Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 02. Aug. 2012 - 1 S 618/12

bei uns veröffentlicht am02.08.2012

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. November 2011 - 3 K 641/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde.

Es wird festgestellt, dass die an den Kläger gerichtete Auflage in Ziffer 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.

Die Beklagte trägt die gesamten Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die vom Kläger begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit einer an ihn als Versammlungsleiter gerichteten Auflage, nach der das Mitführen von Gegenständen, die zur Verhinderung der Identitätsfeststellung geeignet und bestimmt sind, bei der Versammlung verboten ist.
Mit Schreiben vom 25.01.2011 und 01.02.2011 meldete der Kläger bei der Beklagten für Samstag, den 12.02.2011, 12 - 15 Uhr, eine Versammlung mit 200 bis 250 Teilnehmern auf dem Karlsruher Marktplatz an. Die Kundgebung richtete sich gegen einen wenige Tage später stattfindenden Castor-Transport aus dem Karlsruher Institut für Technologie - KIT - nach Lubmin. Ein LKW sollte als Bühne dienen, die Teilnehmer und Passanten sollten per Lautsprecher, Transparenten und Flyern erreicht werden.
Mit Bescheid vom 09.02.2011 bestätigte die Beklagte gemäß § 14 VersammlG die Versammlung und erteilte - ausweislich der Begründung gestützt auf § 15 VersammlG - eine Reihe von Auflagen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Ziffer 7 der Verfügung lautete:
„Es ist verboten an der Versammlung in einer Aufmachung teilzunehmen, die geeignet und den Umständen nach darauf ausgerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern (Vermummungsverbot). Gegenstände, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, dürfen bei der Versammlung nicht mitgeführt werden. Hierzu zählt insbesondere die Bekleidung mit Kapuzenpullovern und Halstüchern, wenn dadurch eine Identifizierung unmöglich gemacht wird (z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen).“
Die Einzelbegründung zu Ziffer 7 lautete:
„Die Auflage ergibt sich direkt aus § 17 a Abs. 2 Versammlungsgesetz.“
Des weiteren wurde der Kläger als Versammlungsleiter verpflichtet, sich zu Beginn bei der Polizeieinsatzleitung zu melden und während der Veranstaltung per Mobiltelefon erreichbar zu sein. Ihm wurde aufgegeben, je 50 Teilnehmer einen Ordner einzusetzen und deren Personalien vorab der Polizei mitteilen. Es wurden Einzelheiten bezüglich des Bühnen- und Standaufbaus sowie der Beschaffenheit von Transparenten und Fahnen geregelt, unter anderem wurden Transparente mit einer Länge von über 3 m untersagt. Verboten wurden auch die Blockade und Behinderung des Straßenbahnverkehrs, der Ausschank, Verkauf und Konsum alkoholischer Getränke sowie das Mitführen von Glasbehältnissen und Hunden. Der Kläger wurde verpflichtet, den Versammlungsort nach der Veranstaltung zu reinigen.
Der Bescheid verpflichtete den Kläger, den Teilnehmern den Verlauf und die Auflagen mitzuteilen und auf mögliche Bußgeldverfahren hinzuweisen. Ziffer 1 der Verfügung endete mit dem Satz:
„Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.“
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Der Sofortvollzug aller Auflagen wurde angeordnet.
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Am 11.02.2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen einige der verfügten Auflagen, über den nicht entschieden wurde.
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Die Versammlung fand am 12.02.2011 statt und wurde um 14.15 Uhr vom Kläger beendet. Die Versammlung, an der zur Spitzenzeit ca. 300 und 350 Personen teilnahmen, verlief friedlich. Die Beklagte teilte dem Kläger während der Versammlung mit, dass auf den Sofortvollzug der Auflagen verzichtet werde.
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Am 09.03.2011 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass die Ziffern 1, 3, 5, 7, 9 und 10 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig waren, soweit diese
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a) den Kläger verpflichten, dem Polizeieinsatzleiter vor Versammlungsbeginn die Mobiltelefonnummer, unter der er jederzeit während der Versammlung erreichbar ist, mitzuteilen,
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b) den Kläger verpflichten, als Versammlungsleiter die Personalien (Name, Vorname und Wohnort) der eingesetzten Ordner in einer Liste zu erfassen, die der Polizei am 12.02.2011 um 11.30 Uhr vorzulegen ist,
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c) den Kläger verpflichten, keine Transparente mitzuführen, die die Länge von 3 m überschreiten,
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d) das Mitführen von Gegenständen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, bei der Versammlung verbieten, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen,
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e) das Mitführen von Glasbehältnissen auf der Versammlung verbieten,
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f) das Mitführen von Hunden während der Versammlung untersagen.
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Mit Urteil vom 24.11.2011 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe festgestellt, dass die Ziffern 1, 3, 5, 9 und 10 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 in dem mit der Klage angegriffenen Umfang rechtswidrig waren. Lediglich in Bezug auf das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2 und 3 der Verfügung), hat es die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es insoweit ausgeführt: Die Anordnung wiederhole lediglich den Wortlaut des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG und konkretisiere diesen durch Beispiele. Das angeführte Tragen von Kapuzenpullovern und Halstüchern sei nur insofern verboten, als dies in einer Weise geschehe, die eine Identifizierung der Person unmöglich mache. Danach sei das Tragen der genannten Kleidungsstücke nicht generell untersagt, sondern nur dann, wenn es dem Verbot des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG zuwiderlaufe. In dieser Auslegung begegne das Verbot keinen Bedenken.
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Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 22.03.2012 - 1 S 89/12 - zugelassenen Berufung trägt der Kläger vor: Das Verbot des Mitführens von zur Vermummung geeigneten Gegenständen stelle nicht lediglich eine Konkretisierung des gesetzlichen Verbots dar. Während nach § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG lediglich das Mitführen von Gegenständen verboten sei, die geeignet und den Umständen nach zur Vermummung bestimmt seien, verbiete die angegriffene Verfügung schon das bloße Tragen geeigneter Kleidungsstücke, ohne dass eine Zweckbestimmung notwendig sei. Zur Vermummung geeignete Kleidungsstücke, insbesondere die in der Verfügung genannten Kapuzenpullover seien ein weit verbreitetes modisches Kleidungsstück. Das Verbot sei den potentiellen Teilnehmern nicht vorab bekannt, es hindere Bürger an der spontanen Teilnahme. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG seien nicht gegeben. Die Veranstaltung sei, wie bereits im Vorfeld absehbar gewesen sei, friedlich verlaufen. Die Auflage sei schließlich zu unbestimmt; der Kläger könne nicht zuverlässig beurteilen, ob ein Verstoß gegen die Auflage vorliege. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers seien mehrere Vorfälle bekannt, bei denen Jugendlichen vor Demonstrationen das Tragen von Halstüchern oder Kapuzenpullovern untersagt worden sei, obwohl die jeweiligen Umstände nahegelegt hätten, dass die Kleidungsstücke nicht der Vermummung, sondern dem Schutz vor der Witterung dienen sollten.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24.11.2011 - 3 K 641/11 - zu ändern und festzustellen, dass Ziff. 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.
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Die Beklagte beantragt,
25 
die Berufung zurückzuweisen.
26 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Ziffer 7 der Verfügung verbiete nicht das Tragen von zur Vermummung potentiell geeigneten Kleidungsstücken an sich, sondern nur in Verbindung mit der Absicht die Identitätsfeststellung zu verhindern. Diese Absicht sei nur festzustellen durch eine bereits stattgefundene Vermummung. Die Verfügung wiederhole und konkretisiere nur das gesetzliche Vermummungsverbot und bedürfe daher keiner Gefahrenprognose nach § 15 Abs. 1 VersammlG.
27 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
28 
Die Berufung des Klägers, über die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Antrag des Klägers nicht das in Ziffer 7 Satz 1 der Verfügung vom 09.02.2011 angeordnete Vermummungsverbot, sondern lediglich das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2). Aus Ziffer 7 Satz 3 der Verfügung lässt sich entnehmen, dass zu diesen Gegenständen insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen. Im Übrigen konkretisiert Satz 3 jedoch, wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz ergibt „(z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen)“, nicht das Mitführungsverbot gemäß Satz 2, sondern das vom Kläger nicht angegriffene Vermummungsverbot gemäß Satz 1.
II.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Mitführungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
30 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
31 
Das Mitführungsverbot in Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 ist ein Verwaltungsakt und nicht lediglich ein Hinweis auf die Gesetzeslage, denn es erweckt unabhängig von seinem tatsächlichen rechtlichen Gehalt zumindest den Eindruck einer abschließenden Einzelfallregelung (OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 07.07.1999 - 2 L 264/98 - NJW 2000, 1059; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 16). Ob eine behördliche Äußerung einen Verwaltungsakt darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen ist (Stelkens, a.a.O., Rn. 71). Dabei sind nicht nur der Tenor, sondern auch die Begründung und die Umstände der Bekanntgabe zu berücksichtigen. Eine von der Behörde als „Auflage“ bezeichnete Maßnahme kann danach eine Verfügung mit Regelungsgehalt sein. Es kann sich aber auch nur um einen bloßen Hinweis auf die allgemeine Rechtslage handeln (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - BVerfGK 10, 493 <496> = NVwZ 2007, 1183; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6).
32 
Zwar klingt der isolierte Wortlaut von Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung nach einem schlichten Hinweis auf die Gesetzeslage, da er lediglich § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiedergibt. Auch die Bezeichnung als „Auflage“, die im versammlungsrechtlichen Zusammenhang auf § 15 Abs. 1 VersammlG verweist, steht einem solchen Verständnis nicht zwingend entgegenstehen, da die Verwendung dieses Begriffs für versammlungsrechtliche Vorgaben jeglicher Art gebräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007, a.a.O.).
33 
Die Begründung der Verfügung ist in sich widersprüchlich. Im allgemeinen Teil wird einleitend § 15 VersammlG als Rechtsgrundlage für alle „nachstehenden Auflagen“ angegeben. Die Einzelbegründung zu Ziffer 7, nach der sich diese Auflage direkt aus § 17 a Abs. 2 VersammlG ergeben soll, klingt demgegenüber nach einem bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Die Einzelbegründung deutet also im Gegensatz zur allgemeinen, alle Auflagen betreffenden Begründung darauf hin, dass die Beklagte keine weitergehende Regelung treffen wollte. Denn § 17 a Abs. 2 VersammlG kann ersichtlich nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen. Auch dass sich die Auflage „direkt“ aus dem Gesetz ergeben soll, legt nahe, dass nicht eine weitere Pflicht begründet werden soll, die sich dann nur mittelbar aus dem Gesetz ergeben könnte.
34 
Entscheidend für ein Verständnis als Verwaltungsakt spricht jedoch, dass Ziffer 7 in einer Liste von Einzelanordnungen steht, die allesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind. Sämtliche anderen Ziffern treffen entweder spezifische Regelungen für die konkret angemeldete Versammlung, etwa die Position der Bühne, oder sie stellen Ge- und Verbote auf, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Für den Kläger als Empfänger war nicht erkennbar, warum einzig Ziffer 7 keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben sollte. Dies gilt umso mehr, als dass diese Besonderheit weder aus der Gliederung noch durch die Formulierung erkennbar wird. Weder wurde die Ziffer 7 als gesetzeswiederholender Hinweis oder als „standardisierte Auflage“ bezeichnet und vom sonstigen Text abgesetzt (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 21.02.2009 - 10 CS 09.439 - juris; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6) noch wurde sie sprachlich durch eine auf einen bloßen Hinweis hindeutende Formel wie „Grundsätzlich gilt …“ eingeleitet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.02.2006 - 24 CS 06.314 - juris).
35 
Für einen eigenständigen Regelungsgehalt von Ziffer 7 spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers auch eine Zusammenschau mit dem letzten Satz der Ziffer 1, wonach der Kläger als Versammlungsleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.
36 
Schließlich konnte ein objektiver Empfänger die Auflage mit Blick auf die Anordnung des Sofortvollzugs nur als Verwaltungsakt verstehen, denn diese Anordnung ergibt nur Sinn, wenn die Beklagte mittels Verwaltungsakt handeln wollte.
37 
Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155 und vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61, jeweils m.w.N.).
38 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
39 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - a.a.O.). Die Klage wurde binnen Monatsfrist erhoben.
40 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.).
41 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>).
42 
Danach kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegend zumindest aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bejaht werden. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405 ; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004, a.a.O.). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 a.a.O. S. 406 ). Dies ist hier der Fall.
43 
Die Beklagte geht davon aus, dass die angegriffene Auflage keiner Ermächtigungsgrundlage bedarf. Sie hat Auflagen dieses Inhalts auch in der Vergangenheit bei vergleichbaren Versammlungen bereits verfügt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie davon in Zukunft Abstand nehmen wird. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch in Zukunft Versammlungen mit gleicher Zielrichtung veranstalten zu wollen. Der Protest der Atomkraftgegner richtet sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten. Daher werden Castor-Transporte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu vergleichbaren Versammlungen bieten.
44 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Mitführungsverbot war als an den Kläger als Versammlungsleiter gerichtete Auflage rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
45 
Als belastende staatliche Maßnahme bedarf das Mitführungsverbot gemäß Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 einer Ermächtigungsgrundlage (a). Die Tatbestandsvoraussetzungen keiner in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt (b).
46 
a) Eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Verfügung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Wesentlichen den Gesetzestext des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiederholt. Der Erlass eines belastenden Verwaltungsakts setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene rechtliche Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern auch dafür, dass die Behörde in Form eines Verwaltungsakts handeln darf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 35 Rn. 23 m.w.N.). Gesetzeswiederholende Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999 - 8 B 12627/98 - NVwZ 1999, 679 ; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660 u.a. - DVBl 1999, 624 m.w.N. und Beschl. v. 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 - juris Rn. 17). Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung besteht darin, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O.; zur Vollstreckungsfunktion: Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 11). Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in den Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O. m.w.N.).
47 
Vorliegend richtet sich das Mitführungsverbot nach seinem materiellen Regelungsgehalt an alle Versammlungsteilnehmer. Für den Kläger als Versammlungsleiter beinhaltet das an ihn gerichtete Verbot darüber hinaus das Gebot, für dessen Einhaltung zu sorgen. Denn nur so kann der Leiter gegen ein an ihn adressiertes, aber für alle Teilnehmer geltendes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - a.a.O. S. 496) Verbot verstoßen.
48 
b) Da das Versammlungsgesetz sich für unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe als abschließende Regelung darstellt, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und damit auch auf die polizeiliche Generalklausel ausschließt (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 1 Rn. 193; Senatsurteil vom 12.07.2010, a.a.O.), kommen hier in Ermangelung einer versammlungsrechtlichen Generalermächtigung nur die speziellen Ermächtigungsgrundlagen des Versammlungsgesetzes in Betracht.
49 
aa) Die Verfügung konnte nicht auf Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht (Senatsurteil vom 30.06.2011, a.a.O.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <352 ff.>; BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 6 C 21.07 - BVerwGE 131, 216 <218>).
50 
Eine unmittelbare Gefahr, also ein Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt, wird vorliegend auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Im Gegenteil war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits ex ante von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Versammlung war nicht als Aufzug geplant und stand in keinem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zu dem Castor-Transport. Mit illegalen, unfriedlichen Protestaktionen, die aus Sicht der Teilnehmer eine Vermummung notwendig gemacht hätten, war nicht zu rechnen.
51 
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen hätten, wäre es fraglich, ob das an den Versammlungsleiter gerichtete Gebot, für die Einhaltung des Verbots der Mitführung von Vermummungsgegenständen zu sorgen, nicht unverhältnismäßig wäre. Denn im Gegensatz zu einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot wird sich ein Verstoß gegen das Mitführungsverbot oftmals nicht ohne weiteres feststellen lassen. Ein Teilnehmer verstößt bereits dann gegen das bußgeldbewehrte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a VersammlG) Mitführungsverbot, wenn er über zur Vermummung geeignete Gegenstände wie Kapuzenpullover oder Halstücher die tatsächliche Gewalt mit der Maßgabe ausübt, diese Gegenstände jederzeit zum Zweck der Vermummung verfügbar zu haben und er sich dessen bewusst ist (vgl. Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 19, 30). Nicht erforderlich ist, dass die Vermummungsgegenstände offen getragen oder gar bereits zur Vermummung verwendet werden. Mangels polizeilicher Befugnisse wird der Versammlungsleiter daher Verstöße gegen das Mitführungsverbot, welches in erster Linie dazu dient, eine konkrete Handhabe für präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld potenziell unfriedlicher Versammlungen zu schaffen, regelmäßig kaum feststellen können.
52 
bb) Auch § 17 a Abs. 4 VersammlG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann die Behörde Anordnungen zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 treffen. § 17 a Abs. 4 VersammlG ermächtigt nur zu Maßnahmen gegenüber denjenigen Personen, die im Begriff sind, eines der gesetzlichen Verbote zu verletzen (Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 52, Ott/Wächtler/Heinhold, § 17 a Rn. 57). Dies ergibt sich aus der Systematik des Versammlungsgesetzes, das Maßnahmen gegen die Versammlung als Ganze in § 15 konzentriert. Eine Anordnung, die unterschiedslos auch Personen betrifft, bei denen eine Verbotsmissachtung weder vorliegt noch droht, kann daher nicht auf § 17 a Abs. 4 VersammlG gestützt werden.
III.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
55 
Beschluss vom 2. August 2012
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
28 
Die Berufung des Klägers, über die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Antrag des Klägers nicht das in Ziffer 7 Satz 1 der Verfügung vom 09.02.2011 angeordnete Vermummungsverbot, sondern lediglich das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2). Aus Ziffer 7 Satz 3 der Verfügung lässt sich entnehmen, dass zu diesen Gegenständen insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen. Im Übrigen konkretisiert Satz 3 jedoch, wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz ergibt „(z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen)“, nicht das Mitführungsverbot gemäß Satz 2, sondern das vom Kläger nicht angegriffene Vermummungsverbot gemäß Satz 1.
II.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Mitführungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
30 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
31 
Das Mitführungsverbot in Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 ist ein Verwaltungsakt und nicht lediglich ein Hinweis auf die Gesetzeslage, denn es erweckt unabhängig von seinem tatsächlichen rechtlichen Gehalt zumindest den Eindruck einer abschließenden Einzelfallregelung (OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 07.07.1999 - 2 L 264/98 - NJW 2000, 1059; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 16). Ob eine behördliche Äußerung einen Verwaltungsakt darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen ist (Stelkens, a.a.O., Rn. 71). Dabei sind nicht nur der Tenor, sondern auch die Begründung und die Umstände der Bekanntgabe zu berücksichtigen. Eine von der Behörde als „Auflage“ bezeichnete Maßnahme kann danach eine Verfügung mit Regelungsgehalt sein. Es kann sich aber auch nur um einen bloßen Hinweis auf die allgemeine Rechtslage handeln (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - BVerfGK 10, 493 <496> = NVwZ 2007, 1183; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6).
32 
Zwar klingt der isolierte Wortlaut von Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung nach einem schlichten Hinweis auf die Gesetzeslage, da er lediglich § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiedergibt. Auch die Bezeichnung als „Auflage“, die im versammlungsrechtlichen Zusammenhang auf § 15 Abs. 1 VersammlG verweist, steht einem solchen Verständnis nicht zwingend entgegenstehen, da die Verwendung dieses Begriffs für versammlungsrechtliche Vorgaben jeglicher Art gebräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007, a.a.O.).
33 
Die Begründung der Verfügung ist in sich widersprüchlich. Im allgemeinen Teil wird einleitend § 15 VersammlG als Rechtsgrundlage für alle „nachstehenden Auflagen“ angegeben. Die Einzelbegründung zu Ziffer 7, nach der sich diese Auflage direkt aus § 17 a Abs. 2 VersammlG ergeben soll, klingt demgegenüber nach einem bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Die Einzelbegründung deutet also im Gegensatz zur allgemeinen, alle Auflagen betreffenden Begründung darauf hin, dass die Beklagte keine weitergehende Regelung treffen wollte. Denn § 17 a Abs. 2 VersammlG kann ersichtlich nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen. Auch dass sich die Auflage „direkt“ aus dem Gesetz ergeben soll, legt nahe, dass nicht eine weitere Pflicht begründet werden soll, die sich dann nur mittelbar aus dem Gesetz ergeben könnte.
34 
Entscheidend für ein Verständnis als Verwaltungsakt spricht jedoch, dass Ziffer 7 in einer Liste von Einzelanordnungen steht, die allesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind. Sämtliche anderen Ziffern treffen entweder spezifische Regelungen für die konkret angemeldete Versammlung, etwa die Position der Bühne, oder sie stellen Ge- und Verbote auf, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Für den Kläger als Empfänger war nicht erkennbar, warum einzig Ziffer 7 keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben sollte. Dies gilt umso mehr, als dass diese Besonderheit weder aus der Gliederung noch durch die Formulierung erkennbar wird. Weder wurde die Ziffer 7 als gesetzeswiederholender Hinweis oder als „standardisierte Auflage“ bezeichnet und vom sonstigen Text abgesetzt (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 21.02.2009 - 10 CS 09.439 - juris; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6) noch wurde sie sprachlich durch eine auf einen bloßen Hinweis hindeutende Formel wie „Grundsätzlich gilt …“ eingeleitet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.02.2006 - 24 CS 06.314 - juris).
35 
Für einen eigenständigen Regelungsgehalt von Ziffer 7 spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers auch eine Zusammenschau mit dem letzten Satz der Ziffer 1, wonach der Kläger als Versammlungsleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.
36 
Schließlich konnte ein objektiver Empfänger die Auflage mit Blick auf die Anordnung des Sofortvollzugs nur als Verwaltungsakt verstehen, denn diese Anordnung ergibt nur Sinn, wenn die Beklagte mittels Verwaltungsakt handeln wollte.
37 
Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155 und vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61, jeweils m.w.N.).
38 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
39 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - a.a.O.). Die Klage wurde binnen Monatsfrist erhoben.
40 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.).
41 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>).
42 
Danach kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegend zumindest aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bejaht werden. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405 ; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004, a.a.O.). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 a.a.O. S. 406 ). Dies ist hier der Fall.
43 
Die Beklagte geht davon aus, dass die angegriffene Auflage keiner Ermächtigungsgrundlage bedarf. Sie hat Auflagen dieses Inhalts auch in der Vergangenheit bei vergleichbaren Versammlungen bereits verfügt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie davon in Zukunft Abstand nehmen wird. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch in Zukunft Versammlungen mit gleicher Zielrichtung veranstalten zu wollen. Der Protest der Atomkraftgegner richtet sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten. Daher werden Castor-Transporte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu vergleichbaren Versammlungen bieten.
44 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Mitführungsverbot war als an den Kläger als Versammlungsleiter gerichtete Auflage rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
45 
Als belastende staatliche Maßnahme bedarf das Mitführungsverbot gemäß Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 einer Ermächtigungsgrundlage (a). Die Tatbestandsvoraussetzungen keiner in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt (b).
46 
a) Eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Verfügung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Wesentlichen den Gesetzestext des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiederholt. Der Erlass eines belastenden Verwaltungsakts setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene rechtliche Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern auch dafür, dass die Behörde in Form eines Verwaltungsakts handeln darf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 35 Rn. 23 m.w.N.). Gesetzeswiederholende Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999 - 8 B 12627/98 - NVwZ 1999, 679 ; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660 u.a. - DVBl 1999, 624 m.w.N. und Beschl. v. 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 - juris Rn. 17). Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung besteht darin, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O.; zur Vollstreckungsfunktion: Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 11). Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in den Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O. m.w.N.).
47 
Vorliegend richtet sich das Mitführungsverbot nach seinem materiellen Regelungsgehalt an alle Versammlungsteilnehmer. Für den Kläger als Versammlungsleiter beinhaltet das an ihn gerichtete Verbot darüber hinaus das Gebot, für dessen Einhaltung zu sorgen. Denn nur so kann der Leiter gegen ein an ihn adressiertes, aber für alle Teilnehmer geltendes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - a.a.O. S. 496) Verbot verstoßen.
48 
b) Da das Versammlungsgesetz sich für unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe als abschließende Regelung darstellt, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und damit auch auf die polizeiliche Generalklausel ausschließt (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 1 Rn. 193; Senatsurteil vom 12.07.2010, a.a.O.), kommen hier in Ermangelung einer versammlungsrechtlichen Generalermächtigung nur die speziellen Ermächtigungsgrundlagen des Versammlungsgesetzes in Betracht.
49 
aa) Die Verfügung konnte nicht auf Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht (Senatsurteil vom 30.06.2011, a.a.O.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <352 ff.>; BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 6 C 21.07 - BVerwGE 131, 216 <218>).
50 
Eine unmittelbare Gefahr, also ein Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt, wird vorliegend auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Im Gegenteil war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits ex ante von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Versammlung war nicht als Aufzug geplant und stand in keinem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zu dem Castor-Transport. Mit illegalen, unfriedlichen Protestaktionen, die aus Sicht der Teilnehmer eine Vermummung notwendig gemacht hätten, war nicht zu rechnen.
51 
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen hätten, wäre es fraglich, ob das an den Versammlungsleiter gerichtete Gebot, für die Einhaltung des Verbots der Mitführung von Vermummungsgegenständen zu sorgen, nicht unverhältnismäßig wäre. Denn im Gegensatz zu einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot wird sich ein Verstoß gegen das Mitführungsverbot oftmals nicht ohne weiteres feststellen lassen. Ein Teilnehmer verstößt bereits dann gegen das bußgeldbewehrte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a VersammlG) Mitführungsverbot, wenn er über zur Vermummung geeignete Gegenstände wie Kapuzenpullover oder Halstücher die tatsächliche Gewalt mit der Maßgabe ausübt, diese Gegenstände jederzeit zum Zweck der Vermummung verfügbar zu haben und er sich dessen bewusst ist (vgl. Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 19, 30). Nicht erforderlich ist, dass die Vermummungsgegenstände offen getragen oder gar bereits zur Vermummung verwendet werden. Mangels polizeilicher Befugnisse wird der Versammlungsleiter daher Verstöße gegen das Mitführungsverbot, welches in erster Linie dazu dient, eine konkrete Handhabe für präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld potenziell unfriedlicher Versammlungen zu schaffen, regelmäßig kaum feststellen können.
52 
bb) Auch § 17 a Abs. 4 VersammlG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann die Behörde Anordnungen zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 treffen. § 17 a Abs. 4 VersammlG ermächtigt nur zu Maßnahmen gegenüber denjenigen Personen, die im Begriff sind, eines der gesetzlichen Verbote zu verletzen (Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 52, Ott/Wächtler/Heinhold, § 17 a Rn. 57). Dies ergibt sich aus der Systematik des Versammlungsgesetzes, das Maßnahmen gegen die Versammlung als Ganze in § 15 konzentriert. Eine Anordnung, die unterschiedslos auch Personen betrifft, bei denen eine Verbotsmissachtung weder vorliegt noch droht, kann daher nicht auf § 17 a Abs. 4 VersammlG gestützt werden.
III.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
55 
Beschluss vom 2. August 2012
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

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(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung. (2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann

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(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung d

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(1) Wer die Absicht hat, eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel oder einen Aufzug zu veranstalten, hat dies spätestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe der zuständigen Behörde unter Angabe des Gegenstandes der Versammlung oder des Aufzuges an

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(1) Wer die Absicht hat, eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel oder einen Aufzug zu veranstalten, hat dies spätestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe der zuständigen Behörde unter Angabe des Gegenstandes der Versammlung oder des Aufzuges anzumelden.

(2) In der Anmeldung ist anzugeben, welche Person für die Leitung der Versammlung oder des Aufzuges verantwortlich sein soll.

(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

(2) Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn

1.
die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert, und
2.
nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin ist ein Ort nach Satz 1 Nr. 1. Seine Abgrenzung ergibt sich aus der Anlage zu diesem Gesetz. Andere Orte nach Satz 1 Nr. 1 und deren Abgrenzung werden durch Landesgesetz bestimmt.

(3) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind, wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwidergehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 oder 2 gegeben sind.

(4) Eine verbotene Veranstaltung ist aufzulösen.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

(2) Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn

1.
die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert, und
2.
nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin ist ein Ort nach Satz 1 Nr. 1. Seine Abgrenzung ergibt sich aus der Anlage zu diesem Gesetz. Andere Orte nach Satz 1 Nr. 1 und deren Abgrenzung werden durch Landesgesetz bestimmt.

(3) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind, wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwidergehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 oder 2 gegeben sind.

(4) Eine verbotene Veranstaltung ist aufzulösen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. Februar 2009 - 4 K 961/08 - teilweise geändert. Es wird festgestellt, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 2. Mai 2008 gegen die Klägerin ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt ein Viertel, der Beklagte drei Viertel der Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte jeweils zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass die ihr gegenüber in den Morgenstunden des 02.05.2008 ergriffene Maßnahme der Personenfeststellung sowie die damit verbundene Sistierung rechtswidrig waren.
Am 01.05.2008 fand in Freiburg das sog. Spechtpassagenfest statt. Für dieses Fest war die Wilhelmstraße zwischen Sedan- und Belfortstraße mit Genehmigung der Stadt Freiburg von 11.00 Uhr bis 24.00 Uhr gesperrt. Nach 22.00 Uhr versammelten sich mehr als 100 Personen im Bereich Wilhelmstraße Ecke Belfortstraße, aus deren Mitte heraus auf der Fahrbahn ein großes Feuer entzündet wurde, das bis gegen 2.00 Uhr morgens durch Nachlegen insbesondere von Holz in Brand gehalten wurde. Gegen 2.25 Uhr wurde eine männliche Person, die von der Polizei als Hauptverursacher des Feuers angesehen wurde, in einiger Entfernung von der Feuerstelle festgenommen.
Die Klägerin befand sich in der Zeit zwischen 2.15 Uhr und 2.25 Uhr in unmittelbarer Nähe des Feuers. Zu diesem Zeitpunkt schritten Polizeibeamte, die das Geschehen bis dahin aus einiger Entfernung beobachtet hatten, gegen die um das Feuer herumstehenden Personen ein. Im Zuge dessen wurden die Klägerin, nachdem sie der Polizei auf Aufforderung ihren Personalausweis ausgehändigt hatte, auf das etwa 300 m entfernte Polizeirevier Freiburg-Nord mitgenommen. Dort wurden ihre Personalien mit dem Inhalt polizeilicher Dateien abgeglichen, Lichtbilder von ihr gefertigt und sie wurde körperlich durchsucht. Die Klägerin durfte das Polizeirevier gegen 3.05 Uhr wieder verlassen.
Am 26.05.2008 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg erhoben, zu deren Begründung sie vorgetragen hat: Über die polizeilichen Maßnahmen gegen sie sei in der regionalen Presse berichtet worden. Sie fühle sich daher in ihrem beruflichen Ansehen als Lehrerin und Stadträtin beschädigt. Die gegen sie ergriffenen Maßnahmen seien rechtswidrig. Die Voraussetzungen für die Personenfeststellung seien nicht erfüllt. Denn von ihr sei keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgegangen. Sie habe das Feuer weder entzündet noch Brennmaterial nachgelegt. Als sie an die Feuerstelle gekommen sei, habe das Feuer bereits seit mehreren Stunden gebrannt, ohne dass die Polizei eingeschritten sei. Eine von dem Feuer ausgehende Störung der öffentlichen Ordnung sei ihr deshalb nicht zuzurechnen. Zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei seien außer ihr nur noch zwei weitere sich ebenfalls friedlich verhaltende Personen in der Nähe des Feuers gewesen. Falls es an anderer Stelle Störungen gegeben haben sollte, wäre die Identitätsfeststellung ihr gegenüber jedenfalls unverhältnismäßig gewesen, da sie damit erkennbar nichts zu tun gehabt habe. Selbst bei Einstufung ihrer Person als (Anscheins-)Störerin hätten der Polizei mildere Mittel als die Personenfeststellung zur Verfügung gestanden. Man hätte ihr gegenüber den Grund der polizeilichen Maßnahme nennen müssen, um ihr Gelegenheit zu geben, den Gefahrenraum freiwillig zu verlassen, ohne ihre Daten preisgeben zu müssen. Erst recht sei die mit der Personenfeststellung verbundene Freiheitsentziehung rechtswidrig gewesen, da sie den Polizeibeamten auf Aufforderung sofort ihren Personalausweis ausgehändigt habe.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der Polizeidirektion vom 17.06.2008 ausgeführt: An den Aktionen des Spechtpassagenfestes hätten in der Nacht vom 01. auf den 02.05.2008 etwa 1.700 Personen teilgenommen. Im Vorjahr habe es bei einer vergleichbaren Veranstaltung einen Angriff auf den Polizeiführer und polizeiliche Einsatzkräfte gegeben, so dass auch im Jahr 2008 mit aggressivem Verhalten zu rechnen gewesen sei. Abgesehen von dem um 22.00 Uhr auf öffentlicher Straße entzündeten Feuer sei das Straßenfest störungsfrei verlaufen. In einer Entfernung von 20 bis 30 m um das Feuer hätten sich mehrere Bauschuttcontainer mit brennbarem Material befunden. In der ersten Zeit nach dem Entzünden des Feuers hätten zunächst die nötigen Einsatzkräfte mobilisiert werden müssen. Dies habe bis gegen 23.30 Uhr gedauert. Das Vorhandensein der vollzähligen Einsatzkräfte sei mit den ersten stärkeren Abwanderungsbewegungen aus dem Einsatzraum zusammengefallen. Von vornherein habe man Wert darauf gelegt, Beweissicherung zu betreiben. Die damit befassten Polizeikräfte hätten sich jedoch immer wieder zurückziehen müssen, weil bei ihrem Erkennen Gegenstände und Flaschen gegen sie geworfen worden seien. Mindestens ein Flaschenwurf habe eindeutig einer männlichen Person zugeordnet werden können, die das Feuer wesentlich unterhalten und bestimmend auf die Gruppe eingewirkt habe. Diese Person habe gegen 0.45 Uhr auch versucht, einen Bauschuttcontainer in der Belfortstraße in Brand zu setzen. Eine Ausbreitung des Brandes habe nur dadurch verhindert werden können, dass Polizeikräfte die Flammen ausgetreten hätten. Während dessen seien sie aus der Gruppe mit Flaschen beworfen worden, die teilweise über ihnen an der Hauswand oder unmittelbar in ihrer Nähe zerborsten seien. Um eine Eskalation zu vermeiden, sei ein erster Versuch der vorläufigen Festnahme der brandstiftenden Person abgebrochen worden. Nach 23.30 Uhr hätten Personen vereinzelt die Gruppe um das Feuer verlassen, andere Passanten oder Festbesucher seien hinzugekommen. Wegen der Gefahr von Solidarisierungsaktionen habe die Polizei zunächst von Maßnahmen abgesehen. Noch um 1.45 Uhr seien Holzpaletten nachgelegt worden, ein baldiges Beenden des Feuers sei somit nicht zu erwarten gewesen. Um 2.25 Uhr hätten sich etwa 20 Personen im Bereich der Feuerstelle aufgehalten, 6 davon in unmittelbarer Nähe. Als die tatverdächtige männliche Person, die zuvor maßgeblich das Feuer unterhalten habe, den Bereich verlassen habe, sei sie etwas abgesetzt vorläufig festgenommen worden. Bei den nach 2.15 Uhr unmittelbar an der Feuerstelle befindlichen Personen seien dann die Personalien festgestellt worden. Hierzu und zu weiteren Maßnahmen seien sie auf das Polizeirevier Freiburg-Nord verbracht worden. Die Klägerin habe sich zum Kontrollzeitpunkt in der Gruppe unmittelbar am Feuer aufgehalten, unter der sich kurz zuvor auch noch der Tatverdächtige befunden habe. Die Gesamtumstände hätten die Annahme begründet, dass die Klägerin zur Gruppe der Störer gehört habe. Sie habe sich in unmittelbarer Nähe des Feuers mit anderen Personen aus dem Kreis um den festgenommenen Tatverdächtigen aufgehalten und dies zu einer Zeit, als ein Großteil der Leute diesen Bereich bereits verlassen hätten. Die Klägerin habe ihrerseits nicht darauf hingewirkt, das Feuer zu löschen oder die Straße zu verlassen. Sie sei aufgefordert worden, zum Polizeirevier Freiburg-Nord mitzukommen, um dort ihre Personalien festzustellen, eine Durchsuchung ihrer Person durchzuführen und Lichtbilder von ihr zu fertigen. Die Feststellung der Identität und die Fertigung von Lichtbildern habe gewährleisten sollen, die eingetretene Störung der öffentlichen Sicherheit in Form des Errichtens und Betreibens einer Feuerstelle im öffentlichen Straßenraum zu beseitigen und weitere Gefahren zu verhindern. Von einem früheren Eingreifen habe man aus taktischen Gründen abgesehen. Noch gegen 2.00 Uhr seien Plastikbierkästen und Styropor in das offene Feuer geworfen worden. Ziel der anschließenden polizeilichen Maßnahmen sei neben der deeskalierenden Strategie die vorläufige Festnahme und die Personalienfeststellung des zuvor erkannten Tatverdächtigen sowie die Beseitigung der Feuerstelle und die Entfernung der zahllosen Flaschen und Scherben auf der Fahrbahn gewesen. Die Maßnahmen hätten der Störungsbeseitigung und der Gefahrenabwehr im Hinblick auf weiteren Passanten- und Fahrzeugverkehr sowie der Sicherung des Tatbefundes zur Strafermittlung gedient. Es treffe zu, dass die Klägerin vor Ort ihren Personalausweis ausgehändigt habe. Jedoch sei eine weitere Überprüfung im Hinblick auf Fahndungsnotierungen und Anderes erforderlich gewesen. Um eine Eskalation zu verhindern, sei entschieden worden, die Personalienfeststellung und -überprüfung auf dem Polizeirevier durchzuführen. Zu diesem Zeitpunkt hätten keine gesicherten Erkenntnisse darüber vorgelegen, wie viele Personen sich noch im Sedanquartier aufgehalten hätten. Nach den Erfahrungen vorangegangener Einsätze sei mit dem überraschenden Wiedererscheinen weiterer Personen, die sich in das Geschehen einmischen könnten, zu rechnen gewesen. Durch die Personenkontrolle habe man potentielle Störer aus der Anonymität reißen und gewährleisten wollen, sie gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt als Störer oder Gefährder identifizieren zu können. Die Mitnahme auf das Polizeirevier sei erforderlich gewesen, um ein Löschen des Feuers durch die Feuerwehr und die anschließende Reinigung der Straßen zu ermöglichen sowie um umstehende Personen bei den Löschmaßnahmen nicht zu gefährden. Die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit seien gewahrt. Im Kontrollzeitpunkt sei zwar eine Abwanderungsbewegung zu verzeichnen gewesen, gleichzeitig sei jedoch befürchtet worden, dass weitere Personen nach Verlassen einer benachbarten Diskothek wieder zu einem Anschwellen der Personenzahl beitragen könnten.
Mit Urteil vom 05.02.2009 - 4 K 961/08 - hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die vom Polizeivollzugsdienst gegen die Klägerin ergriffenen Maßnahmen der Anfertigung von Lichtbildern, der körperlichen Durchsuchung, des mit diesen Maßnahmen verbundenen Festhaltens auf dem Polizeirevier sowie der Speicherung von Lichtbildern von der Klägerin rechtswidrig waren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung insoweit ausgeführt: Die bei der Klägerin vorgenommene Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG sowie die damit verbundene Sistierung während der Dauer der Personenfeststellung erwiesen sich als rechtmäßig. Bei ihrem Einschreiten gegen die Klägerin sei es der Polizei zum einen darum gegangen, das Feuer auf der Straße zu löschen und die Befahrbarkeit der Straße wiederherzustellen (Beseitigung einer Störung), und zum anderen darum, zu verhindern, dass Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer weiterunterhalten bzw. an anderen Orten neue Feuer anzünden (Abwehr von erneuten Gefahren für fremde Rechtsgüter und Verhinderung der Begehung weiterer Straftaten). Zwar gehe die Feststellung der Personalien der an der Feuerstelle angetroffenen Personen auf den ersten Blick an der Erreichung dieser präventivpolizeilichen Ziele vorbei. Bei näherer Betrachtung sei die Personenfeststellung als Gefahrenabwehrmaßnahme jedoch sinnvoll, da sie grundsätzlich geeignet sei, potentielle Störer von weiteren Störungen, hier von der weiteren Unterhaltung des Feuers bzw. der Entzündung eines anderen Feuers, abzuhalten. Die Auffassung der Polizei, dass die an der Feuerstelle angetroffenen Personen durch eine Feststellung ihrer Personalien aus ihrer Anonymität gerissen würden und deshalb von einer eventuell vorhandenen Absicht, weitere Störungen zu begehen, abgehalten werden könnten, könne rechtlich nicht beanstandet werden. Die Personenfeststellung sei unter den gegebenen Umständen auch das mildeste zur Verfügung stehende Mittel gewesen. Die Auffassung der Klägerin, es hätte gereicht, wenn die Polizei sie formlos gebeten hätte, den Platz zu verlassen, damit das Feuer gelöscht und die Straße geräumt werden könne, bzw. - falls das nicht zum Erfolg geführt hätte - einen förmlichen Platzverweis gegen sie auszusprechen, gehe fehl. Die Klägerin sei aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht zu Recht zumindest als Anscheinsstörerin angesehen worden, weil sie sich in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten bzw. Störungen an der Feuerstelle aufgehalten habe. Darüber hinaus habe sie eine Bierflasche in der Hand gehalten, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach in Richtung der anrückenden Polizeibeamten geworfen worden sei. Bei dieser Sachlage sei es naheliegend, die Klägerin in die Nähe der Verantwortlichen für die vorangegangenen und noch andauernden Störungen zu rücken. Außerdem habe die Polizei mit der Störungsbeseitigung nicht beginnen können, solange sich noch Personen an der Feuerstelle aufgehalten hätten. Denn es habe angesichts des ständigen Kommens und Gehens die nicht fernliegende Möglichkeit bestanden, dass sich weitere Personen hinzugesellen würden und erneut eine Situation eintrete, wie sie kurz zuvor gegeben gewesen sei und wie sie die Polizei nach Möglichkeit habe vermeiden wollen. Ein Platzverweis allein wäre kein gleichermaßen geeignetes und zugleich milderes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die handelnden Polizeibeamten nicht hätten einschätzen können, wen sie in Person der Klägerin und der anderen am Feuer anwesenden Personen vor sich hatten und ob diese nicht eventuell zur Gruppe der vorherigen Störer gehörten. In letzterem Fall hätte ein Platzverweis, der sich sowohl im Hinblick auf das Ziel der Polizei, das Feuer zu löschen und die Befahrbarkeit der Straße wiederherzustellen, als auch im Hinblick auf seine praktische Umsetzbarkeit bzw. Kontrollierbarkeit wohl nur auf den Einmündungsbereich Wilhelmstraße/Belfortstraße hätte beziehen können, die durchaus realistische Gefahr begründet, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer versammelt und die Störung der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, um dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und finden zu können. Durch die Feststellung der Personalien werde ein potentieller Störer demgegenüber aus der Anonymität gerissen und wisse, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden könne. Deshalb seien Personenfeststellungen durchaus geeignet, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten. Auch die Sistierung sei rechtmäßig gewesen. Angesichts der angespannten Atmosphäre, die kurz zuvor zwischen der Polizei und den um das Feuer versammelten Personen geherrscht habe und bei der es auch zu gewalttätigen Angriffen gegenüber Polizeibeamten gekommen sei, könne es nicht beanstandet werden, wenn die Polizei die Personenfeststellungen, um eine Eskalation zu vermeiden, nicht vor den Augen potentieller Störer habe durchführen wollen.
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 17.02.2010 - 1 S 732/09 - zugelassenen Berufung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Personenfeststellung sei rechtswidrig, weil die festgestellten Tatsachen es nicht rechtfertigten, sie als Anscheinsstörerin anzusehen. Die Polizeibeamten hätten aus der ex-ante-Sicht eines objektiven Beobachters nicht zu der Einschätzung gelangen dürfen, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die Klägerin angetroffen hätten, deren Verhalten bei ungehindertem Weiterlauf der Dinge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Die im Urteil festgestellten Tatsachen rechtfertigten die Annahme einer von ihr ausgehenden Gefahr nicht. Die Klägerin sei erst nach dem Vorkommen von Störungen wahrgenommen worden und habe selbst kein Verhalten gezeigt, das als Störung oder Gefahr interpretiert werden könnte. Soweit das Urteil sich auf frühere Störungen beziehe, stelle dies eine rechtsfehlerhafte Verlagerung des ex-ante-Zeitpunkts in den Zeitraum vor Wahrnehmung der Klägerin durch die Polizeibeamten dar. Selbst wenn man unterstelle, dass die Klägerin zu Recht als Anscheinsstörerin eingestuft worden sei, sei jedenfalls die erfolgte Sistierung rechtswidrig, weil eine Identitätsfeststellung ohne Weiteres vor Ort möglich gewesen sei. Die Annahme einer möglichen Störung durch Dritte biete keine rechtliche Grundlage für die Ingewahrsamnahme.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. Februar 2009 - 4 K 961/08 - zu ändern und festzustellen, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 2. Mai 2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung rechtswidrig waren.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Eine Identitätsfeststellung am Ort des Geschehens sei nicht möglich gewesen, weil aufgrund in der Vergangenheit gemachter Erfahrungen eine Eskalation durch Solidarisierungen oder gar Befreiungsaktionen hätten befürchtet werden müssen, so dass die Personenfeststellung und der Datenabgleich mit der Fahndungsdatei nur auf der Wache ungestört hätten durchgeführt werden können. Zudem sei beabsichtigt gewesen, die Feuerstelle schnellstmöglich zu räumen, um die erforderlichen Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen und damit dem rechtswidrigen Geschehen ein Ende zu setzen. Angesichts der Tatsache, dass die Polizeidienststelle bereits nach wenigen Minuten Fußweg erreicht worden sei und sich die Aufenthaltsdauer auf der Dienststelle auf das zur Durchführung der Maßnahmen unbedingt Erforderliche beschränkt habe, sei die Sistierung auch verhältnismäßig gewesen.
13 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Beklagten und des Verwaltungsgerichts Freiburg vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 02.05.2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war. Ihre insgesamt zulässige Klage ist in diesem Umfang begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht hingegen die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Personenfeststellung als solche begehrt hat.
I.
15 
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren Rechtsschutz gegen die - erledigte - Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung.
16 
1. Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs ist nach § 17 a Abs. 5 GVG vom Senat nicht mehr zu prüfen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu Recht als gegeben angesehen. Entscheidend ist, ob das Schwergewicht des polizeilichen Handelns auf der Strafverfolgung oder auf der Gefahrenabwehr liegt. Für die Abgrenzung der beiden Aufgabengebiete ist maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (BVerwG, Urt. v. 03.12.1974 - I C 11.73 - BVerwGE 47, 255 und Urt. v. 19.10.1982 - 1 C 29.79 - BVerwGE 66, 192; Senatsurteil vom 16.05.1988 - 1 S 1826/87 - VBlBW 1989, 16). Hier erfolgte die Personenfeststellung nach den übereinstimmenden Bekundungen der Beteiligten primär zum Zweck der Gefahrenabwehr. Der Beklagte hat die Personenfeststellung ausschließlich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 26 PolG gestützt. Auch die Klägerin hat dies so verstanden, obwohl ihr - ebenso wie ihrem Begleiter, dem Zeugen E. - ausweislich ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bei der Sistierung eröffnet worden war, es bestehe der Verdacht auf Landfriedensbruch. Nachdem indes, wie der Beklagte der Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf telefonische Anfrage am 14.05.2008 mitgeteilt hat, kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin eingeleitet wurde, war es aus ihrer Perspektive naheliegend, davon auszugehen, dass die gegen sie ergriffenen Maßnahmen primär der Gefahrenabwehr dienen sollten.
17 
2. Bei der Personenfeststellung nach § 26 PolG handelt es sich um eine polizeiliche Standardmaßnahme, die ihrer Rechtsnatur nach ein Verwaltungsakt ist (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 315 ff., 334; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F Rn. 29 ff. <32>; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 215 f.). Die Klage ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung mit Abschluss der Personenfeststellung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Als Adressatin der angegriffenen Maßnahme ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).
18 
3. Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
19 
4. Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 19.08.2010 - 1 S 2266/09 - DVBl 2010, 1569 m.w.N.). Im Übrigen wurde die Klage binnen Monatsfrist erhoben.
20 
5. Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Das berechtigte Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Feststellung ergibt sich jedenfalls aus der erstrebten Rehabilitation. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 09.08.1990 - 1 B 94.90 - NVwZ 1991, 270; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 113 Rn. 142 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Dies ist hier zu bejahen, nachdem die in die allgemeine Handlungsfreiheit und in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifende Personenfeststellung Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung in der Regionalpresse unter voller Namensnennung und unter Hervorhebung der Stellung der Klägerin als Stadträtin war.
II.
21 
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Die auf § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG gestützte Personenfeststellung als solche war rechtmäßig. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
22 
1. a) Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Personenfeststellung bestehen keine Bedenken. Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes folgt aus § 60 Abs. 3 PolG. Eine Anhörung der Klägerin war nach § 28 Abs. 2 Nr.1 LVwVfG entbehrlich. Weil der Verwaltungsakt mündlich erlassen wurde, war auch keine Begründung erforderlich (vgl. § 39 Abs. 1 LVwVfG).
23 
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG lagen vor. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei die Identität einer Person feststellen, um im einzelnen Falle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren oder eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen. Hier war bereits eine Störung der öffentlichen Sicherheit eingetreten, die zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei noch anhielt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das Feuer auf der öffentlichen Straße und der Zustand der mit Glasscherben, Flaschen und anderen Gegenständen übersäten Abschnitte der Wilhelm- und Belfortstraße eine noch anhaltende Störung der öffentlichen Sicherheit darstellte, die ein polizeiliches Einschreiten mit dem Ziel der Störungsbeseitigung erforderte. Zudem bestand die Gefahr, dass weitere Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer in Gang halten bzw. an anderen Orten neue Feuer entzünden.
24 
c) Die Klägerin wurde zu Recht jedenfalls als Anscheinsstörerin angesehen.
25 
Die Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG darf nur gegenüber einem Störer nach §§ 6, 7 PolG getroffen werden, gegenüber dem Nichtstörer nach § 9 PolG nur unter den qualifizierten Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes (Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 26 Rn. 11; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl., § 26 Rn. 5; Würtenberger/Heckmann, a.a.O. Rn. 324).
26 
Verhaltensstörer im Sinne des § 6 PolG ist auch der Anscheinsstörer. Anscheinsstörer ist, wer ex post betrachtet nicht wirklich eine Gefahr verursacht, aber ex ante betrachtet bei einem fähigen, besonnenen und sachkundigen Polizeibeamten den Eindruck der Gefahrverursachung erweckt (Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., L Rn. 42). Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen. Die herrschende Meinung versteht unter einem Anscheinsstörer eine Person, die entweder durch ihr Verhalten eine Anscheinsgefahr oder hinsichtlich einer real bestehenden Gefahr durch ihr Verhalten einen Verursacherschein gesetzt hat (vgl. Senatsurteil vom 12.02.1990 - 1 S 1646/89 - NVwZ-RR 1990, 602 = DÖV 1990, 572 m.w.N.; Belz/Mußmann, a.a.O., § 6 Rn. 10). Der Begriff Anscheinsstörer wird in der zweiten Fallgruppe auf Konstellationen angewandt, in denen die Gefahr wahrscheinlich ist oder gar feststeht, in denen aber hinsichtlich des Verantwortlichen nur eine Möglichkeit oder ein Verdacht besteht. Ist nicht die Existenz einer Gefahr, sondern deren Urheber ungeklärt, besteht also der Verdacht einer Gefahrverursachung, soll der Betreffende als Anscheinsverursacher in Anspruch genommen werden können (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O. § 7 Rn. 6). In der Literatur wird in dieser Fallgruppe darüber hinaus teilweise verlangt, dass die Person den Anschein durch ihr Verhalten bzw. eine ihr zuzuordnende Sache unmittelbar verursacht hat (so etwa Schenke/Ruthig, Rechtsscheinhaftung im Polizei- und Ordnungsrecht? - Zur polizeirechtlichen Verantwortlichkeit des sog. Anscheinsstörers, VerwArch 87 (1996), 329 <331>). Auch nach dieser Auffassung setzt die unmittelbare Verursachung indes nicht zwingend einen Verstoß gegen eine bestimmte Rechtsnorm voraus. Es genügt, wenn ein Verhalten objektiv geeignet ist, bei Dritten den Eindruck zu erwecken, es drohe ein Schaden für ein polizeilich geschütztes Rechtsgut (Irreführungsrisiko). Selbst wer nicht weiß, dass er von der Polizei beobachtet wird, übernimmt das Risiko dafür, dass aus seinem Verhalten in der Öffentlichkeit auf seine Störereigenschaft geschlossen wird (Schenke/Ruthig, a.a.O. S. 340 f.).
27 
Daran gemessen ist die Störereigenschaft hier selbst bei Zugrundelegung der engeren Auffassung von Schenke/Ruthig zu bejahen, so dass der Senat offen lassen kann, ob der Begriff des Anscheinsstörers in diesem Sinne einzugrenzen ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Feuer von Personen, die sich um die Feuerstelle versammelt hatten, gegen 22.00 Uhr entzündet und bis gegen 2.00 Uhr unterhalten wurde. Von den um das Feuer versammelten Personen waren Aggressionen gegenüber sich nähernden Polizeibeamten ausgegangen (Werfen von Bierflaschen und anderen Gegenständen). Als die Klägerin gegen 2.15 Uhr an der Feuerstelle angetroffen wurde, war für Außenstehende nicht zweifelsfrei erkennbar, wie lange sie sich dort bereits befand und ob sie zu dem Kreis der Personen gehörte, der für die Störung der öffentlichen Sicherheit verantwortlich war. Ausweislich der Angaben des Einsatzleiters der Polizei gab es keinerlei sichere Anhaltspunkte dafür, dass man der Klägerin und ihrem Begleiter Straftaten hätte nachweisen können. Beide hielten sich indes in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten und während der noch anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit für einen Zeitraum von zumindest zehn Minuten an der Feuerstelle auf. Zudem hatte die Klägerin, ebenso wie ihr Begleiter, eine Bierflasche in der Hand, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach nach Polizeibeamten geworfen worden war. Es waren auch keine Anhaltspunkte erkennbar, die auf eine Distanzierung der Klägerin von der bereits seit mehreren Stunden anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit hätten schließen lassen können. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass die Polizei aus dem Verhalten der Klägerin auf ihre Störereigenschaft geschlossen hat.
28 
d) Die Personenfeststellung war zur Gefahrenabwehr geeignet. Der potentielle Störer wird durch die Feststellung seiner Personalien aus der Anonymität gerissen und weiß, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden kann (vgl. BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Die Personenfeststellung ist daher ein geeignetes Mittel, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten.
29 
Hier ging es darum, das weitere Unterhalten des Feuers und das etwaige Entzünden weiterer Feuer sowie die befürchtete Störung der Löscharbeiten durch weitere Ausschreitungen - etwa Flaschenwürfe - zu unterbinden. Es liegt nahe, dass derartige Störungen eher aus der Anonymität heraus verübt werden und dass ein potentieller Störer, dessen Personalien festgestellt sind, sich weiterer Störungen, die ihn dann dem Risiko der Strafverfolgung aussetzen, eher enthalten wird.
30 
e) Die Personenfeststellung war auch erforderlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin wäre eine bloße Gefährderansprache oder ein auf die polizeiliche Generalklausel gestützter Platzverweis (gesetzlich normiert wurde der Platzverweis erst in dem durch das Änderungsgesetz vom 18.11.2008 eingefügten § 27 a Abs. 1 PolG) kein gleichermaßen geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Zwar wäre ein isolierter Platzverweis möglicherweise zur Räumung der Feuerstelle ebenso geeignet gewesen, doch hätte dann die ex ante in nicht zu beanstandender Weise prognostizierte Gefahr bestanden, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer aufgehalten und die Störungen der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, und dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und zu finden, so dass es dann zu einer in jedem Fall zu vermeidenden Konfrontation mit den inzwischen vor Ort tätigen Polizeibeamten hätte kommen können. Bei einem isolierten, nicht mit einer Personenfeststellung einhergehenden Platzverweis wäre den des Platzes Verwiesenen weiterhin ein Handeln aus der Anonymität heraus möglich gewesen, was eine zugleich effektive und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrende Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung wiederum erschwert hätte.
31 
f) Angesichts des mit der bloßen Personenfeststellung verbundenen geringfügigen Eingriffs in die Rechtssphäre des Betroffenen (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 11; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., Rn. 328; Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 375) war diese Maßnahme schließlich verhältnismäßig im engeren Sinne.
32 
2. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift, die vorliegend in der Fassung vom 01.07.2004 anzuwenden ist, kann der Betroffene festgehalten und zur Dienststelle gebracht werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Die Vorschrift erlaubt die sog. Sistierung, die eine Freiheitsbeschränkung i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 Abs. 1 GG darstellt, etwa dann, wenn die Personenfeststellung an Ort und Stelle unangemessen oder unmöglich ist, weil der Betroffene sich strikt weigert, das Publikum aufgebracht ist oder eine unfriedliche Menge die Beamten behindert oder bedroht (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; ähnlich Belz/Mußmann, a.a.O., § 26 Rn. 29). Die Voraussetzungen („nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten“) decken sich mit denen des § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO. Sie stellen eine gesetzliche Konkretisierung des Übermaßverbotes dar und sollen sicherstellen, dass ein Eingriff in die persönliche Freiheit nur in Fällen erfolgt, in denen er zur Feststellung der Identität unerlässlich ist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - NVwZ 1992, 767 m.w.N. und Beschl. v. 11.07.2006 - 2 BvR 1255/04 - NStZ-RR 2006, 381). Verhältnismäßigkeit bedeutet bei Freiheitsbeschränkungen zur Identitätsfeststellung für alle Maßnahmen, die über das bloße Anhalten und die Aufforderung, sich auszuweisen, hinausgehen, dass Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdungslage gegeben sein müssen (Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 104 Rn. 17).
33 
Vom Umfang her umfasst die Personenfeststellung alle, aber auch nur diejenigen Angaben über eine Person, die es ermöglichen, sie von anderen Personen zu unterscheiden und Verwechslungen auszuschließen. Die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Passes genügt in jedem Fall, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten wie etwa der Verdacht des unrechtmäßigen Besitzes vorliegen (vgl. Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 373; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; KK-Griesbaum, StPO, 6. Aufl., § 163 b Rn. 13 m.w.N.; BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - a.a.O.). Ein Datenabgleich mit polizeilichen Dateien, wie er hier auf dem Polizeirevier durchgeführt wurde, ist danach regelmäßig nicht Bestandteil der Personenfeststellung nach § 26 PolG, sondern ein sich an die Personenfeststellung anschließender selbstständiger Folgeeingriff, der nach Maßgabe des § 39 PolG zulässig ist.
34 
Daran gemessen folgt hier die Rechtswidrigkeit der Sistierung schon daraus, dass die Personenfeststellung bereits am Ort des Geschehens erfolgt war. Die Klägerin hatte den Polizeibeamten auf entsprechende Aufforderung ihren gültigen Personalausweis ausgehändigt. Konkrete Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten lagen nicht vor. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als Zeuge vernommene Polizeikommissar S. hatte nach Vorlage des Ausweises keine Zweifel an der Identität der Klägerin. Die Identität der Klägerin war folglich durch ihren Personalausweis zweifelsfrei belegt. Ein Datenabgleich zum Zweck der Identitätsfeststellung war bei dieser Sachlage nicht erforderlich. Ob die Voraussetzungen für einen selbstständigen Datenabgleich nach § 39 PolG vorgelegen haben, kann der Senat offen lassen, weil allein zum Zweck des Datenabgleichs eine Sistierung in jedem Fall unzulässig ist. § 39 Abs. 1 Satz 4 PolG räumt der Polizei nur die Befugnis ein, den Betroffenen für die Dauer des Datenabgleichs anzuhalten. Ein Sistierungsrecht hat die Polizei nach § 39 PolG nicht.
35 
Selbst wenn man unterstellt, die Identität der Klägerin hätte aufgrund der Vorlage des Personalausweises nicht zweifelsfrei festgestanden oder es hätten andere Unstimmigkeiten vorgelegen, hätte die Überprüfung der Identität der Klägerin am Einsatzort erfolgen können. Ein zum Zweck der Identitätsfeststellung erforderlicher Datenabgleich wäre auch über Funk vom Polizeifahrzeug aus möglich gewesen. Der Senat geht aufgrund des Ergebnisses der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass die mit der Personenfeststellung der Klägerin befassten Beamten ein Einsatzfahrzeug mit sich führten, welches sie in 10 bis 20 m Entfernung von der Feuerstelle in der Wilhelmstraße abgestellt hatten. Angesichts der Tatsache, dass insgesamt nur vier Personenfeststellungen erfolgten, wäre auch der Zeitaufwand bei einer Feststellung vor Ort nicht unvertretbar lang gewesen. Störungen durch Dritte standen dem Datenabgleich über Funk vor Ort ebenfalls nicht entgegen. Die Polizeibeamten hatten den Personalausweis der Klägerin bereits mehrere Minuten in ihrem Gewahrsam, ohne dass es zu Störungen gekommen wäre. Solche Störungen wurden lediglich vor dem Hintergrund von Erfahrungen aus dem Vorjahr befürchtet, ohne dass indes aktuell eine konkrete Gefahr bestanden hätte. Ein Datenabgleich vor Ort wurde auch nicht durch den anhaltenden Einsatz der Polizeikräfte unmöglich gemacht. Die Beamten, die die Klägerin und die weiteren Betroffenen auf das Polizeirevier brachten, waren infolgedessen ohnehin am Einsatz vor Ort nicht mehr beteiligt. Sie hätten ohne weiteres - etwa abseits der Feuerstelle am Einsatzfahrzeug - den Datenabgleich durchführen können. Schließlich spricht auch der Umstand, dass die Betroffenen zu Fuß und nicht etwa in einem Polizeifahrzeug auf die Dienststelle gebracht wurden, dagegen, dass erhebliche Störungen tatsächlich erwartet wurden.
36 
Soweit der Beklagte sich zur Rechtfertigung der Sistierung nicht auf eine mögliche Eskalation der Situation vor Ort durch die Solidarisierung Dritter mit den von den polizeilichen Maßnahmen Betroffenen, sondern auf das Ziel, die Feuerstelle zu räumen sowie Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen, beruft, muss er sich entgegenhalten lassen, dass im Verhältnis zu der die Freiheit der Person einschränkenden Sistierung der Platzverweis auf jeden Fall das mildere Mittel ist. Ein - mit einer Personenfeststellung vor Ort einhergehender - Platzverweis wäre auch in gleicher Weise geeignet gewesen, die Störung zu beseitigen. Auch bei der gewählten Vorgehensweise - Räumung der Feuerstelle durch Sistierung der dort angetroffenen Personen - waren angesichts der insgesamt unübersichtlichen Lage weiterhin für die Dauer der Löscharbeiten Polizeikräfte am Ort der Störung gebunden; es ist nicht ersichtlich, dass bei einer Räumung der Feuerstelle durch Erteilung von Platzverweisen und Personenfeststellungen vor Ort Polizeikräfte in größerer Zahl hätten eingesetzt werden müssen oder der Einsatz sich aus anderen Gründen signifikant schwieriger gestaltet hätte. Die Sistierung war daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich.
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
39 
Beschluss vom 14. Dezember 2010
40 
Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Nach Auffassung des Senats ist für die Personenfeststellung, die Sistierung, das Anfertigen von Lichtbildern und die körperliche Durchsuchung jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen. Angesichts des Gewichts der Sistierung erscheint es nicht gerechtfertigt, diese bei der Streitwertfestsetzung unberücksichtigt zu lassen.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 02.05.2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war. Ihre insgesamt zulässige Klage ist in diesem Umfang begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht hingegen die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Personenfeststellung als solche begehrt hat.
I.
15 
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren Rechtsschutz gegen die - erledigte - Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung.
16 
1. Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs ist nach § 17 a Abs. 5 GVG vom Senat nicht mehr zu prüfen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu Recht als gegeben angesehen. Entscheidend ist, ob das Schwergewicht des polizeilichen Handelns auf der Strafverfolgung oder auf der Gefahrenabwehr liegt. Für die Abgrenzung der beiden Aufgabengebiete ist maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (BVerwG, Urt. v. 03.12.1974 - I C 11.73 - BVerwGE 47, 255 und Urt. v. 19.10.1982 - 1 C 29.79 - BVerwGE 66, 192; Senatsurteil vom 16.05.1988 - 1 S 1826/87 - VBlBW 1989, 16). Hier erfolgte die Personenfeststellung nach den übereinstimmenden Bekundungen der Beteiligten primär zum Zweck der Gefahrenabwehr. Der Beklagte hat die Personenfeststellung ausschließlich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 26 PolG gestützt. Auch die Klägerin hat dies so verstanden, obwohl ihr - ebenso wie ihrem Begleiter, dem Zeugen E. - ausweislich ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bei der Sistierung eröffnet worden war, es bestehe der Verdacht auf Landfriedensbruch. Nachdem indes, wie der Beklagte der Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf telefonische Anfrage am 14.05.2008 mitgeteilt hat, kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin eingeleitet wurde, war es aus ihrer Perspektive naheliegend, davon auszugehen, dass die gegen sie ergriffenen Maßnahmen primär der Gefahrenabwehr dienen sollten.
17 
2. Bei der Personenfeststellung nach § 26 PolG handelt es sich um eine polizeiliche Standardmaßnahme, die ihrer Rechtsnatur nach ein Verwaltungsakt ist (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 315 ff., 334; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F Rn. 29 ff. <32>; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 215 f.). Die Klage ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung mit Abschluss der Personenfeststellung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Als Adressatin der angegriffenen Maßnahme ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).
18 
3. Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
19 
4. Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 19.08.2010 - 1 S 2266/09 - DVBl 2010, 1569 m.w.N.). Im Übrigen wurde die Klage binnen Monatsfrist erhoben.
20 
5. Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Das berechtigte Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Feststellung ergibt sich jedenfalls aus der erstrebten Rehabilitation. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 09.08.1990 - 1 B 94.90 - NVwZ 1991, 270; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 113 Rn. 142 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Dies ist hier zu bejahen, nachdem die in die allgemeine Handlungsfreiheit und in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifende Personenfeststellung Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung in der Regionalpresse unter voller Namensnennung und unter Hervorhebung der Stellung der Klägerin als Stadträtin war.
II.
21 
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Die auf § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG gestützte Personenfeststellung als solche war rechtmäßig. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
22 
1. a) Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Personenfeststellung bestehen keine Bedenken. Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes folgt aus § 60 Abs. 3 PolG. Eine Anhörung der Klägerin war nach § 28 Abs. 2 Nr.1 LVwVfG entbehrlich. Weil der Verwaltungsakt mündlich erlassen wurde, war auch keine Begründung erforderlich (vgl. § 39 Abs. 1 LVwVfG).
23 
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG lagen vor. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei die Identität einer Person feststellen, um im einzelnen Falle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren oder eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen. Hier war bereits eine Störung der öffentlichen Sicherheit eingetreten, die zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei noch anhielt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das Feuer auf der öffentlichen Straße und der Zustand der mit Glasscherben, Flaschen und anderen Gegenständen übersäten Abschnitte der Wilhelm- und Belfortstraße eine noch anhaltende Störung der öffentlichen Sicherheit darstellte, die ein polizeiliches Einschreiten mit dem Ziel der Störungsbeseitigung erforderte. Zudem bestand die Gefahr, dass weitere Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer in Gang halten bzw. an anderen Orten neue Feuer entzünden.
24 
c) Die Klägerin wurde zu Recht jedenfalls als Anscheinsstörerin angesehen.
25 
Die Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG darf nur gegenüber einem Störer nach §§ 6, 7 PolG getroffen werden, gegenüber dem Nichtstörer nach § 9 PolG nur unter den qualifizierten Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes (Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 26 Rn. 11; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl., § 26 Rn. 5; Würtenberger/Heckmann, a.a.O. Rn. 324).
26 
Verhaltensstörer im Sinne des § 6 PolG ist auch der Anscheinsstörer. Anscheinsstörer ist, wer ex post betrachtet nicht wirklich eine Gefahr verursacht, aber ex ante betrachtet bei einem fähigen, besonnenen und sachkundigen Polizeibeamten den Eindruck der Gefahrverursachung erweckt (Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., L Rn. 42). Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen. Die herrschende Meinung versteht unter einem Anscheinsstörer eine Person, die entweder durch ihr Verhalten eine Anscheinsgefahr oder hinsichtlich einer real bestehenden Gefahr durch ihr Verhalten einen Verursacherschein gesetzt hat (vgl. Senatsurteil vom 12.02.1990 - 1 S 1646/89 - NVwZ-RR 1990, 602 = DÖV 1990, 572 m.w.N.; Belz/Mußmann, a.a.O., § 6 Rn. 10). Der Begriff Anscheinsstörer wird in der zweiten Fallgruppe auf Konstellationen angewandt, in denen die Gefahr wahrscheinlich ist oder gar feststeht, in denen aber hinsichtlich des Verantwortlichen nur eine Möglichkeit oder ein Verdacht besteht. Ist nicht die Existenz einer Gefahr, sondern deren Urheber ungeklärt, besteht also der Verdacht einer Gefahrverursachung, soll der Betreffende als Anscheinsverursacher in Anspruch genommen werden können (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O. § 7 Rn. 6). In der Literatur wird in dieser Fallgruppe darüber hinaus teilweise verlangt, dass die Person den Anschein durch ihr Verhalten bzw. eine ihr zuzuordnende Sache unmittelbar verursacht hat (so etwa Schenke/Ruthig, Rechtsscheinhaftung im Polizei- und Ordnungsrecht? - Zur polizeirechtlichen Verantwortlichkeit des sog. Anscheinsstörers, VerwArch 87 (1996), 329 <331>). Auch nach dieser Auffassung setzt die unmittelbare Verursachung indes nicht zwingend einen Verstoß gegen eine bestimmte Rechtsnorm voraus. Es genügt, wenn ein Verhalten objektiv geeignet ist, bei Dritten den Eindruck zu erwecken, es drohe ein Schaden für ein polizeilich geschütztes Rechtsgut (Irreführungsrisiko). Selbst wer nicht weiß, dass er von der Polizei beobachtet wird, übernimmt das Risiko dafür, dass aus seinem Verhalten in der Öffentlichkeit auf seine Störereigenschaft geschlossen wird (Schenke/Ruthig, a.a.O. S. 340 f.).
27 
Daran gemessen ist die Störereigenschaft hier selbst bei Zugrundelegung der engeren Auffassung von Schenke/Ruthig zu bejahen, so dass der Senat offen lassen kann, ob der Begriff des Anscheinsstörers in diesem Sinne einzugrenzen ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Feuer von Personen, die sich um die Feuerstelle versammelt hatten, gegen 22.00 Uhr entzündet und bis gegen 2.00 Uhr unterhalten wurde. Von den um das Feuer versammelten Personen waren Aggressionen gegenüber sich nähernden Polizeibeamten ausgegangen (Werfen von Bierflaschen und anderen Gegenständen). Als die Klägerin gegen 2.15 Uhr an der Feuerstelle angetroffen wurde, war für Außenstehende nicht zweifelsfrei erkennbar, wie lange sie sich dort bereits befand und ob sie zu dem Kreis der Personen gehörte, der für die Störung der öffentlichen Sicherheit verantwortlich war. Ausweislich der Angaben des Einsatzleiters der Polizei gab es keinerlei sichere Anhaltspunkte dafür, dass man der Klägerin und ihrem Begleiter Straftaten hätte nachweisen können. Beide hielten sich indes in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten und während der noch anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit für einen Zeitraum von zumindest zehn Minuten an der Feuerstelle auf. Zudem hatte die Klägerin, ebenso wie ihr Begleiter, eine Bierflasche in der Hand, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach nach Polizeibeamten geworfen worden war. Es waren auch keine Anhaltspunkte erkennbar, die auf eine Distanzierung der Klägerin von der bereits seit mehreren Stunden anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit hätten schließen lassen können. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass die Polizei aus dem Verhalten der Klägerin auf ihre Störereigenschaft geschlossen hat.
28 
d) Die Personenfeststellung war zur Gefahrenabwehr geeignet. Der potentielle Störer wird durch die Feststellung seiner Personalien aus der Anonymität gerissen und weiß, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden kann (vgl. BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Die Personenfeststellung ist daher ein geeignetes Mittel, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten.
29 
Hier ging es darum, das weitere Unterhalten des Feuers und das etwaige Entzünden weiterer Feuer sowie die befürchtete Störung der Löscharbeiten durch weitere Ausschreitungen - etwa Flaschenwürfe - zu unterbinden. Es liegt nahe, dass derartige Störungen eher aus der Anonymität heraus verübt werden und dass ein potentieller Störer, dessen Personalien festgestellt sind, sich weiterer Störungen, die ihn dann dem Risiko der Strafverfolgung aussetzen, eher enthalten wird.
30 
e) Die Personenfeststellung war auch erforderlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin wäre eine bloße Gefährderansprache oder ein auf die polizeiliche Generalklausel gestützter Platzverweis (gesetzlich normiert wurde der Platzverweis erst in dem durch das Änderungsgesetz vom 18.11.2008 eingefügten § 27 a Abs. 1 PolG) kein gleichermaßen geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Zwar wäre ein isolierter Platzverweis möglicherweise zur Räumung der Feuerstelle ebenso geeignet gewesen, doch hätte dann die ex ante in nicht zu beanstandender Weise prognostizierte Gefahr bestanden, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer aufgehalten und die Störungen der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, und dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und zu finden, so dass es dann zu einer in jedem Fall zu vermeidenden Konfrontation mit den inzwischen vor Ort tätigen Polizeibeamten hätte kommen können. Bei einem isolierten, nicht mit einer Personenfeststellung einhergehenden Platzverweis wäre den des Platzes Verwiesenen weiterhin ein Handeln aus der Anonymität heraus möglich gewesen, was eine zugleich effektive und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrende Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung wiederum erschwert hätte.
31 
f) Angesichts des mit der bloßen Personenfeststellung verbundenen geringfügigen Eingriffs in die Rechtssphäre des Betroffenen (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 11; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., Rn. 328; Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 375) war diese Maßnahme schließlich verhältnismäßig im engeren Sinne.
32 
2. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift, die vorliegend in der Fassung vom 01.07.2004 anzuwenden ist, kann der Betroffene festgehalten und zur Dienststelle gebracht werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Die Vorschrift erlaubt die sog. Sistierung, die eine Freiheitsbeschränkung i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 Abs. 1 GG darstellt, etwa dann, wenn die Personenfeststellung an Ort und Stelle unangemessen oder unmöglich ist, weil der Betroffene sich strikt weigert, das Publikum aufgebracht ist oder eine unfriedliche Menge die Beamten behindert oder bedroht (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; ähnlich Belz/Mußmann, a.a.O., § 26 Rn. 29). Die Voraussetzungen („nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten“) decken sich mit denen des § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO. Sie stellen eine gesetzliche Konkretisierung des Übermaßverbotes dar und sollen sicherstellen, dass ein Eingriff in die persönliche Freiheit nur in Fällen erfolgt, in denen er zur Feststellung der Identität unerlässlich ist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - NVwZ 1992, 767 m.w.N. und Beschl. v. 11.07.2006 - 2 BvR 1255/04 - NStZ-RR 2006, 381). Verhältnismäßigkeit bedeutet bei Freiheitsbeschränkungen zur Identitätsfeststellung für alle Maßnahmen, die über das bloße Anhalten und die Aufforderung, sich auszuweisen, hinausgehen, dass Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdungslage gegeben sein müssen (Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 104 Rn. 17).
33 
Vom Umfang her umfasst die Personenfeststellung alle, aber auch nur diejenigen Angaben über eine Person, die es ermöglichen, sie von anderen Personen zu unterscheiden und Verwechslungen auszuschließen. Die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Passes genügt in jedem Fall, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten wie etwa der Verdacht des unrechtmäßigen Besitzes vorliegen (vgl. Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 373; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; KK-Griesbaum, StPO, 6. Aufl., § 163 b Rn. 13 m.w.N.; BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - a.a.O.). Ein Datenabgleich mit polizeilichen Dateien, wie er hier auf dem Polizeirevier durchgeführt wurde, ist danach regelmäßig nicht Bestandteil der Personenfeststellung nach § 26 PolG, sondern ein sich an die Personenfeststellung anschließender selbstständiger Folgeeingriff, der nach Maßgabe des § 39 PolG zulässig ist.
34 
Daran gemessen folgt hier die Rechtswidrigkeit der Sistierung schon daraus, dass die Personenfeststellung bereits am Ort des Geschehens erfolgt war. Die Klägerin hatte den Polizeibeamten auf entsprechende Aufforderung ihren gültigen Personalausweis ausgehändigt. Konkrete Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten lagen nicht vor. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als Zeuge vernommene Polizeikommissar S. hatte nach Vorlage des Ausweises keine Zweifel an der Identität der Klägerin. Die Identität der Klägerin war folglich durch ihren Personalausweis zweifelsfrei belegt. Ein Datenabgleich zum Zweck der Identitätsfeststellung war bei dieser Sachlage nicht erforderlich. Ob die Voraussetzungen für einen selbstständigen Datenabgleich nach § 39 PolG vorgelegen haben, kann der Senat offen lassen, weil allein zum Zweck des Datenabgleichs eine Sistierung in jedem Fall unzulässig ist. § 39 Abs. 1 Satz 4 PolG räumt der Polizei nur die Befugnis ein, den Betroffenen für die Dauer des Datenabgleichs anzuhalten. Ein Sistierungsrecht hat die Polizei nach § 39 PolG nicht.
35 
Selbst wenn man unterstellt, die Identität der Klägerin hätte aufgrund der Vorlage des Personalausweises nicht zweifelsfrei festgestanden oder es hätten andere Unstimmigkeiten vorgelegen, hätte die Überprüfung der Identität der Klägerin am Einsatzort erfolgen können. Ein zum Zweck der Identitätsfeststellung erforderlicher Datenabgleich wäre auch über Funk vom Polizeifahrzeug aus möglich gewesen. Der Senat geht aufgrund des Ergebnisses der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass die mit der Personenfeststellung der Klägerin befassten Beamten ein Einsatzfahrzeug mit sich führten, welches sie in 10 bis 20 m Entfernung von der Feuerstelle in der Wilhelmstraße abgestellt hatten. Angesichts der Tatsache, dass insgesamt nur vier Personenfeststellungen erfolgten, wäre auch der Zeitaufwand bei einer Feststellung vor Ort nicht unvertretbar lang gewesen. Störungen durch Dritte standen dem Datenabgleich über Funk vor Ort ebenfalls nicht entgegen. Die Polizeibeamten hatten den Personalausweis der Klägerin bereits mehrere Minuten in ihrem Gewahrsam, ohne dass es zu Störungen gekommen wäre. Solche Störungen wurden lediglich vor dem Hintergrund von Erfahrungen aus dem Vorjahr befürchtet, ohne dass indes aktuell eine konkrete Gefahr bestanden hätte. Ein Datenabgleich vor Ort wurde auch nicht durch den anhaltenden Einsatz der Polizeikräfte unmöglich gemacht. Die Beamten, die die Klägerin und die weiteren Betroffenen auf das Polizeirevier brachten, waren infolgedessen ohnehin am Einsatz vor Ort nicht mehr beteiligt. Sie hätten ohne weiteres - etwa abseits der Feuerstelle am Einsatzfahrzeug - den Datenabgleich durchführen können. Schließlich spricht auch der Umstand, dass die Betroffenen zu Fuß und nicht etwa in einem Polizeifahrzeug auf die Dienststelle gebracht wurden, dagegen, dass erhebliche Störungen tatsächlich erwartet wurden.
36 
Soweit der Beklagte sich zur Rechtfertigung der Sistierung nicht auf eine mögliche Eskalation der Situation vor Ort durch die Solidarisierung Dritter mit den von den polizeilichen Maßnahmen Betroffenen, sondern auf das Ziel, die Feuerstelle zu räumen sowie Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen, beruft, muss er sich entgegenhalten lassen, dass im Verhältnis zu der die Freiheit der Person einschränkenden Sistierung der Platzverweis auf jeden Fall das mildere Mittel ist. Ein - mit einer Personenfeststellung vor Ort einhergehender - Platzverweis wäre auch in gleicher Weise geeignet gewesen, die Störung zu beseitigen. Auch bei der gewählten Vorgehensweise - Räumung der Feuerstelle durch Sistierung der dort angetroffenen Personen - waren angesichts der insgesamt unübersichtlichen Lage weiterhin für die Dauer der Löscharbeiten Polizeikräfte am Ort der Störung gebunden; es ist nicht ersichtlich, dass bei einer Räumung der Feuerstelle durch Erteilung von Platzverweisen und Personenfeststellungen vor Ort Polizeikräfte in größerer Zahl hätten eingesetzt werden müssen oder der Einsatz sich aus anderen Gründen signifikant schwieriger gestaltet hätte. Die Sistierung war daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich.
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
39 
Beschluss vom 14. Dezember 2010
40 
Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Nach Auffassung des Senats ist für die Personenfeststellung, die Sistierung, das Anfertigen von Lichtbildern und die körperliche Durchsuchung jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen. Angesichts des Gewichts der Sistierung erscheint es nicht gerechtfertigt, diese bei der Streitwertfestsetzung unberücksichtigt zu lassen.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 - 1 K 754/06 - geändert.

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Feststellung, dass die von der Beklagten verfügte Auflösung eines am 21.01.2006 durchgeführten Skinheadkonzerts rechtswidrig war.
In den Abendstunden des 21.01.2006 fand in ... im Ortsteil ... in einem Kellerraum auf dem Fabrikgelände der ehemaligen Firma ... in der ...straße ... ein Skinheadkonzert mit den zur rechten Skinheadszene gehörenden Musikbands „Breakdown“, „Tobsucht“ und „Blue Max“ statt. Als Eintrittsgeld wurden 7 EUR verlangt. Das Konzert wurde nicht öffentlich angekündigt, sondern einem ausgewählten Kreis von Interessierten über Mobiltelefon und per E-Mail mitgeteilt. Des Weiteren bestand die Möglichkeit, über ein sog. „nationales Infotelefon“ von dem Konzert Kenntnis zu erlangen. Der ca. 80 qm große Veranstaltungsraum war von den Klägern zu 2 bis 4, die ihn schon seit längerer Zeit als Probenraum für die Skinheadband „Division Staufen“ gemietet hatten, für die Veranstaltung bereitgestellt worden.
Die Polizei erhielt trotz der konspirativen Vorbereitung Kenntnis von der Veranstaltung und ermittelte am 21.01.2006 den Ort und den mutmaßlichen, sich aus der Skinheadszene rekrutierenden Teilnehmerkreis. Sie hatte feuerpolizeiliche und baurechtliche Sicherheitsbedenken und erwartete im Hinblick auf die beteiligten Personen und die Skinheadbands die Begehung von Straftaten nach den §§ 86 und 86 a StGB (Verbreiten von Propagandamitteln und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) sowie die Begehung von Ordnungswidrigkeiten nach jugendschutz- und gaststättenrechtlichen Bestimmungen während und nach der Veranstaltung. Der verantwortliche Einsatzleiter der Polizeidirektion ... informierte daher den Leiter des Ordnungsamtes der Beklagten am 21.01.2006 gegen 18:50 Uhr über den Sachverhalt. Dieser verfügte daraufhin mündlich unter Hinweis auf Gefahr im Verzug die Auflösung der Veranstaltung als erforderliche Maßnahme zur Gefahrenabwehr und die Erteilung von Platzverweisen nach den §§ 1, 3 PolG.
Nach Einholung einer durch das Amtsgericht ... verfügten richterlichen Anordnung zum Betreten der Örtlichkeit gingen einige der vor Ort befindlichen ca. 100 Polizeikräfte um 21:57 Uhr in den Veranstaltungsraum, in dem sich - wie sich später herausstellte - 118 zum Teil minderjährige Personen befanden. Der am … 1983 geborene Kläger zu 1 gab sich gegenüber dem Einsatzleiter als für die Veranstaltung Verantwortlicher zu erkennen und teilte mit, dass sein Geburtstag gefeiert werde. Daraufhin wurden ihm und dem Kläger zu 4, der sich gegenüber der Polizei ebenfalls als Verantwortlicher bezeichnet hatte, die von der Polizei beabsichtigten Maßnahmen erläutert. In den Räumlichkeiten traf die Polizei auch einen überörtlich tätigen gewerblichen Händler an, der z. T. strafrechtlich relevante rechtsextremistische CDs und T-Shirts zum Kauf anbot und deswegen später wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a StGB), Volksverhetzung (§ 130 StGB) sowie wegen Ordnungswidrigkeiten nach dem Jugendschutzgesetz und der Gewerbeordnung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt wurde. In Verwahrung genommen wurden auch Tonträger der Skinheadband „Blue Max“, deren strafrechtliche Bewertung durch die Staatsanwaltschaft jedoch zu keinen weiteren Maßnahmen führte.
Im Anschluss an die Auflösung der Veranstaltung wurde auf Anordnung des Polizeivollzugsdienstes die Identität der angetroffenen Personen festgestellt; außerdem wurden körperliche Durchsuchungsmaßnahmen durchgeführt und mündliche Platzverweise für den Veranstaltungsort und den Stadtbezirk ... erteilt.
Über den Polizeieinsatz wurde sowohl in der örtlichen wie auch in der über-örtlichen Presse berichtet.
In der schriftlich abgefassten Auflösungsverfügung der Beklagten vom 31.01.2006, die dem Kläger zu 4 am 01.02.2006 zugestellt wurde, hieß es im verfügenden Teil, dass die Konzertveranstaltung gemäß §§ 1, 3, 49 und 50 PolG aufzulösen und der Veranstaltungsort gemäß §§ 18, 19, 26 und 27 LVwVG zu räumen sei. Gemäß §§ 1, 3 und 6 PolG seien gegen die Teilnehmer der Konzertveranstaltung Platzverweise auszusprechen gewesen. Zur Begründung bezog sich die Beklagte zunächst auf allgemeine polizeiliche Erkenntnisse, nach denen es bei den Zusam-menkünften rechtsextremer Gruppierungen im Landkreis ... zu Ordnungsstörungen gekommen sei. Ortsansässige Angehörige der rechtsextremen Szene hätten politisch motivierte Straf- und Gewalttaten begangen, unter anderem sei im Jahr 2000 ein Brandanschlag auf eine Moschee in ... verübt worden. Am 21.01.2006 sei gegen 18:00 Uhr an der Tank- und Rastanlage ... ein mit zwei Personen besetzter PKW aufgefallen, dessen Halter bereits rechtsextrem motivierte Straftaten begangen habe. Von diesen Personen sei ein weiterer PKW, der einem Mitglied der Skinheadband „Blue Max“ habe zugeordnet werden können, zum Veranstaltungsort in die ...straße gelotst worden. Dort habe bereits am 09.07.2005 eine sogenannte „private Geburtstagsfeier“ stattgefunden, bei der der Kläger zu 4 und ein weiteres Mitglied der Skinheadband „Division Staufen“ festgestellt worden seien. Auf der Rastanlage ... sei die zweite Person als N. H. identifiziert worden, dessen Wohnsitz mit dem des Klägers zu 4 identisch sei. In Verbindung mit Anrufen von Einwohnern beim Polizeirevier ... hätten die Umstände eindeutig auf die Durchführung eines Skinhead-Konzerts mit überregionalem Besuch schließen lassen. Die Veranstaltung sei von einer großen Zahl von Besuchern frequentiert worden, die nach ihrem Äußeren der Skinhead- bzw. rechten Szene hätten zugeordnet werden können. Bei den im Zusammenhang mit der Organisation der Veranstaltung bis zu diesem Zeitpunkt bekannt gewordenen Personen habe es sich um rechtsextreme politisch motivierte Straftäter gehandelt. Auch ein Teil der Besucher sei bereits einschlägig polizeilich bekannt gewesen. Aufgrund der bekannt gewordenen Personenbeziehungen sei zu vermuten gewesen, dass Angehörige der Band „Division Staufen“ für die Veranstaltung verantwortlich gewesen seien. Aufgrund aller Umstände habe darauf geschlossen werden können, dass es sich um eine für die rechte Szene typische, konspirativ organisierte Konzertveranstaltung gehandelt habe. Veranstaltungen dieser Art würden nach polizeilichen Erkenntnissen regelmäßig als „private Geburtstagsfeier“ deklariert, obwohl durch die Erhebung von Eintrittsgeld und den Verkauf von Getränken ein kommerzieller Charakter gegeben sei. Teilnehmer würden dabei durch Liedtexte eine gewalttätige und menschenverachtende Einstellung ausdrücken. Rassismus, Antisemitismus, übersteigertes Nationalbewusstsein und die Glorifizierung des Nationalsozialismus würden in solcher Weise propagiert, dass zwangsläufig Straftaten wie z. B. Volksverhetzung oder Aufruf zum Rassenhass vorlägen. Des Weiteren seien die Straftaten des Tragens oder Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole, Skandierens von nationalsozialistischen Parolen und sonstige Propagandadelikte zu erwarten. Damit verbunden sei ein übermäßiger Alkoholgenuss, der zu einer aufgeheizten Atmosphäre und einem hohen Aggressionspotenzial mit entsprechenden Folgen auch im Umfeld des Veranstaltungsortes bzw. bei der Abreise der Teilnehmer und damit Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung führen könne. Vorschriften des Jugendschutzes, der Gaststättenverordnung und vor allem der bau- und feuerpolizeilichen Bestimmungen fänden bei dieser Art konspirativ durchgeführter Musikveranstaltungen keinerlei Beachtung und stellten somit zumindest Gefahren, regelmäßig jedoch bereits eingetretene Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Die Mitglieder der Skinheadband „Blue Max“ seien als rechtsmotivierte Straftäter polizeilich erfasst und im Zusammenhang mit Konzerten einschlägig aufgefallen. Auch ein Mitglied der „Division Staufen“ sei rechtskräftig verurteilt worden, weil es die Verabredung zu dem genannten Brandanschlag auf die Moschee in ... mitgehört und nicht gemeldet habe. Der Kläger zu 4 selbst sei bis in die jüngste Vergangenheit wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Durch die Ortskenntnisse des Polizeireviers ... sei eindeutig belegt, dass der Veranstaltungsort in keiner Weise den Sicherheitsanforderungen an eine Musikveranstaltung mit dem erwarteten Besucheraufkommen entspreche. In der Gesamtbewertung habe die Prognose schlüssig und zwingend ergeben, dass durch die Veranstaltung Gefahren bzw. bereits Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in erheblichem, nicht tolerierbarem Ausmaß vorgelegen bzw. unmittelbar bevorgestanden hätten, deren Verhinderung bzw. Beseitigung im öffentlichen Interesse geboten gewesen sei. Mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätten Gefahren für Einzelne unter anderem durch die Verletzung bau- und feuerpolizeilicher Vorschriften angenommen werden können. Die Auflösung der Veranstaltung sei erforderlich gewesen, da andere polizeiliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nicht erreichbar gewesen seien. Die Auflösung sei auch geeignet und das mildeste Mittel gewesen. Als Zwangsmittel habe nur der unmittelbare Zwang zur Verfügung gestanden, da andere Zwangsmittel nicht geeignet gewesen seien. Die Ortspolizeibehörde habe nicht früher unterrichtet werden können und wegen der Dringlichkeit der Maßnahme sei auch nur eine mündliche Auflösungsverfügung möglich gewesen. Die Erteilung von Platzverweisen sei geboten gewesen, da sonst das Ziel des Einsatzes stark gefährdet oder sogar vereitelt worden wäre. Es sei zu vermuten, dass nach Abzug der Polizeikräfte ohne diese Maßnahme die Veranstaltung - mit allen prognostizierten Gefahren und Störungen - weitergeführt worden wäre. Wegen der Gefahrenprognose und der Personenerkenntnisse habe eine hohe Notwendigkeit für ein polizeiliches Einschreiten bestanden. Es sei zu vermuten gewesen, dass von den genannten Personen Straftaten begangen oder solche zumindest geduldet würden.
Am 03.02.2006 haben die Kläger Fortsetzungsfeststellungsklage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und zur Begründung vorgetragen: Das erforderliche Feststellungsinteresse folge zum einen aus einer bestehenden Wiederholungsgefahr, da sie beabsichtigten, solche Veranstaltungen auch in Zukunft durchzuführen. Zum anderen bestehe ein Rehabilitationsinteresse sowie ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der nachhaltigen Grundrechtsbetroffenheit. Die Auflösung der Versammlung sei schon deshalb rechtswidrig gewesen, weil die formellen Anforderungen nicht beachtet worden seien. Es sei von einer öffentlichen Versammlung i. S. des Versammlungsgesetzes auszugehen, so dass die Maßnahme nicht auf §§ 1, 3 PolG habe gestützt werden können. Das Konzert habe für jeden, der von ihm erfahren habe, offen gestanden; keiner einzigen Person sei der Zutritt verweigert worden. Das gemeinsame geistige Band habe in der Zuordnung zu einer bestimmten politischen Richtung bestanden. Durch den Besuch des Konzerts hätten die Teilnehmer einen bestimmten Standpunkt eingenommen und auch nach außen bekräftigt. Es habe sich nicht um eine kommerzielle Veranstaltung gehandelt. Der Eintrittspreis und der für die Getränke erhobene Betrag habe lediglich die Unkosten, wie etwa die Mietkosten für die Musikanlage bzw. den Einkaufspreis der Getränke und Speisen, abdecken sollen. Ein Gewinn sei nicht angefallen. Materiell sei die Auflösung rechtswidrig gewesen, weil keiner der in § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 VersammlG genannten Gründe vorgelegen habe. Auch die Voraussetzungen für ein Einschreiten auf der Grundlage des Polizeigesetzes hätten nicht vorgelegen.
Die Beklagte ist den Klagen entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die Fortsetzungsfeststellungsklagen seien unzulässig. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht, weil der Mietvertrag für den Kellerraum gekündigt worden sei. Ein Rehabilitationsinteresse sei zu verneinen, weil keine Diskriminierung der Kläger vorliege; diese seien nicht in ihrer Persönlichkeit oder Menschenwürde schwerwiegend beeinträchtigt worden. Die Klagen seien auch unbegründet. Die Auflösung der Veranstaltung sei zu Recht auf die §§ 1, 3 PolG gestützt worden, da es sich nicht um eine Versammlung gehandelt habe. Die vermeintliche „Geburtstagsfeier“ mit musikalischen Darbietungen und dem Verkauf von Tonträgern und anderen Artikeln habe unter zeitlichen, räumlichen und kommerziellen Aspekten nicht als Versammlung i. S. des Versammlungsrechts angesehen werden können. Die Feier sei eine auf Spaß und Unterhaltung ausgerichtete „große Party“ gewesen, die kommerziell veranstaltet worden sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Teilnehmer ähnliche politische Einstellungen gehabt hätten. Das Schwergewicht der Musikveranstaltung sei auf dem Gebiet der Unterhaltung zu sehen. Eine gezielte Einflussnahme einzelner Redner auf die Gesamtheit der Anwesenden durch allgemeine Ansprachen oder ähnliche Bekundungen sei nach dem geplanten und faktisch auch realisierten Ablauf der Veranstaltung auf sehr beengten Verhältnissen kaum möglich gewesen. Die Veranstaltung sei auch nicht öffentlich gewesen. Die Einladungen seien verdeckt über ein Info-Telefon erfolgt; die Veranstaltung sei konspirativ durchgeführt worden; alle Teilnehmer seien der rechtsextremistischen Szene zuzuordnen gewesen. Das Konzert sei nicht als politische Veranstaltung erkennbar gewesen; es seien auch keine Funktionäre oder Personen mit bestimmter Parteizugehörigkeit oder Vertreter politischer Interessenverbände anwesend gewesen und es habe keine gezielte Einflussnahme in politischer Hinsicht und auch keine Rekrutierungsversuche seitens politisch Interessierter gegeben. Es habe somit keine Versammlung, jedenfalls aber keine öffentliche Versammlung vorgelegen. Die Auflösung der Veranstaltung sei von Kriminaloberrat ... über das Mikrofon der Veranstaltungsbühne allen Veranstaltungsteilnehmern bekannt gegeben worden. Anschließend habe er auch die geplanten polizeilichen Maßnahmen angekündigt. Der Kläger zu 1 habe daraufhin über das Mikrofon die Veranstaltung für beendet erklärt; der Kläger zu 4 habe als Veranstalter über das Mikrofon nochmals die geplanten polizeilichen Maßnahmen wiederholt. Es habe eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit hinsichtlich Leib, Leben und Gesundheit aller Veranstaltungsteilnehmer und auch hinsichtlich der Verwirklichung von Straftatbeständen, z.B. nach § 86 a StGB, bestanden. Zum anderen sei die Rechtsordnung durch Ordnungswidrigkeiten und Straftaten verletzt gewesen. Die Mitglieder der Band „Blue Max“ seien als gewalttätige rechtsmotivierte Straftäter bekannt. Gleiches gelte für den Gitarristen der Band „Tobsucht“. Auf deren Homepage seien Bilder veröffentlicht, auf denen eine große Triskele (Sonnensymbol) erkennbar sei. Ein Mitglied der Band „Division Staufen“ sei rechtskräftig wegen der Nichtanzeige eines geplanten Verbrechens verurteilt. Der Kläger zu 4 sei als rechtsmotivierter Straftäter 14-mal polizeilich in Erscheinung getreten. Der Veranstaltungsraum sei für die angenommenen 150 Personen räumlich ungeeignet gewesen. Es sei bekannt gewesen, dass er in keiner Weise den Sicherheitsanforderungen an eine Veranstaltung dieses Ausmaßes gerecht werden könne. Der davorliegende Hofraum sei stark vereist gewesen, sodass ein rascher Zugang für mögliche Retter bzw. eine schnelle Evakuierung der im Raum befindlichen Personen nur in stark eingeschränktem Umfang möglich gewesen wäre. Außer einem beschränkten Zugang über eine Steintreppe habe es keine weiteren Fluchtmöglichkeiten gegeben. Die Deckenabhängung aus einer Art Vorhangstoff sei leicht entflammbar gewesen. Im Fall eines Feuers hätte dies für einen Großteil der im Raum befindlichen Personen tödliche Folgen gehabt. Somit sei gegen bau- und feuerpolizeiliche Bestimmungen verstoßen worden. Ende des Jahres 2000 habe es in ... im Anschluss an eine vergleichbare Veranstaltung einen Brandanschlag gegeben. Es sei auch damit zu rechnen gewesen, dass durch Liedtexte eine gewalttätige und menschenverachtende Einstellung ausgedrückt werde. Rassismus, Antisemitismus, übersteigertes Nationalbewusstsein und die Glorifizierung des Nationalsozialismus würden in solcher Weise propagiert, dass zwangsläufig Straftaten wie z. B. Volksverhetzung oder Aufruf zum Rassenhass begangen würden. Wegen der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen habe auch die Gefahr bestanden, dass Straftaten nach dem Jugendschutzgesetz begangen würden. Zudem habe es Verstöße gegen das Gaststättengesetz gegeben. Die Auflösung der Veranstaltung sei geeignet, erforderlich und angemessen gewesen und ermessensfehlerfrei erfolgt. Adressaten seien zunächst die Kläger zu 1 und zu 4 gewesen. Zunächst habe der Kläger zu 1 sich als Verantwortlicher ausgegeben, da sein Geburtstag gefeiert werde. Kurz darauf habe der Kläger zu 4 mitgeteilt, dass er den Raum angemietet habe. Der Kläger zu 4 sei als Organisator und Veranstalter Handlungsstörer; er habe aktiv den polizeipflichtigen Zustand herbeigeführt. Wegen der bestehenden Gefahr im Verzug habe die Auflösungsverfügung sogleich vollstreckt werden können.
10 
Mit Urteil vom 18.12.2008 - 1 K 754/06 - hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Auflösung der am 21.01.2006 in den Kellerräumlichkeiten in der ... ...straße ... in ... durchgeführten Veranstaltung rechtswidrig war. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Fortsetzungsfeststellungsklagen seien gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse sei unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation und der Wiederholungsgefahr zu bejahen. Die auf §§ 1, 3 PolG gestützte Auflösungsverfügung sei rechtswidrig gewesen, weil es sich bei der aufgelösten Veranstaltung um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes gehandelt habe, deren Auflösung allein auf dieses Gesetz gestützt werden könne. Die Voraussetzungen des einschlägigen § 13 Abs. 1 Satz 1 VersammlG hätten jedoch nicht vorgelegen. Um die Abwehr bau- und feuerpolizeilicher Gefahren sei es - wie sich aus der schriftlichen Begründung der Auflösungsverfügung und der Art des Vorgehens der Polizeikräfte ergebe - ersichtlich nicht - jedenfalls nicht ausschließlich - gegangen.
11 
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 19.02.2010 - 1 S 677/09 - zugelassenen Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor: Die Auflösung der am 21.01.2006 durchgeführten Veranstaltung sei rechtmäßig gewesen. Es habe sich bei dieser Veranstaltung nicht um eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes gehandelt. Unter den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit fielen nur solche Veranstaltungen und Aktionen, die durch gemeinschaftliche Kommunikation geprägt seien und die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielten. Eine Musik- bzw. Tanzveranstaltung werde nicht allein dadurch zur geschützten Versammlung, dass bei ihrer Gelegenheit auch Meinungen bekundet würden. Die hier im Streit stehende Veranstaltung habe ihrem Gesamtgepräge nach einen ganz überwiegend unterhaltenden Schwerpunkt gehabt. Sie habe sich weitgehend auf den Konsum des Konzerts und das entsprechende Vergnügen unter Gleichgesinnten beschränkt. Selbst wenn man davon ausgehe, dass bei Skinheadkonzerten die Festigung und Verbreitung rechtsextremer Orientierungen bei Jugendlichen einen gewünschten Nebeneffekt darstelle, führe dies nicht dazu, dass eine solche Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach ihren Unterhaltungscharakter verliere. Unabhängig vom Versammlungscharakter der Veranstaltung habe die Auflösung aufgrund der konkret vorliegenden bau- und feuerpolizeilichen Gefahren auf die §§ 1, 3 PolG gestützt werden können. Die Polizeibehörde habe ihre Maßnahmen ausdrücklich auch mit bau- und feuerpolizeilichen Gefahren begründet. Da der fensterlose Veranstaltungsraum lediglich über einen schwer begehbaren Aus-/Eingang verfügt habe, sei die Beklagte am 21.01.2006 wegen ihrer Kenntnisse um die räumlichen Verhältnisse und die erhebliche Teilnehmerzahl zum Schutz von Leben und Gesundheit der Veranstaltungsteilnehmer sogar verpflichtet gewesen, die Veranstaltung aufzulösen. Die auf der Auflösung beruhende Beeinträchtigung der Versammlung stelle lediglich eine Nebenfolge dar, so dass die aus bau- und feuerpolizeilichen Gründen notwendig gewesenen Maßnahmen auf das allgemeine Polizeirecht gestützt werden dürften.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 - 1 K 754/06 - zu ändern und die Klagen abzuweisen.
14 
Die Kläger beantragen,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Ergänzend führen sie aus, die Auflösung der Versammlung habe auch nicht wegen angeblich vorliegender bau- oder feuerpolizeilicher Gefahren auf die §§ 1, 3 PolG gestützt werden können. Sofern mit solchen Maßnahmen mittelbar Einschränkungen des Versammlungsrechts verbunden seien, dürften diese allenfalls eine zwangsläufige Nebenfolge, nie jedoch (auch nur teilweise) ihr eigentlicher Zweck sein. Vorliegend sei jedoch eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt gewesen. Die bau- bzw. feuerpolizeilichen Gründe für die Auflösung der Versammlung seien lediglich vorgeschoben gewesen.
17 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wurde der als amtliche Auskunftsperson geladene Einsatzleiter, Herr POR ..., informatorisch angehört. Er gab an, dass er nach den ihm vorliegenden Erkenntnissen davon ausgegangen sei, dass das Konzert in einem Kellerraum stattfinden werde. Er habe den Leiter des Ordnungsamts der Beklagten entsprechend unterrichtet. Dieser erklärte, die örtlichen Verhältnisse auf dem Grundstück ...straße ... seien ihm bekannt gewesen.
18 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten, der Polizeidirektion ... und des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klagen abweisen müssen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Auflösung der am 21.01.2006 in einem Kellerraum in der ...straße ... in ... durchgeführten Veranstaltung rechtswidrig war. Ihre Klagen sind zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Die Klagen beziehen sich auf die am 21.01.2006 von der Beklagten um 18:50 Uhr verfügte und um 21:57 Uhr von Kriminaloberrat ... über das Mikrofon der Veranstaltungsbühne allen Veranstaltungsteilnehmern bekannt gegebene Auflösung der Veranstaltung, die sofort vollzogen wurde und damit schon vor Klageerhebung erledigt war.
21 
2. Die Kläger sind klagebefugt i. S. v. § 42 Abs. 2 VwGO. Sie waren Teilnehmer der aufgelösten Veranstaltung und damit Adressaten der in Form einer Allgemeinverfügung i. S. v. § 35 Satz 2 LVwVfG ergangenen Auflösungsverfügung. Dass die am 31.01.2006 abgefasste schriftliche Begründung der Verfügung allein an den Kläger zu 4 gerichtet war, ändert daran nichts.
22 
3. Ein Vorverfahren i. S. v. § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288).
23 
4. Die Kläger haben schließlich das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Die Kläger können ein Rehabilitationsinteresse geltend machen. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - NVwZ 1998, 761). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen zudem polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsaktes nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff in den Schutzbereich der von Art. 8 GG verbürgten besonders bedeutsamen Versammlungsfreiheit stellt einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dar. Ist angesichts des Vorbringens der Beteiligten - wie hier - ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG nicht von vornherein ausgeschlossen, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - BVerwGE 129, 42 Rn. 12 m.w.N.). Unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation ist das Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Weiteren im Hinblick auf die Presseberichterstattung über die Auflösung der Veranstaltung gegeben. Die Kläger zu 1 und 4 als (Mit-)Veranstalter haben darüber hinaus ein Interesse daran, durch eine gerichtliche Entscheidung die Gefahr der Wiederholung einer vergleichbaren Situation zu verhindern. Zwar wird eine weitere Veranstaltung in dem fraglichen Kellerraum nicht mehr stattfinden können, da das Mietverhältnis seitens des Eigentümers beendet worden ist. Wie die Kläger bekundet haben, haben sie jedoch die Absicht, vergleichbare Veranstaltungen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten auch zukünftig abzuhalten, so dass sie wiederum mit einer Auflösung rechnen müssten (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.).
II.
24 
Die Klagen sind nicht begründet. Die auf die §§ 1, 3 PolG gestützte Auflösungsverfügung war rechtmäßig und verletzte die Kläger daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar fällt das aufgelöste Skinheadkonzert unter den Schutz der Versammlungsfreiheit (1.). Es handelte sich um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes (2.), die zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes hätte verboten oder aufgelöst werden dürfen (3.). Ob die Voraussetzungen für ein Verbot oder für eine Auflösung auf versammlungsrechtlicher Grundlage (vgl. §§ 5, 13 VersammlG) hier vorgelegen haben, kann letztlich offen bleiben, weil die Auflösung der Versammlung auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war (4.).
25 
1. Das aufgelöste Skinheadkonzert ist als Versammlung im Sinne von Art. 8 GG zu behandeln.
26 
a) Art. 8 Abs. 1 GG verleiht allen Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit will das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Menschen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsbildung und Meinungsäußerung (kollektive Aussage) schützen (BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Eine Versammlung wird dadurch charakterisiert, dass eine Personenmehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden ist. Das Grundrecht schützt die Freiheit der Versammlung als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung. Der besondere Schutz der Versammlungsfreiheit beruht auf ihrer Bedeutung für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung in der freiheitlich-demokratischen Ordnung des Grundgesetzes. Für die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 GG reicht es wegen seines Bezugs auf den Prozess öffentlicher Meinungsbildung nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrer kommunikativen Entfaltung durch einen beliebigen Zweck verbunden sind. Vorausgesetzt ist vielmehr zusätzlich, dass die Zusammenkunft auf die Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet ist. Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG sind demnach örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftlicher, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - BVerfGE 104, 92 <104>; BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - NJW 2001, 2459 <2460>; Senatsurteil vom 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60). Entscheidend ist, dass die Meinungsbildung und -äußerung mit dem Ziel erfolgt, auf die Öffentlichkeit entsprechend einzuwirken (vgl. Enders, JURA 2003, 34 <38>). Der Schutz der Versammlungsfreiheit umfasst auch die Entscheidung, welche Maßnahmen der Veranstalter zur Erregung der öffentlichen Aufmerksamkeit für sein Anliegen einsetzen will (vgl. BVerfG , Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 - BVerfGK 2, 1 <6>). Die vom Versammlungsrecht geschützten Veranstaltungen sind nicht auf Zusammenkünfte traditioneller Art beschränkt, sondern umfassen vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Volksfeste und Vergnügungsveranstaltungen fallen allerdings unter den Versammlungsbegriff ebenso wenig wie Veranstaltungen, die der bloßen Zurschaustellung eines Lebensgefühls dienen oder die als eine auf Unterhaltung ausgerichtete öffentliche Massenparty gedacht sind, einerlei, ob der dort vorherrschende Musiktyp ein Lebensgefühl von sogenannten Subkulturen ausdrückt oder dem Massengeschmack entspricht (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O.). Andererseits erstreckt sich der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit auch auf solche Veranstaltungen, die ihre kommunikativen Zwecke unter Einsatz von Musik und Tanz verwirklichen. Dies ist zu bejahen, wenn diese Mittel zur kommunikativen Entfaltung mit dem Ziel eingesetzt werden, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken.
27 
Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob diese "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Bleiben insoweit Zweifel, so bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung behandelt wird (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2461; BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 16).
28 
Die Beurteilung, ob eine "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung darstellt, ist im Wege einer Gesamtschau aller relevanten tatsächlichen Umstände vorzunehmen. Das besondere Gewicht, das die Verfassung der Versammlungsfreiheit beimisst, gebietet, dass alle wesentlichen Umstände in die Beurteilung einbezogen und ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt werden. Die Gesamtschau hat in mehreren Schritten zu erfolgen. Zunächst sind alle diejenigen Modalitäten der geplanten Veranstaltung zu erfassen, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielen. Zu vernachlässigen sind solche Anliegen und die ihrer Umsetzung dienenden Elemente, bei denen erkennbar ist, dass mit ihnen nicht ernsthaft die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung bezweckt wird, die mithin nur vorgeschoben sind, um den Schutz der Versammlungsfreiheit beanspruchen zu können. Bei der Ausklammerung von an sich auf die Meinungsbildung gerichteten Elementen unter Hinweis auf die mangelnde Ernsthaftigkeit des Anliegens ist mit Blick auf die besondere Bedeutung der Versammlungsfreiheit Zurückhaltung zu üben und ein strenger Maßstab anzulegen. In die Betrachtung einzubeziehen sind nur Elemente der geplanten Veranstaltung, die sich aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters als auf die Teilhabe an der Meinungsbildung gerichtet darstellen. Abzustellen ist in erster Linie auf einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt der Veranstaltung an ihrem Ort befindet. Im Anschluss an die Erfassung der zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sind diese ihrer Bedeutung entsprechend zu würdigen und in ihrer Gesamtheit zu gewichten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 17).
29 
Daran schließt sich der zweite Schritt der Gesamtschau an, bei dem die nicht auf die Meinungsbildung zielenden Modalitäten der Veranstaltung, wie etwa Tanz, Musik und Unterhaltung, zu würdigen und insgesamt zu gewichten sind. Schließlich sind - in einem dritten Schritt - die auf den ersten beiden Stufen festgestellten Gewichte der die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung betreffenden Elemente einerseits und der von diesen zu unterscheidenden Elemente andererseits zueinander in Beziehung zu setzen und aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters zu vergleichen. Überwiegt das Gewicht der zuerst genannten Elemente, ist die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung. Im umgekehrten Fall genießt die Veranstaltung nicht den Schutz des Versammlungsrechts. Ist ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs nicht zweifelsfrei festzustellen, ist die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 18).
30 
b) Bei Zugrundelegung dieses auch vom erkennenden Senat (vgl. Urt. v. 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O. und v. 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - a.a.O.) vertretenen sog. engen Versammlungsbegriffs können auch kulturelle Veranstaltungen wie Musikveranstaltungen, Theaterstücke oder Dichterlesungen als „gemischte“ Veranstaltungen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehen. Wenn die Teilnehmer derartiger Veranstaltungen durch ihre Anwesenheit Anteilnahme ausdrücken wollen - etwa für die Menschenrechte, um die es einem Autor geht, oder bei „Rock gegen rechts“, um gegen Rechtsextremismus anzutreten -, handelt es sich um eine Meinungskundgabe zwecks Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, Kommentar, 15. Aufl., § 1 Rn. 13).
31 
c) Skinheadkonzerte wie das hier aufgelöste sind dadurch geprägt, dass mit der Musik zugleich eine politische Botschaft vermittelt wird. Einerseits thematisieren die Texte rechtsextremistischer Skinheadbands das Selbstverständnis und Lebensgefühl der rechtsextremistischen Skinheadszene. Andererseits ist diese Musik das wichtigste Propagandamedium, über das rechtsextremistische Inhalte in die Skinheadszene transportiert werden. So richten sich nicht wenige dieser Lieder gegen szenetypische Feindbilder wie Ausländer, Juden, Israel, die USA, Homosexuelle, „Linke“, Punker, gegen die Presse sowie staatliche Institutionen und Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland. Der szeneeigenen Musik und insbesondere den Konzerten kommt ein hoher identitätsstiftender Stellenwert zu. Die Konzerte dienen auch der Rekrutierung neuer Anhänger und deren ideologischer Festigung. Sie tragen zur Förderung einer rechtsextremistischen Orientierung vor allem bei jugendlichen und heranwachsenden Konzertbesuchern bei. Zu diesem Zweck erfolgt auch der Verkauf einschlägiger CDs und sonstigen Propagandamaterials. Über den Konsum der Musik finden umso mehr Jugendliche zum Rechtsextremismus, je präsenter die Szene durch ein vielfältigeres CD- und ein flächendeckenderes Konzertangebot wird (Verfassungsschutzbericht BW 2006, S. 136). Durch die entsprechende Musik werden die Konzertbesucher politisch indoktriniert; die Musik ist sozusagen das „Parteiprogramm“ der nicht parteipolitisch gebundenen rechtsextremistischen Skinheadszene. Konzertveranstaltungen kommt die Funktion von „Kontaktbörsen“ für rechtsextremistische Gesinnungen zu. Rechtsextremistische Skinheadbands fungieren als die politischen Propagandisten innerhalb der Skinheadszene (vgl. Thalmair, BayVBl 2002, 517 <518>). Anders als etwa bei einem normalen Popkonzert werden bei einem Skinheadkonzert die übrigen Besucher nicht nur in Kauf genommen, sondern als Gleichgesinnte empfunden, mit denen man sich zusammenfinden will, um sich beim gemeinsamen Musikgenuss in der eigenen Überzeugung zu bestärken und die gleiche Gesinnung zur Schau zu stellen (vgl. Thalmair, a.a.O. S. 519; siehe zum Ganzen auch Soiné, JuS 2004, 382 und Verfassungsschutzbericht BW 2008, S. 140 f.).
32 
d) Die hier streitgegenständliche Veranstaltung erfüllte alle skizzierten typischen Merkmale eines Skinheadkonzerts. Sie wurde auch im Verfassungsschutzbericht BW 2006 in der Rubrik „Gewaltbereiter Rechtsextremismus“ unter der Überschrift „Die rechtsextremistische Skinhead(musik)szene: Ein Boom schwächt sich ab?“ ausdrücklich aufgeführt (S. 134 f.). Auf der einen Seite diente die Veranstaltung als Musikkonzert zweifellos der Unterhaltung. Auf der anderen Seite wurden den Konzertbesuchern durch die Liedtexte rechtsextremistische Inhalte vermittelt. Dass die politischen Botschaften in erster Linie durch die Liedtexte transportiert werden, steht auch bei Zugrundelegung des engen Versammlungsbegriffs dem Versammlungscharakter eines solchen Konzerts nicht entgegen. Die innere Bindung der Besucher auf ideologischer Ebene, der Zweck, die eigene weltanschauliche und politische Identität zu stärken und insbesondere die auf (noch) nicht der Skinhead-szene angehörende Konzertbesucher zielende Rekrutierungsfunktion heben ein solches Skinheadkonzert deutlich von anderen Konzerten ab, bei denen der Musikgenuss im Vordergrund steht. Der Kläger zu 2 hat auf Fragen zur politischen Botschaft der Veranstaltung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekundet, es sei darum gegangen, Leute anzuwerben und für ihre politischen Vorstellungen zu begeistern. Sie seien gegen Überfremdung und für den Erhalt der deutschen Nation. Die multikulturelle Gesellschaft lehnten sie ab. Für einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt des Konzerts zufällig vor Ort befunden hätte, wäre nicht zweifelsfrei festzustellen gewesen, ob die Veranstaltung in erster Linie dem Musikgenuss dient oder ob die mit den Liedtexten vermittelten politischen Botschaften und damit die auf Teilhabe an der Meinungsbildung gerichteten Elemente überwiegen.
33 
Lässt sich nach alledem ein Übergewicht des unterhaltenden Charakters der Veranstaltung nicht feststellen, so ist das Konzert jedenfalls nach der Zweifelsregel wie eine Versammlung zu behandeln.
34 
Die selbst gewählte Einordnung als private Feier steht der Einordnung als Versammlung nicht entgegen, weil der Versammlungscharakter aus der Sicht eines außenstehenden durchschnittlichen Betrachters zu beurteilen ist. Rechtlich irrelevant ist auch die rechtsextremistische Ausrichtung der Veranstaltung, da Art. 8 GG nicht nach dem Inhalt der bei einer Versammlung geäußerten Meinung unterscheidet und auch das Infragestellen von Verfassungswerten - soweit dies nicht in kämpferischer Weise geschieht und keine einschlägigen Straftatbestände verwirklicht werden - erlaubt ist.
35 
e) Der Versammlungscharakter ist schließlich nicht aufgrund der Schutzbereichseinschränkung des Art. 8 Abs. 1 GG, nach welcher für die Ausübung der Versammlungsfreiheit die Gebote der Friedlichkeit und der Waffenlosigkeit gelten, zu verneinen. Die Verfassung bewertet die Unfriedlichkeit in gleicher Weise wie das Mitführen von Waffen. Unfriedlich ist eine Versammlung erst, wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten stattfinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - a.a.O. S. 106). Das Friedlichkeitsgebot ist somit auf das Verbot gewalttätigen Verhaltens zu reduzieren (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 1 Rn. 140 m.w.N.).
36 
Daran gemessen war hier die Friedlichkeit der Versammlung nicht in Frage gestellt. Das durch die Mischung von aggressiver Musik und Alkoholkonsum möglicherweise entstandene Gewaltpotenzial konnte auf der Veranstaltung nicht zum Ausbruch kommen, da man „unter sich“ war und das Gegenüber, der politische Gegner bzw. die möglichen Opfer wie Homosexuelle oder Ausländer, fehlten.
37 
2. Bei dem Skinheadkonzert handelte es sich auch um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes.
38 
a) Nach § 1 Abs. 1 VersammlG hat jedermann u.a. das Recht, öffentliche Versammlungen zu veranstalten. Der Versammlungsbegriff des Versammlungsgesetzes entspricht demjenigen des Grundgesetzes (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15). Die Gleichsetzung beider Versammlungsbegriffe erweist sich als verfassungsgemäß (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2460). Hinzutreten muss nach dem Versammlungsgesetz lediglich das Merkmal der Öffentlichkeit der Versammlung.
39 
b) Die Öffentlichkeit bestimmt sich danach, ob die Versammlung einen abgeschlossenen oder einen individuell nicht abgegrenzten Personenkreis umfasst (BVerwG, Urt. v. 23.03.1999 - 1 C 12.97 - NVwZ 1999, 992; Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ThürOVG, Beschl. v. 29.08.1997 - 2 EO 1038/97 u.a. - NVwZ-RR 1998, 497). Wesentliche Voraussetzung hierfür ist also, dass jeder, der von einer solchen Zusammenkunft Kenntnis erhält, die Möglichkeit hat, an ihr teilzunehmen. Dies war vorliegend der Fall. Der Teilnehmerkreis der Veranstaltung war von vornherein weder nach bestimmten Kriterien festgelegt noch begrenzt worden. Zwar wurde die Veranstaltung, bei der einschlägig bekannte Skinheadbands auftreten sollten, konspirativ vorbereitet. Zeit und Ort wurden nicht öffentlich bekanntgegeben, sondern ausschließlich per E-Mail und SMS einem Kreis bekannter Gleichgesinnter mitgeteilt. Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, über ein sog. „nationales Infotelefon“ Kenntnis von dem Konzert zu erlangen. Diese Einladungspraxis dürfte in erster Linie deshalb gewählt worden sein, um die Veranstaltung vor den Ordnungsbehörden und vor möglichen Störern etwa aus der linksautonomen Szene geheim zu halten. Hingegen ist nicht ersichtlich, dass der Teilnehmerkreis abschließend beschränkt werden sollte. Bei der gewählten Vorgehensweise hatten die Veranstalter es auch nicht mehr in der Hand, zu bestimmen, wer von der Veranstaltung erfuhr und an ihr teilnahm; im Hinblick auf die oben beschriebene Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung lag dies auch gar nicht in ihrer Absicht. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Teilnehmer einzeln eingeladen worden wären und dass nur bestimmte Personen Zugang zu der Veranstaltung erhalten sollten. Das Merkmal der Öffentlichkeit entfällt auch nicht deshalb, weil Eintrittsgelder erhoben worden sind (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, a.a.O.). Soweit die Beklagte die Öffentlichkeit der Versammlung bestreitet, verhält sie sich widersprüchlich, da sie mit der Begehung von Straftaten rechnete, die zumindest teilweise einen gewissen Öffentlichkeitsbezug voraussetzen (vgl. z. B. § 86 a StGB). Ihre Behauptung, es habe strenge Einlasskontrollen gegeben und Personen, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht eindeutig der Skinheadszene hätten zugerechnet werden können, wäre der Zutritt verwehrt worden, vermochte die Beklagte nicht auf tatsächliche Feststellungen zu stützen. Dieses Vorbringen erweist sich somit als rein spekulativ und erscheint mit Blick auf die Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung auch fernliegend.
40 
3. Handelte es sich bei dem Skinheadkonzert um eine öffentliche Versammlung, so kam zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur das Instrumentarium des Versammlungsgesetzes in Betracht, das mit seinen spezialgesetzlichen Ermächtigungen Vorrang vor dem Polizeirecht hat.
41 
Die für den Vollzug des Versammlungsgesetzes zuständigen Behörden können Versammlungen in geschlossenen Räumen vor ihrem Beginn nach Maßgabe des § 5 VersammlG verbieten oder nach ihrem Beginn nach Maßgabe des § 13 VersammlG auflösen. Des Weiteren kann - außerhalb der in § 13 Abs. 1 VersammlG angeführten Auflösungsgründe - die Auflösung einer zulässigerweise verbotenen Versammlung in Betracht kommen.
42 
a) Für ein Verbot öffentlicher Versammlungen in geschlossenen Räumen sowie das Verbot ersetzende Minusmaßnahmen (beschränkende Verfügungen) ist § 5 VersammlG die spezielle und abschließende Regelung. Nur für nicht versammlungsspezifische Gefahren kann auf die Ermächtigungen des besonderen Polizei- und Ordnungsrechts bzw. auf allgemeines Polizeirecht zurückgegriffen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 7 f.).
43 
Eine Versammlung in geschlossenen Räumen kann vor ihrem Beginn nach dem hier in Betracht kommenden § 5 Nr. 4 VersammlG verboten werden, wenn Tatsachen festgestellt sind, aus denen sich ergibt, dass der Veranstalter oder sein Anhang Ansichten vertreten oder Äußerungen dulden werden, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben.
44 
aa) Diese Vorschrift ist im Lichte von Art. 8 GG auszulegen. Das Grundrecht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, unterliegt, soweit die Versammlung nicht unter freiem Himmel stattfindet, keinem Gesetzesvorbehalt. Soweit das Versammlungsgesetz in § 5 die Möglichkeit eröffnet, Versammlungen in geschlossenen Räumen zu verbieten, liegt hierin gleichwohl keine gegen Art. 8 Abs. 2 GG verstoßende Grundrechtsbeschränkung; das Versammlungsgesetz erfüllt insoweit vielmehr verfassungskonkretisierende Funktion (vgl. Schwäble, Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit, S. 191 und 162 ff.), das heißt, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit greift unter anderem nicht ein, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Nr. 4 VersammlG vorliegen, weil das Begehen von Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgender Vergehen einer Versammlung den Charakter der "Friedlichkeit" nehmen würde und diese damit aus dem Geltungsbereich der Grundrechtsgewährleistung ausscheidet (vgl. Höfling in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 26 f.). Dabei darf jedoch der Begriff der Friedlichkeit nicht zu eng verstanden werden, weil ansonsten der für Versammlungen unter freiem Himmel geltende Gesetzesvorbehalt weitgehend funktionslos würde (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.11.1986 - 1 BvR 713/83 u.a. - BVerfGE 73, 206 <248 f.>).
45 
bb) Diese Grundsätze erfordern, den Verbotstatbestand des § 5 Nr. 4 VersammlG dahin auszulegen, dass zum einen die darin erfassten Meinungsäußerungsdelikte von beträchtlichem Gewicht sein sowie zur Unfriedlichkeit führen müssen und zum anderen die das Verbot tragenden Tatsachen mit einer vernünftige Zweifel ausschließenden Sicherheit festgestellt sein müssen, damit die zusätzlich erforderliche Prognose des Verhaltens des Veranstalters oder seines Anhangs eine tragfähige Grundlage hat (vgl. Senatsbeschluss vom 25.04.1998 - 1 S 1143/98 - VBlBW 1998, 426). Nur wenn erkennbare Umstände darauf schließen lassen, dass das Vertreten strafbarer Ansichten bzw. das Dulden strafbarer Äußerungen das maßgebende Anliegen der Versammlung ist, kommt ein Totalverbot in Frage. Lässt eine gesicherte Gefahrenprognose diesen Schluss nicht zu, sind nur weniger einschneidende Beschränkungen zulässig (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 33). Weil bloße Beschränkungen gegenüber dem Verbot geringere Eingriffe sind, darf in Anwendung des Grundsatzes der Erforderlichkeit ein Schluss von der Verbotsermächtigung auf die Ermächtigung zum Erlass verbotsvermeidender aber gleichwohl zwecktauglicher Maßnahmen gezogen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 43 m.w.N.). Finden sich im Repertoire einer Band nur einzelne Musikstücke, deren Aufführung einen Straftatbestand verwirklicht, so ist zu prüfen, ob das Verbot des Spielens dieser Musikstücke als milderes Mittel gegenüber einem Totalverbot in Betracht kommt. Besteht das Repertoire einer Band durchweg aus strafrechtlich relevanten Musikstücken und/oder kommt es bei Auftritten einer Band regelmäßig zu Straftaten, so kann ein Versammlungsverbot ausgesprochen werden, wenn der Auftritt dieser Band der einzige Versammlungszweck ist. Sollen jedoch daneben noch weitere - unbedenkliche - Bands auftreten, ist es angezeigt, vorrangig die Verhängung eines Auftrittsverbots für die betreffende Band zu prüfen.
46 
b) Bei versammlungsspezifischen Gefahren, die im Zusammenhang mit nicht verbotenen Versammlungen in geschlossenen Räumen entstehen, sind die Voraussetzungen für das polizeiliche Einschreiten nach Beginn der Versammlung und dessen Umfang in § 13 VersammlG speziell und abschließend geregelt (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 3). Im Lichte der verfassungsrechtlich garantierten, durch einen Gesetzesvorbehalt nicht eingeschränkten Versammlungsfreiheit in geschlossenen Räumen stellen sich die gesetzlichen Eingriffsermächtigungen des § 13 VersammlG als Konkretisierung der verfassungsimmanenten Schranken der grundrechtlichen Gewährleistung dar. Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben.
47 
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 VersammlG kann die Polizei eine öffentliche Versammlung in geschlossenen Räumen nur dann und unter Angabe des Grundes auflösen, wenn einer der in Nr. 1 bis 4 genannten Gründe vorliegt.
48 
Auch die mündliche Auflösungsverfügung bedarf - abweichend von § 39 LVwVfG - einer Begründung. Es ist hinreichend, aber auch erforderlich, dass der maßgebende Auflösungsgrund des gesetzlichen Tatbestandes der Nr. 1, 2, 3 oder 4 verständlich bezeichnet wird (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 6).
49 
Die Auflösung einer Versammlung in geschlossenen Räumen nach ihrem Beginn kommt u.a. in Betracht, wenn durch den Verlauf der Versammlung gegen Strafgesetze verstoßen wird, die ein Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben, oder wenn in der Versammlung zu solchen Straftaten aufgefordert oder angereizt wird und der Leiter dies nicht unverzüglich unterbindet (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VersammlG).
50 
c) Die Auflösungsgründe des § 13 Abs. 1 VersammlG berücksichtigen nicht den Fall, dass eine Versammlung trotz eines rechtmäßigen Versammlungsverbots gleichwohl durchgeführt wird. Der Gesetzgeber hat die Pflicht zur Auflösung einer verbotenen Versammlung nur für Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge ausdrücklich vorgesehen (vgl. § 15 Abs. 4 VersammlG). Es spricht viel dafür, insoweit für Versammlungen in geschlossenen Räumen von einer planwidrigen Gesetzeslücke auszugehen. So ist es etwa möglich, dass eine Versammlung gemäß § 5 Nr. 4 VersammlG verboten wurde, weil Tatsachen festgestellt waren, die die Prognose rechtfertigten, dass der Veranstalter Ansichten vertreten werde, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben. Wenn diese Versammlung nun trotz des Verbots durchgeführt wird, kann es nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, dass die Polizei so lange warten muss, bis die prognostizierten Straftaten tatsächlich begangen werden, um die Versammlung erst dann gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 VersammlG auflösen zu können (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 31; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., § 13 VersammlG Rn. 2).
51 
d) Ob hier die getroffene, auf die polizeiliche Generalklausel gestützte Verfügung auch als versammlungsrechtliche Entscheidung - die fehlende Wesensänderung durch den Austausch der Rechtsgrundlagen unterstellt - Bestand haben könnte, erscheint fraglich.
52 
aa) Zwar stünde deren Rechtmäßigkeit nicht bereits die Zuständigkeitsordnung entgegen, denn die Beklagte ist als Große Kreisstadt nicht nur Ortspolizeibehörde, sondern auch Versammlungsbehörde (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 VersGZuVO, § 62 Abs. 3 PolG, §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1 LVG).
53 
bb) Bedenken bestehen indes in materieller Hinsicht.
54 
(1) Ungeachtet der Bezeichnung als „Auflösungsverfügung“ könnte die Umdeutung in ein Verbot nach § 5 Nr. 4 VersammlG in Betracht gezogen werden, weil die Verfügung ausweislich der schriftlichen Begründung in erster Linie darauf zielte, Straftaten im Sinne der §§ 86, 86 a, 90 a und 130 StGB zu verhindern, deren Begehung im Rahmen der Veranstaltung aufgrund von Erfahrungen bei früheren Veranstaltungen befürchtet wurde. Insoweit fehlte es indes an hinreichenden Feststellungen zum jeweiligen Veranstalter, weshalb auch unklar ist, inwieweit die jetzigen Veranstalter für Vorkommnisse bei vorangegangenen Veranstaltungen verantwortlich waren. Ebenso fehlte es an Feststellungen dazu, ob und in welchem Umfang die Liedtexte der auftretenden Bands die in Frage kommenden Straftatbestände wie Volksverhetzung (§ 130 StGB) oder Aufstacheln zum Angriffskrieg (§ 80 a StGB) verwirklichen. Die materiellen Voraussetzungen für ein Totalverbot dürften daher kaum vorgelegen haben.
55 
Gegen die Umdeutung in ein Versammlungsverbot könnte zudem sprechen, dass die Verfügung erst nach Beginn der Versammlung bekannt gegeben wurde. Zu diesem Zeitpunkt ist die Verfügung auch erst rechtlich existent geworden. Vor der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ist ein Verwaltungsakt noch nicht erlassen, d.h. liegt grundsätzlich überhaupt noch kein Verwaltungsakt vor. Auch die Bindung der Behörde an den Verwaltungsakt tritt erst mit der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ein (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 41 Rn. 17 m.w.N.). Dem Ordnungsamtsleiter der Beklagten dürfte um 18:50 Uhr auch bewusst gewesen sein, dass aufgrund der noch zu treffenden Vorbereitungen (Zusammenziehen der erforderlichen Polizeikräfte; Einholung einer richterlichen Anordnung zum Betreten der Räumlichkeit etc.) eine Bekanntgabe der Allgemeinverfügung und damit ein Wirksamwerden (vgl. § 43 Abs. 1 LVwVfG) erst nach Beginn des Konzerts erfolgen würde.
56 
Der Senat verkennt nicht, dass es für die Versammlungsbehörde, die den Erlass versammlungsrechtlicher Präventivmaßnahmen auf der Grundlage von § 5 VersammlG erwägt, bei Versammlungen der vorliegenden Art, die konspirativ vorbereitet werden und zu denen verdeckt eingeladen wird, schwierig sein kann, den Veranstalter rechtzeitig zu ermitteln und diesem ggf. eine Verfügung vor dem Beginn der Versammlung bekannt zu geben. Scheitert die Bekanntgabe vor Beginn der Versammlung, so kommt aufgrund der Systematik des Versammlungsgesetzes nur noch eine Auflösung der Versammlung unter den Voraussetzungen des § 13 VersammlG in Betracht. Die fehlende Bekanntgabe wäre nur dann unschädlich, wenn der Veranstalter anderweitig sichere Kenntnis von der Verfügung erlangt hätte oder wenn er unter Verstoß gegen spezielle gesetzliche Verpflichtungen die Bekanntgabe treuwidrig vereitelt hätte (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 21 f. m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 - 8 C 91.85 - NVwZ 1987, 793 - zur treuwidrigen Vereitelung der Zustellung eines Einberufungsbescheides). Im Anwendungsbereich des Versammlungsgesetzes dürfte nach derzeitiger Rechtslage, wenn die Einladung verdeckt erfolgt, die treuwidrige Vereitelung der Bekanntgabe einer Verbotsverfügung kaum angenommen werden können, weil der Veranstalter einer Versammlung in geschlossenen Räumen im Vorfeld der Versammlung gesetzlich nicht zur Angabe seines Namens verpflichtet ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 1 VersammlG, der keine andere Auslegung zulässt, besteht eine solche Verpflichtung nur im Falle einer öffentlichen Einladung (so auch Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 2 Rn. 6). Eine Gesetzesänderung, die den Veranstalter auch bei nicht öffentlicher Einladung in die Pflicht nimmt, erschiene geeignet, insoweit Abhilfe zu schaffen. Eine solche Gesetzesänderung wird auch in § 9 Abs. 1 des vom Bundesinnenminister als Beratungsgrundlage für die Länder konzipierten Entwurfs eines Versammlungsgesetzes (abgedr. bei Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., S. 7 ff.) bereits vorgeschlagen.
57 
(2) Die Umdeutung in eine versammlungsrechtliche Auflösungsverfügung nach § 13 VersammlG scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht - wie gesetzlich in § 12 VersammlG vorgesehen - Polizeibeamte in die Versammlung entsandt hatte, die - ggf. auch mittels Bild- und Tonaufnahmen, vgl. § 12 a VersammlG - die erforderlichen Feststellungen zu einem unfriedlichen Verlauf der Versammlung hätten treffen können.
58 
4. Ob danach die Voraussetzungen für ein Verbot oder eine Auflösung des Konzerts auf versammlungsrechtlicher Grundlage vorgelegen haben, kann der Senat letztlich offen lassen, weil die Auflösung der Versammlung jedenfalls auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war.
59 
a) Der Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht ist vorliegend zulässig.
60 
Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben (vgl. Meßmann, JuS 2007, 524 <526>; Kunig in v. Münch/Kunig, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 30). Entscheidend kommt es insoweit darauf an, ob die in Bezug auf die nicht versammlungsspezifischen Gefahren getroffene Gefahrprognose geeignet ist, die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Verwaltungsakt, selbstständig zu tragen. Ist dies der Fall, so sind die mit der polizeilichen Maßnahme verbundenen (mittelbaren) Einschränkungen des Versammlungsrechts als zwangsläufige Nebenfolge in Kauf zu nehmen. Darauf, ob auch eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt war (darauf abstellend noch Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ebenso Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 4), kommt es dann nicht mehr an. Freilich ist zu beachten, dass wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit das bloße Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Auflösung einer Versammlung nicht zu rechtfertigen vermag. Im Hinblick auf den (zwangsläufigen) Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit sind an die Anwendung der polizeilichen Generalklausel strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Schulze-Fielitz in Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 8 Rn. 72; Gusy in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 8 Rn. 58; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., Art. 8 GG Rn. 25; Deger in Wolf/Stephan/Deger, PolG für BW, 6. Aufl., § 4 Rn. 35). Erforderlich ist eine konkrete Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
61 
b) Hier hat die Beklagte als sachlich (vgl. § 66 Abs. 2 i.V.m. §§ 61 Abs. 1 Nr. 4, 62 Abs. 4 PolG) und örtlich (vgl. § 68 Abs. 1 PolG) zuständige Ortspolizeibehörde ihre Auflösungsverfügung zulässigerweise selbstständig tragend auf konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer gestützt.
62 
aa) Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., S. 190 ff.). Auf der einen Seite ist daher bei der Anwendung der polizeilichen Generalklausel der hohe Rang der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite ist in Rechnung zu stellen, dass es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, nämlich Leben und Gesundheit von Menschen, geht, so dass auch die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nicht überspannt werden dürfen (vgl. Senatsurteil vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - VBlBW 2010, 29 m.w.N.).
63 
bb) Die polizeiliche Gefahr ist eine auf Tatsachen gegründete prognostische Einschätzung über einen künftigen Geschehensverlauf, wobei die Tatsachen pflichtgemäß aufzuklären sind. Die Gefahr muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die zu ergreifende polizeiliche Maßnahme vorliegen; es ist also beim polizeilichen Eingriff die gegenwärtige und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Polizei im Anschluss an ihre Maßnahme gewinnt: War der Schadenseintritt im Zeitpunkt der Entscheidung über das Eingreifen objektiv wahrscheinlich, bleibt das polizeiliche Handeln auch dann rechtmäßig, wenn der weitere Verlauf der Dinge die Prognose als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine polizeiliche konkrete Gefahr nicht durch später bekannt werdende Tatsachen - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - im Anschluss an das polizeiliche Handeln begründet werden.
64 
cc) Für die gerichtliche Beurteilung der hier beanstandeten Maßnahme kommt es folglich auf die von der Beklagten als Ortspolizeibehörde ex ante um 18:50 Uhr getroffene Prognose an, nicht hingegen auf die des für den Polizeieinsatz maßgeblichen Polizeiführers, da der Polizeivollzugsdienst lediglich die von der Beklagten getroffene Auflösungsverfügung im Wege der Vollzugshilfe (vgl. § 60 Abs. 4 PolG) bzw. Amtshilfe (vgl. § 74 Abs. 1 PolG) bekannt gegeben und nicht etwa nach Feststellung der konkreten Verhältnisse vor Ort selbst die Auflösung verfügt hat.
65 
Nach dem Kenntnisstand des Ordnungsamtsleiters sollte das Konzert in einem Kellerraum auf dem ehemaligen Fabrikgelände der Fa. ... stattfinden. Aufgrund der Tatsache, dass ein solcher Kellerraum von Mitgliedern einer Skinhead-band als Probenraum genutzt wurde und bereits am 09.07.2005 für eine sogenannte „private Geburtstagsfeier“ zur Verfügung gestellt worden war, war prognostisch die Annahme gerechtfertigt, dass das fragliche Konzert wiederum in diesem fensterlosen Raum, der über nur einen engen Zugang verfügte, stattfinden würde. Die Brandgefahr durfte mit Blick darauf, dass eine professionelle Musikanlage mit Verstärkern zum Einsatz kam und bis zu 150 Konzertteilnehmer erwartet wurden, als hoch eingeschätzt werden. Dies gilt umso mehr, als bei der Prognose auch die bei Konzerten dieser Art infolge der aggressiven Musik und des Alkoholkonsums der Konzertteilnehmer typischerweise herrschende aufgeheizte Atmosphäre berücksichtigt werden durfte.
66 
dd) Bei dieser Sachlage war die Auflösung der Versammlung zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Teilnehmer geboten.
67 
Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit sind auch die Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen, nämlich Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Würde, Eigentum und Besitz (vgl. Deger, a.a.O. § 1 Rn. 48 m.w.N.). Am Schutz des Lebens besteht ein besonderes öffentliches Interesse. Der Staat und seine Organe sind verfassungsrechtlich verpflichtet, menschliches Leben zu schützen. Die öffentliche Sicherheit ist daher in hohem Maße gefährdet, wenn Konzertbesucher sich durch den Aufenthalt in einem Kellerraum mit nur einem engen Zugang leichtsinnig Gefahren für Leben und Gesundheit im - nicht unwahrscheinlichen - Fall eines Brandes aussetzen.
68 
Die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 LVwVfG), war zur Bekämpfung der Gefahr geeignet und erforderlich. Die Auflösungsverfügung begründet die Pflicht der Teilnehmer, sich vom Versammlungsort zu entfernen. Ein milderes Mittel zur Bekämpfung der bezeichneten Gefahr war nicht gegeben. Die Fortsetzung des Konzerts in dem fraglichen Kellerraum wäre unter keinen Umständen vertretbar gewesen.
69 
Die Auflösung erweist sich schließlich nicht deshalb als rechtswidrig, weil mit ihr zugleich eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt wurde. Zwar hatte die Beklagte bei der Ausübung ihres Ermessens nicht berücksichtigt, dass es sich bei dem fraglichen Konzert um eine unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehende öffentliche Versammlung handelte. Dies führt jedoch vorliegend nicht zu einem Ermessensfehler, weil der Ermessensspielraum der Beklagten auf Null reduziert war. Aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht drohte ein so erheblicher Schaden für das Leben und die Gesundheit der Konzertbesucher (vgl. zu diesem Maßstab Deger, a.a.O. § 3 Rn. 19), dass die Beklagte angesichts der großen Zahl der erwarteten - zum Teil noch minderjährigen - Teilnehmer zum Einschreiten durch Erlass einer Auflösungsverfügung verpflichtet war. Ein Untätigbleiben wäre ermessensfehlerhaft gewesen.
70 
ee) Soweit die Beklagte Störungen der öffentlichen Sicherheit, die ein Einschreiten nach den §§ 1, 3 PolG erfordern, auch in Verstößen gegen bauordnungs-, gaststätten- und jugendschutzrechtliche Vorschriften gesehen hat, sind diese Erwägungen wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit nicht tragfähig. Insbesondere vermag allein der Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Bestimmungen (vgl. § 15 Abs. 3 LBO) die Auflösungsverfügung nicht zu rechtfertigen (vgl. zu einer bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagung, die faktisch zu einem Versammlungsverbot führt: OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 02.02.2007 - 3 M 12/07 - LKV 2008, 79). Hinzutreten muss - wie ausgeführt - stets eine erhebliche Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
71 
c) Darauf, ob das Handeln des Polizeivollzugsdienstes vor Ort von dem Bestreben getragen war, die bezeichneten Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer so rasch und wirkungsvoll wie möglich zu bekämpfen, kommt es nicht an. Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage ist ausschließlich die Auflösung des Skinheadkonzerts, d. h. seine Beendigung durch Verwaltungsakt, nicht aber der Vollzug dieser Verfügung und die weiteren vom Polizeivollzugsdienst getroffenen Maßnahmen. Insoweit wäre die Beklagte auch nicht passiv legitimiert; vielmehr hätten die Kläger eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vollzugs der Auflösungsverfügung sowie der vom Polizeivollzugsdienst in eigener Zuständigkeit getroffenen weiteren Maßnahmen nur im Wege einer gegen das Land Baden-Württemberg gerichteten (Fortsetzungs-)Feststellungsklage erreichen können.
III.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
73 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
74 
Beschluss vom 12. Juli 2010
75 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
76 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klagen abweisen müssen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Auflösung der am 21.01.2006 in einem Kellerraum in der ...straße ... in ... durchgeführten Veranstaltung rechtswidrig war. Ihre Klagen sind zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Die Klagen beziehen sich auf die am 21.01.2006 von der Beklagten um 18:50 Uhr verfügte und um 21:57 Uhr von Kriminaloberrat ... über das Mikrofon der Veranstaltungsbühne allen Veranstaltungsteilnehmern bekannt gegebene Auflösung der Veranstaltung, die sofort vollzogen wurde und damit schon vor Klageerhebung erledigt war.
21 
2. Die Kläger sind klagebefugt i. S. v. § 42 Abs. 2 VwGO. Sie waren Teilnehmer der aufgelösten Veranstaltung und damit Adressaten der in Form einer Allgemeinverfügung i. S. v. § 35 Satz 2 LVwVfG ergangenen Auflösungsverfügung. Dass die am 31.01.2006 abgefasste schriftliche Begründung der Verfügung allein an den Kläger zu 4 gerichtet war, ändert daran nichts.
22 
3. Ein Vorverfahren i. S. v. § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288).
23 
4. Die Kläger haben schließlich das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Die Kläger können ein Rehabilitationsinteresse geltend machen. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - NVwZ 1998, 761). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen zudem polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsaktes nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff in den Schutzbereich der von Art. 8 GG verbürgten besonders bedeutsamen Versammlungsfreiheit stellt einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dar. Ist angesichts des Vorbringens der Beteiligten - wie hier - ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG nicht von vornherein ausgeschlossen, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - BVerwGE 129, 42 Rn. 12 m.w.N.). Unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation ist das Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Weiteren im Hinblick auf die Presseberichterstattung über die Auflösung der Veranstaltung gegeben. Die Kläger zu 1 und 4 als (Mit-)Veranstalter haben darüber hinaus ein Interesse daran, durch eine gerichtliche Entscheidung die Gefahr der Wiederholung einer vergleichbaren Situation zu verhindern. Zwar wird eine weitere Veranstaltung in dem fraglichen Kellerraum nicht mehr stattfinden können, da das Mietverhältnis seitens des Eigentümers beendet worden ist. Wie die Kläger bekundet haben, haben sie jedoch die Absicht, vergleichbare Veranstaltungen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten auch zukünftig abzuhalten, so dass sie wiederum mit einer Auflösung rechnen müssten (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.).
II.
24 
Die Klagen sind nicht begründet. Die auf die §§ 1, 3 PolG gestützte Auflösungsverfügung war rechtmäßig und verletzte die Kläger daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar fällt das aufgelöste Skinheadkonzert unter den Schutz der Versammlungsfreiheit (1.). Es handelte sich um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes (2.), die zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes hätte verboten oder aufgelöst werden dürfen (3.). Ob die Voraussetzungen für ein Verbot oder für eine Auflösung auf versammlungsrechtlicher Grundlage (vgl. §§ 5, 13 VersammlG) hier vorgelegen haben, kann letztlich offen bleiben, weil die Auflösung der Versammlung auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war (4.).
25 
1. Das aufgelöste Skinheadkonzert ist als Versammlung im Sinne von Art. 8 GG zu behandeln.
26 
a) Art. 8 Abs. 1 GG verleiht allen Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit will das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Menschen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsbildung und Meinungsäußerung (kollektive Aussage) schützen (BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Eine Versammlung wird dadurch charakterisiert, dass eine Personenmehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden ist. Das Grundrecht schützt die Freiheit der Versammlung als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung. Der besondere Schutz der Versammlungsfreiheit beruht auf ihrer Bedeutung für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung in der freiheitlich-demokratischen Ordnung des Grundgesetzes. Für die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 GG reicht es wegen seines Bezugs auf den Prozess öffentlicher Meinungsbildung nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrer kommunikativen Entfaltung durch einen beliebigen Zweck verbunden sind. Vorausgesetzt ist vielmehr zusätzlich, dass die Zusammenkunft auf die Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet ist. Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG sind demnach örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftlicher, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - BVerfGE 104, 92 <104>; BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - NJW 2001, 2459 <2460>; Senatsurteil vom 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60). Entscheidend ist, dass die Meinungsbildung und -äußerung mit dem Ziel erfolgt, auf die Öffentlichkeit entsprechend einzuwirken (vgl. Enders, JURA 2003, 34 <38>). Der Schutz der Versammlungsfreiheit umfasst auch die Entscheidung, welche Maßnahmen der Veranstalter zur Erregung der öffentlichen Aufmerksamkeit für sein Anliegen einsetzen will (vgl. BVerfG , Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 - BVerfGK 2, 1 <6>). Die vom Versammlungsrecht geschützten Veranstaltungen sind nicht auf Zusammenkünfte traditioneller Art beschränkt, sondern umfassen vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Volksfeste und Vergnügungsveranstaltungen fallen allerdings unter den Versammlungsbegriff ebenso wenig wie Veranstaltungen, die der bloßen Zurschaustellung eines Lebensgefühls dienen oder die als eine auf Unterhaltung ausgerichtete öffentliche Massenparty gedacht sind, einerlei, ob der dort vorherrschende Musiktyp ein Lebensgefühl von sogenannten Subkulturen ausdrückt oder dem Massengeschmack entspricht (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O.). Andererseits erstreckt sich der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit auch auf solche Veranstaltungen, die ihre kommunikativen Zwecke unter Einsatz von Musik und Tanz verwirklichen. Dies ist zu bejahen, wenn diese Mittel zur kommunikativen Entfaltung mit dem Ziel eingesetzt werden, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken.
27 
Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob diese "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Bleiben insoweit Zweifel, so bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung behandelt wird (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2461; BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 16).
28 
Die Beurteilung, ob eine "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung darstellt, ist im Wege einer Gesamtschau aller relevanten tatsächlichen Umstände vorzunehmen. Das besondere Gewicht, das die Verfassung der Versammlungsfreiheit beimisst, gebietet, dass alle wesentlichen Umstände in die Beurteilung einbezogen und ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt werden. Die Gesamtschau hat in mehreren Schritten zu erfolgen. Zunächst sind alle diejenigen Modalitäten der geplanten Veranstaltung zu erfassen, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielen. Zu vernachlässigen sind solche Anliegen und die ihrer Umsetzung dienenden Elemente, bei denen erkennbar ist, dass mit ihnen nicht ernsthaft die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung bezweckt wird, die mithin nur vorgeschoben sind, um den Schutz der Versammlungsfreiheit beanspruchen zu können. Bei der Ausklammerung von an sich auf die Meinungsbildung gerichteten Elementen unter Hinweis auf die mangelnde Ernsthaftigkeit des Anliegens ist mit Blick auf die besondere Bedeutung der Versammlungsfreiheit Zurückhaltung zu üben und ein strenger Maßstab anzulegen. In die Betrachtung einzubeziehen sind nur Elemente der geplanten Veranstaltung, die sich aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters als auf die Teilhabe an der Meinungsbildung gerichtet darstellen. Abzustellen ist in erster Linie auf einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt der Veranstaltung an ihrem Ort befindet. Im Anschluss an die Erfassung der zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sind diese ihrer Bedeutung entsprechend zu würdigen und in ihrer Gesamtheit zu gewichten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 17).
29 
Daran schließt sich der zweite Schritt der Gesamtschau an, bei dem die nicht auf die Meinungsbildung zielenden Modalitäten der Veranstaltung, wie etwa Tanz, Musik und Unterhaltung, zu würdigen und insgesamt zu gewichten sind. Schließlich sind - in einem dritten Schritt - die auf den ersten beiden Stufen festgestellten Gewichte der die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung betreffenden Elemente einerseits und der von diesen zu unterscheidenden Elemente andererseits zueinander in Beziehung zu setzen und aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters zu vergleichen. Überwiegt das Gewicht der zuerst genannten Elemente, ist die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung. Im umgekehrten Fall genießt die Veranstaltung nicht den Schutz des Versammlungsrechts. Ist ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs nicht zweifelsfrei festzustellen, ist die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 18).
30 
b) Bei Zugrundelegung dieses auch vom erkennenden Senat (vgl. Urt. v. 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O. und v. 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - a.a.O.) vertretenen sog. engen Versammlungsbegriffs können auch kulturelle Veranstaltungen wie Musikveranstaltungen, Theaterstücke oder Dichterlesungen als „gemischte“ Veranstaltungen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehen. Wenn die Teilnehmer derartiger Veranstaltungen durch ihre Anwesenheit Anteilnahme ausdrücken wollen - etwa für die Menschenrechte, um die es einem Autor geht, oder bei „Rock gegen rechts“, um gegen Rechtsextremismus anzutreten -, handelt es sich um eine Meinungskundgabe zwecks Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, Kommentar, 15. Aufl., § 1 Rn. 13).
31 
c) Skinheadkonzerte wie das hier aufgelöste sind dadurch geprägt, dass mit der Musik zugleich eine politische Botschaft vermittelt wird. Einerseits thematisieren die Texte rechtsextremistischer Skinheadbands das Selbstverständnis und Lebensgefühl der rechtsextremistischen Skinheadszene. Andererseits ist diese Musik das wichtigste Propagandamedium, über das rechtsextremistische Inhalte in die Skinheadszene transportiert werden. So richten sich nicht wenige dieser Lieder gegen szenetypische Feindbilder wie Ausländer, Juden, Israel, die USA, Homosexuelle, „Linke“, Punker, gegen die Presse sowie staatliche Institutionen und Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland. Der szeneeigenen Musik und insbesondere den Konzerten kommt ein hoher identitätsstiftender Stellenwert zu. Die Konzerte dienen auch der Rekrutierung neuer Anhänger und deren ideologischer Festigung. Sie tragen zur Förderung einer rechtsextremistischen Orientierung vor allem bei jugendlichen und heranwachsenden Konzertbesuchern bei. Zu diesem Zweck erfolgt auch der Verkauf einschlägiger CDs und sonstigen Propagandamaterials. Über den Konsum der Musik finden umso mehr Jugendliche zum Rechtsextremismus, je präsenter die Szene durch ein vielfältigeres CD- und ein flächendeckenderes Konzertangebot wird (Verfassungsschutzbericht BW 2006, S. 136). Durch die entsprechende Musik werden die Konzertbesucher politisch indoktriniert; die Musik ist sozusagen das „Parteiprogramm“ der nicht parteipolitisch gebundenen rechtsextremistischen Skinheadszene. Konzertveranstaltungen kommt die Funktion von „Kontaktbörsen“ für rechtsextremistische Gesinnungen zu. Rechtsextremistische Skinheadbands fungieren als die politischen Propagandisten innerhalb der Skinheadszene (vgl. Thalmair, BayVBl 2002, 517 <518>). Anders als etwa bei einem normalen Popkonzert werden bei einem Skinheadkonzert die übrigen Besucher nicht nur in Kauf genommen, sondern als Gleichgesinnte empfunden, mit denen man sich zusammenfinden will, um sich beim gemeinsamen Musikgenuss in der eigenen Überzeugung zu bestärken und die gleiche Gesinnung zur Schau zu stellen (vgl. Thalmair, a.a.O. S. 519; siehe zum Ganzen auch Soiné, JuS 2004, 382 und Verfassungsschutzbericht BW 2008, S. 140 f.).
32 
d) Die hier streitgegenständliche Veranstaltung erfüllte alle skizzierten typischen Merkmale eines Skinheadkonzerts. Sie wurde auch im Verfassungsschutzbericht BW 2006 in der Rubrik „Gewaltbereiter Rechtsextremismus“ unter der Überschrift „Die rechtsextremistische Skinhead(musik)szene: Ein Boom schwächt sich ab?“ ausdrücklich aufgeführt (S. 134 f.). Auf der einen Seite diente die Veranstaltung als Musikkonzert zweifellos der Unterhaltung. Auf der anderen Seite wurden den Konzertbesuchern durch die Liedtexte rechtsextremistische Inhalte vermittelt. Dass die politischen Botschaften in erster Linie durch die Liedtexte transportiert werden, steht auch bei Zugrundelegung des engen Versammlungsbegriffs dem Versammlungscharakter eines solchen Konzerts nicht entgegen. Die innere Bindung der Besucher auf ideologischer Ebene, der Zweck, die eigene weltanschauliche und politische Identität zu stärken und insbesondere die auf (noch) nicht der Skinhead-szene angehörende Konzertbesucher zielende Rekrutierungsfunktion heben ein solches Skinheadkonzert deutlich von anderen Konzerten ab, bei denen der Musikgenuss im Vordergrund steht. Der Kläger zu 2 hat auf Fragen zur politischen Botschaft der Veranstaltung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekundet, es sei darum gegangen, Leute anzuwerben und für ihre politischen Vorstellungen zu begeistern. Sie seien gegen Überfremdung und für den Erhalt der deutschen Nation. Die multikulturelle Gesellschaft lehnten sie ab. Für einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt des Konzerts zufällig vor Ort befunden hätte, wäre nicht zweifelsfrei festzustellen gewesen, ob die Veranstaltung in erster Linie dem Musikgenuss dient oder ob die mit den Liedtexten vermittelten politischen Botschaften und damit die auf Teilhabe an der Meinungsbildung gerichteten Elemente überwiegen.
33 
Lässt sich nach alledem ein Übergewicht des unterhaltenden Charakters der Veranstaltung nicht feststellen, so ist das Konzert jedenfalls nach der Zweifelsregel wie eine Versammlung zu behandeln.
34 
Die selbst gewählte Einordnung als private Feier steht der Einordnung als Versammlung nicht entgegen, weil der Versammlungscharakter aus der Sicht eines außenstehenden durchschnittlichen Betrachters zu beurteilen ist. Rechtlich irrelevant ist auch die rechtsextremistische Ausrichtung der Veranstaltung, da Art. 8 GG nicht nach dem Inhalt der bei einer Versammlung geäußerten Meinung unterscheidet und auch das Infragestellen von Verfassungswerten - soweit dies nicht in kämpferischer Weise geschieht und keine einschlägigen Straftatbestände verwirklicht werden - erlaubt ist.
35 
e) Der Versammlungscharakter ist schließlich nicht aufgrund der Schutzbereichseinschränkung des Art. 8 Abs. 1 GG, nach welcher für die Ausübung der Versammlungsfreiheit die Gebote der Friedlichkeit und der Waffenlosigkeit gelten, zu verneinen. Die Verfassung bewertet die Unfriedlichkeit in gleicher Weise wie das Mitführen von Waffen. Unfriedlich ist eine Versammlung erst, wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten stattfinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - a.a.O. S. 106). Das Friedlichkeitsgebot ist somit auf das Verbot gewalttätigen Verhaltens zu reduzieren (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 1 Rn. 140 m.w.N.).
36 
Daran gemessen war hier die Friedlichkeit der Versammlung nicht in Frage gestellt. Das durch die Mischung von aggressiver Musik und Alkoholkonsum möglicherweise entstandene Gewaltpotenzial konnte auf der Veranstaltung nicht zum Ausbruch kommen, da man „unter sich“ war und das Gegenüber, der politische Gegner bzw. die möglichen Opfer wie Homosexuelle oder Ausländer, fehlten.
37 
2. Bei dem Skinheadkonzert handelte es sich auch um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes.
38 
a) Nach § 1 Abs. 1 VersammlG hat jedermann u.a. das Recht, öffentliche Versammlungen zu veranstalten. Der Versammlungsbegriff des Versammlungsgesetzes entspricht demjenigen des Grundgesetzes (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15). Die Gleichsetzung beider Versammlungsbegriffe erweist sich als verfassungsgemäß (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2460). Hinzutreten muss nach dem Versammlungsgesetz lediglich das Merkmal der Öffentlichkeit der Versammlung.
39 
b) Die Öffentlichkeit bestimmt sich danach, ob die Versammlung einen abgeschlossenen oder einen individuell nicht abgegrenzten Personenkreis umfasst (BVerwG, Urt. v. 23.03.1999 - 1 C 12.97 - NVwZ 1999, 992; Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ThürOVG, Beschl. v. 29.08.1997 - 2 EO 1038/97 u.a. - NVwZ-RR 1998, 497). Wesentliche Voraussetzung hierfür ist also, dass jeder, der von einer solchen Zusammenkunft Kenntnis erhält, die Möglichkeit hat, an ihr teilzunehmen. Dies war vorliegend der Fall. Der Teilnehmerkreis der Veranstaltung war von vornherein weder nach bestimmten Kriterien festgelegt noch begrenzt worden. Zwar wurde die Veranstaltung, bei der einschlägig bekannte Skinheadbands auftreten sollten, konspirativ vorbereitet. Zeit und Ort wurden nicht öffentlich bekanntgegeben, sondern ausschließlich per E-Mail und SMS einem Kreis bekannter Gleichgesinnter mitgeteilt. Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, über ein sog. „nationales Infotelefon“ Kenntnis von dem Konzert zu erlangen. Diese Einladungspraxis dürfte in erster Linie deshalb gewählt worden sein, um die Veranstaltung vor den Ordnungsbehörden und vor möglichen Störern etwa aus der linksautonomen Szene geheim zu halten. Hingegen ist nicht ersichtlich, dass der Teilnehmerkreis abschließend beschränkt werden sollte. Bei der gewählten Vorgehensweise hatten die Veranstalter es auch nicht mehr in der Hand, zu bestimmen, wer von der Veranstaltung erfuhr und an ihr teilnahm; im Hinblick auf die oben beschriebene Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung lag dies auch gar nicht in ihrer Absicht. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Teilnehmer einzeln eingeladen worden wären und dass nur bestimmte Personen Zugang zu der Veranstaltung erhalten sollten. Das Merkmal der Öffentlichkeit entfällt auch nicht deshalb, weil Eintrittsgelder erhoben worden sind (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, a.a.O.). Soweit die Beklagte die Öffentlichkeit der Versammlung bestreitet, verhält sie sich widersprüchlich, da sie mit der Begehung von Straftaten rechnete, die zumindest teilweise einen gewissen Öffentlichkeitsbezug voraussetzen (vgl. z. B. § 86 a StGB). Ihre Behauptung, es habe strenge Einlasskontrollen gegeben und Personen, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht eindeutig der Skinheadszene hätten zugerechnet werden können, wäre der Zutritt verwehrt worden, vermochte die Beklagte nicht auf tatsächliche Feststellungen zu stützen. Dieses Vorbringen erweist sich somit als rein spekulativ und erscheint mit Blick auf die Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung auch fernliegend.
40 
3. Handelte es sich bei dem Skinheadkonzert um eine öffentliche Versammlung, so kam zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur das Instrumentarium des Versammlungsgesetzes in Betracht, das mit seinen spezialgesetzlichen Ermächtigungen Vorrang vor dem Polizeirecht hat.
41 
Die für den Vollzug des Versammlungsgesetzes zuständigen Behörden können Versammlungen in geschlossenen Räumen vor ihrem Beginn nach Maßgabe des § 5 VersammlG verbieten oder nach ihrem Beginn nach Maßgabe des § 13 VersammlG auflösen. Des Weiteren kann - außerhalb der in § 13 Abs. 1 VersammlG angeführten Auflösungsgründe - die Auflösung einer zulässigerweise verbotenen Versammlung in Betracht kommen.
42 
a) Für ein Verbot öffentlicher Versammlungen in geschlossenen Räumen sowie das Verbot ersetzende Minusmaßnahmen (beschränkende Verfügungen) ist § 5 VersammlG die spezielle und abschließende Regelung. Nur für nicht versammlungsspezifische Gefahren kann auf die Ermächtigungen des besonderen Polizei- und Ordnungsrechts bzw. auf allgemeines Polizeirecht zurückgegriffen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 7 f.).
43 
Eine Versammlung in geschlossenen Räumen kann vor ihrem Beginn nach dem hier in Betracht kommenden § 5 Nr. 4 VersammlG verboten werden, wenn Tatsachen festgestellt sind, aus denen sich ergibt, dass der Veranstalter oder sein Anhang Ansichten vertreten oder Äußerungen dulden werden, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben.
44 
aa) Diese Vorschrift ist im Lichte von Art. 8 GG auszulegen. Das Grundrecht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, unterliegt, soweit die Versammlung nicht unter freiem Himmel stattfindet, keinem Gesetzesvorbehalt. Soweit das Versammlungsgesetz in § 5 die Möglichkeit eröffnet, Versammlungen in geschlossenen Räumen zu verbieten, liegt hierin gleichwohl keine gegen Art. 8 Abs. 2 GG verstoßende Grundrechtsbeschränkung; das Versammlungsgesetz erfüllt insoweit vielmehr verfassungskonkretisierende Funktion (vgl. Schwäble, Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit, S. 191 und 162 ff.), das heißt, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit greift unter anderem nicht ein, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Nr. 4 VersammlG vorliegen, weil das Begehen von Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgender Vergehen einer Versammlung den Charakter der "Friedlichkeit" nehmen würde und diese damit aus dem Geltungsbereich der Grundrechtsgewährleistung ausscheidet (vgl. Höfling in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 26 f.). Dabei darf jedoch der Begriff der Friedlichkeit nicht zu eng verstanden werden, weil ansonsten der für Versammlungen unter freiem Himmel geltende Gesetzesvorbehalt weitgehend funktionslos würde (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.11.1986 - 1 BvR 713/83 u.a. - BVerfGE 73, 206 <248 f.>).
45 
bb) Diese Grundsätze erfordern, den Verbotstatbestand des § 5 Nr. 4 VersammlG dahin auszulegen, dass zum einen die darin erfassten Meinungsäußerungsdelikte von beträchtlichem Gewicht sein sowie zur Unfriedlichkeit führen müssen und zum anderen die das Verbot tragenden Tatsachen mit einer vernünftige Zweifel ausschließenden Sicherheit festgestellt sein müssen, damit die zusätzlich erforderliche Prognose des Verhaltens des Veranstalters oder seines Anhangs eine tragfähige Grundlage hat (vgl. Senatsbeschluss vom 25.04.1998 - 1 S 1143/98 - VBlBW 1998, 426). Nur wenn erkennbare Umstände darauf schließen lassen, dass das Vertreten strafbarer Ansichten bzw. das Dulden strafbarer Äußerungen das maßgebende Anliegen der Versammlung ist, kommt ein Totalverbot in Frage. Lässt eine gesicherte Gefahrenprognose diesen Schluss nicht zu, sind nur weniger einschneidende Beschränkungen zulässig (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 33). Weil bloße Beschränkungen gegenüber dem Verbot geringere Eingriffe sind, darf in Anwendung des Grundsatzes der Erforderlichkeit ein Schluss von der Verbotsermächtigung auf die Ermächtigung zum Erlass verbotsvermeidender aber gleichwohl zwecktauglicher Maßnahmen gezogen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 43 m.w.N.). Finden sich im Repertoire einer Band nur einzelne Musikstücke, deren Aufführung einen Straftatbestand verwirklicht, so ist zu prüfen, ob das Verbot des Spielens dieser Musikstücke als milderes Mittel gegenüber einem Totalverbot in Betracht kommt. Besteht das Repertoire einer Band durchweg aus strafrechtlich relevanten Musikstücken und/oder kommt es bei Auftritten einer Band regelmäßig zu Straftaten, so kann ein Versammlungsverbot ausgesprochen werden, wenn der Auftritt dieser Band der einzige Versammlungszweck ist. Sollen jedoch daneben noch weitere - unbedenkliche - Bands auftreten, ist es angezeigt, vorrangig die Verhängung eines Auftrittsverbots für die betreffende Band zu prüfen.
46 
b) Bei versammlungsspezifischen Gefahren, die im Zusammenhang mit nicht verbotenen Versammlungen in geschlossenen Räumen entstehen, sind die Voraussetzungen für das polizeiliche Einschreiten nach Beginn der Versammlung und dessen Umfang in § 13 VersammlG speziell und abschließend geregelt (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 3). Im Lichte der verfassungsrechtlich garantierten, durch einen Gesetzesvorbehalt nicht eingeschränkten Versammlungsfreiheit in geschlossenen Räumen stellen sich die gesetzlichen Eingriffsermächtigungen des § 13 VersammlG als Konkretisierung der verfassungsimmanenten Schranken der grundrechtlichen Gewährleistung dar. Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben.
47 
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 VersammlG kann die Polizei eine öffentliche Versammlung in geschlossenen Räumen nur dann und unter Angabe des Grundes auflösen, wenn einer der in Nr. 1 bis 4 genannten Gründe vorliegt.
48 
Auch die mündliche Auflösungsverfügung bedarf - abweichend von § 39 LVwVfG - einer Begründung. Es ist hinreichend, aber auch erforderlich, dass der maßgebende Auflösungsgrund des gesetzlichen Tatbestandes der Nr. 1, 2, 3 oder 4 verständlich bezeichnet wird (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 6).
49 
Die Auflösung einer Versammlung in geschlossenen Räumen nach ihrem Beginn kommt u.a. in Betracht, wenn durch den Verlauf der Versammlung gegen Strafgesetze verstoßen wird, die ein Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben, oder wenn in der Versammlung zu solchen Straftaten aufgefordert oder angereizt wird und der Leiter dies nicht unverzüglich unterbindet (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VersammlG).
50 
c) Die Auflösungsgründe des § 13 Abs. 1 VersammlG berücksichtigen nicht den Fall, dass eine Versammlung trotz eines rechtmäßigen Versammlungsverbots gleichwohl durchgeführt wird. Der Gesetzgeber hat die Pflicht zur Auflösung einer verbotenen Versammlung nur für Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge ausdrücklich vorgesehen (vgl. § 15 Abs. 4 VersammlG). Es spricht viel dafür, insoweit für Versammlungen in geschlossenen Räumen von einer planwidrigen Gesetzeslücke auszugehen. So ist es etwa möglich, dass eine Versammlung gemäß § 5 Nr. 4 VersammlG verboten wurde, weil Tatsachen festgestellt waren, die die Prognose rechtfertigten, dass der Veranstalter Ansichten vertreten werde, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben. Wenn diese Versammlung nun trotz des Verbots durchgeführt wird, kann es nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, dass die Polizei so lange warten muss, bis die prognostizierten Straftaten tatsächlich begangen werden, um die Versammlung erst dann gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 VersammlG auflösen zu können (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 31; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., § 13 VersammlG Rn. 2).
51 
d) Ob hier die getroffene, auf die polizeiliche Generalklausel gestützte Verfügung auch als versammlungsrechtliche Entscheidung - die fehlende Wesensänderung durch den Austausch der Rechtsgrundlagen unterstellt - Bestand haben könnte, erscheint fraglich.
52 
aa) Zwar stünde deren Rechtmäßigkeit nicht bereits die Zuständigkeitsordnung entgegen, denn die Beklagte ist als Große Kreisstadt nicht nur Ortspolizeibehörde, sondern auch Versammlungsbehörde (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 VersGZuVO, § 62 Abs. 3 PolG, §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1 LVG).
53 
bb) Bedenken bestehen indes in materieller Hinsicht.
54 
(1) Ungeachtet der Bezeichnung als „Auflösungsverfügung“ könnte die Umdeutung in ein Verbot nach § 5 Nr. 4 VersammlG in Betracht gezogen werden, weil die Verfügung ausweislich der schriftlichen Begründung in erster Linie darauf zielte, Straftaten im Sinne der §§ 86, 86 a, 90 a und 130 StGB zu verhindern, deren Begehung im Rahmen der Veranstaltung aufgrund von Erfahrungen bei früheren Veranstaltungen befürchtet wurde. Insoweit fehlte es indes an hinreichenden Feststellungen zum jeweiligen Veranstalter, weshalb auch unklar ist, inwieweit die jetzigen Veranstalter für Vorkommnisse bei vorangegangenen Veranstaltungen verantwortlich waren. Ebenso fehlte es an Feststellungen dazu, ob und in welchem Umfang die Liedtexte der auftretenden Bands die in Frage kommenden Straftatbestände wie Volksverhetzung (§ 130 StGB) oder Aufstacheln zum Angriffskrieg (§ 80 a StGB) verwirklichen. Die materiellen Voraussetzungen für ein Totalverbot dürften daher kaum vorgelegen haben.
55 
Gegen die Umdeutung in ein Versammlungsverbot könnte zudem sprechen, dass die Verfügung erst nach Beginn der Versammlung bekannt gegeben wurde. Zu diesem Zeitpunkt ist die Verfügung auch erst rechtlich existent geworden. Vor der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ist ein Verwaltungsakt noch nicht erlassen, d.h. liegt grundsätzlich überhaupt noch kein Verwaltungsakt vor. Auch die Bindung der Behörde an den Verwaltungsakt tritt erst mit der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ein (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 41 Rn. 17 m.w.N.). Dem Ordnungsamtsleiter der Beklagten dürfte um 18:50 Uhr auch bewusst gewesen sein, dass aufgrund der noch zu treffenden Vorbereitungen (Zusammenziehen der erforderlichen Polizeikräfte; Einholung einer richterlichen Anordnung zum Betreten der Räumlichkeit etc.) eine Bekanntgabe der Allgemeinverfügung und damit ein Wirksamwerden (vgl. § 43 Abs. 1 LVwVfG) erst nach Beginn des Konzerts erfolgen würde.
56 
Der Senat verkennt nicht, dass es für die Versammlungsbehörde, die den Erlass versammlungsrechtlicher Präventivmaßnahmen auf der Grundlage von § 5 VersammlG erwägt, bei Versammlungen der vorliegenden Art, die konspirativ vorbereitet werden und zu denen verdeckt eingeladen wird, schwierig sein kann, den Veranstalter rechtzeitig zu ermitteln und diesem ggf. eine Verfügung vor dem Beginn der Versammlung bekannt zu geben. Scheitert die Bekanntgabe vor Beginn der Versammlung, so kommt aufgrund der Systematik des Versammlungsgesetzes nur noch eine Auflösung der Versammlung unter den Voraussetzungen des § 13 VersammlG in Betracht. Die fehlende Bekanntgabe wäre nur dann unschädlich, wenn der Veranstalter anderweitig sichere Kenntnis von der Verfügung erlangt hätte oder wenn er unter Verstoß gegen spezielle gesetzliche Verpflichtungen die Bekanntgabe treuwidrig vereitelt hätte (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 21 f. m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 - 8 C 91.85 - NVwZ 1987, 793 - zur treuwidrigen Vereitelung der Zustellung eines Einberufungsbescheides). Im Anwendungsbereich des Versammlungsgesetzes dürfte nach derzeitiger Rechtslage, wenn die Einladung verdeckt erfolgt, die treuwidrige Vereitelung der Bekanntgabe einer Verbotsverfügung kaum angenommen werden können, weil der Veranstalter einer Versammlung in geschlossenen Räumen im Vorfeld der Versammlung gesetzlich nicht zur Angabe seines Namens verpflichtet ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 1 VersammlG, der keine andere Auslegung zulässt, besteht eine solche Verpflichtung nur im Falle einer öffentlichen Einladung (so auch Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 2 Rn. 6). Eine Gesetzesänderung, die den Veranstalter auch bei nicht öffentlicher Einladung in die Pflicht nimmt, erschiene geeignet, insoweit Abhilfe zu schaffen. Eine solche Gesetzesänderung wird auch in § 9 Abs. 1 des vom Bundesinnenminister als Beratungsgrundlage für die Länder konzipierten Entwurfs eines Versammlungsgesetzes (abgedr. bei Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., S. 7 ff.) bereits vorgeschlagen.
57 
(2) Die Umdeutung in eine versammlungsrechtliche Auflösungsverfügung nach § 13 VersammlG scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht - wie gesetzlich in § 12 VersammlG vorgesehen - Polizeibeamte in die Versammlung entsandt hatte, die - ggf. auch mittels Bild- und Tonaufnahmen, vgl. § 12 a VersammlG - die erforderlichen Feststellungen zu einem unfriedlichen Verlauf der Versammlung hätten treffen können.
58 
4. Ob danach die Voraussetzungen für ein Verbot oder eine Auflösung des Konzerts auf versammlungsrechtlicher Grundlage vorgelegen haben, kann der Senat letztlich offen lassen, weil die Auflösung der Versammlung jedenfalls auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war.
59 
a) Der Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht ist vorliegend zulässig.
60 
Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben (vgl. Meßmann, JuS 2007, 524 <526>; Kunig in v. Münch/Kunig, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 30). Entscheidend kommt es insoweit darauf an, ob die in Bezug auf die nicht versammlungsspezifischen Gefahren getroffene Gefahrprognose geeignet ist, die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Verwaltungsakt, selbstständig zu tragen. Ist dies der Fall, so sind die mit der polizeilichen Maßnahme verbundenen (mittelbaren) Einschränkungen des Versammlungsrechts als zwangsläufige Nebenfolge in Kauf zu nehmen. Darauf, ob auch eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt war (darauf abstellend noch Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ebenso Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 4), kommt es dann nicht mehr an. Freilich ist zu beachten, dass wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit das bloße Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Auflösung einer Versammlung nicht zu rechtfertigen vermag. Im Hinblick auf den (zwangsläufigen) Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit sind an die Anwendung der polizeilichen Generalklausel strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Schulze-Fielitz in Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 8 Rn. 72; Gusy in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 8 Rn. 58; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., Art. 8 GG Rn. 25; Deger in Wolf/Stephan/Deger, PolG für BW, 6. Aufl., § 4 Rn. 35). Erforderlich ist eine konkrete Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
61 
b) Hier hat die Beklagte als sachlich (vgl. § 66 Abs. 2 i.V.m. §§ 61 Abs. 1 Nr. 4, 62 Abs. 4 PolG) und örtlich (vgl. § 68 Abs. 1 PolG) zuständige Ortspolizeibehörde ihre Auflösungsverfügung zulässigerweise selbstständig tragend auf konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer gestützt.
62 
aa) Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., S. 190 ff.). Auf der einen Seite ist daher bei der Anwendung der polizeilichen Generalklausel der hohe Rang der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite ist in Rechnung zu stellen, dass es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, nämlich Leben und Gesundheit von Menschen, geht, so dass auch die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nicht überspannt werden dürfen (vgl. Senatsurteil vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - VBlBW 2010, 29 m.w.N.).
63 
bb) Die polizeiliche Gefahr ist eine auf Tatsachen gegründete prognostische Einschätzung über einen künftigen Geschehensverlauf, wobei die Tatsachen pflichtgemäß aufzuklären sind. Die Gefahr muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die zu ergreifende polizeiliche Maßnahme vorliegen; es ist also beim polizeilichen Eingriff die gegenwärtige und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Polizei im Anschluss an ihre Maßnahme gewinnt: War der Schadenseintritt im Zeitpunkt der Entscheidung über das Eingreifen objektiv wahrscheinlich, bleibt das polizeiliche Handeln auch dann rechtmäßig, wenn der weitere Verlauf der Dinge die Prognose als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine polizeiliche konkrete Gefahr nicht durch später bekannt werdende Tatsachen - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - im Anschluss an das polizeiliche Handeln begründet werden.
64 
cc) Für die gerichtliche Beurteilung der hier beanstandeten Maßnahme kommt es folglich auf die von der Beklagten als Ortspolizeibehörde ex ante um 18:50 Uhr getroffene Prognose an, nicht hingegen auf die des für den Polizeieinsatz maßgeblichen Polizeiführers, da der Polizeivollzugsdienst lediglich die von der Beklagten getroffene Auflösungsverfügung im Wege der Vollzugshilfe (vgl. § 60 Abs. 4 PolG) bzw. Amtshilfe (vgl. § 74 Abs. 1 PolG) bekannt gegeben und nicht etwa nach Feststellung der konkreten Verhältnisse vor Ort selbst die Auflösung verfügt hat.
65 
Nach dem Kenntnisstand des Ordnungsamtsleiters sollte das Konzert in einem Kellerraum auf dem ehemaligen Fabrikgelände der Fa. ... stattfinden. Aufgrund der Tatsache, dass ein solcher Kellerraum von Mitgliedern einer Skinhead-band als Probenraum genutzt wurde und bereits am 09.07.2005 für eine sogenannte „private Geburtstagsfeier“ zur Verfügung gestellt worden war, war prognostisch die Annahme gerechtfertigt, dass das fragliche Konzert wiederum in diesem fensterlosen Raum, der über nur einen engen Zugang verfügte, stattfinden würde. Die Brandgefahr durfte mit Blick darauf, dass eine professionelle Musikanlage mit Verstärkern zum Einsatz kam und bis zu 150 Konzertteilnehmer erwartet wurden, als hoch eingeschätzt werden. Dies gilt umso mehr, als bei der Prognose auch die bei Konzerten dieser Art infolge der aggressiven Musik und des Alkoholkonsums der Konzertteilnehmer typischerweise herrschende aufgeheizte Atmosphäre berücksichtigt werden durfte.
66 
dd) Bei dieser Sachlage war die Auflösung der Versammlung zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Teilnehmer geboten.
67 
Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit sind auch die Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen, nämlich Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Würde, Eigentum und Besitz (vgl. Deger, a.a.O. § 1 Rn. 48 m.w.N.). Am Schutz des Lebens besteht ein besonderes öffentliches Interesse. Der Staat und seine Organe sind verfassungsrechtlich verpflichtet, menschliches Leben zu schützen. Die öffentliche Sicherheit ist daher in hohem Maße gefährdet, wenn Konzertbesucher sich durch den Aufenthalt in einem Kellerraum mit nur einem engen Zugang leichtsinnig Gefahren für Leben und Gesundheit im - nicht unwahrscheinlichen - Fall eines Brandes aussetzen.
68 
Die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 LVwVfG), war zur Bekämpfung der Gefahr geeignet und erforderlich. Die Auflösungsverfügung begründet die Pflicht der Teilnehmer, sich vom Versammlungsort zu entfernen. Ein milderes Mittel zur Bekämpfung der bezeichneten Gefahr war nicht gegeben. Die Fortsetzung des Konzerts in dem fraglichen Kellerraum wäre unter keinen Umständen vertretbar gewesen.
69 
Die Auflösung erweist sich schließlich nicht deshalb als rechtswidrig, weil mit ihr zugleich eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt wurde. Zwar hatte die Beklagte bei der Ausübung ihres Ermessens nicht berücksichtigt, dass es sich bei dem fraglichen Konzert um eine unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehende öffentliche Versammlung handelte. Dies führt jedoch vorliegend nicht zu einem Ermessensfehler, weil der Ermessensspielraum der Beklagten auf Null reduziert war. Aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht drohte ein so erheblicher Schaden für das Leben und die Gesundheit der Konzertbesucher (vgl. zu diesem Maßstab Deger, a.a.O. § 3 Rn. 19), dass die Beklagte angesichts der großen Zahl der erwarteten - zum Teil noch minderjährigen - Teilnehmer zum Einschreiten durch Erlass einer Auflösungsverfügung verpflichtet war. Ein Untätigbleiben wäre ermessensfehlerhaft gewesen.
70 
ee) Soweit die Beklagte Störungen der öffentlichen Sicherheit, die ein Einschreiten nach den §§ 1, 3 PolG erfordern, auch in Verstößen gegen bauordnungs-, gaststätten- und jugendschutzrechtliche Vorschriften gesehen hat, sind diese Erwägungen wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit nicht tragfähig. Insbesondere vermag allein der Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Bestimmungen (vgl. § 15 Abs. 3 LBO) die Auflösungsverfügung nicht zu rechtfertigen (vgl. zu einer bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagung, die faktisch zu einem Versammlungsverbot führt: OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 02.02.2007 - 3 M 12/07 - LKV 2008, 79). Hinzutreten muss - wie ausgeführt - stets eine erhebliche Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
71 
c) Darauf, ob das Handeln des Polizeivollzugsdienstes vor Ort von dem Bestreben getragen war, die bezeichneten Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer so rasch und wirkungsvoll wie möglich zu bekämpfen, kommt es nicht an. Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage ist ausschließlich die Auflösung des Skinheadkonzerts, d. h. seine Beendigung durch Verwaltungsakt, nicht aber der Vollzug dieser Verfügung und die weiteren vom Polizeivollzugsdienst getroffenen Maßnahmen. Insoweit wäre die Beklagte auch nicht passiv legitimiert; vielmehr hätten die Kläger eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vollzugs der Auflösungsverfügung sowie der vom Polizeivollzugsdienst in eigener Zuständigkeit getroffenen weiteren Maßnahmen nur im Wege einer gegen das Land Baden-Württemberg gerichteten (Fortsetzungs-)Feststellungsklage erreichen können.
III.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
73 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
74 
Beschluss vom 12. Juli 2010
75 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
76 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. Februar 2009 - 4 K 961/08 - teilweise geändert. Es wird festgestellt, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 2. Mai 2008 gegen die Klägerin ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt ein Viertel, der Beklagte drei Viertel der Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte jeweils zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass die ihr gegenüber in den Morgenstunden des 02.05.2008 ergriffene Maßnahme der Personenfeststellung sowie die damit verbundene Sistierung rechtswidrig waren.
Am 01.05.2008 fand in Freiburg das sog. Spechtpassagenfest statt. Für dieses Fest war die Wilhelmstraße zwischen Sedan- und Belfortstraße mit Genehmigung der Stadt Freiburg von 11.00 Uhr bis 24.00 Uhr gesperrt. Nach 22.00 Uhr versammelten sich mehr als 100 Personen im Bereich Wilhelmstraße Ecke Belfortstraße, aus deren Mitte heraus auf der Fahrbahn ein großes Feuer entzündet wurde, das bis gegen 2.00 Uhr morgens durch Nachlegen insbesondere von Holz in Brand gehalten wurde. Gegen 2.25 Uhr wurde eine männliche Person, die von der Polizei als Hauptverursacher des Feuers angesehen wurde, in einiger Entfernung von der Feuerstelle festgenommen.
Die Klägerin befand sich in der Zeit zwischen 2.15 Uhr und 2.25 Uhr in unmittelbarer Nähe des Feuers. Zu diesem Zeitpunkt schritten Polizeibeamte, die das Geschehen bis dahin aus einiger Entfernung beobachtet hatten, gegen die um das Feuer herumstehenden Personen ein. Im Zuge dessen wurden die Klägerin, nachdem sie der Polizei auf Aufforderung ihren Personalausweis ausgehändigt hatte, auf das etwa 300 m entfernte Polizeirevier Freiburg-Nord mitgenommen. Dort wurden ihre Personalien mit dem Inhalt polizeilicher Dateien abgeglichen, Lichtbilder von ihr gefertigt und sie wurde körperlich durchsucht. Die Klägerin durfte das Polizeirevier gegen 3.05 Uhr wieder verlassen.
Am 26.05.2008 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg erhoben, zu deren Begründung sie vorgetragen hat: Über die polizeilichen Maßnahmen gegen sie sei in der regionalen Presse berichtet worden. Sie fühle sich daher in ihrem beruflichen Ansehen als Lehrerin und Stadträtin beschädigt. Die gegen sie ergriffenen Maßnahmen seien rechtswidrig. Die Voraussetzungen für die Personenfeststellung seien nicht erfüllt. Denn von ihr sei keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgegangen. Sie habe das Feuer weder entzündet noch Brennmaterial nachgelegt. Als sie an die Feuerstelle gekommen sei, habe das Feuer bereits seit mehreren Stunden gebrannt, ohne dass die Polizei eingeschritten sei. Eine von dem Feuer ausgehende Störung der öffentlichen Ordnung sei ihr deshalb nicht zuzurechnen. Zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei seien außer ihr nur noch zwei weitere sich ebenfalls friedlich verhaltende Personen in der Nähe des Feuers gewesen. Falls es an anderer Stelle Störungen gegeben haben sollte, wäre die Identitätsfeststellung ihr gegenüber jedenfalls unverhältnismäßig gewesen, da sie damit erkennbar nichts zu tun gehabt habe. Selbst bei Einstufung ihrer Person als (Anscheins-)Störerin hätten der Polizei mildere Mittel als die Personenfeststellung zur Verfügung gestanden. Man hätte ihr gegenüber den Grund der polizeilichen Maßnahme nennen müssen, um ihr Gelegenheit zu geben, den Gefahrenraum freiwillig zu verlassen, ohne ihre Daten preisgeben zu müssen. Erst recht sei die mit der Personenfeststellung verbundene Freiheitsentziehung rechtswidrig gewesen, da sie den Polizeibeamten auf Aufforderung sofort ihren Personalausweis ausgehändigt habe.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der Polizeidirektion vom 17.06.2008 ausgeführt: An den Aktionen des Spechtpassagenfestes hätten in der Nacht vom 01. auf den 02.05.2008 etwa 1.700 Personen teilgenommen. Im Vorjahr habe es bei einer vergleichbaren Veranstaltung einen Angriff auf den Polizeiführer und polizeiliche Einsatzkräfte gegeben, so dass auch im Jahr 2008 mit aggressivem Verhalten zu rechnen gewesen sei. Abgesehen von dem um 22.00 Uhr auf öffentlicher Straße entzündeten Feuer sei das Straßenfest störungsfrei verlaufen. In einer Entfernung von 20 bis 30 m um das Feuer hätten sich mehrere Bauschuttcontainer mit brennbarem Material befunden. In der ersten Zeit nach dem Entzünden des Feuers hätten zunächst die nötigen Einsatzkräfte mobilisiert werden müssen. Dies habe bis gegen 23.30 Uhr gedauert. Das Vorhandensein der vollzähligen Einsatzkräfte sei mit den ersten stärkeren Abwanderungsbewegungen aus dem Einsatzraum zusammengefallen. Von vornherein habe man Wert darauf gelegt, Beweissicherung zu betreiben. Die damit befassten Polizeikräfte hätten sich jedoch immer wieder zurückziehen müssen, weil bei ihrem Erkennen Gegenstände und Flaschen gegen sie geworfen worden seien. Mindestens ein Flaschenwurf habe eindeutig einer männlichen Person zugeordnet werden können, die das Feuer wesentlich unterhalten und bestimmend auf die Gruppe eingewirkt habe. Diese Person habe gegen 0.45 Uhr auch versucht, einen Bauschuttcontainer in der Belfortstraße in Brand zu setzen. Eine Ausbreitung des Brandes habe nur dadurch verhindert werden können, dass Polizeikräfte die Flammen ausgetreten hätten. Während dessen seien sie aus der Gruppe mit Flaschen beworfen worden, die teilweise über ihnen an der Hauswand oder unmittelbar in ihrer Nähe zerborsten seien. Um eine Eskalation zu vermeiden, sei ein erster Versuch der vorläufigen Festnahme der brandstiftenden Person abgebrochen worden. Nach 23.30 Uhr hätten Personen vereinzelt die Gruppe um das Feuer verlassen, andere Passanten oder Festbesucher seien hinzugekommen. Wegen der Gefahr von Solidarisierungsaktionen habe die Polizei zunächst von Maßnahmen abgesehen. Noch um 1.45 Uhr seien Holzpaletten nachgelegt worden, ein baldiges Beenden des Feuers sei somit nicht zu erwarten gewesen. Um 2.25 Uhr hätten sich etwa 20 Personen im Bereich der Feuerstelle aufgehalten, 6 davon in unmittelbarer Nähe. Als die tatverdächtige männliche Person, die zuvor maßgeblich das Feuer unterhalten habe, den Bereich verlassen habe, sei sie etwas abgesetzt vorläufig festgenommen worden. Bei den nach 2.15 Uhr unmittelbar an der Feuerstelle befindlichen Personen seien dann die Personalien festgestellt worden. Hierzu und zu weiteren Maßnahmen seien sie auf das Polizeirevier Freiburg-Nord verbracht worden. Die Klägerin habe sich zum Kontrollzeitpunkt in der Gruppe unmittelbar am Feuer aufgehalten, unter der sich kurz zuvor auch noch der Tatverdächtige befunden habe. Die Gesamtumstände hätten die Annahme begründet, dass die Klägerin zur Gruppe der Störer gehört habe. Sie habe sich in unmittelbarer Nähe des Feuers mit anderen Personen aus dem Kreis um den festgenommenen Tatverdächtigen aufgehalten und dies zu einer Zeit, als ein Großteil der Leute diesen Bereich bereits verlassen hätten. Die Klägerin habe ihrerseits nicht darauf hingewirkt, das Feuer zu löschen oder die Straße zu verlassen. Sie sei aufgefordert worden, zum Polizeirevier Freiburg-Nord mitzukommen, um dort ihre Personalien festzustellen, eine Durchsuchung ihrer Person durchzuführen und Lichtbilder von ihr zu fertigen. Die Feststellung der Identität und die Fertigung von Lichtbildern habe gewährleisten sollen, die eingetretene Störung der öffentlichen Sicherheit in Form des Errichtens und Betreibens einer Feuerstelle im öffentlichen Straßenraum zu beseitigen und weitere Gefahren zu verhindern. Von einem früheren Eingreifen habe man aus taktischen Gründen abgesehen. Noch gegen 2.00 Uhr seien Plastikbierkästen und Styropor in das offene Feuer geworfen worden. Ziel der anschließenden polizeilichen Maßnahmen sei neben der deeskalierenden Strategie die vorläufige Festnahme und die Personalienfeststellung des zuvor erkannten Tatverdächtigen sowie die Beseitigung der Feuerstelle und die Entfernung der zahllosen Flaschen und Scherben auf der Fahrbahn gewesen. Die Maßnahmen hätten der Störungsbeseitigung und der Gefahrenabwehr im Hinblick auf weiteren Passanten- und Fahrzeugverkehr sowie der Sicherung des Tatbefundes zur Strafermittlung gedient. Es treffe zu, dass die Klägerin vor Ort ihren Personalausweis ausgehändigt habe. Jedoch sei eine weitere Überprüfung im Hinblick auf Fahndungsnotierungen und Anderes erforderlich gewesen. Um eine Eskalation zu verhindern, sei entschieden worden, die Personalienfeststellung und -überprüfung auf dem Polizeirevier durchzuführen. Zu diesem Zeitpunkt hätten keine gesicherten Erkenntnisse darüber vorgelegen, wie viele Personen sich noch im Sedanquartier aufgehalten hätten. Nach den Erfahrungen vorangegangener Einsätze sei mit dem überraschenden Wiedererscheinen weiterer Personen, die sich in das Geschehen einmischen könnten, zu rechnen gewesen. Durch die Personenkontrolle habe man potentielle Störer aus der Anonymität reißen und gewährleisten wollen, sie gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt als Störer oder Gefährder identifizieren zu können. Die Mitnahme auf das Polizeirevier sei erforderlich gewesen, um ein Löschen des Feuers durch die Feuerwehr und die anschließende Reinigung der Straßen zu ermöglichen sowie um umstehende Personen bei den Löschmaßnahmen nicht zu gefährden. Die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit seien gewahrt. Im Kontrollzeitpunkt sei zwar eine Abwanderungsbewegung zu verzeichnen gewesen, gleichzeitig sei jedoch befürchtet worden, dass weitere Personen nach Verlassen einer benachbarten Diskothek wieder zu einem Anschwellen der Personenzahl beitragen könnten.
Mit Urteil vom 05.02.2009 - 4 K 961/08 - hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die vom Polizeivollzugsdienst gegen die Klägerin ergriffenen Maßnahmen der Anfertigung von Lichtbildern, der körperlichen Durchsuchung, des mit diesen Maßnahmen verbundenen Festhaltens auf dem Polizeirevier sowie der Speicherung von Lichtbildern von der Klägerin rechtswidrig waren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung insoweit ausgeführt: Die bei der Klägerin vorgenommene Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG sowie die damit verbundene Sistierung während der Dauer der Personenfeststellung erwiesen sich als rechtmäßig. Bei ihrem Einschreiten gegen die Klägerin sei es der Polizei zum einen darum gegangen, das Feuer auf der Straße zu löschen und die Befahrbarkeit der Straße wiederherzustellen (Beseitigung einer Störung), und zum anderen darum, zu verhindern, dass Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer weiterunterhalten bzw. an anderen Orten neue Feuer anzünden (Abwehr von erneuten Gefahren für fremde Rechtsgüter und Verhinderung der Begehung weiterer Straftaten). Zwar gehe die Feststellung der Personalien der an der Feuerstelle angetroffenen Personen auf den ersten Blick an der Erreichung dieser präventivpolizeilichen Ziele vorbei. Bei näherer Betrachtung sei die Personenfeststellung als Gefahrenabwehrmaßnahme jedoch sinnvoll, da sie grundsätzlich geeignet sei, potentielle Störer von weiteren Störungen, hier von der weiteren Unterhaltung des Feuers bzw. der Entzündung eines anderen Feuers, abzuhalten. Die Auffassung der Polizei, dass die an der Feuerstelle angetroffenen Personen durch eine Feststellung ihrer Personalien aus ihrer Anonymität gerissen würden und deshalb von einer eventuell vorhandenen Absicht, weitere Störungen zu begehen, abgehalten werden könnten, könne rechtlich nicht beanstandet werden. Die Personenfeststellung sei unter den gegebenen Umständen auch das mildeste zur Verfügung stehende Mittel gewesen. Die Auffassung der Klägerin, es hätte gereicht, wenn die Polizei sie formlos gebeten hätte, den Platz zu verlassen, damit das Feuer gelöscht und die Straße geräumt werden könne, bzw. - falls das nicht zum Erfolg geführt hätte - einen förmlichen Platzverweis gegen sie auszusprechen, gehe fehl. Die Klägerin sei aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht zu Recht zumindest als Anscheinsstörerin angesehen worden, weil sie sich in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten bzw. Störungen an der Feuerstelle aufgehalten habe. Darüber hinaus habe sie eine Bierflasche in der Hand gehalten, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach in Richtung der anrückenden Polizeibeamten geworfen worden sei. Bei dieser Sachlage sei es naheliegend, die Klägerin in die Nähe der Verantwortlichen für die vorangegangenen und noch andauernden Störungen zu rücken. Außerdem habe die Polizei mit der Störungsbeseitigung nicht beginnen können, solange sich noch Personen an der Feuerstelle aufgehalten hätten. Denn es habe angesichts des ständigen Kommens und Gehens die nicht fernliegende Möglichkeit bestanden, dass sich weitere Personen hinzugesellen würden und erneut eine Situation eintrete, wie sie kurz zuvor gegeben gewesen sei und wie sie die Polizei nach Möglichkeit habe vermeiden wollen. Ein Platzverweis allein wäre kein gleichermaßen geeignetes und zugleich milderes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die handelnden Polizeibeamten nicht hätten einschätzen können, wen sie in Person der Klägerin und der anderen am Feuer anwesenden Personen vor sich hatten und ob diese nicht eventuell zur Gruppe der vorherigen Störer gehörten. In letzterem Fall hätte ein Platzverweis, der sich sowohl im Hinblick auf das Ziel der Polizei, das Feuer zu löschen und die Befahrbarkeit der Straße wiederherzustellen, als auch im Hinblick auf seine praktische Umsetzbarkeit bzw. Kontrollierbarkeit wohl nur auf den Einmündungsbereich Wilhelmstraße/Belfortstraße hätte beziehen können, die durchaus realistische Gefahr begründet, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer versammelt und die Störung der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, um dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und finden zu können. Durch die Feststellung der Personalien werde ein potentieller Störer demgegenüber aus der Anonymität gerissen und wisse, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden könne. Deshalb seien Personenfeststellungen durchaus geeignet, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten. Auch die Sistierung sei rechtmäßig gewesen. Angesichts der angespannten Atmosphäre, die kurz zuvor zwischen der Polizei und den um das Feuer versammelten Personen geherrscht habe und bei der es auch zu gewalttätigen Angriffen gegenüber Polizeibeamten gekommen sei, könne es nicht beanstandet werden, wenn die Polizei die Personenfeststellungen, um eine Eskalation zu vermeiden, nicht vor den Augen potentieller Störer habe durchführen wollen.
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 17.02.2010 - 1 S 732/09 - zugelassenen Berufung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Personenfeststellung sei rechtswidrig, weil die festgestellten Tatsachen es nicht rechtfertigten, sie als Anscheinsstörerin anzusehen. Die Polizeibeamten hätten aus der ex-ante-Sicht eines objektiven Beobachters nicht zu der Einschätzung gelangen dürfen, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die Klägerin angetroffen hätten, deren Verhalten bei ungehindertem Weiterlauf der Dinge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Die im Urteil festgestellten Tatsachen rechtfertigten die Annahme einer von ihr ausgehenden Gefahr nicht. Die Klägerin sei erst nach dem Vorkommen von Störungen wahrgenommen worden und habe selbst kein Verhalten gezeigt, das als Störung oder Gefahr interpretiert werden könnte. Soweit das Urteil sich auf frühere Störungen beziehe, stelle dies eine rechtsfehlerhafte Verlagerung des ex-ante-Zeitpunkts in den Zeitraum vor Wahrnehmung der Klägerin durch die Polizeibeamten dar. Selbst wenn man unterstelle, dass die Klägerin zu Recht als Anscheinsstörerin eingestuft worden sei, sei jedenfalls die erfolgte Sistierung rechtswidrig, weil eine Identitätsfeststellung ohne Weiteres vor Ort möglich gewesen sei. Die Annahme einer möglichen Störung durch Dritte biete keine rechtliche Grundlage für die Ingewahrsamnahme.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. Februar 2009 - 4 K 961/08 - zu ändern und festzustellen, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 2. Mai 2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung rechtswidrig waren.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Eine Identitätsfeststellung am Ort des Geschehens sei nicht möglich gewesen, weil aufgrund in der Vergangenheit gemachter Erfahrungen eine Eskalation durch Solidarisierungen oder gar Befreiungsaktionen hätten befürchtet werden müssen, so dass die Personenfeststellung und der Datenabgleich mit der Fahndungsdatei nur auf der Wache ungestört hätten durchgeführt werden können. Zudem sei beabsichtigt gewesen, die Feuerstelle schnellstmöglich zu räumen, um die erforderlichen Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen und damit dem rechtswidrigen Geschehen ein Ende zu setzen. Angesichts der Tatsache, dass die Polizeidienststelle bereits nach wenigen Minuten Fußweg erreicht worden sei und sich die Aufenthaltsdauer auf der Dienststelle auf das zur Durchführung der Maßnahmen unbedingt Erforderliche beschränkt habe, sei die Sistierung auch verhältnismäßig gewesen.
13 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Beklagten und des Verwaltungsgerichts Freiburg vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 02.05.2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war. Ihre insgesamt zulässige Klage ist in diesem Umfang begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht hingegen die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Personenfeststellung als solche begehrt hat.
I.
15 
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren Rechtsschutz gegen die - erledigte - Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung.
16 
1. Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs ist nach § 17 a Abs. 5 GVG vom Senat nicht mehr zu prüfen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu Recht als gegeben angesehen. Entscheidend ist, ob das Schwergewicht des polizeilichen Handelns auf der Strafverfolgung oder auf der Gefahrenabwehr liegt. Für die Abgrenzung der beiden Aufgabengebiete ist maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (BVerwG, Urt. v. 03.12.1974 - I C 11.73 - BVerwGE 47, 255 und Urt. v. 19.10.1982 - 1 C 29.79 - BVerwGE 66, 192; Senatsurteil vom 16.05.1988 - 1 S 1826/87 - VBlBW 1989, 16). Hier erfolgte die Personenfeststellung nach den übereinstimmenden Bekundungen der Beteiligten primär zum Zweck der Gefahrenabwehr. Der Beklagte hat die Personenfeststellung ausschließlich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 26 PolG gestützt. Auch die Klägerin hat dies so verstanden, obwohl ihr - ebenso wie ihrem Begleiter, dem Zeugen E. - ausweislich ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bei der Sistierung eröffnet worden war, es bestehe der Verdacht auf Landfriedensbruch. Nachdem indes, wie der Beklagte der Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf telefonische Anfrage am 14.05.2008 mitgeteilt hat, kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin eingeleitet wurde, war es aus ihrer Perspektive naheliegend, davon auszugehen, dass die gegen sie ergriffenen Maßnahmen primär der Gefahrenabwehr dienen sollten.
17 
2. Bei der Personenfeststellung nach § 26 PolG handelt es sich um eine polizeiliche Standardmaßnahme, die ihrer Rechtsnatur nach ein Verwaltungsakt ist (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 315 ff., 334; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F Rn. 29 ff. <32>; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 215 f.). Die Klage ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung mit Abschluss der Personenfeststellung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Als Adressatin der angegriffenen Maßnahme ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).
18 
3. Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
19 
4. Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 19.08.2010 - 1 S 2266/09 - DVBl 2010, 1569 m.w.N.). Im Übrigen wurde die Klage binnen Monatsfrist erhoben.
20 
5. Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Das berechtigte Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Feststellung ergibt sich jedenfalls aus der erstrebten Rehabilitation. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 09.08.1990 - 1 B 94.90 - NVwZ 1991, 270; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 113 Rn. 142 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Dies ist hier zu bejahen, nachdem die in die allgemeine Handlungsfreiheit und in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifende Personenfeststellung Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung in der Regionalpresse unter voller Namensnennung und unter Hervorhebung der Stellung der Klägerin als Stadträtin war.
II.
21 
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Die auf § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG gestützte Personenfeststellung als solche war rechtmäßig. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
22 
1. a) Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Personenfeststellung bestehen keine Bedenken. Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes folgt aus § 60 Abs. 3 PolG. Eine Anhörung der Klägerin war nach § 28 Abs. 2 Nr.1 LVwVfG entbehrlich. Weil der Verwaltungsakt mündlich erlassen wurde, war auch keine Begründung erforderlich (vgl. § 39 Abs. 1 LVwVfG).
23 
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG lagen vor. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei die Identität einer Person feststellen, um im einzelnen Falle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren oder eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen. Hier war bereits eine Störung der öffentlichen Sicherheit eingetreten, die zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei noch anhielt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das Feuer auf der öffentlichen Straße und der Zustand der mit Glasscherben, Flaschen und anderen Gegenständen übersäten Abschnitte der Wilhelm- und Belfortstraße eine noch anhaltende Störung der öffentlichen Sicherheit darstellte, die ein polizeiliches Einschreiten mit dem Ziel der Störungsbeseitigung erforderte. Zudem bestand die Gefahr, dass weitere Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer in Gang halten bzw. an anderen Orten neue Feuer entzünden.
24 
c) Die Klägerin wurde zu Recht jedenfalls als Anscheinsstörerin angesehen.
25 
Die Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG darf nur gegenüber einem Störer nach §§ 6, 7 PolG getroffen werden, gegenüber dem Nichtstörer nach § 9 PolG nur unter den qualifizierten Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes (Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 26 Rn. 11; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl., § 26 Rn. 5; Würtenberger/Heckmann, a.a.O. Rn. 324).
26 
Verhaltensstörer im Sinne des § 6 PolG ist auch der Anscheinsstörer. Anscheinsstörer ist, wer ex post betrachtet nicht wirklich eine Gefahr verursacht, aber ex ante betrachtet bei einem fähigen, besonnenen und sachkundigen Polizeibeamten den Eindruck der Gefahrverursachung erweckt (Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., L Rn. 42). Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen. Die herrschende Meinung versteht unter einem Anscheinsstörer eine Person, die entweder durch ihr Verhalten eine Anscheinsgefahr oder hinsichtlich einer real bestehenden Gefahr durch ihr Verhalten einen Verursacherschein gesetzt hat (vgl. Senatsurteil vom 12.02.1990 - 1 S 1646/89 - NVwZ-RR 1990, 602 = DÖV 1990, 572 m.w.N.; Belz/Mußmann, a.a.O., § 6 Rn. 10). Der Begriff Anscheinsstörer wird in der zweiten Fallgruppe auf Konstellationen angewandt, in denen die Gefahr wahrscheinlich ist oder gar feststeht, in denen aber hinsichtlich des Verantwortlichen nur eine Möglichkeit oder ein Verdacht besteht. Ist nicht die Existenz einer Gefahr, sondern deren Urheber ungeklärt, besteht also der Verdacht einer Gefahrverursachung, soll der Betreffende als Anscheinsverursacher in Anspruch genommen werden können (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O. § 7 Rn. 6). In der Literatur wird in dieser Fallgruppe darüber hinaus teilweise verlangt, dass die Person den Anschein durch ihr Verhalten bzw. eine ihr zuzuordnende Sache unmittelbar verursacht hat (so etwa Schenke/Ruthig, Rechtsscheinhaftung im Polizei- und Ordnungsrecht? - Zur polizeirechtlichen Verantwortlichkeit des sog. Anscheinsstörers, VerwArch 87 (1996), 329 <331>). Auch nach dieser Auffassung setzt die unmittelbare Verursachung indes nicht zwingend einen Verstoß gegen eine bestimmte Rechtsnorm voraus. Es genügt, wenn ein Verhalten objektiv geeignet ist, bei Dritten den Eindruck zu erwecken, es drohe ein Schaden für ein polizeilich geschütztes Rechtsgut (Irreführungsrisiko). Selbst wer nicht weiß, dass er von der Polizei beobachtet wird, übernimmt das Risiko dafür, dass aus seinem Verhalten in der Öffentlichkeit auf seine Störereigenschaft geschlossen wird (Schenke/Ruthig, a.a.O. S. 340 f.).
27 
Daran gemessen ist die Störereigenschaft hier selbst bei Zugrundelegung der engeren Auffassung von Schenke/Ruthig zu bejahen, so dass der Senat offen lassen kann, ob der Begriff des Anscheinsstörers in diesem Sinne einzugrenzen ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Feuer von Personen, die sich um die Feuerstelle versammelt hatten, gegen 22.00 Uhr entzündet und bis gegen 2.00 Uhr unterhalten wurde. Von den um das Feuer versammelten Personen waren Aggressionen gegenüber sich nähernden Polizeibeamten ausgegangen (Werfen von Bierflaschen und anderen Gegenständen). Als die Klägerin gegen 2.15 Uhr an der Feuerstelle angetroffen wurde, war für Außenstehende nicht zweifelsfrei erkennbar, wie lange sie sich dort bereits befand und ob sie zu dem Kreis der Personen gehörte, der für die Störung der öffentlichen Sicherheit verantwortlich war. Ausweislich der Angaben des Einsatzleiters der Polizei gab es keinerlei sichere Anhaltspunkte dafür, dass man der Klägerin und ihrem Begleiter Straftaten hätte nachweisen können. Beide hielten sich indes in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten und während der noch anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit für einen Zeitraum von zumindest zehn Minuten an der Feuerstelle auf. Zudem hatte die Klägerin, ebenso wie ihr Begleiter, eine Bierflasche in der Hand, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach nach Polizeibeamten geworfen worden war. Es waren auch keine Anhaltspunkte erkennbar, die auf eine Distanzierung der Klägerin von der bereits seit mehreren Stunden anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit hätten schließen lassen können. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass die Polizei aus dem Verhalten der Klägerin auf ihre Störereigenschaft geschlossen hat.
28 
d) Die Personenfeststellung war zur Gefahrenabwehr geeignet. Der potentielle Störer wird durch die Feststellung seiner Personalien aus der Anonymität gerissen und weiß, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden kann (vgl. BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Die Personenfeststellung ist daher ein geeignetes Mittel, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten.
29 
Hier ging es darum, das weitere Unterhalten des Feuers und das etwaige Entzünden weiterer Feuer sowie die befürchtete Störung der Löscharbeiten durch weitere Ausschreitungen - etwa Flaschenwürfe - zu unterbinden. Es liegt nahe, dass derartige Störungen eher aus der Anonymität heraus verübt werden und dass ein potentieller Störer, dessen Personalien festgestellt sind, sich weiterer Störungen, die ihn dann dem Risiko der Strafverfolgung aussetzen, eher enthalten wird.
30 
e) Die Personenfeststellung war auch erforderlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin wäre eine bloße Gefährderansprache oder ein auf die polizeiliche Generalklausel gestützter Platzverweis (gesetzlich normiert wurde der Platzverweis erst in dem durch das Änderungsgesetz vom 18.11.2008 eingefügten § 27 a Abs. 1 PolG) kein gleichermaßen geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Zwar wäre ein isolierter Platzverweis möglicherweise zur Räumung der Feuerstelle ebenso geeignet gewesen, doch hätte dann die ex ante in nicht zu beanstandender Weise prognostizierte Gefahr bestanden, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer aufgehalten und die Störungen der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, und dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und zu finden, so dass es dann zu einer in jedem Fall zu vermeidenden Konfrontation mit den inzwischen vor Ort tätigen Polizeibeamten hätte kommen können. Bei einem isolierten, nicht mit einer Personenfeststellung einhergehenden Platzverweis wäre den des Platzes Verwiesenen weiterhin ein Handeln aus der Anonymität heraus möglich gewesen, was eine zugleich effektive und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrende Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung wiederum erschwert hätte.
31 
f) Angesichts des mit der bloßen Personenfeststellung verbundenen geringfügigen Eingriffs in die Rechtssphäre des Betroffenen (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 11; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., Rn. 328; Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 375) war diese Maßnahme schließlich verhältnismäßig im engeren Sinne.
32 
2. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift, die vorliegend in der Fassung vom 01.07.2004 anzuwenden ist, kann der Betroffene festgehalten und zur Dienststelle gebracht werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Die Vorschrift erlaubt die sog. Sistierung, die eine Freiheitsbeschränkung i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 Abs. 1 GG darstellt, etwa dann, wenn die Personenfeststellung an Ort und Stelle unangemessen oder unmöglich ist, weil der Betroffene sich strikt weigert, das Publikum aufgebracht ist oder eine unfriedliche Menge die Beamten behindert oder bedroht (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; ähnlich Belz/Mußmann, a.a.O., § 26 Rn. 29). Die Voraussetzungen („nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten“) decken sich mit denen des § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO. Sie stellen eine gesetzliche Konkretisierung des Übermaßverbotes dar und sollen sicherstellen, dass ein Eingriff in die persönliche Freiheit nur in Fällen erfolgt, in denen er zur Feststellung der Identität unerlässlich ist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - NVwZ 1992, 767 m.w.N. und Beschl. v. 11.07.2006 - 2 BvR 1255/04 - NStZ-RR 2006, 381). Verhältnismäßigkeit bedeutet bei Freiheitsbeschränkungen zur Identitätsfeststellung für alle Maßnahmen, die über das bloße Anhalten und die Aufforderung, sich auszuweisen, hinausgehen, dass Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdungslage gegeben sein müssen (Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 104 Rn. 17).
33 
Vom Umfang her umfasst die Personenfeststellung alle, aber auch nur diejenigen Angaben über eine Person, die es ermöglichen, sie von anderen Personen zu unterscheiden und Verwechslungen auszuschließen. Die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Passes genügt in jedem Fall, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten wie etwa der Verdacht des unrechtmäßigen Besitzes vorliegen (vgl. Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 373; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; KK-Griesbaum, StPO, 6. Aufl., § 163 b Rn. 13 m.w.N.; BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - a.a.O.). Ein Datenabgleich mit polizeilichen Dateien, wie er hier auf dem Polizeirevier durchgeführt wurde, ist danach regelmäßig nicht Bestandteil der Personenfeststellung nach § 26 PolG, sondern ein sich an die Personenfeststellung anschließender selbstständiger Folgeeingriff, der nach Maßgabe des § 39 PolG zulässig ist.
34 
Daran gemessen folgt hier die Rechtswidrigkeit der Sistierung schon daraus, dass die Personenfeststellung bereits am Ort des Geschehens erfolgt war. Die Klägerin hatte den Polizeibeamten auf entsprechende Aufforderung ihren gültigen Personalausweis ausgehändigt. Konkrete Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten lagen nicht vor. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als Zeuge vernommene Polizeikommissar S. hatte nach Vorlage des Ausweises keine Zweifel an der Identität der Klägerin. Die Identität der Klägerin war folglich durch ihren Personalausweis zweifelsfrei belegt. Ein Datenabgleich zum Zweck der Identitätsfeststellung war bei dieser Sachlage nicht erforderlich. Ob die Voraussetzungen für einen selbstständigen Datenabgleich nach § 39 PolG vorgelegen haben, kann der Senat offen lassen, weil allein zum Zweck des Datenabgleichs eine Sistierung in jedem Fall unzulässig ist. § 39 Abs. 1 Satz 4 PolG räumt der Polizei nur die Befugnis ein, den Betroffenen für die Dauer des Datenabgleichs anzuhalten. Ein Sistierungsrecht hat die Polizei nach § 39 PolG nicht.
35 
Selbst wenn man unterstellt, die Identität der Klägerin hätte aufgrund der Vorlage des Personalausweises nicht zweifelsfrei festgestanden oder es hätten andere Unstimmigkeiten vorgelegen, hätte die Überprüfung der Identität der Klägerin am Einsatzort erfolgen können. Ein zum Zweck der Identitätsfeststellung erforderlicher Datenabgleich wäre auch über Funk vom Polizeifahrzeug aus möglich gewesen. Der Senat geht aufgrund des Ergebnisses der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass die mit der Personenfeststellung der Klägerin befassten Beamten ein Einsatzfahrzeug mit sich führten, welches sie in 10 bis 20 m Entfernung von der Feuerstelle in der Wilhelmstraße abgestellt hatten. Angesichts der Tatsache, dass insgesamt nur vier Personenfeststellungen erfolgten, wäre auch der Zeitaufwand bei einer Feststellung vor Ort nicht unvertretbar lang gewesen. Störungen durch Dritte standen dem Datenabgleich über Funk vor Ort ebenfalls nicht entgegen. Die Polizeibeamten hatten den Personalausweis der Klägerin bereits mehrere Minuten in ihrem Gewahrsam, ohne dass es zu Störungen gekommen wäre. Solche Störungen wurden lediglich vor dem Hintergrund von Erfahrungen aus dem Vorjahr befürchtet, ohne dass indes aktuell eine konkrete Gefahr bestanden hätte. Ein Datenabgleich vor Ort wurde auch nicht durch den anhaltenden Einsatz der Polizeikräfte unmöglich gemacht. Die Beamten, die die Klägerin und die weiteren Betroffenen auf das Polizeirevier brachten, waren infolgedessen ohnehin am Einsatz vor Ort nicht mehr beteiligt. Sie hätten ohne weiteres - etwa abseits der Feuerstelle am Einsatzfahrzeug - den Datenabgleich durchführen können. Schließlich spricht auch der Umstand, dass die Betroffenen zu Fuß und nicht etwa in einem Polizeifahrzeug auf die Dienststelle gebracht wurden, dagegen, dass erhebliche Störungen tatsächlich erwartet wurden.
36 
Soweit der Beklagte sich zur Rechtfertigung der Sistierung nicht auf eine mögliche Eskalation der Situation vor Ort durch die Solidarisierung Dritter mit den von den polizeilichen Maßnahmen Betroffenen, sondern auf das Ziel, die Feuerstelle zu räumen sowie Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen, beruft, muss er sich entgegenhalten lassen, dass im Verhältnis zu der die Freiheit der Person einschränkenden Sistierung der Platzverweis auf jeden Fall das mildere Mittel ist. Ein - mit einer Personenfeststellung vor Ort einhergehender - Platzverweis wäre auch in gleicher Weise geeignet gewesen, die Störung zu beseitigen. Auch bei der gewählten Vorgehensweise - Räumung der Feuerstelle durch Sistierung der dort angetroffenen Personen - waren angesichts der insgesamt unübersichtlichen Lage weiterhin für die Dauer der Löscharbeiten Polizeikräfte am Ort der Störung gebunden; es ist nicht ersichtlich, dass bei einer Räumung der Feuerstelle durch Erteilung von Platzverweisen und Personenfeststellungen vor Ort Polizeikräfte in größerer Zahl hätten eingesetzt werden müssen oder der Einsatz sich aus anderen Gründen signifikant schwieriger gestaltet hätte. Die Sistierung war daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich.
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
39 
Beschluss vom 14. Dezember 2010
40 
Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Nach Auffassung des Senats ist für die Personenfeststellung, die Sistierung, das Anfertigen von Lichtbildern und die körperliche Durchsuchung jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen. Angesichts des Gewichts der Sistierung erscheint es nicht gerechtfertigt, diese bei der Streitwertfestsetzung unberücksichtigt zu lassen.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 02.05.2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war. Ihre insgesamt zulässige Klage ist in diesem Umfang begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht hingegen die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Personenfeststellung als solche begehrt hat.
I.
15 
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren Rechtsschutz gegen die - erledigte - Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung.
16 
1. Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs ist nach § 17 a Abs. 5 GVG vom Senat nicht mehr zu prüfen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu Recht als gegeben angesehen. Entscheidend ist, ob das Schwergewicht des polizeilichen Handelns auf der Strafverfolgung oder auf der Gefahrenabwehr liegt. Für die Abgrenzung der beiden Aufgabengebiete ist maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (BVerwG, Urt. v. 03.12.1974 - I C 11.73 - BVerwGE 47, 255 und Urt. v. 19.10.1982 - 1 C 29.79 - BVerwGE 66, 192; Senatsurteil vom 16.05.1988 - 1 S 1826/87 - VBlBW 1989, 16). Hier erfolgte die Personenfeststellung nach den übereinstimmenden Bekundungen der Beteiligten primär zum Zweck der Gefahrenabwehr. Der Beklagte hat die Personenfeststellung ausschließlich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 26 PolG gestützt. Auch die Klägerin hat dies so verstanden, obwohl ihr - ebenso wie ihrem Begleiter, dem Zeugen E. - ausweislich ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bei der Sistierung eröffnet worden war, es bestehe der Verdacht auf Landfriedensbruch. Nachdem indes, wie der Beklagte der Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf telefonische Anfrage am 14.05.2008 mitgeteilt hat, kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin eingeleitet wurde, war es aus ihrer Perspektive naheliegend, davon auszugehen, dass die gegen sie ergriffenen Maßnahmen primär der Gefahrenabwehr dienen sollten.
17 
2. Bei der Personenfeststellung nach § 26 PolG handelt es sich um eine polizeiliche Standardmaßnahme, die ihrer Rechtsnatur nach ein Verwaltungsakt ist (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 315 ff., 334; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F Rn. 29 ff. <32>; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 215 f.). Die Klage ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung mit Abschluss der Personenfeststellung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Als Adressatin der angegriffenen Maßnahme ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).
18 
3. Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
19 
4. Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 19.08.2010 - 1 S 2266/09 - DVBl 2010, 1569 m.w.N.). Im Übrigen wurde die Klage binnen Monatsfrist erhoben.
20 
5. Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Das berechtigte Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Feststellung ergibt sich jedenfalls aus der erstrebten Rehabilitation. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 09.08.1990 - 1 B 94.90 - NVwZ 1991, 270; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 113 Rn. 142 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Dies ist hier zu bejahen, nachdem die in die allgemeine Handlungsfreiheit und in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifende Personenfeststellung Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung in der Regionalpresse unter voller Namensnennung und unter Hervorhebung der Stellung der Klägerin als Stadträtin war.
II.
21 
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Die auf § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG gestützte Personenfeststellung als solche war rechtmäßig. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
22 
1. a) Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Personenfeststellung bestehen keine Bedenken. Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes folgt aus § 60 Abs. 3 PolG. Eine Anhörung der Klägerin war nach § 28 Abs. 2 Nr.1 LVwVfG entbehrlich. Weil der Verwaltungsakt mündlich erlassen wurde, war auch keine Begründung erforderlich (vgl. § 39 Abs. 1 LVwVfG).
23 
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG lagen vor. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei die Identität einer Person feststellen, um im einzelnen Falle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren oder eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen. Hier war bereits eine Störung der öffentlichen Sicherheit eingetreten, die zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei noch anhielt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das Feuer auf der öffentlichen Straße und der Zustand der mit Glasscherben, Flaschen und anderen Gegenständen übersäten Abschnitte der Wilhelm- und Belfortstraße eine noch anhaltende Störung der öffentlichen Sicherheit darstellte, die ein polizeiliches Einschreiten mit dem Ziel der Störungsbeseitigung erforderte. Zudem bestand die Gefahr, dass weitere Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer in Gang halten bzw. an anderen Orten neue Feuer entzünden.
24 
c) Die Klägerin wurde zu Recht jedenfalls als Anscheinsstörerin angesehen.
25 
Die Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG darf nur gegenüber einem Störer nach §§ 6, 7 PolG getroffen werden, gegenüber dem Nichtstörer nach § 9 PolG nur unter den qualifizierten Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes (Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 26 Rn. 11; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl., § 26 Rn. 5; Würtenberger/Heckmann, a.a.O. Rn. 324).
26 
Verhaltensstörer im Sinne des § 6 PolG ist auch der Anscheinsstörer. Anscheinsstörer ist, wer ex post betrachtet nicht wirklich eine Gefahr verursacht, aber ex ante betrachtet bei einem fähigen, besonnenen und sachkundigen Polizeibeamten den Eindruck der Gefahrverursachung erweckt (Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., L Rn. 42). Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen. Die herrschende Meinung versteht unter einem Anscheinsstörer eine Person, die entweder durch ihr Verhalten eine Anscheinsgefahr oder hinsichtlich einer real bestehenden Gefahr durch ihr Verhalten einen Verursacherschein gesetzt hat (vgl. Senatsurteil vom 12.02.1990 - 1 S 1646/89 - NVwZ-RR 1990, 602 = DÖV 1990, 572 m.w.N.; Belz/Mußmann, a.a.O., § 6 Rn. 10). Der Begriff Anscheinsstörer wird in der zweiten Fallgruppe auf Konstellationen angewandt, in denen die Gefahr wahrscheinlich ist oder gar feststeht, in denen aber hinsichtlich des Verantwortlichen nur eine Möglichkeit oder ein Verdacht besteht. Ist nicht die Existenz einer Gefahr, sondern deren Urheber ungeklärt, besteht also der Verdacht einer Gefahrverursachung, soll der Betreffende als Anscheinsverursacher in Anspruch genommen werden können (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O. § 7 Rn. 6). In der Literatur wird in dieser Fallgruppe darüber hinaus teilweise verlangt, dass die Person den Anschein durch ihr Verhalten bzw. eine ihr zuzuordnende Sache unmittelbar verursacht hat (so etwa Schenke/Ruthig, Rechtsscheinhaftung im Polizei- und Ordnungsrecht? - Zur polizeirechtlichen Verantwortlichkeit des sog. Anscheinsstörers, VerwArch 87 (1996), 329 <331>). Auch nach dieser Auffassung setzt die unmittelbare Verursachung indes nicht zwingend einen Verstoß gegen eine bestimmte Rechtsnorm voraus. Es genügt, wenn ein Verhalten objektiv geeignet ist, bei Dritten den Eindruck zu erwecken, es drohe ein Schaden für ein polizeilich geschütztes Rechtsgut (Irreführungsrisiko). Selbst wer nicht weiß, dass er von der Polizei beobachtet wird, übernimmt das Risiko dafür, dass aus seinem Verhalten in der Öffentlichkeit auf seine Störereigenschaft geschlossen wird (Schenke/Ruthig, a.a.O. S. 340 f.).
27 
Daran gemessen ist die Störereigenschaft hier selbst bei Zugrundelegung der engeren Auffassung von Schenke/Ruthig zu bejahen, so dass der Senat offen lassen kann, ob der Begriff des Anscheinsstörers in diesem Sinne einzugrenzen ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Feuer von Personen, die sich um die Feuerstelle versammelt hatten, gegen 22.00 Uhr entzündet und bis gegen 2.00 Uhr unterhalten wurde. Von den um das Feuer versammelten Personen waren Aggressionen gegenüber sich nähernden Polizeibeamten ausgegangen (Werfen von Bierflaschen und anderen Gegenständen). Als die Klägerin gegen 2.15 Uhr an der Feuerstelle angetroffen wurde, war für Außenstehende nicht zweifelsfrei erkennbar, wie lange sie sich dort bereits befand und ob sie zu dem Kreis der Personen gehörte, der für die Störung der öffentlichen Sicherheit verantwortlich war. Ausweislich der Angaben des Einsatzleiters der Polizei gab es keinerlei sichere Anhaltspunkte dafür, dass man der Klägerin und ihrem Begleiter Straftaten hätte nachweisen können. Beide hielten sich indes in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten und während der noch anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit für einen Zeitraum von zumindest zehn Minuten an der Feuerstelle auf. Zudem hatte die Klägerin, ebenso wie ihr Begleiter, eine Bierflasche in der Hand, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach nach Polizeibeamten geworfen worden war. Es waren auch keine Anhaltspunkte erkennbar, die auf eine Distanzierung der Klägerin von der bereits seit mehreren Stunden anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit hätten schließen lassen können. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass die Polizei aus dem Verhalten der Klägerin auf ihre Störereigenschaft geschlossen hat.
28 
d) Die Personenfeststellung war zur Gefahrenabwehr geeignet. Der potentielle Störer wird durch die Feststellung seiner Personalien aus der Anonymität gerissen und weiß, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden kann (vgl. BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Die Personenfeststellung ist daher ein geeignetes Mittel, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten.
29 
Hier ging es darum, das weitere Unterhalten des Feuers und das etwaige Entzünden weiterer Feuer sowie die befürchtete Störung der Löscharbeiten durch weitere Ausschreitungen - etwa Flaschenwürfe - zu unterbinden. Es liegt nahe, dass derartige Störungen eher aus der Anonymität heraus verübt werden und dass ein potentieller Störer, dessen Personalien festgestellt sind, sich weiterer Störungen, die ihn dann dem Risiko der Strafverfolgung aussetzen, eher enthalten wird.
30 
e) Die Personenfeststellung war auch erforderlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin wäre eine bloße Gefährderansprache oder ein auf die polizeiliche Generalklausel gestützter Platzverweis (gesetzlich normiert wurde der Platzverweis erst in dem durch das Änderungsgesetz vom 18.11.2008 eingefügten § 27 a Abs. 1 PolG) kein gleichermaßen geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Zwar wäre ein isolierter Platzverweis möglicherweise zur Räumung der Feuerstelle ebenso geeignet gewesen, doch hätte dann die ex ante in nicht zu beanstandender Weise prognostizierte Gefahr bestanden, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer aufgehalten und die Störungen der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, und dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und zu finden, so dass es dann zu einer in jedem Fall zu vermeidenden Konfrontation mit den inzwischen vor Ort tätigen Polizeibeamten hätte kommen können. Bei einem isolierten, nicht mit einer Personenfeststellung einhergehenden Platzverweis wäre den des Platzes Verwiesenen weiterhin ein Handeln aus der Anonymität heraus möglich gewesen, was eine zugleich effektive und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrende Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung wiederum erschwert hätte.
31 
f) Angesichts des mit der bloßen Personenfeststellung verbundenen geringfügigen Eingriffs in die Rechtssphäre des Betroffenen (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 11; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., Rn. 328; Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 375) war diese Maßnahme schließlich verhältnismäßig im engeren Sinne.
32 
2. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift, die vorliegend in der Fassung vom 01.07.2004 anzuwenden ist, kann der Betroffene festgehalten und zur Dienststelle gebracht werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Die Vorschrift erlaubt die sog. Sistierung, die eine Freiheitsbeschränkung i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 Abs. 1 GG darstellt, etwa dann, wenn die Personenfeststellung an Ort und Stelle unangemessen oder unmöglich ist, weil der Betroffene sich strikt weigert, das Publikum aufgebracht ist oder eine unfriedliche Menge die Beamten behindert oder bedroht (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; ähnlich Belz/Mußmann, a.a.O., § 26 Rn. 29). Die Voraussetzungen („nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten“) decken sich mit denen des § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO. Sie stellen eine gesetzliche Konkretisierung des Übermaßverbotes dar und sollen sicherstellen, dass ein Eingriff in die persönliche Freiheit nur in Fällen erfolgt, in denen er zur Feststellung der Identität unerlässlich ist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - NVwZ 1992, 767 m.w.N. und Beschl. v. 11.07.2006 - 2 BvR 1255/04 - NStZ-RR 2006, 381). Verhältnismäßigkeit bedeutet bei Freiheitsbeschränkungen zur Identitätsfeststellung für alle Maßnahmen, die über das bloße Anhalten und die Aufforderung, sich auszuweisen, hinausgehen, dass Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdungslage gegeben sein müssen (Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 104 Rn. 17).
33 
Vom Umfang her umfasst die Personenfeststellung alle, aber auch nur diejenigen Angaben über eine Person, die es ermöglichen, sie von anderen Personen zu unterscheiden und Verwechslungen auszuschließen. Die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Passes genügt in jedem Fall, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten wie etwa der Verdacht des unrechtmäßigen Besitzes vorliegen (vgl. Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 373; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; KK-Griesbaum, StPO, 6. Aufl., § 163 b Rn. 13 m.w.N.; BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - a.a.O.). Ein Datenabgleich mit polizeilichen Dateien, wie er hier auf dem Polizeirevier durchgeführt wurde, ist danach regelmäßig nicht Bestandteil der Personenfeststellung nach § 26 PolG, sondern ein sich an die Personenfeststellung anschließender selbstständiger Folgeeingriff, der nach Maßgabe des § 39 PolG zulässig ist.
34 
Daran gemessen folgt hier die Rechtswidrigkeit der Sistierung schon daraus, dass die Personenfeststellung bereits am Ort des Geschehens erfolgt war. Die Klägerin hatte den Polizeibeamten auf entsprechende Aufforderung ihren gültigen Personalausweis ausgehändigt. Konkrete Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten lagen nicht vor. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als Zeuge vernommene Polizeikommissar S. hatte nach Vorlage des Ausweises keine Zweifel an der Identität der Klägerin. Die Identität der Klägerin war folglich durch ihren Personalausweis zweifelsfrei belegt. Ein Datenabgleich zum Zweck der Identitätsfeststellung war bei dieser Sachlage nicht erforderlich. Ob die Voraussetzungen für einen selbstständigen Datenabgleich nach § 39 PolG vorgelegen haben, kann der Senat offen lassen, weil allein zum Zweck des Datenabgleichs eine Sistierung in jedem Fall unzulässig ist. § 39 Abs. 1 Satz 4 PolG räumt der Polizei nur die Befugnis ein, den Betroffenen für die Dauer des Datenabgleichs anzuhalten. Ein Sistierungsrecht hat die Polizei nach § 39 PolG nicht.
35 
Selbst wenn man unterstellt, die Identität der Klägerin hätte aufgrund der Vorlage des Personalausweises nicht zweifelsfrei festgestanden oder es hätten andere Unstimmigkeiten vorgelegen, hätte die Überprüfung der Identität der Klägerin am Einsatzort erfolgen können. Ein zum Zweck der Identitätsfeststellung erforderlicher Datenabgleich wäre auch über Funk vom Polizeifahrzeug aus möglich gewesen. Der Senat geht aufgrund des Ergebnisses der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass die mit der Personenfeststellung der Klägerin befassten Beamten ein Einsatzfahrzeug mit sich führten, welches sie in 10 bis 20 m Entfernung von der Feuerstelle in der Wilhelmstraße abgestellt hatten. Angesichts der Tatsache, dass insgesamt nur vier Personenfeststellungen erfolgten, wäre auch der Zeitaufwand bei einer Feststellung vor Ort nicht unvertretbar lang gewesen. Störungen durch Dritte standen dem Datenabgleich über Funk vor Ort ebenfalls nicht entgegen. Die Polizeibeamten hatten den Personalausweis der Klägerin bereits mehrere Minuten in ihrem Gewahrsam, ohne dass es zu Störungen gekommen wäre. Solche Störungen wurden lediglich vor dem Hintergrund von Erfahrungen aus dem Vorjahr befürchtet, ohne dass indes aktuell eine konkrete Gefahr bestanden hätte. Ein Datenabgleich vor Ort wurde auch nicht durch den anhaltenden Einsatz der Polizeikräfte unmöglich gemacht. Die Beamten, die die Klägerin und die weiteren Betroffenen auf das Polizeirevier brachten, waren infolgedessen ohnehin am Einsatz vor Ort nicht mehr beteiligt. Sie hätten ohne weiteres - etwa abseits der Feuerstelle am Einsatzfahrzeug - den Datenabgleich durchführen können. Schließlich spricht auch der Umstand, dass die Betroffenen zu Fuß und nicht etwa in einem Polizeifahrzeug auf die Dienststelle gebracht wurden, dagegen, dass erhebliche Störungen tatsächlich erwartet wurden.
36 
Soweit der Beklagte sich zur Rechtfertigung der Sistierung nicht auf eine mögliche Eskalation der Situation vor Ort durch die Solidarisierung Dritter mit den von den polizeilichen Maßnahmen Betroffenen, sondern auf das Ziel, die Feuerstelle zu räumen sowie Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen, beruft, muss er sich entgegenhalten lassen, dass im Verhältnis zu der die Freiheit der Person einschränkenden Sistierung der Platzverweis auf jeden Fall das mildere Mittel ist. Ein - mit einer Personenfeststellung vor Ort einhergehender - Platzverweis wäre auch in gleicher Weise geeignet gewesen, die Störung zu beseitigen. Auch bei der gewählten Vorgehensweise - Räumung der Feuerstelle durch Sistierung der dort angetroffenen Personen - waren angesichts der insgesamt unübersichtlichen Lage weiterhin für die Dauer der Löscharbeiten Polizeikräfte am Ort der Störung gebunden; es ist nicht ersichtlich, dass bei einer Räumung der Feuerstelle durch Erteilung von Platzverweisen und Personenfeststellungen vor Ort Polizeikräfte in größerer Zahl hätten eingesetzt werden müssen oder der Einsatz sich aus anderen Gründen signifikant schwieriger gestaltet hätte. Die Sistierung war daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich.
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
39 
Beschluss vom 14. Dezember 2010
40 
Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Nach Auffassung des Senats ist für die Personenfeststellung, die Sistierung, das Anfertigen von Lichtbildern und die körperliche Durchsuchung jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen. Angesichts des Gewichts der Sistierung erscheint es nicht gerechtfertigt, diese bei der Streitwertfestsetzung unberücksichtigt zu lassen.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tenor

Der Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2006 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. Oktober 2004 verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Hamburg zurückverwiesen.

...

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Abweisung einer Fortsetzungsfeststellungsklage durch das Verwaltungsgericht Hamburg und die Ablehnung des dagegen gerichteten Antrags auf Zulassung der Berufung durch das Hamburgische Oberverwaltungsgericht. Der Rechtsstreit betraf eine versammlungsrechtliche Auflage, die jegliche Musikdarbietungen durch Musikgruppen im Rahmen einer vom Beschwerdeführer angemeldeten Versammlung untersagte.

I.

2

1. Nachdem ein für den 22. Mai 2004 vorgesehenes Konzert der Musikrichtung "Rechtsrock" in Hamburg untersagt worden war, meldete der Beschwerdeführer als Versammlungsleiter für den Fall, dass das Konzert nicht stattfinden könne, für den 22. Mai 2004 von 18.00 Uhr bis 22.00 Uhr bei der Behörde für Inneres der Freien und Hansestadt Hamburg eine Demonstration zu dem Thema "Musikfreiheit ist Meinungsfreiheit" mit dreihundert bis fünfhundert Teilnehmern an. Als integraler Bestandteil der Demonstration wurde der Auftritt der Musikgruppen "G." aus Italien und "S." aus Großbritannien angekündigt.

3

In ihrer mit Auflagen versehenen Anmeldebestätigung vom 21. Mai 2004 untersagte die Behörde für Inneres musikalische Darbietungen jeglicher Art durch Musikgruppen und ordnete die sofortige Vollziehung an. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Widerspruch und beantragte beim Verwaltungsgericht Hamburg die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.

4

Zur Begründung der Untersagung der Musikdarbietungen führte die Versammlungsbehörde aus, es komme nicht darauf an, ob einzelne Titel der vom Beschwerdeführer angekündigten Musikgruppen strafbar oder indiziert seien. Vielmehr bauten Inhalte der dem rechten Spektrum nahestehenden Musikgruppen grundsätzlich tendenziell Feindbilder auf und würden deshalb von weiten Teilen der Bevölkerung als bedrohlich wahrgenommen. Lieder mit aggressivem Inhalt seien geeignet, Ängste in der Bevölkerung hervorzurufen. Es sollten Hass und Wut der Zuhörer angesprochen und Gewalthandlungen ausgelöst werden. Gefährdet sei auch die öffentliche Ordnung, weil Musik rechtsgerichteter Gruppen der Versammlung ein Gepräge gebe, das bei weiten Teilen der Bevölkerung die Assoziation an eine Verherrlichung nationalsozialistischen Gedankenguts hervorrufe. Das Thema der Veranstaltung "Musikfreiheit ist Meinungsfreiheit" mache Musikbeiträge nicht unbedingt erforderlich. Die generelle Untersagung sei nötig, um sicherzustellen, dass Liedtexte strafbaren Inhalts nicht dargeboten würden.

5

2. Mit Beschluss vom 22. Mai 2004 stellte das Verwaltungsgericht Hamburg die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs mit der Maßgabe wieder her, dass auf der Versammlung die Texte "I…", "J…", "V…", "S…" und "F…" nicht dargeboten werden durften.

6

Nachdem die Freie und Hansestadt Hamburg gegen diesen Beschluss Beschwerde zum Hamburgischen Oberverwaltungsgericht eingelegt hatte, teilte der Beschwerdeführer dem Führungs- und Lagedienst der Polizei Hamburg und dem Oberverwaltungsgericht mit, dass geringeres Interesse an der Veranstaltung bestehe, als zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung erwartet. Die Absicht, die Demonstration durchzuführen, bestehe nicht mehr.

7

3. Mit Schreiben vom 23. Mai 2004 erhob der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgericht Hamburg Fortsetzungsfeststellungsklage mit dem Antrag festzustellen, dass die Auflage, mit der ihm musikalische Darbietungen jeglicher Art durch Musikgruppen untersagt worden seien, rechtswidrig gewesen sei.

8

Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, es bestehe Wiederholungsgefahr, weil das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung nur teilweise wiederhergestellt und die Freie und Hansestadt Hamburg zudem dagegen Beschwerde eingelegt habe. Außerdem habe er ein Rehabilitationsinteresse. Die Untersagung von Musikdarbietungen sei auch insoweit rechtswidrig, als sie sich auf die vom Verwaltungsgericht Hamburg untersagten Texte beziehe.

9

In ihrer Klageerwiderung räumte die Freie und Hansestadt Hamburg ein, dass die angegriffene Auflage nicht frei von Rechtsfehlern sei, weil sie mit der Untersagung musikalischer Darbietungen jeder Art nicht hinreichend deutlich mache, dass Kern der Auflage die Untersagung der Darbietungen zweier sogenannter Skinbands gewesen sei. Die Musikdarbietungen der vom Beschwerdeführer für die Versammlung avisierten Bands seien jedoch zu Recht untersagt worden. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts, der nur die Darbietung bestimmter Texte untersage, greife zu kurz. Schon die Teilnahme der betreffenden Bands als solche stehe wegen der Gewaltorientierung einiger Liedtexte mit der öffentlichen Ordnung nicht im Einklang.

10

4. Mit Urteil vom 14. Oktober 2004 wies das Verwaltungsgericht die Klage mangels Feststellungsinteresses ab. Wiederholungsgefahr bestehe schon deshalb nicht, weil die Freie und Hansestadt Hamburg zugestanden habe, dass die Auflage nicht frei von Rechtsfehlern, insbesondere nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. Es sei deshalb nicht zu erwarten, dass in einer vergleichbaren Situation wieder eine Auflage dieses Inhalts gemacht werde. Wie eine rechtmäßige Auflage auszusehen habe, sei nicht Gegenstand des Verfahrens. Auch ein Rehabilitationsinteresse bestehe nicht.

11

5. Seinen gegen dieses Urteil gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung begründete der Beschwerdeführer insbesondere damit, dass die Auflage keineswegs zu unbestimmt sei und weiterhin von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen werden müsse. Insoweit bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Es sei klar erkennbar, dass musikalische Darbietungen jeder Art durch Musikgruppen hätten verboten werden sollen. Es sei irrig, dass mit einer Wiederholung der Auflage nicht zu rechnen sei. Vielmehr bestehe weiterhin Wiederholungsgefahr, weil nicht auszuschließen sei, dass eine derartige Auflage künftig mit dem Ergebnis erneut erlassen werde, dass Musikgruppen in Demonstrationen des Beschwerdeführers generell nicht auftreten dürften. Die Freie und Hansestadt Hamburg habe bei einer vom Beschwerdeführer veranstalteten Demonstration im September 2004 erneut versucht, mit einer Auflage den Auftritt einer Musikgruppe zu verhindern.

12

6. Mit Beschluss vom 28. Juni 2006 lehnte das Hamburgische Oberverwaltungsgericht den Berufungszulassungsantrag des Beschwerdeführers ab.

13

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung bestünden nicht. Hinsichtlich der Wiederholungsgefahr habe das Verwaltungsgericht zu Recht berücksichtigt, dass die Freie und Hansestadt Hamburg unmissverständlich erklärt habe, dass der Tenor ihrer Auflage nicht frei von Rechtsfehlern gewesen sei. Soweit das Gericht daraus geschlossen habe, eine Verfügung desselben Inhalts in einer vergleichbaren Situation werde nicht ergehen, würden dagegen mit dem Zulassungsantrag durchgreifende Gründe nicht vorgebracht. Gegenstand einer Fortsetzungsfeststellungsklage könne nicht die allgemeine Feststellung sein, dass die Versammlungsbehörde in der Vergangenheit rechtswidrig gehandelt habe. Die Fortsetzungsfeststellungsklage beziehe sich vielmehr ausschließlich auf den erledigten Verwaltungsakt. Auch sei die Frage, wie eine rechtmäßige Auflage zur Untersagung verbotswidriger musikalischer Darbietungen im Einzelnen beschaffen sein müsse, nicht Gegenstand der anhängigen Fortsetzungsfeststellungsklage. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Urteils bestünden auch nicht, soweit das Verwaltungsgericht ein Rehabilitationsinteresse verneint habe. Schließlich sei die Berufung auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

14

7. Mit der Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. Oktober 2004 und der Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2006 verletzten ihn in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.

15

Die Untersagung wesentlicher Programmpunkte der von ihm angemeldeten Demonstration habe ihn beschwert. Die später von der Freien und Hansestadt Hamburg abgegebene Erklärung sei als rein prozesstaktisch zu werten. Die Auflage sei tatsächlich nicht unbestimmt gewesen. Sie habe vielmehr sehr bestimmt musikalische Darbietungen jeglicher Art durch Musikgruppen anlässlich der Demonstration verboten. Dass das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht dies anders sähen und folglich die Klage abgewiesen und den Berufungszulassungsantrag abgelehnt hätten, verletze den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG. Denn es habe evident Wiederholungsgefahr bestanden. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Behörde für Inneres mit Verfügung vom 25. August 2004 für eine spätere Demonstration des Beschwerdeführers musikalische Darbietungen der Musikgruppe "O…" untersagt habe. Dabei sei unerheblich, dass mit dieser Verfügung speziell der Auftritt einer Musikgruppe und nicht der Auftritt aller Musikgruppen untersagt worden sei. Denn es sei für diese Demonstration nur diese eine Musikgruppe angemeldet gewesen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts seien aufzuheben, damit die Fachgerichte in der Sache entschieden.

16

8. Zu der Verfassungsbeschwerde hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg Stellung genommen.

17

Er hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet und verweist auf die angegriffenen Entscheidungen. Ergänzend führt er aus, die Freie und Hansestadt Hamburg habe im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeräumt, dass die Auflage mit dem Verbot jeglicher Musikdarbietungen nicht frei von Rechtsfehlern sei, weil sie nicht hinreichend deutlich mache, dass musikalische Darbietungen der beiden konkret angekündigten Musikgruppen hätten untersagt werden sollen. Dementsprechend sei die Auflage in der Anmeldebestätigung vom 25. August 2004 auch so gefasst worden, dass nur Darbietungen der vom Beschwerdeführer angemeldeten konkreten Musikgruppe, nicht Musikdarbietungen jeglicher Art untersagt worden seien. Die Versammlungsbehörde habe also bereits bei der nächsten derartigen Versammlung nach der gegenüber dem Verwaltungsgericht abgegebenen Erklärung gehandelt. Dass das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen diese Auflage teilweise wiederhergestellt habe, könne nicht als Beleg für eine Wiederholungsgefahr herangezogen werden.

II.

18

Die zulässige Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (vgl. § 93b Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (vgl. BVerfGE 110, 77 <89 ff.>). Die Kammer kann deshalb nach § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG der Verfassungsbeschwerde stattgeben, weil sie offensichtlich begründet ist.

19

1. Die angegriffenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts verletzen den Beschwerdeführer in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

20

a) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt. Die in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert, die wie mit der vom Beschwerdeführer in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erhobenen Fortsetzungsfeststellungsklage Vorkehrungen dafür treffen, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne die Möglichkeit fachgerichtlicher Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 110, 77 <85>). Die Zulässigkeit eines Rechtsschutzbegehrens ist dabei allerdings vom Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses bei der Verfolgung eines subjektiven Rechts abhängig. Damit der Rechtsschutz nicht unzumutbar beschränkt wird, dürfen aber an ein solches Rechtsschutzbedürfnis keine aus Sachgründen nicht zu rechtfertigenden Anforderungen gestellt werden (vgl. BVerfGE 78, 88 <99>; 110, 77 <85>).

21

Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantiert den Rechtsweg nicht nur bei aktuell anhaltenden, sondern auch bei in der Vergangenheit erfolgten Rechtsverletzungen, wenn ein darauf bezogenes Rechtsschutzbedürfnis besteht (vgl. BVerfGE 104, 220 <232 f.>; 110, 77 <85>). Darüber hinaus gewährt Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nach Maßgabe der Sachentscheidungsvoraussetzungen auch einen Anspruch auf Rechtsschutz in einem Hauptsache- und nicht nur in einem Eilverfahren (vgl. BVerfGE 110, 77 <86>).

22

In versammlungsrechtlichen Verfahren sind die Anforderungen, die bei einer insoweit als Hauptsacherechtsbehelf in Betracht kommenden Fortsetzungsfeststellungsklage für die Beurteilung des Rechtsschutzinteresses gelten, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Versammlungsfreiheit anzuwenden. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht aber dann, wenn die Gefahr einer Wiederholung des Eingriffs besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (vgl. BVerfGE 110, 77 <89>). Stets anzunehmen ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei Vorliegen einer Wiederholungsgefahr (vgl. BVerfGE 110, 77 <90>). Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt dabei zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Betroffenen voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (vgl. BVerfGE 110, 77 <90>).

23

Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden (vgl. BVerfGE 110, 77 <90 f.>). Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiteren Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird. Ist gerichtlicher Eilrechtsschutz erlangt worden, bestehen aber Anhaltspunkte dafür, dass eine Behörde sich nicht an den im vorangegangenen Eilverfahren vorgenommenen gerichtlichen Bewertungen ausrichten wird, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen, es sei denn die konkret betroffene Behörde hat eindeutig erkennen lassen, in Zukunft von einer Wiederholung der Beschränkung unter Verwendung der von ihr ursprünglich gegebenen Begründung absehen zu wollen (vgl. BVerfGE 110, 77 <91>).

24

b) Nach diesen Maßstäben verletzen die angegriffenen Entscheidungen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Denn danach hätten die Gerichte das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr nicht verneinen dürfen.

25

aa) Entgegen der vom Oberverwaltungsgericht bestätigten Auffassung des Verwaltungsgerichts ließ sich aus der Erklärung der Freien und Hansestadt Hamburg in ihrer Klageerwiderung, die vom Beschwerdeführer mit der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffene Auflage sei nicht frei von Rechtsfehlern, nicht schließen, dass in einer vergleichbaren Situation nicht erneut eine Auflage gleichen Inhalts erlassen werde.

26

Zwar wurde mit dieser Erklärung eingeräumt, dass die jegliche Musikdarbietungen von Musikgruppen untersagende Auflage nicht frei von Rechtsfehlern gewesen sei. Diese Fehler wurden aber nur darin gesehen, dass die Auflage nicht hinreichend deutlich mache, dass ihr Kern die Untersagung von musikalischen Darbietungen der beiden vom Beschwerdeführer angekündigten Skinheadbands gewesen sei, weil sie ihrem Wortlaut nach jegliche Musikdarbietung untersage. Nur insoweit hat die Freie und Hansestadt Hamburg auch den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Im Übrigen hat sie jedoch ausdrücklich daran festgehalten, dass Auftritte der vom Beschwerdeführer engagierten Bands zu Recht vollständig untersagt worden seien. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat damit aber deutlich gemacht, dass nach ihrer Auffassung die mit der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffene Auflage, auch wenn sie ihrem Wortlaut nach zu weit gefasst ist, den Auftritt der vom Beschwerdeführer angekündigten Musikgruppen in rechtmäßiger Weise untersagt hat.

27

Dabei lässt die Klageerwiderung vom 17. Juni 2004 auch nicht erkennen, dass die Versammlungsbehörde an der Begründung für die Auflage nicht mehr festhält, die Inhalte der dem rechten Spektrum nahestehenden Musikgruppen bauten, selbst wenn sie weder strafbar noch indiziert seien, tendenziell Feindbilder auf, würden von weiten Teilen der Bevölkerung als aggressiv wahrgenommen, sollten Gewalthandlungen auslösen und gefährdeten die öffentliche Ordnung, weil sie bei weiten Teilen der Bevölkerung die Assoziation einer Verherrlichung nationalsozialistischen Gedankenguts hervorriefen. Dementsprechend hat die Versammlungsbehörde die Untersagung des Auftritts einer anderen Musikgruppe bei einer vom Beschwerdeführer für den 4. September 2004 zum selben Thema angemeldeten Demonstration in der Anmeldebestätigung vom 25. August 2004 auch wiederum auf diese Argumentation gestützt.

28

Räumt die Versammlungsbehörde zwar ein, dass die Formulierung einer Auflage nicht in jeder Hinsicht rechtsfehlerfrei sei, bleibt sie aber gleichzeitig dabei, dass die Auflage in ihrem Kern, dem Verbot des vom Beschwerdeführer angekündigten Auftritts zweier Musikgruppen, rechtmäßig gewesen sei, ohne sich von der dem Verbot zugrundeliegenden und auf andere Musikgruppen übertragbaren Begründung zu distanzieren, so liegen darin hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sie an ihrer Rechtsauffassung festhalten und deshalb vergleichbare Versammlungen des Beschwerdeführers aus den gleichen Gründen wie bisher durch eine Untersagung des Auftritts von Musikgruppen, die vergleichbare Musikinhalte vertreten, beschränken wird. Verneinen die Gerichte in einem solchen Fall die Wiederholungsgefahr und damit das für die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse, so verletzt dies den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

29

bb) Die Wiederholungsgefahr ist auch nicht durch das vorangegangene Eilverfahren, in dem der Beschwerdeführer in weitem Umfang Erfolg gehabt hat, entfallen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die betroffene Behörde in Anschluß hieran eindeutig erkennen ließe, in Zukunft der Auffassung des Verwaltungsgerichts folgen und von einer Wiederholung vergleichbarer Versammlungsbeschränkungen mit der von ihr ursprünglich gegebenen Begründung absehen zu wollen (vgl. BVerfGE 110, 77 <91>). Davon kann vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden.

30

Mit Beschluss vom 22. Mai 2004 hat das Verwaltungsgericht Hamburg die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Beschwerdeführers gegen die jegliche Musikdarbietungen untersagende Auflage mit der Maßgabe wieder hergestellt, dass auf der Versammlung lediglich bestimmte Texte nicht dargeboten werden durften. Es hat dies damit begründet, dass eine generelle Untersagung musikalischer Darbietungen rechtsgerichteter Musikgruppen zur Gefahrenabwehr nicht erforderlich sei. Weder erfülle jeder aggressive, militante oder sonst überzogene Text einen Straftatbestand noch sei die öffentliche Ordnung stets betroffen. Lediglich ein Teil der Texte rufe deutlich zur Anwendung von Gewalt auf. Nur ein auf diese Texte beschränktes Verbot sei daher notwendig und verhältnismäßig.

31

Die Versammlungsbehörde hat demgegenüber stets zu erkennen gegeben, dass sie diese Rechtsauffassung nicht teilt und sich folglich auch in Zukunft nicht an dieser ausrichten will. Sie hatte bereits gegen die Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg Beschwerde eingelegt - über die dann aus prozessualen Gründen nicht mehr entschieden werden musste - und auch in ihrer Klageerwiderung ausdrücklich betont, dass ihrer Ansicht nach die Darbietungen der vom Beschwerdeführer angekündigten Musikgruppen zu Recht untersagt worden seien und der das Verbot der Musikdarbietungen beschränkende Beschluss des Verwaltungsgerichts zu kurz greife, weil schon die Teilnahme der Bands als solche wegen der Gewaltorientierung einiger Liedtexte mit der öffentlichen Ordnung nicht in Einklang zu bringen sei. Die Versammlungsbehörde hat also keineswegs eindeutig erkennen lassen, in Zukunft von einer Wiederholung der angegriffenen Auflage mit der gleichen Begründung absehen zu wollen, sondern im Gegenteil ausdrücklich an ihrer abweichenden Rechtsauffassung festgehalten.

32

cc) An der Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ändert auch der Hinweis des Verwaltungsgerichts darauf nichts, dass es, nachdem die Versammlungsbehörde die Fehlerhaftigkeit ihrer Entscheidung eingeräumt habe, nicht Gegenstand des Verfahrens sei, wie eine rechtmäßige Auflage auszusehen habe.

33

Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage war die damit angegriffene Auflage. Diese verbot zwar ihrem Wortlaut nach jegliche Musikdarbietung von Musikgruppen. Sie zielte aber, wie die Freie und Hansestadt Hamburg selbst dargelegt hat, im Kern darauf ab, den vom Beschwerdeführer angekündigten Auftritt zweier rechtsgerichteter Musikgruppen zu untersagen. Da die Auflagenbegründung ausdrücklich an die Anmeldung dieser Musikgruppen anknüpfte, war dies auch für den Adressaten der Auflage ohne weiteres erkennbar. Die Untersagung jeglicher Musikdarbietungen von Musikgruppen war damit vor allem als Verbot des Auftritts der vom Beschwerdeführer angekündigten Bands aus dem rechten Spektrum zu verstehen und daher als solches auch Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage. Es ging deshalb bei der Entscheidung über diese Klage nicht um die abstrakte Klärung der Voraussetzungen, unter denen ein Verbot von Musikdarbietungen in rechtmäßiger Weise hätte erlassen werden dürfen, sondern um die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines konkreten Verbots des Auftritts zweier bestimmter Musikgruppen um zu klären, ob der Beschwerdeführer künftig in einer vergleichbaren Situation das generelle Verbot des Auftritts im Wesentlichen gleichartiger Musikgruppen hinnehmen muss. Da die Versammlungsbehörde erklärtermaßen weiterhin in vollem Umfang von der Rechtmäßigkeit dieses Verbots ausging, konnten die Gerichte insoweit die Wiederholungsgefahr aber nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verneinen. Es war vielmehr zu erwarten, dass die Behörde an ihrer Rechtsauffassung festhalten und ein vergleichbares Verbot mit gleicher Begründung bei vergleichbaren Versammlungen des Beschwerdeführers erneut erlassen würde.

34

2. Der Aufhebung der angegriffenen Entscheidungen steht auch nicht entgegen, dass eine Annahme zur Entscheidung dann nicht angezeigt ist, wenn die Verfassungsbeschwerde auch bei einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben könnte (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Dies käme zwar dann in Betracht, wenn es an der weiteren für die Annahme einer Wiederholungsgefahr erforderlichen Voraussetzung der Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Beschwerdeführer fehlen würde (vgl. BVerfGE 110, 77 <90>). Jedoch kann davon nicht ausgegangen werden. Denn diese Möglichkeit kann hier nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Immerhin hatte der Beschwerdeführer bereits für den 4. September 2004 erneut eine Demonstration in Hamburg unter dem Motto "Musikfreiheit ist Meinungsfreiheit" angemeldet, in deren Rahmen wiederum eine Musikgruppe auftreten sollte.

35

3. Ist damit der Verfassungsbeschwerde stattzugeben, so ist nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG festzustellen, dass die angegriffenen Entscheidungen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzen. Außerdem hebt das Bundesverfassungsgericht nach § 95 Abs. 2 BVerfGG die Entscheidungen auf und verweist die Sache an das Verwaltungsgericht Hamburg als zuständiges Gericht zurück.

36

4. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers im Verfassungsbeschwerdeverfahren nach § 34a Abs. 2 BVerfGG zu erstatten.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

(2) Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn

1.
die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert, und
2.
nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin ist ein Ort nach Satz 1 Nr. 1. Seine Abgrenzung ergibt sich aus der Anlage zu diesem Gesetz. Andere Orte nach Satz 1 Nr. 1 und deren Abgrenzung werden durch Landesgesetz bestimmt.

(3) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind, wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwidergehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 oder 2 gegeben sind.

(4) Eine verbotene Veranstaltung ist aufzulösen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

(2) Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn

1.
die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert, und
2.
nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin ist ein Ort nach Satz 1 Nr. 1. Seine Abgrenzung ergibt sich aus der Anlage zu diesem Gesetz. Andere Orte nach Satz 1 Nr. 1 und deren Abgrenzung werden durch Landesgesetz bestimmt.

(3) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind, wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwidergehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 oder 2 gegeben sind.

(4) Eine verbotene Veranstaltung ist aufzulösen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. Februar 2009 - 4 K 961/08 - teilweise geändert. Es wird festgestellt, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 2. Mai 2008 gegen die Klägerin ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt ein Viertel, der Beklagte drei Viertel der Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte jeweils zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass die ihr gegenüber in den Morgenstunden des 02.05.2008 ergriffene Maßnahme der Personenfeststellung sowie die damit verbundene Sistierung rechtswidrig waren.
Am 01.05.2008 fand in Freiburg das sog. Spechtpassagenfest statt. Für dieses Fest war die Wilhelmstraße zwischen Sedan- und Belfortstraße mit Genehmigung der Stadt Freiburg von 11.00 Uhr bis 24.00 Uhr gesperrt. Nach 22.00 Uhr versammelten sich mehr als 100 Personen im Bereich Wilhelmstraße Ecke Belfortstraße, aus deren Mitte heraus auf der Fahrbahn ein großes Feuer entzündet wurde, das bis gegen 2.00 Uhr morgens durch Nachlegen insbesondere von Holz in Brand gehalten wurde. Gegen 2.25 Uhr wurde eine männliche Person, die von der Polizei als Hauptverursacher des Feuers angesehen wurde, in einiger Entfernung von der Feuerstelle festgenommen.
Die Klägerin befand sich in der Zeit zwischen 2.15 Uhr und 2.25 Uhr in unmittelbarer Nähe des Feuers. Zu diesem Zeitpunkt schritten Polizeibeamte, die das Geschehen bis dahin aus einiger Entfernung beobachtet hatten, gegen die um das Feuer herumstehenden Personen ein. Im Zuge dessen wurden die Klägerin, nachdem sie der Polizei auf Aufforderung ihren Personalausweis ausgehändigt hatte, auf das etwa 300 m entfernte Polizeirevier Freiburg-Nord mitgenommen. Dort wurden ihre Personalien mit dem Inhalt polizeilicher Dateien abgeglichen, Lichtbilder von ihr gefertigt und sie wurde körperlich durchsucht. Die Klägerin durfte das Polizeirevier gegen 3.05 Uhr wieder verlassen.
Am 26.05.2008 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg erhoben, zu deren Begründung sie vorgetragen hat: Über die polizeilichen Maßnahmen gegen sie sei in der regionalen Presse berichtet worden. Sie fühle sich daher in ihrem beruflichen Ansehen als Lehrerin und Stadträtin beschädigt. Die gegen sie ergriffenen Maßnahmen seien rechtswidrig. Die Voraussetzungen für die Personenfeststellung seien nicht erfüllt. Denn von ihr sei keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgegangen. Sie habe das Feuer weder entzündet noch Brennmaterial nachgelegt. Als sie an die Feuerstelle gekommen sei, habe das Feuer bereits seit mehreren Stunden gebrannt, ohne dass die Polizei eingeschritten sei. Eine von dem Feuer ausgehende Störung der öffentlichen Ordnung sei ihr deshalb nicht zuzurechnen. Zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei seien außer ihr nur noch zwei weitere sich ebenfalls friedlich verhaltende Personen in der Nähe des Feuers gewesen. Falls es an anderer Stelle Störungen gegeben haben sollte, wäre die Identitätsfeststellung ihr gegenüber jedenfalls unverhältnismäßig gewesen, da sie damit erkennbar nichts zu tun gehabt habe. Selbst bei Einstufung ihrer Person als (Anscheins-)Störerin hätten der Polizei mildere Mittel als die Personenfeststellung zur Verfügung gestanden. Man hätte ihr gegenüber den Grund der polizeilichen Maßnahme nennen müssen, um ihr Gelegenheit zu geben, den Gefahrenraum freiwillig zu verlassen, ohne ihre Daten preisgeben zu müssen. Erst recht sei die mit der Personenfeststellung verbundene Freiheitsentziehung rechtswidrig gewesen, da sie den Polizeibeamten auf Aufforderung sofort ihren Personalausweis ausgehändigt habe.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der Polizeidirektion vom 17.06.2008 ausgeführt: An den Aktionen des Spechtpassagenfestes hätten in der Nacht vom 01. auf den 02.05.2008 etwa 1.700 Personen teilgenommen. Im Vorjahr habe es bei einer vergleichbaren Veranstaltung einen Angriff auf den Polizeiführer und polizeiliche Einsatzkräfte gegeben, so dass auch im Jahr 2008 mit aggressivem Verhalten zu rechnen gewesen sei. Abgesehen von dem um 22.00 Uhr auf öffentlicher Straße entzündeten Feuer sei das Straßenfest störungsfrei verlaufen. In einer Entfernung von 20 bis 30 m um das Feuer hätten sich mehrere Bauschuttcontainer mit brennbarem Material befunden. In der ersten Zeit nach dem Entzünden des Feuers hätten zunächst die nötigen Einsatzkräfte mobilisiert werden müssen. Dies habe bis gegen 23.30 Uhr gedauert. Das Vorhandensein der vollzähligen Einsatzkräfte sei mit den ersten stärkeren Abwanderungsbewegungen aus dem Einsatzraum zusammengefallen. Von vornherein habe man Wert darauf gelegt, Beweissicherung zu betreiben. Die damit befassten Polizeikräfte hätten sich jedoch immer wieder zurückziehen müssen, weil bei ihrem Erkennen Gegenstände und Flaschen gegen sie geworfen worden seien. Mindestens ein Flaschenwurf habe eindeutig einer männlichen Person zugeordnet werden können, die das Feuer wesentlich unterhalten und bestimmend auf die Gruppe eingewirkt habe. Diese Person habe gegen 0.45 Uhr auch versucht, einen Bauschuttcontainer in der Belfortstraße in Brand zu setzen. Eine Ausbreitung des Brandes habe nur dadurch verhindert werden können, dass Polizeikräfte die Flammen ausgetreten hätten. Während dessen seien sie aus der Gruppe mit Flaschen beworfen worden, die teilweise über ihnen an der Hauswand oder unmittelbar in ihrer Nähe zerborsten seien. Um eine Eskalation zu vermeiden, sei ein erster Versuch der vorläufigen Festnahme der brandstiftenden Person abgebrochen worden. Nach 23.30 Uhr hätten Personen vereinzelt die Gruppe um das Feuer verlassen, andere Passanten oder Festbesucher seien hinzugekommen. Wegen der Gefahr von Solidarisierungsaktionen habe die Polizei zunächst von Maßnahmen abgesehen. Noch um 1.45 Uhr seien Holzpaletten nachgelegt worden, ein baldiges Beenden des Feuers sei somit nicht zu erwarten gewesen. Um 2.25 Uhr hätten sich etwa 20 Personen im Bereich der Feuerstelle aufgehalten, 6 davon in unmittelbarer Nähe. Als die tatverdächtige männliche Person, die zuvor maßgeblich das Feuer unterhalten habe, den Bereich verlassen habe, sei sie etwas abgesetzt vorläufig festgenommen worden. Bei den nach 2.15 Uhr unmittelbar an der Feuerstelle befindlichen Personen seien dann die Personalien festgestellt worden. Hierzu und zu weiteren Maßnahmen seien sie auf das Polizeirevier Freiburg-Nord verbracht worden. Die Klägerin habe sich zum Kontrollzeitpunkt in der Gruppe unmittelbar am Feuer aufgehalten, unter der sich kurz zuvor auch noch der Tatverdächtige befunden habe. Die Gesamtumstände hätten die Annahme begründet, dass die Klägerin zur Gruppe der Störer gehört habe. Sie habe sich in unmittelbarer Nähe des Feuers mit anderen Personen aus dem Kreis um den festgenommenen Tatverdächtigen aufgehalten und dies zu einer Zeit, als ein Großteil der Leute diesen Bereich bereits verlassen hätten. Die Klägerin habe ihrerseits nicht darauf hingewirkt, das Feuer zu löschen oder die Straße zu verlassen. Sie sei aufgefordert worden, zum Polizeirevier Freiburg-Nord mitzukommen, um dort ihre Personalien festzustellen, eine Durchsuchung ihrer Person durchzuführen und Lichtbilder von ihr zu fertigen. Die Feststellung der Identität und die Fertigung von Lichtbildern habe gewährleisten sollen, die eingetretene Störung der öffentlichen Sicherheit in Form des Errichtens und Betreibens einer Feuerstelle im öffentlichen Straßenraum zu beseitigen und weitere Gefahren zu verhindern. Von einem früheren Eingreifen habe man aus taktischen Gründen abgesehen. Noch gegen 2.00 Uhr seien Plastikbierkästen und Styropor in das offene Feuer geworfen worden. Ziel der anschließenden polizeilichen Maßnahmen sei neben der deeskalierenden Strategie die vorläufige Festnahme und die Personalienfeststellung des zuvor erkannten Tatverdächtigen sowie die Beseitigung der Feuerstelle und die Entfernung der zahllosen Flaschen und Scherben auf der Fahrbahn gewesen. Die Maßnahmen hätten der Störungsbeseitigung und der Gefahrenabwehr im Hinblick auf weiteren Passanten- und Fahrzeugverkehr sowie der Sicherung des Tatbefundes zur Strafermittlung gedient. Es treffe zu, dass die Klägerin vor Ort ihren Personalausweis ausgehändigt habe. Jedoch sei eine weitere Überprüfung im Hinblick auf Fahndungsnotierungen und Anderes erforderlich gewesen. Um eine Eskalation zu verhindern, sei entschieden worden, die Personalienfeststellung und -überprüfung auf dem Polizeirevier durchzuführen. Zu diesem Zeitpunkt hätten keine gesicherten Erkenntnisse darüber vorgelegen, wie viele Personen sich noch im Sedanquartier aufgehalten hätten. Nach den Erfahrungen vorangegangener Einsätze sei mit dem überraschenden Wiedererscheinen weiterer Personen, die sich in das Geschehen einmischen könnten, zu rechnen gewesen. Durch die Personenkontrolle habe man potentielle Störer aus der Anonymität reißen und gewährleisten wollen, sie gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt als Störer oder Gefährder identifizieren zu können. Die Mitnahme auf das Polizeirevier sei erforderlich gewesen, um ein Löschen des Feuers durch die Feuerwehr und die anschließende Reinigung der Straßen zu ermöglichen sowie um umstehende Personen bei den Löschmaßnahmen nicht zu gefährden. Die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit seien gewahrt. Im Kontrollzeitpunkt sei zwar eine Abwanderungsbewegung zu verzeichnen gewesen, gleichzeitig sei jedoch befürchtet worden, dass weitere Personen nach Verlassen einer benachbarten Diskothek wieder zu einem Anschwellen der Personenzahl beitragen könnten.
Mit Urteil vom 05.02.2009 - 4 K 961/08 - hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die vom Polizeivollzugsdienst gegen die Klägerin ergriffenen Maßnahmen der Anfertigung von Lichtbildern, der körperlichen Durchsuchung, des mit diesen Maßnahmen verbundenen Festhaltens auf dem Polizeirevier sowie der Speicherung von Lichtbildern von der Klägerin rechtswidrig waren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung insoweit ausgeführt: Die bei der Klägerin vorgenommene Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG sowie die damit verbundene Sistierung während der Dauer der Personenfeststellung erwiesen sich als rechtmäßig. Bei ihrem Einschreiten gegen die Klägerin sei es der Polizei zum einen darum gegangen, das Feuer auf der Straße zu löschen und die Befahrbarkeit der Straße wiederherzustellen (Beseitigung einer Störung), und zum anderen darum, zu verhindern, dass Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer weiterunterhalten bzw. an anderen Orten neue Feuer anzünden (Abwehr von erneuten Gefahren für fremde Rechtsgüter und Verhinderung der Begehung weiterer Straftaten). Zwar gehe die Feststellung der Personalien der an der Feuerstelle angetroffenen Personen auf den ersten Blick an der Erreichung dieser präventivpolizeilichen Ziele vorbei. Bei näherer Betrachtung sei die Personenfeststellung als Gefahrenabwehrmaßnahme jedoch sinnvoll, da sie grundsätzlich geeignet sei, potentielle Störer von weiteren Störungen, hier von der weiteren Unterhaltung des Feuers bzw. der Entzündung eines anderen Feuers, abzuhalten. Die Auffassung der Polizei, dass die an der Feuerstelle angetroffenen Personen durch eine Feststellung ihrer Personalien aus ihrer Anonymität gerissen würden und deshalb von einer eventuell vorhandenen Absicht, weitere Störungen zu begehen, abgehalten werden könnten, könne rechtlich nicht beanstandet werden. Die Personenfeststellung sei unter den gegebenen Umständen auch das mildeste zur Verfügung stehende Mittel gewesen. Die Auffassung der Klägerin, es hätte gereicht, wenn die Polizei sie formlos gebeten hätte, den Platz zu verlassen, damit das Feuer gelöscht und die Straße geräumt werden könne, bzw. - falls das nicht zum Erfolg geführt hätte - einen förmlichen Platzverweis gegen sie auszusprechen, gehe fehl. Die Klägerin sei aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht zu Recht zumindest als Anscheinsstörerin angesehen worden, weil sie sich in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten bzw. Störungen an der Feuerstelle aufgehalten habe. Darüber hinaus habe sie eine Bierflasche in der Hand gehalten, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach in Richtung der anrückenden Polizeibeamten geworfen worden sei. Bei dieser Sachlage sei es naheliegend, die Klägerin in die Nähe der Verantwortlichen für die vorangegangenen und noch andauernden Störungen zu rücken. Außerdem habe die Polizei mit der Störungsbeseitigung nicht beginnen können, solange sich noch Personen an der Feuerstelle aufgehalten hätten. Denn es habe angesichts des ständigen Kommens und Gehens die nicht fernliegende Möglichkeit bestanden, dass sich weitere Personen hinzugesellen würden und erneut eine Situation eintrete, wie sie kurz zuvor gegeben gewesen sei und wie sie die Polizei nach Möglichkeit habe vermeiden wollen. Ein Platzverweis allein wäre kein gleichermaßen geeignetes und zugleich milderes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die handelnden Polizeibeamten nicht hätten einschätzen können, wen sie in Person der Klägerin und der anderen am Feuer anwesenden Personen vor sich hatten und ob diese nicht eventuell zur Gruppe der vorherigen Störer gehörten. In letzterem Fall hätte ein Platzverweis, der sich sowohl im Hinblick auf das Ziel der Polizei, das Feuer zu löschen und die Befahrbarkeit der Straße wiederherzustellen, als auch im Hinblick auf seine praktische Umsetzbarkeit bzw. Kontrollierbarkeit wohl nur auf den Einmündungsbereich Wilhelmstraße/Belfortstraße hätte beziehen können, die durchaus realistische Gefahr begründet, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer versammelt und die Störung der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, um dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und finden zu können. Durch die Feststellung der Personalien werde ein potentieller Störer demgegenüber aus der Anonymität gerissen und wisse, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden könne. Deshalb seien Personenfeststellungen durchaus geeignet, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten. Auch die Sistierung sei rechtmäßig gewesen. Angesichts der angespannten Atmosphäre, die kurz zuvor zwischen der Polizei und den um das Feuer versammelten Personen geherrscht habe und bei der es auch zu gewalttätigen Angriffen gegenüber Polizeibeamten gekommen sei, könne es nicht beanstandet werden, wenn die Polizei die Personenfeststellungen, um eine Eskalation zu vermeiden, nicht vor den Augen potentieller Störer habe durchführen wollen.
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 17.02.2010 - 1 S 732/09 - zugelassenen Berufung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Personenfeststellung sei rechtswidrig, weil die festgestellten Tatsachen es nicht rechtfertigten, sie als Anscheinsstörerin anzusehen. Die Polizeibeamten hätten aus der ex-ante-Sicht eines objektiven Beobachters nicht zu der Einschätzung gelangen dürfen, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die Klägerin angetroffen hätten, deren Verhalten bei ungehindertem Weiterlauf der Dinge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Die im Urteil festgestellten Tatsachen rechtfertigten die Annahme einer von ihr ausgehenden Gefahr nicht. Die Klägerin sei erst nach dem Vorkommen von Störungen wahrgenommen worden und habe selbst kein Verhalten gezeigt, das als Störung oder Gefahr interpretiert werden könnte. Soweit das Urteil sich auf frühere Störungen beziehe, stelle dies eine rechtsfehlerhafte Verlagerung des ex-ante-Zeitpunkts in den Zeitraum vor Wahrnehmung der Klägerin durch die Polizeibeamten dar. Selbst wenn man unterstelle, dass die Klägerin zu Recht als Anscheinsstörerin eingestuft worden sei, sei jedenfalls die erfolgte Sistierung rechtswidrig, weil eine Identitätsfeststellung ohne Weiteres vor Ort möglich gewesen sei. Die Annahme einer möglichen Störung durch Dritte biete keine rechtliche Grundlage für die Ingewahrsamnahme.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. Februar 2009 - 4 K 961/08 - zu ändern und festzustellen, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 2. Mai 2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung rechtswidrig waren.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Eine Identitätsfeststellung am Ort des Geschehens sei nicht möglich gewesen, weil aufgrund in der Vergangenheit gemachter Erfahrungen eine Eskalation durch Solidarisierungen oder gar Befreiungsaktionen hätten befürchtet werden müssen, so dass die Personenfeststellung und der Datenabgleich mit der Fahndungsdatei nur auf der Wache ungestört hätten durchgeführt werden können. Zudem sei beabsichtigt gewesen, die Feuerstelle schnellstmöglich zu räumen, um die erforderlichen Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen und damit dem rechtswidrigen Geschehen ein Ende zu setzen. Angesichts der Tatsache, dass die Polizeidienststelle bereits nach wenigen Minuten Fußweg erreicht worden sei und sich die Aufenthaltsdauer auf der Dienststelle auf das zur Durchführung der Maßnahmen unbedingt Erforderliche beschränkt habe, sei die Sistierung auch verhältnismäßig gewesen.
13 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Beklagten und des Verwaltungsgerichts Freiburg vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 02.05.2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war. Ihre insgesamt zulässige Klage ist in diesem Umfang begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht hingegen die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Personenfeststellung als solche begehrt hat.
I.
15 
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren Rechtsschutz gegen die - erledigte - Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung.
16 
1. Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs ist nach § 17 a Abs. 5 GVG vom Senat nicht mehr zu prüfen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu Recht als gegeben angesehen. Entscheidend ist, ob das Schwergewicht des polizeilichen Handelns auf der Strafverfolgung oder auf der Gefahrenabwehr liegt. Für die Abgrenzung der beiden Aufgabengebiete ist maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (BVerwG, Urt. v. 03.12.1974 - I C 11.73 - BVerwGE 47, 255 und Urt. v. 19.10.1982 - 1 C 29.79 - BVerwGE 66, 192; Senatsurteil vom 16.05.1988 - 1 S 1826/87 - VBlBW 1989, 16). Hier erfolgte die Personenfeststellung nach den übereinstimmenden Bekundungen der Beteiligten primär zum Zweck der Gefahrenabwehr. Der Beklagte hat die Personenfeststellung ausschließlich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 26 PolG gestützt. Auch die Klägerin hat dies so verstanden, obwohl ihr - ebenso wie ihrem Begleiter, dem Zeugen E. - ausweislich ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bei der Sistierung eröffnet worden war, es bestehe der Verdacht auf Landfriedensbruch. Nachdem indes, wie der Beklagte der Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf telefonische Anfrage am 14.05.2008 mitgeteilt hat, kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin eingeleitet wurde, war es aus ihrer Perspektive naheliegend, davon auszugehen, dass die gegen sie ergriffenen Maßnahmen primär der Gefahrenabwehr dienen sollten.
17 
2. Bei der Personenfeststellung nach § 26 PolG handelt es sich um eine polizeiliche Standardmaßnahme, die ihrer Rechtsnatur nach ein Verwaltungsakt ist (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 315 ff., 334; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F Rn. 29 ff. <32>; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 215 f.). Die Klage ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung mit Abschluss der Personenfeststellung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Als Adressatin der angegriffenen Maßnahme ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).
18 
3. Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
19 
4. Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 19.08.2010 - 1 S 2266/09 - DVBl 2010, 1569 m.w.N.). Im Übrigen wurde die Klage binnen Monatsfrist erhoben.
20 
5. Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Das berechtigte Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Feststellung ergibt sich jedenfalls aus der erstrebten Rehabilitation. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 09.08.1990 - 1 B 94.90 - NVwZ 1991, 270; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 113 Rn. 142 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Dies ist hier zu bejahen, nachdem die in die allgemeine Handlungsfreiheit und in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifende Personenfeststellung Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung in der Regionalpresse unter voller Namensnennung und unter Hervorhebung der Stellung der Klägerin als Stadträtin war.
II.
21 
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Die auf § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG gestützte Personenfeststellung als solche war rechtmäßig. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
22 
1. a) Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Personenfeststellung bestehen keine Bedenken. Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes folgt aus § 60 Abs. 3 PolG. Eine Anhörung der Klägerin war nach § 28 Abs. 2 Nr.1 LVwVfG entbehrlich. Weil der Verwaltungsakt mündlich erlassen wurde, war auch keine Begründung erforderlich (vgl. § 39 Abs. 1 LVwVfG).
23 
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG lagen vor. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei die Identität einer Person feststellen, um im einzelnen Falle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren oder eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen. Hier war bereits eine Störung der öffentlichen Sicherheit eingetreten, die zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei noch anhielt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das Feuer auf der öffentlichen Straße und der Zustand der mit Glasscherben, Flaschen und anderen Gegenständen übersäten Abschnitte der Wilhelm- und Belfortstraße eine noch anhaltende Störung der öffentlichen Sicherheit darstellte, die ein polizeiliches Einschreiten mit dem Ziel der Störungsbeseitigung erforderte. Zudem bestand die Gefahr, dass weitere Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer in Gang halten bzw. an anderen Orten neue Feuer entzünden.
24 
c) Die Klägerin wurde zu Recht jedenfalls als Anscheinsstörerin angesehen.
25 
Die Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG darf nur gegenüber einem Störer nach §§ 6, 7 PolG getroffen werden, gegenüber dem Nichtstörer nach § 9 PolG nur unter den qualifizierten Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes (Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 26 Rn. 11; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl., § 26 Rn. 5; Würtenberger/Heckmann, a.a.O. Rn. 324).
26 
Verhaltensstörer im Sinne des § 6 PolG ist auch der Anscheinsstörer. Anscheinsstörer ist, wer ex post betrachtet nicht wirklich eine Gefahr verursacht, aber ex ante betrachtet bei einem fähigen, besonnenen und sachkundigen Polizeibeamten den Eindruck der Gefahrverursachung erweckt (Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., L Rn. 42). Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen. Die herrschende Meinung versteht unter einem Anscheinsstörer eine Person, die entweder durch ihr Verhalten eine Anscheinsgefahr oder hinsichtlich einer real bestehenden Gefahr durch ihr Verhalten einen Verursacherschein gesetzt hat (vgl. Senatsurteil vom 12.02.1990 - 1 S 1646/89 - NVwZ-RR 1990, 602 = DÖV 1990, 572 m.w.N.; Belz/Mußmann, a.a.O., § 6 Rn. 10). Der Begriff Anscheinsstörer wird in der zweiten Fallgruppe auf Konstellationen angewandt, in denen die Gefahr wahrscheinlich ist oder gar feststeht, in denen aber hinsichtlich des Verantwortlichen nur eine Möglichkeit oder ein Verdacht besteht. Ist nicht die Existenz einer Gefahr, sondern deren Urheber ungeklärt, besteht also der Verdacht einer Gefahrverursachung, soll der Betreffende als Anscheinsverursacher in Anspruch genommen werden können (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O. § 7 Rn. 6). In der Literatur wird in dieser Fallgruppe darüber hinaus teilweise verlangt, dass die Person den Anschein durch ihr Verhalten bzw. eine ihr zuzuordnende Sache unmittelbar verursacht hat (so etwa Schenke/Ruthig, Rechtsscheinhaftung im Polizei- und Ordnungsrecht? - Zur polizeirechtlichen Verantwortlichkeit des sog. Anscheinsstörers, VerwArch 87 (1996), 329 <331>). Auch nach dieser Auffassung setzt die unmittelbare Verursachung indes nicht zwingend einen Verstoß gegen eine bestimmte Rechtsnorm voraus. Es genügt, wenn ein Verhalten objektiv geeignet ist, bei Dritten den Eindruck zu erwecken, es drohe ein Schaden für ein polizeilich geschütztes Rechtsgut (Irreführungsrisiko). Selbst wer nicht weiß, dass er von der Polizei beobachtet wird, übernimmt das Risiko dafür, dass aus seinem Verhalten in der Öffentlichkeit auf seine Störereigenschaft geschlossen wird (Schenke/Ruthig, a.a.O. S. 340 f.).
27 
Daran gemessen ist die Störereigenschaft hier selbst bei Zugrundelegung der engeren Auffassung von Schenke/Ruthig zu bejahen, so dass der Senat offen lassen kann, ob der Begriff des Anscheinsstörers in diesem Sinne einzugrenzen ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Feuer von Personen, die sich um die Feuerstelle versammelt hatten, gegen 22.00 Uhr entzündet und bis gegen 2.00 Uhr unterhalten wurde. Von den um das Feuer versammelten Personen waren Aggressionen gegenüber sich nähernden Polizeibeamten ausgegangen (Werfen von Bierflaschen und anderen Gegenständen). Als die Klägerin gegen 2.15 Uhr an der Feuerstelle angetroffen wurde, war für Außenstehende nicht zweifelsfrei erkennbar, wie lange sie sich dort bereits befand und ob sie zu dem Kreis der Personen gehörte, der für die Störung der öffentlichen Sicherheit verantwortlich war. Ausweislich der Angaben des Einsatzleiters der Polizei gab es keinerlei sichere Anhaltspunkte dafür, dass man der Klägerin und ihrem Begleiter Straftaten hätte nachweisen können. Beide hielten sich indes in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten und während der noch anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit für einen Zeitraum von zumindest zehn Minuten an der Feuerstelle auf. Zudem hatte die Klägerin, ebenso wie ihr Begleiter, eine Bierflasche in der Hand, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach nach Polizeibeamten geworfen worden war. Es waren auch keine Anhaltspunkte erkennbar, die auf eine Distanzierung der Klägerin von der bereits seit mehreren Stunden anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit hätten schließen lassen können. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass die Polizei aus dem Verhalten der Klägerin auf ihre Störereigenschaft geschlossen hat.
28 
d) Die Personenfeststellung war zur Gefahrenabwehr geeignet. Der potentielle Störer wird durch die Feststellung seiner Personalien aus der Anonymität gerissen und weiß, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden kann (vgl. BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Die Personenfeststellung ist daher ein geeignetes Mittel, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten.
29 
Hier ging es darum, das weitere Unterhalten des Feuers und das etwaige Entzünden weiterer Feuer sowie die befürchtete Störung der Löscharbeiten durch weitere Ausschreitungen - etwa Flaschenwürfe - zu unterbinden. Es liegt nahe, dass derartige Störungen eher aus der Anonymität heraus verübt werden und dass ein potentieller Störer, dessen Personalien festgestellt sind, sich weiterer Störungen, die ihn dann dem Risiko der Strafverfolgung aussetzen, eher enthalten wird.
30 
e) Die Personenfeststellung war auch erforderlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin wäre eine bloße Gefährderansprache oder ein auf die polizeiliche Generalklausel gestützter Platzverweis (gesetzlich normiert wurde der Platzverweis erst in dem durch das Änderungsgesetz vom 18.11.2008 eingefügten § 27 a Abs. 1 PolG) kein gleichermaßen geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Zwar wäre ein isolierter Platzverweis möglicherweise zur Räumung der Feuerstelle ebenso geeignet gewesen, doch hätte dann die ex ante in nicht zu beanstandender Weise prognostizierte Gefahr bestanden, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer aufgehalten und die Störungen der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, und dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und zu finden, so dass es dann zu einer in jedem Fall zu vermeidenden Konfrontation mit den inzwischen vor Ort tätigen Polizeibeamten hätte kommen können. Bei einem isolierten, nicht mit einer Personenfeststellung einhergehenden Platzverweis wäre den des Platzes Verwiesenen weiterhin ein Handeln aus der Anonymität heraus möglich gewesen, was eine zugleich effektive und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrende Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung wiederum erschwert hätte.
31 
f) Angesichts des mit der bloßen Personenfeststellung verbundenen geringfügigen Eingriffs in die Rechtssphäre des Betroffenen (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 11; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., Rn. 328; Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 375) war diese Maßnahme schließlich verhältnismäßig im engeren Sinne.
32 
2. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift, die vorliegend in der Fassung vom 01.07.2004 anzuwenden ist, kann der Betroffene festgehalten und zur Dienststelle gebracht werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Die Vorschrift erlaubt die sog. Sistierung, die eine Freiheitsbeschränkung i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 Abs. 1 GG darstellt, etwa dann, wenn die Personenfeststellung an Ort und Stelle unangemessen oder unmöglich ist, weil der Betroffene sich strikt weigert, das Publikum aufgebracht ist oder eine unfriedliche Menge die Beamten behindert oder bedroht (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; ähnlich Belz/Mußmann, a.a.O., § 26 Rn. 29). Die Voraussetzungen („nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten“) decken sich mit denen des § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO. Sie stellen eine gesetzliche Konkretisierung des Übermaßverbotes dar und sollen sicherstellen, dass ein Eingriff in die persönliche Freiheit nur in Fällen erfolgt, in denen er zur Feststellung der Identität unerlässlich ist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - NVwZ 1992, 767 m.w.N. und Beschl. v. 11.07.2006 - 2 BvR 1255/04 - NStZ-RR 2006, 381). Verhältnismäßigkeit bedeutet bei Freiheitsbeschränkungen zur Identitätsfeststellung für alle Maßnahmen, die über das bloße Anhalten und die Aufforderung, sich auszuweisen, hinausgehen, dass Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdungslage gegeben sein müssen (Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 104 Rn. 17).
33 
Vom Umfang her umfasst die Personenfeststellung alle, aber auch nur diejenigen Angaben über eine Person, die es ermöglichen, sie von anderen Personen zu unterscheiden und Verwechslungen auszuschließen. Die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Passes genügt in jedem Fall, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten wie etwa der Verdacht des unrechtmäßigen Besitzes vorliegen (vgl. Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 373; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; KK-Griesbaum, StPO, 6. Aufl., § 163 b Rn. 13 m.w.N.; BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - a.a.O.). Ein Datenabgleich mit polizeilichen Dateien, wie er hier auf dem Polizeirevier durchgeführt wurde, ist danach regelmäßig nicht Bestandteil der Personenfeststellung nach § 26 PolG, sondern ein sich an die Personenfeststellung anschließender selbstständiger Folgeeingriff, der nach Maßgabe des § 39 PolG zulässig ist.
34 
Daran gemessen folgt hier die Rechtswidrigkeit der Sistierung schon daraus, dass die Personenfeststellung bereits am Ort des Geschehens erfolgt war. Die Klägerin hatte den Polizeibeamten auf entsprechende Aufforderung ihren gültigen Personalausweis ausgehändigt. Konkrete Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten lagen nicht vor. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als Zeuge vernommene Polizeikommissar S. hatte nach Vorlage des Ausweises keine Zweifel an der Identität der Klägerin. Die Identität der Klägerin war folglich durch ihren Personalausweis zweifelsfrei belegt. Ein Datenabgleich zum Zweck der Identitätsfeststellung war bei dieser Sachlage nicht erforderlich. Ob die Voraussetzungen für einen selbstständigen Datenabgleich nach § 39 PolG vorgelegen haben, kann der Senat offen lassen, weil allein zum Zweck des Datenabgleichs eine Sistierung in jedem Fall unzulässig ist. § 39 Abs. 1 Satz 4 PolG räumt der Polizei nur die Befugnis ein, den Betroffenen für die Dauer des Datenabgleichs anzuhalten. Ein Sistierungsrecht hat die Polizei nach § 39 PolG nicht.
35 
Selbst wenn man unterstellt, die Identität der Klägerin hätte aufgrund der Vorlage des Personalausweises nicht zweifelsfrei festgestanden oder es hätten andere Unstimmigkeiten vorgelegen, hätte die Überprüfung der Identität der Klägerin am Einsatzort erfolgen können. Ein zum Zweck der Identitätsfeststellung erforderlicher Datenabgleich wäre auch über Funk vom Polizeifahrzeug aus möglich gewesen. Der Senat geht aufgrund des Ergebnisses der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass die mit der Personenfeststellung der Klägerin befassten Beamten ein Einsatzfahrzeug mit sich führten, welches sie in 10 bis 20 m Entfernung von der Feuerstelle in der Wilhelmstraße abgestellt hatten. Angesichts der Tatsache, dass insgesamt nur vier Personenfeststellungen erfolgten, wäre auch der Zeitaufwand bei einer Feststellung vor Ort nicht unvertretbar lang gewesen. Störungen durch Dritte standen dem Datenabgleich über Funk vor Ort ebenfalls nicht entgegen. Die Polizeibeamten hatten den Personalausweis der Klägerin bereits mehrere Minuten in ihrem Gewahrsam, ohne dass es zu Störungen gekommen wäre. Solche Störungen wurden lediglich vor dem Hintergrund von Erfahrungen aus dem Vorjahr befürchtet, ohne dass indes aktuell eine konkrete Gefahr bestanden hätte. Ein Datenabgleich vor Ort wurde auch nicht durch den anhaltenden Einsatz der Polizeikräfte unmöglich gemacht. Die Beamten, die die Klägerin und die weiteren Betroffenen auf das Polizeirevier brachten, waren infolgedessen ohnehin am Einsatz vor Ort nicht mehr beteiligt. Sie hätten ohne weiteres - etwa abseits der Feuerstelle am Einsatzfahrzeug - den Datenabgleich durchführen können. Schließlich spricht auch der Umstand, dass die Betroffenen zu Fuß und nicht etwa in einem Polizeifahrzeug auf die Dienststelle gebracht wurden, dagegen, dass erhebliche Störungen tatsächlich erwartet wurden.
36 
Soweit der Beklagte sich zur Rechtfertigung der Sistierung nicht auf eine mögliche Eskalation der Situation vor Ort durch die Solidarisierung Dritter mit den von den polizeilichen Maßnahmen Betroffenen, sondern auf das Ziel, die Feuerstelle zu räumen sowie Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen, beruft, muss er sich entgegenhalten lassen, dass im Verhältnis zu der die Freiheit der Person einschränkenden Sistierung der Platzverweis auf jeden Fall das mildere Mittel ist. Ein - mit einer Personenfeststellung vor Ort einhergehender - Platzverweis wäre auch in gleicher Weise geeignet gewesen, die Störung zu beseitigen. Auch bei der gewählten Vorgehensweise - Räumung der Feuerstelle durch Sistierung der dort angetroffenen Personen - waren angesichts der insgesamt unübersichtlichen Lage weiterhin für die Dauer der Löscharbeiten Polizeikräfte am Ort der Störung gebunden; es ist nicht ersichtlich, dass bei einer Räumung der Feuerstelle durch Erteilung von Platzverweisen und Personenfeststellungen vor Ort Polizeikräfte in größerer Zahl hätten eingesetzt werden müssen oder der Einsatz sich aus anderen Gründen signifikant schwieriger gestaltet hätte. Die Sistierung war daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich.
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
39 
Beschluss vom 14. Dezember 2010
40 
Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Nach Auffassung des Senats ist für die Personenfeststellung, die Sistierung, das Anfertigen von Lichtbildern und die körperliche Durchsuchung jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen. Angesichts des Gewichts der Sistierung erscheint es nicht gerechtfertigt, diese bei der Streitwertfestsetzung unberücksichtigt zu lassen.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 02.05.2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war. Ihre insgesamt zulässige Klage ist in diesem Umfang begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht hingegen die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Personenfeststellung als solche begehrt hat.
I.
15 
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren Rechtsschutz gegen die - erledigte - Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung.
16 
1. Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs ist nach § 17 a Abs. 5 GVG vom Senat nicht mehr zu prüfen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu Recht als gegeben angesehen. Entscheidend ist, ob das Schwergewicht des polizeilichen Handelns auf der Strafverfolgung oder auf der Gefahrenabwehr liegt. Für die Abgrenzung der beiden Aufgabengebiete ist maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (BVerwG, Urt. v. 03.12.1974 - I C 11.73 - BVerwGE 47, 255 und Urt. v. 19.10.1982 - 1 C 29.79 - BVerwGE 66, 192; Senatsurteil vom 16.05.1988 - 1 S 1826/87 - VBlBW 1989, 16). Hier erfolgte die Personenfeststellung nach den übereinstimmenden Bekundungen der Beteiligten primär zum Zweck der Gefahrenabwehr. Der Beklagte hat die Personenfeststellung ausschließlich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 26 PolG gestützt. Auch die Klägerin hat dies so verstanden, obwohl ihr - ebenso wie ihrem Begleiter, dem Zeugen E. - ausweislich ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bei der Sistierung eröffnet worden war, es bestehe der Verdacht auf Landfriedensbruch. Nachdem indes, wie der Beklagte der Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf telefonische Anfrage am 14.05.2008 mitgeteilt hat, kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin eingeleitet wurde, war es aus ihrer Perspektive naheliegend, davon auszugehen, dass die gegen sie ergriffenen Maßnahmen primär der Gefahrenabwehr dienen sollten.
17 
2. Bei der Personenfeststellung nach § 26 PolG handelt es sich um eine polizeiliche Standardmaßnahme, die ihrer Rechtsnatur nach ein Verwaltungsakt ist (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 315 ff., 334; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F Rn. 29 ff. <32>; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 215 f.). Die Klage ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung mit Abschluss der Personenfeststellung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Als Adressatin der angegriffenen Maßnahme ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).
18 
3. Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
19 
4. Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 19.08.2010 - 1 S 2266/09 - DVBl 2010, 1569 m.w.N.). Im Übrigen wurde die Klage binnen Monatsfrist erhoben.
20 
5. Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Das berechtigte Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Feststellung ergibt sich jedenfalls aus der erstrebten Rehabilitation. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 09.08.1990 - 1 B 94.90 - NVwZ 1991, 270; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 113 Rn. 142 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Dies ist hier zu bejahen, nachdem die in die allgemeine Handlungsfreiheit und in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifende Personenfeststellung Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung in der Regionalpresse unter voller Namensnennung und unter Hervorhebung der Stellung der Klägerin als Stadträtin war.
II.
21 
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Die auf § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG gestützte Personenfeststellung als solche war rechtmäßig. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
22 
1. a) Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Personenfeststellung bestehen keine Bedenken. Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes folgt aus § 60 Abs. 3 PolG. Eine Anhörung der Klägerin war nach § 28 Abs. 2 Nr.1 LVwVfG entbehrlich. Weil der Verwaltungsakt mündlich erlassen wurde, war auch keine Begründung erforderlich (vgl. § 39 Abs. 1 LVwVfG).
23 
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG lagen vor. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei die Identität einer Person feststellen, um im einzelnen Falle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren oder eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen. Hier war bereits eine Störung der öffentlichen Sicherheit eingetreten, die zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei noch anhielt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das Feuer auf der öffentlichen Straße und der Zustand der mit Glasscherben, Flaschen und anderen Gegenständen übersäten Abschnitte der Wilhelm- und Belfortstraße eine noch anhaltende Störung der öffentlichen Sicherheit darstellte, die ein polizeiliches Einschreiten mit dem Ziel der Störungsbeseitigung erforderte. Zudem bestand die Gefahr, dass weitere Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer in Gang halten bzw. an anderen Orten neue Feuer entzünden.
24 
c) Die Klägerin wurde zu Recht jedenfalls als Anscheinsstörerin angesehen.
25 
Die Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG darf nur gegenüber einem Störer nach §§ 6, 7 PolG getroffen werden, gegenüber dem Nichtstörer nach § 9 PolG nur unter den qualifizierten Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes (Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 26 Rn. 11; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl., § 26 Rn. 5; Würtenberger/Heckmann, a.a.O. Rn. 324).
26 
Verhaltensstörer im Sinne des § 6 PolG ist auch der Anscheinsstörer. Anscheinsstörer ist, wer ex post betrachtet nicht wirklich eine Gefahr verursacht, aber ex ante betrachtet bei einem fähigen, besonnenen und sachkundigen Polizeibeamten den Eindruck der Gefahrverursachung erweckt (Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., L Rn. 42). Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen. Die herrschende Meinung versteht unter einem Anscheinsstörer eine Person, die entweder durch ihr Verhalten eine Anscheinsgefahr oder hinsichtlich einer real bestehenden Gefahr durch ihr Verhalten einen Verursacherschein gesetzt hat (vgl. Senatsurteil vom 12.02.1990 - 1 S 1646/89 - NVwZ-RR 1990, 602 = DÖV 1990, 572 m.w.N.; Belz/Mußmann, a.a.O., § 6 Rn. 10). Der Begriff Anscheinsstörer wird in der zweiten Fallgruppe auf Konstellationen angewandt, in denen die Gefahr wahrscheinlich ist oder gar feststeht, in denen aber hinsichtlich des Verantwortlichen nur eine Möglichkeit oder ein Verdacht besteht. Ist nicht die Existenz einer Gefahr, sondern deren Urheber ungeklärt, besteht also der Verdacht einer Gefahrverursachung, soll der Betreffende als Anscheinsverursacher in Anspruch genommen werden können (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O. § 7 Rn. 6). In der Literatur wird in dieser Fallgruppe darüber hinaus teilweise verlangt, dass die Person den Anschein durch ihr Verhalten bzw. eine ihr zuzuordnende Sache unmittelbar verursacht hat (so etwa Schenke/Ruthig, Rechtsscheinhaftung im Polizei- und Ordnungsrecht? - Zur polizeirechtlichen Verantwortlichkeit des sog. Anscheinsstörers, VerwArch 87 (1996), 329 <331>). Auch nach dieser Auffassung setzt die unmittelbare Verursachung indes nicht zwingend einen Verstoß gegen eine bestimmte Rechtsnorm voraus. Es genügt, wenn ein Verhalten objektiv geeignet ist, bei Dritten den Eindruck zu erwecken, es drohe ein Schaden für ein polizeilich geschütztes Rechtsgut (Irreführungsrisiko). Selbst wer nicht weiß, dass er von der Polizei beobachtet wird, übernimmt das Risiko dafür, dass aus seinem Verhalten in der Öffentlichkeit auf seine Störereigenschaft geschlossen wird (Schenke/Ruthig, a.a.O. S. 340 f.).
27 
Daran gemessen ist die Störereigenschaft hier selbst bei Zugrundelegung der engeren Auffassung von Schenke/Ruthig zu bejahen, so dass der Senat offen lassen kann, ob der Begriff des Anscheinsstörers in diesem Sinne einzugrenzen ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Feuer von Personen, die sich um die Feuerstelle versammelt hatten, gegen 22.00 Uhr entzündet und bis gegen 2.00 Uhr unterhalten wurde. Von den um das Feuer versammelten Personen waren Aggressionen gegenüber sich nähernden Polizeibeamten ausgegangen (Werfen von Bierflaschen und anderen Gegenständen). Als die Klägerin gegen 2.15 Uhr an der Feuerstelle angetroffen wurde, war für Außenstehende nicht zweifelsfrei erkennbar, wie lange sie sich dort bereits befand und ob sie zu dem Kreis der Personen gehörte, der für die Störung der öffentlichen Sicherheit verantwortlich war. Ausweislich der Angaben des Einsatzleiters der Polizei gab es keinerlei sichere Anhaltspunkte dafür, dass man der Klägerin und ihrem Begleiter Straftaten hätte nachweisen können. Beide hielten sich indes in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten und während der noch anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit für einen Zeitraum von zumindest zehn Minuten an der Feuerstelle auf. Zudem hatte die Klägerin, ebenso wie ihr Begleiter, eine Bierflasche in der Hand, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach nach Polizeibeamten geworfen worden war. Es waren auch keine Anhaltspunkte erkennbar, die auf eine Distanzierung der Klägerin von der bereits seit mehreren Stunden anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit hätten schließen lassen können. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass die Polizei aus dem Verhalten der Klägerin auf ihre Störereigenschaft geschlossen hat.
28 
d) Die Personenfeststellung war zur Gefahrenabwehr geeignet. Der potentielle Störer wird durch die Feststellung seiner Personalien aus der Anonymität gerissen und weiß, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden kann (vgl. BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Die Personenfeststellung ist daher ein geeignetes Mittel, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten.
29 
Hier ging es darum, das weitere Unterhalten des Feuers und das etwaige Entzünden weiterer Feuer sowie die befürchtete Störung der Löscharbeiten durch weitere Ausschreitungen - etwa Flaschenwürfe - zu unterbinden. Es liegt nahe, dass derartige Störungen eher aus der Anonymität heraus verübt werden und dass ein potentieller Störer, dessen Personalien festgestellt sind, sich weiterer Störungen, die ihn dann dem Risiko der Strafverfolgung aussetzen, eher enthalten wird.
30 
e) Die Personenfeststellung war auch erforderlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin wäre eine bloße Gefährderansprache oder ein auf die polizeiliche Generalklausel gestützter Platzverweis (gesetzlich normiert wurde der Platzverweis erst in dem durch das Änderungsgesetz vom 18.11.2008 eingefügten § 27 a Abs. 1 PolG) kein gleichermaßen geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Zwar wäre ein isolierter Platzverweis möglicherweise zur Räumung der Feuerstelle ebenso geeignet gewesen, doch hätte dann die ex ante in nicht zu beanstandender Weise prognostizierte Gefahr bestanden, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer aufgehalten und die Störungen der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, und dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und zu finden, so dass es dann zu einer in jedem Fall zu vermeidenden Konfrontation mit den inzwischen vor Ort tätigen Polizeibeamten hätte kommen können. Bei einem isolierten, nicht mit einer Personenfeststellung einhergehenden Platzverweis wäre den des Platzes Verwiesenen weiterhin ein Handeln aus der Anonymität heraus möglich gewesen, was eine zugleich effektive und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrende Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung wiederum erschwert hätte.
31 
f) Angesichts des mit der bloßen Personenfeststellung verbundenen geringfügigen Eingriffs in die Rechtssphäre des Betroffenen (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 11; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., Rn. 328; Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 375) war diese Maßnahme schließlich verhältnismäßig im engeren Sinne.
32 
2. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift, die vorliegend in der Fassung vom 01.07.2004 anzuwenden ist, kann der Betroffene festgehalten und zur Dienststelle gebracht werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Die Vorschrift erlaubt die sog. Sistierung, die eine Freiheitsbeschränkung i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 Abs. 1 GG darstellt, etwa dann, wenn die Personenfeststellung an Ort und Stelle unangemessen oder unmöglich ist, weil der Betroffene sich strikt weigert, das Publikum aufgebracht ist oder eine unfriedliche Menge die Beamten behindert oder bedroht (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; ähnlich Belz/Mußmann, a.a.O., § 26 Rn. 29). Die Voraussetzungen („nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten“) decken sich mit denen des § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO. Sie stellen eine gesetzliche Konkretisierung des Übermaßverbotes dar und sollen sicherstellen, dass ein Eingriff in die persönliche Freiheit nur in Fällen erfolgt, in denen er zur Feststellung der Identität unerlässlich ist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - NVwZ 1992, 767 m.w.N. und Beschl. v. 11.07.2006 - 2 BvR 1255/04 - NStZ-RR 2006, 381). Verhältnismäßigkeit bedeutet bei Freiheitsbeschränkungen zur Identitätsfeststellung für alle Maßnahmen, die über das bloße Anhalten und die Aufforderung, sich auszuweisen, hinausgehen, dass Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdungslage gegeben sein müssen (Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 104 Rn. 17).
33 
Vom Umfang her umfasst die Personenfeststellung alle, aber auch nur diejenigen Angaben über eine Person, die es ermöglichen, sie von anderen Personen zu unterscheiden und Verwechslungen auszuschließen. Die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Passes genügt in jedem Fall, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten wie etwa der Verdacht des unrechtmäßigen Besitzes vorliegen (vgl. Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 373; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; KK-Griesbaum, StPO, 6. Aufl., § 163 b Rn. 13 m.w.N.; BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - a.a.O.). Ein Datenabgleich mit polizeilichen Dateien, wie er hier auf dem Polizeirevier durchgeführt wurde, ist danach regelmäßig nicht Bestandteil der Personenfeststellung nach § 26 PolG, sondern ein sich an die Personenfeststellung anschließender selbstständiger Folgeeingriff, der nach Maßgabe des § 39 PolG zulässig ist.
34 
Daran gemessen folgt hier die Rechtswidrigkeit der Sistierung schon daraus, dass die Personenfeststellung bereits am Ort des Geschehens erfolgt war. Die Klägerin hatte den Polizeibeamten auf entsprechende Aufforderung ihren gültigen Personalausweis ausgehändigt. Konkrete Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten lagen nicht vor. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als Zeuge vernommene Polizeikommissar S. hatte nach Vorlage des Ausweises keine Zweifel an der Identität der Klägerin. Die Identität der Klägerin war folglich durch ihren Personalausweis zweifelsfrei belegt. Ein Datenabgleich zum Zweck der Identitätsfeststellung war bei dieser Sachlage nicht erforderlich. Ob die Voraussetzungen für einen selbstständigen Datenabgleich nach § 39 PolG vorgelegen haben, kann der Senat offen lassen, weil allein zum Zweck des Datenabgleichs eine Sistierung in jedem Fall unzulässig ist. § 39 Abs. 1 Satz 4 PolG räumt der Polizei nur die Befugnis ein, den Betroffenen für die Dauer des Datenabgleichs anzuhalten. Ein Sistierungsrecht hat die Polizei nach § 39 PolG nicht.
35 
Selbst wenn man unterstellt, die Identität der Klägerin hätte aufgrund der Vorlage des Personalausweises nicht zweifelsfrei festgestanden oder es hätten andere Unstimmigkeiten vorgelegen, hätte die Überprüfung der Identität der Klägerin am Einsatzort erfolgen können. Ein zum Zweck der Identitätsfeststellung erforderlicher Datenabgleich wäre auch über Funk vom Polizeifahrzeug aus möglich gewesen. Der Senat geht aufgrund des Ergebnisses der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass die mit der Personenfeststellung der Klägerin befassten Beamten ein Einsatzfahrzeug mit sich führten, welches sie in 10 bis 20 m Entfernung von der Feuerstelle in der Wilhelmstraße abgestellt hatten. Angesichts der Tatsache, dass insgesamt nur vier Personenfeststellungen erfolgten, wäre auch der Zeitaufwand bei einer Feststellung vor Ort nicht unvertretbar lang gewesen. Störungen durch Dritte standen dem Datenabgleich über Funk vor Ort ebenfalls nicht entgegen. Die Polizeibeamten hatten den Personalausweis der Klägerin bereits mehrere Minuten in ihrem Gewahrsam, ohne dass es zu Störungen gekommen wäre. Solche Störungen wurden lediglich vor dem Hintergrund von Erfahrungen aus dem Vorjahr befürchtet, ohne dass indes aktuell eine konkrete Gefahr bestanden hätte. Ein Datenabgleich vor Ort wurde auch nicht durch den anhaltenden Einsatz der Polizeikräfte unmöglich gemacht. Die Beamten, die die Klägerin und die weiteren Betroffenen auf das Polizeirevier brachten, waren infolgedessen ohnehin am Einsatz vor Ort nicht mehr beteiligt. Sie hätten ohne weiteres - etwa abseits der Feuerstelle am Einsatzfahrzeug - den Datenabgleich durchführen können. Schließlich spricht auch der Umstand, dass die Betroffenen zu Fuß und nicht etwa in einem Polizeifahrzeug auf die Dienststelle gebracht wurden, dagegen, dass erhebliche Störungen tatsächlich erwartet wurden.
36 
Soweit der Beklagte sich zur Rechtfertigung der Sistierung nicht auf eine mögliche Eskalation der Situation vor Ort durch die Solidarisierung Dritter mit den von den polizeilichen Maßnahmen Betroffenen, sondern auf das Ziel, die Feuerstelle zu räumen sowie Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen, beruft, muss er sich entgegenhalten lassen, dass im Verhältnis zu der die Freiheit der Person einschränkenden Sistierung der Platzverweis auf jeden Fall das mildere Mittel ist. Ein - mit einer Personenfeststellung vor Ort einhergehender - Platzverweis wäre auch in gleicher Weise geeignet gewesen, die Störung zu beseitigen. Auch bei der gewählten Vorgehensweise - Räumung der Feuerstelle durch Sistierung der dort angetroffenen Personen - waren angesichts der insgesamt unübersichtlichen Lage weiterhin für die Dauer der Löscharbeiten Polizeikräfte am Ort der Störung gebunden; es ist nicht ersichtlich, dass bei einer Räumung der Feuerstelle durch Erteilung von Platzverweisen und Personenfeststellungen vor Ort Polizeikräfte in größerer Zahl hätten eingesetzt werden müssen oder der Einsatz sich aus anderen Gründen signifikant schwieriger gestaltet hätte. Die Sistierung war daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich.
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
39 
Beschluss vom 14. Dezember 2010
40 
Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Nach Auffassung des Senats ist für die Personenfeststellung, die Sistierung, das Anfertigen von Lichtbildern und die körperliche Durchsuchung jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen. Angesichts des Gewichts der Sistierung erscheint es nicht gerechtfertigt, diese bei der Streitwertfestsetzung unberücksichtigt zu lassen.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 - 1 K 754/06 - geändert.

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Feststellung, dass die von der Beklagten verfügte Auflösung eines am 21.01.2006 durchgeführten Skinheadkonzerts rechtswidrig war.
In den Abendstunden des 21.01.2006 fand in ... im Ortsteil ... in einem Kellerraum auf dem Fabrikgelände der ehemaligen Firma ... in der ...straße ... ein Skinheadkonzert mit den zur rechten Skinheadszene gehörenden Musikbands „Breakdown“, „Tobsucht“ und „Blue Max“ statt. Als Eintrittsgeld wurden 7 EUR verlangt. Das Konzert wurde nicht öffentlich angekündigt, sondern einem ausgewählten Kreis von Interessierten über Mobiltelefon und per E-Mail mitgeteilt. Des Weiteren bestand die Möglichkeit, über ein sog. „nationales Infotelefon“ von dem Konzert Kenntnis zu erlangen. Der ca. 80 qm große Veranstaltungsraum war von den Klägern zu 2 bis 4, die ihn schon seit längerer Zeit als Probenraum für die Skinheadband „Division Staufen“ gemietet hatten, für die Veranstaltung bereitgestellt worden.
Die Polizei erhielt trotz der konspirativen Vorbereitung Kenntnis von der Veranstaltung und ermittelte am 21.01.2006 den Ort und den mutmaßlichen, sich aus der Skinheadszene rekrutierenden Teilnehmerkreis. Sie hatte feuerpolizeiliche und baurechtliche Sicherheitsbedenken und erwartete im Hinblick auf die beteiligten Personen und die Skinheadbands die Begehung von Straftaten nach den §§ 86 und 86 a StGB (Verbreiten von Propagandamitteln und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) sowie die Begehung von Ordnungswidrigkeiten nach jugendschutz- und gaststättenrechtlichen Bestimmungen während und nach der Veranstaltung. Der verantwortliche Einsatzleiter der Polizeidirektion ... informierte daher den Leiter des Ordnungsamtes der Beklagten am 21.01.2006 gegen 18:50 Uhr über den Sachverhalt. Dieser verfügte daraufhin mündlich unter Hinweis auf Gefahr im Verzug die Auflösung der Veranstaltung als erforderliche Maßnahme zur Gefahrenabwehr und die Erteilung von Platzverweisen nach den §§ 1, 3 PolG.
Nach Einholung einer durch das Amtsgericht ... verfügten richterlichen Anordnung zum Betreten der Örtlichkeit gingen einige der vor Ort befindlichen ca. 100 Polizeikräfte um 21:57 Uhr in den Veranstaltungsraum, in dem sich - wie sich später herausstellte - 118 zum Teil minderjährige Personen befanden. Der am … 1983 geborene Kläger zu 1 gab sich gegenüber dem Einsatzleiter als für die Veranstaltung Verantwortlicher zu erkennen und teilte mit, dass sein Geburtstag gefeiert werde. Daraufhin wurden ihm und dem Kläger zu 4, der sich gegenüber der Polizei ebenfalls als Verantwortlicher bezeichnet hatte, die von der Polizei beabsichtigten Maßnahmen erläutert. In den Räumlichkeiten traf die Polizei auch einen überörtlich tätigen gewerblichen Händler an, der z. T. strafrechtlich relevante rechtsextremistische CDs und T-Shirts zum Kauf anbot und deswegen später wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a StGB), Volksverhetzung (§ 130 StGB) sowie wegen Ordnungswidrigkeiten nach dem Jugendschutzgesetz und der Gewerbeordnung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt wurde. In Verwahrung genommen wurden auch Tonträger der Skinheadband „Blue Max“, deren strafrechtliche Bewertung durch die Staatsanwaltschaft jedoch zu keinen weiteren Maßnahmen führte.
Im Anschluss an die Auflösung der Veranstaltung wurde auf Anordnung des Polizeivollzugsdienstes die Identität der angetroffenen Personen festgestellt; außerdem wurden körperliche Durchsuchungsmaßnahmen durchgeführt und mündliche Platzverweise für den Veranstaltungsort und den Stadtbezirk ... erteilt.
Über den Polizeieinsatz wurde sowohl in der örtlichen wie auch in der über-örtlichen Presse berichtet.
In der schriftlich abgefassten Auflösungsverfügung der Beklagten vom 31.01.2006, die dem Kläger zu 4 am 01.02.2006 zugestellt wurde, hieß es im verfügenden Teil, dass die Konzertveranstaltung gemäß §§ 1, 3, 49 und 50 PolG aufzulösen und der Veranstaltungsort gemäß §§ 18, 19, 26 und 27 LVwVG zu räumen sei. Gemäß §§ 1, 3 und 6 PolG seien gegen die Teilnehmer der Konzertveranstaltung Platzverweise auszusprechen gewesen. Zur Begründung bezog sich die Beklagte zunächst auf allgemeine polizeiliche Erkenntnisse, nach denen es bei den Zusam-menkünften rechtsextremer Gruppierungen im Landkreis ... zu Ordnungsstörungen gekommen sei. Ortsansässige Angehörige der rechtsextremen Szene hätten politisch motivierte Straf- und Gewalttaten begangen, unter anderem sei im Jahr 2000 ein Brandanschlag auf eine Moschee in ... verübt worden. Am 21.01.2006 sei gegen 18:00 Uhr an der Tank- und Rastanlage ... ein mit zwei Personen besetzter PKW aufgefallen, dessen Halter bereits rechtsextrem motivierte Straftaten begangen habe. Von diesen Personen sei ein weiterer PKW, der einem Mitglied der Skinheadband „Blue Max“ habe zugeordnet werden können, zum Veranstaltungsort in die ...straße gelotst worden. Dort habe bereits am 09.07.2005 eine sogenannte „private Geburtstagsfeier“ stattgefunden, bei der der Kläger zu 4 und ein weiteres Mitglied der Skinheadband „Division Staufen“ festgestellt worden seien. Auf der Rastanlage ... sei die zweite Person als N. H. identifiziert worden, dessen Wohnsitz mit dem des Klägers zu 4 identisch sei. In Verbindung mit Anrufen von Einwohnern beim Polizeirevier ... hätten die Umstände eindeutig auf die Durchführung eines Skinhead-Konzerts mit überregionalem Besuch schließen lassen. Die Veranstaltung sei von einer großen Zahl von Besuchern frequentiert worden, die nach ihrem Äußeren der Skinhead- bzw. rechten Szene hätten zugeordnet werden können. Bei den im Zusammenhang mit der Organisation der Veranstaltung bis zu diesem Zeitpunkt bekannt gewordenen Personen habe es sich um rechtsextreme politisch motivierte Straftäter gehandelt. Auch ein Teil der Besucher sei bereits einschlägig polizeilich bekannt gewesen. Aufgrund der bekannt gewordenen Personenbeziehungen sei zu vermuten gewesen, dass Angehörige der Band „Division Staufen“ für die Veranstaltung verantwortlich gewesen seien. Aufgrund aller Umstände habe darauf geschlossen werden können, dass es sich um eine für die rechte Szene typische, konspirativ organisierte Konzertveranstaltung gehandelt habe. Veranstaltungen dieser Art würden nach polizeilichen Erkenntnissen regelmäßig als „private Geburtstagsfeier“ deklariert, obwohl durch die Erhebung von Eintrittsgeld und den Verkauf von Getränken ein kommerzieller Charakter gegeben sei. Teilnehmer würden dabei durch Liedtexte eine gewalttätige und menschenverachtende Einstellung ausdrücken. Rassismus, Antisemitismus, übersteigertes Nationalbewusstsein und die Glorifizierung des Nationalsozialismus würden in solcher Weise propagiert, dass zwangsläufig Straftaten wie z. B. Volksverhetzung oder Aufruf zum Rassenhass vorlägen. Des Weiteren seien die Straftaten des Tragens oder Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole, Skandierens von nationalsozialistischen Parolen und sonstige Propagandadelikte zu erwarten. Damit verbunden sei ein übermäßiger Alkoholgenuss, der zu einer aufgeheizten Atmosphäre und einem hohen Aggressionspotenzial mit entsprechenden Folgen auch im Umfeld des Veranstaltungsortes bzw. bei der Abreise der Teilnehmer und damit Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung führen könne. Vorschriften des Jugendschutzes, der Gaststättenverordnung und vor allem der bau- und feuerpolizeilichen Bestimmungen fänden bei dieser Art konspirativ durchgeführter Musikveranstaltungen keinerlei Beachtung und stellten somit zumindest Gefahren, regelmäßig jedoch bereits eingetretene Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Die Mitglieder der Skinheadband „Blue Max“ seien als rechtsmotivierte Straftäter polizeilich erfasst und im Zusammenhang mit Konzerten einschlägig aufgefallen. Auch ein Mitglied der „Division Staufen“ sei rechtskräftig verurteilt worden, weil es die Verabredung zu dem genannten Brandanschlag auf die Moschee in ... mitgehört und nicht gemeldet habe. Der Kläger zu 4 selbst sei bis in die jüngste Vergangenheit wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Durch die Ortskenntnisse des Polizeireviers ... sei eindeutig belegt, dass der Veranstaltungsort in keiner Weise den Sicherheitsanforderungen an eine Musikveranstaltung mit dem erwarteten Besucheraufkommen entspreche. In der Gesamtbewertung habe die Prognose schlüssig und zwingend ergeben, dass durch die Veranstaltung Gefahren bzw. bereits Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in erheblichem, nicht tolerierbarem Ausmaß vorgelegen bzw. unmittelbar bevorgestanden hätten, deren Verhinderung bzw. Beseitigung im öffentlichen Interesse geboten gewesen sei. Mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätten Gefahren für Einzelne unter anderem durch die Verletzung bau- und feuerpolizeilicher Vorschriften angenommen werden können. Die Auflösung der Veranstaltung sei erforderlich gewesen, da andere polizeiliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nicht erreichbar gewesen seien. Die Auflösung sei auch geeignet und das mildeste Mittel gewesen. Als Zwangsmittel habe nur der unmittelbare Zwang zur Verfügung gestanden, da andere Zwangsmittel nicht geeignet gewesen seien. Die Ortspolizeibehörde habe nicht früher unterrichtet werden können und wegen der Dringlichkeit der Maßnahme sei auch nur eine mündliche Auflösungsverfügung möglich gewesen. Die Erteilung von Platzverweisen sei geboten gewesen, da sonst das Ziel des Einsatzes stark gefährdet oder sogar vereitelt worden wäre. Es sei zu vermuten, dass nach Abzug der Polizeikräfte ohne diese Maßnahme die Veranstaltung - mit allen prognostizierten Gefahren und Störungen - weitergeführt worden wäre. Wegen der Gefahrenprognose und der Personenerkenntnisse habe eine hohe Notwendigkeit für ein polizeiliches Einschreiten bestanden. Es sei zu vermuten gewesen, dass von den genannten Personen Straftaten begangen oder solche zumindest geduldet würden.
Am 03.02.2006 haben die Kläger Fortsetzungsfeststellungsklage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und zur Begründung vorgetragen: Das erforderliche Feststellungsinteresse folge zum einen aus einer bestehenden Wiederholungsgefahr, da sie beabsichtigten, solche Veranstaltungen auch in Zukunft durchzuführen. Zum anderen bestehe ein Rehabilitationsinteresse sowie ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der nachhaltigen Grundrechtsbetroffenheit. Die Auflösung der Versammlung sei schon deshalb rechtswidrig gewesen, weil die formellen Anforderungen nicht beachtet worden seien. Es sei von einer öffentlichen Versammlung i. S. des Versammlungsgesetzes auszugehen, so dass die Maßnahme nicht auf §§ 1, 3 PolG habe gestützt werden können. Das Konzert habe für jeden, der von ihm erfahren habe, offen gestanden; keiner einzigen Person sei der Zutritt verweigert worden. Das gemeinsame geistige Band habe in der Zuordnung zu einer bestimmten politischen Richtung bestanden. Durch den Besuch des Konzerts hätten die Teilnehmer einen bestimmten Standpunkt eingenommen und auch nach außen bekräftigt. Es habe sich nicht um eine kommerzielle Veranstaltung gehandelt. Der Eintrittspreis und der für die Getränke erhobene Betrag habe lediglich die Unkosten, wie etwa die Mietkosten für die Musikanlage bzw. den Einkaufspreis der Getränke und Speisen, abdecken sollen. Ein Gewinn sei nicht angefallen. Materiell sei die Auflösung rechtswidrig gewesen, weil keiner der in § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 VersammlG genannten Gründe vorgelegen habe. Auch die Voraussetzungen für ein Einschreiten auf der Grundlage des Polizeigesetzes hätten nicht vorgelegen.
Die Beklagte ist den Klagen entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die Fortsetzungsfeststellungsklagen seien unzulässig. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht, weil der Mietvertrag für den Kellerraum gekündigt worden sei. Ein Rehabilitationsinteresse sei zu verneinen, weil keine Diskriminierung der Kläger vorliege; diese seien nicht in ihrer Persönlichkeit oder Menschenwürde schwerwiegend beeinträchtigt worden. Die Klagen seien auch unbegründet. Die Auflösung der Veranstaltung sei zu Recht auf die §§ 1, 3 PolG gestützt worden, da es sich nicht um eine Versammlung gehandelt habe. Die vermeintliche „Geburtstagsfeier“ mit musikalischen Darbietungen und dem Verkauf von Tonträgern und anderen Artikeln habe unter zeitlichen, räumlichen und kommerziellen Aspekten nicht als Versammlung i. S. des Versammlungsrechts angesehen werden können. Die Feier sei eine auf Spaß und Unterhaltung ausgerichtete „große Party“ gewesen, die kommerziell veranstaltet worden sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Teilnehmer ähnliche politische Einstellungen gehabt hätten. Das Schwergewicht der Musikveranstaltung sei auf dem Gebiet der Unterhaltung zu sehen. Eine gezielte Einflussnahme einzelner Redner auf die Gesamtheit der Anwesenden durch allgemeine Ansprachen oder ähnliche Bekundungen sei nach dem geplanten und faktisch auch realisierten Ablauf der Veranstaltung auf sehr beengten Verhältnissen kaum möglich gewesen. Die Veranstaltung sei auch nicht öffentlich gewesen. Die Einladungen seien verdeckt über ein Info-Telefon erfolgt; die Veranstaltung sei konspirativ durchgeführt worden; alle Teilnehmer seien der rechtsextremistischen Szene zuzuordnen gewesen. Das Konzert sei nicht als politische Veranstaltung erkennbar gewesen; es seien auch keine Funktionäre oder Personen mit bestimmter Parteizugehörigkeit oder Vertreter politischer Interessenverbände anwesend gewesen und es habe keine gezielte Einflussnahme in politischer Hinsicht und auch keine Rekrutierungsversuche seitens politisch Interessierter gegeben. Es habe somit keine Versammlung, jedenfalls aber keine öffentliche Versammlung vorgelegen. Die Auflösung der Veranstaltung sei von Kriminaloberrat ... über das Mikrofon der Veranstaltungsbühne allen Veranstaltungsteilnehmern bekannt gegeben worden. Anschließend habe er auch die geplanten polizeilichen Maßnahmen angekündigt. Der Kläger zu 1 habe daraufhin über das Mikrofon die Veranstaltung für beendet erklärt; der Kläger zu 4 habe als Veranstalter über das Mikrofon nochmals die geplanten polizeilichen Maßnahmen wiederholt. Es habe eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit hinsichtlich Leib, Leben und Gesundheit aller Veranstaltungsteilnehmer und auch hinsichtlich der Verwirklichung von Straftatbeständen, z.B. nach § 86 a StGB, bestanden. Zum anderen sei die Rechtsordnung durch Ordnungswidrigkeiten und Straftaten verletzt gewesen. Die Mitglieder der Band „Blue Max“ seien als gewalttätige rechtsmotivierte Straftäter bekannt. Gleiches gelte für den Gitarristen der Band „Tobsucht“. Auf deren Homepage seien Bilder veröffentlicht, auf denen eine große Triskele (Sonnensymbol) erkennbar sei. Ein Mitglied der Band „Division Staufen“ sei rechtskräftig wegen der Nichtanzeige eines geplanten Verbrechens verurteilt. Der Kläger zu 4 sei als rechtsmotivierter Straftäter 14-mal polizeilich in Erscheinung getreten. Der Veranstaltungsraum sei für die angenommenen 150 Personen räumlich ungeeignet gewesen. Es sei bekannt gewesen, dass er in keiner Weise den Sicherheitsanforderungen an eine Veranstaltung dieses Ausmaßes gerecht werden könne. Der davorliegende Hofraum sei stark vereist gewesen, sodass ein rascher Zugang für mögliche Retter bzw. eine schnelle Evakuierung der im Raum befindlichen Personen nur in stark eingeschränktem Umfang möglich gewesen wäre. Außer einem beschränkten Zugang über eine Steintreppe habe es keine weiteren Fluchtmöglichkeiten gegeben. Die Deckenabhängung aus einer Art Vorhangstoff sei leicht entflammbar gewesen. Im Fall eines Feuers hätte dies für einen Großteil der im Raum befindlichen Personen tödliche Folgen gehabt. Somit sei gegen bau- und feuerpolizeiliche Bestimmungen verstoßen worden. Ende des Jahres 2000 habe es in ... im Anschluss an eine vergleichbare Veranstaltung einen Brandanschlag gegeben. Es sei auch damit zu rechnen gewesen, dass durch Liedtexte eine gewalttätige und menschenverachtende Einstellung ausgedrückt werde. Rassismus, Antisemitismus, übersteigertes Nationalbewusstsein und die Glorifizierung des Nationalsozialismus würden in solcher Weise propagiert, dass zwangsläufig Straftaten wie z. B. Volksverhetzung oder Aufruf zum Rassenhass begangen würden. Wegen der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen habe auch die Gefahr bestanden, dass Straftaten nach dem Jugendschutzgesetz begangen würden. Zudem habe es Verstöße gegen das Gaststättengesetz gegeben. Die Auflösung der Veranstaltung sei geeignet, erforderlich und angemessen gewesen und ermessensfehlerfrei erfolgt. Adressaten seien zunächst die Kläger zu 1 und zu 4 gewesen. Zunächst habe der Kläger zu 1 sich als Verantwortlicher ausgegeben, da sein Geburtstag gefeiert werde. Kurz darauf habe der Kläger zu 4 mitgeteilt, dass er den Raum angemietet habe. Der Kläger zu 4 sei als Organisator und Veranstalter Handlungsstörer; er habe aktiv den polizeipflichtigen Zustand herbeigeführt. Wegen der bestehenden Gefahr im Verzug habe die Auflösungsverfügung sogleich vollstreckt werden können.
10 
Mit Urteil vom 18.12.2008 - 1 K 754/06 - hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Auflösung der am 21.01.2006 in den Kellerräumlichkeiten in der ... ...straße ... in ... durchgeführten Veranstaltung rechtswidrig war. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Fortsetzungsfeststellungsklagen seien gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse sei unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation und der Wiederholungsgefahr zu bejahen. Die auf §§ 1, 3 PolG gestützte Auflösungsverfügung sei rechtswidrig gewesen, weil es sich bei der aufgelösten Veranstaltung um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes gehandelt habe, deren Auflösung allein auf dieses Gesetz gestützt werden könne. Die Voraussetzungen des einschlägigen § 13 Abs. 1 Satz 1 VersammlG hätten jedoch nicht vorgelegen. Um die Abwehr bau- und feuerpolizeilicher Gefahren sei es - wie sich aus der schriftlichen Begründung der Auflösungsverfügung und der Art des Vorgehens der Polizeikräfte ergebe - ersichtlich nicht - jedenfalls nicht ausschließlich - gegangen.
11 
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 19.02.2010 - 1 S 677/09 - zugelassenen Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor: Die Auflösung der am 21.01.2006 durchgeführten Veranstaltung sei rechtmäßig gewesen. Es habe sich bei dieser Veranstaltung nicht um eine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes gehandelt. Unter den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit fielen nur solche Veranstaltungen und Aktionen, die durch gemeinschaftliche Kommunikation geprägt seien und die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielten. Eine Musik- bzw. Tanzveranstaltung werde nicht allein dadurch zur geschützten Versammlung, dass bei ihrer Gelegenheit auch Meinungen bekundet würden. Die hier im Streit stehende Veranstaltung habe ihrem Gesamtgepräge nach einen ganz überwiegend unterhaltenden Schwerpunkt gehabt. Sie habe sich weitgehend auf den Konsum des Konzerts und das entsprechende Vergnügen unter Gleichgesinnten beschränkt. Selbst wenn man davon ausgehe, dass bei Skinheadkonzerten die Festigung und Verbreitung rechtsextremer Orientierungen bei Jugendlichen einen gewünschten Nebeneffekt darstelle, führe dies nicht dazu, dass eine solche Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach ihren Unterhaltungscharakter verliere. Unabhängig vom Versammlungscharakter der Veranstaltung habe die Auflösung aufgrund der konkret vorliegenden bau- und feuerpolizeilichen Gefahren auf die §§ 1, 3 PolG gestützt werden können. Die Polizeibehörde habe ihre Maßnahmen ausdrücklich auch mit bau- und feuerpolizeilichen Gefahren begründet. Da der fensterlose Veranstaltungsraum lediglich über einen schwer begehbaren Aus-/Eingang verfügt habe, sei die Beklagte am 21.01.2006 wegen ihrer Kenntnisse um die räumlichen Verhältnisse und die erhebliche Teilnehmerzahl zum Schutz von Leben und Gesundheit der Veranstaltungsteilnehmer sogar verpflichtet gewesen, die Veranstaltung aufzulösen. Die auf der Auflösung beruhende Beeinträchtigung der Versammlung stelle lediglich eine Nebenfolge dar, so dass die aus bau- und feuerpolizeilichen Gründen notwendig gewesenen Maßnahmen auf das allgemeine Polizeirecht gestützt werden dürften.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 - 1 K 754/06 - zu ändern und die Klagen abzuweisen.
14 
Die Kläger beantragen,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Ergänzend führen sie aus, die Auflösung der Versammlung habe auch nicht wegen angeblich vorliegender bau- oder feuerpolizeilicher Gefahren auf die §§ 1, 3 PolG gestützt werden können. Sofern mit solchen Maßnahmen mittelbar Einschränkungen des Versammlungsrechts verbunden seien, dürften diese allenfalls eine zwangsläufige Nebenfolge, nie jedoch (auch nur teilweise) ihr eigentlicher Zweck sein. Vorliegend sei jedoch eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt gewesen. Die bau- bzw. feuerpolizeilichen Gründe für die Auflösung der Versammlung seien lediglich vorgeschoben gewesen.
17 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wurde der als amtliche Auskunftsperson geladene Einsatzleiter, Herr POR ..., informatorisch angehört. Er gab an, dass er nach den ihm vorliegenden Erkenntnissen davon ausgegangen sei, dass das Konzert in einem Kellerraum stattfinden werde. Er habe den Leiter des Ordnungsamts der Beklagten entsprechend unterrichtet. Dieser erklärte, die örtlichen Verhältnisse auf dem Grundstück ...straße ... seien ihm bekannt gewesen.
18 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten, der Polizeidirektion ... und des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klagen abweisen müssen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Auflösung der am 21.01.2006 in einem Kellerraum in der ...straße ... in ... durchgeführten Veranstaltung rechtswidrig war. Ihre Klagen sind zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Die Klagen beziehen sich auf die am 21.01.2006 von der Beklagten um 18:50 Uhr verfügte und um 21:57 Uhr von Kriminaloberrat ... über das Mikrofon der Veranstaltungsbühne allen Veranstaltungsteilnehmern bekannt gegebene Auflösung der Veranstaltung, die sofort vollzogen wurde und damit schon vor Klageerhebung erledigt war.
21 
2. Die Kläger sind klagebefugt i. S. v. § 42 Abs. 2 VwGO. Sie waren Teilnehmer der aufgelösten Veranstaltung und damit Adressaten der in Form einer Allgemeinverfügung i. S. v. § 35 Satz 2 LVwVfG ergangenen Auflösungsverfügung. Dass die am 31.01.2006 abgefasste schriftliche Begründung der Verfügung allein an den Kläger zu 4 gerichtet war, ändert daran nichts.
22 
3. Ein Vorverfahren i. S. v. § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288).
23 
4. Die Kläger haben schließlich das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Die Kläger können ein Rehabilitationsinteresse geltend machen. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - NVwZ 1998, 761). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen zudem polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsaktes nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff in den Schutzbereich der von Art. 8 GG verbürgten besonders bedeutsamen Versammlungsfreiheit stellt einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dar. Ist angesichts des Vorbringens der Beteiligten - wie hier - ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG nicht von vornherein ausgeschlossen, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - BVerwGE 129, 42 Rn. 12 m.w.N.). Unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation ist das Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Weiteren im Hinblick auf die Presseberichterstattung über die Auflösung der Veranstaltung gegeben. Die Kläger zu 1 und 4 als (Mit-)Veranstalter haben darüber hinaus ein Interesse daran, durch eine gerichtliche Entscheidung die Gefahr der Wiederholung einer vergleichbaren Situation zu verhindern. Zwar wird eine weitere Veranstaltung in dem fraglichen Kellerraum nicht mehr stattfinden können, da das Mietverhältnis seitens des Eigentümers beendet worden ist. Wie die Kläger bekundet haben, haben sie jedoch die Absicht, vergleichbare Veranstaltungen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten auch zukünftig abzuhalten, so dass sie wiederum mit einer Auflösung rechnen müssten (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.).
II.
24 
Die Klagen sind nicht begründet. Die auf die §§ 1, 3 PolG gestützte Auflösungsverfügung war rechtmäßig und verletzte die Kläger daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar fällt das aufgelöste Skinheadkonzert unter den Schutz der Versammlungsfreiheit (1.). Es handelte sich um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes (2.), die zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes hätte verboten oder aufgelöst werden dürfen (3.). Ob die Voraussetzungen für ein Verbot oder für eine Auflösung auf versammlungsrechtlicher Grundlage (vgl. §§ 5, 13 VersammlG) hier vorgelegen haben, kann letztlich offen bleiben, weil die Auflösung der Versammlung auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war (4.).
25 
1. Das aufgelöste Skinheadkonzert ist als Versammlung im Sinne von Art. 8 GG zu behandeln.
26 
a) Art. 8 Abs. 1 GG verleiht allen Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit will das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Menschen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsbildung und Meinungsäußerung (kollektive Aussage) schützen (BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Eine Versammlung wird dadurch charakterisiert, dass eine Personenmehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden ist. Das Grundrecht schützt die Freiheit der Versammlung als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung. Der besondere Schutz der Versammlungsfreiheit beruht auf ihrer Bedeutung für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung in der freiheitlich-demokratischen Ordnung des Grundgesetzes. Für die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 GG reicht es wegen seines Bezugs auf den Prozess öffentlicher Meinungsbildung nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrer kommunikativen Entfaltung durch einen beliebigen Zweck verbunden sind. Vorausgesetzt ist vielmehr zusätzlich, dass die Zusammenkunft auf die Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet ist. Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG sind demnach örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftlicher, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - BVerfGE 104, 92 <104>; BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - NJW 2001, 2459 <2460>; Senatsurteil vom 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60). Entscheidend ist, dass die Meinungsbildung und -äußerung mit dem Ziel erfolgt, auf die Öffentlichkeit entsprechend einzuwirken (vgl. Enders, JURA 2003, 34 <38>). Der Schutz der Versammlungsfreiheit umfasst auch die Entscheidung, welche Maßnahmen der Veranstalter zur Erregung der öffentlichen Aufmerksamkeit für sein Anliegen einsetzen will (vgl. BVerfG , Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 - BVerfGK 2, 1 <6>). Die vom Versammlungsrecht geschützten Veranstaltungen sind nicht auf Zusammenkünfte traditioneller Art beschränkt, sondern umfassen vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Volksfeste und Vergnügungsveranstaltungen fallen allerdings unter den Versammlungsbegriff ebenso wenig wie Veranstaltungen, die der bloßen Zurschaustellung eines Lebensgefühls dienen oder die als eine auf Unterhaltung ausgerichtete öffentliche Massenparty gedacht sind, einerlei, ob der dort vorherrschende Musiktyp ein Lebensgefühl von sogenannten Subkulturen ausdrückt oder dem Massengeschmack entspricht (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O.). Andererseits erstreckt sich der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit auch auf solche Veranstaltungen, die ihre kommunikativen Zwecke unter Einsatz von Musik und Tanz verwirklichen. Dies ist zu bejahen, wenn diese Mittel zur kommunikativen Entfaltung mit dem Ziel eingesetzt werden, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken.
27 
Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob diese "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Bleiben insoweit Zweifel, so bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung behandelt wird (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2461; BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 16).
28 
Die Beurteilung, ob eine "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung darstellt, ist im Wege einer Gesamtschau aller relevanten tatsächlichen Umstände vorzunehmen. Das besondere Gewicht, das die Verfassung der Versammlungsfreiheit beimisst, gebietet, dass alle wesentlichen Umstände in die Beurteilung einbezogen und ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt werden. Die Gesamtschau hat in mehreren Schritten zu erfolgen. Zunächst sind alle diejenigen Modalitäten der geplanten Veranstaltung zu erfassen, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielen. Zu vernachlässigen sind solche Anliegen und die ihrer Umsetzung dienenden Elemente, bei denen erkennbar ist, dass mit ihnen nicht ernsthaft die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung bezweckt wird, die mithin nur vorgeschoben sind, um den Schutz der Versammlungsfreiheit beanspruchen zu können. Bei der Ausklammerung von an sich auf die Meinungsbildung gerichteten Elementen unter Hinweis auf die mangelnde Ernsthaftigkeit des Anliegens ist mit Blick auf die besondere Bedeutung der Versammlungsfreiheit Zurückhaltung zu üben und ein strenger Maßstab anzulegen. In die Betrachtung einzubeziehen sind nur Elemente der geplanten Veranstaltung, die sich aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters als auf die Teilhabe an der Meinungsbildung gerichtet darstellen. Abzustellen ist in erster Linie auf einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt der Veranstaltung an ihrem Ort befindet. Im Anschluss an die Erfassung der zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sind diese ihrer Bedeutung entsprechend zu würdigen und in ihrer Gesamtheit zu gewichten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 17).
29 
Daran schließt sich der zweite Schritt der Gesamtschau an, bei dem die nicht auf die Meinungsbildung zielenden Modalitäten der Veranstaltung, wie etwa Tanz, Musik und Unterhaltung, zu würdigen und insgesamt zu gewichten sind. Schließlich sind - in einem dritten Schritt - die auf den ersten beiden Stufen festgestellten Gewichte der die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung betreffenden Elemente einerseits und der von diesen zu unterscheidenden Elemente andererseits zueinander in Beziehung zu setzen und aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters zu vergleichen. Überwiegt das Gewicht der zuerst genannten Elemente, ist die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung. Im umgekehrten Fall genießt die Veranstaltung nicht den Schutz des Versammlungsrechts. Ist ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs nicht zweifelsfrei festzustellen, ist die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 18).
30 
b) Bei Zugrundelegung dieses auch vom erkennenden Senat (vgl. Urt. v. 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O. und v. 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - a.a.O.) vertretenen sog. engen Versammlungsbegriffs können auch kulturelle Veranstaltungen wie Musikveranstaltungen, Theaterstücke oder Dichterlesungen als „gemischte“ Veranstaltungen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehen. Wenn die Teilnehmer derartiger Veranstaltungen durch ihre Anwesenheit Anteilnahme ausdrücken wollen - etwa für die Menschenrechte, um die es einem Autor geht, oder bei „Rock gegen rechts“, um gegen Rechtsextremismus anzutreten -, handelt es sich um eine Meinungskundgabe zwecks Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, Kommentar, 15. Aufl., § 1 Rn. 13).
31 
c) Skinheadkonzerte wie das hier aufgelöste sind dadurch geprägt, dass mit der Musik zugleich eine politische Botschaft vermittelt wird. Einerseits thematisieren die Texte rechtsextremistischer Skinheadbands das Selbstverständnis und Lebensgefühl der rechtsextremistischen Skinheadszene. Andererseits ist diese Musik das wichtigste Propagandamedium, über das rechtsextremistische Inhalte in die Skinheadszene transportiert werden. So richten sich nicht wenige dieser Lieder gegen szenetypische Feindbilder wie Ausländer, Juden, Israel, die USA, Homosexuelle, „Linke“, Punker, gegen die Presse sowie staatliche Institutionen und Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland. Der szeneeigenen Musik und insbesondere den Konzerten kommt ein hoher identitätsstiftender Stellenwert zu. Die Konzerte dienen auch der Rekrutierung neuer Anhänger und deren ideologischer Festigung. Sie tragen zur Förderung einer rechtsextremistischen Orientierung vor allem bei jugendlichen und heranwachsenden Konzertbesuchern bei. Zu diesem Zweck erfolgt auch der Verkauf einschlägiger CDs und sonstigen Propagandamaterials. Über den Konsum der Musik finden umso mehr Jugendliche zum Rechtsextremismus, je präsenter die Szene durch ein vielfältigeres CD- und ein flächendeckenderes Konzertangebot wird (Verfassungsschutzbericht BW 2006, S. 136). Durch die entsprechende Musik werden die Konzertbesucher politisch indoktriniert; die Musik ist sozusagen das „Parteiprogramm“ der nicht parteipolitisch gebundenen rechtsextremistischen Skinheadszene. Konzertveranstaltungen kommt die Funktion von „Kontaktbörsen“ für rechtsextremistische Gesinnungen zu. Rechtsextremistische Skinheadbands fungieren als die politischen Propagandisten innerhalb der Skinheadszene (vgl. Thalmair, BayVBl 2002, 517 <518>). Anders als etwa bei einem normalen Popkonzert werden bei einem Skinheadkonzert die übrigen Besucher nicht nur in Kauf genommen, sondern als Gleichgesinnte empfunden, mit denen man sich zusammenfinden will, um sich beim gemeinsamen Musikgenuss in der eigenen Überzeugung zu bestärken und die gleiche Gesinnung zur Schau zu stellen (vgl. Thalmair, a.a.O. S. 519; siehe zum Ganzen auch Soiné, JuS 2004, 382 und Verfassungsschutzbericht BW 2008, S. 140 f.).
32 
d) Die hier streitgegenständliche Veranstaltung erfüllte alle skizzierten typischen Merkmale eines Skinheadkonzerts. Sie wurde auch im Verfassungsschutzbericht BW 2006 in der Rubrik „Gewaltbereiter Rechtsextremismus“ unter der Überschrift „Die rechtsextremistische Skinhead(musik)szene: Ein Boom schwächt sich ab?“ ausdrücklich aufgeführt (S. 134 f.). Auf der einen Seite diente die Veranstaltung als Musikkonzert zweifellos der Unterhaltung. Auf der anderen Seite wurden den Konzertbesuchern durch die Liedtexte rechtsextremistische Inhalte vermittelt. Dass die politischen Botschaften in erster Linie durch die Liedtexte transportiert werden, steht auch bei Zugrundelegung des engen Versammlungsbegriffs dem Versammlungscharakter eines solchen Konzerts nicht entgegen. Die innere Bindung der Besucher auf ideologischer Ebene, der Zweck, die eigene weltanschauliche und politische Identität zu stärken und insbesondere die auf (noch) nicht der Skinhead-szene angehörende Konzertbesucher zielende Rekrutierungsfunktion heben ein solches Skinheadkonzert deutlich von anderen Konzerten ab, bei denen der Musikgenuss im Vordergrund steht. Der Kläger zu 2 hat auf Fragen zur politischen Botschaft der Veranstaltung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekundet, es sei darum gegangen, Leute anzuwerben und für ihre politischen Vorstellungen zu begeistern. Sie seien gegen Überfremdung und für den Erhalt der deutschen Nation. Die multikulturelle Gesellschaft lehnten sie ab. Für einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt des Konzerts zufällig vor Ort befunden hätte, wäre nicht zweifelsfrei festzustellen gewesen, ob die Veranstaltung in erster Linie dem Musikgenuss dient oder ob die mit den Liedtexten vermittelten politischen Botschaften und damit die auf Teilhabe an der Meinungsbildung gerichteten Elemente überwiegen.
33 
Lässt sich nach alledem ein Übergewicht des unterhaltenden Charakters der Veranstaltung nicht feststellen, so ist das Konzert jedenfalls nach der Zweifelsregel wie eine Versammlung zu behandeln.
34 
Die selbst gewählte Einordnung als private Feier steht der Einordnung als Versammlung nicht entgegen, weil der Versammlungscharakter aus der Sicht eines außenstehenden durchschnittlichen Betrachters zu beurteilen ist. Rechtlich irrelevant ist auch die rechtsextremistische Ausrichtung der Veranstaltung, da Art. 8 GG nicht nach dem Inhalt der bei einer Versammlung geäußerten Meinung unterscheidet und auch das Infragestellen von Verfassungswerten - soweit dies nicht in kämpferischer Weise geschieht und keine einschlägigen Straftatbestände verwirklicht werden - erlaubt ist.
35 
e) Der Versammlungscharakter ist schließlich nicht aufgrund der Schutzbereichseinschränkung des Art. 8 Abs. 1 GG, nach welcher für die Ausübung der Versammlungsfreiheit die Gebote der Friedlichkeit und der Waffenlosigkeit gelten, zu verneinen. Die Verfassung bewertet die Unfriedlichkeit in gleicher Weise wie das Mitführen von Waffen. Unfriedlich ist eine Versammlung erst, wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten stattfinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - a.a.O. S. 106). Das Friedlichkeitsgebot ist somit auf das Verbot gewalttätigen Verhaltens zu reduzieren (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 1 Rn. 140 m.w.N.).
36 
Daran gemessen war hier die Friedlichkeit der Versammlung nicht in Frage gestellt. Das durch die Mischung von aggressiver Musik und Alkoholkonsum möglicherweise entstandene Gewaltpotenzial konnte auf der Veranstaltung nicht zum Ausbruch kommen, da man „unter sich“ war und das Gegenüber, der politische Gegner bzw. die möglichen Opfer wie Homosexuelle oder Ausländer, fehlten.
37 
2. Bei dem Skinheadkonzert handelte es sich auch um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes.
38 
a) Nach § 1 Abs. 1 VersammlG hat jedermann u.a. das Recht, öffentliche Versammlungen zu veranstalten. Der Versammlungsbegriff des Versammlungsgesetzes entspricht demjenigen des Grundgesetzes (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15). Die Gleichsetzung beider Versammlungsbegriffe erweist sich als verfassungsgemäß (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2460). Hinzutreten muss nach dem Versammlungsgesetz lediglich das Merkmal der Öffentlichkeit der Versammlung.
39 
b) Die Öffentlichkeit bestimmt sich danach, ob die Versammlung einen abgeschlossenen oder einen individuell nicht abgegrenzten Personenkreis umfasst (BVerwG, Urt. v. 23.03.1999 - 1 C 12.97 - NVwZ 1999, 992; Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ThürOVG, Beschl. v. 29.08.1997 - 2 EO 1038/97 u.a. - NVwZ-RR 1998, 497). Wesentliche Voraussetzung hierfür ist also, dass jeder, der von einer solchen Zusammenkunft Kenntnis erhält, die Möglichkeit hat, an ihr teilzunehmen. Dies war vorliegend der Fall. Der Teilnehmerkreis der Veranstaltung war von vornherein weder nach bestimmten Kriterien festgelegt noch begrenzt worden. Zwar wurde die Veranstaltung, bei der einschlägig bekannte Skinheadbands auftreten sollten, konspirativ vorbereitet. Zeit und Ort wurden nicht öffentlich bekanntgegeben, sondern ausschließlich per E-Mail und SMS einem Kreis bekannter Gleichgesinnter mitgeteilt. Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, über ein sog. „nationales Infotelefon“ Kenntnis von dem Konzert zu erlangen. Diese Einladungspraxis dürfte in erster Linie deshalb gewählt worden sein, um die Veranstaltung vor den Ordnungsbehörden und vor möglichen Störern etwa aus der linksautonomen Szene geheim zu halten. Hingegen ist nicht ersichtlich, dass der Teilnehmerkreis abschließend beschränkt werden sollte. Bei der gewählten Vorgehensweise hatten die Veranstalter es auch nicht mehr in der Hand, zu bestimmen, wer von der Veranstaltung erfuhr und an ihr teilnahm; im Hinblick auf die oben beschriebene Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung lag dies auch gar nicht in ihrer Absicht. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Teilnehmer einzeln eingeladen worden wären und dass nur bestimmte Personen Zugang zu der Veranstaltung erhalten sollten. Das Merkmal der Öffentlichkeit entfällt auch nicht deshalb, weil Eintrittsgelder erhoben worden sind (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, a.a.O.). Soweit die Beklagte die Öffentlichkeit der Versammlung bestreitet, verhält sie sich widersprüchlich, da sie mit der Begehung von Straftaten rechnete, die zumindest teilweise einen gewissen Öffentlichkeitsbezug voraussetzen (vgl. z. B. § 86 a StGB). Ihre Behauptung, es habe strenge Einlasskontrollen gegeben und Personen, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht eindeutig der Skinheadszene hätten zugerechnet werden können, wäre der Zutritt verwehrt worden, vermochte die Beklagte nicht auf tatsächliche Feststellungen zu stützen. Dieses Vorbringen erweist sich somit als rein spekulativ und erscheint mit Blick auf die Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung auch fernliegend.
40 
3. Handelte es sich bei dem Skinheadkonzert um eine öffentliche Versammlung, so kam zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur das Instrumentarium des Versammlungsgesetzes in Betracht, das mit seinen spezialgesetzlichen Ermächtigungen Vorrang vor dem Polizeirecht hat.
41 
Die für den Vollzug des Versammlungsgesetzes zuständigen Behörden können Versammlungen in geschlossenen Räumen vor ihrem Beginn nach Maßgabe des § 5 VersammlG verbieten oder nach ihrem Beginn nach Maßgabe des § 13 VersammlG auflösen. Des Weiteren kann - außerhalb der in § 13 Abs. 1 VersammlG angeführten Auflösungsgründe - die Auflösung einer zulässigerweise verbotenen Versammlung in Betracht kommen.
42 
a) Für ein Verbot öffentlicher Versammlungen in geschlossenen Räumen sowie das Verbot ersetzende Minusmaßnahmen (beschränkende Verfügungen) ist § 5 VersammlG die spezielle und abschließende Regelung. Nur für nicht versammlungsspezifische Gefahren kann auf die Ermächtigungen des besonderen Polizei- und Ordnungsrechts bzw. auf allgemeines Polizeirecht zurückgegriffen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 7 f.).
43 
Eine Versammlung in geschlossenen Räumen kann vor ihrem Beginn nach dem hier in Betracht kommenden § 5 Nr. 4 VersammlG verboten werden, wenn Tatsachen festgestellt sind, aus denen sich ergibt, dass der Veranstalter oder sein Anhang Ansichten vertreten oder Äußerungen dulden werden, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben.
44 
aa) Diese Vorschrift ist im Lichte von Art. 8 GG auszulegen. Das Grundrecht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, unterliegt, soweit die Versammlung nicht unter freiem Himmel stattfindet, keinem Gesetzesvorbehalt. Soweit das Versammlungsgesetz in § 5 die Möglichkeit eröffnet, Versammlungen in geschlossenen Räumen zu verbieten, liegt hierin gleichwohl keine gegen Art. 8 Abs. 2 GG verstoßende Grundrechtsbeschränkung; das Versammlungsgesetz erfüllt insoweit vielmehr verfassungskonkretisierende Funktion (vgl. Schwäble, Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit, S. 191 und 162 ff.), das heißt, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit greift unter anderem nicht ein, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Nr. 4 VersammlG vorliegen, weil das Begehen von Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgender Vergehen einer Versammlung den Charakter der "Friedlichkeit" nehmen würde und diese damit aus dem Geltungsbereich der Grundrechtsgewährleistung ausscheidet (vgl. Höfling in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 26 f.). Dabei darf jedoch der Begriff der Friedlichkeit nicht zu eng verstanden werden, weil ansonsten der für Versammlungen unter freiem Himmel geltende Gesetzesvorbehalt weitgehend funktionslos würde (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.11.1986 - 1 BvR 713/83 u.a. - BVerfGE 73, 206 <248 f.>).
45 
bb) Diese Grundsätze erfordern, den Verbotstatbestand des § 5 Nr. 4 VersammlG dahin auszulegen, dass zum einen die darin erfassten Meinungsäußerungsdelikte von beträchtlichem Gewicht sein sowie zur Unfriedlichkeit führen müssen und zum anderen die das Verbot tragenden Tatsachen mit einer vernünftige Zweifel ausschließenden Sicherheit festgestellt sein müssen, damit die zusätzlich erforderliche Prognose des Verhaltens des Veranstalters oder seines Anhangs eine tragfähige Grundlage hat (vgl. Senatsbeschluss vom 25.04.1998 - 1 S 1143/98 - VBlBW 1998, 426). Nur wenn erkennbare Umstände darauf schließen lassen, dass das Vertreten strafbarer Ansichten bzw. das Dulden strafbarer Äußerungen das maßgebende Anliegen der Versammlung ist, kommt ein Totalverbot in Frage. Lässt eine gesicherte Gefahrenprognose diesen Schluss nicht zu, sind nur weniger einschneidende Beschränkungen zulässig (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 33). Weil bloße Beschränkungen gegenüber dem Verbot geringere Eingriffe sind, darf in Anwendung des Grundsatzes der Erforderlichkeit ein Schluss von der Verbotsermächtigung auf die Ermächtigung zum Erlass verbotsvermeidender aber gleichwohl zwecktauglicher Maßnahmen gezogen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 43 m.w.N.). Finden sich im Repertoire einer Band nur einzelne Musikstücke, deren Aufführung einen Straftatbestand verwirklicht, so ist zu prüfen, ob das Verbot des Spielens dieser Musikstücke als milderes Mittel gegenüber einem Totalverbot in Betracht kommt. Besteht das Repertoire einer Band durchweg aus strafrechtlich relevanten Musikstücken und/oder kommt es bei Auftritten einer Band regelmäßig zu Straftaten, so kann ein Versammlungsverbot ausgesprochen werden, wenn der Auftritt dieser Band der einzige Versammlungszweck ist. Sollen jedoch daneben noch weitere - unbedenkliche - Bands auftreten, ist es angezeigt, vorrangig die Verhängung eines Auftrittsverbots für die betreffende Band zu prüfen.
46 
b) Bei versammlungsspezifischen Gefahren, die im Zusammenhang mit nicht verbotenen Versammlungen in geschlossenen Räumen entstehen, sind die Voraussetzungen für das polizeiliche Einschreiten nach Beginn der Versammlung und dessen Umfang in § 13 VersammlG speziell und abschließend geregelt (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 3). Im Lichte der verfassungsrechtlich garantierten, durch einen Gesetzesvorbehalt nicht eingeschränkten Versammlungsfreiheit in geschlossenen Räumen stellen sich die gesetzlichen Eingriffsermächtigungen des § 13 VersammlG als Konkretisierung der verfassungsimmanenten Schranken der grundrechtlichen Gewährleistung dar. Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben.
47 
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 VersammlG kann die Polizei eine öffentliche Versammlung in geschlossenen Räumen nur dann und unter Angabe des Grundes auflösen, wenn einer der in Nr. 1 bis 4 genannten Gründe vorliegt.
48 
Auch die mündliche Auflösungsverfügung bedarf - abweichend von § 39 LVwVfG - einer Begründung. Es ist hinreichend, aber auch erforderlich, dass der maßgebende Auflösungsgrund des gesetzlichen Tatbestandes der Nr. 1, 2, 3 oder 4 verständlich bezeichnet wird (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 6).
49 
Die Auflösung einer Versammlung in geschlossenen Räumen nach ihrem Beginn kommt u.a. in Betracht, wenn durch den Verlauf der Versammlung gegen Strafgesetze verstoßen wird, die ein Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben, oder wenn in der Versammlung zu solchen Straftaten aufgefordert oder angereizt wird und der Leiter dies nicht unverzüglich unterbindet (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VersammlG).
50 
c) Die Auflösungsgründe des § 13 Abs. 1 VersammlG berücksichtigen nicht den Fall, dass eine Versammlung trotz eines rechtmäßigen Versammlungsverbots gleichwohl durchgeführt wird. Der Gesetzgeber hat die Pflicht zur Auflösung einer verbotenen Versammlung nur für Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge ausdrücklich vorgesehen (vgl. § 15 Abs. 4 VersammlG). Es spricht viel dafür, insoweit für Versammlungen in geschlossenen Räumen von einer planwidrigen Gesetzeslücke auszugehen. So ist es etwa möglich, dass eine Versammlung gemäß § 5 Nr. 4 VersammlG verboten wurde, weil Tatsachen festgestellt waren, die die Prognose rechtfertigten, dass der Veranstalter Ansichten vertreten werde, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben. Wenn diese Versammlung nun trotz des Verbots durchgeführt wird, kann es nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, dass die Polizei so lange warten muss, bis die prognostizierten Straftaten tatsächlich begangen werden, um die Versammlung erst dann gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 VersammlG auflösen zu können (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 31; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., § 13 VersammlG Rn. 2).
51 
d) Ob hier die getroffene, auf die polizeiliche Generalklausel gestützte Verfügung auch als versammlungsrechtliche Entscheidung - die fehlende Wesensänderung durch den Austausch der Rechtsgrundlagen unterstellt - Bestand haben könnte, erscheint fraglich.
52 
aa) Zwar stünde deren Rechtmäßigkeit nicht bereits die Zuständigkeitsordnung entgegen, denn die Beklagte ist als Große Kreisstadt nicht nur Ortspolizeibehörde, sondern auch Versammlungsbehörde (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 VersGZuVO, § 62 Abs. 3 PolG, §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1 LVG).
53 
bb) Bedenken bestehen indes in materieller Hinsicht.
54 
(1) Ungeachtet der Bezeichnung als „Auflösungsverfügung“ könnte die Umdeutung in ein Verbot nach § 5 Nr. 4 VersammlG in Betracht gezogen werden, weil die Verfügung ausweislich der schriftlichen Begründung in erster Linie darauf zielte, Straftaten im Sinne der §§ 86, 86 a, 90 a und 130 StGB zu verhindern, deren Begehung im Rahmen der Veranstaltung aufgrund von Erfahrungen bei früheren Veranstaltungen befürchtet wurde. Insoweit fehlte es indes an hinreichenden Feststellungen zum jeweiligen Veranstalter, weshalb auch unklar ist, inwieweit die jetzigen Veranstalter für Vorkommnisse bei vorangegangenen Veranstaltungen verantwortlich waren. Ebenso fehlte es an Feststellungen dazu, ob und in welchem Umfang die Liedtexte der auftretenden Bands die in Frage kommenden Straftatbestände wie Volksverhetzung (§ 130 StGB) oder Aufstacheln zum Angriffskrieg (§ 80 a StGB) verwirklichen. Die materiellen Voraussetzungen für ein Totalverbot dürften daher kaum vorgelegen haben.
55 
Gegen die Umdeutung in ein Versammlungsverbot könnte zudem sprechen, dass die Verfügung erst nach Beginn der Versammlung bekannt gegeben wurde. Zu diesem Zeitpunkt ist die Verfügung auch erst rechtlich existent geworden. Vor der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ist ein Verwaltungsakt noch nicht erlassen, d.h. liegt grundsätzlich überhaupt noch kein Verwaltungsakt vor. Auch die Bindung der Behörde an den Verwaltungsakt tritt erst mit der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ein (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 41 Rn. 17 m.w.N.). Dem Ordnungsamtsleiter der Beklagten dürfte um 18:50 Uhr auch bewusst gewesen sein, dass aufgrund der noch zu treffenden Vorbereitungen (Zusammenziehen der erforderlichen Polizeikräfte; Einholung einer richterlichen Anordnung zum Betreten der Räumlichkeit etc.) eine Bekanntgabe der Allgemeinverfügung und damit ein Wirksamwerden (vgl. § 43 Abs. 1 LVwVfG) erst nach Beginn des Konzerts erfolgen würde.
56 
Der Senat verkennt nicht, dass es für die Versammlungsbehörde, die den Erlass versammlungsrechtlicher Präventivmaßnahmen auf der Grundlage von § 5 VersammlG erwägt, bei Versammlungen der vorliegenden Art, die konspirativ vorbereitet werden und zu denen verdeckt eingeladen wird, schwierig sein kann, den Veranstalter rechtzeitig zu ermitteln und diesem ggf. eine Verfügung vor dem Beginn der Versammlung bekannt zu geben. Scheitert die Bekanntgabe vor Beginn der Versammlung, so kommt aufgrund der Systematik des Versammlungsgesetzes nur noch eine Auflösung der Versammlung unter den Voraussetzungen des § 13 VersammlG in Betracht. Die fehlende Bekanntgabe wäre nur dann unschädlich, wenn der Veranstalter anderweitig sichere Kenntnis von der Verfügung erlangt hätte oder wenn er unter Verstoß gegen spezielle gesetzliche Verpflichtungen die Bekanntgabe treuwidrig vereitelt hätte (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 21 f. m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 - 8 C 91.85 - NVwZ 1987, 793 - zur treuwidrigen Vereitelung der Zustellung eines Einberufungsbescheides). Im Anwendungsbereich des Versammlungsgesetzes dürfte nach derzeitiger Rechtslage, wenn die Einladung verdeckt erfolgt, die treuwidrige Vereitelung der Bekanntgabe einer Verbotsverfügung kaum angenommen werden können, weil der Veranstalter einer Versammlung in geschlossenen Räumen im Vorfeld der Versammlung gesetzlich nicht zur Angabe seines Namens verpflichtet ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 1 VersammlG, der keine andere Auslegung zulässt, besteht eine solche Verpflichtung nur im Falle einer öffentlichen Einladung (so auch Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 2 Rn. 6). Eine Gesetzesänderung, die den Veranstalter auch bei nicht öffentlicher Einladung in die Pflicht nimmt, erschiene geeignet, insoweit Abhilfe zu schaffen. Eine solche Gesetzesänderung wird auch in § 9 Abs. 1 des vom Bundesinnenminister als Beratungsgrundlage für die Länder konzipierten Entwurfs eines Versammlungsgesetzes (abgedr. bei Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., S. 7 ff.) bereits vorgeschlagen.
57 
(2) Die Umdeutung in eine versammlungsrechtliche Auflösungsverfügung nach § 13 VersammlG scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht - wie gesetzlich in § 12 VersammlG vorgesehen - Polizeibeamte in die Versammlung entsandt hatte, die - ggf. auch mittels Bild- und Tonaufnahmen, vgl. § 12 a VersammlG - die erforderlichen Feststellungen zu einem unfriedlichen Verlauf der Versammlung hätten treffen können.
58 
4. Ob danach die Voraussetzungen für ein Verbot oder eine Auflösung des Konzerts auf versammlungsrechtlicher Grundlage vorgelegen haben, kann der Senat letztlich offen lassen, weil die Auflösung der Versammlung jedenfalls auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war.
59 
a) Der Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht ist vorliegend zulässig.
60 
Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben (vgl. Meßmann, JuS 2007, 524 <526>; Kunig in v. Münch/Kunig, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 30). Entscheidend kommt es insoweit darauf an, ob die in Bezug auf die nicht versammlungsspezifischen Gefahren getroffene Gefahrprognose geeignet ist, die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Verwaltungsakt, selbstständig zu tragen. Ist dies der Fall, so sind die mit der polizeilichen Maßnahme verbundenen (mittelbaren) Einschränkungen des Versammlungsrechts als zwangsläufige Nebenfolge in Kauf zu nehmen. Darauf, ob auch eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt war (darauf abstellend noch Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ebenso Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 4), kommt es dann nicht mehr an. Freilich ist zu beachten, dass wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit das bloße Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Auflösung einer Versammlung nicht zu rechtfertigen vermag. Im Hinblick auf den (zwangsläufigen) Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit sind an die Anwendung der polizeilichen Generalklausel strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Schulze-Fielitz in Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 8 Rn. 72; Gusy in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 8 Rn. 58; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., Art. 8 GG Rn. 25; Deger in Wolf/Stephan/Deger, PolG für BW, 6. Aufl., § 4 Rn. 35). Erforderlich ist eine konkrete Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
61 
b) Hier hat die Beklagte als sachlich (vgl. § 66 Abs. 2 i.V.m. §§ 61 Abs. 1 Nr. 4, 62 Abs. 4 PolG) und örtlich (vgl. § 68 Abs. 1 PolG) zuständige Ortspolizeibehörde ihre Auflösungsverfügung zulässigerweise selbstständig tragend auf konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer gestützt.
62 
aa) Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., S. 190 ff.). Auf der einen Seite ist daher bei der Anwendung der polizeilichen Generalklausel der hohe Rang der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite ist in Rechnung zu stellen, dass es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, nämlich Leben und Gesundheit von Menschen, geht, so dass auch die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nicht überspannt werden dürfen (vgl. Senatsurteil vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - VBlBW 2010, 29 m.w.N.).
63 
bb) Die polizeiliche Gefahr ist eine auf Tatsachen gegründete prognostische Einschätzung über einen künftigen Geschehensverlauf, wobei die Tatsachen pflichtgemäß aufzuklären sind. Die Gefahr muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die zu ergreifende polizeiliche Maßnahme vorliegen; es ist also beim polizeilichen Eingriff die gegenwärtige und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Polizei im Anschluss an ihre Maßnahme gewinnt: War der Schadenseintritt im Zeitpunkt der Entscheidung über das Eingreifen objektiv wahrscheinlich, bleibt das polizeiliche Handeln auch dann rechtmäßig, wenn der weitere Verlauf der Dinge die Prognose als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine polizeiliche konkrete Gefahr nicht durch später bekannt werdende Tatsachen - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - im Anschluss an das polizeiliche Handeln begründet werden.
64 
cc) Für die gerichtliche Beurteilung der hier beanstandeten Maßnahme kommt es folglich auf die von der Beklagten als Ortspolizeibehörde ex ante um 18:50 Uhr getroffene Prognose an, nicht hingegen auf die des für den Polizeieinsatz maßgeblichen Polizeiführers, da der Polizeivollzugsdienst lediglich die von der Beklagten getroffene Auflösungsverfügung im Wege der Vollzugshilfe (vgl. § 60 Abs. 4 PolG) bzw. Amtshilfe (vgl. § 74 Abs. 1 PolG) bekannt gegeben und nicht etwa nach Feststellung der konkreten Verhältnisse vor Ort selbst die Auflösung verfügt hat.
65 
Nach dem Kenntnisstand des Ordnungsamtsleiters sollte das Konzert in einem Kellerraum auf dem ehemaligen Fabrikgelände der Fa. ... stattfinden. Aufgrund der Tatsache, dass ein solcher Kellerraum von Mitgliedern einer Skinhead-band als Probenraum genutzt wurde und bereits am 09.07.2005 für eine sogenannte „private Geburtstagsfeier“ zur Verfügung gestellt worden war, war prognostisch die Annahme gerechtfertigt, dass das fragliche Konzert wiederum in diesem fensterlosen Raum, der über nur einen engen Zugang verfügte, stattfinden würde. Die Brandgefahr durfte mit Blick darauf, dass eine professionelle Musikanlage mit Verstärkern zum Einsatz kam und bis zu 150 Konzertteilnehmer erwartet wurden, als hoch eingeschätzt werden. Dies gilt umso mehr, als bei der Prognose auch die bei Konzerten dieser Art infolge der aggressiven Musik und des Alkoholkonsums der Konzertteilnehmer typischerweise herrschende aufgeheizte Atmosphäre berücksichtigt werden durfte.
66 
dd) Bei dieser Sachlage war die Auflösung der Versammlung zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Teilnehmer geboten.
67 
Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit sind auch die Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen, nämlich Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Würde, Eigentum und Besitz (vgl. Deger, a.a.O. § 1 Rn. 48 m.w.N.). Am Schutz des Lebens besteht ein besonderes öffentliches Interesse. Der Staat und seine Organe sind verfassungsrechtlich verpflichtet, menschliches Leben zu schützen. Die öffentliche Sicherheit ist daher in hohem Maße gefährdet, wenn Konzertbesucher sich durch den Aufenthalt in einem Kellerraum mit nur einem engen Zugang leichtsinnig Gefahren für Leben und Gesundheit im - nicht unwahrscheinlichen - Fall eines Brandes aussetzen.
68 
Die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 LVwVfG), war zur Bekämpfung der Gefahr geeignet und erforderlich. Die Auflösungsverfügung begründet die Pflicht der Teilnehmer, sich vom Versammlungsort zu entfernen. Ein milderes Mittel zur Bekämpfung der bezeichneten Gefahr war nicht gegeben. Die Fortsetzung des Konzerts in dem fraglichen Kellerraum wäre unter keinen Umständen vertretbar gewesen.
69 
Die Auflösung erweist sich schließlich nicht deshalb als rechtswidrig, weil mit ihr zugleich eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt wurde. Zwar hatte die Beklagte bei der Ausübung ihres Ermessens nicht berücksichtigt, dass es sich bei dem fraglichen Konzert um eine unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehende öffentliche Versammlung handelte. Dies führt jedoch vorliegend nicht zu einem Ermessensfehler, weil der Ermessensspielraum der Beklagten auf Null reduziert war. Aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht drohte ein so erheblicher Schaden für das Leben und die Gesundheit der Konzertbesucher (vgl. zu diesem Maßstab Deger, a.a.O. § 3 Rn. 19), dass die Beklagte angesichts der großen Zahl der erwarteten - zum Teil noch minderjährigen - Teilnehmer zum Einschreiten durch Erlass einer Auflösungsverfügung verpflichtet war. Ein Untätigbleiben wäre ermessensfehlerhaft gewesen.
70 
ee) Soweit die Beklagte Störungen der öffentlichen Sicherheit, die ein Einschreiten nach den §§ 1, 3 PolG erfordern, auch in Verstößen gegen bauordnungs-, gaststätten- und jugendschutzrechtliche Vorschriften gesehen hat, sind diese Erwägungen wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit nicht tragfähig. Insbesondere vermag allein der Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Bestimmungen (vgl. § 15 Abs. 3 LBO) die Auflösungsverfügung nicht zu rechtfertigen (vgl. zu einer bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagung, die faktisch zu einem Versammlungsverbot führt: OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 02.02.2007 - 3 M 12/07 - LKV 2008, 79). Hinzutreten muss - wie ausgeführt - stets eine erhebliche Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
71 
c) Darauf, ob das Handeln des Polizeivollzugsdienstes vor Ort von dem Bestreben getragen war, die bezeichneten Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer so rasch und wirkungsvoll wie möglich zu bekämpfen, kommt es nicht an. Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage ist ausschließlich die Auflösung des Skinheadkonzerts, d. h. seine Beendigung durch Verwaltungsakt, nicht aber der Vollzug dieser Verfügung und die weiteren vom Polizeivollzugsdienst getroffenen Maßnahmen. Insoweit wäre die Beklagte auch nicht passiv legitimiert; vielmehr hätten die Kläger eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vollzugs der Auflösungsverfügung sowie der vom Polizeivollzugsdienst in eigener Zuständigkeit getroffenen weiteren Maßnahmen nur im Wege einer gegen das Land Baden-Württemberg gerichteten (Fortsetzungs-)Feststellungsklage erreichen können.
III.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
73 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
74 
Beschluss vom 12. Juli 2010
75 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
76 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klagen abweisen müssen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Auflösung der am 21.01.2006 in einem Kellerraum in der ...straße ... in ... durchgeführten Veranstaltung rechtswidrig war. Ihre Klagen sind zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
20 
1. Die Klagen sind, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklagen statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Die Klagen beziehen sich auf die am 21.01.2006 von der Beklagten um 18:50 Uhr verfügte und um 21:57 Uhr von Kriminaloberrat ... über das Mikrofon der Veranstaltungsbühne allen Veranstaltungsteilnehmern bekannt gegebene Auflösung der Veranstaltung, die sofort vollzogen wurde und damit schon vor Klageerhebung erledigt war.
21 
2. Die Kläger sind klagebefugt i. S. v. § 42 Abs. 2 VwGO. Sie waren Teilnehmer der aufgelösten Veranstaltung und damit Adressaten der in Form einer Allgemeinverfügung i. S. v. § 35 Satz 2 LVwVfG ergangenen Auflösungsverfügung. Dass die am 31.01.2006 abgefasste schriftliche Begründung der Verfügung allein an den Kläger zu 4 gerichtet war, ändert daran nichts.
22 
3. Ein Vorverfahren i. S. v. § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288).
23 
4. Die Kläger haben schließlich das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Die Kläger können ein Rehabilitationsinteresse geltend machen. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - NVwZ 1998, 761). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG müssen zudem polizeiliche Maßnahmen in Fällen gewichtiger, in tatsächlicher Hinsicht jedoch überholter Grundrechtseingriffe auch im Hauptsacheverfahren einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden können, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsaktes nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung nicht erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Eingriff in den Schutzbereich der von Art. 8 GG verbürgten besonders bedeutsamen Versammlungsfreiheit stellt einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dar. Ist angesichts des Vorbringens der Beteiligten - wie hier - ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG nicht von vornherein ausgeschlossen, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - BVerwGE 129, 42 Rn. 12 m.w.N.). Unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation ist das Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Weiteren im Hinblick auf die Presseberichterstattung über die Auflösung der Veranstaltung gegeben. Die Kläger zu 1 und 4 als (Mit-)Veranstalter haben darüber hinaus ein Interesse daran, durch eine gerichtliche Entscheidung die Gefahr der Wiederholung einer vergleichbaren Situation zu verhindern. Zwar wird eine weitere Veranstaltung in dem fraglichen Kellerraum nicht mehr stattfinden können, da das Mietverhältnis seitens des Eigentümers beendet worden ist. Wie die Kläger bekundet haben, haben sie jedoch die Absicht, vergleichbare Veranstaltungen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten auch zukünftig abzuhalten, so dass sie wiederum mit einer Auflösung rechnen müssten (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.).
II.
24 
Die Klagen sind nicht begründet. Die auf die §§ 1, 3 PolG gestützte Auflösungsverfügung war rechtmäßig und verletzte die Kläger daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Zwar fällt das aufgelöste Skinheadkonzert unter den Schutz der Versammlungsfreiheit (1.). Es handelte sich um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes (2.), die zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes hätte verboten oder aufgelöst werden dürfen (3.). Ob die Voraussetzungen für ein Verbot oder für eine Auflösung auf versammlungsrechtlicher Grundlage (vgl. §§ 5, 13 VersammlG) hier vorgelegen haben, kann letztlich offen bleiben, weil die Auflösung der Versammlung auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war (4.).
25 
1. Das aufgelöste Skinheadkonzert ist als Versammlung im Sinne von Art. 8 GG zu behandeln.
26 
a) Art. 8 Abs. 1 GG verleiht allen Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit will das ungehinderte Zusammenkommen mit anderen Menschen zum Zweck der gemeinsamen Meinungsbildung und Meinungsäußerung (kollektive Aussage) schützen (BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Eine Versammlung wird dadurch charakterisiert, dass eine Personenmehrheit durch einen gemeinsamen Zweck inhaltlich verbunden ist. Das Grundrecht schützt die Freiheit der Versammlung als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung. Der besondere Schutz der Versammlungsfreiheit beruht auf ihrer Bedeutung für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung in der freiheitlich-demokratischen Ordnung des Grundgesetzes. Für die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 GG reicht es wegen seines Bezugs auf den Prozess öffentlicher Meinungsbildung nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrer kommunikativen Entfaltung durch einen beliebigen Zweck verbunden sind. Vorausgesetzt ist vielmehr zusätzlich, dass die Zusammenkunft auf die Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet ist. Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG sind demnach örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zu gemeinschaftlicher, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - BVerfGE 104, 92 <104>; BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - NJW 2001, 2459 <2460>; Senatsurteil vom 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60). Entscheidend ist, dass die Meinungsbildung und -äußerung mit dem Ziel erfolgt, auf die Öffentlichkeit entsprechend einzuwirken (vgl. Enders, JURA 2003, 34 <38>). Der Schutz der Versammlungsfreiheit umfasst auch die Entscheidung, welche Maßnahmen der Veranstalter zur Erregung der öffentlichen Aufmerksamkeit für sein Anliegen einsetzen will (vgl. BVerfG , Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 - BVerfGK 2, 1 <6>). Die vom Versammlungsrecht geschützten Veranstaltungen sind nicht auf Zusammenkünfte traditioneller Art beschränkt, sondern umfassen vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Volksfeste und Vergnügungsveranstaltungen fallen allerdings unter den Versammlungsbegriff ebenso wenig wie Veranstaltungen, die der bloßen Zurschaustellung eines Lebensgefühls dienen oder die als eine auf Unterhaltung ausgerichtete öffentliche Massenparty gedacht sind, einerlei, ob der dort vorherrschende Musiktyp ein Lebensgefühl von sogenannten Subkulturen ausdrückt oder dem Massengeschmack entspricht (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O.). Andererseits erstreckt sich der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit auch auf solche Veranstaltungen, die ihre kommunikativen Zwecke unter Einsatz von Musik und Tanz verwirklichen. Dies ist zu bejahen, wenn diese Mittel zur kommunikativen Entfaltung mit dem Ziel eingesetzt werden, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken.
27 
Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob diese "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Bleiben insoweit Zweifel, so bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung behandelt wird (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2461; BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 16).
28 
Die Beurteilung, ob eine "gemischte" Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung darstellt, ist im Wege einer Gesamtschau aller relevanten tatsächlichen Umstände vorzunehmen. Das besondere Gewicht, das die Verfassung der Versammlungsfreiheit beimisst, gebietet, dass alle wesentlichen Umstände in die Beurteilung einbezogen und ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt werden. Die Gesamtschau hat in mehreren Schritten zu erfolgen. Zunächst sind alle diejenigen Modalitäten der geplanten Veranstaltung zu erfassen, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielen. Zu vernachlässigen sind solche Anliegen und die ihrer Umsetzung dienenden Elemente, bei denen erkennbar ist, dass mit ihnen nicht ernsthaft die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung bezweckt wird, die mithin nur vorgeschoben sind, um den Schutz der Versammlungsfreiheit beanspruchen zu können. Bei der Ausklammerung von an sich auf die Meinungsbildung gerichteten Elementen unter Hinweis auf die mangelnde Ernsthaftigkeit des Anliegens ist mit Blick auf die besondere Bedeutung der Versammlungsfreiheit Zurückhaltung zu üben und ein strenger Maßstab anzulegen. In die Betrachtung einzubeziehen sind nur Elemente der geplanten Veranstaltung, die sich aus Sicht eines durchschnittlichen Betrachters als auf die Teilhabe an der Meinungsbildung gerichtet darstellen. Abzustellen ist in erster Linie auf einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt der Veranstaltung an ihrem Ort befindet. Im Anschluss an die Erfassung der zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sind diese ihrer Bedeutung entsprechend zu würdigen und in ihrer Gesamtheit zu gewichten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 17).
29 
Daran schließt sich der zweite Schritt der Gesamtschau an, bei dem die nicht auf die Meinungsbildung zielenden Modalitäten der Veranstaltung, wie etwa Tanz, Musik und Unterhaltung, zu würdigen und insgesamt zu gewichten sind. Schließlich sind - in einem dritten Schritt - die auf den ersten beiden Stufen festgestellten Gewichte der die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung betreffenden Elemente einerseits und der von diesen zu unterscheidenden Elemente andererseits zueinander in Beziehung zu setzen und aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters zu vergleichen. Überwiegt das Gewicht der zuerst genannten Elemente, ist die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung. Im umgekehrten Fall genießt die Veranstaltung nicht den Schutz des Versammlungsrechts. Ist ein Übergewicht des einen oder des anderen Bereichs nicht zweifelsfrei festzustellen, ist die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 18).
30 
b) Bei Zugrundelegung dieses auch vom erkennenden Senat (vgl. Urt. v. 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O. und v. 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - a.a.O.) vertretenen sog. engen Versammlungsbegriffs können auch kulturelle Veranstaltungen wie Musikveranstaltungen, Theaterstücke oder Dichterlesungen als „gemischte“ Veranstaltungen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehen. Wenn die Teilnehmer derartiger Veranstaltungen durch ihre Anwesenheit Anteilnahme ausdrücken wollen - etwa für die Menschenrechte, um die es einem Autor geht, oder bei „Rock gegen rechts“, um gegen Rechtsextremismus anzutreten -, handelt es sich um eine Meinungskundgabe zwecks Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, Kommentar, 15. Aufl., § 1 Rn. 13).
31 
c) Skinheadkonzerte wie das hier aufgelöste sind dadurch geprägt, dass mit der Musik zugleich eine politische Botschaft vermittelt wird. Einerseits thematisieren die Texte rechtsextremistischer Skinheadbands das Selbstverständnis und Lebensgefühl der rechtsextremistischen Skinheadszene. Andererseits ist diese Musik das wichtigste Propagandamedium, über das rechtsextremistische Inhalte in die Skinheadszene transportiert werden. So richten sich nicht wenige dieser Lieder gegen szenetypische Feindbilder wie Ausländer, Juden, Israel, die USA, Homosexuelle, „Linke“, Punker, gegen die Presse sowie staatliche Institutionen und Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland. Der szeneeigenen Musik und insbesondere den Konzerten kommt ein hoher identitätsstiftender Stellenwert zu. Die Konzerte dienen auch der Rekrutierung neuer Anhänger und deren ideologischer Festigung. Sie tragen zur Förderung einer rechtsextremistischen Orientierung vor allem bei jugendlichen und heranwachsenden Konzertbesuchern bei. Zu diesem Zweck erfolgt auch der Verkauf einschlägiger CDs und sonstigen Propagandamaterials. Über den Konsum der Musik finden umso mehr Jugendliche zum Rechtsextremismus, je präsenter die Szene durch ein vielfältigeres CD- und ein flächendeckenderes Konzertangebot wird (Verfassungsschutzbericht BW 2006, S. 136). Durch die entsprechende Musik werden die Konzertbesucher politisch indoktriniert; die Musik ist sozusagen das „Parteiprogramm“ der nicht parteipolitisch gebundenen rechtsextremistischen Skinheadszene. Konzertveranstaltungen kommt die Funktion von „Kontaktbörsen“ für rechtsextremistische Gesinnungen zu. Rechtsextremistische Skinheadbands fungieren als die politischen Propagandisten innerhalb der Skinheadszene (vgl. Thalmair, BayVBl 2002, 517 <518>). Anders als etwa bei einem normalen Popkonzert werden bei einem Skinheadkonzert die übrigen Besucher nicht nur in Kauf genommen, sondern als Gleichgesinnte empfunden, mit denen man sich zusammenfinden will, um sich beim gemeinsamen Musikgenuss in der eigenen Überzeugung zu bestärken und die gleiche Gesinnung zur Schau zu stellen (vgl. Thalmair, a.a.O. S. 519; siehe zum Ganzen auch Soiné, JuS 2004, 382 und Verfassungsschutzbericht BW 2008, S. 140 f.).
32 
d) Die hier streitgegenständliche Veranstaltung erfüllte alle skizzierten typischen Merkmale eines Skinheadkonzerts. Sie wurde auch im Verfassungsschutzbericht BW 2006 in der Rubrik „Gewaltbereiter Rechtsextremismus“ unter der Überschrift „Die rechtsextremistische Skinhead(musik)szene: Ein Boom schwächt sich ab?“ ausdrücklich aufgeführt (S. 134 f.). Auf der einen Seite diente die Veranstaltung als Musikkonzert zweifellos der Unterhaltung. Auf der anderen Seite wurden den Konzertbesuchern durch die Liedtexte rechtsextremistische Inhalte vermittelt. Dass die politischen Botschaften in erster Linie durch die Liedtexte transportiert werden, steht auch bei Zugrundelegung des engen Versammlungsbegriffs dem Versammlungscharakter eines solchen Konzerts nicht entgegen. Die innere Bindung der Besucher auf ideologischer Ebene, der Zweck, die eigene weltanschauliche und politische Identität zu stärken und insbesondere die auf (noch) nicht der Skinhead-szene angehörende Konzertbesucher zielende Rekrutierungsfunktion heben ein solches Skinheadkonzert deutlich von anderen Konzerten ab, bei denen der Musikgenuss im Vordergrund steht. Der Kläger zu 2 hat auf Fragen zur politischen Botschaft der Veranstaltung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekundet, es sei darum gegangen, Leute anzuwerben und für ihre politischen Vorstellungen zu begeistern. Sie seien gegen Überfremdung und für den Erhalt der deutschen Nation. Die multikulturelle Gesellschaft lehnten sie ab. Für einen Außenstehenden, der sich zum Zeitpunkt des Konzerts zufällig vor Ort befunden hätte, wäre nicht zweifelsfrei festzustellen gewesen, ob die Veranstaltung in erster Linie dem Musikgenuss dient oder ob die mit den Liedtexten vermittelten politischen Botschaften und damit die auf Teilhabe an der Meinungsbildung gerichteten Elemente überwiegen.
33 
Lässt sich nach alledem ein Übergewicht des unterhaltenden Charakters der Veranstaltung nicht feststellen, so ist das Konzert jedenfalls nach der Zweifelsregel wie eine Versammlung zu behandeln.
34 
Die selbst gewählte Einordnung als private Feier steht der Einordnung als Versammlung nicht entgegen, weil der Versammlungscharakter aus der Sicht eines außenstehenden durchschnittlichen Betrachters zu beurteilen ist. Rechtlich irrelevant ist auch die rechtsextremistische Ausrichtung der Veranstaltung, da Art. 8 GG nicht nach dem Inhalt der bei einer Versammlung geäußerten Meinung unterscheidet und auch das Infragestellen von Verfassungswerten - soweit dies nicht in kämpferischer Weise geschieht und keine einschlägigen Straftatbestände verwirklicht werden - erlaubt ist.
35 
e) Der Versammlungscharakter ist schließlich nicht aufgrund der Schutzbereichseinschränkung des Art. 8 Abs. 1 GG, nach welcher für die Ausübung der Versammlungsfreiheit die Gebote der Friedlichkeit und der Waffenlosigkeit gelten, zu verneinen. Die Verfassung bewertet die Unfriedlichkeit in gleicher Weise wie das Mitführen von Waffen. Unfriedlich ist eine Versammlung erst, wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit gegen Personen oder Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten stattfinden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - a.a.O. S. 106). Das Friedlichkeitsgebot ist somit auf das Verbot gewalttätigen Verhaltens zu reduzieren (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 1 Rn. 140 m.w.N.).
36 
Daran gemessen war hier die Friedlichkeit der Versammlung nicht in Frage gestellt. Das durch die Mischung von aggressiver Musik und Alkoholkonsum möglicherweise entstandene Gewaltpotenzial konnte auf der Veranstaltung nicht zum Ausbruch kommen, da man „unter sich“ war und das Gegenüber, der politische Gegner bzw. die möglichen Opfer wie Homosexuelle oder Ausländer, fehlten.
37 
2. Bei dem Skinheadkonzert handelte es sich auch um eine öffentliche Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes.
38 
a) Nach § 1 Abs. 1 VersammlG hat jedermann u.a. das Recht, öffentliche Versammlungen zu veranstalten. Der Versammlungsbegriff des Versammlungsgesetzes entspricht demjenigen des Grundgesetzes (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2007 - 6 C 23.06 - a.a.O. Rn. 15). Die Gleichsetzung beider Versammlungsbegriffe erweist sich als verfassungsgemäß (vgl. BVerfG , Beschl. v. 12.07.2001 - 1 BvQ 28 und 30/01 - a.a.O. S. 2460). Hinzutreten muss nach dem Versammlungsgesetz lediglich das Merkmal der Öffentlichkeit der Versammlung.
39 
b) Die Öffentlichkeit bestimmt sich danach, ob die Versammlung einen abgeschlossenen oder einen individuell nicht abgegrenzten Personenkreis umfasst (BVerwG, Urt. v. 23.03.1999 - 1 C 12.97 - NVwZ 1999, 992; Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ThürOVG, Beschl. v. 29.08.1997 - 2 EO 1038/97 u.a. - NVwZ-RR 1998, 497). Wesentliche Voraussetzung hierfür ist also, dass jeder, der von einer solchen Zusammenkunft Kenntnis erhält, die Möglichkeit hat, an ihr teilzunehmen. Dies war vorliegend der Fall. Der Teilnehmerkreis der Veranstaltung war von vornherein weder nach bestimmten Kriterien festgelegt noch begrenzt worden. Zwar wurde die Veranstaltung, bei der einschlägig bekannte Skinheadbands auftreten sollten, konspirativ vorbereitet. Zeit und Ort wurden nicht öffentlich bekanntgegeben, sondern ausschließlich per E-Mail und SMS einem Kreis bekannter Gleichgesinnter mitgeteilt. Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, über ein sog. „nationales Infotelefon“ Kenntnis von dem Konzert zu erlangen. Diese Einladungspraxis dürfte in erster Linie deshalb gewählt worden sein, um die Veranstaltung vor den Ordnungsbehörden und vor möglichen Störern etwa aus der linksautonomen Szene geheim zu halten. Hingegen ist nicht ersichtlich, dass der Teilnehmerkreis abschließend beschränkt werden sollte. Bei der gewählten Vorgehensweise hatten die Veranstalter es auch nicht mehr in der Hand, zu bestimmen, wer von der Veranstaltung erfuhr und an ihr teilnahm; im Hinblick auf die oben beschriebene Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung lag dies auch gar nicht in ihrer Absicht. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Teilnehmer einzeln eingeladen worden wären und dass nur bestimmte Personen Zugang zu der Veranstaltung erhalten sollten. Das Merkmal der Öffentlichkeit entfällt auch nicht deshalb, weil Eintrittsgelder erhoben worden sind (vgl. Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 -, a.a.O.). Soweit die Beklagte die Öffentlichkeit der Versammlung bestreitet, verhält sie sich widersprüchlich, da sie mit der Begehung von Straftaten rechnete, die zumindest teilweise einen gewissen Öffentlichkeitsbezug voraussetzen (vgl. z. B. § 86 a StGB). Ihre Behauptung, es habe strenge Einlasskontrollen gegeben und Personen, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht eindeutig der Skinheadszene hätten zugerechnet werden können, wäre der Zutritt verwehrt worden, vermochte die Beklagte nicht auf tatsächliche Feststellungen zu stützen. Dieses Vorbringen erweist sich somit als rein spekulativ und erscheint mit Blick auf die Rekrutierungsfunktion der Veranstaltung auch fernliegend.
40 
3. Handelte es sich bei dem Skinheadkonzert um eine öffentliche Versammlung, so kam zur Bekämpfung versammlungsspezifischer Gefahren nur das Instrumentarium des Versammlungsgesetzes in Betracht, das mit seinen spezialgesetzlichen Ermächtigungen Vorrang vor dem Polizeirecht hat.
41 
Die für den Vollzug des Versammlungsgesetzes zuständigen Behörden können Versammlungen in geschlossenen Räumen vor ihrem Beginn nach Maßgabe des § 5 VersammlG verbieten oder nach ihrem Beginn nach Maßgabe des § 13 VersammlG auflösen. Des Weiteren kann - außerhalb der in § 13 Abs. 1 VersammlG angeführten Auflösungsgründe - die Auflösung einer zulässigerweise verbotenen Versammlung in Betracht kommen.
42 
a) Für ein Verbot öffentlicher Versammlungen in geschlossenen Räumen sowie das Verbot ersetzende Minusmaßnahmen (beschränkende Verfügungen) ist § 5 VersammlG die spezielle und abschließende Regelung. Nur für nicht versammlungsspezifische Gefahren kann auf die Ermächtigungen des besonderen Polizei- und Ordnungsrechts bzw. auf allgemeines Polizeirecht zurückgegriffen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 7 f.).
43 
Eine Versammlung in geschlossenen Räumen kann vor ihrem Beginn nach dem hier in Betracht kommenden § 5 Nr. 4 VersammlG verboten werden, wenn Tatsachen festgestellt sind, aus denen sich ergibt, dass der Veranstalter oder sein Anhang Ansichten vertreten oder Äußerungen dulden werden, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben.
44 
aa) Diese Vorschrift ist im Lichte von Art. 8 GG auszulegen. Das Grundrecht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, unterliegt, soweit die Versammlung nicht unter freiem Himmel stattfindet, keinem Gesetzesvorbehalt. Soweit das Versammlungsgesetz in § 5 die Möglichkeit eröffnet, Versammlungen in geschlossenen Räumen zu verbieten, liegt hierin gleichwohl keine gegen Art. 8 Abs. 2 GG verstoßende Grundrechtsbeschränkung; das Versammlungsgesetz erfüllt insoweit vielmehr verfassungskonkretisierende Funktion (vgl. Schwäble, Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit, S. 191 und 162 ff.), das heißt, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit greift unter anderem nicht ein, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Nr. 4 VersammlG vorliegen, weil das Begehen von Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgender Vergehen einer Versammlung den Charakter der "Friedlichkeit" nehmen würde und diese damit aus dem Geltungsbereich der Grundrechtsgewährleistung ausscheidet (vgl. Höfling in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 26 f.). Dabei darf jedoch der Begriff der Friedlichkeit nicht zu eng verstanden werden, weil ansonsten der für Versammlungen unter freiem Himmel geltende Gesetzesvorbehalt weitgehend funktionslos würde (vgl. BVerfG, Urt. v. 11.11.1986 - 1 BvR 713/83 u.a. - BVerfGE 73, 206 <248 f.>).
45 
bb) Diese Grundsätze erfordern, den Verbotstatbestand des § 5 Nr. 4 VersammlG dahin auszulegen, dass zum einen die darin erfassten Meinungsäußerungsdelikte von beträchtlichem Gewicht sein sowie zur Unfriedlichkeit führen müssen und zum anderen die das Verbot tragenden Tatsachen mit einer vernünftige Zweifel ausschließenden Sicherheit festgestellt sein müssen, damit die zusätzlich erforderliche Prognose des Verhaltens des Veranstalters oder seines Anhangs eine tragfähige Grundlage hat (vgl. Senatsbeschluss vom 25.04.1998 - 1 S 1143/98 - VBlBW 1998, 426). Nur wenn erkennbare Umstände darauf schließen lassen, dass das Vertreten strafbarer Ansichten bzw. das Dulden strafbarer Äußerungen das maßgebende Anliegen der Versammlung ist, kommt ein Totalverbot in Frage. Lässt eine gesicherte Gefahrenprognose diesen Schluss nicht zu, sind nur weniger einschneidende Beschränkungen zulässig (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 33). Weil bloße Beschränkungen gegenüber dem Verbot geringere Eingriffe sind, darf in Anwendung des Grundsatzes der Erforderlichkeit ein Schluss von der Verbotsermächtigung auf die Ermächtigung zum Erlass verbotsvermeidender aber gleichwohl zwecktauglicher Maßnahmen gezogen werden (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O. § 5 Rn. 43 m.w.N.). Finden sich im Repertoire einer Band nur einzelne Musikstücke, deren Aufführung einen Straftatbestand verwirklicht, so ist zu prüfen, ob das Verbot des Spielens dieser Musikstücke als milderes Mittel gegenüber einem Totalverbot in Betracht kommt. Besteht das Repertoire einer Band durchweg aus strafrechtlich relevanten Musikstücken und/oder kommt es bei Auftritten einer Band regelmäßig zu Straftaten, so kann ein Versammlungsverbot ausgesprochen werden, wenn der Auftritt dieser Band der einzige Versammlungszweck ist. Sollen jedoch daneben noch weitere - unbedenkliche - Bands auftreten, ist es angezeigt, vorrangig die Verhängung eines Auftrittsverbots für die betreffende Band zu prüfen.
46 
b) Bei versammlungsspezifischen Gefahren, die im Zusammenhang mit nicht verbotenen Versammlungen in geschlossenen Räumen entstehen, sind die Voraussetzungen für das polizeiliche Einschreiten nach Beginn der Versammlung und dessen Umfang in § 13 VersammlG speziell und abschließend geregelt (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 3). Im Lichte der verfassungsrechtlich garantierten, durch einen Gesetzesvorbehalt nicht eingeschränkten Versammlungsfreiheit in geschlossenen Räumen stellen sich die gesetzlichen Eingriffsermächtigungen des § 13 VersammlG als Konkretisierung der verfassungsimmanenten Schranken der grundrechtlichen Gewährleistung dar. Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben.
47 
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 VersammlG kann die Polizei eine öffentliche Versammlung in geschlossenen Räumen nur dann und unter Angabe des Grundes auflösen, wenn einer der in Nr. 1 bis 4 genannten Gründe vorliegt.
48 
Auch die mündliche Auflösungsverfügung bedarf - abweichend von § 39 LVwVfG - einer Begründung. Es ist hinreichend, aber auch erforderlich, dass der maßgebende Auflösungsgrund des gesetzlichen Tatbestandes der Nr. 1, 2, 3 oder 4 verständlich bezeichnet wird (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 6).
49 
Die Auflösung einer Versammlung in geschlossenen Räumen nach ihrem Beginn kommt u.a. in Betracht, wenn durch den Verlauf der Versammlung gegen Strafgesetze verstoßen wird, die ein Verbrechen oder von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben, oder wenn in der Versammlung zu solchen Straftaten aufgefordert oder angereizt wird und der Leiter dies nicht unverzüglich unterbindet (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VersammlG).
50 
c) Die Auflösungsgründe des § 13 Abs. 1 VersammlG berücksichtigen nicht den Fall, dass eine Versammlung trotz eines rechtmäßigen Versammlungsverbots gleichwohl durchgeführt wird. Der Gesetzgeber hat die Pflicht zur Auflösung einer verbotenen Versammlung nur für Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge ausdrücklich vorgesehen (vgl. § 15 Abs. 4 VersammlG). Es spricht viel dafür, insoweit für Versammlungen in geschlossenen Räumen von einer planwidrigen Gesetzeslücke auszugehen. So ist es etwa möglich, dass eine Versammlung gemäß § 5 Nr. 4 VersammlG verboten wurde, weil Tatsachen festgestellt waren, die die Prognose rechtfertigten, dass der Veranstalter Ansichten vertreten werde, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen zum Gegenstand haben. Wenn diese Versammlung nun trotz des Verbots durchgeführt wird, kann es nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, dass die Polizei so lange warten muss, bis die prognostizierten Straftaten tatsächlich begangen werden, um die Versammlung erst dann gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 VersammlG auflösen zu können (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 31; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., § 13 VersammlG Rn. 2).
51 
d) Ob hier die getroffene, auf die polizeiliche Generalklausel gestützte Verfügung auch als versammlungsrechtliche Entscheidung - die fehlende Wesensänderung durch den Austausch der Rechtsgrundlagen unterstellt - Bestand haben könnte, erscheint fraglich.
52 
aa) Zwar stünde deren Rechtmäßigkeit nicht bereits die Zuständigkeitsordnung entgegen, denn die Beklagte ist als Große Kreisstadt nicht nur Ortspolizeibehörde, sondern auch Versammlungsbehörde (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 VersGZuVO, § 62 Abs. 3 PolG, §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1 LVG).
53 
bb) Bedenken bestehen indes in materieller Hinsicht.
54 
(1) Ungeachtet der Bezeichnung als „Auflösungsverfügung“ könnte die Umdeutung in ein Verbot nach § 5 Nr. 4 VersammlG in Betracht gezogen werden, weil die Verfügung ausweislich der schriftlichen Begründung in erster Linie darauf zielte, Straftaten im Sinne der §§ 86, 86 a, 90 a und 130 StGB zu verhindern, deren Begehung im Rahmen der Veranstaltung aufgrund von Erfahrungen bei früheren Veranstaltungen befürchtet wurde. Insoweit fehlte es indes an hinreichenden Feststellungen zum jeweiligen Veranstalter, weshalb auch unklar ist, inwieweit die jetzigen Veranstalter für Vorkommnisse bei vorangegangenen Veranstaltungen verantwortlich waren. Ebenso fehlte es an Feststellungen dazu, ob und in welchem Umfang die Liedtexte der auftretenden Bands die in Frage kommenden Straftatbestände wie Volksverhetzung (§ 130 StGB) oder Aufstacheln zum Angriffskrieg (§ 80 a StGB) verwirklichen. Die materiellen Voraussetzungen für ein Totalverbot dürften daher kaum vorgelegen haben.
55 
Gegen die Umdeutung in ein Versammlungsverbot könnte zudem sprechen, dass die Verfügung erst nach Beginn der Versammlung bekannt gegeben wurde. Zu diesem Zeitpunkt ist die Verfügung auch erst rechtlich existent geworden. Vor der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ist ein Verwaltungsakt noch nicht erlassen, d.h. liegt grundsätzlich überhaupt noch kein Verwaltungsakt vor. Auch die Bindung der Behörde an den Verwaltungsakt tritt erst mit der Bekanntgabe an zumindest einen Betroffenen ein (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 41 Rn. 17 m.w.N.). Dem Ordnungsamtsleiter der Beklagten dürfte um 18:50 Uhr auch bewusst gewesen sein, dass aufgrund der noch zu treffenden Vorbereitungen (Zusammenziehen der erforderlichen Polizeikräfte; Einholung einer richterlichen Anordnung zum Betreten der Räumlichkeit etc.) eine Bekanntgabe der Allgemeinverfügung und damit ein Wirksamwerden (vgl. § 43 Abs. 1 LVwVfG) erst nach Beginn des Konzerts erfolgen würde.
56 
Der Senat verkennt nicht, dass es für die Versammlungsbehörde, die den Erlass versammlungsrechtlicher Präventivmaßnahmen auf der Grundlage von § 5 VersammlG erwägt, bei Versammlungen der vorliegenden Art, die konspirativ vorbereitet werden und zu denen verdeckt eingeladen wird, schwierig sein kann, den Veranstalter rechtzeitig zu ermitteln und diesem ggf. eine Verfügung vor dem Beginn der Versammlung bekannt zu geben. Scheitert die Bekanntgabe vor Beginn der Versammlung, so kommt aufgrund der Systematik des Versammlungsgesetzes nur noch eine Auflösung der Versammlung unter den Voraussetzungen des § 13 VersammlG in Betracht. Die fehlende Bekanntgabe wäre nur dann unschädlich, wenn der Veranstalter anderweitig sichere Kenntnis von der Verfügung erlangt hätte oder wenn er unter Verstoß gegen spezielle gesetzliche Verpflichtungen die Bekanntgabe treuwidrig vereitelt hätte (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 21 f. m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 - 8 C 91.85 - NVwZ 1987, 793 - zur treuwidrigen Vereitelung der Zustellung eines Einberufungsbescheides). Im Anwendungsbereich des Versammlungsgesetzes dürfte nach derzeitiger Rechtslage, wenn die Einladung verdeckt erfolgt, die treuwidrige Vereitelung der Bekanntgabe einer Verbotsverfügung kaum angenommen werden können, weil der Veranstalter einer Versammlung in geschlossenen Räumen im Vorfeld der Versammlung gesetzlich nicht zur Angabe seines Namens verpflichtet ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 1 VersammlG, der keine andere Auslegung zulässt, besteht eine solche Verpflichtung nur im Falle einer öffentlichen Einladung (so auch Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 2 Rn. 6). Eine Gesetzesänderung, die den Veranstalter auch bei nicht öffentlicher Einladung in die Pflicht nimmt, erschiene geeignet, insoweit Abhilfe zu schaffen. Eine solche Gesetzesänderung wird auch in § 9 Abs. 1 des vom Bundesinnenminister als Beratungsgrundlage für die Länder konzipierten Entwurfs eines Versammlungsgesetzes (abgedr. bei Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., S. 7 ff.) bereits vorgeschlagen.
57 
(2) Die Umdeutung in eine versammlungsrechtliche Auflösungsverfügung nach § 13 VersammlG scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht - wie gesetzlich in § 12 VersammlG vorgesehen - Polizeibeamte in die Versammlung entsandt hatte, die - ggf. auch mittels Bild- und Tonaufnahmen, vgl. § 12 a VersammlG - die erforderlichen Feststellungen zu einem unfriedlichen Verlauf der Versammlung hätten treffen können.
58 
4. Ob danach die Voraussetzungen für ein Verbot oder eine Auflösung des Konzerts auf versammlungsrechtlicher Grundlage vorgelegen haben, kann der Senat letztlich offen lassen, weil die Auflösung der Versammlung jedenfalls auf der Grundlage der §§ 1, 3 PolG zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geboten war.
59 
a) Der Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht ist vorliegend zulässig.
60 
Auf das allgemeine Polizeirecht können polizeiliche Maßnahmen innerhalb von Versammlungen nur gestützt werden, wenn und soweit es darum geht, Gefahren zu bekämpfen, die nicht spezifisch in der Versammlung und deren Ablauf ihre Ursache haben (vgl. Meßmann, JuS 2007, 524 <526>; Kunig in v. Münch/Kunig, GG, 5. Aufl., Art. 8 Rn. 30). Entscheidend kommt es insoweit darauf an, ob die in Bezug auf die nicht versammlungsspezifischen Gefahren getroffene Gefahrprognose geeignet ist, die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Verwaltungsakt, selbstständig zu tragen. Ist dies der Fall, so sind die mit der polizeilichen Maßnahme verbundenen (mittelbaren) Einschränkungen des Versammlungsrechts als zwangsläufige Nebenfolge in Kauf zu nehmen. Darauf, ob auch eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt war (darauf abstellend noch Senatsurteil vom 26.01.1998 - 1 S 3280/96 - a.a.O.; ebenso Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 13 Rn. 4), kommt es dann nicht mehr an. Freilich ist zu beachten, dass wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit das bloße Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Auflösung einer Versammlung nicht zu rechtfertigen vermag. Im Hinblick auf den (zwangsläufigen) Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit sind an die Anwendung der polizeilichen Generalklausel strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Schulze-Fielitz in Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 8 Rn. 72; Gusy in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 8 Rn. 58; Köhler/Dürig-Friedl, Demonstrations- und Versammlungsrecht, 4. Aufl., Art. 8 GG Rn. 25; Deger in Wolf/Stephan/Deger, PolG für BW, 6. Aufl., § 4 Rn. 35). Erforderlich ist eine konkrete Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
61 
b) Hier hat die Beklagte als sachlich (vgl. § 66 Abs. 2 i.V.m. §§ 61 Abs. 1 Nr. 4, 62 Abs. 4 PolG) und örtlich (vgl. § 68 Abs. 1 PolG) zuständige Ortspolizeibehörde ihre Auflösungsverfügung zulässigerweise selbstständig tragend auf konkrete Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer gestützt.
62 
aa) Nach der polizeilichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) hat die Polizei die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Dabei hat die Polizei innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Ein Tätigwerden zum Zwecke der Gefahrenabwehr setzt eine konkrete Gefahr voraus. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter einzelner Sachverhalt, d. h. eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Der Schadenseintritt braucht nicht mit Gewissheit zu erwarten sein. Andererseits ist aber die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht ausreichend. Der erforderliche Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist dabei abhängig vom Rang des Rechtsgutes, in das eingegriffen werden soll, sowie vom Rang des polizeilichen Schutzgutes (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., S. 190 ff.). Auf der einen Seite ist daher bei der Anwendung der polizeilichen Generalklausel der hohe Rang der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Auf der anderen Seite ist in Rechnung zu stellen, dass es um den Schutz besonders hochwertiger Rechtsgüter, nämlich Leben und Gesundheit von Menschen, geht, so dass auch die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nicht überspannt werden dürfen (vgl. Senatsurteil vom 28.07.2009 - 1 S 2200/08 - VBlBW 2010, 29 m.w.N.).
63 
bb) Die polizeiliche Gefahr ist eine auf Tatsachen gegründete prognostische Einschätzung über einen künftigen Geschehensverlauf, wobei die Tatsachen pflichtgemäß aufzuklären sind. Die Gefahr muss im Zeitpunkt der Entscheidung über die zu ergreifende polizeiliche Maßnahme vorliegen; es ist also beim polizeilichen Eingriff die gegenwärtige und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Polizei im Anschluss an ihre Maßnahme gewinnt: War der Schadenseintritt im Zeitpunkt der Entscheidung über das Eingreifen objektiv wahrscheinlich, bleibt das polizeiliche Handeln auch dann rechtmäßig, wenn der weitere Verlauf der Dinge die Prognose als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine polizeiliche konkrete Gefahr nicht durch später bekannt werdende Tatsachen - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - im Anschluss an das polizeiliche Handeln begründet werden.
64 
cc) Für die gerichtliche Beurteilung der hier beanstandeten Maßnahme kommt es folglich auf die von der Beklagten als Ortspolizeibehörde ex ante um 18:50 Uhr getroffene Prognose an, nicht hingegen auf die des für den Polizeieinsatz maßgeblichen Polizeiführers, da der Polizeivollzugsdienst lediglich die von der Beklagten getroffene Auflösungsverfügung im Wege der Vollzugshilfe (vgl. § 60 Abs. 4 PolG) bzw. Amtshilfe (vgl. § 74 Abs. 1 PolG) bekannt gegeben und nicht etwa nach Feststellung der konkreten Verhältnisse vor Ort selbst die Auflösung verfügt hat.
65 
Nach dem Kenntnisstand des Ordnungsamtsleiters sollte das Konzert in einem Kellerraum auf dem ehemaligen Fabrikgelände der Fa. ... stattfinden. Aufgrund der Tatsache, dass ein solcher Kellerraum von Mitgliedern einer Skinhead-band als Probenraum genutzt wurde und bereits am 09.07.2005 für eine sogenannte „private Geburtstagsfeier“ zur Verfügung gestellt worden war, war prognostisch die Annahme gerechtfertigt, dass das fragliche Konzert wiederum in diesem fensterlosen Raum, der über nur einen engen Zugang verfügte, stattfinden würde. Die Brandgefahr durfte mit Blick darauf, dass eine professionelle Musikanlage mit Verstärkern zum Einsatz kam und bis zu 150 Konzertteilnehmer erwartet wurden, als hoch eingeschätzt werden. Dies gilt umso mehr, als bei der Prognose auch die bei Konzerten dieser Art infolge der aggressiven Musik und des Alkoholkonsums der Konzertteilnehmer typischerweise herrschende aufgeheizte Atmosphäre berücksichtigt werden durfte.
66 
dd) Bei dieser Sachlage war die Auflösung der Versammlung zur Abwehr konkreter Gefahren für Leben und Gesundheit der Teilnehmer geboten.
67 
Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit sind auch die Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen, nämlich Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Würde, Eigentum und Besitz (vgl. Deger, a.a.O. § 1 Rn. 48 m.w.N.). Am Schutz des Lebens besteht ein besonderes öffentliches Interesse. Der Staat und seine Organe sind verfassungsrechtlich verpflichtet, menschliches Leben zu schützen. Die öffentliche Sicherheit ist daher in hohem Maße gefährdet, wenn Konzertbesucher sich durch den Aufenthalt in einem Kellerraum mit nur einem engen Zugang leichtsinnig Gefahren für Leben und Gesundheit im - nicht unwahrscheinlichen - Fall eines Brandes aussetzen.
68 
Die Auflösung der Versammlung, d. h. ihre Beendigung durch Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 LVwVfG), war zur Bekämpfung der Gefahr geeignet und erforderlich. Die Auflösungsverfügung begründet die Pflicht der Teilnehmer, sich vom Versammlungsort zu entfernen. Ein milderes Mittel zur Bekämpfung der bezeichneten Gefahr war nicht gegeben. Die Fortsetzung des Konzerts in dem fraglichen Kellerraum wäre unter keinen Umständen vertretbar gewesen.
69 
Die Auflösung erweist sich schließlich nicht deshalb als rechtswidrig, weil mit ihr zugleich eine Einschränkung des Versammlungsrechts bezweckt wurde. Zwar hatte die Beklagte bei der Ausübung ihres Ermessens nicht berücksichtigt, dass es sich bei dem fraglichen Konzert um eine unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehende öffentliche Versammlung handelte. Dies führt jedoch vorliegend nicht zu einem Ermessensfehler, weil der Ermessensspielraum der Beklagten auf Null reduziert war. Aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht drohte ein so erheblicher Schaden für das Leben und die Gesundheit der Konzertbesucher (vgl. zu diesem Maßstab Deger, a.a.O. § 3 Rn. 19), dass die Beklagte angesichts der großen Zahl der erwarteten - zum Teil noch minderjährigen - Teilnehmer zum Einschreiten durch Erlass einer Auflösungsverfügung verpflichtet war. Ein Untätigbleiben wäre ermessensfehlerhaft gewesen.
70 
ee) Soweit die Beklagte Störungen der öffentlichen Sicherheit, die ein Einschreiten nach den §§ 1, 3 PolG erfordern, auch in Verstößen gegen bauordnungs-, gaststätten- und jugendschutzrechtliche Vorschriften gesehen hat, sind diese Erwägungen wegen des hohen Rangs der durch Art. 8 GG geschützten Versammlungsfreiheit nicht tragfähig. Insbesondere vermag allein der Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Bestimmungen (vgl. § 15 Abs. 3 LBO) die Auflösungsverfügung nicht zu rechtfertigen (vgl. zu einer bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagung, die faktisch zu einem Versammlungsverbot führt: OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 02.02.2007 - 3 M 12/07 - LKV 2008, 79). Hinzutreten muss - wie ausgeführt - stets eine erhebliche Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen.
71 
c) Darauf, ob das Handeln des Polizeivollzugsdienstes vor Ort von dem Bestreben getragen war, die bezeichneten Gefahren für Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer so rasch und wirkungsvoll wie möglich zu bekämpfen, kommt es nicht an. Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage ist ausschließlich die Auflösung des Skinheadkonzerts, d. h. seine Beendigung durch Verwaltungsakt, nicht aber der Vollzug dieser Verfügung und die weiteren vom Polizeivollzugsdienst getroffenen Maßnahmen. Insoweit wäre die Beklagte auch nicht passiv legitimiert; vielmehr hätten die Kläger eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vollzugs der Auflösungsverfügung sowie der vom Polizeivollzugsdienst in eigener Zuständigkeit getroffenen weiteren Maßnahmen nur im Wege einer gegen das Land Baden-Württemberg gerichteten (Fortsetzungs-)Feststellungsklage erreichen können.
III.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
73 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
74 
Beschluss vom 12. Juli 2010
75 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
76 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. Februar 2009 - 4 K 961/08 - teilweise geändert. Es wird festgestellt, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 2. Mai 2008 gegen die Klägerin ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt ein Viertel, der Beklagte drei Viertel der Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte jeweils zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass die ihr gegenüber in den Morgenstunden des 02.05.2008 ergriffene Maßnahme der Personenfeststellung sowie die damit verbundene Sistierung rechtswidrig waren.
Am 01.05.2008 fand in Freiburg das sog. Spechtpassagenfest statt. Für dieses Fest war die Wilhelmstraße zwischen Sedan- und Belfortstraße mit Genehmigung der Stadt Freiburg von 11.00 Uhr bis 24.00 Uhr gesperrt. Nach 22.00 Uhr versammelten sich mehr als 100 Personen im Bereich Wilhelmstraße Ecke Belfortstraße, aus deren Mitte heraus auf der Fahrbahn ein großes Feuer entzündet wurde, das bis gegen 2.00 Uhr morgens durch Nachlegen insbesondere von Holz in Brand gehalten wurde. Gegen 2.25 Uhr wurde eine männliche Person, die von der Polizei als Hauptverursacher des Feuers angesehen wurde, in einiger Entfernung von der Feuerstelle festgenommen.
Die Klägerin befand sich in der Zeit zwischen 2.15 Uhr und 2.25 Uhr in unmittelbarer Nähe des Feuers. Zu diesem Zeitpunkt schritten Polizeibeamte, die das Geschehen bis dahin aus einiger Entfernung beobachtet hatten, gegen die um das Feuer herumstehenden Personen ein. Im Zuge dessen wurden die Klägerin, nachdem sie der Polizei auf Aufforderung ihren Personalausweis ausgehändigt hatte, auf das etwa 300 m entfernte Polizeirevier Freiburg-Nord mitgenommen. Dort wurden ihre Personalien mit dem Inhalt polizeilicher Dateien abgeglichen, Lichtbilder von ihr gefertigt und sie wurde körperlich durchsucht. Die Klägerin durfte das Polizeirevier gegen 3.05 Uhr wieder verlassen.
Am 26.05.2008 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Freiburg erhoben, zu deren Begründung sie vorgetragen hat: Über die polizeilichen Maßnahmen gegen sie sei in der regionalen Presse berichtet worden. Sie fühle sich daher in ihrem beruflichen Ansehen als Lehrerin und Stadträtin beschädigt. Die gegen sie ergriffenen Maßnahmen seien rechtswidrig. Die Voraussetzungen für die Personenfeststellung seien nicht erfüllt. Denn von ihr sei keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgegangen. Sie habe das Feuer weder entzündet noch Brennmaterial nachgelegt. Als sie an die Feuerstelle gekommen sei, habe das Feuer bereits seit mehreren Stunden gebrannt, ohne dass die Polizei eingeschritten sei. Eine von dem Feuer ausgehende Störung der öffentlichen Ordnung sei ihr deshalb nicht zuzurechnen. Zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei seien außer ihr nur noch zwei weitere sich ebenfalls friedlich verhaltende Personen in der Nähe des Feuers gewesen. Falls es an anderer Stelle Störungen gegeben haben sollte, wäre die Identitätsfeststellung ihr gegenüber jedenfalls unverhältnismäßig gewesen, da sie damit erkennbar nichts zu tun gehabt habe. Selbst bei Einstufung ihrer Person als (Anscheins-)Störerin hätten der Polizei mildere Mittel als die Personenfeststellung zur Verfügung gestanden. Man hätte ihr gegenüber den Grund der polizeilichen Maßnahme nennen müssen, um ihr Gelegenheit zu geben, den Gefahrenraum freiwillig zu verlassen, ohne ihre Daten preisgeben zu müssen. Erst recht sei die mit der Personenfeststellung verbundene Freiheitsentziehung rechtswidrig gewesen, da sie den Polizeibeamten auf Aufforderung sofort ihren Personalausweis ausgehändigt habe.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der Polizeidirektion vom 17.06.2008 ausgeführt: An den Aktionen des Spechtpassagenfestes hätten in der Nacht vom 01. auf den 02.05.2008 etwa 1.700 Personen teilgenommen. Im Vorjahr habe es bei einer vergleichbaren Veranstaltung einen Angriff auf den Polizeiführer und polizeiliche Einsatzkräfte gegeben, so dass auch im Jahr 2008 mit aggressivem Verhalten zu rechnen gewesen sei. Abgesehen von dem um 22.00 Uhr auf öffentlicher Straße entzündeten Feuer sei das Straßenfest störungsfrei verlaufen. In einer Entfernung von 20 bis 30 m um das Feuer hätten sich mehrere Bauschuttcontainer mit brennbarem Material befunden. In der ersten Zeit nach dem Entzünden des Feuers hätten zunächst die nötigen Einsatzkräfte mobilisiert werden müssen. Dies habe bis gegen 23.30 Uhr gedauert. Das Vorhandensein der vollzähligen Einsatzkräfte sei mit den ersten stärkeren Abwanderungsbewegungen aus dem Einsatzraum zusammengefallen. Von vornherein habe man Wert darauf gelegt, Beweissicherung zu betreiben. Die damit befassten Polizeikräfte hätten sich jedoch immer wieder zurückziehen müssen, weil bei ihrem Erkennen Gegenstände und Flaschen gegen sie geworfen worden seien. Mindestens ein Flaschenwurf habe eindeutig einer männlichen Person zugeordnet werden können, die das Feuer wesentlich unterhalten und bestimmend auf die Gruppe eingewirkt habe. Diese Person habe gegen 0.45 Uhr auch versucht, einen Bauschuttcontainer in der Belfortstraße in Brand zu setzen. Eine Ausbreitung des Brandes habe nur dadurch verhindert werden können, dass Polizeikräfte die Flammen ausgetreten hätten. Während dessen seien sie aus der Gruppe mit Flaschen beworfen worden, die teilweise über ihnen an der Hauswand oder unmittelbar in ihrer Nähe zerborsten seien. Um eine Eskalation zu vermeiden, sei ein erster Versuch der vorläufigen Festnahme der brandstiftenden Person abgebrochen worden. Nach 23.30 Uhr hätten Personen vereinzelt die Gruppe um das Feuer verlassen, andere Passanten oder Festbesucher seien hinzugekommen. Wegen der Gefahr von Solidarisierungsaktionen habe die Polizei zunächst von Maßnahmen abgesehen. Noch um 1.45 Uhr seien Holzpaletten nachgelegt worden, ein baldiges Beenden des Feuers sei somit nicht zu erwarten gewesen. Um 2.25 Uhr hätten sich etwa 20 Personen im Bereich der Feuerstelle aufgehalten, 6 davon in unmittelbarer Nähe. Als die tatverdächtige männliche Person, die zuvor maßgeblich das Feuer unterhalten habe, den Bereich verlassen habe, sei sie etwas abgesetzt vorläufig festgenommen worden. Bei den nach 2.15 Uhr unmittelbar an der Feuerstelle befindlichen Personen seien dann die Personalien festgestellt worden. Hierzu und zu weiteren Maßnahmen seien sie auf das Polizeirevier Freiburg-Nord verbracht worden. Die Klägerin habe sich zum Kontrollzeitpunkt in der Gruppe unmittelbar am Feuer aufgehalten, unter der sich kurz zuvor auch noch der Tatverdächtige befunden habe. Die Gesamtumstände hätten die Annahme begründet, dass die Klägerin zur Gruppe der Störer gehört habe. Sie habe sich in unmittelbarer Nähe des Feuers mit anderen Personen aus dem Kreis um den festgenommenen Tatverdächtigen aufgehalten und dies zu einer Zeit, als ein Großteil der Leute diesen Bereich bereits verlassen hätten. Die Klägerin habe ihrerseits nicht darauf hingewirkt, das Feuer zu löschen oder die Straße zu verlassen. Sie sei aufgefordert worden, zum Polizeirevier Freiburg-Nord mitzukommen, um dort ihre Personalien festzustellen, eine Durchsuchung ihrer Person durchzuführen und Lichtbilder von ihr zu fertigen. Die Feststellung der Identität und die Fertigung von Lichtbildern habe gewährleisten sollen, die eingetretene Störung der öffentlichen Sicherheit in Form des Errichtens und Betreibens einer Feuerstelle im öffentlichen Straßenraum zu beseitigen und weitere Gefahren zu verhindern. Von einem früheren Eingreifen habe man aus taktischen Gründen abgesehen. Noch gegen 2.00 Uhr seien Plastikbierkästen und Styropor in das offene Feuer geworfen worden. Ziel der anschließenden polizeilichen Maßnahmen sei neben der deeskalierenden Strategie die vorläufige Festnahme und die Personalienfeststellung des zuvor erkannten Tatverdächtigen sowie die Beseitigung der Feuerstelle und die Entfernung der zahllosen Flaschen und Scherben auf der Fahrbahn gewesen. Die Maßnahmen hätten der Störungsbeseitigung und der Gefahrenabwehr im Hinblick auf weiteren Passanten- und Fahrzeugverkehr sowie der Sicherung des Tatbefundes zur Strafermittlung gedient. Es treffe zu, dass die Klägerin vor Ort ihren Personalausweis ausgehändigt habe. Jedoch sei eine weitere Überprüfung im Hinblick auf Fahndungsnotierungen und Anderes erforderlich gewesen. Um eine Eskalation zu verhindern, sei entschieden worden, die Personalienfeststellung und -überprüfung auf dem Polizeirevier durchzuführen. Zu diesem Zeitpunkt hätten keine gesicherten Erkenntnisse darüber vorgelegen, wie viele Personen sich noch im Sedanquartier aufgehalten hätten. Nach den Erfahrungen vorangegangener Einsätze sei mit dem überraschenden Wiedererscheinen weiterer Personen, die sich in das Geschehen einmischen könnten, zu rechnen gewesen. Durch die Personenkontrolle habe man potentielle Störer aus der Anonymität reißen und gewährleisten wollen, sie gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt als Störer oder Gefährder identifizieren zu können. Die Mitnahme auf das Polizeirevier sei erforderlich gewesen, um ein Löschen des Feuers durch die Feuerwehr und die anschließende Reinigung der Straßen zu ermöglichen sowie um umstehende Personen bei den Löschmaßnahmen nicht zu gefährden. Die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit seien gewahrt. Im Kontrollzeitpunkt sei zwar eine Abwanderungsbewegung zu verzeichnen gewesen, gleichzeitig sei jedoch befürchtet worden, dass weitere Personen nach Verlassen einer benachbarten Diskothek wieder zu einem Anschwellen der Personenzahl beitragen könnten.
Mit Urteil vom 05.02.2009 - 4 K 961/08 - hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die vom Polizeivollzugsdienst gegen die Klägerin ergriffenen Maßnahmen der Anfertigung von Lichtbildern, der körperlichen Durchsuchung, des mit diesen Maßnahmen verbundenen Festhaltens auf dem Polizeirevier sowie der Speicherung von Lichtbildern von der Klägerin rechtswidrig waren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung insoweit ausgeführt: Die bei der Klägerin vorgenommene Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG sowie die damit verbundene Sistierung während der Dauer der Personenfeststellung erwiesen sich als rechtmäßig. Bei ihrem Einschreiten gegen die Klägerin sei es der Polizei zum einen darum gegangen, das Feuer auf der Straße zu löschen und die Befahrbarkeit der Straße wiederherzustellen (Beseitigung einer Störung), und zum anderen darum, zu verhindern, dass Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer weiterunterhalten bzw. an anderen Orten neue Feuer anzünden (Abwehr von erneuten Gefahren für fremde Rechtsgüter und Verhinderung der Begehung weiterer Straftaten). Zwar gehe die Feststellung der Personalien der an der Feuerstelle angetroffenen Personen auf den ersten Blick an der Erreichung dieser präventivpolizeilichen Ziele vorbei. Bei näherer Betrachtung sei die Personenfeststellung als Gefahrenabwehrmaßnahme jedoch sinnvoll, da sie grundsätzlich geeignet sei, potentielle Störer von weiteren Störungen, hier von der weiteren Unterhaltung des Feuers bzw. der Entzündung eines anderen Feuers, abzuhalten. Die Auffassung der Polizei, dass die an der Feuerstelle angetroffenen Personen durch eine Feststellung ihrer Personalien aus ihrer Anonymität gerissen würden und deshalb von einer eventuell vorhandenen Absicht, weitere Störungen zu begehen, abgehalten werden könnten, könne rechtlich nicht beanstandet werden. Die Personenfeststellung sei unter den gegebenen Umständen auch das mildeste zur Verfügung stehende Mittel gewesen. Die Auffassung der Klägerin, es hätte gereicht, wenn die Polizei sie formlos gebeten hätte, den Platz zu verlassen, damit das Feuer gelöscht und die Straße geräumt werden könne, bzw. - falls das nicht zum Erfolg geführt hätte - einen förmlichen Platzverweis gegen sie auszusprechen, gehe fehl. Die Klägerin sei aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht zu Recht zumindest als Anscheinsstörerin angesehen worden, weil sie sich in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten bzw. Störungen an der Feuerstelle aufgehalten habe. Darüber hinaus habe sie eine Bierflasche in der Hand gehalten, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach in Richtung der anrückenden Polizeibeamten geworfen worden sei. Bei dieser Sachlage sei es naheliegend, die Klägerin in die Nähe der Verantwortlichen für die vorangegangenen und noch andauernden Störungen zu rücken. Außerdem habe die Polizei mit der Störungsbeseitigung nicht beginnen können, solange sich noch Personen an der Feuerstelle aufgehalten hätten. Denn es habe angesichts des ständigen Kommens und Gehens die nicht fernliegende Möglichkeit bestanden, dass sich weitere Personen hinzugesellen würden und erneut eine Situation eintrete, wie sie kurz zuvor gegeben gewesen sei und wie sie die Polizei nach Möglichkeit habe vermeiden wollen. Ein Platzverweis allein wäre kein gleichermaßen geeignetes und zugleich milderes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die handelnden Polizeibeamten nicht hätten einschätzen können, wen sie in Person der Klägerin und der anderen am Feuer anwesenden Personen vor sich hatten und ob diese nicht eventuell zur Gruppe der vorherigen Störer gehörten. In letzterem Fall hätte ein Platzverweis, der sich sowohl im Hinblick auf das Ziel der Polizei, das Feuer zu löschen und die Befahrbarkeit der Straße wiederherzustellen, als auch im Hinblick auf seine praktische Umsetzbarkeit bzw. Kontrollierbarkeit wohl nur auf den Einmündungsbereich Wilhelmstraße/Belfortstraße hätte beziehen können, die durchaus realistische Gefahr begründet, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer versammelt und die Störung der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, um dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und finden zu können. Durch die Feststellung der Personalien werde ein potentieller Störer demgegenüber aus der Anonymität gerissen und wisse, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden könne. Deshalb seien Personenfeststellungen durchaus geeignet, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten. Auch die Sistierung sei rechtmäßig gewesen. Angesichts der angespannten Atmosphäre, die kurz zuvor zwischen der Polizei und den um das Feuer versammelten Personen geherrscht habe und bei der es auch zu gewalttätigen Angriffen gegenüber Polizeibeamten gekommen sei, könne es nicht beanstandet werden, wenn die Polizei die Personenfeststellungen, um eine Eskalation zu vermeiden, nicht vor den Augen potentieller Störer habe durchführen wollen.
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 17.02.2010 - 1 S 732/09 - zugelassenen Berufung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Personenfeststellung sei rechtswidrig, weil die festgestellten Tatsachen es nicht rechtfertigten, sie als Anscheinsstörerin anzusehen. Die Polizeibeamten hätten aus der ex-ante-Sicht eines objektiven Beobachters nicht zu der Einschätzung gelangen dürfen, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die Klägerin angetroffen hätten, deren Verhalten bei ungehindertem Weiterlauf der Dinge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Die im Urteil festgestellten Tatsachen rechtfertigten die Annahme einer von ihr ausgehenden Gefahr nicht. Die Klägerin sei erst nach dem Vorkommen von Störungen wahrgenommen worden und habe selbst kein Verhalten gezeigt, das als Störung oder Gefahr interpretiert werden könnte. Soweit das Urteil sich auf frühere Störungen beziehe, stelle dies eine rechtsfehlerhafte Verlagerung des ex-ante-Zeitpunkts in den Zeitraum vor Wahrnehmung der Klägerin durch die Polizeibeamten dar. Selbst wenn man unterstelle, dass die Klägerin zu Recht als Anscheinsstörerin eingestuft worden sei, sei jedenfalls die erfolgte Sistierung rechtswidrig, weil eine Identitätsfeststellung ohne Weiteres vor Ort möglich gewesen sei. Die Annahme einer möglichen Störung durch Dritte biete keine rechtliche Grundlage für die Ingewahrsamnahme.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. Februar 2009 - 4 K 961/08 - zu ändern und festzustellen, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 2. Mai 2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung rechtswidrig waren.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Eine Identitätsfeststellung am Ort des Geschehens sei nicht möglich gewesen, weil aufgrund in der Vergangenheit gemachter Erfahrungen eine Eskalation durch Solidarisierungen oder gar Befreiungsaktionen hätten befürchtet werden müssen, so dass die Personenfeststellung und der Datenabgleich mit der Fahndungsdatei nur auf der Wache ungestört hätten durchgeführt werden können. Zudem sei beabsichtigt gewesen, die Feuerstelle schnellstmöglich zu räumen, um die erforderlichen Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen und damit dem rechtswidrigen Geschehen ein Ende zu setzen. Angesichts der Tatsache, dass die Polizeidienststelle bereits nach wenigen Minuten Fußweg erreicht worden sei und sich die Aufenthaltsdauer auf der Dienststelle auf das zur Durchführung der Maßnahmen unbedingt Erforderliche beschränkt habe, sei die Sistierung auch verhältnismäßig gewesen.
13 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Beklagten und des Verwaltungsgerichts Freiburg vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 02.05.2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war. Ihre insgesamt zulässige Klage ist in diesem Umfang begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht hingegen die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Personenfeststellung als solche begehrt hat.
I.
15 
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren Rechtsschutz gegen die - erledigte - Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung.
16 
1. Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs ist nach § 17 a Abs. 5 GVG vom Senat nicht mehr zu prüfen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu Recht als gegeben angesehen. Entscheidend ist, ob das Schwergewicht des polizeilichen Handelns auf der Strafverfolgung oder auf der Gefahrenabwehr liegt. Für die Abgrenzung der beiden Aufgabengebiete ist maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (BVerwG, Urt. v. 03.12.1974 - I C 11.73 - BVerwGE 47, 255 und Urt. v. 19.10.1982 - 1 C 29.79 - BVerwGE 66, 192; Senatsurteil vom 16.05.1988 - 1 S 1826/87 - VBlBW 1989, 16). Hier erfolgte die Personenfeststellung nach den übereinstimmenden Bekundungen der Beteiligten primär zum Zweck der Gefahrenabwehr. Der Beklagte hat die Personenfeststellung ausschließlich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 26 PolG gestützt. Auch die Klägerin hat dies so verstanden, obwohl ihr - ebenso wie ihrem Begleiter, dem Zeugen E. - ausweislich ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bei der Sistierung eröffnet worden war, es bestehe der Verdacht auf Landfriedensbruch. Nachdem indes, wie der Beklagte der Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf telefonische Anfrage am 14.05.2008 mitgeteilt hat, kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin eingeleitet wurde, war es aus ihrer Perspektive naheliegend, davon auszugehen, dass die gegen sie ergriffenen Maßnahmen primär der Gefahrenabwehr dienen sollten.
17 
2. Bei der Personenfeststellung nach § 26 PolG handelt es sich um eine polizeiliche Standardmaßnahme, die ihrer Rechtsnatur nach ein Verwaltungsakt ist (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 315 ff., 334; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F Rn. 29 ff. <32>; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 215 f.). Die Klage ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung mit Abschluss der Personenfeststellung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Als Adressatin der angegriffenen Maßnahme ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).
18 
3. Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
19 
4. Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 19.08.2010 - 1 S 2266/09 - DVBl 2010, 1569 m.w.N.). Im Übrigen wurde die Klage binnen Monatsfrist erhoben.
20 
5. Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Das berechtigte Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Feststellung ergibt sich jedenfalls aus der erstrebten Rehabilitation. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 09.08.1990 - 1 B 94.90 - NVwZ 1991, 270; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 113 Rn. 142 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Dies ist hier zu bejahen, nachdem die in die allgemeine Handlungsfreiheit und in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifende Personenfeststellung Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung in der Regionalpresse unter voller Namensnennung und unter Hervorhebung der Stellung der Klägerin als Stadträtin war.
II.
21 
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Die auf § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG gestützte Personenfeststellung als solche war rechtmäßig. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
22 
1. a) Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Personenfeststellung bestehen keine Bedenken. Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes folgt aus § 60 Abs. 3 PolG. Eine Anhörung der Klägerin war nach § 28 Abs. 2 Nr.1 LVwVfG entbehrlich. Weil der Verwaltungsakt mündlich erlassen wurde, war auch keine Begründung erforderlich (vgl. § 39 Abs. 1 LVwVfG).
23 
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG lagen vor. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei die Identität einer Person feststellen, um im einzelnen Falle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren oder eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen. Hier war bereits eine Störung der öffentlichen Sicherheit eingetreten, die zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei noch anhielt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das Feuer auf der öffentlichen Straße und der Zustand der mit Glasscherben, Flaschen und anderen Gegenständen übersäten Abschnitte der Wilhelm- und Belfortstraße eine noch anhaltende Störung der öffentlichen Sicherheit darstellte, die ein polizeiliches Einschreiten mit dem Ziel der Störungsbeseitigung erforderte. Zudem bestand die Gefahr, dass weitere Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer in Gang halten bzw. an anderen Orten neue Feuer entzünden.
24 
c) Die Klägerin wurde zu Recht jedenfalls als Anscheinsstörerin angesehen.
25 
Die Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG darf nur gegenüber einem Störer nach §§ 6, 7 PolG getroffen werden, gegenüber dem Nichtstörer nach § 9 PolG nur unter den qualifizierten Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes (Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 26 Rn. 11; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl., § 26 Rn. 5; Würtenberger/Heckmann, a.a.O. Rn. 324).
26 
Verhaltensstörer im Sinne des § 6 PolG ist auch der Anscheinsstörer. Anscheinsstörer ist, wer ex post betrachtet nicht wirklich eine Gefahr verursacht, aber ex ante betrachtet bei einem fähigen, besonnenen und sachkundigen Polizeibeamten den Eindruck der Gefahrverursachung erweckt (Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., L Rn. 42). Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen. Die herrschende Meinung versteht unter einem Anscheinsstörer eine Person, die entweder durch ihr Verhalten eine Anscheinsgefahr oder hinsichtlich einer real bestehenden Gefahr durch ihr Verhalten einen Verursacherschein gesetzt hat (vgl. Senatsurteil vom 12.02.1990 - 1 S 1646/89 - NVwZ-RR 1990, 602 = DÖV 1990, 572 m.w.N.; Belz/Mußmann, a.a.O., § 6 Rn. 10). Der Begriff Anscheinsstörer wird in der zweiten Fallgruppe auf Konstellationen angewandt, in denen die Gefahr wahrscheinlich ist oder gar feststeht, in denen aber hinsichtlich des Verantwortlichen nur eine Möglichkeit oder ein Verdacht besteht. Ist nicht die Existenz einer Gefahr, sondern deren Urheber ungeklärt, besteht also der Verdacht einer Gefahrverursachung, soll der Betreffende als Anscheinsverursacher in Anspruch genommen werden können (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O. § 7 Rn. 6). In der Literatur wird in dieser Fallgruppe darüber hinaus teilweise verlangt, dass die Person den Anschein durch ihr Verhalten bzw. eine ihr zuzuordnende Sache unmittelbar verursacht hat (so etwa Schenke/Ruthig, Rechtsscheinhaftung im Polizei- und Ordnungsrecht? - Zur polizeirechtlichen Verantwortlichkeit des sog. Anscheinsstörers, VerwArch 87 (1996), 329 <331>). Auch nach dieser Auffassung setzt die unmittelbare Verursachung indes nicht zwingend einen Verstoß gegen eine bestimmte Rechtsnorm voraus. Es genügt, wenn ein Verhalten objektiv geeignet ist, bei Dritten den Eindruck zu erwecken, es drohe ein Schaden für ein polizeilich geschütztes Rechtsgut (Irreführungsrisiko). Selbst wer nicht weiß, dass er von der Polizei beobachtet wird, übernimmt das Risiko dafür, dass aus seinem Verhalten in der Öffentlichkeit auf seine Störereigenschaft geschlossen wird (Schenke/Ruthig, a.a.O. S. 340 f.).
27 
Daran gemessen ist die Störereigenschaft hier selbst bei Zugrundelegung der engeren Auffassung von Schenke/Ruthig zu bejahen, so dass der Senat offen lassen kann, ob der Begriff des Anscheinsstörers in diesem Sinne einzugrenzen ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Feuer von Personen, die sich um die Feuerstelle versammelt hatten, gegen 22.00 Uhr entzündet und bis gegen 2.00 Uhr unterhalten wurde. Von den um das Feuer versammelten Personen waren Aggressionen gegenüber sich nähernden Polizeibeamten ausgegangen (Werfen von Bierflaschen und anderen Gegenständen). Als die Klägerin gegen 2.15 Uhr an der Feuerstelle angetroffen wurde, war für Außenstehende nicht zweifelsfrei erkennbar, wie lange sie sich dort bereits befand und ob sie zu dem Kreis der Personen gehörte, der für die Störung der öffentlichen Sicherheit verantwortlich war. Ausweislich der Angaben des Einsatzleiters der Polizei gab es keinerlei sichere Anhaltspunkte dafür, dass man der Klägerin und ihrem Begleiter Straftaten hätte nachweisen können. Beide hielten sich indes in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten und während der noch anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit für einen Zeitraum von zumindest zehn Minuten an der Feuerstelle auf. Zudem hatte die Klägerin, ebenso wie ihr Begleiter, eine Bierflasche in der Hand, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach nach Polizeibeamten geworfen worden war. Es waren auch keine Anhaltspunkte erkennbar, die auf eine Distanzierung der Klägerin von der bereits seit mehreren Stunden anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit hätten schließen lassen können. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass die Polizei aus dem Verhalten der Klägerin auf ihre Störereigenschaft geschlossen hat.
28 
d) Die Personenfeststellung war zur Gefahrenabwehr geeignet. Der potentielle Störer wird durch die Feststellung seiner Personalien aus der Anonymität gerissen und weiß, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden kann (vgl. BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Die Personenfeststellung ist daher ein geeignetes Mittel, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten.
29 
Hier ging es darum, das weitere Unterhalten des Feuers und das etwaige Entzünden weiterer Feuer sowie die befürchtete Störung der Löscharbeiten durch weitere Ausschreitungen - etwa Flaschenwürfe - zu unterbinden. Es liegt nahe, dass derartige Störungen eher aus der Anonymität heraus verübt werden und dass ein potentieller Störer, dessen Personalien festgestellt sind, sich weiterer Störungen, die ihn dann dem Risiko der Strafverfolgung aussetzen, eher enthalten wird.
30 
e) Die Personenfeststellung war auch erforderlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin wäre eine bloße Gefährderansprache oder ein auf die polizeiliche Generalklausel gestützter Platzverweis (gesetzlich normiert wurde der Platzverweis erst in dem durch das Änderungsgesetz vom 18.11.2008 eingefügten § 27 a Abs. 1 PolG) kein gleichermaßen geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Zwar wäre ein isolierter Platzverweis möglicherweise zur Räumung der Feuerstelle ebenso geeignet gewesen, doch hätte dann die ex ante in nicht zu beanstandender Weise prognostizierte Gefahr bestanden, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer aufgehalten und die Störungen der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, und dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und zu finden, so dass es dann zu einer in jedem Fall zu vermeidenden Konfrontation mit den inzwischen vor Ort tätigen Polizeibeamten hätte kommen können. Bei einem isolierten, nicht mit einer Personenfeststellung einhergehenden Platzverweis wäre den des Platzes Verwiesenen weiterhin ein Handeln aus der Anonymität heraus möglich gewesen, was eine zugleich effektive und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrende Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung wiederum erschwert hätte.
31 
f) Angesichts des mit der bloßen Personenfeststellung verbundenen geringfügigen Eingriffs in die Rechtssphäre des Betroffenen (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 11; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., Rn. 328; Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 375) war diese Maßnahme schließlich verhältnismäßig im engeren Sinne.
32 
2. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift, die vorliegend in der Fassung vom 01.07.2004 anzuwenden ist, kann der Betroffene festgehalten und zur Dienststelle gebracht werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Die Vorschrift erlaubt die sog. Sistierung, die eine Freiheitsbeschränkung i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 Abs. 1 GG darstellt, etwa dann, wenn die Personenfeststellung an Ort und Stelle unangemessen oder unmöglich ist, weil der Betroffene sich strikt weigert, das Publikum aufgebracht ist oder eine unfriedliche Menge die Beamten behindert oder bedroht (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; ähnlich Belz/Mußmann, a.a.O., § 26 Rn. 29). Die Voraussetzungen („nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten“) decken sich mit denen des § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO. Sie stellen eine gesetzliche Konkretisierung des Übermaßverbotes dar und sollen sicherstellen, dass ein Eingriff in die persönliche Freiheit nur in Fällen erfolgt, in denen er zur Feststellung der Identität unerlässlich ist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - NVwZ 1992, 767 m.w.N. und Beschl. v. 11.07.2006 - 2 BvR 1255/04 - NStZ-RR 2006, 381). Verhältnismäßigkeit bedeutet bei Freiheitsbeschränkungen zur Identitätsfeststellung für alle Maßnahmen, die über das bloße Anhalten und die Aufforderung, sich auszuweisen, hinausgehen, dass Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdungslage gegeben sein müssen (Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 104 Rn. 17).
33 
Vom Umfang her umfasst die Personenfeststellung alle, aber auch nur diejenigen Angaben über eine Person, die es ermöglichen, sie von anderen Personen zu unterscheiden und Verwechslungen auszuschließen. Die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Passes genügt in jedem Fall, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten wie etwa der Verdacht des unrechtmäßigen Besitzes vorliegen (vgl. Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 373; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; KK-Griesbaum, StPO, 6. Aufl., § 163 b Rn. 13 m.w.N.; BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - a.a.O.). Ein Datenabgleich mit polizeilichen Dateien, wie er hier auf dem Polizeirevier durchgeführt wurde, ist danach regelmäßig nicht Bestandteil der Personenfeststellung nach § 26 PolG, sondern ein sich an die Personenfeststellung anschließender selbstständiger Folgeeingriff, der nach Maßgabe des § 39 PolG zulässig ist.
34 
Daran gemessen folgt hier die Rechtswidrigkeit der Sistierung schon daraus, dass die Personenfeststellung bereits am Ort des Geschehens erfolgt war. Die Klägerin hatte den Polizeibeamten auf entsprechende Aufforderung ihren gültigen Personalausweis ausgehändigt. Konkrete Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten lagen nicht vor. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als Zeuge vernommene Polizeikommissar S. hatte nach Vorlage des Ausweises keine Zweifel an der Identität der Klägerin. Die Identität der Klägerin war folglich durch ihren Personalausweis zweifelsfrei belegt. Ein Datenabgleich zum Zweck der Identitätsfeststellung war bei dieser Sachlage nicht erforderlich. Ob die Voraussetzungen für einen selbstständigen Datenabgleich nach § 39 PolG vorgelegen haben, kann der Senat offen lassen, weil allein zum Zweck des Datenabgleichs eine Sistierung in jedem Fall unzulässig ist. § 39 Abs. 1 Satz 4 PolG räumt der Polizei nur die Befugnis ein, den Betroffenen für die Dauer des Datenabgleichs anzuhalten. Ein Sistierungsrecht hat die Polizei nach § 39 PolG nicht.
35 
Selbst wenn man unterstellt, die Identität der Klägerin hätte aufgrund der Vorlage des Personalausweises nicht zweifelsfrei festgestanden oder es hätten andere Unstimmigkeiten vorgelegen, hätte die Überprüfung der Identität der Klägerin am Einsatzort erfolgen können. Ein zum Zweck der Identitätsfeststellung erforderlicher Datenabgleich wäre auch über Funk vom Polizeifahrzeug aus möglich gewesen. Der Senat geht aufgrund des Ergebnisses der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass die mit der Personenfeststellung der Klägerin befassten Beamten ein Einsatzfahrzeug mit sich führten, welches sie in 10 bis 20 m Entfernung von der Feuerstelle in der Wilhelmstraße abgestellt hatten. Angesichts der Tatsache, dass insgesamt nur vier Personenfeststellungen erfolgten, wäre auch der Zeitaufwand bei einer Feststellung vor Ort nicht unvertretbar lang gewesen. Störungen durch Dritte standen dem Datenabgleich über Funk vor Ort ebenfalls nicht entgegen. Die Polizeibeamten hatten den Personalausweis der Klägerin bereits mehrere Minuten in ihrem Gewahrsam, ohne dass es zu Störungen gekommen wäre. Solche Störungen wurden lediglich vor dem Hintergrund von Erfahrungen aus dem Vorjahr befürchtet, ohne dass indes aktuell eine konkrete Gefahr bestanden hätte. Ein Datenabgleich vor Ort wurde auch nicht durch den anhaltenden Einsatz der Polizeikräfte unmöglich gemacht. Die Beamten, die die Klägerin und die weiteren Betroffenen auf das Polizeirevier brachten, waren infolgedessen ohnehin am Einsatz vor Ort nicht mehr beteiligt. Sie hätten ohne weiteres - etwa abseits der Feuerstelle am Einsatzfahrzeug - den Datenabgleich durchführen können. Schließlich spricht auch der Umstand, dass die Betroffenen zu Fuß und nicht etwa in einem Polizeifahrzeug auf die Dienststelle gebracht wurden, dagegen, dass erhebliche Störungen tatsächlich erwartet wurden.
36 
Soweit der Beklagte sich zur Rechtfertigung der Sistierung nicht auf eine mögliche Eskalation der Situation vor Ort durch die Solidarisierung Dritter mit den von den polizeilichen Maßnahmen Betroffenen, sondern auf das Ziel, die Feuerstelle zu räumen sowie Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen, beruft, muss er sich entgegenhalten lassen, dass im Verhältnis zu der die Freiheit der Person einschränkenden Sistierung der Platzverweis auf jeden Fall das mildere Mittel ist. Ein - mit einer Personenfeststellung vor Ort einhergehender - Platzverweis wäre auch in gleicher Weise geeignet gewesen, die Störung zu beseitigen. Auch bei der gewählten Vorgehensweise - Räumung der Feuerstelle durch Sistierung der dort angetroffenen Personen - waren angesichts der insgesamt unübersichtlichen Lage weiterhin für die Dauer der Löscharbeiten Polizeikräfte am Ort der Störung gebunden; es ist nicht ersichtlich, dass bei einer Räumung der Feuerstelle durch Erteilung von Platzverweisen und Personenfeststellungen vor Ort Polizeikräfte in größerer Zahl hätten eingesetzt werden müssen oder der Einsatz sich aus anderen Gründen signifikant schwieriger gestaltet hätte. Die Sistierung war daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich.
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
39 
Beschluss vom 14. Dezember 2010
40 
Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Nach Auffassung des Senats ist für die Personenfeststellung, die Sistierung, das Anfertigen von Lichtbildern und die körperliche Durchsuchung jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen. Angesichts des Gewichts der Sistierung erscheint es nicht gerechtfertigt, diese bei der Streitwertfestsetzung unberücksichtigt zu lassen.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die von Polizeivollzugsbeamten der Polizeidirektion Freiburg in den Morgenstunden des 02.05.2008 gegen sie ergriffene Maßnahme der Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung rechtswidrig war. Ihre insgesamt zulässige Klage ist in diesem Umfang begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht hingegen die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Personenfeststellung als solche begehrt hat.
I.
15 
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren Rechtsschutz gegen die - erledigte - Personenfeststellung und die damit verbundene Sistierung.
16 
1. Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs ist nach § 17 a Abs. 5 GVG vom Senat nicht mehr zu prüfen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu Recht als gegeben angesehen. Entscheidend ist, ob das Schwergewicht des polizeilichen Handelns auf der Strafverfolgung oder auf der Gefahrenabwehr liegt. Für die Abgrenzung der beiden Aufgabengebiete ist maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (BVerwG, Urt. v. 03.12.1974 - I C 11.73 - BVerwGE 47, 255 und Urt. v. 19.10.1982 - 1 C 29.79 - BVerwGE 66, 192; Senatsurteil vom 16.05.1988 - 1 S 1826/87 - VBlBW 1989, 16). Hier erfolgte die Personenfeststellung nach den übereinstimmenden Bekundungen der Beteiligten primär zum Zweck der Gefahrenabwehr. Der Beklagte hat die Personenfeststellung ausschließlich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 26 PolG gestützt. Auch die Klägerin hat dies so verstanden, obwohl ihr - ebenso wie ihrem Begleiter, dem Zeugen E. - ausweislich ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bei der Sistierung eröffnet worden war, es bestehe der Verdacht auf Landfriedensbruch. Nachdem indes, wie der Beklagte der Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf telefonische Anfrage am 14.05.2008 mitgeteilt hat, kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin eingeleitet wurde, war es aus ihrer Perspektive naheliegend, davon auszugehen, dass die gegen sie ergriffenen Maßnahmen primär der Gefahrenabwehr dienen sollten.
17 
2. Bei der Personenfeststellung nach § 26 PolG handelt es sich um eine polizeiliche Standardmaßnahme, die ihrer Rechtsnatur nach ein Verwaltungsakt ist (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 315 ff., 334; Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F Rn. 29 ff. <32>; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 215 f.). Die Klage ist, da sich der streitige Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung mit Abschluss der Personenfeststellung erledigt hat (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161 <165> und Urt. v. 01.07.1975 - I C 35.70 - BVerwGE 49, 36; Senatsurteile vom 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - VBlBW 2004, 214 und vom 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431). Als Adressatin der angegriffenen Maßnahme ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).
18 
3. Ein Vorverfahren i. S. von § 68 VwGO war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
19 
4. Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurteil vom 19.08.2010 - 1 S 2266/09 - DVBl 2010, 1569 m.w.N.). Im Übrigen wurde die Klage binnen Monatsfrist erhoben.
20 
5. Die Klägerin hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, das in den Fällen einer vorprozessualen Erledigung mit dem in § 43 Abs. 1 VwGO vorausgesetzten Interesse identisch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.) und anerkennenswerte schutzwürdige Belange rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller Natur umfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.02.1986 - 5 C 40.84 - BVerwGE 74, 1). Das berechtigte Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Feststellung ergibt sich jedenfalls aus der erstrebten Rehabilitation. Ein solches Interesse ist nach einer erledigten polizeilichen Maßnahme dann als berechtigt anzuerkennen, wenn mit ihr ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verbunden und sie geeignet war, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (vgl. Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 09.08.1990 - 1 B 94.90 - NVwZ 1991, 270; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 113 Rn. 142 m.w.N.; BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Dies ist hier zu bejahen, nachdem die in die allgemeine Handlungsfreiheit und in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifende Personenfeststellung Gegenstand einer öffentlichen Berichterstattung in der Regionalpresse unter voller Namensnennung und unter Hervorhebung der Stellung der Klägerin als Stadträtin war.
II.
21 
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Die auf § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG gestützte Personenfeststellung als solche war rechtmäßig. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
22 
1. a) Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Personenfeststellung bestehen keine Bedenken. Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes folgt aus § 60 Abs. 3 PolG. Eine Anhörung der Klägerin war nach § 28 Abs. 2 Nr.1 LVwVfG entbehrlich. Weil der Verwaltungsakt mündlich erlassen wurde, war auch keine Begründung erforderlich (vgl. § 39 Abs. 1 LVwVfG).
23 
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG lagen vor. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei die Identität einer Person feststellen, um im einzelnen Falle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren oder eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen. Hier war bereits eine Störung der öffentlichen Sicherheit eingetreten, die zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizei noch anhielt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass das Feuer auf der öffentlichen Straße und der Zustand der mit Glasscherben, Flaschen und anderen Gegenständen übersäten Abschnitte der Wilhelm- und Belfortstraße eine noch anhaltende Störung der öffentlichen Sicherheit darstellte, die ein polizeiliches Einschreiten mit dem Ziel der Störungsbeseitigung erforderte. Zudem bestand die Gefahr, dass weitere Personen an die Feuerstelle zurückkehren und das Feuer in Gang halten bzw. an anderen Orten neue Feuer entzünden.
24 
c) Die Klägerin wurde zu Recht jedenfalls als Anscheinsstörerin angesehen.
25 
Die Personenfeststellung nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG darf nur gegenüber einem Störer nach §§ 6, 7 PolG getroffen werden, gegenüber dem Nichtstörer nach § 9 PolG nur unter den qualifizierten Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes (Wolf/Stephan/Deger, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 6. Aufl., § 26 Rn. 11; Belz/Mußmann, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, 7. Aufl., § 26 Rn. 5; Würtenberger/Heckmann, a.a.O. Rn. 324).
26 
Verhaltensstörer im Sinne des § 6 PolG ist auch der Anscheinsstörer. Anscheinsstörer ist, wer ex post betrachtet nicht wirklich eine Gefahr verursacht, aber ex ante betrachtet bei einem fähigen, besonnenen und sachkundigen Polizeibeamten den Eindruck der Gefahrverursachung erweckt (Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., L Rn. 42). Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen. Die herrschende Meinung versteht unter einem Anscheinsstörer eine Person, die entweder durch ihr Verhalten eine Anscheinsgefahr oder hinsichtlich einer real bestehenden Gefahr durch ihr Verhalten einen Verursacherschein gesetzt hat (vgl. Senatsurteil vom 12.02.1990 - 1 S 1646/89 - NVwZ-RR 1990, 602 = DÖV 1990, 572 m.w.N.; Belz/Mußmann, a.a.O., § 6 Rn. 10). Der Begriff Anscheinsstörer wird in der zweiten Fallgruppe auf Konstellationen angewandt, in denen die Gefahr wahrscheinlich ist oder gar feststeht, in denen aber hinsichtlich des Verantwortlichen nur eine Möglichkeit oder ein Verdacht besteht. Ist nicht die Existenz einer Gefahr, sondern deren Urheber ungeklärt, besteht also der Verdacht einer Gefahrverursachung, soll der Betreffende als Anscheinsverursacher in Anspruch genommen werden können (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O. § 7 Rn. 6). In der Literatur wird in dieser Fallgruppe darüber hinaus teilweise verlangt, dass die Person den Anschein durch ihr Verhalten bzw. eine ihr zuzuordnende Sache unmittelbar verursacht hat (so etwa Schenke/Ruthig, Rechtsscheinhaftung im Polizei- und Ordnungsrecht? - Zur polizeirechtlichen Verantwortlichkeit des sog. Anscheinsstörers, VerwArch 87 (1996), 329 <331>). Auch nach dieser Auffassung setzt die unmittelbare Verursachung indes nicht zwingend einen Verstoß gegen eine bestimmte Rechtsnorm voraus. Es genügt, wenn ein Verhalten objektiv geeignet ist, bei Dritten den Eindruck zu erwecken, es drohe ein Schaden für ein polizeilich geschütztes Rechtsgut (Irreführungsrisiko). Selbst wer nicht weiß, dass er von der Polizei beobachtet wird, übernimmt das Risiko dafür, dass aus seinem Verhalten in der Öffentlichkeit auf seine Störereigenschaft geschlossen wird (Schenke/Ruthig, a.a.O. S. 340 f.).
27 
Daran gemessen ist die Störereigenschaft hier selbst bei Zugrundelegung der engeren Auffassung von Schenke/Ruthig zu bejahen, so dass der Senat offen lassen kann, ob der Begriff des Anscheinsstörers in diesem Sinne einzugrenzen ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Feuer von Personen, die sich um die Feuerstelle versammelt hatten, gegen 22.00 Uhr entzündet und bis gegen 2.00 Uhr unterhalten wurde. Von den um das Feuer versammelten Personen waren Aggressionen gegenüber sich nähernden Polizeibeamten ausgegangen (Werfen von Bierflaschen und anderen Gegenständen). Als die Klägerin gegen 2.15 Uhr an der Feuerstelle angetroffen wurde, war für Außenstehende nicht zweifelsfrei erkennbar, wie lange sie sich dort bereits befand und ob sie zu dem Kreis der Personen gehörte, der für die Störung der öffentlichen Sicherheit verantwortlich war. Ausweislich der Angaben des Einsatzleiters der Polizei gab es keinerlei sichere Anhaltspunkte dafür, dass man der Klägerin und ihrem Begleiter Straftaten hätte nachweisen können. Beide hielten sich indes in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang zu vorher dort verübten Straftaten und während der noch anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit für einen Zeitraum von zumindest zehn Minuten an der Feuerstelle auf. Zudem hatte die Klägerin, ebenso wie ihr Begleiter, eine Bierflasche in der Hand, also einen Gegenstand, wie er vorher mehrfach nach Polizeibeamten geworfen worden war. Es waren auch keine Anhaltspunkte erkennbar, die auf eine Distanzierung der Klägerin von der bereits seit mehreren Stunden anhaltenden Störung der öffentlichen Sicherheit hätten schließen lassen können. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass die Polizei aus dem Verhalten der Klägerin auf ihre Störereigenschaft geschlossen hat.
28 
d) Die Personenfeststellung war zur Gefahrenabwehr geeignet. Der potentielle Störer wird durch die Feststellung seiner Personalien aus der Anonymität gerissen und weiß, dass er fortan für jede weitere ihm zuzurechnende Störung verantwortlich gemacht werden kann (vgl. BayVGH, Urt. v. 02.12.1991 - 21 B 90.1066 - BayVBl 1993, 429). Die Personenfeststellung ist daher ein geeignetes Mittel, potentielle Störer von der Begehung weiterer Störungen abzuhalten.
29 
Hier ging es darum, das weitere Unterhalten des Feuers und das etwaige Entzünden weiterer Feuer sowie die befürchtete Störung der Löscharbeiten durch weitere Ausschreitungen - etwa Flaschenwürfe - zu unterbinden. Es liegt nahe, dass derartige Störungen eher aus der Anonymität heraus verübt werden und dass ein potentieller Störer, dessen Personalien festgestellt sind, sich weiterer Störungen, die ihn dann dem Risiko der Strafverfolgung aussetzen, eher enthalten wird.
30 
e) Die Personenfeststellung war auch erforderlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin wäre eine bloße Gefährderansprache oder ein auf die polizeiliche Generalklausel gestützter Platzverweis (gesetzlich normiert wurde der Platzverweis erst in dem durch das Änderungsgesetz vom 18.11.2008 eingefügten § 27 a Abs. 1 PolG) kein gleichermaßen geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung gewesen. Zwar wäre ein isolierter Platzverweis möglicherweise zur Räumung der Feuerstelle ebenso geeignet gewesen, doch hätte dann die ex ante in nicht zu beanstandender Weise prognostizierte Gefahr bestanden, dass die des Platzes Verwiesenen sich in die umliegenden Straßen begeben, in denen sich noch Gäste des Straßenfestes und voraussichtlich auch zahlreiche der Personen aufhielten, die sich zuvor um das Feuer aufgehalten und die Störungen der öffentlichen Sicherheit verursacht hatten, und dort Verbündete für eine Rückkehr an den Ort des Feuers zu suchen und zu finden, so dass es dann zu einer in jedem Fall zu vermeidenden Konfrontation mit den inzwischen vor Ort tätigen Polizeibeamten hätte kommen können. Bei einem isolierten, nicht mit einer Personenfeststellung einhergehenden Platzverweis wäre den des Platzes Verwiesenen weiterhin ein Handeln aus der Anonymität heraus möglich gewesen, was eine zugleich effektive und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrende Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung wiederum erschwert hätte.
31 
f) Angesichts des mit der bloßen Personenfeststellung verbundenen geringfügigen Eingriffs in die Rechtssphäre des Betroffenen (vgl. Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 11; Würtenberger/Heckmann, a.a.O., Rn. 328; Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 375) war diese Maßnahme schließlich verhältnismäßig im engeren Sinne.
32 
2. Die auf die § 26 Abs. 2 Satz 3 PolG gestützte Sistierung zum Zweck der Personenfeststellung war demgegenüber rechtswidrig. Nach dieser Vorschrift, die vorliegend in der Fassung vom 01.07.2004 anzuwenden ist, kann der Betroffene festgehalten und zur Dienststelle gebracht werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Die Vorschrift erlaubt die sog. Sistierung, die eine Freiheitsbeschränkung i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 Abs. 1 GG darstellt, etwa dann, wenn die Personenfeststellung an Ort und Stelle unangemessen oder unmöglich ist, weil der Betroffene sich strikt weigert, das Publikum aufgebracht ist oder eine unfriedliche Menge die Beamten behindert oder bedroht (Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; ähnlich Belz/Mußmann, a.a.O., § 26 Rn. 29). Die Voraussetzungen („nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten“) decken sich mit denen des § 163 b Abs. 1 Satz 2 StPO. Sie stellen eine gesetzliche Konkretisierung des Übermaßverbotes dar und sollen sicherstellen, dass ein Eingriff in die persönliche Freiheit nur in Fällen erfolgt, in denen er zur Feststellung der Identität unerlässlich ist (vgl. BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - NVwZ 1992, 767 m.w.N. und Beschl. v. 11.07.2006 - 2 BvR 1255/04 - NStZ-RR 2006, 381). Verhältnismäßigkeit bedeutet bei Freiheitsbeschränkungen zur Identitätsfeststellung für alle Maßnahmen, die über das bloße Anhalten und die Aufforderung, sich auszuweisen, hinausgehen, dass Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdungslage gegeben sein müssen (Degenhart in Sachs, GG, 5. Aufl., Art. 104 Rn. 17).
33 
Vom Umfang her umfasst die Personenfeststellung alle, aber auch nur diejenigen Angaben über eine Person, die es ermöglichen, sie von anderen Personen zu unterscheiden und Verwechslungen auszuschließen. Die Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Passes genügt in jedem Fall, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten wie etwa der Verdacht des unrechtmäßigen Besitzes vorliegen (vgl. Rachor in Lisken/Denninger, a.a.O., F Rn. 373; Wolf/Stephan/Deger, a.a.O., § 26 Rn. 26; KK-Griesbaum, StPO, 6. Aufl., § 163 b Rn. 13 m.w.N.; BVerfG , Beschl. v. 27.01.1992 - 2 BvR 658/90 - a.a.O.). Ein Datenabgleich mit polizeilichen Dateien, wie er hier auf dem Polizeirevier durchgeführt wurde, ist danach regelmäßig nicht Bestandteil der Personenfeststellung nach § 26 PolG, sondern ein sich an die Personenfeststellung anschließender selbstständiger Folgeeingriff, der nach Maßgabe des § 39 PolG zulässig ist.
34 
Daran gemessen folgt hier die Rechtswidrigkeit der Sistierung schon daraus, dass die Personenfeststellung bereits am Ort des Geschehens erfolgt war. Die Klägerin hatte den Polizeibeamten auf entsprechende Aufforderung ihren gültigen Personalausweis ausgehändigt. Konkrete Anhaltspunkte für dessen Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten lagen nicht vor. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht als Zeuge vernommene Polizeikommissar S. hatte nach Vorlage des Ausweises keine Zweifel an der Identität der Klägerin. Die Identität der Klägerin war folglich durch ihren Personalausweis zweifelsfrei belegt. Ein Datenabgleich zum Zweck der Identitätsfeststellung war bei dieser Sachlage nicht erforderlich. Ob die Voraussetzungen für einen selbstständigen Datenabgleich nach § 39 PolG vorgelegen haben, kann der Senat offen lassen, weil allein zum Zweck des Datenabgleichs eine Sistierung in jedem Fall unzulässig ist. § 39 Abs. 1 Satz 4 PolG räumt der Polizei nur die Befugnis ein, den Betroffenen für die Dauer des Datenabgleichs anzuhalten. Ein Sistierungsrecht hat die Polizei nach § 39 PolG nicht.
35 
Selbst wenn man unterstellt, die Identität der Klägerin hätte aufgrund der Vorlage des Personalausweises nicht zweifelsfrei festgestanden oder es hätten andere Unstimmigkeiten vorgelegen, hätte die Überprüfung der Identität der Klägerin am Einsatzort erfolgen können. Ein zum Zweck der Identitätsfeststellung erforderlicher Datenabgleich wäre auch über Funk vom Polizeifahrzeug aus möglich gewesen. Der Senat geht aufgrund des Ergebnisses der vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass die mit der Personenfeststellung der Klägerin befassten Beamten ein Einsatzfahrzeug mit sich führten, welches sie in 10 bis 20 m Entfernung von der Feuerstelle in der Wilhelmstraße abgestellt hatten. Angesichts der Tatsache, dass insgesamt nur vier Personenfeststellungen erfolgten, wäre auch der Zeitaufwand bei einer Feststellung vor Ort nicht unvertretbar lang gewesen. Störungen durch Dritte standen dem Datenabgleich über Funk vor Ort ebenfalls nicht entgegen. Die Polizeibeamten hatten den Personalausweis der Klägerin bereits mehrere Minuten in ihrem Gewahrsam, ohne dass es zu Störungen gekommen wäre. Solche Störungen wurden lediglich vor dem Hintergrund von Erfahrungen aus dem Vorjahr befürchtet, ohne dass indes aktuell eine konkrete Gefahr bestanden hätte. Ein Datenabgleich vor Ort wurde auch nicht durch den anhaltenden Einsatz der Polizeikräfte unmöglich gemacht. Die Beamten, die die Klägerin und die weiteren Betroffenen auf das Polizeirevier brachten, waren infolgedessen ohnehin am Einsatz vor Ort nicht mehr beteiligt. Sie hätten ohne weiteres - etwa abseits der Feuerstelle am Einsatzfahrzeug - den Datenabgleich durchführen können. Schließlich spricht auch der Umstand, dass die Betroffenen zu Fuß und nicht etwa in einem Polizeifahrzeug auf die Dienststelle gebracht wurden, dagegen, dass erhebliche Störungen tatsächlich erwartet wurden.
36 
Soweit der Beklagte sich zur Rechtfertigung der Sistierung nicht auf eine mögliche Eskalation der Situation vor Ort durch die Solidarisierung Dritter mit den von den polizeilichen Maßnahmen Betroffenen, sondern auf das Ziel, die Feuerstelle zu räumen sowie Lösch- und Aufräumarbeiten zu ermöglichen, beruft, muss er sich entgegenhalten lassen, dass im Verhältnis zu der die Freiheit der Person einschränkenden Sistierung der Platzverweis auf jeden Fall das mildere Mittel ist. Ein - mit einer Personenfeststellung vor Ort einhergehender - Platzverweis wäre auch in gleicher Weise geeignet gewesen, die Störung zu beseitigen. Auch bei der gewählten Vorgehensweise - Räumung der Feuerstelle durch Sistierung der dort angetroffenen Personen - waren angesichts der insgesamt unübersichtlichen Lage weiterhin für die Dauer der Löscharbeiten Polizeikräfte am Ort der Störung gebunden; es ist nicht ersichtlich, dass bei einer Räumung der Feuerstelle durch Erteilung von Platzverweisen und Personenfeststellungen vor Ort Polizeikräfte in größerer Zahl hätten eingesetzt werden müssen oder der Einsatz sich aus anderen Gründen signifikant schwieriger gestaltet hätte. Die Sistierung war daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich.
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
39 
Beschluss vom 14. Dezember 2010
40 
Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird - unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 20.000,-- EUR festgesetzt. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Nach Auffassung des Senats ist für die Personenfeststellung, die Sistierung, das Anfertigen von Lichtbildern und die körperliche Durchsuchung jeweils der Auffangstreitwert anzusetzen. Angesichts des Gewichts der Sistierung erscheint es nicht gerechtfertigt, diese bei der Streitwertfestsetzung unberücksichtigt zu lassen.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tenor

Der Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2006 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. Oktober 2004 verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Hamburg zurückverwiesen.

...

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Abweisung einer Fortsetzungsfeststellungsklage durch das Verwaltungsgericht Hamburg und die Ablehnung des dagegen gerichteten Antrags auf Zulassung der Berufung durch das Hamburgische Oberverwaltungsgericht. Der Rechtsstreit betraf eine versammlungsrechtliche Auflage, die jegliche Musikdarbietungen durch Musikgruppen im Rahmen einer vom Beschwerdeführer angemeldeten Versammlung untersagte.

I.

2

1. Nachdem ein für den 22. Mai 2004 vorgesehenes Konzert der Musikrichtung "Rechtsrock" in Hamburg untersagt worden war, meldete der Beschwerdeführer als Versammlungsleiter für den Fall, dass das Konzert nicht stattfinden könne, für den 22. Mai 2004 von 18.00 Uhr bis 22.00 Uhr bei der Behörde für Inneres der Freien und Hansestadt Hamburg eine Demonstration zu dem Thema "Musikfreiheit ist Meinungsfreiheit" mit dreihundert bis fünfhundert Teilnehmern an. Als integraler Bestandteil der Demonstration wurde der Auftritt der Musikgruppen "G." aus Italien und "S." aus Großbritannien angekündigt.

3

In ihrer mit Auflagen versehenen Anmeldebestätigung vom 21. Mai 2004 untersagte die Behörde für Inneres musikalische Darbietungen jeglicher Art durch Musikgruppen und ordnete die sofortige Vollziehung an. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Widerspruch und beantragte beim Verwaltungsgericht Hamburg die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.

4

Zur Begründung der Untersagung der Musikdarbietungen führte die Versammlungsbehörde aus, es komme nicht darauf an, ob einzelne Titel der vom Beschwerdeführer angekündigten Musikgruppen strafbar oder indiziert seien. Vielmehr bauten Inhalte der dem rechten Spektrum nahestehenden Musikgruppen grundsätzlich tendenziell Feindbilder auf und würden deshalb von weiten Teilen der Bevölkerung als bedrohlich wahrgenommen. Lieder mit aggressivem Inhalt seien geeignet, Ängste in der Bevölkerung hervorzurufen. Es sollten Hass und Wut der Zuhörer angesprochen und Gewalthandlungen ausgelöst werden. Gefährdet sei auch die öffentliche Ordnung, weil Musik rechtsgerichteter Gruppen der Versammlung ein Gepräge gebe, das bei weiten Teilen der Bevölkerung die Assoziation an eine Verherrlichung nationalsozialistischen Gedankenguts hervorrufe. Das Thema der Veranstaltung "Musikfreiheit ist Meinungsfreiheit" mache Musikbeiträge nicht unbedingt erforderlich. Die generelle Untersagung sei nötig, um sicherzustellen, dass Liedtexte strafbaren Inhalts nicht dargeboten würden.

5

2. Mit Beschluss vom 22. Mai 2004 stellte das Verwaltungsgericht Hamburg die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs mit der Maßgabe wieder her, dass auf der Versammlung die Texte "I…", "J…", "V…", "S…" und "F…" nicht dargeboten werden durften.

6

Nachdem die Freie und Hansestadt Hamburg gegen diesen Beschluss Beschwerde zum Hamburgischen Oberverwaltungsgericht eingelegt hatte, teilte der Beschwerdeführer dem Führungs- und Lagedienst der Polizei Hamburg und dem Oberverwaltungsgericht mit, dass geringeres Interesse an der Veranstaltung bestehe, als zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung erwartet. Die Absicht, die Demonstration durchzuführen, bestehe nicht mehr.

7

3. Mit Schreiben vom 23. Mai 2004 erhob der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgericht Hamburg Fortsetzungsfeststellungsklage mit dem Antrag festzustellen, dass die Auflage, mit der ihm musikalische Darbietungen jeglicher Art durch Musikgruppen untersagt worden seien, rechtswidrig gewesen sei.

8

Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, es bestehe Wiederholungsgefahr, weil das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung nur teilweise wiederhergestellt und die Freie und Hansestadt Hamburg zudem dagegen Beschwerde eingelegt habe. Außerdem habe er ein Rehabilitationsinteresse. Die Untersagung von Musikdarbietungen sei auch insoweit rechtswidrig, als sie sich auf die vom Verwaltungsgericht Hamburg untersagten Texte beziehe.

9

In ihrer Klageerwiderung räumte die Freie und Hansestadt Hamburg ein, dass die angegriffene Auflage nicht frei von Rechtsfehlern sei, weil sie mit der Untersagung musikalischer Darbietungen jeder Art nicht hinreichend deutlich mache, dass Kern der Auflage die Untersagung der Darbietungen zweier sogenannter Skinbands gewesen sei. Die Musikdarbietungen der vom Beschwerdeführer für die Versammlung avisierten Bands seien jedoch zu Recht untersagt worden. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts, der nur die Darbietung bestimmter Texte untersage, greife zu kurz. Schon die Teilnahme der betreffenden Bands als solche stehe wegen der Gewaltorientierung einiger Liedtexte mit der öffentlichen Ordnung nicht im Einklang.

10

4. Mit Urteil vom 14. Oktober 2004 wies das Verwaltungsgericht die Klage mangels Feststellungsinteresses ab. Wiederholungsgefahr bestehe schon deshalb nicht, weil die Freie und Hansestadt Hamburg zugestanden habe, dass die Auflage nicht frei von Rechtsfehlern, insbesondere nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. Es sei deshalb nicht zu erwarten, dass in einer vergleichbaren Situation wieder eine Auflage dieses Inhalts gemacht werde. Wie eine rechtmäßige Auflage auszusehen habe, sei nicht Gegenstand des Verfahrens. Auch ein Rehabilitationsinteresse bestehe nicht.

11

5. Seinen gegen dieses Urteil gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung begründete der Beschwerdeführer insbesondere damit, dass die Auflage keineswegs zu unbestimmt sei und weiterhin von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen werden müsse. Insoweit bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Es sei klar erkennbar, dass musikalische Darbietungen jeder Art durch Musikgruppen hätten verboten werden sollen. Es sei irrig, dass mit einer Wiederholung der Auflage nicht zu rechnen sei. Vielmehr bestehe weiterhin Wiederholungsgefahr, weil nicht auszuschließen sei, dass eine derartige Auflage künftig mit dem Ergebnis erneut erlassen werde, dass Musikgruppen in Demonstrationen des Beschwerdeführers generell nicht auftreten dürften. Die Freie und Hansestadt Hamburg habe bei einer vom Beschwerdeführer veranstalteten Demonstration im September 2004 erneut versucht, mit einer Auflage den Auftritt einer Musikgruppe zu verhindern.

12

6. Mit Beschluss vom 28. Juni 2006 lehnte das Hamburgische Oberverwaltungsgericht den Berufungszulassungsantrag des Beschwerdeführers ab.

13

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung bestünden nicht. Hinsichtlich der Wiederholungsgefahr habe das Verwaltungsgericht zu Recht berücksichtigt, dass die Freie und Hansestadt Hamburg unmissverständlich erklärt habe, dass der Tenor ihrer Auflage nicht frei von Rechtsfehlern gewesen sei. Soweit das Gericht daraus geschlossen habe, eine Verfügung desselben Inhalts in einer vergleichbaren Situation werde nicht ergehen, würden dagegen mit dem Zulassungsantrag durchgreifende Gründe nicht vorgebracht. Gegenstand einer Fortsetzungsfeststellungsklage könne nicht die allgemeine Feststellung sein, dass die Versammlungsbehörde in der Vergangenheit rechtswidrig gehandelt habe. Die Fortsetzungsfeststellungsklage beziehe sich vielmehr ausschließlich auf den erledigten Verwaltungsakt. Auch sei die Frage, wie eine rechtmäßige Auflage zur Untersagung verbotswidriger musikalischer Darbietungen im Einzelnen beschaffen sein müsse, nicht Gegenstand der anhängigen Fortsetzungsfeststellungsklage. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Urteils bestünden auch nicht, soweit das Verwaltungsgericht ein Rehabilitationsinteresse verneint habe. Schließlich sei die Berufung auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

14

7. Mit der Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. Oktober 2004 und der Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2006 verletzten ihn in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.

15

Die Untersagung wesentlicher Programmpunkte der von ihm angemeldeten Demonstration habe ihn beschwert. Die später von der Freien und Hansestadt Hamburg abgegebene Erklärung sei als rein prozesstaktisch zu werten. Die Auflage sei tatsächlich nicht unbestimmt gewesen. Sie habe vielmehr sehr bestimmt musikalische Darbietungen jeglicher Art durch Musikgruppen anlässlich der Demonstration verboten. Dass das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht dies anders sähen und folglich die Klage abgewiesen und den Berufungszulassungsantrag abgelehnt hätten, verletze den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG. Denn es habe evident Wiederholungsgefahr bestanden. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Behörde für Inneres mit Verfügung vom 25. August 2004 für eine spätere Demonstration des Beschwerdeführers musikalische Darbietungen der Musikgruppe "O…" untersagt habe. Dabei sei unerheblich, dass mit dieser Verfügung speziell der Auftritt einer Musikgruppe und nicht der Auftritt aller Musikgruppen untersagt worden sei. Denn es sei für diese Demonstration nur diese eine Musikgruppe angemeldet gewesen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts seien aufzuheben, damit die Fachgerichte in der Sache entschieden.

16

8. Zu der Verfassungsbeschwerde hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg Stellung genommen.

17

Er hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet und verweist auf die angegriffenen Entscheidungen. Ergänzend führt er aus, die Freie und Hansestadt Hamburg habe im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeräumt, dass die Auflage mit dem Verbot jeglicher Musikdarbietungen nicht frei von Rechtsfehlern sei, weil sie nicht hinreichend deutlich mache, dass musikalische Darbietungen der beiden konkret angekündigten Musikgruppen hätten untersagt werden sollen. Dementsprechend sei die Auflage in der Anmeldebestätigung vom 25. August 2004 auch so gefasst worden, dass nur Darbietungen der vom Beschwerdeführer angemeldeten konkreten Musikgruppe, nicht Musikdarbietungen jeglicher Art untersagt worden seien. Die Versammlungsbehörde habe also bereits bei der nächsten derartigen Versammlung nach der gegenüber dem Verwaltungsgericht abgegebenen Erklärung gehandelt. Dass das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen diese Auflage teilweise wiederhergestellt habe, könne nicht als Beleg für eine Wiederholungsgefahr herangezogen werden.

II.

18

Die zulässige Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (vgl. § 93b Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (vgl. BVerfGE 110, 77 <89 ff.>). Die Kammer kann deshalb nach § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG der Verfassungsbeschwerde stattgeben, weil sie offensichtlich begründet ist.

19

1. Die angegriffenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts verletzen den Beschwerdeführer in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

20

a) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt. Die in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert, die wie mit der vom Beschwerdeführer in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erhobenen Fortsetzungsfeststellungsklage Vorkehrungen dafür treffen, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne die Möglichkeit fachgerichtlicher Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 110, 77 <85>). Die Zulässigkeit eines Rechtsschutzbegehrens ist dabei allerdings vom Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses bei der Verfolgung eines subjektiven Rechts abhängig. Damit der Rechtsschutz nicht unzumutbar beschränkt wird, dürfen aber an ein solches Rechtsschutzbedürfnis keine aus Sachgründen nicht zu rechtfertigenden Anforderungen gestellt werden (vgl. BVerfGE 78, 88 <99>; 110, 77 <85>).

21

Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantiert den Rechtsweg nicht nur bei aktuell anhaltenden, sondern auch bei in der Vergangenheit erfolgten Rechtsverletzungen, wenn ein darauf bezogenes Rechtsschutzbedürfnis besteht (vgl. BVerfGE 104, 220 <232 f.>; 110, 77 <85>). Darüber hinaus gewährt Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nach Maßgabe der Sachentscheidungsvoraussetzungen auch einen Anspruch auf Rechtsschutz in einem Hauptsache- und nicht nur in einem Eilverfahren (vgl. BVerfGE 110, 77 <86>).

22

In versammlungsrechtlichen Verfahren sind die Anforderungen, die bei einer insoweit als Hauptsacherechtsbehelf in Betracht kommenden Fortsetzungsfeststellungsklage für die Beurteilung des Rechtsschutzinteresses gelten, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Versammlungsfreiheit anzuwenden. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht aber dann, wenn die Gefahr einer Wiederholung des Eingriffs besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (vgl. BVerfGE 110, 77 <89>). Stets anzunehmen ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei Vorliegen einer Wiederholungsgefahr (vgl. BVerfGE 110, 77 <90>). Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt dabei zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Betroffenen voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (vgl. BVerfGE 110, 77 <90>).

23

Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden (vgl. BVerfGE 110, 77 <90 f.>). Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiteren Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird. Ist gerichtlicher Eilrechtsschutz erlangt worden, bestehen aber Anhaltspunkte dafür, dass eine Behörde sich nicht an den im vorangegangenen Eilverfahren vorgenommenen gerichtlichen Bewertungen ausrichten wird, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen, es sei denn die konkret betroffene Behörde hat eindeutig erkennen lassen, in Zukunft von einer Wiederholung der Beschränkung unter Verwendung der von ihr ursprünglich gegebenen Begründung absehen zu wollen (vgl. BVerfGE 110, 77 <91>).

24

b) Nach diesen Maßstäben verletzen die angegriffenen Entscheidungen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Denn danach hätten die Gerichte das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr nicht verneinen dürfen.

25

aa) Entgegen der vom Oberverwaltungsgericht bestätigten Auffassung des Verwaltungsgerichts ließ sich aus der Erklärung der Freien und Hansestadt Hamburg in ihrer Klageerwiderung, die vom Beschwerdeführer mit der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffene Auflage sei nicht frei von Rechtsfehlern, nicht schließen, dass in einer vergleichbaren Situation nicht erneut eine Auflage gleichen Inhalts erlassen werde.

26

Zwar wurde mit dieser Erklärung eingeräumt, dass die jegliche Musikdarbietungen von Musikgruppen untersagende Auflage nicht frei von Rechtsfehlern gewesen sei. Diese Fehler wurden aber nur darin gesehen, dass die Auflage nicht hinreichend deutlich mache, dass ihr Kern die Untersagung von musikalischen Darbietungen der beiden vom Beschwerdeführer angekündigten Skinheadbands gewesen sei, weil sie ihrem Wortlaut nach jegliche Musikdarbietung untersage. Nur insoweit hat die Freie und Hansestadt Hamburg auch den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Im Übrigen hat sie jedoch ausdrücklich daran festgehalten, dass Auftritte der vom Beschwerdeführer engagierten Bands zu Recht vollständig untersagt worden seien. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat damit aber deutlich gemacht, dass nach ihrer Auffassung die mit der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffene Auflage, auch wenn sie ihrem Wortlaut nach zu weit gefasst ist, den Auftritt der vom Beschwerdeführer angekündigten Musikgruppen in rechtmäßiger Weise untersagt hat.

27

Dabei lässt die Klageerwiderung vom 17. Juni 2004 auch nicht erkennen, dass die Versammlungsbehörde an der Begründung für die Auflage nicht mehr festhält, die Inhalte der dem rechten Spektrum nahestehenden Musikgruppen bauten, selbst wenn sie weder strafbar noch indiziert seien, tendenziell Feindbilder auf, würden von weiten Teilen der Bevölkerung als aggressiv wahrgenommen, sollten Gewalthandlungen auslösen und gefährdeten die öffentliche Ordnung, weil sie bei weiten Teilen der Bevölkerung die Assoziation einer Verherrlichung nationalsozialistischen Gedankenguts hervorriefen. Dementsprechend hat die Versammlungsbehörde die Untersagung des Auftritts einer anderen Musikgruppe bei einer vom Beschwerdeführer für den 4. September 2004 zum selben Thema angemeldeten Demonstration in der Anmeldebestätigung vom 25. August 2004 auch wiederum auf diese Argumentation gestützt.

28

Räumt die Versammlungsbehörde zwar ein, dass die Formulierung einer Auflage nicht in jeder Hinsicht rechtsfehlerfrei sei, bleibt sie aber gleichzeitig dabei, dass die Auflage in ihrem Kern, dem Verbot des vom Beschwerdeführer angekündigten Auftritts zweier Musikgruppen, rechtmäßig gewesen sei, ohne sich von der dem Verbot zugrundeliegenden und auf andere Musikgruppen übertragbaren Begründung zu distanzieren, so liegen darin hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sie an ihrer Rechtsauffassung festhalten und deshalb vergleichbare Versammlungen des Beschwerdeführers aus den gleichen Gründen wie bisher durch eine Untersagung des Auftritts von Musikgruppen, die vergleichbare Musikinhalte vertreten, beschränken wird. Verneinen die Gerichte in einem solchen Fall die Wiederholungsgefahr und damit das für die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse, so verletzt dies den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.

29

bb) Die Wiederholungsgefahr ist auch nicht durch das vorangegangene Eilverfahren, in dem der Beschwerdeführer in weitem Umfang Erfolg gehabt hat, entfallen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die betroffene Behörde in Anschluß hieran eindeutig erkennen ließe, in Zukunft der Auffassung des Verwaltungsgerichts folgen und von einer Wiederholung vergleichbarer Versammlungsbeschränkungen mit der von ihr ursprünglich gegebenen Begründung absehen zu wollen (vgl. BVerfGE 110, 77 <91>). Davon kann vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden.

30

Mit Beschluss vom 22. Mai 2004 hat das Verwaltungsgericht Hamburg die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Beschwerdeführers gegen die jegliche Musikdarbietungen untersagende Auflage mit der Maßgabe wieder hergestellt, dass auf der Versammlung lediglich bestimmte Texte nicht dargeboten werden durften. Es hat dies damit begründet, dass eine generelle Untersagung musikalischer Darbietungen rechtsgerichteter Musikgruppen zur Gefahrenabwehr nicht erforderlich sei. Weder erfülle jeder aggressive, militante oder sonst überzogene Text einen Straftatbestand noch sei die öffentliche Ordnung stets betroffen. Lediglich ein Teil der Texte rufe deutlich zur Anwendung von Gewalt auf. Nur ein auf diese Texte beschränktes Verbot sei daher notwendig und verhältnismäßig.

31

Die Versammlungsbehörde hat demgegenüber stets zu erkennen gegeben, dass sie diese Rechtsauffassung nicht teilt und sich folglich auch in Zukunft nicht an dieser ausrichten will. Sie hatte bereits gegen die Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg Beschwerde eingelegt - über die dann aus prozessualen Gründen nicht mehr entschieden werden musste - und auch in ihrer Klageerwiderung ausdrücklich betont, dass ihrer Ansicht nach die Darbietungen der vom Beschwerdeführer angekündigten Musikgruppen zu Recht untersagt worden seien und der das Verbot der Musikdarbietungen beschränkende Beschluss des Verwaltungsgerichts zu kurz greife, weil schon die Teilnahme der Bands als solche wegen der Gewaltorientierung einiger Liedtexte mit der öffentlichen Ordnung nicht in Einklang zu bringen sei. Die Versammlungsbehörde hat also keineswegs eindeutig erkennen lassen, in Zukunft von einer Wiederholung der angegriffenen Auflage mit der gleichen Begründung absehen zu wollen, sondern im Gegenteil ausdrücklich an ihrer abweichenden Rechtsauffassung festgehalten.

32

cc) An der Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ändert auch der Hinweis des Verwaltungsgerichts darauf nichts, dass es, nachdem die Versammlungsbehörde die Fehlerhaftigkeit ihrer Entscheidung eingeräumt habe, nicht Gegenstand des Verfahrens sei, wie eine rechtmäßige Auflage auszusehen habe.

33

Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage war die damit angegriffene Auflage. Diese verbot zwar ihrem Wortlaut nach jegliche Musikdarbietung von Musikgruppen. Sie zielte aber, wie die Freie und Hansestadt Hamburg selbst dargelegt hat, im Kern darauf ab, den vom Beschwerdeführer angekündigten Auftritt zweier rechtsgerichteter Musikgruppen zu untersagen. Da die Auflagenbegründung ausdrücklich an die Anmeldung dieser Musikgruppen anknüpfte, war dies auch für den Adressaten der Auflage ohne weiteres erkennbar. Die Untersagung jeglicher Musikdarbietungen von Musikgruppen war damit vor allem als Verbot des Auftritts der vom Beschwerdeführer angekündigten Bands aus dem rechten Spektrum zu verstehen und daher als solches auch Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage. Es ging deshalb bei der Entscheidung über diese Klage nicht um die abstrakte Klärung der Voraussetzungen, unter denen ein Verbot von Musikdarbietungen in rechtmäßiger Weise hätte erlassen werden dürfen, sondern um die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines konkreten Verbots des Auftritts zweier bestimmter Musikgruppen um zu klären, ob der Beschwerdeführer künftig in einer vergleichbaren Situation das generelle Verbot des Auftritts im Wesentlichen gleichartiger Musikgruppen hinnehmen muss. Da die Versammlungsbehörde erklärtermaßen weiterhin in vollem Umfang von der Rechtmäßigkeit dieses Verbots ausging, konnten die Gerichte insoweit die Wiederholungsgefahr aber nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verneinen. Es war vielmehr zu erwarten, dass die Behörde an ihrer Rechtsauffassung festhalten und ein vergleichbares Verbot mit gleicher Begründung bei vergleichbaren Versammlungen des Beschwerdeführers erneut erlassen würde.

34

2. Der Aufhebung der angegriffenen Entscheidungen steht auch nicht entgegen, dass eine Annahme zur Entscheidung dann nicht angezeigt ist, wenn die Verfassungsbeschwerde auch bei einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben könnte (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Dies käme zwar dann in Betracht, wenn es an der weiteren für die Annahme einer Wiederholungsgefahr erforderlichen Voraussetzung der Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Beschwerdeführer fehlen würde (vgl. BVerfGE 110, 77 <90>). Jedoch kann davon nicht ausgegangen werden. Denn diese Möglichkeit kann hier nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Immerhin hatte der Beschwerdeführer bereits für den 4. September 2004 erneut eine Demonstration in Hamburg unter dem Motto "Musikfreiheit ist Meinungsfreiheit" angemeldet, in deren Rahmen wiederum eine Musikgruppe auftreten sollte.

35

3. Ist damit der Verfassungsbeschwerde stattzugeben, so ist nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG festzustellen, dass die angegriffenen Entscheidungen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzen. Außerdem hebt das Bundesverfassungsgericht nach § 95 Abs. 2 BVerfGG die Entscheidungen auf und verweist die Sache an das Verwaltungsgericht Hamburg als zuständiges Gericht zurück.

36

4. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers im Verfassungsbeschwerdeverfahren nach § 34a Abs. 2 BVerfGG zu erstatten.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

(2) Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn

1.
die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert, und
2.
nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin ist ein Ort nach Satz 1 Nr. 1. Seine Abgrenzung ergibt sich aus der Anlage zu diesem Gesetz. Andere Orte nach Satz 1 Nr. 1 und deren Abgrenzung werden durch Landesgesetz bestimmt.

(3) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind, wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwidergehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 oder 2 gegeben sind.

(4) Eine verbotene Veranstaltung ist aufzulösen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.