Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 22. Okt. 2015 - 10 S 1773/15

bei uns veröffentlicht am22.10.2015

Tenor

Auf die Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 22. Juli 2015 - 4 K 4749/14 - geändert.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Änderungsgenehmigung vom 26.06.2012 in der Gestalt des Abänderungsbescheids vom 30.07.2014 wird bezüglich der in Nr. I.2.5 getroffenen Regelung zur Einsatzzeit von Betriebsmitteln mit der Maßgabe wiederhergestellt, dass die Beigeladene zur Nutzung eines Gabelstaplers für die Zeit von einer halben Stunde pro Tag berechtigt ist.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 22.07.2015 ist zulässig (§§ 146, 147 VwGO), sie hat jedoch nur in geringem Umfang Erfolg.
Nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts bei Beschwerden gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkt. Danach prüft der Verwaltungsgerichtshof nur die in einer rechtzeitig eingegangenen Beschwerdebegründung dargelegten Gründe. Auf dieser Grundlage hat die Beschwerde der Beigeladenen nur zu einem geringen Teil Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung vorgetragenen Gründe führen überwiegend dazu, dass die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. i.V.m. § 80a Abs. 3 VwGO vorzunehmende Abwägung zugunsten des Interesses der Antragstellerin ausfällt, vom Vollzug bzw. der Ausnutzung der der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung vom 26.06.2012 - soweit sie Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist - verschont zu bleiben; lediglich im Hinblick auf die Nutzung eines Gabelstaplers für einen begrenzten Zeitraum überwiegt das Vollzugsinteresse der Beigeladenen.
Bei mehrpoligen Rechtsverhältnissen, insbesondere wie hier bei begünstigenden Verwaltungsakten mit belastender Drittwirkung, stehen sich die Rechtspositionen der entsprechend reziprok betroffenen Privaten grundsätzlich gleichrangig gegenüber. Ein Rechtssatz des Inhalts, dass sich der einen Genehmigungsbescheid anfechtende Dritte gegenüber dem Genehmigungsempfänger von vornherein in einer bevorzugten verfahrensrechtlichen Position befinden müsse, wenn es um die Frage der sofortigen Verwirklichung des Genehmigungstatbestandes geht, ist weder aus dem geltenden Verwaltungsprozessrecht noch aus Art. 19 Abs. 4 GG abzuleiten. Die einseitige Bevorzugung des Dritten durch die einstweilige Festschreibung des status quo liefe vielmehr auf eine ungerechtfertigte, mit den Freiheitsgrundrechten des Begünstigten und dem Gleichheitssatz unvereinbare Privilegierung des Dritten hinaus. Kann mithin nicht von einem prinzipiellen prozessualen Vorrang des einen Genehmigungsbescheid anfechtenden Dritten ausgegangen werden, so ist die Frage, wer bis zur Hauptsacheentscheidung das Risiko der Herbeiführung vollendeter Tatsachen tragen muss, primär nach dem materiellen Recht zu beantworten, also nach der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.10.2008 - 1 BvR 2466/08 - NVwZ 2009, 240, m.w.N.; Senatsbeschluss vom 25.11.2014 - 10 S 1920/14 - VBlBW 2015, 253; Schoch, Vorläufiger Rechtsschutz und Risikoverteilung im Verwaltungsrecht, 1988, S. 1003 ff.). Dem trägt auch § 80 Abs. 2 Nr. 4 2. Alt. VwGO Rechnung, wonach auf das „überwiegende Interesse eines Beteiligten“ zur Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung abgestellt werden kann. Ein überwiegendes Interesse eines durch den Verwaltungsakt begünstigten Beteiligten im Sinne der Vorschrift ist daher dann anzunehmen, wenn das von einem Dritten eingelegte Rechtsmittel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird und zudem die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung dem anderen, begünstigten Beteiligten gegenüber unbillig erscheinen muss. Anders als im zweipoligen Verwaltungsrechtsverhältnis bedarf es in der hier in Rede stehenden Konstellation der Drittanfechtung weder nach dem einfachen Recht (vgl. §§ 80a, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 2. Alt. VwGO) noch nach Art. 19 Abs. 4 GG der Prüfung eines besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.10.2008 - 1 BvR 2466/08 - a.a.O.). Unerheblich ist deshalb, dass der Antragsgegner ein überwiegendes öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug der Änderungsgenehmigung vom 26.06.2012 nicht festgestellt hat, sondern sich in der Vollziehungsanordnung vom 30.07.2014 lediglich auf die überwiegenden Interessen der Beigeladenen an der sofortigen Verwirklichung des Vorhabens gestützt hat.
Der Senat teilt unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens im Ergebnis die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung durchgreifenden, eine überwiegende Aufhebungswahrscheinlichkeit im Hauptsacheverfahren begründenden rechtlichen Bedenken begegnen dürfte (1.). Entgegen der Auffassung der Beigeladenen ist der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen (2.). Vor diesem Hintergrund sowie der im Widerspruchsverfahren zu erwartenden weiteren Überprüfung der tatsächlichen Situation geht der Senat mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass die gebotene Interessenabwägung überwiegend zugunsten des Aussetzungsinteresses der Antragstellerin bezüglich des Einsatzes von beweglichen Betriebsmitteln ausfällt (3.).
1. Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Sachverhaltsprüfung erweist sich die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung vom 26.06.2012 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig. Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten ist zu berücksichtigen, dass in einem von einem Dritten angestrengten Rechtsbehelfsverfahren eine objektive Rechtskontrolle nicht stattfindet. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist vielmehr allein die Frage, ob der das Verfahren betreibende Dritte in eigenen subjektiven Rechten im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt wird. Ob der angefochtene Bescheid insgesamt objektiv rechtmäßig ist, ist insofern nicht maßgeblich. Vielmehr ist die Genehmigung allein darauf hin zu untersuchen, ob sie gegen Vorschriften verstößt, die dem Schutz des um Rechtsschutz nachsuchenden Dritten dienen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 06.10.1989 - 4 C 14.87 - BVerwGE 82, 343; und vom 05.10.1990 - 7 C 55.89 - BVerwGE 85, 368). Hiervon ausgehend hat die Antragstellerin mit ihren Einwendungen gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Erweiterung der Anlage der Beigeladenen zur Lagerung und Aufbereitung von Abfällen vom 26.06.2012 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg. Zwar dürfte die Genehmigung nicht den vom Verwaltungsgericht erhobenen immissionsschutzrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die bei ihrer Erteilung zugrunde gelegte Lärmprognose begegnen (1.1). Der Senat geht indes mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass die Genehmigung gegen im immissionsschutzrechtlichen Verfahren zu prüfende bauplanungsrechtliche Vorschriften verstößt (1.2).
1.1 Voraussichtlich zu Unrecht nimmt das Verwaltungsgericht an, dass die angefochtene Genehmigung gegen Vorschriften des Bundes-Immissions-schutzgesetzes verstößt, die zumindest auch dem Schutz der Antragstellerin zu dienen bestimmt sind. Zutreffend dürfte die Beschwerde darauf hinweisen, dass die angefochtene Genehmigung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht gegen Schutzpflichten nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG verstößt, wobei eine abschließende Klärung freilich nur im Hauptsacheverfahren zu leisten ist.
Jedenfalls bei summarischer Sachverhaltsprüfung werden durch das Vorhaben der Beigeladenen voraussichtlich keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 BImSchG hervorgerufen, sodass den Schutzpflichten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG Genüge getan sein dürfte. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; diese Bestimmung ist für Nachbarn drittschützend (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa Senatsurteil vom 20.07.2011 - 10 S 2102/09 - ZUR 2011, 600). Die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 BImSchG als Instrument der Gefahrenabwehr greift ein, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 BImSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Welche Beeinträchtigungen dabei als erheblich einzustufen sind, bemisst sich danach, was die Betroffenen an Immissionen nicht mehr hinzunehmen brauchen, weil sie unzumutbar sind (vgl. Senatsurteil vom 12.03.2015 - 10 S 1169/13 - juris). Den normkonkretisierenden technischen Regelwerken der TA Luft und der TA Lärm kommt, soweit sie den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Hinblick auf Luftschadstoffe oder Lärm konkretisieren, im Rahmen ihres Anwendungsbereichs eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2013 - 7 C 19.02 - BVerwGE 119, 329; Senatsurteil vom 12.03.2015 - 10 S 1169/13 - a.a.O.). Zutreffend dürfte die Genehmigungsbehörde davon ausgegangen sein, dass von dem Betrieb des Abfalllagerplatzes der Beigeladenen keine für die Antragstellerin unzumutbaren, von ihr nicht hinzunehmenden Einwirkungen durch Lärm hervorgerufen werden. Das Vorhaben genügt bei summarischer Sachverhaltsprüfung den von der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm) vom 26.08.1998 gestellten Anforderungen.
Gemäß Nr. 6.1 Buchst. d) der TA Lärm ist den maßgeblichen Anforderungen bezüglich der Wohnnutzung der Antragstellerin genügt, wenn an dem einschlägigen Beurteilungspunkt auf dem Grundstück der Antragstellerin tagsüber, also zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr, ein Immissionswert von 55 dB(A) nicht überschritten wird. Dieser Immissionsrichtwert dürfte durch die angefochtene Genehmigung zum Schutz der Antragstellerin gewährleistet werden. Der Senat teilt nicht die vom Verwaltungsgericht erhobenen Bedenken gegen das Vorgehen der Genehmigungsbehörde, die lediglich einen Immissionsbeitrag für das Vorhaben der Beigeladenen festgesetzt hat. Durch diese Festsetzung dürfte ein hinreichender Schutz im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG für das Anwesen der Antragstellerin sichergestellt sein. Gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 6 der TA Lärm setzt die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen in der Regel eine Prognose der Geräuschimmissionen der zu beurteilenden Anlage und - sofern im Einwirkungsbereich der Anlage andere Anlagengeräusche auftreten - die Bestimmung der Vorbelastung sowie der Gesamtbelastung voraus. Da sich die in der TA Lärm genannten Immissionsrichtwerte auf die Gesamtbelastung beziehen, steht für die Zusatzbelastung der zu beurteilenden Anlage regelmäßig lediglich ein Immissionsrichtwertanteil (Immissionsbeitrag) zur Verfügung. Eine Festsetzung von verbindlichen Immissionsrichtwerten kommt in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im Falle einer zu berücksichtigenden Vorbelastung nicht in Betracht, weil in die Genehmigung ausschließlich die Anlage betreffende und von ihr einzuhaltende Regelungen aufgenommen werden können. Für die Begrenzung der Lärmimmissionen kann daher nur die ermittelte Zusatzbelastung als maximaler Immissionsbeitrag der verfahrensgegenständlichen Anlage in der Genehmigung festgesetzt werden. Damit wird den immissionsschutzrechtlichen Schutzpflichten genügt, sofern in der Immissionsprognose die Vorbelastung zutreffend ermittelt und berücksichtigt wird.
Gemessen hieran dürften gegen die Verfahrensweise der Genehmigungsbehörde keine Bedenken bestehen. Die Beigeladene legte im Verlauf des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens eine Immissionsprognose vom 29.04.2011 auf der Basis der TA Lärm vor, die nach fachtechnischer Prüfung durch Bedienstete des Antragsgegners nachgebessert und ergänzt wurde. Bei summarischer Sachverhaltsprüfung dürfte die Vorbelastung entgegen der Bedenken des Verwaltungsgerichts hinreichend berücksichtigt worden sein. Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass die vom Verwaltungsgericht angestellten spekulativen Erwägungen nicht geeignet sind, die Richtigkeit der Immissionsprognose in Zweifel zu ziehen.
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1.2 Der Senat geht indes bei summarischer Sachverhaltsprüfung mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass gegen die erteilte Änderungsgenehmigung erhebliche, eine überwiegende Aufhebungswahrscheinlichkeit begründende Bedenken im Hinblick auf bauplanungsrechtliche Vorschriften bestehen. Die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung ist gemäß § 16 BImSchG i.V.m. § 6 Abs. 1 BImSchG zu erteilen, wenn die sich aus § 5 ergebenden Anforderungen erfüllt sind und dem nicht andere öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen. Danach - ferner auch infolge der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG - erstreckt sich die immissionsschutzrechtliche Prüfung auch auf Normen des Baugesetzbuchs. Die Antragstellerin wird durch die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung voraussichtlich in Rechten verletzt, die sie zu schützen bestimmt sind. Sie kann sich auf einen baugebietsübergreifenden Gebietswahrungsanspruch berufen. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich gemäß § 29 Abs. 1 BauGB nach § 30 BauGB i.V.m. dem Bebauungsplan „...“ der Stadt ... vom 30.06.1981 und §§ 8, 15 BauNVO 1977. Der insoweit maßgebliche Bebauungsplan enthält Festsetzungen zur Art der Nutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. BauGB, hier: ein eingeschränktes Gewerbegebiet - GEE), aus denen die Antragstellerin einen sog. übergreifenden Gebietswahrungsanspruch herleiten kann.
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Der Gebietsbewahrungsanspruch gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet (§ 9 Satz 1 Nr. 1 BauGB, § 1 Abs. 3 BauNVO) das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen. Der Anspruch resultiert daraus, dass Baugebietsfestsetzungen kraft Gesetzes dem Schutz aller Eigentümer der in dem Gebiet gelegenen Grundstücke dienen. Die weitreichende nachbarschützende Wirkung beruht auf der Erwägung, dass die Grundstückseigentümer durch die Lage ihrer Anwesen in demselben Baugebiet zu einer Gemeinschaft verbunden sind, bei der jeder in derselben Weise berechtigt und verpflichtet ist. Im Hinblick auf diese wechselseitig wirkende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) hat jeder Eigentümer - unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung - das Recht, sich gegen eine Umwandlung des Gebiets durch Zulassung einer gebietsfremden Nutzung zur Wehr zu setzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30.06.2015 - 3 S 901/15 - juris). Da der Gebietswahrungsanspruch auf der durch eine Baugebietsfestsetzung wechselseitigen Eigentumsbindung beruht, kann er einem Eigentümer, dessen Grundstück sich außerhalb des Baugebiets befindet, grundsätzlich nicht zustehen. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Gemeinde mit einer Baugebietsfestsetzung auch den Zweck verfolgt, Nachbarn außerhalb des Baugebiets einen Anspruch auf Gebietserhaltung zu geben. Ob einer Baugebietsfestsetzung eine derartige über die Gebietsgrenze hinausreichende drittschützende Wirkung zukommt und damit den Nachbarn des Baugebiets ein sog. baugebietsübergreifender Gebietswahrungsanspruch zusteht, hängt davon ab, ob sich der Begründung des Bebauungsplans oder anderen Unterlagen des Planaufstellungsverfahrens ein entsprechender Planungswille der Gemeinde entnehmen lässt. Dabei kann jedoch auch dieser Anspruch nur verletzt sein, wenn im benachbarten Baugebiet ein der Nutzungsart nach unzulässiges Vorhaben zugelassen wird (vgl. zum Vorstehenden Sächs.OVG, Beschluss vom 28.09.2012 - 1 B 313/12 - BauR 2013, 459; sowie BayVGH, Beschluss vom 24.03.2009 - 14 CS 08.3017 - juris). Gemessen hieran dürfte der Antragstellerin ein Anspruch auf Wahrung der Gebietsart im benachbarten Baugebiet „... ...“ zustehen. Das Gericht geht im auf summarische Prüfung angelegten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes davon aus, dass der Bebauungsplan insbesondere mit seiner Regelung zum eingeschränkten Gewerbegebiet entlang der ... wirksam und daher zu beachten ist (1.2.1). Die Gebietsfestsetzung dürfte nach dem Planungswillen der Gemeinde auch zum Schutz des Grundstücks der Antragstellerin erfolgt sein (1.2.2). Bei der gebotenen typisierenden Betrachtung ist der Betrieb der Beigeladenen aufgrund seines Störpotentials in einem eingeschränkten Gewerbegebiet nicht zulässig (1.2.3).
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1.2.1 Zu Recht hat das Verwaltungsgericht der bauplanungsrechtlichen Prüfung den für das Vorhabengrundstück maßgeblichen Bebauungsplan „... ...“ und die darin enthaltenen Festsetzungen zugrunde gelegt. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die einem Dritten erteilte Baugenehmigung ist regelmäßig von der Wirksamkeit des zugrunde liegenden Bebauungsplanes auszugehen, wenn dieser nicht offensichtlich unwirksam ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.1.2009 - 10 B 1687/08 -juris).
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Ausgehend hiervon bestehen keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des maßgeblichen Bebauungsplans. Die Regelung in den textlichen Festsetzungen zu dem eingeschränkten Gewerbegebiet dürfte entgegen der im gerichtlichen Verfahren erhobenen Einwände der Beigeladenen noch hinreichend bestimmt und damit wirksam sein. In den textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan „...“ werden in Ziffer 1.0 „Art der baulichen Nutzung“ für das eingeschränkte Gewerbegebiet nur solche Nutzungen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 und Abs. 3 Nr. 1 BauNVO 1977 zugelassen, „die den Immissionswerten eines Mischgebietes entsprechen, mit Ausnahme von Einzelhandelsbetrieben aller Art und Vergnügungsstätten“. Im Ausgangspunkt zutreffend macht die Beschwerde geltend, dass diese Formulierung missverständlich ist, da sich Immissionswerte jeweils auf das etwa beeinträchtigte Grundstück, nicht jedoch auf das Vorhabengrundstück bzw. die dort verwirklichte Nutzung beziehen. Indes kann die entsprechende Festsetzung mit den üblichen Regeln sachgerechter Auslegung einem eindeutigen Ergebnis zugeführt werden. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Festsetzung unter Hinweis auf die in Nr. 6.1 der TA Lärm enthaltenen Immissionsrichtwerte dahingehend verstanden, dass auf dem Vorhabengrundstück lediglich Gewerbebetriebe mit einem mischgebietstypischen Störungsniveau zu verwirklichen sein sollen. Im Gegensatz zu der hinsichtlich des Störgrades maßgeblichen Beschränkung in § 8 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BauNVO 1977, die insoweit nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe zulässt, stellt § 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 BauNVO 1977 bei Gewerbebetrieben darauf ab, dass sie das Wohnen nicht wesentlich stören. Diese auf § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BauNVO 1977 gestützte Festsetzung zur Gliederung der Gewerbegebiete führt dazu, dass in einem dergestalt „eingeschränkten Gewerbegebiet“ hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nur solche Gewerbebetriebe allgemein zulässig sind, die auch in einem Mischgebiet (§ 6 BauNVO 1977) zulässig wären (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.04.2014 - 8 S 2239/13 - NVwZ-RR 2014, 632). Gegen eine solche insbesondere aus Gründen des Immissionsschutzes vorgenommene Gliederung bestehen nach gefestigter Rechtsprechung keine grundsätzlichen Bedenken (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.12.1989 - 3 S 1278/88 - BRS 49 Nr. 73, m.w.N.).
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Dies zugrunde gelegt hat das Verwaltungsgericht die bauplanungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens zu Recht an den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ zu der Art der zulässigen baulichen Nutzung gemessen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang die von der Beschwerde in den Mittelpunkt ihrer Erörterungen gerückte Problematik, dass das Vorhaben der Beigeladenen auf mehreren Flurstücken verwirklicht werden soll, für die unterschiedliche bauplanungsrechtliche Festsetzungen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung gelten. Zutreffend weist die Beigeladene in diesem Zusammenhang zwar darauf hin, dass die Festsetzung „eingeschränktes Gewerbegebiet“ im oben dargestellten Sinne nicht für das gesamte Vorhabengrundstück gilt und mithin ein nicht unerheblicher Teil der Grundstücksfläche in einem nicht beschränkten allgemeinen Gewerbegebiet liegt. Fehl geht indes der von der Beschwerde gezogene Schluss, es sei insoweit eine Differenzierung hinsichtlich Art und Umfang der gewerblichen Betätigung im jeweils festgesetzten Gebiet maßgeblich. Die Beigeladene übersieht dabei, dass Gegenstand der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung eine einheitliche Anlage im Sinne von § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG (bzw. ein einheitliches Bauvorhaben nach § 29 BauGB) ist, die insgesamt den höheren Anforderungen unterliegt, die der Bebauungsplan für einen der betroffenen Teilbereiche festsetzt. Dem hat im Übrigen die Beigeladene im Genehmigungsverfahren dergestalt Rechnung getragen, dass sie eine Immissionsprognose des Gesamtvorhabens ohne nähere Differenzierung vorgelegt hat.
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1.2.2 Bei summarischer Sachverhaltsprüfung spricht vieles dafür, dass die vorliegende Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebiets eine nachbarschützende Wirkung zugunsten der Antragstellerin entfaltet. Maßgebliche Anhaltspunkte für diese Auslegung lassen sich bereits dem Bebauungsplan „... ...“, seiner Begründung, den Materialien des Planaufstellungsverfahrens und späteren Änderungsverfahren sowie indiziell auch den Äußerungen von Gemeindeorganen bzw. -bediensteten in anderen Bebauungsplanverfahren entnehmen.
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1.2.2.1 Zutreffend hat das Verwaltungsgericht bei der Ermittlung der Schutzrichtung der maßgeblichen Festsetzungen des Bebauungsplans primär auf dessen Inhalt und die beigegebene Begründung abgestellt. Dass die Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebiets auf einem Teil des Betriebsgeländes der Beigeladenen zumindest auch zugunsten des Wohngrundstücks der Antragstellerin Drittschutz entfaltet, ergibt sich bereits mit hinreichender Deutlichkeit aus der Begründung des Bebauungsplans „...“ vom 25.05.1981. So wird in Ziffer 4 der Begründung zum Bebauungsplan ausgeführt:
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„In den Randbereichen zur bereits bestehenden Bebauung an der ...-Straße und an der ...-Straße wurde, soweit dort vorwiegend Wohnbebauung vorherrscht, im Einvernehmen mit den zuständigen Fachbehörden, dem Gewerbeaufsichtsamt ein eingeschränktes Gewerbegebiet mit den Immissionsschutzwerten eines Mischgebiets festgesetzt“.
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Diese Festsetzung gilt bei summarischer Sachverhaltsprüfung entgegen der Auffassung der Beigeladenen zugunsten des Grundstücks der Antragstellerin, auch wenn die ... Straße - worauf die Beschwerde zutreffend hinweist - nicht ausdrücklich in der Begründung genannt wird. Für dieses Verständnis spricht jedoch der zeichnerische Teil des Bebauungsplanes. Denn die Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebietes erfolgt entlang der ...-...-Straße, über die ... Straße und die ...-Straße bis über die ...-Straße, während östlich dieses eingeschränkten Gewerbegebiets jeweils ein Gewerbegebiet ohne Einschränkung bzw. - östlich der ... Straße - ein Industriegebiet anschließt. Westlich des in einem Streifen entlang dieser Straßen festgesetzten eingeschränkten Gewerbegebietes befand sich bereits bei Aufstellung des Bebauungsplanes „... ...“ überwiegend Wohnbebauung, wenngleich ein Teil der Wohnbebauung damals noch in einem Dorfgebiet lag. Gerade die Lage des zwischen der Wohnbebauung und dem Gewerbegebiet eingeschobenen Puffers lässt eine nachbarschützende Zielrichtung der Regelung naheliegend erscheinen. Zutreffend hebt das Verwaltungsgericht hervor, dass eine die Ausweisung des eingeschränkten Gewerbegebiets ausschließlich städtebaulich plausibilisierende Zielsetzung weder anhand des zeichnerischen Teils noch der Begründung des Bebauungsplanes zu erkennen ist. Nicht zu teilen vermag der Senat vor diesem Hintergrund die These der Beschwerde, der Schutzgedanke des Bebauungsplans richte sich ausschließlich an die Bebauungsplanbereiche „GEE“ östlich der ...-Straße gegenüber dem - von dort aus betrachtet - jenseits der ...-Straße befindlichen Baugebiet „...“.
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1.2.2.2 Für eine drittschützende Funktion der Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebiets gerade zu Gunsten des Grundstücks der Antragstellerin sprechen auch die Äußerungen von Organen bzw. Bediensteten der Stadt ... ... in späteren Bebauungsplanverfahren. So billigte der Gemeinderat der Stadt ... am 12.04.1983 eine Vorlage des Stadtplanungsamtes mit folgender Ziffer 3:
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„Im genehmigten Bebauungsplan war im Baublock zwischen ... ..., ... und ... Straße sowie entlang der ... ...-Straße als Art der Nutzung ein eingeschränktes Gewerbegebiet (GEE) ausgewiesen. Das eingeschränkte Gewerbegebiet ist nach Auffassung des Stadtplanungsamts nur für einen Teilbereich notwendig, um die Wohnnutzung in dem benachbarten Baugebiet „...“ zu schützen. Die Ausweisung eines ca. 40m breiten Streifens als eingeschränktes Gewerbegebiet dürfte ausreichen. Die im östlichen Bereich liegende Fläche wird als Gewerbegebiet ausgewiesen.“
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Das darin zum Ausdruck kommende Verständnis des Gemeinderats anlässlich der ersten Planänderung des Bebauungsplanes „...“ lässt den Rückschluss zu, dass bereits bei der erstmaligen Aufstellung dieses Bebauungsplanes ein Drittschutz gerade auch zugunsten des Baugebiets „...“, in dem das Grundstück der Antragstellerin liegt, gewollt war.
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Hierfür sprechen auch die bei der ersten Änderung des Bebauungsplans „... ...“ angefallenen Materialien. So wird in der Vorlage für die maßgebliche Sitzung des Stadtrates am 07.04.1998 darauf hingewiesen, dass die Bebauung südlich der ... Straße (wie auch östlichen der ...-Straße) im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...“ als eingeschränktes Gewerbegebiet festgesetzt sei; es bestehe mithin kein Nutzungskonflikt des „allgemeinen Wohngebietes“ im ... aufgrund der Zweckbestimmung der angrenzenden Baugebiete. In Übereinstimmung hiermit hat die Stadt ... in einem Anschreiben an das Landratsamt Tübingen vom 23.04.1998 darauf hingewiesen, dass der Gemeinderat bei der Billigung des Bebauungsplanes „... Neufassung“ in der Sitzung am 07.04.1998 die Anregung zu § 50 BImSchG behandelt habe und diese nicht von Belang gewesen sei, da das dem Baugebiet... benachbarte Gewerbegebiet „...“ die nötige Abstufung in Form von festgesetzten „eingeschränkten Gewerbegebieten“ enthalte, in denen die Immissionswerte denen eines Mischgebiets entsprechen müssten.
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1.2.3 Die angefochtene Genehmigung des Antragsgegners vom 26.06.2012 verletzt die Antragstellerin auch nach Überzeugung des Senats in ihrem Anspruch auf Bewahrung der festgesetzten Gebietsart. Denn die genehmigte Anlage zur Lagerung und Aufbereitung von Abfällen ist in dem im Bebauungsplan „...“ festgesetzten einschränkten Gewerbegebiet nicht zulässig. Bei der gebotenen eingeschränkt typisierenden Betrachtung handelt es sich bei der Anlage, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, um eine erheblich belästigende und damit im eingeschränkten Gewerbegebiet grundsätzlich nicht zulässige Anlage (1.2.3.1). Auch ist die Anlage und ihr Betrieb nach Maßgabe der Genehmigung nicht derart atypisch, dass sie aufgrund dieser Umstände in dem fraglichen Gebietstyp zulässig wäre (1.2.3.2).
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1.2.3.1 Für die bauplanungsrechtliche Beurteilung der Gebietsverträglichkeit der genehmigten Anlage ist zunächst von ihrer immissionsschutzrechtlichen Einordnung auszugehen. Zwar bewirkt der Umstand, dass die Anlage und ihr Betrieb nach §§ 4 ff. BImSchG i.V.m. der 4. BImSchV einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, allein noch nicht, dass sie im Mischgebiet - weil das Wohnen „wesentlich störend“ - unzulässig sind. Allerdings dürfen die Regelungen der 4. BImSchV über die Genehmigungsbedürftigkeit potentiell störender Betriebe bei ihrer bauplanungsrechtlichen Beurteilung auch nicht vernachlässigt werden; denn die Tatsachen, die dieser Wertung des Verordnungsgebers zugrunde liegen, und diese Wertung selbst begründen durchaus Anhaltspunkte für die Beurteilung der Gebietsverträglichkeit. Da die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit eines Betriebs- oder Anlagentyps ein anlagentypisches Gefährdungspotential kennzeichnet, darf und muss in aller Regel ein konkretes, die Gebietsprägung beeinträchtigendes Störpotential unterstellt werden, es sei denn, es lägen im Einzelfall Voraussetzungen für ein Abweichen von dieser Bewertung vor. Danach erfordert die baurechtliche Beurteilung eines gewerblichen Vorhabens eine Vorausschau, die nicht nur die aktuellen Störwirkungen des Betriebs für seine Umgebung einbezieht, sondern auch diejenigen Beeinträchtigungen, die künftig selbst bei funktionsgerechter Nutzung der Anlage eines entsprechenden Betriebstyps nicht auszuschließen sind (sogenannte begrenzte Typisierung, vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 7 C 7.92 - DVBl. 1993, 111; Senatsurteil vom 11.03.1997 - 10 S 2815/96 - NVwZ 1999, 439; sowie Senatsbeschluss vom 05.03.1996 - 10 S 2830/95 - DVBl. 1996, 687).
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Gemessen hieran ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Anlage der Beigeladenen zur Lagerung und Aufbereitung von Abfällen bei begrenzt typisierender Betrachtung in einem eingeschränkten Gewerbegebiet nicht zulässig ist. Die Anlage bedurfte gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 1 4. BImSchV und Nr. 8.12. Buchst. a) und b) des Anhangs a.F. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Nach der - rechtlich nicht zu beanstandenden - Bewertung des Verordnungsgebers handelt es sich somit bei Anlagen des hier in Frage stehenden Typs um solche, die in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen, u.a. erhebliche Belästigungen, durch Staub und Lärm hervorzurufen (vgl. § 3 Abs. 1 bis 4 BImSchG). Daraus folgt zugleich, dass der Betrieb derartiger Anlagen in einem eingeschränkten Gewerbegebiet regelmäßig ein erhebliches bauplanungsrechtliches Konfliktpotential in sich birgt.
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1.2.3.2 Das Verwaltungsgericht hat zu Recht verneint, dass die Anlage der Beigeladenen zur Lagerung und Aufbereitung von Abfällen gebietsverträglich ist. Auch nach der Einschätzung des Senats sind die Anlage und ihr Betrieb nach Maßgabe der Genehmigung nicht derart atypisch, dass den Anforderungen des vorsorgenden Immissionsschutzes durch Bauplanungsrecht genügt wäre. Die Anlage und ihr Betrieb weisen keine Besonderheiten in der Bauart, der Größe, der Leistung, der Betriebsweise, der eingesetzten Stoffe und der Vorrichtungen zur Immissionsbegrenzung auf, die in ihrer Gesamtheit eine mischgebietsverträgliche Atypik begründen könnten. Nach den der Genehmigung zugrunde liegenden Antragsunterlagen begründen weder die Größe und Leistung der Anlage noch die konkrete Betriebsweise eine Atypik. Vielmehr sprechen die eigenen Angaben der Beigeladenen zur wirtschaftlichen Bedeutung zusammen mit dem flächenmäßigen Betriebsumfang, den vorhandenen Betriebseinrichtungen und den vorgesehenen Betriebsabläufen bei summarischer Prüfung gegen eine atypische Betriebssituation. Dass die Betriebsgröße hier keine Atypik begründet, ergibt sich bereits aus der erheblichen Überschreitung der die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht begründende Mengenschwellen in Nr. 8.12 Buchst. a) und b) des Anhangs zur 4. BImSchV a.F.. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass die in den Genehmigungsunterlagen geschilderten konkreten Betriebsabläufe keine Atypik begründen. Nach dem vorgesehenen Betriebskonzept werden die einzelnen Abfälle auf dem Betriebsgelände mit technischen Einrichtungen wie etwa einem Radlader, einem Bagger und Gabelstaplern bewegt. In nicht zu beanstandender Weise hat das Verwaltungsgericht ferner die ausweislich der Immissionsprognose auf dem überwiegenden Teil des Betriebsgeländes der Beigeladenen zu erwartenden Immissionswerte von 62,5 dB(A), 67,5 dB(A) und 70 dB(A) als Indiz gegen eine Atypik herangezogen.
27 
Entgegen der Annahme der Beschwerde war auch in diesem Zusammenhang keine differenzierte Betrachtung im Hinblick auf die einzelnen die Betriebsfläche bildenden Flurstücke vorzunehmen. Die Beschwerde übersieht auch hier, dass Gegenstand der baurechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Betrachtung eine Anlage im Sinne von § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG ist, für die einheitliche Anforderungen gelten. Ausgehend hiervon ist es nicht statthaft, lediglich die Betriebsfläche unmittelbar südlich der ... Straße (Flst.-Nr. ...) in den Blick zu nehmen. Dem von der Beigeladenen vorgeschlagenen Verständnis steht im Übrigen entgegen, dass die Geräuschimmissionen von dem Gesamtvorhaben herrühren und nicht flurstücksbezogen beurteilt werden können.
28 
Auch die von der Beigeladenen vorgesehenen bzw. ihr aufgegebenen Vorkehrungen zur Begrenzung der Geräuschimmissionen lassen den Anlagenbetrieb in der genehmigten Form nicht als atypisch erscheinen. Der Antragsgegner hat der Beigeladenen zur Begrenzung der Lärmimmissionen im Wesentlichen gemäß Nr. I.2.5 des Genehmigungsbescheids vom 26.06.2012 tägliche Höchstzeiten für den Betrieb einzelner Einrichtungen auferlegt. Es handelt sich mithin um überwiegend verhaltensbezogene Auflagen, deren Einhalten ein Tätigwerden von Betriebsangehörigen der Beigeladenen und deren wirksame Beaufsichtigung voraussetzt. Solche verhaltensbezogenen, von der Befolgung durch Betriebsangehörige abhängigen Auflagen sind regelmäßig nicht geeignet, eine atypische Betriebssituation zu begründen (vgl. Senatsurteil vom 17.06.1999 - 10 S 44/99 - VBIBW 2000, 78). Nach alldem steht auch für den Senat fest, dass die Anlage zur Lagerung und Behandlung von Abfällen und ihr Betrieb in der genehmigten Form keine Atypik aufweist, die Störungen von vornherein ausschließt und ihre Gebietsverträglichkeit dauerhaft und zuverlässig sicherstellen könnte.
29 
2. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Die von der Beigeladenen erhobene Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Unparteilichkeit bzw. des fairen Verfahrens vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Beigeladene sieht einen Verstoß gegen diese Verfahrensgrundsätze darin, dass das Verwaltungsgericht die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Anlage ohne entsprechende Rüge der Antragstellerin von sich aus aufgeworfen habe. Entgegen der Annahme der Beschwerde kann jedoch keine Rede davon sein, dass sich das Verwaltungsgericht „ungefragt auf Fehlersuche“ begeben habe. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner hierzu ergangenen Rechtsprechung betont, dass die gelegentlich ausgesprochene Mahnung, eine gleichsam ungefragte Fehlersuche zu vermeiden, die Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes in § 86 Abs. 1 VwGO nicht in Frage stellen, sondern dessen sachgerechter Handhabung unter dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung und der Prozessökonomie dienen solle, wobei sich nicht abstrakt festlegen lasse, was im Einzelfall sachgerecht sei (BVerwG, Urteil vom 17.04.2002 - 9 CN 1.01 - BVerwGE 116, 188; und Beschluss vom 03.07.2013 - 9 B 5.13 - juris).
30 
Gemessen an diesen Anforderungen war das Verwaltungsgericht in Ausübung seiner Amtsermittlungspflicht gehalten, die Zulässigkeit des Vorhabens in bauplanungsrechtlicher Hinsicht zu untersuchen und die hierzu erforderlichen Akten beizuziehen. Dies gilt in besonderem Maße vor dem Hintergrund, dass im Genehmigungsverfahren der baurechtlichen Problematik nicht in ausreichendem Umfang nachgegangen wurde.
31 
3. Nach alldem spricht die obige rechtliche Beurteilung dafür, mit dem Verwaltungsgericht zum überwiegenden Teil die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die in Nr. I.2.5 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 26.06.2012 verfügte Festsetzung von Betriebszeiten wiederherzustellen. Im Rahmen der zu treffenden Abwägung zwischen dem berechtigten Interesse der Antragstellerin, vorläufig vor Lärmbelastungen durch den Betrieb der Beigeladenen verschont zu bleiben, und dem Interesse der Beigeladenen, ihren Betrieb im derzeitigen Umfang weiterbetreiben zu dürfen, überwiegt das Interesse der Antragstellerin, soweit es um den überwiegenden Anteil der lärmerhöhenden Genehmigungsbestandteile geht. Diese Abwägungsentscheidung wäre selbst dann zu treffen, wenn die Beurteilung der Erfolgsaussichten im Widerspruchsverfahren bzw. einem etwa anschließenden Hauptsacheverfahren als offen anzusehen wäre. Der Senat hat sich bei dieser Abwägung zugunsten der Antragstellerin von der erheblichen Lärmbelästigung leiten lassen, die an ihrem Hausgrundstück eintreten wird. Nach der von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten Immissionsprognose wird der maßgebliche Immissionsrichtwert am Wohnort der Antragstellerin mit 54,0 dB(A) nur sehr knapp eingehalten. Dies belegt auch die aufgrund einer Auflage der Genehmigungsbehörde durchgeführte Abnahmemessung vom 27.09.2013, die einen Beurteilungspegel von 52,3 dB(A) ergab, und deren Richtigkeit von der Antragstellerin in Zweifel gezogen wird, wobei diesen Einwendungen im gegenständlichen Verfahren nicht weiter nachgegangen werden kann. Dies zugrunde gelegt ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung ein erhebliches Interesse an der Reduzierung der Lärmbelastung für die Antragstellerin besteht, die bei summarischer Betrachtung durch eine Beschränkung der Betriebszeiten entgegen dem Vorbringen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 21.10.2015 zu erreichen ist. Der Senat verkennt dabei nicht die Beeinträchtigungen, die diese Entscheidung für den Betriebsablauf der Beigeladenen mit sich bringt. Bei Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens hält es der Senat deshalb anders als das Verwaltungsgericht für geboten, der Beigeladenen den Einsatz eines Gabelstaplers für die tägliche Dauer von einer halben Stunde zu ermöglichen. Dadurch wird sichergestellt, dass die in der Beschwerdebegründung geschilderte Papierverladung und das Abkippen der Container mit einem Gabelstapler nicht völlig unterbunden werden. Insbesondere hat der Senat diese Modifikation der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung vorgenommen, um der Beigeladenen den lärmmindernden Einsatz eines Gabelstaplers zu ermöglichen. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass durch dessen relativ kurzzeitigen Einsatz Belange der Antragstellerin nicht wesentlich tangiert werden.
32 
4. Soweit in der Beschwerdebegründung auf das Vorbringen im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht verwiesen oder dieses wiederholt wird, genügt dies nicht den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO. Diese Bestimmung steht im engen Zusammenhang mit dem Begründungs- und Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 1 bis 3 VwGO und verlangt, dass sich die Begründung mit der angefochtenen Entscheidung inhaltlich auseinandersetzt. Hierfür reicht eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts, außer in Fällen der Nichtberücksichtigung oder des Offenlassens des früheren Vortrags, grundsätzlich ebenso wenig wie bloße pauschale oder formelhafte Rügen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 08.11.2004 - 9 S 1536/04 - NVwZ-RR 2006, 74; und vom 11.04.2002 - 1 S 705/02 - NVwZ-RR 2002, 797).
33 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
34 
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren stützt sich auf § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nrn. 2.2.2 i.V.m. 19.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt u.a. in Beilage zu VBlBW 2014, Heft 1).
35 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 22. Okt. 2015 - 10 S 1773/15

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 22. Okt. 2015 - 10 S 1773/15 zitiert 30 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

Baugesetzbuch - BBauG | § 30 Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans


(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsfl

Baugesetzbuch - BBauG | § 9 Inhalt des Bebauungsplans


(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: 1. die Art und das Maß der baulichen Nutzung;2. die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;2a. vom

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 1 Allgemeine Vorschriften für Bauflächen und Baugebiete


(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als 1.Wohnbauflächen(W)2.gemischte Bauflächen(M)3.gewerbliche Bauflächen(G)4.Sonderbauflächen

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 6 Mischgebiete


(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. Geschäfts- und Bürogebäude,3. Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie B

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80a


(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde 1. auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,2. auf Ant

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 5 Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt 1. schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigu

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 8 Gewerbegebiete


(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. (2) Zulässig sind1.Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder W

Baugesetzbuch - BBauG | § 29 Begriff des Vorhabens; Geltung von Rechtsvorschriften


(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 147


(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 6 Genehmigungsvoraussetzungen


(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn 1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeit

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 4 Genehmigung


(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gef

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 16 Wesentliche Änderung genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Numm

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 50 Planung


Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU in B

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 13 Genehmigung und andere behördliche Entscheidungen


Die Genehmigung schließt andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Zulassungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen mit Ausnahme von Planfeststellungen, Zulassungen bergrec

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 22. Okt. 2015 - 10 S 1773/15 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 30. Juni 2015 - 3 S 901/15

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Tenor Die Anträge der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Februar 2015 - 5 K 3818/13 - werden abgelehnt.Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner mit Ausnahme d

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 12. März 2015 - 10 S 1169/13

bei uns veröffentlicht am 12.03.2015

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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 29. Sept. 2017 - 3 M 252/16

bei uns veröffentlicht am 29.09.2017

Gründe 1 I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 7. Kammer - vom 16. Dezember 2016, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, bleibt ohne

Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 20. Feb. 2017 - 2 K 6115/16

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Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 10. Aug. 2016 - 3 K 2524/16

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 23. Juni 2016 - 5 S 634/16

bei uns veröffentlicht am 23.06.2016

Tenor Auf die Beschwerden des Antragsgegners und des Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. März 2016 - 11 K 494/16 - geändert. Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspr

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. Oktober 2012 - 2 K 2898/09 - wird geändert.

Die Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungen des Landratsamts vom 05.04.2013 sowie vom 31.10.2013 und gegen den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im zweiten Rechtszug.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Biogasanlage.
Der Kläger ist Eigentümer der im Außenbereich gelegenen Grundstücke Flst.-Nrn. ... ... ..., H... Weg ... in Sachsenheim, Gemarkung Kleinsachsenheim. Die Grundstücke sind mit einem Wohnhaus und einem Wirtschaftsgebäude bebaut und werden seit 1991 vom Kläger und seiner Familie bewohnt; die frühere gärtnerische Nutzung der Grundstücke wurde im Jahr 1972 aufgegeben. Der Kläger beantragte am 08.05.2009 eine Nutzungsänderungsgenehmigung. In dem diesbezüglich anhängig gewesenen Verwaltungsrechtsstreit (3 S 452/13) verpflichtete sich der Beklagte im Rahmen eines Vergleichs, die Wohnnutzung des Klägers vorbehaltlich einer ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung zu dulden.
Die Beigeladene betreibt auf der gegenüber liegenden Straßenseite auf den südöstlich des Anwesens des Klägers gelegenen Grundstücken FIst.-Nrn. ... ......, H... Weg ..., eine Biogasanlage. Die Entfernung von der Grundstücksgrenze zur Grundstücksgrenze des Klägers beträgt ca. 30 m, die Entfernung zum Wohnhaus ca. 50 m. Als Substrat werden im Wesentlichen nachwachsende Rohstoffe, Gülle sowie Puten- und Pferdemist eingesetzt. Für die Errichtung und den Betrieb der Anlage erteilte das Landratsamt Ludwigsburg am 22.12.2006 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Diese enthält u.a. die Nebenbestimmung, dass die durch die Biogasanlage und durch andere gewerbliche Anlagen verursachten Geruchsimmissionen (Gesamtbelastung) für landwirtschaftliche Anwesen im Außenbereich 0,15 % Jahresgeruchsstunden nicht überschreiten dürfen. Die Biogasanlage wurde im Mai 2007 in Betrieb genommen; in der Folgezeit zeigte die Beigeladene eine Vielzahl von Änderungen an.
Nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren hat der Kläger am 30.07.2009 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, seine schutzwürdige Wohnnutzung in unmittelbarer Nähe zur Biogasanlage sei im Genehmigungsverfahren nicht berücksichtigt worden. Insbesondere werde er unzulässigen Geruchs-, Staub- und Lärmimmissionen ausgesetzt. Der Kläger hat beantragt, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 aufzuheben. Der Beklagte und die Beigeladene sind der Klage entgegengetreten.
Das Verwaltungsgericht hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.11.2011 Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dipl.-Ing. Dr. D. zu den Fragen,
- ob der im Genehmigungsbescheid genannte Geruchswert von 0,15 Jahresstunden auf dem Anwesen des Klägers bei Betrieb der streitgegenständlichen Biogasanlage eingehalten werden kann, und
- ob dort die für Staub (PM 10) geltenden Grenzwerte nach der Tabelle 1 zu Nr. 4.2.1 TA Luft und der für Staubniederschlag geltende Grenzwert nach Tabelle 2 zu Nr. 4.3.2 TA Luft eingehalten werden können.
Mit Gutachten vom 27.07.2012 kam der Gutachter zu dem Ergebnis, dass die Irrelevanzschwelle der Jahres-Immissionswerte nach TA Luft für Schwebstaub und Staubniederschlag sowohl nach dem Genehmigungsstand vom 22.12.2006 als auch nach dem derzeitigen Genehmigungstand einschließlich der Lagerung von Puten- und Rindermist sicher unterschritten werde. Bezüglich der Geruchsimmissionen kam der Gutachter auf der Grundlage einer nach der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) erstellten Geruchsimmissionsprognose zu dem Ergebnis, die Geruchswahrnehmungshäufigkeit auf der Beurteilungsfläche für das Wohnhaus des Klägers betrage rund 0,24 Jahresgeruchsstundenanteil. Der festgesetzte Immissionswert von 0,15 für landwirtschaftliche Anwesen im Außenbereich werde daher deutlich überschritten. Dieser Immissionswert könne aber durch ein gasdichtes Verschließen des Gärrestebehälters eingehalten werden; in diesem Fall werde eine Geruchswahrnehmungshäufigkeit von 0,14 ermittelt.
Mit Urteil vom 22.10.2012 hat das Verwaltungsgericht die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger werde durch die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage zwar nicht im Hinblick auf Staub, aber im Hinblick auf die Geruchsbelastung schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Der Immissionswert von 0,15 sei auf das Grundstück des Klägers anzuwenden; es handele sich um eine drittschützende Nebenbestimmung. Nach der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass der festgesetzte Wert mit der Anlage in der genehmigten Form objektiv nicht einzuhalten sei; hierfür sei eine grundlegende Anlagenänderung erforderlich. Selbst wenn man der Auffassung nicht folge, dass es sich bei dem Immissionswert von 0,15 um eine nachbarschützende Festsetzung handle, sei der Genehmigungsbescheid gleichwohl rechtswidrig, weil dem Kläger Geruchsbelastungen von 0,24 Jahresgeruchsstundenanteil nicht zuzumuten seien.
10 
Mit bestandskräftiger immissionsschutzrechtlicher Anordnung vom 22.11.2012 hat das Landratsamt der Beigeladenen aufgegeben, den Endlagerbehälter zur Lagerung des vergorenen Substrats gasdicht zu verschließen (Nr. 1) und hierfür einen vollständigen immissionsschutzrechtlichen Änderungsantrag beim Landratsamt bis zum 31.12.2012 einzureichen (Nr. 2). Ferner wurde eine Frist zur Abdeckung des Endlagerbehälters bis 30.09.2013 gesetzt. (Nr. 3). Am 05.04.2013 wurde der Beigeladenen die unter dem 30.11.2012/28.02.2013 beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Änderung der bestehenden Biogasanlage durch eine gasdichte Abdeckung des Gärresteendlagers mit einem Doppelmembrangasspeicher erteilt (Nr. I. 1). Die Genehmigung vom 22.12.2006 wird „in Reichweite“ der Änderungsgenehmigung ersetzt (Nr. I.2). Der Kläger hat hiergegen unter dem 15.04.2013 Widerspruch eingelegt, über den soweit ersichtlich noch nicht entschieden ist.
11 
Bereits am 22.02.2013 hat der Kläger beim Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 22.12.2006 gestellt, in den er am 24.04.2013 seinen Widerspruch gegen die Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 einbezogen hat. Zur Begründung hat er im Wesentlichen eine Beeinträchtigung durch Geruchsimmissionen und Gefährdungen im Brand- und Explosionsfall geltend gemacht. Mit Beschluss vom 03.06.2013 (10 S 393/13) hat der Senat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Maßgabe abgelehnt, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung um Nebenbestimmungen zur Umsetzung der Hinweise und Empfehlungen aus der Sicherheitstechnischen Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013 zu ergänzen ist, soweit diese noch nicht Bestandteil der Genehmigung sind. Die Maßgabe wurde mit einer nachträglichen Anordnung des Landratsamts vom 17.07.2013 umgesetzt. Ein Antrag des Klägers nach § 80 Abs. 7 VwGO blieb erfolglos (Senatsbeschluss vom 18.02.2014 - 10 S 1510/13 -).
12 
Am 31.10.2013 erteilte das Landratsamt der Beigeladenen eine weitere immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Änderung des Betriebs der Biogasanlage. Die Änderung besteht im Wesentlichen aus einer Erhöhung der Feuerungswärmeleistung des Blockheizkraftwerks von 1,281 MW auf 1,735 MW, die Erhöhung der eingesetzten Güllemenge von 1.716 t/a auf 3.700 t/a und der Änderung der Nutzung der Vorgruben (Vorgrube 1: Sicker- und Oberflächenwasser; Vorgrube 2: Gülleanlieferung). Der Kläger hat hiergegen unter dem 02.12.2013 Widerspruch eingelegt und beim Verwaltungsgericht Stuttgart die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs beantragt. Mit Beschluss vom 06.03.2014 hat sich das Verwaltungsgericht für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an den Verwaltungsgerichthof verwiesen. Mit Beschluss vom 11.12.2014 hat der Senat den Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt (10 S 473/14).
13 
Bereits mit Beschluss vom 03.06.2013 (10 S 317/13), den Beteiligten zugestellt am 03.06.2013, hat der Senat die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22.10.2012 wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassen. Der Beklagte und die Beigeladene haben die Berufungen am 02.07.2013 bzw. 01.07.2013 jeweils unter Stellung eines Antrags begründet. Der Kläger ist den Berufungen entgegengetreten und hat mit Schriftsätzen vom 02.09.2013 und vom 14.02.2014 seinen Klagantrag geändert. Er beantragt zuletzt,
14 
die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013, der nachträglichen Anordnung vom 17.07.2013 sowie der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 aufzuheben.
15 
Zur Begründung der Berufung macht der Beklagte geltend, die Klagänderung sei sachdienlich, die Klage sei aber insgesamt abzuweisen. Mit dem Betrieb der Anlage seien keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Gerüchen verbunden. Es spreche Vieles dafür, dass die Nebenbestimmung, wonach die Geruchsgesamtbelastung bei landwirtschaftlichen Anwesen im Außenbereich den Immissionsrichtwert 0,15 nicht überschreiten dürfe, auf die geduldete Wohnnutzung des Klägers nicht anwendbar sei. Jedenfalls werde durch die Anordnung der gasdichten Abdeckung des Gärrestebehälters als Hauptgeruchsquelle sichergestellt, dass dieser Richtwert auch gegenüber dem Kläger eingehalten und damit die Geruchsbelastung auf ein zumutbares Maß gemindert werde. Die nachträgliche Anordnung vom 20.11.2012, die noch vor Zustellung des Urteils des Verwaltungsgerichts erlassen worden sei, und die Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 seien im Berufungsverfahren zu berücksichtigen. Den sicherheitsrechtlichen Bedenken des Klägers sei hinreichend Rechnung getragen worden. Die Änderungsgenehmigung enthalte zahlreiche sicherheitsrechtliche Nebenbestimmungen, die mit nachträglicher Anordnung vom 17.07.2013 noch entsprechend der Maßgabe im Senatsbeschluss vom 03.06.2013 (10 S 393/13) vor Inbetriebnahme der geänderten Anlage umfangreich ergänzt worden seien. Durch die Anlage entstehe kein Störfallbetrieb; die Mengenschwelle von 10.000 kg hochentzündlichem Gas werde durch die Abdeckung mit einem Doppelmembranspeicher (Innenmembranhöhe von 2 m über Behälterniveau) nicht überschritten. Die von der Beigeladenen vorgelegte Berechnung von Dipl.-Ing. (FH) B., wonach 9.744 kg Biogasmasse Gas in der Anlage vorhanden sei, sei vom Regierungspräsidium Stuttgart im Wesentlichen bestätigt worden. Ungewollt infolge technischer Defekte oder Brand auftretende Stoffe seien nicht „vorhanden“ im Sinne der Störfallverordnung und daher bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen. Bei der eingesetzten Doppelmembranfolie befinde sich entzündliches Gas nur im inneren Kugelsegment, während zwischen den Folien (nicht entzündliche) Stützluft eingeblasen werde; es komme deshalb nicht auf das Volumen der Außenfolie an. Von der Anlage gingen auch keine Brand- und Explosionsgefahren für den Kläger aus. Die Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 enthalte umfangreiche Nebenbestimmungen zum Brand- und Explosionsschutz. Darin sei u.a. eine sicherheitstechnische Prüfung durch einen Sachverständigen nach § 29a BImSchG vor Inbetriebnahme des Gärresteendlagers vorgeschrieben worden, in der auch die Unterschreitung der Mengenschwelle der Störfall-Verordnung zu prüfen sei. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sei eine sicherheitstechnische Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013 vorgelegt worden. Die Umsetzung der darin angeführten Hinweise und Empfehlungen sei der Beigeladenen aufgegeben worden. Die Bedenken des Klägers gegen die Dichtheitsprüfung seien nicht nachvollziehbar; eine solche habe stattgefunden und keine gravierenden Mängel ergeben. Das vom Kläger vorgelegte Gutachten zur Umgebungsgefährdung durch toxische Gasausbreitung vom 19.06.2014 (Dipl.-Ing. S.) beruhe auf der unzutreffenden Annahme eines Störfallbetriebs. Die Störfallverordnung und die störfallrechtlichen Regelungen des § 50 BImSchG sowie Abstandsempfehlungen des Leitfadens KAS-18 seien vorliegend nicht anwendbar. Es bestünden auch Bedenken gegen die vom Gutachter verwendeten Antragsunterlagen und Eingangsdaten. Die vom Kläger in Bezug genommene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.12.2012 habe ebenfalls einen störfallrechtlichen Hintergrund; im Übrigen verkenne der Kläger, dass er nicht in einem Wohngebiet wohne und eine Legalisierung seiner Wohnnutzung im Außenbereich fehle. Die toxische Gefährdung durch Schwefelwasserstoff sei in der Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord vom 16.08.2013 plausibel bewertet worden. Die Annahme von 100 ppm Schwefelwasserstoff im Rohbiogas liege im Hinblick auf die konkrete Anlage und die durchgeführten Messungen auf der sicheren Seite. Die wasserwirtschaftlichen Anforderungen an die Anlage seien durch eine sachverständige Stelle am 31.05.2007 überprüft und nicht beanstandet worden. Es treffe allerdings zu, dass die unterirdischen Rohrleitungen entgegen § 12 VAwS nicht doppelwandig ausgeführt worden seien. Der Beigeladenen sei insoweit aber am 12.08.2014 eine Ausnahmegenehmigung nach § 7 Abs. 2 VAwS erteilt worden. Die vom Gutachter Dipl.-Ing. P. geforderte Rissbreitenbeschränkung auf 0,2 mm - gegenüber den in der Genehmigung festgesetzten 0,3 mm - beruhe auf einem Merkblatt des Umweltministeriums aus dem Jahr 2008 (JGS-Merkblatt), das im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung noch nicht in Kraft gewesen sei. Im Übrigen sei nachgewiesen, dass die Beigeladene strengere Werte umgesetzt habe, als in der Genehmigung festgesetzt worden sei (0,15 mm im Fermenterboden, 0,20 mm im Gärrestelagerbehälter). Die vom Gutachter geforderte wasserdichte Abdeckung des Umschlagplatzes liege vor, weil dieser der in Stahlbeton ausgeführten Decke der Vorgrube entspreche. Eine Aufkantung werde in den in Baden-Württemberg gültigen Regelwerken nicht verlangt. Die Anlage unterliege auch keiner regelmäßigen 5-jährlichen Prüfpflicht; die 12-jährliche Prüfpflicht in der Auflage G 3 entspreche dem bei der Erteilung der Genehmigung geltenden technischen Regelwerk. Eine Umwallung der Anlage werden derzeit in keinem in Baden-Württemberg geltenden Regelwerk gefordert und sei noch nicht Stand der Technik. Die Pumpanlage sei gegen unbefugte Inbetriebnahme Dritter nachgerüstet worden. Die robuste Stahlbetonwandung und die verkehrstechnische örtliche Situation böten ausreichende Gewähr dafür, dass es zu keiner plötzlichen Substratentleerung komme. Die Anlage sei mittlerweile zudem mit einem ausreichenden Anfahrschutz und einem Zaun gegen unbefugtes Betreten ausgerüstet. Die Standsicherheit des abgedeckten Gärrestebehälters sei von dem anerkannten Prüfingenieur für Baustatik Dr. F. geprüft und bestätigt worden. Werde die darin vorgegebene maximale Schneelast von 30 kg/m² überschritten, sei die Beigeladene zur Schneeräumung verpflichtet. Das Räumkonzept der Beigeladenen sei vor Ort auf seine Funktionstüchtigkeit hin überprüft worden. Der Beigeladenen sei aufgegeben worden, die Beseitigung der bei der Bauabnahme durch die Sicherheitstechnische Prüfung des TÜV Nord vom 29.11.2013 festgestellten geringen Mängel nachzuweisen.
16 
Der Beklagte beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22.10.2012 zu ändern und die Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungen vom 05.04.2013 sowie vom 31.10.2013 und gegen den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 abzuweisen.
18 
Die Beigeladene trägt zur Begründung der Berufung vor, die Klagänderung werde als sachdienlich angesehen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts leide an erheblichen Verfahrensfehlern, weil das Gericht die bereits absehbare Heilung der Genehmigung im Hinblick auf die Geruchsbelastung verkannt habe, keine Spruchreife herbeigeführt und ihren Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung fehlerhaft abgelehnt habe. Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aber auch deshalb zu ändern, weil die für das Urteil tragende Geruchsbelästigung dauerhaft beseitigt worden sei und die sicherheitstechnischen Bedenken des Klägers nicht durchgriffen. Aufgrund der mit Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 angeordneten gasdichten Abdeckung des Gärrestebehälters werde der in der Genehmigung festgesetzte Jahresimmissionsrichtwert von 0,15 Jahresgeruchsstunden eingehalten, Dies ergebe sich nicht nur aus dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. D., sondern auch aus einem Geruchsgutachten der SFI-Sachverständigen für Immissionsschutz vom 13.03.2013, das im Zusammenhang mit einem vorsorglich gestellten Antrag auf Neugenehmigung vorgelegt worden sei. Dieses Gutachten berücksichtige die gasdichte Abdeckung sowie die Erhöhung der jährlichen Güllemenge auf 3.700 t. Gegenüber der um ein Vielfaches höheren Emissionsfracht des bislang offenen Gärrestebehälters führe die Verdoppelung der Gülleanlieferung bei einer Gesamtbetrachtung zu keiner wesentlichen Erhöhung der Geruchsbelastung, zumal gleichzeitig die dem Kläger gegenüberliegende Vorgrube 1 nicht mehr als Einlass für Gülle verwendet werde. Das Gutachten berücksichtige auch das auf der Waschplatte anfallende Oberflächenwasser von ca. 60 m³; die vom Kläger angenommene Wassermenge von 800 m³ sei weit überhöht. Die umfangreichen Anforderungen an den baulichen, organisatorischen und abwehrenden Brandschutz sowie an ein Explosionsschutzkonzept in der Sicherheitstechnischen Stellungnahme der proTerra GmbH vom 28.02.2013 seien zum Gegenstand der Genehmigung gemacht worden. Nach den zahlreichen sicherheitstechnischen Stellungnahmen der proTerra GmbH, des TÜV Nord und des Regierungspräsidiums Stuttgart unterliege die Anlage nicht dem Störfallrecht. Gleichwohl sei eine sicherheitstechnische Vorprüfung sowie eine Auswirkungsbetrachtung für sog. Dennoch-Störfälle veranlasst worden. Der TÜV Nord sei in seiner Stellungnahme vom 10.05.2013 zu dem Ergebnis gelangt, dass unter Beachtung der Hinweise und Empfehlungen für eine höhere Anlagensicherheit keine Gefährdung des Klägers oder der Personals vorliege. Diese Hinweise und Empfehlungen seien umgesetzt worden. Die Änderungen an der Anlage entsprächen dem Stand der Technik. Eine Havarie sei nicht zu befürchten; der Gärrestebehälter sei eine massive Stahlbeton-Konstruktion. Die Statik sei geprüft worden. Ein früherer Vorfall mit auslaufender Gülle beruhe auf einer unbefugten Manipulation der Pumpe, was durch eine technische Nachrüstung nunmehr ausgeschlossen sei. Schließlich seien ein Zaun und ein Rammschutz angebracht worden. Eine toxische Gefährdung durch Schwefelwasserstoff sei nicht zu befürchten. Die regelmäßigen Messungen an der Anlage ergäben infolge der biologischen Entschwefelung sehr günstige Werte zwischen 8 und 30 ppm. Vor der Inbetriebnahme des Gärrestelagers sei vom Errichter, bei der Endabnahme vom TÜV Nord jeweils eine unmittelbare Dichtheitsprüfung durchgeführt worden. Mit Ausnahme eines unbedenklichen Gasaustritts am Schlauch der Eintrittsöffnung für die Stützluft im Nachgärer seien keine Undichtigkeiten festgestellt worden. Die vom Gutachter des Klägers Dipl.-Phys. S. vorgelegte Betrachtung für extrem unwahrscheinliche Dennoch-Störfälle könne nicht zur Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für eine Anlage führen, die dem Stand der Technik entspreche und kein Störfallbetrieb sei. Im Übrigen lege der Gutachter S. ohne Detailkenntnisse allgemeine Parameter für Schwefelwasserstoffkonzentrationen zugrunde, die in der konkreten Anlage nicht aufträten. Selbst nach diesem Gutachten ergebe sich aber eine Gefährdung des Klägers nur bei einer völlig exzeptionellen Gas-/Leckage-Kombination. Durch die in dem Gutachten Dipl.-Ing. P. dargestellten angeblichen Verstöße werde der Kläger nicht in eigenen Rechten verletzt; es gehe vorwiegend um den Schutz des Grundwassers. Eine Umwallung könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht verlangt werden. Im Übrigen werde auf das Vorbringen in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Bezug genommen.
19 
Die Beigeladene beantragt,
20 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22.10.2012 zu ändern und die Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungen vom 05.04.2013 sowie vom 31.10.2013 und gegen den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 abzuweisen.
21 
Der Kläger beantragt,
22 
die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zurückzuweisen.
23 
Er trägt vor, das Urteil des Verwaltungsgerichts leide weder an verfahrensrechtlichen noch an inhaltlichen Fehlern. Der Charakter der Anlage werde insgesamt so verändert, dass die Erteilung von Änderungsgenehmigungen unzulässig sei. Aufgrund der Erhöhung der Güllemenge sei zu befürchten, dass er auch in Zukunft unzumutbaren Geruchsbelastungen ausgesetzt werde; das Geruchsgutachten Dr. D. sei nicht mehr aussagekräftig. Das mit dem Änderungsgenehmigungsantrag vorgelegte Geruchsgutachten der SFI vom 13.03.2013 gehe von falschen Voraussetzungen hinsichtlich der Windverteilung aus. Außerdem werde die Menge des Waschwassers nicht ausreichend berücksichtigt. Der Ausstoß von Bioaerosolen und Formaldehyd werde nicht hinreichend berücksichtigt. Seine sicherheitstechnischen Belange würden nur zögerlich und unzureichend geprüft; es fehle insbesondere an einer standortbezogenen Betrachtung der Gefahren durch Auslaufen des Gärrestelagers sowie durch Brand und Explosion. Es liege auf der Hand, dass ein Gas-Lager mit fast 10.000 kg hochentzündlichem Gas in nur 50 m Entfernung von einer Wohnnutzung nicht zulässig sein könne. Um sein tiefer gelegenes Grundstück vor auslaufender Gülle zu schützen, sei eine Umwallung zwingend notwendig. Dies sei seit langem Stand der Technik; in der Vergangenheit sei es massenhaft zu einem Teilversagen der Behälter durch Materialermüdung, Explosionen oder Ausführungsfehler gekommen, wie durch eine Untersuchung von Dr. K. nachgewiesen worden sei. Daher sei es unverständlich, dass der TÜV Nord - entgegen früherer Gutachten für andere Anlagen - vorliegend keine Umwallung fordere. Es fehlten ein Anfahrschutz, insbesondere für den Galgen, ein Blitzschutz und ein Schutz gegen das Eindringen Unbefugter. Die Statik sei mangelhaft, weil das ursprünglich offene Endlager nicht auf die höheren Armierungsanforderungen durch das Tragluftdach ausgerichtet sei. Die Gefährdung der Statik und der Dichtheit durch Schneelast und andere Wettereinflüsse sei nicht hinreichend geprüft worden. Die Anlage verfüge weder über eine Heizeinrichtung noch über eine Vorrichtung zur mechanischen Schneeräumung. Das Räumkonzept der Beigeladenen sei nicht belastbar. Die leicht zu beschädigenden Gashauben entsprächen nicht dem Stand der Technik und würden bei Kläranlagen nicht mehr verwendet. Der Brandschutz sei mangelhaft. Die Annahme des TÜV Nord, dass er trotz eines AEGL-Wertes 2 keinen schwerwiegenden Wirkungen im Explosions- oder Brandfall ausgesetzt sei, sei nicht nachvollziehbar. Die vom TÜV Nord angenommene Evakuierungszeit von 10 Minuten sei nicht realistisch, da das Endlager von seinem Wohngebäude, insbesondere zur Schlafenszeit, nicht eingesehen werden könne sei. Die Bildung weiterer Schadgase wie Kohlenmonoxid und Dioxin durch den Abbrand der PVC-Folie sei nicht berücksichtigt worden. Die erforderlichen Sicherheitsabstände, insbesondere der Sicherheitsabstand zur Straße von mindestens 6 m sei nicht eingehalten; dieser sei nach dem Wortlaut von Ziffer 2.4.1 der einschlägigen TI 4 drittschützend. Auch der Abstand zwischen Transformator und Gasspeicher sei nicht ausreichend. In der Sache sei es unerheblich, ob ein Störfallbetrieb vorliege oder nicht; die Anlage habe im Vergleich zur Mengenschwelle lediglich einen um ca. 2,5 % niedrigeren Biogasgehalt, so dass ein hohes Störpotenzial vorliege. Die Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord vom 16.08.2013 sei mangelhaft. Die mittelbare Gefährdung durch Glasbruch und Splitter sei nicht betrachtet worden. Es sei unerfindlich, warum der Gutachter von fehlender Explosionsgefahr ausgehe; die Ausführungen hierzu seien nicht plausibel. Maßgeblich sei nicht die Zündwilligkeit, sondern die Zündfähigkeit der Atmosphäre. Letztlich komme aber auch die Einzelfallbetrachtung zu dem Ergebnis, dass sein Grundstück innerhalb der Grenzkonzentrationen für Brand- und toxische Risiken liege. Die von ihm in Auftrag gegebene Störfallbetrachtung durch Dr. H. komme zu besorgniserregenden Ergebnissen. Durch die Verdoppelung der Güllemenge, die bei der Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord vom 16.08.2013 noch nicht berücksichtigt worden sei, werde der Gehalt an hochgiftigem Schwefelwasserstoff im Biogas erheblich erhöht. Der Gutachter Dipl.-Phys. S. komme zu dem Ergebnis, dass für die Bewohner des benachbarten Grundstücks ein konkrete Gefährdung durch Schwefelwasserstoff bestehe und die Anlage sofort stillzulegen sei, wenn nicht im Einzelnen benannte Maßnahme durchgeführt würden. Die vorgeschriebene Prüfung der technischen Dichtheit des Gaslagerbehälters sei nicht erfolgt, weil aufgrund der Konstruktion des Membrandachs weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Dichtheitsprüfung erfolgen könne. Bei der Sicherheitstechnischen Prüfung des TÜV Nord vom 29.11.2013 sei ein Gasaustritt festgestellt worden. Der Gutachter Dipl.-Ing. P. komme zu dem Ergebnis, das die einwandigen unterirdischen Rohrleitungen derzeit unzulässig seien, die Rissbreitenbeschränkung in der Genehmigung fehlerhaft sei, die Dichtheitsprüfung der Behälter nicht regelkonform verfügt worden sei und ein Anfahrschutz sowie eine Umwallung unabdingbar seien. Im Übrigen werde auf das Vorbringen in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Bezug genommen.
24 
Der Senat hat die Gutachter Dipl.-Ing. D., Dipl.-Ing. Z., beide TÜV Nord, Dipl.-Phys. S., Dipl.-Ing. P. und Dr. K., in der mündlichen Verhandlung angehört. Auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 12.03.2015 wird Bezug genommen.
25 
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellte die aus der Anlage zur Sitzungsniederschrift ersichtlichen Beweisanträge, die in der mündlichen Verhandlung vom 12.03.2015 abgelehnt wurden.
26 
Dem Senat liegen die einschlägigen Verwaltungsakten, die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart und die Gerichtsakten in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
27 
Der am 02.04.2015 bei Gericht eingegangene Antrag des Klägers auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO) bleibt ohne Erfolg. Eine Wiedereröffnung ist nur bis zum Erlass der die Instanz abschließenden Entscheidung möglich. Der mit den Unterschriften der Mitglieder des erkennenden Senats versehene Tenor des Urteils ist der Geschäftsstelle am 13.03.2015 übergeben und den Beteiligten am 16.03.2015 per Telefax übermittelt worden ist. Damit war das Urteil wirksam und für den Senat bindend (vgl. Stuhlfauth, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 116 Rn. 10). Der Senat war zur Niederlegung und Bekanntgabe des Tenors zu diesem Zeitpunkt auch berechtigt; eine Schriftsatzfrist ist dem Kläger nicht eingeräumt und von ihm auch nicht beantragt worden. Im Übrigen besteht auch in der Sache kein Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (dazu unten 2.2.2.1.2 ).
28 
Die hilfsweise beantragte Wiederaufnahme des Verfahrens kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das Urteil des Senats nicht rechtskräftig ist (§ 153 Abs. 1 VwGO). Im Übrigen ist auch kein Restitutionsgrund ersichtlich.
29 
Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere fristgerecht und unter Stellung eines Antrags begründet worden (§ 124 Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufungen sind auch begründet. Die Klage ist zwar zulässig (dazu I.), aber unbegründet (dazu II.). Die Klage ist daher unter Änderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts insgesamt abzuweisen.
30 
I. Zulässigkeit der Klage
31 
Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für die gemäß § 125 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 91 VwGO auch noch im Berufungsverfahren statthafte Klagänderung. Die Klagänderung ist nach § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, weil die übrigen Beteiligten eingewilligt haben. Sie ist darüber hinaus aus prozessökonomischen Gründen sachdienlich. Die geänderte Klage erfüllt alle Sachurteilsvoraussetzungen. Zwar kann eine Klagänderung nach bislang überwiegender Auffassung durch den obsiegenden Kläger in der Berufungsinstanz nur im Wege einer Anschlussberufung nach § 117 VwGO erfolgen. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber in jüngster Zeit offen gelassen, ob die Annahme zutrifft, dass eine Klageänderung i.S.v. § 91 VwGO im Berufungsverfahren nach einem stattgebenden Urteil erster Instanz nur im Wege einer rechtzeitig eingelegten Anschlussberufung nach § 127 VwGO vorgenommen werden kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 23.09.2010 - 7 C 20/09 - juris; sowie vom 04.12.2014 - 4 C 33.13 - juris). Nach Auffassung des Senats ist zumindest in der vorliegenden Fallkonstellation keine Anschlussberufung erforderlich, weil der Beklagte den in erster Instanz angefochtenen Verwaltungsakt während des Berufungsverfahrens modifiziert und teilweise ersetzt hat. Das Gebot der Waffengleichheit und Billigkeit gebietet es daher, dem Kläger die prozessuale Möglichkeit einer Konkretisierung seines Klagantrags im Hinblick auf die aktuelle Fassung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung einzuräumen, ohne an die Form- und Fristerfordernisse einer Anschlussberufung nach § 127 VwGO gebunden zu sein. Sofern auch in solchen Fällen eine Klagänderung nur im Wege einer Anschlussberufung erfolgen kann, hat der Kläger diese jedenfalls mit Schriftsätzen vom 02.09.2013 und 14.02.2014 eingelegt. Er hat damit eindeutig erkennen lassen, dass er über die Zurückweisung der Berufungen hinaus eine Einbeziehung der Änderungsgenehmigungen in das Berufungsverfahren anstrebt. Die Anschlussberufung muss nicht ausdrücklich als solche bezeichnet sein (BVerwG, Urteil vom 23.09.2010 - 7 C 20/09 - a.a.O. m.w.N.). Der Kläger konnte im September 2013 und im Februar 2014 auch noch in zulässiger Weise Anschlussberufung einlegen. Die Frist des § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO wurde nicht in Lauf gesetzt, weil die Berufungsbegründungsschrift des Beklagten dem Kläger nicht zugestellt worden ist (§ 57 Abs. 1 VwGO). Die Berufungsbegründungschrift der Beigeladenen wurde dem Kläger zwar am 04.07.2013 zugestellt. Die Befristung kann aber nicht für Anschließungen gelten, mit denen auf während des Berufungsverfahrens vorgenommene Prozesshandlungen des Berufungsklägers reagiert wird (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 127 Rn. 14); dies muss erst recht gelten, wenn der Streitstoff durch den Berufungskläger zu Lasten des ursprünglich obsiegenden Klägers verändert wird. Die Beigeladene hat mit - nicht zugestelltem - Schriftsatz vom 31.07.2013 auf das Berufungsvorbringen der Beklagten Bezug genommen und sich damit ein weiteres rechtserhebliches Vorbringen zu eigen gemacht. Auch der Beklagte hat seine Berufungsbegründung durch zusätzlichen rechtserheblichen Vortrag ergänzt, indem er sich mit einem - nicht zugestellten - Schriftsatz vom 30.07.2013 auf die nachträgliche Anordnung vom 17.07.2013 zur Ergänzung der Nebenbestimmungen der Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 berufen hat. Außerdem hat die Beigeladene im Juli 2013 eine weitere immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung beantragt, die von dem Beklagten am 31.10.2013 erteilt wurde und mit der die ursprüngliche Genehmigung erheblich modifiziert wurde. Die zuletzt genannte Genehmigung war Gegenstand der Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 10 S 1510/13 und 10 S 473/14 und wurde von den Beteiligten auch im Berufungsverfahren erörtert; eine Zustellung der diesbezüglichen Schriftsätze ist im Berufungsverfahren nicht erfolgt. Im Hinblick auf diese veränderte Sach- und Rechtslage muss eine Anschließung nach dem Grundsatz der Waffengleichheit noch zulässig sein. Fristen wurden insoweit nicht in Lauf gesetzt.
32 
II. Begründetheit der Klage
33 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungen vom 05.04.2013 und vom 31.10.2013 sowie der nachträglichen Anordnung vom 17.07.2013 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
34 
Wie der Senat in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bereits ausgeführt hat, findet in einem von einem Dritten angestrengten Rechtsbehelfsverfahren eine objektive Rechtskontrolle nicht statt. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist bei der Anfechtungsklage eines Dritten vielmehr allein die Frage, ob der das Verfahren betreibende Dritte in eigenen subjektiven Rechten im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt wird. Ob der angefochtene Bescheid insgesamt objektiv rechtmäßig ist, ist insofern nicht maßgeblich. Vielmehr ist die Genehmigung allein daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen Vorschriften verstößt, die dem Schutz des um Rechtsschutz nachsuchenden Dritten dienen (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 6.10.1989 - 4 C 14.87 - BVerwGE 82, 343).
35 
Rechtsgrundlage für die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungen ist § 6 Abs. 1 i.V.m. § 16 BlmSchG. Danach ist die erforderliche Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2). Der Anlagenbetreiber hat nach § 6 Abs. 1 BImSchG einen Rechtsanspruch auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, sofern die formellen und materiellen Voraussetzungen vorliegen. Lassen sich Genehmigungshindernisse durch Nebenbestimmungen ausräumen, ist die Genehmigung mit diesen Nebenbestimmungen zu erteilen (Jarass, BImSchG, Kommentar, 10. Auflage, § 6 Rn. 42).
36 
1. Verfahrensrecht
37 
Die Genehmigung begegnet keinen durchgreifenden verfahrensrechtlichen Bedenken. Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, es hätte eine Neugenehmigung der Anlage erfolgen müssen, weil sich der Gesamtcharakter der Anlage grundlegend verändere. Eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte des Klägers ist insoweit nicht ersichtlich. Eine Änderungsgenehmigung unterliegt grundsätzlich den gleichen rechtlichen Voraussetzungen wie eine Erstgenehmigung; insbesondere muss die geänderte Anlage den Anforderungen des § 6 Abs. 1 BlmSchG entsprechen (Jarass, BImSchG, a.a.O., § 16 Rn. 35). Eine Öffentlichkeitsbeteiligung wäre auch im Falle einer vollständigen Neugenehmigung der Anlage nicht erforderlich gewesen, weil diese im vereinfachten Verfahren nach § 19 BlmSchG i.V.m. § 2 Satz 1 Nr. 2, Anhang 1 Nr. 1.2.2.2 Spalte c, Nr. 8.6.3.2 Spalte c 4. BlmSchV i.d.F. vom 02.05.2013 (früher Nr. 1.4 Spalte 2 Buchst. b) aa); Nr. 8.6 Spalte 2 Buchst. b)) durchgeführt wird. Der Kläger erleidet daher durch die Erteilung der Änderungsgenehmigung anstelle einer Neugenehmigung keinen Rechtsnachteil (vgl. im Einzelnen den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Senatsbeschluss vom 11.12.2014 - 10 S 473/14 - juris).
38 
2. Materielles Recht
39 
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Diese Bestimmung ist für Nachbarn drittschützend (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteil vom 20.07.2011 - 10 S 2102/09 - juris; OVG NRW, Urteil vom 09.12.2009 - 8 D 6/08.AK - juris). Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass dies nicht nur für den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, sondern auch für die Abwehr sonstiger Einwirkungen im Sinne der 2. Alternative des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG gilt. Die Erfüllung der Grundpflichten des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG muss für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme sowie für die Dauer des Betriebs sichergestellt sein. Diese Bestimmung hat aber nicht die Bedeutung, dass jedes nur denkbare Risiko der Herbeiführung von schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren ausgeschlossen sein muss. Vielmehr müssen Risiken, die als solche erkannt sind, nach den konkreten Umständen des Falles mit hinreichender, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein (grundlegend BVerwG, Urteil vom 17.02.1978 - I C 102/76 - BVerwGE 55, 250; vgl. auch Jarass a.a.O. § 3 BlmSchG Rn. 39). Nach überwiegender Auffassung muss eine konkrete Gefährlichkeit bestehen; eine abstrakte Störqualität genügt nicht (Jarass a.a.O. § 3 BImSchG Rn. 39). Mithin genügt die bloße Eignung von Einwirkungen, einen Schaden herbeizuführen, nicht, um Schutz- und Abwehransprüche nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu begründen. Die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht greift als Instrument der Gefahrenabwehr vielmehr nur ein, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.11.2014 - 7 B 27.14 - juris; Jarass a.a.O. § 6 Rn. 11 m.w.N.). Je schwerwiegender die zu befürchtenden Schäden sind, desto geringere Anforderungen sind an die Wahrscheinlichkeit zu stellen; umgekehrt muss die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts desto höher sein, je geringer die Schadensfolgen sind (Jarass a.a.O. § 3 Rn. 43 m.w.N.). Nach Durchführung der erforderlichen Amtsaufklärung verbleibende Unsicherheiten lassen sich eventuell durch geeignete Nebenbestimmungen kompensieren (Jarass a.a.O. § 6 Rn. 11 f.; § 12 Rn. 8).
40 
Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG sind nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 BlmSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Welche Beeinträchtigungen dabei als erheblich einzustufen sind, bemisst sich danach, was die Betroffenen an Immissionen nicht mehr hinzunehmen brauchen, weil sie unzumutbar sind (Jarass a.a.O. § 3 Rn. 47 m.w.N.). Den normkonkretisierenden technischen Regelwerken der TA Luft und der TA Lärm kommt, soweit sie den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Hinblick auf Staub und Lärm konkretisieren, im Rahmen ihres Anwendungsbereichs eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2/07 - juris m.w.N.).
41 
Es ist nicht abschließend geklärt, ob schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 1. Alternative BlmSchG nur diejenigen Immissionen sind, die im Normalbetrieb der Anlage entstehen, oder auch diejenigen, die durch Störungen des bestimmungsgemäßen Betriebs oder durch extern ausgelöste Gefahren verursacht werden (so Jarass a.a.O. § 5 Rn. 12 f. Rn. 24; differenzierend Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2013, § 5 BlmSchG Rn. 96). Durch Störungen des bestimmungsgemäßen Betriebs oder externe Gefahren hervorgerufene negative Einwirkungen sind aber zumindest den sonstigen Gefahren im Sinne des 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative BlmSchG zuzuordnen. Hierzu gehören insbesondere auch Explosions- und Brandgefahren sowie die Gefahr von Flüssigkeitsaustritt oder Überflutungen (Jarass a.a.O. § 5 Rn. 27 f.).
42 
2.1. Schädliche Umwelteinwirkungen bei bestimmungsgemäßem Betrieb
43 
Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung stellt in ihrer gegenwärtigen Fassung hinreichend sicher, dass durch den Anlagenbetrieb keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Staub, Lärm, Gerüche, Bioaerosole und Formaldehyd hervorgerufen werden.
44 
Die Beigeladene hat mit den Antragsunterlagen zur Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 drei Gutachten der SFI - Sachverständige für Immissionsschutz - (Dipl.-Phys. L.) vorgelegt, wonach auch nach der Erhöhung der Güllemenge keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Staub, Lärm und Gerüche von der Anlage ausgehen. Gegen die Verwertbarkeit dieser Gutachten im vorliegenden Verfahren spricht nicht, dass die Gutachten im Zusammenhang mit einem Antrag der Beigeladenen vom 15.03.2013 auf Erteilung einer Neugenehmigung der Anlage erstellt worden sind, der vorsorglich für den Fall der Aufhebung der Erstgenehmigung gestellt und mittlerweile zurückgezogen wurde. Denn der Neuantrag entsprach im Wesentlichen dem Zustand, den die Anlage nach Erteilung der 2. Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 hat, insbesondere ist die Substratmenge einschließlich des erhöhten Gülleumsatzes identisch. Das Ergebnis der Gutachten wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Abstand zwischen dem Wohnhaus des Klägers und der umstrittenen Anlage mit ca. 70 m angenommen wird, wohingegen der Abstand nach Aktenlage lediglich ca. 50 m beträgt. Ungeachtet dessen, dass diese Abweichung darauf beruhen dürfte, dass entweder vom Mittelpunkt oder vom Rand des Gärrestebehälters gemessen wird, hat die genannte Entfernungsangabe keinen Eingang in die Immissionsprognosen gefunden. Diese beruhen vielmehr auf maßstäblich skalierten topographischen Rasterkarten mit integriertem Lageplan, in dem die betroffenen Anlagen zutreffend wiedergegeben werden (vgl. auch Stellungnahme der SFI vom 11.03.2015). Im Einzelnen:
45 
2.1.1 Staub
46 
Nach Nr. 4.3.1 TA Luft ist der Schutz vor erheblichen Belästigungen oder erheblichen Nachteilen durch Staubniederschlag sichergestellt, wenn die nach Nr. 4.7 ermittelte Gesamtbelastung den Immissionswert von 0,35 g/(m 2.d) im Jahresmittel nicht übersteigt. Nach Nr. 4.3.2 Buchst. b) TA Luft darf die Genehmigung auch bei einer Überschreitung nicht versagt werden, wenn die Kenngröße für die Zusatzbelastung durch die Emissionen der Anlage an diesem Beurteilungspunkt einen Wert von 10,5 mg/ (m2.d) im Jahresmittel nicht überschreitet. Nach dem von der Beigeladenem vorgelegten Gutachten der SFI - Sachverständige für Immissionsschutz - (Dipl.-Phys. L.) vom 02.05.2013 zu „Staubimmissionen im Umfeld der Biogasanlage am Standort K." beträgt die Kenngröße für die Zusatzbelastung weniger als 10,5 mg/ (m2.d). Nach den Ausbreitungsradien liegt der Immissionsort Wohnhaus H. Weg Nr. ... (Wohnhaus des Klägers) nur zu einem geringen Teil im untersten Bereich einer Zusatzbelastung durch Staubdeposition (0,0050 bis 0,0105 g/(m2.d), überwiegend aber außerhalb des Einflussbereichs der Anlage.
47 
Im Hinblick auf die Schwebstaubbelastung nimmt das Gutachten unter Zugrundelegung eines zutreffenden Lageplans eine Überschreitung des Irrelevanzwerts an. Darauf basierend berechnet das Gutachten die Gesamtbelastung unter Berücksichtigung der Hintergrundbelastung nach den Messwerten der LUBW und gelangt zu dem Ergebnis, dass sowohl der Jahresimmissionswert von 40 pg/m2 als auch der Tagesmittelwert von 50 pg/m2 mit 35 zulässigen Überschreitungen (vgl. Nr. 4.2.1 TA Luft Tabelle 1) eingehalten werden.
48 
Substantiierte Einwendungen des Klägers gegen das Gutachten wurden nicht erhoben. Das Gutachten stimmt zudem im Ergebnis mit dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Gutachten Dr. D. vom 27.07.2012 überein, wonach - allerdings nach damaligem Genehmigungsstand - von der Anlage keine erheblichen Beeinträchtigungen durch Schwebstaub oder Staubdeposition ausgehen.
49 
2.1.2. Lärm
50 
Der Kläger wird keinen unzumutbaren Lärmimmissionen ausgesetzt.
51 
Wie der Senat bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 10 S 393/13 ausgeführt hat, genießt eine Wohnnutzung im Außenbereich nicht den Schutz der Wohnbebauung in dafür ausgewiesenen Baugebieten nach §§ 3 und 4 BauNVO. Angesichts dessen, dass die Eigentümer von Wohngebäuden im Außenbereich stets damit rechnen müssen, dass sich in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft privilegierte Nutzungen, sowohl land- oder forstwirtschaftlicher als auch gewerblicher Art, ansiedeln, die z.B. in einem reinen oder allgemeinen Wohngebiet nicht zulässig wären, können für eine Wohnnutzung im Außenbereich allenfalls die Schutzmaßstäbe in Anspruch genommen werden, die auch für andere gemischt nutzbare Bereiche einschlägig sind, mithin die für Kern-, Dorf- und Mischgebiete gelten (st. Rspr., vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 31.08.1995 - 8 S 1819/95 - BRS 57 Nr. 105, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.05.2006 - 7 ME 6/06 - juris; OVG NRW, Urteil vom 25.03.2009 - 7 D 129/07.NE - juris; BayVGH, Beschluss vom 05.10.2011 - 15 CS 11.1858 - juris). Nach Nr. 6.1 TA Lärm betragen die Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A). Nach der Schallimmissionsprognose der SFI (Dipl.-Phys. L.) vom 20.03.2013 werden diese Immissionsrichtwerte am Wohnhaus des Klägers als nächstgelegenem Immissionsort tagsüber um 6 dB(A) und nachts um 8 dB(A) unterschritten. Durchgreifende Bedenken gegen die Plausibilität und Verwertbarkeit des genannten Gutachtens sind nicht ersichtlich und werden auch vom Kläger nicht geltend gemacht.
52 
2.1.3 Gerüche
53 
Der Betrieb der umstrittenen Anlage führt auch nicht zu unzumutbaren Geruchsbelästigungen des Klägers.
54 
In der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 22.12.2006 wird der Immissionsrichtwert für die durch die Biogasanlage und durch andere gewerbliche Anlagen verursachten Geruchsimmissionen (Gesamtbelastung) für landwirtschaftliche Anwesen im Außenbereich auf 0,15 (relative Häufigkeiten von Geruchsstunden) festgesetzt. Gegen diese Festsetzung bestehen keine inhaltlichen Bedenken, denn sie entspricht dem Immissionsrichtwert, den die Geruchsimmissions-Richtlinie in der Fassung vom 29.02.2008 und der Ergänzung vom 10.09.2008 - GIRL - für Dorfgebiete empfiehlt (vgl. Tabelle 1). Die GIRL ist eine Richtlinie zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen, die die Bewertung erleichtern soll, ob eine Geruchsimmission als erheblich und damit als schädliche Umwelteinwirkung anzusehen ist; sie konkretisiert mithin die Anforderungen, die sich aus der drittschützenden Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ergeben (vgl. Nr. 1 GIRL, BVerwG, Beschluss vom 22.05.2014 - 7 B 3/14 - juris; BayVGH, Beschluss vom 27.01.2012 - 22 ZB 10.2333 - juris). Bei der tatrichterlichen Bewertung von Geruchsbelästigungen kann die GIRL zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen als zwar rechtlich nicht verbindliche, aber zulässige Erkenntnisgrundlage und Orientierungshilfe herangezogen werden (Erlasse des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18.06. und vom 17.11.2008, Az. 4-8828.02/87; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29/10 - juris; BVerwG, Beschluss vom 07.05.2007 - 4 B 5.07 -, BRS 71 Nr. 168 [2007]; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.04.2010 - 3 S 2786/09 - juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2011 - 8 S 600/09 - juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.10.2009 - 1 A 10872/07 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 27.04.2014 - 22 ZB 13.692 - juris; OVG NW, Urteil vom 30.01.2014 - 7 A 2555/11 - juris m.w.N.). Danach ist mit der Festsetzung eines Immissionswerts von 0,15 Jahresgeruchsstunden, wie er in der GIRL für Dorfgebiete empfohlen wird, hinreichend sicher, dass der Kläger keinen unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt wird. Demgegenüber kann der Kläger nicht den niedrigeren Immissionswert von 0,10 beanspruchen, den die GIRL für Wohngebiete festsetzt. Denn eine Wohnnutzung im Außenbereich genießt - wie ausgeführt - nicht den Schutz der Wohnbebauung in dafür ausgewiesenen Baugebieten nach §§ 3 und 4 BauNVO, sondern allenfalls das Schutzniveau für andere gemischt genutzte Gebiete.
55 
Entgegen der vom Beklagten wohl vertretenen Auffassung kommt dem Anwesen des Klägers aber auch kein geringerer Schutzanspruch als einem landwirtschaftlichen Anwesen zu, weil eine vergleichbare bauplanungsrechtliche Situation besteht. Historisch gesehen handelt es sich bei der Wohnnutzung des Klägers um die Fortsetzung einer ehemals privilegierten Wohnnutzung eines gärtnerischen Anwesens, deren Bestandsschutz zwischen den Beteiligten umstritten ist. Dem Kläger wurde zwar keine Genehmigung für die Nutzungsänderung des Wohngebäudes von ehemals privilegiertem landwirtschaftlichem Wohnen in jetzt nicht landwirtschaftliches Wohnen erteilt; der Beklagte hat diese Wohnnutzung aber schon bisher faktisch geduldet und sich im Verwaltungsrechtsstreit 3 S 452/13 nunmehr im Rahmen eines Vergleichs zur Duldung verpflichtet. Damit ist die Wohnnutzung des Klägers im Hinblick auf ihren Schutzstatus mit dem - ebenfalls im Außenbereich nur ausnahmsweise zulässigen - Wohnen in einem landwirtschaftlichen Anwesen vergleichbar. Für den Außenbereich gibt die GIRL einen allgemeinen Immissionswert allerdings nicht ausdrücklich vor. In Tabelle 1 der GIRL wird für Dorfgebiete ein Immissionswert von 0,15 genannt; in Einzelfällen seien Zwischenwerte von bis zu 0,20 zwischen Dorfgebiet und Außenbereich möglich. Bezüglich des Außenbereichs wird ausgeführt, es sei in Einzelfällen unter Prüfung der speziellen Randbedingungen möglich, einen Wert bis zu 0,25 heranzuziehen, weil das Wohnen im Außenbereich - anders als die landwirtschaftliche Nutzung - nur ausnahmsweise zulässig und mit einem geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Es kann dahinstehen, ob danach von dem Kläger eventuell auch ein höherer Immissionswert hingenommen werden müsste, wie in der Begründung der Genehmigung zwar zum Ausdruck gebracht wird, aber im Tenor nicht verfügt worden ist. Denn der in der Genehmigung festgesetzte Immissionswert von 0,15 Jahresgeruchstundenhäufigkeit kann im Anlagenbetrieb aller Voraussicht nach eingehalten werden. Das von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsimmissionsgutachten der SFI vom 13.03.2013 prognostiziert für das Wohnhaus des Klägers eine Zusatzbelastung von 0,8 sowie eine Gesamtbelastung für die Geruchsstundenhäufigkeit von 0,14 (Abb. 5, S. 28 f.); lediglich an der Grundstücksgrenze ergeben sich Geruchsstundenhäufigkeiten von maximal 0,17.
56 
Durchgreifende Bedenken gegen die Richtigkeit des Gutachtens bestehen nicht. Das Ergebnis des Gutachtens stimmt im Wesentlichen mit der Prognose des vom Verwaltungsgericht in Auftrag gegebenen Geruchsgutachtens Dr. D. für den Fall einer gasdichten Abdeckung des Gärrestebehälters überein, dem allerdings noch eine geringere Güllemenge zugrunde lag. Der damals noch offene Gärrestebehälter wurde im Geruchsgutachten Dr. D. mit der längst möglichen Emissionszeit (8.760 h/a) und der zweithöchsten Emissionsfracht (39.242 (MGE/a) angesetzt. Es erscheint plausibel, dass die Beseitigung dieser wesentlichen Geruchsquelle durch Abdeckung zu einer deutlichen Minderung der Geruchsbelastung führt. Außerdem erscheint es plausibel, dass durch den Verzicht auf Gülleanlieferungen an der dem Grundstück des Klägers am nächsten gelegenen Vorgrube 1 eine weitere Geruchsminimierung erfolgt.
57 
Der Einwand des Klägers, das Geruchsgutachten gehe von einer unzutreffenden Windverteilung aus, greift nicht durch. Das Gutachten der SFI legt die Windverteilungsstatistik der Station Mühlacker zugrunde. Dies beruht auf einem eingehenden meteorologischen Standortgutachten der Argusoft GmbH (Dipl.-Met. F.) vom 25.02.2013, wonach am ehesten die Daten der Station Mühlacker mit dem Standort der Anlage vergleichbar sind. Substantiierte Einwendungen gegen das meteorologische Gutachten wurden nicht erhoben und sind auch sonst nicht ersichtlich. Das Ergebnis des meteorologischen Gutachtens erscheint auch deshalb plausibel, weil die Windrose der Station Mühlacker - mit Ausnahme eines dritten Windmaximums aus nördlicher Richtung - im Wesentlichen der synthetischen Windverteilungsstatistik der LUBW für diesen Standort entspricht, wie sie auch vom Gutachter Dipl.-Ing. D. zugrunde gelegt wurde. Beide Windrosen weisen als Richtungsmaximum eine West-Ost-Richtung und eine schwächere Südost-Nordwestrichtung auf, somit liegt das Grundstück des Klägers nicht in der Hauptwindrichtung. Dass es eine „sekundäre Hauptwindrichtung Ost“ gibt, wie der Kläger geltend macht, ist im Geruchsgutachten berücksichtigt worden (vgl. S. 22: „Nebenmaximum aus südöstlicher Richtung mit relativen Häufigkeiten von 4%“). Der vom Kläger beanstandete Umstand, dass diese Windrichtung im Geruchsgutachten als nachrangig betrachtet wird, entspricht dem Ergebnis des meteorologischen Gutachtens. Auch wenn man das dritte Windmaximum der synthetischen Windverteilungsstatistik der LUBW aus nördlicher Richtung berücksichtigt, liegt das Grundstück des Klägers außerhalb der Hauptwindrichtung.
        
58 
Auch der Einwand des Klägers, bei Berücksichtigung des Waschwassers werde der Immissionswert von 0,15 Jahresgeruchsstunden überschritten, greift nicht durch. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 11.03.2015 hat der Gutachter insoweit ausgeführt:
59 
„Sickerwässer, wozu auch die anfallenden Waschwassermengen auf der Waschplatte gehören, werden über die Drainageleitungen in die Vorgrube 1 eingeleitet. Von dort werden sie in den Fermenter gepumpt (s. Geruchsgutachten S. 13, Abschnitt 5.2). Diese Waschwassermengen verursachen bezüglich des Systems Drainage-Vorgrube-Fermenter keine zusätzlichen Geruchsemissionen.
60 
Auf der Waschplatte evtl. entstehende Geruchsemissionen können über ihren Emissionszeitanteil als unbeachtlich eingestuft werden: bei 15 jeweils 45-minütigen Reinigungsvorgängen der Güllefässer ergibt sich ein Emissionszeitanteil von 11,3 Stunden. Wenn man im ungünstigsten Fall davon ausgeht, dass die während der Reinigungsvorgänge freigesetzten Geruchsemissionen am Immissionsort 1 (H. Weg ...) immer wahrnehmbar sind, beträgt der Zeitanteil lediglich 11,3 h / 8760 h = 0,0013 oder 0,13 %, d. h. die Geruchsstundenhäufigkeit, angegeben in Prozent, würde sich im Nachkommabereich um maximal eine Stelle ändern.“
61 
Diesen plausiblen Ausführungen ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Im Übrigen hat der Geschäftsführer der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die Reinigungsvorgänge nunmehr teilweise in anderen Betrieben durchgeführt werden, was die hierdurch verursachte Geruchsbelastung weiter reduziert.
62 
Nach alldem sieht der Senat keinen Anlass zur Einholung eines weiteren Geruchsgutachtens. Der Beweisantrag Nr. 4 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der Biogasanlage der Beigeladenen eine erhebliche Geruchsbelastung ausgeht, die den Grenzwert der GIRL von 0,15 Jahresgeruchsstunden überschreitet (Beweisantrag Nr. 4), war deshalb abzulehnen. Die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens steht gemäß § 98 VwGO in entsprechender Anwendung des § 412 ZPO grundsätzlich im tatrichterlichen Ermessen. Sie ist nur dann geboten, wenn die bereits vorliegenden Gutachten nicht den ihnen obliegenden Zweck zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. In diesem Sinne kann ein Sachverständigengutachten für die Überzeugungsbildung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht oder wenn sich herausstellt, dass es sich um eine besonders schwierige Fachfrage handelt, die ein spezielles Fachwissen erfordert, das bei den bisherigen Gutachtern nicht vorhanden ist (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 28.03.2013 - 4 B 15/12 - juris m.w.N.). So liegt es hier aber nicht. Das in das Verfahren eingeführte Gutachten der SFI vom 13.03.2013 ist - auch im Vergleich mit dem Geruchsgutachten Dr. D. - plausibel und nachvollziehbar und damit geeignet, dem Senat die erforderliche Sachkunde zu vermitteln. Wie ausgeführt, wurde das Gutachten vom Kläger nicht durchgreifend in Frage gestellt. Die Berücksichtigung des Waschwassers hat keine relevanten Auswirkungen. Die im Gutachten zugrunde gelegte Windverteilungsstatistik wird durch ein eingehendes meteorologischen Gutachten untermauert. Grobe Mängel des Gutachtens sind nicht erkennbar. Auch sonst gibt es keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Immissionswert von 0,15 Jahresgeruchsstunden nicht eingehalten werden kann.
63 
2.1.4 Bioaerosole
64 
Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, schädlichen Umwelteinwirkungen durch Bioaerosole (Keime und Endotoxine) ausgesetzt zu werden. Nach der - soweit ersichtlich - einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung löst die von Bioaerosolen potentiell ausgehende Gefährdung keinen von dem Kläger geltend zu machenden Schutzanspruch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG aus; vielmehr ist sie gegenwärtig nur über das Vorsorgegebot nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG zu berücksichtigen (BVerwG, Beschluss vom 20.11.2014 - 7 B 27.14 - juris; HessVGH, Urteil vom 01.04.2014 - 9 A 2030/12 - juris; BayVGH, Beschluss vom 27.03.2014 - 22 ZB 13.692 - juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.01.2014 - 7 A 2555/11 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.06.2013 - 2 M 16/13 - juris; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 08.03.2013 - 1 LB 5/12 - juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 19.12.2012 - 1 MN 164/12 - juris). Dem Vorsorgegebot kommt nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich keine drittschützende Wirkung zu, weil die Regelung nicht der Begünstigung eines individualisierbaren Personenkreises, sondern dem Interesse der Allgemeinheit daran dient, potenziell schädlichen Umwelteinwirkungen vorzubeugen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329). Die Bewertung von Bioaerosolen ist weder ein Anwendungsfall der GIRL noch existieren sonstige Normen oder technische Richtlinien, die Anhaltspunkte für einzuhaltende Grenzwerte geben könnten. Zwar gelten Bioaerosole als potentiell schädlich, z. B. als Auslöser von Atemwegserkrankungen und Allergien. Wie ausgeführt, genügt die potentielle Eignung von einwirkenden Luftverunreinigungen, einen Schaden herbeizuführen, jedoch nicht, um einen Schutzanspruch gemäß § 5 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zu begründen. Die immissionsrechtliche Schutzpflicht greift als Instrument der Gefahrenabwehr vielmehr nur ein, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht (BVerwG, Beschluss vom 20.11.2014 - 7 B 27.14 - a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19.02 - BVerwGE 119, 329). Bioaerosole sind bisher nur unzureichend erforscht. Da der aktuelle Kenntnisstand von Umwelthygiene und Umweltmedizin keine hinreichend sicheren Aussagen über die Gefährlichkeit solcher Immissionen für Menschen zulässt, sind die Risiken derartiger Immissionen noch nicht abschließend quantifizierbar. Ausbreitung und kausale Verursachungszusammenhänge sind nicht hinreichend bekannt und es kann keine Wirkschwelle angegeben werden, oberhalb derer mit Gesundheitsschäden beim Menschen zu rechnen ist. Auch die sich verändernde Zusammensetzung der luftgetragenen Bioaerosole und die sich erst allmählich durchsetzende Standardisierung der messtechnischen Erfassung erschweren die Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen (HessVGH, Urteil vom 01.04.2014 a.a.O.). Aufgrund der Ungewissheit über einen Schadenseintritt können potentiell schädliche Umwelteinwirkungen, bei denen nur ein generelles Besorgnispotential besteht, zwar Anlass für Vorsorgemaßnahmen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - a.a.O.), begründen aber keinen konkreten Schutz- und Abwehranspruch Dritter im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG.
65 
2.1.5 Formaldehyd
66 
Auch die Rüge des Klägers, dass die Gefährlichkeit des krebserregenden Stoffes Formaldehyd, der bei Verbrennungsmotoren entstehe, nicht berücksichtigt worden und nunmehr unionsrechtlich ein neuer Grenzwert festzusetzen sei, greift nicht durch.
67 
Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass sich ein Abwehranspruch des Klägers nur aus einer Verletzung der Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG, nicht aber aus einer Verletzung der - nicht drittschützenden - Vorsorgepflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG ergeben kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19.02 - a.a.O.). Solange aber für potentiell gesundheitsgefährdende Stoffe keine Immissionswerte bestimmt sind, dienen zur Minimierung des Gesundheitsrisikos erlassene Emissionsgrenzwerte auch dem Schutz eines individualisierbaren Personenkreises im Einwirkungsbereich der Anlage. Im Rahmen des Minimierungsgebots endet die Schutzpflicht regelmäßig dort, wo aufgrund sachverständiger Risikoabschätzung die Irrelevanz einer von der Anlage verursachten Immissionszusatzbelastung durch potentiell gesundheitsgefährdende Stoffe anzunehmen ist (BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19/02 - a.a.O.; Senatsurteil vom 18.12.2001 - 10 S 2184/99 - juris; BayVGH, Beschluss vom 02.06.2014 - 22 CS 14.739 - juris; zweifelnd OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.05.2007 - 11 S 83.06 - juris). Der in der Nummer 5.4.1.4 der TA Luft festgesetzte Emissionsgrenzwert für Formaldehyd ist vor diesem Hintergrund als drittschützend anzusehen (BayVGH, Beschluss vom 02.06.2014 - 22 CS 14.739 - a.a.O.; vgl. auch Senatsurteil vom 18.12.2001 - 10 S 2184/99 - a.a.O.). Zu berücksichtigen ist dabei die potenzielle Gefährlichkeit von Formaldehyd für die menschliche Gesundheit (Krebsrisiko).
68 
Es ist jedoch sichergestellt, dass der derzeit geltende Emissionsgrenzwert eingehalten wird. Nach Nummer 5.4.1.4 TA Luft beträgt der Emissionsgrenzwert für Formaldehyd im Abgas bezogen auf die Massenkonzentration 60 mg/m³. In der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 22.12.2006 wurde dieser Emissionsgrenzwert festgesetzt (Nebenbestimmung D3).
69 
Nach den zum Bestandteil der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 erklärten Antragsunterlagen hat die Anlage zwar mittlerweile einen Emissionswert von 40 mg/m³ einzuhalten; die Einhaltung dieses Grenzwerts nach Erhöhung der Feuerungswärmeleistung ist innerhalb von 6 Monaten nachzuweisen ist (Nebenbestimmung D1). Mit der Festsetzung des Emissionswertes von 40 mg/m³ soll nach den Erklärungen des Beklagten dem Emissionsminimierungsgebot nach Nr. 5.2.7 TA Luft für als krebserregend eingestufte Stoffe Rechnung getragen werden, das nach Nr. 5.1.1 Abs. 2 Satz 5 TA Luft ergänzend zu den Emissionsgrenzwerten Anwendung findet, und dessen Einhaltung nach dem Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG) gesondert honoriert wird. Der Kläger kann sich aber nicht auf die Einhaltung des Emissionsminimierungsgebots nach Nr. 5.2.7 TA Luft über den Emissionsgrenzwert hinaus berufen, d.h. er kann nicht die Optimierung der Anlage im Hinblick auf die Reduzierung umweltgefährdender Stoffe über die Erfüllung der Mindestanforderungen hinaus verlangen. Gegen eine drittschützende Zielrichtung spricht, dass Nr. 5.2.7 TA Luft ausschließlich der Vorsorge dient, wie sich aus der Einordnung in den 5. Abschnitt der TA Luft ergibt, und nicht auch dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, wie die Vorgängervorschrift in der TA Luft 1986 (Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 2014, Band IV TA Luft Nr. 5.2.7 Rn. 1 f.). Ferner ist es nicht gerechtfertigt, Dritten einen Abwehranspruch zuzubilligen, der noch über die Einhaltung der normierten - grundsätzlich ebenfalls nur der Vorsorge dienenden - Emissionsgrenzwerte hinausgeht. Die Frage des Drittschutzes des Emissionsminimierungsgebots kann aber letztlich dahinstehen, weil die Beigeladene durch die jährlich vorzulegenden Prüfberichte des TV Süd nachgewiesen hat, dass auch der Emissionswert von 40 mg/m³ deutlich unterschritten wird. Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 605/2014 geltend macht, im Hinblick auf die unionrechtliche Neuklassifizierung der kanzerogenen Wirkungen von Formaldehyd sei nunmehr ein Emissionsgrenzwert von 1 mg/m³ maßgeblich, verkennt er, dass diese Verordnung erst im Juni 2014, mithin nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung vom 31.10.2013, erlassen wurde. Selbst wenn man wegen des noch offenen Widerspruchsverfahrens auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung abstellen wollte, ist der vom Kläger angenommene Grenzwert - dessen Richtigkeit unterstellt - derzeit noch nicht geltendes Recht.
70 
Der Beweisantrag Nr. 5 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der Biogasanlage eine erhebliche Belastung durch Formaldehyd ausgeht, die den Grenzwert von 40 mg/m³ überschreitet, was wiederum Leib und Leben des Klägers gefährdet, ist danach abzulehnen. Die unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung ist rechtlich unerheblich, weil der Kläger wie ausgeführt keinen Rechtsanspruch auf Einhaltung des ausschließlich zur Konkretisierung des Emissionsminimierungsgebots festgesetzten Grenzwerts von 40 mg/m³ hat. Im Übrigen ist durch Vorlage der Prüfberichte des TÜV Süd vom Oktober 2012, vom Januar 2014 und vom November 2014 (Gerichtsakte S. 919 ff.) nachgewiesen, dass der genannte Grenzwert eingehalten wird.
71 
2.2 Negative Einwirkungen im Störfall
72 
2.2.1 Störfallrecht
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Der Rechtmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung können störfallrechtliche Anforderungen, insbesondere die nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu prüfenden Regelungen der Störfall-Verordnung (12. BlmSchV) nicht entgegengehalten werden. Wie der Senat in den Beschlüssen vom 03.06.2013, vom 18.02.2014 und vom 11.12.2014 im Einzelnen dargelegt hat, handelt es sich bei der umstrittenen Biogasanlage auch in der geänderten Betriebsform nicht um einen Betriebsbereich im Sinne der Störfall-Verordnung (vgl. die Legaldefinition in § 3 Abs. 5 Buchst. a BlmSchG; § 1 Abs. 1 12. BImSchV).
74 
Nach der Sicherheitstechnische Stellungnahme der proTerra GmbH (Dipl.-Ing. (FH) B.) vom 28.02.2013 wird die Mengenschwelle nach Anhang I Nr. 8 Spalte 4 der Störfall-Verordnung von 10.000 kg hochentzündliches Gas bei der geplanten Abdeckung mit einer Höhe der Innenmembran im Kugelsegment von 2 m über Behälterniveau sicher unterschritten. Der Gutachter hat bei seinen Berechnungen das größtmögliche Gasvolumen bei ordnungsgemäßem Betrieb zugrunde gelegt, indem er von dem niedrigsten technisch möglichen Füllstand des Gärrestebehälters von 0,40 cm ausging, und mit einem hohen spezifischen Gasgewicht gerechnet. Für die Umsetzung und den sicheren Betrieb der geplanten Abdeckung werden im Gutachten gerade auch im Hinblick auf die Begrenzung des Gasvolumens zahlreiche Anforderungen - wie etwa die automatische Füllstandsüberwachung - gestellt, die als Nebenbestimmungen in die Änderungsgenehmigung aufgenommen worden sind (vgl. Abschnitt III F Nr.10.). Über eine Betriebsanweisung ist sicherzustellen, dass bei besonderen Betriebszuständen, wie etwa der vollständigen Entleerung zu Wartungszwecken, keine höheren Gasmengen auftreten (Gutachten S. 11 f.; ergänzende Stellungnahme vom 30.04.2013). Die Gasmengenberechnungen des Gutachters Dipl.-Ing (FH) B. wurden sowohl vom TÜV Nord („Sicherheitstechnische Vorprüfung“ vom 10.05.2013 S. 18 f.) als auch in der Stellungnahme der Regierungspräsidiums Stuttgart vom 03.05.2013 nachvollzogen und als richtig bestätigt. Auch nach den Berechnungen dieser Stellen werden die Mengenschwellen der Störfall-Verordnung sicher unterschritten. Der Einwand des Klägers, der Gutachter habe bei seinen auf der Grundlage der Arbeitshilfe des Bundesumweltamtes durchgeführten Berechnungen der vorhandenen Gasmenge die Doppelmembran nicht berücksichtigt, greift demgegenüber nicht durch. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die zugrunde gelegten Behältervolumen unzutreffend sind. Der Kläger verkennt, dass die Tragluft zwischen Innen- und Außenfolie bei bestimmungsgemäßem Betrieb keine hochentzündliche Gasmischung enthält. Die Innenmembran ist nach dem den Antragsunterlagen beigefügten Produktdatenblatt des Herstellers weitgehend gasdicht; im Übrigen erfüllt das Tragluftgebläse gerade die Funktion, im Folienzwischenraum keine hochentzündliche Gasmischung entstehen zu lassen. Bei der Berechnung des Gasvolumens ist daher nicht die Höhe des Kugelsegments der Außenmembran mit 7,5 m, sondern die Höhe der Innenmembran von 2 m maßgeblich. Nach den plausiblen Ausführungen des Gutachters B. (Ergänzende Stellungnahme vom 30.04.2013) entspricht die Geometrie der Innenmembran eher einem Kugelsegment als einem Kegel, so dass bei der Berechnung der relevanten Gasmenge anhand der Arbeitshilfe des Bundesumweltamtes zutreffend von einem Zylinder mit aufgesetztem Kugelsegment und nicht von einem aufgesetzten Kegel ausgegangen worden ist. Nicht zuletzt wurde vor Inbetriebnahme des Gärrestelagers nochmals eine sicherheitstechnische Prüfung durch den TÜV Nord durchgeführt, wobei auch die Unterschreitung der Mengenschwelle der Störfall-Verordnung zu prüfen war.
75 
Auch die Erteilung der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 führt nicht zur Entstehung eines Betriebsbereichs im Sinne der Störfall-Verordnung, weil die genehmigte Erhöhung der Güllemenge nicht mit einer Erhöhung der im Sinne der Störfall-Verordnung vorhandenen Gasmenge einhergeht. Nach den zum Bestandteil der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 gemachten Antragsunterlagen sind in der Anlage nach wie vor maximal 9.744 kg Biogas vorhanden; damit wird die Mengenschwelle der Störfall-Verordnung von 10.000 kg für hochentzündliches Gas weiterhin unterschritten. Die Mengenangabe in den Antragsunterlagen erscheint aber auch in der Sache schlüssig, weil bauliche Veränderungen, insbesondere eine Vergrößerung der Gasspeicher der Fermenter, des Nachgärers oder des Gärrestelagers nicht Gegenstand der Änderungsgenehmigung sind. Die Erhöhung der Substratzufuhr und der Produktionskapazität führt daher in erster Linie zu einem höheren Durchsatz der Biomasse. Selbst wenn unterstellt wird, dass hierdurch die vorhandenen Gasspeicherkapazitäten in größerem Umfang ausgenutzt werden, dass sich also im Durchschnitt mehr Gas als bisher in der Anlage befindet, ergeben sich keine Änderungen, denn den vom Regierungspräsidium Stuttgart für plausibel gehaltenen Berechnungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) B. sowie den Berechnungen des TÜV Nord (Sicherheitstechnische Vorprüfung vom 10.05.2013 S. 19) liegt das technisch größtmögliche Gasspeichervolumen bei ordnungsgemäßem Betrieb zugrunde.
76 
Auf das Vorhandsein eines Störfallbetriebs kann auch nicht daraus geschlossen werden, dass die Beigeladene im Hinblick auf die benachbarte Wohnnutzung des Klägers vorsorglich Berechnungen über die Auswirkungen von Dennoch-Störfällen vorgelegt hat, in denen hypothetisch ermittelt wird, ob die im Leitfaden KAS-18 der Kommission für Anlagensicherheit empfohlenen Abstände zwischen Betriebsbereichen im Sinne der Störfall-Verordnung und schutzbedürftigen Gebieten im vorliegenden Fall eingehalten würden (Sicherheitstechnische Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013; Einzelfallbetrachtung vom 16.08.2013/10.10.2013). Die Gutachter haben ausgeführt, dass eine Störfallbetrachtung im Hinblick auf die Gasmenge rechtlich nicht erforderlich sei (vgl. etwa Sicherheitstechnische Vorprüfung S. 41). Auch den vom Kläger vorgelegten Sachverständigengutachten von Dr. H. vom 01.12.2013 und der R+D (Dipl.-Phys. S.) vom Juni 2014 lässt sich nichts anderes entnehmen. Diese Störfallbetrachtungen unterstellen, dass es sich um einen Störfall-Betrieb handelt, ohne darzulegen, dass die maßgeblichen Mengenschwellen entgegen der Annahme der oben genannten sachverständigen Stellen überschritten werden. Soweit der Kläger geltend macht, dass sich der Eintritt von Störfällen, die zur Undichtigkeit der Innenmembran führen können, nicht schlechthin ausschließen lässt, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Mengenschwellen der Störfallverordnung auf das in der Anlage bei bestimmungsgemäßem Betrieb vorhandene Gas beziehen, sofern - wie hier - ein außer Kontrolle geratenes industrielles chemisches Verfahren nicht in Rede steht (vgl. § 1 Abs. 1, § 2 Nr. 2 Störfall-Verordnung; Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band IV, § 2 12. BImSchV Rn. 12).
77 
Handelt es sich mithin nicht um einen Störfallbetrieb, kann der Kläger auch aus § 50 BlmSchG und der hierzu von ihm in Bezug genommenen Rechtsprechung (EuGH, Urteil vom 15.09.2011 - C-53/10 - juris; BVerwG, Urteil vom 20.12.2012 - 4 C 12.11 - juris) nichts zu seinen Gunsten herleiten. Das Abstandsgebot des § 50 BlmSchG gilt nur für Betriebsbereiche im Sinne des Art. 3 Nr. 5 der Richtlinie 96/82/EG (Seveso-Il-Richtlinie), zu deren Umsetzung die Störfall-Verordnung ergangen ist. Die umstrittene Anlage ist wie ausgeführt kein Betriebsbereich im störfallrechtlichen Sinne. Auch der Leitfaden KAS-18 der Kommission für Anlagensicherheit in der Fassung vom 06.11.2013 zur Umsetzung des § 50 BlmSchG ist mithin nicht unmittelbar einschlägig. Entsprechendes gilt für den mittlerweile vorliegenden Leitfaden KAS-32 „Arbeitshilfe zu szenarienspezifischen Fragestellungen zum Leitfaden KAS-18“ vom November 2014. Auch diese Arbeitshilfe behandelt die Berechnung von Achtungsabständen in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse für Biogasanlagen, die der Störfall-Verordnung unterliegen heraus (vgl. Ziff. 1.1, 1.3.1).
78 
Fehl geht der Einwand des Klägers, die maßgebliche Mengenschwelle der Störfall-Verordnung sei nur knapp unterschritten, es mache daher in der Sache keinen Unterschied, ob es sich um einen Störfallbetrieb im Rechtssinne handele. Wie ausgeführt, hat der Betreiber nach § 6 Abs. 1 BImSchG einen Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, wenn die maßgeblichen Rechtsvorschriften erfüllt sind. Die Genehmigung kann daher nicht aufgrund störfallrechtlicher Bestimmungen versagt oder aufgehoben werden, die auf die Errichtung und den Betrieb der Anlage keine Anwendung finden.
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2.2.2. Konkrete Gefahren durch Störfälle (Brand, Explosion, Leckagen, Havarie)
80 
Die Störfall-Verordnung stellt allerdings keine abschließende Konkretisierung der störfallbezogenen Vorgaben des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG dar (Jarass a.a.O. § 7 Rn. 31 m.w.N.). Vielmehr sind auch die nicht der Störfall-Verordnung unterfallenden Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass keine konkreten Gefahren im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG durch betriebsbedingte oder externe Störungen entstehen. Bei der Prognose, ob eine hinreichend konkrete Gefährdung vorliegt, um einen Schutz- und Abwehranspruch zu begründen, ist allerdings die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß der denkbaren Störfälle zu berücksichtigen. Auch außerhalb des Störfallrechts im engeren Sinne können insoweit störfallrechtliche Wertungen herangezogen werden. Handelt es sich der Sache nach um einen sog. Dennoch-Störfall, d.h. um eine vernünftigerweise auszuschließende Störung (vgl. § 3 Abs. 2 letzter Halbsatz Störfall-Verordnung - 12. BImSchV), wird regelmäßig keine hinreichend konkrete Gefahr eines Schadenseintritts bestehen, wenn die erforderlichen Vorkehrungen zur Abwehr vernünftigerweise nicht auszuschließender Gefahren getroffen worden sind. Nach dem Grundsatz der umgekehrten Proportionalität von Schadenwahrscheinlichkeit und Schadensausmaß (dazu oben II.1) kann jedoch auch der mögliche Eintritt eines vernünftiger Weise auszuschließenden Dennoch-Störfalls einen Schutz- und Abwehranspruch begründen, wenn andernfalls erhebliche, nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigungen hochrangiger Rechtsgüter des Nachbarn drohen.
81 
Für die umstrittene Anlage liegen sachverständige Stellungnahmen der proTerra GmbH (Dipl.-Ing. (FH) B.) und des TÜV Nord (Dipl.-Ing. D., Dipl.-Ing. Z.) vor, wonach die Anlage dem Stand der Technik entspricht und alle maßgeblichen Sicherheitsstandards einhält oder übertrifft. Obgleich es sich nicht um einen Störfallbetrieb handelt, wurde eine Gefahren- und Risikoanalyse sowie eine Auswirkungsbetrachtung im Hinblick auf Auslegungs- und Dennoch-Störfälle durchgeführt (vgl. Sicherheitstechnische Vorprüfung vom 10.05.2013, Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013). In Auswertung der Risikoanalyse wurden zahlreiche Hinweise und Empfehlungen zur Verhinderung von Schadensereignissen gegeben (Kapitel 6 Seite 50 ff.), bei deren Beachtung keine Gefahren für Leib und Leben der Nachbarschaft und des Personals zu erwarten sind. Die in den genannten Stellungnahmen geforderten sicherheitsrechtlichen Auflagen, Hinweise und Empfehlungen wurden vollständig und sachlich im Wesentlichen unverändert als Nebenbestimmungen in die angefochtenen Genehmigungen übernommen. Am 08.08.2013, am 31.10.2013, am 22.11.2013, am 03.04.2014 und im Juni 2014 erfolgten sicherheitstechnische Prüfungen der geänderten Gesamtanlage. Mit abschließendem Prüfbericht vom 13.06.2014 stellte der Sachverständige des TÜV Nord fest, dass die Prüfung mangelfrei abgeschlossen worden sei; die im Prüfbericht vom 29.11.2013 noch festgestellten geringen Mängel seien behoben worden. Der Prüfbericht führt tabellarisch im Einzelnen auf, dass alle sicherheitsrelevanten Maßnahmen, d.h. die sicherheitsrelevanten Nebenbestimmungen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 22.12.2006 und der Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 sowie die Vorgaben aus der sicherheitstechnischen Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013 in Verbindung mit der Anordnung des Landratsamts vom 17.07.2013 und die Vorgaben aus der sicherheitstechnischen Stellungnahme der proTerra GmbH vom 28.02.2013 vollständig erfüllt sind. Soweit der Kläger geltend macht, insbesondere die gasdichte Abdeckung des Gärrestebehälters entspreche nicht dem Stand der Technik, wird dieser Vortrag durch die Sachverständigen nicht bestätigt. Die Gutachten führen vielmehr aus, dass die gewählte Anlagen- und Sicherheitstechnik dem Stand der Technik und den einschlägigen Regelwerken und Normen entspricht und technisch umsetzbar ist. Daraus, dass die Beigeladene zunächst andere Abdeckungsvarianten in Erwägung gezogen hat und durch die Dachkonstruktion gezielt eine Reduzierung der Gasmenge unter die maßgebliche Mengenschwelle der Störfall-Verordnung anstrebte, lässt sich nichts zugunsten des Klägers herleiten.
82 
Die Bedenken des Klägers gegen die fachliche Qualifikation bzw. Unbefangenheit der Gutachter greifen nicht durch. Für eine Voreingenommenheit der Sachverständigen gibt es keine Anhaltspunkte. Der Umstand, dass die Gutachten von der Beigeladenen in Auftrag gegeben wurden, folgt aus den rechtlichen Vorgaben des § 29a BImSchG sowie der 9. BImSchV (vgl. § 4a Abs. 2 9. BImSchV) und aus der Dynamik des vorliegenden Verfahrens. Gegen eine Voreingenommenheit der Gutachter des TÜV Nord spricht auch, dass in den ersten sicherheitstechnischen Prüfberichten durchaus Mängel aufgedeckt und auf deren Beseitigung hingewirkt wurde. Die tätig gewordenen Gutachter sind als Sachverständige nach § 29a BImSchG für die einschlägigen Fachgebiete bekannt gegeben, wie die für den TÜV Nord tätig gewordenen Gutachter Dipl.-Ing. D. und Dipl.-Ing. Z. in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt haben. Auch die Bekanntgabe des zunächst tätig gewordenen Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) B. erstreckt sich u.a. auf das Fachgebiet 3 („Erstellung oder Prüfung von Anlagenschutzkonzepten, z.B. Brandschutz, Explosionsschutz, MSR/PLT“) und auf das Fachgebiet 11 („systematische Methoden der Gefahrenanalyse“). Dies entspricht den Empfehlungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz - LAI - Ausschuss Anlagenbezogener Immissionsschutz/Störfallvorsorge (AISV). Danach genügt das Fachgebiet 3 für normale Prüfungen einer Biogasanlage und das Fachgebiet 11 für die Beurteilung von Störfallbetrieben; die Abdeckung des Fachbereichs 16.1 „Explosionsschutz“ wird nur für komplexere Anlagenkonfigurationen empfohlen (vgl. Arbeitshilfe des AISV für die sicherheitstechnische Prüfung von Biogasanlagen, Stand 08.02.2013,Seite 4 Fußnote 2). Selbst wenn man im Hinblick auf den engen räumlichen Zusammenhang mit einer Wohnnutzung von einer „komplexeren Anlagenkonfiguration“ ausgehen wollte, so wurde die sicherheitstechnische Einschätzung des Gutachters B. mittlerweile von den Sachverständigen des TÜV Nord bestätigt, gegen deren Qualifikation keine Bedenken vorgetragen wurden oder sonst ersichtlich sind.
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Auch in der Sache führen die sicherheitstechnischen Bedenken des Klägers nicht zur Aufhebung der umstrittenen Genehmigungen. Dem Kläger ist allerdings zuzugeben, dass Biogasanlagen ein nicht unerhebliches Gefahren- und Belästigungspotential mit sich bringen, das von den Berufungsklägern anfänglich unterschätzt worden sein dürfte. Dieses Gefahrenpotential ist aber mittlerweile - nicht zuletzt aufgrund des Einsatzes des Klägers - nicht nur auf ein für den Kläger zumutbares Maß reduziert worden; das rechtliche gebotene Schutzniveau wurde darüber hinaus noch überschritten. Denn die Anlage ist wegen der besonderen nachbarschaftlichen Verhältnisse teilweise störfallrechtlichen Anforderungen unterworfen worden, obgleich es sich nicht um einen Betriebsbereich im Sinne des Störfallrechts handelt. Im Einzelnen:
84 
2.2.2.1 Explosionen
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2.2.2.1.1 Explosionsschutz
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Explosionsgefahren sind sonstige Gefahren im Sinn von § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative BImSchG. Ferner ist der Explosionsschutz gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG in Verbindung mit den Regelungen der Betriebssicherheitsverordnung zu prüfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vorschriften des Brand- und Explosionsschutzes nicht generell nachbarschützend sind, sondern nur insoweit, als sie die Auswirkungen von Explosionen bzw. das Übergreifen von Bränden auf die Nachbargrundstücke oder sonstige brandbedingte Beeinträchtigungen der Nachbarn verhindern sollen; bei Explosionen ist insoweit die Reichweite einer möglichen Explosion maßgeblich. Dienen die Vorschriften hingegen dem Schutz des Anlagengrundstücks selbst sowie der Benutzer und Arbeitnehmer, scheidet eine drittschützende Wirkung aus (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.07.2002 - 7 B 583/02 - juris-; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.05.2007 - OVG 11 S 83.06 - juris Rn. 70; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 31.07.2008 - 1 LA 39/08 - juris; OVG Thüringen, Urteil vom 16.03.2010 - 1 O 656/07 - juris). Namentlich die Bestimmungen der Betriebssicherheitsverordnung über den Explosionsschutz dienen in erster Linie dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung (vgl. Senatsurteil vom 20.07.2011 - 10 S 2102/09 - juris Rn. 315) und sind daher nur insoweit nachbarschützend, als es um Auswirkungen von Explosionen auf betroffene Nachbargrundstücke geht. Auch auf die Verletzung einer potentiell drittschützenden Norm kann sich ein Betroffener aber auch dann nur mit Erfolg berufen, wenn er hierdurch in seinen eigenen Rechten verletzt ist. Sind die arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen an den Explosions- und Brandschutz und die Betriebssicherheit erfüllt, besteht in aller Regel kein darüber hinausgehender Nachbarschutz für Personen, die nicht in der Anlage tätig sind (vgl. BayVGH Beschluss vom 02.06.2014 - 22 CS 14.739 - juris; vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 31.07.2008 - 1 LA 39/08 - juris).
87 
In der sicherheitstechnischen Stellungnahme der proTerra GmbH vom 28.02.2013 sind eine detaillierte Gefährdungsbeurteilung der einzelnen Anlagenteile sowie ein Explosionsschutzkonzept und eine Explosionszonen-Einteilung enthalten. Diese Anforderungen sind nach Abschnitt III C Nr. 1 der Änderungsgenehmigung vollständig umzusetzen; die Einhaltung ist bei der Schlussabnahme von einem Sachverständigen schriftlich zu bestätigen. Ferner ist ein Explosionsschutzdokument nach § 6 BetrSichVO fortzuschreiben (Nebenbestimmung Abschnitt III C Nr. 2, Abschnitt F Nr. 3); nach § 6 Abs. 3 BetrSichVO muss das Explosionsschutzdokument vor der Inbetriebnahme vorliegen. In dem Explosionsschutzdokument sind u.a. die Explosionsgefährdungen zu ermitteln und zu bewerten und die getroffenen Vorkehrungen zum Erreichen der Ziele des Explosionsschutzes darzustellen (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.08.2011 - 2 M 84/11 - juris m.w.N.). Die Anlage ist vor Inbetriebnahme und danach in regelmäßigen Abständen nach der Betriebssicherheitsverordnung zu überprüfen (Nebenbestimmung Abschnitt III F Nr. 12). Die Anlage wird durch ein Gaswarnsystem automatisch überwacht. Ferner ist vor der Inbetriebnahme die Dichtheit der gasführenden Leitungen und des Folienspeichers zu überprüfen (Nebenbestimmung Abschnitt III F Nr. 12). Die vollständige Umsetzung dieser Nebenbestimmungen ist durch den abschließenden Prüfbericht des TÜV Nord vom 13.06.2014 nachgewiesen. Insbesondere wurde auch der Blitzschutz in explosionsschutzrechtlicher Hinsicht überprüft (Prüfbericht TÜV Nord vom 13.06.2014).
88 
Der Kläger hat keine belastbaren Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass das Explosionsschutzkonzept nicht den rechtlichen Anforderungen entspricht. Auch die Bedenken des Klägers, dass eine ordnungsgemäße Prüfung der Dichtheit der Folien und Gasleitungen nicht möglich sei, bleiben nach derzeitigem Sach- und Streitstand im Ergebnis ohne Erfolg. Nach dem abschließenden Prüfbericht des TÜV Nord vom 13.0 6.2014 sind Dichtigkeitsprüfungen der Gasleitungen und der Gasspeicherdächer der Fermenter 1 und 2, des Nachgärers und des Gärrestelagers am 22.05.2013 und am 16.07.2013 erfolgt. Dabei ist eine geringfügige Leckage festgestellt worden, die nach den vorliegenden Prüfberichten mittlerweile beseitigt ist. Der Gutachter Dipl.-Ing. D. hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt, es habe sich nicht um einen Riss, sondern um die Undichtigkeit eines Stutzens gehandelt, auf dessen Abdichtung er hingewirkt habe; kritische Werte, insbesondere die untere Explosionsgrenze, seien nicht erreicht worden. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 02.04.2014 führt der Sachverständige D. aus, es habe seitens des Errichters sowie seitens des Sachverständigen ein unmittelbare Dichtigkeitsprüfung mittels schaumbildender Mittel und Gassprühgerät stattgefunden (vgl. Arbeitsblatt DWA-M 376, Anhang A.2.5). Im laufenden Betrieb sei zwar weder eine unmittelbare noch eine mittelbare (vgl. dazu Arbeitsblatt DWA-M 376, Anhang A.2.6) Dichtheitsprüfung möglich, eine Leckage sei aber über den Gaswarnsensor an der Austrittsöffnung des Stützluftgebläses feststellbar. In der mündlichen Verhandlung haben die Gutachter Dipl.-Ing. D. und Dipl.-Ing. Z. näher erläutert, dass sich Undichtigkeiten in der Gasmembran durch einen höheren Methangasgehalt, Undichtigkeiten in der Wetterschutzmembran durch einen höheren Sauerstoffgehalt in der Stützluft bemerkbar machen, die vom Gaswarnsensor erfasst werden. Zwar haben die Gutachter eingeräumt, dass Risse am Rand des Behälters nicht in jedem Fall vom Gassensor erkannt werden. Sie haben insoweit aber ausgeführt, dass ein Gasaustritt in dieser Konstellation zum einen voraussetze, dass es zu einem Riss sowohl in der Gasmembran als auch in der Wetterschutzmembran gekommen sei. Zum anderen könnten Risse ab einem gewissen Umfang ohne weiteres optisch erkannt werden, weil es regelmäßig zu einem Flattern oder einer Verformung der Wetterschutzmembran durch Absinken des Stützluftdruckes komme. Soweit sich die Risse nicht optisch bemerkbar machten, handele es sich um so kleine Risse, dass sich ein Gasaustritt nicht über das Betriebsgelände hinaus auswirken könne. Den Auswirkungen eines Gasaustritts innerhalb des Betriebsgeländes werde durch die Ausweisung von Explosionsschutzzonen Rechnung getragen. Der Gutachter D. hat zwar wiederholt darauf hingewiesen, dass ein gewisser Gasaustritt insbesondere infolge von Alterungsprozessen der Membranen auch bei bestimmungsgemäßem Betrieb nicht auszuschließen ist. Dem wird aber durch die Auflage einer wiederkehrenden regelmäßigen Dichtheitsprüfung Rechnung getragen, bei der nach dem oben Gesagten Undichtigkeiten und Leckagen auch tatsächlich feststellbar sind. Nach den Nebenbestimmungen der Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 in Verbindung mit dem Gutachten der pro Terra GmbH (Kap. 5.4) sind Rohrleitungen und gasführende Anlagenbestandteile in jährlichen Abständen zu prüfen; die gesamte Biogasanlage ist alle fünf Jahre auf ihre Dichtigkeit zu überprüfen.
89 
Danach sind die Gefahren durch vernünftigerweise nicht auszuschließende Freisetzung von kleineren Gasmengen bei einem ansonsten störungsfreien Betrieb hinreichend minimiert. Auch der Kläger hat im Übrigen nicht substantiiert dargetan, dass sich ein Gasaustritt bei unentdeckten kleineren Leckagen oder Undichtigkeiten, die nicht vom Gaswarnsensor erfasst werden, trotz der Verdünnung noch auf sein ca. 50 m entfernt liegendes Grundstück rechtserheblich auswirken würden.
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2.2.2.1.2 Störfall
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Die Aufkonzentration und Zündung einer zusammenhängenden Biogasmenge im Freiraum wird im Gutachten des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 zwar als Dennoch-Störfall eingestuft; der Gutachter weist insoweit darauf hin, dass das Versagen beider Schutzfolien als ein sehr unwahrscheinliches Szenario erscheine. Gleichwohl stuft der Gutachter Dipl.-Ing. Z. in Übereinstimmung mit den vom Kläger beigezogenen Gutachtern H. und S. Risse im Foliensystem in Längen von mehreren Metern als plausibel ein (so jetzt auch KAS-32 Nr. 1.3.). Bei diesem Fall wird das Anwesen des Klägers nach Überzeugung des Senats aber keinen unzumutbaren Gefahren durch mögliche Gasexplosionen ausgesetzt.
92 
Auf dem Grundstück des Klägers entsteht auch bei Freisetzung der größten zusammenhängenden Biogasmenge bei großflächigen Dachhautleckagen oder Komplettversagen der gesamten Dachhaut aller Voraussicht nach keine zündfähige Atmosphäre in einer Entfernung von mehr als 20 Metern. Die Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 kommt zu dem Ergebnis, dass die untere Explosionsgrenze bei Ausbreitung einer zündfähigen Atmosphäre sowohl im Auslegungsstörfall (kontinuierliche Biogasfreisetzung durch Dachhautleckagen verschiedener Größen) als auch im Dennoch-Störfall (spontane Freisetzung der größten zusammenhängenden Biogasmenge) nach ca. 20 m bei Weitem unterschritten ist. Selbst bei einer 100%-Freisetzung der gesamten Gasmenge des Gärrestebehälters besteht in 50 m Entfernung keine Gefahr einer Zündung im Bodenbereich. Diese Annahme wird von dem vom Kläger vorgelegten Gutachten Dr. H. nicht durchgreifend in Frage gestellt. Danach würde zwar die untere Explosionsgrenze beim Grundstück des Klägers für ca. 60 Sekunden überschritten. Dieses Ergebnis beruht aber zum einen auf der Annahme einer Leckagefläche von 16,5 m² (16,5 m Länge x 1,0 m Rissbreite), wohingegen nach der Arbeitshilfe KAS-32 selbst für Störfallbetriebe bei der Bemessung der Achtungsabstände in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse lediglich eine Leckageabmessung von 0,6 m² (3 m x 0,2 m Rissbreite) zugrunde zu legen ist. Ferner beruhen die Ergebnisse des Gutachtens Dr. H. auf der Annahme einer Gaswolkenlänge von 123 m. Nach den plausiblen Ausführungen des Gutachters Dipl.-Ing. Z. in der mündlichen Verhandlung setzt der Gutachter Dr. H. dabei einen konstanten Massestrom voraus. Er vernachlässige, dass der Druck bei einem Folienriss innerhalb kürzester Zeit abgebaut werde. Nach einer von ihm durchgeführten Parallelrechnung werde der Impuls in weniger als einer Sekunde abgebaut. Es sei daher entgegen der Auffassung von Dr. H. nicht anzunehmen, dass der sehr impulsbehaftete Massestrom von 18 kg/s für die ganze Zeitdauer konstant bleibe. Im Hinblick auf den ohnehin nur geringen anzunehmenden Druck von 5 mb im Gärrestebehälter (vgl. KAS-32) und die Größe der unterstellten Leckage erscheint dem Senat die Annahme eines schnellen Druckabfalls überzeugend. Gegen die Verwertbarkeit des Gutachtens Dr. H., der zudem kein bekannt gegebener Sachverständiger nach § 29a BImSchG ist, spricht ferner, dass er mit fiktiven meteorologischen Daten gerechnet hat und einräumt, dass die Berechnung mit realistischen Daten zu anderen Ergebnissen führen kann (vgl. S. 32); im Gutachten wird mithin nicht berücksichtigt, dass das Anwesen des Klägers nicht in der Hauptwindrichtung liegt.
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Der bei einer Gaszündung entstehende Explosionsdruck erreicht nach dem Gutachten des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 selbst in näherer Entfernung keine Werte, die die Gesundheit von im Freien befindlichen Personen oder Insassen von Kraftfahrzeugen unmittelbar gesundheitlich beeinträchtigen. Allerdings muss bei Zündung im Freiraum bis zu einer Entfernung von 67 m mit dem Bruch von 100 % der Glasscheiben gerechnet werden; der Grenzwert des Leitfadens KAS 18 für Personenschäden wird hingegen nicht erreicht. Der Gutachter weist darauf hin, dass auch diese Annahme unter sehr konservativen Bedingungen erfolgt (Lage in Hauptwindrichtung, geringe Windgeschwindigkeit, 100% Gasinhalt im Gärrestebehälter). Dieses Ergebnis wird durch das vom Kläger vorgelegte Gutachten Dr. H. bestätigt. Danach würde der Explosionsdruck sowohl bei einem großen Riss in der Abdeckung (16,5 m Länge) als auch bei einem Komplettversagen der gesamten Dachhaut keine massiven Schäden hervorrufen, könne aber zu Glasbruch und Schäden an Dächern führen; Personen könnten von der Druckwelle eventuell umgeworfen werden.
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Der Senat vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger im Falle einer Explosion einer gefährlichen Wärmestrahlung ausgesetzt wird. Eine unmittelbare Gesundheitsgefährdung unabhängig von der Einwirkungsdauer der Wärmestrahlung besteht nur für Personen, die sich innerhalb der gezündeten Gaswolke befinden. Nach den plausiblen Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Z. besteht diese Gefahr für auf dem Grundstück des Klägers befindliche Personen nicht. Der Gutachter hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, dass der Rand der gezündeten Gaswolke durch die untere Explosionsgrenze gekennzeichnet wird, die auf dem Grundstück des Klägers nicht erreicht wird. Die zündfähige Gaswolke breite sich nicht mehr als 20 m aus und auch dies nur in der Höhe und nicht in Bodennähe. Dies entspreche auch den Erfahrungen bei anderen Anlagen. Wie ausgeführt, hat der Sachverständige Dipl.-Ing. Z. die abweichende Annahme im Gutachten Dr. H, wonach die Gaswolke eine Reichweite von 123 m erreiche, überzeugend widerlegt. Auch eine unzumutbare Gefährdung durch die Wärmestrahlung ist nicht anzunehmen. Nach dem Gutachten des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 ist die Wärmestrahlung zu vernachlässigen. Zwar ergaben sich in der mündlichen Verhandlung Ungereimtheiten im Hinblick auf die Flammengeschwindigkeit im Biogas. Der Gutachter Dipl.-Ing. Z. hat eingeräumt, dass sein Gutachten im Hinblick auf die in seinem Gutachten genannte Flammenfrontgeschwindigkeit von 3,5 m/s. eine falsche Angabe enthält, weil nach derzeitigem Erkenntnisstand von einer Flammenfrontgeschwindigkeit von 20 bis 40 m/s ausgegangen werde. Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung konnte der Gutachter allerdings nachvollziehbar erläutern, dass sich dieser Fehler nicht zu Lasten des Klägers auf das Ergebnis des Gutachtens ausgewirkt hat. Eine hohe Flammenfrontgeschwindigkeit bewirkt vielmehr, dass die Gaswolke rasch abbrennt; je rascher der Abbrand, desto kürzere Zeit werden Personen außerhalb der Gaswolke einer Wärmestrahlung ausgesetzt. Nach den plausiblen Ausführungen des Gutachters würde die Gaswolke nach einer Zündung bei einer Flammengeschwindigkeit von 20 bis 40 m/s spätestens innerhalb einer Sekunde abgebrannt sein, so dass Betroffene der Wärmestrahlung allenfalls eine Sekunde lang ausgesetzt würden. Dieser Zeitraum sei zu vernachlässigen. Die Grundannahme, dass Wärmestrahlung erst ab einer gewissen Expositionsdauer zu Gesundheitsschäden führt, wird vom Gutachter des Klägers Dr. H. bestätigt. Dieser geht ebenfalls von einer Flammengeschwindigkeit von 20 m/s aus und hat die Gefahren durch die Wärmestrahlung selbst bei Annahme einer Gaswolke mit einer Ausbreitung von 123 m stark relativiert, weil diese innerhalb von 3 bis 6 Sekunden abgebrannt sei und die Zündung innerhalb der ersten zwei Minuten erfolgen müsse. Außerdem sinke die Bestrahlungsstärke im Abstand von 50 m unter 10 kW/m³, was erst bei einer Bestrahlungsdauer von 3 Sekunden zu Schmerzen führe. Auch der Gutachter des Klägers geht mithin im Ergebnis nicht von relevanten Gefahren durch Wärmestrahlung aus.
95 
Bedenken gegen die Verwertbarkeit der Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord bestehen nicht. Der Einwand des Klägers, das Gutachten entspreche nicht mehr neueren Erkenntnissen, greift nicht durch. Bei immissionsschutzrechtlichen Drittanfechtungsklagen kommt es für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an. Nachträglich eintretende Entwicklungen oder neuere Erkenntnisse sind regelmäßig nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidungen im Nachhinein zu erschüttern, geben aber eventuell Anlass zu nachträglichen Anordnungen (vgl. Senatsurteil vom 14.05.2012 - 10 S 2693/09 - VBlBW 2012, 1637; Senatsbeschluss vom 07.08.2014 - 10 S 1853/13 - NVwZ-RR 2015, 18; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 25.02.2014 - 12 LA 97/13 - juris). Es kann dahinstehen, ob dieser Grundsatz auch dann gilt, wenn - wie hier - ein Widerspruchsbescheid noch nicht ergangen ist. Der Gutachter Z. hat eingeräumt, dass sein Gutachten nicht in jeder Hinsicht der neueren Arbeitshilfe KAS-32 vom November 2014 entspricht. Dies ist aber unschädlich. Denn im Gutachten werden Leckage-Abmessungen zugrunde gelegt, die in ihrem Ausmaß deutlich über das Szenario hinausgehen, das nach der Arbeitshilfe KAS-32 für Störfallbetriebe bei der Bemessung der Achtungsabstände in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse zugrunde zu legen ist (0,6 m² = 3 m Länge x 0,2 m Rissbreite). Demgegenüber legt der TÜV Nord im Szenario 1 16,25 m x 1m; im Szenario 2 ein Freiliegen von 30 % der Zylinder-Kreisfläche und im Szenario 3 eine Komplettfreisetzung von 100% des Biogases zugrunde, mithin Randbedingungen, die nach der sachverständigen Bewertung der Kommission für Anlagensicherheit als so unwahrscheinlich erscheinen, dass sie in der Bauleitplanung nicht zu berücksichtigen sind. Im Hinblick auf den Gehalt an Schwefelwasserstoff im freigesetzten Biogas bleibt der Gutachter zwar hinter den Annahmen der Arbeitshilfe KAS-32 zurück (100 ppm statt 500 ppm). Der Wert von 500 ppm Schwefelwasserstoff gilt jedoch für die Bemessung der Achtungsabstände in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse im Sinne der Vorsorge; im vorliegenden Fall liegen jedoch hinreichende Detailkenntnisse über die konkrete Anlage vor, die die Zugrundelegung von 100 ppm Schwefelwasserstoff rechtfertigen (dazu im Einzelnen 2.2.2.2.3).
96 
Auch soweit der Kläger dem Sachverständigen entgegenhält, er sei bei anderen Biogasanlagen von anderen Annahmen ausgegangen oder zu anderen Ergebnissen gelangt, stellt er das Gutachten nicht durchgreifend in Frage. Abgesehen davon, dass eine sachverständige Stellungnahme jeweils auf die Gegebenheiten der konkreten Anlage ausgerichtet ist, ist der Gutachter Dipl.-Ing. Z. den einzelnen Vorhalten des Kläger in der mündlichen Verhandlung überzeugend entgegengetreten.
97 
Nach den vorliegenden Gutachten ist somit auf dem Anwesen des Klägers im Explosionsfall unmittelbar nur mit Sachschäden zu rechnen, wobei allerdings mittelbare Personenschäden etwa durch Glassplitter nicht schlechthin auszuschließen sind. Diese Gefahren sind jedoch nicht hinreichend konkret, um einen Abwehranspruch des Klägers zu begründen. Wie ausgeführt, sind Explosionen durch Zündung einer großen zusammenhängenden Gasmenge nach den vorliegenden Erkenntnissen als Dennoch-Störfall zu betrachten, d.h. auch Sachschäden sind nur bei einer vernünftigerweise auszuschließenden Störung zu befürchten, also bei Versagen aller störfallverhindernden Maßnahmen oder dem unwahrscheinlichen Fall des gleichzeitigen Eintritts mehrerer Störungen. Hinzu kommt, dass die Gutachter - wie ausgeführt - Leckagen angenommen haben, die in ihrem Ausmaß noch deutlich über die nach der Arbeitshilfe KAS-32 bei der Bemessung der Achtungsabstände in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse zugrunde zu legenden Annahmen hinausgehen und an der Grenze zum exzeptionellen Störfall liegen. Insbesondere der Komplettabriss der gesamten Dachhaut (Szenario 3) wird in der Arbeitshilfe KAS-32 nicht berücksichtigt und wurde von den in der mündlichen Verhandlung anwesenden Gutachtern übereinstimmend als exzeptioneller und daher im einzelnen Genehmigungsverfahren nicht zu betrachtender Störfall eingestuft. Darüber hinaus müssen für den Eintritt der genannten Schäden weitere konservative Randbedingungen wie etwa das Vorhandensein der maximalen Gasmenge und bestimmte Witterungsbedingungen hinzukommen. Die Gefahr von Sachschäden ist danach zwar nicht schlechthin auszuschließen, die Wahrscheinlichkeit, dass eine Explosion diesen Ausmaßes eintritt, ist jedoch als äußerst gering zu bewerten.
98 
Hingegen hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger im Falle einer Gasexplosion keinen konkreten Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt wird, insbesondere wird er aller Voraussicht nach keiner direkten Exposition durch die gezündete Gaswolke ausgesetzt. Das vorliegende Gutachten des TÜV Nord ist nach den vorstehenden Ausführungen in Verbindung mit den ergänzenden Erläuterungen der Sachverständigen Dipl.-Ing. Z. in der mündlichen Verhandlung geeignet, dem Senat insoweit die für die richterliche Überzeugungsbildung erforderliche Sachkunde zu vermitteln. Der vom Kläger aufgezeigte Fehler hat sich nach den letztlich plausiblen Ausführungen des Gutachters auf das Ergebnis des Gutachtens nicht ausgewirkt. Die Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord wird auch durch das Gegengutachten Dr. H. nicht durchgreifend in Frage gestellt. Wie ausgeführt, vermag sich der Senat der Annahme, die Gaswolke werde sich 123 m ausbreiten, nicht anzuschließen. Im Übrigen fällt auf, dass selbst nach dem vom Kläger vorgelegten Gutachten Dr. H., dessen Richtigkeit unterstellt, die untere Explosionsgrenze auf dem Grundstück des Klägers nur 60 Sekunden überschritten wird und auf dem Grundstück befindliche Personen allenfalls 3 Sekunden Schmerzen durch Wärmestrahlung verspüren. Hinzu kommt der Umstand, dass eine Explosion bei Einhaltung aller sicherheitstechnischen Standards vernünftigerweise auszuschließen ist, und das von Dr. H. angenommene Szenario im Dennoch-Störfall im Vergleich zu der nunmehr vorliegenden Arbeitshilfe KAS-32 sehr konservativ ist. Der Senat sieht daher auch im Hinblick auf das Ergebnis des Gutachtens von Dr. H. keinen Anlass zur Einholung eines Obergutachtens. Entsprechendes gilt auch in Bezug auf die vom Kläger geltend gemachten Ungereimtheiten der Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord. Auch die vom TÜV Nord angenommenen Szenarien liegen an der Grenze zum exzeptionellen Störfall oder überschreiten diese, so dass ein Schadenseintritt äußerst unwahrscheinlich erscheint.
99 
Der Beweisantrag Nr. 1 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der streitgegenständlichen Biogasanlage bei Freisetzung von Biogas aus dem Gärrestebehälter eine erhebliche Gefahr aufgrund von Wärmestrahlung oder Auswirkungen einer Druckwelle bei Zündung der Gaswolke und anschließendem Abbrand, bzw. Explosion ausgeht und durch ein solches Ereignis das Leib und Leben des Klägers gefährdet wird, war danach abzulehnen, weil die damit aufgeworfenen Fragen bereits aufgrund der vorliegenden Gutachten hinreichend sachverständig gestützt zu klären waren.
100 
2.2.2.2 Brandgefahren
101 
2.2.2.2.1 Brandschutz
102 
Die angefochtene Genehmigung verstößt nicht zu Lasten des Klägers gegen Bestimmungen des Brandschutzes. Die vernünftigerweise nicht auszuschließenden Brandgefahren sind hinreichend minimiert.
103 
Es kann dahinstehen, inwieweit die vom Kläger in Bezug genommenen Abstandsempfehlungen drittschützend sind. Denn die im Interesse des vorbeugenden Brandschutzes einzuhaltenden Schutzabstände sind gewahrt. Der nach der Technischen Information (TI) 4 „Sicherheitsregeln für Biogasanlagen“ der Sozialversicherung für Landwirtschaft (Stand 1/2013) zur Vermeidung von gegenseitiger Beeinflussung u.a. im Brandfall zu wahrende Abstand zwischen Gasspeichern und nicht zur Biogasanlage gehörenden benachbarten Anlagen, Gebäuden oder Verkehrswegen ist bezüglich des Wohngebäudes des Klägers bei weitem eingehalten. Die Berechnung nach dem Merkblatt M-001 „Brandschutz bei Biogasanlagen“ des Fachverbands Biogas e.V. führt zu dem gleichen Ergebnis. Der Auffassung des Klägers, dass die dort genannten Abstände nicht für Wohngebäude gelten, trifft nicht zu. Die genannten technischen Regelwerke differenzieren nicht zwischen den verschiedenen Nutzungsarten; maßgeblich ist allein, dass ein Gebäude nicht zur Anlage selbst gehört.
104 
Aus dem sog. Abstandserlass des Landes Nordrhein-Westfalen („Immissionsschutz in der Bauleitplanung“, Fassung 2007) lässt sich nichts zu Gunsten des Klägers herleiten. Es trifft zwar zu, dass der Erlass für geschlossene Biogasanlagen einen Abstand von 300 m zu Wohngebieten vorsieht (lfd. Nr. 129). Abgesehen davon, dass der Erlass grundsätzlich den nicht drittschützenden Vorsorgegrundsatz konkretisiert (vgl. Einleitung Seite 8), dient er der planungsrechtlichen Zuordnung von Industrie-/Gewerbegebieten und Wohngebieten und beansprucht keine Geltung für immissionsschutzrechtliche Einzelgenehmigungen (Kap. 3.2). Der Kläger wohnt außerdem nicht in einem geschlossenen Wohngebiet, sondern in einem ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesen im Außenbereich; er kann daher nicht das Schutzniveau eines bauplanungsrechtlich ausgewiesenen Wohngebiets beanspruchen. Zu den empfehlenswerten Abständen im Außenbereich verhält sich der Abstandserlass nicht. Im Übrigen führt der Erlass unter der lfd. Nummer 129 aus, dass der Schutzabstand aus Gründen der Luftreinhaltung und des Schallschutzes erforderlich ist; dem Erlass lässt sich mithin nicht entnehmen, dass der 300-Meter-Abstand aus Gründen des Brand- und Explosionsschutzes für erforderlich gehalten wird.
105 
Das Biogashandbuch Bayern verweist bezüglich der empfohlenen Abstände auf die Bestimmungen der Nrn. 5.4.8.6.1 und 5.4.9.36 TA Luft, die zum einen der Vorsorge dienen und somit nicht nachbarschützend sind. Zum anderen wird darauf hingewiesen, dass die Abstände unterschritten werden können, wenn durch primärseitige Maßnahmen die Geruchsbelästigung gemindert wird (S. 5 letzter Absatz). Die vorgeschlagenen Abstände dürften mithin nicht der Vorsorge gegen Brandgefahren, sondern gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Gerüche dienen.
106 
Die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob der Gärrestebehälter den nach den oben genannten Regelwerken erforderlichen Mindestabstand von 6 m zum öffentlichen Verkehrsweg einhält, kann dahinstehen. Nach dem Vortrag der Beigeladenen wird dieser Schutzabstand eingehalten, weil nicht die Grenze des Wegegrundstücks, sondern der tatsächliche Ausbauzustand der Straße maßgeblich sei; dies wird vom Kläger bestritten. Durch die geltend gemachte Verletzung des Mindestabstands zum H. Weg wird der Kläger aber nicht in eigenen subjektiven Rechten verletzt. Die Wahrung dieses Abstands dient dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs bzw. der Sicherheit der Anlage selbst und nicht dem Schutz des ca. 50 m entfernten, an der gegenüberliegenden Straßenseite befindlichen Grundstücks des Klägers und seiner Bewohner.
107 
Im Übrigen werden in der sicherheitstechnischen Stellungnahme der proTerra GmbH vom 28.02.2013 umfangreiche Anforderungen an den baulichen, organisatorischen und abwehrenden Brandschutz gestellt. Das Brandschutzkonzept ist nach Abschnitt III C Nr. 1 der Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 Teil der angefochtenen Genehmigung und von der Beigeladenen vollständig umzusetzen und wurde mit Anordnung des Landratsamts vom 17.07.2013 um die Hinweise und Empfehlungen aus der Sicherheitstechnischen Vorprüfung vom 10.05.2013 ergänzt. Die Einhaltung dieser Anforderungen wurde bei der Schlussabnahme durch den Prüfbericht des TÜV Nord vom 13.06.2014 schriftlich bestätigt. Insbesondere der Blitzschutz ist mittlerweile installiert (Prüfbericht TÜV Nord vom 13.06.2014). Der Kläger hat keine belastbaren Anhaltspunkte aufgezeigt, dass das Brandschutzkonzept nicht den rechtlichen Anforderungen entspricht.
108 
2.2.2.2.2 Störfall
109 
Nach der Arbeitshilfe KAS-32 sind die toxischen Auswirkungen des Abbrands eines Foliendaches nicht zu betrachten, weil aufgrund der Wärmefreisetzung eine deutliche Überhöhung der Brandwolke und damit eine geringe Gaskonzentration in Bodennähe zu erwarten ist oder die Abbrand- und Gasbildung so gering ist, dass keine für den angemessenen Abstand relevanten Immissionskonzentrationen in Bodennähe auftreten. Auch nach dem vom Kläger vorgelegten Gutachten Dipl.-Phys. S. ist die toxische Einwirkung durch Chlorwasserstoff im Brandfall als nachrangig zu behandeln, weil - wie auch im vorliegenden Fall - nur schwer entflammbare Folien verwendet würden (vgl. S. 7).
110 
Im Gutachten des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 wird zwar als Dennoch-Störfall das Szenario „Gleichzeitiger Abbrand der gesamten Dachhaut des Gärrestebehälters“ betrachtet. Die Auswertung dieses Brandszenarios ergab aber, dass die auftretende Wärmestrahlung von geringer Bedeutung ist. Ein Übergreifen von Bränden auf das Grundstück des Klägers erscheint daher hinreichend ausgeschlossen. Toxische Gefahren durch Dioxin und Kohlenmonoxid wurden vom Gutachter nicht angenommen. Beim Abbrand der PVC-Folien entsteht aber das giftige Gas Chlorwasserstoff. Nach dem Ergebnis des Gutachtens können Personen, die sich im Freien aufhalten, im Bereich von 50 m ca. 15 Minuten Überschreitungen des AEGL-2-Wert ausgesetzt werden. Der ERPG-Wert für eine 60-minütige Exposition spielt hingegen keine Rolle, weil die Dachhaut spätestens nach 28 Minuten komplett abgebrannt ist.
111 
Diese toxische Gefahr ist aber nicht hinreichend konkret, um einen Abwehranspruch des Klägers zu rechtfertigen. Das Gutachten nimmt eine „Worst-Case“-Betrachtung vor, in dem es mit sehr konservativen Randbedingungen wie etwa der doppelten Menge an Schadstoffen rechnet und außer Acht lässt, dass das Grundstück des Klägers nicht innerhalb der Hauptwindrichtung liegt. Der Gutachter weist ferner darauf hin, dass in geschlossenen Räumen von geringeren Gefährdungen auszugehen ist. Aufgrund der Lage des Wohnhauses des Klägers außerhalb der Hauptwindrichtung und der guten Wahrnehmbarkeit eines großflächigen Brands der Dachhaut sei es gefährdeten Personen außerdem möglich, sich innerhalb von 10 Minuten aus dem gefährdeten Gebiet zu entfernen. Der Kläger hält dem zwar entgegen, dass ein Brand zur Schlafenszeit eventuell nicht rechtzeitig bemerkt werde; Allerdings befinden sich die Bewohner des Grundstücks dann in geschlossenen Räumen, was die Vergiftungsgefahr minimiert.
112 
In der Zusammenschau erscheinen danach die Gefahren im Falle eines Abbrands des gesamten Foliendaches entweder im Hinblick auf die geringe Wahrscheinlichkeit dieses Ereignisses, das zudem das Versagen des gesamten vorbeugenden Brandschutzes voraussetzt, oder im Hinblick auf die Unwahrscheinlichkeit bzw. Vermeidbarkeit eventueller Schadensfolgen als gering.
113 
2.2.2.2.3 Toxische Gefahren durch Schwefelwasserstoff
114 
Der Kläger wird auch keinen unzumutbaren toxischen Gefahren durch Schwefelwasserstoff (H2S) ausgesetzt.
115 
Aus der Ausbereitungsberechnung des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 ergibt sich, dass am Wohnhaus des Klägers weder im Auslegungsstörfall (Dachhautleckagen verschiedener Größen) noch im Dennoch-Störfall (spontane Freisetzung der größtmöglichen zusammenhängenden Gasmenge durch komplette Entfernung der Dachhaut des Gärrestelagers bei 100%iger Gasfüllung) eine toxische Gefährdung oberhalb des ERPG-2-Wertes für eine einstündige Exposition (30 ppm) oder des AEGL-2-Wertes für zehnminütige Exposition (41 ppm) zu erwarten ist; bei einer Entfernung von 50 m sinkt die Schwefelgaskonzentration unter 10 ppm (0,001 Vol %). Dies steht nicht im Widerspruch zu den vom Kläger in Bezug genommenen Quellen (Merkblatt KAS-12; Internetauftritt der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau u.a.); denn diese schildern die Gefahren von Schwefelwasserstoff durch direktes Einatmen des Gases bei Arbeiten in unmittelbarer Nähe von mit Gülle gefüllten Gruben, Schächten und Behältern, und gehen ohne Detailkenntnis der umstrittenen Anlage von Durchschnittswerten aus. Zu ähnlichen Ergebnissen wie der TÜV Nord gelangt im Übrigen auch das vom Kläger vorgelegte Gutachten von Dr. Ing. H.. Danach werden selbst bei größeren Leckagen (Szenario 1) sowie beim vollständigen Versagen der gesamten Dachhaut (Szenario 2) die ERPG-2- und AEGL-2-Werte nur kurzfristig (< 2min) überschritten, die maßgeblichen Expositionszeiten von 60 bzw. 10 Minuten werden bei weitem nicht erreicht (vgl. S. 23 f.).
116 
Die Schwefelwasserstoffkonzentration wird auch durch die Erhöhung der Güllemenge mit Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 nicht in einer solchen Weise verändert, dass die o.g. Ausbreitungsberechnungen des TÜV Nord bzw. von Dr. Ing. H. nicht mehr aussagekräftig wären. Die Berechnungen der o.g. Gutachter basieren auf der Annahme, dass in dem in der Anlage erzeugten Biogas während des Fermentationsprozesses Schwefelwasserstoffkonzentrationen von maximal 100 ppm (0,01 Vol %) erreicht werden. Zwar können in Biogas - worauf der Kläger zutreffend hinweist - auch höhere Konzentrationen in Abhängigkeit von den Einsatzstoffen und vom Anlagentyp auftreten. Nach der gutachtlichen Stellungnahme des TÜV Nord vom 28.08.2014 (Gerichtsakte S. 381) und den Ausführungen von Dipl.-Ing. D. in der mündlichen Verhandlung liegen aber hinreichende Detailkenntnisse vor, die auch nach der Erhöhung der Güllemenge die Annahme von 100 ppm H2S im Rohbiogas zulassen. Der Gutachter hat ausgeführt, in allen vier Gasspeichern finde eine biologische Entschwefelung durch Zugabe von Luftsauerstoff statt, der Schwefelwasserstoff in Schwefelsäure und elementaren Schwefel umsetze. Jeweils ein Aggregat fördere Luftsauerstoff in die Fermenter 1 und 2 und in den Nachgärer. Das gesamte Biogas werde durch den Gärrestebehälter geleitet. In der Regel würden bei Anlagen mit überwiegend pflanzlichen Inhaltsstoffen und biologischer Entschwefelung im Durchschnitt Schwefelwasserstoffgehalte unter 200 ppm gemessen. Verfahrenstechnische Ursachen für einen hohen H2S-Gehalt seien etwa fehlende Besiedlungsflächen oder das Aufrühren der Schwimmdecke. Der Gärrestebehälter der Anlage der Beigeladenen biete durch eine Mittelstütze und zahlreiche Spanngurte eine große Besiedlungsfläche; das Substrat werde nur im Falle des Abtransports aufgerührt. Die Anlage werde überwiegend mit Substraten mit einem mittleren Schwefelgehalt, zu denen auch Gülle gehöre, versorgt. Da bei Absinken der pH-Werte unter den neutralen Bereich die Biogasproduktion gestört werde, sei der Anlagenbetreiber gehalten, entsprechende Gegenmaßnahmen zu treffen. Ein schneller Substratwechsel sei daher nicht zu erwarten. Die Einsatzstoffe böten nicht das Potential für eine schnelle Absenkung des pH-Wertes und der damit verbundenen verstärkten Freisetzung von Schwefelwasserstoff. Im Übrigen hätten Messungen der Gaswerte vor dem Aktivkohlefilter ergeben, dass der H2S-Wert im Mittel bei 5,4 ppm liege.
117 
Diese Ausführungen erscheinen schlüssig. Nach den Genehmigungsunterlagen verfügt die Biogasanlage über eine biologische Entschwefelung durch Zuführung von Luft; die Luftzufuhr ist bei Bedarf regelbar. Da Schwefelwasserstoff zu Korrosionen an wichtigen Anlagenteilen führt, haben Anlagenbetreiber grundsätzlich auch ein erhebliches Eigeninteresse an der Senkung des Schwefelwasserstoffgehalts (vgl. etwa Biogashandbuch Bayern, Materialienband Kap.1.5.4.2). Maßgebliches Gewicht kommt aber dem Umstand zu, dass ein Messprotokoll über kontinuierliche tägliche Messungen des Schwefelwasserstoffgehalts vor dem Aktivkohlefilter im Rohbiogas der Anlage über 48 Tage vorliegt, und zwar innerhalb eines Zeitraums, in dem die Güllemenge bereits erhöht war. Die Messungen haben einen Mittelwert von 5,4 ppm ergeben, der Maximalwert für Schwefelwasserstoff lag bei 9 ppm. Der Geschäftsführer der Beigeladenen hat zudem eidesstattlich versichert, dass die täglichen Kontrollen Werte von ca. 2 bis ca. 30 ppm ergäben. Lediglich in Einzelfällen würden kurzzeitig Werte bis 150 ppm gemessen, etwa wenn die Gülle aufgerührt worden sei. Dieser etwa im Frühjahr 2014 gemessene Wert sei aber binnen einer Stunde auf 50 ppm abgesunken. Die Werte seien nach der Abdeckung des Gärrestebehälters nochmals gesunken.
118 
Die Annahme, dass die Schwefelwasserstoffkonzentration auch nach der Erteilung der Änderungsgenehmigung im Mittel deutlich unter 100 ppm bleibt, wird durch das vom Kläger vorgelegte Gutachten der R+D - Sachverständige für Umweltschutz (Dipl.-Phys. S.) nicht überzeugend widerlegt. Der Gutachter nimmt für die Beurteilung der konkreten toxischen Gefahren durch eine Gasleckage während des Normalbetriebs der umstrittenen Anlage einen H2S-Gehalt von 50 bis 2.000 ppm (0,005 bis 0,2 Vol %) an (S. 14). Allerdings könne zur Beurteilung der konkreten Gefahr durch einen gestörten Betrieb ein oberer H2S-Gehalt von 20.000 ppm (2 Vol%) nicht ausgeschlossen werden, auch wenn ein plötzlicher vollständiger Ausfall der biologischen Entschwefelung nicht zu erwarten sei (S. 15). Der Gutachter verfügt jedoch nach eigenen Angaben nicht über Detailkenntnisse bezüglich der streitgegenständlichen Anlage (S. 13) und entnimmt seine Einschätzung Messprogrammen anderer Anlagen, über deren Vergleichbarkeit mit der Anlage der Beigeladenen keine Aussage getroffen werden kann. Im Übrigen hält er einen vollständigen Ausfall der biologischen Entschwefelung selbst für unwahrscheinlich.
119 
Auch die auf den genannten Schwefelwasserstoffgehalten basierenden Ausbreitungsberechnungen des Gutachters Dipl.-Phys. S. begegnen Bedenken. Nicht plausibel sind zunächst die dem Gutachten zugrunde gelegten meteorologischen Daten. Dem Gutachter standen keine Zeitreihen für den konkreten Standort zur Verfügung (S. 19). Es wird daher die ungünstigste Ausbreitungssituation zugrunde gelegt (Windstille und Inversionswetterlage) und ohne nähere Begründung mit Schwachwind-Werten der Messstation Stuttgart-Echterdingen belegt. Demgegenüber hat die Beigeladene - wie ausgeführt - mit den Antragsunterlagen ein meteorologischen Gutachten der Argusoft GmbH (Dipl.-Met. F.) vom 14.12.2013 vorgelegt, wonach am ehesten die Daten der Station Mühlacker mit dem Standort der Anlage vergleichbar sind. Da es hier nicht um eine bauleitplanerische Störfall-Vorsorge, sondern um die Feststellung einer konkreten Gefährdung des Klägers geht, spricht zudem vieles dafür, der Ausbreitungsberechnung nicht die meteorologisch denkbar ungünstigsten, sondern mit dem TÜV Nord mittlere Ausbreitungsverhältnisse zugrunde zu legen.
120 
Darüber hinaus ist bei der Bewertung der gutachtlichen Ausbreitungsberechnungen zu berücksichtigen, dass die Annahme der Eignung einer Anlage zur Hervorrufung konkreter Gefahren im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG - wie ausgeführt - auch von der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts abhängt. Auch nach den Ausbreitungsberechnungen des vom Kläger vorgelegten Gutachtens Dipl.-Phys. S. treten toxische Gefahren am Wohnhaus aber nur bei einer Kombination sehr unwahrscheinlicher Bedingungen auf (vgl. Tabelle 9 S. 22). So wird eine Überschreitung der maßgeblichen ERPG-2- und AEGL-2-Werte für den Leckagefall 4 (Spontanversagen der kompletten Abdeckung des Gärrestebehälters) angenommen. Der Gutachter stuft das Spontanversagen der kompletten Abdeckung des Gärrestebehälters mit der Folge der Komplettfreisetzung der gesamten Gasmenge aber - in Übereinstimmung mit dem Gutachter des Beigeladenen - als unrealistisch ein und ordnet es dem Katastrophenschutz zu (vgl. TÜV Nord vom 27.08.2014 S. 13; Gutachten Dipl.-Phys. S. vom 19.06.2014 S. 17 unten). Diese Einschätzung wurde von den Gutachtern in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Andere Leckagen verschiedener Größenordnungen werden zwar einheitlich als realistisch eingestuft (Auslegungstörfall). Zu einer Gefährdung des Wohngrundstücks des Klägers gelangt aber auch der Gutachter Dipl.-Phys. S. erst bei der Gas-/Leck-Kombination „G3/L3", d.h. ab einer Schwefelwasserstoffkonzentration von 0,2 Vol % (2000 ppm). Wie dargelegt, gibt es derzeit keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass dieser Wert in der Anlage der Beigeladenen erreicht wird. Im Übrigen zeigen die vom Kläger zum Beleg für toxische Gefahren herangezogenen Ausbreitungsradien nach dem Gutachten Dipl.-Phys. S. die Gas-/Leckage-Kombination G 2/L 4 ; d.h. eine Gaskonzentration von 0,05 Vol % (= 500 ppm) mit einem Komplettversagen der gesamten Dachhaut, also einem nach der Auffassung beider Gutachter vernünftigerweise auszuschließenden Leckage-Szenario. Hinzu kommt, dass das Vorhandensein einer Schwefelgaskonzentration von 500 ppm nach den plausiblen Erläuterungen des TÜV Nord unter Berücksichtigung der Detailkenntnisse und der durchgeführten Messungen ebenfalls als ausgeschlossen, zumindest aber als sehr unwahrscheinlich erscheint. Auch die weiteren Gas-/Leckage-Kombinationen, bei denen das Wohnhaus des Klägers nach der Annahme von Dipl.-Phys. S. toxischen Gefahren ausgesetzt würde, nämlich G 5/L 1, d.h. ei- ne Schwefelwasserstoffkonzentration von 2 Vol % (= 20.000 ppm), sowie G 4 (0,5 Vol % = 5000 ppm)/L 2, sind nach dem oben Gesagten äußerst unwahrscheinlich, was der Gutachter auch einräumt (S. 25 unten). Zusammenschauend setzen die genannten Gas-/Leckage-Kombinationen den gleichzeitigen Eintritt mehrerer betrieblicher Störungen, nämlich das Auftreten erheblicher Leckagen gleichzeitig in beiden Dachmembranen (äußere Wettermembran und innere Gasmembran) bei gleichzeitigem Versagen der biologischen Entschwefelung in Verbindung mit dem Ausfall der betrieblichen Kontroll- und Warnsysteme voraus. Damit wird bei Berücksichtigung der konkreten Störfallszenarien auch durch das vom Kläger vorgelegte Gutachten keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine toxische Gefährdung der Bewohner des Grundstücks H. Weg Nr. ... dargetan.
121 
Nicht zuletzt geht auch das Gutachten von Dipl.-Phys. S. davon aus, dass eine konkrete Gefahr für das nächstgelegene Wohnhaus durch bestimmte technische Maßnahmen sicher verhindert werden könne (S. 27). Nach der Stellungnahme des TÜV Nord vom 27.08.2014 sowie nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, in der die einzelnen Maßnahmen eingehend erörtert wurden, sind die vorgeschlagenen Maßnahmen überwiegend bereits durchgeführt oder aufgrund des ohnehin schon hohen Sicherheitsstandards der Anlage nicht erforderlich. Der Gutachter Dipl.-Phys. S. hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass sein Vorschläge ohne Detailkenntnisse der Anlage erfolgten, und sie dahingehend relativiert, dass man damit jedenfalls auf der sicheren Seite sei. Zum Teil handelt es sich bei den unterschiedlichen Auffassungen der Gutachter auch nicht um sachliche, sondern nur um sprachliche Differenzen oder unterschiedliche Definitionen derselben Standards. Der Senat vermochte sich jedenfalls nicht davon zu überzeugen, dass die von Dipl.-Phys. S. unterstellten Sicherheitslücken die Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gebieten; dem von ihm unterbreiteten Maßnahmekatalog liegt vielmehr - abgesehen von der Unkenntnis der sicherheitstechnischen Standards der Anlage im Detail - eine gewisse überschießende Tendenz zugrunde.
122 
Eine konkrete toxische Gefährdung des Klägers durch entweichenden Schwefelwasserstoff ist nach alldem mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszuschließen.
123 
Der Beweisantrag Nr. 3 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der Biogasanlage eine erhebliche Gefahr durch toxische Gasausbreitung, insbesondere Schwefelwasserstoff, hervorgeht, war danach abzulehnen. Der Senat sieht keinen Anlass zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens, weil nach den eingehenden, nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Gutachten bzw. Stellungnahmen des TÜV Nord eine derartige Gefährdung auszuschließen ist und diese Annahme durch das auf einer rein hypothetischen Grundlage erstellte Gutachten Dipl.-Phys. S. nicht durchgreifend in Frage gestellt wird.
124 
2.2.2.2.4 Gefahren durch auslaufendes Substrat (Havarie u.a.)
125 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung wegen einer Gefährdung seines Grundstücks durch auslaufendes Substrat. Etwas anderes folgt insbesondere nicht aus dem vom Kläger vorgelegten Gutachten R+D -Sachverständige für Umweltschutz (Dipl.-Ing. P.) vom 13.06.2014. Dieses Gutachten prüft die Vereinbarkeit der Anlage anhand von wasserwirtschaftlichen Anforderungen, insbesondere anhand der Verordnung des Umweltministeriums über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen vom 11.02.1994 (GBI. 1994, 182) - VAwS - sowie des Merkblatts des Umweltministeriums Baden-Württemberg über „Wasserwirtschaftliche Anforderungen an landwirtschaftliche Biogasanlagen" vom Juni 2006. Diese Regelwerke dienen der Konkretisierung von § 62 WHG i.d.F. vom 31.07.2009 - WHG 2009 - (früher § 19g WHG) über den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (vgl. § 1 VAwS, Vorwort des o.g. Merkblatts). Danach müssen Anlagen zum Lagern, Abfüllen, Herstellen, Behandeln oder Verwenden wassergefährdender Stoffe so beschaffen sein und so errichtet und betrieben werden, dass eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften von Gewässern nicht zu besorgen ist. Die in dem Gutachten herangezogenen Vorschriften und Hinweise stellen mithin anlagenbezogene Anforderungen im Hinblick auf den Gewässerschutz. Dieser Normenkomplex ist grundsätzlich nicht nachbarschützend. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz für den Bereich des Wasserrechts - nicht anders als für andere Gebiete des öffentlichen Rechts - grundsätzlich nur aus Rechtsvorschriften ableiten, die das individuell geschützte private Interesse Dritter und die Art der Verletzung dieser Interessen hinreichend deutlich erkennen lassen (grundlegend BVerwG, Urteil vom 15.07.1987 - 4 C 56/83 - BVerwGE 78, 40, m.w.N.). Der Schutz des Grundwassers erfolgt im Allgemeinen im Interesse der öffentlichen Wasserversorgung. Damit dienen entsprechende Bestimmungen dem Schutz der Allgemeinheit und nicht dem Schutz der Rechte Einzelner (vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 23.06.2014 - 2 A 104/12 - juris; BayVGH, Beschluss vom 24.03.2009 - 22 ZB 07.224 - juris; anders nur für Trinkwasserversorgungsunternehmen als Träger wasserwirtschaftlicher Gemeinwohlbelange: OVG Lüneburg, Urteil vom 05.09.1996 - 3 I 7866/94 - juris, m.w.N.). Soweit der Kläger der Sache nach die Verletzung von Vorschriften des Wasserrechts rügt, kann daraus mithin keine subjektive Rechtsverletzung folgen.
126 
Auch in der Sache können die vom Sachverständigen Dipl.-Ing. P. gerügten Mängel im Hinblick auf die Ausführung und Dichtheit der Rohrleitungen und Behälter, die Rissbreitenbeschränkung und die Abdeckung des Umschlagsplatzes der Genehmigung nicht entgegengehalten werden. Es trifft zwar zu, dass der wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz des § 62 WHG i.V.m. §§ 3, 12 VAwS grundsätzlich eine nicht nur einwandige, sondern doppelwandige Ausführung von unterirdischen Rohrleitungen und Behältern gebietet. Das Landratsamt hat aber aufgrund einer fachtechnischen Prüfung mit Bescheid vom 12.08.2014 mittlerweile eine Ausnahme nach § 7 Abs. 2 VAwS im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 62 WHG 2009/ § 19 g Abs. 1 bis 3 WHG a.F. zugelassen. Dies ist nicht zu beanstanden, weil nach dem Vorwort des Merkblatts „Wasserwirtschaftliche Anforderungen an landwirtschaftliche Biogasanlagen“ vom Juni 2006 Biogasanlagen eine Erleichterung nach § 7 Abs. 2 VAwS erhalten sollen. Soweit der Gutachter die in der Genehmigung festgesetzte Rissbreitenbeschränkung von 0,3 mm beanstandet und eine Beschränkung auf 0,2 mm für geboten hält, hat der Beklagte Nachweise vorgelegt, dass im vorliegenden Fall konkret eine Rissbreite von weniger als 0,2 mm eingehalten wird (Anlage C 43). Im Hinblick auf den wasserdichten Belag des Umschlagplatzes räumt der Gutachter selbst ein, dass ein solcher vorhanden ist und eine Aufkantung zur sicheren Ableitung von verschmutztem Wasser in Baden-Württemberg nicht vorgeschrieben ist. Soweit der Gutachter auf dem Standpunkt steht, in der Genehmigung hätte nach der VAwS anstelle einer 12jährigen eine 5jährige Prüfpflicht für unterirdische Anlagenteile mit wassergefährdenden Stoffen festgesetzt werden müssen, lässt er wiederum außer Acht, dass diese Prüfungen dem Gewässerschutz dienen und dem Kläger keine subjektiven Rechte vermitteln.
127 
Wie der Senat im Verfahren 10 S 1510/13 bereits ausgeführt hat, kann der Kläger sich auch nicht darauf berufen, dass keine Umwallung der Anlage angeordnet worden ist. Das Erfordernis einer Umwallung ist allerdings in § 37 Abs. 3 des Entwurfs der Verordnung des Bundes über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) enthalten. Nach § 68 Abs. 10 des Entwurfs sind bestehende Biogasanlagen grundsätzlich innerhalb vom fünf Jahren nachzurüsten. Im Vorgriff auf den Entwurf haben einige Bundesländer die Umwallung von Biogasanlagen bereits vorgeschrieben. In Baden-Württemberg ist dies aber auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht geltendes Recht; im Fall des Inkrafttretens einer Nachrüstungspflicht wird die Behörde indes eine entsprechende Anordnung zu prüfen haben. Selbst wenn aber eine Umwallung im Hinblick auf den genannten Entwurf bzw. die Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern bereits Stand der Technik sein sollte - wie der Kläger geltend macht -, hat er keinen Rechtsanspruch auf den Erlass einer entsprechende Nebenbestimmung oder Anordnung, weil auch die einschlägigen Regelungen der geplanten Bundesverordnung - soweit ersichtlich - grundsätzlich dem objektivrechtlichen Schutz des Wassers dienen werden (vgl. § 1 Abs. 1 AwSV Entwurf). In der Begründung zu § 37 Abs. 3 des Entwurfs zur AwSV wird ausgeführt, dass die vorhandene Anlagentechnik nach der Zahl der Unfälle (48 Unfälle in 8 Jahren allein im Landkreis Rottal-Inn) nicht ausreiche, um Unfälle und ein über Kilometer reichendes Fischsterben zu verhindern. Danach ist auch unter Berücksichtigung der Begründung des Verordnungsentwurfs nicht erkennbar, dass § 37 Abs. 3 AwSV über seinen objektiv-rechtlichen Geltungsanspruchs hinaus Drittschutz vermitteln wird.
128 
Subjektive Rechte des Klägers könnten allenfalls insoweit betroffen sein, als eine Umwallung auch die Gefahr einer Überflutung von Nachbargrundstücken im Falle einer Havarie eindämmt. Nach Überzeugung des Senats besteht aber keine hinreichend konkrete Gefährdung des Grundstücks des Klägers durch auslaufendes Substrat. Entgegen der Auffassung des Klägers kann insoweit nicht der wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz des § 62 WHG zum Tragen kommen, wonach der bestmögliche Grundwasserschutz geboten ist. Vielmehr bedarf es - wie mehrfach ausgeführt - in Bezug auf den subjektiven Rechtsschutz einer konkreten Gefahr im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative BImSchG, d.h. eine Überflutung des Grundstücks des Klägers durch auslaufendes Substrat muss unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hinreichend wahrscheinlich sein. In den Jahren 2008/2009 ist ein solches Schadensereignis zwar unstreitig bereits einmal eingetreten. Die Beigeladene hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, dass es sich nicht um ein statisches oder sonstiges technisches Problem des Gärrestebehälters, sondern um eine versehentliche Ableitung von verunreinigtem Oberflächenwasser bei Reinigungsvorgängen bzw. um ein unbefugtes Eingreifen Dritter gehandelt habe, wogegen inzwischen durch technische Maßnahmen und einen Entwässerungsplan Vorsorge getroffen sei. Gegen unbefugte Eingriffe Dritter sind mittlerweile Vorkehrungen getroffen worden. Dies wurde durch die Sicherheitstechnische Prüfung des TÜV Nord vom 13.06.2014 (Pos. H5, E6) bestätigt, wonach die Anlage inzwischen umzäunt und mit einer abschließbaren Toranlage versehen; die Betriebsgebäude müssen außerhalb der regulären Betriebszeit verschlossen werden. Die Standsicherheit und Dichtheit der Behälter und der sonst betroffenen Anlagenteile sind auf die maximalen Füllstände und Speicherkapazitäten ausgelegt. Die Behälterwände bestehen nach den gutachterlichen Stellungnahmen aus praxiserprobtem Stahlbeton bzw. Edelstahl. Die Statik des Gärrestebehälters ist geprüft worden (Bautechnischer Prüfbericht Prof. Dr.-Ing. F. vom 30.04.2013). Mit Nachtragsprüfbericht vom 05.11.2013 (Prof. Dr.-Ing. F.) wurde insbesondere auch die zusätzliche Belastung des Gärrestebehälters durch das Tragluftdach berücksichtigt. Danach können die Zusatzlasten von der früher eingebauten Bewehrung und von der Bodenplatte mittels eines zusätzlichen Sockels aufgenommen werden. Ab 30 kg/m² Schneelast (15 cm Schneehöhe) ist das Tragluftdach allerdings von Schnee zu befreien. Der Prüfstatiker führt aus, dass aufgrund der regelmäßigen Temperatur zwischen den Folien von 8°- 12° Celsius grundsätzlich von einem Abschmelzen bzw. Abrutschen des Schnees ausgegangen werden könne. Ein Temperaturfühler sei nicht erforderlich, wenn eine sofort einsetzbare mechanische Schneeräumung vorhanden sei. Die Durchführbarkeit des Schneeräumkonzepts der Beigeladenen mittels eines mobilen Kranwagens wurde anlässlich der Bauabnahme überprüft (Gerichtsakte Band II, Anlage C 31). Der Sachverständige Dipl.-Ing. D. hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt, dass ihm bei seinen Recherchen nur zwei Fälle bekannt geworden sind, in denen Schneeräumungen erfolgt sind; dabei sei von der Feuerwehr ein ähnliches Schneeräum-Konzept, wie es die Beigeladene habe, angewandt worden. Der Sachverständige hat ferner schlüssig ausgeführt, dass Gefahren durch Schneelasten nicht plötzlich auftreten, sondern sich zunächst durch Verformungen der Dachhaut ankündigen und optisch gut wahrnehmbar sind. Es bestehe daher hinreichend Zeit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Eine Havarie oder ein Aufreißen der Dachmembran in Folge von Schneelast sei ihm nicht bekannt. Diese Ausführungen werden bestätigt durch das von der Beigeladene im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 10 S 1510/13 vorgelegte Gutachten G., wonach die Schneeräumung über eine vor Ort verfügbare Arbeitsbühne mit entsprechendem Hilfsmaterial gegenüber einer Schneeräumung mittels einer fest installierten Schlagleine gleichwertig und technisch durchführbar sei. Es komme nicht zu einem schlagartigen Zusammenbruch der gesamten Einheit, sondern zu einem langsamen Einsinken und Ablagern auf der Unterkonstruktion.
129 
Der in Ziff. 3.1.4.1 des Merkblatts „Wasserwirtschaftliche Anforderungen an landwirtschaftliche Biogasanlagen" vom Juni 2006 sowie in der Sicherheitstechnischen Vorprüfung geforderte Anfahrschutz durch eine Leitplanke zum Schutz gegen mechanische Beschädigung ist mittlerweile errichtet und durch die Vorlage von Plänen und Fotografien nachgewiesen worden. Entgegen der Auffassung des Klägers hält der Senat den Anfahrschutz im Hinblick auf die Verkehrsverhältnisse für ausreichend. Auf dem angrenzenden H.-Weg besteht eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 40 km/h; der Durchfahrtsverkehr ist grundsätzlich auf Fahrzeuge bis 6 t beschränkt und nur für den landwirtschaftlichen Verkehr und für Anlieger freigegeben. Die Errichtung der Leitplanke erfolgte im Übrigen nach Überprüfung und im Einvernehmen mit dem TÜV Nord.
130 
Schließlich sind die Behälter vor Inbetriebnahme auf ihre Dichtigkeit geprüft worden und auch künftig in regelmäßigen Intervallen auf Leckagen Undichtigkeiten und Korrosion hin zu überprüfen. Danach ist ein Auslaufen von Substrat durch das Versagen von Behälterwänden vernünftigerweise auszuschließen.
131 
Der vom Kläger geforderte Anfahrschutz für die Stütze des Galgens und den Kontrollschacht erscheint hingegen nicht erforderlich, weil diese Anlagenteile nach dem nicht substantiiert bestrittenen Vortrag der Beigeladenen kein Substrat enthalten. Auf die zwischen den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung umstrittene Frage, ob der Galgen bei Nichtgebrauch regelmäßig zu Seite geklappt wird, kommt es danach nicht entscheidungserheblich an. Außerdem sind auch gegen das Auslaufen von Substrat durch das Versagen anderer Anlagenteile als der Behälterwände, wie es vom Kläger in der mündlichen Verhandlung in den Vordergrund gerückt wurde, zahlreiche Vorkehrungen getroffen worden. So ist eine Unterfüllsicherung installiert worden, die auf ein außerplanmäßiges Absinken des Behälterfüllstands anspricht und über das Kommunikationssystem das Betriebspersonal informiert. Außerdem ist die weitere Entnahme von flüssigem Substrat aus dem Gärrestespeicher entweder durch einen automatischen Schieber am Saugstutzen, der bei Unterdruck sowie bei Unterschreiten eines Mindestfüllstands von 0,40 m schließt, oder durch eine dauerhaftes Verschließen des Saugstutzens zu verhindern (vgl. Anordnung vom 17.07.2013, Hinweis Nr. 11). Die Entnahmepumpe ist auf eine Förderdauer von 2,5 Minuten (Zeitdauer einer Fassbefüllung) begrenzt; ab 22 Uhr wird die Stromzufuhr zur Förderpumpe automatisch unterbrochen. Das Bedienungsfeld der Pumpe befindet sich 5 m über Grund und wird nach jedem Pumpeneinsatz mit einem Sicherheitsschloss gegen unbefugte Benutzung gesichert. Eine Füllstandsüberschreitung wird durch die Überfüllsonde registriert, was eine Störmeldung auslöst bei gleichzeitiger Unterbindung der weiteren Substratzufuhr (vgl. zum Ganzen Sicherheitstechnische Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013). Damit sind zahlreiche technische Vorkehrungen gegen das Auslaufen von Substrat infolge von Versagen der Behälterwänden oder sonstigen Anlagenteilen, Überfüllung oder Eingreifen Unbefugter getroffen worden. Bedienungsfehler sind durch entsprechende Betriebsanweisungen und die Unterweisung und Schulung des Personals zu minimieren, wie es bereits in der Sicherheitstechnischen Stellungnahme der proTerra GmbH vom 28.02.2013 sowie in der Sicherheitstechnischen Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013 gefordert wird. Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit eines Substrataustritts oder einer Überfüllung nach der genannten Stellungnahme des TÜV Nord als gering zu bewerten (S. 33 ff.). Allenfalls bei grober Fahrlässigkeit, etwa dem Abreißen von Leitungen, ist danach ein Substrataustritt denkbar. Eine Gefahr von Leib und Leben entsteht hierdurch aber nicht, weil frühzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können, wie etwa Schließen des Schiebers oder durch Umpumpen des Substrats in andere Behälter. Im Übrigen ist das Dachprofil des H.-Wegs nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Landratsamts mittlerweile erhöht und entlang der Grundstücksseite des Klägers aufgekantet worden; dies dürfte auslaufende Gülle jedenfalls in einem bestimmten Umfang vom Grundstück des Klägers fernhalten.
132 
Nach alldem kann ein Abwehranspruch des Klägers im Hinblick auf die Gefahr eines Substrataustritts nicht angenommen werden. Diese Gefahr ist durch sicherheitstechnischen Vorkehrungen hinreichend minimiert; selbst im Schadensfall besteht keine Gefahr für Leib und Leben des Klägers. Die vom Kläger vorgelegte Untersuchung von Dr. K. vom 10.09.2014 zu den Risiken eines Substrataustritts ist nicht geeignet, eine andere Einschätzung zu rechtfertigen. Abgesehen davon, dass der Gutachter nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung von der Fachrichtung her Chemiker und kein nach § 29a BImSchG bekanntgegebener Sachverständiger ist, mag seine Stellungnahme zwar veranschaulichen, dass es bei Biogasanlagen häufig zu Störungen und Unfällen kommt, die zum Auslaufen von Gülle führen. Die konkrete Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines solchen Schadensereignisses in der hier umstrittenen Anlage der Beigeladenen wird durch das Gutachten aber nicht plausibel belegt; der Autor weist selbst darauf hin, dass einige Unsicherheiten bestehen, weitere quantitative Untersuchungen erforderlich seien und eine Risikomatrix geschulten Fachleuten vorbehalten bleiben müsse (S. 14, unten, S. 17, S. 18 unten). Nicht plausibel erscheint insbesondere die Risikomatrix in Abbildung 4 des Gutachtens, wonach eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit (W 3) dafür bestehe, dass es im Falle einer Havarie Leichtverletzte geben werde. In dem Gutachten wird die Gefahr einer Gesundheitsbeeinträchtigung nicht überzeugend begründet. Gefahren für Leib und Leben sowie Hab und Gut im Fall eines Gülleaustritts werden vom Gutachter ohne weiteres unterstellt, so dass eine zuverlässige Aussage zum Schadensausmaß nicht getroffen wird. Das Gutachten enthält auch keine überzeugenden Erläuterungen zur Eintrittswahrscheinlichkeit einer Havarie bei der konkreten Anlage. Der Gutachter rechnet mit einer nicht näher begründeten Eintrittswahrscheinlichkeit von 1 zu 2500, die er wohl statistisch herleitet. Konkrete Störfallszenarien im Hinblick auf die Ursachen von Störungen und den Umfang der hierbei zu erwartenden Schäden durch auslaufende Gülle werden in die Schadensprognose nicht einbezogen. Der Gutachter unterstellt weiter zu Unrecht, dass das Grundstück in einem Hochwasserschutzgebiet liege; ferner findet eine belastbare Fehlerdiskussion nicht statt.
133 
Der Beweisantrag Nr. 2 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der Biogasanlage eine erhebliche Gefahr bezüglich eines Substrataustritts besteht und dadurch Leib und Leben des Klägers gefährdet wird und daher zwingend eine Umwallung und ein Anfahrschutz anzubringen ist, um diese Gefahren zu minimieren, war nach den vorstehenden Ausführungen abzulehnen. Wie ausgeführt, hat der Kläger keinen subjektiven Rechtsanspruch auf Maßnahmen wie Umwallung und (weiteren) Anfahrschutz, die in erster Linie dem objektiv-rechtlichen Gewässerschutz dienen; im Übrigen liegen ausreichende Erkenntnisse und sachverständige Stellungnahmen vor, wonach hinreichende Vorkehrungen gegen ein Auslaufen von Substrat getroffen worden sind. Das vom Kläger vorgelegte Gutachten stellt dies nicht durchgreifend in Frage, weil es sich mit den Sicherheitsstandards der konkreten streitgegenständlichen Anlage nicht auseinandersetzt. Der Senat sieht daher keinen Anlass zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens. Bei der unter Beweis gestellten Tatsache handelt es sich ferner um einen unzulässigen Ausforschungsbeweisantrag, weil der Kläger gleichsam ins Blaue hinein behauptet, an Leib und Leben gefährdet sein. Auslaufendes Substrat mag zwar auf dem Grundstück des Klägers zu Sachschäden führen; es ist aber nicht ersichtlich und vom Kläger auch in keiner Weise substantiiert worden, dass hierdurch Gefahren für Leib und Leben von Personen entstehen, die sich auf dem Grundstück aufhalten. Selbst wenn von dem Substrat beim Einatmen in nächster Nähe toxische Gefahren ausgehen sollten, können sich Betroffene ohne weiteres rechtzeitig entfernen. Schließlich handelt es sich bei der Frage, ob die Gefahr erheblich ist, nicht um eine dem Beweis zugängliche Tatsache, sondern um eine vom Gericht zu beantwortende Rechtsfrage.
134 
2.3. Bauplanungsrecht
135 
Die Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 verstößt auch nicht gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG, die dem Schutz der Nachbarn zu dienen bestimmt sind.
136 
Nicht entscheidungserheblich ist im vorliegenden Nachbarstreit, ob eine Privilegierung des Vorhabens der Beigeladenen nach § 35 Abs. 1 BauGB anzunehmen ist; insoweit ist allein maßgeblich, ob das Vorhaben der Beigeladenen hinsichtlich der ihm zuzurechnenden Auswirkungen auf schutzwürdige Interessen des Klägers die gebotene Rücksicht nimmt. Der Nachbar erlangt eine schutzwürdige Abwehrposition nämlich nicht allein dadurch, dass das auf dem Nachbargrundstück genehmigte Vorhaben wegen Beeinträchtigung öffentlicher Belange, die nicht dem Schutz privater Dritter zu dienen bestimmt sind, nach § 35 Abs. 3 BauGB unzulässig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.1993 - 4 C 5/93 - NVwZ 1994, 686; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 31.07.2008 - 1 LA 39/08 - a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.10.2009 - 1 A 10898/07 - juris).
137 
Nach den Ausführungen unter 2.2. kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf eine Verletzung des nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots berufen. Das Bauplanungsrecht stellt keine strengeren Anforderungen an die Zumutbarkeit bestimmter Immissionen als das Immissionsschutzrecht (st. Rspr., vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74/78 - juris). Da das Vorhaben nicht der Störfall-Verordnung unterliegt, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Biogasanlage unter störfallrechtlichen Gesichtspunkten rücksichtslos an die Wohnnutzung des Klägers heranrückt. Im Übrigen wurde die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt, bevor die Baugenehmigung und Nutzungsänderung des Klägers beantragt wurde. Die nunmehr geduldete Wohnnutzung des Klägers kann daher nicht von vorneherein als vorrangig gegenüber dem heranrückenden Betrieb betrachtet werden. Schließlich kann die Beigeladene weder auf der Grundlage von Art. 14 Abs. 1 GG noch von § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO auf einen anderen, für den Kläger aus immissionsschutzrechtlicher Sicht günstigeren Standort verwiesen werden, wenn von der geplanten Biogasanlage keine unzumutbaren Einwirkungen ausgehen. Ergibt die immissionsschutzrechtliche Prüfung, dass die von der Anlage ausgehenden Belastungen an dem von dem Betreiber gewählten Standort zumutbar sind, muss der Nachbar diese auch dann hinnehmen, wenn es einen ihn noch stärker schonenden Alternativstandort gibt. Denn die immissionsschutzrechtliche Prüfung ist ebenso wie die baurechtliche Prüfung an der Standortentscheidung des Anlagenbetreibers bzw. Bauherrn ausgerichtet und hieran gebunden. Der Anlagenbetreiber bestimmt das Vorhaben, dessen Zulässigkeit dann auf der Grundlage der eingereichten Antragsunterlagen von der Behörde zu prüfen ist (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 13.10.1998 - 4 B 93.98 -, UPR 1999, 74 m. w. N. zur Standortbindung im baurechtlichen Verfahren; OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.05.2006 - 7 ME 6/06 - juris).
138 
III. Kosten
139 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im zweiten Rechtszug aufzuerlegen, weil diese im Berufungsverfahren einen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Hingegen wäre es unbillig, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im ersten Rechtszug aufzuerlegen, weil sie im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht keinen Antrag gestellt hat.
140 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
141 
Beschluss vom 12. März 2015
142 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 3 GKG in Verbindung mit Nrn. 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (veröffentlicht u.a. als Sonderbeilage zur VBlBW, Heft Januar 2014) auf 15.000 EUR festgesetzt.
143 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
27 
Der am 02.04.2015 bei Gericht eingegangene Antrag des Klägers auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO) bleibt ohne Erfolg. Eine Wiedereröffnung ist nur bis zum Erlass der die Instanz abschließenden Entscheidung möglich. Der mit den Unterschriften der Mitglieder des erkennenden Senats versehene Tenor des Urteils ist der Geschäftsstelle am 13.03.2015 übergeben und den Beteiligten am 16.03.2015 per Telefax übermittelt worden ist. Damit war das Urteil wirksam und für den Senat bindend (vgl. Stuhlfauth, in: Bader u.a., VwGO, 5. Aufl. 2011, § 116 Rn. 10). Der Senat war zur Niederlegung und Bekanntgabe des Tenors zu diesem Zeitpunkt auch berechtigt; eine Schriftsatzfrist ist dem Kläger nicht eingeräumt und von ihm auch nicht beantragt worden. Im Übrigen besteht auch in der Sache kein Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (dazu unten 2.2.2.1.2 ).
28 
Die hilfsweise beantragte Wiederaufnahme des Verfahrens kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das Urteil des Senats nicht rechtskräftig ist (§ 153 Abs. 1 VwGO). Im Übrigen ist auch kein Restitutionsgrund ersichtlich.
29 
Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere fristgerecht und unter Stellung eines Antrags begründet worden (§ 124 Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufungen sind auch begründet. Die Klage ist zwar zulässig (dazu I.), aber unbegründet (dazu II.). Die Klage ist daher unter Änderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts insgesamt abzuweisen.
30 
I. Zulässigkeit der Klage
31 
Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für die gemäß § 125 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 91 VwGO auch noch im Berufungsverfahren statthafte Klagänderung. Die Klagänderung ist nach § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, weil die übrigen Beteiligten eingewilligt haben. Sie ist darüber hinaus aus prozessökonomischen Gründen sachdienlich. Die geänderte Klage erfüllt alle Sachurteilsvoraussetzungen. Zwar kann eine Klagänderung nach bislang überwiegender Auffassung durch den obsiegenden Kläger in der Berufungsinstanz nur im Wege einer Anschlussberufung nach § 117 VwGO erfolgen. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber in jüngster Zeit offen gelassen, ob die Annahme zutrifft, dass eine Klageänderung i.S.v. § 91 VwGO im Berufungsverfahren nach einem stattgebenden Urteil erster Instanz nur im Wege einer rechtzeitig eingelegten Anschlussberufung nach § 127 VwGO vorgenommen werden kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 23.09.2010 - 7 C 20/09 - juris; sowie vom 04.12.2014 - 4 C 33.13 - juris). Nach Auffassung des Senats ist zumindest in der vorliegenden Fallkonstellation keine Anschlussberufung erforderlich, weil der Beklagte den in erster Instanz angefochtenen Verwaltungsakt während des Berufungsverfahrens modifiziert und teilweise ersetzt hat. Das Gebot der Waffengleichheit und Billigkeit gebietet es daher, dem Kläger die prozessuale Möglichkeit einer Konkretisierung seines Klagantrags im Hinblick auf die aktuelle Fassung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung einzuräumen, ohne an die Form- und Fristerfordernisse einer Anschlussberufung nach § 127 VwGO gebunden zu sein. Sofern auch in solchen Fällen eine Klagänderung nur im Wege einer Anschlussberufung erfolgen kann, hat der Kläger diese jedenfalls mit Schriftsätzen vom 02.09.2013 und 14.02.2014 eingelegt. Er hat damit eindeutig erkennen lassen, dass er über die Zurückweisung der Berufungen hinaus eine Einbeziehung der Änderungsgenehmigungen in das Berufungsverfahren anstrebt. Die Anschlussberufung muss nicht ausdrücklich als solche bezeichnet sein (BVerwG, Urteil vom 23.09.2010 - 7 C 20/09 - a.a.O. m.w.N.). Der Kläger konnte im September 2013 und im Februar 2014 auch noch in zulässiger Weise Anschlussberufung einlegen. Die Frist des § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO wurde nicht in Lauf gesetzt, weil die Berufungsbegründungsschrift des Beklagten dem Kläger nicht zugestellt worden ist (§ 57 Abs. 1 VwGO). Die Berufungsbegründungschrift der Beigeladenen wurde dem Kläger zwar am 04.07.2013 zugestellt. Die Befristung kann aber nicht für Anschließungen gelten, mit denen auf während des Berufungsverfahrens vorgenommene Prozesshandlungen des Berufungsklägers reagiert wird (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 127 Rn. 14); dies muss erst recht gelten, wenn der Streitstoff durch den Berufungskläger zu Lasten des ursprünglich obsiegenden Klägers verändert wird. Die Beigeladene hat mit - nicht zugestelltem - Schriftsatz vom 31.07.2013 auf das Berufungsvorbringen der Beklagten Bezug genommen und sich damit ein weiteres rechtserhebliches Vorbringen zu eigen gemacht. Auch der Beklagte hat seine Berufungsbegründung durch zusätzlichen rechtserheblichen Vortrag ergänzt, indem er sich mit einem - nicht zugestellten - Schriftsatz vom 30.07.2013 auf die nachträgliche Anordnung vom 17.07.2013 zur Ergänzung der Nebenbestimmungen der Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 berufen hat. Außerdem hat die Beigeladene im Juli 2013 eine weitere immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung beantragt, die von dem Beklagten am 31.10.2013 erteilt wurde und mit der die ursprüngliche Genehmigung erheblich modifiziert wurde. Die zuletzt genannte Genehmigung war Gegenstand der Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 10 S 1510/13 und 10 S 473/14 und wurde von den Beteiligten auch im Berufungsverfahren erörtert; eine Zustellung der diesbezüglichen Schriftsätze ist im Berufungsverfahren nicht erfolgt. Im Hinblick auf diese veränderte Sach- und Rechtslage muss eine Anschließung nach dem Grundsatz der Waffengleichheit noch zulässig sein. Fristen wurden insoweit nicht in Lauf gesetzt.
32 
II. Begründetheit der Klage
33 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungen vom 05.04.2013 und vom 31.10.2013 sowie der nachträglichen Anordnung vom 17.07.2013 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
34 
Wie der Senat in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bereits ausgeführt hat, findet in einem von einem Dritten angestrengten Rechtsbehelfsverfahren eine objektive Rechtskontrolle nicht statt. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist bei der Anfechtungsklage eines Dritten vielmehr allein die Frage, ob der das Verfahren betreibende Dritte in eigenen subjektiven Rechten im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt wird. Ob der angefochtene Bescheid insgesamt objektiv rechtmäßig ist, ist insofern nicht maßgeblich. Vielmehr ist die Genehmigung allein daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen Vorschriften verstößt, die dem Schutz des um Rechtsschutz nachsuchenden Dritten dienen (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 6.10.1989 - 4 C 14.87 - BVerwGE 82, 343).
35 
Rechtsgrundlage für die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in der Fassung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigungen ist § 6 Abs. 1 i.V.m. § 16 BlmSchG. Danach ist die erforderliche Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2). Der Anlagenbetreiber hat nach § 6 Abs. 1 BImSchG einen Rechtsanspruch auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, sofern die formellen und materiellen Voraussetzungen vorliegen. Lassen sich Genehmigungshindernisse durch Nebenbestimmungen ausräumen, ist die Genehmigung mit diesen Nebenbestimmungen zu erteilen (Jarass, BImSchG, Kommentar, 10. Auflage, § 6 Rn. 42).
36 
1. Verfahrensrecht
37 
Die Genehmigung begegnet keinen durchgreifenden verfahrensrechtlichen Bedenken. Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, es hätte eine Neugenehmigung der Anlage erfolgen müssen, weil sich der Gesamtcharakter der Anlage grundlegend verändere. Eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte des Klägers ist insoweit nicht ersichtlich. Eine Änderungsgenehmigung unterliegt grundsätzlich den gleichen rechtlichen Voraussetzungen wie eine Erstgenehmigung; insbesondere muss die geänderte Anlage den Anforderungen des § 6 Abs. 1 BlmSchG entsprechen (Jarass, BImSchG, a.a.O., § 16 Rn. 35). Eine Öffentlichkeitsbeteiligung wäre auch im Falle einer vollständigen Neugenehmigung der Anlage nicht erforderlich gewesen, weil diese im vereinfachten Verfahren nach § 19 BlmSchG i.V.m. § 2 Satz 1 Nr. 2, Anhang 1 Nr. 1.2.2.2 Spalte c, Nr. 8.6.3.2 Spalte c 4. BlmSchV i.d.F. vom 02.05.2013 (früher Nr. 1.4 Spalte 2 Buchst. b) aa); Nr. 8.6 Spalte 2 Buchst. b)) durchgeführt wird. Der Kläger erleidet daher durch die Erteilung der Änderungsgenehmigung anstelle einer Neugenehmigung keinen Rechtsnachteil (vgl. im Einzelnen den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Senatsbeschluss vom 11.12.2014 - 10 S 473/14 - juris).
38 
2. Materielles Recht
39 
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Diese Bestimmung ist für Nachbarn drittschützend (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteil vom 20.07.2011 - 10 S 2102/09 - juris; OVG NRW, Urteil vom 09.12.2009 - 8 D 6/08.AK - juris). Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass dies nicht nur für den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, sondern auch für die Abwehr sonstiger Einwirkungen im Sinne der 2. Alternative des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG gilt. Die Erfüllung der Grundpflichten des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG muss für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme sowie für die Dauer des Betriebs sichergestellt sein. Diese Bestimmung hat aber nicht die Bedeutung, dass jedes nur denkbare Risiko der Herbeiführung von schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren ausgeschlossen sein muss. Vielmehr müssen Risiken, die als solche erkannt sind, nach den konkreten Umständen des Falles mit hinreichender, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein (grundlegend BVerwG, Urteil vom 17.02.1978 - I C 102/76 - BVerwGE 55, 250; vgl. auch Jarass a.a.O. § 3 BlmSchG Rn. 39). Nach überwiegender Auffassung muss eine konkrete Gefährlichkeit bestehen; eine abstrakte Störqualität genügt nicht (Jarass a.a.O. § 3 BImSchG Rn. 39). Mithin genügt die bloße Eignung von Einwirkungen, einen Schaden herbeizuführen, nicht, um Schutz- und Abwehransprüche nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu begründen. Die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht greift als Instrument der Gefahrenabwehr vielmehr nur ein, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.11.2014 - 7 B 27.14 - juris; Jarass a.a.O. § 6 Rn. 11 m.w.N.). Je schwerwiegender die zu befürchtenden Schäden sind, desto geringere Anforderungen sind an die Wahrscheinlichkeit zu stellen; umgekehrt muss die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts desto höher sein, je geringer die Schadensfolgen sind (Jarass a.a.O. § 3 Rn. 43 m.w.N.). Nach Durchführung der erforderlichen Amtsaufklärung verbleibende Unsicherheiten lassen sich eventuell durch geeignete Nebenbestimmungen kompensieren (Jarass a.a.O. § 6 Rn. 11 f.; § 12 Rn. 8).
40 
Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG sind nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 BlmSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Welche Beeinträchtigungen dabei als erheblich einzustufen sind, bemisst sich danach, was die Betroffenen an Immissionen nicht mehr hinzunehmen brauchen, weil sie unzumutbar sind (Jarass a.a.O. § 3 Rn. 47 m.w.N.). Den normkonkretisierenden technischen Regelwerken der TA Luft und der TA Lärm kommt, soweit sie den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Hinblick auf Staub und Lärm konkretisieren, im Rahmen ihres Anwendungsbereichs eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2/07 - juris m.w.N.).
41 
Es ist nicht abschließend geklärt, ob schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 1. Alternative BlmSchG nur diejenigen Immissionen sind, die im Normalbetrieb der Anlage entstehen, oder auch diejenigen, die durch Störungen des bestimmungsgemäßen Betriebs oder durch extern ausgelöste Gefahren verursacht werden (so Jarass a.a.O. § 5 Rn. 12 f. Rn. 24; differenzierend Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2013, § 5 BlmSchG Rn. 96). Durch Störungen des bestimmungsgemäßen Betriebs oder externe Gefahren hervorgerufene negative Einwirkungen sind aber zumindest den sonstigen Gefahren im Sinne des 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative BlmSchG zuzuordnen. Hierzu gehören insbesondere auch Explosions- und Brandgefahren sowie die Gefahr von Flüssigkeitsaustritt oder Überflutungen (Jarass a.a.O. § 5 Rn. 27 f.).
42 
2.1. Schädliche Umwelteinwirkungen bei bestimmungsgemäßem Betrieb
43 
Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung stellt in ihrer gegenwärtigen Fassung hinreichend sicher, dass durch den Anlagenbetrieb keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Staub, Lärm, Gerüche, Bioaerosole und Formaldehyd hervorgerufen werden.
44 
Die Beigeladene hat mit den Antragsunterlagen zur Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 drei Gutachten der SFI - Sachverständige für Immissionsschutz - (Dipl.-Phys. L.) vorgelegt, wonach auch nach der Erhöhung der Güllemenge keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Staub, Lärm und Gerüche von der Anlage ausgehen. Gegen die Verwertbarkeit dieser Gutachten im vorliegenden Verfahren spricht nicht, dass die Gutachten im Zusammenhang mit einem Antrag der Beigeladenen vom 15.03.2013 auf Erteilung einer Neugenehmigung der Anlage erstellt worden sind, der vorsorglich für den Fall der Aufhebung der Erstgenehmigung gestellt und mittlerweile zurückgezogen wurde. Denn der Neuantrag entsprach im Wesentlichen dem Zustand, den die Anlage nach Erteilung der 2. Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 hat, insbesondere ist die Substratmenge einschließlich des erhöhten Gülleumsatzes identisch. Das Ergebnis der Gutachten wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Abstand zwischen dem Wohnhaus des Klägers und der umstrittenen Anlage mit ca. 70 m angenommen wird, wohingegen der Abstand nach Aktenlage lediglich ca. 50 m beträgt. Ungeachtet dessen, dass diese Abweichung darauf beruhen dürfte, dass entweder vom Mittelpunkt oder vom Rand des Gärrestebehälters gemessen wird, hat die genannte Entfernungsangabe keinen Eingang in die Immissionsprognosen gefunden. Diese beruhen vielmehr auf maßstäblich skalierten topographischen Rasterkarten mit integriertem Lageplan, in dem die betroffenen Anlagen zutreffend wiedergegeben werden (vgl. auch Stellungnahme der SFI vom 11.03.2015). Im Einzelnen:
45 
2.1.1 Staub
46 
Nach Nr. 4.3.1 TA Luft ist der Schutz vor erheblichen Belästigungen oder erheblichen Nachteilen durch Staubniederschlag sichergestellt, wenn die nach Nr. 4.7 ermittelte Gesamtbelastung den Immissionswert von 0,35 g/(m 2.d) im Jahresmittel nicht übersteigt. Nach Nr. 4.3.2 Buchst. b) TA Luft darf die Genehmigung auch bei einer Überschreitung nicht versagt werden, wenn die Kenngröße für die Zusatzbelastung durch die Emissionen der Anlage an diesem Beurteilungspunkt einen Wert von 10,5 mg/ (m2.d) im Jahresmittel nicht überschreitet. Nach dem von der Beigeladenem vorgelegten Gutachten der SFI - Sachverständige für Immissionsschutz - (Dipl.-Phys. L.) vom 02.05.2013 zu „Staubimmissionen im Umfeld der Biogasanlage am Standort K." beträgt die Kenngröße für die Zusatzbelastung weniger als 10,5 mg/ (m2.d). Nach den Ausbreitungsradien liegt der Immissionsort Wohnhaus H. Weg Nr. ... (Wohnhaus des Klägers) nur zu einem geringen Teil im untersten Bereich einer Zusatzbelastung durch Staubdeposition (0,0050 bis 0,0105 g/(m2.d), überwiegend aber außerhalb des Einflussbereichs der Anlage.
47 
Im Hinblick auf die Schwebstaubbelastung nimmt das Gutachten unter Zugrundelegung eines zutreffenden Lageplans eine Überschreitung des Irrelevanzwerts an. Darauf basierend berechnet das Gutachten die Gesamtbelastung unter Berücksichtigung der Hintergrundbelastung nach den Messwerten der LUBW und gelangt zu dem Ergebnis, dass sowohl der Jahresimmissionswert von 40 pg/m2 als auch der Tagesmittelwert von 50 pg/m2 mit 35 zulässigen Überschreitungen (vgl. Nr. 4.2.1 TA Luft Tabelle 1) eingehalten werden.
48 
Substantiierte Einwendungen des Klägers gegen das Gutachten wurden nicht erhoben. Das Gutachten stimmt zudem im Ergebnis mit dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Gutachten Dr. D. vom 27.07.2012 überein, wonach - allerdings nach damaligem Genehmigungsstand - von der Anlage keine erheblichen Beeinträchtigungen durch Schwebstaub oder Staubdeposition ausgehen.
49 
2.1.2. Lärm
50 
Der Kläger wird keinen unzumutbaren Lärmimmissionen ausgesetzt.
51 
Wie der Senat bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 10 S 393/13 ausgeführt hat, genießt eine Wohnnutzung im Außenbereich nicht den Schutz der Wohnbebauung in dafür ausgewiesenen Baugebieten nach §§ 3 und 4 BauNVO. Angesichts dessen, dass die Eigentümer von Wohngebäuden im Außenbereich stets damit rechnen müssen, dass sich in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft privilegierte Nutzungen, sowohl land- oder forstwirtschaftlicher als auch gewerblicher Art, ansiedeln, die z.B. in einem reinen oder allgemeinen Wohngebiet nicht zulässig wären, können für eine Wohnnutzung im Außenbereich allenfalls die Schutzmaßstäbe in Anspruch genommen werden, die auch für andere gemischt nutzbare Bereiche einschlägig sind, mithin die für Kern-, Dorf- und Mischgebiete gelten (st. Rspr., vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 31.08.1995 - 8 S 1819/95 - BRS 57 Nr. 105, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.05.2006 - 7 ME 6/06 - juris; OVG NRW, Urteil vom 25.03.2009 - 7 D 129/07.NE - juris; BayVGH, Beschluss vom 05.10.2011 - 15 CS 11.1858 - juris). Nach Nr. 6.1 TA Lärm betragen die Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A). Nach der Schallimmissionsprognose der SFI (Dipl.-Phys. L.) vom 20.03.2013 werden diese Immissionsrichtwerte am Wohnhaus des Klägers als nächstgelegenem Immissionsort tagsüber um 6 dB(A) und nachts um 8 dB(A) unterschritten. Durchgreifende Bedenken gegen die Plausibilität und Verwertbarkeit des genannten Gutachtens sind nicht ersichtlich und werden auch vom Kläger nicht geltend gemacht.
52 
2.1.3 Gerüche
53 
Der Betrieb der umstrittenen Anlage führt auch nicht zu unzumutbaren Geruchsbelästigungen des Klägers.
54 
In der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 22.12.2006 wird der Immissionsrichtwert für die durch die Biogasanlage und durch andere gewerbliche Anlagen verursachten Geruchsimmissionen (Gesamtbelastung) für landwirtschaftliche Anwesen im Außenbereich auf 0,15 (relative Häufigkeiten von Geruchsstunden) festgesetzt. Gegen diese Festsetzung bestehen keine inhaltlichen Bedenken, denn sie entspricht dem Immissionsrichtwert, den die Geruchsimmissions-Richtlinie in der Fassung vom 29.02.2008 und der Ergänzung vom 10.09.2008 - GIRL - für Dorfgebiete empfiehlt (vgl. Tabelle 1). Die GIRL ist eine Richtlinie zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen, die die Bewertung erleichtern soll, ob eine Geruchsimmission als erheblich und damit als schädliche Umwelteinwirkung anzusehen ist; sie konkretisiert mithin die Anforderungen, die sich aus der drittschützenden Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ergeben (vgl. Nr. 1 GIRL, BVerwG, Beschluss vom 22.05.2014 - 7 B 3/14 - juris; BayVGH, Beschluss vom 27.01.2012 - 22 ZB 10.2333 - juris). Bei der tatrichterlichen Bewertung von Geruchsbelästigungen kann die GIRL zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen als zwar rechtlich nicht verbindliche, aber zulässige Erkenntnisgrundlage und Orientierungshilfe herangezogen werden (Erlasse des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18.06. und vom 17.11.2008, Az. 4-8828.02/87; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29/10 - juris; BVerwG, Beschluss vom 07.05.2007 - 4 B 5.07 -, BRS 71 Nr. 168 [2007]; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.04.2010 - 3 S 2786/09 - juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2011 - 8 S 600/09 - juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.10.2009 - 1 A 10872/07 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 27.04.2014 - 22 ZB 13.692 - juris; OVG NW, Urteil vom 30.01.2014 - 7 A 2555/11 - juris m.w.N.). Danach ist mit der Festsetzung eines Immissionswerts von 0,15 Jahresgeruchsstunden, wie er in der GIRL für Dorfgebiete empfohlen wird, hinreichend sicher, dass der Kläger keinen unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt wird. Demgegenüber kann der Kläger nicht den niedrigeren Immissionswert von 0,10 beanspruchen, den die GIRL für Wohngebiete festsetzt. Denn eine Wohnnutzung im Außenbereich genießt - wie ausgeführt - nicht den Schutz der Wohnbebauung in dafür ausgewiesenen Baugebieten nach §§ 3 und 4 BauNVO, sondern allenfalls das Schutzniveau für andere gemischt genutzte Gebiete.
55 
Entgegen der vom Beklagten wohl vertretenen Auffassung kommt dem Anwesen des Klägers aber auch kein geringerer Schutzanspruch als einem landwirtschaftlichen Anwesen zu, weil eine vergleichbare bauplanungsrechtliche Situation besteht. Historisch gesehen handelt es sich bei der Wohnnutzung des Klägers um die Fortsetzung einer ehemals privilegierten Wohnnutzung eines gärtnerischen Anwesens, deren Bestandsschutz zwischen den Beteiligten umstritten ist. Dem Kläger wurde zwar keine Genehmigung für die Nutzungsänderung des Wohngebäudes von ehemals privilegiertem landwirtschaftlichem Wohnen in jetzt nicht landwirtschaftliches Wohnen erteilt; der Beklagte hat diese Wohnnutzung aber schon bisher faktisch geduldet und sich im Verwaltungsrechtsstreit 3 S 452/13 nunmehr im Rahmen eines Vergleichs zur Duldung verpflichtet. Damit ist die Wohnnutzung des Klägers im Hinblick auf ihren Schutzstatus mit dem - ebenfalls im Außenbereich nur ausnahmsweise zulässigen - Wohnen in einem landwirtschaftlichen Anwesen vergleichbar. Für den Außenbereich gibt die GIRL einen allgemeinen Immissionswert allerdings nicht ausdrücklich vor. In Tabelle 1 der GIRL wird für Dorfgebiete ein Immissionswert von 0,15 genannt; in Einzelfällen seien Zwischenwerte von bis zu 0,20 zwischen Dorfgebiet und Außenbereich möglich. Bezüglich des Außenbereichs wird ausgeführt, es sei in Einzelfällen unter Prüfung der speziellen Randbedingungen möglich, einen Wert bis zu 0,25 heranzuziehen, weil das Wohnen im Außenbereich - anders als die landwirtschaftliche Nutzung - nur ausnahmsweise zulässig und mit einem geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Es kann dahinstehen, ob danach von dem Kläger eventuell auch ein höherer Immissionswert hingenommen werden müsste, wie in der Begründung der Genehmigung zwar zum Ausdruck gebracht wird, aber im Tenor nicht verfügt worden ist. Denn der in der Genehmigung festgesetzte Immissionswert von 0,15 Jahresgeruchstundenhäufigkeit kann im Anlagenbetrieb aller Voraussicht nach eingehalten werden. Das von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsimmissionsgutachten der SFI vom 13.03.2013 prognostiziert für das Wohnhaus des Klägers eine Zusatzbelastung von 0,8 sowie eine Gesamtbelastung für die Geruchsstundenhäufigkeit von 0,14 (Abb. 5, S. 28 f.); lediglich an der Grundstücksgrenze ergeben sich Geruchsstundenhäufigkeiten von maximal 0,17.
56 
Durchgreifende Bedenken gegen die Richtigkeit des Gutachtens bestehen nicht. Das Ergebnis des Gutachtens stimmt im Wesentlichen mit der Prognose des vom Verwaltungsgericht in Auftrag gegebenen Geruchsgutachtens Dr. D. für den Fall einer gasdichten Abdeckung des Gärrestebehälters überein, dem allerdings noch eine geringere Güllemenge zugrunde lag. Der damals noch offene Gärrestebehälter wurde im Geruchsgutachten Dr. D. mit der längst möglichen Emissionszeit (8.760 h/a) und der zweithöchsten Emissionsfracht (39.242 (MGE/a) angesetzt. Es erscheint plausibel, dass die Beseitigung dieser wesentlichen Geruchsquelle durch Abdeckung zu einer deutlichen Minderung der Geruchsbelastung führt. Außerdem erscheint es plausibel, dass durch den Verzicht auf Gülleanlieferungen an der dem Grundstück des Klägers am nächsten gelegenen Vorgrube 1 eine weitere Geruchsminimierung erfolgt.
57 
Der Einwand des Klägers, das Geruchsgutachten gehe von einer unzutreffenden Windverteilung aus, greift nicht durch. Das Gutachten der SFI legt die Windverteilungsstatistik der Station Mühlacker zugrunde. Dies beruht auf einem eingehenden meteorologischen Standortgutachten der Argusoft GmbH (Dipl.-Met. F.) vom 25.02.2013, wonach am ehesten die Daten der Station Mühlacker mit dem Standort der Anlage vergleichbar sind. Substantiierte Einwendungen gegen das meteorologische Gutachten wurden nicht erhoben und sind auch sonst nicht ersichtlich. Das Ergebnis des meteorologischen Gutachtens erscheint auch deshalb plausibel, weil die Windrose der Station Mühlacker - mit Ausnahme eines dritten Windmaximums aus nördlicher Richtung - im Wesentlichen der synthetischen Windverteilungsstatistik der LUBW für diesen Standort entspricht, wie sie auch vom Gutachter Dipl.-Ing. D. zugrunde gelegt wurde. Beide Windrosen weisen als Richtungsmaximum eine West-Ost-Richtung und eine schwächere Südost-Nordwestrichtung auf, somit liegt das Grundstück des Klägers nicht in der Hauptwindrichtung. Dass es eine „sekundäre Hauptwindrichtung Ost“ gibt, wie der Kläger geltend macht, ist im Geruchsgutachten berücksichtigt worden (vgl. S. 22: „Nebenmaximum aus südöstlicher Richtung mit relativen Häufigkeiten von 4%“). Der vom Kläger beanstandete Umstand, dass diese Windrichtung im Geruchsgutachten als nachrangig betrachtet wird, entspricht dem Ergebnis des meteorologischen Gutachtens. Auch wenn man das dritte Windmaximum der synthetischen Windverteilungsstatistik der LUBW aus nördlicher Richtung berücksichtigt, liegt das Grundstück des Klägers außerhalb der Hauptwindrichtung.
        
58 
Auch der Einwand des Klägers, bei Berücksichtigung des Waschwassers werde der Immissionswert von 0,15 Jahresgeruchsstunden überschritten, greift nicht durch. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 11.03.2015 hat der Gutachter insoweit ausgeführt:
59 
„Sickerwässer, wozu auch die anfallenden Waschwassermengen auf der Waschplatte gehören, werden über die Drainageleitungen in die Vorgrube 1 eingeleitet. Von dort werden sie in den Fermenter gepumpt (s. Geruchsgutachten S. 13, Abschnitt 5.2). Diese Waschwassermengen verursachen bezüglich des Systems Drainage-Vorgrube-Fermenter keine zusätzlichen Geruchsemissionen.
60 
Auf der Waschplatte evtl. entstehende Geruchsemissionen können über ihren Emissionszeitanteil als unbeachtlich eingestuft werden: bei 15 jeweils 45-minütigen Reinigungsvorgängen der Güllefässer ergibt sich ein Emissionszeitanteil von 11,3 Stunden. Wenn man im ungünstigsten Fall davon ausgeht, dass die während der Reinigungsvorgänge freigesetzten Geruchsemissionen am Immissionsort 1 (H. Weg ...) immer wahrnehmbar sind, beträgt der Zeitanteil lediglich 11,3 h / 8760 h = 0,0013 oder 0,13 %, d. h. die Geruchsstundenhäufigkeit, angegeben in Prozent, würde sich im Nachkommabereich um maximal eine Stelle ändern.“
61 
Diesen plausiblen Ausführungen ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Im Übrigen hat der Geschäftsführer der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die Reinigungsvorgänge nunmehr teilweise in anderen Betrieben durchgeführt werden, was die hierdurch verursachte Geruchsbelastung weiter reduziert.
62 
Nach alldem sieht der Senat keinen Anlass zur Einholung eines weiteren Geruchsgutachtens. Der Beweisantrag Nr. 4 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der Biogasanlage der Beigeladenen eine erhebliche Geruchsbelastung ausgeht, die den Grenzwert der GIRL von 0,15 Jahresgeruchsstunden überschreitet (Beweisantrag Nr. 4), war deshalb abzulehnen. Die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens steht gemäß § 98 VwGO in entsprechender Anwendung des § 412 ZPO grundsätzlich im tatrichterlichen Ermessen. Sie ist nur dann geboten, wenn die bereits vorliegenden Gutachten nicht den ihnen obliegenden Zweck zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. In diesem Sinne kann ein Sachverständigengutachten für die Überzeugungsbildung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht oder wenn sich herausstellt, dass es sich um eine besonders schwierige Fachfrage handelt, die ein spezielles Fachwissen erfordert, das bei den bisherigen Gutachtern nicht vorhanden ist (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 28.03.2013 - 4 B 15/12 - juris m.w.N.). So liegt es hier aber nicht. Das in das Verfahren eingeführte Gutachten der SFI vom 13.03.2013 ist - auch im Vergleich mit dem Geruchsgutachten Dr. D. - plausibel und nachvollziehbar und damit geeignet, dem Senat die erforderliche Sachkunde zu vermitteln. Wie ausgeführt, wurde das Gutachten vom Kläger nicht durchgreifend in Frage gestellt. Die Berücksichtigung des Waschwassers hat keine relevanten Auswirkungen. Die im Gutachten zugrunde gelegte Windverteilungsstatistik wird durch ein eingehendes meteorologischen Gutachten untermauert. Grobe Mängel des Gutachtens sind nicht erkennbar. Auch sonst gibt es keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Immissionswert von 0,15 Jahresgeruchsstunden nicht eingehalten werden kann.
63 
2.1.4 Bioaerosole
64 
Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, schädlichen Umwelteinwirkungen durch Bioaerosole (Keime und Endotoxine) ausgesetzt zu werden. Nach der - soweit ersichtlich - einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung löst die von Bioaerosolen potentiell ausgehende Gefährdung keinen von dem Kläger geltend zu machenden Schutzanspruch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG aus; vielmehr ist sie gegenwärtig nur über das Vorsorgegebot nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG zu berücksichtigen (BVerwG, Beschluss vom 20.11.2014 - 7 B 27.14 - juris; HessVGH, Urteil vom 01.04.2014 - 9 A 2030/12 - juris; BayVGH, Beschluss vom 27.03.2014 - 22 ZB 13.692 - juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.01.2014 - 7 A 2555/11 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.06.2013 - 2 M 16/13 - juris; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 08.03.2013 - 1 LB 5/12 - juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 19.12.2012 - 1 MN 164/12 - juris). Dem Vorsorgegebot kommt nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich keine drittschützende Wirkung zu, weil die Regelung nicht der Begünstigung eines individualisierbaren Personenkreises, sondern dem Interesse der Allgemeinheit daran dient, potenziell schädlichen Umwelteinwirkungen vorzubeugen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329). Die Bewertung von Bioaerosolen ist weder ein Anwendungsfall der GIRL noch existieren sonstige Normen oder technische Richtlinien, die Anhaltspunkte für einzuhaltende Grenzwerte geben könnten. Zwar gelten Bioaerosole als potentiell schädlich, z. B. als Auslöser von Atemwegserkrankungen und Allergien. Wie ausgeführt, genügt die potentielle Eignung von einwirkenden Luftverunreinigungen, einen Schaden herbeizuführen, jedoch nicht, um einen Schutzanspruch gemäß § 5 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zu begründen. Die immissionsrechtliche Schutzpflicht greift als Instrument der Gefahrenabwehr vielmehr nur ein, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht (BVerwG, Beschluss vom 20.11.2014 - 7 B 27.14 - a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19.02 - BVerwGE 119, 329). Bioaerosole sind bisher nur unzureichend erforscht. Da der aktuelle Kenntnisstand von Umwelthygiene und Umweltmedizin keine hinreichend sicheren Aussagen über die Gefährlichkeit solcher Immissionen für Menschen zulässt, sind die Risiken derartiger Immissionen noch nicht abschließend quantifizierbar. Ausbreitung und kausale Verursachungszusammenhänge sind nicht hinreichend bekannt und es kann keine Wirkschwelle angegeben werden, oberhalb derer mit Gesundheitsschäden beim Menschen zu rechnen ist. Auch die sich verändernde Zusammensetzung der luftgetragenen Bioaerosole und die sich erst allmählich durchsetzende Standardisierung der messtechnischen Erfassung erschweren die Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen (HessVGH, Urteil vom 01.04.2014 a.a.O.). Aufgrund der Ungewissheit über einen Schadenseintritt können potentiell schädliche Umwelteinwirkungen, bei denen nur ein generelles Besorgnispotential besteht, zwar Anlass für Vorsorgemaßnahmen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - a.a.O.), begründen aber keinen konkreten Schutz- und Abwehranspruch Dritter im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG.
65 
2.1.5 Formaldehyd
66 
Auch die Rüge des Klägers, dass die Gefährlichkeit des krebserregenden Stoffes Formaldehyd, der bei Verbrennungsmotoren entstehe, nicht berücksichtigt worden und nunmehr unionsrechtlich ein neuer Grenzwert festzusetzen sei, greift nicht durch.
67 
Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass sich ein Abwehranspruch des Klägers nur aus einer Verletzung der Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG, nicht aber aus einer Verletzung der - nicht drittschützenden - Vorsorgepflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG ergeben kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19.02 - a.a.O.). Solange aber für potentiell gesundheitsgefährdende Stoffe keine Immissionswerte bestimmt sind, dienen zur Minimierung des Gesundheitsrisikos erlassene Emissionsgrenzwerte auch dem Schutz eines individualisierbaren Personenkreises im Einwirkungsbereich der Anlage. Im Rahmen des Minimierungsgebots endet die Schutzpflicht regelmäßig dort, wo aufgrund sachverständiger Risikoabschätzung die Irrelevanz einer von der Anlage verursachten Immissionszusatzbelastung durch potentiell gesundheitsgefährdende Stoffe anzunehmen ist (BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19/02 - a.a.O.; Senatsurteil vom 18.12.2001 - 10 S 2184/99 - juris; BayVGH, Beschluss vom 02.06.2014 - 22 CS 14.739 - juris; zweifelnd OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.05.2007 - 11 S 83.06 - juris). Der in der Nummer 5.4.1.4 der TA Luft festgesetzte Emissionsgrenzwert für Formaldehyd ist vor diesem Hintergrund als drittschützend anzusehen (BayVGH, Beschluss vom 02.06.2014 - 22 CS 14.739 - a.a.O.; vgl. auch Senatsurteil vom 18.12.2001 - 10 S 2184/99 - a.a.O.). Zu berücksichtigen ist dabei die potenzielle Gefährlichkeit von Formaldehyd für die menschliche Gesundheit (Krebsrisiko).
68 
Es ist jedoch sichergestellt, dass der derzeit geltende Emissionsgrenzwert eingehalten wird. Nach Nummer 5.4.1.4 TA Luft beträgt der Emissionsgrenzwert für Formaldehyd im Abgas bezogen auf die Massenkonzentration 60 mg/m³. In der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 22.12.2006 wurde dieser Emissionsgrenzwert festgesetzt (Nebenbestimmung D3).
69 
Nach den zum Bestandteil der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 erklärten Antragsunterlagen hat die Anlage zwar mittlerweile einen Emissionswert von 40 mg/m³ einzuhalten; die Einhaltung dieses Grenzwerts nach Erhöhung der Feuerungswärmeleistung ist innerhalb von 6 Monaten nachzuweisen ist (Nebenbestimmung D1). Mit der Festsetzung des Emissionswertes von 40 mg/m³ soll nach den Erklärungen des Beklagten dem Emissionsminimierungsgebot nach Nr. 5.2.7 TA Luft für als krebserregend eingestufte Stoffe Rechnung getragen werden, das nach Nr. 5.1.1 Abs. 2 Satz 5 TA Luft ergänzend zu den Emissionsgrenzwerten Anwendung findet, und dessen Einhaltung nach dem Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG) gesondert honoriert wird. Der Kläger kann sich aber nicht auf die Einhaltung des Emissionsminimierungsgebots nach Nr. 5.2.7 TA Luft über den Emissionsgrenzwert hinaus berufen, d.h. er kann nicht die Optimierung der Anlage im Hinblick auf die Reduzierung umweltgefährdender Stoffe über die Erfüllung der Mindestanforderungen hinaus verlangen. Gegen eine drittschützende Zielrichtung spricht, dass Nr. 5.2.7 TA Luft ausschließlich der Vorsorge dient, wie sich aus der Einordnung in den 5. Abschnitt der TA Luft ergibt, und nicht auch dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, wie die Vorgängervorschrift in der TA Luft 1986 (Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 2014, Band IV TA Luft Nr. 5.2.7 Rn. 1 f.). Ferner ist es nicht gerechtfertigt, Dritten einen Abwehranspruch zuzubilligen, der noch über die Einhaltung der normierten - grundsätzlich ebenfalls nur der Vorsorge dienenden - Emissionsgrenzwerte hinausgeht. Die Frage des Drittschutzes des Emissionsminimierungsgebots kann aber letztlich dahinstehen, weil die Beigeladene durch die jährlich vorzulegenden Prüfberichte des TV Süd nachgewiesen hat, dass auch der Emissionswert von 40 mg/m³ deutlich unterschritten wird. Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 605/2014 geltend macht, im Hinblick auf die unionrechtliche Neuklassifizierung der kanzerogenen Wirkungen von Formaldehyd sei nunmehr ein Emissionsgrenzwert von 1 mg/m³ maßgeblich, verkennt er, dass diese Verordnung erst im Juni 2014, mithin nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung vom 31.10.2013, erlassen wurde. Selbst wenn man wegen des noch offenen Widerspruchsverfahrens auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung abstellen wollte, ist der vom Kläger angenommene Grenzwert - dessen Richtigkeit unterstellt - derzeit noch nicht geltendes Recht.
70 
Der Beweisantrag Nr. 5 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der Biogasanlage eine erhebliche Belastung durch Formaldehyd ausgeht, die den Grenzwert von 40 mg/m³ überschreitet, was wiederum Leib und Leben des Klägers gefährdet, ist danach abzulehnen. Die unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung ist rechtlich unerheblich, weil der Kläger wie ausgeführt keinen Rechtsanspruch auf Einhaltung des ausschließlich zur Konkretisierung des Emissionsminimierungsgebots festgesetzten Grenzwerts von 40 mg/m³ hat. Im Übrigen ist durch Vorlage der Prüfberichte des TÜV Süd vom Oktober 2012, vom Januar 2014 und vom November 2014 (Gerichtsakte S. 919 ff.) nachgewiesen, dass der genannte Grenzwert eingehalten wird.
71 
2.2 Negative Einwirkungen im Störfall
72 
2.2.1 Störfallrecht
73 
Der Rechtmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung können störfallrechtliche Anforderungen, insbesondere die nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu prüfenden Regelungen der Störfall-Verordnung (12. BlmSchV) nicht entgegengehalten werden. Wie der Senat in den Beschlüssen vom 03.06.2013, vom 18.02.2014 und vom 11.12.2014 im Einzelnen dargelegt hat, handelt es sich bei der umstrittenen Biogasanlage auch in der geänderten Betriebsform nicht um einen Betriebsbereich im Sinne der Störfall-Verordnung (vgl. die Legaldefinition in § 3 Abs. 5 Buchst. a BlmSchG; § 1 Abs. 1 12. BImSchV).
74 
Nach der Sicherheitstechnische Stellungnahme der proTerra GmbH (Dipl.-Ing. (FH) B.) vom 28.02.2013 wird die Mengenschwelle nach Anhang I Nr. 8 Spalte 4 der Störfall-Verordnung von 10.000 kg hochentzündliches Gas bei der geplanten Abdeckung mit einer Höhe der Innenmembran im Kugelsegment von 2 m über Behälterniveau sicher unterschritten. Der Gutachter hat bei seinen Berechnungen das größtmögliche Gasvolumen bei ordnungsgemäßem Betrieb zugrunde gelegt, indem er von dem niedrigsten technisch möglichen Füllstand des Gärrestebehälters von 0,40 cm ausging, und mit einem hohen spezifischen Gasgewicht gerechnet. Für die Umsetzung und den sicheren Betrieb der geplanten Abdeckung werden im Gutachten gerade auch im Hinblick auf die Begrenzung des Gasvolumens zahlreiche Anforderungen - wie etwa die automatische Füllstandsüberwachung - gestellt, die als Nebenbestimmungen in die Änderungsgenehmigung aufgenommen worden sind (vgl. Abschnitt III F Nr.10.). Über eine Betriebsanweisung ist sicherzustellen, dass bei besonderen Betriebszuständen, wie etwa der vollständigen Entleerung zu Wartungszwecken, keine höheren Gasmengen auftreten (Gutachten S. 11 f.; ergänzende Stellungnahme vom 30.04.2013). Die Gasmengenberechnungen des Gutachters Dipl.-Ing (FH) B. wurden sowohl vom TÜV Nord („Sicherheitstechnische Vorprüfung“ vom 10.05.2013 S. 18 f.) als auch in der Stellungnahme der Regierungspräsidiums Stuttgart vom 03.05.2013 nachvollzogen und als richtig bestätigt. Auch nach den Berechnungen dieser Stellen werden die Mengenschwellen der Störfall-Verordnung sicher unterschritten. Der Einwand des Klägers, der Gutachter habe bei seinen auf der Grundlage der Arbeitshilfe des Bundesumweltamtes durchgeführten Berechnungen der vorhandenen Gasmenge die Doppelmembran nicht berücksichtigt, greift demgegenüber nicht durch. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die zugrunde gelegten Behältervolumen unzutreffend sind. Der Kläger verkennt, dass die Tragluft zwischen Innen- und Außenfolie bei bestimmungsgemäßem Betrieb keine hochentzündliche Gasmischung enthält. Die Innenmembran ist nach dem den Antragsunterlagen beigefügten Produktdatenblatt des Herstellers weitgehend gasdicht; im Übrigen erfüllt das Tragluftgebläse gerade die Funktion, im Folienzwischenraum keine hochentzündliche Gasmischung entstehen zu lassen. Bei der Berechnung des Gasvolumens ist daher nicht die Höhe des Kugelsegments der Außenmembran mit 7,5 m, sondern die Höhe der Innenmembran von 2 m maßgeblich. Nach den plausiblen Ausführungen des Gutachters B. (Ergänzende Stellungnahme vom 30.04.2013) entspricht die Geometrie der Innenmembran eher einem Kugelsegment als einem Kegel, so dass bei der Berechnung der relevanten Gasmenge anhand der Arbeitshilfe des Bundesumweltamtes zutreffend von einem Zylinder mit aufgesetztem Kugelsegment und nicht von einem aufgesetzten Kegel ausgegangen worden ist. Nicht zuletzt wurde vor Inbetriebnahme des Gärrestelagers nochmals eine sicherheitstechnische Prüfung durch den TÜV Nord durchgeführt, wobei auch die Unterschreitung der Mengenschwelle der Störfall-Verordnung zu prüfen war.
75 
Auch die Erteilung der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 führt nicht zur Entstehung eines Betriebsbereichs im Sinne der Störfall-Verordnung, weil die genehmigte Erhöhung der Güllemenge nicht mit einer Erhöhung der im Sinne der Störfall-Verordnung vorhandenen Gasmenge einhergeht. Nach den zum Bestandteil der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 gemachten Antragsunterlagen sind in der Anlage nach wie vor maximal 9.744 kg Biogas vorhanden; damit wird die Mengenschwelle der Störfall-Verordnung von 10.000 kg für hochentzündliches Gas weiterhin unterschritten. Die Mengenangabe in den Antragsunterlagen erscheint aber auch in der Sache schlüssig, weil bauliche Veränderungen, insbesondere eine Vergrößerung der Gasspeicher der Fermenter, des Nachgärers oder des Gärrestelagers nicht Gegenstand der Änderungsgenehmigung sind. Die Erhöhung der Substratzufuhr und der Produktionskapazität führt daher in erster Linie zu einem höheren Durchsatz der Biomasse. Selbst wenn unterstellt wird, dass hierdurch die vorhandenen Gasspeicherkapazitäten in größerem Umfang ausgenutzt werden, dass sich also im Durchschnitt mehr Gas als bisher in der Anlage befindet, ergeben sich keine Änderungen, denn den vom Regierungspräsidium Stuttgart für plausibel gehaltenen Berechnungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) B. sowie den Berechnungen des TÜV Nord (Sicherheitstechnische Vorprüfung vom 10.05.2013 S. 19) liegt das technisch größtmögliche Gasspeichervolumen bei ordnungsgemäßem Betrieb zugrunde.
76 
Auf das Vorhandsein eines Störfallbetriebs kann auch nicht daraus geschlossen werden, dass die Beigeladene im Hinblick auf die benachbarte Wohnnutzung des Klägers vorsorglich Berechnungen über die Auswirkungen von Dennoch-Störfällen vorgelegt hat, in denen hypothetisch ermittelt wird, ob die im Leitfaden KAS-18 der Kommission für Anlagensicherheit empfohlenen Abstände zwischen Betriebsbereichen im Sinne der Störfall-Verordnung und schutzbedürftigen Gebieten im vorliegenden Fall eingehalten würden (Sicherheitstechnische Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013; Einzelfallbetrachtung vom 16.08.2013/10.10.2013). Die Gutachter haben ausgeführt, dass eine Störfallbetrachtung im Hinblick auf die Gasmenge rechtlich nicht erforderlich sei (vgl. etwa Sicherheitstechnische Vorprüfung S. 41). Auch den vom Kläger vorgelegten Sachverständigengutachten von Dr. H. vom 01.12.2013 und der R+D (Dipl.-Phys. S.) vom Juni 2014 lässt sich nichts anderes entnehmen. Diese Störfallbetrachtungen unterstellen, dass es sich um einen Störfall-Betrieb handelt, ohne darzulegen, dass die maßgeblichen Mengenschwellen entgegen der Annahme der oben genannten sachverständigen Stellen überschritten werden. Soweit der Kläger geltend macht, dass sich der Eintritt von Störfällen, die zur Undichtigkeit der Innenmembran führen können, nicht schlechthin ausschließen lässt, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Mengenschwellen der Störfallverordnung auf das in der Anlage bei bestimmungsgemäßem Betrieb vorhandene Gas beziehen, sofern - wie hier - ein außer Kontrolle geratenes industrielles chemisches Verfahren nicht in Rede steht (vgl. § 1 Abs. 1, § 2 Nr. 2 Störfall-Verordnung; Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band IV, § 2 12. BImSchV Rn. 12).
77 
Handelt es sich mithin nicht um einen Störfallbetrieb, kann der Kläger auch aus § 50 BlmSchG und der hierzu von ihm in Bezug genommenen Rechtsprechung (EuGH, Urteil vom 15.09.2011 - C-53/10 - juris; BVerwG, Urteil vom 20.12.2012 - 4 C 12.11 - juris) nichts zu seinen Gunsten herleiten. Das Abstandsgebot des § 50 BlmSchG gilt nur für Betriebsbereiche im Sinne des Art. 3 Nr. 5 der Richtlinie 96/82/EG (Seveso-Il-Richtlinie), zu deren Umsetzung die Störfall-Verordnung ergangen ist. Die umstrittene Anlage ist wie ausgeführt kein Betriebsbereich im störfallrechtlichen Sinne. Auch der Leitfaden KAS-18 der Kommission für Anlagensicherheit in der Fassung vom 06.11.2013 zur Umsetzung des § 50 BlmSchG ist mithin nicht unmittelbar einschlägig. Entsprechendes gilt für den mittlerweile vorliegenden Leitfaden KAS-32 „Arbeitshilfe zu szenarienspezifischen Fragestellungen zum Leitfaden KAS-18“ vom November 2014. Auch diese Arbeitshilfe behandelt die Berechnung von Achtungsabständen in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse für Biogasanlagen, die der Störfall-Verordnung unterliegen heraus (vgl. Ziff. 1.1, 1.3.1).
78 
Fehl geht der Einwand des Klägers, die maßgebliche Mengenschwelle der Störfall-Verordnung sei nur knapp unterschritten, es mache daher in der Sache keinen Unterschied, ob es sich um einen Störfallbetrieb im Rechtssinne handele. Wie ausgeführt, hat der Betreiber nach § 6 Abs. 1 BImSchG einen Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, wenn die maßgeblichen Rechtsvorschriften erfüllt sind. Die Genehmigung kann daher nicht aufgrund störfallrechtlicher Bestimmungen versagt oder aufgehoben werden, die auf die Errichtung und den Betrieb der Anlage keine Anwendung finden.
79 
2.2.2. Konkrete Gefahren durch Störfälle (Brand, Explosion, Leckagen, Havarie)
80 
Die Störfall-Verordnung stellt allerdings keine abschließende Konkretisierung der störfallbezogenen Vorgaben des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG dar (Jarass a.a.O. § 7 Rn. 31 m.w.N.). Vielmehr sind auch die nicht der Störfall-Verordnung unterfallenden Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass keine konkreten Gefahren im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG durch betriebsbedingte oder externe Störungen entstehen. Bei der Prognose, ob eine hinreichend konkrete Gefährdung vorliegt, um einen Schutz- und Abwehranspruch zu begründen, ist allerdings die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß der denkbaren Störfälle zu berücksichtigen. Auch außerhalb des Störfallrechts im engeren Sinne können insoweit störfallrechtliche Wertungen herangezogen werden. Handelt es sich der Sache nach um einen sog. Dennoch-Störfall, d.h. um eine vernünftigerweise auszuschließende Störung (vgl. § 3 Abs. 2 letzter Halbsatz Störfall-Verordnung - 12. BImSchV), wird regelmäßig keine hinreichend konkrete Gefahr eines Schadenseintritts bestehen, wenn die erforderlichen Vorkehrungen zur Abwehr vernünftigerweise nicht auszuschließender Gefahren getroffen worden sind. Nach dem Grundsatz der umgekehrten Proportionalität von Schadenwahrscheinlichkeit und Schadensausmaß (dazu oben II.1) kann jedoch auch der mögliche Eintritt eines vernünftiger Weise auszuschließenden Dennoch-Störfalls einen Schutz- und Abwehranspruch begründen, wenn andernfalls erhebliche, nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigungen hochrangiger Rechtsgüter des Nachbarn drohen.
81 
Für die umstrittene Anlage liegen sachverständige Stellungnahmen der proTerra GmbH (Dipl.-Ing. (FH) B.) und des TÜV Nord (Dipl.-Ing. D., Dipl.-Ing. Z.) vor, wonach die Anlage dem Stand der Technik entspricht und alle maßgeblichen Sicherheitsstandards einhält oder übertrifft. Obgleich es sich nicht um einen Störfallbetrieb handelt, wurde eine Gefahren- und Risikoanalyse sowie eine Auswirkungsbetrachtung im Hinblick auf Auslegungs- und Dennoch-Störfälle durchgeführt (vgl. Sicherheitstechnische Vorprüfung vom 10.05.2013, Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013). In Auswertung der Risikoanalyse wurden zahlreiche Hinweise und Empfehlungen zur Verhinderung von Schadensereignissen gegeben (Kapitel 6 Seite 50 ff.), bei deren Beachtung keine Gefahren für Leib und Leben der Nachbarschaft und des Personals zu erwarten sind. Die in den genannten Stellungnahmen geforderten sicherheitsrechtlichen Auflagen, Hinweise und Empfehlungen wurden vollständig und sachlich im Wesentlichen unverändert als Nebenbestimmungen in die angefochtenen Genehmigungen übernommen. Am 08.08.2013, am 31.10.2013, am 22.11.2013, am 03.04.2014 und im Juni 2014 erfolgten sicherheitstechnische Prüfungen der geänderten Gesamtanlage. Mit abschließendem Prüfbericht vom 13.06.2014 stellte der Sachverständige des TÜV Nord fest, dass die Prüfung mangelfrei abgeschlossen worden sei; die im Prüfbericht vom 29.11.2013 noch festgestellten geringen Mängel seien behoben worden. Der Prüfbericht führt tabellarisch im Einzelnen auf, dass alle sicherheitsrelevanten Maßnahmen, d.h. die sicherheitsrelevanten Nebenbestimmungen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 22.12.2006 und der Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 sowie die Vorgaben aus der sicherheitstechnischen Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013 in Verbindung mit der Anordnung des Landratsamts vom 17.07.2013 und die Vorgaben aus der sicherheitstechnischen Stellungnahme der proTerra GmbH vom 28.02.2013 vollständig erfüllt sind. Soweit der Kläger geltend macht, insbesondere die gasdichte Abdeckung des Gärrestebehälters entspreche nicht dem Stand der Technik, wird dieser Vortrag durch die Sachverständigen nicht bestätigt. Die Gutachten führen vielmehr aus, dass die gewählte Anlagen- und Sicherheitstechnik dem Stand der Technik und den einschlägigen Regelwerken und Normen entspricht und technisch umsetzbar ist. Daraus, dass die Beigeladene zunächst andere Abdeckungsvarianten in Erwägung gezogen hat und durch die Dachkonstruktion gezielt eine Reduzierung der Gasmenge unter die maßgebliche Mengenschwelle der Störfall-Verordnung anstrebte, lässt sich nichts zugunsten des Klägers herleiten.
82 
Die Bedenken des Klägers gegen die fachliche Qualifikation bzw. Unbefangenheit der Gutachter greifen nicht durch. Für eine Voreingenommenheit der Sachverständigen gibt es keine Anhaltspunkte. Der Umstand, dass die Gutachten von der Beigeladenen in Auftrag gegeben wurden, folgt aus den rechtlichen Vorgaben des § 29a BImSchG sowie der 9. BImSchV (vgl. § 4a Abs. 2 9. BImSchV) und aus der Dynamik des vorliegenden Verfahrens. Gegen eine Voreingenommenheit der Gutachter des TÜV Nord spricht auch, dass in den ersten sicherheitstechnischen Prüfberichten durchaus Mängel aufgedeckt und auf deren Beseitigung hingewirkt wurde. Die tätig gewordenen Gutachter sind als Sachverständige nach § 29a BImSchG für die einschlägigen Fachgebiete bekannt gegeben, wie die für den TÜV Nord tätig gewordenen Gutachter Dipl.-Ing. D. und Dipl.-Ing. Z. in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt haben. Auch die Bekanntgabe des zunächst tätig gewordenen Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) B. erstreckt sich u.a. auf das Fachgebiet 3 („Erstellung oder Prüfung von Anlagenschutzkonzepten, z.B. Brandschutz, Explosionsschutz, MSR/PLT“) und auf das Fachgebiet 11 („systematische Methoden der Gefahrenanalyse“). Dies entspricht den Empfehlungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz - LAI - Ausschuss Anlagenbezogener Immissionsschutz/Störfallvorsorge (AISV). Danach genügt das Fachgebiet 3 für normale Prüfungen einer Biogasanlage und das Fachgebiet 11 für die Beurteilung von Störfallbetrieben; die Abdeckung des Fachbereichs 16.1 „Explosionsschutz“ wird nur für komplexere Anlagenkonfigurationen empfohlen (vgl. Arbeitshilfe des AISV für die sicherheitstechnische Prüfung von Biogasanlagen, Stand 08.02.2013,Seite 4 Fußnote 2). Selbst wenn man im Hinblick auf den engen räumlichen Zusammenhang mit einer Wohnnutzung von einer „komplexeren Anlagenkonfiguration“ ausgehen wollte, so wurde die sicherheitstechnische Einschätzung des Gutachters B. mittlerweile von den Sachverständigen des TÜV Nord bestätigt, gegen deren Qualifikation keine Bedenken vorgetragen wurden oder sonst ersichtlich sind.
83 
Auch in der Sache führen die sicherheitstechnischen Bedenken des Klägers nicht zur Aufhebung der umstrittenen Genehmigungen. Dem Kläger ist allerdings zuzugeben, dass Biogasanlagen ein nicht unerhebliches Gefahren- und Belästigungspotential mit sich bringen, das von den Berufungsklägern anfänglich unterschätzt worden sein dürfte. Dieses Gefahrenpotential ist aber mittlerweile - nicht zuletzt aufgrund des Einsatzes des Klägers - nicht nur auf ein für den Kläger zumutbares Maß reduziert worden; das rechtliche gebotene Schutzniveau wurde darüber hinaus noch überschritten. Denn die Anlage ist wegen der besonderen nachbarschaftlichen Verhältnisse teilweise störfallrechtlichen Anforderungen unterworfen worden, obgleich es sich nicht um einen Betriebsbereich im Sinne des Störfallrechts handelt. Im Einzelnen:
84 
2.2.2.1 Explosionen
85 
2.2.2.1.1 Explosionsschutz
86 
Explosionsgefahren sind sonstige Gefahren im Sinn von § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative BImSchG. Ferner ist der Explosionsschutz gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG in Verbindung mit den Regelungen der Betriebssicherheitsverordnung zu prüfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vorschriften des Brand- und Explosionsschutzes nicht generell nachbarschützend sind, sondern nur insoweit, als sie die Auswirkungen von Explosionen bzw. das Übergreifen von Bränden auf die Nachbargrundstücke oder sonstige brandbedingte Beeinträchtigungen der Nachbarn verhindern sollen; bei Explosionen ist insoweit die Reichweite einer möglichen Explosion maßgeblich. Dienen die Vorschriften hingegen dem Schutz des Anlagengrundstücks selbst sowie der Benutzer und Arbeitnehmer, scheidet eine drittschützende Wirkung aus (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.07.2002 - 7 B 583/02 - juris-; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.05.2007 - OVG 11 S 83.06 - juris Rn. 70; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 31.07.2008 - 1 LA 39/08 - juris; OVG Thüringen, Urteil vom 16.03.2010 - 1 O 656/07 - juris). Namentlich die Bestimmungen der Betriebssicherheitsverordnung über den Explosionsschutz dienen in erster Linie dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung (vgl. Senatsurteil vom 20.07.2011 - 10 S 2102/09 - juris Rn. 315) und sind daher nur insoweit nachbarschützend, als es um Auswirkungen von Explosionen auf betroffene Nachbargrundstücke geht. Auch auf die Verletzung einer potentiell drittschützenden Norm kann sich ein Betroffener aber auch dann nur mit Erfolg berufen, wenn er hierdurch in seinen eigenen Rechten verletzt ist. Sind die arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen an den Explosions- und Brandschutz und die Betriebssicherheit erfüllt, besteht in aller Regel kein darüber hinausgehender Nachbarschutz für Personen, die nicht in der Anlage tätig sind (vgl. BayVGH Beschluss vom 02.06.2014 - 22 CS 14.739 - juris; vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 31.07.2008 - 1 LA 39/08 - juris).
87 
In der sicherheitstechnischen Stellungnahme der proTerra GmbH vom 28.02.2013 sind eine detaillierte Gefährdungsbeurteilung der einzelnen Anlagenteile sowie ein Explosionsschutzkonzept und eine Explosionszonen-Einteilung enthalten. Diese Anforderungen sind nach Abschnitt III C Nr. 1 der Änderungsgenehmigung vollständig umzusetzen; die Einhaltung ist bei der Schlussabnahme von einem Sachverständigen schriftlich zu bestätigen. Ferner ist ein Explosionsschutzdokument nach § 6 BetrSichVO fortzuschreiben (Nebenbestimmung Abschnitt III C Nr. 2, Abschnitt F Nr. 3); nach § 6 Abs. 3 BetrSichVO muss das Explosionsschutzdokument vor der Inbetriebnahme vorliegen. In dem Explosionsschutzdokument sind u.a. die Explosionsgefährdungen zu ermitteln und zu bewerten und die getroffenen Vorkehrungen zum Erreichen der Ziele des Explosionsschutzes darzustellen (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.08.2011 - 2 M 84/11 - juris m.w.N.). Die Anlage ist vor Inbetriebnahme und danach in regelmäßigen Abständen nach der Betriebssicherheitsverordnung zu überprüfen (Nebenbestimmung Abschnitt III F Nr. 12). Die Anlage wird durch ein Gaswarnsystem automatisch überwacht. Ferner ist vor der Inbetriebnahme die Dichtheit der gasführenden Leitungen und des Folienspeichers zu überprüfen (Nebenbestimmung Abschnitt III F Nr. 12). Die vollständige Umsetzung dieser Nebenbestimmungen ist durch den abschließenden Prüfbericht des TÜV Nord vom 13.06.2014 nachgewiesen. Insbesondere wurde auch der Blitzschutz in explosionsschutzrechtlicher Hinsicht überprüft (Prüfbericht TÜV Nord vom 13.06.2014).
88 
Der Kläger hat keine belastbaren Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass das Explosionsschutzkonzept nicht den rechtlichen Anforderungen entspricht. Auch die Bedenken des Klägers, dass eine ordnungsgemäße Prüfung der Dichtheit der Folien und Gasleitungen nicht möglich sei, bleiben nach derzeitigem Sach- und Streitstand im Ergebnis ohne Erfolg. Nach dem abschließenden Prüfbericht des TÜV Nord vom 13.0 6.2014 sind Dichtigkeitsprüfungen der Gasleitungen und der Gasspeicherdächer der Fermenter 1 und 2, des Nachgärers und des Gärrestelagers am 22.05.2013 und am 16.07.2013 erfolgt. Dabei ist eine geringfügige Leckage festgestellt worden, die nach den vorliegenden Prüfberichten mittlerweile beseitigt ist. Der Gutachter Dipl.-Ing. D. hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt, es habe sich nicht um einen Riss, sondern um die Undichtigkeit eines Stutzens gehandelt, auf dessen Abdichtung er hingewirkt habe; kritische Werte, insbesondere die untere Explosionsgrenze, seien nicht erreicht worden. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 02.04.2014 führt der Sachverständige D. aus, es habe seitens des Errichters sowie seitens des Sachverständigen ein unmittelbare Dichtigkeitsprüfung mittels schaumbildender Mittel und Gassprühgerät stattgefunden (vgl. Arbeitsblatt DWA-M 376, Anhang A.2.5). Im laufenden Betrieb sei zwar weder eine unmittelbare noch eine mittelbare (vgl. dazu Arbeitsblatt DWA-M 376, Anhang A.2.6) Dichtheitsprüfung möglich, eine Leckage sei aber über den Gaswarnsensor an der Austrittsöffnung des Stützluftgebläses feststellbar. In der mündlichen Verhandlung haben die Gutachter Dipl.-Ing. D. und Dipl.-Ing. Z. näher erläutert, dass sich Undichtigkeiten in der Gasmembran durch einen höheren Methangasgehalt, Undichtigkeiten in der Wetterschutzmembran durch einen höheren Sauerstoffgehalt in der Stützluft bemerkbar machen, die vom Gaswarnsensor erfasst werden. Zwar haben die Gutachter eingeräumt, dass Risse am Rand des Behälters nicht in jedem Fall vom Gassensor erkannt werden. Sie haben insoweit aber ausgeführt, dass ein Gasaustritt in dieser Konstellation zum einen voraussetze, dass es zu einem Riss sowohl in der Gasmembran als auch in der Wetterschutzmembran gekommen sei. Zum anderen könnten Risse ab einem gewissen Umfang ohne weiteres optisch erkannt werden, weil es regelmäßig zu einem Flattern oder einer Verformung der Wetterschutzmembran durch Absinken des Stützluftdruckes komme. Soweit sich die Risse nicht optisch bemerkbar machten, handele es sich um so kleine Risse, dass sich ein Gasaustritt nicht über das Betriebsgelände hinaus auswirken könne. Den Auswirkungen eines Gasaustritts innerhalb des Betriebsgeländes werde durch die Ausweisung von Explosionsschutzzonen Rechnung getragen. Der Gutachter D. hat zwar wiederholt darauf hingewiesen, dass ein gewisser Gasaustritt insbesondere infolge von Alterungsprozessen der Membranen auch bei bestimmungsgemäßem Betrieb nicht auszuschließen ist. Dem wird aber durch die Auflage einer wiederkehrenden regelmäßigen Dichtheitsprüfung Rechnung getragen, bei der nach dem oben Gesagten Undichtigkeiten und Leckagen auch tatsächlich feststellbar sind. Nach den Nebenbestimmungen der Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 in Verbindung mit dem Gutachten der pro Terra GmbH (Kap. 5.4) sind Rohrleitungen und gasführende Anlagenbestandteile in jährlichen Abständen zu prüfen; die gesamte Biogasanlage ist alle fünf Jahre auf ihre Dichtigkeit zu überprüfen.
89 
Danach sind die Gefahren durch vernünftigerweise nicht auszuschließende Freisetzung von kleineren Gasmengen bei einem ansonsten störungsfreien Betrieb hinreichend minimiert. Auch der Kläger hat im Übrigen nicht substantiiert dargetan, dass sich ein Gasaustritt bei unentdeckten kleineren Leckagen oder Undichtigkeiten, die nicht vom Gaswarnsensor erfasst werden, trotz der Verdünnung noch auf sein ca. 50 m entfernt liegendes Grundstück rechtserheblich auswirken würden.
90 
2.2.2.1.2 Störfall
91 
Die Aufkonzentration und Zündung einer zusammenhängenden Biogasmenge im Freiraum wird im Gutachten des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 zwar als Dennoch-Störfall eingestuft; der Gutachter weist insoweit darauf hin, dass das Versagen beider Schutzfolien als ein sehr unwahrscheinliches Szenario erscheine. Gleichwohl stuft der Gutachter Dipl.-Ing. Z. in Übereinstimmung mit den vom Kläger beigezogenen Gutachtern H. und S. Risse im Foliensystem in Längen von mehreren Metern als plausibel ein (so jetzt auch KAS-32 Nr. 1.3.). Bei diesem Fall wird das Anwesen des Klägers nach Überzeugung des Senats aber keinen unzumutbaren Gefahren durch mögliche Gasexplosionen ausgesetzt.
92 
Auf dem Grundstück des Klägers entsteht auch bei Freisetzung der größten zusammenhängenden Biogasmenge bei großflächigen Dachhautleckagen oder Komplettversagen der gesamten Dachhaut aller Voraussicht nach keine zündfähige Atmosphäre in einer Entfernung von mehr als 20 Metern. Die Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 kommt zu dem Ergebnis, dass die untere Explosionsgrenze bei Ausbreitung einer zündfähigen Atmosphäre sowohl im Auslegungsstörfall (kontinuierliche Biogasfreisetzung durch Dachhautleckagen verschiedener Größen) als auch im Dennoch-Störfall (spontane Freisetzung der größten zusammenhängenden Biogasmenge) nach ca. 20 m bei Weitem unterschritten ist. Selbst bei einer 100%-Freisetzung der gesamten Gasmenge des Gärrestebehälters besteht in 50 m Entfernung keine Gefahr einer Zündung im Bodenbereich. Diese Annahme wird von dem vom Kläger vorgelegten Gutachten Dr. H. nicht durchgreifend in Frage gestellt. Danach würde zwar die untere Explosionsgrenze beim Grundstück des Klägers für ca. 60 Sekunden überschritten. Dieses Ergebnis beruht aber zum einen auf der Annahme einer Leckagefläche von 16,5 m² (16,5 m Länge x 1,0 m Rissbreite), wohingegen nach der Arbeitshilfe KAS-32 selbst für Störfallbetriebe bei der Bemessung der Achtungsabstände in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse lediglich eine Leckageabmessung von 0,6 m² (3 m x 0,2 m Rissbreite) zugrunde zu legen ist. Ferner beruhen die Ergebnisse des Gutachtens Dr. H. auf der Annahme einer Gaswolkenlänge von 123 m. Nach den plausiblen Ausführungen des Gutachters Dipl.-Ing. Z. in der mündlichen Verhandlung setzt der Gutachter Dr. H. dabei einen konstanten Massestrom voraus. Er vernachlässige, dass der Druck bei einem Folienriss innerhalb kürzester Zeit abgebaut werde. Nach einer von ihm durchgeführten Parallelrechnung werde der Impuls in weniger als einer Sekunde abgebaut. Es sei daher entgegen der Auffassung von Dr. H. nicht anzunehmen, dass der sehr impulsbehaftete Massestrom von 18 kg/s für die ganze Zeitdauer konstant bleibe. Im Hinblick auf den ohnehin nur geringen anzunehmenden Druck von 5 mb im Gärrestebehälter (vgl. KAS-32) und die Größe der unterstellten Leckage erscheint dem Senat die Annahme eines schnellen Druckabfalls überzeugend. Gegen die Verwertbarkeit des Gutachtens Dr. H., der zudem kein bekannt gegebener Sachverständiger nach § 29a BImSchG ist, spricht ferner, dass er mit fiktiven meteorologischen Daten gerechnet hat und einräumt, dass die Berechnung mit realistischen Daten zu anderen Ergebnissen führen kann (vgl. S. 32); im Gutachten wird mithin nicht berücksichtigt, dass das Anwesen des Klägers nicht in der Hauptwindrichtung liegt.
93 
Der bei einer Gaszündung entstehende Explosionsdruck erreicht nach dem Gutachten des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 selbst in näherer Entfernung keine Werte, die die Gesundheit von im Freien befindlichen Personen oder Insassen von Kraftfahrzeugen unmittelbar gesundheitlich beeinträchtigen. Allerdings muss bei Zündung im Freiraum bis zu einer Entfernung von 67 m mit dem Bruch von 100 % der Glasscheiben gerechnet werden; der Grenzwert des Leitfadens KAS 18 für Personenschäden wird hingegen nicht erreicht. Der Gutachter weist darauf hin, dass auch diese Annahme unter sehr konservativen Bedingungen erfolgt (Lage in Hauptwindrichtung, geringe Windgeschwindigkeit, 100% Gasinhalt im Gärrestebehälter). Dieses Ergebnis wird durch das vom Kläger vorgelegte Gutachten Dr. H. bestätigt. Danach würde der Explosionsdruck sowohl bei einem großen Riss in der Abdeckung (16,5 m Länge) als auch bei einem Komplettversagen der gesamten Dachhaut keine massiven Schäden hervorrufen, könne aber zu Glasbruch und Schäden an Dächern führen; Personen könnten von der Druckwelle eventuell umgeworfen werden.
94 
Der Senat vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger im Falle einer Explosion einer gefährlichen Wärmestrahlung ausgesetzt wird. Eine unmittelbare Gesundheitsgefährdung unabhängig von der Einwirkungsdauer der Wärmestrahlung besteht nur für Personen, die sich innerhalb der gezündeten Gaswolke befinden. Nach den plausiblen Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Z. besteht diese Gefahr für auf dem Grundstück des Klägers befindliche Personen nicht. Der Gutachter hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, dass der Rand der gezündeten Gaswolke durch die untere Explosionsgrenze gekennzeichnet wird, die auf dem Grundstück des Klägers nicht erreicht wird. Die zündfähige Gaswolke breite sich nicht mehr als 20 m aus und auch dies nur in der Höhe und nicht in Bodennähe. Dies entspreche auch den Erfahrungen bei anderen Anlagen. Wie ausgeführt, hat der Sachverständige Dipl.-Ing. Z. die abweichende Annahme im Gutachten Dr. H, wonach die Gaswolke eine Reichweite von 123 m erreiche, überzeugend widerlegt. Auch eine unzumutbare Gefährdung durch die Wärmestrahlung ist nicht anzunehmen. Nach dem Gutachten des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 ist die Wärmestrahlung zu vernachlässigen. Zwar ergaben sich in der mündlichen Verhandlung Ungereimtheiten im Hinblick auf die Flammengeschwindigkeit im Biogas. Der Gutachter Dipl.-Ing. Z. hat eingeräumt, dass sein Gutachten im Hinblick auf die in seinem Gutachten genannte Flammenfrontgeschwindigkeit von 3,5 m/s. eine falsche Angabe enthält, weil nach derzeitigem Erkenntnisstand von einer Flammenfrontgeschwindigkeit von 20 bis 40 m/s ausgegangen werde. Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung konnte der Gutachter allerdings nachvollziehbar erläutern, dass sich dieser Fehler nicht zu Lasten des Klägers auf das Ergebnis des Gutachtens ausgewirkt hat. Eine hohe Flammenfrontgeschwindigkeit bewirkt vielmehr, dass die Gaswolke rasch abbrennt; je rascher der Abbrand, desto kürzere Zeit werden Personen außerhalb der Gaswolke einer Wärmestrahlung ausgesetzt. Nach den plausiblen Ausführungen des Gutachters würde die Gaswolke nach einer Zündung bei einer Flammengeschwindigkeit von 20 bis 40 m/s spätestens innerhalb einer Sekunde abgebrannt sein, so dass Betroffene der Wärmestrahlung allenfalls eine Sekunde lang ausgesetzt würden. Dieser Zeitraum sei zu vernachlässigen. Die Grundannahme, dass Wärmestrahlung erst ab einer gewissen Expositionsdauer zu Gesundheitsschäden führt, wird vom Gutachter des Klägers Dr. H. bestätigt. Dieser geht ebenfalls von einer Flammengeschwindigkeit von 20 m/s aus und hat die Gefahren durch die Wärmestrahlung selbst bei Annahme einer Gaswolke mit einer Ausbreitung von 123 m stark relativiert, weil diese innerhalb von 3 bis 6 Sekunden abgebrannt sei und die Zündung innerhalb der ersten zwei Minuten erfolgen müsse. Außerdem sinke die Bestrahlungsstärke im Abstand von 50 m unter 10 kW/m³, was erst bei einer Bestrahlungsdauer von 3 Sekunden zu Schmerzen führe. Auch der Gutachter des Klägers geht mithin im Ergebnis nicht von relevanten Gefahren durch Wärmestrahlung aus.
95 
Bedenken gegen die Verwertbarkeit der Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord bestehen nicht. Der Einwand des Klägers, das Gutachten entspreche nicht mehr neueren Erkenntnissen, greift nicht durch. Bei immissionsschutzrechtlichen Drittanfechtungsklagen kommt es für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an. Nachträglich eintretende Entwicklungen oder neuere Erkenntnisse sind regelmäßig nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidungen im Nachhinein zu erschüttern, geben aber eventuell Anlass zu nachträglichen Anordnungen (vgl. Senatsurteil vom 14.05.2012 - 10 S 2693/09 - VBlBW 2012, 1637; Senatsbeschluss vom 07.08.2014 - 10 S 1853/13 - NVwZ-RR 2015, 18; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 25.02.2014 - 12 LA 97/13 - juris). Es kann dahinstehen, ob dieser Grundsatz auch dann gilt, wenn - wie hier - ein Widerspruchsbescheid noch nicht ergangen ist. Der Gutachter Z. hat eingeräumt, dass sein Gutachten nicht in jeder Hinsicht der neueren Arbeitshilfe KAS-32 vom November 2014 entspricht. Dies ist aber unschädlich. Denn im Gutachten werden Leckage-Abmessungen zugrunde gelegt, die in ihrem Ausmaß deutlich über das Szenario hinausgehen, das nach der Arbeitshilfe KAS-32 für Störfallbetriebe bei der Bemessung der Achtungsabstände in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse zugrunde zu legen ist (0,6 m² = 3 m Länge x 0,2 m Rissbreite). Demgegenüber legt der TÜV Nord im Szenario 1 16,25 m x 1m; im Szenario 2 ein Freiliegen von 30 % der Zylinder-Kreisfläche und im Szenario 3 eine Komplettfreisetzung von 100% des Biogases zugrunde, mithin Randbedingungen, die nach der sachverständigen Bewertung der Kommission für Anlagensicherheit als so unwahrscheinlich erscheinen, dass sie in der Bauleitplanung nicht zu berücksichtigen sind. Im Hinblick auf den Gehalt an Schwefelwasserstoff im freigesetzten Biogas bleibt der Gutachter zwar hinter den Annahmen der Arbeitshilfe KAS-32 zurück (100 ppm statt 500 ppm). Der Wert von 500 ppm Schwefelwasserstoff gilt jedoch für die Bemessung der Achtungsabstände in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse im Sinne der Vorsorge; im vorliegenden Fall liegen jedoch hinreichende Detailkenntnisse über die konkrete Anlage vor, die die Zugrundelegung von 100 ppm Schwefelwasserstoff rechtfertigen (dazu im Einzelnen 2.2.2.2.3).
96 
Auch soweit der Kläger dem Sachverständigen entgegenhält, er sei bei anderen Biogasanlagen von anderen Annahmen ausgegangen oder zu anderen Ergebnissen gelangt, stellt er das Gutachten nicht durchgreifend in Frage. Abgesehen davon, dass eine sachverständige Stellungnahme jeweils auf die Gegebenheiten der konkreten Anlage ausgerichtet ist, ist der Gutachter Dipl.-Ing. Z. den einzelnen Vorhalten des Kläger in der mündlichen Verhandlung überzeugend entgegengetreten.
97 
Nach den vorliegenden Gutachten ist somit auf dem Anwesen des Klägers im Explosionsfall unmittelbar nur mit Sachschäden zu rechnen, wobei allerdings mittelbare Personenschäden etwa durch Glassplitter nicht schlechthin auszuschließen sind. Diese Gefahren sind jedoch nicht hinreichend konkret, um einen Abwehranspruch des Klägers zu begründen. Wie ausgeführt, sind Explosionen durch Zündung einer großen zusammenhängenden Gasmenge nach den vorliegenden Erkenntnissen als Dennoch-Störfall zu betrachten, d.h. auch Sachschäden sind nur bei einer vernünftigerweise auszuschließenden Störung zu befürchten, also bei Versagen aller störfallverhindernden Maßnahmen oder dem unwahrscheinlichen Fall des gleichzeitigen Eintritts mehrerer Störungen. Hinzu kommt, dass die Gutachter - wie ausgeführt - Leckagen angenommen haben, die in ihrem Ausmaß noch deutlich über die nach der Arbeitshilfe KAS-32 bei der Bemessung der Achtungsabstände in der Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse zugrunde zu legenden Annahmen hinausgehen und an der Grenze zum exzeptionellen Störfall liegen. Insbesondere der Komplettabriss der gesamten Dachhaut (Szenario 3) wird in der Arbeitshilfe KAS-32 nicht berücksichtigt und wurde von den in der mündlichen Verhandlung anwesenden Gutachtern übereinstimmend als exzeptioneller und daher im einzelnen Genehmigungsverfahren nicht zu betrachtender Störfall eingestuft. Darüber hinaus müssen für den Eintritt der genannten Schäden weitere konservative Randbedingungen wie etwa das Vorhandensein der maximalen Gasmenge und bestimmte Witterungsbedingungen hinzukommen. Die Gefahr von Sachschäden ist danach zwar nicht schlechthin auszuschließen, die Wahrscheinlichkeit, dass eine Explosion diesen Ausmaßes eintritt, ist jedoch als äußerst gering zu bewerten.
98 
Hingegen hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger im Falle einer Gasexplosion keinen konkreten Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt wird, insbesondere wird er aller Voraussicht nach keiner direkten Exposition durch die gezündete Gaswolke ausgesetzt. Das vorliegende Gutachten des TÜV Nord ist nach den vorstehenden Ausführungen in Verbindung mit den ergänzenden Erläuterungen der Sachverständigen Dipl.-Ing. Z. in der mündlichen Verhandlung geeignet, dem Senat insoweit die für die richterliche Überzeugungsbildung erforderliche Sachkunde zu vermitteln. Der vom Kläger aufgezeigte Fehler hat sich nach den letztlich plausiblen Ausführungen des Gutachters auf das Ergebnis des Gutachtens nicht ausgewirkt. Die Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord wird auch durch das Gegengutachten Dr. H. nicht durchgreifend in Frage gestellt. Wie ausgeführt, vermag sich der Senat der Annahme, die Gaswolke werde sich 123 m ausbreiten, nicht anzuschließen. Im Übrigen fällt auf, dass selbst nach dem vom Kläger vorgelegten Gutachten Dr. H., dessen Richtigkeit unterstellt, die untere Explosionsgrenze auf dem Grundstück des Klägers nur 60 Sekunden überschritten wird und auf dem Grundstück befindliche Personen allenfalls 3 Sekunden Schmerzen durch Wärmestrahlung verspüren. Hinzu kommt der Umstand, dass eine Explosion bei Einhaltung aller sicherheitstechnischen Standards vernünftigerweise auszuschließen ist, und das von Dr. H. angenommene Szenario im Dennoch-Störfall im Vergleich zu der nunmehr vorliegenden Arbeitshilfe KAS-32 sehr konservativ ist. Der Senat sieht daher auch im Hinblick auf das Ergebnis des Gutachtens von Dr. H. keinen Anlass zur Einholung eines Obergutachtens. Entsprechendes gilt auch in Bezug auf die vom Kläger geltend gemachten Ungereimtheiten der Einzelfallbetrachtung des TÜV Nord. Auch die vom TÜV Nord angenommenen Szenarien liegen an der Grenze zum exzeptionellen Störfall oder überschreiten diese, so dass ein Schadenseintritt äußerst unwahrscheinlich erscheint.
99 
Der Beweisantrag Nr. 1 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der streitgegenständlichen Biogasanlage bei Freisetzung von Biogas aus dem Gärrestebehälter eine erhebliche Gefahr aufgrund von Wärmestrahlung oder Auswirkungen einer Druckwelle bei Zündung der Gaswolke und anschließendem Abbrand, bzw. Explosion ausgeht und durch ein solches Ereignis das Leib und Leben des Klägers gefährdet wird, war danach abzulehnen, weil die damit aufgeworfenen Fragen bereits aufgrund der vorliegenden Gutachten hinreichend sachverständig gestützt zu klären waren.
100 
2.2.2.2 Brandgefahren
101 
2.2.2.2.1 Brandschutz
102 
Die angefochtene Genehmigung verstößt nicht zu Lasten des Klägers gegen Bestimmungen des Brandschutzes. Die vernünftigerweise nicht auszuschließenden Brandgefahren sind hinreichend minimiert.
103 
Es kann dahinstehen, inwieweit die vom Kläger in Bezug genommenen Abstandsempfehlungen drittschützend sind. Denn die im Interesse des vorbeugenden Brandschutzes einzuhaltenden Schutzabstände sind gewahrt. Der nach der Technischen Information (TI) 4 „Sicherheitsregeln für Biogasanlagen“ der Sozialversicherung für Landwirtschaft (Stand 1/2013) zur Vermeidung von gegenseitiger Beeinflussung u.a. im Brandfall zu wahrende Abstand zwischen Gasspeichern und nicht zur Biogasanlage gehörenden benachbarten Anlagen, Gebäuden oder Verkehrswegen ist bezüglich des Wohngebäudes des Klägers bei weitem eingehalten. Die Berechnung nach dem Merkblatt M-001 „Brandschutz bei Biogasanlagen“ des Fachverbands Biogas e.V. führt zu dem gleichen Ergebnis. Der Auffassung des Klägers, dass die dort genannten Abstände nicht für Wohngebäude gelten, trifft nicht zu. Die genannten technischen Regelwerke differenzieren nicht zwischen den verschiedenen Nutzungsarten; maßgeblich ist allein, dass ein Gebäude nicht zur Anlage selbst gehört.
104 
Aus dem sog. Abstandserlass des Landes Nordrhein-Westfalen („Immissionsschutz in der Bauleitplanung“, Fassung 2007) lässt sich nichts zu Gunsten des Klägers herleiten. Es trifft zwar zu, dass der Erlass für geschlossene Biogasanlagen einen Abstand von 300 m zu Wohngebieten vorsieht (lfd. Nr. 129). Abgesehen davon, dass der Erlass grundsätzlich den nicht drittschützenden Vorsorgegrundsatz konkretisiert (vgl. Einleitung Seite 8), dient er der planungsrechtlichen Zuordnung von Industrie-/Gewerbegebieten und Wohngebieten und beansprucht keine Geltung für immissionsschutzrechtliche Einzelgenehmigungen (Kap. 3.2). Der Kläger wohnt außerdem nicht in einem geschlossenen Wohngebiet, sondern in einem ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesen im Außenbereich; er kann daher nicht das Schutzniveau eines bauplanungsrechtlich ausgewiesenen Wohngebiets beanspruchen. Zu den empfehlenswerten Abständen im Außenbereich verhält sich der Abstandserlass nicht. Im Übrigen führt der Erlass unter der lfd. Nummer 129 aus, dass der Schutzabstand aus Gründen der Luftreinhaltung und des Schallschutzes erforderlich ist; dem Erlass lässt sich mithin nicht entnehmen, dass der 300-Meter-Abstand aus Gründen des Brand- und Explosionsschutzes für erforderlich gehalten wird.
105 
Das Biogashandbuch Bayern verweist bezüglich der empfohlenen Abstände auf die Bestimmungen der Nrn. 5.4.8.6.1 und 5.4.9.36 TA Luft, die zum einen der Vorsorge dienen und somit nicht nachbarschützend sind. Zum anderen wird darauf hingewiesen, dass die Abstände unterschritten werden können, wenn durch primärseitige Maßnahmen die Geruchsbelästigung gemindert wird (S. 5 letzter Absatz). Die vorgeschlagenen Abstände dürften mithin nicht der Vorsorge gegen Brandgefahren, sondern gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Gerüche dienen.
106 
Die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob der Gärrestebehälter den nach den oben genannten Regelwerken erforderlichen Mindestabstand von 6 m zum öffentlichen Verkehrsweg einhält, kann dahinstehen. Nach dem Vortrag der Beigeladenen wird dieser Schutzabstand eingehalten, weil nicht die Grenze des Wegegrundstücks, sondern der tatsächliche Ausbauzustand der Straße maßgeblich sei; dies wird vom Kläger bestritten. Durch die geltend gemachte Verletzung des Mindestabstands zum H. Weg wird der Kläger aber nicht in eigenen subjektiven Rechten verletzt. Die Wahrung dieses Abstands dient dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs bzw. der Sicherheit der Anlage selbst und nicht dem Schutz des ca. 50 m entfernten, an der gegenüberliegenden Straßenseite befindlichen Grundstücks des Klägers und seiner Bewohner.
107 
Im Übrigen werden in der sicherheitstechnischen Stellungnahme der proTerra GmbH vom 28.02.2013 umfangreiche Anforderungen an den baulichen, organisatorischen und abwehrenden Brandschutz gestellt. Das Brandschutzkonzept ist nach Abschnitt III C Nr. 1 der Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 Teil der angefochtenen Genehmigung und von der Beigeladenen vollständig umzusetzen und wurde mit Anordnung des Landratsamts vom 17.07.2013 um die Hinweise und Empfehlungen aus der Sicherheitstechnischen Vorprüfung vom 10.05.2013 ergänzt. Die Einhaltung dieser Anforderungen wurde bei der Schlussabnahme durch den Prüfbericht des TÜV Nord vom 13.06.2014 schriftlich bestätigt. Insbesondere der Blitzschutz ist mittlerweile installiert (Prüfbericht TÜV Nord vom 13.06.2014). Der Kläger hat keine belastbaren Anhaltspunkte aufgezeigt, dass das Brandschutzkonzept nicht den rechtlichen Anforderungen entspricht.
108 
2.2.2.2.2 Störfall
109 
Nach der Arbeitshilfe KAS-32 sind die toxischen Auswirkungen des Abbrands eines Foliendaches nicht zu betrachten, weil aufgrund der Wärmefreisetzung eine deutliche Überhöhung der Brandwolke und damit eine geringe Gaskonzentration in Bodennähe zu erwarten ist oder die Abbrand- und Gasbildung so gering ist, dass keine für den angemessenen Abstand relevanten Immissionskonzentrationen in Bodennähe auftreten. Auch nach dem vom Kläger vorgelegten Gutachten Dipl.-Phys. S. ist die toxische Einwirkung durch Chlorwasserstoff im Brandfall als nachrangig zu behandeln, weil - wie auch im vorliegenden Fall - nur schwer entflammbare Folien verwendet würden (vgl. S. 7).
110 
Im Gutachten des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 wird zwar als Dennoch-Störfall das Szenario „Gleichzeitiger Abbrand der gesamten Dachhaut des Gärrestebehälters“ betrachtet. Die Auswertung dieses Brandszenarios ergab aber, dass die auftretende Wärmestrahlung von geringer Bedeutung ist. Ein Übergreifen von Bränden auf das Grundstück des Klägers erscheint daher hinreichend ausgeschlossen. Toxische Gefahren durch Dioxin und Kohlenmonoxid wurden vom Gutachter nicht angenommen. Beim Abbrand der PVC-Folien entsteht aber das giftige Gas Chlorwasserstoff. Nach dem Ergebnis des Gutachtens können Personen, die sich im Freien aufhalten, im Bereich von 50 m ca. 15 Minuten Überschreitungen des AEGL-2-Wert ausgesetzt werden. Der ERPG-Wert für eine 60-minütige Exposition spielt hingegen keine Rolle, weil die Dachhaut spätestens nach 28 Minuten komplett abgebrannt ist.
111 
Diese toxische Gefahr ist aber nicht hinreichend konkret, um einen Abwehranspruch des Klägers zu rechtfertigen. Das Gutachten nimmt eine „Worst-Case“-Betrachtung vor, in dem es mit sehr konservativen Randbedingungen wie etwa der doppelten Menge an Schadstoffen rechnet und außer Acht lässt, dass das Grundstück des Klägers nicht innerhalb der Hauptwindrichtung liegt. Der Gutachter weist ferner darauf hin, dass in geschlossenen Räumen von geringeren Gefährdungen auszugehen ist. Aufgrund der Lage des Wohnhauses des Klägers außerhalb der Hauptwindrichtung und der guten Wahrnehmbarkeit eines großflächigen Brands der Dachhaut sei es gefährdeten Personen außerdem möglich, sich innerhalb von 10 Minuten aus dem gefährdeten Gebiet zu entfernen. Der Kläger hält dem zwar entgegen, dass ein Brand zur Schlafenszeit eventuell nicht rechtzeitig bemerkt werde; Allerdings befinden sich die Bewohner des Grundstücks dann in geschlossenen Räumen, was die Vergiftungsgefahr minimiert.
112 
In der Zusammenschau erscheinen danach die Gefahren im Falle eines Abbrands des gesamten Foliendaches entweder im Hinblick auf die geringe Wahrscheinlichkeit dieses Ereignisses, das zudem das Versagen des gesamten vorbeugenden Brandschutzes voraussetzt, oder im Hinblick auf die Unwahrscheinlichkeit bzw. Vermeidbarkeit eventueller Schadensfolgen als gering.
113 
2.2.2.2.3 Toxische Gefahren durch Schwefelwasserstoff
114 
Der Kläger wird auch keinen unzumutbaren toxischen Gefahren durch Schwefelwasserstoff (H2S) ausgesetzt.
115 
Aus der Ausbereitungsberechnung des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 ergibt sich, dass am Wohnhaus des Klägers weder im Auslegungsstörfall (Dachhautleckagen verschiedener Größen) noch im Dennoch-Störfall (spontane Freisetzung der größtmöglichen zusammenhängenden Gasmenge durch komplette Entfernung der Dachhaut des Gärrestelagers bei 100%iger Gasfüllung) eine toxische Gefährdung oberhalb des ERPG-2-Wertes für eine einstündige Exposition (30 ppm) oder des AEGL-2-Wertes für zehnminütige Exposition (41 ppm) zu erwarten ist; bei einer Entfernung von 50 m sinkt die Schwefelgaskonzentration unter 10 ppm (0,001 Vol %). Dies steht nicht im Widerspruch zu den vom Kläger in Bezug genommenen Quellen (Merkblatt KAS-12; Internetauftritt der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau u.a.); denn diese schildern die Gefahren von Schwefelwasserstoff durch direktes Einatmen des Gases bei Arbeiten in unmittelbarer Nähe von mit Gülle gefüllten Gruben, Schächten und Behältern, und gehen ohne Detailkenntnis der umstrittenen Anlage von Durchschnittswerten aus. Zu ähnlichen Ergebnissen wie der TÜV Nord gelangt im Übrigen auch das vom Kläger vorgelegte Gutachten von Dr. Ing. H.. Danach werden selbst bei größeren Leckagen (Szenario 1) sowie beim vollständigen Versagen der gesamten Dachhaut (Szenario 2) die ERPG-2- und AEGL-2-Werte nur kurzfristig (< 2min) überschritten, die maßgeblichen Expositionszeiten von 60 bzw. 10 Minuten werden bei weitem nicht erreicht (vgl. S. 23 f.).
116 
Die Schwefelwasserstoffkonzentration wird auch durch die Erhöhung der Güllemenge mit Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 nicht in einer solchen Weise verändert, dass die o.g. Ausbreitungsberechnungen des TÜV Nord bzw. von Dr. Ing. H. nicht mehr aussagekräftig wären. Die Berechnungen der o.g. Gutachter basieren auf der Annahme, dass in dem in der Anlage erzeugten Biogas während des Fermentationsprozesses Schwefelwasserstoffkonzentrationen von maximal 100 ppm (0,01 Vol %) erreicht werden. Zwar können in Biogas - worauf der Kläger zutreffend hinweist - auch höhere Konzentrationen in Abhängigkeit von den Einsatzstoffen und vom Anlagentyp auftreten. Nach der gutachtlichen Stellungnahme des TÜV Nord vom 28.08.2014 (Gerichtsakte S. 381) und den Ausführungen von Dipl.-Ing. D. in der mündlichen Verhandlung liegen aber hinreichende Detailkenntnisse vor, die auch nach der Erhöhung der Güllemenge die Annahme von 100 ppm H2S im Rohbiogas zulassen. Der Gutachter hat ausgeführt, in allen vier Gasspeichern finde eine biologische Entschwefelung durch Zugabe von Luftsauerstoff statt, der Schwefelwasserstoff in Schwefelsäure und elementaren Schwefel umsetze. Jeweils ein Aggregat fördere Luftsauerstoff in die Fermenter 1 und 2 und in den Nachgärer. Das gesamte Biogas werde durch den Gärrestebehälter geleitet. In der Regel würden bei Anlagen mit überwiegend pflanzlichen Inhaltsstoffen und biologischer Entschwefelung im Durchschnitt Schwefelwasserstoffgehalte unter 200 ppm gemessen. Verfahrenstechnische Ursachen für einen hohen H2S-Gehalt seien etwa fehlende Besiedlungsflächen oder das Aufrühren der Schwimmdecke. Der Gärrestebehälter der Anlage der Beigeladenen biete durch eine Mittelstütze und zahlreiche Spanngurte eine große Besiedlungsfläche; das Substrat werde nur im Falle des Abtransports aufgerührt. Die Anlage werde überwiegend mit Substraten mit einem mittleren Schwefelgehalt, zu denen auch Gülle gehöre, versorgt. Da bei Absinken der pH-Werte unter den neutralen Bereich die Biogasproduktion gestört werde, sei der Anlagenbetreiber gehalten, entsprechende Gegenmaßnahmen zu treffen. Ein schneller Substratwechsel sei daher nicht zu erwarten. Die Einsatzstoffe böten nicht das Potential für eine schnelle Absenkung des pH-Wertes und der damit verbundenen verstärkten Freisetzung von Schwefelwasserstoff. Im Übrigen hätten Messungen der Gaswerte vor dem Aktivkohlefilter ergeben, dass der H2S-Wert im Mittel bei 5,4 ppm liege.
117 
Diese Ausführungen erscheinen schlüssig. Nach den Genehmigungsunterlagen verfügt die Biogasanlage über eine biologische Entschwefelung durch Zuführung von Luft; die Luftzufuhr ist bei Bedarf regelbar. Da Schwefelwasserstoff zu Korrosionen an wichtigen Anlagenteilen führt, haben Anlagenbetreiber grundsätzlich auch ein erhebliches Eigeninteresse an der Senkung des Schwefelwasserstoffgehalts (vgl. etwa Biogashandbuch Bayern, Materialienband Kap.1.5.4.2). Maßgebliches Gewicht kommt aber dem Umstand zu, dass ein Messprotokoll über kontinuierliche tägliche Messungen des Schwefelwasserstoffgehalts vor dem Aktivkohlefilter im Rohbiogas der Anlage über 48 Tage vorliegt, und zwar innerhalb eines Zeitraums, in dem die Güllemenge bereits erhöht war. Die Messungen haben einen Mittelwert von 5,4 ppm ergeben, der Maximalwert für Schwefelwasserstoff lag bei 9 ppm. Der Geschäftsführer der Beigeladenen hat zudem eidesstattlich versichert, dass die täglichen Kontrollen Werte von ca. 2 bis ca. 30 ppm ergäben. Lediglich in Einzelfällen würden kurzzeitig Werte bis 150 ppm gemessen, etwa wenn die Gülle aufgerührt worden sei. Dieser etwa im Frühjahr 2014 gemessene Wert sei aber binnen einer Stunde auf 50 ppm abgesunken. Die Werte seien nach der Abdeckung des Gärrestebehälters nochmals gesunken.
118 
Die Annahme, dass die Schwefelwasserstoffkonzentration auch nach der Erteilung der Änderungsgenehmigung im Mittel deutlich unter 100 ppm bleibt, wird durch das vom Kläger vorgelegte Gutachten der R+D - Sachverständige für Umweltschutz (Dipl.-Phys. S.) nicht überzeugend widerlegt. Der Gutachter nimmt für die Beurteilung der konkreten toxischen Gefahren durch eine Gasleckage während des Normalbetriebs der umstrittenen Anlage einen H2S-Gehalt von 50 bis 2.000 ppm (0,005 bis 0,2 Vol %) an (S. 14). Allerdings könne zur Beurteilung der konkreten Gefahr durch einen gestörten Betrieb ein oberer H2S-Gehalt von 20.000 ppm (2 Vol%) nicht ausgeschlossen werden, auch wenn ein plötzlicher vollständiger Ausfall der biologischen Entschwefelung nicht zu erwarten sei (S. 15). Der Gutachter verfügt jedoch nach eigenen Angaben nicht über Detailkenntnisse bezüglich der streitgegenständlichen Anlage (S. 13) und entnimmt seine Einschätzung Messprogrammen anderer Anlagen, über deren Vergleichbarkeit mit der Anlage der Beigeladenen keine Aussage getroffen werden kann. Im Übrigen hält er einen vollständigen Ausfall der biologischen Entschwefelung selbst für unwahrscheinlich.
119 
Auch die auf den genannten Schwefelwasserstoffgehalten basierenden Ausbreitungsberechnungen des Gutachters Dipl.-Phys. S. begegnen Bedenken. Nicht plausibel sind zunächst die dem Gutachten zugrunde gelegten meteorologischen Daten. Dem Gutachter standen keine Zeitreihen für den konkreten Standort zur Verfügung (S. 19). Es wird daher die ungünstigste Ausbreitungssituation zugrunde gelegt (Windstille und Inversionswetterlage) und ohne nähere Begründung mit Schwachwind-Werten der Messstation Stuttgart-Echterdingen belegt. Demgegenüber hat die Beigeladene - wie ausgeführt - mit den Antragsunterlagen ein meteorologischen Gutachten der Argusoft GmbH (Dipl.-Met. F.) vom 14.12.2013 vorgelegt, wonach am ehesten die Daten der Station Mühlacker mit dem Standort der Anlage vergleichbar sind. Da es hier nicht um eine bauleitplanerische Störfall-Vorsorge, sondern um die Feststellung einer konkreten Gefährdung des Klägers geht, spricht zudem vieles dafür, der Ausbreitungsberechnung nicht die meteorologisch denkbar ungünstigsten, sondern mit dem TÜV Nord mittlere Ausbreitungsverhältnisse zugrunde zu legen.
120 
Darüber hinaus ist bei der Bewertung der gutachtlichen Ausbreitungsberechnungen zu berücksichtigen, dass die Annahme der Eignung einer Anlage zur Hervorrufung konkreter Gefahren im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG - wie ausgeführt - auch von der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts abhängt. Auch nach den Ausbreitungsberechnungen des vom Kläger vorgelegten Gutachtens Dipl.-Phys. S. treten toxische Gefahren am Wohnhaus aber nur bei einer Kombination sehr unwahrscheinlicher Bedingungen auf (vgl. Tabelle 9 S. 22). So wird eine Überschreitung der maßgeblichen ERPG-2- und AEGL-2-Werte für den Leckagefall 4 (Spontanversagen der kompletten Abdeckung des Gärrestebehälters) angenommen. Der Gutachter stuft das Spontanversagen der kompletten Abdeckung des Gärrestebehälters mit der Folge der Komplettfreisetzung der gesamten Gasmenge aber - in Übereinstimmung mit dem Gutachter des Beigeladenen - als unrealistisch ein und ordnet es dem Katastrophenschutz zu (vgl. TÜV Nord vom 27.08.2014 S. 13; Gutachten Dipl.-Phys. S. vom 19.06.2014 S. 17 unten). Diese Einschätzung wurde von den Gutachtern in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Andere Leckagen verschiedener Größenordnungen werden zwar einheitlich als realistisch eingestuft (Auslegungstörfall). Zu einer Gefährdung des Wohngrundstücks des Klägers gelangt aber auch der Gutachter Dipl.-Phys. S. erst bei der Gas-/Leck-Kombination „G3/L3", d.h. ab einer Schwefelwasserstoffkonzentration von 0,2 Vol % (2000 ppm). Wie dargelegt, gibt es derzeit keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass dieser Wert in der Anlage der Beigeladenen erreicht wird. Im Übrigen zeigen die vom Kläger zum Beleg für toxische Gefahren herangezogenen Ausbreitungsradien nach dem Gutachten Dipl.-Phys. S. die Gas-/Leckage-Kombination G 2/L 4 ; d.h. eine Gaskonzentration von 0,05 Vol % (= 500 ppm) mit einem Komplettversagen der gesamten Dachhaut, also einem nach der Auffassung beider Gutachter vernünftigerweise auszuschließenden Leckage-Szenario. Hinzu kommt, dass das Vorhandensein einer Schwefelgaskonzentration von 500 ppm nach den plausiblen Erläuterungen des TÜV Nord unter Berücksichtigung der Detailkenntnisse und der durchgeführten Messungen ebenfalls als ausgeschlossen, zumindest aber als sehr unwahrscheinlich erscheint. Auch die weiteren Gas-/Leckage-Kombinationen, bei denen das Wohnhaus des Klägers nach der Annahme von Dipl.-Phys. S. toxischen Gefahren ausgesetzt würde, nämlich G 5/L 1, d.h. ei- ne Schwefelwasserstoffkonzentration von 2 Vol % (= 20.000 ppm), sowie G 4 (0,5 Vol % = 5000 ppm)/L 2, sind nach dem oben Gesagten äußerst unwahrscheinlich, was der Gutachter auch einräumt (S. 25 unten). Zusammenschauend setzen die genannten Gas-/Leckage-Kombinationen den gleichzeitigen Eintritt mehrerer betrieblicher Störungen, nämlich das Auftreten erheblicher Leckagen gleichzeitig in beiden Dachmembranen (äußere Wettermembran und innere Gasmembran) bei gleichzeitigem Versagen der biologischen Entschwefelung in Verbindung mit dem Ausfall der betrieblichen Kontroll- und Warnsysteme voraus. Damit wird bei Berücksichtigung der konkreten Störfallszenarien auch durch das vom Kläger vorgelegte Gutachten keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine toxische Gefährdung der Bewohner des Grundstücks H. Weg Nr. ... dargetan.
121 
Nicht zuletzt geht auch das Gutachten von Dipl.-Phys. S. davon aus, dass eine konkrete Gefahr für das nächstgelegene Wohnhaus durch bestimmte technische Maßnahmen sicher verhindert werden könne (S. 27). Nach der Stellungnahme des TÜV Nord vom 27.08.2014 sowie nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, in der die einzelnen Maßnahmen eingehend erörtert wurden, sind die vorgeschlagenen Maßnahmen überwiegend bereits durchgeführt oder aufgrund des ohnehin schon hohen Sicherheitsstandards der Anlage nicht erforderlich. Der Gutachter Dipl.-Phys. S. hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass sein Vorschläge ohne Detailkenntnisse der Anlage erfolgten, und sie dahingehend relativiert, dass man damit jedenfalls auf der sicheren Seite sei. Zum Teil handelt es sich bei den unterschiedlichen Auffassungen der Gutachter auch nicht um sachliche, sondern nur um sprachliche Differenzen oder unterschiedliche Definitionen derselben Standards. Der Senat vermochte sich jedenfalls nicht davon zu überzeugen, dass die von Dipl.-Phys. S. unterstellten Sicherheitslücken die Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gebieten; dem von ihm unterbreiteten Maßnahmekatalog liegt vielmehr - abgesehen von der Unkenntnis der sicherheitstechnischen Standards der Anlage im Detail - eine gewisse überschießende Tendenz zugrunde.
122 
Eine konkrete toxische Gefährdung des Klägers durch entweichenden Schwefelwasserstoff ist nach alldem mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszuschließen.
123 
Der Beweisantrag Nr. 3 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der Biogasanlage eine erhebliche Gefahr durch toxische Gasausbreitung, insbesondere Schwefelwasserstoff, hervorgeht, war danach abzulehnen. Der Senat sieht keinen Anlass zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens, weil nach den eingehenden, nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Gutachten bzw. Stellungnahmen des TÜV Nord eine derartige Gefährdung auszuschließen ist und diese Annahme durch das auf einer rein hypothetischen Grundlage erstellte Gutachten Dipl.-Phys. S. nicht durchgreifend in Frage gestellt wird.
124 
2.2.2.2.4 Gefahren durch auslaufendes Substrat (Havarie u.a.)
125 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung wegen einer Gefährdung seines Grundstücks durch auslaufendes Substrat. Etwas anderes folgt insbesondere nicht aus dem vom Kläger vorgelegten Gutachten R+D -Sachverständige für Umweltschutz (Dipl.-Ing. P.) vom 13.06.2014. Dieses Gutachten prüft die Vereinbarkeit der Anlage anhand von wasserwirtschaftlichen Anforderungen, insbesondere anhand der Verordnung des Umweltministeriums über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen vom 11.02.1994 (GBI. 1994, 182) - VAwS - sowie des Merkblatts des Umweltministeriums Baden-Württemberg über „Wasserwirtschaftliche Anforderungen an landwirtschaftliche Biogasanlagen" vom Juni 2006. Diese Regelwerke dienen der Konkretisierung von § 62 WHG i.d.F. vom 31.07.2009 - WHG 2009 - (früher § 19g WHG) über den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (vgl. § 1 VAwS, Vorwort des o.g. Merkblatts). Danach müssen Anlagen zum Lagern, Abfüllen, Herstellen, Behandeln oder Verwenden wassergefährdender Stoffe so beschaffen sein und so errichtet und betrieben werden, dass eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften von Gewässern nicht zu besorgen ist. Die in dem Gutachten herangezogenen Vorschriften und Hinweise stellen mithin anlagenbezogene Anforderungen im Hinblick auf den Gewässerschutz. Dieser Normenkomplex ist grundsätzlich nicht nachbarschützend. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz für den Bereich des Wasserrechts - nicht anders als für andere Gebiete des öffentlichen Rechts - grundsätzlich nur aus Rechtsvorschriften ableiten, die das individuell geschützte private Interesse Dritter und die Art der Verletzung dieser Interessen hinreichend deutlich erkennen lassen (grundlegend BVerwG, Urteil vom 15.07.1987 - 4 C 56/83 - BVerwGE 78, 40, m.w.N.). Der Schutz des Grundwassers erfolgt im Allgemeinen im Interesse der öffentlichen Wasserversorgung. Damit dienen entsprechende Bestimmungen dem Schutz der Allgemeinheit und nicht dem Schutz der Rechte Einzelner (vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 23.06.2014 - 2 A 104/12 - juris; BayVGH, Beschluss vom 24.03.2009 - 22 ZB 07.224 - juris; anders nur für Trinkwasserversorgungsunternehmen als Träger wasserwirtschaftlicher Gemeinwohlbelange: OVG Lüneburg, Urteil vom 05.09.1996 - 3 I 7866/94 - juris, m.w.N.). Soweit der Kläger der Sache nach die Verletzung von Vorschriften des Wasserrechts rügt, kann daraus mithin keine subjektive Rechtsverletzung folgen.
126 
Auch in der Sache können die vom Sachverständigen Dipl.-Ing. P. gerügten Mängel im Hinblick auf die Ausführung und Dichtheit der Rohrleitungen und Behälter, die Rissbreitenbeschränkung und die Abdeckung des Umschlagsplatzes der Genehmigung nicht entgegengehalten werden. Es trifft zwar zu, dass der wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz des § 62 WHG i.V.m. §§ 3, 12 VAwS grundsätzlich eine nicht nur einwandige, sondern doppelwandige Ausführung von unterirdischen Rohrleitungen und Behältern gebietet. Das Landratsamt hat aber aufgrund einer fachtechnischen Prüfung mit Bescheid vom 12.08.2014 mittlerweile eine Ausnahme nach § 7 Abs. 2 VAwS im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 62 WHG 2009/ § 19 g Abs. 1 bis 3 WHG a.F. zugelassen. Dies ist nicht zu beanstanden, weil nach dem Vorwort des Merkblatts „Wasserwirtschaftliche Anforderungen an landwirtschaftliche Biogasanlagen“ vom Juni 2006 Biogasanlagen eine Erleichterung nach § 7 Abs. 2 VAwS erhalten sollen. Soweit der Gutachter die in der Genehmigung festgesetzte Rissbreitenbeschränkung von 0,3 mm beanstandet und eine Beschränkung auf 0,2 mm für geboten hält, hat der Beklagte Nachweise vorgelegt, dass im vorliegenden Fall konkret eine Rissbreite von weniger als 0,2 mm eingehalten wird (Anlage C 43). Im Hinblick auf den wasserdichten Belag des Umschlagplatzes räumt der Gutachter selbst ein, dass ein solcher vorhanden ist und eine Aufkantung zur sicheren Ableitung von verschmutztem Wasser in Baden-Württemberg nicht vorgeschrieben ist. Soweit der Gutachter auf dem Standpunkt steht, in der Genehmigung hätte nach der VAwS anstelle einer 12jährigen eine 5jährige Prüfpflicht für unterirdische Anlagenteile mit wassergefährdenden Stoffen festgesetzt werden müssen, lässt er wiederum außer Acht, dass diese Prüfungen dem Gewässerschutz dienen und dem Kläger keine subjektiven Rechte vermitteln.
127 
Wie der Senat im Verfahren 10 S 1510/13 bereits ausgeführt hat, kann der Kläger sich auch nicht darauf berufen, dass keine Umwallung der Anlage angeordnet worden ist. Das Erfordernis einer Umwallung ist allerdings in § 37 Abs. 3 des Entwurfs der Verordnung des Bundes über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) enthalten. Nach § 68 Abs. 10 des Entwurfs sind bestehende Biogasanlagen grundsätzlich innerhalb vom fünf Jahren nachzurüsten. Im Vorgriff auf den Entwurf haben einige Bundesländer die Umwallung von Biogasanlagen bereits vorgeschrieben. In Baden-Württemberg ist dies aber auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht geltendes Recht; im Fall des Inkrafttretens einer Nachrüstungspflicht wird die Behörde indes eine entsprechende Anordnung zu prüfen haben. Selbst wenn aber eine Umwallung im Hinblick auf den genannten Entwurf bzw. die Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern bereits Stand der Technik sein sollte - wie der Kläger geltend macht -, hat er keinen Rechtsanspruch auf den Erlass einer entsprechende Nebenbestimmung oder Anordnung, weil auch die einschlägigen Regelungen der geplanten Bundesverordnung - soweit ersichtlich - grundsätzlich dem objektivrechtlichen Schutz des Wassers dienen werden (vgl. § 1 Abs. 1 AwSV Entwurf). In der Begründung zu § 37 Abs. 3 des Entwurfs zur AwSV wird ausgeführt, dass die vorhandene Anlagentechnik nach der Zahl der Unfälle (48 Unfälle in 8 Jahren allein im Landkreis Rottal-Inn) nicht ausreiche, um Unfälle und ein über Kilometer reichendes Fischsterben zu verhindern. Danach ist auch unter Berücksichtigung der Begründung des Verordnungsentwurfs nicht erkennbar, dass § 37 Abs. 3 AwSV über seinen objektiv-rechtlichen Geltungsanspruchs hinaus Drittschutz vermitteln wird.
128 
Subjektive Rechte des Klägers könnten allenfalls insoweit betroffen sein, als eine Umwallung auch die Gefahr einer Überflutung von Nachbargrundstücken im Falle einer Havarie eindämmt. Nach Überzeugung des Senats besteht aber keine hinreichend konkrete Gefährdung des Grundstücks des Klägers durch auslaufendes Substrat. Entgegen der Auffassung des Klägers kann insoweit nicht der wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz des § 62 WHG zum Tragen kommen, wonach der bestmögliche Grundwasserschutz geboten ist. Vielmehr bedarf es - wie mehrfach ausgeführt - in Bezug auf den subjektiven Rechtsschutz einer konkreten Gefahr im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative BImSchG, d.h. eine Überflutung des Grundstücks des Klägers durch auslaufendes Substrat muss unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hinreichend wahrscheinlich sein. In den Jahren 2008/2009 ist ein solches Schadensereignis zwar unstreitig bereits einmal eingetreten. Die Beigeladene hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, dass es sich nicht um ein statisches oder sonstiges technisches Problem des Gärrestebehälters, sondern um eine versehentliche Ableitung von verunreinigtem Oberflächenwasser bei Reinigungsvorgängen bzw. um ein unbefugtes Eingreifen Dritter gehandelt habe, wogegen inzwischen durch technische Maßnahmen und einen Entwässerungsplan Vorsorge getroffen sei. Gegen unbefugte Eingriffe Dritter sind mittlerweile Vorkehrungen getroffen worden. Dies wurde durch die Sicherheitstechnische Prüfung des TÜV Nord vom 13.06.2014 (Pos. H5, E6) bestätigt, wonach die Anlage inzwischen umzäunt und mit einer abschließbaren Toranlage versehen; die Betriebsgebäude müssen außerhalb der regulären Betriebszeit verschlossen werden. Die Standsicherheit und Dichtheit der Behälter und der sonst betroffenen Anlagenteile sind auf die maximalen Füllstände und Speicherkapazitäten ausgelegt. Die Behälterwände bestehen nach den gutachterlichen Stellungnahmen aus praxiserprobtem Stahlbeton bzw. Edelstahl. Die Statik des Gärrestebehälters ist geprüft worden (Bautechnischer Prüfbericht Prof. Dr.-Ing. F. vom 30.04.2013). Mit Nachtragsprüfbericht vom 05.11.2013 (Prof. Dr.-Ing. F.) wurde insbesondere auch die zusätzliche Belastung des Gärrestebehälters durch das Tragluftdach berücksichtigt. Danach können die Zusatzlasten von der früher eingebauten Bewehrung und von der Bodenplatte mittels eines zusätzlichen Sockels aufgenommen werden. Ab 30 kg/m² Schneelast (15 cm Schneehöhe) ist das Tragluftdach allerdings von Schnee zu befreien. Der Prüfstatiker führt aus, dass aufgrund der regelmäßigen Temperatur zwischen den Folien von 8°- 12° Celsius grundsätzlich von einem Abschmelzen bzw. Abrutschen des Schnees ausgegangen werden könne. Ein Temperaturfühler sei nicht erforderlich, wenn eine sofort einsetzbare mechanische Schneeräumung vorhanden sei. Die Durchführbarkeit des Schneeräumkonzepts der Beigeladenen mittels eines mobilen Kranwagens wurde anlässlich der Bauabnahme überprüft (Gerichtsakte Band II, Anlage C 31). Der Sachverständige Dipl.-Ing. D. hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt, dass ihm bei seinen Recherchen nur zwei Fälle bekannt geworden sind, in denen Schneeräumungen erfolgt sind; dabei sei von der Feuerwehr ein ähnliches Schneeräum-Konzept, wie es die Beigeladene habe, angewandt worden. Der Sachverständige hat ferner schlüssig ausgeführt, dass Gefahren durch Schneelasten nicht plötzlich auftreten, sondern sich zunächst durch Verformungen der Dachhaut ankündigen und optisch gut wahrnehmbar sind. Es bestehe daher hinreichend Zeit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Eine Havarie oder ein Aufreißen der Dachmembran in Folge von Schneelast sei ihm nicht bekannt. Diese Ausführungen werden bestätigt durch das von der Beigeladene im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 10 S 1510/13 vorgelegte Gutachten G., wonach die Schneeräumung über eine vor Ort verfügbare Arbeitsbühne mit entsprechendem Hilfsmaterial gegenüber einer Schneeräumung mittels einer fest installierten Schlagleine gleichwertig und technisch durchführbar sei. Es komme nicht zu einem schlagartigen Zusammenbruch der gesamten Einheit, sondern zu einem langsamen Einsinken und Ablagern auf der Unterkonstruktion.
129 
Der in Ziff. 3.1.4.1 des Merkblatts „Wasserwirtschaftliche Anforderungen an landwirtschaftliche Biogasanlagen" vom Juni 2006 sowie in der Sicherheitstechnischen Vorprüfung geforderte Anfahrschutz durch eine Leitplanke zum Schutz gegen mechanische Beschädigung ist mittlerweile errichtet und durch die Vorlage von Plänen und Fotografien nachgewiesen worden. Entgegen der Auffassung des Klägers hält der Senat den Anfahrschutz im Hinblick auf die Verkehrsverhältnisse für ausreichend. Auf dem angrenzenden H.-Weg besteht eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 40 km/h; der Durchfahrtsverkehr ist grundsätzlich auf Fahrzeuge bis 6 t beschränkt und nur für den landwirtschaftlichen Verkehr und für Anlieger freigegeben. Die Errichtung der Leitplanke erfolgte im Übrigen nach Überprüfung und im Einvernehmen mit dem TÜV Nord.
130 
Schließlich sind die Behälter vor Inbetriebnahme auf ihre Dichtigkeit geprüft worden und auch künftig in regelmäßigen Intervallen auf Leckagen Undichtigkeiten und Korrosion hin zu überprüfen. Danach ist ein Auslaufen von Substrat durch das Versagen von Behälterwänden vernünftigerweise auszuschließen.
131 
Der vom Kläger geforderte Anfahrschutz für die Stütze des Galgens und den Kontrollschacht erscheint hingegen nicht erforderlich, weil diese Anlagenteile nach dem nicht substantiiert bestrittenen Vortrag der Beigeladenen kein Substrat enthalten. Auf die zwischen den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung umstrittene Frage, ob der Galgen bei Nichtgebrauch regelmäßig zu Seite geklappt wird, kommt es danach nicht entscheidungserheblich an. Außerdem sind auch gegen das Auslaufen von Substrat durch das Versagen anderer Anlagenteile als der Behälterwände, wie es vom Kläger in der mündlichen Verhandlung in den Vordergrund gerückt wurde, zahlreiche Vorkehrungen getroffen worden. So ist eine Unterfüllsicherung installiert worden, die auf ein außerplanmäßiges Absinken des Behälterfüllstands anspricht und über das Kommunikationssystem das Betriebspersonal informiert. Außerdem ist die weitere Entnahme von flüssigem Substrat aus dem Gärrestespeicher entweder durch einen automatischen Schieber am Saugstutzen, der bei Unterdruck sowie bei Unterschreiten eines Mindestfüllstands von 0,40 m schließt, oder durch eine dauerhaftes Verschließen des Saugstutzens zu verhindern (vgl. Anordnung vom 17.07.2013, Hinweis Nr. 11). Die Entnahmepumpe ist auf eine Förderdauer von 2,5 Minuten (Zeitdauer einer Fassbefüllung) begrenzt; ab 22 Uhr wird die Stromzufuhr zur Förderpumpe automatisch unterbrochen. Das Bedienungsfeld der Pumpe befindet sich 5 m über Grund und wird nach jedem Pumpeneinsatz mit einem Sicherheitsschloss gegen unbefugte Benutzung gesichert. Eine Füllstandsüberschreitung wird durch die Überfüllsonde registriert, was eine Störmeldung auslöst bei gleichzeitiger Unterbindung der weiteren Substratzufuhr (vgl. zum Ganzen Sicherheitstechnische Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013). Damit sind zahlreiche technische Vorkehrungen gegen das Auslaufen von Substrat infolge von Versagen der Behälterwänden oder sonstigen Anlagenteilen, Überfüllung oder Eingreifen Unbefugter getroffen worden. Bedienungsfehler sind durch entsprechende Betriebsanweisungen und die Unterweisung und Schulung des Personals zu minimieren, wie es bereits in der Sicherheitstechnischen Stellungnahme der proTerra GmbH vom 28.02.2013 sowie in der Sicherheitstechnischen Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013 gefordert wird. Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit eines Substrataustritts oder einer Überfüllung nach der genannten Stellungnahme des TÜV Nord als gering zu bewerten (S. 33 ff.). Allenfalls bei grober Fahrlässigkeit, etwa dem Abreißen von Leitungen, ist danach ein Substrataustritt denkbar. Eine Gefahr von Leib und Leben entsteht hierdurch aber nicht, weil frühzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können, wie etwa Schließen des Schiebers oder durch Umpumpen des Substrats in andere Behälter. Im Übrigen ist das Dachprofil des H.-Wegs nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Landratsamts mittlerweile erhöht und entlang der Grundstücksseite des Klägers aufgekantet worden; dies dürfte auslaufende Gülle jedenfalls in einem bestimmten Umfang vom Grundstück des Klägers fernhalten.
132 
Nach alldem kann ein Abwehranspruch des Klägers im Hinblick auf die Gefahr eines Substrataustritts nicht angenommen werden. Diese Gefahr ist durch sicherheitstechnischen Vorkehrungen hinreichend minimiert; selbst im Schadensfall besteht keine Gefahr für Leib und Leben des Klägers. Die vom Kläger vorgelegte Untersuchung von Dr. K. vom 10.09.2014 zu den Risiken eines Substrataustritts ist nicht geeignet, eine andere Einschätzung zu rechtfertigen. Abgesehen davon, dass der Gutachter nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung von der Fachrichtung her Chemiker und kein nach § 29a BImSchG bekanntgegebener Sachverständiger ist, mag seine Stellungnahme zwar veranschaulichen, dass es bei Biogasanlagen häufig zu Störungen und Unfällen kommt, die zum Auslaufen von Gülle führen. Die konkrete Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines solchen Schadensereignisses in der hier umstrittenen Anlage der Beigeladenen wird durch das Gutachten aber nicht plausibel belegt; der Autor weist selbst darauf hin, dass einige Unsicherheiten bestehen, weitere quantitative Untersuchungen erforderlich seien und eine Risikomatrix geschulten Fachleuten vorbehalten bleiben müsse (S. 14, unten, S. 17, S. 18 unten). Nicht plausibel erscheint insbesondere die Risikomatrix in Abbildung 4 des Gutachtens, wonach eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit (W 3) dafür bestehe, dass es im Falle einer Havarie Leichtverletzte geben werde. In dem Gutachten wird die Gefahr einer Gesundheitsbeeinträchtigung nicht überzeugend begründet. Gefahren für Leib und Leben sowie Hab und Gut im Fall eines Gülleaustritts werden vom Gutachter ohne weiteres unterstellt, so dass eine zuverlässige Aussage zum Schadensausmaß nicht getroffen wird. Das Gutachten enthält auch keine überzeugenden Erläuterungen zur Eintrittswahrscheinlichkeit einer Havarie bei der konkreten Anlage. Der Gutachter rechnet mit einer nicht näher begründeten Eintrittswahrscheinlichkeit von 1 zu 2500, die er wohl statistisch herleitet. Konkrete Störfallszenarien im Hinblick auf die Ursachen von Störungen und den Umfang der hierbei zu erwartenden Schäden durch auslaufende Gülle werden in die Schadensprognose nicht einbezogen. Der Gutachter unterstellt weiter zu Unrecht, dass das Grundstück in einem Hochwasserschutzgebiet liege; ferner findet eine belastbare Fehlerdiskussion nicht statt.
133 
Der Beweisantrag Nr. 2 des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis zu erheben, dass von der Biogasanlage eine erhebliche Gefahr bezüglich eines Substrataustritts besteht und dadurch Leib und Leben des Klägers gefährdet wird und daher zwingend eine Umwallung und ein Anfahrschutz anzubringen ist, um diese Gefahren zu minimieren, war nach den vorstehenden Ausführungen abzulehnen. Wie ausgeführt, hat der Kläger keinen subjektiven Rechtsanspruch auf Maßnahmen wie Umwallung und (weiteren) Anfahrschutz, die in erster Linie dem objektiv-rechtlichen Gewässerschutz dienen; im Übrigen liegen ausreichende Erkenntnisse und sachverständige Stellungnahmen vor, wonach hinreichende Vorkehrungen gegen ein Auslaufen von Substrat getroffen worden sind. Das vom Kläger vorgelegte Gutachten stellt dies nicht durchgreifend in Frage, weil es sich mit den Sicherheitsstandards der konkreten streitgegenständlichen Anlage nicht auseinandersetzt. Der Senat sieht daher keinen Anlass zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens. Bei der unter Beweis gestellten Tatsache handelt es sich ferner um einen unzulässigen Ausforschungsbeweisantrag, weil der Kläger gleichsam ins Blaue hinein behauptet, an Leib und Leben gefährdet sein. Auslaufendes Substrat mag zwar auf dem Grundstück des Klägers zu Sachschäden führen; es ist aber nicht ersichtlich und vom Kläger auch in keiner Weise substantiiert worden, dass hierdurch Gefahren für Leib und Leben von Personen entstehen, die sich auf dem Grundstück aufhalten. Selbst wenn von dem Substrat beim Einatmen in nächster Nähe toxische Gefahren ausgehen sollten, können sich Betroffene ohne weiteres rechtzeitig entfernen. Schließlich handelt es sich bei der Frage, ob die Gefahr erheblich ist, nicht um eine dem Beweis zugängliche Tatsache, sondern um eine vom Gericht zu beantwortende Rechtsfrage.
134 
2.3. Bauplanungsrecht
135 
Die Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 verstößt auch nicht gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG, die dem Schutz der Nachbarn zu dienen bestimmt sind.
136 
Nicht entscheidungserheblich ist im vorliegenden Nachbarstreit, ob eine Privilegierung des Vorhabens der Beigeladenen nach § 35 Abs. 1 BauGB anzunehmen ist; insoweit ist allein maßgeblich, ob das Vorhaben der Beigeladenen hinsichtlich der ihm zuzurechnenden Auswirkungen auf schutzwürdige Interessen des Klägers die gebotene Rücksicht nimmt. Der Nachbar erlangt eine schutzwürdige Abwehrposition nämlich nicht allein dadurch, dass das auf dem Nachbargrundstück genehmigte Vorhaben wegen Beeinträchtigung öffentlicher Belange, die nicht dem Schutz privater Dritter zu dienen bestimmt sind, nach § 35 Abs. 3 BauGB unzulässig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.1993 - 4 C 5/93 - NVwZ 1994, 686; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 31.07.2008 - 1 LA 39/08 - a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.10.2009 - 1 A 10898/07 - juris).
137 
Nach den Ausführungen unter 2.2. kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg auf eine Verletzung des nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots berufen. Das Bauplanungsrecht stellt keine strengeren Anforderungen an die Zumutbarkeit bestimmter Immissionen als das Immissionsschutzrecht (st. Rspr., vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74/78 - juris). Da das Vorhaben nicht der Störfall-Verordnung unterliegt, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Biogasanlage unter störfallrechtlichen Gesichtspunkten rücksichtslos an die Wohnnutzung des Klägers heranrückt. Im Übrigen wurde die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt, bevor die Baugenehmigung und Nutzungsänderung des Klägers beantragt wurde. Die nunmehr geduldete Wohnnutzung des Klägers kann daher nicht von vorneherein als vorrangig gegenüber dem heranrückenden Betrieb betrachtet werden. Schließlich kann die Beigeladene weder auf der Grundlage von Art. 14 Abs. 1 GG noch von § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO auf einen anderen, für den Kläger aus immissionsschutzrechtlicher Sicht günstigeren Standort verwiesen werden, wenn von der geplanten Biogasanlage keine unzumutbaren Einwirkungen ausgehen. Ergibt die immissionsschutzrechtliche Prüfung, dass die von der Anlage ausgehenden Belastungen an dem von dem Betreiber gewählten Standort zumutbar sind, muss der Nachbar diese auch dann hinnehmen, wenn es einen ihn noch stärker schonenden Alternativstandort gibt. Denn die immissionsschutzrechtliche Prüfung ist ebenso wie die baurechtliche Prüfung an der Standortentscheidung des Anlagenbetreibers bzw. Bauherrn ausgerichtet und hieran gebunden. Der Anlagenbetreiber bestimmt das Vorhaben, dessen Zulässigkeit dann auf der Grundlage der eingereichten Antragsunterlagen von der Behörde zu prüfen ist (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 13.10.1998 - 4 B 93.98 -, UPR 1999, 74 m. w. N. zur Standortbindung im baurechtlichen Verfahren; OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.05.2006 - 7 ME 6/06 - juris).
138 
III. Kosten
139 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im zweiten Rechtszug aufzuerlegen, weil diese im Berufungsverfahren einen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Hingegen wäre es unbillig, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im ersten Rechtszug aufzuerlegen, weil sie im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht keinen Antrag gestellt hat.
140 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
141 
Beschluss vom 12. März 2015
142 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 3 GKG in Verbindung mit Nrn. 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (veröffentlicht u.a. als Sonderbeilage zur VBlBW, Heft Januar 2014) auf 15.000 EUR festgesetzt.
143 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

Die Genehmigung schließt andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Zulassungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen mit Ausnahme von Planfeststellungen, Zulassungen bergrechtlicher Betriebspläne, behördlichen Entscheidungen auf Grund atomrechtlicher Vorschriften und wasserrechtlichen Erlaubnissen und Bewilligungen nach § 8 in Verbindung mit § 10 des Wasserhaushaltsgesetzes.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

Die Anträge der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Februar 2015 - 5 K 3818/13 - werden abgelehnt.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Kläger wenden sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Nachtragsbaugenehmigung. Die Kläger sind Eigentümer eine Streuobstwiese. Für dieses Grundstück setzt der Bebauungsplan „Daistler II - 3. Änderung“ vom 27.1.1997 der Gemeinde Neuenstadt am Kocher eine private Grünfläche fest. Südlich über einem schmalen Feldweg liegt das Grundstück des Beigeladenen, für das der genannte Bebauungsplan als Art der baulichen Nutzung ein allgemeines Wohngebiet sowie unter anderem Baugrenzen festsetzt. Am 16.4.2009 erteilte das Landratsamt Heilbronn dem Beigeladenen eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses unter Erteilung von Befreiungen unter anderem für die Überschreitung der nördlichen Baugrenze durch das Wohnhaus. Die mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen sehen eine Abböschung des nördlichen Grundstücksbereichs zum Feldweg hin vor.
Bei einer Baukontrolle im April 2010 wurde festgestellt, dass der Beigeladene sein Vorhaben abweichend von den genehmigten Bauvorlagen errichtete: Die genehmigte Gebäudehöhe wurde überschritten und im nördlichen Bereich des Grundstücks anstelle der Abböschung eine Stützmauer errichtet. Das Landratsamt ordnete daraufhin einen Baustopp an und veranlasste den Beigeladenen, die Abweichungen zur Genehmigung zu stellen. Mit Nachtragsbaugenehmigung vom 20.12.2010 wurde die veränderte Ausführung des Vorhabens („Errichtung eines Wohnhauses, Stützmauer“) unter Erteilung einer Befreiung von der im Bebauungsplan festgesetzten Gebäudehöhe gestattet.
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren haben die Kläger gegen die Nachtragsbaugenehmigung Klagen erhoben. Diese hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben des Beigeladenen verletzte weder bauordnungsrechtliche noch bauplanungsrechtliche Vorschriften, die dem Schutz der Kläger zu dienen bestimmt seien. Insbesondere könnten sich die Kläger weder im Hinblick auf das Wohnhaus des Beigeladenen noch im Hinblick auf die von diesem errichtete Stützmauer auf die nördliche Baugrenze auf dessen Grundstück berufen, da sie keinen Nachbarschutz entfalte.
Mit den Zulassungsanträgen verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.
II.
Die rechtzeitig gestellten (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) und begründeten (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) Anträge der Kläger auf Zulassung der Berufung bleiben ohne Erfolg. Denn die geltend gemachten Zulassungsgründe, die nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nur im Rahmen der Darlegung der Kläger zu prüfen sind, rechtfertigen aus den im Antrag genannten Gründen nicht die Zulassung der Berufung. Mit ihrer Antragsbegründung wenden sich die Kläger ausschließlich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, sie könnten sich nicht auf die Überschreitung der nördlichen Baugrenze durch das Vorhaben des Beigeladenen berufen, da diese nicht dazu bestimmt sei, ihrem Schutz zu dienen.
1. Aus dem Vorbringen der Kläger ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt werden, dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, Beschl. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.2.2012 - 10 S 3390/11 - NJW 2012, 2744). Die Richtigkeitszweifel müssen sich allerdings auch auf das Urteilsergebnis erstrecken. Da Urteil darf sich also nicht aus anderen, dem Verwaltungsgerichtshof im Zulassungsverfahren mit seinen begrenzten Erkenntnismöglichkeiten aufdrängenden Gründen als richtig erweisen (BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - DVBl 2004, 838; BVerfG, Beschl. v. 24.1.2007 - 1 BvR 382/05 - NVwZ 2007, 805). Nach diesem Maßstäben haben die Kläger die Wertung des Verwaltungsgerichts, eine Überschreitung der nördlichen Baugrenze auf dem Grundstück des Klägers bewirke keine Verletzung ihrer Rechte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), nicht schlüssig in Frage gestellt.
a) Soweit das Verwaltungsgericht eine Rechtsverletzung der Kläger auf Grund der Überschreitung der nördlichen Baugrenze auf dem Grundstück des Beigeladenen durch das von ihm errichtet Wohnhaus verneint hat, erweist sich das angefochtene Urteil schon deswegen als im Ergebnis richtig, weil die Zulassung einer Überschreitung der nördlichen Baugrenze durch das Wohnhaus nicht Gegenstand der von den Klägern angefochtenen Nachtragsbaugenehmigung vom 20.12.2010 ist. Sie ist vielmehr bereits durch die Baugenehmigung vom 16.4.2009 gestattet worden, die die anwaltlich vertretenen Kläger nach dem eindeutigen Wortlaut ihres Antrags nicht angefochten haben. Streitgegenstand einer gegen einen Verwaltungsakt gerichteten (Dritt)Anfechtungsklage kann aber nur die in dem zur Überprüfung gestellten Verwaltungsakt getroffene Regelung in der Gestalt sein, die sie durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
b) Die Nachtragsbaugenehmigung vom 16.4.2009 genehmigt ausdrücklich die vom Beigeladenen errichtete „Stützmauer“, allerdings ohne für die auch mit diesem Teil des Vorhabens verbundene Überschreitung der nördlichen Baugrenze auf dem Baugrundstück eine Ausnahme (§ 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO) oder Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB) zu gewähren. Dass das Verwaltungsgericht hierin im Ergebnis keine Nachbarrechtsverletzung der Kläger erkannt hat, begegnet dennoch keinen Zweifeln, da das Unterlassen einer erforderlichen Ausnahme- oder Befreiungsentscheidung Rechte des Baunachbarn nur dann verletzen kann, wenn die Festsetzung, von der abgewichen wird, dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt ist (BVerwG, Urt. v. 26.9.1991 - 4 C 5.87 - BVerwGE 89, 69 juris Rn. 33; Schiller, in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, S. 694). Daran fehlt es hier. Wie das Verwaltungsgericht im Einklang mit den in der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäben zu Recht angenommen hat, ist die hintere Baugrenze auf dem Grundstück des Beigeladenen nicht dem Schutz der Kläger zu dienen bestimmt.
10 
Festsetzungen eines Bebauungsplans zur Art der baulichen Nutzung dienen als solche kraft Bundesrecht dem Schutz des Baunachbarn, dessen Grundstück innerhalb des Geltungsbereichs derselben Festsetzung liegt, weil sie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein nachbarliches wechselseitiges Austauschverhältnis gegenseitiger Beschränkungen begründen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - BauR 2013, 2011; Urt. v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151). Bei bauplanerischen Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzungen und zur überbaubaren Grundstückfläche ist das nicht schon kraft Bundesrechts der Fall (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 23.6.1995 - 4 B 52.95 - BauR 1995, 823 zum Maß der baulichen Nutzung; Beschl. v. 19.10.1995 - 4 B 215.95 - BauR 1996, 82 zur überbaubaren Grundstücksfläche). Bei diesen Festsetzungen hängt die Annahme einer auch nachbarschützenden Wirkung vielmehr davon ab, welchen Zweck der Plangeber mit der jeweiligen Festsetzung im Einzelfall verfolgt (BVerwG, Beschl. v. 19.10.1995, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27.1.2014 - 2 A 1674/13 - BauR 2014, 969 juris Rn. 16). Der Zweck derartiger bauplanerischer Festsetzungen ist daher durch Auslegung des Bebauungsplans im Einzelfall zu ermitteln (Beschl. des Senats v. 9.3.1995 - 3 S 3321/94 - BauR 1995, 514 juris Rn. 6; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27.1.2014 - 2 A 1674/13 - BauR 2014, 969 juris Rn. 12). Maßgebliche Anhaltspunkte für diese Auslegung lassen sich dem Bebauungsplan, seiner Begründung oder den Materialien des Planaufstellungsverfahren entnehmen.
11 
Für die gebotene Auslegung lassen sich Gruppen von Festsetzungen bilden, die nach ihrer Rechtsnatur und ihrem objektiven Sinngehalt im Regelfall mit nachbarschützender Wirkung angereichert sind oder regelmäßig keinen Nachbarschutz entfalten. Bei Baugrenzen ist hierzu nach deren Lage und Anordnung zur Umgebung und zu den Nachbargrundstücken zu differenzieren. Regelmäßig wird sich bereits dem Lageplan zum Bebauungsplan entnehmen lassen, dass durch die Festsetzung seitlicher und hinterer Baugrenzen ein wechselseitiges Austauschverhältnis zwischen gegenüberliegenden Grundstücken geschaffen wird mit der Folge, dass solchen Baugrenzen nachbarschützende Wirkung zugunsten des jeweils gegenüberliegenden Wohngrundstücks zukommt (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.11.2013 - 8 S 1813/13 - BauR 2014, 533; Beschl. v. 14.6.2007 - 8 S 967/07 - VBlBW 2007, 397; Beschl. v. 9.3.1995, a.a.O.). Bei hinteren Baugrenzen wird ein solches wechselseitiges Austauschverhältnis häufig zur Sicherung einer zusammenhängenden Ruhe- und Erholungszone im Hintergartenbereich gewollt sein (Bay. VGH, Beschl. 29.7.2014 - 9 CS 14.1171 - juris Rn. 15; Beschl. des Senats v. 9.3.1995, a.a.O.; Dürr, Die Entwicklung des öffentlichen Baurechts, DÖV 2001, 625, 632). In diesem Umfang besteht dann ein für ein wechselseitiges Austauschverhältnis typisches „Dürfen und Dulden“ der jeweiligen Wohnnutzung (vgl. Beschl. des Senats v. 27.8.2012 - 3 S 1135/12 -).
12 
aa) Ein vom Plangeber gewolltes wechselseitiges Austauschverhältnis dürfte sich zwar dem hier maßgeblichen Bebauungsplan „Daistler II - 3. Änderung“ durch die Gestaltung der Baufenster südlich der xxx Straße entnehmen lassen. Denn der Plan setzt für die dort befindlichen Wohngrundstücke Baugrenzen in nahezu identischen Abständen zur jeweiligen hinteren Grundstücksgrenze fest. Dadurch wird ein „beruhigter“ Blockinnenbereich erzeugt sowie ein wechselseitiges vergleichbares „Dürfen und Dulden“ der Eigentümer.
13 
bb) Zwischen den Grundstücken der Kläger und des Beigeladenen im Bereich nördlich der xxx Straße lassen sich hingegen aus dem Lageplan des Bebauungsplans keinerlei wechselbezügliche Berechtigungen und Beschränkungen im Blick auf die überbaubare Grundstücksfläche erkennen. Denn auf dem - um das rund zehnfache größeren - Grundstück der Kläger ist ausschließlich ein private Grünfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB) festgesetzt. Ihr Grundstück dient also von vornherein - anders als das des Beigeladenen - nicht dem Wohnen. Es ist regelmäßig auch nicht überbaubar. Zwar weisen die Kläger zutreffend darauf hin, dass auch auf private Grünflächen ihrem Zweck entsprechende bauliche Anlagen - hier etwa Gerätehütten - errichtet werden können. Diese müssten allerdings nach dem Lageplan des Bebauungsplans mangels Baugrenze auf dem Grundstück der Kläger bauplanungsrechtlich keinerlei Abstand zum Feldweg zwischen den Grundstücken von Klägern und Beigeladenen einhalten. Das verdeutlich, dass es an einem wechselseitigen vergleichbaren Dürfen und Dulden zwischen den Klägern und dem Beigeladenen vollständig fehlt.
14 
Die Kläger legen auch nicht dar, dass sich aus der Planbegründung oder sonstigen Materialien im Planaufstellungsverfahren etwas anderes erkennen lässt.
15 
2. Die Rechtssache hat nicht die von den Klägern behauptete grundsätzliche Bedeutung.
16 
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn das erstrebte weitere Gerichtsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechtsfragen oder im Bereich der Tatsachenfragen nicht geklärten Fragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 9.8.2011 - 13a ZB 11.30007 - AuAS 2011, 250; BVerfG, Beschl. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642).
17 
a) Nach diesen Maßstäben ist die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage,
18 
„kommt einer hinteren Baugrenze auch dann nachbarschützende Wirkung zu, soweit das gegenüberliegende Grundstück als private Grünfläche ausgewiesen ist“,
19 
nicht klärungsbedürftig. Denn die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache ist nicht geboten, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung oder mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten lässt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 2.11.2009 - 5 S 3121/08 - VBlBW 2010, 113). Das ist bei der von den Klägern aufgeworfenen Frage der Fall. Denn unter den von ihnen genannten Umständen fehlt es aus den bereits genannten Gründen an der Gegenseitigkeit vergleichbarer Festsetzungen auf den betreffenden Grundstücken, die ein zur Annahme einer nachbarschützenden Wirkung notwendiges wechselseitiges Austauschverhältnis begründen könnte.
20 
b) Auf die weitere von den Klägern aufgeworfenen Frage,
21 
„kommt einer hinteren Baugrenze auch dann nachbarschützende Wirkung zu, soweit das betroffene gegenüberliegende Nachbargrundstück durch einen öffentlichen Feldweg vom Baugrundstück getrennt wird“,
22 
käme es danach bei einer Entscheidung des Senats nicht mehr entscheidungserheblich an.
III.
23 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 VwGO und 159 Satz 2 VwGO.
24 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 u. 3, 52 Abs. 1 u. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 Streitwertkatalog 2013, wobei zu berücksichtigen ist, dass Gegenstand der Anfechtung der Kläger nur eine Nachtragsbaugenehmigung, keine erstmalige Genehmigung eines Wohnhauses ist.
25 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

Tenor

Die Beschwerde des Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Oktober 2013 - 6 K 3031/13 - wird zurückgewiesen.

Der Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde (§ 146 f. VwGO) ist nicht begründet. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23.07.2013 angeordnet. Gegenstand der angegriffenen Baugenehmigung ist ausweislich der Bauvorlagen die Neuerrichtung einer Werkstatt mit Büro u.a. zur Restaurierung und Reparatur von Kraftfahrzeugen. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben zu einer Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts keinen Anlass.
I.
Für das Beschwerdeverfahren ist es unerheblich, dass der Beigeladene sein Grundstück zwischenzeitlich veräußert und sein Eigentum an ihm an eine andere Person übertragen hat. Denn aufgrund der Regelungen des § 173 Satz 1 VwGO, §§ 265 f. ZPO, die auf nach § 65 VwGO Beigeladene Anwendung finden (BVerwG, Beschluss vom 07.02.2011 - 6 C 11.10 - NVwZ-RR 2011, 382 Rn. 3), ist auch ohne Beiladung des neuen Eigentümers gesichert, dass die Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung auch ihm gegenüber wirkt (vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 27.07.2012 - 1 B 130/12 - juris Rn. 8).
II.
1. a) Die Beschwerde macht geltend, das Verwaltungsgericht verkenne mit seiner Auffassung, die Festsetzungen im Bebauungsplan entsprächen dem Störungsgrad eines Mischgebiets, dass das Bauvorhaben mitten in einem Gewerbegebiet liege. Direkt neben dem Bauvorhaben werde genau die Kfz-Werkstatt betrieben, die künftig in der neuen Halle untergebracht sein solle. Die Baugenehmigung sei im Zusammenhang mit der Umgebungsbebauung zu sehen. Für die Zulässigkeit des Bauvorhabens sei ausschlaggebend, ob von dem Vorhaben weitere nachteilige Auswirkungen ausgingen. Der Abstand des Bauvorhabens zur Wohnung der Antragstellerin liege bei 50 Metern. Nach Lärmermittlungen des TÜV Rheinland sei bei einem solchen Abstand bei einem Kleinbetrieb mit bis zu zwölf Mitarbeitern von einem Lärmpegel von ca.40 bis 45 dB(A)auszugehen. Das könne keine störenden Auswirkungen auf das Wohnen haben.
b) Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerde die Richtigkeit des Beschlusses des Verwaltungsgerichts nicht erfolgreich in Zweifel zu ziehen.
aa) Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 66-02/7 vom 20.01.2000, in dem sowohl das Grundstück der Antragstellerin als auch das des Beigeladenen liegen, ausweislich der textlichen Festsetzungen nur solche Betriebe zulässig sind, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Diese auf § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BauNVO gestützte Festsetzung zur Gliederung der Gewerbegebiete (§ 8 BauNVO) im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 06.12.1989 - 3 S 1278/88 - BRS 49 Nr. 73) führt dazu, dass in einem dergestalt „eingeschränkten Gewerbegebiet“ hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nur solche Gewerbebetriebe allgemein zulässig sind, die auch in einem Mischgebiet (§ 6 BauNVO) zulässig wären. Für sich genommen rechtlich unerheblich ist es dabei, dass in diesem Gebiet bereits eine Kfz-Werkstatt vorhanden ist.
bb) Soweit die Beschwerde sinngemäß geltend macht, dass - auch - wegen des Abstands des Bauvorhabens zur Wohnung der Antragstellerin von fünfzig Metern für diese keine i. S. des § 6 Abs. 1 BauNVO das Wohnen wesentlich störenden Lärmimmissionen zu erwarten seien, verkennt sie den insoweit anzulegenden Prüfungsmaßstab.
Neben den in § 6 Abs. 2 Nr. 3, 6, 7 und 8 BauNVO ausdrücklich für allgemein in einem Mischgebiet für zulässig erklärten Gewerbebetrieben gibt es solche Gewerbebetriebe, die nach ihrer Art ohne weiteres in einem Mischgebiet unzulässig sind und auch solche, die wegen der mit ihnen typischerweise verbundenen Störungen grundsätzlich als gebietsunverträglich einzustufen sind und nur bei Vorliegen atypischer Umstände zulassungsfähig sein können. Schließlich gibt es noch die Gruppe von Gewerbebetrieben die ihrer Art nach zu wesentlichen Störungen führen können, aber nicht zwangsläufig führen müssen. Ob sie in einem Mischgebiet zugelassen werden können, hängt von ihrer jeweiligen Betriebsstruktur ab. Je nach der Größe und dem Umfang des Betriebes, der technischen und der personellen Ausstattung, der Betriebsweise und der Gestaltung der Arbeitsabläufe kann dies unterschiedlich zu beurteilen sein. Maßgeblich ist, ob sich die Störwirkungen, die die konkrete Anlage bei funktionsgerechter Nutzung erwarten lässt, innerhalb des Rahmens halten, der durch die Gebietseigenart vorgegeben wird (BVerwG, Beschluss vom 22.11.2002 - 4 B 72.02 - Buchholz 406.12 § 6 BauNVO Nr. 17 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 01.12.2011 - 8 S 2662/11). Zutreffend hat das Verwaltungsgericht insoweit entschieden, dass Kfz-Werkstätten unter diese letztgenannte Kategorie von Gewerbebetrieben fallen, weil der Störgrad der in ihnen durchgeführten Arbeiten je nach dem konkreten Typ des Betriebs erheblich variiert (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.02.1986 - 4 C 49.82 - NVwZ 1986, 642; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2002 - 3 S 1637/01 -VBlBW 2003, 18; siehe auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Januar 2013, § 6 BauNVO Rn. 33). Zur Beantwortung der Frage, ob sich die Störwirkungen, die eine Kfz-Werkstatt bei funktionsgerechter Nutzung erwarten lässt, im Rahmen der Gebietseigenart halten, ist daher im jeweiligen Einzelfall das Ausmaß der zu erwartenden Störungen festzustellen. Dabei kommt es wegen des gebotenen typisierenden Ansatzes nicht auf die gegebenen Verhältnisse in der Umgebung der jeweiligen Kfz-Werkstatt, sondern darauf an, ob die konkret zur Genehmigung gestellte bzw. genehmigte Kfz-Werkstatt aufgrund der bei einem funktionsgerechten Ablauf in ihrem gesamten Betrieb üblicherweise anfallenden Arbeiten generell geeignet ist, eine Wohnnutzung wesentlich zu stören (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 21.12.2010 - 1 MB 27/10 - NVwZ-RR 2011, 313; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.06.2010 - 7 A 896/09 - juris Rn. 14; Bayerischer VGH, Beschluss vom 17.03.2008 - 1 B 06.3146 - juris Rn. 21). Die konkreten Abstände zwischen der genehmigten Werkstatt und der Wohnung der Antragstellerin sind daher insoweit entgegen der Rechtsauffassung der Beschwerde nicht erheblich. Gleiches gilt für den Vortrag des Beigeladenen aus dem Schriftsatz vom 11.12.2013, die Antragstellerin ziehe derzeit aus ihrem Wohnhaus aus.
2. a) Auch soweit die Beschwerde sich gegen die Würdigung des Verwaltungsgerichts wendet, es seien nicht nur kleinere Kfz.-Arbeiten geplant, insbesondere werde in der Anlage 2 zu den Bauvorlagen zwar ausgeführt, Karosserie- und Lackierarbeiten würden nur in kleinem Umfang ausgeführt, was darunter zu verstehen sei, werde aber nicht definiert, so dass der Beigeladene es in der Hand habe, den Umfang der Arbeiten zu dehnen, erkennt sie den anzulegenden Prüfungsmaßstab nicht. Denn sie bezieht ihr Vorbringen im Wesentlichen auf den derzeitigen, konkreten Betrieb und argumentiert unter anderem ausgehend von den Fähigkeiten des Werkstattbetreibers, der kein Karosseriebauer sei, so dass er auch keine Richtbankarbeiten durchführen könne. Auszugehen ist aber richtigerweise von der gesamten, konkret genehmigten Nutzung. Auf diese beziehen sich auch die entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Es ist unerheblich, ob der derzeitige Betriebsinhaber von dem gesamten Umfang der genehmigten Nutzung aktuell Gebrauch machen kann oder will. Es kommt allein auf den genehmigten Nutzungsumfang an.
b) Soweit der Beigeladene vorbringt, es sei nicht nachvollziehbar, dass er den Umfang der Arbeiten unkontrollierbar dehnen könne, da die Arbeiten nur in dem Umfang erweitert werden könnten, wie es die Räumlichkeiten zuließen, bislang sei von zwei bis drei Mitarbeitern und dem Eigentümer auszugehen, setzt er sich mit den Gründen des angegriffenen Beschlusses nicht in der von § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gebotenen Weise auseinander. Denn das Verwaltungsgericht hat ausdrücklich auf den Umfang der Baugenehmigung und einem Betrieb von zwei bis drei Mitarbeitern abgestellt. Seine Erwägung, der Beigeladene habe es deswegen in der Hand, den Umfang der Arbeiten zu dehnen, ohne dass die Antragstellerin dagegen effektiven Schutz erlangen könnte, bezieht sich allein darauf, dass nicht näher definiert sei, was darunter zu verstehen sei, dass Karosserie- und Lackierarbeiten nur in kleinem Umfang ausgeführt würden. Auf dieses in letzter Konsequenz auf die Bestimmtheit der Baugenehmigung (§ 39 Abs. 1 LVwVfG) zielende Argument geht die Beschwerde innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO, die mit Ablauf des 11.11.2013 endete, nicht ein. Im Übrigen greifen die mit Schriftsatz vom 11.12.2013 - verspätet - vorgebrachten Einwendungen des Beigeladenen, dass die vom zukünftigen Werkstattbetreiber beabsichtigten Arbeiten mit einfachen Werkzeuge durchgeführt werden könnten, wobei Lärmemissionen auszuschließen seien, auch in der Sache nicht durch. Denn sie beziehen sich nicht auf die genehmigte, sondern allein auf die tatsächlich beabsichtigte Nutzung.
10 
3. Der pauschale Verweis „auf die Angaben des Landratsamts und auf die Angaben der Antragstellerin im Rahmen der Baugenehmigung“ wird dem Darlegungs- und Auseinandersetzungsgebot aus § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ebenfalls nicht gerecht.
11 
4. Soweit die Beschwerde im Schriftsatz vom 11.12.2013 erstmals die Frage aufwirft, „ob die Festsetzungen des Bebauungsplans u.U. sogar angreifbar sind, da die tatsächliche Struktur des Gebiets den Festsetzungen widerspricht“, ist dies nicht mehr berücksichtigungsfähig. Bei diesem Vortrag, der letztlich darauf zielt, die Wirksamkeit des Bebauungsplans in Frage zu stellen, handelt es sich nicht eine nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist aus § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO zulässige Ergänzung oder Vertiefung fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe, sondern um ein qualitativ neues Vorbringen, das vom Senat im Beschwerdeverfahren aufgrund der Bestimmung des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nicht berücksichtigt werden darf (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.11.2012 - 3 S 2003/12 - NJW 2013, 889).
12 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und folgt der Wertfestsetzung des Verwaltungsgerichts.
13 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete, wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete und öffentlich genutzte Gebäude, so weit wie möglich vermieden werden. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen in Gebieten, in denen die in Rechtsverordnungen nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte und Zielwerte nicht überschritten werden, ist bei der Abwägung der betroffenen Belange die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität als Belang zu berücksichtigen.

(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.

(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.