allerdings sicher nicht bereits aus der Stellung des Zurechnungsadressaten als Ehefrau oder Ehemann hergeleitet werden, um auf diesem Wege das Zurechnungsgebot im Grundsatz zu relativieren. Sie kann vielmehr nur dann angenommen werden, wenn im konkreten („besonderen“) Einzelfall besondere Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die mit der Befolgung der Ausreisepflicht für den Ehepartner verbundenen Konsequenzen sie oder ihn erheblich ungleich härter treffen als andere Ausländer oder Ausländerinnen in vergleichbarer Situation oder wenn die abgeurteilte Straftat gerade gegenüber dem Ehepartner begangen worden ist. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Das gilt auch mit Blick auf die psychische Erkrankung der Klägerin zu 1). (vgl. dazu Funke-Kaiser in GK AuslR, § 104a AufenthG, Rn 60, wonach es eine Härte begründen soll, wenn der nicht straffällig gewordene Ehegatte eine in Deutschland eine lang dauernde Heilbehandlung durchläuft und ihm deren Abbruch nicht zugemutet werden kann) Insoweit ist ein Ende der Behandlungsbedürftigkeit nicht abzusehen und eine solche kann nach dem im Verfahren betreffend die Anfechtung des Widerrufsbescheids des Bundesamts vom 1.2.2005 ergangenen rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21.2.2007 – 10 K 11/05.A – inzwischen auch im Herkunftsland erfolgen. Mit der Erkrankung im Zusammenhang steht die von der Klägerin zu 1) behauptete Selbstmordabsicht (Suizidalität), die auch im Rahmen des § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG keine andere Beurteilung rechtfertigt. Ebenso wenig lässt sich aus dem Verweis auf den zeitlichen Abstand zwischen Tatbegehung (2002) und Bestrafung des Klägers zu 2) ein „besonderer“ Härtefall herleiten. Diese Thematik wird gerade auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten durch die Bestimmungen in §§ 46 Abs. 1, 51 Abs. 1 BZRG über die zeitliche Verwertbarkeit der Einträge im Register abgedeckt. Ansprüche auf vorzeitige Tilgung sind – wie bereits ausgeführt – gegenüber der zuständigen Bundesbehörde geltend zu machen.

Bei den minderjährigen Kindern entspricht die Zurechnung der Straffälligkeit eines Elternteils nach § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG dem allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Grundsatz, dass diese Kinder – wie hier der Kläger zu 3) – das aufenthaltsrechtliche Schicksal der Eltern teilen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der insoweit eine selbständige Beurteilung rechtfertigenden Sondervorschrift nach § 104b AufenthG liegen im Falle des Klägers zu 3) nicht vor. Das gilt bereits für die dort genannte Altersgrenze. Außerdem sind die Kläger zu 1) und 2) erklärtermaßen nicht zu einer „Ausreise“ bereit.

B.

Die in dem nach Erhebung der Klage ergangenen Ablehnungsbescheid vom 31.1.2008 unter Ziffern 4. bis 6. enthaltenen Maßnahmen der Ausreiseaufforderung unter Hinweis auf die Ausreisepflicht (§ 50 Abs. 1 AufenthG), der Abschiebungsandrohung für den Fall der Nichtbefolgung (§ 59 Abs. 1 AufenthG) wie auch der Hinweis auf die sich insoweit aus dem Gesetz ergebende Kostentragungspflicht (§ 66 Abs. 1 AufenthG) sind rechtlich nicht zu beanstanden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO, 100 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen mit Blick auf die höchstrichterlich bisher nicht entschiedene, in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beantwortete Frage der Verfassungsmäßigkeit der Zurechnungsregel des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Ungeachtet der sich aus dem Inhalt der Vorschrift, vor allem der Stichtagsregelung, ergebenden zeitlichen Vorgaben für die Behandlung und Klärung der in ihren Anwendungsbereich fallenden Altfälle (vgl. dazu Funke-Kaiser in GK AuslR, § 104a AufenthG, Rn 3, wonach die gesetzliche Altfallregelung – wie die bisherigen Bleiberechtserlasse der Länder – eine zeitlich durch den Stichtag 1.7.2007 begrenzte Maßnahme des Gesetzgebers darstellt, die nicht für die Zukunft immer wieder neu entstehende Altfälle erfassen will) enthält die Bestimmung keine zeitliche Beschränkung hinsichtlich des gesetzlichen Anwendungsbefehls, so dass insofern nicht von „auslaufendem“ Recht ausgegangen werden kann.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 15.000,- EUR festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG, ebenso bereits die vorläufige Festsetzung im Beschluss vom 16.4.2009 – 2 A 329/09 –).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

I.

Für die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung förmlich beantragte Aussetzung des Verfahrens ist am Maßstab des § 94 Satz 1 VwGO kein Raum. Die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit hängt nicht vom Bestehen oder Nichtbestehen eines „Rechtsverhältnisses“ ab, das Gegenstand des vom VGH Mannheim (vgl. dazu VGH Mannheim vom 24.6.2009 – 13 S 519/09 –, InfAuslR 2009, 350, DÖV 2009, 727) eingeleiteten Vorlageverfahrens (Art 100 Abs. 1 GG) vor dem Bundesverfassungsgericht ist. Die insoweit notwendige Vorgreiflichkeit setzt voraus, dass sich für die Entscheidung eine „Vorfrage“ stellt, die Gegenstand des anderen Rechtsstreits ist. Das ist nicht bereits der Fall, wenn in dem anderen Rechtsstreit – wie hier dem Vorlageverfahren durch das Bundesverfassungsgericht – über dieselbe Rechtsfrage zu entscheiden ist.

Geht man mit der überwiegenden Rechtsprechung davon aus, dass die Vorschrift aus Gründen der Prozessökonomie insbesondere in den Fällen entsprechend anwendbar ist, in denen es um die Frage der Gültigkeit einer für die Entscheidung wesentlichen Rechtsvorschrift geht, so sieht der Senat in Ausübung des ihm dann durch die Bestimmung eröffneten Ermessens von der beantragten Aussetzung ab. Maßgebliche Erwägungen hierfür sind, dass zum einen die ernsthaft nur in Betracht kommende Nichtigkeit der Altfallregelung (§ 104a AufenthG) insgesamt nicht im Sinne des Klagebegehrens anspruchsbegründend sein kann und zum anderen, dass sich die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Zurechnung im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG erheblicher Straftaten gegenüber mit dem Verurteilten in häuslicher Gemeinschaft lebende Familienangehörige aus Sicht des Senats klar – abweichend von dem genannten Vorlagebeschluss – beantworten lässt.

II.

Die vom Verwaltungsgericht nach Maßgabe der §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassene, auch ansonsten zulässige Berufung der Kläger ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die auch aus Sicht des Senats hinsichtlich ihrer Zulässigkeit keinen durchgreifenden Bedenken unterliegende, zulässig in der Form der Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) erhobene und daher auch nach Ergehen des Ablehnungsbescheids vom 31.1.2008 keinem Vorverfahrenserfordernis nach § 68 VwGO (mehr) unterliegende Klage zu Recht abgewiesen (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).

A.

Die Kläger haben keine Ansprüche auf Verlängerung beziehungsweise Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen. Solche Ansprüche ergeben sich weder aus § 25 AufenthG (1.), noch aus administrativen oder (inzwischen) gesetzlichen Bleiberechtsreglungen für langjährig in Deutschland lebende Ausländer (2. und 3.).

1. Ein Anspruch der Kläger auf Erteilung oder Verlängerung (§ 8 AufenthG) von Aufenthaltserlaubnissen ergibt sich nicht aus § 25 AufenthG.

a. Der § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG kommt als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG können die Kläger, die alle drei erfolglos Asylverfahren in Deutschland durchlaufen haben, mangels dahingehender positiver Feststellung durch das in diesen Fällen allein zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gegenüber der Ausländerbehörde von vorneherein nicht mit Erfolg geltend machen. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 26.11.2007 – 2 B 461/07 –, SKZ 2008, 102, Leitsatz Nr. 56, ständige Rechtsprechung) Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse standen im Übrigen allein im Fall der Klägerin zu 1) aufgrund einer bei ihr diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörung und früher unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten im Kosovo im Raum. Dass davon nicht mehr ausgegangen kann, ist nach dem ausführlichen, sich zentral mit diesen Fragen beschäftigenden Urteil des Verwaltungsgerichts vom Februar 2007, (vgl. VG des Saarlandes, Urteil vom 21.2.2007 – 10 K 11/05.A –) durch das die Klage der Klägerin zu 1) gegen den Widerrufsbescheid des Bundesamts vom 1.2.2005 rechtskräftig abgewiesen worden ist, geklärt. Im Übrigen nicht ersichtliche zwischenzeitliche negative Veränderungen des Krankheitsbildes oder der medizinischen Versorgungssituation im Herkunftsland wären allenfalls im Rahmen eines Antrags auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gegenüber dem Bundesamt geltend zu machen.

Der Frage, inwieweit dem im Jahre 2002 in seine Heimat abgeschobenen und (wohl) kurze Zeit darauf wieder illegal eingereisten Kläger zu 2) nach zwischenzeitlicher Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit Blick auf Art. 6 GG noch die Sperre des § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen gehalten werden kann, bedarf daher keiner Vertiefung.

b. Die Voraussetzungen nach § 25 Abs. 5 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor. Danach kann einem Ausländer abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seiner Ausreise ein zwingendes dauerhaftes und von ihm nicht zu vertretendes Hindernis entgegensteht. Dies ist nicht erkennbar. Was die von den Klägern im Berufungsverfahren erneut als (inländisches) Ausreisehindernis eingewandte Suizidalität der Klägerin zu 1) betrifft, so hat der Senat bereits in dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren im Jahre 2008 klargestellt, dass die Ausländerbehörde bei ernsthaften Selbstmordabsichten eines Ausländers je nach den Gegebenheiten des Falles geeignete Vorkehrungen, unter anderem durch Sicherstellung einer ärztlichen Begleitung bei der Rückführung in das Heimatland, dafür zu treffen hat, dass sich der Gesundheitszustand durch den Abschiebevorgang nicht deutlich verschlechtert. (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.8.2008 – 2 B 265/08 –, SKZ 2009, 130, Leitsatz Nr. 58) Dies steht der Annahme einer dauerhaften rechtlichen und/oder tatsächlichen Unmöglichkeit der „Ausreise“ im Verständnis des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG zwingend entgegen. Die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte aktuelle fachärztliche Bescheinigung des behandelnden Arztes (vgl. das Attest des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie P. vom 13.10.2009, Blatt 159 der Gerichtsakte) rechtfertigt keine andere Beurteilung dieser Frage. Diese bezieht sich, insbesondere was die Ausführungen zum Erfordernis einer weiteren intensiven Behandlung der psychischen Erkrankung angeht, ohnehin überwiegend auf die Frage der Sicherstellung der Fortführung einer solchen im Zielstaat der Abschiebung und ist insoweit hier nach dem zuvor Gesagten in diesem Verfahren nicht von Bedeutung. Soweit mit dem Hinweis auf ein „erneutes Auftreten suizidaler Gedanken“ bei der Klägerin zu 1) die Frage der Reisefähigkeit thematisiert wird, enthält das Attest keinerlei Hinweis auf neue Umstände oder eine (wesentliche) Veränderung gegenüber dem bisherigen Erkenntnisstand, der bereits Gegenstand mehrerer erfolgloser Eilrechtsschutzersuchen gewesen ist. (vgl. dazu insbesondere OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.8.2008 – 2 B 265/08 –, SKZ 2009, 130, Leitsatz Nr. 58)

Eine „Unmöglichkeit“ der Ausreise im Sinne des Art. 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unter dem Gesichtspunkt einer Unzumutbarkeit der Ausreise der Kläger beziehungsweise ihrer Rückkehr in den Kosovo lässt sich auch nicht aus Art. 8 EMRK herleiten. Das hat das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats zutreffend begründet. Eine Aufenthaltsbeendigung kann nur dann einen konventionswidrigen Eingriff in das „Privatleben“ im Verständnis des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über so „starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte“ zum „Aufnahmestaat“ verfügt, dass er aufgrund der Gesamtentwicklung „faktisch zu einem Inländer“ geworden ist, dem wegen der Besonderheiten seines Falles ein Leben in dem Staat seiner Staatsangehörigkeit, zu dem er keinen Bezug (mehr) hat, schlechterdings nicht mehr zugemutet werden kann.

Eine schützenswerte Rechtsposition selbst eines im Kindesalter eingereisten und in Deutschland aufgewachsenen Ausländers auf der Grundlage des Art. 8 EMRK als so genannter „faktischer Inländer“ kommt allenfalls in Betracht, wenn von seiner abgeschlossenen „gelungenen“ Integration in die Lebensverhältnisse in Deutschland, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) Grundvoraussetzung für die Annahme eines rechtlichen Abschiebungshindernisses auf der Grundlage des Art. 8 Abs. 1 EMRK ist, ausgegangen werden kann. Nicht ausreichend ist es hingegen, dass sich der Betreffende über einen langen Zeitraum im Inland aufgehalten hat. (vgl. dazu zuletzt OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 9.4.2009 – 2 B 318/09 –, und vom 24.6.2009 – 2 B 348/09 –) Eine „gelungene“ soziale und wirtschaftliche Integration kann im Falle der Kläger nicht angenommen werden. Die Kläger haben während ihres nun insgesamt über 16 Jahre währenden Aufenthalts in Deutschland durchgehend öffentliche Hilfen zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts in Anspruch genommen. Eine isolierte Betrachtung des minderjährigen, in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Klägers zu 3) kommt in dem Zusammenhang nicht in Betracht. (vgl. auch hierzu bereits OVG des Saarlandes, Beschluss vom 8.8.2008 – 2 B 265/08 –, SKZ 2009, 130, Leitsatz Nr. 58)

2. Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Kläger ergibt sich ferner nicht aus der im Gefolge der 182. Sitzung der Innenminister und -senatoren vom 17.11.2006 auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erlassenen saarländischen Bleiberechtsregelung vom Dezember 2006 für im Bundesgebiet integrierte, aber ausreisepflichtige Ausländer (sog. Altfallregelung), (vgl. den Erlass des Ministeriums für Inneres, Familie, Frauen und Sport vom 20.12.2006 – B 5 5510/1 Altfall -, betreffend das „Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausreisepflichtige ausländische Staatsangehörige“) auf die die Kläger in ihrem Antrag vom April 2007 Bezug genommen haben.

Von daher muss nicht auf die in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortete Frage eingegangen werden, ob die Altfallregelungen der Länder bis zu einer formellen Aufhebung der einschlägigen Erlasse – wovon eine insoweit gesonderte Ablehnungsentscheidung enthaltende Bescheid des Beklagten vom 31.1.2008 offenbar ausgeht – neben § 104a AufenthG alternativ weiter anzuwenden sind. (vgl. einerseits OVG Hamburg, Urteil vom 29.1.2008 – 3 Bf 149/02 –, andererseits VGH Mannheim, Beschluss vom 28.4.2008 – 11 S 683/08 -, und OVG Lüneburg, Beschluss vom 27.9.2007 – 11 B LB 69/07 –, DVBl. 2008, 57) Nach den Anwendungshinweisen des Ministeriums für Inneres und Sport zur gesetzlichen Altfallregelung (vgl. die „Hinweise zu den §§ 104a und b AufenthG“ des Ministeriums für Inneres und Sport vom 23.11.2007 – B 5 5510/AufenthG 104a/b, dort Nr. 1 zum „Verhältnis der gesetzlichen Altfallregelung zum IMK-Bleiberechtsbeschluss vom 17. November 2006“) (§§ 104a, 104b AufenthG) spricht indes vieles dafür, dass der Erlassgeber von der Ersetzung seiner bis dahin geltenden Regelung ausgegangen ist. Danach sind bis zum Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht beschiedene Anträge auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG im Verbindung mit dem Beschluss der Innenministerkonferenz vom 17.11.2006 als solche auf Erteilung und Verlängerung (nunmehr) nach der gesetzlichen Altfallregelung zu behandeln.

Mit Blick auf die ministerielle Altfallregelung ist bereits zweifelhaft, ob die Kläger damals zum begünstigten Personenkreis des auf wegen der Unmöglichkeit ihrer Abschiebung geduldete abgelehnte Asylbewerber zielenden Erlasses vom 20.12.2006 gehörten. Dies hätte vorausgesetzt, dass am Stichtag (17.11.2006) eine Ausreisepflicht bestand (vgl. Ziffer 1.4 des Erlasses). Dem gegenüber waren den Klägern in den Jahren 2005/2006 mit Blick auf das Klageverfahren gegen den gegenüber der Klägerin zu 1) ergangenen Widerrufsbescheid des Bundesamts vom 1.2.2005 Aufenthaltserlaubnisse erteilt und dann ab Oktober 2006 aus Anlass der Verlängerungsanträge so genannte Fiktionsbescheinigungen ausgestellt worden. Auf Einzelheiten muss jedoch auch insoweit nicht eingegangen werden.

Auf ein Bleiberecht zielende Anordnungen der Obersten Landesbehörden nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG (vormals § 32 AuslG) aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland sind nicht wie Rechtssätze anzuwenden und auszulegen und begründen dementsprechend für die begünstigten Ausländer keine eigenständigen Rechtsansprüche auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Die nur an den genannten gesetzlichen Zielvorgaben zu orientierende politische Entscheidung, ob die zuständigen Behörden eine solche Anordnung überhaupt erlassen und wie sie dabei den Personenkreis der begünstigten Ausländer abgrenzen, unterliegt keiner gerichtlichen Kontrolle und ein subjektiver Anspruch eines Ausländers auf Einbeziehung in eine entsprechende Anordnung oder gar (erst) auf Erlass einer solchen bestand nicht. Der einzelne Ausländer hat vielmehr - sofern eine entsprechende Anordnung getroffen wird – aus allgemein rechtsstaatlichen Gründen heraus nach Maßgabe des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG) lediglich einen Anspruch auf Gleichbehandlung, für den allein die praktische Anwendung durch die zuständige Behörde bezogen auf das jeweilige Bundesland maßgebend ist. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 5.7.2006 – 2 Q 5/06 –, SKZ 2007, 45, Leitsatz Nr. 46, dort noch zur „Bleiberegelung für Asylbewerber und abgelehnte Vertriebenenbewerber mit langjährigem Aufenthalt“ des Ministeriums für Inneres und Sport vom 20.12.1999 – B 5-5510/1 Altfall – zur Umsetzung eines entsprechenden Beschlusses der Innenministerkonferenz vom 18./19.11.1999, „Altfallregelung“) Dem Vortrag der Kläger lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, dass der Beklagte beziehungsweise das früher zuständige Landesamt für Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten in vom Sachverhalt her gleich gelagerten Fällen „willkürlich“ abweichend verfahren ist und Aufenthaltserlaubnisse erteilt hat.

Im Übrigen setzte die damalige Altfallregelung wie ihre Vorgänger in der detaillierten Ziffer 2 des Erlasses in aller Regel eine bereits gelungene soziale und insbesondere wirtschaftliche Integration zu dem im Erlass genannten Stichzeitpunkt des Beschlusses der Ministerrunde (17.11.2006) voraus. Eine solche lag bei den Klägern vor allem, was die Eigensicherung des Lebensunterhalts und damit die wirtschaftliche Eingliederung in hiesige Lebensverhältnisse betraf, ohne Zweifel nicht vor.

Darüber hinaus waren im Falle der Kläger auch in der Altfallregelung vom Dezember 2006 aufgeführte Ausschlussgründe (dazu Ziffer 3 des Erlasses) gegeben. Der Beklagte hat in seinem Bescheid vom 31.1.2008 zutreffend auf den Ausschlussgrund gemäß Ziffer 3.3 hingewiesen. Nach der Anwendungspraxis der Ausländerbehörde schloss die Verurteilung des Klägers zu 2) zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen für Allgemeinstraftaten die Anwendung des Erlasses in seinem und auch im Falle seiner Familienangehörigen aus. Mit Blick auf den eingangs erwähnten rechtlichen Grundansatz ist dies in dem Zusammenhang jedenfalls nicht weiter zu hinterfragen.

3. Ansprüche der Kläger auf Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnisse ergeben sich schließlich auch nicht aus der seit dem 28.8.2007 geltenden gesetzlichen Altfallregelung der §§ 104a, 104b AufenthG. Sinn dieser Bestimmungen ist es, seit langem in Deutschland lebenden wirtschaftlich integrierten und nur geduldeten Ausländern, die sich in der Vergangenheit im Wesentlichen rechtstreu verhalten haben, durch die Einräumung befristeter Bleiberechte eine Perspektive für einen Verbleib in Deutschland zu geben und ihnen die Möglichkeit einzuräumen, im Bereich wirtschaftlicher Integrationsanforderungen bei Bedarf nachzubessern (§ 104a Abs. 1 Satz 1, Sätze 3 ff., Abs. 5 AufenthG). Personen, die bei Inkrafttreten der Bestimmung noch nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit zu sichern, erhalten bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen nach den dortigen Nr. 1 bis Nr. 6 eine Aufenthaltserlaubnis „auf Probe“ nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG, die nach § 104a Abs. 1 Satz 3 AufenthG den Aufenthaltstiteln aus humanitären Gründen gleichgestellt wird. Die zeitlichen Vorgaben sollen nach der Vorstellung des Bundesgesetzgebers einen Anreiz zur Arbeitsplatzsuche schaffen und die Zuwanderung in die Sozialsysteme vermeiden. Sobald der Ausländer nachweist, dass er seinen Lebensunterhalt eigenständig zu sichern vermag, soll ihm bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erteilt werden. (vgl. dazu Seite 202 der BT-Drucks. 16/5065 zu § 104a Abs. 1 E AufenthG) Bei gesichertem Lebensunterhalt wird die Aufenthaltserlaubnis im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 6 AufenthG auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erteilt (§ 104a Abs. 1 Satz 2 AufenthG).

Die Vorschrift geht jedoch im Grundsatz von einer aufenthaltsrechtlichen „Klärung“ der in den Anwendungsbereich fallenden Altfälle bis Jahresende 2009 aus, sieht für die Fälle erfolgreicher oder Erfolg versprechender Integration dann eine Verlängerungsmöglichkeit um 2 Jahre vor und ist daher für den Fall der Kläger eigentlich schon zeitlich weitgehend „überholt“, (vgl. dazu Funke-Kaiser in GK AuslR, § 104a AufenthG, Rn 3, wonach die gesetzliche Altfallregelung – wie die bisherigen Bleiberechtserlasse der Länder – eine zeitlich durch den Stichtag 1.7.2007 begrenzte Maßnahme des Gesetzgebers darstellt, die nicht für die Zukunft immer wieder neu entstehende Altfälle erfassen will) sofern man nicht für die Fälle frühzeitiger Antragstellung durch den betroffenen Ausländer in einer – unterstellt – rechtswidrigen Ablehnung einen Folgenbeseitigungsansprüche auslösenden Umstand erblickt.

a. Den Klägern ist es bis heute nicht gelungen, den Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit zu sichern, so dass der weitergehende Anspruch nach § 104a Abs. 1 Satz 2 AufenthG auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG aktuell offensichtlich ausscheidet. Der Kläger zu 2) hat zwar bereits im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens auf eine Anstellung bei der Landschaftsgärtnerei E in H hingewiesen und insoweit entsprechende Lohnbescheinigungen vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat war allerdings unstreitig, dass es insoweit Probleme jedenfalls in der Vergangenheit bei einem Einsatz des Klägers zu 2) im Rahmen von Arbeitsaufträgen jenseits der Landesgrenzen, insbesondere im benachbarten Rheinland-Pfalz, gab und dass die Familie daher auch aktuell auf öffentliche Hilfen zum Lebensunterhalt angewiesen ist. (vgl. dazu den mit dem PKH-Antrag vorgelegten Bescheid des Regionalverbands Saarbrücken, Soziales Dienstleistungszentrum, vom 21.8.2009, wonach die Kläger derzeit Hilfen zum Lebensunterhalt nach § 2 AsylbLG in Höhe von 1.234,53 EUR erhalten)

b. Da die auch insoweit zusätzlich geltenden Anforderungen nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht erfüllt sind, steht den Klägern ferner kein Anspruch auf Erteilung der in dieser Altfallregelung vorgesehenen Aufenthaltserlaubnis „auf Probe“ zu.

Zwar dürften die in § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG genannten Integrationsvoraussetzungen eines ausreichendem Wohnraums (Nr. 1), hinreichender mündlicher Deutschkenntnisse (Nr. 2) (Die in der Vorschrift angesprochenen mündlichen Deutschkenntnisse der Anforderungsstufe A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GERR), die von jedem – auch Familienmitglied – gesondert gefordert werden, erfordert nicht mehr, als dass sich der/die Betroffene in einfacher Art, etwa hinsichtlich der Angaben zu seiner Person und seiner Arbeit, mündlich verständlich machen kann.) und des Schulbesuchs des Klägers zu 3) – sofern überhaupt noch schulpflichtig – (Nr. 3) zu bejahen sein, und auch ein Terrorismusverdacht (Nr. 5) steht nicht in Rede. Handlungsweisen, die sich als vorsätzliche Behinderung oder Verzögerung einer Aufenthaltsbeendigung dem Tatbestand der Nr. 4 zuordnen ließen, hat der Beklagte den Klägern nicht entgegen gehalten.

Ebenso unstreitig muss indes hier nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen vom Vorliegen einer im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG erheblichen und nach den einschlägigen registerrechtlichen Vorschriften auch noch verwertbaren Bestrafung des Klägers zu 2) und damit eines Ausschlussgrundes im Sinne der gesetzlichen Altfallregelung ausgegangen werden. Dem Kläger zu 2) wurde durch Strafbefehl vom 21.3.2007 eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen auferlegt. Die inzwischen zwingende Unbeachtlichkeitsregelung für Geldstrafen bis 50 Tagessätzen greift wegen Überschreitens dieses vom Gesetzgeber „bagatellisierten“ Strafmaßes hier nicht ein. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist diese Vorstrafe im Sinne der einschlägigen Bestimmungen des Bundeszentralregistergesetzes unabhängig von dem bereits länger zurückliegenden Tatzeitpunkt im Jahr 2002 verwertbar (§§ 5 Abs. 1 Nr. 4, 46 Abs. 1 Nr. 1a, 51 BZRG). Der an den Zeitpunkt der Unterschrift des Richters unter den Strafbefehl anknüpfende Tilgungszeitraum von hier 5 Jahren ist noch nicht abgelaufen. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist in dem Zusammenhang durch die Regelungen über Tilgungsfristen und Verwertungsverbote (§§ 46 Abs. 1, 51 Abs. 1 BZRG) Rechnung getragen. Da die für den Senat durchaus nachvollziehbare Besonderheit des langen Zwischenraums zwischen Tatbegehung und Bestrafung keinen gesetzlichen Niederschlag gefunden hat, muss der Frage, auf welche Umstände dieser Zeitablauf zurückzuführen und welcher Verantwortungssphäre er zuzuordnen ist, nicht nachgegangen werden. Ein Antrag des Klägers zu 2) an das Bundesamt für Justiz – Bundeszentralregisterbehörde – auf vorzeitige Tilgung blieb erfolglos. Der entsprechende Tilgungsanspruch könnte – wenn er bestünde – nicht im vorliegenden Verfahren gegenüber der Ausländerbehörde geltend gemacht werden, da dieser insoweit keine Regelungsbefugnisse zustehen. Nach der Rechtsprechung des Senats stellt die Verurteilung zu einer Geldstrafe von mehr als 50 Tagessätzen einen strikten Versagungsgrund im Rahmen der gesetzlichen Altfallregelung dar. (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 27.5.2009 – 2 B 330/09 –, im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 27.1.2009 – 1 C 40.07 –, DVBl. 2009, 650)

Nach dem Gesetzeswortlaut rechtfertigt die Verwirklichung des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG auch die Versagung der Aufenthaltserlaubnis gegenüber mit dem Straftäter in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienmitgliedern (§ 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG), hier also gegenüber der Klägerin zu 1) als seiner Ehefrau und dem Kläger zu 3) als gemeinsamem (konkret minderjährigem) Kind.

Die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung ausführlich thematisierte und in der Literatur umstrittene Frage, ob diese Erstreckung der Wirkungen der Verurteilung auf die übrigen mit ihm zusammen lebenden Familienmitglieder (Schlagwort: „Sippenhaft“) verfassungsgemäß ist oder nicht, hat das Verwaltungsgericht – nach ihrer Verneinung – zur Zulassung der Berufung veranlasst. Ob es insoweit mit Blick auf die Grundrechte gerechtfertigt werden kann, was der Wortlaut zulässt, strafrechtliches Verhalten eines Kindes den mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Eltern oder gar seinen minderjährigen Geschwistern zuzurechnen, braucht hier nicht entschieden zu werden. (vgl. dazu den Vorlagebeschluss zum Bundesverfassungsgericht des VGH Mannheim vom 24.6.2009 – 13 S 519/09 –, InfAuslR 2009, 350, DÖV 2009, 727) Die Verfassungsmäßigkeit einer Zurechnung unterliegt jedenfalls gegenüber der strafrechtlich selbst bisher nicht in Erscheinung getretenen Klägerin zu 1) als Ehefrau keinen durchgreifenden Bedenken. (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.1.2008 – 2 S 6.08 –, juris) Insbesondere weist die Bestimmung von ihrem eindeutig geschlechtsneutralen Wortlaut her keine am Maßstab des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 2 G) zu beanstandende Benachteiligung gerade von Ehefrauen auf. (vgl. insbesondere in dem Zusammenhang OVG Lüneburg, Beschluss vom 17.11.2008 – 10 LA 260/08 –, NVwZ-RR 2009, 497)

Der Gesetzgeber hat mit der Altfallregelung 2007 eine bestimmte Gruppen von ausreisepflichtigen Ausländern begünstigende Regelung geschaffen, die das Aufenthaltsgesetz ansonsten nicht vorsieht und zu deren Erlass er weder verfassungs- noch völkerrechtlich verpflichtet ist. Dabei obliegt ihm ein weiter (gesetzgeberischer) Gestaltungsspielraum.

Die Argumentation des von den Klägern bereits im Zusammenhang mit dem Aussetzungsbegehren (§ 94 Satz 1 VwGO, dazu oben I.) in Bezug genommenen VGH Mannheim hinsichtlich der nach seiner Auffassung von dem Zurechnungsgebot in § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG ausgenommenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften mit der Konsequenz einer vermeintlich verfassungswidrigen Ungleichbehandlung (Schlechterstellung) von Eheleuten oder allgemein heterosexuellen Partnerschaften, überzeugt nicht. Die Frage, wer „Familienmitglied“ im Sinne der Vorschrift ist, ist für den Bereich gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften durch den § 11 Abs. 1 LPartG klar beantwortet. Danach gilt ein Lebenspartner als „Familienangehöriger“ des anderen Partners. Die aus dem in der Vorschrift enthaltenen Vorbehalt abweichender gesetzlicher Regelung in Verbindung mit § 27 Abs. 2 AufenthG vom VGH Mannheim (vgl. dazu den Vorlagebeschluss zum Bundesverfassungsgericht des VGH Mannheim vom 24.6.2009 – 13 S 519/09 –, DÖV 2009, 727, bei juris Rn 38, 39) hergeleitete Nichtanwendbarkeit auf formell verpartnerte Personen ist allein am Ergebnis orientiert und gebietet nicht zwingend, die Lebenspartner gerade im Sinne der Altfallregelung nicht als „Familienmitglieder“ zu behandeln.

Es verstößt ferner nicht gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) oder gegen das aus Art. 6 GG hergeleitete Verbot der Diskriminierung der Ehe, dass der Gesetzgeber nicht alle anderen nicht formellen Lebensgemeinschaften in die Regelung mit einbezogen hat, sondern bei § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG – wie auch in anderen Bereichen des Aufenthaltsrechts, etwa beim Familiennachzug – an die für einen sinnvollen Gesetzesvollzug als Anknüpfungspunkt in Betracht kommenden formellen Partnerschaften der Ehe oder – im gleichgeschlechtlichen Bereich – der eingetragenen Lebenspartnerschaft orientiert (§ 11 Abs. 1 LPartG). Die Vorschrift des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG spiegelt – bezogen auf die Ehefrau – die im Zusammenhang mit den Regelungen über den Familiennachzug (§§ 27 ff. AufenthG) an das Bestehen einer Ehe geknüpften Vergünstigungen wieder und schließt es beispielsweise aus, dass der strafrechtlich in Erscheinung getretene Ehegatte – sei es nun Mann oder Frau – sich nach Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG für den Partner auf der Grundlage des Art. 6 GG dann doch ein eigenes Bleiberecht „auf Probe“ sichert.

Der schriftsätzlich als Argument für die aus Sicht der Kläger stattdessen vorzunehmende „gesonderte“ Beurteilung der einzelnen Familienmitglieder genannten Entscheidung des Senats (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 30.10.2007 – 2 D 390/07 –) lässt sich derartiges offensichtlich nicht entnehmen. Der Beschluss betraf eine – erfolgreiche – Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe und enthält lediglich einen knappen Verweis auf die Existenz der Härteregelung in § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG, indes nicht einmal eine Aussage zu deren Anwendbarkeit im dortigen Fall, stattdessen aber einen ausdrücklichen Hinweis auf den Grundsatz der Zurechnung von Verurteilungen im Satz 1.

Die verfassungskritische Literatur (vgl. dazu Funke-Kaiser in GK AuslR, § 104a AufenthG, Rn 58) und Rechtsprechung geht ferner im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die Annahme einer Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht unmittelbar zu einem Anspruch der selbst nicht straffällig gewordenen Familienangehörigen führt. Insoweit wird darauf verweisen, dass der Bundesgesetzgeber außerhalb seiner sich aus der Verfassung (Art. 6 GG) oder aus Völkervertragsrecht (Art. 8 EMRK) ergebenden Verpflichtung zur Einräumung von Bleiberechten nicht gehindert sei, die „Altfallregelung“ gegebenenfalls insgesamt zu streichen, weshalb kein Fall der Teilnichtigkeit (nur) des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG angenommen werden könne. Von daher entzöge die Annahme der Verfassungswidrigkeit der Zurechnungsregel einem Anspruch der Kläger auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG insgesamt die Grundlage. Vor dem Hintergrund ist die Frage aufzuwerfen, weshalb die Frage nach der Verfassungswidrigkeit in auf die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Altfallregelung gerichteten Rechtsstreitigkeiten – auch soweit nur Neubescheidungen begehrt werden – überhaupt gestellt (und beantwortet) werden müsste. Von daher gilt im Ergebnis letztlich zumindest in diesem Teilbereich nichts anderes als für die früheren ministeriellen Bleiberechtserlasse ungeachtet der „Hochzonung“ der Altfallregelung auf die Stufe des formellen Gesetzes. Eine Nichtanwendung isoliert des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG durch die Gerichte bedeutete einen Übergriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei Erlass derartiger begünstigender Regelungen, die verfassungsrechtlich wiederum nur durch das Willkürverbot begrenzt wird. Das hat auch der VGH Mannheim in dem erwähnten Vorlageschluss so gesehen und die Vorlage nur mit Blick auf einen dort gestellten Antrag auf Neubescheidung für gerechtfertigt gehalten. (vgl. dazu den Vorlagebeschluss zum Bundesverfassungsgericht des VGH Mannheim vom 24.6.2009 – 13 S 519/09 –, DÖV 2009, 727, bei juris Rn 51, 52) Diese Differenzierung ist indes nicht nachvollziehbar. Wäre gegebenenfalls von einer Gesamtnichtigkeit des § 104a AufenthG auszugehen und berücksichtigt man zusätzlich das Fehlen einer Verpflichtung des Gesetzgebers zum (erneuten) Erlass solcher Rechtsvorschriften zur Bereinigung von Altfällen jenseits der Gewährleistung der Integrationsgarantie des Art. 8 EMRK, so ist nicht einleuchtend, woraus sich ein Anspruch (auch nur) auf Bescheidung eines Antrags des Ausländers ergeben sollte.

Ausgehend von der rechtlichen Verbindlichkeit der Altfallregelung (§ 104a AufenthG) sollen Härtefälle nach den Vorstellungen des Gesetzgebers, sofern es sich um eine besondere Härte handelt, unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten von der für Ehegatten geltenden Sonderregelung in § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgefangen werden. Eine solche „besondere“ Härte kann tatbestandlich in dem Zusammenhang allerdings sicher nicht bereits aus der Stellung des Zurechnungsadressaten als Ehefrau oder Ehemann hergeleitet werden, um auf diesem Wege das Zurechnungsgebot im Grundsatz zu relativieren. Sie kann vielmehr nur dann angenommen werden, wenn im konkreten („besonderen“) Einzelfall besondere Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die mit der Befolgung der Ausreisepflicht für den Ehepartner verbundenen Konsequenzen sie oder ihn erheblich ungleich härter treffen als andere Ausländer oder Ausländerinnen in vergleichbarer Situation oder wenn die abgeurteilte Straftat gerade gegenüber dem Ehepartner begangen worden ist. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Das gilt auch mit Blick auf die psychische Erkrankung der Klägerin zu 1). (vgl. dazu Funke-Kaiser in GK AuslR, § 104a AufenthG, Rn 60, wonach es eine Härte begründen soll, wenn der nicht straffällig gewordene Ehegatte eine in Deutschland eine lang dauernde Heilbehandlung durchläuft und ihm deren Abbruch nicht zugemutet werden kann) Insoweit ist ein Ende der Behandlungsbedürftigkeit nicht abzusehen und eine solche kann nach dem im Verfahren betreffend die Anfechtung des Widerrufsbescheids des Bundesamts vom 1.2.2005 ergangenen rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21.2.2007 – 10 K 11/05.A – inzwischen auch im Herkunftsland erfolgen. Mit der Erkrankung im Zusammenhang steht die von der Klägerin zu 1) behauptete Selbstmordabsicht (Suizidalität), die auch im Rahmen des § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG keine andere Beurteilung rechtfertigt. Ebenso wenig lässt sich aus dem Verweis auf den zeitlichen Abstand zwischen Tatbegehung (2002) und Bestrafung des Klägers zu 2) ein „besonderer“ Härtefall herleiten. Diese Thematik wird gerade auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten durch die Bestimmungen in §§ 46 Abs. 1, 51 Abs. 1 BZRG über die zeitliche Verwertbarkeit der Einträge im Register abgedeckt. Ansprüche auf vorzeitige Tilgung sind – wie bereits ausgeführt – gegenüber der zuständigen Bundesbehörde geltend zu machen.

Bei den minderjährigen Kindern entspricht die Zurechnung der Straffälligkeit eines Elternteils nach § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG dem allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Grundsatz, dass diese Kinder – wie hier der Kläger zu 3) – das aufenthaltsrechtliche Schicksal der Eltern teilen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der insoweit eine selbständige Beurteilung rechtfertigenden Sondervorschrift nach § 104b AufenthG liegen im Falle des Klägers zu 3) nicht vor. Das gilt bereits für die dort genannte Altersgrenze. Außerdem sind die Kläger zu 1) und 2) erklärtermaßen nicht zu einer „Ausreise“ bereit.

B.

Die in dem nach Erhebung der Klage ergangenen Ablehnungsbescheid vom 31.1.2008 unter Ziffern 4. bis 6. enthaltenen Maßnahmen der Ausreiseaufforderung unter Hinweis auf die Ausreisepflicht (§ 50 Abs. 1 AufenthG), der Abschiebungsandrohung für den Fall der Nichtbefolgung (§ 59 Abs. 1 AufenthG) wie auch der Hinweis auf die sich insoweit aus dem Gesetz ergebende Kostentragungspflicht (§ 66 Abs. 1 AufenthG) sind rechtlich nicht zu beanstanden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO, 100 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen mit Blick auf die höchstrichterlich bisher nicht entschiedene, in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beantwortete Frage der Verfassungsmäßigkeit der Zurechnungsregel des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Ungeachtet der sich aus dem Inhalt der Vorschrift, vor allem der Stichtagsregelung, ergebenden zeitlichen Vorgaben für die Behandlung und Klärung der in ihren Anwendungsbereich fallenden Altfälle (vgl. dazu Funke-Kaiser in GK AuslR, § 104a AufenthG, Rn 3, wonach die gesetzliche Altfallregelung – wie die bisherigen Bleiberechtserlasse der Länder – eine zeitlich durch den Stichtag 1.7.2007 begrenzte Maßnahme des Gesetzgebers darstellt, die nicht für die Zukunft immer wieder neu entstehende Altfälle erfassen will) enthält die Bestimmung keine zeitliche Beschränkung hinsichtlich des gesetzlichen Anwendungsbefehls, so dass insofern nicht von „auslaufendem“ Recht ausgegangen werden kann.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 15.000,- EUR festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG, ebenso bereits die vorläufige Festsetzung im Beschluss vom 16.4.2009 – 2 A 329/09 –).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:

1.
minderjährige Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2,
2.
Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen,
3.
Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen,
4.
Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen,
5.
Enkelkinder und weitere Abkömmlinge,
6.
Eltern,
7.
weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter ihnen gehen die Näheren den Entfernteren vor.

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

Geht die leistungsberechtigte Person durch Zahlung an Anbieter in Vorleistung, ist der kommunale Träger zur Übernahme der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen verpflichtet, soweit

1.
unbeschadet des Satzes 2 die Voraussetzungen einer Leistungsgewährung zur Deckung der Bedarfe im Zeitpunkt der Selbsthilfe nach § 28 Absatz 2 und 5 bis 7 vorlagen und
2.
zum Zeitpunkt der Selbsthilfe der Zweck der Leistung durch Erbringung als Sach- oder Dienstleistung ohne eigenes Verschulden nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen war.
War es dem Leistungsberechtigten nicht möglich, rechtzeitig einen Antrag zu stellen, gilt dieser als zum Zeitpunkt der Selbstvornahme gestellt.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).

(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für

1.
Schulausflüge und
2.
mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
Für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, gilt Satz 1 entsprechend.

(3) Für die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf ist § 34 Absatz 3 und 3a des Zwölften Buches mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass der nach § 34 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 3a des Zwölften Buches anzuerkennende Bedarf für das erste Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. August und für das zweite Schulhalbjahr regelmäßig zum 1. Februar zu berücksichtigen ist.

(4) Bei Schülerinnen und Schülern, die für den Besuch der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs auf Schülerbeförderung angewiesen sind, werden die dafür erforderlichen tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit sie nicht von Dritten übernommen werden. Als nächstgelegene Schule des gewählten Bildungsgangs gilt auch eine Schule, die aufgrund ihres Profils gewählt wurde, soweit aus diesem Profil eine besondere inhaltliche oder organisatorische Ausgestaltung des Unterrichts folgt; dies sind insbesondere Schulen mit naturwissenschaftlichem, musischem, sportlichem oder sprachlichem Profil sowie bilinguale Schulen, und Schulen mit ganztägiger Ausrichtung.

(5) Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht an.

(6) Bei Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden die entstehenden Aufwendungen berücksichtigt für

1.
Schülerinnen und Schüler und
2.
Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird.
Für Schülerinnen und Schüler gilt dies unter der Voraussetzung, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist. In den Fällen des Satzes 2 ist für die Ermittlung des monatlichen Bedarfs die Anzahl der Schultage in dem Land zugrunde zu legen, in dem der Schulbesuch stattfindet.

(7) Für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden pauschal 15 Euro monatlich berücksichtigt, sofern bei Leistungsberechtigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tatsächliche Aufwendungen entstehen im Zusammenhang mit der Teilnahme an

1.
Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit,
2.
Unterricht in künstlerischen Fächern (zum Beispiel Musikunterricht) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und
3.
Freizeiten.
Neben der Berücksichtigung von Bedarfen nach Satz 1 können auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an Aktivitäten nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 entstehen und es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, diese aus den Leistungen nach Satz 1 und aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. Juni 2009 - 4 K 4239/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.
Die im Bundesgebiet geduldeten Kläger sind serbische, möglicherweise auch kosovarische Staatsangehörige und gehören der Volksgruppe der Roma an. Der am 3.5.1978 geborene Kläger zu 1 und die am 5.10.1979 geborene Klägerin zu 2 sind miteinander verheiratet. Die in den Jahren 2002, 2003 und 2005 im Bundesgebiet geborenen Kläger zu 3 - 5 sind deren gemeinsame Kinder. Die Kläger zu 1 und 2 reisten im Jahre 1999 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Alle Kläger mit Ausnahme der Klägerin zu 2 haben mittlerweile Asylverfahren erfolglos betrieben.
Die Kläger sind in einer Obdachlosenunterkunft der Beklagten untergebracht. Laut Einweisungsverfügung der Beklagten vom 27.12.2006 (Verlängerung) handelt es sich um drei Zimmer, für die die Kläger eine monatliche Benutzungsgebühr in Höhe von 471,24 EUR zu zahlen haben. Der Verfügung zufolge werden die Gemeinschaftsflächen (Küche, Bad/WC, Flur) von allen Bewohnern gemeinsam genutzt. Auf dem Abdruck der Verfügung in den Akten der Beklagten befindet sich ein Aktenvermerk vom 9.2.2007, wonach es sich um eine abgeschlossene Wohnung handle.
Auf einem Meldeblatt in den Akten der Beklagten (AS. 138) ist festgehalten: „Wegzug nach unbekannt am 13.6.2005“ . Auf einem weiteren Meldebogen (VAS 140) ist für den 1.7.2005 „Wiederzuzug aus dem Ausland“ vermerkt.
In dem Bericht der Bundespolizeiinspektion Saarbrücken zur Rücküberstellung der Kläger vom 11.7.2005 wird ausgeführt, diese und andere Mitglieder ihrer Großfamilie seien am 8.7.2005 gegen 6.30 Uhr von der französischen Polizei am Bahnhof von Verdun angetroffen, überprüft und aufgrund ihrer fehlenden Pässe und Visa wegen unerlaubter Einreise in die Republik Frankreich festgenommen worden. Sie hätten gegenüber der französischen Polizei angegeben, mit dem Zug in Richtung Lyon unterwegs gewesen zu sein, in Verdun seien ihre Barmittel erschöpft gewesen. Nach ihren eigenen Angaben seien sie am 6.7.2005 von Stuttgart aus in Richtung Frankreich abgereist. Nach ihrer Ankunft in Verdun hätten sie in den dortigen Straßen übernachtet. Fahrkarten hätten sie nicht bei sich gehabt. Nach erfolgter Rücküberstellung aus Frankreich am 8.7.2005 sei bei der Überprüfung festgestellt worden, dass die Kläger außer ihren Duldungen u.a. noch ein Schreiben des Regierungspräsidiums Stuttgart, Bezirksstelle für Asyl, vom 14.6.2005 bei sich geführt hätten. Darin seien sie aufgefordert worden, sich zur Vorbereitung der freiwilligen Rückkehr mit der Behörde in Verbindung zu setzen. Auch nach ihrer Rückkehr aus Frankreich erhielten die Kläger Duldungen.
Unter dem 28.11.2006 beantragten die Kläger die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. In dem Antragsformular ist als Aufenthaltszweck „Erwerbstätigkeit“ angekreuzt. In einem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30.10.2006 berief sich dieser indes allein auf humanitäre Gründe (§ 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK). Mit Schreiben vom 22.11.2006 führte er ergänzend aus, er meine, dass die Kläger unter die Voraussetzungen der Altfallregelung vom 17.11.2006 fielen. Kurz darauf gaben diese die in ihrem Besitz befindlichen serbischen Reisepässe bei der Beklagten ab.
Mit Bescheid vom 6.5.2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Kläger ab; den Klägern zu 4 und 5 drohte sie zudem die Abschiebung in die Bundesrepublik Serbien oder den Kosovo an, falls sie die Bundesrepublik Deutschland nicht spätestens einen Monat nach Bestandskraft dieser Verfügung verließen. Punkt 1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom 20.11.2006 sei nicht erfüllt. Die Kläger hätten Ende Mai/Anfang Juni die Obdachlosenunterkunft verlassen und seien untergetaucht. Am 6.7.2005 seien sie nach Frankreich gereist. Sie hätten dort mit ihren Onkeln, Tanten, Brüdern und Cousins leben und ihren Lebensmittelpunkt dorthin verlegen wollen. Sie seien jedoch von der französischen Polizei festgenommen und am 8.7.2005 nach Deutschland zurück überstellt worden. Sie hätten sich damit zwar noch kurzfristig, jedoch ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde außerhalb der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Zudem hätten sie vorsätzlich behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert oder behindert. Sie hätten zwar zur Erlangung der Aufenthaltserlaubnis einen gültigen serbischen Reisepass vorgelegt. Sie hätten diesen jedoch bereits seit fast zehn Monaten besessen und ihn trotz mehrerer Aufforderungen zur Verhinderung einer möglichen Abschiebung nicht bei der Ausländerbehörde vorgelegt. Des Weiteren seien sie aus ihrer Obdachlosenunterkunft verschwunden, untergetaucht und illegal nach Frankreich gereist, um einer Abschiebung in ihre Heimat zu entgehen. Auch eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG könne den Klägern nicht erteilt werden. Sie verfügten nicht über ausreichenden Wohnraum, da sie in einer kommunalen Obdachlosenunterkunft wohnten. Zudem sei zu ihren Lasten zu werten, dass sie ihren Nationalpass der Ausländerbehörde nicht unverzüglich vorgelegt hätten. Die von ihnen ausgeführte Integration der Familie zu „faktischen Inländern“ könne nicht nachvollzogen werden. Die Kläger zu 1 und 2 befänden sich noch nicht einmal zehn Jahre im Bundesgebiet und hätten keinen deutschen Schulabschluss. Sie seien beide im Kosovo aufgewachsen, beherrschten die Sprache und könnten sich in die dortigen Lebensverhältnisse wieder einfügen. Die Kläger zu 3 - 5 besuchten noch nicht die Schule und könnten sich daher auch problemlos in die Gesellschaft ihres Heimatlandes einfügen. Zudem könne nicht von einer erfolgreichen Integration gesprochen werden, wenn die Familie sich der Abschiebung durch die Nichtaushändigung der gültigen Nationalpässe und Untertauchen entziehe.
Die fristgerecht erhobenen Widersprüche der Kläger wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2008 zurück. Darin wird ausgeführt: Seit der Rückkehr in das Bundesgebiet im Juli 2005 sei der Kläger zu 1 als Teilzeitmitarbeiter bei der Firma M. D. beschäftigt. Im März 2007 habe er zusätzlich eine geringfügige befristete Beschäftigung in einer Autowaschanlage angenommen. Zumindest bis November 2006 hätten die Kläger zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zusätzliche öffentliche Leistungen bezogen. Die erforderliche ununterbrochene Aufenthaltszeit von sechs Jahren sei nicht erfüllt, weil die Kläger im Juni 2005 untergetaucht seien und sich unerlaubt in Frankreich aufgehalten hätten, wo sie am 8.7.2005 festgenommen worden seien. Gemäß Nr. 1.1, Buchstabe i der Anwendungshinweise des Innenministeriums zur Anordnung vom 20.11.2006 führe die Weiterreise in einen anderen Dublin-Staat auch dann zu einer Unterbrechung des Inlandsaufenthalts, wenn eine Rücküberstellung erfolgt sei. Nach Nr. 2.3. der ergänzenden Hinweise des Innenministeriums zu den vorläufigen Anwendungshinweisen zum Aufenthaltsgesetz gelte das Gleiche für die gesetzliche Bleiberechtsregelung des § 104a AufenthG. Gemäß § 50 Abs. 4 AufenthG seien die Kläger mit ihrer unerlaubten Einreise und dem unerlaubten Aufenthalt in Frankreich ihrer Ausreisepflicht nicht nachgekommen. Nach Aktenlage sei auch kein rechtliches oder tatsächliches Ausreisehindernis im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG ersichtlich. Die Kläger zu 1 und 2 lebten erst seit acht Jahren im Bundesgebiet und hätten die überwiegende Zeit ihres Lebens in ihrem Heimatland verbracht. Ihnen sei es deshalb möglich und zumutbar zusammen mit ihren minderjährigen Kindern in ihr Heimatland zurückzukehren. Die minderjährigen Kläger zu 3 - 5 teilten insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern. Die gegen die Kläger zu 4 und 5 ergangenen Abschiebungsandrohungen seien zwischenzeitlich obsolet geworden, nachdem sie das Bundesamt bestandskräftig zur Ausreise aufgefordert und ihnen anderenfalls die Abschiebung in das Kosovo angedroht habe.
Die Kläger haben am 12.11.2006 Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Sie machen ergänzend geltend, der Kläger zu 1 arbeite bereits seit dem 23.3.2003 bei M. D.. Aufenthaltsrechtlich relevante Vorstrafen gebe es nicht.
10 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 4.6.2009 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Ein Anspruch nach § 104a AufenthG bzw. § 23 AufenthG i.V.m. der Anordnung des Innenministeriums vom 20.11.2006 scheitere schon daran, dass sich die Kläger zum jeweiligen Stichtag nicht seit mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet aufgehalten hätten, weil sie nach ihrem Untertauchen im Juni 2005 nach Frankreich ausgereist seien und hierbei ihren Duldungsstatus verloren hätten. Die vorherigen Aufenthaltszeiten könnten daher nicht auf die Mindestdauer des langjährigen Aufenthalts angerechnet werden. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 EMRK ergebe sich kein Abschiebungshindernis. Im Rahmen der Eingriffsrechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK sei eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Für die Kläger spreche der insgesamt lange Aufenthalt im Bundesgebiet, die bei allen Klägern vorhandenen deutschen Sprachkenntnisse, das Fehlen von Straftaten sowie das Bemühen um die Sicherung des Lebensunterhalts durch den Kläger zu 1, neuerdings auch durch die Klägerin zu 2. Dagegen spreche auf der anderen Seite der Umstand, dass die Sicherung des Lebensunterhalts bisher nicht gelungen sei. Die mündliche Verhandlung habe ergeben, dass der Kläger zu 1 aus seiner Teilzeitbeschäftigung bei M. D. ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von ca. 880,-- EUR erziele. Hinzu komme der Verdienst der Klägerin zu 2 aus ihrer neu aufgenommenen Tätigkeit in Höhe von 120,-- EUR im Monat sowie das Kindergeld von ca. 480,-- EUR monatlich. Zusammen seien dies 1.480,-- EUR, wovon die Miete von 472,-- EUR abzuziehen sei. Es verblieben ca. 1.008,-- EUR, während der Bedarf der Familie sich nach den Berechnungen des Sozialamts der Beklagten auf 1.276,05 EUR belaufe. Es klaffe daher eine Lücke von ca. 270,- EUR, die auch derzeit noch durch ergänzende Sozialhilfe abgedeckt werde. Damit sei die wirtschaftliche Integration der Kläger zurzeit nicht gegeben. Hinzu komme der Umstand, dass sie zwischenzeitlich nach Frankreich ausgereist seien und damit bei ihnen keine kontinuierliche Entwicklung hin zu einer zunehmenden Integration festzustellen sei, weil kurzzeitig die Absicht der Eingliederung in die hiesigen Lebensverhältnisse aufgegeben worden sei. Die Entfremdung von den heimatlichen Lebensverhältnissen schreite fort, sei aber noch nicht gravierend, weil die Kläger zu 1 und 2 wegen ihres langjährigen Aufenthalts im Heimatland noch mit den Verhältnissen dort vertraut seien. Allerdings könnten die Kläger zu 3 - 5 die Roma-Sprache als Muttersprache der Kläger zu 1 und 2 nur sehr unzureichend sprechen, wie ihre Aussage in der mündlichen Verhandlung ergeben habe. Als Ergebnis der Abwägung sei festzuhalten, dass der Aspekt der noch nicht erreichten wirtschaftlichen Integration der Kläger bislang das größte Gewicht habe, so dass noch nicht von einer hinreichenden „Verwurzelung“ ausgegangen werden könne. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist den Klägern am 10.6.2009 zugestellt worden.
11 
Die Kläger machen zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung fristgerecht geltend: Der Kläger zu 1 sei inzwischen in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis im Rotationssystem bei M. D. übernommen worden. Sie erfüllten die Voraussetzungen des Art. 8 EMRK. Die Kläger zu 1 und 2 seien im Jahre 1999 ins Bundesgebiet eingereist, die Kläger zu 3 - 5 seien im Bundesgebiet geboren. Seither befänden sie sich bis auf eine kurzfristige Unterbrechung im Jahr 2005 ununterbrochen im Bundesgebiet. Allgemeine Ausschussgründe seien nicht ersichtlich, insbesondere lägen keine aufenthaltsrechtlich relevanten Vorstrafen vor. Zugunsten der Kläger müsse insbesondere der fast zehnjährige Aufenthalt im Bundesgebiet ins Gewicht fallen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sprächen die guten deutschen Sprachkenntnisse für die Kläger. Ihr Lebensunterhalt sei mittlerweile hinreichend gesichert. Der Kläger zu 1 beziehe einen Nettolohn von etwa 900,--EUR monatlich. Hinzu komme ein „Nebenjob“ bei einer Reinigungsfirma. Die Klägerin zu 2 arbeite ebenfalls bei dieser Firma auf 400,-- Euro-Basis. Die Kläger zu 3 - 5 seien hier im Bundesgebiet geboren und hätten keinerlei Bezug zum Kosovo. Neben der deutschen Sprache beherrschten sie nur noch die Roma-Sprache als Muttersprache, allerdings nur sehr unzureichend. Sie sprächen weder albanisch noch serbokroatisch. Nicht außer Acht gelassen werden könne auch die ethnische Volkszugehörigkeit der Kläger. Sie würden nach wie vor im Kosovo als „Menschen zweiter Klasse“ behandelt und angesehen werden.
12 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger zu 1 ergänzend informatorisch angegeben, sie hätten sich nur für 24 Stunden in Frankreich aufgehalten. Aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen. Am 23.6.2005 seien sie aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Er wisse nicht mehr, wo sie sich in der Zwischenzeit bis zu ihrer Ausreise nach Frankreich aufgehalten hätten; möglicherweise hätten sie Urlaub bei Verwandten in Hamburg gemacht. Er arbeite seit Juni 2009 170 Stunden monatlich bei M. D. in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis und daneben 25 Stunden monatlich bei einer Reinigungsfirma. Die Klägerin zu 2 sei dort ca. 40 Stunden pro Monat beschäftigt. Ihre Kinder - die Kläger zu 3 bis 5 - beherrschten die albanische Sprache nicht.
13 
Die Kläger beantragen,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4.6.2009 - 4 K 4239/08 - zu ändern, die Bescheide der Beklagten vom 6.5.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.10.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen zu erteilen.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie vertritt die Ansicht, die Kläger könnten aus ihrem Voraufenthalt keine Rechte ableiten. Sie seien nicht nur wenige Tage untergetaucht. Das Haus, in dem sie als Obdachlose eingewiesen gewesen seien, sei nach Auskunft des zuständigen Sozialarbeiters in der Nacht zum 13.6.2005 verlassen worden. Dieses Datum sei durch eine Befragung der Nachbarn bestätigt worden. Bei der französischen Polizei hätten sie „Abschiebungsandrohungen“ vom 17.5.2005 vorgelegt; die im Polizeibericht erwähnte „Abschiebungsandrohung“ vom 14.6.2005 stamme wahrscheinlich von der anderen Familie ...-... aus dem Ostalbkreis. Der Ausschlussgrund des § 104a Abs. 1 Nr. 4 AufenthG sei durch Untertauchen erfüllt. Als Aufenthaltszeit zu beachten sei nur die Zeit ab der Rücküberstellung am 8.7.2005. Während dieses vierjährigen Aufenthalts seien sie nur geduldet gewesen. Eine Verwurzelung sei aber nicht möglich, wenn sich ein Ausländer nur geduldet in Deutschland aufhalte. Von einer fortgeschrittenen beruflichen und sozialen Integration der Kläger könne nicht die Rede sein. Der Kläger zu 1 sei lediglich als Teilzeitmitarbeiter bei der Firma M. D. beschäftigt. Es sei ihm nicht gelungen, einen Arbeitsplatz mit Vollbeschäftigung zu finden oder sein Arbeitsvolumen beim jetzigen Arbeitgeber auf Vollzeit zu erhöhen. Dieses Argument werde nicht dadurch hinfällig, dass er seit März 2007 daneben eine geringfügige Beschäftigung in einer Autowaschanlage angenommen habe, die er aber nicht mehr ausübe. Die Kläger hätten zwar bei einer „Putzfirma“ mittlerweile zwei Hilfsjobs angenommen. Sie arbeiteten in Teilzeit in zusätzlichen Minijobs, die sie jederzeit wieder verlieren oder aufgeben könnten und in Bereichen, für die eine qualifizierte Ausbildung nicht erforderlich sei. Eine fortgeschrittene berufliche Integration gründe sich in der Regel auf ein unkündbares langjähriges Vollzeitarbeitsverhältnis mit durch die Arbeit erfolgter Qualifizierung und beruflichem Aufstieg. Eine soziale Integration erfordere insbesondere eine dauerhafte eigenständige Lebensunterhaltssicherung. Hinzu komme, dass ihnen die Reintegration im Herkunftsstaat nicht unmöglich sei. Dies zeige sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle. Es treffe nicht zu, dass die Kinder die Sprache des Herkunftsstaates nicht sprechen könnten. Auch der Großvater der Kläger sei im Bundesgebiet aufgenommen worden; es bestehe intensiver Kontakt. Da dieser der deutschen Sprache kaum mächtig sei, könnten die Enkel zwangsläufig nicht deutsch mit ihm sprechen. Minderjährige Kinder teilten grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern. Stehe den Eltern wegen mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland kein Aufenthaltsrecht zu, sei davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger auf die von den Eltern nach der Rückkehr in den Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden könne. Zudem könnten die Kläger keine besondere soziale Integration beispielsweise durch die aktive Mitgliedschaft in Vereinen nachweisen. Die Kinder seien noch so jung, dass sie zusätzliche Sprachen mit Leichtigkeit erlernen könnten, zumal sie als zweisprachig aufgewachsene Kinder sprachbegabt seien und die Eltern die Sprache auch beherrschten und sie in der Erlernung unterstützen könnten.
18 
Dem Senat liegen neben den Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts die von der Beklagten vorgelegten Ausländerakten über die Kläger (sechs Hefte) und die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart vor. Diese Akten waren wie die Prozessakte Gegenstand der mündlichen Verhandlung; wegen der Einzelheiten wird hierauf ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist aber unbegründet, da das Verwaltungsgericht ihre Klage zu Recht abgewiesen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
20 
1. Die Klage ist allerdings nicht schon etwa deshalb unbegründet, weil die Kläger bei der Beklagten keinen Antrag auf die nunmehr geltend gemachten Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen gestellt hätten. Ursprünglich haben sie im Antragsformular zwar angegeben, dass sie einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit begehren. Hierbei hat es sich indes um ein offenkundiges Versehen gehandelt. Wie sich aus dem Schriftverkehr zwischen ihrem Prozessbevollmächtigten und der Behörde eindeutig ergibt, haben sie der Sache nach von Anfang an nur einen humanitären Aufenthaltstitel begehrt. Diese Auslegung ihres Antrags ist auch sachgerecht, da ein Aufenthaltstitel aus anderen Gründen - z. B. zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder zum Familiennachzug - offenkundig nicht in Betracht kommt. Dementsprechend hat auch das Verwaltungsgericht die Klage ausgelegt und in den Entscheidungsgründen ausschließlich geprüft, ob den Klägern ein Titel aus humanitären Gründen erteilt werden kann. Bei dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag handelt es sich demzufolge nicht um eine Klageänderung, sondern nur um eine Konkretisierung des schon ursprünglich geltend gemachten Begehrens.
21 
2. Die Kläger haben jedoch in der Sache weder einen Anspruch auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 23 AufenthG noch nach § 104a AufenthG; auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
22 
a) Die Kläger erfüllen weder die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung nach § 23 AufenthG noch die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG. Sowohl Nr. I.1.1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 als auch § 104a Abs. 1 AufenthG verlangen zu den jeweiligen Stichtagen am 17.11.2006 bzw. 1.7.2007 einen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von sechs Jahren. Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger nicht, da sie das Bundesgebiet verlassen und versucht haben, auf Dauer nach Frankreich auszureisen, und sich damit im Zeitpunkt ihres dortigen Aufgreifens am Bahnhof von Verdun außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben. Zwar sind nach Nr. I.1.1 der Bleiberechtsregelung vom 20.11.2006 kurzfristige erlaubte Auslandsreisen unschädlich. Dasselbe galt nach den vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums (Stand: 17.12.2007) bei § 104a Abs. 1 AufenthG (Nr. 2.3); diese Regelung ist in der mittlerweile verabschiedeten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz allerdings nicht aufgegriffen worden. Bei der Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 hat es sich nicht um eine derartige für die Erfüllung der ununterbrochenen Aufenthaltszeit unschädliche kurzfristige erlaubte Auslandsreise gehandelt. Eine solche setzt nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung zum einen voraus, dass es sich um einen bloß vorübergehenden Aufenthalt im Ausland handelt, nicht aber um eine Ausreise auf Dauer, bei der eine Rückkehr ins Bundesgebiet nicht oder nicht in absehbarer Zeit geplant ist. Zum anderen kann von einer erlaubten Ausreise nur dann gesprochen werden, wenn sie in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt.
23 
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 auf Dauer erfolgen sollte. Die am 13.6.2005 - oder nach dem Vortrag des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.6.2005 -erfolgte Auflösung ihres Haushalts und ihr darauffolgendes Untertauchen belegen, dass sie das Bundesgebiet dauerhaft verlassen wollten. Dies hat der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich bestätigt und angegeben, aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen; sie seien aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Wie lange sich die Kläger genau in Frankreich aufgehalten haben und zu welchem exakten Datum sie ihre Wohnung aufgelöst haben, ist angesichts dessen nicht entscheidungserheblich.
24 
Zum anderen kann im vorliegenden Fall nicht die Rede davon sein, dass die Ausreise der Kläger nach Frankreich in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt sein könnte. Wie der Beklagte glaubhaft vorgetragen hat, erfolgte das Untertauchen und die anschließende Ausreise der Kläger ohne seine Kenntnis und erst Recht ohne seine Billigung.
25 
Als unschädlich kann der Auslandsaufenthalt der Antragsteller auch nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 85 AufenthG angesehen werden (vgl. allg. zu diesem Problemkreis: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.10.2009 – 11 S 1911/09 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 31.1.2008 - 4 K 36/08 - NVwZ-RR 2008, 646; Bayer. VGH, Beschluss vom 4.8.2009 – 19 ZB 09.1510 – juris; VG Würzburg, Urteil vom 3.3.2008 - W 7 K 07.861 - juris; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104a Rn. 13). Danach können Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben. In der Kommentarliteratur wird allerdings vereinzelt die Auffassung vertreten, dass keine Unterbrechung des Aufenthalts eintritt, wenn der Ausländer erfolglos versucht hat, seiner Ausreisepflicht freiwillig durch Ausreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat nachzukommen; finde er dort keine Aufnahme und kehre im Rahmen des Dublin-Verfahrens zurück, so handele es sich lediglich um einen gescheiterten Versuch der Aufenthaltsaufgabe, der nicht zur Unterbrechung führe (so HK-AuslR/Fränkel, § 104 a AufenthG Rn. 9). Schon der gedankliche Ansatzpunkt dieser Auffassung trifft jedoch nicht zu, denn nach § 50 Abs. 4 AufenthG kann ein Ausländer seiner Ausreisepflicht durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur dann genügen, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Dies war bei den Klägern nicht der Fall. Weiter scheidet eine Anwendung des § 85 AufenthG hier deshalb aus, weil dieser nicht die Unterbrechung des Aufenthalts als solchen, die hier im Raum steht, sondern nur dessen Rechtmäßigkeit betrifft. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollte diese Vorschrift beispielsweise dann zur Anwendung kommen, wenn ein Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis verspätet gestellt oder ein Pass ungültig geworden ist (BT-Drucks. 15/420, S. 97), also mit anderen Worten, wenn wegen einer Nachlässigkeit in formaler Hinsicht eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eintritt. Damit ist aber der Fall des Untertauchens und der anschließenden illegalen Ausreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vergleichbar. Auch Sinn und Zweck der Bleiberechtsregelung und des § 104a Abs.1 AufenthG stehen einer entsprechenden Anwendung des § 85 AufenthG entgegen. Der Zweck der Normen, langjährig geduldete Ausländer zu begünstigen, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 202 zu § 104a AufenthG), spricht dafür, grundsätzlich einen ununterbrochenen Aufenthalt zu verlangen und nur erlaubte kurzfristige Auslandsreisen etwa zu Besuchszwecken als unschädlich anzusehen. Gerade im Hinblick darauf, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, lediglich eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren gefordert wird, lässt sich die Zulassung einer bis zu einjährigen Unterbrechung des Aufenthalts mit der gesetzgeberischen Intention nicht vereinbaren.
26 
b) Schließlich kommt auch ein Anspruch der Kläger aus § 25 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht. Ihre Abschiebung ist nicht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK rechtlich unmöglich. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann u.a. Anspruch auf Achtung seines Privatlebens. Dieses Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -InfAuslR 2007, 275).
27 
Offen bleiben kann, ob der Schutzbereich des Rechts der Kläger auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, obwohl ihr Aufenthalt niemals legalisiert worden war. Allerdings neigt auch der Senat der Auffassung des 11. Senats des erkennenden Gerichtshofs zu (vgl. z.B. Beschluss vom 5.2.2009 – 11 S 3244/08 - juris), wonach es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte.
28 
Jedenfalls würde hier eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger keinen (rechtswidrigen) Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens darstellen. Denn Art. 8 EMRK darf nicht so ausgelegt werden, als verbiete er eine Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum Aufnahmestaat verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist.
29 
Dies ist bei den Klägern nicht der Fall. Weder lässt sich sagen, dass sie faktisch als Inländer angesehen werden können, weil sie in Deutschland verwurzelt wären, noch sind sie von ihrem Heimatland vollständig entwurzelt.
30 
Für die Kläger zu 1 und 2 spricht zwar, dass sie sich seit 1999 - soweit ersichtlich straffrei - im Bundesgebiet aufhalten und dass sie die deutsche Sprache beherrschen; die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 sind sogar im Bundesgebiet geboren. Sonstige nennenswerte Integrationsleistungen fehlen aber. Deshalb ist nicht von einer weit reichenden Verwurzelung in Deutschland auszugehen. Eine nachhaltige wirtschaftliche Integration lässt sich nicht feststellen. Erst seit Kurzem sind sie in der Lage, durch mehrere ungelernte Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ein langfristig angelegtes Vollerwerbsverhältnis können die Kläger aber nicht vorweisen. Zwar beträgt der Umfang der Beschäftigung des Klägers zu 1 bei M. D. seit Juni 2009 mittlerweile 170 Stunden monatlich. Der daraus erzielte Verdienst genügt für sich allein genommen indes auch zusammen mit dem Kindergeld immer noch nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie. Auch wenn in den letzten Jahren ihre Bemühungen um eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts anzuerkennen sind, genügen die ausgeübten Tätigkeiten - überwiegend in Teilzeitarbeitsverhältnissen oder als geringfügig Beschäftigte - als ungelernte Arbeitskräfte nicht für die Annahme einer nachhaltigen wirtschaftlichen Verwurzelung. Weitere besondere Integrationsleistungen wie die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen liegen nicht vor. Weiter ist mit hohem Gewicht zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt der Kläger - abgesehen von den Aufenthaltsgestattungen während der Dauer ihrer erfolglosen Asylverfahren - nie legalisiert war, es also an einer „Handreichung des Staates“ und einem rechtlich geschützten Vertrauen darauf, dauerhaft im Bundesgebiet bleiben zu dürfen, fehlt. Abschiebestopperlasse allein konnten dieses Vertrauen zumindest während der Aufenthaltsdauer der Kläger im Bundesgebiet nicht begründen. Schließlich haben die Kläger durch ihren auf Dauer angelegten Versuch der Übersiedlung nach Frankreich im Juni/Juli 2005 selbst deutlich gemacht, dass sie sich in der Bundesrepublik nicht fest „verwurzelt“ fühlen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie bereit waren und versucht haben, Deutschland freiwillig - wenn auch nach ihrem Vortrag aus der (unbegründeten) Angst vor einer Abschiebung heraus - zu verlassen und sich in die Lebensverhältnisse eines anderen Landes – Frankreich - einzufügen.
31 
Eine vollständige Entwurzelung liegt ebenfalls nicht vor. Die Kläger zu 1 und 2 haben den überwiegenden Teil ihres Lebens im Kosovo verbracht. Nachdem diese noch nicht von den Lebensverhältnissen im Kosovo entfremdet sind, muss von ihnen auch erwartet werden, dass sie ihre noch jungen minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3 bis 5, von denen nur das Älteste mittlerweile in Deutschland die Schule besucht, bei der sicher nicht einfachen Eingliederung in die Lebensverhältnisse im Kosovo und dem Erwerb der albanischen Sprache unterstützen werden. Die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 teilen insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern, auch wenn dies für sie eine nicht unerhebliche Härte bedeuten wird.
32 
Sollte das Vorbringen der Kläger (auch) so zu verstehen sein, dass sie zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse geltend machen möchten, weil sie meinen, menschenwürdige Lebensverhältnisse seien für Angehörige der Volksgruppe der Roma im Kosovo nicht gewährleistet, könnten sich jedenfalls die Kläger zu 1 und 3 bis 5 hierauf im vorliegenden Verfahren wegen der Bindungswirkung des § 42 Satz 1 AsylVfG nicht berufen. Denn insoweit machen sie in der Sache zielstaatsbezogene Gesichtspunkte im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG geltend. Liegt hierzu eine negative Statusfeststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (früher Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) vor, so ist die Ausländerbehörde an diese Feststellung gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG gebunden. Ein Ausländer kann die Unzumutbarkeit seiner freiwilligen Ausreise nicht auf eine zielstaatsbezogene Gefahrensituation stützen, wenn und solange das zuständige Bundesamt eine solche Feststellung wie hier abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192 = NVwZ 2006, 1418; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.4.2007 - 11 S 1035/06 - juris; Nds. OVG, Urteil vom 27.9.2007 - 11 LB 69/07 - DVBl. 2007, 57).
33 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
35 
Beschluss vom 9.12.2009
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist aber unbegründet, da das Verwaltungsgericht ihre Klage zu Recht abgewiesen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
20 
1. Die Klage ist allerdings nicht schon etwa deshalb unbegründet, weil die Kläger bei der Beklagten keinen Antrag auf die nunmehr geltend gemachten Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen gestellt hätten. Ursprünglich haben sie im Antragsformular zwar angegeben, dass sie einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit begehren. Hierbei hat es sich indes um ein offenkundiges Versehen gehandelt. Wie sich aus dem Schriftverkehr zwischen ihrem Prozessbevollmächtigten und der Behörde eindeutig ergibt, haben sie der Sache nach von Anfang an nur einen humanitären Aufenthaltstitel begehrt. Diese Auslegung ihres Antrags ist auch sachgerecht, da ein Aufenthaltstitel aus anderen Gründen - z. B. zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder zum Familiennachzug - offenkundig nicht in Betracht kommt. Dementsprechend hat auch das Verwaltungsgericht die Klage ausgelegt und in den Entscheidungsgründen ausschließlich geprüft, ob den Klägern ein Titel aus humanitären Gründen erteilt werden kann. Bei dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag handelt es sich demzufolge nicht um eine Klageänderung, sondern nur um eine Konkretisierung des schon ursprünglich geltend gemachten Begehrens.
21 
2. Die Kläger haben jedoch in der Sache weder einen Anspruch auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 23 AufenthG noch nach § 104a AufenthG; auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
22 
a) Die Kläger erfüllen weder die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung nach § 23 AufenthG noch die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG. Sowohl Nr. I.1.1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 als auch § 104a Abs. 1 AufenthG verlangen zu den jeweiligen Stichtagen am 17.11.2006 bzw. 1.7.2007 einen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von sechs Jahren. Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger nicht, da sie das Bundesgebiet verlassen und versucht haben, auf Dauer nach Frankreich auszureisen, und sich damit im Zeitpunkt ihres dortigen Aufgreifens am Bahnhof von Verdun außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben. Zwar sind nach Nr. I.1.1 der Bleiberechtsregelung vom 20.11.2006 kurzfristige erlaubte Auslandsreisen unschädlich. Dasselbe galt nach den vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums (Stand: 17.12.2007) bei § 104a Abs. 1 AufenthG (Nr. 2.3); diese Regelung ist in der mittlerweile verabschiedeten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz allerdings nicht aufgegriffen worden. Bei der Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 hat es sich nicht um eine derartige für die Erfüllung der ununterbrochenen Aufenthaltszeit unschädliche kurzfristige erlaubte Auslandsreise gehandelt. Eine solche setzt nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung zum einen voraus, dass es sich um einen bloß vorübergehenden Aufenthalt im Ausland handelt, nicht aber um eine Ausreise auf Dauer, bei der eine Rückkehr ins Bundesgebiet nicht oder nicht in absehbarer Zeit geplant ist. Zum anderen kann von einer erlaubten Ausreise nur dann gesprochen werden, wenn sie in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt.
23 
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 auf Dauer erfolgen sollte. Die am 13.6.2005 - oder nach dem Vortrag des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.6.2005 -erfolgte Auflösung ihres Haushalts und ihr darauffolgendes Untertauchen belegen, dass sie das Bundesgebiet dauerhaft verlassen wollten. Dies hat der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich bestätigt und angegeben, aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen; sie seien aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Wie lange sich die Kläger genau in Frankreich aufgehalten haben und zu welchem exakten Datum sie ihre Wohnung aufgelöst haben, ist angesichts dessen nicht entscheidungserheblich.
24 
Zum anderen kann im vorliegenden Fall nicht die Rede davon sein, dass die Ausreise der Kläger nach Frankreich in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt sein könnte. Wie der Beklagte glaubhaft vorgetragen hat, erfolgte das Untertauchen und die anschließende Ausreise der Kläger ohne seine Kenntnis und erst Recht ohne seine Billigung.
25 
Als unschädlich kann der Auslandsaufenthalt der Antragsteller auch nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 85 AufenthG angesehen werden (vgl. allg. zu diesem Problemkreis: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.10.2009 – 11 S 1911/09 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 31.1.2008 - 4 K 36/08 - NVwZ-RR 2008, 646; Bayer. VGH, Beschluss vom 4.8.2009 – 19 ZB 09.1510 – juris; VG Würzburg, Urteil vom 3.3.2008 - W 7 K 07.861 - juris; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104a Rn. 13). Danach können Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben. In der Kommentarliteratur wird allerdings vereinzelt die Auffassung vertreten, dass keine Unterbrechung des Aufenthalts eintritt, wenn der Ausländer erfolglos versucht hat, seiner Ausreisepflicht freiwillig durch Ausreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat nachzukommen; finde er dort keine Aufnahme und kehre im Rahmen des Dublin-Verfahrens zurück, so handele es sich lediglich um einen gescheiterten Versuch der Aufenthaltsaufgabe, der nicht zur Unterbrechung führe (so HK-AuslR/Fränkel, § 104 a AufenthG Rn. 9). Schon der gedankliche Ansatzpunkt dieser Auffassung trifft jedoch nicht zu, denn nach § 50 Abs. 4 AufenthG kann ein Ausländer seiner Ausreisepflicht durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur dann genügen, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Dies war bei den Klägern nicht der Fall. Weiter scheidet eine Anwendung des § 85 AufenthG hier deshalb aus, weil dieser nicht die Unterbrechung des Aufenthalts als solchen, die hier im Raum steht, sondern nur dessen Rechtmäßigkeit betrifft. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollte diese Vorschrift beispielsweise dann zur Anwendung kommen, wenn ein Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis verspätet gestellt oder ein Pass ungültig geworden ist (BT-Drucks. 15/420, S. 97), also mit anderen Worten, wenn wegen einer Nachlässigkeit in formaler Hinsicht eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eintritt. Damit ist aber der Fall des Untertauchens und der anschließenden illegalen Ausreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vergleichbar. Auch Sinn und Zweck der Bleiberechtsregelung und des § 104a Abs.1 AufenthG stehen einer entsprechenden Anwendung des § 85 AufenthG entgegen. Der Zweck der Normen, langjährig geduldete Ausländer zu begünstigen, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 202 zu § 104a AufenthG), spricht dafür, grundsätzlich einen ununterbrochenen Aufenthalt zu verlangen und nur erlaubte kurzfristige Auslandsreisen etwa zu Besuchszwecken als unschädlich anzusehen. Gerade im Hinblick darauf, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, lediglich eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren gefordert wird, lässt sich die Zulassung einer bis zu einjährigen Unterbrechung des Aufenthalts mit der gesetzgeberischen Intention nicht vereinbaren.
26 
b) Schließlich kommt auch ein Anspruch der Kläger aus § 25 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht. Ihre Abschiebung ist nicht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK rechtlich unmöglich. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann u.a. Anspruch auf Achtung seines Privatlebens. Dieses Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -InfAuslR 2007, 275).
27 
Offen bleiben kann, ob der Schutzbereich des Rechts der Kläger auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, obwohl ihr Aufenthalt niemals legalisiert worden war. Allerdings neigt auch der Senat der Auffassung des 11. Senats des erkennenden Gerichtshofs zu (vgl. z.B. Beschluss vom 5.2.2009 – 11 S 3244/08 - juris), wonach es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte.
28 
Jedenfalls würde hier eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger keinen (rechtswidrigen) Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens darstellen. Denn Art. 8 EMRK darf nicht so ausgelegt werden, als verbiete er eine Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum Aufnahmestaat verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist.
29 
Dies ist bei den Klägern nicht der Fall. Weder lässt sich sagen, dass sie faktisch als Inländer angesehen werden können, weil sie in Deutschland verwurzelt wären, noch sind sie von ihrem Heimatland vollständig entwurzelt.
30 
Für die Kläger zu 1 und 2 spricht zwar, dass sie sich seit 1999 - soweit ersichtlich straffrei - im Bundesgebiet aufhalten und dass sie die deutsche Sprache beherrschen; die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 sind sogar im Bundesgebiet geboren. Sonstige nennenswerte Integrationsleistungen fehlen aber. Deshalb ist nicht von einer weit reichenden Verwurzelung in Deutschland auszugehen. Eine nachhaltige wirtschaftliche Integration lässt sich nicht feststellen. Erst seit Kurzem sind sie in der Lage, durch mehrere ungelernte Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ein langfristig angelegtes Vollerwerbsverhältnis können die Kläger aber nicht vorweisen. Zwar beträgt der Umfang der Beschäftigung des Klägers zu 1 bei M. D. seit Juni 2009 mittlerweile 170 Stunden monatlich. Der daraus erzielte Verdienst genügt für sich allein genommen indes auch zusammen mit dem Kindergeld immer noch nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie. Auch wenn in den letzten Jahren ihre Bemühungen um eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts anzuerkennen sind, genügen die ausgeübten Tätigkeiten - überwiegend in Teilzeitarbeitsverhältnissen oder als geringfügig Beschäftigte - als ungelernte Arbeitskräfte nicht für die Annahme einer nachhaltigen wirtschaftlichen Verwurzelung. Weitere besondere Integrationsleistungen wie die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen liegen nicht vor. Weiter ist mit hohem Gewicht zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt der Kläger - abgesehen von den Aufenthaltsgestattungen während der Dauer ihrer erfolglosen Asylverfahren - nie legalisiert war, es also an einer „Handreichung des Staates“ und einem rechtlich geschützten Vertrauen darauf, dauerhaft im Bundesgebiet bleiben zu dürfen, fehlt. Abschiebestopperlasse allein konnten dieses Vertrauen zumindest während der Aufenthaltsdauer der Kläger im Bundesgebiet nicht begründen. Schließlich haben die Kläger durch ihren auf Dauer angelegten Versuch der Übersiedlung nach Frankreich im Juni/Juli 2005 selbst deutlich gemacht, dass sie sich in der Bundesrepublik nicht fest „verwurzelt“ fühlen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie bereit waren und versucht haben, Deutschland freiwillig - wenn auch nach ihrem Vortrag aus der (unbegründeten) Angst vor einer Abschiebung heraus - zu verlassen und sich in die Lebensverhältnisse eines anderen Landes – Frankreich - einzufügen.
31 
Eine vollständige Entwurzelung liegt ebenfalls nicht vor. Die Kläger zu 1 und 2 haben den überwiegenden Teil ihres Lebens im Kosovo verbracht. Nachdem diese noch nicht von den Lebensverhältnissen im Kosovo entfremdet sind, muss von ihnen auch erwartet werden, dass sie ihre noch jungen minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3 bis 5, von denen nur das Älteste mittlerweile in Deutschland die Schule besucht, bei der sicher nicht einfachen Eingliederung in die Lebensverhältnisse im Kosovo und dem Erwerb der albanischen Sprache unterstützen werden. Die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 teilen insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern, auch wenn dies für sie eine nicht unerhebliche Härte bedeuten wird.
32 
Sollte das Vorbringen der Kläger (auch) so zu verstehen sein, dass sie zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse geltend machen möchten, weil sie meinen, menschenwürdige Lebensverhältnisse seien für Angehörige der Volksgruppe der Roma im Kosovo nicht gewährleistet, könnten sich jedenfalls die Kläger zu 1 und 3 bis 5 hierauf im vorliegenden Verfahren wegen der Bindungswirkung des § 42 Satz 1 AsylVfG nicht berufen. Denn insoweit machen sie in der Sache zielstaatsbezogene Gesichtspunkte im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG geltend. Liegt hierzu eine negative Statusfeststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (früher Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) vor, so ist die Ausländerbehörde an diese Feststellung gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG gebunden. Ein Ausländer kann die Unzumutbarkeit seiner freiwilligen Ausreise nicht auf eine zielstaatsbezogene Gefahrensituation stützen, wenn und solange das zuständige Bundesamt eine solche Feststellung wie hier abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192 = NVwZ 2006, 1418; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.4.2007 - 11 S 1035/06 - juris; Nds. OVG, Urteil vom 27.9.2007 - 11 LB 69/07 - DVBl. 2007, 57).
33 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
35 
Beschluss vom 9.12.2009
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2006 – 11 K 434/06 – wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger, abgelehnte Asylbewerber ungeklärter Staatsangehörigkeit aus dem früheren Jugoslawien, begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen und die Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer.
Die am … 1969 in Skopje geborene Klägerin zu 1 reiste am 19.11.1991 mit ihren am … 1989 bzw. … 1991 in Rijeka geborenen Söhnen, den Klägern zu 2 und zu 3, in das Bundesgebiet ein und beantragte am 21.11.1991 für sich und ihre Kinder die Anerkennung als Asylberechtigte. Der damalige Lebensgefährte der Klägerin zu 1 und Vater der Kinder war bereits zuvor nach Deutschland eingereist. Der am ... 1992 in Mannheim geborene Kläger zu 4 wurde in das Asylverfahren seiner Mutter mit einbezogen.
Mit Bescheid vom 04.11.1994 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - die Asylanträge der Kläger ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht vorliegen und das bezüglich der Kläger zu 1, 3 und 4 keine Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorliegen. Bezüglich des Klägers zu 2 stellte es fest, dass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG hinsichtlich Kroatiens und allen Ländern vorliegen, die keinen mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard besitzen, um die Therapierung seiner Hemmkörperhämophilie zu gewährleisten. Im Übrigen wurden Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG auch bezüglich des Klägers zu 2 verneint. Allen Klägern wurde die Abschiebung nach Kroatien angedroht. Die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG wurde am 23.11.1994 bestandskräftig.
Auf die Klagen der Kläger zu 1, 3 und 4 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 18.06.1996 - A 6 K 14843/94 - die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, hinsichtlich dieser Kläger das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 4 AuslG festzustellen. Im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. Auf die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 11.02.1998 - 14 S 1679/97 - das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klagen insgesamt abgewiesen.
Der Aufenthalt der Kläger wurde in der Folgezeit geduldet. Der Lebensgefährte der Klägerin zu 1 und Vater der Kläger zu 2 - 4 wurde 1997 nach Makedonien abgeschoben. Die Kläger haben zu ihm keinen Kontakt mehr.
Mit Schreiben vom 10.09.2001 und vom 29.08.2002 wurden die Kläger aufgefordert, sich in das Staatsangehörigkeitsregister „ihres Heimatlandes“ eintragen zu lassen. Die Klägerin zu 1 übersandte daraufhin eine Bestätigung der Botschaft der Republik Makedonien vom 05.09.2002, dass sie einen Antrag auf Festlegung der makedonischen Staatsangehörigkeit gestellt habe. Mit weiterem Schreiben legte sie eine Bestätigung der Botschaft der Republik Makedonien vom 05.12.2003 vor, wonach sie keine Staatsbürgerin der Republik Makedonien ist. Mit Schreiben vom 15.06.2004 teilten die makedonischen Behörden dem Regierungspräsidium Karlsruhe auf dessen Ersuchen vom 27.05.2004 mit, dass einer Rückübernahme der Klägerin zu 1 nicht zugestimmt werde, da diese keine makedonische Staatsangehörige sei und sich bereits 1988 nach Kroatien abgemeldet habe.
Das Generalkonsulat der Republik Kroatien in Stuttgart teilte dem Regierungspräsidium Karlsruhe am 12.07.2004 mit, dass es über keinerlei Angaben verfüge, ob die Kläger kroatische Staatsbürger seien.
Am 11.08.2004 beantragten die Kläger die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen und mit Schreiben vom 17.12.2004 die Ausstellung von Reisedokumenten, hilfsweise von Ausweisersatzpapieren. Zur Begründung trugen sie vor, hinsichtlich des Klägers zu 2 lägen die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG vor. Bei den übrigen Klägern ergebe sich ein Abschiebungshindernis aus Art. 8 EMRK, da sie mit dem Kläger zu 2 in familiärer Gemeinschaft lebten. Weder Makedonien noch ein anderer Nachfolgestaat des früheren Jugoslawien sei bereit, ihnen Reisepässe auszustellen. Ihre Passbeschaffungsbemühungen seien erfolglos geblieben.
Mit Bescheid vom 27.06.2005 lehnte die Beklagte die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen gemäß § 30 AuslG bzw. Aufenthaltserlaubnissen gemäß § 25 AufenthG und Reisedokumenten, hilfsweise von Ausweispapieren, ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Kläger hätten sich nicht hinreichend um Eintragung in ein Staatsangehörigkeitsregister bemüht. Da ihre Staatsangehörigkeit nicht geklärt sei, sei auch ihre Identität ungeklärt (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 a AufenthG).
10 
Am 15.05.2005 legten die Kläger Widerspruch ein und führten zur Begründung aus, sie hätten hinreichende Passbeschaffungsbemühungen unternommen. Außer zu Makedonien und zu Kroatien hätten sie keine Beziehungen zu Nachfolgestaaten Jugoslawiens. Ihre Identität sei durch den früheren jugoslawischen Reisepass der Klägerin zu 1 und durch die Geburtsurkunden der Kläger zu 2 - 4 geklärt. Eine Abschiebung aller Kläger sei nach Art. 8 EMRK unzulässig, da in der Person des Klägers zu 2 ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG bestehe.
11 
Am 17.07.2005 teilten die makedonischen Behörden dem Regierungspräsidium Karlsruhe auf dessen Ersuchen mit, dass einer Rückübernahme der Klägerin zu 1 - als in Makedonien geborene Drittstaatsangehörige -, nicht hingegen einer Rückübernahme der übrigen Kläger zugestimmt werde.
12 
Mit Schreiben vom 03.08.2005 forderte die Beklagte die Klägerin zu 1 auf, sich beim Generalkonsulat von Serbien und Montenegro in Stuttgart einen Pass zu besorgen und ihre Kinder in das Staatsangehörigkeitsregister eintragen zu lassen. Das Generalkonsulat bestätigte mit Schreiben vom 13.10.2005, dass die Klägerin zu 1 am 13.10.2005 einen Antrag auf Beschaffung der Dokumente von den zuständigen Behörden in Serbien und Montenegro /Rekonstruktion der Eintragung in das Staatsbürgerregister gestellt habe. Mit Schreiben vom 25.11.2005 teilte das Generalkonsulat der Klägerin zu 1 mit, dass sie ausweislich der Auskunft des zuständigen Registerstandesamts Nis nicht im Staatsangehörigkeitsregister eingetragen sei.
13 
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2006 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe die Widersprüche der Kläger mit der Begründung zurück, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG lägen nicht vor. Die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG stehe zwar derzeit formal einer Aufenthaltsbeendigung entgegen. Fraglich sei jedoch, ob dies auch bei einer freiwilligen Ausreise der Fall sei. Jedenfalls könne nicht ausgeschlossen werden, dass mit dem Wegfall möglicherweise jetzt bestehender Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit zu rechnen sei. Die medizinische Versorgung in Kroatien habe sich gegenüber 1994 verbessert und es erscheine möglich, dass der Kläger zu 2 in Kroatien eine angemessene Versorgung erhalten könne.
14 
Am 10.02.2006 haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben mit den Anträgen, die Verfügung der Beklagten vom 27.06.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.01.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen und Reisedokumente, hilfsweise Ausweisersatze auszustellen. Zur Begründung machen sie geltend, sie hätten ihre Passlosigkeit nicht zu vertreten. Ein aufnahmebereiter Staat stehe nicht zur Verfügung. Eine Behandlung der schweren Hemmkörperhämophilie sowie der chronischen Hepatitis B und C des Klägers zu 2 sei weder in Kroatien noch in einem der anderen Nachfolgestaaten Jugoslawiens möglich.
15 
Das Regierungspräsidium Karlsruhe teilte dem Gericht mit Schreiben vom 13.06.2006 mit, dass die kroatischen Behörden entgegen den Vereinbarungen im Rückübernahmeabkommen der Rückübernahme der Kläger nicht zugestimmt hätten. Die Klägerin zu 1 habe aber, wie aus einem Schreiben des Generalkonsulats der Republik Serbien vom 16.06.2006 hervorgehe, die Möglichkeit, einen Antrag auf Feststellung der serbischen Staatsangehörigkeit zu stellen, weil ihre Mutter aus Serbien stamme.
16 
Die Beklagte legte mit Schreiben vom 29.06.2006 eine beglaubigte Übersetzung der Bestätigung der Republik Serbien 04.04.2006 vor, wonach die Mutter der Klägerin zu 1 Staatsbürgerin der Republik Serbien sei. Außerdem wurde ein Auszug aus dem Geburtsregister vorgelegt, wonach die Mutter der Klägerin zu 1 am 01.10.1953 in Pristina geboren sei und am 16.12.1971 die Ehe mit M. M. in der Gemeinde Skopje geschlossen habe.
17 
Mit Urteil vom 23.06.2006 - 11 K 434/06 - hat das Verwaltungsgericht die Klagen als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Als Anspruchsgrundlage komme allein § 25 Abs. 5 AufenthG in Betracht, dessen Voraussetzungen nicht vorlägen, weil die Klägerin zu 1 für sich und ihre Kinder einen Antrag auf Feststellung der Staatsbürgerschaft beim Generalkonsulat der Republik Serbien stellen könne und diesem Antrag voraussichtlich auch stattgegeben werde, da die Republik Serbien die Staatsbürgerschaft der Mutter der Klägerin zu 1 bestätigt habe. Auch wenn die Kläger bislang nicht im jetzigen serbischen Staatsgebiet gelebt hätten, sei ihnen ein Zuzug dorthin zumutbar. Abschiebungshindernisse in Bezug auf Serbien seien nicht festgestellt und lägen auch nicht vor, da die Krankheit des Klägers zu 2 nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29.03.2005 dort behandelbar sei und kostenfrei behandelt werde. Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf Ausstellung von Reisedokumenten oder Ausweisersatzpapieren.
18 
Am 05.03.2007 haben die Kläger bei der Ausländerbehörde der Beklagten die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund der Bleiberechtsregelung der Innenministerkonferenz vom 17.11.2006 beantragt. Diese Anträge wurden nicht beschieden.
19 
Auf Antrag der Kläger hat der Senat mit Beschluss vom 11.07.2007 - 11 S 1892/06 - die Berufung zugelassen und den Klägern Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug bewilligt. Zur Begründung der Berufung tragen die Kläger im Wesentlichen vor: Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG lägen vor. Sie hätten ihre Passlosigkeit nicht zu vertreten. Die Mutmaßung des Verwaltungsgerichts, sie könnten beim Generalkonsulat der Republik Serbien mit Aussicht auf Erfolg einen Antrag auf Feststellung der Staatsbürgerschaft stellen, sei unzutreffend. Zwar sei die Mutter der Klägerin zu 1 in Pristina geboren worden, sie sei jedoch nicht serbische Staatsangehörige gewesen. In dem Geburtsregister enthalte die Rubrik „Staatsangehörigkeit“ lediglich sechs Querstriche. Die Mutter sei am 17.03.2003 verstorben. In der am 24.03.2003 in Makedonien ausgestellten Sterbeurkunde werde als Staatsangehörigkeit der Mutter ein Eintrag in Form von drei Querstrichen vorgenommen. Die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen seien widersprüchlich. Das Schreiben der Stadt Nis vom 04.04.2006 bestätige, dass die Mutter der Klägerin zu 1 aufgrund des Geburtenbuches als Staatsbürgerin eingetragen sei; das Geburtenbuch selbst weise jedoch ausdrücklich keine Staatsangehörigkeit aus. Die Kläger zu 2 - 4 seien zudem faktische Inländer, sie beherrschten die serbokroatische Sprache nicht. Eine Ausreise nach Serbien sei ihnen nicht zumutbar. Die Behandlung der Hemmkörperhämophilie des Klägers zu 2 sei in keinem der Nachfolgestaaten Jugoslawiens kostenfrei möglich; zudem fehle es an einem mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard. Die jährlichen Behandlungskosten beliefen sich auf knapp 180.000 EUR. Der Kläger zu 2 habe zwischenzeitlich zudem einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Er sei Vater des am 31.10.2007 in Mannheim geborenen deutschen Kindes N. S..
20 
Die Kläger beantragen,
21 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2006 - 11 K 434/06 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 27. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25. Januar 2006 zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen zu erteilen und Reiseausweise für Ausländer, hilfsweise Ausweisersatze auszustellen, sowie ferner, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
22 
Die Beklagte beantragt,
23 
die Berufung zurückzuweisen.
24 
Sie erwidert, der Kläger zu 2 sei nunmehr volljährig und nicht mehr auf die Fürsorge seiner Mutter angewiesen. Er sei zudem zwischenzeitlich mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Mit Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 03.05.2007 sei er wegen einer gemeinschaftlichen schweren Körperverletzung unter Einbeziehung einer vorangegangenen Verurteilung wegen gemeinschaftlichen Raubes u.a. zu einer Jugendstrafe von 20 Monaten verurteilt worden. Er erfülle damit den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Die bisherigen strafrechtlichen Verfehlungen rechtfertigten gemäß § 5 Abs. 3 AufenthG nicht ein Absehen von § 5 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Der Kläger zu 2 habe keinen Schulabschluss und sei keiner Beschäftigung nachgegangen. Er lebe nach dem Lustprinzip und vertraue auf die regelmäßige Sozialhilfe. Aufgrund dieser Lebenseinstellung komme ein Absehen von der Regelerteilungsvoraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts nicht in Betracht. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG lägen bei allen Klägern nicht vor. Sie könnten abgeleitet von der Mutter der Klägerin zu 1 die serbische Staatsangehörigkeit erwerben und in den Besitz serbischer Pässe gelangen. Entsprechende Bemühungen seien ihnen zumutbar.
25 
Mit Beschluss vom 03.06.2009 hat der Senat das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Regierungspräsidium Karlsruhe, zum Verfahren beigeladen. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er trägt vor, die Identität und die Staatsangehörigkeit der Kläger seien bislang nicht geklärt. Die Klägerin zu 1 habe keine Bemühungen um Feststellung der serbischen Staatsbürgerschaft nachgewiesen. Zwischenzeitlich sei den Klägern auch die Eintragung in das kosovarische Staatsangehörigkeitsregister möglich. Die Kläger zu 2 - 4 erfüllten Ausweisungstatbestände, die der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG entgegenstünden.
26 
Die bezüglich der Klägerin zu 1 sowie der Kläger zu 3 und zu 4 eingeholten Auskünfte aus dem Bundeszentralregister enthalten keine Eintragung. Der Kläger zu 2 ist ausweislich der Auskunft aus dem Zentralregister vom 16.06.2009 strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
27 
1. AG Mannheim, Urt. v. 07.11.2006: Gemeinschaftlicher Raub, Leistungserschleichung in zwei Fällen, versuchter Diebstahl in Tateinheit mit Unterschlagung, Diebstahl. Ein Jahr Jugendstrafe auf Bewährung.
28 
2. AG Mannheim, Urt. v. 03.05.2007: Gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung. 20 Monate Jugendstrafe unter Einbeziehung von Nr. 1. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 17.08.2006 gegen 6.00 Uhr morgens trafen der Kläger zu 2 und sein Mittäter nach einem Discothekenbesuch an einer Straßenbahnhaltestelle auf den Geschädigten T. N., der auf dem Weg zur Arbeit umsteigen wollte. Der Mittäter provozierte den Geschädigten, indem er mit einer brennenden Zigarette vor seinem Gesicht herumfummelte. Als der Geschädigte ihm die Zigarette wegnahm, fing der Mittäter an, diesen herumzuschubsen. Der Kläger zu 2 kam hinzu und stieß den Geschädigten mehrfach. Der Geschädigte fiel zu Boden; konnte sich aber wieder aufrappeln und versuchte, sich zu wehren. Der Kläger zu 2 und sein Mittäter schlugen nun gemeinsam auf den Geschädigten ein, bis dieser wieder zu Boden ging. Dann trat der Mittäter einmal mit den Füßen gegen den Kopf des Geschädigten, wodurch er ihn am Auge verletzte. Der Geschädigte trug ein Hämatom am Auge davon und seine Netzhaut wurde in Mitleidenschaft gezogen. Er war zwei Tage arbeitsunfähig. Bei der Strafzumessung wurde zugunsten des Klägers zu 2 sein Geständnis berücksichtigt. Er habe sich geständig, einsichtig und reumütig gezeigt. Auf der anderen Seite lägen schädliche Neigungen vor. Im Hinblick auf den schlechten Bewährungsverlauf habe die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt werden können. Unter erheblichen Bedenken wurde die Entscheidung über die Aussetzung zur Bewährung für sechs Monate zurückgestellt.
29 
3. AG Mannheim, Strafbefehl vom 05.05.2008: Vorsätzliche Körperverletzung. 20 Tagessätze zu 10 EUR Geldstrafe. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 31.10.2007 kam es im Flur eines Krankenhauses zu Streitigkeiten zwischen dem Kläger zu 2 und der Geschädigten, in deren Verlauf er diese mit der flachen Hand ins Gesicht schlug und sie mit den Worten „Du Hure“ beleidigte.
30 
Der Kläger zu 2 verbüßt seit dem 16.06.2008 die mit Urteil vom 03.05.2007 verhängte Jugendstrafe. Zweidritteltermin war am 04.07.2009, Haftende ist der 25.01.2010.
31 
Die Kläger zu 3 und zu 4 wurden mit Urteil des Amtsgerichts Mannheim - Jugendgericht - vom 17.09.2008 wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen, der Kläger zu 4 darüber hinaus wegen Beleidigung in zwei Fällen, der Kläger zu 3 zusätzlich wegen Diebstahls verwarnt. Dem Kläger zu 4 wurde aufgegeben, an 24 Stunden nach Weisung des Stadtjugendamts unentgeltlich gemeinnützig zu arbeiten. Dem Kläger zu 3 wurde auferlegt, nach Weisung des Stadtjugendamts an einem kleinen sozialen Trainingskurs teilzunehmen. Beiden Klägern wurde aufgegeben, mit den Geschädigten einen Täter-Opfer-Ausgleich durchzuführen. Gegen beide Kläger wurde zudem ein Freizeitarrest verhängt.
32 
Die Klägerin zu 1 hat, nachdem ihr seit dem 09.06.2009 die Ausübung einer Erwerbstätigkeit allgemein gestattet ist, eine befristete Teilzeitanstellung als Reinigungskraft gefunden. Sie verdient ca. 700,-- EUR netto monatlich.
33 
Der Kläger zu 2 hat - für den Fall der Haftentlassung - für September 2009 einen Platz in der 9. Klasse in Aussicht, um den Hauptschulabschluss nachzuholen.
34 
Der Kläger zu 3 verließ die Hauptschule 2006 ohne Abschluss. Daran schloss sich ein Berufsvorbereitungsjahr an. Seit dem 02.04.2009 nimmt er am Bundesprojekt Kompetenzagentur mit dem Ziel der Reintegration in das Unterstützungssystem zur Erreichung eines Abschlusses bzw. einer Ausbildung teil.
35 
Der Kläger zu 4 erlangte 2007 den Hauptschulabschluss, absolvierte im Anschluss ein Berufsvorbereitungsjahr und strebt für das nächste Schuljahr den Besuch einer Realschule zur Erlangung des Realschulabschlusses an.
36 
Bereits mit Bescheid vom 19.03.2007 hat das Bundesamt die mit Bescheid vom 04.11.1994 bezüglich des Klägers zu 2 getroffene Feststellung, dass ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG vorliegt, widerrufen und festgestellt, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG vorliegen. Zur Begründung wurde ausgeführt, es müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger zu 2 staatenlos sei. Trotzdem könne er nach Kroatien zurückkehren. Eine adäquate Behandlung seiner Erkrankung in Kroatien sei nach der beim Auswärtigen Amt eingeholten Auskunft vom 10.11.2006 möglich. Die Kosten würden von der Krankenversicherung übernommen. Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 13.02.2008 - A 4 K 343/07 - abgewiesen. Der erkennende Gerichtshof hat mit Beschluss vom 28.04.2008 - A 6 S 915/08 - die Berufung zugelassen, über die noch nicht entschieden wurde (- A 6 S 1160/08 -).
37 
In der Berufungsverhandlung ist dem Vertreter der Beklagten Gelegenheit gegeben worden, sein in § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eingeräumtes Ermessen hinsichtlich des Absehens von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen bezogen auf § 25 Abs. 5 AufenthG zu ergänzen und bezogen auf § 104 a AufenthG erstmals auszuüben. Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
38 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten, des Regierungspräsidiums Karlsruhe und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe sowie die Akten des 6. Senats im Berufungsverfahren A 6 S 1160/08 nebst Beiakten vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
39 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
40 
Gegenstand der uneingeschränkt zugelassenen Berufung ist das gesamte Klagebegehren erster Instanz. Dies umfasst zunächst die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind aber auch die erst nach Ergehen des erstinstanzlichen Urteils bei der Beklagten gestellten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Bleiberechtsregelung, da insoweit der Streitstoff identisch ist und ebenfalls ein humanitärer Aufenthaltszweck verfolgt wird. Der Streitgegenstand einer Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wird bestimmt und begrenzt durch den Aufenthaltszweck, aus dem der Ausländer seinen Anspruch herleitet. Im vorliegenden Verfahren stützen die Kläger ihr Klagebegehren in tatsächlicher Hinsicht auf humanitäre Gründe, wie sie in Abschnitt 5 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes normiert sind. Das Klagebegehren erfasst damit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 43.06 - BVerwGE 129, 226 und Urt. v. 27.01.2009 - 1 C 40.07 - DVBl 2009, 650) auch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) eingeführten und am 28. August 2007 in Kraft getretenen Altfallregelung des § 104 a AufenthG. Denn auch eine nach dieser Vorschrift erteilte Aufenthaltserlaubnis wird entweder als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG erteilt (§ 104 a Abs. 1 Satz 2 AufenthG) oder gilt zumindest als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes104 a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 AufenthG). Die Anträge auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer (vgl. § 5 AufenthV), hilfsweise Ausweisersatzpapieren (vgl. § 48 Abs. 4 AufenthG) werden von den Klägern, wie diese in der mündlichen Verhandlung klargestellt haben, ebenfalls weiterverfolgt. Nicht Streitgegenstand ist demgegenüber das Begehren des Klägers zu 2 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Insoweit wird ein familiärer Aufenthaltszweck nach Abschnitt 6 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes verfolgt; nach dem Trennungsprinzip (BVerwG, Urt. v. 04.09.2007, a.a.O.) handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand. Der Vertreter des Klägers zu 2 hat in der Berufungsverhandlung zudem erklärt, dieses Begehren im vorliegenden Verfahren nicht zu verfolgen.
II.
41 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.01.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat die Anträge der Kläger auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen sowie auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer, hilfsweise Ausweisersatzen, im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Über die geltend gemachten Ansprüche ist unter Zugrundelegung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu entscheiden (unten 1.). Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem bei ihm vorrangig zu prüfenden § 25 Abs. 3 AufenthG (unten 2.) oder nach anderen Anspruchsgrundlagen (unten 3.). Die übrigen Kläger können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des bei ihnen allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor (unten 4). Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (unten 5). Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass sie die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen (unten 6.). Schließlich steht sämtlichen Klägern kein Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises oder Ausweisersatzes zu (unten 7.).
42 
1. Maßgeblich für die Beurteilung der von den Klägern verfolgten Verpflichtungsbegehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist insgesamt der Zeitpunkt der Berufungsverhandlung. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels bei der Frage, ob eine Aufenthaltserlaubnis aus Rechtsgründen erteilt oder versagt werden muss, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz abzustellen, soweit sich nicht aus dem materiellen Recht im Einzelfall Abweichendes ergibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.2004 - 1 C 20.03 - BVerwGE 121, 86 <88>; Senatsurteil vom 18.04.2007 - 11 S 1035/06 - AuAS 2007, 219). Gleiches gilt nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - juris), der sich der Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urt. v. 18.04.2007, a.a.O.) anschließt, auch für die Überprüfung einer Ermessensentscheidung: In Anlehnung an seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung im Falle der gerichtlichen Anfechtung einer Ausweisung (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 <22 ff.>) geht das Bundesverwaltungsgericht nunmehr unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung davon aus, dass auch bei Klagen auf Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels für die Überprüfung der behördlichen Ermessensentscheidung auf den Zeitpunkt abzustellen ist, der für die gerichtliche Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen maßgeblich ist. Dies ist hier der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz.
43 
Nichts anderes ergibt sich vorliegend daraus, dass die Kläger noch unter Geltung des Ausländergesetzes die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen beantragt hatten. Die im Aufenthaltsgesetz getroffenen materiellen Übergangsregelungen (vgl. §§ 103 und 104), wonach das Ausländergesetz in bestimmten Fallkonstellationen über den 01.01.2005 hinaus auf Aufenthaltsansprüche Anwendung findet, erfassen den Fall von vor diesem Zeitpunkt geltend gemachten Ansprüchen auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen nicht.
44 
2. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG.
45 
a) Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG soll einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegt. Die Ausländerbehörde ist nach § 42 AsylVfG an eine positive oder negative Entscheidung des Bundesamts über das Vorliegen eines Abschiebungsverbots gebunden. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf Feststellungen zu § 53 Abs. 6 AuslG, obwohl insoweit keine ausdrückliche Übergangsregelung erlassen worden ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - BVerwGE 126, 192; Senatsurteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 27; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 49).
46 
Danach ist die Beklagte vorliegend an die im Bundesamtsbescheid vom 04.11.1994 getroffene Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG gebunden. Dieser Bescheid ist nicht etwa mangels Bestimmtheit (vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG) gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG insgesamt nichtig. Allerdings erstreckt sich die Bindungswirkung der positiven Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG nur auf Kroatien, nicht hingegen auf weitere Staaten, da der Bescheid insoweit teilnichtig ist (vgl. § 44 Abs. 4 VwVfG). Nach dem Tenor des Bundesamtsbescheides vom 04.11.1994 bezieht sich die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG auf Kroatien und alle Länder, die keinen mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard besitzen, um die Therapierung der Hemmkörperhämophilie des Klägers zu 2 zu gewährleisten. Nähere Feststellungen zum medizinischen Standard in Deutschland, in Kroatien oder in weiteren Ländern finden sich in der Begründung nicht. Auf welche weiteren Länder sich die Feststellung konkret erstrecken soll, ist für den Adressaten nicht erkennbar. Insoweit fehlt es an der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit des Bescheides (§ 37 Abs. 1 VwVfG). Hinsichtlich des Regelungsinhalts erfordert das Bestimmtheitsgebot, dass dieser für die Adressaten nach Art und Umfang aus sich heraus verständlich ist (BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 37 Rn. 12). Demgegenüber genügt es nicht, dass er für die Behörde - möglicherweise unter Hinzuziehung von Erkenntnisquellen zu weiteren Ländern - bestimmbar ist. Hier ist der Bescheid aus sich heraus nicht verständlich. Der Bescheid ist vielmehr in einem wesentlichen Punkt unklar; die bestehende Unbestimmtheit ist offensichtlich und kann auch nicht durch Auslegung behoben werden. Dies führt zur Nichtigkeit (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 44 Rn. 26 m.w.N.). Der nichtige Teil ist indes nicht so wesentlich, dass das Bundesamt die Feststellung in Bezug auf Kroatien ohne diesen Teil nicht erlassen hätte. Es liegt demnach eine Teilnichtigkeit i.S.d. § 44 Abs. 4 VwVfG vor.
47 
Die Bindungswirkung des wirksamen Teils des Bescheids ist nicht deshalb entfallen, weil das Bundesamt zwischenzeitlich die Feststellung widerrufen hat. Der Widerruf wirkt sich, solange er nicht bestandskräftig ist, nur insoweit aus, als er eine Atypik begründet. Rechtsfolge ist, dass der Regelerteilungsanspruch entfällt und über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen zu entscheiden ist (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - BVerwGE 124, 326; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 56).
48 
b) Der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG steht jedoch der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG entgegen. Die beantragte Aufenthaltserlaubnis ist zwingend zu versagen, wenn ein in § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgeführter Ausschlussgrund vorliegt. Dann ist auch eine Ermessensentscheidung nicht eröffnet (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - a.a.O.).
49 
Nach § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer eine „Straftat von erheblicher Bedeutung“ begangen hat. Dieser Ausschlussgrund ist weiter gefasst als die Ausschlussgründe des Art. 1 F des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - GFK -, des Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG - Qualifikationsrichtlinie - und des § 60 Abs. 8 AufenthG. Nach Art. 1 F GFK finden die Bestimmungen dieses Abkommens keine Anwendung auf Personen, in Bezug auf die aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist,
50 
a) dass sie ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen haben, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen;
51 
b) dass sie ein schweres nichtpolitisches Verbrechen außerhalb des Aufnahmelandes begangen haben, bevor sie dort als Flüchtling aufgenommen wurden;
52 
c) dass sie sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider laufen.
53 
Nach Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG ist ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
54 
a) ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen;
55 
b) eine schwere Straftat begangen hat;
56 
c) sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwider laufen;
57 
d) eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit des Landes darstellt, in dem er sich aufhält.
58 
Nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG findet Absatz 1 dieser Norm keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Nach Satz 2 gilt das Gleiche, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des - dem Art. 1 F GFK entsprechenden - § 3 Abs. 2 AsylVfG erfüllt.
59 
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 31) ist es nicht geboten, den Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG in Anlehnung an die angeführten Vorschriften eng auszulegen. Dagegen spricht zunächst die Entstehungsgeschichte der Vorschrift: Der ursprüngliche Regierungsentwurf sah eine vollständige Abschaffung der Duldung vor. Eine Aufenthaltserlaubnis sollte erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2 bis 7 vorliegen. Einziger Ausschlussgrund sollte nach Satz 2 des Entwurfs die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Ausreise in einen anderen Staat sein. Ein von der CDU/CSU-Fraktion eingebrachter Änderungsantrag sah demgegenüber eine restriktive Neufassung des § 25 Abs. 3 vor:
60 
„Einem Ausländer kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 vorliegen. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn eine Ausreise in einen anderen Staat aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist. Eine Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn der Ausländer die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst zu vertreten hat, weil er im Bundesgebiet nicht nur vereinzelte oder geringfügige Straftaten begangen hat oder nach seiner Einreise die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst herbeigeführt, die Aufenthaltsbeendigung in vorwerfbarer Weise hinausgezögert oder vereitelt hat oder sein Handeln in sonstiger Weise rechtsmissbräuchlich ist.“
61 
Begründet wurde der Änderungsantrag u.a. damit, dass Straftätern grundsätzlich keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden solle (BT-Drs. 15/955, S. 14). Diese Einwände haben sich in der vom Vermittlungsausschuss akzeptierten Fassung in der Weise niedergeschlagen, dass die Ausschlussgründe gegenüber dem Regierungsentwurf wesentlich erweitert wurden. Während der Regierungsentwurf einen Ausschluss nur in den Fällen vorsah, in denen die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist, wurden zusätzlich die Fälle des gröblichen Verstoßes gegen Mitwirkungspflichten und die Begehung von Verbrechen, Straftaten oder Handlungen nach Abs. 3 Satz 2 lit. a - d eingefügt (BT-Drs. 15/3479, S. 5).
62 
Die Ausschlussgründe des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. a - d regeln lediglich die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, sagen aber nichts darüber aus, ob Ausländer, bei denen Abschiebungsverbote nach Abs. 3 Satz 1 vorliegen, in ihre Heimatstaaten abgeschoben werden können. Rechtsgrundsätzliche Bedenken dagegen, dass die Ausschlussgründe weiter gefasst sind als in Art. 1 F GFK und in Art. 17 RL 2004/83/EG, bestehen daher nicht. Steht der Ausschlussgrund der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen, ist eine Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG zu erteilen (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 48; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 72). In der Person des Klägers zu 2 liegt ohnehin lediglich ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor, so dass er sich auf die Bestimmungen der GFK und der Qualifikationsrichtlinie nicht berufen kann.
63 
Bei dem Begriff der Straftaten von erheblicher Bedeutung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, den der Gesetzgeber in einer Vielzahl von Gesetzen verwendet (vgl. etwa §§ 81 g, 98 a, 100 g, 100 h, 110 a, 131 StPO, § 28 BDSG, § 23 BPolG, §§ 8, 14, 15 BKAG, §§ 25, 30 PolG BW). Dazu zählen alle Verbrechen, aber auch schwerwiegende Vergehen (etwa §§ 224, 243, 253 StGB; schwerwiegende Straftaten nach dem BtMG). Man versteht darunter solche Taten, die den Rechtsfrieden empfindlich stören und geeignet sind, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Es muss sich bei den zu beurteilenden Taten um Delikte handeln, die mindestens der mittleren Kriminalität zuzurechnen sind (BVerfG, Beschl. v. 14.12.2000 - 1 BvR 1741/99 u.a. - BVerfGE 103, 21 <34> und Beschl. v. 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - juris; NdsOVG, Beschl. v. 06.03.2009 - 7 LA 231/07 - juris; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 81 g Rn. 7 a m.w.N.; Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 50; Hailbronner, AuslR, Kommentar, § 25 Rn. 69). In den Fällen der mittleren Kriminalität ist dabei das besondere Maß des Unrechts nach Lage des konkreten Einzelfalles entscheidend, wobei es nicht so sehr auf den abstrakten Charakter des Straftatbestandes, sondern auf Art und Schwere der jeweiligen konkreten Tat ankommt. Die Beeinträchtigung des Rechtsfriedens oder der Rechtssicherheit kann sich etwa daraus ergeben, dass durch die Straftat bedeutsame Rechtsgüter wie z.B. Leib, Leben, Gesundheit oder fremde Sachen von bedeutendem Wert verletzt wurden. Nach Lage des Falles können auch Eigentums- oder Vermögensdelikte mittlerer Qualität die genannten Voraussetzungen erfüllen, insbesondere wenn es sich um Straftaten mit Seriencharakter und entsprechendem (Gesamt-)Schaden für die Allgemeinheit handelt (BT-Drs. 11/7663 S. 35). Die Straftat muss ein Gewicht aufweisen, das es gerechtfertigt erscheinen lässt, den gesetzgeberischen Zweck der Legalisierung des Aufenthalts zurücktreten zu lassen (Burr, a.a.O. Rn. 50; Hailbronner, a.a.O. Rn. 69; VG Stuttgart, Urt. v. 07.10.2005 - 9 K 2107/04 - InfAuslR 2006, 78).
64 
Daran gemessen liegt der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG hier vor. Der Kläger zu 2 wurde mehrfach nicht nur wegen Eigentums-, sondern auch wegen Gewaltdelikten (gemeinschaftlicher Raub, gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung) verurteilt. Er ist hierbei vor massiven Verletzungen der körperlichen Integrität unbeteiligter Dritter nicht zurückschreckt. Hinzu kommt, dass er die ihm mehrfach eingeräumten Gelegenheiten zur Bewährung ausweislich des Berichts der Bewährungshelferin vom 26.04.2007 und des Urteils des Amtsgerichts Mannheim vom 03.05.2007 nicht genutzt hat. Nichts anderes folgt angesichts des Umstandes, dass gegen den Kläger zu 2 eine Jugendstrafe verhängt wurde, die letztendlich nicht zur Bewährung ausgesetzt werden konnte, daraus, dass der Kläger zu 2 nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde.
65 
Unschädlich ist, dass die in § 72 Abs. 2 AufenthG vorgesehene Beteiligung des Bundesamtes unterbleiben ist. Nach dieser Vorschrift hätte das Vorliegen des Ausschlussgrundes unter Beteiligung des Bundesamtes geprüft werden müssen. Dieses Beteiligungserfordernis verfolgt jedoch nicht das Ziel, Rechte des Ausländers zu wahren. Es ist nicht als verfahrensrechtliche Schutznorm anzusehen. Der betroffene Ausländer kann sich daher in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mit Erfolg auf die unterbliebene Beteiligung berufen (Gutmann in GK-AufenthG, § 72 AufenthG Rn. 55 m.w.N.).
66 
Ob weitere Ausschlussgründe nach § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorliegen, kann danach offenbleiben.
67 
3. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach anderen Anspruchsgrundlagen.
68 
a) Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Kläger zu 2 die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG erfüllt. Insoweit erscheint offen, ob seine Ausreise nach Serbien oder Kosovo möglicherweise im Hinblick auf eine drohende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes wegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots rechtlich unmöglich ist. Bezüglich dieser Staaten liegt keine Bundesamtsentscheidung vor, die die Anwendung des § 25 Abs. 5 AufenthG insoweit sperren würde (vgl. § 42 Satz 1 AsylVfG). In der Rechtsprechung ist auch geklärt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nicht ausschließlich im Rahmen des § 25 Abs. 3, sondern auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG berücksichtigungsfähig sind, soweit keine Prüfungszuständigkeit des Bundesamtes gegeben ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 119).
69 
Einem möglichen Anspruch steht aber jedenfalls das Fehlen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen. Danach setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsgrund vorliegt. Mit den von ihm begangenen vorsätzlichen Straftaten, die nicht vereinzelt und geringfügig sind, hat der Kläger zu 2 den Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG verwirklicht. Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrunds beseitigen würden, sind nicht ersichtlich. Anders als im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG - insoweit kommen gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht zur Anwendung - ist im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG auch nicht von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abzusehen. Vielmehr kann die Ausländerbehörde gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nach pflichtgemäßem Ermessen von der Anwendung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen absehen. Vorliegend hat die Beklagte im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 08.08.2007 ausdrücklich erklärt, dass sie bei dem Kläger zu 2 nicht von der allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG absieht. Die bisherigen strafrechtlichen Verfehlungen des Klägers zu 2 rechtfertigten eine solche Entscheidung nicht. Ermessensfehler sind insoweit nicht erkennbar. Die Ermessensbetätigung steht im Einklang mit der Entscheidung des Gesetzgebers, der im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG das Vorliegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung als zwingenden Ausschlussgrund ausgestaltet hat. Es kann nicht beanstandet werden, dass die Beklagte unter Berufung auf die Schwere der strafrechtlichen Verfehlungen dieser gesetzgeberischen Entscheidung auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG Rechnung trägt.
70 
§ 114 Satz 2 VwGO steht vorliegend der erstmaligen Ermessensbetätigung im gerichtlichen Verfahren nicht entgegen. Zwar erlaubt diese Vorschrift nur die Ergänzung bereits vorhandener Ermessenserwägungen. An solchen fehlt es vorliegend. Der Konzeption des § 114 Satz 2 VwGO liegt indes zugrunde, dass bei Ermessensentscheidungen der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung der maßgebliche Zeitpunkt ist (vgl. Kuntze in Bader u.a., VwGO, § 114 Rn. 5 m.w.N.). Ist aber - wie hier (vgl. oben II. 1.) - der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz der maßgebliche Zeitpunkt auch für die Überprüfung der Ermessensentscheidung und ergibt sich erstmals während des gerichtlichen Verfahrens die Notwendigkeit der Ermessensbetätigung, so ist eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 114 Satz 2 VwGO geboten. In dieser Situation kann es der Behörde, die die Pflicht zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit ihrer Verfügung trifft, nicht verwehrt sein, bezüglich nachträglich entstandener Umstände, die erstmals eine Ermessensentscheidung erfordern, ihr Ermessen insgesamt nachträglich erstmals zu betätigen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bislang zum Ausweisungsrecht so entschieden. Es hat seine frühere Rechtsprechung, wonach Ermessenserwägungen bei Ausweisungsentscheidungen nur insoweit ergänzt werden können, als die nachträglich von der Behörde angegebenen Gründe schon bei Erlass des Verwaltungsaktes vorlagen (vgl. Urt. v. 05.05.1998 - 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351 <363>), mit der Erwägung aufgegeben, dass diese Rechtsprechung sich nicht auf Sachverhalte bezieht, in denen es aus Gründen des materiellen Rechts erforderlich ist, in eine Ermessensentscheidung auch Umstände einzubeziehen, die erst nach Erlass der Ausweisungsverfügung entstanden sind (Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 und Urt. v. 13.01.2009 - 1 C 2.08 - NVwZ 2009, 727). Dies betrifft nicht nur Situationen, in denen die Ergänzung einer bereits getroffenen Ermessensentscheidung geboten ist, sondern auch Fälle, in denen eine ursprünglich gebundene Ausweisung aufgrund nachträglicher Änderungen erstmals einer Ermessensentscheidung bedarf (BVerwG, Urt. v. 15.11.2007, a.a.O. Rn. 19). Der Einbeziehung nachträglicher Ermessenserwägungen könne in dieser Sondersituation nicht entgegengehalten werden, dass diese sich auf nach Erlass der Ausweisung entstandene Umstände beziehen (zustimmend Decker in Posser/Wolff, VwGO, § 114 Rn. 45). Diese Rechtsprechung ist nach Auffassung des Senats auf Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels zu übertragen, nachdem das Bundesverwaltungsgericht auch in diesem Bereich seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt geändert hat (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - a.a.O.). In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf seine neuere Rechtsprechung zum Ausweisungsrecht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ausländerbehörde die Möglichkeit habe, in Erfüllung ihrer Obliegenheit zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle die Ermessenserwägungen in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO im laufenden Verfahren zu aktualisieren (a.a.O. Rn. 42). Soweit danach eine Aktualisierung „in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO“ erfolgen soll, lässt sich dem nicht entnehmen, dass anders als im Ausweisungsrecht eine gegebenenfalls notwendige erstmalige Ermessensbetätigung während des gerichtlichen Verfahrens ausgeschlossen sein soll. Diese Formulierung dürfte vielmehr dem Umstand geschuldet sein, dass in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall eine Ermessensentscheidung getroffen worden war und daher von vornherein nur eine Ergänzung der bereits getroffenen Ermessensentscheidung im Raume stand.
71 
Hier ist die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erst infolge der vom Kläger zu 2 nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2006 begangenen Straftaten entfallen, so dass der Beklagten die erstmalige Ermessensausübung gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG im gerichtlichen Verfahren nicht verwehrt werden kann. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass dadurch der Verwaltungsakt in seinem Wesen geändert würde, was nach der bisherigen Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 27.01.1982 - 8 C 12.81 - BVerwGE 64, 356 <360>) dem Nachschieben von Gründen entgegenstünde. Sinn und Zweck der Schranke der Wesensänderung sind Überlegungen prozessualer Waffengleichheit, damit insbesondere belastende Ermessensverwaltungsakte nicht frühzeitig auf schwacher Grundlage erlassen und von der Verwaltung auch noch im Prozess zur nachträglichen Legitimation der Anordnung nach Belieben nachgebessert werden können. Dieser Zweck trifft aber die infolge der Verschiebung des maßgeblichen Zeitpunkts zu bewältigenden Fälle nachträglicher Änderungen der Sach- und Rechtslage gerade nicht (ebenso Kraft, ZAR 2009, 41 <46>). Sind nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage zugunsten wie zulasten des Ausländers zu berücksichtigen, erscheint es auch unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit gerechtfertigt, der Ausländerbehörde das Recht zur erstmaligen Ermessensentscheidung während des gerichtlichen Verfahrens einzuräumen.
72 
b) Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch gemäß der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17. November 2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Anordnung der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis entgegen. Nach Nr. I 3.3 dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen.
73 
c) Einem möglichen Anspruch des Klägers zu 2 nach § 104 a AufenthG steht der Ausschlussgrund gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 dieser Vorschrift entgegen. Mit der Verurteilung zu einer Jugendstrafe von 20 Monaten ist dieser Ausschlussgrund verwirklicht (vgl. Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 52).
74 
4. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
75 
Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.
76 
a) Zwar sind alle Kläger aufgrund der in den Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohungen nach § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig.
77 
b) Es fehlt jedoch an der Unmöglichkeit der Ausreise. Die Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 ist weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich. Der Begriff der Ausreise umfasst die (zwangsweise) Abschiebung und die freiwillige Ausreise (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Die Ausreise ist unmöglich, wenn sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht erfolgen kann. Da die Ausreise eine unvertretbare Handlung darstellt, ist die Unmöglichkeit im Hinblick auf den betroffenen Ausländer zu prüfen. Von der Unmöglichkeit der Abschiebung kann nicht ohne weiteres auf die Unmöglichkeit der Ausreise geschlossen werden. Grundsätzlich ist von der Möglichkeit einer (freiwilligen) Ausreise auszugehen, solange der Ausländer nicht durch einen gescheiterten Ausreiseversuch das Gegenteil nachweist. Es bedarf jedoch dann keines Versuchs der freiwilligen Ausreise in den Heimatstaat, wenn von vornherein feststeht, dass dieser Versuch erfolglos bleiben wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.06.2003 - 13 S 2767/02 - juris).
78 
aa) Ein tatsächliches Ausreisehindernis kann vorliegen, wenn ein Ausländer staatenlos ist und kein aufnahmebereiter Staat vorhanden ist. Auch der fehlende Besitz eines Passes oder sonstigen Reisedokuments kann die tatsächliche Unmöglichkeit begründen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356).
79 
bb) Die freiwillige Ausreise ist rechtlich unmöglich, wenn dem Ausländer aus Rechtsgründen nicht zuzumuten ist, Deutschland zu verlassen. Allgemeine Widrigkeiten, oder Überlegungen humanitärer Art, die aber keine Abschiebungshindernisse zur Folge haben, bleiben jedoch unberücksichtigt (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Danach ist die Ausreise unzumutbar und damit unmöglich, wenn rechtliche zielstaats- und/oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen. Zu den inlandsbezogenen Abschiebungsverboten zählen auch die Verbote, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006, a.a.O.). Eine rechtliche Unmöglichkeit der freiwilligen Ausreise wäre danach gegeben, wenn die Versagung der Aufenthaltserlaubnis einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf Familien- und Privatleben darstellte.
80 
Ein unverhältnismäßiger Eingriff - und demzufolge eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise - kann angenommen werden, wenn die „Verwurzelung“ des Ausländers in Deutschland infolge fortgeschrittener beruflicher und sozialer Integration bei gleichzeitiger Unmöglichkeit einer Reintegration im Herkunftsstaat dazu führt, dass das geschützte Privatleben nur noch hier geführt werden kann (sog. faktischer Inländer). Die Annahme einer Unzumutbarkeit der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unter dem Aspekt des nach Art. 8 EMRK geschützten „Privatlebens“ setzt eine abgeschlossene und „gelungene“ Integration des Ausländers in die Lebensverhältnisse in Deutschland voraus. Eine derartige Konstellation ist insbesondere denkbar bei Ausländern der zweiten Generation, die in Deutschland aufgewachsen sind und keinerlei Beziehung zum Herkunftsstaat der Eltern besitzen. Wie sich hinreichend etwa aus den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Sachen „Sisojeva I und II“ (EGMR, Urteile vom 16.06.2005 und 15.01.2007, EuGRZ 2006, 554 und InfAuslR 2007, 140) sowie „Rodrigues da Silva und Hoogkamer“ (EGMR, Urteil vom 31.01.2006, EuGRZ 2006, 562) ergibt, kommt es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte (offen gelassen im Urteil vom 08.04.2008 - Nr. 21878/06 - „Nnyanzi“); der Schutzbereich dieses Menschenrechts dürfte vielmehr auch bei nur Geduldeten eröffnet sein können (Senatsbeschlüsse vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - InfAuslR 2008, 29 = VBlBW 2008, 114 = NVwZ 2008, 344, vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 -InfAuslR 2009, 72 und vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - InfAuslR 2009, 178; ebenso Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 150; HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 56; Benassi, InfAuslR 2006, 397 <401 f.>; Hoppe, ZAR 2006, 125; Marx, ZAR 2006, 261 <266>; a.A. wohl Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris und Storr in Storr u.a., ZuwG, 2. Aufl., § 25 AufenthG Rn. 31; unklar insoweit BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris).
81 
Zu berücksichtigen ist auch, dass minderjährige Kinder grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen (sog. familienbezogene Gesamtbetrachtung; vgl. dazu Senatsurteil vom 26.07.2006 - 11 S 951/06 -VBlBW 2006, 442). Steht den Eltern wegen deren mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 AufenthG kein Aufenthaltsrecht zu, so ist davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger, der im Bundesgebiet geboren wurde oder dort lange Zeit gelebt hatte und vollständig integriert ist, auf die von den Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden kann. Ausnahmsweise kann etwas anderes gelten, wenn kein Elternteil in der Lage sein wird, diese Hilfen zu erbringen.
82 
cc) Daran gemessen folgt hier weder aus der Passlosigkeit der Kläger (aaa) noch aus Art. 8 EMRK (bbb) eine Unmöglichkeit der Ausreise. Wollte man dies hinsichtlich der Passlosigkeit anders sehen, stünden jedenfalls die Regelungen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG dem geltend gemachten Anspruch entgegen (ccc).
83 
aaa) Zwar erscheint eine Ausreise nach Kroatien bezüglich aller Kläger ausgeschlossen, nachdem die kroatischen Behörden die Rückübernahme endgültig abgelehnt haben. Gleiches gilt in Bezug auf Makedonien für die Kläger zu 3 und zu 4. Dass eine Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 nach Serbien oder in die Republik Kosovo nicht möglich ist, steht demgegenüber nicht fest. Nachdem insoweit keine eindeutigen Erklärungen der zuständigen Stellen der betreffenden Staaten vorliegen, dass die Kläger nicht übernommen werden, und sie auch keinen - gescheiterten - Ausreiseversuch unternommen haben, ist von der Möglichkeit der freiwilligen Ausreise auszugehen.
84 
bbb) Aus Art. 8 EMRK ergibt sich vorliegend keine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4.
85 
Soweit keine Abschiebung der Klägerin zu 1 nach Makedonien durchgeführt werden soll, ist vorliegend nicht der Schutzbereich des Rechts auf Familienleben (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 05.02.2009 – 11 S 3244/08 – InfAuslR 2009, 178), sondern lediglich der des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnet. Die Klägerin zu 1 und der minderjährige Kläger zu 4 können nach dem oben Ausgeführten darauf verwiesen werden, gemeinsam nach Serbien bzw. Kosovo auszureisen. Gleiches gilt für den volljährigen Kläger zu 3, der im Übrigen nicht in gesteigertem Maße auf familiären Beistand angewiesen ist. Die Ausreise ist für keinen der Kläger unzumutbar. Der Eingriff in das geschützte Privatleben der Kläger ist im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht unverhältnismäßig.
86 
Bei der als Erwachsene eingereisten Klägerin zu 1, die in Makedonien aufgewachsen ist und später im heutigen Kroatien gelebt hat, fehlt es bereits an der erforderlichen Entwurzelung. Zudem ist sie nicht hinreichend verwurzelt, da sie über viele Jahre ausschließlich von Sozialleistungen gelebt und erst vor kurzem eine Arbeitsstelle gefunden hat. Weitere besondere Integrationsleistungen sind nicht ersichtlich. Es fehlt auch an einer Handreichung des Staates, da ihr Aufenthalt nach negativem Abschluss des Asylverfahrens durchgehend nur geduldet war. Sie konnte daher kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand ihres Aufenthalts im Bundesgebiet entwickeln (vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris). Der jetzt 17jährige Kläger zu 4 ist zwar hier geboren und aufgewachsen, so dass ohne weiteres von einer Entwurzelung ausgegangen werden kann. Er hat indes nach Abschluss der Hauptschule keine Ausbildung begonnen und auch beruflich nicht Fuß gefasst. Besondere Integrationsleistungen sind ebenfalls nicht ersichtlich. Negativ ins Gewicht fällt auch seine Verurteilung vom 17.09.2008. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 4 als Minderjähriger grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal seiner Mutter teilt (familienbezogene Gesamtbetrachtung). Bei dem als Kleinkind eingereisten, jetzt 18jährigen Kläger zu 3 fehlt es ebenfalls an einer abgeschlossenen Integration. Er hat keinen Schulabschluss erlangt und ist beruflich nicht integriert. Zudem ist er ebenfalls straffällig geworden. Von einer fortgeschrittenen beruflichen und sozialen Integration kann daher auch bei ihm keine Rede sein.
87 
ccc) Nach § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG darf die Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, „wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist“ (§ 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG), und ein Verschulden liegt insbesondere dann vor (die anderen Verschuldenstatbestände sind hier nicht einschlägig), wenn der Ausländer „zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt“ (§ 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Grundsätzlich ist der Ausländer verpflichtet, von sich aus zumutbare Anforderungen zur Beseitigung von Ausreisehindernissen zu erfüllen; er hat zudem unter Angabe nachprüfbarer Umstände darzulegen und durch Vorlage geeigneter Dokumente nachzuweisen, dass er das ihm Zumutbare zur Erlangung eines Passes oder eines anderen Rückreisedokuments getan hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - InfAuslR 2009, 109; Senatsurteil vom 22.03.2006 - 11 S 1924/05 - je m.w.N.). Bei der Frage, welche Mitwirkungshandlungen konkret zumutbar sind, sind alle Umstände und Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen (siehe BVerwG, Beschl. v. 15.06.2006 - 1 B 54.06 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 4 und VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O. m.w.N.), wobei der Begriff der Zumutbarkeit es ausschließt, einem Ausländer solche Handlungen abzuverlangen, die von vornherein erkennbar aussichtslos sind (BVerwG, Beschluss vom 15.06.2006, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.06.2007 - 3 B 34.05 - juris). Auch dem Verhalten der Behörde als Mitbeteiligter kommt bei der Festlegung der einzelnen Verantwortungsbereiche Bedeutung zu (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 180; BayVGH, Beschl. v. 19.12.2005 - 24 C 05.2856 - InfAuslR 2006, 189). Erfolglos gebliebene behördliche Bemühungen können zwar dem Betroffenen selbst nicht als Verschulden angelastet werden; andererseits entlasten sie jedoch den Ausländer nicht von (sonst) zumutbaren eigenen Anstrengungen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG eigenständige Verantwortungsbereiche von Behörde und Betroffenem anzunehmen sind (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005, a.a.O.) und dass Behördenbemühungen unter Umständen schon deswegen, weil sie von einer Behörde ausgehen, zum Scheitern verurteilt sein können. Die dem Ausländer obliegende Initiativpflicht erstreckt sich auf alle Handlungsmöglichkeiten, die ihm bei objektiver Betrachtungsweise bekannt sein können; nur insoweit kann ihm subjektive Verantwortlichkeit angelastet werden (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005 a.a.O.). Daher hat die zuständige Behörde, wie dies auch § 82 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorgibt, den Betroffenen auf seine Pflichten hinzuweisen und ihm mitzuteilen, dass und in welchem Umfang er zur Erbringung bestimmter Handlungen verpflichtet ist; wenn sich ihm ein bestimmtes Verhalten nicht bereits aufdrängen muss, muss ihm wenigstens hinreichend erkennbar sein, was er konkret zu unternehmen hat. Die Behörde ist regelmäßig angesichts ihrer organisatorischen Überlegenheit und Sachnähe besser in der Lage, die bestehenden Möglichkeiten zu erkennen und die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O.).
88 
Daran gemessen ist ein Verschulden der Kläger hier zu bejahen. Die Klägerin zu 1 ist nie von sich aus tätig geworden, um nach Ungültigwerden ihres alten jugoslawischen Passes neue Pässe für sich und ihre Kinder zu erlangen. Aufforderungen zur Passbeschaffung ist sie bezogen auf Kroatien und Makedonien zunächst nachgekommen. Auch auf dem serbischen Konsulat hat sie vorgesprochen. Nachdem jedoch klar war, dass sie abgeleitet von ihrer Mutter möglicherweise ihre Registrierung und Einbürgerung in Serbien erreichen könnte, hat sie trotz ausdrücklicher Aufforderung seitens der Beklagten keine weiteren Bemühungen in dieser Richtung unternommen. Der Kläger zu 3, der nach Erreichen der Volljährigkeit ebenfalls keine eigenen Bemühungen unternommen hat, muss sich das Verhalten der Klägerin zu 1 ebenso zurechnen lassen wie der noch minderjährige Kläger zu 4.
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Auf das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen kommt es nach alledem im Hinblick auf die Ansprüche nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht an.
90 
5. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17.11.2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Dies war hier nicht der Fall. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen entgegen. Nach Nr. I 3.3 der Anordnung dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen. Liegt für einen Elternteil oder für ein im Familienverband lebendes minderjähriges Kind ein Ausschlussgrund vor, so scheidet nach I. 3.5 der Anordnung zur Wahrung der Familieneinheit die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich auch für die übrigen Familienmitglieder aus. Hier liegt nicht nur bei dem Kläger zu 2, sondern auch bei den Klägern zu 3 und zu 4 der anspruchsvernichtende Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vor. Damit scheidet die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch für die Klägerin zu 1 aus.
91 
6. Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen. Lockerungen in Bezug auf die Erfüllung der Passpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG bestehen im Rahmen des § 104 a AufenthG nicht (Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 71). Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrundes beseitigen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern die Erlangung eines Passes unzumutbar sein könnte.
92 
Die von der Beklagten in der Berufungsverhandlung getroffene Entscheidung, nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abzusehen, ist nicht zu beanstanden. Diese Entscheidung wurde tragend mit der Erwägung begründet, die Klägerin zu 1 habe über Jahre hinweg keine Passbeschaffungsbemühungen entfaltet. Sie sei offensichtlich nicht gewillt, sich um einen Pass zu bemühen. Der Kläger zu 4 müsse sich die mangelnden Passbeschaffungsbemühungen seiner Mutter zurechnen lassen. Der Kläger zu 3 hätte sich nach Erreichen der Volljährigkeit auch selbstständig an das serbische Konsulat wenden und Passbeschaffungsbemühungen entfalten können. Diese Erwägungen lassen keine Ermessensfehler erkennen.
93 
§ 114 Satz 2 VwGO steht der erstmaligen Ermessensbetätigung in der Berufungsverhandlung nicht entgegen, weil mit Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt insgesamt erstmals über einen möglichen Anspruch auf der Grundlage des erst während des Berufungsverfahrens in Kraft getretenen § 104 a AufenthG zu entscheiden war. Insoweit gilt das oben unter II. 3. a) Ausgeführte entsprechend.
94 
7. Schließlich können die Kläger weder die Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer noch von Ausweisersatzen beanspruchen. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthV liegen nicht vor, da die Kläger, wie oben ausgeführt, auf zumutbare Weise Pässe erlangen können. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor, da die Beklagte nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abgesehen hat.
III.
95 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären. Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist gegenstandslos, nachdem die Kläger die Verfahrenskosten zu tragen haben.
96 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
97 
Beschluss vom 22. Juli 2009
98 
Der Streitwert des Verfahrens in beiden Rechtszügen wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2 GKG auf jeweils40.000,-- EUR festgesetzt.
99 
Gründe
100 
Mit den Anträgen auf Verpflichtung zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen und zur Ausstellung von Reiseausweisen machen die Kläger zwei verschiedene prozessuale Ansprüche geltend, für die jeweils - je Kläger - der Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG von 5.000,-- EUR anzusetzen ist (Senatsbeschluss vom 13.03.2007 - 11 S 150/07- NVwZ-RR 2007, 429). Dies ergibt einen Streitwert von 40.000,-- EUR. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung ist entsprechend zu ändern.
101 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
39 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
40 
Gegenstand der uneingeschränkt zugelassenen Berufung ist das gesamte Klagebegehren erster Instanz. Dies umfasst zunächst die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind aber auch die erst nach Ergehen des erstinstanzlichen Urteils bei der Beklagten gestellten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Bleiberechtsregelung, da insoweit der Streitstoff identisch ist und ebenfalls ein humanitärer Aufenthaltszweck verfolgt wird. Der Streitgegenstand einer Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wird bestimmt und begrenzt durch den Aufenthaltszweck, aus dem der Ausländer seinen Anspruch herleitet. Im vorliegenden Verfahren stützen die Kläger ihr Klagebegehren in tatsächlicher Hinsicht auf humanitäre Gründe, wie sie in Abschnitt 5 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes normiert sind. Das Klagebegehren erfasst damit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 43.06 - BVerwGE 129, 226 und Urt. v. 27.01.2009 - 1 C 40.07 - DVBl 2009, 650) auch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) eingeführten und am 28. August 2007 in Kraft getretenen Altfallregelung des § 104 a AufenthG. Denn auch eine nach dieser Vorschrift erteilte Aufenthaltserlaubnis wird entweder als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG erteilt (§ 104 a Abs. 1 Satz 2 AufenthG) oder gilt zumindest als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes104 a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 AufenthG). Die Anträge auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer (vgl. § 5 AufenthV), hilfsweise Ausweisersatzpapieren (vgl. § 48 Abs. 4 AufenthG) werden von den Klägern, wie diese in der mündlichen Verhandlung klargestellt haben, ebenfalls weiterverfolgt. Nicht Streitgegenstand ist demgegenüber das Begehren des Klägers zu 2 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Insoweit wird ein familiärer Aufenthaltszweck nach Abschnitt 6 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes verfolgt; nach dem Trennungsprinzip (BVerwG, Urt. v. 04.09.2007, a.a.O.) handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand. Der Vertreter des Klägers zu 2 hat in der Berufungsverhandlung zudem erklärt, dieses Begehren im vorliegenden Verfahren nicht zu verfolgen.
II.
41 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.01.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat die Anträge der Kläger auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen sowie auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer, hilfsweise Ausweisersatzen, im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Über die geltend gemachten Ansprüche ist unter Zugrundelegung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu entscheiden (unten 1.). Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem bei ihm vorrangig zu prüfenden § 25 Abs. 3 AufenthG (unten 2.) oder nach anderen Anspruchsgrundlagen (unten 3.). Die übrigen Kläger können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des bei ihnen allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor (unten 4). Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (unten 5). Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass sie die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen (unten 6.). Schließlich steht sämtlichen Klägern kein Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises oder Ausweisersatzes zu (unten 7.).
42 
1. Maßgeblich für die Beurteilung der von den Klägern verfolgten Verpflichtungsbegehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist insgesamt der Zeitpunkt der Berufungsverhandlung. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels bei der Frage, ob eine Aufenthaltserlaubnis aus Rechtsgründen erteilt oder versagt werden muss, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz abzustellen, soweit sich nicht aus dem materiellen Recht im Einzelfall Abweichendes ergibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.2004 - 1 C 20.03 - BVerwGE 121, 86 <88>; Senatsurteil vom 18.04.2007 - 11 S 1035/06 - AuAS 2007, 219). Gleiches gilt nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - juris), der sich der Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urt. v. 18.04.2007, a.a.O.) anschließt, auch für die Überprüfung einer Ermessensentscheidung: In Anlehnung an seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung im Falle der gerichtlichen Anfechtung einer Ausweisung (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 <22 ff.>) geht das Bundesverwaltungsgericht nunmehr unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung davon aus, dass auch bei Klagen auf Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels für die Überprüfung der behördlichen Ermessensentscheidung auf den Zeitpunkt abzustellen ist, der für die gerichtliche Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen maßgeblich ist. Dies ist hier der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz.
43 
Nichts anderes ergibt sich vorliegend daraus, dass die Kläger noch unter Geltung des Ausländergesetzes die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen beantragt hatten. Die im Aufenthaltsgesetz getroffenen materiellen Übergangsregelungen (vgl. §§ 103 und 104), wonach das Ausländergesetz in bestimmten Fallkonstellationen über den 01.01.2005 hinaus auf Aufenthaltsansprüche Anwendung findet, erfassen den Fall von vor diesem Zeitpunkt geltend gemachten Ansprüchen auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen nicht.
44 
2. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG.
45 
a) Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG soll einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegt. Die Ausländerbehörde ist nach § 42 AsylVfG an eine positive oder negative Entscheidung des Bundesamts über das Vorliegen eines Abschiebungsverbots gebunden. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf Feststellungen zu § 53 Abs. 6 AuslG, obwohl insoweit keine ausdrückliche Übergangsregelung erlassen worden ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - BVerwGE 126, 192; Senatsurteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 27; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 49).
46 
Danach ist die Beklagte vorliegend an die im Bundesamtsbescheid vom 04.11.1994 getroffene Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG gebunden. Dieser Bescheid ist nicht etwa mangels Bestimmtheit (vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG) gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG insgesamt nichtig. Allerdings erstreckt sich die Bindungswirkung der positiven Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG nur auf Kroatien, nicht hingegen auf weitere Staaten, da der Bescheid insoweit teilnichtig ist (vgl. § 44 Abs. 4 VwVfG). Nach dem Tenor des Bundesamtsbescheides vom 04.11.1994 bezieht sich die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG auf Kroatien und alle Länder, die keinen mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard besitzen, um die Therapierung der Hemmkörperhämophilie des Klägers zu 2 zu gewährleisten. Nähere Feststellungen zum medizinischen Standard in Deutschland, in Kroatien oder in weiteren Ländern finden sich in der Begründung nicht. Auf welche weiteren Länder sich die Feststellung konkret erstrecken soll, ist für den Adressaten nicht erkennbar. Insoweit fehlt es an der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit des Bescheides (§ 37 Abs. 1 VwVfG). Hinsichtlich des Regelungsinhalts erfordert das Bestimmtheitsgebot, dass dieser für die Adressaten nach Art und Umfang aus sich heraus verständlich ist (BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 37 Rn. 12). Demgegenüber genügt es nicht, dass er für die Behörde - möglicherweise unter Hinzuziehung von Erkenntnisquellen zu weiteren Ländern - bestimmbar ist. Hier ist der Bescheid aus sich heraus nicht verständlich. Der Bescheid ist vielmehr in einem wesentlichen Punkt unklar; die bestehende Unbestimmtheit ist offensichtlich und kann auch nicht durch Auslegung behoben werden. Dies führt zur Nichtigkeit (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 44 Rn. 26 m.w.N.). Der nichtige Teil ist indes nicht so wesentlich, dass das Bundesamt die Feststellung in Bezug auf Kroatien ohne diesen Teil nicht erlassen hätte. Es liegt demnach eine Teilnichtigkeit i.S.d. § 44 Abs. 4 VwVfG vor.
47 
Die Bindungswirkung des wirksamen Teils des Bescheids ist nicht deshalb entfallen, weil das Bundesamt zwischenzeitlich die Feststellung widerrufen hat. Der Widerruf wirkt sich, solange er nicht bestandskräftig ist, nur insoweit aus, als er eine Atypik begründet. Rechtsfolge ist, dass der Regelerteilungsanspruch entfällt und über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen zu entscheiden ist (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - BVerwGE 124, 326; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 56).
48 
b) Der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG steht jedoch der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG entgegen. Die beantragte Aufenthaltserlaubnis ist zwingend zu versagen, wenn ein in § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgeführter Ausschlussgrund vorliegt. Dann ist auch eine Ermessensentscheidung nicht eröffnet (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - a.a.O.).
49 
Nach § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer eine „Straftat von erheblicher Bedeutung“ begangen hat. Dieser Ausschlussgrund ist weiter gefasst als die Ausschlussgründe des Art. 1 F des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - GFK -, des Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG - Qualifikationsrichtlinie - und des § 60 Abs. 8 AufenthG. Nach Art. 1 F GFK finden die Bestimmungen dieses Abkommens keine Anwendung auf Personen, in Bezug auf die aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist,
50 
a) dass sie ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen haben, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen;
51 
b) dass sie ein schweres nichtpolitisches Verbrechen außerhalb des Aufnahmelandes begangen haben, bevor sie dort als Flüchtling aufgenommen wurden;
52 
c) dass sie sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider laufen.
53 
Nach Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG ist ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
54 
a) ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen;
55 
b) eine schwere Straftat begangen hat;
56 
c) sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwider laufen;
57 
d) eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit des Landes darstellt, in dem er sich aufhält.
58 
Nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG findet Absatz 1 dieser Norm keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Nach Satz 2 gilt das Gleiche, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des - dem Art. 1 F GFK entsprechenden - § 3 Abs. 2 AsylVfG erfüllt.
59 
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 31) ist es nicht geboten, den Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG in Anlehnung an die angeführten Vorschriften eng auszulegen. Dagegen spricht zunächst die Entstehungsgeschichte der Vorschrift: Der ursprüngliche Regierungsentwurf sah eine vollständige Abschaffung der Duldung vor. Eine Aufenthaltserlaubnis sollte erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2 bis 7 vorliegen. Einziger Ausschlussgrund sollte nach Satz 2 des Entwurfs die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Ausreise in einen anderen Staat sein. Ein von der CDU/CSU-Fraktion eingebrachter Änderungsantrag sah demgegenüber eine restriktive Neufassung des § 25 Abs. 3 vor:
60 
„Einem Ausländer kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 vorliegen. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn eine Ausreise in einen anderen Staat aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist. Eine Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn der Ausländer die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst zu vertreten hat, weil er im Bundesgebiet nicht nur vereinzelte oder geringfügige Straftaten begangen hat oder nach seiner Einreise die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst herbeigeführt, die Aufenthaltsbeendigung in vorwerfbarer Weise hinausgezögert oder vereitelt hat oder sein Handeln in sonstiger Weise rechtsmissbräuchlich ist.“
61 
Begründet wurde der Änderungsantrag u.a. damit, dass Straftätern grundsätzlich keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden solle (BT-Drs. 15/955, S. 14). Diese Einwände haben sich in der vom Vermittlungsausschuss akzeptierten Fassung in der Weise niedergeschlagen, dass die Ausschlussgründe gegenüber dem Regierungsentwurf wesentlich erweitert wurden. Während der Regierungsentwurf einen Ausschluss nur in den Fällen vorsah, in denen die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist, wurden zusätzlich die Fälle des gröblichen Verstoßes gegen Mitwirkungspflichten und die Begehung von Verbrechen, Straftaten oder Handlungen nach Abs. 3 Satz 2 lit. a - d eingefügt (BT-Drs. 15/3479, S. 5).
62 
Die Ausschlussgründe des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. a - d regeln lediglich die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, sagen aber nichts darüber aus, ob Ausländer, bei denen Abschiebungsverbote nach Abs. 3 Satz 1 vorliegen, in ihre Heimatstaaten abgeschoben werden können. Rechtsgrundsätzliche Bedenken dagegen, dass die Ausschlussgründe weiter gefasst sind als in Art. 1 F GFK und in Art. 17 RL 2004/83/EG, bestehen daher nicht. Steht der Ausschlussgrund der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen, ist eine Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG zu erteilen (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 48; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 72). In der Person des Klägers zu 2 liegt ohnehin lediglich ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor, so dass er sich auf die Bestimmungen der GFK und der Qualifikationsrichtlinie nicht berufen kann.
63 
Bei dem Begriff der Straftaten von erheblicher Bedeutung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, den der Gesetzgeber in einer Vielzahl von Gesetzen verwendet (vgl. etwa §§ 81 g, 98 a, 100 g, 100 h, 110 a, 131 StPO, § 28 BDSG, § 23 BPolG, §§ 8, 14, 15 BKAG, §§ 25, 30 PolG BW). Dazu zählen alle Verbrechen, aber auch schwerwiegende Vergehen (etwa §§ 224, 243, 253 StGB; schwerwiegende Straftaten nach dem BtMG). Man versteht darunter solche Taten, die den Rechtsfrieden empfindlich stören und geeignet sind, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Es muss sich bei den zu beurteilenden Taten um Delikte handeln, die mindestens der mittleren Kriminalität zuzurechnen sind (BVerfG, Beschl. v. 14.12.2000 - 1 BvR 1741/99 u.a. - BVerfGE 103, 21 <34> und Beschl. v. 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - juris; NdsOVG, Beschl. v. 06.03.2009 - 7 LA 231/07 - juris; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 81 g Rn. 7 a m.w.N.; Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 50; Hailbronner, AuslR, Kommentar, § 25 Rn. 69). In den Fällen der mittleren Kriminalität ist dabei das besondere Maß des Unrechts nach Lage des konkreten Einzelfalles entscheidend, wobei es nicht so sehr auf den abstrakten Charakter des Straftatbestandes, sondern auf Art und Schwere der jeweiligen konkreten Tat ankommt. Die Beeinträchtigung des Rechtsfriedens oder der Rechtssicherheit kann sich etwa daraus ergeben, dass durch die Straftat bedeutsame Rechtsgüter wie z.B. Leib, Leben, Gesundheit oder fremde Sachen von bedeutendem Wert verletzt wurden. Nach Lage des Falles können auch Eigentums- oder Vermögensdelikte mittlerer Qualität die genannten Voraussetzungen erfüllen, insbesondere wenn es sich um Straftaten mit Seriencharakter und entsprechendem (Gesamt-)Schaden für die Allgemeinheit handelt (BT-Drs. 11/7663 S. 35). Die Straftat muss ein Gewicht aufweisen, das es gerechtfertigt erscheinen lässt, den gesetzgeberischen Zweck der Legalisierung des Aufenthalts zurücktreten zu lassen (Burr, a.a.O. Rn. 50; Hailbronner, a.a.O. Rn. 69; VG Stuttgart, Urt. v. 07.10.2005 - 9 K 2107/04 - InfAuslR 2006, 78).
64 
Daran gemessen liegt der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG hier vor. Der Kläger zu 2 wurde mehrfach nicht nur wegen Eigentums-, sondern auch wegen Gewaltdelikten (gemeinschaftlicher Raub, gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung) verurteilt. Er ist hierbei vor massiven Verletzungen der körperlichen Integrität unbeteiligter Dritter nicht zurückschreckt. Hinzu kommt, dass er die ihm mehrfach eingeräumten Gelegenheiten zur Bewährung ausweislich des Berichts der Bewährungshelferin vom 26.04.2007 und des Urteils des Amtsgerichts Mannheim vom 03.05.2007 nicht genutzt hat. Nichts anderes folgt angesichts des Umstandes, dass gegen den Kläger zu 2 eine Jugendstrafe verhängt wurde, die letztendlich nicht zur Bewährung ausgesetzt werden konnte, daraus, dass der Kläger zu 2 nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde.
65 
Unschädlich ist, dass die in § 72 Abs. 2 AufenthG vorgesehene Beteiligung des Bundesamtes unterbleiben ist. Nach dieser Vorschrift hätte das Vorliegen des Ausschlussgrundes unter Beteiligung des Bundesamtes geprüft werden müssen. Dieses Beteiligungserfordernis verfolgt jedoch nicht das Ziel, Rechte des Ausländers zu wahren. Es ist nicht als verfahrensrechtliche Schutznorm anzusehen. Der betroffene Ausländer kann sich daher in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mit Erfolg auf die unterbliebene Beteiligung berufen (Gutmann in GK-AufenthG, § 72 AufenthG Rn. 55 m.w.N.).
66 
Ob weitere Ausschlussgründe nach § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorliegen, kann danach offenbleiben.
67 
3. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach anderen Anspruchsgrundlagen.
68 
a) Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Kläger zu 2 die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG erfüllt. Insoweit erscheint offen, ob seine Ausreise nach Serbien oder Kosovo möglicherweise im Hinblick auf eine drohende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes wegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots rechtlich unmöglich ist. Bezüglich dieser Staaten liegt keine Bundesamtsentscheidung vor, die die Anwendung des § 25 Abs. 5 AufenthG insoweit sperren würde (vgl. § 42 Satz 1 AsylVfG). In der Rechtsprechung ist auch geklärt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nicht ausschließlich im Rahmen des § 25 Abs. 3, sondern auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG berücksichtigungsfähig sind, soweit keine Prüfungszuständigkeit des Bundesamtes gegeben ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 119).
69 
Einem möglichen Anspruch steht aber jedenfalls das Fehlen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen. Danach setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsgrund vorliegt. Mit den von ihm begangenen vorsätzlichen Straftaten, die nicht vereinzelt und geringfügig sind, hat der Kläger zu 2 den Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG verwirklicht. Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrunds beseitigen würden, sind nicht ersichtlich. Anders als im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG - insoweit kommen gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht zur Anwendung - ist im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG auch nicht von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abzusehen. Vielmehr kann die Ausländerbehörde gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nach pflichtgemäßem Ermessen von der Anwendung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen absehen. Vorliegend hat die Beklagte im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 08.08.2007 ausdrücklich erklärt, dass sie bei dem Kläger zu 2 nicht von der allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG absieht. Die bisherigen strafrechtlichen Verfehlungen des Klägers zu 2 rechtfertigten eine solche Entscheidung nicht. Ermessensfehler sind insoweit nicht erkennbar. Die Ermessensbetätigung steht im Einklang mit der Entscheidung des Gesetzgebers, der im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG das Vorliegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung als zwingenden Ausschlussgrund ausgestaltet hat. Es kann nicht beanstandet werden, dass die Beklagte unter Berufung auf die Schwere der strafrechtlichen Verfehlungen dieser gesetzgeberischen Entscheidung auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG Rechnung trägt.
70 
§ 114 Satz 2 VwGO steht vorliegend der erstmaligen Ermessensbetätigung im gerichtlichen Verfahren nicht entgegen. Zwar erlaubt diese Vorschrift nur die Ergänzung bereits vorhandener Ermessenserwägungen. An solchen fehlt es vorliegend. Der Konzeption des § 114 Satz 2 VwGO liegt indes zugrunde, dass bei Ermessensentscheidungen der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung der maßgebliche Zeitpunkt ist (vgl. Kuntze in Bader u.a., VwGO, § 114 Rn. 5 m.w.N.). Ist aber - wie hier (vgl. oben II. 1.) - der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz der maßgebliche Zeitpunkt auch für die Überprüfung der Ermessensentscheidung und ergibt sich erstmals während des gerichtlichen Verfahrens die Notwendigkeit der Ermessensbetätigung, so ist eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 114 Satz 2 VwGO geboten. In dieser Situation kann es der Behörde, die die Pflicht zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit ihrer Verfügung trifft, nicht verwehrt sein, bezüglich nachträglich entstandener Umstände, die erstmals eine Ermessensentscheidung erfordern, ihr Ermessen insgesamt nachträglich erstmals zu betätigen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bislang zum Ausweisungsrecht so entschieden. Es hat seine frühere Rechtsprechung, wonach Ermessenserwägungen bei Ausweisungsentscheidungen nur insoweit ergänzt werden können, als die nachträglich von der Behörde angegebenen Gründe schon bei Erlass des Verwaltungsaktes vorlagen (vgl. Urt. v. 05.05.1998 - 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351 <363>), mit der Erwägung aufgegeben, dass diese Rechtsprechung sich nicht auf Sachverhalte bezieht, in denen es aus Gründen des materiellen Rechts erforderlich ist, in eine Ermessensentscheidung auch Umstände einzubeziehen, die erst nach Erlass der Ausweisungsverfügung entstanden sind (Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 und Urt. v. 13.01.2009 - 1 C 2.08 - NVwZ 2009, 727). Dies betrifft nicht nur Situationen, in denen die Ergänzung einer bereits getroffenen Ermessensentscheidung geboten ist, sondern auch Fälle, in denen eine ursprünglich gebundene Ausweisung aufgrund nachträglicher Änderungen erstmals einer Ermessensentscheidung bedarf (BVerwG, Urt. v. 15.11.2007, a.a.O. Rn. 19). Der Einbeziehung nachträglicher Ermessenserwägungen könne in dieser Sondersituation nicht entgegengehalten werden, dass diese sich auf nach Erlass der Ausweisung entstandene Umstände beziehen (zustimmend Decker in Posser/Wolff, VwGO, § 114 Rn. 45). Diese Rechtsprechung ist nach Auffassung des Senats auf Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels zu übertragen, nachdem das Bundesverwaltungsgericht auch in diesem Bereich seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt geändert hat (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - a.a.O.). In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf seine neuere Rechtsprechung zum Ausweisungsrecht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ausländerbehörde die Möglichkeit habe, in Erfüllung ihrer Obliegenheit zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle die Ermessenserwägungen in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO im laufenden Verfahren zu aktualisieren (a.a.O. Rn. 42). Soweit danach eine Aktualisierung „in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO“ erfolgen soll, lässt sich dem nicht entnehmen, dass anders als im Ausweisungsrecht eine gegebenenfalls notwendige erstmalige Ermessensbetätigung während des gerichtlichen Verfahrens ausgeschlossen sein soll. Diese Formulierung dürfte vielmehr dem Umstand geschuldet sein, dass in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall eine Ermessensentscheidung getroffen worden war und daher von vornherein nur eine Ergänzung der bereits getroffenen Ermessensentscheidung im Raume stand.
71 
Hier ist die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erst infolge der vom Kläger zu 2 nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2006 begangenen Straftaten entfallen, so dass der Beklagten die erstmalige Ermessensausübung gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG im gerichtlichen Verfahren nicht verwehrt werden kann. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass dadurch der Verwaltungsakt in seinem Wesen geändert würde, was nach der bisherigen Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 27.01.1982 - 8 C 12.81 - BVerwGE 64, 356 <360>) dem Nachschieben von Gründen entgegenstünde. Sinn und Zweck der Schranke der Wesensänderung sind Überlegungen prozessualer Waffengleichheit, damit insbesondere belastende Ermessensverwaltungsakte nicht frühzeitig auf schwacher Grundlage erlassen und von der Verwaltung auch noch im Prozess zur nachträglichen Legitimation der Anordnung nach Belieben nachgebessert werden können. Dieser Zweck trifft aber die infolge der Verschiebung des maßgeblichen Zeitpunkts zu bewältigenden Fälle nachträglicher Änderungen der Sach- und Rechtslage gerade nicht (ebenso Kraft, ZAR 2009, 41 <46>). Sind nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage zugunsten wie zulasten des Ausländers zu berücksichtigen, erscheint es auch unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit gerechtfertigt, der Ausländerbehörde das Recht zur erstmaligen Ermessensentscheidung während des gerichtlichen Verfahrens einzuräumen.
72 
b) Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch gemäß der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17. November 2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Anordnung der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis entgegen. Nach Nr. I 3.3 dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen.
73 
c) Einem möglichen Anspruch des Klägers zu 2 nach § 104 a AufenthG steht der Ausschlussgrund gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 dieser Vorschrift entgegen. Mit der Verurteilung zu einer Jugendstrafe von 20 Monaten ist dieser Ausschlussgrund verwirklicht (vgl. Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 52).
74 
4. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
75 
Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.
76 
a) Zwar sind alle Kläger aufgrund der in den Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohungen nach § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig.
77 
b) Es fehlt jedoch an der Unmöglichkeit der Ausreise. Die Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 ist weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich. Der Begriff der Ausreise umfasst die (zwangsweise) Abschiebung und die freiwillige Ausreise (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Die Ausreise ist unmöglich, wenn sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht erfolgen kann. Da die Ausreise eine unvertretbare Handlung darstellt, ist die Unmöglichkeit im Hinblick auf den betroffenen Ausländer zu prüfen. Von der Unmöglichkeit der Abschiebung kann nicht ohne weiteres auf die Unmöglichkeit der Ausreise geschlossen werden. Grundsätzlich ist von der Möglichkeit einer (freiwilligen) Ausreise auszugehen, solange der Ausländer nicht durch einen gescheiterten Ausreiseversuch das Gegenteil nachweist. Es bedarf jedoch dann keines Versuchs der freiwilligen Ausreise in den Heimatstaat, wenn von vornherein feststeht, dass dieser Versuch erfolglos bleiben wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.06.2003 - 13 S 2767/02 - juris).
78 
aa) Ein tatsächliches Ausreisehindernis kann vorliegen, wenn ein Ausländer staatenlos ist und kein aufnahmebereiter Staat vorhanden ist. Auch der fehlende Besitz eines Passes oder sonstigen Reisedokuments kann die tatsächliche Unmöglichkeit begründen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356).
79 
bb) Die freiwillige Ausreise ist rechtlich unmöglich, wenn dem Ausländer aus Rechtsgründen nicht zuzumuten ist, Deutschland zu verlassen. Allgemeine Widrigkeiten, oder Überlegungen humanitärer Art, die aber keine Abschiebungshindernisse zur Folge haben, bleiben jedoch unberücksichtigt (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Danach ist die Ausreise unzumutbar und damit unmöglich, wenn rechtliche zielstaats- und/oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen. Zu den inlandsbezogenen Abschiebungsverboten zählen auch die Verbote, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006, a.a.O.). Eine rechtliche Unmöglichkeit der freiwilligen Ausreise wäre danach gegeben, wenn die Versagung der Aufenthaltserlaubnis einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf Familien- und Privatleben darstellte.
80 
Ein unverhältnismäßiger Eingriff - und demzufolge eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise - kann angenommen werden, wenn die „Verwurzelung“ des Ausländers in Deutschland infolge fortgeschrittener beruflicher und sozialer Integration bei gleichzeitiger Unmöglichkeit einer Reintegration im Herkunftsstaat dazu führt, dass das geschützte Privatleben nur noch hier geführt werden kann (sog. faktischer Inländer). Die Annahme einer Unzumutbarkeit der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unter dem Aspekt des nach Art. 8 EMRK geschützten „Privatlebens“ setzt eine abgeschlossene und „gelungene“ Integration des Ausländers in die Lebensverhältnisse in Deutschland voraus. Eine derartige Konstellation ist insbesondere denkbar bei Ausländern der zweiten Generation, die in Deutschland aufgewachsen sind und keinerlei Beziehung zum Herkunftsstaat der Eltern besitzen. Wie sich hinreichend etwa aus den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Sachen „Sisojeva I und II“ (EGMR, Urteile vom 16.06.2005 und 15.01.2007, EuGRZ 2006, 554 und InfAuslR 2007, 140) sowie „Rodrigues da Silva und Hoogkamer“ (EGMR, Urteil vom 31.01.2006, EuGRZ 2006, 562) ergibt, kommt es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte (offen gelassen im Urteil vom 08.04.2008 - Nr. 21878/06 - „Nnyanzi“); der Schutzbereich dieses Menschenrechts dürfte vielmehr auch bei nur Geduldeten eröffnet sein können (Senatsbeschlüsse vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - InfAuslR 2008, 29 = VBlBW 2008, 114 = NVwZ 2008, 344, vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 -InfAuslR 2009, 72 und vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - InfAuslR 2009, 178; ebenso Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 150; HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 56; Benassi, InfAuslR 2006, 397 <401 f.>; Hoppe, ZAR 2006, 125; Marx, ZAR 2006, 261 <266>; a.A. wohl Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris und Storr in Storr u.a., ZuwG, 2. Aufl., § 25 AufenthG Rn. 31; unklar insoweit BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris).
81 
Zu berücksichtigen ist auch, dass minderjährige Kinder grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen (sog. familienbezogene Gesamtbetrachtung; vgl. dazu Senatsurteil vom 26.07.2006 - 11 S 951/06 -VBlBW 2006, 442). Steht den Eltern wegen deren mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 AufenthG kein Aufenthaltsrecht zu, so ist davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger, der im Bundesgebiet geboren wurde oder dort lange Zeit gelebt hatte und vollständig integriert ist, auf die von den Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden kann. Ausnahmsweise kann etwas anderes gelten, wenn kein Elternteil in der Lage sein wird, diese Hilfen zu erbringen.
82 
cc) Daran gemessen folgt hier weder aus der Passlosigkeit der Kläger (aaa) noch aus Art. 8 EMRK (bbb) eine Unmöglichkeit der Ausreise. Wollte man dies hinsichtlich der Passlosigkeit anders sehen, stünden jedenfalls die Regelungen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG dem geltend gemachten Anspruch entgegen (ccc).
83 
aaa) Zwar erscheint eine Ausreise nach Kroatien bezüglich aller Kläger ausgeschlossen, nachdem die kroatischen Behörden die Rückübernahme endgültig abgelehnt haben. Gleiches gilt in Bezug auf Makedonien für die Kläger zu 3 und zu 4. Dass eine Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 nach Serbien oder in die Republik Kosovo nicht möglich ist, steht demgegenüber nicht fest. Nachdem insoweit keine eindeutigen Erklärungen der zuständigen Stellen der betreffenden Staaten vorliegen, dass die Kläger nicht übernommen werden, und sie auch keinen - gescheiterten - Ausreiseversuch unternommen haben, ist von der Möglichkeit der freiwilligen Ausreise auszugehen.
84 
bbb) Aus Art. 8 EMRK ergibt sich vorliegend keine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4.
85 
Soweit keine Abschiebung der Klägerin zu 1 nach Makedonien durchgeführt werden soll, ist vorliegend nicht der Schutzbereich des Rechts auf Familienleben (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 05.02.2009 – 11 S 3244/08 – InfAuslR 2009, 178), sondern lediglich der des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnet. Die Klägerin zu 1 und der minderjährige Kläger zu 4 können nach dem oben Ausgeführten darauf verwiesen werden, gemeinsam nach Serbien bzw. Kosovo auszureisen. Gleiches gilt für den volljährigen Kläger zu 3, der im Übrigen nicht in gesteigertem Maße auf familiären Beistand angewiesen ist. Die Ausreise ist für keinen der Kläger unzumutbar. Der Eingriff in das geschützte Privatleben der Kläger ist im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht unverhältnismäßig.
86 
Bei der als Erwachsene eingereisten Klägerin zu 1, die in Makedonien aufgewachsen ist und später im heutigen Kroatien gelebt hat, fehlt es bereits an der erforderlichen Entwurzelung. Zudem ist sie nicht hinreichend verwurzelt, da sie über viele Jahre ausschließlich von Sozialleistungen gelebt und erst vor kurzem eine Arbeitsstelle gefunden hat. Weitere besondere Integrationsleistungen sind nicht ersichtlich. Es fehlt auch an einer Handreichung des Staates, da ihr Aufenthalt nach negativem Abschluss des Asylverfahrens durchgehend nur geduldet war. Sie konnte daher kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand ihres Aufenthalts im Bundesgebiet entwickeln (vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris). Der jetzt 17jährige Kläger zu 4 ist zwar hier geboren und aufgewachsen, so dass ohne weiteres von einer Entwurzelung ausgegangen werden kann. Er hat indes nach Abschluss der Hauptschule keine Ausbildung begonnen und auch beruflich nicht Fuß gefasst. Besondere Integrationsleistungen sind ebenfalls nicht ersichtlich. Negativ ins Gewicht fällt auch seine Verurteilung vom 17.09.2008. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 4 als Minderjähriger grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal seiner Mutter teilt (familienbezogene Gesamtbetrachtung). Bei dem als Kleinkind eingereisten, jetzt 18jährigen Kläger zu 3 fehlt es ebenfalls an einer abgeschlossenen Integration. Er hat keinen Schulabschluss erlangt und ist beruflich nicht integriert. Zudem ist er ebenfalls straffällig geworden. Von einer fortgeschrittenen beruflichen und sozialen Integration kann daher auch bei ihm keine Rede sein.
87 
ccc) Nach § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG darf die Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, „wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist“ (§ 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG), und ein Verschulden liegt insbesondere dann vor (die anderen Verschuldenstatbestände sind hier nicht einschlägig), wenn der Ausländer „zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt“ (§ 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Grundsätzlich ist der Ausländer verpflichtet, von sich aus zumutbare Anforderungen zur Beseitigung von Ausreisehindernissen zu erfüllen; er hat zudem unter Angabe nachprüfbarer Umstände darzulegen und durch Vorlage geeigneter Dokumente nachzuweisen, dass er das ihm Zumutbare zur Erlangung eines Passes oder eines anderen Rückreisedokuments getan hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - InfAuslR 2009, 109; Senatsurteil vom 22.03.2006 - 11 S 1924/05 - je m.w.N.). Bei der Frage, welche Mitwirkungshandlungen konkret zumutbar sind, sind alle Umstände und Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen (siehe BVerwG, Beschl. v. 15.06.2006 - 1 B 54.06 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 4 und VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O. m.w.N.), wobei der Begriff der Zumutbarkeit es ausschließt, einem Ausländer solche Handlungen abzuverlangen, die von vornherein erkennbar aussichtslos sind (BVerwG, Beschluss vom 15.06.2006, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.06.2007 - 3 B 34.05 - juris). Auch dem Verhalten der Behörde als Mitbeteiligter kommt bei der Festlegung der einzelnen Verantwortungsbereiche Bedeutung zu (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 180; BayVGH, Beschl. v. 19.12.2005 - 24 C 05.2856 - InfAuslR 2006, 189). Erfolglos gebliebene behördliche Bemühungen können zwar dem Betroffenen selbst nicht als Verschulden angelastet werden; andererseits entlasten sie jedoch den Ausländer nicht von (sonst) zumutbaren eigenen Anstrengungen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG eigenständige Verantwortungsbereiche von Behörde und Betroffenem anzunehmen sind (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005, a.a.O.) und dass Behördenbemühungen unter Umständen schon deswegen, weil sie von einer Behörde ausgehen, zum Scheitern verurteilt sein können. Die dem Ausländer obliegende Initiativpflicht erstreckt sich auf alle Handlungsmöglichkeiten, die ihm bei objektiver Betrachtungsweise bekannt sein können; nur insoweit kann ihm subjektive Verantwortlichkeit angelastet werden (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005 a.a.O.). Daher hat die zuständige Behörde, wie dies auch § 82 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorgibt, den Betroffenen auf seine Pflichten hinzuweisen und ihm mitzuteilen, dass und in welchem Umfang er zur Erbringung bestimmter Handlungen verpflichtet ist; wenn sich ihm ein bestimmtes Verhalten nicht bereits aufdrängen muss, muss ihm wenigstens hinreichend erkennbar sein, was er konkret zu unternehmen hat. Die Behörde ist regelmäßig angesichts ihrer organisatorischen Überlegenheit und Sachnähe besser in der Lage, die bestehenden Möglichkeiten zu erkennen und die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O.).
88 
Daran gemessen ist ein Verschulden der Kläger hier zu bejahen. Die Klägerin zu 1 ist nie von sich aus tätig geworden, um nach Ungültigwerden ihres alten jugoslawischen Passes neue Pässe für sich und ihre Kinder zu erlangen. Aufforderungen zur Passbeschaffung ist sie bezogen auf Kroatien und Makedonien zunächst nachgekommen. Auch auf dem serbischen Konsulat hat sie vorgesprochen. Nachdem jedoch klar war, dass sie abgeleitet von ihrer Mutter möglicherweise ihre Registrierung und Einbürgerung in Serbien erreichen könnte, hat sie trotz ausdrücklicher Aufforderung seitens der Beklagten keine weiteren Bemühungen in dieser Richtung unternommen. Der Kläger zu 3, der nach Erreichen der Volljährigkeit ebenfalls keine eigenen Bemühungen unternommen hat, muss sich das Verhalten der Klägerin zu 1 ebenso zurechnen lassen wie der noch minderjährige Kläger zu 4.
89 
Auf das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen kommt es nach alledem im Hinblick auf die Ansprüche nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht an.
90 
5. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17.11.2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Dies war hier nicht der Fall. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen entgegen. Nach Nr. I 3.3 der Anordnung dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen. Liegt für einen Elternteil oder für ein im Familienverband lebendes minderjähriges Kind ein Ausschlussgrund vor, so scheidet nach I. 3.5 der Anordnung zur Wahrung der Familieneinheit die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich auch für die übrigen Familienmitglieder aus. Hier liegt nicht nur bei dem Kläger zu 2, sondern auch bei den Klägern zu 3 und zu 4 der anspruchsvernichtende Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vor. Damit scheidet die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch für die Klägerin zu 1 aus.
91 
6. Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen. Lockerungen in Bezug auf die Erfüllung der Passpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG bestehen im Rahmen des § 104 a AufenthG nicht (Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 71). Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrundes beseitigen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern die Erlangung eines Passes unzumutbar sein könnte.
92 
Die von der Beklagten in der Berufungsverhandlung getroffene Entscheidung, nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abzusehen, ist nicht zu beanstanden. Diese Entscheidung wurde tragend mit der Erwägung begründet, die Klägerin zu 1 habe über Jahre hinweg keine Passbeschaffungsbemühungen entfaltet. Sie sei offensichtlich nicht gewillt, sich um einen Pass zu bemühen. Der Kläger zu 4 müsse sich die mangelnden Passbeschaffungsbemühungen seiner Mutter zurechnen lassen. Der Kläger zu 3 hätte sich nach Erreichen der Volljährigkeit auch selbstständig an das serbische Konsulat wenden und Passbeschaffungsbemühungen entfalten können. Diese Erwägungen lassen keine Ermessensfehler erkennen.
93 
§ 114 Satz 2 VwGO steht der erstmaligen Ermessensbetätigung in der Berufungsverhandlung nicht entgegen, weil mit Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt insgesamt erstmals über einen möglichen Anspruch auf der Grundlage des erst während des Berufungsverfahrens in Kraft getretenen § 104 a AufenthG zu entscheiden war. Insoweit gilt das oben unter II. 3. a) Ausgeführte entsprechend.
94 
7. Schließlich können die Kläger weder die Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer noch von Ausweisersatzen beanspruchen. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthV liegen nicht vor, da die Kläger, wie oben ausgeführt, auf zumutbare Weise Pässe erlangen können. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor, da die Beklagte nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abgesehen hat.
III.
95 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären. Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist gegenstandslos, nachdem die Kläger die Verfahrenskosten zu tragen haben.
96 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
97 
Beschluss vom 22. Juli 2009
98 
Der Streitwert des Verfahrens in beiden Rechtszügen wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2 GKG auf jeweils40.000,-- EUR festgesetzt.
99 
Gründe
100 
Mit den Anträgen auf Verpflichtung zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen und zur Ausstellung von Reiseausweisen machen die Kläger zwei verschiedene prozessuale Ansprüche geltend, für die jeweils - je Kläger - der Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG von 5.000,-- EUR anzusetzen ist (Senatsbeschluss vom 13.03.2007 - 11 S 150/07- NVwZ-RR 2007, 429). Dies ergibt einen Streitwert von 40.000,-- EUR. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung ist entsprechend zu ändern.
101 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2004 - 11 K 4809/03 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.13 S 2220/05

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis bzw. einer Aufenthaltsgenehmigung.
Er wurde am 22.8.1990 in der Bundesrepublik Deutschland geboren und ist vietnamesischer Staatsangehöriger. Seine Eltern reisten im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer aus Vietnam in die DDR ein. Nach der Maueröffnung siedelten sie Ende 1989 in die Bundesrepublik Deutschland über, wo sie im Jahr 1990 einen Asylantrag stellten. Die Asylverfahren endeten im Juli 1994 bzw. Juli 1995 erfolglos. Im Jahr 1995 beantragte die Familie des Klägers die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis. Mit Verfügung vom 20.11.1995 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ab, den hiergegen gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der erkennende Senat mit Beschluss vom 11.6.2001 (13 S 1195/01) ab. Der Kläger war seit seiner Geburt zu keiner Zeit im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung.
Am 15.7.2003 beantragte der Vater des Klägers für sich und seine Familie erneut die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis. Zur Begründung wurde vorgetragen: Das ursprüngliche Abschiebungshindernis der Passlosigkeit sei zwischenzeitlich entfallen, nachdem sich die gesamte Familie freiwillig vietnamesische Reisepässe verschafft habe. Für den Kläger ergebe sich eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung aber daraus, dass er in Böblingen geboren, aufgewachsen und sprachlich sowie kulturell in die Bundesrepublik Deutschland integriert sei. Er habe keinen Bezug zu seinem "Heimatstaat Vietnam". Eine Abschiebung würde eine Entwurzelung bedeuten, die mit einer erheblichen Gefährdung des Kindeswohls, insbesondere der seelischen Gesundheit einhergehen würde. Eine Abschiebung in Kenntnis der zu erwartenden offensichtlichen psychischen Störungen verstoße zudem gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK.
Mit Schreiben vom 14.10.2003 teilte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit: Nach erneuter Prüfung der Aktenlage und Rücksprache mit dem Regierungspräsidium sei man übereingekommen, dass sich an der Sachlage der Familie seit den letzten mehrmals gestellten Anträgen auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nichts geändert habe. Eine neue Prüfung und ein daraus folgender Bescheid, der eine Ablehnung zur Folge hätte, sei daher entbehrlich.
Der Kläger hat - gemeinsam mit seinen übrigen Familienangehörigen - am 21.11.2003 verwaltungsgerichtliche Klage erhoben, zu deren Begründung er im wesentlichen das Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt hat. Mit Beschluss vom 13.10.2004 hat das Verwaltungsgericht nach Durchführung der mündlichen Verhandlung das Verfahren des Klägers vom Verfahren der übrigen Familienangehörigen abgetrennt.
Mit Urteil vom 24.6.2004 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei gem. § 75 VwGO zulässig. Zu Unrecht berufe sich die Beklagte darauf, wegen Unanfechtbarkeit ihrer vorangegangenen ablehnenden Verfügung besitze der Kläger kein Sachbescheidungsinteresse. Denn es lägen Gründe vor, die dafür sprächen, dass ein sachlicher Anlass für eine erneute Prüfung und Entscheidung durch sog. Zweitbescheid gegeben sei. Unabhängig von der Frage, welche Bedeutung dem Umstand zukomme, dass der Kläger nunmehr - anders als im Zeitpunkt der letzten Gerichtsentscheidung - im Besitz eines vietnamesischen Reisepasses sei, berufe er sich auf seine fortgeschrittene Integration und ein daraus resultierendes rechtliches Abschiebungshindernis. Nachdem die vorangegangene Entscheidung des VG Stuttgart insoweit mehr als drei Jahre zurückliege, was angesichts des Alters des Klägers eine erhebliche Zeitspanne sei, habe Anlass für eine neue Prüfung und Entscheidung bestanden. Der Kläger habe auch Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis. Allerdings komme deren Erteilung wohl nicht nach § 30 Abs. 3 AuslG in Betracht, da der Kläger zwischenzeitlich im Besitz eines vietnamesischen Reisepasses sei. Soweit er sich auf das rechtliche Abschiebungshindernis seiner erfolgreichen Integration berufe, dürfte ein Vertretenmüssen i. S. des § 30 Abs. 3 AuslG vorliegen, weil er sich das Verhalten seiner Eltern zurechnen lassen müsse. Diese hätten aber spätestens seit Abschluss ihres Asylverfahrens im Jahr 1995 gewusst, dass sie kein Bleiberecht in Deutschland besäßen. Es wäre im Interesse des Kindeswohls seinerzeit geboten gewesen, den Kläger auf ein Leben im Heimatland Vietnam vorzubereiten. Dass dies nicht in ausreichendem Maße geschehen sei, sei objektiv und subjektiv vorwerfbar und dürfte eine Anwendung von § 30 Abs. 3 AuslG insoweit ausschließen. Der Kläger erfülle jedoch die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 4 AuslG. Wie die gesetzliche Formulierung zeige, komme es hier auf ein Vertretenmüssen gerade nicht an. Auch der Ausländer, der ein Abschiebungshindernis selbst zurechenbar herbeigeführt habe, könne sich im Grundsatz auf diese Vorschrift berufen. Insoweit sei das vom Kläger in Anspruch genommene Abschiebungshindernis seiner gelungenen Integration rechtlich von Bedeutung. Es sei unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles auch tatsächlich gegeben. Eine abgeschlossene erfolgreiche Integration eines fast 15-jährigen im Bundesgebiet geborenen und aufgewachsenen Ausländers sei im Hinblick auf das Schutzgut des "Privatlebens" in Art. 8 Abs. 1 EMRK als rechtliches Abschiebungshindernis zu berücksichtigen. Das Gericht sehe die Integration des Klägers - im Unterschied zu derjenigen seiner Eltern - weitgehend als erfolgreich abgeschlossen an. Er nehme hier am sozialen Leben teil, besuche - mit Erfolg - eine weiterführende Schule, spreche in seiner Umgebung und auch innerhalb der Familie - jedenfalls mit seinen Geschwistern - mehrheitlich deutsch, und weise alle Merkmale eines sog. "faktischen Inländers" auf. Er sei nicht vorbestraft und lebe auch nicht unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel. Seine Abschiebung nach Vietnam würde sich rein tatsächlich nicht als eine Rückkehr ins Heimatland darstellen, vielmehr als eine Art "Verbannung" in die Fremde. Mit Blick auf die vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung komme hinzu, dass das Hineinwachsen des Klägers in diese Integration von mehreren Faktoren begünstigt worden sei, nicht zuletzt von dem Umstand, dass es den Behörden in der Vergangenheit einfach nicht gelungen sei, die aufenthaltsrechtliche Situation der Familie "in den Griff" zu bekommen. Integriere sich ein im Bundesgebiet geborener ausländischer Jugendlicher aber auf Grund der genannten Umstände derart erfolgreich, werde das an sich legitime Ziel, die Einhaltung der aufenthaltsrechtlichen Vorschriften letztendlich doch noch durchzusetzen, schließlich unverhältnismäßig i. S. von Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK, und es sei von einem rechtlichen Abschiebungshindernis auszugehen. Zwar treffe den Ausländer im Rahmen des § 30 Abs. 4 AuslG die Obliegenheit, alles in seiner Kraft Stehende und ihm Zumutbare dazu beizutragen, etwaige Abschiebungshindernisse zu überwinden. Für den Kläger wäre es aus den dargelegten Gründen aber nicht zumutbar, sein Privatleben aufzugeben und seiner Ausreisepflicht zu genügen. Einen Verlust seiner erfolgreich abgeschlossenen Integration vermöge er rein tatsächlich nicht herbeizuführen. Das Ermessen der Beklagten sei vorliegend "auf Null" reduziert.
Gegen das am 30.11.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.12.2004 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 31.10.2005 hat der Senat die Berufung zugelassen. Der Beschluss wurde der Beklagten am 9.11.2005 zugestellt.
Mit am 8.12.2005 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte die Berufung begründet und ausgeführt: Die Trennung der Verfahren der Eltern und der Geschwister von dem des Klägers hätte nicht erfolgen dürfen. Es sei von einer notwendigen Streitgenossenschaft auszugehen. Die Klage sei bereits unzulässig. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass der Kläger ein Sachbescheidungsinteresse habe. Die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Sie müsse generell bei einem Heranwachsenden erwartet werden und sei daher kein neuer Sachverhalt, der ein Sachbescheidungsinteresse begründe. Die Klage sei auch unbegründet. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass es bei § 30 Abs. 4 AuslG nicht darauf ankomme, ob der Ausländer ein Abschiebungshindernis zu vertreten habe. Im übrigen stelle die Integration des Klägers kein Abschiebungshindernis nach Art. 8 Abs. 1 EMRK dar. Seine Familie sei seit mehreren Jahren vollziehbar ausreisepflichtig, das Abschiebungshindernis habe sie auf Grund fehlender Mitwirkung selbst verschuldet. Sie habe sich nachgewiesenermaßen mehrmals geweigert, an den Passbeschaffungsmaßnahmen mitzuwirken, obwohl zumindest der Vater des Klägers einen vom 9.6.1995 bis 8.6.2000 gültigen vietnamesischen Nationalpass bei der Ausländerbehörde hinterlegt gehabt habe. Erst nachdem erneut Hoffnung auf ein Aufenthaltsrecht bestanden habe, sei die Familie bereit gewesen, die entsprechenden Bemühungen zu zeigen. Eine freiwillige Ausreise wäre demnach schon vor Jahren möglich gewesen. Es sei allein den Eltern des Klägers zuzurechnen, dass sich der Aufenthalt im Bundesgebiet derart lange hinausgezogen habe. Auch stelle die Familie einen Integrationswillen nicht ausreichend unter Beweis. Sie hätte bereits vor Jahren ein Aufenthaltsrecht erhalten können, habe dies jedoch selbst durch den mehrjährigen Bezug von Sozialhilfe und durch fehlende Mitwirkungsbereitschaft verhindert. Bleiberechtsregelungen des Innenministeriums hätten daher keine Anwendung gefunden. Dass die Eltern den Kindern weder die heimatliche Sprache noch die vietnamesische Kultur vermittelt hätten, gehe allein zu Lasten der Familie. Der Kläger möge sich zwar selbst integriert haben, er müsse sich jedoch das Verhalten der Eltern anrechnen lassen, da er minderjährig sei und seine Eltern seine gesetzlichen Vertreter seien. Auch aus Art. 8 EMRK könne kein Bleiberecht abgeleitet werden. Hinsichtlich des Schutzes des Familienlebens scheide eine Verletzung dieser Bestimmung schon deshalb aus, weil der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht in Deutschland verweigert werde und daher alle Familienmitglieder in ihr Heimatland zurückkehren müssten. Art. 8 Abs. 1 EMRK gewähre kein Recht, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet sei, um ein Familienleben aufzubauen. Auch das Recht auf Privatleben werde durch eine Aufenthaltsbeendigung nicht verletzt. Es spreche bereits vieles dafür, dass ein schützenswertes Privatleben i. S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK voraussetze, dass zumindest für einen gewissen Zeitraum ein ordnungsgemäßer Aufenthalt im Aufenthaltsstaat vorgelegen habe. Der Kläger habe jedoch nie über einen ordnungsgemäßen Aufenthalt verfügt. Selbst wenn man davon ausgehe, dass auch ein rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines geschützten Privatlebens i. S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein könne, sei die daraus folgende Rechtsposition im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Dabei dürfe Art. 8 EMRK nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deshalb, weil er sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe. Vielmehr bedürfe es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr unzumutbar sei. Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat einreise und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen sei, rechtfertige einen solchen Schluss nicht. Gesichtspunkte seien jeweils unter anderem die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland. Es sei dem Kläger auch zumutbar, in sein Heimatland zurückzukehren. Er sei in einem Alter, in dem er sich an neue Verhältnisse anpassen und in sie einfügen könne. Seine persönlichen Interessen, weiterhin im Bundesgebiet zu leben, seien zwar nachvollziehbar, müssten jedoch gegenüber den aufenthaltsrechtlichen Vorschriften hintanstehen. Nicht richtig sei weiterhin, wenn das Verwaltungsgericht den Behörden eine Teilschuld zumesse. Zum einen werde seitens des Innenministeriums Baden-Württemberg das Instrument der freiwilligen Ausreise bevorzugt. Zum anderen habe die Familie des Klägers die Abschiebung durch fehlende Mitwirkung, die mehrmalige Antragstellung, die Durchführung verwaltungsgerichtlicher Verfahren etc. selbst vereitelt. Es wäre ausschließlich die Pflicht der Familie gewesen auszureisen.
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2004 - 11 K 4809/03 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
14 
Der Beigeladene schließt sich dem Antrag der Beklagten an.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere des weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird auf die gewechselten Schriftsätze und die dem Senat vorliegen Verwaltungsakten der Beklagten, Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart und Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (auch aus früheren Verfahren) verwiesen. Sie waren Gegenstand der Verhandlung und Beratung.

Entscheidungsgründe

 
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Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung, vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weil der Kläger keinen Anspruch auf den von ihm begehrten Aufenthaltstitel hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Entgegen der Auffassung der Beklagten erweist sich das Urteil allerdings nicht schon deshalb als fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen der übrigen Familienmitglieder abgetrennt und über dieses vorab entschieden hat. Nach § 93 VwGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden. Die Entscheidung über eine Verbindung oder Trennung steht im Ermessen des Gerichts (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Rdnr. 3 zu § 93 m.w.N.). Es ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers nach Durchführung der mündlichen Verhandlung abgetrennt hat. Zwar könnte dies anders zu beurteilen sein, wenn zwischen dem Kläger und seinen Familienangehörigen eine notwendige Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO i.V.m. § 62 ZPO bestünde (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 4.7.1991 - 4 UE 552/87 -, juris). Dies ist aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - hier nicht der Fall. Denn es ist nicht ersichtlich, dass über den vom Kläger und seiner Familie geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zwingend einheitlich (d.h. für jeden Familienangehörigen gleich) entschieden werden muss oder dass aus einem sonstigen Grund eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt (vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 6 f. zu § 64). Vielmehr ist es durchaus denkbar, dass die Klage hinsichtlich einiger Familienmitglieder Erfolg hat, hinsichtlich anderer - etwa wegen in ihrer Person liegender Gründe (z.B. Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 AufenthG) - aber nicht. Im übrigen ist aber auch nicht erkennbar, dass sich die Trennung des Verfahrens des Klägers von demjenigen seiner Eltern und Geschwister in der Sache auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hat.
18 
Der Kläger hat auch das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Sachbescheidungsinteresse. Die Beklagte hat zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung vorgetragen, über den Antrag des Klägers und seiner Familie auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis vom 15.7.2003 sei kein neuer Bescheid erlassen worden, da keine neuen Umstände vorgetragen worden seien, die einen anderen rechtlich relevanten Sachverhalt als in den Jahren zuvor beträfen, in denen der Kläger bereits mehrmals Anträge gestellt und Petitionen eingereicht habe; die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Dem hat das Verwaltungsgericht jedoch zutreffend entgegengehalten, dass der Kläger Gründe vorgetragen hat, die einen sachlichen Anlass für eine erneute Prüfung und förmliche Entscheidung durch Verwaltungsakt boten, weil sich im Hinblick auf seine weiter fortgeschrittene Integration ernsthaft die Frage stellte, ob nunmehr ein Abschiebungshindernis gegeben war oder ob noch an den früheren ablehnenden Entscheidungen festgehalten werden konnte. Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass zur Annahme, dass der erneute Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis von der Beklagten als offensichtlich rechtsmissbräuchlich gestellt angesehen und daher unbeachtet gelassen werden durfte (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rnr. 57 zu § 22 m.w.N.; siehe auch OVG Münster, Beschluss vom 27.10.2005 - 13 A 3802.05A -,    InfAuslR 2006, 99).    
19 
Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) entgegen. Zwar ist mit diesem ein Anspruch (auch) des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis abgelehnt worden. Damit steht allerdings nur (rechtskräftig) fest, dass ihm zum für die damalige Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (der mündlichen Verhandlung) keine Aufenthaltsbefugnis zustand (vgl. § 121 VwGO und Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 9 und 28 zu § 121). Der Kläger macht aber gerade geltend, dass ein solcher Anspruch aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit und der damit verbundenen fortgeschrittenen Integration nunmehr gegeben ist.
20 
Die Klage ist aber unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis bzw. Aufenthaltserlaubnis hat.
21 
Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis ist zwar noch unter der Geltung des früheren Ausländergesetzes gestellt worden; für die Frage, ob die Erteilung dieses Aufenthaltstitels aus Rechtsgründen geboten ist (Anspruch) oder aus Rechtsgründen ausscheidet (Sperre), ist aber auf das Recht des seit dem 1.1.2005 geltenden Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG -) vom 30.6.2004 (BGBl I S. 1950), abzustellen (vgl. auch § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Im übrigen (Ermessen) kommt es zwar grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides an (siehe dazu allgemein BVerwG, Urteil vom 16.6.2004 - 1 C 20.03 -, InfAuslR 2004, 427; speziell zum Übergang vom AuslG zum AufenthG siehe VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 9.2.2005 - 11 S 1099/04 -, vom 23.2.2005 - 13 S 2949/04 - und vom 22.6.2005 - 13 S 1023/05 -; Jakober/Welte, AufenthG, Rdnr. 34 f. zu § 101; Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Rdnr. 2 f. zu § 102); da aber im vorliegenden Verfahren weder ein Bescheid der Beklagten noch ein Widerspruchsbescheid ergangen ist (und damit auch keine behördliche Ermessensausübung stattgefunden hat), ist insgesamt maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.1997 - 17 A 5677/95 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996 - Bs VI 104/96 -, DÖV 1997, 386).
22 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis; auch eine Aufenthaltserlaubnis im Ermessensweg kommt hier nicht in Betracht.
23 
1. § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG scheiden als Rechtsgrundlage aus, weil der Kläger weder als Asylberechtigter anerkannt noch festgestellt worden ist, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Nachdem er das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2, 3, 5, oder 7 AufenthG weder vorgetragen hat noch dies sonst erkennbar ist, kommt auch die Anwendung von § 25 Abs. 3 AufenthG nicht in Betracht. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 1 AufenthG scheidet aus, weil der Kläger nicht nur einen vorübergehenden Aufenthalt anstrebt. Zudem ist nicht erkennbar, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann als Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis schon deshalb nicht herangezogen werden, weil es an einem rechtmäßigen (Vor-)Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet fehlt. Die Vorschrift regelt nämlich die von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG abweichende Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie setzt daher zwingend voraus, dass der Ausländer bereits über eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis verfügt (vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 15/420 S. 80: "Satz 2 schafft eine Ausnahmemöglichkeit für Fälle, in denen ein bereits rechtmäßiger Aufenthalt besteht…"). In Betracht kommt danach allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Jedoch sind auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben.
24 
2. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann dem Kläger keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Seine Ausreise ist nämlich nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich.
25 
Nachdem der - vollziehbar ausreisepflichtige - Kläger inzwischen im Besitz eines gültigen vietnamesischen Reisepasses ist, ist das ursprünglich bestehende tatsächliche Ausreisehindernis entfallen. Es ist auch sonst weder vorgetragen noch erkennbar, dass seiner Ausreise ein tatsächliches Ausreisehindernis entgegensteht.
26 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt im Fall des Klägers aber auch kein rechtliches Ausreisehindernis vor. Er macht insoweit geltend, dass seine Integration in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf Art. 8 EMRK einer Aufenthaltsbeendigung entgegensteht. Damit beruft er sich in der Sache auf die Unzumutbarkeit einer (freiwilligen) Ausreise.
27 
Ob auch die Unzumutbarkeit der Ausreise - deren Vorliegen unterstellt - zu ihrer rechtlichen Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG führt, wird unterschiedlich beurteilt. Gegen diese Auffassung könnte sprechen, dass die behauptete Unzumutbarkeit eine freiwillige Ausreise des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland nicht von vornherein ausschließt. Dementsprechend wird unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG teilweise die Auffassung vertreten, es komme auf die Zumutbarkeit einer Ausreise nicht an (vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 23.9.2005 - 3 B 70/05 -, juris; Renner, AuslR, 8. Aufl., Rnr. 34 zu § 25 AufenthG; Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Rnr. 22 und 23a zu § 25). Andererseits ist jedoch nach der Gesetzesbegründung zu § 25 Abs. 5 AufenthG (BT-Drs. 15/420, S. 80) bei der Frage, ob eine Ausreisemöglichkeit besteht, auch die subjektive Möglichkeit - und damit implizit auch die Zumutbarkeit - der Ausreise zu prüfen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, 356; Hessischer VGH, Beschluss vom 1.6.2005 - 3 TG 1273/05 -, Asylmagazin 9/2005, 33; VG Koblenz, Urteil vom 10.10.2005 - 3 K 147/05.KO -, InfAuslR 2006, 25; VG Karlsruhe, Urteil vom 7.9.2005 - 4 K 1390/03 -; Göbel-Zimmermann, ZAR 2005, 275, 278; Benassi, InfAuslR 2005, 357, 362). Daher geht der Senat davon aus, dass auch die Unzumutbarkeit der Ausreise eine rechtliche Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG darstellt. Hierfür spricht auch, dass kein Wille des Gesetzgebers erkennbar ist, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Vergleich zur früheren Regelung in § 30 Abs. 3 und 4 AuslG insoweit zu verschärfen. Letztlich bedarf diese Frage hier aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn im Fall des Klägers ist die Ausreise möglich und zumutbar, weil ihr weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK entgegenstehen.
28 
a) Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, die Einheit und Selbstverantwortlichkeit von Ehe und Familie zu respektieren und zu fördern. Art. 6 Abs. 2 GG garantiert das Elternrecht im Interesse des Kindeswohls und schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen, vor staatlichen Eingriffen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 22.8.2000 - 2 BvR 1363/00 -, juris). Art. 6 Abs. 3 GG regelt die grundsätzlichen Voraussetzungen, unter denen Kinder gegen den Willen der Erziehungsberechtigten von der Familie getrennt werden dürfen.
29 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und nach dem Willen der Beklagten alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, ist der Schutzbereich der genannten Gewährleistungen von vornherein nicht tangiert. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen seiner Familienangehörigen abgetrennt und vorab entschieden hat, ändert hieran nichts, zumal nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Beklagten und des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiterhin eine gemeinsame Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers angestrebt wird.
30 
b) Nach Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl II 1952, 686, 953/II 1954, 14) - EMRK - hat jedermann Anspruch auf Achtung (u.a.) seines Privat- und Familienlebens. Art. 8 Abs. 2 EMRK nennt die Voraussetzungen, unter denen der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts statthaft ist.
31 
Soweit Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch) den Schutz des Familienlebens garantiert, scheidet eine Verletzung dieser Bestimmung aus den bereits genannten Gründen aus. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Urteil der Großen Kammer vom 9.10.2003 - 48321/99 - Slivenko/Lettland, § 94, wobei hier der Begriff des Familienlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK in Bezug auf Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung ausdrücklich verstanden wird als das auf dem Gebiet eines Vertragstaates tatsächlich geführte Familienleben von Nicht-Staatsangehörigen, die sich dort rechtmäßig aufhalten ["by aliens lawfully resident there"]; Entscheidung vom 7.10.2004 - 33743/03 - , NVwZ 2005, 1043,1045).
32 
Die Weigerung, dem Kläger ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privatlebens darstellen. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff i. S. des Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK liegt jedoch hier nicht vor.
33 
Nach seiner ursprünglichen Konzeption dient dieses Recht dazu, dem Individuum eine Sphäre zu sichern, in der es die Entwicklung und Erfüllung seiner Persönlichkeit anstreben kann. Wenn der Staat Regeln für das Verhalten in dieser Sphäre trifft, greift er in das Recht auf Achtung der Privatsphäre ein, was der Rechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK bedarf (vgl. zum Schutzbereich des Privatlebens: Frowein/Penkert, EMRK, 1996, Rnr. 1 ff. zu Art. 8). Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 16.6.2005 - 60654/00 -, auszugsweise abgedr. in InfAuslR 2005, 349) stellt auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts jedenfalls dann einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben dar, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kann danach insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland im wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999 - 4 L 195/98 -, juris; zur Bedeutung der engen Bindung an den Aufenthaltsstaat im Zusammenhang mit dem "Schutz des Familienlebens" s. auch EGMR, Urteile vom 26.3.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.9.1997 , InfAuslR 1997, 430, sowie BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.).
34 
Ein der Rechtfertigung bedürftiger Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer liegt allerdings regelmäßig nur dann vor, wenn sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 3.6.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff. m.w.N., und vom 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz der Kläger sich befindet, aber regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt nämlich keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs kann daher eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, grundsätzlich nicht erfolgen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff. und Beschluss vom 24.11.2005 - 11 S 1078/05 -; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70,71).
35 
In der - ohnehin stark kasuistisch geprägten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.) - Rechtsprechung des EGMR ist die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, soweit ersichtlich allerdings nicht eindeutig geklärt (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.9.2004 , a.a.O.). Es kann  aber jedenfalls festgehalten werden, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EGMR hierfür nicht ausreichend ist. In der Entscheidung heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung vom 16.6.2005 (- 60654/00 -, Sisojewa/Lettland, auszugsweise abgedruckt in InfAuslR 2005, 349) nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist (siehe §§ 57 f. und 94), und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen (siehe hierzu insbesondere die abweichende Meinung der Richterinnen V und B). Eine vergleichbare Situation ist beim Kläger indes nicht gegeben.
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Allerdings legt die - sehr einzelfallbezogene - Rechtsprechung des EGMR  die Annahme nahe, dass ein schutzwürdiger Aufenthalt im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch beim Vorhandensein einer Duldung jedenfalls nicht von vornherein ausscheidet. Vielmehr dürfte es aus Sicht des EGMR maßgeblich darauf ankommen, warum der betreffende Ausländer sich trotz des Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Aufnahmestaat aufhält, ob ihm eine Ausreise grundsätzlich möglich und zumutbar wäre und ob die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen oder auf Grund anderer Umstände (etwa wegen der Verhältnisse im Heimatstaat) nicht möglich ist.
37 
Selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass auch ein - wie hier - rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition jedoch im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Nach dieser Bestimmung ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts aus Absatz 1 nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.9.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). In seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Recht des Aufenthalts von Ausländern vom 28.5.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) hat der EGMR zudem betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der  "Achtung"  des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.9.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und 7.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat er nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden.  Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen zudem nicht allein deswegen, weil er sich "eine bestimmte Zeit" im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt einen solchen Schluss jedoch noch nicht (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts insbesondere, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.), wobei gerade auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.).
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Vor dem dargestellten Hintergrund ist im Fall des Klägers bei Abwägung aller Umstände nicht festzustellen, dass die Verweigerung der Legalisierung seines Aufenthalts und die geplante Aufenthaltsbeendigung unverhältnismäßig ist und daher gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt. Dabei ist es nach Auffassung des Senats nicht ausreichend, bei der Beurteilung der Integration des Klägers gleichsam isoliert nur in den Blick zu nehmen, inwieweit er selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt ist. Vielmehr kommt dabei auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang seine Familie sich in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Denn für die Beurteilung der Verwurzelung des Klägers kommt es auch entscheidend darauf an, ob bzw. inwieweit seine familiären Verhältnisse an das Leben in der Bundesrepublik Deutschland angeglichen sind und welche Verbindungen insoweit noch zum Land seiner Staatsangehörigkeit bestehen. Für eine solche Gesamtbetrachtung spricht nicht nur die Bezugnahme auf das "Familienleben" als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK, sondern auch die Tatsache, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht allein sichern könnte, sondern hierfür auf die Unterstützung seiner Familie angewiesen ist. Sein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland kann auch insoweit rechtlich nicht isoliert von demjenigen seiner Familie, insbesondere seiner Eltern, beurteilt werden. Zudem wären auch Fallgestaltungen denkbar, in denen nur ein Kind in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist, andere Kinder dagegen auf Rückkehr in den Heimatstaat angewiesen wären.
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Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung sind bei dieser Gesamtbetrachtung - sowohl zu seinen Gunsten wie zu seinen Lasten - auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet) auf das Verhalten seiner Eltern zurückzuführen sind.  Er muss sich das Verhalten seiner Eltern schon deshalb zurechnen lassen, weil er als Kind grundsätzlich deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilt und sich nur deshalb bis heute in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten konnte, weil diese ihrer bestehenden Ausreisepflicht nicht nachgekommen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Hierfür spricht auch, dass das Aufenthaltsgesetz ein selbständiges Aufenthaltsrecht für Kinder erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG) und sie auch erst ab diesem Alter für verfahrensfähig erklärt (vgl. § 80 Abs. 1 AufenthG). Daran zeigt sich, dass der Gesetzgeber auch beim Aufenthaltsgesetz an der Konzeption festgehalten hat, wonach das Aufenthaltsrecht von Kindern bis zum 16. Lebensjahr dem der Eltern folgt; damit wird im übrigen auch ihre Integrationsfähigkeit in andere Lebensverhältnisse generell unterstellt (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 21.9.1994 - 10 UE 548/94 -, NVwZ-RR 1995, 163). Auch sonst geht die Rechtsprechung bei Abschiebungshindernissen von Kindern davon aus, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.7.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken.
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Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten des Klägers in die Erwägungen einzustellen, dass er, wie auch seine Geschwister, in der Bundesrepublik Deutschland geboren und aufgewachsen ist; er beherrscht - wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat - die deutsche Sprache sehr gut, besucht mit überdurchschnittlichem Erfolg die Realschule und möchte anschließend auf das Gymnasium wechseln. Zudem nimmt er am sozialen Leben in seiner Wohngemeinde teil. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass er sich nach seinen Angaben bisher niemals in Vietnam, dem Land seiner Staatsangehörigkeit, aufgehalten hat, dieses also nicht aus eigener Anschauung kennt.
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Andererseits kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Eltern des Klägers bisher in weit geringerem Maß in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert sind als er, weshalb die innerfamiliären Lebensverhältnisse auch heute noch in erheblichem Maß von der vietnamesischen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt werden. Dabei ist in der Verhandlung vor dem Senat vor allem aufgefallen, dass der Vater des Klägers, trotz des langjährigen Aufenthalts, die deutsche Sprache verhältnismäßig schlecht beherrscht, weshalb der Kläger die Fragen des Senats und die Antworten seines Vaters zumeist übersetzen musste. Nach Angaben des Klägers spricht sein Vater allerdings besser Deutsch als seine Mutter, weshalb bei ihr von einer noch geringeren Beherrschung der deutschen Sprache ausgegangen werden muss. Schon diese geringen Sprachkenntnisse der Eltern legen es nahe, dass bei ihnen keine fortgeschrittene Integration angenommen werden kann. Darüber hinaus hat die Familie des Klägers in der Zeit von 1990 bis zum Februar 2000 Sozialhilfe (teilweise in voller Höhe, teilweise als zusätzliche Leistung) bezogen, was für diesen Zeitraum gegen eine gelungene Integration - jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht - spricht.
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Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt über einen rechtmäßigen und damit längerfristig gesicherten Aufenthalt in Deutschland verfügt hat. Dem Umstand, dass seine Eltern im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer in die DDR gelangt sind und dort ein bis zum Jahr 1992 gültiges Aufenthaltsrecht erhalten haben, kommt dabei keine entscheidende Bedeutung zu. Ungeachtet der Frage, ob und gegebenenfalls welche Wirkungen dieses Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland entfaltet hat, waren sie nämlich jedenfalls nach dem Abschluss ihrer Asylverfahren vollziehbar ausreisepflichtig und durchgehend nur im Besitz von Duldungen, die ihre Ausreisepflicht unberührt gelassen haben. Ab diesem Zeitpunkt konnte aber weder für sie noch für den Kläger von einem begründeten Vertrauen auf einen dauerhaften Aufenthalt ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass die Dauer des Aufenthalts maßgeblich dadurch zustande gekommen ist, dass die Eltern des Klägers nach dem rechtskräftigen Abschluss ihrer Asylverfahren trotz der bestehenden Ausreisepflicht mehrere weitere (erfolglose) Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts eingeleitet haben. Sie haben bereits im Jahr 1995 einen erfolglosen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gestellt, im Jahr 1997 ebenfalls erfolglos eine Petition eingereicht und am 15.3.2000 einen - ebenfalls erfolglosen -  Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis auf der Grundlage von § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt vom 12.1.2000 - Az.: 4-1340/29 -gestellt (das damals beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängige Klageverfahren hat währenddessen geruht). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers einer am 28.12.1995 erfolgten Vorladung wegen einer beabsichtigten Passbeschaffung unentschuldigt nicht nachgekommen ist und sich - wie die Beklagte in einem Schreiben an die damaligen Bevollmächtigten der Eltern des Klägers vom 17.5.2000 ausgeführt hat - später auch weigerte, Angaben bezüglich seines letzten Aufenthaltes in Vietnam zu machen. So wird auch im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ausgeführt, die Kläger (gemeint: die Eltern des Klägers) hätten hinsichtlich der Passlosigkeit ihren diesbezüglichen Mitwirkungspflichten nicht genügt und seien mündlichen und schriftlichen Aufforderungen der Ausländerbehörde zum Ausfüllen von Passanträgen nicht nachgekommen bzw. hätten entsprechenden Vorladungen nicht Folge geleistet. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass eine Aufenthaltsbeendigung in der Vergangenheit möglich gewesen wäre, wenn sich die - vollziehbar ausreisepflichtigen - Eltern des Klägers um Reisepapiere bemüht hätten.
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Zugunsten des Klägers fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht, dass sein Aufenthalt und der Aufenthalt seiner Familie seit dem Abschluss der Asylverfahren der Eltern im Jahr 1995 von der Beklagten nicht zwangsweise beendet worden ist. Es erscheint bereits als grundsätzlich zweifelhaft, ob ein Ausländer, der vollziehbar zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist und dieser gesetzlichen Verpflichtung freiwillig nachkommen könnte, sich   überhaupt auf die unterlassene Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung berufen kann. Hat ein Ausländer die seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung entgegenstehenden Hindernisse zu vertreten, so ist er nämlich nach der Rechtsprechung verpflichtet, die ihm entstehenden Nachteile gering zu halten, indem er sich frühzeitig und nachhaltig um die Beseitigung des Ausreisehindernisses bemüht. Zudem hat er Nachteile, die sich hieraus ergeben, grundsätzlich hinzunehmen und kann nicht darauf vertrauen, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Davon abgesehen lagen vorliegend aber auch nachvollziehbare Gründe dafür vor, dass eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers in der Vergangenheit nicht erfolgt ist. Zum einen hat sein Vater - wie ausgeführt - die Mitwirkung an der Beschaffung von Reisepapieren mehrfach verweigert. Zum anderen stellte sich eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie auf der Grundlage des am 21.7.1995 unterzeichneten "Deutsch-Vietnamesischen Rückübernahmeabkommens" nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten bzw. des Regierungspräsidiums Stuttgart als schwierig und langwierig dar.  
44 
Beim Kläger ist auch die Annahme gerechtfertigt, dass er sich in die vietnamesischen Lebensverhältnisse wird einleben können. Wie er schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben hat, verfügt er durchaus über vietnamesische Sprachkenntnisse. Dies hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Zwar hat er hier zunächst gemeint, seine Vietnamesischkenntnisse seien eher schlecht. Allerdings spricht er zuhause nach seinem eigenen Vortrag mit den Eltern Vietnamesisch. In der mündlichen Verhandlung hat er zudem die an seinen Vater gerichteten Fragen des Senats übersetzt, was ihm offenbar keine besonderen Schwierigkeiten bereitet hat. Danach muss der Kläger jedoch über zumindest so gute Kenntnisse der vietnamesischen Sprache verfügen, dass ihm eine Verständigung mit seinen Eltern im Alltagsleben möglich ist. Angesichts seines Alters ist zudem die Annahme gerechtfertigt, dass er diese Kenntnisse der vietnamesischen Sprache weiter ausbauen kann (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2002 - 11 S 862/02 -, NVwZ-RR 2003, 307, 308 f.; Urteil vom 27.1.2004 - 10 S 1610/03 -, VBlBW 2004, 308, 311; Beschluss vom 2.11.2004 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 71;  ferner EGMR, Urteil vom 27.10. 2005 - 32231 - , InfAuslR 2006, 3; Urteil vom 5.7.2005 - 46410/99 - <Üner>, InfAuslR 2005, 450). Soweit er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, er könne die vietnamesische Sprache nicht lesen und schreiben, ist zu berücksichtigen, dass er sich in einem Alter befindet, in dem der Erwerb dieser Kenntnisse jedenfalls noch als zumutbar erscheint, zumal auch diese Sprache lateinische Buchstaben verwendet, wie der Kläger in der Verhandlung nochmals bestätigt hat. Dies gilt umso mehr, als er - wie dargelegt - die vietnamesische Sprache jedenfalls recht gut spricht. Hinzu kommt, dass er nicht allein, sondern gemeinsam mit seiner Familie nach Vietnam übersiedeln soll, dort also nicht auf sich allein gestellt sein wird, sondern insbesondere mit der Unterstützung seiner Eltern rechnen kann, die mit den vietnamesischen Lebensverhältnissen noch hinreichend vertraut sein dürften. Zudem befinden sich noch seine Großeltern in Vietnam, mit welchen die Familie regelmäßigen Kontakt pflegt. Auch dies dürfte ein Einleben in die vietnamesischen Lebensverhältnisse erleichtern.
45 
Unter Abwägung aller Gesichtspunkte kann der Kläger daher auch aus der Tatsache, dass er hier geboren und aufgewachsen ist und hier seine Schulausbildung erhalten hat bzw. derzeit erhält, nicht ableiten, dass die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG in seinem Fall einen unzulässigen Eingriff i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellt.
46 
c) Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Versagung einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers zu einem verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in grundgesetzliche Gewährleistungen aus Art. 1, 2 oder 3 GG führt.
47 
Fehlt es danach bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, bedarf keiner Erörterung, ob das Ermessen der Beklagten - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - dergestalt reduziert ist, dass ermessensfehlerfrei allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommt (sog. "Ermessensreduzierung auf Null").
48 
3. Auch § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden "soll", wenn die Abschiebung 18 Monate lang ausgesetzt ist, verschafft dem Kläger keinen selbständigen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Denn § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG setzt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG voraus. Dies folgt daraus, dass § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG systematisch an den Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG anknüpft und nur die dort vorgesehene Rechtsfolge ("kann") im Sinne eines "soll" modifiziert, sofern das zusätzliche Tatbestandsmerkmal "Aussetzung der Abschiebung seit 18 Monaten" erfüllt ist (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, juris). Bereits der Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist hier aber nicht erfüllt, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt.
49 
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 4 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers (im übrigen, d. h. wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 - wie hier - nicht vorliegen) eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es auf Grund der Umstände des Einzelfalls zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist. Hierbei sind das Kindeswohl und die familiäre Situation zu berücksichtigen (Satz 2).
50 
Es kann vorliegend offen bleiben, ob einem Anspruch auf Grund dieser Bestimmung schon entgegensteht, dass der Kläger im Verwaltungs- und Klageverfahren ausdrücklich (nur) die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis beantragt hat, welcher nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG entspricht (vgl. § 101 Abs. 2 AufenthG). Denn er erfüllt jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 AufenthG. Allerdings steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf dieser Grundlage wohl nicht entgegen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland geboren ist. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Vorgängerbestimmung des § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG war diese nämlich auch auf Kinder anwendbar, die im Bundesgebiet geboren sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004 - 13 S 2833/02 -, InfAuslR 2004, 385 = VBlBW 2004, 354). Dies dürfte auch für die insoweit übereinstimmende Regelung des § 32 Abs. 4 AufenthG angenommen werden können.
51 
Im Fall des Klägers kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Vermeidung einer besonderen Härte in diesem Sinne erforderlich ist. Das Vorliegen einer solchen Härte setzt voraus, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis den minderjährigen Ausländer in den Folgen deutlich ungleich schwerer trifft als andere Ausländer in vergleichbarer Lage (vgl. - zu § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004, a.a.O. m.w.N.; Hailbronner, AuslR, Stand: 6/2005, Rnr. 28 f. zu § 32 AufenthG). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Zweck des § 32 AufenthG darin besteht, den von dieser Bestimmung begünstigten Familienmitgliedern einen gemeinsamen rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen, um dem sich aus Art. 6 GG ergebenden Schutz von Ehe und Familie Rechnung zu tragen (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/420, S. 83). Eine besondere Härte im Sinne dieser Bestimmung kann vor diesem Hintergrund aber nur dann angenommen werden, wenn die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis ein solches Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland hindert. Angesichts des Umstandes, dass sowohl die Eltern des Klägers als auch seine Geschwister vollziehbar ausreisepflichtig sind und nach dem Willen der Beklagten die Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit ihm verlassen sollen, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an ihn schon von der Zweckbestimmung des § 32 Abs. 4 AufenthG her nicht in Betracht. Zudem ist nicht erkennbar, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis eine besondere Härte im dargestellten Sinn begründen könnte, nachdem sie gerade nicht zu einer Trennung von der Familie führt.
52 
5. Auch aus dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (BGBl. II 1992, S. 121 ff.) kann der Kläger für das von ihm begehrte Aufenthaltsrecht nichts herleiten. Dieses Übereinkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland am 5. April 1992 (BGBl. 1992 II, 990) in Kraft getreten.
53 
Im vorliegenden Fall ist schon zweifelhaft, ob das Übereinkommen Rechte des Klägers begründet, aus welchen sich ein Aufenthaltsrecht ergeben könnte. Auch insofern ist von entscheidender Bedeutung, dass er zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern das Bundesgebiet verlassen soll. Das Übereinkommen betont an mehreren Stellen die Achtung vor dem Elternrecht. Insoweit gilt auch bei Heranziehung des Übereinkommens nichts anderes als sonst allgemein im Ausländerrecht, dass nämlich minderjährige Kinder das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen. Aus Art. 20 Abs. 1 des Übereinkommens ergibt sich eine besondere Beistandspflicht des Staates nur für solche Kinder, die aus ihrer familiären Umgebung herausgelöst werden. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.
54 
Darüber hinaus hat die Bundesrepublik Deutschland bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde eine "Erklärung" abgegeben, in der es unter I. Satz 4 und 5 heißt, das Übereinkommen finde innerstaatlich keine unmittelbare Anwendung. Es begründe völkerrechtliche Staatenverpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland nach näherer Bestimmung ihres mit dem Übereinkommen übereinstimmenden innerstaatlichen Rechts erfülle. Des weiteren wird unter IV. eine bereits am 23. Februar 1989 in Genf abgegebene Erklärung bekräftigt, nach der nichts in dem Übereinkommen dahingehend ausgelegt werden könne, dass die widerrechtliche Einreise eines Ausländers in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder dessen widerrechtlicher Aufenthalt dort erlaubt sei; auch könne keine Bestimmung dahin ausgelegt werden, dass sie das Recht der Bundesrepublik Deutschland beschränke, Gesetze und Verordnungen über die Einreise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen.
55 
Die von der Bundesrepublik Deutschland bei der Ratifikation des Vertrages gemachten Vorbehalte schließen die Ableitung von Rechten aus dem Übereinkommen aus. Es spricht auch nichts dafür, dass diese Vorbehalte nach Art. 51 Absatz 2 des Übereinkommens unzulässig wären.
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6. Schließlich ergibt sich auch aus der Landesverfassung Baden-Württemberg nichts für einen Aufenthaltserlaubnisanspruch des Klägers. Dies gilt insbesondere für die in der Rechtsprechung teilweise herangezogene Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 LV, wonach sich das Volk von Baden-Württemberg zu dem unveräußerlichen Menschenrecht auf die Heimat bekennt (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 11.10.2005 - 11 K 5363/03 -). Abgesehen davon, dass die Regelungen der Landesverfassung den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes nachrangig sind (Art. 31 GG), kann sich eine eigene Rechtsposition des Klägers hieraus schon deshalb nicht ergeben, weil es sich dabei nicht um ein Grundrecht handelt, sondern um einen Programmsatz, der allenfalls die Rechtspflicht der Staatsorgane begründet, zur Verwirklichung des Rechts auf Heimat das ihnen Mögliche beizutragen (vgl. Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Rnr. 133 ff. zu Art. 2; Hollerbach in: Feuchte, Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1987, Rnr. 25 ff. zu Art. 2). Nachdem die für den Kläger sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere seine fortgeschrittene Integration in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse, bereits über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG umfassend berücksichtigt worden sind, ist nicht erkennbar, dass sich aus dem Recht auf Heimat insoweit zusätzliche, zugunsten des Klägers zu berücksichtigende Gesichtspunkte ergeben könnten. Danach bedarf auch keiner weiteren Vertiefung, ob der Kläger vom Begriff des "Volkes" in Art. 2 Abs. 2 LV überhaupt erfasst wird.
57 
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung fallen in den Fällen des § 75 die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Es kann offen bleiben, ob die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil eine streitige Gerichtsentscheidung ergeht (hierzu Ring, NVwZ 1995, 1191; Kopp/Schenke, a.a.O. Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Denn § 161 Abs. 3 VwGO ist jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn ein Kläger das anhängige Klageverfahren nach negativer Bescheidung durch die Behörde zunächst fortsetzt und es entweder erst später für erledigt erklärt wird oder streitig über die Sache entschieden werden muss. In einem solchen Fall besteht für eine Kostenüberbürdung auf den Beklagten nach § 161 Abs. 3 VwGO keine Rechtfertigung mehr, weil sich die verzögerte Bescheidung als nicht mehr kausal für den nach dem Erlass des Verwaltungsaktes fortgesetzten Prozess erweist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.7.1991 - 3 C 56/90 -, NVwZ 1991, 1180; Beschluss vom 28.4.1992 - 3 C 50/90 -, Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 94; Clausing in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand 2005, Rnr. 41 zu § 161;  Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Diese Grundsätze sind auch hier anzuwenden. Zwar hat die Beklagte bislang keinen förmlichen Bescheid erlassen; sie hat sich jedoch in der beim Verwaltungsgericht vorgelegten Klageerwiderung vom 23.12.2003 zur Sache geäußert und dabei die Gründe, aus welchen nach ihrer Auffassung die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an den Kläger (und seine Familie) weiterhin ausscheidet, ausführlich dargestellt. Der Kläger hätte danach - in gleicher Weise wie nach dem Ergehen eines Bescheides - die Möglichkeit gehabt, das Verfahren nach Kenntnis der Rechtsauffassung der Beklagten durch Erledigungserklärung oder Rücknahme (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23.7.1991 und vom 28.4.1992, a.a.O.) zu beenden. Nachdem er hierauf verzichtet hat, ist es nicht mehr gerechtfertigt, ihn für die weitere Prozessführung von jedem Kostenrisiko freizustellen. Der Umstand, dass er im erstinstanzlichen Verfahren erfolgreich gewesen ist, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn dies ändert nichts daran, dass das Unterlassen der Bescheidung seines Antrags durch die Beklagte jedenfalls nach Vorlage der Klageerwiderung für den weiteren Fortgang des Verfahrens nicht mehr ursächlich gewesen ist.
58 
Da der Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) entspricht es der Billigkeit, dem Kläger auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
59 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
60 
Beschluss
61 
vom 18.1.2006
62 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr.1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718).
63 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
16 
Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung, vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weil der Kläger keinen Anspruch auf den von ihm begehrten Aufenthaltstitel hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Entgegen der Auffassung der Beklagten erweist sich das Urteil allerdings nicht schon deshalb als fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen der übrigen Familienmitglieder abgetrennt und über dieses vorab entschieden hat. Nach § 93 VwGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden. Die Entscheidung über eine Verbindung oder Trennung steht im Ermessen des Gerichts (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Rdnr. 3 zu § 93 m.w.N.). Es ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers nach Durchführung der mündlichen Verhandlung abgetrennt hat. Zwar könnte dies anders zu beurteilen sein, wenn zwischen dem Kläger und seinen Familienangehörigen eine notwendige Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO i.V.m. § 62 ZPO bestünde (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 4.7.1991 - 4 UE 552/87 -, juris). Dies ist aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - hier nicht der Fall. Denn es ist nicht ersichtlich, dass über den vom Kläger und seiner Familie geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zwingend einheitlich (d.h. für jeden Familienangehörigen gleich) entschieden werden muss oder dass aus einem sonstigen Grund eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt (vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 6 f. zu § 64). Vielmehr ist es durchaus denkbar, dass die Klage hinsichtlich einiger Familienmitglieder Erfolg hat, hinsichtlich anderer - etwa wegen in ihrer Person liegender Gründe (z.B. Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 AufenthG) - aber nicht. Im übrigen ist aber auch nicht erkennbar, dass sich die Trennung des Verfahrens des Klägers von demjenigen seiner Eltern und Geschwister in der Sache auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hat.
18 
Der Kläger hat auch das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Sachbescheidungsinteresse. Die Beklagte hat zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung vorgetragen, über den Antrag des Klägers und seiner Familie auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis vom 15.7.2003 sei kein neuer Bescheid erlassen worden, da keine neuen Umstände vorgetragen worden seien, die einen anderen rechtlich relevanten Sachverhalt als in den Jahren zuvor beträfen, in denen der Kläger bereits mehrmals Anträge gestellt und Petitionen eingereicht habe; die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Dem hat das Verwaltungsgericht jedoch zutreffend entgegengehalten, dass der Kläger Gründe vorgetragen hat, die einen sachlichen Anlass für eine erneute Prüfung und förmliche Entscheidung durch Verwaltungsakt boten, weil sich im Hinblick auf seine weiter fortgeschrittene Integration ernsthaft die Frage stellte, ob nunmehr ein Abschiebungshindernis gegeben war oder ob noch an den früheren ablehnenden Entscheidungen festgehalten werden konnte. Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass zur Annahme, dass der erneute Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis von der Beklagten als offensichtlich rechtsmissbräuchlich gestellt angesehen und daher unbeachtet gelassen werden durfte (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rnr. 57 zu § 22 m.w.N.; siehe auch OVG Münster, Beschluss vom 27.10.2005 - 13 A 3802.05A -,    InfAuslR 2006, 99).    
19 
Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) entgegen. Zwar ist mit diesem ein Anspruch (auch) des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis abgelehnt worden. Damit steht allerdings nur (rechtskräftig) fest, dass ihm zum für die damalige Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (der mündlichen Verhandlung) keine Aufenthaltsbefugnis zustand (vgl. § 121 VwGO und Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 9 und 28 zu § 121). Der Kläger macht aber gerade geltend, dass ein solcher Anspruch aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit und der damit verbundenen fortgeschrittenen Integration nunmehr gegeben ist.
20 
Die Klage ist aber unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis bzw. Aufenthaltserlaubnis hat.
21 
Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis ist zwar noch unter der Geltung des früheren Ausländergesetzes gestellt worden; für die Frage, ob die Erteilung dieses Aufenthaltstitels aus Rechtsgründen geboten ist (Anspruch) oder aus Rechtsgründen ausscheidet (Sperre), ist aber auf das Recht des seit dem 1.1.2005 geltenden Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG -) vom 30.6.2004 (BGBl I S. 1950), abzustellen (vgl. auch § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Im übrigen (Ermessen) kommt es zwar grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides an (siehe dazu allgemein BVerwG, Urteil vom 16.6.2004 - 1 C 20.03 -, InfAuslR 2004, 427; speziell zum Übergang vom AuslG zum AufenthG siehe VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 9.2.2005 - 11 S 1099/04 -, vom 23.2.2005 - 13 S 2949/04 - und vom 22.6.2005 - 13 S 1023/05 -; Jakober/Welte, AufenthG, Rdnr. 34 f. zu § 101; Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Rdnr. 2 f. zu § 102); da aber im vorliegenden Verfahren weder ein Bescheid der Beklagten noch ein Widerspruchsbescheid ergangen ist (und damit auch keine behördliche Ermessensausübung stattgefunden hat), ist insgesamt maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.1997 - 17 A 5677/95 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996 - Bs VI 104/96 -, DÖV 1997, 386).
22 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis; auch eine Aufenthaltserlaubnis im Ermessensweg kommt hier nicht in Betracht.
23 
1. § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG scheiden als Rechtsgrundlage aus, weil der Kläger weder als Asylberechtigter anerkannt noch festgestellt worden ist, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Nachdem er das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2, 3, 5, oder 7 AufenthG weder vorgetragen hat noch dies sonst erkennbar ist, kommt auch die Anwendung von § 25 Abs. 3 AufenthG nicht in Betracht. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 1 AufenthG scheidet aus, weil der Kläger nicht nur einen vorübergehenden Aufenthalt anstrebt. Zudem ist nicht erkennbar, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann als Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis schon deshalb nicht herangezogen werden, weil es an einem rechtmäßigen (Vor-)Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet fehlt. Die Vorschrift regelt nämlich die von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG abweichende Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie setzt daher zwingend voraus, dass der Ausländer bereits über eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis verfügt (vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 15/420 S. 80: "Satz 2 schafft eine Ausnahmemöglichkeit für Fälle, in denen ein bereits rechtmäßiger Aufenthalt besteht…"). In Betracht kommt danach allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Jedoch sind auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben.
24 
2. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann dem Kläger keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Seine Ausreise ist nämlich nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich.
25 
Nachdem der - vollziehbar ausreisepflichtige - Kläger inzwischen im Besitz eines gültigen vietnamesischen Reisepasses ist, ist das ursprünglich bestehende tatsächliche Ausreisehindernis entfallen. Es ist auch sonst weder vorgetragen noch erkennbar, dass seiner Ausreise ein tatsächliches Ausreisehindernis entgegensteht.
26 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt im Fall des Klägers aber auch kein rechtliches Ausreisehindernis vor. Er macht insoweit geltend, dass seine Integration in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf Art. 8 EMRK einer Aufenthaltsbeendigung entgegensteht. Damit beruft er sich in der Sache auf die Unzumutbarkeit einer (freiwilligen) Ausreise.
27 
Ob auch die Unzumutbarkeit der Ausreise - deren Vorliegen unterstellt - zu ihrer rechtlichen Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG führt, wird unterschiedlich beurteilt. Gegen diese Auffassung könnte sprechen, dass die behauptete Unzumutbarkeit eine freiwillige Ausreise des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland nicht von vornherein ausschließt. Dementsprechend wird unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG teilweise die Auffassung vertreten, es komme auf die Zumutbarkeit einer Ausreise nicht an (vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 23.9.2005 - 3 B 70/05 -, juris; Renner, AuslR, 8. Aufl., Rnr. 34 zu § 25 AufenthG; Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Rnr. 22 und 23a zu § 25). Andererseits ist jedoch nach der Gesetzesbegründung zu § 25 Abs. 5 AufenthG (BT-Drs. 15/420, S. 80) bei der Frage, ob eine Ausreisemöglichkeit besteht, auch die subjektive Möglichkeit - und damit implizit auch die Zumutbarkeit - der Ausreise zu prüfen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, 356; Hessischer VGH, Beschluss vom 1.6.2005 - 3 TG 1273/05 -, Asylmagazin 9/2005, 33; VG Koblenz, Urteil vom 10.10.2005 - 3 K 147/05.KO -, InfAuslR 2006, 25; VG Karlsruhe, Urteil vom 7.9.2005 - 4 K 1390/03 -; Göbel-Zimmermann, ZAR 2005, 275, 278; Benassi, InfAuslR 2005, 357, 362). Daher geht der Senat davon aus, dass auch die Unzumutbarkeit der Ausreise eine rechtliche Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG darstellt. Hierfür spricht auch, dass kein Wille des Gesetzgebers erkennbar ist, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Vergleich zur früheren Regelung in § 30 Abs. 3 und 4 AuslG insoweit zu verschärfen. Letztlich bedarf diese Frage hier aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn im Fall des Klägers ist die Ausreise möglich und zumutbar, weil ihr weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK entgegenstehen.
28 
a) Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, die Einheit und Selbstverantwortlichkeit von Ehe und Familie zu respektieren und zu fördern. Art. 6 Abs. 2 GG garantiert das Elternrecht im Interesse des Kindeswohls und schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen, vor staatlichen Eingriffen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 22.8.2000 - 2 BvR 1363/00 -, juris). Art. 6 Abs. 3 GG regelt die grundsätzlichen Voraussetzungen, unter denen Kinder gegen den Willen der Erziehungsberechtigten von der Familie getrennt werden dürfen.
29 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und nach dem Willen der Beklagten alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, ist der Schutzbereich der genannten Gewährleistungen von vornherein nicht tangiert. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen seiner Familienangehörigen abgetrennt und vorab entschieden hat, ändert hieran nichts, zumal nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Beklagten und des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiterhin eine gemeinsame Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers angestrebt wird.
30 
b) Nach Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl II 1952, 686, 953/II 1954, 14) - EMRK - hat jedermann Anspruch auf Achtung (u.a.) seines Privat- und Familienlebens. Art. 8 Abs. 2 EMRK nennt die Voraussetzungen, unter denen der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts statthaft ist.
31 
Soweit Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch) den Schutz des Familienlebens garantiert, scheidet eine Verletzung dieser Bestimmung aus den bereits genannten Gründen aus. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Urteil der Großen Kammer vom 9.10.2003 - 48321/99 - Slivenko/Lettland, § 94, wobei hier der Begriff des Familienlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK in Bezug auf Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung ausdrücklich verstanden wird als das auf dem Gebiet eines Vertragstaates tatsächlich geführte Familienleben von Nicht-Staatsangehörigen, die sich dort rechtmäßig aufhalten ["by aliens lawfully resident there"]; Entscheidung vom 7.10.2004 - 33743/03 - , NVwZ 2005, 1043,1045).
32 
Die Weigerung, dem Kläger ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privatlebens darstellen. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff i. S. des Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK liegt jedoch hier nicht vor.
33 
Nach seiner ursprünglichen Konzeption dient dieses Recht dazu, dem Individuum eine Sphäre zu sichern, in der es die Entwicklung und Erfüllung seiner Persönlichkeit anstreben kann. Wenn der Staat Regeln für das Verhalten in dieser Sphäre trifft, greift er in das Recht auf Achtung der Privatsphäre ein, was der Rechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK bedarf (vgl. zum Schutzbereich des Privatlebens: Frowein/Penkert, EMRK, 1996, Rnr. 1 ff. zu Art. 8). Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 16.6.2005 - 60654/00 -, auszugsweise abgedr. in InfAuslR 2005, 349) stellt auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts jedenfalls dann einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben dar, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kann danach insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland im wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999 - 4 L 195/98 -, juris; zur Bedeutung der engen Bindung an den Aufenthaltsstaat im Zusammenhang mit dem "Schutz des Familienlebens" s. auch EGMR, Urteile vom 26.3.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.9.1997 , InfAuslR 1997, 430, sowie BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.).
34 
Ein der Rechtfertigung bedürftiger Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer liegt allerdings regelmäßig nur dann vor, wenn sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 3.6.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff. m.w.N., und vom 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz der Kläger sich befindet, aber regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt nämlich keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs kann daher eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, grundsätzlich nicht erfolgen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff. und Beschluss vom 24.11.2005 - 11 S 1078/05 -; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70,71).
35 
In der - ohnehin stark kasuistisch geprägten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.) - Rechtsprechung des EGMR ist die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, soweit ersichtlich allerdings nicht eindeutig geklärt (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.9.2004 , a.a.O.). Es kann  aber jedenfalls festgehalten werden, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EGMR hierfür nicht ausreichend ist. In der Entscheidung heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung vom 16.6.2005 (- 60654/00 -, Sisojewa/Lettland, auszugsweise abgedruckt in InfAuslR 2005, 349) nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist (siehe §§ 57 f. und 94), und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen (siehe hierzu insbesondere die abweichende Meinung der Richterinnen V und B). Eine vergleichbare Situation ist beim Kläger indes nicht gegeben.
36 
Allerdings legt die - sehr einzelfallbezogene - Rechtsprechung des EGMR  die Annahme nahe, dass ein schutzwürdiger Aufenthalt im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch beim Vorhandensein einer Duldung jedenfalls nicht von vornherein ausscheidet. Vielmehr dürfte es aus Sicht des EGMR maßgeblich darauf ankommen, warum der betreffende Ausländer sich trotz des Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Aufnahmestaat aufhält, ob ihm eine Ausreise grundsätzlich möglich und zumutbar wäre und ob die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen oder auf Grund anderer Umstände (etwa wegen der Verhältnisse im Heimatstaat) nicht möglich ist.
37 
Selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass auch ein - wie hier - rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition jedoch im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Nach dieser Bestimmung ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts aus Absatz 1 nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.9.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). In seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Recht des Aufenthalts von Ausländern vom 28.5.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) hat der EGMR zudem betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der  "Achtung"  des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.9.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und 7.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat er nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden.  Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen zudem nicht allein deswegen, weil er sich "eine bestimmte Zeit" im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt einen solchen Schluss jedoch noch nicht (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts insbesondere, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.), wobei gerade auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.).
38 
Vor dem dargestellten Hintergrund ist im Fall des Klägers bei Abwägung aller Umstände nicht festzustellen, dass die Verweigerung der Legalisierung seines Aufenthalts und die geplante Aufenthaltsbeendigung unverhältnismäßig ist und daher gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt. Dabei ist es nach Auffassung des Senats nicht ausreichend, bei der Beurteilung der Integration des Klägers gleichsam isoliert nur in den Blick zu nehmen, inwieweit er selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt ist. Vielmehr kommt dabei auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang seine Familie sich in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Denn für die Beurteilung der Verwurzelung des Klägers kommt es auch entscheidend darauf an, ob bzw. inwieweit seine familiären Verhältnisse an das Leben in der Bundesrepublik Deutschland angeglichen sind und welche Verbindungen insoweit noch zum Land seiner Staatsangehörigkeit bestehen. Für eine solche Gesamtbetrachtung spricht nicht nur die Bezugnahme auf das "Familienleben" als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK, sondern auch die Tatsache, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht allein sichern könnte, sondern hierfür auf die Unterstützung seiner Familie angewiesen ist. Sein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland kann auch insoweit rechtlich nicht isoliert von demjenigen seiner Familie, insbesondere seiner Eltern, beurteilt werden. Zudem wären auch Fallgestaltungen denkbar, in denen nur ein Kind in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist, andere Kinder dagegen auf Rückkehr in den Heimatstaat angewiesen wären.
39 
Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung sind bei dieser Gesamtbetrachtung - sowohl zu seinen Gunsten wie zu seinen Lasten - auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet) auf das Verhalten seiner Eltern zurückzuführen sind.  Er muss sich das Verhalten seiner Eltern schon deshalb zurechnen lassen, weil er als Kind grundsätzlich deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilt und sich nur deshalb bis heute in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten konnte, weil diese ihrer bestehenden Ausreisepflicht nicht nachgekommen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Hierfür spricht auch, dass das Aufenthaltsgesetz ein selbständiges Aufenthaltsrecht für Kinder erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG) und sie auch erst ab diesem Alter für verfahrensfähig erklärt (vgl. § 80 Abs. 1 AufenthG). Daran zeigt sich, dass der Gesetzgeber auch beim Aufenthaltsgesetz an der Konzeption festgehalten hat, wonach das Aufenthaltsrecht von Kindern bis zum 16. Lebensjahr dem der Eltern folgt; damit wird im übrigen auch ihre Integrationsfähigkeit in andere Lebensverhältnisse generell unterstellt (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 21.9.1994 - 10 UE 548/94 -, NVwZ-RR 1995, 163). Auch sonst geht die Rechtsprechung bei Abschiebungshindernissen von Kindern davon aus, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.7.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken.
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Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten des Klägers in die Erwägungen einzustellen, dass er, wie auch seine Geschwister, in der Bundesrepublik Deutschland geboren und aufgewachsen ist; er beherrscht - wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat - die deutsche Sprache sehr gut, besucht mit überdurchschnittlichem Erfolg die Realschule und möchte anschließend auf das Gymnasium wechseln. Zudem nimmt er am sozialen Leben in seiner Wohngemeinde teil. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass er sich nach seinen Angaben bisher niemals in Vietnam, dem Land seiner Staatsangehörigkeit, aufgehalten hat, dieses also nicht aus eigener Anschauung kennt.
41 
Andererseits kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Eltern des Klägers bisher in weit geringerem Maß in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert sind als er, weshalb die innerfamiliären Lebensverhältnisse auch heute noch in erheblichem Maß von der vietnamesischen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt werden. Dabei ist in der Verhandlung vor dem Senat vor allem aufgefallen, dass der Vater des Klägers, trotz des langjährigen Aufenthalts, die deutsche Sprache verhältnismäßig schlecht beherrscht, weshalb der Kläger die Fragen des Senats und die Antworten seines Vaters zumeist übersetzen musste. Nach Angaben des Klägers spricht sein Vater allerdings besser Deutsch als seine Mutter, weshalb bei ihr von einer noch geringeren Beherrschung der deutschen Sprache ausgegangen werden muss. Schon diese geringen Sprachkenntnisse der Eltern legen es nahe, dass bei ihnen keine fortgeschrittene Integration angenommen werden kann. Darüber hinaus hat die Familie des Klägers in der Zeit von 1990 bis zum Februar 2000 Sozialhilfe (teilweise in voller Höhe, teilweise als zusätzliche Leistung) bezogen, was für diesen Zeitraum gegen eine gelungene Integration - jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht - spricht.
42 
Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt über einen rechtmäßigen und damit längerfristig gesicherten Aufenthalt in Deutschland verfügt hat. Dem Umstand, dass seine Eltern im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer in die DDR gelangt sind und dort ein bis zum Jahr 1992 gültiges Aufenthaltsrecht erhalten haben, kommt dabei keine entscheidende Bedeutung zu. Ungeachtet der Frage, ob und gegebenenfalls welche Wirkungen dieses Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland entfaltet hat, waren sie nämlich jedenfalls nach dem Abschluss ihrer Asylverfahren vollziehbar ausreisepflichtig und durchgehend nur im Besitz von Duldungen, die ihre Ausreisepflicht unberührt gelassen haben. Ab diesem Zeitpunkt konnte aber weder für sie noch für den Kläger von einem begründeten Vertrauen auf einen dauerhaften Aufenthalt ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass die Dauer des Aufenthalts maßgeblich dadurch zustande gekommen ist, dass die Eltern des Klägers nach dem rechtskräftigen Abschluss ihrer Asylverfahren trotz der bestehenden Ausreisepflicht mehrere weitere (erfolglose) Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts eingeleitet haben. Sie haben bereits im Jahr 1995 einen erfolglosen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gestellt, im Jahr 1997 ebenfalls erfolglos eine Petition eingereicht und am 15.3.2000 einen - ebenfalls erfolglosen -  Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis auf der Grundlage von § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt vom 12.1.2000 - Az.: 4-1340/29 -gestellt (das damals beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängige Klageverfahren hat währenddessen geruht). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers einer am 28.12.1995 erfolgten Vorladung wegen einer beabsichtigten Passbeschaffung unentschuldigt nicht nachgekommen ist und sich - wie die Beklagte in einem Schreiben an die damaligen Bevollmächtigten der Eltern des Klägers vom 17.5.2000 ausgeführt hat - später auch weigerte, Angaben bezüglich seines letzten Aufenthaltes in Vietnam zu machen. So wird auch im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ausgeführt, die Kläger (gemeint: die Eltern des Klägers) hätten hinsichtlich der Passlosigkeit ihren diesbezüglichen Mitwirkungspflichten nicht genügt und seien mündlichen und schriftlichen Aufforderungen der Ausländerbehörde zum Ausfüllen von Passanträgen nicht nachgekommen bzw. hätten entsprechenden Vorladungen nicht Folge geleistet. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass eine Aufenthaltsbeendigung in der Vergangenheit möglich gewesen wäre, wenn sich die - vollziehbar ausreisepflichtigen - Eltern des Klägers um Reisepapiere bemüht hätten.
43 
Zugunsten des Klägers fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht, dass sein Aufenthalt und der Aufenthalt seiner Familie seit dem Abschluss der Asylverfahren der Eltern im Jahr 1995 von der Beklagten nicht zwangsweise beendet worden ist. Es erscheint bereits als grundsätzlich zweifelhaft, ob ein Ausländer, der vollziehbar zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist und dieser gesetzlichen Verpflichtung freiwillig nachkommen könnte, sich   überhaupt auf die unterlassene Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung berufen kann. Hat ein Ausländer die seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung entgegenstehenden Hindernisse zu vertreten, so ist er nämlich nach der Rechtsprechung verpflichtet, die ihm entstehenden Nachteile gering zu halten, indem er sich frühzeitig und nachhaltig um die Beseitigung des Ausreisehindernisses bemüht. Zudem hat er Nachteile, die sich hieraus ergeben, grundsätzlich hinzunehmen und kann nicht darauf vertrauen, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Davon abgesehen lagen vorliegend aber auch nachvollziehbare Gründe dafür vor, dass eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers in der Vergangenheit nicht erfolgt ist. Zum einen hat sein Vater - wie ausgeführt - die Mitwirkung an der Beschaffung von Reisepapieren mehrfach verweigert. Zum anderen stellte sich eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie auf der Grundlage des am 21.7.1995 unterzeichneten "Deutsch-Vietnamesischen Rückübernahmeabkommens" nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten bzw. des Regierungspräsidiums Stuttgart als schwierig und langwierig dar.  
44 
Beim Kläger ist auch die Annahme gerechtfertigt, dass er sich in die vietnamesischen Lebensverhältnisse wird einleben können. Wie er schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben hat, verfügt er durchaus über vietnamesische Sprachkenntnisse. Dies hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Zwar hat er hier zunächst gemeint, seine Vietnamesischkenntnisse seien eher schlecht. Allerdings spricht er zuhause nach seinem eigenen Vortrag mit den Eltern Vietnamesisch. In der mündlichen Verhandlung hat er zudem die an seinen Vater gerichteten Fragen des Senats übersetzt, was ihm offenbar keine besonderen Schwierigkeiten bereitet hat. Danach muss der Kläger jedoch über zumindest so gute Kenntnisse der vietnamesischen Sprache verfügen, dass ihm eine Verständigung mit seinen Eltern im Alltagsleben möglich ist. Angesichts seines Alters ist zudem die Annahme gerechtfertigt, dass er diese Kenntnisse der vietnamesischen Sprache weiter ausbauen kann (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2002 - 11 S 862/02 -, NVwZ-RR 2003, 307, 308 f.; Urteil vom 27.1.2004 - 10 S 1610/03 -, VBlBW 2004, 308, 311; Beschluss vom 2.11.2004 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 71;  ferner EGMR, Urteil vom 27.10. 2005 - 32231 - , InfAuslR 2006, 3; Urteil vom 5.7.2005 - 46410/99 - <Üner>, InfAuslR 2005, 450). Soweit er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, er könne die vietnamesische Sprache nicht lesen und schreiben, ist zu berücksichtigen, dass er sich in einem Alter befindet, in dem der Erwerb dieser Kenntnisse jedenfalls noch als zumutbar erscheint, zumal auch diese Sprache lateinische Buchstaben verwendet, wie der Kläger in der Verhandlung nochmals bestätigt hat. Dies gilt umso mehr, als er - wie dargelegt - die vietnamesische Sprache jedenfalls recht gut spricht. Hinzu kommt, dass er nicht allein, sondern gemeinsam mit seiner Familie nach Vietnam übersiedeln soll, dort also nicht auf sich allein gestellt sein wird, sondern insbesondere mit der Unterstützung seiner Eltern rechnen kann, die mit den vietnamesischen Lebensverhältnissen noch hinreichend vertraut sein dürften. Zudem befinden sich noch seine Großeltern in Vietnam, mit welchen die Familie regelmäßigen Kontakt pflegt. Auch dies dürfte ein Einleben in die vietnamesischen Lebensverhältnisse erleichtern.
45 
Unter Abwägung aller Gesichtspunkte kann der Kläger daher auch aus der Tatsache, dass er hier geboren und aufgewachsen ist und hier seine Schulausbildung erhalten hat bzw. derzeit erhält, nicht ableiten, dass die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG in seinem Fall einen unzulässigen Eingriff i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellt.
46 
c) Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Versagung einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers zu einem verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in grundgesetzliche Gewährleistungen aus Art. 1, 2 oder 3 GG führt.
47 
Fehlt es danach bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, bedarf keiner Erörterung, ob das Ermessen der Beklagten - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - dergestalt reduziert ist, dass ermessensfehlerfrei allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommt (sog. "Ermessensreduzierung auf Null").
48 
3. Auch § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden "soll", wenn die Abschiebung 18 Monate lang ausgesetzt ist, verschafft dem Kläger keinen selbständigen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Denn § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG setzt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG voraus. Dies folgt daraus, dass § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG systematisch an den Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG anknüpft und nur die dort vorgesehene Rechtsfolge ("kann") im Sinne eines "soll" modifiziert, sofern das zusätzliche Tatbestandsmerkmal "Aussetzung der Abschiebung seit 18 Monaten" erfüllt ist (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, juris). Bereits der Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist hier aber nicht erfüllt, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt.
49 
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 4 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers (im übrigen, d. h. wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 - wie hier - nicht vorliegen) eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es auf Grund der Umstände des Einzelfalls zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist. Hierbei sind das Kindeswohl und die familiäre Situation zu berücksichtigen (Satz 2).
50 
Es kann vorliegend offen bleiben, ob einem Anspruch auf Grund dieser Bestimmung schon entgegensteht, dass der Kläger im Verwaltungs- und Klageverfahren ausdrücklich (nur) die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis beantragt hat, welcher nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG entspricht (vgl. § 101 Abs. 2 AufenthG). Denn er erfüllt jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 AufenthG. Allerdings steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf dieser Grundlage wohl nicht entgegen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland geboren ist. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Vorgängerbestimmung des § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG war diese nämlich auch auf Kinder anwendbar, die im Bundesgebiet geboren sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004 - 13 S 2833/02 -, InfAuslR 2004, 385 = VBlBW 2004, 354). Dies dürfte auch für die insoweit übereinstimmende Regelung des § 32 Abs. 4 AufenthG angenommen werden können.
51 
Im Fall des Klägers kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Vermeidung einer besonderen Härte in diesem Sinne erforderlich ist. Das Vorliegen einer solchen Härte setzt voraus, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis den minderjährigen Ausländer in den Folgen deutlich ungleich schwerer trifft als andere Ausländer in vergleichbarer Lage (vgl. - zu § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004, a.a.O. m.w.N.; Hailbronner, AuslR, Stand: 6/2005, Rnr. 28 f. zu § 32 AufenthG). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Zweck des § 32 AufenthG darin besteht, den von dieser Bestimmung begünstigten Familienmitgliedern einen gemeinsamen rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen, um dem sich aus Art. 6 GG ergebenden Schutz von Ehe und Familie Rechnung zu tragen (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/420, S. 83). Eine besondere Härte im Sinne dieser Bestimmung kann vor diesem Hintergrund aber nur dann angenommen werden, wenn die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis ein solches Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland hindert. Angesichts des Umstandes, dass sowohl die Eltern des Klägers als auch seine Geschwister vollziehbar ausreisepflichtig sind und nach dem Willen der Beklagten die Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit ihm verlassen sollen, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an ihn schon von der Zweckbestimmung des § 32 Abs. 4 AufenthG her nicht in Betracht. Zudem ist nicht erkennbar, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis eine besondere Härte im dargestellten Sinn begründen könnte, nachdem sie gerade nicht zu einer Trennung von der Familie führt.
52 
5. Auch aus dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (BGBl. II 1992, S. 121 ff.) kann der Kläger für das von ihm begehrte Aufenthaltsrecht nichts herleiten. Dieses Übereinkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland am 5. April 1992 (BGBl. 1992 II, 990) in Kraft getreten.
53 
Im vorliegenden Fall ist schon zweifelhaft, ob das Übereinkommen Rechte des Klägers begründet, aus welchen sich ein Aufenthaltsrecht ergeben könnte. Auch insofern ist von entscheidender Bedeutung, dass er zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern das Bundesgebiet verlassen soll. Das Übereinkommen betont an mehreren Stellen die Achtung vor dem Elternrecht. Insoweit gilt auch bei Heranziehung des Übereinkommens nichts anderes als sonst allgemein im Ausländerrecht, dass nämlich minderjährige Kinder das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen. Aus Art. 20 Abs. 1 des Übereinkommens ergibt sich eine besondere Beistandspflicht des Staates nur für solche Kinder, die aus ihrer familiären Umgebung herausgelöst werden. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.
54 
Darüber hinaus hat die Bundesrepublik Deutschland bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde eine "Erklärung" abgegeben, in der es unter I. Satz 4 und 5 heißt, das Übereinkommen finde innerstaatlich keine unmittelbare Anwendung. Es begründe völkerrechtliche Staatenverpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland nach näherer Bestimmung ihres mit dem Übereinkommen übereinstimmenden innerstaatlichen Rechts erfülle. Des weiteren wird unter IV. eine bereits am 23. Februar 1989 in Genf abgegebene Erklärung bekräftigt, nach der nichts in dem Übereinkommen dahingehend ausgelegt werden könne, dass die widerrechtliche Einreise eines Ausländers in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder dessen widerrechtlicher Aufenthalt dort erlaubt sei; auch könne keine Bestimmung dahin ausgelegt werden, dass sie das Recht der Bundesrepublik Deutschland beschränke, Gesetze und Verordnungen über die Einreise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen.
55 
Die von der Bundesrepublik Deutschland bei der Ratifikation des Vertrages gemachten Vorbehalte schließen die Ableitung von Rechten aus dem Übereinkommen aus. Es spricht auch nichts dafür, dass diese Vorbehalte nach Art. 51 Absatz 2 des Übereinkommens unzulässig wären.
56 
6. Schließlich ergibt sich auch aus der Landesverfassung Baden-Württemberg nichts für einen Aufenthaltserlaubnisanspruch des Klägers. Dies gilt insbesondere für die in der Rechtsprechung teilweise herangezogene Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 LV, wonach sich das Volk von Baden-Württemberg zu dem unveräußerlichen Menschenrecht auf die Heimat bekennt (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 11.10.2005 - 11 K 5363/03 -). Abgesehen davon, dass die Regelungen der Landesverfassung den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes nachrangig sind (Art. 31 GG), kann sich eine eigene Rechtsposition des Klägers hieraus schon deshalb nicht ergeben, weil es sich dabei nicht um ein Grundrecht handelt, sondern um einen Programmsatz, der allenfalls die Rechtspflicht der Staatsorgane begründet, zur Verwirklichung des Rechts auf Heimat das ihnen Mögliche beizutragen (vgl. Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Rnr. 133 ff. zu Art. 2; Hollerbach in: Feuchte, Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1987, Rnr. 25 ff. zu Art. 2). Nachdem die für den Kläger sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere seine fortgeschrittene Integration in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse, bereits über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG umfassend berücksichtigt worden sind, ist nicht erkennbar, dass sich aus dem Recht auf Heimat insoweit zusätzliche, zugunsten des Klägers zu berücksichtigende Gesichtspunkte ergeben könnten. Danach bedarf auch keiner weiteren Vertiefung, ob der Kläger vom Begriff des "Volkes" in Art. 2 Abs. 2 LV überhaupt erfasst wird.
57 
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung fallen in den Fällen des § 75 die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Es kann offen bleiben, ob die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil eine streitige Gerichtsentscheidung ergeht (hierzu Ring, NVwZ 1995, 1191; Kopp/Schenke, a.a.O. Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Denn § 161 Abs. 3 VwGO ist jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn ein Kläger das anhängige Klageverfahren nach negativer Bescheidung durch die Behörde zunächst fortsetzt und es entweder erst später für erledigt erklärt wird oder streitig über die Sache entschieden werden muss. In einem solchen Fall besteht für eine Kostenüberbürdung auf den Beklagten nach § 161 Abs. 3 VwGO keine Rechtfertigung mehr, weil sich die verzögerte Bescheidung als nicht mehr kausal für den nach dem Erlass des Verwaltungsaktes fortgesetzten Prozess erweist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.7.1991 - 3 C 56/90 -, NVwZ 1991, 1180; Beschluss vom 28.4.1992 - 3 C 50/90 -, Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 94; Clausing in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand 2005, Rnr. 41 zu § 161;  Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Diese Grundsätze sind auch hier anzuwenden. Zwar hat die Beklagte bislang keinen förmlichen Bescheid erlassen; sie hat sich jedoch in der beim Verwaltungsgericht vorgelegten Klageerwiderung vom 23.12.2003 zur Sache geäußert und dabei die Gründe, aus welchen nach ihrer Auffassung die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an den Kläger (und seine Familie) weiterhin ausscheidet, ausführlich dargestellt. Der Kläger hätte danach - in gleicher Weise wie nach dem Ergehen eines Bescheides - die Möglichkeit gehabt, das Verfahren nach Kenntnis der Rechtsauffassung der Beklagten durch Erledigungserklärung oder Rücknahme (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23.7.1991 und vom 28.4.1992, a.a.O.) zu beenden. Nachdem er hierauf verzichtet hat, ist es nicht mehr gerechtfertigt, ihn für die weitere Prozessführung von jedem Kostenrisiko freizustellen. Der Umstand, dass er im erstinstanzlichen Verfahren erfolgreich gewesen ist, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn dies ändert nichts daran, dass das Unterlassen der Bescheidung seines Antrags durch die Beklagte jedenfalls nach Vorlage der Klageerwiderung für den weiteren Fortgang des Verfahrens nicht mehr ursächlich gewesen ist.
58 
Da der Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) entspricht es der Billigkeit, dem Kläger auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
59 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
60 
Beschluss
61 
vom 18.1.2006
62 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr.1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718).
63 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. November 2005 - 4 K 2405/05 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 12.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht erhobenen und begründeten sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechenden Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11.11.2005 sind zulässig, haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegenüber den Antragstellern abzusehen. Dagegen wenden sich die Antragsteller mit ihrem Beschwerdevorbringen, auf dessen Überprüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ohne Erfolg.
I.
Die 1955 bzw. 1966 geborenen Antragsteller zu 1. und 2. sowie ihre 1990, 1991 und 1995 geborenen Kinder, die Antragsteller zu 3. - 4., sind serbisch-montenegrinische Staatsangehörige und gehören nach von ihnen vorgelegten Unterlagen der Volksgruppe der Ashkali an. Die Antragsteller zu 1. - 4. stammen aus dem Kosovo und reisten 1993 in die Bundesrepublik Deutschland ein; der Antragsteller zu 5. wurde in Deutschland geboren. Die Asylanträge der Antragsteller sowie mehrere Asylfolgeanträge wurden vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (bzw. jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) abgelehnt. Bis auf kurze Zeiten des Besitzes von Aufenthaltsgestattungen im Zusammenhang mit der Durchführung von Asylverfahren wurden die Antragsteller geduldet. Derzeit sind die Antragsteller im Besitz von Duldungen, die mit der auflösenden Bedingung „erlischt mit Bekanntgabe des Abschiebetermins“ versehen sind. Mit Schreiben vom 08.08.2005 kündigte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Antragstellern die Abschiebung nach Serbien-Montenegro einschließlich des UNMIK-Mandatsgebiets Kosovo an.
Mit Beschluss vom 11.11.2005 lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe es mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs ab, zur Sicherung eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder auf Erteilung von Duldungen ohne auflösende Bedingung eine einstweilig Anordnung zu erlassen. Das Verwaltungsgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen und zusammengefasst damit, dass die Antragsteller sich im Hinblick auf die von ihnen vorgetragene Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland nicht darauf berufen könnten, Art. 8 EMRK stehe der Beendigung ihres Aufenthaltes entgegen. Ein Eingriff in das von Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer setze voraus, dass sein Privat- oder Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert sei. Diese Voraussetzung sei in Fällen einer bloßen Duldung nicht erfüllt. Eine Duldung gewähre keinen legalen ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schütze einen Ausländer, der sich illegal in der Bundesrepublik aufhalte, lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lasse die Ausreisepflicht unberührt.
Dagegen wenden sich die Antragsteller mit der Beschwerde und tragen unter Berufung auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 16.06.2005 (, InfAuslR 2005, 349 ff.) zusammengefasst vor, im Falle des Vorliegens starker persönlicher, sozialer und wirtschaftlicher Kontakte zum Aufnahmestaat stelle Art. 8 EMRK nicht nur ein Abwehrrecht dar, sondern es ergebe sich daraus auch ein Anspruch auf positive Maßnahmen des Aufnahmestaates, etwa ein Recht auf Legalisierung des Aufenthalts. Das Verwaltungsgericht nehme eine Relativierung von Menschenrechten vor, wenn es davon ausgehe, ein rechtlicher Schutz greife nur ein, wenn das Schutzgut auf der Basis eines rechtmäßigen Aufenthalts entstanden sei. Außerdem erwecke die praktische Handhabung des ausländerrechtlichen Regelungsinstruments der Duldung, nämlich die Vergabe von Duldungen über Zeiträume von zehn Jahren und mehr, beim Adressaten das Gefühl der Inhaberschaft eines Aufenthaltstitels und stelle eine verkappte Aufenthaltserlaubnis dar.
II.
Dieses Vorbringen der Antragsteller ist nicht geeignet, ihren Beschwerden zum Erfolg zu verhelfen. Im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Antragsteller im Hinblick auf Art. 8 EMRK weder einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG noch auf Erteilung von Duldungen (ohne auflösende Bedingung) nach § 60a Abs. 2 AufenthG glaubhaft gemacht haben.
Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Ein Ausreisehindernis i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG liegt u.a. dann vor, wenn die Ausreise aus verfassungs- oder völkerrechtlichen Gründen mit Blick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK unzumutbar und damit rechtlich unmöglich ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 -, VBlBW 2006, 200 ff. m.w.N.; Hess. VGH, Beschluss vom 15.02.2006 - 7 TG 106/06 -, InfAuslR 2006, 217; s. dazu auch Senatsurteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, S. 356 ff. m.w.N.).
Gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen und ihm eine Duldung zu erteilen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen - u.a. im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK - unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.
Im vorliegenden Fall sind die Antragsteller auf Grund der unanfechtbaren Ablehnung ihrer Asylanträge zwar vollziehbar ausreisepflichtig. Ihre Ausreise ist jedoch auch unter Beachtung der Gewährleistungen des Art. 8 EMRK nicht rechtlich unmöglich i.S.d. o.g. Vorschriften.
1. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art. 8 Abs. 2 EMRK regelt, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
10 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, scheidet ein Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte „Familienleben“ von vornherein aus (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O., und Beschluss vom 02.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70 ff.). In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Entscheidung vom 07.10.2004 , NVwZ 2005, 1043 ff.).
11 
2. Die Weigerung, den Antragstellern ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen Eingriff in ihr Recht auf Achtung ihres „Privatlebens“ darstellen. Zum schützenswerten Privatleben gehören die gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen in dem Staat, in dem der Ausländer geboren oder aufgewachsen ist. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung kann insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, deren Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (zum Begriff des „faktischen Inländers“ im Zusammenhang mit dem „Schutz des Familienlebens“ vgl. etwa EGMR, Urteile vom 26.03.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.09.1997 , InfAuslR 1997, 430; s. auch BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff. , und OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999 - 4 L 195/98 - ;).
12 
Die - stark kasuistisch geprägte - Rechtsprechung des EGMR zu der Frage, ob ein langjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet eine schutzwürdige Position nach Art. 8 Abs. 1 EMRK begründen kann, bezieht sich im wesentlichen auf die Grenzen der Ausweisungskompetenz der Vertragsstaaten bei Personen, die im Staatsgebiet des Vertragsstaates geboren oder in sehr frühem Alter im Wege des Familiennachzugs in dieses eingereist sind (sog. Ausländer der zweiten Generation), einen Aufenthaltstitel erworben haben und als Folge strafrechtlicher Verfehlungen von der Ausweisung bedroht sind (vgl. die Auswertung der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.03.2004 - 2 BvR 1570/03 -, InfAuslR 2004, 280 ff.). Während bei diesen Ausländern die Frage zu beurteilen ist, ob sie auf Grund ihres langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts und ihrer Sozialisation im Vertragsstaat gegen eine Ausweisung geschützt sind, geht es in Fällen wie dem vorliegenden darum, ob Flüchtlinge, deren Asylanträge erfolglos geblieben sind, deren Abschiebung jedoch über einen sehr langen Zeitraum hinweg nicht durchgesetzt wurde und die auch nicht in den Besitz eines Aufenthaltstitels gelangt sind, aufgrund ihres langjährigen faktischen Aufenthalts im Vertragsstaat und ihres dort erlangten Integrationsgrades gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen geschützt sind und deshalb im Ergebnis einen Anspruch auf Legalisierung ihres Aufenthalts haben.
13 
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 03.06.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff., und vom 29.03.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). setzt ein Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer grundsätzlich voraus, dass sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt. Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist daher in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz die Antragsteller sich befinden, regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999, a.a.O.). Auch nach der Rechtsprechung des Senats kann grundsätzlich eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, nicht erfolgen (vgl. Senatsbeschluss vom 25.09.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff.).
14 
Der EGMR hat in seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Rechts des Aufenthalts von Ausländern vom 28.05.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der „Achtung“ des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.09.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und vom 07.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat der EGMR nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden. Auch wenn die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, in der Rechtsprechung des EGMR soweit ersichtlich noch nicht eindeutig geklärt ist (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.09.2004 , a.a.O.), ist jedenfalls festzuhalten, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EMRK nicht ausreichend ist. In der o.g. Entscheidung Ghiban heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 07.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung des EGMR vom 16.06.2005 (, a.a.O.), nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen. Eine vergleichbare Situation ist bei den Antragstellern nicht gegeben.
15 
b) Selbst wenn man zu Gunsten der Antragsteller davon ausgeht, dass auch ein rechtlich ungesicherter, rein faktischer Aufenthalt im Vertragsstaat eine Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Jedenfalls bei der Bewertung der Notwendigkeit, d.h. der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs, hat die rechtliche Natur des Aufenthalts erhebliches Gewicht.
16 
Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.09.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nicht allein deswegen, weil er sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Bei der danach vorzunehmenden umfassenden Abwägung des legitimen staatlichen Interesses auf Gestaltung des Aufenthaltsrechts gegen die aus einer Verwurzelung folgenden schutzwürdigen Belange der Betroffenen spielt u.a. eine Rolle, aus welchen Gründen der Ausländer sich trotz Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet aufhält, ob etwa die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen (z.B. wegen der Weigerung, an der Beschaffung der erforderlichen Heimreisedokumente mitzuwirken, oder wegen der Durchführung erfolgloser Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltstitels, vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.) oder aus anderen Gründen (etwa im Hinblick auf eine bestehende Erlasslage) nicht erfolgt ist. Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt noch nicht den Schluss, dass die Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 07.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts auch, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann, wobei auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.; OVG Schleswig, Urteil vom 23.02.1999, a.a.O.; siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten auch die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.03.2004, a.a.O., zu dem Problemkreis s. auch Hoppe, Verwurzelung von Ausländern ohne Aufenthaltstitel, ZAR 2006, 125 ff.).)
17 
c) Im Rahmen der gebotenen Gesamtschau ist nach Auffassung des Senats bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs bei minderjährigen Kindern regelmäßig nicht nur deren Integration isoliert in den Blick zu nehmen und festzustellen, inwieweit sie selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt sind. Vielmehr kommt auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang sich ihre Familie in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Bei dieser familienbezogenen Gesamtbetrachtung sind auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet, die mangelnde wirtschaftliche oder soziale Integration, die Beachtung der bundesdeutschen Rechtsordnung etc.) auf das Verhalten der Eltern zurückzuführen sind (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.). Dafür, dass ein minderjähriges Kind sich das Verhalten seiner Eltern bei der Prüfung, ob der Eingriff in sein Privatleben durch legitime Ziele der Einwanderungskontrolle gerechtfertigt ist, „zurechnen“ lassen muss, sprechen neben der Bezugnahme auf das „Familienleben“ als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch folgende Erwägungen: Für die Beurteilung der Verwurzelung von minderjährigen Kindern kommt es auch darauf an, inwieweit ihre innerfamiliären Lebensverhältnisse von der nationalen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt sind. Darüber hinaus sind bei der für die aufenthaltsrechtliche Entscheidung relevanten Frage, ob eine (Re)Integration in das Land der Staatsangehörigkeit möglich ist, bei der beabsichtigten Rückführung minderjähriger Kinder die Fertigkeiten und möglichen Unterstützungsleistungen der Eltern sowie deren Verbindungen im Heimatland in Rechnung zu stellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.11.2005, a.a.O., und Hess. VGH, Beschluss vom 15.02.2006, a.a.O). Ferner würde ein allein aus der Integration des minderjährigen Kindes hergeleitetes Aufenthaltsrecht dazu führen, dass den Eltern (und im weiteren auch den minderjährigen Geschwistern) ohne nähere Prüfung ihrer Integration unter Bezugnahme auf Art. 6 GG, Art. 8 EMRK in der Regel zumindest Abschiebungsschutz zu gewähren wäre, was einwanderungspolitische Belange der Bundesrepublik Deutschland in ganz erheblichem Maße berühren und zu einer einseitigen Gewichtung der privaten Belange des betroffenen Ausländers führen würde. Auch die Tatsache, dass minderjährige Kinder ihren Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland regelmäßig nicht alleine sichern können, sondern hierfür auf die Unterstützung ihrer Familie angewiesen sind, spricht dafür, deren wirtschaftliche Integration in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen. Die Konzeption des Aufenthaltsgesetzes geht schließlich ebenfalls davon aus, dass minderjährige Kinder grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen (vgl. § 27 Abs. 1 i.V.m. §§ 29 Abs. 1 - 4, 32 Abs. 1 und 3, 34 AufenthG). Erst volljährige Kinder sind aufenthaltsrechtlich grundsätzlich selbständig zu behandeln, weil zwischen ihnen und ihren Eltern - anders als bei Minderjährigen - regelmäßig keine Beistands-, sondern eine bloße Begegnungsgemeinschaft besteht.
18 
An dieser rechtlichen Beurteilung ändert sich in dem hier maßgeblichen Zusammenhang grundsätzlich auch nichts dadurch, dass das Aufenthaltsgesetz für Kinder nach Vollendung des 16. Lebensjahres unter bestimmten Umständen ein selbständiges Aufenthaltsrecht vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG). § 35 Abs. 1 AufenthG schafft einen privilegierten Erwerbstatbestand für nachgezogene Kinder von Ausländern, die zum Zeitpunkt der Vollendung ihres 16. Lebensjahres mindestens fünf Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, die zum Zwecke des Familiennachzuges nach § 27 AufenthG - welcher seinerseits grundsätzlich ein Aufenthaltsrecht der Eltern bzw. des sorgeberechtigten Elternteils voraussetzt, vgl. § 32 AufenthG - erteilt worden ist (s. Hailbronner, AuslR, § 35 Rn. 3 und 5 AufenthG). Aus dieser gesetzlichen Regelung lassen sich für die hier vorliegende Fallkonstellation, in der weder das minderjährige Kind noch dessen Eltern über eine Aufenthaltserlaubnis verfügen bzw. verfügt haben, keine vergleichbaren Rechte herleiten. Gleiches gilt für die Regelung in § 37 AufenthG, der Ausländern unter bestimmten Umständen ein Recht auf Wiederkehr gewährt, wenn der entsprechende Antrag nach Vollendung des 15. und vor Vollendung des 21. Lebensjahres gestellt wird. Auch diese Vorschrift setzt voraus, dass der Ausländer als Minderjähriger rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte und geht grundsätzlich von einer mindestens achtjährigen rechtmäßigen Aufenthaltsdauer aus.
19 
Ergänzend sei darauf hingewiesen, das auch sonst bei Abschiebungshindernissen von Kindern die Rechtsprechung davon ausgeht, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.09.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.07.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken (ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006, a.a.O.).
20 
d) Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten der Antragsteller zu berücksichtigen, dass sich die Antragsteller zu 1. - 4. bereits seit 1993 in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, die Antragsteller zu 3. und 4. mithin bereits als Kleinkinder in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind, bzw. der Antragsteller zu 5. sogar im Bundesgebiet geboren wurde. Die Antragsteller zu 3. und 4. besuchen nach dem Vortrag ihres Prozessbevollmächtigten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Realschule, so dass davon ausgegangen werden kann, dass sie die deutsche Sprache gut beherrschen; gleiches dürfte für den Antragsteller zu 5. gelten, der zum Zeitpunkt des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Grundschule besuchte. Für die Antragsteller spricht auch, dass sie offensichtlich seit 2001 keine Sozialhilfe mehr beziehen, sondern sich eine eigene - wenn auch für eine fünfköpfige Familie sehr bescheidene - wirtschaftliche Existenz aufbauen konnten. Ob diese Umstände ohne weitere Darlegungen im Beschwerdeverfahren genügen, um eine tiefe Verwurzelung in Deutschland als erste Voraussetzung eines nur hier möglichen Privatlebens darzutun (vgl. dazu Hess. VGH, Beschluss vom 15.02.2006, a.a.O.), ist fraglich, kann aber dahinstehen.
21 
Bei der Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ist zu Lasten der Antragsteller jedenfalls von erheblicher Bedeutung, dass diese zu keinem Zeitpunkt im Besitz eines Aufenthaltstitels waren, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen konnte, in Deutschland bleiben zu dürfen. Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller sind im vorliegenden Fall die den Antragstellern erteilten Duldungen auch nicht als die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts begründende „verkappte Aufenthaltserlaubnisse“ (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16.10.1990 - 1 C 15/88 -, InfAuslR 1991, 72 ff.) zu betrachten. Den Antragstellern wurde mit den ihnen erteilten Duldungen nicht in Wahrheit ein Aufenthalt im Bundesgebiet erlaubt. Die Erteilung von Duldungen erfolgte erkennbar mit Rücksicht auf eingeleitete Asylfolgeverfahren, fehlende tatsächliche Rückführungsmöglichkeiten und die Erlasslage zur Rückführung von Minderheiten aus dem Kosovo. Die langjährigen Duldungen der Antragsteller sind darüber hinaus auch darauf zurückzuführen, dass sie in ihren ersten Asylverfahren eine albanische Volkszugehörigkeit vorgetragen und sich erst 1999, als sich die Situation der Albaner im Kosovo durch den Einmarsch der KFOR-Truppen und den Rückzug der serbischen Armee entscheidend verbessert hatte, auf ihre Zugehörigkeit zur Minderheit der Ashkali berufen haben. Die Behörden haben die Antragsteller jedenfalls zu keiner Zeit über die Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatusses im Bundesgebiet im Zweifel gelassen. Die rechtliche Wirkung der Duldungen blieb auf den Bereich des Vollstreckungsschutzes gegen eine Entfernung aus dem Bundesgebiet beschränkt. Die Antragsteller waren mithin seit der ersten Ablehnung ihres Asylantrages vollziehbar ausreisepflichtig und nach der bundesdeutschen Rechtsordnung zur freiwilligen Ausreise verpflichtet. Die Tatsache, dass dessen ungeachtet die bundesdeutschen Behörden angesichts der wechselhaften politischen sowie existenziellen Verhältnisse im Kosovo lange Zeit von einer zwangsweisen Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung abgesehen haben, führt noch nicht dazu, eine Aufenthaltsbeendigung nunmehr für unzulässig zu erachten, zumal die Behörden einen entsprechenden Vertrauenstatbestand zu keinem Zeitpunkt geschaffen haben.
22 
Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Antragsteller zu 1. und 2. in weit geringerem Maß in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt sind als die Antragsteller zu 3. - 5. Die Antragsteller zu 1. und 2. sind in Serbien-Montenegro geboren und aufgewachsen und haben ihr Heimatland erst im Erwachsenenalter verlassen. Zu ihren deutschen Sprachkenntnissen und ihrer sonstigen, insbesondere sozialen, Integration in die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ist nichts vorgetragen. Zwar hat der Antragsteller zu 1. eine Arbeitsstelle gefunden und verfügt damit zumindest über eine wirtschaftliche Bindung an die Bundesrepublik. Nicht übersehen werden darf jedoch, dass der Antragsteller zu 1. in der Bundesrepublik Deutschland mehrfach straffällig geworden ist (das Bundeszentralregister weist zwischen 1993 und 2001 sechs Eintragungen auf), so dass von einer Integration in die Rechtsordnung der Bundesrepublik nicht ausgegangen werden kann. Die Antragsteller Ziffer 3. - 5. befinden sich in einem Alter, in dem ihnen angesichts der Gesamtumstände eine Integration in die Lebensverhältnisse des Landes ihrer Staatsangehörigkeit noch angesonnen werden kann. Sie werden nicht allein übersiedeln, sondern können mit der Unterstützung ihrer Eltern und ggf. auch anderer Verwandten rechnen, die mit den Lebensverhältnisse des Staates ihrer Staatsangehörigkeit vertraut sind. Dass die Antragsteller zu 3. - 5. nicht albanisch sprechen und aus diesem Grund eine Integration in die dortigen Lebensverhältnisse auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen würde, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
23 
Der Senat verkennt nicht die erheblichen Schwierigkeiten, die für die Antragsteller nach so langem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland mit einer Übersiedlung in das Land ihrer Staatsangehörigkeit verbunden sind. Sie teilen insoweit allerdings das Schicksal einer Vielzahl von Bürgerkriegsflüchtlingen, die in der Bundesrepublik aus humanitären Gründen langjährig Aufnahme gefunden haben und nunmehr in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen. Die damit verbundenen Probleme und Härten lassen sich durch die Rechtsprechung, die an das gesetzliche Regelungskonzept gebunden ist, nur eingeschränkt lösen. Insbesondere ist es den Verwaltungsgerichten verwehrt, durch eine Überdehnung des Schutzbereiches des Art. 8 EMRK das Fehlen einer auf humanitäre Gründe gestützten Altfallregelung für langjährig Geduldete, die in den Verantwortungsbereich der politischen Entscheidungsträger fällt, auszugleichen.
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung.
25 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 39 Abs. 1 GKG i. d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 (BGBl. I, S. 718 ff.).
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kläger sind türkische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit.
Der Kläger Ziffer 1 wurde am 12.04.1960, die Klägerin Ziffer 2 am 01.01.1966, der Kläger Ziffer 3 am 05.08.1985, die Klägerin Ziffer 4 am 29.09.1986, der Kläger Ziffer 5 am 15.09.1988, der Kläger Ziffer 6 am 30.10.1990 und der Kläger Ziffer 7 am 28.10.1996 geboren.
Die Kläger Ziffer 1 und 2 sind die Eltern der übrigen Kläger.
Im Jahre 1987 reisten die Kläger Ziffer 1 bis 4 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am 04.07.1987 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Diesen Antrag lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge durch Bescheid vom 15.04.1988 ab. Die hiergegen zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage wurde durch Urteil vom 29.11.1990 abgewiesen (A 8 K 8346/88). Mit Beschluss vom 22.06.1992 lehnte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg den Antrag auf Zulassung der Berufung ab (A 12 S 369/91).
Bereits am 18.09.1991 beantragten die Kläger Ziffer 1 bis 4 erneut ihre Anerkennung als Asylberechtigte sowie die Gewährung von Abschiebungsschutz, nachdem sie bereits mit Schriftsatz vom 21.06.1991 an das Landratsamt Esslingen um Abschiebungsschutz nach den §§ 51 und 53 AuslG nachgesucht hatten. Mit Bescheid vom 22.03.1995 entschied das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hinsichtlich der Kläger Ziffer 1 bis 4, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sowie Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen und lehnte die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab. In der Begründung des Bescheids wurde auch Bezug genommen auf einen mit Schriftsätzen vom 13.07. und 24.07.1992 erneut gestellten Antrag, die Kläger Ziffer 1 bis 4 als Asylberechtigte anzuerkennen sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 vorliegen. Die von den Klägern Ziffer 1 bis 4 insoweit erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 25.10.1996 (A 18 K 13001/95) ab. Der Entscheidung lag zugrunde, dass die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 VwVfG nicht vorgelegen hatten.
Am 09.05.1997 stellten die Kläger Ziffer 1 bis 4 erneut Asylanträge. Mit Bescheid vom 18.03.1998 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Durchführung weiterer Asylverfahren ab. Bereits mit Bescheid vom 07.05.1997 hatte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge Asylerstanträge der Kläger Ziffer 5 bis 7 vom 21.02.1997 abgelehnt. Die von sämtlichen Klägern zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klagen wies dieses mit Urteil vom 12.02.1999 (A 18 K 12454/98) ab. Der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart lag hinsichtlich der Kläger Ziffer 1 bis 4 die Feststellung zugrunde, dass die vorgelegten Dokumente nicht geeignet seien, eine für die Kläger günstigere Entscheidung herbeizuführen und auch die Aussage des in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen als Gefälligkeitsaussage bewertet werden müsse, weshalb die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 VwVfG nicht vorliegen. Der zum Verwaltungsgericht Baden-Württemberg gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung wurde durch Beschluss vom 30.06.1999 (A 12 S 1050/90) abgelehnt.
Am 24.02.1997 beantragten alle Kläger die Erteilung von Aufenthaltstiteln. Mit Bescheid vom 20.05.1997 lehnte das Landratsamt Esslingen die Anträge ab. Die Entscheidung wurde durch Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 15.01.1998 bestätigt. Am 16.06.1999 beantragten die Kläger erneut die Erteilung eines Aufenthaltstitels. Mit Bescheiden vom 31.08.1999 lehnte das Landratsamt Esslingen die Anträge ab. Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Bescheid vom 26.01.2000 ab. Auf die hiergegen zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage verpflichtete dieses den Beklagten durch Urteil vom 09.05.2000 (18 K 1359/00), über die Anträge der Kläger erneut zu entscheiden. Durch Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 31.03.2003 (13 S 1917/01) wurde das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart geändert und die Klagen abgewiesen. Die zum Bundesverwaltungsgericht erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision verwarf das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss vom 26.06.2003 (1 B 150.03).
Am 19.12.2001 stellten sämtliche Kläger erneut Asylanträge. Mit zwei Bescheiden vom 21.01.2002 (die Kläger Ziffer 1 bis 3 sowie 5 bis 7 betreffend) und mit einem weiteren Bescheid vom 22.01.2002 (die Klägerin Ziffer 4 betreffend) lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Anträge auf Durchführung weiterer Asylverfahren ab. Die hingegen von den Klägern Ziffer 1 bis 2 sowie 5 bis 7 zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klagen (A 18 K 10277/02) wies das Verwaltungsgericht Stuttgart durch Urteil vom 30.09.2003 ab. Der Entscheidung lag die Feststellung zugrunde, dass die Aussagen der beiden in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen in den entscheidungserheblichen Aspekten unglaubhaft und deshalb nicht geeignet seien, eine für die Kläger günstigere Entscheidung herbeizuführen (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG). Die vom Kläger Ziffer 3 erhobene Klage (A 18 K 10281/02) wurde ebenfalls durch Urteil vom 30.09.2003 abgewiesen. Das Gleiche gilt hinsichtlich der von der Klägerin Ziffer 4 erhobenen Klage (A 8 K 10279/02). Die insoweit gestellten Anträge auf Zulassung der Berufung wies der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg durch Beschlüsse vom 11.11.2003 als unzulässig zurück.
Am 07.08.2003 sollten die Kläger abgeschoben werden. Die Abschiebung wurde jedoch wegen eines Formfehlers abgebrochen. Am 11.08.2003 unternahm die Klägerin Ziffer 4 einen Suizidversuch.
10 
Am 08.12.2005 stellten sämtliche Kläger einen Antrag auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG, der im Wesentlichen damit begründet wurde, dass der Diabetes mellitus sowie die chronische obstruktive Lungenerkrankung des Klägers Ziffer 1 in der Türkei nicht behandelbar seien und erneut eine Suizidgefahr der Klägerin Ziffer 4 bestehe. Mit Bescheiden vom 22.12.2005 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Abänderung der nach dem alten Recht ergangenen Bescheide hinsichtlich der negativen Feststellung zu § 53 Abs. 1 bis 6 AuslG ab und führte zur Begründung aus, dass sich der Sachvortrag auf einer Wiederholung der bereits im früheren Asylfolgeverfahren vorgetragenen Gründe beschränke. Im Übrigen müsse, wie bereits im früheren Verfahren festgestellt, von einer Behandelbarkeit ausgegangen werden.
11 
Sämtliche Kläger erhoben hiergegen Klagen zum Verwaltungsgericht Stuttgart (A 9 K 13660/05 u.a.), die am 14.02.2006 zurückgenommen wurden.
12 
Bereits im September 2003 hatten die Kläger eine Petition eingereicht mit dem Ziel, ein Daueraufenthaltsrecht in Deutschland zu erlangen. Im März 2005 entschied der Petitionsausschuss, dass der Petition nicht abgeholfen werde. Im Juli 2005 wandten sich die Kläger an die Härtefallkommission, um eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 a AufenthG zu erhalten. Im November 2005 entschied die Härtefallkommission, kein Härtefallersuchen an das Innenministerium zu richten. Im Dezember reichten die Kläger erneut eine Petition ein, der der Petitionsausschuss im Januar 2006 wiederum nicht abhalf.
13 
Am 21.11.2005 beantragten die Kläger beim Landratsamt Esslingen die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen.
14 
Mit Beschlüssen vom 23.01.2006 (9 K 437/06 u.a.) verpflichtete das Verwaltungsgericht Stuttgart die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung, im Hinblick auf das anhängige Verfahren auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen die Kläger abzusehen. Auf die hiergegen vom Beklagten eingelegte Beschwerde änderte der Verwaltungsgerichtshof durch Beschlüsse vom 30.08.2006 (13 S 405/06 u.a.) die Beschlüsse und lehnte die Anträge ab.
15 
Mit Entscheidung vom 14.02.2006 lehnte das Landratsamt Esslingen die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen ab und führte zur Begründung aus: Die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 1 bis 3 AufenthG scheide schon deshalb aus, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bindend entschieden habe, dass die Kläger nicht asylberechtigt seien, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 sowie des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorlägen. Der Umstand, dass die Klägerin Ziffer 4 im Jahre 2003 nach einem Abschiebungsversuch einen Suizidversuch unternommen habe und mit einer Wiederholung eines solchen Suizidversuchs zu rechnen sei, führe nicht zu einem rechtlichen Abschiebungshindernis. Zum einen sei nicht geklärt, ob der Suizidversuch im Zusammenhang mit der Abschiebung erfolgt sei oder wegen familiärer Probleme unternommen worden sei. Zum anderen vermöge die latente Suizidalität deswegen kein Abschiebungshindernis zu begründen, weil derartige Gefahren durch entsprechende Vorkehrungen bei der Organisation der Abschiebung, wie z. B. die Begleitung durch einen Arzt und psychologisches Fachpersonal, Rechnung getragen werden könne. Auch die vorgetragene Krankheit des Klägers Ziffer 1 stelle kein rechtliches Abschiebungshindernis dar. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe mit Bescheid vom 22.12.2005 festgestellt, dass die Krankheit im Heimatland behandelbar sei. Nach § 25 Abs. 4 AufenthG könne einem Ausländer für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, so lange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit erforderten. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, weil die Kläger ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht begehrten. Zudem seien dringende oder persönliche Gründe nicht erkennbar. Es könne auch keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt werden, da die Kläger weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen gehindert seien, in ihr Heimatland zurückzukehren. Die freiwillige Ausreise sei jederzeit möglich und auch zumutbar. Ein rechtlich begründetes Abschiebungshindernis folge auch nicht aus Art. 8 EMRK. Eine Aufenthaltsbeendigung hätte keine Verletzung des hierdurch geschützten Rechts auf ein Privatleben zur Folge. Es spreche schon vieles dafür, dass ein schützenswertes Privatleben voraussetze, dass zumindest für einen gewissen Zeitraum ein ordnungsgemäßer und rechtmäßiger Aufenthalt vorgelegen habe. Über einen solchen ordnungsgemäßen Aufenthalt hätten die Kläger zu keinem Zeitpunkt verfügt. Selbst wenn man aber davon ausgehe, dass auch ein rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines geschützten Privatlebens sein könne, so sei die daraus folgende Rechtsposition im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaats zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Die Kläger Ziffer 1 und 4 seien aber in der Türkei geboren und hätten bis zu ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1987 in der Türkei gelebt. Die Kläger Ziffer 1 und 2 sprächen nur schlecht deutsch, weshalb kein Anhaltspunkt für eine Verwurzelung in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland gegeben seien. Die Kläger Ziffer 5 bis 7 seien zwar in Deutschland geboren, es sei jedoch davon auszugehen, dass diese unter dem sprachlichen Aspekt in der Lage sein werden, sich in der Türkei zu integrieren. Das Hineinwachsen in die Lebensverhältnisse der Türkei werde für sie zwar Anfangs schwierig sein, es sei jedoch nicht ersichtlich, dass ihnen ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates ihrer Staatsangehörigkeit nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen könne. Insbesondere sei Kindern in diesem Alter durchaus zuzumuten, sich in die Lebensverhältnisse des Heimatlands einzuleben und dort eine Ausbildung zu absolvieren bzw. mit den hier erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten eine Arbeit zu suchen. Sie befänden sich in keiner anderen Situation als zahlreiche andere abgelehnte Asylbewerber. Weiterhin könne auch nicht von einer wirtschaftlichen Integration der Familie in die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ausgegangen werden. Die Kläger hätten über einen Zeitraum von beinahe 11 Jahren ihren Lebensunterhalt überwiegend durch öffentliche Mittel bestritten und insgesamt ca. 105.000,-- EUR an Sozialleistungen erhalten. Der Kläger Ziffer 1 stehe zwar seit 1998 in einem Beschäftigungsverhältnis und auch der Kläger Ziffer 3 habe eine Ausbildung zum Bäcker absolviert, sei aber anschließend vom Lehrbetrieb nicht übernommen worden. Von Oktober bis Dezember 2005 habe er sogar ohne Genehmigung gearbeitet, weswegen gegen ihn ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden sei. Erst seit Januar 2006 habe er eine Genehmigung zur Ausübung einer Beschäftigung als Bäckergeselle erhalten. Der Kläger Ziffer 5 habe ebenfalls keine Arbeitserlaubnis und sei trotzdem von Anfang August bis Ende September 2004 und von Anfang Februar 2005 bis Ende Dezember 2005 unerlaubt einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Auch gegen ihn seien Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden. Ob er augenblicklich einer Erwerbstätigkeit nachgehe, sei nicht bekannt. Weiterhin sei im September 2005 von der Klägerin Ziffer 4 ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt worden, der inzwischen abgelehnt worden sei. Im Übrigen werde im Landkreis Esslingen seit 01.12.2004 für den Kläger Ziffer 7 für die Teilnahme an der sozialen Gruppenarbeit bei der Paulinenpflege in Kirchheim/Teck monatlich eine öffentliche Leistung in Höhe von 723,58 EUR gezahlt. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 S. 3 AufenthG scheide ebenfalls aus. Hiernach könne ein Aufenthaltstitel nur zu einem Zweck erteilt werden, der im Kapitel 2 Abschnitte 3 bis 7 nicht geregelt sei. Der hier angestrebte Aufenthaltszweck aus humanitären Gründen sei - wie bereits ausgeführt - in § 25 AufenthG abschließend geregelt.
16 
Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies das Regierungspräsidium Stuttgart durch Bescheid vom 30.03.2006 - zugestellt am 05.04.2006 - zurück.
17 
Am 02.05.2006 haben die Kläger Klage erhoben.
18 
Zur Begründung tragen sie vor: Sie seien faktisch zu Inländern geworden und eine Rückkehr in die Türkei sei ihnen nicht zuzumuten. Die Familie sei in hohem Maße in Deutschland integriert, nehme keine öffentlichen Hilfen für den Lebensunterhalt in Anspruch. Sie verfüge über eine eigene Wohnung, arbeite und befinde sich in Schul- und Berufsausbildung. Die Kinder sprächen perfekt deutsch. Der Kläger Ziffer 3 sei mittlerweile seit Januar 2006 als Bäckergeselle beschäftigt. In der Zeit von Oktober bis Dezember 2005 habe er gearbeitet, während die Arbeitsgenehmigung beantragt gewesen sei. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass diese nicht erteilt worden sei. Der Kläger Ziffer 5 besuche die Schule und sei neben der Schule von August bis September einer Aushilfstätigkeit nachgekommen, wobei ebenfalls eine Arbeitserlaubnis beantragt worden sei. Die Klägerin Ziffer 4 habe einen Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis gestellt, sie habe auch eine Ausbildungsstelle. Bisher sei die Arbeitserlaubnis jedoch noch nicht erteilt worden. Es sei richtig, dass sie im September 2005 einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt habe. Dieser sei abgelehnt worden. Der Antrag werde nicht weiter verfolgt. Hinsichtlich der Klägerin Ziffer 4 sei noch zu berücksichtigen, dass sie im Zusammenhang mit einem früheren Abschiebungsversuch im Jahre 2003 einen ernsthaften Suizidversuch unternommen habe, bei dem sie sich schwerste Verletzungen zugezogen habe. Aus einer vorliegenden ärztlichen Stellungnahme gehe hervor, dass mit einer Wiederholung eines Suizidversuchs im Falle einer erneuten Abschiebung durchaus zu rechnen sei. Die in den Anfangsjahren bezogenen Sozialleistungen könnten den Klägern nicht negativ angelastet werden, da sie seinerzeit keine Aufenthaltserlaubnis erhalten hätten. Die Klägerin Ziffer 2 versorge die Familie. Insgesamt sei eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger unverhältnismäßig i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK.
19 
Die Kläger beantragen,
20 
den Bescheid des Landratsamts Esslingen vom 14.02.2006 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 03.04.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen.
21 
Der Beklagte ist der Klage aus den Gründen der angegriffenen Bescheide entgegengetreten.
22 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
23 
Dem Gericht lagen die vom Landratsamt Esslingen geführten Ausländerakten der Kläger sowie die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die zulässigen Klagen sind nicht begründet. Der Beklagte hat zu Recht die Anträge der Kläger abgelehnt. Sie haben keinen Anspruch auf Erteilung der von ihnen begehrten Aufenthaltserlaubnisse.
25 
Allein in Betracht zu ziehende Rechtsgrundlage für die Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnisse ist vorliegend § 25 Abs. 5 AufenthG. Hiernach kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist, sofern der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. § 25 Abs. 3 AufenthG scheidet schon deshalb aus, weil im Verhältnis zur Ausländerbehörde sowie zum Gericht infolge der negativen Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gem. § 42 AsylVfG bindend feststeht, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (vgl. zum Verständnis des § 60 Abs. 5 AufenthG bzw. des § 53 Abs. 4 AuslG 1990 allein als zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot bzw. –hindernis BVerwG, U.v. 15.04.1997 – 9 C 38.96 – NVwZ 1997, 1127; U.v. 02.09.1997 – 9 C 40.96 – NVwZ 1998, 311). Nichts anderes gilt in Bezug auf die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (vgl. § 4 AsylVfG).
26 
Die Verweigerung eines Aufenthaltstitels durch den Beklagten steht nicht in Widerspruch zu Art. 8 EMRK, weshalb den Klägern eine Rückkehr in ihr Heimatland nicht unmöglich oder aus Rechtsgründen unzumutbar ist (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 27.6.2006 – 1 C 14.05 – juris).
27 
1. a) Im Ausgangspunkt ist zunächst festzuhalten, dass nach der ständigen Spruchpraxis des EGMR aus Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch nicht für Familien) grundsätzlich kein irgendwie geartetes Recht abgeleitet werden kann, dass Ausländer oder Ausländerinnen sich einen Aufenthaltsort in einem Konventionsstaat frei wählen. Vielmehr ist den Konventionsstaaten ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, ob und unter welchen Voraussetzungen sie Einwanderung in ihr Hoheitsgebiet zulassen wollen. Namentlich in seinen Entscheidungen vom 16.09.2004 (11103/03 - - NVwZ 2005, 1046) und vom 07.10.2004 (33743/03 - - NVwZ 2005, 1043 ) hat der EGMR ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden (vgl. zu alledem auch BVerwG, U.v. 9.12.1997 – 1 C 19.96 – NVwZ 1998, 742; U.v. 29.9.1998 – 1 C 8.98 – NVwZ 1999, 303; VGHBW, U.v. 18.1.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; B.v. 10.5.2006 – 11 2345/05 – juris; HessVGH, B.v 15.2.2006 – 7 TG 106/06 – InfAuslR 2006, 217; U.v. 7,7,2006 – 7 UE 509/06 – juris; NdsOVG, B.v. 11.5.2006 – 12 ME 138/06 - InfAuslR 2006, 329; B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 – juris; OVG NW, B.v. 11.1.2006 – 18 B 44/06 – AuAS 2006, 144 Ls.). Dessen ungeachtet kann nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. Urt. v. 16.6.2005 - 60654/00 - - InfAuslR 2005, 349) ausnahmsweise auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben darstellen, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kommt danach für solche Ausländer in Betracht, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie gewissermaßen deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind, während sie mit ihrem Heimatland im Wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.9.1998 - 1 C 8.96 - NVwZ 1999, 303; VGH Bad.-Württ., Urt. v.18.1.2006 - a.a.O. mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
28 
b) In diesem Zusammenhang ist zunächst bereits grundsätzlich umstritten, ob der Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK unter dem Aspekt des Privatlebens überhaupt nur dann eröffnet ist, wenn der Aufenthaltsstaat den Aufenthalt (durch Erteilung eines Titels) positiv ermöglicht (so etwa NdsOVG, B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 – juris; HessVGH, U.v. 7.7.2006 – 7 UE 509/06 – juris) und nicht nur (etwa durch Duldung oder aufgrund gesetzlicher Gestattung als Asylbewerber) ohne sein Zutun faktisch hingenommen hatte bzw. sogar hinnehmen musste. Ein völlig klares Bild lässt sich aus der sehr einzelfallbezogenen Spruchpraxis des EGMR hierzu nicht gewinnen (vgl. auch VGHBW, U.v. 18.1.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142 und letztlich offen gelassen). Auch wenn dieser erst jüngst in seinem Urteil vom 30.1.2006 (50435/99 - - InfAuslR 2006, 298) “daran erinnert, dass Personen, die, ohne den geltenden Gesetzen zu entsprechen, die Behörden eines Vertragsstaates mit ihrer Anwesenheit in diesem Staat konfrontieren, im Allgemeinen nicht erwarten können, dass ihnen ein Aufenthaltsrecht zugesprochen wird,“ so stellte es nach Überzeugung der Kammer eine Überinterpretation dar, hieraus den zwingenden Schluss zu ziehen, schon der Schutzbereich sei im Falle der nicht erfolgten ausdrücklichen Legalisierung von vornherein nicht eröffnet. Ein solches Verständnis ist angesichts der Schranke des Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht erforderlich und sinnvoll. Es stünde zudem einem einzelfallbezogenen gerechten Interessenausgleich oftmals entgegen und wäre auch im Einzelfall geeignet, die Wirksamkeit des konventionsrechtlichen Schutzes zu schmälern (so auch Hoppe, ZAR 2006, 125; Benassi, InfAuslR 2006, 397). Zudem würde eine vorschnelle Ausgrenzung aus dem Schutzbereich die Möglichkeit verbauen, den Fallkonstellationen angemessen Rechnung tragen zu können, in denen die Ausländerbehörde in der Vergangenheit über Jahre hin nur Duldungen erteilt hatte, obwohl im Grunde realistischerweise keine Abschiebungs- und Ausreisemöglichkeiten bestanden und daher eigentlich Aufenthaltstitel hätten erteilt werden müssen. Es ist nicht ersichtlich, dass etwa auch für solche Fälle der Schutzbereich des Art. 8 Abs. EMRK von vornherein nicht eröffnet sein sollte. Allerdings ist der in diesem Zusammenhang teilweise erfolgte Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 16.06.2005 (60654/00 - - InfAuslR 2005, 349), wonach dieser explizit keine willentliche Legalisierung verlange (so etwa Benassi, InfAuslR 2006, 397), nicht überzeugend, weil die dortigen Beschwerdeführer jahrelang rechtmäßig in der früheren Sowjetunion (im Gebiet des heutigen Lettland) und auch danach noch in Lettland selbst gelebt hatten und ihnen erst später z.T. als staatenlos gewordene russische Volkszugehörige ein Aufenthaltsrecht bestritten worden war, nachdem sie nach 1989 aber sogar noch zeitlich befristete Aufenthaltstitel erhalten hatten (vgl. etwa NdsOVG, B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 m.w.N.).
29 
Sachgerecht ist es nach Auffassung der Kammer allein, den Schutzbereich durchaus nicht zu eng zu fassen und die Frage der Legalisierung als Element der Schrankendiskussion zu verstehen. Um aber von einem Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK sprechen zu können, das im Aufenthaltsstaat stattfindet, müssen – bei aller Unschärfe - zumindest zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen muss – quantitativ betrachtet - ein langjähriger Aufenthalt vorliegen. Sodann müssen - unter dem qualitativen Aspekt - bestimmte Integrationsleistungen erbracht worden sein, die es rechtfertigen, im Rahmen der Schranken des Absatzes 2 überhaupt in eine umfassende Interessen- und Verhältnismäßigkeitsprüfung einzutreten und hier gewissermaßen eine Feinabstimmung vorzunehmen. Anders ausgedrückt: Der Schutzbereich ist dann nicht eröffnet, wenn es unter dem quantitativen und/oder qualitativen Aspekt auf der Hand liegt, dass phänotypisch nicht von einem „faktischen Inländer“ gesprochen werden kann und kein Anlass dafür besteht, überhaupt einzelfallbezogen der Frage nachzugehen, ob den Betroffenen eine Rückkehr in das Land ihrer Herkunft zugemutet werden kann.
30 
Eine solcher (negativer) Fall wird typischerweise in folgenden Fallkonstellationen anzunehmen sein:
31 
- Die Betroffenen halten sich erst so einen kurzen Zeitraum im Bundesgebiet auf, dass sich die Frage einer auf der Schrankenebene zu diskutierende Frage (vgl. im Folgenden) nach einer Wiedereingliederung in die Verhältnisse des Herkunftslandes von vornherein nicht stellt. Es spricht hier einiges dafür, sich in etwa an dem 8-Jahreszeitraum des § 10 StAG zu orientieren, der vom Gesetzgeber für das Entstehen eines Einbürgerungsanspruchs vorausgesetzt wird (vgl. Hoppe ZAR 2006, 125 <130>; Benassi InfAuslR 2006, 397 <402>).
32 
- Die Betroffenen haben während des langjährigen Aufenthalts keinerlei wirtschaftliche Existenzgrundlage aufbauen können und leben im Wesentlichen ununterbrochen und weitgehend vollständig von öffentlichen Unterstützungsleistungen.
33 
- Die Betroffenen haben keine nennenswerten Sprachkenntnisse erworben und haben demgemäß keinen nennenswerten engeren Bezug zu den Lebensverhältnissen des Landes.
34 
- Die Betroffenen sind durchgängig von Bagatellfällen abgesehen in erheblichem Umfang kriminell geworden (fahrlässige Tatbegehungen bedürfen hingegen der genauen Einzelfallbetrachtung).
35 
Demgegenüber kann nicht eingewandt werden, in der Spruchpraxis des Gerichtshofs seien die Gesichtspunkte der Straffälligkeit oder der Sicherung des Lebensunterhalt nicht als schutzbereichsschädlich verstanden worden (so aber etwa Schild ANA-ZAR 2006, 29). Denn dieses trifft nur auf die grundlegend andere Fallkonstellation zu, in der ein bereits legalisierter langjähriger Aufenthalt beendet werden soll, sei es mit dem Mittel der Ausweisung, sei es mit dem der Nichtverlängerung eines Aufenthaltstitels; ganz abgesehen davon, dass regelmäßig das Schutzgut „Familie“ berührt war und sich dort diese Fragen von vornherein erst auf der Ebene des Art. 8 Abs. 2 EMRK stellen können. Im vorliegenden Zusammenhang geht es hingegen zunächst um die positive Feststellung eines überhaupt schützenswerten Privatlebens.
36 
c) Den (vielfältigen und vielschichtigen) Gründen für die lange Aufenthaltsdauer ist – von Evidenzfällen wiederum abgesehen – daher erst im Rahmen der Schranke nachzugehen. Hier kommt dem Aspekt einer erfolgten (willentlichen) Legalisierung durch den Aufenthaltsstaat wesentliches Gewicht zu. Ist eine solche nicht erfolgt, muss im Rahmen einer umfassenden Abwägung eine genaue Bewertung der Gründe für den faktischen Aufenthalt erfolgen. Hier kann eine große Bandbreite von Ursachen gegeben sein. Diese kann reichen von einer langjährigen zurechenbaren Vereitelung (wenn nicht gar Sabotierung) einer Aufenthaltsbeendigung bei gleichzeitig möglicher freiwilligen Ausreise bis zu einem Dauerzustand einer unverschuldet unmöglichen Abschiebung wie freiwilligen Ausreise. Dazwischen sind differenzierte Fallgestaltungen denkbar, in denen vielleicht zu bestimmten Zeiten eine freiwillige Ausreise und auch eine Abschiebung möglich waren, die Ausländerbehörde eine solche Möglichkeit jedoch über lange Zeit nicht wahrgenommen hatte. Selbst wenn man davon ausgeht, dass im eigentlichen Sinn eine Abschiebungsmöglichkeit nicht verwirkt werden kann, da es sich nach § 58 Abs. 1 AufenthG um eine Rechtspflicht handelt (vgl. OVG NW, B.v. 25.05.2005 – 18 B 1967/04 – juris), kann in zugespitzten Fällen eine Aufenthaltsbeendigung hier jedoch gleichwohl unverhältnismäßig werden und damit Art. 8 Abs. 2 EMRK zuwider laufen.
37 
Ebenfalls erst auf der Schrankenebene ist zu prüfen, ob ein Wiedereinleben (bei Kindern oftmals eine erstmalige Integration) in die Verhältnisse des Herkunftslandes zumutbar ist. Es handelt sich – unter der Prämisse einer überhaupt erfolgten weitgehenden und fortgeschrittenen Integration in die Verhältnisse des Aufnahmestaats - hierbei um eine klassische Verhältnismäßigkeitsprüfung, in deren Rahmen eine differenzierte Abwägung der persönlichen Belange der Betroffenen mit den öffentlichen einwanderungspolitischen Interessen stattfinden kann und muss.
38 
d) Im Rahmen der Schranken ausfüllenden Abwägung ist in der Regel eine Verweigerung des weiteren Aufenthalts und einer erstmaligen Legalisierung verhältnismäßig und damit zulässig, wenn über Jahre hin eine an sich mögliche Aufenthaltsbeendigung immer wieder durch erkennbare aussichtlose Anträge an Behörden und Gerichte durchkreuzt wurden, sofern dieses zu einem Zeitpunkt geschah, zu dem gemessen an Art. 8 EMRK eine Aufenthaltsbeendigung noch zumutbar war. Dies wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn, wie in der Praxis sehr häufig, Folgeanträge gestellt wurden, die von Behörden und Gerichten als nicht als asylverfahrensrelevant (vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 95 ff.) behandelt wurden. Das Gleiche gilt für Petitionen, die unter realistischer Beurteilung der aktuellen praktizierten Ausländerpolitik im Land keinen Erfolg versprechen konnten. Nicht anders sind vorhersehbar aussichtlose Anträge nach § 23a AufenthG zu behandeln und zu beurteilen. Dabei können die Betroffenen in aller Regel nicht für sich ins Feld führen, dass es retrospektiv betrachtet in bestimmten Zwischenzeiträumen objektiv an sich möglich gewesen wäre, eine Abschiebung durchzuführen. Damit würde nicht genügend berücksichtigt, dass die Ausländerbehörden regelmäßig mit einer Vielzahl von Fällen befasst sind und auch aus Kapazitätsgründen zwangsläufig Schwerpunkte setzen müssen. Auch bliebe unbeachtet, dass mit jedem aussichtlosen Antrag, der jeweils in der Verantwortungssphäre der Betroffenen liegt, die Verfahren komplexer und unübersichtlicher werden können. In besonderen Ausnahmefällen mag eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein.
39 
Eine besondere Problematik besteht insoweit, als in der Mehrzahl der praktisch relevanten Fälle Eltern in der Vergangenheit in Ausübung ihres aus dem Recht der Personensorge fließenden Aufenthaltsbestimmungsrechts gehandelt haben. Es ist hier in Anbetracht der Tatsache, dass die minderjährigen Kinder sich nicht nur familienrechtlich alle Maßnahmen der Personensorge zurechnen lassen müssen, sondern auch grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen, nicht gerechtfertigt, den Kindern diese Maßnahmen im Regelfall nicht zuzurechnen (vgl. VGHBW, B.v. 10.05.2006 – 11 S 2354/05 – juris; VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 - InfAuslR 2006, 409; so aber wohl RhPfOVG, B.v. 24.02.2006 – 7 B 10020/06.OVG – InfAuslR 2006, 274; VG Stuttgart, U.v. 24.06.2004 – 11 K 4809/03 – InfAuslR 2005, 106; U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – InfAuslR 2006, 14), zumal ohnehin – gewissermaßen als Kehrseite - davon auszugehen ist, dass die minderjährigen Kinder mit ihren Eltern zurückkehren (müssen), sofern nicht den Eltern selbst die Rückkehr nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. hierzu noch im Folgenden). Entsprechende Überlegungen gelten, wenn die Eltern – auch zulasten ihrer Kinder – ihren Mitwirkungspflichten bei der Beschaffung von Identitäts- oder Passpapieren in zurechenbarer Art und Weise nicht nachgekommen sind. Die Tatsache, dass die Kinder ab dem 16. Lebensjahr gem. § 80 Abs. 1 verfahrenshandlungsfähig waren, ändert bis zum Eintritt der Volljährigkeit nichts an dieser Bewertung, da die Personensorge und damit das hieraus fließende Aufenthaltsbestimmungsrecht davon nicht berührt werden. Die Fälle des § 35 Abs. 1 S. 1 und § 37 AufenthG sind hier ersichtlich nicht einschlägig. § 35 Abs. 1 S. 1 AufenthG setzt als allein rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers gerade die vorangegangene durchgängige Legalisierung des Aufenthalts voraus. Auch die letztgenannte Vorschrift steht in einem völlig anderen rechtspolitischen Kontext und betrifft Rückkehrer, die regelmäßig vor ihrer Rückkehr bereits die Perspektive eines unbefristeten Aufenthaltsrechts hatten, und stellt eine Reaktion des Gesetzgebers auf die rechtspolitisch umstrittenen und zweifelhaften Aktionen der Rückkehrförderung in den 80-er Jahren im Gefolge des „Gesetzes zur Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern“ (v. 28.11.1983 – BGBl. I 1377) dar, mit der Härten und Unzuträglichkeiten gemildert werden sollten (vgl. zur Vorläufervorschrift des § 16 AuslG 1990 BT-Drucks. 11/6321, 59), weshalb aus ihr keine bestimmten Wertungen verallgemeinert werden können (so aber VG Stuttgart, U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – a.a.O.).
40 
Eine differenziertere Beurteilung ist hingegen bei volljährig gewordenen Kindern geboten. Denn diese nehmen nicht mehr an dem aufenthaltsrechtlichen Schicksal der Eltern teil, weil sie auch nicht mehr deren Personensorge unterliegen. Vor diesem Hintergrund kann und darf nach dem vorgegebenen rechtlichen Rahmen nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sie im Familienverbund in den Herkunftsstaat zurückkehren und dort in demselben leben werden. Haben die Kinder nach Erlangung der Volljährigkeit keine – ihnen dann eigenständig zuzurechnende – Versuche mehr unternommen eine Aufenthaltsbeendigung zu durchkreuzen bzw. zu verhindern, und ggf. nunmehr sogar an der Beseitigung von Abschiebungshindernissen mitzuwirken versucht, und löst sich infolge dessen der unmittelbare zeitliche und sachliche Zusammenhang zu den früheren Handlungen der Eltern, so stößt eine weitergehende Zurechnung des Verhaltens der Eltern angesichts ihrer erlangten rechtlichen Selbstständigkeit an die Grenzen der Verhältnismäßigkeit, sofern alle weiteren Integrationsvoraussetzungen erfüllt sind und auch eine Rückkehr in das Herkunftsland aus sonstigen Gründen nicht mehr zumutbar ist. Allerdings kann diese Sichtweise dann u.U. zu der Konsequenz führen, dass den Volljährigen ein Bleiberecht zukommt, während dies bei den Eltern und eventuell noch vorhandenen minderjährigen Geschwistern nicht der Fall ist (vgl. zu diesen noch im Folgenden). Eine hierdurch bewirkte Trennung der Familienmitglieder wäre jedoch, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, weder mit Art. 6 GG (vgl. BVerfG, B.v. 18.04.1989 – 2 BvR 1169/84 – NJW 1989, 2195; BVerfG (K), B.v. 01.03.2004 – 2 BvR 1570/03 – NVwZ 2004, 852) noch mit Art. 8 Abs. 1 EMRK (vgl. EGMR, U.v. 17.04.2002 – 52853/99 - NJW 2004, 2147, der implizit eine Trennung von erwachsenen Kindern von Eltern und Geschwistern im Grundsatz nicht für problematisch erachtet und den festgestellten Konventionsverstoß allein aus der fehlenden Befristung der Ausweisung herleitete) unvereinbar.
41 
Ob im Übrigen eine Fallkonstellation des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegeben ist, in der eine Aufenthaltsbeendigung eines in Deutschland lebenden Ausländers in das Land seiner Herkunft einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben darstellen würde, hängt immer von zwei kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen ab. Zum einen von seiner Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse („Verwurzelung“) und zum anderen von der Zumutbarkeit einer (erstmaligen) Integration bzw. Reintegration in dem Staat seiner Staatsangehörigkeit („Entwurzelung“).
42 
Für die Integration des Ausländers in Deutschland streitende Gesichtspunkte sind dabei neben einer langjährigen Dauer des Aufenthalts: In Abhängigkeit vom jeweiligen Bildungsstand gute deutsche mündliche und schriftliche Sprachkenntnisse; soziale Eingebundenheit in die hiesigen Lebensverhältnisse, wie sie etwa in der Absolvierung einer allgemeinbildenden Schule und einer (qualifizierten) Berufsausbildung bzw. der Innehabung eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes, in einem festen Wohnsitz, ausreichenden Mitteln (einschließlich ausreichendem Krankenversicherungsschutz), um den Lebensunterhalt ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten zu können, sowie fehlender Straffälligkeit zum Ausdruck kommt. Vorsätzliche Straftaten werden hier, von Bagatelldelikten (wie etwa vereinzelt gebliebene Beförderungserschleichungen oder Ladendiebstählen) abgesehen, regelmäßig entgegenstehen. Von Bedeutung kann hier auch die Feststellung sein, dass die Betreffenden über vielfältige und vielschichtige Beziehungen zu Menschen außerhalb ihrer eigenen landsmannschaftlich geprägten Gruppe verfügen.
43 
In diesem Zusammenhang ist weiter die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts zu würdigen. Denn ein unerlaubter Aufenthalt und die damit verbundene Unsicherheit des Aufenthaltsstatus stehen der Führung eines schutzwürdigen Privatlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK tendenziell entgegen, weil im Grundsatz die Betroffenen angesichts einer ausdrücklichen Verweigerung der Legalisierung durch den Aufenthaltsstaat nicht darauf vertrauen durften, dass dieser den Aufenthalt letztlich doch hinnehmen werde (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., B.v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 - juris; U.v. 18.01.2006 - 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; vgl. auch EGMR, U. v. 30.01.2006 - 50435/99 - - InfAuslR 2006, 298).
44 
Was die wirtschaftliche Integration betrifft, ist es nicht erforderlich, dass etwa eine besonders qualifizierte Berufstätigkeit ausgeübt wird, sofern der Arbeitsplatz ungekündigt ist und prognostisch gesehen weiter bestehen bleiben wird, was insbesondere dann angenommen werden kann, wenn der Betroffene den Arbeitsplatz schon lange innehat. Der Umstand, dass in der Vergangenheit Sozialleistungen bezogen wurden (insbesondere während eines durchlaufenden Asylverfahrens), ist unerheblich, wenn davon ausgegangen werden kann, dass diese Lebensphase zuverlässig und dauerhaft überwunden wurde.
45 
Dabei ist es erforderlich, dass die Betroffenen, sofern kein nennenswertes Vermögen vorliegt, nunmehr regelmäßig Einnahmen erzielen, die vom Umfang und der Stetigkeit ihres Zuflusses zuverlässig über den Regelsätzen nach dem SGB II oder XII zuzüglich den Kosten für die Unterkunft liegen und nicht etwa ständig um diese Grenze oszillieren. Zur Vermeidung von Missverständnissen ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es hier in erster Linie nicht um die Anwendung des Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG geht, von der im Übrigen nach § 5 Abs. 3 AufenthG sogar im Ermessenswege abgesehen werden könnte, sondern vielmehr um die positive Feststellung einer unerlässlichen Integrations- bzw. Verwurzelungsvoraussetzung. Ausländer, die nicht nur vorübergehend in einer prekären wirtschaftlichen Situation leben, mögen sich zwar angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse namentlich auf dem Arbeitsmarkt in einer mit vielen deutschen Staatsangehörigen vergleichbaren Situation befinden, vom Aufbau einer wirtschaftlich tragfähigen selbstständigen Existenzgrundlage, die aufzugeben dem Ausländer nicht als verhältnismäßig und zumutbar angesonnen werden darf, kann jedoch bei dieser Sachlage nicht die Rede sein. Lagen die Einkünfte in der Vergangenheit – nicht nur ganz kurzfristig - unter dieser Grenze, ohne dass aber gesetzlich zustehende Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden, so steht dies möglicherweise dann nicht entgegen, wenn aufgrund einer sorgfältigen durch tragfähige Fakten getragenen Prognose zuverlässig vorhergesagt werden kann, dass – wegen der mit dem Wechsel vom Duldungsstatus in den des erlaubten Aufenthalts verbundenen Veränderungen – eine Verbesserung der Einkommensverhältnisse zu erwarten ist. Es muss dann aber gewissermaßen ein Fall gegeben sein, in dem – etwa mit Rücksicht auf Bildung, Ausbildung sowie die darauf gründenden konkreten Erfahrungen bei der erfolglosen Stellensuche – eine wirtschaftliche Integration bereits im Kern angelegt ist und sich lediglich wegen des bisherigen Duldungsstatus nicht entfalten konnte. All dies dürfte allerdings oftmals nicht nur wegen der aktuell weiterhin hohen Arbeitslosigkeit, sondern auch im Hinblick auf das Nachrangprinzip des § 39 Abs. 2 S. 1 lit. b AufenthG nur schwer darzulegen und nachzuweisen sein. Ob eine solche Ausnahme zu machen ist, kann aber hier letztlich offen bleiben, weil, wie noch auszuführen sein wird, diese Voraussetzungen hier nicht gegeben sind. Der Einwand, man habe in der Vergangenheit tatsächlich ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen leben können, vermag die Feststellung einer unzureichenden wirtschaftlichen Integration nicht in Frage zu stellen, zumal jederzeit Ansprüche geltend gemacht werden könnten, was im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht von vornherein von geringem Gewicht ist (vgl. zum Bezug von Leistungen nach § 8 Abs. 2 BAföG VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 – InfAuslR 2006, 409). Hinzu kommt, dass bei einem Erwerbseinkommen unterhalb der vorgenannten Grenzen, auch wenn keine Sozialleistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden, mit guten Gründen damit gerechnet werden muss, dass die Betroffenen später auch bei einer kleineren Bedarfsgemeinschaft eine so geringe Altersrente beziehen werden, dass dann ein Bezug von Sozialleistungen unausweichlich sein wird. Auch hieraus wird deutlich, dass bei einer solchen Sachlage eine ausreichende wirtschaftliche Integration nicht besteht.
46 
Was die Unzumutbarkeit eines Wiedereinlebens in die Verhältnisse des Herkunftslandes oder im praktisch sehr häufigen Fall eines erstmaligen Einlebens in diese Verhältnisse betrifft, darf diese allerdings wohl nicht vorschnell schon mit dem Argument verneint werden, dass bei hier geborenen oder den wesentlichen Teil des Lebens hier aufgewachsenen Kindern noch ausreichende mündliche Sprachkenntnisse vorhanden seien (vgl. etwa VGHBW, U.v. 18.01.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; HessVGH, U.v. 07.07.2006 – 7 UE 509/06 - juris). Mit einer weitgehenden Reduzierung der Fragestellung auf diesen Aspekt wird die Problematik einer Rückkehr nur unzureichend erfasst und bewältigt. Denn oftmals bestehen Sprachkenntnisse zwar schon deshalb, weil gerade die Eltern eher über weniger gute Deutschkenntnisse verfügen und daher bei realistischer Betrachtungsweise in der Familie weitgehend die Muttersprache gesprochen wurde, auch wenn die Kinder mittlerweile perfekt oder gut deutsch sprechen. Bei genauerer Betrachtung wird sich aber häufig schnell ergeben, dass zwar durchaus noch gute oder wenigstens befriedigende mündliche Sprachkenntnisse bestehen, es aber bei der schriftlichen Ausdrucksfähigkeit – in nachvollziehbarer Ermangelung einer diesbezüglichen Praxis - erhebliche Defizite gibt oder die Schriftsprache gar nicht mehr richtig beherrscht wird, wenn insbesondere noch hinzukommt, dass in der Muttersprache keine lateinischen Schriftzeichen verwendet werden. Gerade aber auch die schriftliche Artikulationsfähigkeit muss als ein wesentliches Integrationselement verstanden und angemessen gewürdigt werden. Daher muss im Einzelfall eine Unzumutbarkeit der Rückkehr bei lediglich festgestellter mündlicher Ausdrucksfähigkeit ernsthaft in Betracht gezogen werde, wenn nicht andere gewichtige Gesichtspunkte und öffentliche Interessen entgegen stehen.
47 
Minderjährige Kinder bedürfen aufgrund ihrer besonderen familien- und auch aufenthalts- und familienrechtlichen Stellung einer gesonderten Betrachtung (vgl. hierzu schon oben). Hier ist immer die Situation der Eltern mit in den Blick zu nehmen und zu berücksichtigen, dass Kinder, solange sie nicht volljährig sind, nicht nur regelmäßig deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilen, sondern darüber hinaus – auch zur Vermeidung einer Unverhältnismäßigkeit der Rückkehr - auf deren familien- und sorgerechtlich zu erbringende Erziehungs- und Hilfeleistungen bei den im Falle der Rückkehr erforderlichen Integrationsbemühungen verwiesen werden dürfen. Gerade in diesen Fällen sind, wenn bei den Eltern der gebotene Integrationsstand nicht erreicht ist bzw. ihnen die Rückkehr ohne weiteres zumutbar ist, erhebliche, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung regelmäßig überwiegende und durchschlagende einwanderungspolitische Interessen berührt, wenn gewissermaßen in umgekehrter Richtung das minderjährige Kind mittelbar seinen nicht oder – wie sehr häufig - nur unzulänglich integrierten Eltern ein Aufenthaltsrecht verschaffen würde mit der Folge, dass im Ergebnis die Eltern das aufenthaltsrechtliche Schicksal des Kindes teilen würden (vgl. zu alledem VGH Baden-Württemberg, B.v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 – juris; a.A. VG Stuttgart, U.v. 24.06.2004 – 11 K 4809/03 – InfAuslR 2005, 106; U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – InfAuslR 2006, 14, das explizit eine gemeinsame Betrachtung ablehnt). Deshalb kann nur in ganz besonderen Ausnahmefällen auch in diesen Fallkonstellationen von einem unverhältnismäßigen Eingriff ausgegangen werden, wenn etwa offenkundig kein Elternteil die erforderliche Unterstützung im Herkunftsland leisten kann (vgl. VG Stuttgart, U.v. 20.7.2006 – 4 K 921/06 – InfAuslR 2006, 409). Zur Klarstellung ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Erfordernis der einheitlichen Betrachtung von Eltern und minderjährigen Kindern weniger auf das Element der Integration in die Lebensverhältnisse des Aufenthaltsstaats abzielt, als vielmehr auf die Zumutbarkeit einer Rückkehr in das Herkunftsland. Denn in der Mehrzahl der praktisch relevanten Fälle kann realistischerweise von einer nicht gelungenen Integration der Eltern nicht auf eine ebenfalls nicht erfolgte Integration der Kinder geschlossen werden. Eine gemeinsame Betrachtung ist auch deshalb geboten, weil andernfalls der Aspekt der wirtschaftlichen Integration nicht umfassend und zutreffend gewürdigt werden würde. Denn in der Regel werden die minderjährigen Kinder wirtschaftlich nicht auf eigenen Beinen stehen, namentlich wenn sie noch in einer Ausbildung stehen. Es wäre auch nicht sachgerecht, letztlich den (unzulänglich integrierten) Eltern über die jedenfalls unter dem wirtschaftlichen Aspekt in keiner Weise integrierten minderjährigen Kindern mittelbar ein Aufenthaltsrecht zuzuerkennen, weil sie für den Unterhalt der Kinder aufkommen müssen (vgl. hierzu auch VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 – a.a.O.).
48 
2. Gemessen hieran stellt die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnisse jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff in das Privatleben der Kläger im Sinne des Art. 8 EMRK dar.
49 
Die Kläger können sich nicht darauf berufen, dass sie sich inzwischen seit 1987 bzw. 1988, 1990 und 1996 faktisch im Bundesgebiet aufhalten und ihnen deshalb eine Rückkehr in die Türkei unzumutbar wäre.
50 
Bei den Klägern Ziffer 1 und 2 liegt dies schon allein deshalb auf der Hand, weil sie als Erwachsene in das Bundesgebiet eingereist sind, weshalb auch nach 19 Jahren mit einer Rückkehr ihnen nichts Unzumutbares abverlangt wird.
51 
Im Übrigen steht bei allen Klägern der Annahme einer Unzumutbarkeit der Rückkehr entgegen, dass es ihnen spätestens seit dem 23.06.1992 und zu einer Zeit, zu der sie sich (maximal) fünf Jahre in der Bundesrepublik aufhielten, möglich und auch zumutbar war, wieder freiwillig in die Türkei zurückzukehren. Denn mit Beschluss vom 22.06.1992 hatte der VGH Baden-Württemberg im ersten Asylverfahren den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des VG Stuttgart vom 29.11.1990 abgelehnt. In der Folgezeit hatten die Kläger durch bis zu vier Folge- und Wiederaufgreifensanträge, zwei Petitionen sowie einen Härtefallantrag, die erkennbar keine Aussichten auf Erfolg haben konnten, ihre zeitnahe Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert bzw. vereitelt. Hinsichtlich des ersten Folgeantrags vom 24.07.1992 hatte das VG Stuttgart im Urteil vom 25.10.1996 zweifelsfrei bereits das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 VwVfG verneint (vgl. zur Qualifizierung dieses Antrags als Folgeantrag VGHBW, U.v. 29.08.2001 - 13 S 1616/00 - UA S. 10). Das Gleiche gilt für den zweiten Folgeantrag vom 09.05.1997 (vgl. VG Stuttgart, U.v. 12.02.1999, in dem die Aussage des vernommenen Zeugen zudem als bloße und leicht durchschaubare Gefälligkeitsaussage gewertet wurde). Bezüglich des dritten Folgeantrags vom 19.12.2001 hatte das VG Stuttgart im Urteil vom 30.09.2003 zwar letztlich wohl doch offen gelassen, ob die Voraussetzungen des § 51 VwVfG vorgelegen hatten, die Klage hatte jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil die Aussagen der beiden Zeugen als in jeder Hinsicht vollständig unglaubhaft gewürdigt worden waren. Der letzte Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens (beschränkt auf die Voraussetzungen des § 53 AuslG 1990 bzw. § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) wurde durch Bescheid des BAMF vom 22.12.2005 abgelehnt, weil die geltend gemachten Gründe bereits Gegenstand des Urteils vom 30.09.2003 gewesen waren. Im Übrigen wurden die insoweit zum VG Stuttgart erhobenen Klagen auch zurückgenommen. Vor diesem Hintergrund müssen auch die beiden erfolglosen Petitionen vom September 2003 und Dezember 2005 gesehen werden, die nur in der Weise bewertet werden können, dass hier weitere - vorhersehbar - erfolglose Versuche unternommen wurden, um eine Aufenthaltsbeendigung zu verhindern. Hinsichtlich des Härtefallantrags gilt nichts anderes. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass hier auch die Kläger Ziffer 3 und 4 eigenständig zu einem Zeitpunkt selbst aktiv wurden, als sie bereits volljährig geworden waren. Daher erweist sich schon aus diesen Gründen das Ansinnen, in die Türkei zurückzukehren, nicht als unverhältnismäßig. Dies gilt selbst dann, wenn man das von den Klägern nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils des VG Stuttgart vom 12.02.1999 am 30.06.1999 bis zur Stellung des nächsten Folgeantrags am 19.12.2001 betriebene aufenthaltsrechtliche Verfahren ihnen nicht zum Nachteil gereichen lässt. Denn nach der dargestellten Vorgeschichte konnten sie jedenfalls, nachdem sie von dem – im Übrigen überzeugend begründeten – Berufungsurteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 31.03.2003 erfahren hatten, nicht darauf vertrauen, ihr Aufenthalt könne noch legalisiert und eine Ausreise bzw. Abschiebung vermieden werden. Gleichwohl haben sie das dritte erkennbar aussichtlose Folgeverfahren weiter betrieben und unmittelbar danach noch eine Petition nachgeschoben.
52 
Folgt bereits hieraus, dass den Klägern eine Rückkehr in ihr Herkunftsland nicht unzumutbar ist, so gilt dies umso mehr, als die Kläger Ziffer 1, 2 und 4 bis 7 auch über kein eigenständiges Einkommen verfügen, das nach den maßgeblichen oben dargestellten Grundsätzen die Annahme rechtfertigt, dass sie in die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ausreichend integriert sind. Bei einem Nettoeinkommen des Klägers Ziffer 1 zwischen 929,64 und 1263,06 EUR monatlich und einem Kindergeldanspruch in Höhe von 462,- EUR sind die Kläger Ziffer 1, 2 und 4 bis 7 unter Berücksichtigung der Kosten für die Unterkunft in Höhe von 628,- EUR zwingend auf laufende Unterstützungsleistungen des Klägers Ziffer 3 in Höhe von 500,- bis 650 EUR monatlich angewiesen. Vermindert man die Kosten der Unterkunft, in der auch der Kläger Ziffer 3 wohnt, um dessen Anteil von 1/7 (d.h. etwa 90,- EUR) auf 538,- EUR, so beläuft sich sozialhilferechtliche Bedarf auf 2.194,-EUR und wird damit nicht einmal bei einer maximalen Unterstützungsleistung in Höhe von 650,- EUR durch den Kläger Ziffer 3 gedeckt. Abgesehen davon kann diese Unterstützungsleistung auch nicht als dauerhaft unterstellt werden, da der Kläger Ziffer 3 diese nur dann wird leisten können, wenn er in der Zukunft nicht selbst Unterhaltsleistungen gegenüber Angehörigen einer eventuell gegründeten eigenen Familie zu erbringen hat. Selbst wenn man den vom Kläger Ziffer 5 seit August diesen Jahres aus einer lediglich befristeten geringfügigen Beschäftigung in Höhe von monatlich 304,06 EUR erzielten Verdienst hinzunimmt, wäre der Bedarf nur bei Berücksichtigung von Unterstützungsleistungen (allerdings dann in geringerer Höhe) des Klägers Ziffer 3 gedeckt. Dass sich infolge der Verbesserung des aufenthaltsrechtlichen Status an den Einkommensverhältnissen des Klägers Ziffer 1 etwa Entscheidendes ändern könnte, ist - nicht zuletzt im Hinblick auf dessen Ausbildung, Alter und gesundheitliche Situation (vgl. zu Letzterem das Vorbringen im letzten Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens) - nicht ersichtlich. Zwar wurde im Übrigen vorgetragen, dass die Klägerin Ziffer 4 einen Ausbildungsplatz erhalten könne. Die Realisierung ihres Ausbildungswunsches und eine damit einher gehende Zunahme des Familieneinkommens setzte aber unabdingbar voraus, dass die erforderliche Zustimmung durch die Arbeitsverwaltung nicht am Nachrangprinzip des § 39 Abs. 2 S. 1 lit. b AufenthG scheitert (vgl. auch Art. 7 S. 1 1. Spiegelstrich ARB 1/80, der mit einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers Ziffer 1 grundsätzlich anwendbar wäre), was aber in Anbetracht der äußerst angespannten Lage auf dem Lehrstellenmarkt nicht von der Hand zu weisen ist. Aus alledem wird deutlich, dass aktuell und auch auf absehbare Zeit die dauerhafte Erzielung eines Einkommens, das zuverlässig über dem sozialhilferechtlichen Bedarf liegt, nicht gewährleistet ist. Nichts anderes gilt für den Kläger Ziffer 5, dem seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung zufolge sein Arbeitgeber für den Fall einer Legalisierung des Aufenthalts eine weitergehende Beschäftigung, allerdings auch nur in Teilzeit, in Aussicht gestellt haben soll.
53 
Was die Situation der Klägerin Ziffer 4 im Übrigen betrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, das nach den vorliegenden polizeilichen Ermittlungsberichten nichts dafür spricht, dass der von ihr unternommene Suizidversuch im Wesentlichen durch den Abschiebungsversuch vom 07.08.2003 verursacht worden sein könnte, wobei dahin stehen kann, ob dieser Frage im vorliegenden Kontext überhaupt rechtliche Relevanz zukäme. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Aussage der Klägerin Ziffer 2 gegenüber der Kriminalaußenstelle Kirchheim vom 11.08.2003, in der sie unmissverständlich auf bereits länger währende innerfamiliäre Konflikte hingewiesen hatte. Im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass im Falle einer ärztlichen Betreuung die Abschiebung nicht in einer Weise gestaltet werden könnte, dass etwaigen, im Übrigen für den heutigen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch nicht einmal ansatzweise plausibel gemachten Risiken, hinreichend zuverlässig begegnet werden kann.
54 
Vor diesem Hintergrund kommt es auf das Ausmaß der bei den Klägern Ziffer 3 bis 7 vorhandene Sprachkompetenz im Einzelnen nicht mehr an. Denn es zumindest davon auszugehen, dass sie sich mündlich in jeder Hinsicht ausreichend in der türkischen Sprache ausdrücken können. Selbst wenn die schriftliche Ausdrucksfähigkeit unvollkommen sein oder gar fehlen sollte, vermag dieser Umstand die vorgenannten Defizite nicht aufzuwiegen.
55 
Den minderjährigen Klägern Ziffer 6 und 7 ist unabhängig von dem Vorgesagten nach den dargelegten Grundsätzen die Rückkehr mit ihren Eltern zuzumuten.
56 
Soweit die Kläger erneut zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote geltend machen, steht deren Berücksichtigung schon die aus den §§ 4 und 42 AsylVfG folgende Bindungswirkung der Entscheidungen des BAMF bzw. der angerufenen Gerichte entgegen, in denen diese Gründe im Übrigen bereits geprüft worden waren.
57 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 159 S. 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.

Gründe

 
24 
Die zulässigen Klagen sind nicht begründet. Der Beklagte hat zu Recht die Anträge der Kläger abgelehnt. Sie haben keinen Anspruch auf Erteilung der von ihnen begehrten Aufenthaltserlaubnisse.
25 
Allein in Betracht zu ziehende Rechtsgrundlage für die Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnisse ist vorliegend § 25 Abs. 5 AufenthG. Hiernach kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist, sofern der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. § 25 Abs. 3 AufenthG scheidet schon deshalb aus, weil im Verhältnis zur Ausländerbehörde sowie zum Gericht infolge der negativen Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gem. § 42 AsylVfG bindend feststeht, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (vgl. zum Verständnis des § 60 Abs. 5 AufenthG bzw. des § 53 Abs. 4 AuslG 1990 allein als zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot bzw. –hindernis BVerwG, U.v. 15.04.1997 – 9 C 38.96 – NVwZ 1997, 1127; U.v. 02.09.1997 – 9 C 40.96 – NVwZ 1998, 311). Nichts anderes gilt in Bezug auf die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (vgl. § 4 AsylVfG).
26 
Die Verweigerung eines Aufenthaltstitels durch den Beklagten steht nicht in Widerspruch zu Art. 8 EMRK, weshalb den Klägern eine Rückkehr in ihr Heimatland nicht unmöglich oder aus Rechtsgründen unzumutbar ist (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 27.6.2006 – 1 C 14.05 – juris).
27 
1. a) Im Ausgangspunkt ist zunächst festzuhalten, dass nach der ständigen Spruchpraxis des EGMR aus Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch nicht für Familien) grundsätzlich kein irgendwie geartetes Recht abgeleitet werden kann, dass Ausländer oder Ausländerinnen sich einen Aufenthaltsort in einem Konventionsstaat frei wählen. Vielmehr ist den Konventionsstaaten ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, ob und unter welchen Voraussetzungen sie Einwanderung in ihr Hoheitsgebiet zulassen wollen. Namentlich in seinen Entscheidungen vom 16.09.2004 (11103/03 - - NVwZ 2005, 1046) und vom 07.10.2004 (33743/03 - - NVwZ 2005, 1043 ) hat der EGMR ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden (vgl. zu alledem auch BVerwG, U.v. 9.12.1997 – 1 C 19.96 – NVwZ 1998, 742; U.v. 29.9.1998 – 1 C 8.98 – NVwZ 1999, 303; VGHBW, U.v. 18.1.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; B.v. 10.5.2006 – 11 2345/05 – juris; HessVGH, B.v 15.2.2006 – 7 TG 106/06 – InfAuslR 2006, 217; U.v. 7,7,2006 – 7 UE 509/06 – juris; NdsOVG, B.v. 11.5.2006 – 12 ME 138/06 - InfAuslR 2006, 329; B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 – juris; OVG NW, B.v. 11.1.2006 – 18 B 44/06 – AuAS 2006, 144 Ls.). Dessen ungeachtet kann nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. Urt. v. 16.6.2005 - 60654/00 - - InfAuslR 2005, 349) ausnahmsweise auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben darstellen, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kommt danach für solche Ausländer in Betracht, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie gewissermaßen deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind, während sie mit ihrem Heimatland im Wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.9.1998 - 1 C 8.96 - NVwZ 1999, 303; VGH Bad.-Württ., Urt. v.18.1.2006 - a.a.O. mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
28 
b) In diesem Zusammenhang ist zunächst bereits grundsätzlich umstritten, ob der Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK unter dem Aspekt des Privatlebens überhaupt nur dann eröffnet ist, wenn der Aufenthaltsstaat den Aufenthalt (durch Erteilung eines Titels) positiv ermöglicht (so etwa NdsOVG, B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 – juris; HessVGH, U.v. 7.7.2006 – 7 UE 509/06 – juris) und nicht nur (etwa durch Duldung oder aufgrund gesetzlicher Gestattung als Asylbewerber) ohne sein Zutun faktisch hingenommen hatte bzw. sogar hinnehmen musste. Ein völlig klares Bild lässt sich aus der sehr einzelfallbezogenen Spruchpraxis des EGMR hierzu nicht gewinnen (vgl. auch VGHBW, U.v. 18.1.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142 und letztlich offen gelassen). Auch wenn dieser erst jüngst in seinem Urteil vom 30.1.2006 (50435/99 - - InfAuslR 2006, 298) “daran erinnert, dass Personen, die, ohne den geltenden Gesetzen zu entsprechen, die Behörden eines Vertragsstaates mit ihrer Anwesenheit in diesem Staat konfrontieren, im Allgemeinen nicht erwarten können, dass ihnen ein Aufenthaltsrecht zugesprochen wird,“ so stellte es nach Überzeugung der Kammer eine Überinterpretation dar, hieraus den zwingenden Schluss zu ziehen, schon der Schutzbereich sei im Falle der nicht erfolgten ausdrücklichen Legalisierung von vornherein nicht eröffnet. Ein solches Verständnis ist angesichts der Schranke des Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht erforderlich und sinnvoll. Es stünde zudem einem einzelfallbezogenen gerechten Interessenausgleich oftmals entgegen und wäre auch im Einzelfall geeignet, die Wirksamkeit des konventionsrechtlichen Schutzes zu schmälern (so auch Hoppe, ZAR 2006, 125; Benassi, InfAuslR 2006, 397). Zudem würde eine vorschnelle Ausgrenzung aus dem Schutzbereich die Möglichkeit verbauen, den Fallkonstellationen angemessen Rechnung tragen zu können, in denen die Ausländerbehörde in der Vergangenheit über Jahre hin nur Duldungen erteilt hatte, obwohl im Grunde realistischerweise keine Abschiebungs- und Ausreisemöglichkeiten bestanden und daher eigentlich Aufenthaltstitel hätten erteilt werden müssen. Es ist nicht ersichtlich, dass etwa auch für solche Fälle der Schutzbereich des Art. 8 Abs. EMRK von vornherein nicht eröffnet sein sollte. Allerdings ist der in diesem Zusammenhang teilweise erfolgte Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 16.06.2005 (60654/00 - - InfAuslR 2005, 349), wonach dieser explizit keine willentliche Legalisierung verlange (so etwa Benassi, InfAuslR 2006, 397), nicht überzeugend, weil die dortigen Beschwerdeführer jahrelang rechtmäßig in der früheren Sowjetunion (im Gebiet des heutigen Lettland) und auch danach noch in Lettland selbst gelebt hatten und ihnen erst später z.T. als staatenlos gewordene russische Volkszugehörige ein Aufenthaltsrecht bestritten worden war, nachdem sie nach 1989 aber sogar noch zeitlich befristete Aufenthaltstitel erhalten hatten (vgl. etwa NdsOVG, B.v. 1.9.2006 – 8 LA 101/06 m.w.N.).
29 
Sachgerecht ist es nach Auffassung der Kammer allein, den Schutzbereich durchaus nicht zu eng zu fassen und die Frage der Legalisierung als Element der Schrankendiskussion zu verstehen. Um aber von einem Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK sprechen zu können, das im Aufenthaltsstaat stattfindet, müssen – bei aller Unschärfe - zumindest zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen muss – quantitativ betrachtet - ein langjähriger Aufenthalt vorliegen. Sodann müssen - unter dem qualitativen Aspekt - bestimmte Integrationsleistungen erbracht worden sein, die es rechtfertigen, im Rahmen der Schranken des Absatzes 2 überhaupt in eine umfassende Interessen- und Verhältnismäßigkeitsprüfung einzutreten und hier gewissermaßen eine Feinabstimmung vorzunehmen. Anders ausgedrückt: Der Schutzbereich ist dann nicht eröffnet, wenn es unter dem quantitativen und/oder qualitativen Aspekt auf der Hand liegt, dass phänotypisch nicht von einem „faktischen Inländer“ gesprochen werden kann und kein Anlass dafür besteht, überhaupt einzelfallbezogen der Frage nachzugehen, ob den Betroffenen eine Rückkehr in das Land ihrer Herkunft zugemutet werden kann.
30 
Eine solcher (negativer) Fall wird typischerweise in folgenden Fallkonstellationen anzunehmen sein:
31 
- Die Betroffenen halten sich erst so einen kurzen Zeitraum im Bundesgebiet auf, dass sich die Frage einer auf der Schrankenebene zu diskutierende Frage (vgl. im Folgenden) nach einer Wiedereingliederung in die Verhältnisse des Herkunftslandes von vornherein nicht stellt. Es spricht hier einiges dafür, sich in etwa an dem 8-Jahreszeitraum des § 10 StAG zu orientieren, der vom Gesetzgeber für das Entstehen eines Einbürgerungsanspruchs vorausgesetzt wird (vgl. Hoppe ZAR 2006, 125 <130>; Benassi InfAuslR 2006, 397 <402>).
32 
- Die Betroffenen haben während des langjährigen Aufenthalts keinerlei wirtschaftliche Existenzgrundlage aufbauen können und leben im Wesentlichen ununterbrochen und weitgehend vollständig von öffentlichen Unterstützungsleistungen.
33 
- Die Betroffenen haben keine nennenswerten Sprachkenntnisse erworben und haben demgemäß keinen nennenswerten engeren Bezug zu den Lebensverhältnissen des Landes.
34 
- Die Betroffenen sind durchgängig von Bagatellfällen abgesehen in erheblichem Umfang kriminell geworden (fahrlässige Tatbegehungen bedürfen hingegen der genauen Einzelfallbetrachtung).
35 
Demgegenüber kann nicht eingewandt werden, in der Spruchpraxis des Gerichtshofs seien die Gesichtspunkte der Straffälligkeit oder der Sicherung des Lebensunterhalt nicht als schutzbereichsschädlich verstanden worden (so aber etwa Schild ANA-ZAR 2006, 29). Denn dieses trifft nur auf die grundlegend andere Fallkonstellation zu, in der ein bereits legalisierter langjähriger Aufenthalt beendet werden soll, sei es mit dem Mittel der Ausweisung, sei es mit dem der Nichtverlängerung eines Aufenthaltstitels; ganz abgesehen davon, dass regelmäßig das Schutzgut „Familie“ berührt war und sich dort diese Fragen von vornherein erst auf der Ebene des Art. 8 Abs. 2 EMRK stellen können. Im vorliegenden Zusammenhang geht es hingegen zunächst um die positive Feststellung eines überhaupt schützenswerten Privatlebens.
36 
c) Den (vielfältigen und vielschichtigen) Gründen für die lange Aufenthaltsdauer ist – von Evidenzfällen wiederum abgesehen – daher erst im Rahmen der Schranke nachzugehen. Hier kommt dem Aspekt einer erfolgten (willentlichen) Legalisierung durch den Aufenthaltsstaat wesentliches Gewicht zu. Ist eine solche nicht erfolgt, muss im Rahmen einer umfassenden Abwägung eine genaue Bewertung der Gründe für den faktischen Aufenthalt erfolgen. Hier kann eine große Bandbreite von Ursachen gegeben sein. Diese kann reichen von einer langjährigen zurechenbaren Vereitelung (wenn nicht gar Sabotierung) einer Aufenthaltsbeendigung bei gleichzeitig möglicher freiwilligen Ausreise bis zu einem Dauerzustand einer unverschuldet unmöglichen Abschiebung wie freiwilligen Ausreise. Dazwischen sind differenzierte Fallgestaltungen denkbar, in denen vielleicht zu bestimmten Zeiten eine freiwillige Ausreise und auch eine Abschiebung möglich waren, die Ausländerbehörde eine solche Möglichkeit jedoch über lange Zeit nicht wahrgenommen hatte. Selbst wenn man davon ausgeht, dass im eigentlichen Sinn eine Abschiebungsmöglichkeit nicht verwirkt werden kann, da es sich nach § 58 Abs. 1 AufenthG um eine Rechtspflicht handelt (vgl. OVG NW, B.v. 25.05.2005 – 18 B 1967/04 – juris), kann in zugespitzten Fällen eine Aufenthaltsbeendigung hier jedoch gleichwohl unverhältnismäßig werden und damit Art. 8 Abs. 2 EMRK zuwider laufen.
37 
Ebenfalls erst auf der Schrankenebene ist zu prüfen, ob ein Wiedereinleben (bei Kindern oftmals eine erstmalige Integration) in die Verhältnisse des Herkunftslandes zumutbar ist. Es handelt sich – unter der Prämisse einer überhaupt erfolgten weitgehenden und fortgeschrittenen Integration in die Verhältnisse des Aufnahmestaats - hierbei um eine klassische Verhältnismäßigkeitsprüfung, in deren Rahmen eine differenzierte Abwägung der persönlichen Belange der Betroffenen mit den öffentlichen einwanderungspolitischen Interessen stattfinden kann und muss.
38 
d) Im Rahmen der Schranken ausfüllenden Abwägung ist in der Regel eine Verweigerung des weiteren Aufenthalts und einer erstmaligen Legalisierung verhältnismäßig und damit zulässig, wenn über Jahre hin eine an sich mögliche Aufenthaltsbeendigung immer wieder durch erkennbare aussichtlose Anträge an Behörden und Gerichte durchkreuzt wurden, sofern dieses zu einem Zeitpunkt geschah, zu dem gemessen an Art. 8 EMRK eine Aufenthaltsbeendigung noch zumutbar war. Dies wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn, wie in der Praxis sehr häufig, Folgeanträge gestellt wurden, die von Behörden und Gerichten als nicht als asylverfahrensrelevant (vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 95 ff.) behandelt wurden. Das Gleiche gilt für Petitionen, die unter realistischer Beurteilung der aktuellen praktizierten Ausländerpolitik im Land keinen Erfolg versprechen konnten. Nicht anders sind vorhersehbar aussichtlose Anträge nach § 23a AufenthG zu behandeln und zu beurteilen. Dabei können die Betroffenen in aller Regel nicht für sich ins Feld führen, dass es retrospektiv betrachtet in bestimmten Zwischenzeiträumen objektiv an sich möglich gewesen wäre, eine Abschiebung durchzuführen. Damit würde nicht genügend berücksichtigt, dass die Ausländerbehörden regelmäßig mit einer Vielzahl von Fällen befasst sind und auch aus Kapazitätsgründen zwangsläufig Schwerpunkte setzen müssen. Auch bliebe unbeachtet, dass mit jedem aussichtlosen Antrag, der jeweils in der Verantwortungssphäre der Betroffenen liegt, die Verfahren komplexer und unübersichtlicher werden können. In besonderen Ausnahmefällen mag eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein.
39 
Eine besondere Problematik besteht insoweit, als in der Mehrzahl der praktisch relevanten Fälle Eltern in der Vergangenheit in Ausübung ihres aus dem Recht der Personensorge fließenden Aufenthaltsbestimmungsrechts gehandelt haben. Es ist hier in Anbetracht der Tatsache, dass die minderjährigen Kinder sich nicht nur familienrechtlich alle Maßnahmen der Personensorge zurechnen lassen müssen, sondern auch grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen, nicht gerechtfertigt, den Kindern diese Maßnahmen im Regelfall nicht zuzurechnen (vgl. VGHBW, B.v. 10.05.2006 – 11 S 2354/05 – juris; VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 - InfAuslR 2006, 409; so aber wohl RhPfOVG, B.v. 24.02.2006 – 7 B 10020/06.OVG – InfAuslR 2006, 274; VG Stuttgart, U.v. 24.06.2004 – 11 K 4809/03 – InfAuslR 2005, 106; U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – InfAuslR 2006, 14), zumal ohnehin – gewissermaßen als Kehrseite - davon auszugehen ist, dass die minderjährigen Kinder mit ihren Eltern zurückkehren (müssen), sofern nicht den Eltern selbst die Rückkehr nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. hierzu noch im Folgenden). Entsprechende Überlegungen gelten, wenn die Eltern – auch zulasten ihrer Kinder – ihren Mitwirkungspflichten bei der Beschaffung von Identitäts- oder Passpapieren in zurechenbarer Art und Weise nicht nachgekommen sind. Die Tatsache, dass die Kinder ab dem 16. Lebensjahr gem. § 80 Abs. 1 verfahrenshandlungsfähig waren, ändert bis zum Eintritt der Volljährigkeit nichts an dieser Bewertung, da die Personensorge und damit das hieraus fließende Aufenthaltsbestimmungsrecht davon nicht berührt werden. Die Fälle des § 35 Abs. 1 S. 1 und § 37 AufenthG sind hier ersichtlich nicht einschlägig. § 35 Abs. 1 S. 1 AufenthG setzt als allein rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers gerade die vorangegangene durchgängige Legalisierung des Aufenthalts voraus. Auch die letztgenannte Vorschrift steht in einem völlig anderen rechtspolitischen Kontext und betrifft Rückkehrer, die regelmäßig vor ihrer Rückkehr bereits die Perspektive eines unbefristeten Aufenthaltsrechts hatten, und stellt eine Reaktion des Gesetzgebers auf die rechtspolitisch umstrittenen und zweifelhaften Aktionen der Rückkehrförderung in den 80-er Jahren im Gefolge des „Gesetzes zur Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern“ (v. 28.11.1983 – BGBl. I 1377) dar, mit der Härten und Unzuträglichkeiten gemildert werden sollten (vgl. zur Vorläufervorschrift des § 16 AuslG 1990 BT-Drucks. 11/6321, 59), weshalb aus ihr keine bestimmten Wertungen verallgemeinert werden können (so aber VG Stuttgart, U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – a.a.O.).
40 
Eine differenziertere Beurteilung ist hingegen bei volljährig gewordenen Kindern geboten. Denn diese nehmen nicht mehr an dem aufenthaltsrechtlichen Schicksal der Eltern teil, weil sie auch nicht mehr deren Personensorge unterliegen. Vor diesem Hintergrund kann und darf nach dem vorgegebenen rechtlichen Rahmen nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sie im Familienverbund in den Herkunftsstaat zurückkehren und dort in demselben leben werden. Haben die Kinder nach Erlangung der Volljährigkeit keine – ihnen dann eigenständig zuzurechnende – Versuche mehr unternommen eine Aufenthaltsbeendigung zu durchkreuzen bzw. zu verhindern, und ggf. nunmehr sogar an der Beseitigung von Abschiebungshindernissen mitzuwirken versucht, und löst sich infolge dessen der unmittelbare zeitliche und sachliche Zusammenhang zu den früheren Handlungen der Eltern, so stößt eine weitergehende Zurechnung des Verhaltens der Eltern angesichts ihrer erlangten rechtlichen Selbstständigkeit an die Grenzen der Verhältnismäßigkeit, sofern alle weiteren Integrationsvoraussetzungen erfüllt sind und auch eine Rückkehr in das Herkunftsland aus sonstigen Gründen nicht mehr zumutbar ist. Allerdings kann diese Sichtweise dann u.U. zu der Konsequenz führen, dass den Volljährigen ein Bleiberecht zukommt, während dies bei den Eltern und eventuell noch vorhandenen minderjährigen Geschwistern nicht der Fall ist (vgl. zu diesen noch im Folgenden). Eine hierdurch bewirkte Trennung der Familienmitglieder wäre jedoch, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, weder mit Art. 6 GG (vgl. BVerfG, B.v. 18.04.1989 – 2 BvR 1169/84 – NJW 1989, 2195; BVerfG (K), B.v. 01.03.2004 – 2 BvR 1570/03 – NVwZ 2004, 852) noch mit Art. 8 Abs. 1 EMRK (vgl. EGMR, U.v. 17.04.2002 – 52853/99 - NJW 2004, 2147, der implizit eine Trennung von erwachsenen Kindern von Eltern und Geschwistern im Grundsatz nicht für problematisch erachtet und den festgestellten Konventionsverstoß allein aus der fehlenden Befristung der Ausweisung herleitete) unvereinbar.
41 
Ob im Übrigen eine Fallkonstellation des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegeben ist, in der eine Aufenthaltsbeendigung eines in Deutschland lebenden Ausländers in das Land seiner Herkunft einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben darstellen würde, hängt immer von zwei kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen ab. Zum einen von seiner Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse („Verwurzelung“) und zum anderen von der Zumutbarkeit einer (erstmaligen) Integration bzw. Reintegration in dem Staat seiner Staatsangehörigkeit („Entwurzelung“).
42 
Für die Integration des Ausländers in Deutschland streitende Gesichtspunkte sind dabei neben einer langjährigen Dauer des Aufenthalts: In Abhängigkeit vom jeweiligen Bildungsstand gute deutsche mündliche und schriftliche Sprachkenntnisse; soziale Eingebundenheit in die hiesigen Lebensverhältnisse, wie sie etwa in der Absolvierung einer allgemeinbildenden Schule und einer (qualifizierten) Berufsausbildung bzw. der Innehabung eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes, in einem festen Wohnsitz, ausreichenden Mitteln (einschließlich ausreichendem Krankenversicherungsschutz), um den Lebensunterhalt ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten zu können, sowie fehlender Straffälligkeit zum Ausdruck kommt. Vorsätzliche Straftaten werden hier, von Bagatelldelikten (wie etwa vereinzelt gebliebene Beförderungserschleichungen oder Ladendiebstählen) abgesehen, regelmäßig entgegenstehen. Von Bedeutung kann hier auch die Feststellung sein, dass die Betreffenden über vielfältige und vielschichtige Beziehungen zu Menschen außerhalb ihrer eigenen landsmannschaftlich geprägten Gruppe verfügen.
43 
In diesem Zusammenhang ist weiter die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts zu würdigen. Denn ein unerlaubter Aufenthalt und die damit verbundene Unsicherheit des Aufenthaltsstatus stehen der Führung eines schutzwürdigen Privatlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK tendenziell entgegen, weil im Grundsatz die Betroffenen angesichts einer ausdrücklichen Verweigerung der Legalisierung durch den Aufenthaltsstaat nicht darauf vertrauen durften, dass dieser den Aufenthalt letztlich doch hinnehmen werde (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., B.v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 - juris; U.v. 18.01.2006 - 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; vgl. auch EGMR, U. v. 30.01.2006 - 50435/99 - - InfAuslR 2006, 298).
44 
Was die wirtschaftliche Integration betrifft, ist es nicht erforderlich, dass etwa eine besonders qualifizierte Berufstätigkeit ausgeübt wird, sofern der Arbeitsplatz ungekündigt ist und prognostisch gesehen weiter bestehen bleiben wird, was insbesondere dann angenommen werden kann, wenn der Betroffene den Arbeitsplatz schon lange innehat. Der Umstand, dass in der Vergangenheit Sozialleistungen bezogen wurden (insbesondere während eines durchlaufenden Asylverfahrens), ist unerheblich, wenn davon ausgegangen werden kann, dass diese Lebensphase zuverlässig und dauerhaft überwunden wurde.
45 
Dabei ist es erforderlich, dass die Betroffenen, sofern kein nennenswertes Vermögen vorliegt, nunmehr regelmäßig Einnahmen erzielen, die vom Umfang und der Stetigkeit ihres Zuflusses zuverlässig über den Regelsätzen nach dem SGB II oder XII zuzüglich den Kosten für die Unterkunft liegen und nicht etwa ständig um diese Grenze oszillieren. Zur Vermeidung von Missverständnissen ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es hier in erster Linie nicht um die Anwendung des Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG geht, von der im Übrigen nach § 5 Abs. 3 AufenthG sogar im Ermessenswege abgesehen werden könnte, sondern vielmehr um die positive Feststellung einer unerlässlichen Integrations- bzw. Verwurzelungsvoraussetzung. Ausländer, die nicht nur vorübergehend in einer prekären wirtschaftlichen Situation leben, mögen sich zwar angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse namentlich auf dem Arbeitsmarkt in einer mit vielen deutschen Staatsangehörigen vergleichbaren Situation befinden, vom Aufbau einer wirtschaftlich tragfähigen selbstständigen Existenzgrundlage, die aufzugeben dem Ausländer nicht als verhältnismäßig und zumutbar angesonnen werden darf, kann jedoch bei dieser Sachlage nicht die Rede sein. Lagen die Einkünfte in der Vergangenheit – nicht nur ganz kurzfristig - unter dieser Grenze, ohne dass aber gesetzlich zustehende Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden, so steht dies möglicherweise dann nicht entgegen, wenn aufgrund einer sorgfältigen durch tragfähige Fakten getragenen Prognose zuverlässig vorhergesagt werden kann, dass – wegen der mit dem Wechsel vom Duldungsstatus in den des erlaubten Aufenthalts verbundenen Veränderungen – eine Verbesserung der Einkommensverhältnisse zu erwarten ist. Es muss dann aber gewissermaßen ein Fall gegeben sein, in dem – etwa mit Rücksicht auf Bildung, Ausbildung sowie die darauf gründenden konkreten Erfahrungen bei der erfolglosen Stellensuche – eine wirtschaftliche Integration bereits im Kern angelegt ist und sich lediglich wegen des bisherigen Duldungsstatus nicht entfalten konnte. All dies dürfte allerdings oftmals nicht nur wegen der aktuell weiterhin hohen Arbeitslosigkeit, sondern auch im Hinblick auf das Nachrangprinzip des § 39 Abs. 2 S. 1 lit. b AufenthG nur schwer darzulegen und nachzuweisen sein. Ob eine solche Ausnahme zu machen ist, kann aber hier letztlich offen bleiben, weil, wie noch auszuführen sein wird, diese Voraussetzungen hier nicht gegeben sind. Der Einwand, man habe in der Vergangenheit tatsächlich ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen leben können, vermag die Feststellung einer unzureichenden wirtschaftlichen Integration nicht in Frage zu stellen, zumal jederzeit Ansprüche geltend gemacht werden könnten, was im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht von vornherein von geringem Gewicht ist (vgl. zum Bezug von Leistungen nach § 8 Abs. 2 BAföG VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 – InfAuslR 2006, 409). Hinzu kommt, dass bei einem Erwerbseinkommen unterhalb der vorgenannten Grenzen, auch wenn keine Sozialleistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden, mit guten Gründen damit gerechnet werden muss, dass die Betroffenen später auch bei einer kleineren Bedarfsgemeinschaft eine so geringe Altersrente beziehen werden, dass dann ein Bezug von Sozialleistungen unausweichlich sein wird. Auch hieraus wird deutlich, dass bei einer solchen Sachlage eine ausreichende wirtschaftliche Integration nicht besteht.
46 
Was die Unzumutbarkeit eines Wiedereinlebens in die Verhältnisse des Herkunftslandes oder im praktisch sehr häufigen Fall eines erstmaligen Einlebens in diese Verhältnisse betrifft, darf diese allerdings wohl nicht vorschnell schon mit dem Argument verneint werden, dass bei hier geborenen oder den wesentlichen Teil des Lebens hier aufgewachsenen Kindern noch ausreichende mündliche Sprachkenntnisse vorhanden seien (vgl. etwa VGHBW, U.v. 18.01.2006 – 13 S 2220/05 – ZAR 2006, 142; HessVGH, U.v. 07.07.2006 – 7 UE 509/06 - juris). Mit einer weitgehenden Reduzierung der Fragestellung auf diesen Aspekt wird die Problematik einer Rückkehr nur unzureichend erfasst und bewältigt. Denn oftmals bestehen Sprachkenntnisse zwar schon deshalb, weil gerade die Eltern eher über weniger gute Deutschkenntnisse verfügen und daher bei realistischer Betrachtungsweise in der Familie weitgehend die Muttersprache gesprochen wurde, auch wenn die Kinder mittlerweile perfekt oder gut deutsch sprechen. Bei genauerer Betrachtung wird sich aber häufig schnell ergeben, dass zwar durchaus noch gute oder wenigstens befriedigende mündliche Sprachkenntnisse bestehen, es aber bei der schriftlichen Ausdrucksfähigkeit – in nachvollziehbarer Ermangelung einer diesbezüglichen Praxis - erhebliche Defizite gibt oder die Schriftsprache gar nicht mehr richtig beherrscht wird, wenn insbesondere noch hinzukommt, dass in der Muttersprache keine lateinischen Schriftzeichen verwendet werden. Gerade aber auch die schriftliche Artikulationsfähigkeit muss als ein wesentliches Integrationselement verstanden und angemessen gewürdigt werden. Daher muss im Einzelfall eine Unzumutbarkeit der Rückkehr bei lediglich festgestellter mündlicher Ausdrucksfähigkeit ernsthaft in Betracht gezogen werde, wenn nicht andere gewichtige Gesichtspunkte und öffentliche Interessen entgegen stehen.
47 
Minderjährige Kinder bedürfen aufgrund ihrer besonderen familien- und auch aufenthalts- und familienrechtlichen Stellung einer gesonderten Betrachtung (vgl. hierzu schon oben). Hier ist immer die Situation der Eltern mit in den Blick zu nehmen und zu berücksichtigen, dass Kinder, solange sie nicht volljährig sind, nicht nur regelmäßig deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilen, sondern darüber hinaus – auch zur Vermeidung einer Unverhältnismäßigkeit der Rückkehr - auf deren familien- und sorgerechtlich zu erbringende Erziehungs- und Hilfeleistungen bei den im Falle der Rückkehr erforderlichen Integrationsbemühungen verwiesen werden dürfen. Gerade in diesen Fällen sind, wenn bei den Eltern der gebotene Integrationsstand nicht erreicht ist bzw. ihnen die Rückkehr ohne weiteres zumutbar ist, erhebliche, im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung regelmäßig überwiegende und durchschlagende einwanderungspolitische Interessen berührt, wenn gewissermaßen in umgekehrter Richtung das minderjährige Kind mittelbar seinen nicht oder – wie sehr häufig - nur unzulänglich integrierten Eltern ein Aufenthaltsrecht verschaffen würde mit der Folge, dass im Ergebnis die Eltern das aufenthaltsrechtliche Schicksal des Kindes teilen würden (vgl. zu alledem VGH Baden-Württemberg, B.v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 – juris; a.A. VG Stuttgart, U.v. 24.06.2004 – 11 K 4809/03 – InfAuslR 2005, 106; U.v. 11.10.2005 – 11 K 5363/03 – InfAuslR 2006, 14, das explizit eine gemeinsame Betrachtung ablehnt). Deshalb kann nur in ganz besonderen Ausnahmefällen auch in diesen Fallkonstellationen von einem unverhältnismäßigen Eingriff ausgegangen werden, wenn etwa offenkundig kein Elternteil die erforderliche Unterstützung im Herkunftsland leisten kann (vgl. VG Stuttgart, U.v. 20.7.2006 – 4 K 921/06 – InfAuslR 2006, 409). Zur Klarstellung ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Erfordernis der einheitlichen Betrachtung von Eltern und minderjährigen Kindern weniger auf das Element der Integration in die Lebensverhältnisse des Aufenthaltsstaats abzielt, als vielmehr auf die Zumutbarkeit einer Rückkehr in das Herkunftsland. Denn in der Mehrzahl der praktisch relevanten Fälle kann realistischerweise von einer nicht gelungenen Integration der Eltern nicht auf eine ebenfalls nicht erfolgte Integration der Kinder geschlossen werden. Eine gemeinsame Betrachtung ist auch deshalb geboten, weil andernfalls der Aspekt der wirtschaftlichen Integration nicht umfassend und zutreffend gewürdigt werden würde. Denn in der Regel werden die minderjährigen Kinder wirtschaftlich nicht auf eigenen Beinen stehen, namentlich wenn sie noch in einer Ausbildung stehen. Es wäre auch nicht sachgerecht, letztlich den (unzulänglich integrierten) Eltern über die jedenfalls unter dem wirtschaftlichen Aspekt in keiner Weise integrierten minderjährigen Kindern mittelbar ein Aufenthaltsrecht zuzuerkennen, weil sie für den Unterhalt der Kinder aufkommen müssen (vgl. hierzu auch VG Stuttgart, U.v. 20.07.2006 – 4 K 921/06 – a.a.O.).
48 
2. Gemessen hieran stellt die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnisse jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff in das Privatleben der Kläger im Sinne des Art. 8 EMRK dar.
49 
Die Kläger können sich nicht darauf berufen, dass sie sich inzwischen seit 1987 bzw. 1988, 1990 und 1996 faktisch im Bundesgebiet aufhalten und ihnen deshalb eine Rückkehr in die Türkei unzumutbar wäre.
50 
Bei den Klägern Ziffer 1 und 2 liegt dies schon allein deshalb auf der Hand, weil sie als Erwachsene in das Bundesgebiet eingereist sind, weshalb auch nach 19 Jahren mit einer Rückkehr ihnen nichts Unzumutbares abverlangt wird.
51 
Im Übrigen steht bei allen Klägern der Annahme einer Unzumutbarkeit der Rückkehr entgegen, dass es ihnen spätestens seit dem 23.06.1992 und zu einer Zeit, zu der sie sich (maximal) fünf Jahre in der Bundesrepublik aufhielten, möglich und auch zumutbar war, wieder freiwillig in die Türkei zurückzukehren. Denn mit Beschluss vom 22.06.1992 hatte der VGH Baden-Württemberg im ersten Asylverfahren den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des VG Stuttgart vom 29.11.1990 abgelehnt. In der Folgezeit hatten die Kläger durch bis zu vier Folge- und Wiederaufgreifensanträge, zwei Petitionen sowie einen Härtefallantrag, die erkennbar keine Aussichten auf Erfolg haben konnten, ihre zeitnahe Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert bzw. vereitelt. Hinsichtlich des ersten Folgeantrags vom 24.07.1992 hatte das VG Stuttgart im Urteil vom 25.10.1996 zweifelsfrei bereits das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 VwVfG verneint (vgl. zur Qualifizierung dieses Antrags als Folgeantrag VGHBW, U.v. 29.08.2001 - 13 S 1616/00 - UA S. 10). Das Gleiche gilt für den zweiten Folgeantrag vom 09.05.1997 (vgl. VG Stuttgart, U.v. 12.02.1999, in dem die Aussage des vernommenen Zeugen zudem als bloße und leicht durchschaubare Gefälligkeitsaussage gewertet wurde). Bezüglich des dritten Folgeantrags vom 19.12.2001 hatte das VG Stuttgart im Urteil vom 30.09.2003 zwar letztlich wohl doch offen gelassen, ob die Voraussetzungen des § 51 VwVfG vorgelegen hatten, die Klage hatte jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil die Aussagen der beiden Zeugen als in jeder Hinsicht vollständig unglaubhaft gewürdigt worden waren. Der letzte Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens (beschränkt auf die Voraussetzungen des § 53 AuslG 1990 bzw. § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG) wurde durch Bescheid des BAMF vom 22.12.2005 abgelehnt, weil die geltend gemachten Gründe bereits Gegenstand des Urteils vom 30.09.2003 gewesen waren. Im Übrigen wurden die insoweit zum VG Stuttgart erhobenen Klagen auch zurückgenommen. Vor diesem Hintergrund müssen auch die beiden erfolglosen Petitionen vom September 2003 und Dezember 2005 gesehen werden, die nur in der Weise bewertet werden können, dass hier weitere - vorhersehbar - erfolglose Versuche unternommen wurden, um eine Aufenthaltsbeendigung zu verhindern. Hinsichtlich des Härtefallantrags gilt nichts anderes. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass hier auch die Kläger Ziffer 3 und 4 eigenständig zu einem Zeitpunkt selbst aktiv wurden, als sie bereits volljährig geworden waren. Daher erweist sich schon aus diesen Gründen das Ansinnen, in die Türkei zurückzukehren, nicht als unverhältnismäßig. Dies gilt selbst dann, wenn man das von den Klägern nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils des VG Stuttgart vom 12.02.1999 am 30.06.1999 bis zur Stellung des nächsten Folgeantrags am 19.12.2001 betriebene aufenthaltsrechtliche Verfahren ihnen nicht zum Nachteil gereichen lässt. Denn nach der dargestellten Vorgeschichte konnten sie jedenfalls, nachdem sie von dem – im Übrigen überzeugend begründeten – Berufungsurteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 31.03.2003 erfahren hatten, nicht darauf vertrauen, ihr Aufenthalt könne noch legalisiert und eine Ausreise bzw. Abschiebung vermieden werden. Gleichwohl haben sie das dritte erkennbar aussichtlose Folgeverfahren weiter betrieben und unmittelbar danach noch eine Petition nachgeschoben.
52 
Folgt bereits hieraus, dass den Klägern eine Rückkehr in ihr Herkunftsland nicht unzumutbar ist, so gilt dies umso mehr, als die Kläger Ziffer 1, 2 und 4 bis 7 auch über kein eigenständiges Einkommen verfügen, das nach den maßgeblichen oben dargestellten Grundsätzen die Annahme rechtfertigt, dass sie in die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ausreichend integriert sind. Bei einem Nettoeinkommen des Klägers Ziffer 1 zwischen 929,64 und 1263,06 EUR monatlich und einem Kindergeldanspruch in Höhe von 462,- EUR sind die Kläger Ziffer 1, 2 und 4 bis 7 unter Berücksichtigung der Kosten für die Unterkunft in Höhe von 628,- EUR zwingend auf laufende Unterstützungsleistungen des Klägers Ziffer 3 in Höhe von 500,- bis 650 EUR monatlich angewiesen. Vermindert man die Kosten der Unterkunft, in der auch der Kläger Ziffer 3 wohnt, um dessen Anteil von 1/7 (d.h. etwa 90,- EUR) auf 538,- EUR, so beläuft sich sozialhilferechtliche Bedarf auf 2.194,-EUR und wird damit nicht einmal bei einer maximalen Unterstützungsleistung in Höhe von 650,- EUR durch den Kläger Ziffer 3 gedeckt. Abgesehen davon kann diese Unterstützungsleistung auch nicht als dauerhaft unterstellt werden, da der Kläger Ziffer 3 diese nur dann wird leisten können, wenn er in der Zukunft nicht selbst Unterhaltsleistungen gegenüber Angehörigen einer eventuell gegründeten eigenen Familie zu erbringen hat. Selbst wenn man den vom Kläger Ziffer 5 seit August diesen Jahres aus einer lediglich befristeten geringfügigen Beschäftigung in Höhe von monatlich 304,06 EUR erzielten Verdienst hinzunimmt, wäre der Bedarf nur bei Berücksichtigung von Unterstützungsleistungen (allerdings dann in geringerer Höhe) des Klägers Ziffer 3 gedeckt. Dass sich infolge der Verbesserung des aufenthaltsrechtlichen Status an den Einkommensverhältnissen des Klägers Ziffer 1 etwa Entscheidendes ändern könnte, ist - nicht zuletzt im Hinblick auf dessen Ausbildung, Alter und gesundheitliche Situation (vgl. zu Letzterem das Vorbringen im letzten Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens) - nicht ersichtlich. Zwar wurde im Übrigen vorgetragen, dass die Klägerin Ziffer 4 einen Ausbildungsplatz erhalten könne. Die Realisierung ihres Ausbildungswunsches und eine damit einher gehende Zunahme des Familieneinkommens setzte aber unabdingbar voraus, dass die erforderliche Zustimmung durch die Arbeitsverwaltung nicht am Nachrangprinzip des § 39 Abs. 2 S. 1 lit. b AufenthG scheitert (vgl. auch Art. 7 S. 1 1. Spiegelstrich ARB 1/80, der mit einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers Ziffer 1 grundsätzlich anwendbar wäre), was aber in Anbetracht der äußerst angespannten Lage auf dem Lehrstellenmarkt nicht von der Hand zu weisen ist. Aus alledem wird deutlich, dass aktuell und auch auf absehbare Zeit die dauerhafte Erzielung eines Einkommens, das zuverlässig über dem sozialhilferechtlichen Bedarf liegt, nicht gewährleistet ist. Nichts anderes gilt für den Kläger Ziffer 5, dem seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung zufolge sein Arbeitgeber für den Fall einer Legalisierung des Aufenthalts eine weitergehende Beschäftigung, allerdings auch nur in Teilzeit, in Aussicht gestellt haben soll.
53 
Was die Situation der Klägerin Ziffer 4 im Übrigen betrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, das nach den vorliegenden polizeilichen Ermittlungsberichten nichts dafür spricht, dass der von ihr unternommene Suizidversuch im Wesentlichen durch den Abschiebungsversuch vom 07.08.2003 verursacht worden sein könnte, wobei dahin stehen kann, ob dieser Frage im vorliegenden Kontext überhaupt rechtliche Relevanz zukäme. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Aussage der Klägerin Ziffer 2 gegenüber der Kriminalaußenstelle Kirchheim vom 11.08.2003, in der sie unmissverständlich auf bereits länger währende innerfamiliäre Konflikte hingewiesen hatte. Im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass im Falle einer ärztlichen Betreuung die Abschiebung nicht in einer Weise gestaltet werden könnte, dass etwaigen, im Übrigen für den heutigen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch nicht einmal ansatzweise plausibel gemachten Risiken, hinreichend zuverlässig begegnet werden kann.
54 
Vor diesem Hintergrund kommt es auf das Ausmaß der bei den Klägern Ziffer 3 bis 7 vorhandene Sprachkompetenz im Einzelnen nicht mehr an. Denn es zumindest davon auszugehen, dass sie sich mündlich in jeder Hinsicht ausreichend in der türkischen Sprache ausdrücken können. Selbst wenn die schriftliche Ausdrucksfähigkeit unvollkommen sein oder gar fehlen sollte, vermag dieser Umstand die vorgenannten Defizite nicht aufzuwiegen.
55 
Den minderjährigen Klägern Ziffer 6 und 7 ist unabhängig von dem Vorgesagten nach den dargelegten Grundsätzen die Rückkehr mit ihren Eltern zuzumuten.
56 
Soweit die Kläger erneut zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote geltend machen, steht deren Berücksichtigung schon die aus den §§ 4 und 42 AsylVfG folgende Bindungswirkung der Entscheidungen des BAMF bzw. der angerufenen Gerichte entgegen, in denen diese Gründe im Übrigen bereits geprüft worden waren.
57 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 159 S. 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).

(2) Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.

(3) Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist.

(2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als Beamter.

(3) Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gilt der Bezug von:

1.
Kindergeld,
2.
Kinderzuschlag,
3.
Erziehungsgeld,
4.
Elterngeld,
5.
Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
6.
öffentlichen Mitteln, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen und
7.
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
Ist der Ausländer in einer gesetzlichen Krankenversicherung krankenversichert, hat er ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Bei der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug werden Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen berücksichtigt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16a bis 16c, 16e sowie 16f mit Ausnahme der Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, als gesichert, wenn der Ausländer über monatliche Mittel in Höhe des monatlichen Bedarfs, der nach den §§ 13 und 13a Abs. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bestimmt wird, verfügt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16d, 16f Absatz 1 für Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, sowie § 17 als gesichert, wenn Mittel entsprechend Satz 5 zuzüglich eines Aufschlages um 10 Prozent zur Verfügung stehen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt die Mindestbeträge nach Satz 5 für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. August des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(4) Als ausreichender Wohnraum wird nicht mehr gefordert, als für die Unterbringung eines Wohnungssuchenden in einer öffentlich geförderten Sozialmietwohnung genügt. Der Wohnraum ist nicht ausreichend, wenn er den auch für Deutsche geltenden Rechtsvorschriften hinsichtlich Beschaffenheit und Belegung nicht genügt. Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres werden bei der Berechnung des für die Familienunterbringung ausreichenden Wohnraumes nicht mitgezählt.

(5) Schengen-Staaten sind die Staaten, in denen folgende Rechtsakte in vollem Umfang Anwendung finden:

1.
Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19),
2.
die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1) und
3.
die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).

(6) Vorübergehender Schutz im Sinne dieses Gesetzes ist die Aufenthaltsgewährung in Anwendung der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 212 S. 12).

(7) Langfristig Aufenthaltsberechtigter ist ein Ausländer, dem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. EU 2004 Nr. L 16 S. 44), die zuletzt durch die Richtlinie 2011/51/EU (ABl. L 132 vom 19.5.2011, S. 1) geändert worden ist, verliehen und nicht entzogen wurde.

(8) Langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU ist der einem langfristig Aufenthaltsberechtigten durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellte Aufenthaltstitel nach Artikel 8 der Richtlinie 2003/109/EG.

(9) Einfache deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER).

(10) Hinreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11) Ausreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11a) Gute deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(12) Die deutsche Sprache beherrscht ein Ausländer, wenn seine Sprachkenntnisse dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechen.

(12a) Eine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn es sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf handelt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist.

(12b) Eine qualifizierte Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zu ihrer Ausübung Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die in einem Studium oder einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden.

(12c) Bildungseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Ausbildungsbetriebe bei einer betrieblichen Berufsaus- oder Weiterbildung,
2.
Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung.

(13) International Schutzberechtigter ist ein Ausländer, der internationalen Schutz genießt im Sinne der

1.
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) oder
2.
Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).

(14) Soweit Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31), der die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung betrifft, maßgeblich ist, gelten § 62 Absatz 3a für die widerlegliche Vermutung einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 und § 62 Absatz 3b Nummer 1 bis 5 als objektive Anhaltspunkte für die Annahme einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 entsprechend; im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 bleibt Artikel 28 Absatz 2 im Übrigen maßgeblich. Ferner kann ein Anhaltspunkt für Fluchtgefahr vorliegen, wenn

1.
der Ausländer einen Mitgliedstaat vor Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz verlassen hat und die Umstände der Feststellung im Bundesgebiet konkret darauf hindeuten, dass er den zuständigen Mitgliedstaat in absehbarer Zeit nicht aufsuchen will,
2.
der Ausländer zuvor mehrfach einen Asylantrag in anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gestellt und den jeweiligen anderen Mitgliedstaat der Asylantragstellung wieder verlassen hat, ohne den Ausgang des dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz abzuwarten.
Die für den Antrag auf Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
a)
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 oder 2 besteht,
b)
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
c)
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Überstellungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft vorzuführen. Auf das Verfahren auf Anordnung von Haft zur Überstellung nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 finden die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend Anwendung, soweit das Verfahren in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nicht abweichend geregelt ist.

Geht die leistungsberechtigte Person durch Zahlung an Anbieter in Vorleistung, ist der kommunale Träger zur Übernahme der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen verpflichtet, soweit

1.
unbeschadet des Satzes 2 die Voraussetzungen einer Leistungsgewährung zur Deckung der Bedarfe im Zeitpunkt der Selbsthilfe nach § 28 Absatz 2 und 5 bis 7 vorlagen und
2.
zum Zeitpunkt der Selbsthilfe der Zweck der Leistung durch Erbringung als Sach- oder Dienstleistung ohne eigenes Verschulden nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen war.
War es dem Leistungsberechtigten nicht möglich, rechtzeitig einen Antrag zu stellen, gilt dieser als zum Zeitpunkt der Selbstvornahme gestellt.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindestens 18 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Asylberechtigten und Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt worden ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes wird die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre. Ausländern, die die Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 erfüllen, wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt. Die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 1 und Absatz 4b werden jeweils für ein Jahr, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 3 jeweils für zwei Jahre erteilt und verlängert; in begründeten Einzelfällen ist eine längere Geltungsdauer zulässig.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.

(3) Einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist,
4.
er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
§ 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6, § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 finden entsprechend Anwendung; von der Voraussetzung in Satz 1 Nummer 3 wird auch abgesehen, wenn der Ausländer die Regelaltersgrenze nach § 35 Satz 2 oder § 235 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erreicht hat. Abweichend von Satz 1 und 2 ist einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
er die deutsche Sprache beherrscht,
4.
sein Lebensunterhalt weit überwiegend gesichert ist und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
In den Fällen des Satzes 3 finden § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 entsprechend Anwendung. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für einen Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4 besitzt, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme vor.

(4) Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 des Asylgesetzes auf die Frist angerechnet. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist.

(2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als Beamter.

(3) Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gilt der Bezug von:

1.
Kindergeld,
2.
Kinderzuschlag,
3.
Erziehungsgeld,
4.
Elterngeld,
5.
Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
6.
öffentlichen Mitteln, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen und
7.
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
Ist der Ausländer in einer gesetzlichen Krankenversicherung krankenversichert, hat er ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Bei der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug werden Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen berücksichtigt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16a bis 16c, 16e sowie 16f mit Ausnahme der Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, als gesichert, wenn der Ausländer über monatliche Mittel in Höhe des monatlichen Bedarfs, der nach den §§ 13 und 13a Abs. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bestimmt wird, verfügt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16d, 16f Absatz 1 für Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, sowie § 17 als gesichert, wenn Mittel entsprechend Satz 5 zuzüglich eines Aufschlages um 10 Prozent zur Verfügung stehen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt die Mindestbeträge nach Satz 5 für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. August des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(4) Als ausreichender Wohnraum wird nicht mehr gefordert, als für die Unterbringung eines Wohnungssuchenden in einer öffentlich geförderten Sozialmietwohnung genügt. Der Wohnraum ist nicht ausreichend, wenn er den auch für Deutsche geltenden Rechtsvorschriften hinsichtlich Beschaffenheit und Belegung nicht genügt. Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres werden bei der Berechnung des für die Familienunterbringung ausreichenden Wohnraumes nicht mitgezählt.

(5) Schengen-Staaten sind die Staaten, in denen folgende Rechtsakte in vollem Umfang Anwendung finden:

1.
Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19),
2.
die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1) und
3.
die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).

(6) Vorübergehender Schutz im Sinne dieses Gesetzes ist die Aufenthaltsgewährung in Anwendung der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 212 S. 12).

(7) Langfristig Aufenthaltsberechtigter ist ein Ausländer, dem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. EU 2004 Nr. L 16 S. 44), die zuletzt durch die Richtlinie 2011/51/EU (ABl. L 132 vom 19.5.2011, S. 1) geändert worden ist, verliehen und nicht entzogen wurde.

(8) Langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU ist der einem langfristig Aufenthaltsberechtigten durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellte Aufenthaltstitel nach Artikel 8 der Richtlinie 2003/109/EG.

(9) Einfache deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER).

(10) Hinreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11) Ausreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11a) Gute deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(12) Die deutsche Sprache beherrscht ein Ausländer, wenn seine Sprachkenntnisse dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechen.

(12a) Eine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn es sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf handelt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist.

(12b) Eine qualifizierte Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zu ihrer Ausübung Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die in einem Studium oder einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden.

(12c) Bildungseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Ausbildungsbetriebe bei einer betrieblichen Berufsaus- oder Weiterbildung,
2.
Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung.

(13) International Schutzberechtigter ist ein Ausländer, der internationalen Schutz genießt im Sinne der

1.
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) oder
2.
Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).

(14) Soweit Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31), der die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung betrifft, maßgeblich ist, gelten § 62 Absatz 3a für die widerlegliche Vermutung einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 und § 62 Absatz 3b Nummer 1 bis 5 als objektive Anhaltspunkte für die Annahme einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 entsprechend; im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 bleibt Artikel 28 Absatz 2 im Übrigen maßgeblich. Ferner kann ein Anhaltspunkt für Fluchtgefahr vorliegen, wenn

1.
der Ausländer einen Mitgliedstaat vor Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz verlassen hat und die Umstände der Feststellung im Bundesgebiet konkret darauf hindeuten, dass er den zuständigen Mitgliedstaat in absehbarer Zeit nicht aufsuchen will,
2.
der Ausländer zuvor mehrfach einen Asylantrag in anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gestellt und den jeweiligen anderen Mitgliedstaat der Asylantragstellung wieder verlassen hat, ohne den Ausgang des dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz abzuwarten.
Die für den Antrag auf Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
a)
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 oder 2 besteht,
b)
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
c)
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Überstellungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft vorzuführen. Auf das Verfahren auf Anordnung von Haft zur Überstellung nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 finden die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend Anwendung, soweit das Verfahren in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nicht abweichend geregelt ist.

(1) Kindergeld nach diesem Gesetz für seine Kinder erhält, wer nach § 1 Absatz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist und auch nicht nach § 1 Absatz 3 des Einkommensteuergesetzes als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird und

1.
in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch steht oder versicherungsfrei nach § 28 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch ist oder
2.
als Entwicklungshelfer Unterhaltsleistungen im Sinne des § 4 Absatz 1 Nummer 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes erhält oder als Missionar derMissionswerke und -gesellschaften,die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e. V., des Deutschen katholischen Missionsrates oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist oder
3.
eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes oder § 20 des Beamtenstatusgesetzes bei einer Einrichtung außerhalb Deutschlands zugewiesene Tätigkeit ausübt oder
4.
als Ehegatte oder Lebenspartner eines Mitglieds der Truppe oder des zivilen Gefolges eines NATO-Mitgliedstaates die Staatsangehörigkeit eines EU/EWR-Mitgliedstaates besitzt und in Deutschland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(2) Kindergeld für sich selbst erhält, wer

1.
in Deutschland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,
2.
Vollwaise ist oder den Aufenthalt seiner Eltern nicht kennt und
3.
nicht bei einer anderen Person als Kind zu berücksichtigen ist.
§ 2 Absatz 2 und 3 sowie die §§ 4 und 5 sind entsprechend anzuwenden. Im Fall des § 2 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 wird Kindergeld längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gewährt.

(3) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.
Abweichend von Satz 1 Nummer 3 erste Alternative erhält ein minderjähriger nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer unabhängig von einer Erwerbstätigkeit Kindergeld.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Das Kindergeld beträgt monatlich für jedes Kind 250 Euro.

(2) (weggefallen)

(3) Darüber hinaus wird für jedes Kind, für das für den Monat Juli 2022 ein Anspruch auf Kindergeld besteht, für den Monat Juli 2022 ein Einmalbetrag in Höhe von 100 Euro gezahlt. Ein Anspruch in Höhe des Einmalbetrags von 100 Euro für das Kalenderjahr 2022 besteht auch für ein Kind, für das nicht für den Monat Juli 2022, jedoch für mindestens einen anderen Kalendermonat im Kalenderjahr 2022 ein Anspruch auf Kindergeld besteht.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

Geht die leistungsberechtigte Person durch Zahlung an Anbieter in Vorleistung, ist der kommunale Träger zur Übernahme der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen verpflichtet, soweit

1.
unbeschadet des Satzes 2 die Voraussetzungen einer Leistungsgewährung zur Deckung der Bedarfe im Zeitpunkt der Selbsthilfe nach § 28 Absatz 2 und 5 bis 7 vorlagen und
2.
zum Zeitpunkt der Selbsthilfe der Zweck der Leistung durch Erbringung als Sach- oder Dienstleistung ohne eigenes Verschulden nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen war.
War es dem Leistungsberechtigten nicht möglich, rechtzeitig einen Antrag zu stellen, gilt dieser als zum Zeitpunkt der Selbstvornahme gestellt.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

Geht die leistungsberechtigte Person durch Zahlung an Anbieter in Vorleistung, ist der kommunale Träger zur Übernahme der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen verpflichtet, soweit

1.
unbeschadet des Satzes 2 die Voraussetzungen einer Leistungsgewährung zur Deckung der Bedarfe im Zeitpunkt der Selbsthilfe nach § 28 Absatz 2 und 5 bis 7 vorlagen und
2.
zum Zeitpunkt der Selbsthilfe der Zweck der Leistung durch Erbringung als Sach- oder Dienstleistung ohne eigenes Verschulden nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen war.
War es dem Leistungsberechtigten nicht möglich, rechtzeitig einen Antrag zu stellen, gilt dieser als zum Zeitpunkt der Selbstvornahme gestellt.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

Minderjährige Ausländer, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erfüllen die Passpflicht auch durch Eintragung in einem anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz eines gesetzlichen Vertreters. Für einen minderjährigen Ausländer, der das zehnte Lebensjahr vollendet hat, gilt dies nur, wenn im Pass oder Passersatz sein eigenes Lichtbild angebracht ist.

(1) Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Für den Aufenthalt im Bundesgebiet erfüllen sie die Passpflicht auch durch den Besitz eines Ausweisersatzes (§ 48 Abs. 2).

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle kann in begründeten Einzelfällen vor der Einreise des Ausländers für den Grenzübertritt und einen anschließenden Aufenthalt von bis zu sechs Monaten Ausnahmen von der Passpflicht zulassen.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Juni 2009 – 8 K 73/09 – geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheids vom 30. September 2008 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 5. Dezember 2008 verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der 1970 geborene Kläger ist serbischer Staatsangehöriger. Er reiste erstmals im Jahre 1992 längerfristig zu seiner seit 1971 in Stuttgart lebenden Mutter in die Bundesrepublik Deutschland ein und hielt sich hier bis zum Jahre 1996 geduldet auf. Am 13. März 1994 wurde sein aus einer nicht-ehelichen Beziehung hervorgegangener Sohn Aleksander geboren, der in der Folgezeit bei der Mutter in xxx lebte. Am 3. November 1995 heiratete er in Stuttgart die slowenische Staatsangehörige M. xxx. Während dieses Aufenthalts wurde der Kläger, wie folgt, strafgerichtlich verurteilt:
- Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 28. Februar 1991 wegen Beihilfe zum Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30,00 DM.
- Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 21. Juli 1993 wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30,00 DM.
- Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 4. April 1995 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Der Kläger verließ am 22. Dezember 1996 das Bundesgebiet.
Im Januar 1999 reiste er mit einem von der französischen Botschaft in Belgrad für einen Besuchsaufenthalt ausgestellten Schengenvisum erneut in das Bundesgebiet ein und beantragte zunächst am 15. März 1999 die Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zwecke des Ehegattennachzugs zu seiner Ehefrau. Der Antrag wurde durch Verfügung der Beklagten vom 4. Januar 2000 abgelehnt, nachdem die eheliche Lebensgemeinschaft jedenfalls im September 1999 aufgelöst worden war. Am 16. Oktober 2000 stellte der Kläger einen Asylantrag. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte den Asylantrag mit Bescheid vom 17. September 2001 ab und stellte gleichzeitig fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht vorliegen und auch keine Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG bestehen. Der Kläger wurde unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet aufgefordert.
Der Kläger lebt seit dem Jahre 2001 in Stuttgart in nicht-ehelicher (häuslicher) Lebensgemeinschaft mit der bosnischen Staatsangehörigen xxx xxx. Aus dieser Beziehung sind eine am 25. März 1999 geborene Tochter und ein am 13.Oktober 2001 geborener Sohn hervorgegangen, die die bosnische Staatsangehörigkeit besitzen. Für beide Kinder hat der Kläger die Vaterschaft anerkannt. Nach den Sorgerechtserklärungen der Eltern vom 8. Juli 2005 üben sie das Sorgerecht für beide Kinder gemeinsam aus. Für Frau xxx wurde aufgrund einer rechtskräftigen Verpflichtung durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Juli 2003 (A 16 K 10520/02) vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Rücksicht auf ihre Erkrankung an einer posttraumatischen Belastungsstörung das Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG festgestellt. Frau xxx und die Kinder sind im Besitz von Aufenthaltstiteln nach § 25 Abs. 5 AufenthG.
Der Kläger beantragte am 9. Juli 2008, wie bereits schon am 25. Juni 2002, 25. Januar 2005 und 18. April 2007, die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen, insbesondere nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Zur Begründung verwies er u. a. auf seine nichteheliche Lebensgemeinschaft mit xxx- xxx und ihren zwei gemeinsamen Kindern.
Nach seiner Wiedereinreise im Jahre 1999 wurde der Kläger, wie folgt, strafgerichtlich verurteilt:
10 
- Urteil des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 5. März 2002 wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 5,00 EUR.
11 
- Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt vom 16. September 2002 wegen veruntreuender Unterschlagung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 5,00 EUR, wobei mit Entscheidung vom 20. Januar 2003 nachträglich unter Einbeziehung der früheren Entscheidungen vom 16. September 2002 und 5. März 2002 eine Gesamtstrafe von 40 Tagessätzen zu je 5,00 EUR gebildet wurde.
12 
- Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart - Bad Cannstatt vom 19. August 2004 wegen unerlaubter Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20,00 EUR.
13 
- Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart - Bad Cannstatt vom 18. Januar 2008 wegen Betrugs zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20,00 EUR.
14 
Mit Verfügung vom 30. September 2008 - zugestellt am 6. Oktober 2008 - lehnte die Beklagte sämtliche vom Kläger gestellten Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab und führte zur Begründung aus: Die bisherigen strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers stellten einen Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG dar. Damit erfülle der Kläger die Voraussetzungen der bundesgesetzlichen Altfallregelung des § 104a AufenthG nicht. Gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG könne einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig sei, jedoch abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn dessen Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich und mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses in absehbarer Zeit nicht zu rechnen sei. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis scheitere am Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 AufenthG, insbesondere weil Ausweisungsgründe nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vorlägen. Der Kläger habe in regelmäßigen Abständen Rechtsvorschriften missachtet und sei zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt worden. Die Ausländerbehörde dürfe beim Vorliegen von Ausweisungsgründen, wie im Falle des Klägers, keine Aufenthaltserlaubnis erteilen. Ein atypischer Geschehensablauf sei vorliegend nicht gegeben, so dass ein Abweichen von der Regel nicht in Betracht komme. Allerdings ermögliche es § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Anwendung des § 5 Abs. 1 AufenthG abzusehen. lm Rahmen des der Behörde eröffneten Ermessens dürfe sich diese davon leiten lassen, dass der Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entgegenstehen dürfen. Ob dies der Fall sei, berücksichtige sie nach der Art und Schwere der Verstöße, nach der vom Ausländer ausgehenden Gefahr und der Nachhaltigkeit, mit der er Rechtsverstöße begehe, unter Beachtung der Dauer seines Aufenthalts. Der Kläger habe seit seiner Einreise in regelmäßigen Abständen gegen Rechtsnormen verstoßen. Neben mehreren Verkehrsdelikten lägen Delikte der gefährlichen Körperverletzung, der veruntreuenden Unterschlagung, der unerlaubten Erwerbstätigkeit und des Betrugs vor. Dabei sei besonders markant, dass das Betrugsdelikt erst vor kurzem begangen worden sei. Dieses erst kürzlich begangene Delikt lasse befürchten, dass sich der Kläger auch künftig nicht straffrei führen werde. Die regelmäßig begangenen Verstöße überstiegen auch die Grenze, die im Rahmen einer Aufenthaltsverfestigung außer Betracht bleiben könnten. Aus den vorgenannten Gründen könne beim Kläger auch kein Absehen von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 3 AufenthG in Betracht kommen. Damit scheitere die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG bereits an § 5 Abs. 1 und 3 AufenthG, unabhängig davon, dass die Voraussetzungen eines rechtlichen Ausreisehindernisses nach Art. 6 GG aufgrund der familiären Verbundenheit mit den leiblichen Kindern und der Lebensgefährtin vorlägen. Sonstige Gründe, die diese Entscheidung als unverhältnismäßig oder als Härte erscheinen ließen, seien nicht bekannt bzw. vorgetragen worden.
15 
Der Kläger erhob am 7. Oktober 2008 Widerspruch, der vom Regierungspräsidium Stuttgart mit am 8. Dezember 2008 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 2008 zurückgewiesen wurde. ln seiner Begründung führte das Regierungspräsidium Stuttgart ergänzend aus: Im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG könnten Ausweisungstatbestände außer Betracht bleiben, die auch eine Aufenthaltsverfestigung nicht verhinderten (§ 9 Abs. 2 Nr. 4 AufenthG). Eine positive Ermessensentscheidung komme dann nicht in Betracht, wenn Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung unter Berücksichtigung der Schwere oder Art des Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder der vom Ausländer ausgehenden Gefahr unter Berücksichtigung der Dauer des bisherigen Aufenthalts und dem Bestehen von Bindungen im Bundesgebiet entgegenstehe. Dies sei im Regelfall anzunehmen, wenn der Ausländer in den letzten drei Jahren nicht wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Jugendstrafe, einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten und einer Geldstrafe von mindestens 90 Tagessätzen verurteilt worden sei. Das würde im Falle des Klägers zutreffen, da er in der Zeit zwischen 2005 bis 2008 lediglich wegen eines Betrugsdelikts zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt worden sei. Beim Kläger bestehe jedoch die Gefahr weiterer zukünftiger Rechtsverletzungen, weshalb bei ihm nicht vom Regelfall ausgegangen werden könne. Seit dem Jahr 1991 verstoße er kontinuierlich gegen Rechtsvorschriften. Eine zukünftige erneute Straffälligkeit könne aufgrund dieses Schemas nicht ausgeschlossen werden. Dabei seien die Anforderungen an den Wahrscheinlichkeitsmaßstab vom Gewicht des bedrohten Rechtsguts einerseits und den schützenswerten Belangen des Ausländers andererseits abhängig. Die Nachhaltigkeit, mit der sich der Kläger in verschiedenen Bereichen über Rechtsgüter hinwegsetze, lasse aber in der Abwägung derzeit eine abschließende positive Prognose nicht zu. Die Gefahr künftiger Rechtsverletzungen sei nicht ausgeschlossen, wie auch das neue Strafverfahren aus dem Jahr 2008 zeige. Deshalb sei im Falle des Klägers unter Berücksichtigung der schutzwürdigen privaten Belange wegen der von ihm ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung eine Ausnahme nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht möglich.
16 
Der Kläger erhob am 8. Januar 2009 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart und trug zur Begründung vor: Der strafgerichtlichen Verurteilung von 2003 habe zugrunde gelegen, dass er sich geweigert habe, eine defekte Videokassette, die die Familie ausgeliehen und die das Kind Marina in seinem Spieltrieb zerstört gehabt habe und für die mehrere hundert Mark verlangt worden seien, zu bezahlen. Die weitere Tat habe einen fahrlässigen Verstoß wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis betroffen. Mit der Verurteilung im Jahre 2004 sei das ausländerrechtliche Verbot, ohne Erlaubnis eine Geschäftsführertätigkeit auszuüben, geahndet worden. Die Verurteilung im Jahre 2008 habe sich auf eine von ihm nicht vollständig bezahlte Rechnung bezogen. Hintergrund seien dauerhafte Ehestreitigkeiten der Inhaberin der Gaststätte mit deren Ehemann, der ein Bekannter von ihm sei, gewesen. Ihm sei eine überhöhte Rechnung in Höhe von 170 EUR vorgelegt worden, während der tatsächliche Wert nur 100 EUR betragen habe; diesen Betrag habe er auch bezahlt. Er sei kein klassischer Straftäter und schon gar nicht einer der Ausweisung unterliegender „Wiederholungstäter" mit andauernder Missachtung der Rechtsordnung.
17 
Die Beklagte trat der Klage aus den Gründen der angefochtenen Verfügungen entgegen.
18 
Durch Urteil vom 10. Juni 2009 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG.
19 
Die Ablehnung der Beklagten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Aufgrund der vom Kläger seit seiner Einreise begangenen, aus dem Bundeszentralregister noch nicht getilgten und daher verwertbaren Straftaten erfülle dieser die Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht. Durch die vom Kläger begangenen zahlreichen Straftaten liege bei ihm zweifellos ein Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vor. Die Beklagte habe im angefochtenen Bescheid die nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG notwendige Ermessensentscheidung getroffen und geprüft, ob hier die Erteilung eines Aufenthaltstitels ausnahmsweise in Betracht komme, da keine Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entgegenstünden. Unter Berücksichtigung der Art und Schwere der vom Kläger seit seiner Einreise in regelmäßigen Abständen begangenen Rechtsverstöße (Verkehrsdelikte, gefährliche Körperverletzung, veruntreuende Unterschlagung, unerlaubte Erwerbstätigkeit, Betrug) komme die Beklagte zum Ergebnis, es sei zu befürchten, dass sich der Kläger auch künftig nicht straffrei führen werde. Der Kläger habe kontinuierlich in den letzten 15 Jahren gegen die Rechtsordnung verstoßen, weshalb die Beklagte auch unter Berücksichtigung der schutzwürdigen privaten Belange wegen der von ihm immer noch ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung eine Ausnahme nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ablehne. Diese Sicht sei jedenfalls zum Zeitpunkt der heutigen mündlichen Verhandlung noch vertretbar. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung des § 104 a Abs. 1 AufenthG. Nach § 104 a Abs. 1 Nr. 6 sei hierfür weitere Voraussetzung, dass der Ausländer nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt worden sei, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylverfahrensgesetz nur von Ausländern begangen werden könnten, grundsätzlich außer Betracht blieben. Mehrere Geldstrafen seien jeweils zu addieren. Die beim Kläger zu berücksichtigenden, nicht getilgten Vorstrafen überstiegen in ihrer Summe von über 100 Tagessätzen bei weitem die in § 104 a Abs. 1 Nr. 6 AufenthG festgelegte Schranke von 50 Tagessätzen.
20 
Das Urteil wurde dem Kläger am 23. Juni 2009 zugestellt.
21 
Am 22. Juli 2009 hat der Kläger die Zulassung der Berufung beantragt und am 24. August (einem Montag) die Begründung vorgelegt.
22 
Mit Beschluss vom 7. September 2009 – dem Kläger am 14. September zugestellt - hat der Senat im Hinblick auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Berufung zugelassen.
23 
Am 9. Oktober 2009 hat der Kläger unter Stellung eines Sachantrags die Berufung begründet: Er ist der Auffassung, dass im Hinblick auf seine familiären Beziehungen zu seinen leiblichen Kindern ein Ausnahmefall gegeben sei, der es rechtfertige von der Nichterfüllung der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abzusehen, auch sei das im Rahmen des § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG der Beklagten eingeräumte Ermessen zu seinen Gunsten auszuüben; jedenfalls aber seien seine familiären grundrechtlich geschützten Belange nicht hinreichend gewürdigt worden, weshalb die Entscheidung ermessensfehlerhaft sei.
24 
Der Kläger beantragt,
25 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Juni 2009 - 8 K 73/09 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 30. September 2008 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 5. Dezember 2008 zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen; hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, über seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
26 
Die Beklagte beantragt,
27 
die Berufung zurückzuweisen.
28 
Sie führt ergänzend aus: Der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG stehe entgegen, dass die Vorschriften des 6. Abschnitts den Familiennachzug abschließend regelten. Insbesondere werde gerade durch § 29 Abs. 3 Satz 2 AufenthG in der hier vorliegenden Fallkonstellation ein Familiennachzug ausgeschlossen. Im Übrigen sei der Lebensunterhalt der Familie nicht vollständig gesichert.
29 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze vom 9. Oktober, 2., 12., 13. und 17. November 2009 verwiesen.
30 
Dem Senat lagen die von der Beklagten geführte Ausländerakte des Klägers (Bl. 1 – 285) und von Frau xxx (Bl. 1 - 221), die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Stuttgart (Bl. 1 – 97b) sowie die Strafakten des Amtsgerichts Stuttgart Bad-Cannstatt (Az. B 2 Cs 85 Js 422/08 3258, B 4 Cs 134 Js 63466/03 3258 und B 1 Cs 23 Js 60690/02 3256) vor.

Entscheidungsgründe

 
31 
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
32 
Der Kläger hat einen Regelanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Ihm ist es aus Rechtsgründen seit mehr als 18 Monaten unverschuldet unmöglich, auszureisen (vgl. § 25 Abs. 5 S. 2 und 3 AufenthG).
33 
Art. 6 Abs. 1 und 2 GG bzw. Art. 8 EMRK begründen im Falle des Klägers mit Rücksicht auf die seit Jahren gelebte familiäre Gemeinschaft mit seinen Kindern und seiner Lebensgefährtin nicht nur ein rechtlich begründetes Abschiebungsverbot, sondern auch eine atypische Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG.
34 
Das Erstere wird auch von der Beklagten nicht infrage gestellt, wie sich nicht zuletzt aus der Tatsache ablesen lässt, dass sie seit dem Jahre 2002 dem Kläger ununterbrochen Duldungen erteilt hat.
35 
Nach Aktenlage und nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung geht der Senat davon aus, dass der Kläger eine familiäre Lebensgemeinschaft mit seinen Kindern und seiner Lebensgefährtin, Frau xxx, weder in deren Herkunftsland Bosnien-Herzegowina noch in seinem Herkunftsland Serbien auf absehbare Zeit herstellen kann. Eine Herstellung in Bosnien und Herzegowina ist schon deshalb rechtlich nicht möglich, weil Frau xxx insoweit aufgrund der rechtskräftigen Feststellung des Bundesamts Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG bzw. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG genießt und aus diesem Grund zusammen mit den Kindern im Besitz eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist und im Übrigen mittlerweile auch einen Anspruch auf Erteilung eines Titels nach § 25 Abs. 3 AufenthG haben wird. Eine Herstellung der Lebensgemeinschaft in Serbien scheitert gegenwärtig daran, dass Frau xxx und die Kinder nach Überzeugung des Senats nur die Staatsangehörigkeit von Bosnien-Herzegowina besitzen. Es gibt keinen ausreichenden Anhalt, dass sie die serbische Staatsangehörigkeit haben könnten. Die Eltern von Frau xxx wurden beide in Bosnien geboren und haben beide dort noch bis nach der Geburt von Frau xxx gelebt. Ihre Mutter ist erst später im Zuge der Trennung der Eltern nach Slowenien gegangen (vgl. Niederschrift des Bundesamts vom 2. November 2000, S. 3). Es muss daher davon ausgegangen werden, dass Frau xxx durch Geburt die Staatsangehörigkeit der früheren Teilrepublik Bosnien erworben hat, die später in die Staatsangehörigkeit des neuen Staates Bosnien und Herzegowina überging (vgl. Auswärtiges Amt Lagebericht Bosnien und Herzegowina v. 4. Mai 2000). Davon geht auch das Verwaltungsgericht Stuttgart im Urteil v. 25. Juli 2003 (A 16 K 10520/02) aus. Zwar kommt auch in Betracht, dass Frau xxx durch ihre Geburt in Serbien die serbische Staatsangehörigkeit erworben haben könnte, die darauf beruht, dass ihre Mutter sich zur Geburt in das Krankenhaus der grenznahen Stadt L. begab. Allerdings konnte man von Rechts wegen nur die Staatsangehörigkeit einer Teilrepublik haben, weshalb die Eltern eine Bestimmung treffen mussten, welche Staatsangehörigkeit das Kind haben sollte (vgl. zu alledem auch Osteuropa-Institut v. 6. Februar 1995). Wenn in diesem Zusammenhang eine Staatsangehörigkeitsbescheinigung über den Besitz der Staatsangehörigkeit von Bosnien und Herzegowina vom 26. Juli 1999 vorliegt und Frau xxx zwei Mal ein Pass von Bosnien und Herzegowina ausgestellt wurde (vgl. vgl. Niederschrift des Bundesamts vom 2. November 2000, S. 2), kann nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden, dass die Option zugunsten Serbien ausgeübt worden war, wenn man den ständigen Aufenthalt der Eltern in Bosnien, aber auch den eigenen von Frau xxx in Rechnung stellt, die, wie sie in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, in Bosnien gelebt hat, dort zur Schule gegangen ist und ihre Ausbildung zur Krankenschwester gemacht hat, bis sie den Kläger kennen gelernt hat. Die von ihr im Rahmen der Anhörung durch das Bundesamt am 2. November 2000 gemachten Angaben sind, wie sich aus deren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung ergab, wohl in der Weise zu verstehen, dass sie sich nur deshalb bei der Passbeschaffung der Hilfe anderer bedient hatte, weil sie, die damals ohne einen Pass in Serbien lebte, keine Möglichkeiten sah, sich einen Pass in Bosnien und Herzegowina ausstellen zu lassen. Dass Frau xxx nicht die serbische Staatsangehörigkeit besitzt, hat offenbar bislang auch die Beklagte so gesehen, nachdem es in den letzten etwa zehn Jahren keinen einzigen Versuch ihrerseits gegeben hat, den Aufenthalt nach Serbien zu beenden. Es kann daher offen bleiben, ob Frau xxx eine Ausreise nach Serbien zuzumuten wäre. Denn immerhin dürfte sie dort ihre schwere Traumatisierung, die heute noch ständig zu behandeln ist, erlitten haben. Mit Rücksicht auf die Bindungswirkung des § 42 AsylVfG wäre der Senat allerdings ohnehin an einer diesbezüglichen Feststellung gehindert.
36 
Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis steht § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ausnahmsweise deshalb nicht entgegen, weil ein atypischer Ausnahmefall vorliegt.
37 
Es bedarf keiner Erörterung, dass der Kläger mit Rücksicht auf die vielfältigen bislang nicht getilgten Straftaten in seiner Person den Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG erfüllt, weshalb dem Grundsatz nach an sich die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht gegeben ist. Auch wenn der Kläger seit Begehung der letzten Straftat im Oktober 2007 nicht erneut verurteilt wurde, so trifft es sicherlich zu, dass angesichts seiner bisherigen strafgerichtlichen Verurteilungen keine hinreichend gesicherte Grundlage für die Annahme besteht, er werde in Zukunft nicht wieder straffällig werden. Abgesehen von der nunmehr über 14 Jahre zurück liegenden Verurteilung im Jahre 1995 wegen gefährlicher Körperverletzung, die einen - allerdings auf beiderseitige verbale Provokationen zurückzuführenden - gewalttätigen Angriff des Klägers betraf, bei dem dieser dem Opfer in den Unterleib trat, sodass diesem ein Hoden entfernt werden musste, und den Kiefer brach, handelte es sich aber durchgängig um nicht einmal mittel-schwere Delikte, die sämtlich nicht in ein Führungszeugnis einzutragen sind. Die höchste Einzelstrafe betrug, im Übrigen nur wegen eines im Jahre 1993 fahrlässig begangenen Delikts, 50 Tagessätze und nach der Wiedereinreise sogar nur noch 30 Tagessätze. Es besteht hiernach kein Anhaltspunkt, der Kläger könne wieder in einem Maße straffällig werden, wie dies im Jahre 1995 der Fall war, zumal er wegen eines einzigen Gewaltdelikts auffällig wurde, als er noch erheblich jünger und noch nicht in eine intensive familiäre Beziehung eingebunden war.
38 
Art. 6 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 EMRK können im Einzelfall nach Abwägung mit allen Aspekten des den Ausweisungsgrund begründenden Sachverhalts einen atypischen Ausnahmefall begründen. Der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG umfasst namentlich die Freiheit der Eheschließung und Familiengründung sowie das Recht auf ein eheliches und familiäres Zusammenleben (BVerfG, Beschluss v. 12. Mai 1987 - 2 BvR 1226/83 u.a. - BVerfGE 76, 1 <42>). Art. 6 Abs. 1 GG begründet grundsätzlich aber noch keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren die bestehenden familiären Bindungen an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 12. Mai 1987 – a.a.O.; Beschluss v. 11. Mai 2007 - 2 BvR 2483/06 - InfAuslR 2007, 336 <337>). Für die Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG ist die Frage, ob es den anderen Familienangehörigen zumutbar ist, den Kläger in sein Herkunftsland zu begleiten, von erheblicher Bedeutung. Denn wenn die familiäre Lebensgemeinschaft nur in der Bundesrepublik Deutschland gelebt werden kann, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen der Bundesrepublik nicht zumutbar ist - etwa weil ihm dort flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung oder sonstige schwerwiegende Beeinträchtigungen von Leib, Leben oder Freiheit drohen -, drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, regelmäßig einwanderungspolitische Belange zurück (vgl. BVerfG, Beschluss v. 18. April 1989 - 2 BvR 1169/84 - BVerfGE 80, 81 <95>). Eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG liegt dagegen fern, wenn die Lebensgemeinschaft zumutbar auch im gemeinsamen Herkunftsland geführt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil v. 26. August 2008 - 1 C 32.07 – BVerwGE 131, 370, Rn. 27). Denn Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistet nicht das Recht, die familiäre Lebensgemeinschaft in Deutschland zu führen, wenn dies auch in einem anderen Land zumutbar möglich ist. Auch für die Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs in den Schutzbereich des Art. 8 EMRK kommt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte der Frage erhebliche Bedeutung zu, ob das Familienleben ohne Hindernisse auch im Herkunftsland möglich ist (vgl. EGMR, Urteil v. 19. Februar 1996 - 53/1995/559/645 - InfAuslR 1996, 245, Gül; Urteil v. 28. November 1996 - 73/1995/579/665 - InfAuslR 1997, 141, Ahmut) oder ob der Nachzug das einzige adäquate Mittel darstellt, in familiärer Gemeinschaft zu leben (vgl. EGMR, Urteil v. 21. Dezember 2001 - 31465/96 - InfAuslR 2002, 334, Sen).
39 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein Ausnahmefall vor, wenn entweder besondere, atypische Umstände vorliegen, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen, oder die Erteilung des Aufenthaltstitels aus Gründen höherrangigen Rechts wie etwa Art. 6 GG oder im Hinblick auf Art. 8 EMRK geboten ist, z.B. weil die Herstellung der Familieneinheit im Herkunftsland nicht möglich ist (vgl. Urteil v. 30. April 2009 – 1 C 3.08 – InfAuslR 2009, 333 m.w.N.). Der letztgenannte Gesichtspunkt wurde allerdings spezifisch im Zusammenhang mit der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG entwickelt und bedarf hinsichtlich der Regelerteilungsvoraussetzung des nicht vorliegenden Ausweisungsgrundes der Modifizierung. Denn allein der Umstand, dass die Herstellung der Familieneinheit im Herkunftsland nicht möglich ist, vermag nicht unterschiedslos alle Ausweisungsgründe ungeachtet ihres jeweiligen Gewichts zu überwinden. Maßgeblich kann nur sein, dass das Gewicht des jeweils konkret verwirklichten Ausweisungsgrundes mit den verfassungsrechtlichen aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG folgenden Erfordernissen in Beziehung gesetzt und abgewogen werden muss. Denn es kann nicht zweifelhaft sein, dass nicht jeder Ausweisungsgrund von geringem Gewicht geeignet sein kann, den verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie zu überspielen. Die Frage, ob eine Ausnahme vorliegt, unterliegt hiernach aber voller gerichtlicher Überprüfung und Einschätzung. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz (vgl. Urteil v. 30. April 2009 – 1 C 3.08 – InfAuslR 2009, 333 m.w.N.).
40 
Diese hier zu beachtende unmittelbare verfassungsrechtliche Wertung von hohem Rang relativiert das ohnehin nicht hohe Gewicht des Ausweisungsgrundes erheblich und nimmt ihm daher das typische, die Versagung des Titels rechtfertigende und tragende Gewicht, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass die letzte Straftat immerhin über zwei Jahre zurückliegt. Für die Annahme eines atypischen Ausnahmefalls, der ein Abweichen von der Regel gebietet, streitet nicht zuletzt, dass von Verfassungs wegen der Beziehung des Vaters zu seinen heranwachsenden Kindern und dem von ihm neben der Mutter zu leistenden eigenständigen Erziehungsbeitrag ein hohes verfassungsrechtliches Gewicht zukommt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss v. 31. August 1999 - 2 BvR 1523/99 - InfAuslR 2000, 67; v. 8. Dezember 2005 – 2 BvR 1001/04 – InfAuslR 2006, 122). In gewissem Umfang wird man das Gewicht des Regelversagungsgrundes des Nichtvorliegens eines Ausweisungsgrundes auch mit der Erwägung vorsichtig relativieren müssen, dass es hier um einen Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG geht, der gerade in Abweichung von der Sperrwirkung der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG erteilt werden kann (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 187 m.w.N.), mit anderen Worten, dass hier als ein typischer Anwendungsfall gerade ein Fall vorliegen kann, bei dem in der Vergangenheit eine Ausweisung ausgesprochen worden war. Die vom Kläger gelebte enge familiäre Lebensgemeinschaft mit seinen Kindern, die sich noch in einem Alter befinden, in dem die Beziehung zwischen ihnen und ihrem Vater und dessen umfassenden Einflüsse auf diese unverzichtbar sind, gebietet es, auch das geringe Risiko der Begehung kleinerer Straftaten hinzunehmen.
41 
Liegt ein solcher Ausnahmefall vor, dann ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insoweit, d.h. unter dem Aspekt des Ausweisungsgrundes, kein weiterer Spielraum für eine noch zu treffende Ermessensentscheidung gegeben (vgl. Urteil v. 30. April 2009 – 1 C 3.08 – InfAuslR 2009, 333).
42 
Demgegenüber kann nicht eingewandt werden, eine Trennung könne (und müsse) durch die Erteilung einer Duldung vermieden werden. Denn das Rechtsinstitut der Duldung ist nicht dazu bestimmt, einen von Verfassungs wegen gebotenen dauernden Aufenthalt zu sichern und zu ermöglichen, was mit Blick auf § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG aus gesetzessystematischen Gründen keinem Zweifel unterliegen kann (vgl. GK-AufenthG § 60a Rdn. 133). Nur dann, wenn das Aufenthaltsgesetz keinerlei Möglichkeit eröffnet, einen legalen Aufenthalt zu begründen, kann und muss dann auch die Duldung diese Lücke schließen, selbst wenn sie einen auf unabsehbare Zeit angelegten Aufenthalt tatsächlich ermöglicht. Im vorliegenden Fall ist aber gerade die aufenthaltsrechtliche Rechtsordnung ausreichend offen, um jedenfalls als Ergebnis einer Abwägung zu einer Legalisierung des Aufenthalts zu kommen. Die aufenthaltsrechtlich anzustellende Abwägung hat hier auch zwischen den Alternativen Beendigung des Aufenthalts einerseits und weiterer zeitlich unabsehbarer Anwesenheit im Bundesgebiet andererseits zu erfolgen, weil andernfalls der nur temporäre Charakter der Duldung aus dem Auge verloren und als dessen Kehrseite das grundsätzlich bestehende rechtliche geschützte Interesse an einer Legalisierungsmöglichkeit vernachlässigt würde.
43 
Dem steht auch nicht entgegen, dass grundsätzlich die Vorschriften des 6. Abschnitts als eine vom Gesetzgeber im Rahmen des ihm eingeräumten Spielraums vorgenommene umfassende Ausgestaltung des Komplexes des Familiennachzugs bzw. der Wahrung der Familieneinheit zu begreifen sind und regelmäßig ein den aus Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK abzuleitenden Anforderungen genügendes aufenthaltsrechtliches Regelwerk darstellen. Nicht zuletzt aus systematischen Gründen folgt hieraus, dass dann, wenn eine Herstellung bzw. Wahrung der Familieneinheit nach dem 6. Abschnitt rechtmäßig versagt werden kann, ein Rückgriff auf die Vorschriften des 5. Abschnitts - und hier regelmäßig auf § 25 Abs. 5 AufenthG - nicht möglich ist. Dies kann jedoch ausnahmsweise dann nicht gelten, wenn Art. 6 Abs. 1 GG etwas anderes gebietet. Ist hiernach rechtlich zwingend eine Trennung der Familie dauerhaft nicht zulässig und kann die Familieneinheit nur im Bundesgebiet hergestellt oder aufrecht erhalten werden, so muss ein solcher Rückgriff zugelassen werden, um nicht in unauflösbaren Konflikt mit vorrangigem Verfassungsrecht zu kommen (vgl. auch VGHBW, Beschluss v. 10. März 2009 - 11 S 2990/08 - InfAuslR 2009, 236). Auch hier gilt wiederum, dass nicht in Art eines Zirkelschlusses darauf verwiesen werden darf, dass mit Rücksicht auf § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG es faktisch nicht zu einer Trennung kommen wird, da die Duldung nicht dazu bestimmt ist, einen voraussichtlich auf Dauer angelegten Aufenthalt zu regeln.
44 
Ein weiterer Versagungsgrund nach § 5 Abs. 1 AufenthG ist hier nicht ersichtlich, insbesondere ist der Lebensunterhalt des Klägers in einer Weise gesichert, dass er keine öffentlichen Mittel in Anspruch nehmen muss (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG). Entgegen der Ansicht der Beklagten ist bei der Bestimmung des Bedarfs und der Prüfung, ob der Kläger Leistungen nach dem SGB II in Anspruch nehmen muss (vgl. zum Maßstab des SGB II BVerwG, Urteil v. 26. August 2008 – 1 C 32.07 – BVerwGE 131, 370), Frau xxx nicht zu berücksichtigten. Der Kläger ist ihr gegenüber nicht unterhaltspflichtig, was von der Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen wird. Daraus folgt weiter, dass beim Kläger bei der Bedarfsberechnung eine diesbezügliche Unterhaltspflicht nicht eingestellt werden darf. Daraus wiederum folgt, dass der Kläger, wie sich aus der folgenden Berechnung ablesen lässt, keinen Anspruch auf Sozialleistungen hat. Einen Leistungsanspruch nach SGB II hat allein Frau xxx. Um deren Aufenthaltsrecht geht es aber nicht, dieses ist auch gegenwärtig nicht infolge der mangelnden Sicherung des Lebensunterhalts in Frage gestellt (vgl. schon Münder, in: LPK-BSHG, 6. Aufl., § 122 Rdn. 15, und nunmehr Brühl, in: Münder, LPK-SGB II, 2005, § 7 Rdn. 29 ff, 33 und 37, wonach derjenige, der über ausreichendes Einkommen und/oder Vermögen verfügt, auch nicht als Empfänger von Sozialhilfeleistungen anzusehen ist, sondern ausschließlich das andere Mitglied der Bedarfsgemeinschaft; vgl. auch OVG BB, Urteil v. 27. August 2009 - 11 B 1.09 - juris; GK-AufenthG, § 2 Rdn. 50).
45 
Für den Kläger und seine beiden unterhaltsberechtigten Kinder ergibt sich folgende Bedarfberechnung:
46 
Regelsatz Kläger
        
359,00 EUR
Regelsätze Kinder
        
502,00 EUR
Miete/Nebenkosten (75 v.H. aus 465,00)
        
349,00 EUR
Pauschbetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2
        
100,00 EUR
Freibetrag nach § 30 SGB II
        
   191,50 EUR
Bedarf
        
1501,50 EUR
47 
Der Freibetrag nach § 30 SGB II errechnet sich in diesem Zusammenhang, wie folgt:
48 
Teilbetrag nach § 30 Satz 2 Nr. 1 SGB II: 20 v.H. aus 700,- EUR
        
140,00 EUR
Teilbetrag nach § 30 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. S. 3: 10 v.H aus 515,- EUR
        
 51,50 EUR
49 
Dem stehen gegenüber Einnahmen:
50 
Nettoeinkommen
        
1315.00 EUR
Kindergeld
        
   328,00 EUR
Einkommen
        
1643,00 EUR
51 
Hieraus ergibt sich ein Überschuss in Höhe von 141,50 EUR.
52 
Selbst wenn man aber dem Ansatz der Beklagten folgt, die eine vollständige Gesamtbetrachtung für richtig erachtet, ergibt sich nicht, dass der Lebensunterhalt nicht gesichert wäre.
53 
Es bestünde folgender Bedarf:
54 
Regelsätze Kläger und Partnerin
        
646,00 EUR
Regelsätze Kinder
        
502,00 EUR
Miete
        
465,00 EUR
Pauschbetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2
        
100,00 EUR
Freibetrag nach § 30 SGB II
        
   191,50 EUR
Bedarf
        
1904,00 EUR
55 
Dem stehen gegenüber Einnahmen:
56 
Nettoeinkommen Kläger
        
1315,00 EUR
Nettoeinkommen Partnerin
        
 120,00 EUR
Kindergeld
        
   328,00 EUR
Einkommen
        
1763,00 EUR
57 
Daraus ergibt sich zwar ein gegenwärtiger Abmangel in Höhe von 152,50 EUR. Frau xxx wird jedoch, wie die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Zusage der Kindertagesstätte „Early Bird Club“ ausweist, ab 4. Januar 2010 auf der Basis von 400,00 EUR als Putzkraft tätig zu sein, weshalb prognostisch gesehen der Lebensunterhalt gesichert sein wird. An der Ernsthaftigkeit und Verlässlichkeit dieser Zusage zu zweifeln, besteht für den Senat kein ausreichender Anlass. Gleichermaßen besteht kein Anhalt dafür, das Frau xxx diese Stelle nicht antreten wird. Zum einen sind die beiden Kinder in einem Alter, das eine stundenweise Beschäftigung ohne weiteres erlaubt. Zum anderen ist sie sich sicherlich der Tatsache bewusst, dass das Aufenthaltsrecht des Klägers andernfalls wieder infrage stehen kann, sofern die Beklagte nicht im Ermessenswege nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Regelerteilungsvoraussetzung absieht oder man - weitergehend -nicht auch hier mit Rücksicht auf die nur geringfügige Unterdeckung von einem atypischen Ausnahmefall auszugehen hätte, was aber gegenwärtig vom Senat nicht beantwortet werden muss (vgl. zu alledem nochmals BVerwG, Urteil v. 30. April 2009 – 1 C 3.08 – InfAuslR 2009, 333).
58 
Im Übrigen haben der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass nach dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgelegten Arbeitsvertrag vom 12. Mai 2009 ein höheres Gehalt vereinbart sei, was in der Tat zutrifft. Der Kläger hat hierzu noch ausgeführt, dass er dieses gegenwärtig nicht vollständig erreichen könne, weil er infolge der Duldung Baden-Württemberg nicht verlassen dürfe.
59 
Der 15 Jahre alte Sohn Alexander, der bei seiner Mutter in deren Familie in xxx lebt, und zu dem der Kläger keine persönliche Beziehung (mehr) hat, ist nicht in die Bedarfsberechnung einzubeziehen. Denn der Kläger hat noch niemals regelmäßig Unterhalt gezahlt, wie er in der mündlichen Verhandlung erläutert hat. Auch hat die Mutter bislang keinen Unterhalt gefordert, geschweige denn dass mit Rücksicht auf unterbliebene Zahlungen durch den Kläger ein Unterhaltsanspruch tituliert wäre. In Anbetracht dessen kann ein allenfalls theoretischer Anspruch, der nicht realisiert wird, nicht zulasten des Klägers in Rechnung gestellt werden. Wäre dies wider Erwarten in der Zukunft doch der Fall, so müsste möglicherweise von einer anderen Sachlage ausgegangen werden.
60 
Allerdings erfüllt der Kläger nicht die Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 AufenthG, da er nur mit einem Schengen-Visum für einen Besuchsaufenthalt eingereist war. Eine Unzumutbarkeit der Einholung des Aufenthaltstitels vom Herkunftsland aus im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG folgt zunächst noch nicht automatisch daraus, dass er mit seinen Kindern in familiärer Gemeinschaft lebt, zumindest dann, wenn, wie hier, die Kinder schon etwas älter sind. Eine Unzumutbarkeit folgt aber daraus, dass der Kläger sich mittlerweile eine berufliche Grundlage in ungekündigter Stellung geschaffen hat, mit der er gerade den Unterhalt der Familie weitgehend sichert. Eine u.U. mehrmonatige Abwesenheit wird den Bestand dieses Arbeitsverhältnis sicherlich ernsthaft gefährden, abgesehen davon kann der Kläger in dieser Zeit dann auf keinen Fall den Unterhalt der Kinder sichern, was auch nicht im öffentlichen Interesse stehen kann. Geht man aber von einer Unzumutbarkeit aus, dann ist - jedenfalls im vorliegenden Fall - nicht ersichtlich, welchen zulässigen Ermessenserwägungen die Beklagte noch anstellen könnte und dürfte, sodass von einer Ermessensreduzierung auszugehen ist (vgl. in diesem Sinne auch Bäuerle, GK-AufenthG, § 5 Rdn. 177).
61 
Im Übrigen können auch die von der Beklagten angestellten Ermessenserwägungen in Bezug auf ein Absehen vom hier vorliegenden Ausweisungsgrund keinen Bestand haben (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Im Bescheid der Beklagten finden sich zu der gesamten familiären Situation des Klägers, insbesondere zu der Beziehung zu seinen Kindern nur der Satz: „Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG scheitert, unabhängig davon, dass die Voraussetzungen eines rechtlichen Abschiebungshindernisses nach Art. 6 GG aufgrund der familiären Verbundenheit mit den leiblichen Kindern und der Lebensgefährtin vorliegen, an § 5 Abs. 1 und 3 AufenthG“; weitere Erwägungen fehlen. Auch im Widerspruchsbescheid wird lediglich pauschal auf „schutzwürdige Belange“ hingewiesen. Beide Bescheide stellen sich der familiären Problematik nicht wirklich, sondern handeln diese lediglich an der Oberfläche mit Leerformeln ab. Insbesondere wird die Frage nicht näher erörtert, ob nicht die Aufrechterhaltung der familiären Lebensgemeinschaft gerade auch im Interesse der Kinder (und nicht in erster Linie des Klägers) es rechtfertigen kann, das geringe Risiko der Begehung weniger gewichtiger Straftaten hinzunehmen. Es fehlt jede vertiefte Auseinandersetzung mit den möglichen Beeinträchtigungen der familiären Gemeinschaft bzw. den konkreten grundrechtlichen Anforderungen an eine individuelle und einzelfallbezogene Abwägung. Vielmehr wird unübersehbar der Eindruck erweckt, dass jede konkrete Gefahr einer Begehung auch geringfügiger Delikte generell auch in Ansehung des Art. 6 GG keine Abweichung ermögliche. Damit und in dieser Pauschalität wird aber den oben unter 1 dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen einer konkreten einzelfallbezogenen Abwägung nicht genügt, die gleichermaßen Geltung beanspruchen, wenn die Frage zu entscheiden ist, ob wenigstens im Ermessenswege von einem Ausweisungsgrund abgesehen wird.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
63 
Ein Grund nach § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
64 
Beschluss vom 18. November 2009
65 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,- EUR festgesetzt.
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
31 
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
32 
Der Kläger hat einen Regelanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Ihm ist es aus Rechtsgründen seit mehr als 18 Monaten unverschuldet unmöglich, auszureisen (vgl. § 25 Abs. 5 S. 2 und 3 AufenthG).
33 
Art. 6 Abs. 1 und 2 GG bzw. Art. 8 EMRK begründen im Falle des Klägers mit Rücksicht auf die seit Jahren gelebte familiäre Gemeinschaft mit seinen Kindern und seiner Lebensgefährtin nicht nur ein rechtlich begründetes Abschiebungsverbot, sondern auch eine atypische Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG.
34 
Das Erstere wird auch von der Beklagten nicht infrage gestellt, wie sich nicht zuletzt aus der Tatsache ablesen lässt, dass sie seit dem Jahre 2002 dem Kläger ununterbrochen Duldungen erteilt hat.
35 
Nach Aktenlage und nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung geht der Senat davon aus, dass der Kläger eine familiäre Lebensgemeinschaft mit seinen Kindern und seiner Lebensgefährtin, Frau xxx, weder in deren Herkunftsland Bosnien-Herzegowina noch in seinem Herkunftsland Serbien auf absehbare Zeit herstellen kann. Eine Herstellung in Bosnien und Herzegowina ist schon deshalb rechtlich nicht möglich, weil Frau xxx insoweit aufgrund der rechtskräftigen Feststellung des Bundesamts Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG bzw. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG genießt und aus diesem Grund zusammen mit den Kindern im Besitz eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist und im Übrigen mittlerweile auch einen Anspruch auf Erteilung eines Titels nach § 25 Abs. 3 AufenthG haben wird. Eine Herstellung der Lebensgemeinschaft in Serbien scheitert gegenwärtig daran, dass Frau xxx und die Kinder nach Überzeugung des Senats nur die Staatsangehörigkeit von Bosnien-Herzegowina besitzen. Es gibt keinen ausreichenden Anhalt, dass sie die serbische Staatsangehörigkeit haben könnten. Die Eltern von Frau xxx wurden beide in Bosnien geboren und haben beide dort noch bis nach der Geburt von Frau xxx gelebt. Ihre Mutter ist erst später im Zuge der Trennung der Eltern nach Slowenien gegangen (vgl. Niederschrift des Bundesamts vom 2. November 2000, S. 3). Es muss daher davon ausgegangen werden, dass Frau xxx durch Geburt die Staatsangehörigkeit der früheren Teilrepublik Bosnien erworben hat, die später in die Staatsangehörigkeit des neuen Staates Bosnien und Herzegowina überging (vgl. Auswärtiges Amt Lagebericht Bosnien und Herzegowina v. 4. Mai 2000). Davon geht auch das Verwaltungsgericht Stuttgart im Urteil v. 25. Juli 2003 (A 16 K 10520/02) aus. Zwar kommt auch in Betracht, dass Frau xxx durch ihre Geburt in Serbien die serbische Staatsangehörigkeit erworben haben könnte, die darauf beruht, dass ihre Mutter sich zur Geburt in das Krankenhaus der grenznahen Stadt L. begab. Allerdings konnte man von Rechts wegen nur die Staatsangehörigkeit einer Teilrepublik haben, weshalb die Eltern eine Bestimmung treffen mussten, welche Staatsangehörigkeit das Kind haben sollte (vgl. zu alledem auch Osteuropa-Institut v. 6. Februar 1995). Wenn in diesem Zusammenhang eine Staatsangehörigkeitsbescheinigung über den Besitz der Staatsangehörigkeit von Bosnien und Herzegowina vom 26. Juli 1999 vorliegt und Frau xxx zwei Mal ein Pass von Bosnien und Herzegowina ausgestellt wurde (vgl. vgl. Niederschrift des Bundesamts vom 2. November 2000, S. 2), kann nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden, dass die Option zugunsten Serbien ausgeübt worden war, wenn man den ständigen Aufenthalt der Eltern in Bosnien, aber auch den eigenen von Frau xxx in Rechnung stellt, die, wie sie in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, in Bosnien gelebt hat, dort zur Schule gegangen ist und ihre Ausbildung zur Krankenschwester gemacht hat, bis sie den Kläger kennen gelernt hat. Die von ihr im Rahmen der Anhörung durch das Bundesamt am 2. November 2000 gemachten Angaben sind, wie sich aus deren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung ergab, wohl in der Weise zu verstehen, dass sie sich nur deshalb bei der Passbeschaffung der Hilfe anderer bedient hatte, weil sie, die damals ohne einen Pass in Serbien lebte, keine Möglichkeiten sah, sich einen Pass in Bosnien und Herzegowina ausstellen zu lassen. Dass Frau xxx nicht die serbische Staatsangehörigkeit besitzt, hat offenbar bislang auch die Beklagte so gesehen, nachdem es in den letzten etwa zehn Jahren keinen einzigen Versuch ihrerseits gegeben hat, den Aufenthalt nach Serbien zu beenden. Es kann daher offen bleiben, ob Frau xxx eine Ausreise nach Serbien zuzumuten wäre. Denn immerhin dürfte sie dort ihre schwere Traumatisierung, die heute noch ständig zu behandeln ist, erlitten haben. Mit Rücksicht auf die Bindungswirkung des § 42 AsylVfG wäre der Senat allerdings ohnehin an einer diesbezüglichen Feststellung gehindert.
36 
Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis steht § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ausnahmsweise deshalb nicht entgegen, weil ein atypischer Ausnahmefall vorliegt.
37 
Es bedarf keiner Erörterung, dass der Kläger mit Rücksicht auf die vielfältigen bislang nicht getilgten Straftaten in seiner Person den Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG erfüllt, weshalb dem Grundsatz nach an sich die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht gegeben ist. Auch wenn der Kläger seit Begehung der letzten Straftat im Oktober 2007 nicht erneut verurteilt wurde, so trifft es sicherlich zu, dass angesichts seiner bisherigen strafgerichtlichen Verurteilungen keine hinreichend gesicherte Grundlage für die Annahme besteht, er werde in Zukunft nicht wieder straffällig werden. Abgesehen von der nunmehr über 14 Jahre zurück liegenden Verurteilung im Jahre 1995 wegen gefährlicher Körperverletzung, die einen - allerdings auf beiderseitige verbale Provokationen zurückzuführenden - gewalttätigen Angriff des Klägers betraf, bei dem dieser dem Opfer in den Unterleib trat, sodass diesem ein Hoden entfernt werden musste, und den Kiefer brach, handelte es sich aber durchgängig um nicht einmal mittel-schwere Delikte, die sämtlich nicht in ein Führungszeugnis einzutragen sind. Die höchste Einzelstrafe betrug, im Übrigen nur wegen eines im Jahre 1993 fahrlässig begangenen Delikts, 50 Tagessätze und nach der Wiedereinreise sogar nur noch 30 Tagessätze. Es besteht hiernach kein Anhaltspunkt, der Kläger könne wieder in einem Maße straffällig werden, wie dies im Jahre 1995 der Fall war, zumal er wegen eines einzigen Gewaltdelikts auffällig wurde, als er noch erheblich jünger und noch nicht in eine intensive familiäre Beziehung eingebunden war.
38 
Art. 6 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 EMRK können im Einzelfall nach Abwägung mit allen Aspekten des den Ausweisungsgrund begründenden Sachverhalts einen atypischen Ausnahmefall begründen. Der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG umfasst namentlich die Freiheit der Eheschließung und Familiengründung sowie das Recht auf ein eheliches und familiäres Zusammenleben (BVerfG, Beschluss v. 12. Mai 1987 - 2 BvR 1226/83 u.a. - BVerfGE 76, 1 <42>). Art. 6 Abs. 1 GG begründet grundsätzlich aber noch keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren die bestehenden familiären Bindungen an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 12. Mai 1987 – a.a.O.; Beschluss v. 11. Mai 2007 - 2 BvR 2483/06 - InfAuslR 2007, 336 <337>). Für die Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG ist die Frage, ob es den anderen Familienangehörigen zumutbar ist, den Kläger in sein Herkunftsland zu begleiten, von erheblicher Bedeutung. Denn wenn die familiäre Lebensgemeinschaft nur in der Bundesrepublik Deutschland gelebt werden kann, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen der Bundesrepublik nicht zumutbar ist - etwa weil ihm dort flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung oder sonstige schwerwiegende Beeinträchtigungen von Leib, Leben oder Freiheit drohen -, drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, regelmäßig einwanderungspolitische Belange zurück (vgl. BVerfG, Beschluss v. 18. April 1989 - 2 BvR 1169/84 - BVerfGE 80, 81 <95>). Eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG liegt dagegen fern, wenn die Lebensgemeinschaft zumutbar auch im gemeinsamen Herkunftsland geführt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil v. 26. August 2008 - 1 C 32.07 – BVerwGE 131, 370, Rn. 27). Denn Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistet nicht das Recht, die familiäre Lebensgemeinschaft in Deutschland zu führen, wenn dies auch in einem anderen Land zumutbar möglich ist. Auch für die Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs in den Schutzbereich des Art. 8 EMRK kommt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte der Frage erhebliche Bedeutung zu, ob das Familienleben ohne Hindernisse auch im Herkunftsland möglich ist (vgl. EGMR, Urteil v. 19. Februar 1996 - 53/1995/559/645 - InfAuslR 1996, 245, Gül; Urteil v. 28. November 1996 - 73/1995/579/665 - InfAuslR 1997, 141, Ahmut) oder ob der Nachzug das einzige adäquate Mittel darstellt, in familiärer Gemeinschaft zu leben (vgl. EGMR, Urteil v. 21. Dezember 2001 - 31465/96 - InfAuslR 2002, 334, Sen).
39 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein Ausnahmefall vor, wenn entweder besondere, atypische Umstände vorliegen, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen, oder die Erteilung des Aufenthaltstitels aus Gründen höherrangigen Rechts wie etwa Art. 6 GG oder im Hinblick auf Art. 8 EMRK geboten ist, z.B. weil die Herstellung der Familieneinheit im Herkunftsland nicht möglich ist (vgl. Urteil v. 30. April 2009 – 1 C 3.08 – InfAuslR 2009, 333 m.w.N.). Der letztgenannte Gesichtspunkt wurde allerdings spezifisch im Zusammenhang mit der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG entwickelt und bedarf hinsichtlich der Regelerteilungsvoraussetzung des nicht vorliegenden Ausweisungsgrundes der Modifizierung. Denn allein der Umstand, dass die Herstellung der Familieneinheit im Herkunftsland nicht möglich ist, vermag nicht unterschiedslos alle Ausweisungsgründe ungeachtet ihres jeweiligen Gewichts zu überwinden. Maßgeblich kann nur sein, dass das Gewicht des jeweils konkret verwirklichten Ausweisungsgrundes mit den verfassungsrechtlichen aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG folgenden Erfordernissen in Beziehung gesetzt und abgewogen werden muss. Denn es kann nicht zweifelhaft sein, dass nicht jeder Ausweisungsgrund von geringem Gewicht geeignet sein kann, den verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie zu überspielen. Die Frage, ob eine Ausnahme vorliegt, unterliegt hiernach aber voller gerichtlicher Überprüfung und Einschätzung. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz (vgl. Urteil v. 30. April 2009 – 1 C 3.08 – InfAuslR 2009, 333 m.w.N.).
40 
Diese hier zu beachtende unmittelbare verfassungsrechtliche Wertung von hohem Rang relativiert das ohnehin nicht hohe Gewicht des Ausweisungsgrundes erheblich und nimmt ihm daher das typische, die Versagung des Titels rechtfertigende und tragende Gewicht, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass die letzte Straftat immerhin über zwei Jahre zurückliegt. Für die Annahme eines atypischen Ausnahmefalls, der ein Abweichen von der Regel gebietet, streitet nicht zuletzt, dass von Verfassungs wegen der Beziehung des Vaters zu seinen heranwachsenden Kindern und dem von ihm neben der Mutter zu leistenden eigenständigen Erziehungsbeitrag ein hohes verfassungsrechtliches Gewicht zukommt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss v. 31. August 1999 - 2 BvR 1523/99 - InfAuslR 2000, 67; v. 8. Dezember 2005 – 2 BvR 1001/04 – InfAuslR 2006, 122). In gewissem Umfang wird man das Gewicht des Regelversagungsgrundes des Nichtvorliegens eines Ausweisungsgrundes auch mit der Erwägung vorsichtig relativieren müssen, dass es hier um einen Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG geht, der gerade in Abweichung von der Sperrwirkung der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG erteilt werden kann (vgl. Bäuerle, in: GK-AufenthG § 5 Rdn. 187 m.w.N.), mit anderen Worten, dass hier als ein typischer Anwendungsfall gerade ein Fall vorliegen kann, bei dem in der Vergangenheit eine Ausweisung ausgesprochen worden war. Die vom Kläger gelebte enge familiäre Lebensgemeinschaft mit seinen Kindern, die sich noch in einem Alter befinden, in dem die Beziehung zwischen ihnen und ihrem Vater und dessen umfassenden Einflüsse auf diese unverzichtbar sind, gebietet es, auch das geringe Risiko der Begehung kleinerer Straftaten hinzunehmen.
41 
Liegt ein solcher Ausnahmefall vor, dann ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insoweit, d.h. unter dem Aspekt des Ausweisungsgrundes, kein weiterer Spielraum für eine noch zu treffende Ermessensentscheidung gegeben (vgl. Urteil v. 30. April 2009 – 1 C 3.08 – InfAuslR 2009, 333).
42 
Demgegenüber kann nicht eingewandt werden, eine Trennung könne (und müsse) durch die Erteilung einer Duldung vermieden werden. Denn das Rechtsinstitut der Duldung ist nicht dazu bestimmt, einen von Verfassungs wegen gebotenen dauernden Aufenthalt zu sichern und zu ermöglichen, was mit Blick auf § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG aus gesetzessystematischen Gründen keinem Zweifel unterliegen kann (vgl. GK-AufenthG § 60a Rdn. 133). Nur dann, wenn das Aufenthaltsgesetz keinerlei Möglichkeit eröffnet, einen legalen Aufenthalt zu begründen, kann und muss dann auch die Duldung diese Lücke schließen, selbst wenn sie einen auf unabsehbare Zeit angelegten Aufenthalt tatsächlich ermöglicht. Im vorliegenden Fall ist aber gerade die aufenthaltsrechtliche Rechtsordnung ausreichend offen, um jedenfalls als Ergebnis einer Abwägung zu einer Legalisierung des Aufenthalts zu kommen. Die aufenthaltsrechtlich anzustellende Abwägung hat hier auch zwischen den Alternativen Beendigung des Aufenthalts einerseits und weiterer zeitlich unabsehbarer Anwesenheit im Bundesgebiet andererseits zu erfolgen, weil andernfalls der nur temporäre Charakter der Duldung aus dem Auge verloren und als dessen Kehrseite das grundsätzlich bestehende rechtliche geschützte Interesse an einer Legalisierungsmöglichkeit vernachlässigt würde.
43 
Dem steht auch nicht entgegen, dass grundsätzlich die Vorschriften des 6. Abschnitts als eine vom Gesetzgeber im Rahmen des ihm eingeräumten Spielraums vorgenommene umfassende Ausgestaltung des Komplexes des Familiennachzugs bzw. der Wahrung der Familieneinheit zu begreifen sind und regelmäßig ein den aus Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK abzuleitenden Anforderungen genügendes aufenthaltsrechtliches Regelwerk darstellen. Nicht zuletzt aus systematischen Gründen folgt hieraus, dass dann, wenn eine Herstellung bzw. Wahrung der Familieneinheit nach dem 6. Abschnitt rechtmäßig versagt werden kann, ein Rückgriff auf die Vorschriften des 5. Abschnitts - und hier regelmäßig auf § 25 Abs. 5 AufenthG - nicht möglich ist. Dies kann jedoch ausnahmsweise dann nicht gelten, wenn Art. 6 Abs. 1 GG etwas anderes gebietet. Ist hiernach rechtlich zwingend eine Trennung der Familie dauerhaft nicht zulässig und kann die Familieneinheit nur im Bundesgebiet hergestellt oder aufrecht erhalten werden, so muss ein solcher Rückgriff zugelassen werden, um nicht in unauflösbaren Konflikt mit vorrangigem Verfassungsrecht zu kommen (vgl. auch VGHBW, Beschluss v. 10. März 2009 - 11 S 2990/08 - InfAuslR 2009, 236). Auch hier gilt wiederum, dass nicht in Art eines Zirkelschlusses darauf verwiesen werden darf, dass mit Rücksicht auf § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG es faktisch nicht zu einer Trennung kommen wird, da die Duldung nicht dazu bestimmt ist, einen voraussichtlich auf Dauer angelegten Aufenthalt zu regeln.
44 
Ein weiterer Versagungsgrund nach § 5 Abs. 1 AufenthG ist hier nicht ersichtlich, insbesondere ist der Lebensunterhalt des Klägers in einer Weise gesichert, dass er keine öffentlichen Mittel in Anspruch nehmen muss (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG). Entgegen der Ansicht der Beklagten ist bei der Bestimmung des Bedarfs und der Prüfung, ob der Kläger Leistungen nach dem SGB II in Anspruch nehmen muss (vgl. zum Maßstab des SGB II BVerwG, Urteil v. 26. August 2008 – 1 C 32.07 – BVerwGE 131, 370), Frau xxx nicht zu berücksichtigten. Der Kläger ist ihr gegenüber nicht unterhaltspflichtig, was von der Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen wird. Daraus folgt weiter, dass beim Kläger bei der Bedarfsberechnung eine diesbezügliche Unterhaltspflicht nicht eingestellt werden darf. Daraus wiederum folgt, dass der Kläger, wie sich aus der folgenden Berechnung ablesen lässt, keinen Anspruch auf Sozialleistungen hat. Einen Leistungsanspruch nach SGB II hat allein Frau xxx. Um deren Aufenthaltsrecht geht es aber nicht, dieses ist auch gegenwärtig nicht infolge der mangelnden Sicherung des Lebensunterhalts in Frage gestellt (vgl. schon Münder, in: LPK-BSHG, 6. Aufl., § 122 Rdn. 15, und nunmehr Brühl, in: Münder, LPK-SGB II, 2005, § 7 Rdn. 29 ff, 33 und 37, wonach derjenige, der über ausreichendes Einkommen und/oder Vermögen verfügt, auch nicht als Empfänger von Sozialhilfeleistungen anzusehen ist, sondern ausschließlich das andere Mitglied der Bedarfsgemeinschaft; vgl. auch OVG BB, Urteil v. 27. August 2009 - 11 B 1.09 - juris; GK-AufenthG, § 2 Rdn. 50).
45 
Für den Kläger und seine beiden unterhaltsberechtigten Kinder ergibt sich folgende Bedarfberechnung:
46 
Regelsatz Kläger
        
359,00 EUR
Regelsätze Kinder
        
502,00 EUR
Miete/Nebenkosten (75 v.H. aus 465,00)
        
349,00 EUR
Pauschbetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2
        
100,00 EUR
Freibetrag nach § 30 SGB II
        
   191,50 EUR
Bedarf
        
1501,50 EUR
47 
Der Freibetrag nach § 30 SGB II errechnet sich in diesem Zusammenhang, wie folgt:
48 
Teilbetrag nach § 30 Satz 2 Nr. 1 SGB II: 20 v.H. aus 700,- EUR
        
140,00 EUR
Teilbetrag nach § 30 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. S. 3: 10 v.H aus 515,- EUR
        
 51,50 EUR
49 
Dem stehen gegenüber Einnahmen:
50 
Nettoeinkommen
        
1315.00 EUR
Kindergeld
        
   328,00 EUR
Einkommen
        
1643,00 EUR
51 
Hieraus ergibt sich ein Überschuss in Höhe von 141,50 EUR.
52 
Selbst wenn man aber dem Ansatz der Beklagten folgt, die eine vollständige Gesamtbetrachtung für richtig erachtet, ergibt sich nicht, dass der Lebensunterhalt nicht gesichert wäre.
53 
Es bestünde folgender Bedarf:
54 
Regelsätze Kläger und Partnerin
        
646,00 EUR
Regelsätze Kinder
        
502,00 EUR
Miete
        
465,00 EUR
Pauschbetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2
        
100,00 EUR
Freibetrag nach § 30 SGB II
        
   191,50 EUR
Bedarf
        
1904,00 EUR
55 
Dem stehen gegenüber Einnahmen:
56 
Nettoeinkommen Kläger
        
1315,00 EUR
Nettoeinkommen Partnerin
        
 120,00 EUR
Kindergeld
        
   328,00 EUR
Einkommen
        
1763,00 EUR
57 
Daraus ergibt sich zwar ein gegenwärtiger Abmangel in Höhe von 152,50 EUR. Frau xxx wird jedoch, wie die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Zusage der Kindertagesstätte „Early Bird Club“ ausweist, ab 4. Januar 2010 auf der Basis von 400,00 EUR als Putzkraft tätig zu sein, weshalb prognostisch gesehen der Lebensunterhalt gesichert sein wird. An der Ernsthaftigkeit und Verlässlichkeit dieser Zusage zu zweifeln, besteht für den Senat kein ausreichender Anlass. Gleichermaßen besteht kein Anhalt dafür, das Frau xxx diese Stelle nicht antreten wird. Zum einen sind die beiden Kinder in einem Alter, das eine stundenweise Beschäftigung ohne weiteres erlaubt. Zum anderen ist sie sich sicherlich der Tatsache bewusst, dass das Aufenthaltsrecht des Klägers andernfalls wieder infrage stehen kann, sofern die Beklagte nicht im Ermessenswege nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Regelerteilungsvoraussetzung absieht oder man - weitergehend -nicht auch hier mit Rücksicht auf die nur geringfügige Unterdeckung von einem atypischen Ausnahmefall auszugehen hätte, was aber gegenwärtig vom Senat nicht beantwortet werden muss (vgl. zu alledem nochmals BVerwG, Urteil v. 30. April 2009 – 1 C 3.08 – InfAuslR 2009, 333).
58 
Im Übrigen haben der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass nach dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgelegten Arbeitsvertrag vom 12. Mai 2009 ein höheres Gehalt vereinbart sei, was in der Tat zutrifft. Der Kläger hat hierzu noch ausgeführt, dass er dieses gegenwärtig nicht vollständig erreichen könne, weil er infolge der Duldung Baden-Württemberg nicht verlassen dürfe.
59 
Der 15 Jahre alte Sohn Alexander, der bei seiner Mutter in deren Familie in xxx lebt, und zu dem der Kläger keine persönliche Beziehung (mehr) hat, ist nicht in die Bedarfsberechnung einzubeziehen. Denn der Kläger hat noch niemals regelmäßig Unterhalt gezahlt, wie er in der mündlichen Verhandlung erläutert hat. Auch hat die Mutter bislang keinen Unterhalt gefordert, geschweige denn dass mit Rücksicht auf unterbliebene Zahlungen durch den Kläger ein Unterhaltsanspruch tituliert wäre. In Anbetracht dessen kann ein allenfalls theoretischer Anspruch, der nicht realisiert wird, nicht zulasten des Klägers in Rechnung gestellt werden. Wäre dies wider Erwarten in der Zukunft doch der Fall, so müsste möglicherweise von einer anderen Sachlage ausgegangen werden.
60 
Allerdings erfüllt der Kläger nicht die Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 AufenthG, da er nur mit einem Schengen-Visum für einen Besuchsaufenthalt eingereist war. Eine Unzumutbarkeit der Einholung des Aufenthaltstitels vom Herkunftsland aus im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG folgt zunächst noch nicht automatisch daraus, dass er mit seinen Kindern in familiärer Gemeinschaft lebt, zumindest dann, wenn, wie hier, die Kinder schon etwas älter sind. Eine Unzumutbarkeit folgt aber daraus, dass der Kläger sich mittlerweile eine berufliche Grundlage in ungekündigter Stellung geschaffen hat, mit der er gerade den Unterhalt der Familie weitgehend sichert. Eine u.U. mehrmonatige Abwesenheit wird den Bestand dieses Arbeitsverhältnis sicherlich ernsthaft gefährden, abgesehen davon kann der Kläger in dieser Zeit dann auf keinen Fall den Unterhalt der Kinder sichern, was auch nicht im öffentlichen Interesse stehen kann. Geht man aber von einer Unzumutbarkeit aus, dann ist - jedenfalls im vorliegenden Fall - nicht ersichtlich, welchen zulässigen Ermessenserwägungen die Beklagte noch anstellen könnte und dürfte, sodass von einer Ermessensreduzierung auszugehen ist (vgl. in diesem Sinne auch Bäuerle, GK-AufenthG, § 5 Rdn. 177).
61 
Im Übrigen können auch die von der Beklagten angestellten Ermessenserwägungen in Bezug auf ein Absehen vom hier vorliegenden Ausweisungsgrund keinen Bestand haben (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Im Bescheid der Beklagten finden sich zu der gesamten familiären Situation des Klägers, insbesondere zu der Beziehung zu seinen Kindern nur der Satz: „Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG scheitert, unabhängig davon, dass die Voraussetzungen eines rechtlichen Abschiebungshindernisses nach Art. 6 GG aufgrund der familiären Verbundenheit mit den leiblichen Kindern und der Lebensgefährtin vorliegen, an § 5 Abs. 1 und 3 AufenthG“; weitere Erwägungen fehlen. Auch im Widerspruchsbescheid wird lediglich pauschal auf „schutzwürdige Belange“ hingewiesen. Beide Bescheide stellen sich der familiären Problematik nicht wirklich, sondern handeln diese lediglich an der Oberfläche mit Leerformeln ab. Insbesondere wird die Frage nicht näher erörtert, ob nicht die Aufrechterhaltung der familiären Lebensgemeinschaft gerade auch im Interesse der Kinder (und nicht in erster Linie des Klägers) es rechtfertigen kann, das geringe Risiko der Begehung weniger gewichtiger Straftaten hinzunehmen. Es fehlt jede vertiefte Auseinandersetzung mit den möglichen Beeinträchtigungen der familiären Gemeinschaft bzw. den konkreten grundrechtlichen Anforderungen an eine individuelle und einzelfallbezogene Abwägung. Vielmehr wird unübersehbar der Eindruck erweckt, dass jede konkrete Gefahr einer Begehung auch geringfügiger Delikte generell auch in Ansehung des Art. 6 GG keine Abweichung ermögliche. Damit und in dieser Pauschalität wird aber den oben unter 1 dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen einer konkreten einzelfallbezogenen Abwägung nicht genügt, die gleichermaßen Geltung beanspruchen, wenn die Frage zu entscheiden ist, ob wenigstens im Ermessenswege von einem Ausweisungsgrund abgesehen wird.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
63 
Ein Grund nach § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
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Beschluss vom 18. November 2009
65 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,- EUR festgesetzt.
66 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.