Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 29. Sept. 2017 - 3 M 252/16

bei uns veröffentlicht am29.09.2017

Gründe

1

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 7. Kammer - vom 16. Dezember 2016, deren Prüfung gemäß § 146
Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, bleibt ohne Erfolg. Die von dem Antragsteller vorgebrachten Einwendungen rechtfertigen die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht.

2

Der Antragsteller vertieft mit der Beschwerdebegründung unter teilweise wörtlicher Wiederholung sein erstinstanzliches Vorbringen, wonach das Vergabeverfahren der Antragsgegnerin für Studienplätze der Humanmedizin in höheren Fachsemestern europarechtswidrig sei. Obwohl die Antragsgegnerin auf Weisung des Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-Anhalt den das Vergabeverfahren regelnden § 9 Abs. 2 HZulG LSA bereits in der zum Zeitpunkt des Vergabeverfahrens im Herbst 2016 noch nicht geltenden Fassung vom 17. Februar 2017 (n. F.) angewandt habe, verstoße auch dieses Vergabeverfahren gegen das Diskriminierungsverbot. Denn alle zehn zu vergebenden Studienplätze seien an in der Bundesrepublik Deutschland zu einem Teilstudium zugelassene Studierende vergeben worden, Rückkehrer aus dem EU-Ausland seien weiterhin benachteiligt worden. Der Antragsteller legt jedoch weder eine verfassungswidrige (1. a) oder europarechtswidrige (1. b) Diskriminierung durch die Anwendung des § 9 Abs. 2 HZulG LSA n. F. dar, noch, dass eine rechtswidrige Vergabe der Studienplätze dazu geführt hat, dass er keinen Studienplatz im 3. Fachsemester als Hochschulwechsler aus dem ungarischen Szeged nach C-Stadt erhalten hat (2.).

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1. Das Vergabeverfahren der Antragsgegnerin für die freien Studienplätze im 3. Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin im Wintersemester 2016/2017 gibt keinen Anlass zu Beanstandungen.

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Die von der Europäischen Kommission bezüglich § 9 Abs. 2 Nr. 3 HZulG LSA in der bis zum 24. Februar 2017 geltenden Fassung (a. F.) festgestellte Diskriminierung solcher Studierender, die ihr Vollstudium der Humanmedizin im europäischen Ausland aufgenommen haben und dann in einem höheren Fachsemester im Wege eines Hochschulwechsels in die Bundesrepublik Deutschland zurückkehren möchten, gegenüber denjenigen Bewerbern um einen Studienplatz in einem höheren Fachsemester, die einen Hochschulwechsel auf einem Vollstudienplatz innerhalb Deutschlands anstreben, wurde durch die hier bereits angewandte Neufassung des § 9 Abs. 2 Nr. 3 HZulG LSA beseitigt, so dass auch der Antragsteller diskriminierungsfrei in die - allerdings erst an dritter Stelle zu berücksichtigende - Gruppe der Hochschulwechsler aufgenommen wurde.

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a) Das Verwaltungsgericht geht zunächst zutreffend davon aus, dass eine darüberhinausgehende Diskriminierung in der Anwendung des § 9 Abs. 2 HZulG LSA n. F. durch die Bevorzugung solcher Bewerber, die bislang nur einen Teilstudienplatz innehatten, in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht erkennbar ist. Denn die Gruppe der Studienortswechsler mit einer Zulassung zu einem Vollstudium der Humanmedizin, der der Antragsteller angehört, und die Gruppe derjenigen Studierenden, die lediglich eine Zulassung zu einem Teilstudium innehaben, stellen schon keine vergleichbaren Gruppen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG dar. Dabei ist darauf abzustellen, dass sowohl ein Vollstudium an einer deutschen Hochschule wie auch ein solches an einer Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union eine Berufsqualifikation als Mediziner vermittelt und dem Antragsteller grundsätzlich kein Nachteil daraus erwächst, dass er sich dafür entschieden hat, im europäischen Ausland zu studieren. Hingegen vermittelt ein bloßer Teilstudienplatz bis zum Abschluss der vorklinischen Ausbildung keinen berufsqualifizierenden Abschluss. Liegen insoweit vergleichbare Gruppen schon nicht vor, ist die Anwendung unterschiedlicher Rechtsnormen auf diese Gruppen zweifelsfrei zulässig.

6

Es liegt auch nicht wegen eines abstrakten „Zulassungsanspruchs“, der für Inhaber eines Teilstudienplatzes bereits teilweise erfüllt worden sei, für diejenigen, die im Ausland studieren, jedoch nicht, ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Denn ein solcher abstrakt zu erfüllender Zulassungsanspruch besteht nicht. Es besteht vielmehr ein Anspruch des Bewerbers, im Rahmen der vorhandenen Kapazität an einem Auswahlverfahren teilzunehmen und - sofern er die notwendigen Voraussetzungen erfüllt - bei der Studienplatzvergabe berücksichtigt zu werden. Ein unbedingter Zulassungsanspruch besteht nicht. Dem hat der Antragsteller insoweit Rechnung getragen, als er in Ausübung seiner Freizügigkeit ein Studium im Ausland aufgenommen hat, und damit am Auswahlverfahren nicht teilgenommen hat. Deshalb steht ihm aber nicht ein quasi „unverbrauchter“ Zulassungsanspruch zu, aufgrund dessen er gegenüber teilzugelassenen Studierenden zu bevorzugen oder diesen mindestens gleichzustellen wäre. Er hat nur weiterhin den Anspruch, nach den geltenden Bestimmungen bei Erreichen der Voraussetzungen am Zulassungsverfahren teilzunehmen.

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Dabei ist es unerheblich und nicht zu seinem Vorteil zu werten, ob die Studienangebote im Ausland kostenpflichtig sind oder in welcher Sprache sie angeboten werden. Denn dem hat der Antragsteller sich mit der Aufnahme des Studiums im Ausland bewusst gestellt. Inwiefern daraus abzuleiten sein soll, dass er mindestens gleichrangig mit teilzugelassenen Studierenden auf freie Studienplätze in höheren Fachsemestern zuzulassen sein soll, erschließt sich nicht. Es ist nicht der Gesetzgeber, der es dem im Ausland Studierenden "zumutet", dass sie ihr Studium in einer Fremdsprache absolvieren, vielmehr haben sie sich dazu in Kenntnis der dortigen Studienbedingungen freiwillig entschieden und müssen sich an dieser Entscheidung jedenfalls solange festhalten lassen, wie ein Ortswechsel nach Deutschland an den dafür geltenden Bedingungen scheitert. Die Überlegung, dass „ohne fundierte Ungarischkenntnisse […] der Studienerfolg nicht garantiert“ sei, überzeugt nicht, denn eine Garantie auf einen erfolgreichen Studienabschluss gibt es auch bei einem Studium an einer deutschen Hochschule ebenfalls nicht, sie ist insbesondere auch nicht Inhalt des Zulassungsverfahrens.

8

b) Der Antragsteller vermag auch mit seiner Argumentation nicht zu überzeugen, es sei letztlich unerheblich, ob die hier angewandte Regelung des § 9 Abs. 2 Nr. 3 HZulG LSA gegen Verfassungsrecht verstoße, denn da sie gegen Unionsrecht verstoße, sei sie auch im Falle ihrer Verfassungskonformität nicht anwendbar. Zum einen hat der Antragsteller lediglich behauptet, dass die neugefasste Regelung ebenfalls gegen das Diskriminierungsverbot verstoße, weil „vor allem „Rückkehrer“ mit deutscher Staatsangehörigkeit nachrangig berücksichtigt werden“, ohne dies weiter zu untersetzen. Zum anderen überzeugt es nicht, weil eine europarechtswidrige Diskriminierung mindestens im Ergebnis der Anwendung einer Norm an die Staatsangehörigkeit anknüpfen muss. Dafür ist hier schon deshalb nichts ersichtlich, weil auf die (zugelassenen) Teilstudieninhaber und den Antragsteller nicht dieselbe Norm Anwendung findet. Denn die Zulassung von Teilstudienplatzinhabern richtet sich nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 HZulG LSA a. F., die Zulassung von Studienortswechslern nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 HZulG LSA n. F. und die Normen knüpfen an unterschiedliche Lebenssachverhalte an, ohne dabei direkt oder indirekt auf die Staatsangehörigkeit der Bewerber abzustellen.

9

Dahingestellt bleiben kann dabei, ob die Bevorzugung solcher Teilstudienplatzinhaber, die einen Teilstudienplatz im Geltungsbereich des § 11 Abs. 3 des Staatsvertrages haben, gegenüber solchen Teilstudienplatzinhabern, die einen solchen Platz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union innehaben (soweit solches in den anderen Rechtsordnungen ebenfalls vorgesehen ist, was der Senat nicht zu prüfen hatte) europarechtskonform ist. Denn hierauf könnte sich der Antragsteller, der einen Vollstudienplatz an der Universität in Szeged (Ungarn) hat, nicht mit Erfolg berufen.

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Die vom Antragsteller für die Europarechtswidrigkeit angeführte Überlegung überzeugt nicht. Unabhängig davon, dass der Antragsteller weitgehend wortgleich sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt, behauptet er, ohne dies allerdings zu begründen, dass „faktisch […] auf die Staatsangehörigkeit abgestellt [wird], weil vor allem „Rückkehrer“ mit deutscher Staatsangehörigkeit nachrangig berücksichtigt werden". Es erschließt sich schon nicht, worauf der Antragsteller diese Behauptung stützt, denn es ist jedenfalls nicht gerichtsbekannt, dass die Gruppe derjenigen Hochschulwechsler, die aus dem Ausland zurück in die Bundesrepublik wechseln wollen, größer ist als die Gruppe der Hochschulwechsler innerhalb Deutschlands, oder dass unter den Hochschulwechslern aus dem europäischen Ausland besonders viele deutsche Staatsangehörige wären.

11

Soweit der Antragsteller zur Anwendbarkeit der Europarechts bei einer faktisch an die Staatsangehörigkeit anknüpfenden Regelung auf die Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2015 (Az. 2 B 19/15.NC; juris) verweist, kann er daraus nichts zu seinen Gunsten ableiten. Denn diese Entscheidung befasste sich mit einer dem § 9 Abs. 2 Nr. 3 HZulG LSA a.F. vergleichbaren Vorschrift des sächsischen Hochschulzulassungsrechts, die hier jedoch nicht im Streit steht. Zutreffend führt auch das sächsischen Oberverwaltungsgericht aus, dass bei inländischen Ortswechseln mit Teilstudienplatz durchaus die Überlegung Raum greifen könnte, dass diese den „Rückkehrern“ aus dem europäischen Ausland vorzuziehen sein könnten, weil sie sonst mangels ausreichender Kapazitäten ihr Studium nur mit erheblichen Verzögerungen fortsetzen könnten. Rückkehrer aus dem Ausland hingegen hätten (ebenso wie inländische Hochschulwechsler) dort regelmäßig einen Vollstudienplatz inne und könnten ihr Studium auch im Ausland abschließen. Damit erschließt sich auch, dass die „Benachteiligung“ der Hochschulwechsler nicht an ihre Staatsangehörigkeit oder die Aufnahme ihres Studiums im Ausland im Rahmen der Ausübung ihrer Freizügigkeit anknüpft, sondern an die nachvollziehbare Überlegung, dass diesen bereits ein Vollstudienplatz zur Verfügung steht, auf dem sie ihre Berufsausbildung abschließen können, wohingegen den teilzugelassenen Studierenden eine solche Möglichkeit nicht eingeräumt ist.

12

Anknüpfungspunkt für die Vergabe freier Studienplätze aber ist zum einen die Sicherstellung der effizienten und vollständigen Ausschöpfung der vorhandenen Ausbildungskapazität. Die in einem höheren Fachsemester zuzulassenden Studierenden müssen die Gewähr dafür bieten, dass sie das Studium unverzüglich aufnehmen und fortsetzen. Hierfür mag es unerheblich sein, ob ein Bewerber für einen solchen Studienplatz von einer inländischen oder ausländischen Hochschule wechselt, oder ob er zuvor einen Voll- oder Teilstudienplatz innehatte. Zum anderen aber ist bei der Vergabe der geringen Zahl verfügbarer Studienplätze in höheren Fachsemestern auch zu berücksichtigen, dass bereits aufgewandte Ausbildungskapazität nicht „verpufft“, weil Studierende, die bereits im Inland auf einem Teilstudienplatz Lehrangebote in Anspruch genommen haben, ihr Studium nicht mehr oder nur mit erheblicher Verzögerung fortsetzen können, weil sie keinen freien Studienplatz in einem höheren Semester erhalten.

13

Dabei ist es unerheblich, dass ihre Rechtsposition bei der Teilzulassung auch nur auf diesen ersten Studienabschnitt beschränkt war. Denn auch wenn diese Studierenden die zunächst beschränkte Ausbildung bewusst in Kauf genommen haben, um überhaupt mit dem Studium zu beginnen, gebietet es schon das volkswirtschaftliche Interesse, die diesen Studierenden zu Teil gewordene Lehre möglichst zeitnah in ein Vollstudium zu überführen. Soweit der Antragsteller hierzu darauf verweist, dass die Beschränkung ihrer Zulassung den Studierenden bereits bei Aufnahme des Studiums bewusst gewesen sei und sie in diesem Wissen den Teilstudienplatz angenommen haben, beschränkt sie dieses Wissen nicht in dem späteren Bemühen um einen Vollstudienplatz und schmälert der Studienbeginn auf einem Teilstudienplatz auch nicht das Interesse, die hierfür aufgewandte Lehre in ein Vollstudium zu überführen.

14

c) Auch die Darlegungen des Antragstellers zu den Auswirkungen der Ungleichbehandlung im vorklinischen Studienabschnitt führen nicht zum Erfolg der Beschwerde.

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Soweit der Antragsteller ausführt, die Ausbildungsverzögerung für Teilstudienplatzinhaber trete nicht zu dem hier streitgegenständlichen dritten, sondern erst zum fünften Fachsemester ein, oder auch ein Studienortswechsel in der Vorklinik könne zu einer Studienverzögerung führen, ist daraus nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. Da er als Studienortwechsler mit Zulassung zu einem Vollstudium mit der Gruppe der Teilstudienplatzinhaber schon nicht vergleichbar ist, ist nicht erkennbar, welche Rechtsposition er für sich aus den behaupteten Verzögerungen in deren Studienablauf ableiten möchte. Sollte er einen bevorzugten Wechsel von einem Teil- auf einen Vollstudienplatz erst mit Abschluss des Physikums für vertretbar halten, weil erst danach der Teilstudienplatz entfällt, ist nicht erkennbar, inwiefern er hier benachteiligt wäre. Denn auch ihm sollte nach seinem eigenen Vortrag die Ablegung des Physikums bzw. der vergleichbaren Abschlussprüfung des vorklinischen Abschnitts in deutscher Sprache möglich sein, so dass sich nach dieser Argumentation auch für ihn die Frage eines Studienortswechsels erst dann stellen könnte. Es besteht jedoch ein nachvollziehbares Interesse der Studierenden auf einem Teilstudienplatz, sobald als möglich auf einen Vollstudienplatz zu wechseln, um das Studium gesichert fortführen zu können. Dass sie sich bereits im dritten Fachsemester bewerben und nicht bis nach dem Physikum abwarten, wenn sie ohne anderweitige Zulassung vor dem Studienabbruch stehen, ist im Sinne eines stringenten Studienverlaufs nachvollziehbar. Ob auch ein Wechsel innerhalb des vorklinischen Teils des Studiums in Abhängigkeit von den unterschiedlichen Studienordnungen zu einer Verzögerung des Studiums führen kann, ist zudem für die Frage, ob eine - zu Gunsten des Antragsteller berücksichtigungsfähige - Diskriminierung anknüpfend an seine Staatsangehörigkeit oder sein Freizügigkeitsrecht vorliegt, unerheblich.

16

Gleiches gilt für die Mutmaßungen des Antragstellers zu den Studierenden der Universitäten Göttingen, Mainz und Marburg (S. 6 f. der Beschwerdebegründung). Es ist unerheblich, auf welchem Wege diese Studierenden ihren Studienplatz erhalten haben, denn mit der Innehabung des (Teil-)Studienplatzes ist primär nur noch darauf abzustellen. Der Antragsteller vermag daher für sich nichts daraus abzuleiten, ob er eine bessere Abiturnote als mancher der teilzugelassenen Bewerber hatte. Auch aus dem von ihm behaupteten "Missbrauch" des Zulassungssystems kann er keinen Vorteil ziehen. Sollte es die von ihm in den Blick genommenen Studierenden, die auf einem Teilstudienplatz in Göttingen eingeschrieben seien, aber keine Lehre nachfragten, sondern stattdessen (wie er) im Ausland studierten und den Teilstudienplatz nur beibehielten, um bei der Vergabe freier Studienplätze in höheren Semestern eher zum Zuge zu kommen, tatsächlich geben, dürfte es sich allenfalls um Einzelfälle handeln, die die grundsätzliche Rechtmäßigkeit der Regelung des § 9 Abs. 2 HZulG LSA n.F. nicht in Frage stellen. Es kann weder der die Studienplätze vergebenden Universität noch dem Verwaltungsgericht zugemutet werden, im Rahmen des Massengeschäfts der Studienplatzvergabe abseits des objektiv anhand der Einschreibungen erkennbaren Status der Bewerber zu ermitteln, wer wo tatsächlich welche Lehrangebote nachgefragt hat (so auch VG Magdeburg, Beschluss vom 15. Februar 2017 - 7 B 707/16 - n. v.).

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2. Hat der Antragsteller europa- oder verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vergabe der Studienplätze nicht zur Überzeugung des Senats dargelegt, gelingt ihm auch der Nachweis der Kausalität eines solchen Verstoßes für die unterbliebene Vergabe eines Studienplatzes an ihn nicht.

18

Der Antragsteller wendet gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts insoweit ein, es sei ihm nicht möglich gewesen, zur Kausalität des fehlerhaften Vergabeverfahrens vorzutragen, da ihm weder die tatsächlich von der Antragsgegnerin zur Vergabe der Studienplätze verwendete Rangfolgenliste noch eine "hypothetische Auswahlliste […] bei europarechtskonformem Verhalten" vorgelegen habe, in der er gleichrangig mit allen anderen "im Studiengang Humanmedizin zugelassenen" Bewerbern hätte berücksichtigt werden müssen. Denn § 9 Abs. 2 der Studienordnung der Antragsgegnerin berechtige nicht zu einer Rangfolgenbildung, sondern ausschließlich zu einer Vergabe freier Studienplätze in höheren Fachsemestern im Losverfahren oder durch Heranziehung der Abiturnote. Eine Rangfolgenbildung nach den Leistungen des bisherigen Studiums sei danach ausgeschlossen. Jedenfalls aber habe er Leistungsnachweise in Physik, Chemie, Biologie, medizinischer Terminologie, dem Praktikum der Berufsfelderkundung und dem Wahlfach "Biostatistische Rechnungen" erbracht und damit mehr Leistungsnachweise als zugelassene Bewerber. Keinesfalls sehe § 9 Abs. 2 der Studienordnung der Antragsgegnerin eine Bevorzugung der zu einem Teilstudium zugelassenen Bewerber vor.

19

Damit vermag der Antragsteller nicht zu überzeugen. Das Verwaltungsgericht stützt seine Entscheidung zum einen schon nicht auf § 9 Abs. 2 der Studienordnung der Antragsgegnerin, sondern auf die Regelungen des § 9 Abs. 2 HZulG LSA und des § 17 HVVO LSA. Es hat dementsprechend darauf abgestellt, dass eine Kausalität europarechtswidrigen Verhaltens der Antragsgegnerin für die nicht erfolgte Studienplatzvergabe an den Antragsteller nicht bestehen kann, weil die Antragsgegnerin in dem streitigen Vergabeverfahren bereits das - aus Sicht des Verwaltungsgerichts europarechtskonforme - künftige Stufensystem des § 9 Abs. 2 HZulG LSA n. F. angewandt hat. Liege danach ein Verfahrensfehler nicht vor, könne dieser auch nicht für die Nichtberücksichtigung des Antragstellers kausal sein.

20

Darüber hinaus habe die Anwendung des § 9 Abs. 2 Nr. 3 HZulG LSA n. F. dazu geführt, dass freie Studienplätze gemäß § 17 HVVO LSA an bisher nur zu einem Teilstudienplatz zugelassene Bewerber vergeben worden seien. Weder Bewerber, die in dem Studiengang für das erste Fachsemester endgültig zugelassen worden sind (sog. Aufrückerinnen und Aufrücker, vgl. § 9 Abs. 2 Nr. 2 HZulG LSA in der bis zum 24. Februar 2017 geltenden Fassung [a. F.]), noch solche, die für diesen Studiengang an einer Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union endgültig eingeschrieben sind oder waren (sog. Hochschulwechslerinnen und Hochschulwechsler, § 9 Abs. 2 Nr. 3 HZulG LSA n. F.), seien zum Zuge gekommen. Die Rangfolgenbildung für die Vergabe habe daher nicht weiter aufgeklärt werden müssen, eine Kausalität derselben für die unterbliebene Vergabe eines Studienplatzes an den Antragsteller scheide jedenfalls aus.

21

Der Antragsteller tritt dem lediglich mit Ausführungen zur Anwendung von § 9 Abs. 2 der Studienordnung der Antragsgegnerin entgegen, die hier schon deshalb nicht zum Tragen kommen, weil sich die Studienplatzvergabe freier Studienplätze in höheren Fachsemestern nach dem höherrangigen Recht des § 9 Abs. 2 HZulG LSA sowie des § 17 HVVO LSA richtet. Das Satzungsrecht der Antragsgegnerin ist insofern eine Ergänzung, nicht hingegen die zunächst maßgebliche Regelung. Bedenken gegen die Anwendung des § 9 Abs. 2 HZulG LSA n. F. bestehen nicht (s. dazu unten).

22

Gelingt dem Antragsteller die Darlegung der Kausalität der Anwendung europarechtswidrigen Rechts für die Nichtberücksichtigung bei der Studienplatzvergabe nicht, überzeugt auch sein Vorbringen zu der Notwendigkeit, ihn "zumindest im Wege der Rechtsfolgenabwägung vorläufig zum Studium zuzulassen", nicht. Selbst wenn dem Antragsteller zuzugestehen sein sollte, dass die vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidungen zum Anspruch auf eine vorläufige Zulassung zum Studium nicht Sachverhalte betroffen haben, "in denen die Europarechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens geltend gemacht worden ist", legt der Antragsteller gleichwohl mit den anschließenden Ausführungen, die im Wesentlichen wörtlich seinem Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren entsprechen, nicht dar, dass er sich mit der Argumentationslinie des Verwaltungsgerichts auseinandergesetzt hat.

23

Die im Wesentlichen wörtliche Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens wird schon den formellen Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nicht gerecht. Diese Bestimmung steht in engem Zusammenhang mit dem Begründungs- und Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 4 Satz 1 bis 3 VwGO und verlangt, dass sich die Begründung der Beschwerde mit der angefochtenen Entscheidung inhaltlich auseinandersetzt. Hierfür reicht eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts grundsätzlich ebenso wenig aus wie bloße pauschale oder formelhafte Rügen (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 6. März 2015 - 1 M 2/15 -, juris Rn. 57; VGH BW, Beschluss vom 22. Oktober 2015 - 10 S 1773/15 -, juris Rn. 32, jeweils m. w. N.).

24

Die über das erstinstanzliche Vorbringen hinausgehenden Ausführungen des Antragstellers überzeugen nicht. Denn vorliegend fehlte es nach der zutreffenden Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht an einer ordnungsgemäßen, europarechtskonformen Ermächtigungsgrundlage für das Vergabeverfahren, so dass der Nachweis der Kausalität des fehlerhaften Vergabeverfahrens hätte mindestens im Beschwerdeverfahren erbracht werden müssen. Das ist dem Antragsteller nicht gelungen, die bloße Behauptung der eigenen Diskriminierung und des daraus resultierenden Vergabefehlers genügen nicht.

25

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

26

III. Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.

27

IV. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 66 Erinnerung gegen den Kostenansatz, Beschwerde


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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 22. Okt. 2015 - 10 S 1773/15

bei uns veröffentlicht am 22.10.2015

Tenor Auf die Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 22. Juli 2015 - 4 K 4749/14 - geändert.Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Änderungsgenehmigung vom 26.06.2012

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

Auf die Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 22. Juli 2015 - 4 K 4749/14 - geändert.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Änderungsgenehmigung vom 26.06.2012 in der Gestalt des Abänderungsbescheids vom 30.07.2014 wird bezüglich der in Nr. I.2.5 getroffenen Regelung zur Einsatzzeit von Betriebsmitteln mit der Maßgabe wiederhergestellt, dass die Beigeladene zur Nutzung eines Gabelstaplers für die Zeit von einer halben Stunde pro Tag berechtigt ist.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 22.07.2015 ist zulässig (§§ 146, 147 VwGO), sie hat jedoch nur in geringem Umfang Erfolg.
Nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts bei Beschwerden gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkt. Danach prüft der Verwaltungsgerichtshof nur die in einer rechtzeitig eingegangenen Beschwerdebegründung dargelegten Gründe. Auf dieser Grundlage hat die Beschwerde der Beigeladenen nur zu einem geringen Teil Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung vorgetragenen Gründe führen überwiegend dazu, dass die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. i.V.m. § 80a Abs. 3 VwGO vorzunehmende Abwägung zugunsten des Interesses der Antragstellerin ausfällt, vom Vollzug bzw. der Ausnutzung der der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung vom 26.06.2012 - soweit sie Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist - verschont zu bleiben; lediglich im Hinblick auf die Nutzung eines Gabelstaplers für einen begrenzten Zeitraum überwiegt das Vollzugsinteresse der Beigeladenen.
Bei mehrpoligen Rechtsverhältnissen, insbesondere wie hier bei begünstigenden Verwaltungsakten mit belastender Drittwirkung, stehen sich die Rechtspositionen der entsprechend reziprok betroffenen Privaten grundsätzlich gleichrangig gegenüber. Ein Rechtssatz des Inhalts, dass sich der einen Genehmigungsbescheid anfechtende Dritte gegenüber dem Genehmigungsempfänger von vornherein in einer bevorzugten verfahrensrechtlichen Position befinden müsse, wenn es um die Frage der sofortigen Verwirklichung des Genehmigungstatbestandes geht, ist weder aus dem geltenden Verwaltungsprozessrecht noch aus Art. 19 Abs. 4 GG abzuleiten. Die einseitige Bevorzugung des Dritten durch die einstweilige Festschreibung des status quo liefe vielmehr auf eine ungerechtfertigte, mit den Freiheitsgrundrechten des Begünstigten und dem Gleichheitssatz unvereinbare Privilegierung des Dritten hinaus. Kann mithin nicht von einem prinzipiellen prozessualen Vorrang des einen Genehmigungsbescheid anfechtenden Dritten ausgegangen werden, so ist die Frage, wer bis zur Hauptsacheentscheidung das Risiko der Herbeiführung vollendeter Tatsachen tragen muss, primär nach dem materiellen Recht zu beantworten, also nach der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.10.2008 - 1 BvR 2466/08 - NVwZ 2009, 240, m.w.N.; Senatsbeschluss vom 25.11.2014 - 10 S 1920/14 - VBlBW 2015, 253; Schoch, Vorläufiger Rechtsschutz und Risikoverteilung im Verwaltungsrecht, 1988, S. 1003 ff.). Dem trägt auch § 80 Abs. 2 Nr. 4 2. Alt. VwGO Rechnung, wonach auf das „überwiegende Interesse eines Beteiligten“ zur Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung abgestellt werden kann. Ein überwiegendes Interesse eines durch den Verwaltungsakt begünstigten Beteiligten im Sinne der Vorschrift ist daher dann anzunehmen, wenn das von einem Dritten eingelegte Rechtsmittel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird und zudem die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung dem anderen, begünstigten Beteiligten gegenüber unbillig erscheinen muss. Anders als im zweipoligen Verwaltungsrechtsverhältnis bedarf es in der hier in Rede stehenden Konstellation der Drittanfechtung weder nach dem einfachen Recht (vgl. §§ 80a, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 2. Alt. VwGO) noch nach Art. 19 Abs. 4 GG der Prüfung eines besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.10.2008 - 1 BvR 2466/08 - a.a.O.). Unerheblich ist deshalb, dass der Antragsgegner ein überwiegendes öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug der Änderungsgenehmigung vom 26.06.2012 nicht festgestellt hat, sondern sich in der Vollziehungsanordnung vom 30.07.2014 lediglich auf die überwiegenden Interessen der Beigeladenen an der sofortigen Verwirklichung des Vorhabens gestützt hat.
Der Senat teilt unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens im Ergebnis die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung durchgreifenden, eine überwiegende Aufhebungswahrscheinlichkeit im Hauptsacheverfahren begründenden rechtlichen Bedenken begegnen dürfte (1.). Entgegen der Auffassung der Beigeladenen ist der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen (2.). Vor diesem Hintergrund sowie der im Widerspruchsverfahren zu erwartenden weiteren Überprüfung der tatsächlichen Situation geht der Senat mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass die gebotene Interessenabwägung überwiegend zugunsten des Aussetzungsinteresses der Antragstellerin bezüglich des Einsatzes von beweglichen Betriebsmitteln ausfällt (3.).
1. Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Sachverhaltsprüfung erweist sich die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung vom 26.06.2012 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig. Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten ist zu berücksichtigen, dass in einem von einem Dritten angestrengten Rechtsbehelfsverfahren eine objektive Rechtskontrolle nicht stattfindet. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist vielmehr allein die Frage, ob der das Verfahren betreibende Dritte in eigenen subjektiven Rechten im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt wird. Ob der angefochtene Bescheid insgesamt objektiv rechtmäßig ist, ist insofern nicht maßgeblich. Vielmehr ist die Genehmigung allein darauf hin zu untersuchen, ob sie gegen Vorschriften verstößt, die dem Schutz des um Rechtsschutz nachsuchenden Dritten dienen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 06.10.1989 - 4 C 14.87 - BVerwGE 82, 343; und vom 05.10.1990 - 7 C 55.89 - BVerwGE 85, 368). Hiervon ausgehend hat die Antragstellerin mit ihren Einwendungen gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Erweiterung der Anlage der Beigeladenen zur Lagerung und Aufbereitung von Abfällen vom 26.06.2012 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg. Zwar dürfte die Genehmigung nicht den vom Verwaltungsgericht erhobenen immissionsschutzrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die bei ihrer Erteilung zugrunde gelegte Lärmprognose begegnen (1.1). Der Senat geht indes mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass die Genehmigung gegen im immissionsschutzrechtlichen Verfahren zu prüfende bauplanungsrechtliche Vorschriften verstößt (1.2).
1.1 Voraussichtlich zu Unrecht nimmt das Verwaltungsgericht an, dass die angefochtene Genehmigung gegen Vorschriften des Bundes-Immissions-schutzgesetzes verstößt, die zumindest auch dem Schutz der Antragstellerin zu dienen bestimmt sind. Zutreffend dürfte die Beschwerde darauf hinweisen, dass die angefochtene Genehmigung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht gegen Schutzpflichten nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG verstößt, wobei eine abschließende Klärung freilich nur im Hauptsacheverfahren zu leisten ist.
Jedenfalls bei summarischer Sachverhaltsprüfung werden durch das Vorhaben der Beigeladenen voraussichtlich keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 BImSchG hervorgerufen, sodass den Schutzpflichten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG Genüge getan sein dürfte. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; diese Bestimmung ist für Nachbarn drittschützend (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa Senatsurteil vom 20.07.2011 - 10 S 2102/09 - ZUR 2011, 600). Die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 BImSchG als Instrument der Gefahrenabwehr greift ein, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 BImSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Welche Beeinträchtigungen dabei als erheblich einzustufen sind, bemisst sich danach, was die Betroffenen an Immissionen nicht mehr hinzunehmen brauchen, weil sie unzumutbar sind (vgl. Senatsurteil vom 12.03.2015 - 10 S 1169/13 - juris). Den normkonkretisierenden technischen Regelwerken der TA Luft und der TA Lärm kommt, soweit sie den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Hinblick auf Luftschadstoffe oder Lärm konkretisieren, im Rahmen ihres Anwendungsbereichs eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2013 - 7 C 19.02 - BVerwGE 119, 329; Senatsurteil vom 12.03.2015 - 10 S 1169/13 - a.a.O.). Zutreffend dürfte die Genehmigungsbehörde davon ausgegangen sein, dass von dem Betrieb des Abfalllagerplatzes der Beigeladenen keine für die Antragstellerin unzumutbaren, von ihr nicht hinzunehmenden Einwirkungen durch Lärm hervorgerufen werden. Das Vorhaben genügt bei summarischer Sachverhaltsprüfung den von der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm) vom 26.08.1998 gestellten Anforderungen.
Gemäß Nr. 6.1 Buchst. d) der TA Lärm ist den maßgeblichen Anforderungen bezüglich der Wohnnutzung der Antragstellerin genügt, wenn an dem einschlägigen Beurteilungspunkt auf dem Grundstück der Antragstellerin tagsüber, also zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr, ein Immissionswert von 55 dB(A) nicht überschritten wird. Dieser Immissionsrichtwert dürfte durch die angefochtene Genehmigung zum Schutz der Antragstellerin gewährleistet werden. Der Senat teilt nicht die vom Verwaltungsgericht erhobenen Bedenken gegen das Vorgehen der Genehmigungsbehörde, die lediglich einen Immissionsbeitrag für das Vorhaben der Beigeladenen festgesetzt hat. Durch diese Festsetzung dürfte ein hinreichender Schutz im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG für das Anwesen der Antragstellerin sichergestellt sein. Gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 6 der TA Lärm setzt die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen in der Regel eine Prognose der Geräuschimmissionen der zu beurteilenden Anlage und - sofern im Einwirkungsbereich der Anlage andere Anlagengeräusche auftreten - die Bestimmung der Vorbelastung sowie der Gesamtbelastung voraus. Da sich die in der TA Lärm genannten Immissionsrichtwerte auf die Gesamtbelastung beziehen, steht für die Zusatzbelastung der zu beurteilenden Anlage regelmäßig lediglich ein Immissionsrichtwertanteil (Immissionsbeitrag) zur Verfügung. Eine Festsetzung von verbindlichen Immissionsrichtwerten kommt in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im Falle einer zu berücksichtigenden Vorbelastung nicht in Betracht, weil in die Genehmigung ausschließlich die Anlage betreffende und von ihr einzuhaltende Regelungen aufgenommen werden können. Für die Begrenzung der Lärmimmissionen kann daher nur die ermittelte Zusatzbelastung als maximaler Immissionsbeitrag der verfahrensgegenständlichen Anlage in der Genehmigung festgesetzt werden. Damit wird den immissionsschutzrechtlichen Schutzpflichten genügt, sofern in der Immissionsprognose die Vorbelastung zutreffend ermittelt und berücksichtigt wird.
Gemessen hieran dürften gegen die Verfahrensweise der Genehmigungsbehörde keine Bedenken bestehen. Die Beigeladene legte im Verlauf des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens eine Immissionsprognose vom 29.04.2011 auf der Basis der TA Lärm vor, die nach fachtechnischer Prüfung durch Bedienstete des Antragsgegners nachgebessert und ergänzt wurde. Bei summarischer Sachverhaltsprüfung dürfte die Vorbelastung entgegen der Bedenken des Verwaltungsgerichts hinreichend berücksichtigt worden sein. Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass die vom Verwaltungsgericht angestellten spekulativen Erwägungen nicht geeignet sind, die Richtigkeit der Immissionsprognose in Zweifel zu ziehen.
10 
1.2 Der Senat geht indes bei summarischer Sachverhaltsprüfung mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass gegen die erteilte Änderungsgenehmigung erhebliche, eine überwiegende Aufhebungswahrscheinlichkeit begründende Bedenken im Hinblick auf bauplanungsrechtliche Vorschriften bestehen. Die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung ist gemäß § 16 BImSchG i.V.m. § 6 Abs. 1 BImSchG zu erteilen, wenn die sich aus § 5 ergebenden Anforderungen erfüllt sind und dem nicht andere öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen. Danach - ferner auch infolge der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG - erstreckt sich die immissionsschutzrechtliche Prüfung auch auf Normen des Baugesetzbuchs. Die Antragstellerin wird durch die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung voraussichtlich in Rechten verletzt, die sie zu schützen bestimmt sind. Sie kann sich auf einen baugebietsübergreifenden Gebietswahrungsanspruch berufen. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich gemäß § 29 Abs. 1 BauGB nach § 30 BauGB i.V.m. dem Bebauungsplan „...“ der Stadt ... vom 30.06.1981 und §§ 8, 15 BauNVO 1977. Der insoweit maßgebliche Bebauungsplan enthält Festsetzungen zur Art der Nutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. BauGB, hier: ein eingeschränktes Gewerbegebiet - GEE), aus denen die Antragstellerin einen sog. übergreifenden Gebietswahrungsanspruch herleiten kann.
11 
Der Gebietsbewahrungsanspruch gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet (§ 9 Satz 1 Nr. 1 BauGB, § 1 Abs. 3 BauNVO) das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen. Der Anspruch resultiert daraus, dass Baugebietsfestsetzungen kraft Gesetzes dem Schutz aller Eigentümer der in dem Gebiet gelegenen Grundstücke dienen. Die weitreichende nachbarschützende Wirkung beruht auf der Erwägung, dass die Grundstückseigentümer durch die Lage ihrer Anwesen in demselben Baugebiet zu einer Gemeinschaft verbunden sind, bei der jeder in derselben Weise berechtigt und verpflichtet ist. Im Hinblick auf diese wechselseitig wirkende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) hat jeder Eigentümer - unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung - das Recht, sich gegen eine Umwandlung des Gebiets durch Zulassung einer gebietsfremden Nutzung zur Wehr zu setzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30.06.2015 - 3 S 901/15 - juris). Da der Gebietswahrungsanspruch auf der durch eine Baugebietsfestsetzung wechselseitigen Eigentumsbindung beruht, kann er einem Eigentümer, dessen Grundstück sich außerhalb des Baugebiets befindet, grundsätzlich nicht zustehen. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Gemeinde mit einer Baugebietsfestsetzung auch den Zweck verfolgt, Nachbarn außerhalb des Baugebiets einen Anspruch auf Gebietserhaltung zu geben. Ob einer Baugebietsfestsetzung eine derartige über die Gebietsgrenze hinausreichende drittschützende Wirkung zukommt und damit den Nachbarn des Baugebiets ein sog. baugebietsübergreifender Gebietswahrungsanspruch zusteht, hängt davon ab, ob sich der Begründung des Bebauungsplans oder anderen Unterlagen des Planaufstellungsverfahrens ein entsprechender Planungswille der Gemeinde entnehmen lässt. Dabei kann jedoch auch dieser Anspruch nur verletzt sein, wenn im benachbarten Baugebiet ein der Nutzungsart nach unzulässiges Vorhaben zugelassen wird (vgl. zum Vorstehenden Sächs.OVG, Beschluss vom 28.09.2012 - 1 B 313/12 - BauR 2013, 459; sowie BayVGH, Beschluss vom 24.03.2009 - 14 CS 08.3017 - juris). Gemessen hieran dürfte der Antragstellerin ein Anspruch auf Wahrung der Gebietsart im benachbarten Baugebiet „... ...“ zustehen. Das Gericht geht im auf summarische Prüfung angelegten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes davon aus, dass der Bebauungsplan insbesondere mit seiner Regelung zum eingeschränkten Gewerbegebiet entlang der ... wirksam und daher zu beachten ist (1.2.1). Die Gebietsfestsetzung dürfte nach dem Planungswillen der Gemeinde auch zum Schutz des Grundstücks der Antragstellerin erfolgt sein (1.2.2). Bei der gebotenen typisierenden Betrachtung ist der Betrieb der Beigeladenen aufgrund seines Störpotentials in einem eingeschränkten Gewerbegebiet nicht zulässig (1.2.3).
12 
1.2.1 Zu Recht hat das Verwaltungsgericht der bauplanungsrechtlichen Prüfung den für das Vorhabengrundstück maßgeblichen Bebauungsplan „... ...“ und die darin enthaltenen Festsetzungen zugrunde gelegt. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die einem Dritten erteilte Baugenehmigung ist regelmäßig von der Wirksamkeit des zugrunde liegenden Bebauungsplanes auszugehen, wenn dieser nicht offensichtlich unwirksam ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.1.2009 - 10 B 1687/08 -juris).
13 
Ausgehend hiervon bestehen keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des maßgeblichen Bebauungsplans. Die Regelung in den textlichen Festsetzungen zu dem eingeschränkten Gewerbegebiet dürfte entgegen der im gerichtlichen Verfahren erhobenen Einwände der Beigeladenen noch hinreichend bestimmt und damit wirksam sein. In den textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan „...“ werden in Ziffer 1.0 „Art der baulichen Nutzung“ für das eingeschränkte Gewerbegebiet nur solche Nutzungen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 und Abs. 3 Nr. 1 BauNVO 1977 zugelassen, „die den Immissionswerten eines Mischgebietes entsprechen, mit Ausnahme von Einzelhandelsbetrieben aller Art und Vergnügungsstätten“. Im Ausgangspunkt zutreffend macht die Beschwerde geltend, dass diese Formulierung missverständlich ist, da sich Immissionswerte jeweils auf das etwa beeinträchtigte Grundstück, nicht jedoch auf das Vorhabengrundstück bzw. die dort verwirklichte Nutzung beziehen. Indes kann die entsprechende Festsetzung mit den üblichen Regeln sachgerechter Auslegung einem eindeutigen Ergebnis zugeführt werden. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Festsetzung unter Hinweis auf die in Nr. 6.1 der TA Lärm enthaltenen Immissionsrichtwerte dahingehend verstanden, dass auf dem Vorhabengrundstück lediglich Gewerbebetriebe mit einem mischgebietstypischen Störungsniveau zu verwirklichen sein sollen. Im Gegensatz zu der hinsichtlich des Störgrades maßgeblichen Beschränkung in § 8 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BauNVO 1977, die insoweit nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe zulässt, stellt § 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 BauNVO 1977 bei Gewerbebetrieben darauf ab, dass sie das Wohnen nicht wesentlich stören. Diese auf § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BauNVO 1977 gestützte Festsetzung zur Gliederung der Gewerbegebiete führt dazu, dass in einem dergestalt „eingeschränkten Gewerbegebiet“ hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nur solche Gewerbebetriebe allgemein zulässig sind, die auch in einem Mischgebiet (§ 6 BauNVO 1977) zulässig wären (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.04.2014 - 8 S 2239/13 - NVwZ-RR 2014, 632). Gegen eine solche insbesondere aus Gründen des Immissionsschutzes vorgenommene Gliederung bestehen nach gefestigter Rechtsprechung keine grundsätzlichen Bedenken (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.12.1989 - 3 S 1278/88 - BRS 49 Nr. 73, m.w.N.).
14 
Dies zugrunde gelegt hat das Verwaltungsgericht die bauplanungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens zu Recht an den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ zu der Art der zulässigen baulichen Nutzung gemessen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang die von der Beschwerde in den Mittelpunkt ihrer Erörterungen gerückte Problematik, dass das Vorhaben der Beigeladenen auf mehreren Flurstücken verwirklicht werden soll, für die unterschiedliche bauplanungsrechtliche Festsetzungen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung gelten. Zutreffend weist die Beigeladene in diesem Zusammenhang zwar darauf hin, dass die Festsetzung „eingeschränktes Gewerbegebiet“ im oben dargestellten Sinne nicht für das gesamte Vorhabengrundstück gilt und mithin ein nicht unerheblicher Teil der Grundstücksfläche in einem nicht beschränkten allgemeinen Gewerbegebiet liegt. Fehl geht indes der von der Beschwerde gezogene Schluss, es sei insoweit eine Differenzierung hinsichtlich Art und Umfang der gewerblichen Betätigung im jeweils festgesetzten Gebiet maßgeblich. Die Beigeladene übersieht dabei, dass Gegenstand der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung eine einheitliche Anlage im Sinne von § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG (bzw. ein einheitliches Bauvorhaben nach § 29 BauGB) ist, die insgesamt den höheren Anforderungen unterliegt, die der Bebauungsplan für einen der betroffenen Teilbereiche festsetzt. Dem hat im Übrigen die Beigeladene im Genehmigungsverfahren dergestalt Rechnung getragen, dass sie eine Immissionsprognose des Gesamtvorhabens ohne nähere Differenzierung vorgelegt hat.
15 
1.2.2 Bei summarischer Sachverhaltsprüfung spricht vieles dafür, dass die vorliegende Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebiets eine nachbarschützende Wirkung zugunsten der Antragstellerin entfaltet. Maßgebliche Anhaltspunkte für diese Auslegung lassen sich bereits dem Bebauungsplan „... ...“, seiner Begründung, den Materialien des Planaufstellungsverfahrens und späteren Änderungsverfahren sowie indiziell auch den Äußerungen von Gemeindeorganen bzw. -bediensteten in anderen Bebauungsplanverfahren entnehmen.
16 
1.2.2.1 Zutreffend hat das Verwaltungsgericht bei der Ermittlung der Schutzrichtung der maßgeblichen Festsetzungen des Bebauungsplans primär auf dessen Inhalt und die beigegebene Begründung abgestellt. Dass die Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebiets auf einem Teil des Betriebsgeländes der Beigeladenen zumindest auch zugunsten des Wohngrundstücks der Antragstellerin Drittschutz entfaltet, ergibt sich bereits mit hinreichender Deutlichkeit aus der Begründung des Bebauungsplans „...“ vom 25.05.1981. So wird in Ziffer 4 der Begründung zum Bebauungsplan ausgeführt:
17 
„In den Randbereichen zur bereits bestehenden Bebauung an der ...-Straße und an der ...-Straße wurde, soweit dort vorwiegend Wohnbebauung vorherrscht, im Einvernehmen mit den zuständigen Fachbehörden, dem Gewerbeaufsichtsamt ein eingeschränktes Gewerbegebiet mit den Immissionsschutzwerten eines Mischgebiets festgesetzt“.
18 
Diese Festsetzung gilt bei summarischer Sachverhaltsprüfung entgegen der Auffassung der Beigeladenen zugunsten des Grundstücks der Antragstellerin, auch wenn die ... Straße - worauf die Beschwerde zutreffend hinweist - nicht ausdrücklich in der Begründung genannt wird. Für dieses Verständnis spricht jedoch der zeichnerische Teil des Bebauungsplanes. Denn die Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebietes erfolgt entlang der ...-...-Straße, über die ... Straße und die ...-Straße bis über die ...-Straße, während östlich dieses eingeschränkten Gewerbegebiets jeweils ein Gewerbegebiet ohne Einschränkung bzw. - östlich der ... Straße - ein Industriegebiet anschließt. Westlich des in einem Streifen entlang dieser Straßen festgesetzten eingeschränkten Gewerbegebietes befand sich bereits bei Aufstellung des Bebauungsplanes „... ...“ überwiegend Wohnbebauung, wenngleich ein Teil der Wohnbebauung damals noch in einem Dorfgebiet lag. Gerade die Lage des zwischen der Wohnbebauung und dem Gewerbegebiet eingeschobenen Puffers lässt eine nachbarschützende Zielrichtung der Regelung naheliegend erscheinen. Zutreffend hebt das Verwaltungsgericht hervor, dass eine die Ausweisung des eingeschränkten Gewerbegebiets ausschließlich städtebaulich plausibilisierende Zielsetzung weder anhand des zeichnerischen Teils noch der Begründung des Bebauungsplanes zu erkennen ist. Nicht zu teilen vermag der Senat vor diesem Hintergrund die These der Beschwerde, der Schutzgedanke des Bebauungsplans richte sich ausschließlich an die Bebauungsplanbereiche „GEE“ östlich der ...-Straße gegenüber dem - von dort aus betrachtet - jenseits der ...-Straße befindlichen Baugebiet „...“.
19 
1.2.2.2 Für eine drittschützende Funktion der Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebiets gerade zu Gunsten des Grundstücks der Antragstellerin sprechen auch die Äußerungen von Organen bzw. Bediensteten der Stadt ... ... in späteren Bebauungsplanverfahren. So billigte der Gemeinderat der Stadt ... am 12.04.1983 eine Vorlage des Stadtplanungsamtes mit folgender Ziffer 3:
20 
„Im genehmigten Bebauungsplan war im Baublock zwischen ... ..., ... und ... Straße sowie entlang der ... ...-Straße als Art der Nutzung ein eingeschränktes Gewerbegebiet (GEE) ausgewiesen. Das eingeschränkte Gewerbegebiet ist nach Auffassung des Stadtplanungsamts nur für einen Teilbereich notwendig, um die Wohnnutzung in dem benachbarten Baugebiet „...“ zu schützen. Die Ausweisung eines ca. 40m breiten Streifens als eingeschränktes Gewerbegebiet dürfte ausreichen. Die im östlichen Bereich liegende Fläche wird als Gewerbegebiet ausgewiesen.“
21 
Das darin zum Ausdruck kommende Verständnis des Gemeinderats anlässlich der ersten Planänderung des Bebauungsplanes „...“ lässt den Rückschluss zu, dass bereits bei der erstmaligen Aufstellung dieses Bebauungsplanes ein Drittschutz gerade auch zugunsten des Baugebiets „...“, in dem das Grundstück der Antragstellerin liegt, gewollt war.
22 
Hierfür sprechen auch die bei der ersten Änderung des Bebauungsplans „... ...“ angefallenen Materialien. So wird in der Vorlage für die maßgebliche Sitzung des Stadtrates am 07.04.1998 darauf hingewiesen, dass die Bebauung südlich der ... Straße (wie auch östlichen der ...-Straße) im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...“ als eingeschränktes Gewerbegebiet festgesetzt sei; es bestehe mithin kein Nutzungskonflikt des „allgemeinen Wohngebietes“ im ... aufgrund der Zweckbestimmung der angrenzenden Baugebiete. In Übereinstimmung hiermit hat die Stadt ... in einem Anschreiben an das Landratsamt Tübingen vom 23.04.1998 darauf hingewiesen, dass der Gemeinderat bei der Billigung des Bebauungsplanes „... Neufassung“ in der Sitzung am 07.04.1998 die Anregung zu § 50 BImSchG behandelt habe und diese nicht von Belang gewesen sei, da das dem Baugebiet... benachbarte Gewerbegebiet „...“ die nötige Abstufung in Form von festgesetzten „eingeschränkten Gewerbegebieten“ enthalte, in denen die Immissionswerte denen eines Mischgebiets entsprechen müssten.
23 
1.2.3 Die angefochtene Genehmigung des Antragsgegners vom 26.06.2012 verletzt die Antragstellerin auch nach Überzeugung des Senats in ihrem Anspruch auf Bewahrung der festgesetzten Gebietsart. Denn die genehmigte Anlage zur Lagerung und Aufbereitung von Abfällen ist in dem im Bebauungsplan „...“ festgesetzten einschränkten Gewerbegebiet nicht zulässig. Bei der gebotenen eingeschränkt typisierenden Betrachtung handelt es sich bei der Anlage, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, um eine erheblich belästigende und damit im eingeschränkten Gewerbegebiet grundsätzlich nicht zulässige Anlage (1.2.3.1). Auch ist die Anlage und ihr Betrieb nach Maßgabe der Genehmigung nicht derart atypisch, dass sie aufgrund dieser Umstände in dem fraglichen Gebietstyp zulässig wäre (1.2.3.2).
24 
1.2.3.1 Für die bauplanungsrechtliche Beurteilung der Gebietsverträglichkeit der genehmigten Anlage ist zunächst von ihrer immissionsschutzrechtlichen Einordnung auszugehen. Zwar bewirkt der Umstand, dass die Anlage und ihr Betrieb nach §§ 4 ff. BImSchG i.V.m. der 4. BImSchV einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, allein noch nicht, dass sie im Mischgebiet - weil das Wohnen „wesentlich störend“ - unzulässig sind. Allerdings dürfen die Regelungen der 4. BImSchV über die Genehmigungsbedürftigkeit potentiell störender Betriebe bei ihrer bauplanungsrechtlichen Beurteilung auch nicht vernachlässigt werden; denn die Tatsachen, die dieser Wertung des Verordnungsgebers zugrunde liegen, und diese Wertung selbst begründen durchaus Anhaltspunkte für die Beurteilung der Gebietsverträglichkeit. Da die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit eines Betriebs- oder Anlagentyps ein anlagentypisches Gefährdungspotential kennzeichnet, darf und muss in aller Regel ein konkretes, die Gebietsprägung beeinträchtigendes Störpotential unterstellt werden, es sei denn, es lägen im Einzelfall Voraussetzungen für ein Abweichen von dieser Bewertung vor. Danach erfordert die baurechtliche Beurteilung eines gewerblichen Vorhabens eine Vorausschau, die nicht nur die aktuellen Störwirkungen des Betriebs für seine Umgebung einbezieht, sondern auch diejenigen Beeinträchtigungen, die künftig selbst bei funktionsgerechter Nutzung der Anlage eines entsprechenden Betriebstyps nicht auszuschließen sind (sogenannte begrenzte Typisierung, vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 7 C 7.92 - DVBl. 1993, 111; Senatsurteil vom 11.03.1997 - 10 S 2815/96 - NVwZ 1999, 439; sowie Senatsbeschluss vom 05.03.1996 - 10 S 2830/95 - DVBl. 1996, 687).
25 
Gemessen hieran ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Anlage der Beigeladenen zur Lagerung und Aufbereitung von Abfällen bei begrenzt typisierender Betrachtung in einem eingeschränkten Gewerbegebiet nicht zulässig ist. Die Anlage bedurfte gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. § 1 4. BImSchV und Nr. 8.12. Buchst. a) und b) des Anhangs a.F. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Nach der - rechtlich nicht zu beanstandenden - Bewertung des Verordnungsgebers handelt es sich somit bei Anlagen des hier in Frage stehenden Typs um solche, die in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen, u.a. erhebliche Belästigungen, durch Staub und Lärm hervorzurufen (vgl. § 3 Abs. 1 bis 4 BImSchG). Daraus folgt zugleich, dass der Betrieb derartiger Anlagen in einem eingeschränkten Gewerbegebiet regelmäßig ein erhebliches bauplanungsrechtliches Konfliktpotential in sich birgt.
26 
1.2.3.2 Das Verwaltungsgericht hat zu Recht verneint, dass die Anlage der Beigeladenen zur Lagerung und Aufbereitung von Abfällen gebietsverträglich ist. Auch nach der Einschätzung des Senats sind die Anlage und ihr Betrieb nach Maßgabe der Genehmigung nicht derart atypisch, dass den Anforderungen des vorsorgenden Immissionsschutzes durch Bauplanungsrecht genügt wäre. Die Anlage und ihr Betrieb weisen keine Besonderheiten in der Bauart, der Größe, der Leistung, der Betriebsweise, der eingesetzten Stoffe und der Vorrichtungen zur Immissionsbegrenzung auf, die in ihrer Gesamtheit eine mischgebietsverträgliche Atypik begründen könnten. Nach den der Genehmigung zugrunde liegenden Antragsunterlagen begründen weder die Größe und Leistung der Anlage noch die konkrete Betriebsweise eine Atypik. Vielmehr sprechen die eigenen Angaben der Beigeladenen zur wirtschaftlichen Bedeutung zusammen mit dem flächenmäßigen Betriebsumfang, den vorhandenen Betriebseinrichtungen und den vorgesehenen Betriebsabläufen bei summarischer Prüfung gegen eine atypische Betriebssituation. Dass die Betriebsgröße hier keine Atypik begründet, ergibt sich bereits aus der erheblichen Überschreitung der die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht begründende Mengenschwellen in Nr. 8.12 Buchst. a) und b) des Anhangs zur 4. BImSchV a.F.. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass die in den Genehmigungsunterlagen geschilderten konkreten Betriebsabläufe keine Atypik begründen. Nach dem vorgesehenen Betriebskonzept werden die einzelnen Abfälle auf dem Betriebsgelände mit technischen Einrichtungen wie etwa einem Radlader, einem Bagger und Gabelstaplern bewegt. In nicht zu beanstandender Weise hat das Verwaltungsgericht ferner die ausweislich der Immissionsprognose auf dem überwiegenden Teil des Betriebsgeländes der Beigeladenen zu erwartenden Immissionswerte von 62,5 dB(A), 67,5 dB(A) und 70 dB(A) als Indiz gegen eine Atypik herangezogen.
27 
Entgegen der Annahme der Beschwerde war auch in diesem Zusammenhang keine differenzierte Betrachtung im Hinblick auf die einzelnen die Betriebsfläche bildenden Flurstücke vorzunehmen. Die Beschwerde übersieht auch hier, dass Gegenstand der baurechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Betrachtung eine Anlage im Sinne von § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG ist, für die einheitliche Anforderungen gelten. Ausgehend hiervon ist es nicht statthaft, lediglich die Betriebsfläche unmittelbar südlich der ... Straße (Flst.-Nr. ...) in den Blick zu nehmen. Dem von der Beigeladenen vorgeschlagenen Verständnis steht im Übrigen entgegen, dass die Geräuschimmissionen von dem Gesamtvorhaben herrühren und nicht flurstücksbezogen beurteilt werden können.
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Auch die von der Beigeladenen vorgesehenen bzw. ihr aufgegebenen Vorkehrungen zur Begrenzung der Geräuschimmissionen lassen den Anlagenbetrieb in der genehmigten Form nicht als atypisch erscheinen. Der Antragsgegner hat der Beigeladenen zur Begrenzung der Lärmimmissionen im Wesentlichen gemäß Nr. I.2.5 des Genehmigungsbescheids vom 26.06.2012 tägliche Höchstzeiten für den Betrieb einzelner Einrichtungen auferlegt. Es handelt sich mithin um überwiegend verhaltensbezogene Auflagen, deren Einhalten ein Tätigwerden von Betriebsangehörigen der Beigeladenen und deren wirksame Beaufsichtigung voraussetzt. Solche verhaltensbezogenen, von der Befolgung durch Betriebsangehörige abhängigen Auflagen sind regelmäßig nicht geeignet, eine atypische Betriebssituation zu begründen (vgl. Senatsurteil vom 17.06.1999 - 10 S 44/99 - VBIBW 2000, 78). Nach alldem steht auch für den Senat fest, dass die Anlage zur Lagerung und Behandlung von Abfällen und ihr Betrieb in der genehmigten Form keine Atypik aufweist, die Störungen von vornherein ausschließt und ihre Gebietsverträglichkeit dauerhaft und zuverlässig sicherstellen könnte.
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2. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Die von der Beigeladenen erhobene Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Unparteilichkeit bzw. des fairen Verfahrens vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Beigeladene sieht einen Verstoß gegen diese Verfahrensgrundsätze darin, dass das Verwaltungsgericht die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Anlage ohne entsprechende Rüge der Antragstellerin von sich aus aufgeworfen habe. Entgegen der Annahme der Beschwerde kann jedoch keine Rede davon sein, dass sich das Verwaltungsgericht „ungefragt auf Fehlersuche“ begeben habe. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner hierzu ergangenen Rechtsprechung betont, dass die gelegentlich ausgesprochene Mahnung, eine gleichsam ungefragte Fehlersuche zu vermeiden, die Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes in § 86 Abs. 1 VwGO nicht in Frage stellen, sondern dessen sachgerechter Handhabung unter dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung und der Prozessökonomie dienen solle, wobei sich nicht abstrakt festlegen lasse, was im Einzelfall sachgerecht sei (BVerwG, Urteil vom 17.04.2002 - 9 CN 1.01 - BVerwGE 116, 188; und Beschluss vom 03.07.2013 - 9 B 5.13 - juris).
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Gemessen an diesen Anforderungen war das Verwaltungsgericht in Ausübung seiner Amtsermittlungspflicht gehalten, die Zulässigkeit des Vorhabens in bauplanungsrechtlicher Hinsicht zu untersuchen und die hierzu erforderlichen Akten beizuziehen. Dies gilt in besonderem Maße vor dem Hintergrund, dass im Genehmigungsverfahren der baurechtlichen Problematik nicht in ausreichendem Umfang nachgegangen wurde.
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3. Nach alldem spricht die obige rechtliche Beurteilung dafür, mit dem Verwaltungsgericht zum überwiegenden Teil die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die in Nr. I.2.5 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 26.06.2012 verfügte Festsetzung von Betriebszeiten wiederherzustellen. Im Rahmen der zu treffenden Abwägung zwischen dem berechtigten Interesse der Antragstellerin, vorläufig vor Lärmbelastungen durch den Betrieb der Beigeladenen verschont zu bleiben, und dem Interesse der Beigeladenen, ihren Betrieb im derzeitigen Umfang weiterbetreiben zu dürfen, überwiegt das Interesse der Antragstellerin, soweit es um den überwiegenden Anteil der lärmerhöhenden Genehmigungsbestandteile geht. Diese Abwägungsentscheidung wäre selbst dann zu treffen, wenn die Beurteilung der Erfolgsaussichten im Widerspruchsverfahren bzw. einem etwa anschließenden Hauptsacheverfahren als offen anzusehen wäre. Der Senat hat sich bei dieser Abwägung zugunsten der Antragstellerin von der erheblichen Lärmbelästigung leiten lassen, die an ihrem Hausgrundstück eintreten wird. Nach der von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten Immissionsprognose wird der maßgebliche Immissionsrichtwert am Wohnort der Antragstellerin mit 54,0 dB(A) nur sehr knapp eingehalten. Dies belegt auch die aufgrund einer Auflage der Genehmigungsbehörde durchgeführte Abnahmemessung vom 27.09.2013, die einen Beurteilungspegel von 52,3 dB(A) ergab, und deren Richtigkeit von der Antragstellerin in Zweifel gezogen wird, wobei diesen Einwendungen im gegenständlichen Verfahren nicht weiter nachgegangen werden kann. Dies zugrunde gelegt ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung ein erhebliches Interesse an der Reduzierung der Lärmbelastung für die Antragstellerin besteht, die bei summarischer Betrachtung durch eine Beschränkung der Betriebszeiten entgegen dem Vorbringen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 21.10.2015 zu erreichen ist. Der Senat verkennt dabei nicht die Beeinträchtigungen, die diese Entscheidung für den Betriebsablauf der Beigeladenen mit sich bringt. Bei Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens hält es der Senat deshalb anders als das Verwaltungsgericht für geboten, der Beigeladenen den Einsatz eines Gabelstaplers für die tägliche Dauer von einer halben Stunde zu ermöglichen. Dadurch wird sichergestellt, dass die in der Beschwerdebegründung geschilderte Papierverladung und das Abkippen der Container mit einem Gabelstapler nicht völlig unterbunden werden. Insbesondere hat der Senat diese Modifikation der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung vorgenommen, um der Beigeladenen den lärmmindernden Einsatz eines Gabelstaplers zu ermöglichen. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass durch dessen relativ kurzzeitigen Einsatz Belange der Antragstellerin nicht wesentlich tangiert werden.
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4. Soweit in der Beschwerdebegründung auf das Vorbringen im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht verwiesen oder dieses wiederholt wird, genügt dies nicht den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO. Diese Bestimmung steht im engen Zusammenhang mit dem Begründungs- und Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 1 bis 3 VwGO und verlangt, dass sich die Begründung mit der angefochtenen Entscheidung inhaltlich auseinandersetzt. Hierfür reicht eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts, außer in Fällen der Nichtberücksichtigung oder des Offenlassens des früheren Vortrags, grundsätzlich ebenso wenig wie bloße pauschale oder formelhafte Rügen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 08.11.2004 - 9 S 1536/04 - NVwZ-RR 2006, 74; und vom 11.04.2002 - 1 S 705/02 - NVwZ-RR 2002, 797).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren stützt sich auf § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nrn. 2.2.2 i.V.m. 19.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt u.a. in Beilage zu VBlBW 2014, Heft 1).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.