Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Die Verfahren Au 8 K 17.1005 und Au 8 K 17.1006 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Bescheide des Landratsamts ... jeweils vom 1. Juni 2017 werden in Ziffern 5, 7.1 Satz 2 bis 6 sowie 7.16 aufgehoben.

Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

III. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3.

IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen Nebenbestimmungen, die zu den glücksspielrechtlichen Erlaubnissen zum Betrieb zweier Spielhallen erteilt wurden.

Die Klägerin betreibt in einem Gebäude die zwei Spielhallen „...“ (Au 8 K 17.1005) und „...“ (Au 8 K 17.1006). Dafür wurde ihr vom Beklagten jeweils mit Bescheiden vom 7. Oktober 2008 die unbefristete Erlaubnis zum Betrieb der Spielhallen nach § 33i Abs. 1 der Gewerbeordnung erteilt. Am 13. März 2017 beantragte die Klägerin u.a. jeweils die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb der Spielhallen „...“ und „...“ sowie jeweils eine Befreiung von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund.

Mit zwei Bescheiden vom 1. Juni 2017 erteilte der Beklagte der Klägerin die glücksspielrechtlichen Erlaubnisse zum Betrieb der Spielhallen „...“ und „...“ im Umfang der erteilten gewerberechtlichen Erlaubnisse (jeweils Nr. 1). Ebenso wurden der Klägerin in Bezug auf die Mehrfachspielhallen „...“ und „...“ bis zum 30. Juni 2021 befristete Befreiungen von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund erteilt (Nr. 3).

Darüber hinaus enthielten die Bescheide vom 1. Juni 2017 folgende Bestimmungen:

„5. [Die Klägerin] wird verpflichtet, die von ihr vorgelegten Konzepte bzw. die Unterlassungserklärung, die zum Bestandteil dieser Erlaubnis gemacht/erklärt werden, vollumfänglich einzuhalten; es sind dies:

a) die Unterlassungserklärung zum Internetverbot vom 13. März 2017

b) das Werbekonzept in der Fassung vom 13. März 2017, soweit es nicht im Folgenden abgelehnt wird

c) das Sozialkonzept in der Fassung vom 16. Februar 2015

d) das Anpassungskonzept in der Fassung vom 13. März 2017

6. Die Befreiung von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund unter Nummer 3 dieses Bescheides ergeht unter der auflösenden Bedingung und erlischt, wenn [die Klägerin] die Bestimmungen des Anpassungskonzeptes in der Fassung vom 13. März 2017 für den Zeitraum der Geltungsdauer der Befreiung nicht einhält.“

7. Die Erlaubnis wird unter folgenden Auflagen erteilt:

7.1 Die Einhaltung der Jugendschutzanforderungen gemäß § 4 Abs. 3 GlüStV i.V.m. § 6 Abs. 2 JuSchG ist dauerhaft sicherzustellen. Die Spielteilnahme von Personen unter 18/21 Jahren ist unzulässig. Für die Einhaltung des Betretungsverbots und des Teilnahmeverbots von Personen unter 18/21 Jahren ist Sorge zu tragen. An jeder Zutrittsmöglichkeit zu der Spielhalle ist ein deutlich lesbares Schild mit dem Hinweis anzubringen, dass Personen unter 18/21 Jahren, mit Ausnahme verheirateter Jugendlicher, der Zutritt nicht gestattet ist. Wenn Zweifel hinsichtlich des Alters bestehen, ist die Vorlage eines amtlichen Ausweises zu verlangen. Kann dies nicht geklärt werden, ist der Zutritt zu verweigern. Falls Personen unter 18/21 Jahren die Spielstätte betreten, sind diese unverzüglich des Hauses zu verweisen.

7.2 Durch eine unabhängige Prüfungsorganisation ist die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen, die Einhaltung des Sozialkonzeptes und die Durchführung des Anpassungskonzeptes zu zertifizieren. Im Zwei-Jahresrhythmus ab Erteilung dieser Erlaubnis sind Zertifizierungsmaßnahmen der unabhängigen Prüforganisation in Form unangekündigter Audits und wiederkehrender Kontrollen durchzuführen. Der Bericht über die Zertifizierung ist der Erlaubnisbehörde innerhalb eines Jahres nach dem Stichtag der Zertifizierung vorzulegen.

7.3 Das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen im Internet ist gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV verboten.

7.4 Von der äußeren Gestaltung der Mehrfachspielhalle darf keine Werbung für den Spielbetrieb oder die in den Spielhallen angebotenen Spiele ausgehen oder durch eine besonders auffällige Gestaltung ein zusätzlicher Anreiz für den Spielbetrieb geschaffen werden (vgl. §§ 5, 26 Abs. 1 GlüStV).

7.5 Die Verwendung von Pylonen, Fahnen und/oder ähnlich besonders auffälligen Gestaltungen als Werbemittel ist nicht zulässig (vgl. auch vorgelegtes Werbekonzept und §§ 5, 26 Abs. 1 GlüStV).

7.6 Für die Benennung der Spielhallen und in der laufenden Werbung sind spielanreizende Bezeichnungen wie „Casino“ und/oder „Spielbank“ unzulässig (vgl. §§ 5, 26 Abs. 1 GlüStV).

7.7 Die Verwendung von Spielmarken (Jetons und Chips) und von zum Zweck des öffentlichen Glücksspiels ausschließlich in Spielbanken zugelassenen Spielgeräten (z. B. Roulettetisch) bei Werbemaßnahmen ist unzulässig. Auch eine Werbung mit Boni über SMS ist nicht erlaubt.

7.8 Werbung im Internet und Fernsehen sowie über Telekommunikationsanlagen (einschließlich E-Mail und SMS) ist gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV verboten.

7.9 Die Einhaltung der Anforderungen des Sozialkonzepts nach § 6 GlüStV i.V.m. den Vorgaben des Anhangs „Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht“ zum GlüStV (insbesondere regelmäßige Schulung des Personals, Dokumentation der Maßnahmen sowie Auslage der Informationen zur Spielsucht) sind dauerhaft sicherzustellen.

7.10 Im Zwei-Jahresrhythmus ab Erteilung dieser Erlaubnis ist unaufgefordert unter Vorlage der Dokumentation zum Jugend- und Spielerschutz über die im Sozialkonzept beschriebenen getroffenen Maßnahmen an die Erlaubnisbehörde zu berichten.

7.11 Die Einhaltung der Anforderungen an die Aufklärung über Sucht Risiken gemäß § 7 GlüStV ist dauerhaft durch gut sichtbaren Aushang in den Räumen der Spielhallen sicherzustellen. Ebenso sind die Informationen zum Spielerschutz gemäß dem Sozialkonzept für jedermann zugänglich und gut sichtbar zur Verfügung zu stellen. Der Name und die Erreichbarkeit des Ansprechpartners für das Sozialkonzept und den Spielerschutz in der Spielstätte sowie die örtliche Suchtberatungsstelle und die zuständige Erlaubnisbehörde sind durch gut sichtbaren Aushang bekannt zu geben.

7.12 Spielgäste mit offensichtlich pathologischem oder problematischem Spielverhalten sind anzusprechen und auf das örtliche Hilfesystem hinzuweisen. Dies sowie die zum Schutz des Spielers getroffenen Maßnahmen sind zu dokumentieren.

7.13 In der Spielhalle dürfen keine Sportwetten vermittelt werden (vgl. Art. 7 Abs. 4 AGGlüStV, § 21 Abs. 2 GlüStV). Die in der Spielhalle/den Spielhallen befindlichen Einrichtungen mit Internetzugriff sind zudem so zu programmieren (z. B. Sperrsoftware), dass damit keine Sportwetten oder sonstige illegale Glücksspiele durchgeführt werden können.

7.14 Das Aufstellen, Bereithalten oder die Duldung von technischen Geräten zur Bargeldabhebung, insbesondere ECoder Kreditkartenautomaten, in der Mehrfachspielhalle und im umliegenden Einflussbereich des Spielhallenbetreibers (z. B. Eingangsbereich, Nebenräume, Parkplatz) ist unzulässig.

7.15 Den Spielern dürfen neben der Ausgabe von Gewinnen über gemäß § 33c GewO zugelassene Spielgeräte keine sonstigen Gewinnchancen in Aussicht gestellt und keine Zahlungen oder sonstige finanzielle Vergünstigungen gewährt werden, insbesondere keine kostenlosen Getränke oder Speisen.

7.16 Ein Abdruck dieser glücksspielrechtlichen Erlaubnis, das Werbekonzept und das Sozialkonzept sowie die dazugehörigen Dokumentationen zum Jugend- und Spielerschutz sind jederzeit zur Einsichtnahme durch [die Erlaubnisbehörde] in den Spielhallen bereitzuhalten.

7.17 Die Erlaubnisinhaberin muss das in der Mehrfachspielhalle beschäftigte Personal bei Aufnahme des jeweiligen Arbeitsverhältnisses auf die für die Tätigkeit relevanten Bestimmungen des GlüStV und des AGGlüStV sowie die Auflagen dieser Erlaubnis hinweisen. Dies ist zu dokumentieren.

Die Bescheide wurden im Einzelnen damit begründet, dass die erforderlichen glücksspielrechtlichen Erlaubnisse erteilt werden dürften, da die Errichtung und der Betrieb der Spielhallen nicht den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages zuwiderlaufen würden. Die auflösenden Bedingungen unter Ziffern 6. der Bescheide seien zulässig. Sie könnten auf § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV gestützt werden und seien erforderlich, um die gesetzlichen Voraussetzungen des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV sicherzustellen. Die unter Ziffern 7. erlassenen Auflagen würden sicherstellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Erlaubnisse erfüllt würden. Die Einhaltung der Schutzanforderungen, des Internetverbots, der Werbebeschränkungen, der Anforderungen an das Sozialkonzept und der Anforderungen an die Aufklärung über Suchtrisiken diene den in § 1 GlüStV benannten Zielen. Ziffern 7.2 des Bescheids dienten der weiteren Kontrolle, ob der Gefährlichkeit, die von den weiterhin bestehenden Spielhallen im baulichen Verbund ausgehe, durch die Umsetzung der Sozialkonzepte, der gesetzlichen Vorschriften und der Anpassungskonzepte Rechnung getragen werde. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit müsse beachtet werden, dass der Klägerin sie begünstigende Rechtspositionen gewährt würden, auf deren Erteilung sie keinen Anspruch habe. Zur Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV müssten die Spieler durch den Aushang bzw. das Auslegen von Informationen zum Spielerschutz in die Lage versetzt werden, ihre Gefährdungslage einzuschätzen und sich darüber informieren zu können, welche Ansprechpartner vorhanden seien. Die Möglichkeit, sich am Ort der Spielteilnahme mittels EC- und Kreditkarten Bargeld beschaffen zu können, erhöhe das Risiko eines suchtgefährdenden Spielverhaltens und einer Verschuldung. Die Bereithaltung der in Ziffern 7.16 genannten Dokumente ermögliche es, die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und Werbung hierfür unterblieben. Die Hinweispflichten der Klägerin gegenüber dem Personal auf die einschlägigen Vorschriften des Glücksspielrechts sowie die Auflagen dieser Erlaubnis seien erforderlich, um eine Einhaltung dieser Anforderungen sicherzustellen.

Auf die Bescheide im Übrigen wird verwiesen.

Mit Schriftsätzen vom 30. Juni 2017 ließ die Klägerin gegen die einzelnen Bescheide vom 1. Juni 2017 jeweils Klage erheben.

Zur Begründung wurde in den Schriftsätzen jeweils vom 8. Dezember 2017 im Einzelnen ausgeführt, dass die Klagen als Anfechtungsklagen statthaft seien. Hinsichtlich Ziffern 6. und 7. der Bescheide des Beklagten vom 1. Juni 2017 ergebe sich dies bereits daraus, dass Anfechtungsklagen gegen Nebenbestimmungen immer zulässig seien, solange isolierte Aufhebungen nicht offenkundig von vornherein ausscheiden würden. Hinsichtlich Ziffern 5. der Bescheide sei ebenso die Anfechtungsklage statthaft, da es sich bei Ziffern 5. um rein deklarative Inhaltsbestimmungen handeln würde. Ziffern 5. der Bescheide vom 1. Juni 2017 verstießen gegen das Bestimmtheitsgebot. Es werde aus den Klauseln nicht ersichtlich, ob der Erlaubnisgegenstand „Betrieb der Spielhalle“ an den rechtlichen (Fort-) Bestand der von der Klägerin vorgelegten Konzepte und Unterlassungserklärungen gebunden werde oder ob die Inhaltsbestimmung darüber hinausgehend an die stete und vollumfängliche Einhaltung der vorgelegten Konzepte und der Unterlassungserklärung geknüpft sei. Da Ziffern 5. nicht untrennbar mit den übrigen Erlaubnissen verbunden seien, müsse deren isolierte Aufhebung erfolgen. Rechtsgrundlage für Ziffern 6. stelle Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG dar. Die Beifügung der auflösenden Bedingungen sei zur Sicherung der tatbestandlichen Voraussetzungen der Befreiungserteilungen nicht erforderlich, darüber hinaus ermessensfehlerhaft sowie unverhältnismäßig. Im Zeitpunkt der Entscheidung über die Befreiungserteilungen seien die Voraussetzungen für die Befreiungen gegeben gewesen, so dass die auflösenden Bedingungen in Ziffern 6. nicht erforderlich seien, um die gesetzlichen Voraussetzungen für die Befreiungserteilungen sicherzustellen. Die Klägerin habe zudem einen Anspruch auf Erteilung der Befreiungen, da das Befreiungsermessen zugunsten der Klägerin jeweils auf Null reduziert sei. Dadurch, dass den Befreiungen Nebenbestimmungen beigefügt worden seien, hätte die Behörde diese Ansprüche eingeschränkt und somit ermessensfehlerhaft gehandelt. Die Unverhältnismäßigkeit ergebe sich daraus, dass das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Anpassungskonzepte ebenso gut durch Auflagen gewährleistet werden könne. Die in Ziffern 7.2 enthaltenen Auflagen seien deswegen ermessensfehlerhaft, weil das Befreiungsermessen zugunsten der Klägerin auf Null reduziert sei und die Klägerin deshalb jeweils einen Anspruch auf Erteilung der Befreiung habe. Diese Ansprüche dürften durch die Behörde nicht mittels Nebenbestimmungen wieder eingeschränkt werden. Jedenfalls sei die Beifügung der Auflagen ermessensfehlerhaft, weil die Auflagen allein dem Zweck dienten, die behördlichen Kontrolltätigkeiten im Zusammenhang mit der jeweiligen Umsetzung des Sozial- und des Anpassungskonzeptes zu erleichtern. Die jeweilige Verwendung des Terminus „durch eine unabhängige Prüforganisation“ werde dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht gerecht. Rechtsgrundlage für Ziffern 7.1 sowie Ziffern 7.3 - 7.17 der Bescheide vom 1. Juni 2017 sei Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG, da auf die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnisse ein Anspruch bestehe. Ziffern 7.1 der Bescheide vom 1. Juni 2017 seien nicht hinreichend bestimmt. Aus den Formulierungen „Personen unter 18/21 Jahren“ ergebe sich nicht klar, auf welche Personen sich die auferlegten Pflichten beziehen würden. Zudem lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG nicht vor, da die Auflagen nicht erforderlich seien, um die Einhaltung der Voraussetzungen für die Erteilung der glückspielrechtlichen Erlaubnisse hinsichtlich des Jugendschutzes zu gewährleisten. Es sei in der Regel davon auszugehen, dass der Betrieb einer Spielhalle den Zielen des Jugendschutzes nicht zuwiderlaufe, wenn die speziellen Vorschriften zum Jugendschutz im Staatsvertrag und dem Jugendschutzgesetz eingehalten würden. Dem Verweis auf die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags käme nur noch eine Auffangfunktion zu, die sich auf die Verhinderung von konkreten Gefahren beschränken müsse. Zudem setze auch Art. 9 Abs. 1 Nr. 2 a) AGGlüStV nicht voraus, dass die Einhaltung der Jugendschutzanforderungen auf Dauer gesichert sein müsse. Vielmehr müsse die Behörde nachweisen, dass ohne die Nebenbestimmungen in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Versagungstatbestand eintreten würde. Die Klägerin erfülle auch ohne die Auflagen, die Einhaltung der Jugendschutzanforderungen dauerhaft sicherzustellen, die Voraussetzungen für die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnisse, da sich alle in den Auflagen genannten Pflichten schon aus den gesetzlichen Vorgaben der §§ 4 Abs. 3 GlüStV, 2, 3 Abs. 1, 6 JuSchG ergäben und keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass die Klägerin in überschaubarer Zukunft gegen diese Pflichten verstoßen werde. Jedenfalls seien Ziffern 7.1 der Bescheide vom 1. Juni 2017 gemäß Art. 36 Abs. 3 BayVwVfG ermessensfehlerhaft, da sie ohne konkreten Anlass auf Vorrat beigefügt worden seien. Außerdem habe die Behörde die Ausdehnung des Schutzes auf Personen unter 21 Jahren mit keinem Wort begründet. Es sei keine Rechtfertigung dafür ersichtlich, erwachsene Menschen zwischen 18 und 21 Jahren aus Spielhallen auszuschließen. Ziffern 7.3 wiederholten lediglich ein gesetzlich geregeltes Verbot, seien nicht vom Tatbestand des Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG gedeckt und verstießen gegen Art. 36 Abs. 3 BayVwVfG.

Aus denselben Gründen seien auch Ziffern 7.4 - 7.17 rechtswidrig. Insbesondere sei die Verwendung der Termini „zusätzlicher Anreiz für den Spielbetrieb“, „besonders auffällige Gestaltungen“ und „spielanreizende Bezeichnungen“ sowie „offensichtlich pathologischem oder problematischem Spielverhalten“ zu unbestimmt.

Auf die Klagebegründungen im Übrigen wird verwiesen.

Die Klägerin hat zuletzt jeweils beantragt,

Ziffern 5, 6 und 7 (7.1-7.17) der jeweiligen Bescheide des Beklagten vom 1. Juni 2017 aufzuheben.

Der Beklagte trat dem Klagebegehren jeweils mit Schriftsätzen vom 15. Mai 2018 entgegen und hat beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die angegriffenen Ziffern der Bescheide vom 1. Juni 2017 rechtmäßig seien. Ziffern 5 stützten sich auf Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG i.V.m. § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV und stellten sicher, dass die Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 1 AGGlüStV eingehalten würden. Sie seien auch hinreichend bestimmt, da aus ihnen eindeutig hervorgehe, was verlangt werde. Die Klägerin müsse den Anforderungen der von ihr vorgelegten Konzepte bzw. Unterlassungserklärungen nachkommen. Hinsichtlich der jeweiligen Festsetzung der auflösenden Bedingung in Ziffern 6 der Bescheide stehe der Behörde jeweils ein Rechtsfolgeermessen zu. Zwar bleibe offen, ob ein zwingender Anspruch auf Erlaubniserteilung bestehe oder ob im Rahmen der Erlaubniserteilung noch Raum für die Ausübung von behördlichem Ermessen gegeben sei. Für Letzteres spreche jedoch, dass gemäß § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV die glücksspielerechtlichen Erlaubnisse sowohl bei deren Erteilung als auch nachträglich mit Nebenbestimmungen versehen werden „können“. Die Anpassungskonzepte seien Voraussetzung dafür, um entsprechende Befreiungen zu erhalten. Eine Nichteinhaltung nach Erteilung der Erlaubnisse würde den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags zuwiderlaufen. Verstöße gegen die Anpassungskonzepte könnten nicht als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden. Bei den Formulierungen „18/21 Jahre“ in Ziffern 7.1 der Bescheide würde es sich um Schreibfehler handeln. Die Altersbegrenzungen hätten sich auf Personen unter 21 Jahren beziehen sollen. Dahingehend wären die Auflagen abzuändern, Art. 42 BayVwVfG. Die Altersbegrenzungen seien Bestandteil der von der Klägerin vorgelegten Anpassungskonzepte. Durch die Auflagen werde sichergestellt, dass die Klägerin diesbezüglich die Anpassungskonzepte einhalte. Hinsichtlich Ziffern 7.1 - 7.17 der Bescheide sei anzuführen, dass § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV die Behörde auch zum Erlass von Nebenbestimmungen bei der Erteilung der Erlaubnis ermächtige. Die genannten Nebenbestimmungen seien notwendig, um die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnisse sicherzustellen.

Auf die Klageerwiderungen im Übrigen wird verwiesen.

In der Sache wurde jeweils am 26. Februar 2019 mündlich vor Gericht verhandelt. Auf die Niederschrift über die öffentliche Sitzung wird im Einzelnen Bezug genommen, ebenso wegen der weiteren Einzelheiten auf den Inhalt der Gerichtsakten und den von dem Beklagten vorgelegten Behördenakten.

Gründe

Die Klagen gegen die Bescheide des Beklagten vom 1. Juni 2017 sind zulässig, aber überwiegend unbegründet. Ziffern 5, 7.1. Satz 2 bis 6 und 7.16 der Bescheide sind jedoch rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Übrigen erweisen sich die verfügten Bestimmungen als rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. Die Klagen sind zulässig.

a) Die Klagen sind zulässig, soweit damit gesetzeswiederholende Verfügungen unter Ziffern 7. der Bescheide angegriffen werden. In dieser Hinsicht fehlt der Klägerin weder die Klagebefugnis noch das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. VG Hannover, U.v. 15.3.2017 – 10 A 12223/14 – juris Rn. 69 ff.), vielmehr ist eine Rechtsschutzmöglichkeit lediglich bei Hinweisen auf die bestehende Rechtslage ausgeschlossen (R.P. Schenke, in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 42 Rn. 23a). Die Bescheide vom 1. Juni 2017 differenzieren zwischen den am Ende der Bescheide enthaltenen Hinweisen und den in Ziffern 7. der Bescheide geregelten Auflagen. Da die angefochtenen gesetzeswiderholenden Verfügungen unter Ziffern 7. der Bescheide aufgeführt werden, muss sich der Beklagte an dieser klar gewählten Bezeichnung grundsätzlich festhalten lassen (Stelkens in Bonk/Stelkens/Sachs, 9, Aufl. 2018, VwVfG, § 36 Rn. 68). Die in Ziffern 7. und Ziffern 6. der streitgegenständlichen Bescheide geregelten Auflagen bzw. auflösenden Bedingungen sind isoliert anfechtbar (R.P. Schenke, in Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 22).

b) Die Klagen sind auch in Bezug auf die isolierten Anfechtungen der in Ziffern 5. der Bescheide vom 1. Juni 2017 getroffenen Verfügungen zulässig. Bei den genannten Ziffern handelt es sich um Auflagen und nicht um Inhaltsbestimmungen. Da die Ziffern 5. in den Bescheiden vom 1. Juni 2017 nicht explizit als „Auflagen“ oder „Hinweise“ bezeichnet wurden, ist im Rahmen der Auslegung, welchen Inhalt und welche Bedeutung ein bestimmter Verwaltungsakt-Zusatz haben soll, der materielle Inhalt, wie er von dem Empfänger nach den Umständen des Einzelfalls bei verständiger Würdigung gedeutet werden konnte, maßgeblich (Stelkens in Bonk/Stelkens/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 69). Eine Auflage verpflichtet den Begünstigten zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen. Diese Verpflichtung steht neben der durch den Hauptverwaltungsakt ausgesprochenen Regelung, so dass die Auflage eine selbstständige hoheitliche Anordnung ist. Eine Auflage soll die Regelungen das Hauptverwaltungsakts ergänzen, ist jedoch ein eigenständiger Verwaltungsakt (Stelkens in Bonk/Stelkens/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 83). Eine Inhaltsbestimmung ist dagegen ein Element der Hauptregelung, die das genehmigte Tun oder Verhalten festlegt und konkretisiert, indem sie die genehmigte Handlung räumlich und inhaltlich bestimmt und die Genehmigung erst ausfüllt (Stelkens in Bonk/Stelkens/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 93). Aus den Begründungen des Bescheids sowie den Klageerwiderungen jeweils vom 15. Mai 2018 ist ersichtlich, dass die Ziffern 5. die Klägerin zur Einhaltung der von ihr im Erlaubnisverfahren vorgelegten Konzepte sowie der Unterlassungserklärung verpflichten sollen. Damit liegt nach den oben genannten Maßstäben eine Auflage vor, da die Ziffern 5. im Verhältnis zum Hauptinhalt der glücksspielrechtlichen Erlaubnisse nicht zu einem „aliud“ führen.

2. In der Sache sind die Anfechtungsklagen nur zum Teil begründet. Ziffern 5., 7.1 Satz 2 bis 6 und 7.16 der Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Die in den Ziffern 5. der streitgegenständlichen Bescheide geregelten Auflagen (s. dazu oben) sind materiell rechtswidrig, da der Beklagte ermessensfehlerhaft handelte.

Rechtsgrundlage für den Erlass von Nebenbestimmungen zu einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis ist § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV i.V.m. Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG.

Art. 36 BayVwVfG ist neben § 24 GlüStV anwendbar, da letzterer keinen abschließenden Charakter hat. Dies ergibt sich durch Auslegung des § 24 GlüStV. Da dieser weder auf bestimmte Arten von Nebenbestimmungen beschränkt noch nebenbestimmungsfeindlich ist, ist davon auszugehen, dass das Fachrecht keine abschließende Regelung enthält (vgl. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 36 Rn. 26). Da auf die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich garantierten Gewerbefreiheit ein Rechtsanspruch besteht (BVerwG, U.v. 5.4.2017 – 8 C 16/16 – juris Rn. 24 m.w.N.), darf die Nebenbestimmung der Erlaubnis nur beigefügt werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden (§ 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV i.V.m. Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG). Aus der Formulierung „darf“ ergibt sich, dass die Entscheidung, ob und welche Nebenbestimmung erlassen wird, im Ermessen der Behörde steht (Stelkens in Bonk/Stelkens/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 120, 143). Eine gerichtliche Kontrolle einer Ermessensausübung ist jedoch nur eingeschränkt möglich. Nach § 114 Satz 1 VwGO prüft das Gericht nur, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Dem Gericht ist es versagt, die behördlichen Ermessenserwägungen durch eigene zu ersetzen; es darf die Entscheidung nur auf Ermessensfehler (Ermessensausfall, Ermessensdefizit, Ermessensfehlgebrauch) hin überprüfen. Wie sich aus der Systematik der streitgegenständlichen Bescheide ergibt (vgl. dazu oben), hat der Beklagte bei seinen Entscheidungen zum Erlass der Ziffern 5. nicht erkannt, dass er Auflagen erlässt. Dementsprechend hat er keinerlei Erwägungen dahingehend angestellt, wieso die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnisse unter Auflagen erfolgte, so dass ein Ermessensausfall vorliegt. Insofern ist auch eine Ergänzung der Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO nicht möglich. Im Anwendungsbereich des § 114 Satz 2 VwGO liegen nämlich die Fälle, in welchen bei einem Ermessensverwaltungsakt unvollständige Ermessenserwägungen ergänzt wurden, nicht hingegen solche, in denen es an Ermessenserwägungen bisher fehlte, das Ermessen also noch gar nicht ausgeübt wurde oder wesentliche Teile der Ermessenserwägungen ausgetauscht oder erst nachträglich nachgeschoben wurden (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, § 114 Rn. 50).

b) Die in den Ziffern 7.1 Satz 2 bis 6 der streitgegenständlichen Bescheide geregelten Auflagen sind materiell rechtswidrig, da es an den gesetzlichen Voraussetzungen für deren Erlass fehlt. Der Beklagte hat insoweit ausdrücklich klargestellt, dass sich die Altersbegrenzungen auf Personen unter 21 Jahren beziehen sollen.

Gemäß § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV i.V.m. Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden, also durch die Auflage ein Genehmigungshindernis für die beantragten glückspielrechtlichen Erlaubnisse dauerhaft beseitigt wird.

Gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 GlüStV ist die Erlaubnis zu versagen, wenn die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufen. Nach § 1 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 GlüStV gehört zu den Zielen des § 1 GlüStV der Jugendschutz. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) sind Jugendliche Personen, die 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind. Der Jugendschutz endet somit mit Vollendung des 18. Lebensjahres, so dass Personen, die mindestens 18 Jahre, aber noch keine 21 Jahre alt sind, nicht mehr von dem Ziel des Jugendschutzes aus § 1 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 GlüStV erfasst werden. Auf die Frage, ob Ziffern 7.1 Satz 2 bis 6 der streitgegenständlichen Bescheide den Spielerschutz nach § 1 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 GlüStV i.V.m. den Wertungen des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) aus § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG für Heranwachsende i.S.d. § 1 Abs. 2 JGG sicherstellen, kommt es nicht an, da die Bescheide diesbezüglich keine Erwägungen enthalten.

c) Die in den Ziffern 7.16 der streitgegenständlichen Bescheide geregelten Auflagen sind materiell rechtswidrig, da es an den gesetzlichen Voraussetzungen für deren Erlass fehlt.

Das oben dargelegte Entschließungs- und Auswahlermessen beim Erlass von Nebenbestimmungen muss sich insbesondere am Zweck der hierzu berechtigenden Ermächtigung und der vom Gesetzgeber gewollten Ordnung der Materie ausrichten. Deshalb dürfen Nebenbestimmungen nicht lediglich der Erleichterung der behördlichen Aufgabe oder irgendeinem legitimen Verwaltungszweck dienen (Stelkens in Bonk/Stelkens/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 146; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 36 Rn. 79).

Eine Rechtfertigung der Regelungen in Ziffern 7.16 der streitgegenständlichen Bescheide nach den Zwecken des § 24 Abs. 2 Satz 1 GlüStV i.V.m. § 1 GlüStV ist nicht erkennbar. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GlüStV i.V.m. Art. 10 Satz 2 AGGlüStV kann die Glücksspielaufsicht jederzeit Auskunft und Vorlage aller Unterlagen und Nachweise verlangen, die zur Überprüfung der Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen erforderlich sind. Das jederzeitige Bereithalten der glücksspielrechtlichen Erlaubnisse, der Werbe- und Sozialkonzepte sowie der dazugehörigen Dokumentationen zum Jugend- und Spielerschutz in den Spielhallen dient lediglich der Beschleunigung der Vorlage der Dokumente, so dass Ziffern 7.16 der streitgegenständlichen Bescheide primär dem Kontrollinteresse der Verwaltung dienen (vgl. BayVGH, U.v. 12.10.1998 – 24 B 97.3617 – juris Rn. 26 ff.). Bezüge zu den Schutzzielen des § 1 GlüStV als gesetzliche Voraussetzungen i.S.d. § 24 Abs. 2 GlüStV i.V.m. Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG sind über dieses Kontrollinteresse hinaus nicht ersichtlich und in der Begründung der angefochtenen Bescheide auch nicht dargelegt.

3. Im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide vom 1. Juni 2017 rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

a) Ziffern 6. der streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig.

aa) Da die auflösenden Bedingungen in Ziffern 6. der Bescheide vom 1. Juni 2017 als Nebenbestimmungen zu den Befreiungen von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund erlassen wurden, ist nicht § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV i.V.m. Art. 36 BayVwVfG als Rechtsgrundlage heranzuziehen, da diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur Nebenbestimmungen zur glücksspielrechtlichen Erlaubnis selbst erfasst.

Richtige Rechtsgrundlage ist demnach alleine Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG, da auf die Erteilung einer Befreiung von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund kein Anspruch besteht. Gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4, 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 Satz 1 AGGlüStV können bzw. dürfen die zuständigen Behörden eine Befreiung zulassen, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind, so dass die Erteilung einer Befreiung im Ermessen der Behörde steht.

Eine Ermessensreduktion auf Null und daraus folgende Ansprüche der Klägerin auf die Erteilung der Befreiungen von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund liegen zur Überzeugung des Gerichts nicht vor. Selbst wenn gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4 Hs. 1, Satz 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 AGGlüStV eine unbillige Härte vorliegt, die Gesamtzahl der Geld- und Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit nicht 48 überschreitet und ein Konzept zur weiteren Anpassung vorgelegt wird, so sind gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 2 GlüStV immer noch die Ziele des § 1 GlüStV zu berücksichtigen, so dass die Behörde im Einzelfall keine Befreiung von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund erteilen muss.

bb) Die gesetzlichen Voraussetzungen des Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG sind erfüllt.

Gemäß Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen unbeschadet des Absatzes 1 mit einer der in Nrn. 1 bis 5 genannten Nebenbestimmungen erlassen bzw. verbunden werden.

Die Klausel „unbeschadet des Abs. 1“ stellt eine Rechtsgrundverweisung auf Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG dar. Diese Verweisung ist so zu lesen, dass für den Fall, in dem ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Erlass eines Verwaltungsakt besteht, dieser mit einer Nebenbestimmungen versehen werden darf, wenn die Nebenbestimmung sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Zweck des Art. 36 Abs. 1 Alternative 2 BayVwVfG ist es, rechts- und anspruchsbegründende Voraussetzungen, deren Fehlen zur Versagung des Verwaltungsakts führen muss, auszuräumen (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 121, 132). Eine Nebenbestimmung ist somit nur zulässig, wenn sie sicherstellen soll, dass die Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsakts erfüllt werden, nicht hingegen dann, wenn sie nur sicherstellen soll, dass die Voraussetzungen erfüllt bleiben. Das gilt jedenfalls für solche Nebenbestimmungen, die – wie auflösende Bedingung, Befristung oder Widerrufsvorbehalt – darauf zielen, die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts zu beseitigen (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.2015 – 6 C 37/14 – juris Rn. 17, 20).

Entgegen der Ansicht der Klägerin stellen die in den Ziffern 6. der streitgegenständlichen Bescheide verfügten auflösenden Bedingungen sicher, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Befreiungen von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund erfüllt werden.

(1) Die Klägerin vertritt insoweit die Auffassung, dass sich den gesetzlichen Bestimmungen nur das Vorliegen einer unbilligen Härte, die Einhaltung der Gerätehöchstzahl sowie das Vorlegen eines geeigneten Anpassungskonzepts als Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund entnehmen lassen (§ 29 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1, Satz 5 GlüStV, Art. 12 AGGlüStV), so dass die weitere Erfüllung vor allem des Anpassungskonzepts im Laufe des Betriebs der Spielhallen nicht Gegenstand der auflösenden Bedingung sein kann.

Allerdings ist § 29 Abs. 4 Satz 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 AGGlüStV, der nach dem Wortlaut der zweiten Alternative seines ersten Satzes das bloße „Vorlegen“ eines Konzeptes zur weiteren Anpassung genügen lässt, dahingehend auszulegen, dass die Anforderungen des Anpassungskonzepts sicherzustellen sind.

§ 29 Abs. 4 Satz 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 AGGlüStV strebt einen Interessenausgleich zwischen den mit dem Staatsvertrag verfolgten Allgemeinwohlzielen und dem Bestandsschutz im Einzelfall an, wodurch den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgebots Rechnung getragen werden soll (LT-Drs. 16/12192, S. 14). Auch § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV ist eine Kompromissregelung und bringt einerseits Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen der Spielhallenbetreiber mit den Allgemeinwohlzielen der §§ 24, 25 GlüStV andererseits in Einklang. Die von §§ 24, 25 GlüStV verfolgten Allgemeinwohlziele sollen jedoch auf Dauer nicht hintan gestellt werden (LT-Drs. 16/11995, S. 32). Vor dem Hintergrund dieses Interessenausgleichs zwischen Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen der Spielhallenbetreiber und den Allgemeinwohlzielen der §§ 24, 25 GlüStV würde ein Verständnis des § 29 Abs. 4 Satz 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 Satz 1 Alt. 2 AGGlüStV dahingehend, dass das bloße Vorlegen eines Anpassungskonzeptes genügt, einseitig zu Lasten der Allgemeinwohlziele der §§ 24, 25 GlüStV gehen. Diese stellen jedoch überragend wichtige Gemeinwohlziele dar, die selbst objektive Berufswahlbeschränkungen rechtfertigen können (BVerwG, U.v. 5.4.2017 – 8 C 16/16 – juris Rn. 34). Daher ist § 29 Abs. 4 Satz 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 Satz 1 Alt. 2 AGGlüStV teleologisch so auszulegen, dass die Anforderungen des Anpassungskonzepts nicht nur im Zeitpunkt der Erteilung der Befreiung, sondern dauerhaft während des Betriebs der Verbundspielhallen sicherzustellen sind.

Für dieses Ergebnis spricht auch ein systematischer Vergleich mit § 25 Abs. 2 GlüStV und § 24 Abs. 3 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AGGlüStV.

Gemäß § 25 Abs. 2 GlüStV ist die Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex untergebracht ist, ausgeschlossen. Das Verbundverbot des § 25 Abs. 2 GlüStV verfolgt das Ziel der Spielsuchtbekämpfung durch eine Beschränkung des insgesamt verfügbaren Spielhallenangebots (LT-Drs. 16/11995, S. 31). Näher wird das Verbundverbot damit begründet, dass Mehrfachspielhallen aufgrund des gesteigerten Angebots an Geldspielgeräten in engem räumlichen Verbund ein wesentliches Element zur Steigerung der Spielsucht darstellten und durch sie ein "Las-Vegas-Effekt" eintrete, der erhebliche Anreize für ein nicht mehr bewusst gesteuertes Weiterspielen biete (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 16/4027, S. 11; Landtag des Saarlandes, Drs. 15/15, S. 71). Durch das Verbundverbot sollen das gewerbliche Spiel auf das Maß von Unterhaltungsspielen und damit auf ein harmloses Freizeitvergnügen zurückgeführt sowie die Entstehung spielbankähnlicher Großspielhallen verhindert werden (LT-Drs. 16/11995, S. 31). Das Verbundverbot soll zur Verhinderung und Bekämpfung von Spielsucht dadurch beitragen, dass ein Spieler auf dem Weg von einer Spielhalle zur nächsten "auf andere Gedanken" kommt (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 16/4027, S. 11). Der Spieler soll sich nach dem Verlassen der Spielhalle so weit von ihrer Atmosphäre gelöst haben, dass ein selbständiger, neuer Entschluss zum Betreten einer weiteren Spielhalle erforderlich ist (BVerfG, B.v. 7.3.2017 – 1 BvR 1314/12, 1 BvR 11 BvR 1630/12 u.a. – juris Rn. 133 ff.; OVG Sachsen, B.v. 9.11.2017 – 3 B 240/17 – juris Rn. 16). Die Befreiung von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund stellt somit einen begünstigenden Verwaltungsakt dar, der die Rechtspositionen der Klägerin entgegen der gesetzlich intendierten Grundkonstellation ausnahmsweise erweitert. Um diesen Ausnahmecharakter einer Befreiung von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund zu wahren, ist § 29 Abs. 4 Satz 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 AGGlüStV so auszulegen, dass die Anforderungen des Anpassungskonzepts auch während des Betriebs der Verbundspielhallen sicherzustellen sind. 

Auch die Vorschrift des § 24 Abs. 3 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AGGlüStV stützt dieses Ergebnis. Gemäß § 24 Abs. 3 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AGGlüStV darf die Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV nur erteilt werden, wenn die Einhaltung der Jugendschutzanforderungen nach § 4 Abs. 3 GlüStV, des Internetverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV, der Werbebeschränkungen nach § 5 GlüStV, der Anforderungen an das Sozialkonzept nach § 6 GlüStV und der Anforderungen an die Aufklärung über Suchtrisiken nach § 7 GlüStV sichergestellt ist. Wenn aber schon bei der Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für eine Einzelspielhalle – wie es der gesetzlich vorhergesehen Regelfall ist (§ 25 Abs. 2 GlüStV) – die o.g. Voraussetzungen sichergestellt sein müssen, dann müssen erst Recht im Fall einer Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht und deshalb als besonders gefährlich eingeschätzt wird (s. dazu oben), die Anforderungen des § 29 Abs. 4 Satz 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 Satz 1 Alt. 2 AGGlüStV sichergestellt sein, so dass das bloße Vorlegen eines Anpassungskonzepts für die Erteilung einer Befreiung von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund nicht genügen kann. Vielmehr ist die dauerhafte Einhaltung des Anpassungskonzepts sicherzustellen.

Somit stellen die Ziffern 6. der streitgegenständlichen Bescheide sicher, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Befreiungen von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund erfüllt werden.

(2) Zudem übersieht die Klägerin, dass bei der Erteilung einer Befreiung von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 2 GlüStV zusätzlich zu den oben genannten Voraussetzungen die Ziele des § 1 GlüStV zu berücksichtigen sind. Diesen Zielen dienen jedoch die Anpassungskonzepte in den Fassungen vom 13. März 2017.

(3) Im Übrigen steht dem Beklagten ein breiter Regelungs- und Gestaltungsspielraum zu (s. dazu unten zu Ziffern 7.).

cc) Der Beklagte hat das ihm gemäß Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG jeweils eingeräumte pflichtgemäße Ermessen rechtmäßig ausgeübt, insbesondere sind keine Ermessensüberschreitungen ersichtlich. Der Erlass der auflösenden Bedingungen war verhältnismäßig. Mit der Sicherstellung der Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen des § 29 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1, Satz 5 GlüStV, Art. 12 AGGlüStV verfolgt der Beklagte mit dem Erlass der auflösenden Bedingungen einen legitimen Zweck. Die auflösenden Bedingungen sind geeignet, die Erreichung dieses Zwecks zu fördern. Zudem sind sie auch erforderlich. Es sind keine zur Zweckerreichung gleichermaßen geeignete, aber weniger einschneidende Mittel ersichtlich. Insbesondere wären Auflagen, die der Klägerin die Einhaltung der von ihr vorgelegten Anpassungskonzepte vorschreiben, nicht gleichermaßen geeignet. Mit Auflagen könnte die zuständige Behörde auf eine Nichteinhaltung der Anpassungskonzepte nicht gleich effektiv reagieren. Der Erlass der auflösenden Bedingungen ist auch verhältnismäßig im engeren Sinn. Zur Erreichung des legitimen Zwecks wird nicht übermäßig in die Rechte der Klägerin eingegriffen. Grundsätzlich handelt es sich bei der Befreiung um einen Verwaltungsakt, der entgegen der gesetzlich intendierten Grundkonstellation ausnahmsweise die Rechtsposition der Klägerin erweitert. Zudem handelt es sich bei den Regelungen in Ziffern 6. der streitgegenständlichen Bescheide um Potestativbedingungen, deren Eintritt also ausschließlich in der Sphäre der Klägerin liegt. Einzig ihr obliegt es, die vorgelegten Anpassungskonzepte einzuhalten und den Bedingungseintritt somit zu vermeiden (VG Regensburg, U.v. 15.10.2018 – RN 5 K 17.1134, RN 5RN 5 K 17.1140, RN 5RN 5 K 17.1141, RN 5RN 5 K 17.1142 – juris Rn. 43). Zudem ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den auflösenden Bedingungen in Ziffern 6. der streitgegenständlichen Bescheide um Berufsausübungsregeln handelt, da Art und Weise der Berufstätigkeit bestimmt werden. Berufsausübungsregeln führen zur geringsten Beeinträchtigung der Berufsfreiheit und sind bereits zulässig, wenn sie auf Grund vernünftiger Allgemeinwohlerwägungen zweckmäßig erscheinen. Die Frage, ob die hier grundsätzlich gegebenen Berufsausübungsregeln ausnahmsweise wegen ihrer Auswirkungen im Einzelfall einem Eingriff in die Freiheit der Berufswahl nahe kommen und daher nur mit wichtigen Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden könnten (BVerfG, U.v. 3.11.1982 – 1 BvL 4/78 – juris Rn. 56 ff.; BVerfG, U.v. 4.3.1964 – 1 BvR 371/61, 1 BvR�1 BvR 373/61 – juris Rn. 16), kann dahinstehen, da jedenfalls derartige wichtige Gründe des Allgemeinwohls vorliegen. Der Glücksspielstaatsvertrag dient vorrangig dem Ziel, die Bevölkerung, insbesondere Kinder und Jugendliche, vor den Gefahren der Glücksspielsucht und der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität zu schützen (§ 1 GlüStV). Die Einhaltung dieser Ziele ist auch oberste Maxime bei der Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis (§ 24 Abs. 2 GlüStV). Damit werden überragend wichtige Gemeinwohlziele verfolgt, die selbst objektive Berufswahlbeschränkungen zu rechtfertigen vermögen (BVerwG, U.v. 5.4.2017 – 8 C 16/16 – juris Rn. 34), da im Rahmen der Entscheidung nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV die Ziele des § 1 GlüStV zu berücksichtigen sind.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte in den Begründungen zu den Ziffern 6. seiner Bescheide vom 1. Juni 2017 – statt wie vorstehend zu Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG ausgeführt – von § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV und somit von einer falschen Rechtsgrundlage ausgeht. Art. 36 BayVwVfG enthält keine näheren Festlegungen oder Umschreibungen der Zwecke, zu deren Verwirklichung oder Wahrung Nebenbestimmungen zulässig sind, sondern begnügt sich mit der negativen Abgrenzung in Abs. 3, wonach dem Zweck des Verwaltungsakts zuwiderlaufende Nebenbestimmungen ausgeschlossen sind. Maßgeblich sind insoweit die allgemeinen Grundsätze für die Ermessensausübung gem. Art. 40 BayVwVfG in Verbindung mit dem im konkreten Fall anwendbaren Recht (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 36 Rn. 79). Insofern sind keine anderen Erwägungen zu treffen, da das zu berücksichtigende Fachrecht der Glücksspielstaatsvertrag ist, mit dessen Anforderungen sich der Beklagte – im Ergebnis zutreffend – auseinandergesetzt hat (s. dazu oben).

b) Ziffern 7. der streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig, soweit sie nicht aufgehoben worden sind (im Einzelnen dazu oben).

aa) Rechtsgrundlage für den Erlass von Nebenbestimmungen zu einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis ist § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV i.V.m. Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG.

bb) Für alle unter Ziffern 7. Geregelten Nebenbestimmungen ist – vor die Klammer gezogen – festzustellen, dass für die gesamten noch entscheidungserheblichen Ziffern 7. der Bescheide vom 1. Juni 2017 die Voraussetzungen des Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG im Hinblick auf eine Gefahrenabwehr vorliegen.

Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG stellt klar, dass bei Bestehen eines Anspruchs auf den Hauptverwaltungsakt die Beifügung von Nebenbestimmungen grundsätzlich unzulässig ist. Nur dann, wenn durch die jeweilige Nebenbestimmung erst die Voraussetzung für den Anspruch auf den Hauptverwaltungsakt hergestellt werden, kann von dem Instrument der Nebenbestimmungen Gebrauch gemacht werden (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 36 Rn. 38). Zweck des Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG ist es, rechts- und anspruchsbegründende Voraussetzungen, deren Fehlen zur Versagung des Verwaltungsakts führen muss, auszuräumen. Soll eine Nebenbestimmung einen Versagungstatbestand bei einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausräumen, dient sie der Abwehr einer Gefahr. Die Klägerin führt somit zutreffend aus, dass ohne die Nebenbestimmung in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der Versagungstatbestand eintreten würde (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 121).

Entgegen der Ansicht der Klägerin dienen die Ziffern 7. der streitgegenständlichen Bescheide – soweit sie nicht vom Gericht aufgehoben wurden – der Abwehr einer konkreten Gefahr und wurden nicht bloß auf Vorrat erlassen.

(1) Eine konkrete Gefahr besteht dann, wenn der zu befürchtende Schaden in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eintreten wird. Beim Grad der Wahrscheinlichkeit ist jedoch zu differenzieren: die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts muss umso größer sein, je geringer der möglicherweise eintretende Schaden ist, und sie darf umso geringer sein, je schwerer der etwaige Schaden wiegt (BVerwG, U.v. 2.7.1991 – 1 C 4.90 – juris Rn. 16).

Soweit die Ziffern 7. der streitgegenständlichen Bescheide nicht vom Gericht aufgehoben wurden, werden mit diesen Nebenbestimmungen die wichtigen Gemeinwohlbelange des § 1 GlüStV verfolgt. Der Glücksspielstaatsvertrag dient vorrangig dem Ziel, die Bevölkerung, insbesondere Kinder und Jugendliche, vor den Gefahren der Glücksspielsucht und der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität zu schützen (§ 1 GlüStV). Die Einhaltung dieser Ziele ist auch oberste Maxime bei der Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis (§ 24 Abs. 2 GlüStV). Damit werden überragend wichtige Gemeinwohlziele verfolgt, die selbst objektive Berufswahlbeschränkungen zu rechtfertigen vermögen (BVerwG, U.v. 5.4.2017 – 8 C 16/16 – juris Rn. 34). Die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts darf vorliegend somit geringer sein, da der etwaige Schaden aufgrund der genannten hochrangigen Rechtsgüter schwer wiegt.

Unabhängig von einem etwaigen Fehlverhalten des Spielhallenbetreibers ist eine Spielhalle gefährlich. Der Gesetzgeber selbst geht davon aus, dass das Suchtpotential bei Geldspielgeräten unter allen Glücksspielen am höchsten ist und eine Abhängigkeit bei den meisten pathologischen Glücksspielern aufgrund ihres Spiels am Geldspielautomaten in einer Spielhalle oder einer Gaststätte diagnostiziert wird (LT-Drs. 16/11995, S. 30). Auch in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Glücksspiele nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung in ein krankhaftes Suchtverhalten münden können, und die Spielsucht zu einer Verschuldung der Betroffenen sowie zu Folge- und Begleitkriminalität und damit zu schwerwiegenden Folgen nicht nur für die Spieler selbst, sondern auch für ihre Familien und die Gemeinschaft führen kann (BVerwG, U.v. 5.4.2017 – 8 C 16/16 – juris Rn. 35).

Diese Gefahr ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch keine bloß abstrakte Gefahr, vielmehr geht sie konkret von jeder Spielhalle aus. In den vorliegend zu entscheidenden Sachverhalten sind als gefahrsteigernde konkrete Umstände noch zusätzlich zu berücksichtigen, dass die streitgegenständlichen Spielhallen „...“ und „...“ Spielhallen im baulichen Verbund darstellen und den gesetzlichen Mindestabstand (§ 25 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 9 Abs. AGGlüStV) zu zwei weiteren Spielhallen im baulichen Verbund „...“ und „...“ unterschreiten. Das Gericht ist daher überzeugt, dass es in Zukunft mit einer geringeren, aber ausreichenden Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die hochrangigen Allgemeinwohlziele des § 1 GlüStV kommen kann, so dass eine konkrete Gefahr gegeben ist.

(2) Zusätzlich ist in dieser Hinsicht zu berücksichtigen, dass es sich bei einem Spielhallenbetreiber um einen Beruf handelt, der seiner Art nach durch atypische Besonderheiten gekennzeichnet ist. Der Beruf des Spielhallenbetreibers weist Besonderheiten auf, die auch die Grundrechtsprüfung beeinflussen.

Das Bundesverfassungsgericht führt in seinem sog. „Spielbanken-Beschluss“ aus, dass der Betrieb einer Spielbank eine an sich unerwünschte Tätigkeit sei, die der Staat gleichwohl erlaube, um das illegale Glücksspiel einzudämmen, dem nicht zu unterdrückenden Spieltrieb des Menschen staatlich überwachte Betätigungsmöglichkeiten zu verschaffen und dadurch die natürliche Spielleidenschaft vor strafbarer Ausbeutung zu schützen (BVerfG, B.v. 19.7.2000 – 1 BvR 539/96 – juris Rn. 69). Mit der Schaffung des Ersten Glücksspielstaatsvertrags vom 25. Juni 2007 hat der Gesetzgeber Regelungen zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht, zur Kanalisierung und Begrenzung des Glücksspielangebots, zum Jugend- und zum Spielerschutz sowie zur Sicherstellung fairen Spiels und zum Schutz vor Kriminalität geschaffen (LT-Drs. 15/8486, S. 10). Auch wenn im Ersten Glücksspielstaatsvertrag keine Regelungen in Bezug auf Spielhallen enthalten waren, so hat der Gesetzgeber mit dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag vom 26. März 2012 darauf reagiert und die §§ 24 ff. GlüStV zur Regulierung von Spielhallen geschaffen (LT-Drs. 16/11995, S. 30 f.). Da jedoch explizit an den Kernzielen des Ersten Glücksspielstaatsvertrags vom 25. Juni 2007 festgehalten wurde (LT-Drs. 16/11995, S. 17) und der damals neu geschaffene § 24 Abs. 2 Satz 1 GlüStV explizit auf die Ziele des § 1 GlüStV verweist, sind zwischen Spielbanken und Spielhallen insoweit keine wesentlichen Unterschiede festzustellen, so dass die o.g. Erwägungen auch für Spielhallenbetreiber gelten. Um den Besonderheiten des Spielhallenmarktes gerecht zu werden, können staatliche Eingriffe nicht nur unter den strengen Voraussetzungen, dass dies zum Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter und zur Abwehr ihnen drohender schwerer Gefahren notwendig ist, erfolgen. Vielmehr soll staatlichen Akteuren ein breiter Regelungs- und Gestaltungsspielraum zukommen, dem dadurch Rechnung getragen wird, dass mit der im Einzelfall beabsichtigten Beschränkung wichtige Gemeinwohlbelange verfolgt und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet wird (vgl. BVerfG, B.v. 19.7.2000 – 1 BvR 539/96 – juris Rn. 70).

Soweit die Ziffern 7. der streitgegenständlichen Bescheide nicht vom Gericht aufgehoben wurden, verfolgen sie die wichtigen Gemeinwohlbelange des § 1 GlüStV und damit überragend wichtige Gemeinwohlziele (s. dazu bereits im Einzelnen oben zu 3. a) bb)).

Die einzelnen genannten Auflagen sind auch verhältnismäßig, insbesondere angemessen. Bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der sie rechtfertigenden Gründe ist festzustellen, dass es sich bei den noch entscheidungserheblichen Auflagen unter Ziffern 7. der streitgegenständlichen Bescheide um Berufsausübungsregelungen handelt, da die Art und Weise der Berufstätigkeit bestimmt wird. Berufsausübungsregeln führen zur geringsten Beeinträchtigung der Berufsfreiheit und sind bereits zulässig, wenn sie auf Grund vernünftiger Allgemeinwohlerwägungen zweckmäßig erscheinen (s. dazu oben). Hier verfolgen die Auflagen überragend wichtige Gemeinwohlziele, so dass das Gewicht der sie rechtfertigenden Gründe die als gering anzusehende Schwere des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG überwiegt.

cc) Auch im Übrigen sind die einzelnen Bestimmungen der Ziffern 7. der streitgegenständlichen Bescheide rechtmäßig.

(1) Die Ziffern 7.1 Satz 1 sind nach Aufhebung der Ziffern 7.1 Satz 2 bis 6 nicht gänzlich sinnentleert (vgl. VG Augsburg, U.v. 26.2.2015 – Au 5 K 14.988 – juris Rn. 21), so dass sie selbstständig rechtmäßigerweise fortbestehen können.

(2) Die Ziffern 7.2, 7.5, 7.6 und 7.12 sind entgegen der Auffassung der Klägerin hinreichend bestimmt und verstoßen nicht gegen Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Die Anforderungen des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG sind gewahrt, wenn der Adressat in die Lage versetzt wird, zu erkennen, was jeweils von ihm gefordert wird und zugleich der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für die Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein kann. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, U.v. 15.2.1990 – 4 C 41/87 – juris Rn. 29; BVerwG, U.v. 16.10.2013 – 8 C 21.12 – juris Rn. 13). Damit wird aber auch zum Ausdruck gebracht, dass jedenfalls Bestimmbarkeit als solche ausreichend ist (BayVGH, B.v. 12.3.2010 – 10 CS 09.1734 – juris Rn. 17).

Ziffern 7.2 genügen im Hinblick auf die Formulierungen „durch eine unabhängige Prüforganisation“ den soeben dargelegten Anforderungen. Die Klägerin kann erkennen, dass die Zertifizierung von einer Organisation erteilt werden muss, die „unabhängig“ ist, also weder im Lager der Klägerin noch in dem des Beklagten steht bzw. nicht von diesen beeinflusst werden kann. Die Tatsache, dass keine weitergehenden Qualitätsanforderungen aufgestellt werden, geht nicht zu Lasten der Behörde, vielmehr ermöglicht dies der Klägerin, auch eine andere unabhängige Prüforganisation außer des sich gedanklich sofort aufdrängenden TÜV zu beauftragen.

Der im Vergleich zur Konkretisierung eines Handelns oder Duldens als geringer anzusetzende Grad für die Konkretisierung eines Unterlassens (BayVGH, B.v. 12.3.2010 – 10 CS 09.1734 – juris Rn. 17) ist im Hinblick auf die Ziffern 7.5 und 7.6 gewahrt. Die Begriffe „besonders auffällige Gestaltungen“ der Ziffern 7.5 sind § 26 Abs. 1 Alt. 2 GlüStV entnommen und erfassen somit sämtliche Maßnahmen, Äußerungen und Elemente im Zusammenhang mit der äußeren Gestaltung der Spielhalle, die nicht Werbung für den Spielbetrieb oder die in der Spielhalle angebotenen Spiele sind. Es darf somit durch eine besonders auffällige Gestaltung der Spielhalle kein zusätzlicher Anreiz für den Spielbetrieb geschaffen werden (vgl. Schmitt in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 26 Rn. 7). Zudem wird der Begriff „besonders auffällige Gestaltungen“ in der Begründung der Bescheide näher erläutert. Auch die Begriffe „spielanreizende Bezeichnungen“ der Ziffern 7.6 versetzen die Klägerin in die Lage zu erkennen, was damit im Einzelnen für sie verboten ist. Aufgrund der ausführlichen Begründungen der Bescheide muss der Klägerin klar werden, dass solche Bezeichnungen untersagt sind, die den Spielern die Möglichkeit hoher Einsätze und großer Gewinne suggeriert, obwohl in Spielhallen nur das Spiel mit geringeren Beträgen möglich ist.

Ziffern 7.12 genügen im Hinblick auf die Formulierungen „mit offensichtlich pathologischem oder problematischem Spielverhalten“ den Anforderungen des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Dies ergibt sich insbesondere unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts, hier des Glücksspielstaatsvertrags. Gemäß Nr. 1 Buchst. c der Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht, denen Gesetzesqualität zukommt (Dietlein in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 6 Rn. 7), schulen die Veranstalter das für die Veranstaltung, Durchführung und gewerbliche Vermittlung öffentlichen Glücksspiels eingesetzte Personal in der Früherkennung problematischen Spielverhaltens, zum Beispiel dem plötzlichen Anstieg des Entgelts oder der Spielfrequenz. Die Verpflichtung zur diesbezüglichen Schulung des Personals ergibt sich ebenso aus § 6 Satz 2 Var. 2 GlüStV. Was ein problematisches Spielverhalten ist, kann die Adressatin daher erkennen. Da ein „offensichtlich pathologisches Spielverhalten“ ein offensichtlich krankhaftes Spielverhalten darstellt, stellt diese Form auffälligen Spielerverhaltens sogar noch eine Steigerung zu problematischem Spielverhalten – das insofern im Vorfeld einer klinischen Diagnose von pathologischem Glücksspiel angesiedelt ist (Dietlein in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 6 Rn. 1) – dar, so dass der Adressat diesbezüglich erst recht in der Lage ist, zu erkennen, was von ihm verlangt wird. Zudem werden auf S. 6 des betrieblichen Sozialkonzepts des Bayerischen Automaten Verbands e.V. vom 16. Februar 2015 (Bl. 137 ff. der Behördenakten), das die Klägerin selbst als Bestandteil ihres Antrags vorgelegt hat, zehn diagnostische Kriterien zur Bestimmung pathologischen Spielens beschrieben.

(3) Auch soweit die unter Ziffern 7. der streitgegenständlichen Bescheide genannten Verfügungen Verpflichtungen wiederholen, die sich unmittelbar aus dem Glücksspielstaatsvertrag ergeben, ist dies nicht per se rechtswidrig (BayVGH, B.v. 18.12.1998 – 7 ZS 98.1660 – juris Rn. 46; BayVGH, B.v. 12.3.2010 – 10 CS 09.1734 – juris Rn. 17; a.A. VG Regensburg, U.v. 21.10.2010 – RO 5 K 10.31 – juris Rn. 54). Vielmehr sind solche Verfügungen dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (BayVGH, B.v. 12.3.2010 – 10 CS 09.1734 – juris Rn. 17; VGH BW, U.v. 2.8.2012 – 1 S 618/12 – juris Rn. 46). Diesen Anforderungen werden die Nebenbestimmungen in den Ziffern 7.3, 7.4 und 7.13 Satz 1 gerecht. Aufgrund der Gefahren, die von einer Spielhalle ausgehen (s. dazu oben), besteht im Einzelfall Anlass dazu, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen. Es wurde auch ein gerade noch ausreichend konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt. Aus einer Gesamtschau der Bescheide vom 1. Juni 2017 ergibt sich, dass die streitgegenständlichen Spielhallen „...“ und „...“ Spielhallen im baulichen Verbund darstellen und den Mindestabstand zu zwei weiteren Spielhallen im baulichen Verbund „...“ und „...“ unterschreiten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass staatlichen Akteuren im Hinblick auf Spielhallen ein breiter Regelungs- und Gestaltungsspielraum zukommen soll (s. dazu oben), so dass die Anforderungen an die Herstellung eines konkreten Bezugs zu einem bestimmten Lebenssachverhalt nicht allzu streng sind. Zudem kann vom Beklagten nicht verlangt werden, bei jedem einzelnen Verstoß der Klägerin immer wieder Unterlassungsbescheide hinsichtlich der jeweiligen konkreten Maßnahme zu erlassen. Auch dieser Gesichtspunkt führt dazu, dass im vorliegenden Fall die gesetzeswiederholenden Verfügungen als rechtmäßig anzusehen sind (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2010 – 10 CS 09.1734 – juris Rn. 17).

(4) Aus denselben Gründen sind die Ziffern 7.5, 7.6, 7.8, 7.9, 7.15 als im Wesentlichen gesetzeswiederholende bzw. -konkretisierende Verfügungen (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2010 – 10 CS 09.1734 – juris Rn. 17) nach den eben dargelegten Maßstäben rechtmäßig.

(5) Soweit die Ziffern 7.1 Satz 1, 7.9 und 7.11 Satz 1 verlangen, dass die darin enthalten Anforderungen „dauerhaft“ sichergestellt werden, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der jeweiligen Ziffern. Denn Rechtsnatur einer Auflage ist es gerade, ein in die Zukunft gerichtetes Ge- oder Verbot zu regeln (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 83a). Darüber hinaus hat das verwendete Wort „dauerhaft“ keinen eigenen zusätzlichen Regelungsgehalt. Wäre es in den genannten Ziffern nicht aufgeführt, würde sich an dem Umstand, dass die jeweiligen Anforderungen auch in Zukunft zu beachten sind, nichts ändern.

(6) Ziffern 7.2 stellen keine Auflagen zu den Befreiungsentscheidungen, sondern Auflagen zu den glücksspielrechtlichen Erlaubnissen dar. Zwar führt die Begründung der Bescheide zu den genannten Ziffern aus, dass die Zertifizierung durch eine unabhängige Prüforganisation der weiteren Kontrolle „im Rahmen der Erteilung der Befreiung vom Verbot mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund“ (S. 6 a.E. des jeweiligen Bescheids) dient. Allerdings ist zu beachten, dass Ziffern 7.2 nach der Systematik der Bescheide explizit als Auflagen zu den glücksspielrechtlichen Erlaubnissen ergangen sind. Außerdem wurde mit der Formulierung „im Rahmen der Erteilung der Befreiung vom Verbot mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund“ lediglich auf die erhöhte Gefahr, die von Spielhallen im baulichen Verbund ausgeht, verwiesen. Auch dienen Ziffern 7.2 nicht primär dem Kontrollinteresse der Verwaltung (s. dazu oben). Mit einer Zertifizierung dokumentieren Spielstätten ihr Verantwortungsbewusstsein hinsichtlich Suchtprävention, Spieler- und Jugendschutz. Zudem wird erkenntlich, dass der jeweilige Spielhallenbetreiber großen Wert auf Einhaltung rechtlicher Rahmenbedingungen sowie die Verankerung des Sozialkonzepts für Spielhallen legt. Damit geht es dem Beklagten vorliegend nicht (maßgeblich) darum nachzuprüfen, ob Auflagen oder gesetzliche Vorschriften eingehalten werden. Vielmehr liegt aufgrund der gerade genannten Ziele einer Zertifizierung ein ersichtlicher Bezug zu den Zielen des § 1 GlüStV als gesetzliche Voraussetzungen i.S.d. § 24 Abs. 2 GlüStV i.V.m. Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG vor.

(7) Der Beklagte hat das ihm gemäß Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG eingeräumte pflichtgemäße Ermessen rechtmäßig ausgeübt (s. dazu im Einzelnen oben unter 3. a) cc)).

Nach all dem sind die Klagen gegen die Bescheide des Beklagten vom 1. Juni 2017 nur hinsichtlich Ziffern 5, 7.1 Satz 2 bis 6 und 7.16 begründet. Im Übrigen erweisen sich die verfügten Bestimmungen als rechtmäßig.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) Die Anwesenheit in öffentlichen Spielhallen oder ähnlichen vorwiegend dem Spielbetrieb dienenden Räumen darf Kindern und Jugendlichen nicht gestattet werden.

(2) Die Teilnahme an Spielen mit Gewinnmöglichkeit in der Öffentlichkeit darf Kindern und Jugendlichen nur auf Volksfesten, Schützenfesten, Jahrmärkten, Spezialmärkten oder ähnlichen Veranstaltungen und nur unter der Voraussetzung gestattet werden, dass der Gewinn in Waren von geringem Wert besteht.

(1) Wer gewerbsmäßig Spielgeräte, die mit einer den Spielausgang beeinflussenden technischen Vorrichtung ausgestattet sind, und die die Möglichkeit eines Gewinnes bieten, aufstellen will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis berechtigt nur zur Aufstellung von Spielgeräten, deren Bauart von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zugelassen ist. Sie kann mit Auflagen, auch im Hinblick auf den Aufstellungsort, verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des jeweiligen Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke oder im Interesse des Jugendschutzes erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für die Aufstellung von Spielgeräten erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt; die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt in der Regel nicht, wer in den letzten drei Jahren vor Stellung des Antrages wegen eines Verbrechens, wegen Diebstahls, Unterschlagung, Erpressung, Hehlerei, Geldwäsche, Betruges, Untreue, unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels, Beteiligung am unerlaubten Glücksspiel oder wegen eines Vergehens nach § 27 des Jugendschutzgesetzes rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
der Antragsteller nicht durch eine Bescheinigung einer Industrie- und Handelskammer nachweist, dass er über die für die Ausübung des Gewerbes notwendigen Kenntnisse zum Spieler- und Jugendschutz unterrichtet worden ist, oder
3.
der Antragsteller nicht nachweist, dass er über ein Sozialkonzept einer öffentlich anerkannten Institution verfügt, in dem dargelegt wird, mit welchen Maßnahmen den sozialschädlichen Auswirkungen des Glücksspiels vorgebeugt werden soll.

(3) Der Gewerbetreibende darf Spielgeräte im Sinne des Absatzes 1 nur aufstellen, wenn ihm die zuständige Behörde schriftlich bestätigt hat, daß der Aufstellungsort den auf der Grundlage des § 33f Abs. 1 Nr. 1 erlassenen Durchführungsvorschriften entspricht. Sollen Spielgeräte in einer Gaststätte aufgestellt werden, so ist in der Bestätigung anzugeben, ob dies in einer Schank- oder Speisewirtschaft oder in einem Beherbergungsbetrieb erfolgen soll. Gegenüber dem Gewerbetreibenden und demjenigen, in dessen Betrieb ein Spielgerät aufgestellt worden ist, können von der zuständigen Behörde, in deren Bezirk das Spielgerät aufgestellt worden ist, Anordnungen nach Maßgabe des Absatzes 1 Satz 3 erlassen werden. Der Aufsteller darf mit der Aufstellung von Spielgeräten nur Personen beschäftigen, die die Voraussetzungen nach Absatz 2 Nummer 2 erfüllen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die glücksspielrechtliche Erlaubnispflicht für eine bestehende Spielhalle.

2

Die Klägerin übernahm im Herbst 2011 eine bestehende, gewerberechtlich erlaubt betriebene Spielhalle, die zu einer Grundschule 236 m, von einem Gymnasium 246 m und von der nächstgelegenen anderen Spielhalle 121 m Luftlinie entfernt ist. Sie erhielt für die Fortführung des Spielhallenbetriebs am 2. November 2011 ebenfalls eine unbefristete gewerberechtliche Erlaubnis. Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 27. August 2012 mit, aufgrund des Glücksspieländerungsstaatsvertrages unterliege der Betrieb von Spielhallen seit dem 1. Juli 2012 neuen Anforderungen. Sie müssten insbesondere einen Mindestabstand von 250 m Luftlinie zu weiteren Spielhallen und zu allgemeinbildenden Schulen einhalten. Da die Klägerin nach dem 28. Oktober 2011 eine unbefristete gewerberechtliche Erlaubnis erhalten habe, sei sie bis zum 30. Juni 2013 noch von der Einhaltung dieser Erfordernisse befreit. Nach Ablauf dieser Frist komme die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis wegen dreifacher Unterschreitung des Mindestabstands nicht in Betracht.

3

Daraufhin hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass sie für den weiteren Betrieb ihrer Spielhalle über den 30. Juni 2013 hinaus keine neue Erlaubnis benötige. Das Verwaltungsgericht hat diesem Antrag mit Urteil vom 30. April 2015 in vollem Umfang stattgegeben. Es fehle an einer rechtlichen Grundlage für die vom Beklagten geforderte zusätzliche glücksspielrechtliche Erlaubnis. Zwar begründe der Glücksspieländerungsstaatsvertrag ein Mindestabstandsgebot und einen glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalt. Es handele sich aber nur um materiell-rechtliche Regelungen, die einer verfahrensrechtlichen Ergänzung durch Landesrecht bedürften. Der Landesgesetzgeber habe nur eine unzureichende verfahrensrechtliche Regelung geschaffen. Nach § 18a Abs. 1 SächsGlüStVAG schließe die gewerberechtliche Erlaubnis die glücksspielrechtliche Erlaubnis ein. Die Klägerin verfüge über die gewerberechtliche Erlaubnis und bedürfe keiner weiteren Genehmigung.

4

Auf die Berufung des Beklagten hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht am 11. Mai 2016 das Urteil geändert und festgestellt, dass die Klägerin für den weiteren Betrieb ihrer Spielhalle lediglich bis zum Ablauf der fünfjährigen Übergangsfrist seit Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrages - also bis zum 30. Juni 2017 - keine neue Erlaubnis benötige. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der glücksspielrechtliche Erlaubnisvorbehalt des § 24 Abs. 1 GlüStV gelte auch für Altspielhallen. Die in § 18a Abs. 1 SächsGlüStVAG vorgesehene Konzentration des glücksspielrechtlichen Erlaubnisverfahrens im gewerberechtlichen Erlaubnisverfahren gelte nur für neue Spielhallen, die nach dem Staatsvertrag beantragt wurden. Das für Altspielhallen vorgesehene zusätzliche glücksspielrechtliche Erlaubnisverfahren sei auch hinreichend landesgesetzlich geregelt. Insbesondere sei in § 18a Abs. 3, § 19 Abs. 2 SächsGlüStVAG die Zuständigkeit der Landesdirektion Sachsen festgelegt. In diesem Verfahren könne auch die in § 18a Abs. 5 SächsGlüStVAG vorgesehene Verlängerungsmöglichkeit der Übergangsfrist berücksichtigt werden.

5

Im vorliegenden Fall sei die längere fünfjährige Bestandsschutzregelung des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV und nicht die kürzere einjährige Bestandsschutzregelung des § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV einschlägig. Denn für die Spielhalle sei bereits vor dem Stichtag des 28. Oktober 2011 eine unbefristete gewerberechtliche Erlaubnis erteilt worden. Dass diese Genehmigung nicht der Klägerin, sondern ihrem Rechtsvorgänger erteilt worden sei, sei unschädlich. Der Vertrauensschutz knüpfe nämlich nicht an die Person des Spielhallenbetreibers, sondern an den Betrieb der Spielhalle an. Dies folge aus dem Wortlaut der Vorschrift und aus dem Regelungszweck des Investitionsschutzes. Diesem Auslegungsergebnis stünden auch nicht die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages, der Jugendschutz und die Bekämpfung der Spielsucht, entgegen. Bei Einführung zusätzlicher Genehmigungserfordernisse sei auch das Vertrauen in den Fortbestand der bestehenden Rechtslage angemessen zu schützen. Die fünfjährige Übergangsfrist mit der Option einer weiteren mehrjährigen Befreiung in Härtefällen sei verfassungsrechtlich unbedenklich.

6

Mit ihrer Revision wendet sich die Klägerin gegen die teilweise Klageabweisung. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts sei schon nicht im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO ausreichend begründet. Das Oberverwaltungsgericht überschreite die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung, wenn es die in § 18a Abs. 1 SächsGlüStVAG eindeutig angeordnete Konzentrationswirkung missachte und ein vom Gesetzgeber nicht vorgesehenes weiteres Erlaubnisverfahren einführe. Ferner habe es die Verfassungsmäßigkeit der in § 29 Abs. 4 GlüStV vorgesehenen Stichtagsregelung zu Unrecht offen gelassen. Die Wahl des Stichtags 28. Oktober 2011 stehe nicht in Einklang mit der Eigentumsgarantie und genüge nicht dem Gebot des Vertrauensschutzes, weil an diesem Tag die künftige Gesetzeslage noch keineswegs in konkreten Umrissen allgemein vorhersehbar gewesen sei. Das Abstellen auf die behördliche Erlaubniserteilung werde auch dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verfahrensfairness nicht gerecht, weil die Erlaubniserteilung in der Hand der zuständigen Behörde gelegen habe. Ferner seien die §§ 24 bis 26 GlüStV formell und materiell verfassungswidrig. Für die Abstandsgebote und Verbundverbote fehle den Ländern die Gesetzgebungskompetenz, weil der Bundesgesetzgeber für die räumliche Verteilung von Spielhallen bereits auf der Grundlage seiner Gesetzgebungskompetenz für das Bodenrecht eine abschließende Regelung getroffen habe. Das Verbundverbot und das Abstandsgebot seien mit den Grundrechten der Spielhallenbetreiber auf Berufsfreiheit und Handlungsfreiheit im Wettbewerb nicht vereinbar.

7

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 11. Mai 2016 zu ändern und die Berufung des Beklagten auch im Übrigen zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung der Urteile des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 30. April 2015 und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 11. Mai 2016 insgesamt abzuweisen.

9

Er verteidigt die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts. Von der in § 18a Abs. 1 Satz 1 SächsGlüStVAG angeordneten Konzentrationswirkung der gewerberechtlichen Erlaubnis würden nur Spielhallen erfasst, die nach Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrages neu zugelassen wurden. Dies folge aus § 18a Abs. 1 Satz 2 SächsGlüStVAG, der in Ergänzung der Konzentrationswirkung die Beteiligung der Glücksspielaufsicht am gewerberechtlichen Erlaubnisverfahren vorsehe. Da diese Beteiligung in den Altfällen nicht erfolgt sei, fehle bei "Altspielhallen" auch die Rechtfertigung für eine Konzentrationswirkung. Für sie ergebe sich der glücksspielrechtliche Erlaubnisvorbehalt unmittelbar aus § 24 GlüStV.

10

Auch die Stichtagsregelung des § 29 Abs. 4 GlüStV sei verfassungsgemäß. Am 28. Oktober 2011 habe die Ministerpräsidentenkonferenz den Beschluss gefasst, dem neuen Glücksspielstaatsvertrag zuzustimmen und diesen am 15. Dezember 2011 zu unterzeichnen. Ab diesem Zeitpunkt sei mit der beabsichtigten Rechtsänderung für Spielhallen zu rechnen gewesen. Nach der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung könne schon die Einbringung eines Gesetzentwurfs in den Bundestag zur Vorhersehbarkeit einer Rechtsänderung führen. Eine in etwa vergleichbare Situation sei hier im Bereich der vertraglichen Selbstkoordination der Länder anzunehmen.

11

Schließlich bestünden auch an der Verfassungsmäßigkeit der §§ 24 bis 26 i.V.m. § 29 Abs. 4 GlüStV keine Zweifel. In formeller Hinsicht stehe den Ländern das Recht zur Gesetzgebung im Bereich der Spielhallen zu (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG). Die allein streitgegenständliche Abstandsvorschrift des § 25 GlüStV verfolge keine bodenrechtlichen Ziele, sondern diene der Bekämpfung der Spielsucht. Es handele sich um eine verhältnismäßige Berufsausübungsregelung. Im Übrigen liege auch der absolute Revisionsgrund des Fehlens eines mit Gründen versehenen Urteils nicht vor.

12

Im Wege der Anschlussrevision macht der Beklagte geltend, die Klägerin könne sich nicht auf die fünfjährige Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV berufen. Da die gewerberechtliche Erlaubnis personenbezogen und nicht anlagebezogen sei, könne nur die der Klägerin am 2. November 2011 erteilte Erlaubnis für das Eingreifen der Übergangsfrist maßgeblich sein. Das Bestehen der Spielhalle bei Inkrafttreten des Änderungsstaatsvertrages genüge nach § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV nicht. Hinzukommen müsse eine Schutzbedürftigkeit des "Alt-Betreibers". Ein "Neu-Betreiber" könne sein Verhalten auf die bevorstehende Rechtsänderung einstellen und sei daher weniger schutzbedürftig. Es überzeuge nicht, dass § 29 Abs. 4 GlüStV pauschal dem Schutz von Investitionen beim Betrieb von Spielhallen dienen solle. Es gehe vielmehr allein um das Vertrauen auf den Fortbestand der gesetzlichen Regelung des § 33i GewO, das ab dem 28. Oktober 2011 nicht mehr uneingeschränkt schutzwürdig gewesen sei. Ein Aufschub der beabsichtigten Glücksspielregelung sei nicht unabhängig von der Person des Spielhallenbetreibers beabsichtigt gewesen. Auch spreche der Vergleich des Erwerbers einer Altspielhalle mit dem Errichter einer neuen Spielhalle gegen die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des Staatsvertrages.

13

Die Klägerin tritt der Anschlussrevision des Beklagten entgegen.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision des Beklagten haben keinen Erfolg, weil das Urteil des Oberverwaltungsgerichts kein revisibles Recht verletzt. Prüfungsmaßstab ist neben Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) auch der Glücksspielstaatsvertrag der Länder - hier in der Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - GlüStV) vom 15. November 2011 (SächsGVBl. 2012, 275) -, weil dies in § 33 GlüStV ausdrücklich angeordnet ist. Eine solche Zuweisung von landesrechtlichen Rechtsfragen an das Bundesverwaltungsgericht ist nach Art. 99 Alt. 2 GG zulässig.

15

1. Ohne Erfolg macht die Klägerin in ihrer Revision geltend, das angefochtene Urteil sei im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO nicht mit Gründen versehen. Diese Vorschrift knüpft an den notwendigen formellen Inhalt eines Urteils an (vgl. § 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Danach müssen im Urteil die für die Überzeugungsbildung des Gerichts maßgeblichen Gründe schriftlich niedergelegt werden. Einer Entscheidung fehlt nur dann die Begründung im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO, wenn die Entscheidungsgründe die ihnen zukommende doppelte Aufgabe - Unterrichtung der Beteiligten über die maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen des Gerichts sowie Ermöglichung der Nachprüfung des Urteils im Rechtsmittelverfahren - nicht mehr erfüllen können. Das ist zweifelsfrei der Fall, wenn dem Tenor überhaupt keine Gründe beigefügt sind, darüber hinaus aber auch dann, wenn die Begründung nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder in anderer Weise so unbrauchbar ist, dass sie zur Rechtfertigung des Urteilstenors ungeeignet ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Dezember 1998 - 8 B 187.98 - Buchholz 310 § 6 VwGO Nr. 1; Urteil vom 28. November 2002 - 2 C 25.01 - BVerwGE 117, 228 <230>; Beschluss vom 1. Juni 2016 - 3 B 67.15 - Buchholz 418.6 TierSG Nr. 25 Rn. 17).

16

Davon kann hier keine Rede sein, weil das Oberverwaltungsgericht seine Rechtsauffassung in einem 17 Seiten langen Urteil ausführlich und in sich schlüssig begründet hat. Die Klägerin meint, dass schon die mangelnde Erörterung ihrer Argumente zur Verfassungswidrigkeit der §§ 24 bis 26, 29 Abs. 4 GlüStV einem Fehlen der Urteilsbegründung gleichstehe. Das ist bereits im rechtlichen Ansatz verfehlt, weil eine bloß unvollständige, oberflächliche oder unrichtige Entscheidung die Voraussetzungen des für § 138 Nr. 6 VwGO erforderlichen groben Formmangels nicht erfüllt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Dezember 1998 - 8 B 187.98 - insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 310 § 6 VwGO Nr. 1 - juris Rn. 9) und weil für die mangelnde Berücksichtigung entscheidungserheblichen Vorbringens die Gehörsrüge zur Verfügung steht (Art. 103 Abs. 1 GG, § 138 Nr. 3 VwGO). Darüber hinaus liegt die von der Klägerin behauptete Außerachtlassung ihres zentralen Vorbringens nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht ist auf die Verfassungsmäßigkeit der aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Übergangsvorschrift des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV ausführlich eingegangen. Die Verfassungswidrigkeit der übrigen angegriffenen Regelungen war aus seiner Sicht nicht entscheidungserheblich; insbesondere sei die hier einschlägige Regelung zum Mindestabstand erst nach Ablauf der fünfjährigen Übergangsfrist im Rahmen des dann einzuleitenden Erlaubnisverfahrens zu prüfen. Der Anspruch auf eine Urteilsbegründung begründet aber ebenso wie der Anspruch auf rechtliches Gehör keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Verfahrensbeteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 2014 - 3 B 40.14 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 91 Rn. 4 m.w.N.).

17

2. Die Klägerin kann im Revisionsverfahren auch nicht mit dem Einwand durchdringen, dass ihre unbefristete gewerberechtliche Erlaubnis gemäß § 18a Abs. 1 Satz 1 des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag (SächsGlüStVAG) vom 14. Dezember 2007 (SächsGVBl. S. 542), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 7. Dezember 2016 (SächsGVBl. S. 650) bereits die vom Beklagten geforderte glücksspielrechtliche Erlaubnis umfasst. Ob und in welchen Fällen nach dieser Vorschrift im Freistaat Sachsen die gewerberechtliche Erlaubnis zugleich eine glücksspielrechtliche Erlaubnis einschließt, betrifft die Auslegung irrevisiblen Landesrechts, über das in erster Linie das Sächsische Oberverwaltungsgericht zu befinden hat. Es hat seine Auffassung, dass von der Konzentrationswirkung des § 18a Abs. 1 Satz 1 SächsGlüStVAG nur Erlaubnisse erfasst sind, die nach Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrages am 1. Juli 2012 beantragt worden sind, auch eingehend begründet. Diese Auslegung nicht revisiblen Landesrechts ist nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO im Revisionsverfahren grundsätzlich bindend.

18

Etwas Anderes könnte allenfalls gelten, wenn diese Auslegung - wie die Klägerin meint - die Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung überschreiten würde (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 918/10 - BVerfGE 128, 193 Rn. 53 m.w.N.). Da das Rechtsstaatsprinzip, insbesondere der Vorrang des Gesetzes und die Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG), und das im allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verankerte Willkürverbot eine unübersteigbare bundesrechtliche Grenze jeden Verwaltungshandelns und der Rechtsprechung darstellen, kann im Revisionsverfahren geprüft werden, ob sich das Instanzgericht bei der Anwendung und Auslegung irrevisiblen Rechts so weit vom zugrunde liegenden Gesetz entfernt hat, dass der Zusammenhang mit dem Gesetz nicht mehr hinreichend erkennbar und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt - auch nicht als richterliche Rechtsfortbildung - verständlich ist (BVerwG, Urteile vom 23. August 1991 - 8 C 37.90 - Buchholz 401.8 Verwaltungsgebühren Nr. 27 S. 15 und vom 14. September 1994 - 6 C 42.92 - BVerwGE 96, 350 <352>; Beschluss vom 7. Januar 2008 - 9 B 81.07 - Buchholz 401.00 § 171 AO Nr. 1 Rn. 8).

19

Für eine Überschreitung dieser Grenzen ist nichts ersichtlich. Zwar ist der Wortlaut des § 18a Abs. 1 Satz 1 SächsGlüStVAG offen für ein Verständnis, dass alle gewerberechtlichen Erlaubnisse nach § 33i GewO zugleich die glücksspielrechtliche Erlaubnis einschließen. Ein solches Auslegungsergebnis wird von der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 5/8722 S. 5 f.) aber nicht gestützt. Weder bei den Erläuterungen zur allgemeinen Anordnung der Konzentrationswirkung in § 18a Abs. 1 Satz 1 SächsGlüStVAG noch bei den Erläuterungen zu den Übergangsregelungen für Altspielhallen nach § 18a Abs. 5 SächsGlüStVAG findet sich eine dezidierte Aussage im Regierungsentwurf zu der Frage, ob vor Inkrafttreten des Gesetzes erteilte Erlaubnisse nach § 33i GewO Konzentrationswirkung haben. Das Oberverwaltungsgericht kann sich für seine Rechtsauffassung, dass es in diesen Altfällen gerade an der Konzentrationswirkung fehlt, auf systematische und teleologische Argumente berufen. In systematischer Hinsicht hat es insbesondere ausgeführt, dass die Konzentrationswirkung nach § 18a Abs. 1 Satz 1 SächsGlüStVAG in engem Zusammenhang mit der Beteiligung der Glücksspielbehörde im Genehmigungsverfahren nach § 18a Abs. 1 Satz 2 SächsGlüStVAG steht. Bei den Alterlaubnissen hat aber gerade keine zusätzliche glücksspielrechtliche Überprüfung durch Beteiligung der Glücksspielaufsicht stattgefunden. In teleologischer Hinsicht hat sich das Oberverwaltungsgericht darauf berufen, dass der Gesetzeszweck der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Spieler- und Jugendschutzes nicht erreicht würde, wenn man den ohne Beteiligung der Glücksspielaufsicht zustande gekommenen gewerberechtlichen Alterlaubnissen zugleich eine glücksspielrechtliche Genehmigungswirkung beimesse. Diese Auslegung trägt den Grundsätzen der juristischen Methodenlehre Rechnung und überschreitet die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung nicht.

20

3. Auch der Einwand der Klägerin, dass das Sächsische Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag kein gesondertes glücksspielrechtliches Erlaubnisverfahren vorsehe, kann keinen Erfolg haben. Ohne Rechtsfehler ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass § 24 Abs. 1, § 29 Abs. 4 GlüStV unmittelbar einen glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalt für neue und bestehende Spielhallen begründen (a). Auch fehlt es nicht an hinreichend bestimmten Durchführungsbestimmungen (b).

21

a) Dass § 24 Abs. 1 GlüStV unmittelbar einen Erlaubnisvorbehalt begründet, folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Danach bedürfen "die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle einer Erlaubnis nach diesem Staatsvertrag". Die Länder können in diesem Zusammenhang gemäß § 24 Abs. 3 GlüStV zwar das "Nähere" regeln, müssen aber den im Staatsvertrag bereits enthaltenen Erlaubnisvorbehalt als solchen nicht nochmals anordnen, wenn der Staatsvertrag - wie hier - als Landesgesetz erlassen wird. Wie § 2 Abs. 1 und 3 GlüStV ausführt, "gelten" für Spielhallen die Vorschriften des 7. und 8. Abschnitts, so dass es für die Begründung des darin vorgesehenen Erlaubnisvorbehalts keines zusätzlichen legislativen Umsetzungsakts bedarf.

22

Unmittelbar im Glücksspieländerungsstaatsvertrag geregelt ist ferner, dass dieser Erlaubnisvorbehalt auch für bereits bestehende und anderweitig genehmigte "Altspielhallen" gilt. Denn die Übergangsregelung des § 29 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV begründet für nach § 33i GewO erlaubte Spielhallen zeitlich befristete Vereinbarkeitsfiktionen mit den Regelungen der §§ 24 und 25 GlüStV. Diese Fiktionen wären überflüssig und widersinnig, wenn das Erlaubniserfordernis für diese Altspielhallen nicht gelten würde. Daher kann der in § 29 Abs. 4 Satz 1 GlüStV aufgestellte Grundsatz, dass die Regelungen des 7. Abschnitts bereits ab Inkrafttreten des Staatsvertrages Anwendung finden, nur so verstanden werden, dass diese Regelungen schon ab dem 1. Juli 2012 grundsätzlich für alle Spielhallen Geltung beanspruchen.

23

Dass für die Altspielhallen auch nach Auffassung des Gesetzgebers ein zusätzliches glücksspielrechtliches Erlaubnisverfahren durchzuführen ist, ist mittlerweile durch das Gesetz zur Änderung glücksspielrechtlicher Vorschriften vom 7. Dezember 2016 (SächsGVBl. S. 650) ausdrücklich bestätigt worden. Nach § 22 SächsGlüStVAG in der Fassung des Änderungsgesetzes bedürfen Altspielhallen nach Ablauf der für sie geltenden Übergangsfristen des § 29 Abs. 4 GlüStV für den weiteren Betrieb einer Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV. Wie der Gesetzentwurf ausdrücklich hervorhebt, wird damit nur deklaratorisch die in der Rechtsprechung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 3 B 418/13 - GewArch 2014, 400) bereits anerkannte Erlaubnispflicht bestätigt (LT-Drs. 6/4785 S. 11). Es wird also gerade nicht - wie die Klägerin vorträgt - ein neuer Erlaubnisvorbehalt konstitutiv begründet.

24

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin fehlt es für die Durchführung des glücksspielrechtlichen Erlaubnisverfahrens auch nicht an hinreichend bestimmten landesgesetzlichen Durchführungsbestimmungen. Die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass die Zuständigkeit und das Verfahren für die Erteilung von glücksspielrechtlichen Erlaubnissen an Betreiber von Altspielhallen in § 18a Abs. 3 Satz 1, § 19 Abs. 2 SächsGlüStVAG ausreichend normiert sind, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Schon nach dem Wortlaut dieser Vorschriften obliegt der Landesdirektion Sachsen als oberer Glücksspielaufsichtsbehörde der Vollzug des Glücksspielstaatsvertrages, soweit nichts anderes bestimmt ist. Es liegt somit hinsichtlich der Zuständigkeit für das behördliche Verfahren kein ungeregelter Zustand vor. Auch lassen sich die wesentlichen Gegenstände des glücksspielrechtlichen Erlaubnisverfahrens den § 24 Abs. 2, § 29 Abs. 4 GlüStV i.V.m. § 18a SächsGlüStVAG entnehmen. § 24 Abs. 2 Satz 1 GlüStV begründet einen präventiven Erlaubnisvorbehalt, wobei auf die Erteilung der Erlaubnis vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich garantierten Gewerbefreiheit ein Rechtsanspruch besteht (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. November 2005 - 6 C 8.05 - Buchholz 451.20 § 33c GewO Nr. 6 Rn. 32 zu § 33i GewO und vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - juris Rn. 39). Die Erlaubnis ist nur zu versagen, wenn die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufen. Da die Erlaubnis nach § 24 Abs. 2 Satz 2 GlüStV schriftlich zu erteilen und zu befristen ist sowie nach § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV auch nachträglich mit Nebenbestimmungen versehen werden kann, hat der Landesgesetzgeber ihren wesentlichen Regelungsgehalt umrissen.

25

4. Dieser Erlaubnisvorbehalt ist von der Gesetzgebungskompetenz der Länder gedeckt und auch ansonsten formell verfassungsmäßig.

26

a) Zu Unrecht bezweifelt die Klägerin in formeller Hinsicht die Gesetzgebungskompetenz der Länder. Wie sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG ergibt, erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes auf das Recht der Wirtschaft "ohne... das Recht der Spielhallen". Durch diese im Zuge der Föderalismusreform im Jahr 2006 eingefügte Ausnahme wird bewirkt, dass die Gesetzgebung für das "Recht der Spielhallen" nach Art. 70 Abs. 1 GG den Ländern obliegt. Dieser ausdrückliche und ausschließliche Länderkompetenztitel ermächtigt zur Regelung sämtlicher Voraussetzungen für die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebs einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld (BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - juris Rn. 19 ff.; BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 97 ff.). Vom "Recht der Spielhallen" ist damit auch die gesetzgeberische Befugnis der Länder zur Einführung eines speziellen Erlaubnisvorbehalts umfasst. Ebenso können die Länder Mindestabstandsregelungen für Spielhallen erlassen (BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - juris Rn. 30 ff.; BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 111).

27

Dem steht nicht - wie die Klägerin meint - entgegen, dass der Erlaubnisvorbehalt des § 24 Abs. 1 GlüStV der Sicherung räumlicher Anforderungen dient und dass der Bundesgesetzgeber auf der Grundlage seiner Gesetzgebungsbefugnis aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG für das "Bodenrecht" bereits eine Regelung zur Situierung von Spielhallen getroffen hat. Denn die bauplanungsrechtlichen Vorschriften lassen die Kompetenz der Länder zum Erlass nicht bauplanungsrechtlich motivierter Abstandsvorschriften unberührt (BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - juris Rn. 31; BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 114 f.).

28

b) Zu Unrecht zieht die Klägerin die formelle Verfassungsmäßigkeit der § 24 Abs. 1, § 29 Abs. 4 GlüStV auch im Hinblick auf Art. 125a GG in Zweifel. Zwar gilt die Vorschrift des § 33i GewO über die gewerberechtliche Erlaubnis von Spielhallen gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG als Bundesrecht fort. Auch können die Länder nach Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG dieses fortgeltende Bundesrecht nur "ersetzen" und nicht lediglich einzelne Vorschriften "ändern". Die andernfalls entstehende Mischlage aus Bundes- und Landesrecht für ein und denselben Regelungsgegenstand im selben Anwendungsbereich wäre im bestehenden System der Gesetzgebung ein Fremdkörper. Eine Ersetzung erfordert, dass der Gesetzgeber die Materie, gegebenenfalls einen abgrenzbaren Teil, in eigener Verantwortung regelt (BVerfG, Urteil vom 9. Juni 2004 - 1 BvR 636/04 - BVerfGE 111, 10 <29 f.>; Kammerbeschluss vom 7. Oktober 2015 - 2 BvR 568/15 - juris Rn. 11).

29

Diesen Anforderungen, die auch dem rechtsstaatlichen Gebot der Rechtsklarheit dienen, wird der Erlaubnisvorbehalt der § 24 Abs. 1, § 29 Abs. 4 GlüStV jedoch gerecht. Denn der Staatsvertrag ändert nicht lediglich einzelne Worte oder Sätze des § 33i GewO ab, sondern ergänzt diesen Erlaubnistatbestand für einen abgegrenzten Teil des Spielhallenrechts durch eine weitere, ausschließlich vom Landesgesetzgeber verantwortete glücksspielrechtliche Erlaubnisregelung. Da der gewerberechtliche Erlaubnistatbestand nach der früheren bundesgesetzlichen Regelungskonzeption keine den §§ 25 und 26 GlüStV vergleichbaren Abstandsgebote, Verbundverbote und Werbeeinschränkungen enthalten hat, entsteht auch keine unklare Mischlage, bei der eine eindeutige parlamentarische Verantwortlichkeit für die Gesamtregelung verloren ginge. Vielmehr sind die vom Landesgesetzgeber verantworteten Regelungsbereiche (§§ 24 bis 26, § 29 Abs. 4 GlüStV) und der vom Bundesgesetzgeber verantwortete Regelungsbereich (§ 33i GewO) formell klar abgegrenzt. Es wird lediglich der mit einer gewerberechtlichen Erlaubnis verbundene Freigabeeffekt bei Altspielhallen durch das Hinzutreten eines weiteren Erlaubnisvorbehalts eingeschränkt.

30

5. Der zusätzliche glücksspielrechtliche Erlaubnisvorbehalt verletzt auch nicht die materiellen Verfassungsrechte der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG.

31

a) Im Rahmen der Revision ist allerdings nur zu prüfen, ob die im Fall der Klägerin zur Anwendung kommenden Vorschriften zu einem verfassungswidrigen Eingriff führen. Da Streitgegenstand der vorliegenden Feststellungsklage allein das wirksame Bestehen eines Erlaubnisvorbehalts ist, müssen nicht alle Versagungsgründe auf ihre Verfassungsmäßigkeit geprüft werden. Denn ein präventiver Erlaubnisvorbehalt kann auch dann verfassungskonform sein, wenn einzelne Versagungsgründe nicht mit höherrangigem Recht in Einklang stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 273 Rn. 77 und vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 Rn. 53). Nach dieser Rechtsprechung ist die Einführung einer Erlaubnispflicht schon dann verhältnismäßig, wenn auch nur ein eigenständiger formell und materiell verfassungsmäßiger Erlaubnistatbestand sie rechtfertigt. Demzufolge reicht es für die Verfassungsmäßigkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts nach § 24 Abs. 1, § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV aus, dass ihn der Versagungsgrund einer zu großen Nähe zu allgemeinbildenden Schulen verfassungsrechtlich rechtfertigt. Dementsprechend müssen die von der Klägerin angesprochenen verfassungsrechtlichen Probleme der sächsischen Mindestabstandsregelung zwischen Spielhallen nicht vertieft werden. Insbesondere bedarf es im vorliegenden Verfahren keiner näheren Erörterung, ob das sächsische Landesrecht eine ausreichend bestimmte gesetzliche Grundlage für die behördliche Auswahlentscheidung zwischen mehreren zu nahe beieinander liegenden, ansonsten aber erlaubnisfähigen Spielhallen enthält und ob ein entsprechendes Regelungsdefizit dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot oder dem Grundsatz des Parlamentsvorbehalts widerspricht (vgl. zum saarländischen Spielhallengesetz BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 183 ff.).

32

b) Der mit dem zusätzlichen Erlaubnisvorbehalt verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit der Klägerin (Art. 12 Abs. 1 GG) ist gerechtfertigt. Ein Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit ergibt sich schon daraus, dass die angegriffenen Vorschriften den von der Klägerin praktizierten und bislang unbefristet genehmigten Spielhallenbetrieb reglementieren und - soweit vor Ablauf der Übergangsfrist keine Erlaubnis erteilt wird - zeitlich beschränken.

33

aa) Um vor dem Grundrechtsschutz der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) Bestand zu haben, bedarf ein Eingriff einer gesetzlichen Grundlage, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Normen genügt. Die eingreifende Vorschrift muss kompetenzgemäß erlassen worden sein, durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 1997 - 1 BvR 1864/94 u.a. - BVerfGE 95, 193 <214>; Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 121). Diese Voraussetzungen liegen vor. Die zu prüfenden Vorschriften sind kompetenzkonform (s.o. juris Rn. 97 ff.) und beachten insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

34

bb) Der Glücksspielstaatsvertrag und das Sächsische Ausführungsgesetz dienen vorrangig dem Ziel, die Bevölkerung, insbesondere Kinder und Jugendliche, vor den Gefahren der Glücksspielsucht und der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität zu schützen (§ 1 GlüStV). Die Einhaltung dieser Ziele ist auch oberste Maxime bei der Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis (§ 24 Abs. 2 GlüStV). Damit werden überragend wichtige Gemeinwohlziele verfolgt, die selbst objektive Berufswahlbeschränkungen zu rechtfertigen vermögen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 ff.>; Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 122, 132, 158; StGH BW, Urteil vom 17. Juni 2016 - 15/13, 1 VB 15/13 - juris Rn. 325 f.).

35

Dass Glücksspiele in ein krankhaftes Suchtverhalten münden können, steht nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung fest. Spielsucht kann zu einer Verschuldung der Betroffenen und zu Folge- und Begleitkriminalität und damit zu schwerwiegenden Folgen nicht nur für die Spieler selbst, sondern auch für ihre Familien und die Gemeinschaft führen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304> - juris Rn. 99). Es ist bekannt, dass das Spielen an Geldautomaten ein besonders hohes Risiko für die Entwicklung eines pathologischen Spielverhaltens birgt. Ebenso ist belegt, dass die Anzahl der Spielhallenkonzessionen in Deutschland vor Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrages deutlich angestiegen ist (vgl. StGH BW, Urteil vom 17. Juni 2016 - 15/13, 1 VB 15/13 - juris Rn. 329 f.; BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 138 f., 150). Vor diesem Hintergrund konnten die Landesgesetzgeber im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative bei der Beurteilung einer Bedrohungslage für ein Gemeinschaftsgut zu dem Ergebnis gelangen, dass zusätzliche Maßnahmen im Bereich der Geldautomaten und Spielhallen geboten sind.

36

cc) Die Einführung eines Mindestabstands von Spielhallen zu allgemeinbildenden Schulen ist zur Erreichung dieses Zieles grundsätzlich geeignet. Eine Regelung ist schon dann zur Zweckerreichung geeignet, wenn mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Insoweit kommt dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 2006 - 1 BvR 2576/04 - BVerfGE 117, 163 <183> m.w.N.).

37

Die Einschätzung des Gesetzgebers, dass der Erlaubnisvorbehalt und die räumliche Trennung zwischen allgemeinbildenden Schulen und Spielhallen der Spielsuchtbekämpfung dienen können, ist auch nicht offensichtlich fehlsam. Eine unmittelbare räumliche Nähe zwischen dem Hauptaufenthaltsort von Jugendlichen und jungen Erwachsenen und einem Glücksspielangebot schafft zwangsläufig Anreize, freie Zeiten zwischen und nach den Unterrichtsstunden in Spielhallen zu verbringen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass Kindern und Jugendlichen ohnedies der Aufenthalt in Spielhallen nach § 6 Abs. 1 JuSchG verboten ist. Wie der Senat im Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - (juris Rn. 59) ausgeführt hat, wirkt eine räumliche Trennung dem "Reiz des Verbotenen" entgegen, den eine in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Schule befindliche Spielhalle ausübt. Eine klare räumliche Trennung hilft, Kinder und Jugendliche vor einer Gewöhnung an die ständige Verfügbarkeit des Glücksspielangebots in ihrem täglichen Lebensumfeld zu schützen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - juris Rn. 59 sowie BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 152, 154). Dieser Aspekt verdient nicht zuletzt deswegen besondere Beachtung, weil der Anteil junger Spieler in den letzten Jahren deutlich gewachsen ist und die Gruppe der 18- bis 25-Jährigen den größten Spieleranteil an Geldspielgeräten darstellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 139; Bunde, in: Anhörung durch den Innenausschuss am 26. April 2012, Protokoll vom 15. Mai 2012, S. 14 und Anlage S. 6).

38

dd) Der Gesetzgeber durfte den Erlaubnisvorbehalt des § 24 Abs. 1 GlüStV und die Mindestabstandsregelung des § 25 Abs. 1 GlüStV i.V.m. § 18a Abs. 4 Satz 1 SächsGlüStVAG angesichts des ihm zustehenden Beurteilungs- und Prognosespielraums auch als erforderliche Maßnahmen ansehen. Insoweit gilt nichts anderes als für die Abstandsgebote zu Kinder- und Jugendeinrichtungen nach dem Spielhallenrecht von Berlin, die mit dem Berufs- und Eigentumsrecht sowie dem Gleichheitsgebot vereinbar sind (BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - juris Rn. 34 ff.; BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 119 ff.; zum Abstandsgebot zu Einrichtungen für Minderjährige nach dem rheinland-pfälzischen Spielhallenrecht BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 4.16 - juris Rn. 17 ff. und speziell zur hinreichenden Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit eines auf die Luftlinie bezogenen Mindestabstands in Verbindung mit der Möglichkeit von Ausnahmen oder Abweichungen Rn. 23).

39

ee) Schließlich führt auch eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 155 ff.). Die im Rahmen der Revision allein streitige Übergangsvorschrift des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV von fünf Jahren ist nicht zu beanstanden. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist bereits geklärt, dass ein solcher u.a. auf Mindestabstandsgebote zu Einrichtungen für Minderjährige bezogener Übergangszeitraum mit Blick auf die Notwendigkeit beruflicher Neuorientierung oder betrieblicher Anpassungen sowie schutzwürdiger Investitionen und Dispositionen ausreicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - juris Rn. 63 bis 65 und 74 f.; BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 188 bis 195). Bei der Beurteilung der Angemessenheit der angegriffenen Abstandsregelung ist des Weiteren zu bedenken, dass der Gesetzgeber den Inhabern von Altspielhallenerlaubnissen in Härtefällen mit § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV i.V.m. § 18a Abs. 5 SächsGlüStVAG die Möglichkeit eröffnet hat, für bis zu sechs weitere Jahre eine Befreiung vom Abstandsgebot zu erhalten. Da bei dieser Ermessensentscheidung besondere individuelle Umstände berücksichtigt werden können, ist die Übergangsregelung insgesamt zumutbar.

40

b) Mit Art. 14 Abs. 1 GG sind die Abstandsregelungen ebenfalls vereinbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - juris Rn. 72 bis 74; BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 169).

41

c) Die Übergangsvorschrift des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV verstößt auch nicht gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot und das rechtsstaatliche Vertrauensschutzprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Wie die Beklagte zutreffend ausführt, liegt in dieser Übergangsregelung keine grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung. Soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm - wie hier - erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden ("tatbestandliche Rückanknüpfung"), liegt eine unechte Rückwirkung vor (ebenso StGH BW, Urteil vom 17. Juni 2016 - 15/13, 1 VB 15/13 - juris Rn. 448). Eine solche unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig. Sie ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt. (vgl. BVerfG, Urteil vom 7. Juli 2010 - 2 BvL 1/03 u.a. - BVerfGE 127, 31 = juris Rn. 69). Damit ergeben sich aus dem rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbot für den vorliegenden Fall einer unechten Rückwirkung durch tatbestandliche Rückanknüpfung keine weitergehenden Anforderungen als die Einräumung einer angemessenen Übergangsfrist, die hier gewährt wurde.

42

6. Die Anschlussrevision des Beklagten ist gleichfalls unbegründet. Entgegen der teilweise auch in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Ansicht (OVG Magdeburg, Beschluss vom 8. April 2014 -1 M 21/14 - juris Rn. 5 ff.; VGH Kassel, Beschluss vom 5. September 2014 - 8 B 1036/14 - juris Rn. 14 ff.) des Beklagten ist bei einem Betreiberwechsel nach dem Stichtag die fünfjährige Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV anzuwenden (vgl. OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 8. November 2013 - 7 ME 82/13 - juris Rn. 7 ff. und vom 18. Januar 2017 - 7 ME 3/17 - juris Rn. 6; OVG Münster, Beschluss vom 29. Februar 2016 - 4 A 809/15 - juris Rn. 4 ff.). Denn die Übergangsvorschrift gewährt Vertrauensschutz nicht betreiber-, sondern spielhallenbezogen.

43

a) Dafür spricht bereits der Wortlaut des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV. Das Gesetz nennt als Voraussetzungen für den Bestandsschutz das Bestehen der Spielhalle und das Vorhandensein einer noch mindestens fünf Jahre gültigen gewerberechtlichen Erlaubnis für den Betrieb dieser Spielhalle am gesetzlichen Stichtag des 28. Oktober 2011. Hingegen erwähnt der Wortlaut der Vorschrift die Person des Spielhallenbetreibers nicht. Die Fiktion der Vereinbarkeit mit den Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages ist nach dem Normtext ebenfalls nur objektiv auf die für die Spielhalle geltenden Anforderungen bezogen, nicht jedoch auf betreiberbezogene Voraussetzungen. Der Gesetzestext bezieht den Betreiber auch nicht dadurch in die Betrachtung ein, dass er für die am Stichtag vorhandene Erlaubnis nach § 33i GewO einschränkend fordert, deren Geltungsdauer dürfe nicht innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrages enden. Denn damit wird nur der Gedanke zum Ausdruck gebracht, dass der durch § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV vermittelte glücksspielrechtliche Bestandsschutz der Spielhalle nicht länger dauern soll als der zum Stichtag konkret absehbare gewerberechtliche Bestandsschutz.

44

b) Auch die Entstehungsgeschichte der Norm legt ein rein spielhallenbezogenes Verständnis nahe. Die Entwurfsfassung des Staatsvertrages, die in § 29 Abs. 4 Satz 5 eine vorzeitige Erlaubnispflicht beim Wechsel des Betreibers der Spielhalle vorsah (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin Drs. 16/4142 S. 20), wurde nicht in die Endfassung des Staatsvertrages übernommen. In den von dem Beklagten zitierten amtlichen Erläuterungen des Staatsvertrages sind auch keine Ausführungen dahingehend zu finden, dass im Falle eines Betreiberwechsels nach dem Stichtag gleichwohl - wie ursprünglich vorgesehen - eine kürzere Übergangsfrist gelten solle (vgl. Bayerischer Landtag, LT-Drs. 16/11995 S. 32).

45

c) In systematischer Hinsicht kann man zwar daraus, dass die gewerberechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO betreiber- und betriebsbezogen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Oktober 1984 - 1 C 21.83 - BVerwGE 70, 180 <184>), folgern, dass auch der glücksspielrechtliche Bestandsschutz betreiber- und betriebsbezogen auszulegen sei. Diese auf den ersten Blick naheliegende Annahme erweist sich bei näherer Betrachtung als keineswegs zwingend. Im Spielhallenrecht kamen und kommen nämlich auch rein betriebsbezogene Übergangsregelungen vor. Ferner sieht § 29 Abs. 4 GlüStV als Rechtsfolge keine subjektive Erlaubnis oder Erlaubnisfiktion vor.

46

Bei der systematischen Auslegung fällt außerdem ins Gewicht, dass die fünfjährige Übergangsfrist als Grundsatz der gesetzlichen Regelung in § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV vorangestellt ist. Die gesetzliche Regeldauer wird nur in Ausnahmefällen nach § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV verkürzt oder nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV verlängert. Bei der Frage, ob im Falle eines Betreiberwechsels nach dem Stichtag ausnahmsweise eine Verkürzung der fünfjährigen Regeldauer auf die einjährige Übergangszeit erfolgen soll, kommt es damit auch auf den Wortlaut sowie auf den Sinn und Zweck der Ausnahmevorschrift des § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV an. Diese Bestimmung ist ebenfalls rein spielhallenbezogen formuliert und ihr Zweck wird dahingehend erläutert, dass sie "Vorratserlaubnisse in Kenntnis der beabsichtigten Änderung der Rechtslage verhindern" soll (vgl. Bayerischer Landtag, LT-Drs. 16/11995 S. 32).

47

Das Gesetz geht dabei davon aus, dass mit der Entscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz vom 28. Oktober 2011 zum Abschluss des Glücksspieländerungsstaatsvertrages die beabsichtigte Verschärfung der Spielhallenzulassungsvoraussetzungen publik geworden ist. Es sieht die Gefahr, dass potentielle Spielhallenbetreiber, um den drohenden glücksspielrechtlichen Zulassungsbegrenzungen zu entgehen, noch nach altem Recht gewerberechtliche Spielhallenerlaubnisse beantragen und vor dem Inkrafttreten des Staatsvertrages erhalten könnten. Die Verkürzung der Übergangsfrist in § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV auf ein Jahr dient dazu, solche unerwünschten Mitnahmeeffekte bei bislang nicht bestandsgeschützten Spielhallen zu verhindern (vgl. OVG Saarlouis, Urteil vom 27. April 2016 - 1 A 3/15 - ZfWG 2016, 264 Rn. 55). Um die Eröffnung neuer Spielhallen nach Bekanntwerden der Reformpläne geht es aber nicht, wenn eine schon vor dem Stichtag bestehende und unbefristet erlaubte Spielhalle lediglich den Betreiber wechselt. Daher würde eine Einbeziehung dieser Fälle in den Anwendungsbereich des § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV nicht dessen beschränkter Zielsetzung entsprechen und dem Regel-Ausnahme-Verhältnis zu § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV widersprechen.

48

d) Auch die teleologische Auslegung des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV spricht für ein spielhallenbezogenes Normverständnis. Die Vorschrift dient nicht nur dem Schutz des Vertrauens auf den Fortbestand der Rechtslage, sondern auch dem Schutz der wirtschaftlichen Vertrauensbetätigung. Die Spielhallenbetreiber haben regelmäßig im Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage erhebliche wirtschaftliche Dispositionen für die Errichtung und den Betrieb bestehender Spielhallen an einem bestimmten Standort getroffen. Sie haben zumeist Verträge mit Arbeitnehmern, Vermietern von Räumen und Leasinggebern von Spielgeräten geschlossen, die regelmäßig nicht kurzfristig kündbar sind. In einigen Fällen haben sie sogar Spielgeräte und Immobilien gekauft. Damit haben sie erhebliche Investitionen getätigt und ihre wirtschaftliche Existenz auf einen mehrjährigen Spielhallenbetrieb ausgerichtet. Die fünfjährige Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV trägt dem Interesse der Betreiber, eine Amortisierung der im Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage in die Spielhalle getätigten Investitionen zu erreichen und dabei einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften, Rechnung (vgl. StGH BW, Urteil vom 17. Juni 2014 - 15/13, 1 VB 15/13 - juris Rn. 455 f.; BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 193). Dieser Investitionsschutz soll bei einem Betreiberwechsel nicht entfallen. Denn die vor dem Stichtag getätigten Investitionen des "Altbetreibers“ würden weitgehend entwertet, wenn ein danach erfolgter Betreiberwechsel die Verkürzung des Bestandsschutzes auf ein Jahr zur Folge hätte. Dabei ist außerdem zu berücksichtigen, dass bei Geltung des einjährigen Übergangszeitraums nach § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV in Fällen des Betreiberwechsels keine Regelung bestünde, mit der Härtefällen wie etwa einer Übergabe der Spielhalle aus gesundheitlichen Gründen oder einem erbfallbedingten Wechsel begegnet werden könnte.

49

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes

1.
sind Kinder Personen, die noch nicht 14 Jahre alt sind,
2.
sind Jugendliche Personen, die 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind,
3.
ist personensorgeberechtigte Person, wem allein oder gemeinsam mit einer anderen Person nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Personensorge zusteht,
4.
ist erziehungsbeauftragte Person, jede Person über 18 Jahren, soweit sie auf Dauer oder zeitweise aufgrund einer Vereinbarung mit der personensorgeberechtigten Person Erziehungsaufgaben wahrnimmt oder soweit sie ein Kind oder eine jugendliche Person im Rahmen der Ausbildung oder der Jugendhilfe betreut.

(1a) Medien im Sinne dieses Gesetzes sind Trägermedien und Telemedien.

(2) Trägermedien im Sinne dieses Gesetzes sind Medien mit Texten, Bildern oder Tönen auf gegenständlichen Trägern, die zur Weitergabe geeignet, zur unmittelbaren Wahrnehmung bestimmt oder in einem Vorführ- oder Spielgerät eingebaut sind. Dem gegenständlichen Verbreiten, Überlassen, Anbieten oder Zugänglichmachen von Trägermedien steht das elektronische Verbreiten, Überlassen, Anbieten oder Zugänglichmachen gleich, soweit es sich nicht um Rundfunk im Sinne des § 2 des Rundfunkstaatsvertrages handelt.

(3) Telemedien im Sinne dieses Gesetzes sind Medien, die nach dem Telemediengesetz übermittelt oder zugänglich gemacht werden. Als Übermitteln oder Zugänglichmachen im Sinne von Satz 1 gilt das Bereithalten eigener oder fremder Inhalte.

(4) Versandhandel im Sinne dieses Gesetzes ist jedes entgeltliche Geschäft, das im Wege der Bestellung und Übersendung einer Ware durch Postversand oder elektronischen Versand ohne persönlichen Kontakt zwischen Lieferant und Besteller oder ohne dass durch technische oder sonstige Vorkehrungen sichergestellt ist, dass kein Versand an Kinder und Jugendliche erfolgt, vollzogen wird.

(5) Die Vorschriften der §§ 2 bis 14 dieses Gesetzes gelten nicht für verheiratete Jugendliche.

(6) Diensteanbieter im Sinne dieses Gesetzes sind Diensteanbieter nach dem Telemediengesetz vom 26. Februar 2007 (BGBl. I S. 179) in der jeweils geltenden Fassung.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

(1) Dieses Gesetz gilt, wenn ein Jugendlicher oder ein Heranwachsender eine Verfehlung begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist.

(2) Jugendlicher ist, wer zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer zur Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist.

(3) Ist zweifelhaft, ob der Beschuldigte zur Zeit der Tat das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, sind die für Jugendliche geltenden Verfahrensvorschriften anzuwenden.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Widerrufsvorbehalt, welchen die obere Schulaufsichtsbehörde der Anerkennung einer Ersatzschule der Klägerin beigefügt hat.

2

Die Klägerin betreibt in Böblingen ein privates Kaufmännisches Berufskolleg I, das als Ersatzschule genehmigt ist. Sie beantragte, ihrer Ersatzschule die Eigenschaft einer anerkannten Ersatzschule zu verleihen. Das Regierungspräsidium Stuttgart als obere Schulaufsichtsbehörde lehnte den Antrag ab: Nach der Nr. 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz Baden-Württemberg - VVPSchG BW - erfülle eine Ersatzschule die Anforderungen für ihre Anerkennung unter anderem nur dann, wenn ihre Lehrer in der Regel die Anstellungsfähigkeit für das entsprechende Lehramt an öffentlichen Schulen besäßen. Aufgrund dieser Bestimmung müssten mindestens zwei Drittel der eingesetzten Lehrkräfte die dort vorausgesetzte Anstellungsfähigkeit besitzen. Das treffe auf die Lehrkräfte an der Schule der Klägerin nicht zu.

3

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Begehren, das beklagte Land zu verpflichten, dem Kaufmännischen Berufskolleg der Klägerin die Eigenschaft einer anerkannten Ersatzschule zu verleihen, abgewiesen.

4

Die Klägerin hat Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens hat das Regierungspräsidium Stuttgart die begehrte Anerkennung zunächst befristet und durch Bescheid vom 16. Oktober 2013 unbefristet unter dem Vorbehalt des Widerrufs für den Fall ausgesprochen, dass die Voraussetzungen für die Verleihung der Eigenschaft einer anerkannten Ersatzschule nicht mehr vorliegen, insbesondere die Zahl der Lehrkräfte mit Anstellungsfähigkeit im Sinne der Nr. 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f VVPSchG BW unter zwei Drittel der an diesem Bildungsgang unterrichtenden Lehrkräfte fällt.

5

Die Klägerin hat daraufhin mit Zustimmung des beklagten Landes ihr Begehren geändert und beantragt, den Widerrufsvorbehalt in dem Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart aufzuheben.

6

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch das angefochtene Urteil die Berufung der Klägerin mit diesem Antrag zurückgewiesen: Die geänderte Klage sei als Anfechtungsklage zwar zulässig, aber unbegründet. Der Widerrufsvorbehalt könne isoliert angefochten werden. Die Anerkennung sei in ihrer Wirksamkeit nicht vom gleichzeitig ausgesprochenen Vorbehalt des Widerrufs abhängig. Dieser diene nicht dazu, eine sonst aktuell nicht bestehende Möglichkeit der Anerkennung zu sichern. Die Voraussetzungen des Widerrufsvorbehalts nach § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG BW lägen vor. Auf die Anerkennung als private Ersatzschule bestehe ein Anspruch, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 PSchG BW vorlägen. Derzeit seien diese Voraussetzungen nach übereinstimmender Ansicht beider Beteiligter erfüllt. Die Anerkennung hätte deshalb ohne Widerrufsvorbehalt ausgesprochen werden können. Die Möglichkeit einer Nebenbestimmung ergebe sich hier daraus, dass nach § 10 Abs. 1 PSchG BW die dauerhafte Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen Voraussetzung für die begehrte Anerkennung sei. Aus dem notwendig prognostischen Element der aktuellen Einschätzung ergebe sich die Möglichkeit, den begünstigenden Verwaltungsakt mit einer Nebenbestimmung zu versehen, welche die Aufrechterhaltung der Voraussetzungen sichere. Der Widerrufsvorbehalt sei auch inhaltlich berechtigt.

7

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, den Widerrufsvorbehalt aufzuheben: § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG BW lasse eine Nebenbestimmung, welche das Erfülltbleiben von Anspruchsvoraussetzungen sicherstellen solle, allenfalls dann zu, wenn deren alsbaldiger Wegfall bereits bei Erlass des Verwaltungsakts konkret zu erwarten sei. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Der Widerrufsvorbehalt sei inhaltlich rechtswidrig. Die Anerkennung einer privaten Ersatzschule dürfe nicht von dem Erfordernis abhängig gemacht werden, dass zwei Drittel ihrer Lehrkräfte die Anstellungsfähigkeit für den öffentlichen Schuldienst besäßen.

8

Das beklagte Land verteidigt das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hätte den streitigen Widerrufsvorbehalt auf die zulässigerweise geänderte Klage der Klägerin aufheben müssen. Der isoliert anfechtbare Widerrufsvorbehalt kann nicht auf die gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisible Vorschrift des § 36 Abs. 1 VwVfG BW gestützt werden.

10

Nach § 36 Abs. 1 VwVfG BW darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Die Vorschrift regelt abschließend, unter welchen Voraussetzungen ein gebundener begünstigender Verwaltungsakt mit einer Nebenbestimmung versehen werden darf.

11

Der Verwaltungsgerichtshof hat die irrevisible Vorschrift des § 10 Abs. 1 PSchG BW für den Senat verbindlich dahin ausgelegt, dass die Verleihung der Eigenschaft einer anerkannten Ersatzschule nach dieser Vorschrift ein Verwaltungsakt ist, auf den ein Anspruch besteht, dessen Erlass also nicht im Ermessen der oberen Schulaufsichtsbehörde steht.

12

Von den beiden Alternativen des danach anwendbaren § 36 Abs. 1 VwVfG BW kommt, wie sich aus den weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs ergibt, von vornherein nur die zweite Alternative in Betracht, denn es fehlt an einer fachgesetzlichen Rechtsvorschrift, welche im Sinne der ersten Alternative des § 36 Abs. 1 VwVfG BW Nebenbestimmungen zur Verleihung der Eigenschaft einer anerkannten Ersatzschule zulässt.

13

Der streitige Widerrufsvorbehalt soll jedoch nicht im Sinne der zweiten Alternative des § 36 Abs. 1 VwVfG BW sicherstellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Ersatzschule der Klägerin erfüllt werden. Diese Voraussetzungen lagen im Zeitpunkt der unbefristet ausgesprochenen Anerkennung vollständig vor. Die Nebenbestimmung in Gestalt des Widerrufsvorbehalts war der Anerkennung der Ersatzschule nur für den Fall beigefügt, dass diese gesetzlichen Voraussetzungen künftig wegfallen sollten. Eine Nebenbestimmung mit dieser Zielsetzung ist von der Ermächtigungsgrundlage des § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG BW nicht gedeckt.

14

Nach § 10 Abs. 1 PSchG BW kann die obere Schulaufsichtsbehörde einer Ersatzschule die Eigenschaft einer anerkannten Ersatzschule verleihen, wenn die Ersatzschule die Gewähr dafür bietet, dass sie dauernd die aufgrund des Gesetzes an entsprechende öffentliche Schulen gestellten Anforderungen erfüllt. Nach der Nr. 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f der Vollzugsverordnung zum Privatschulgesetz Baden-Württemberg - VVPSchG BW - sind diese Anforderungen unter anderem nur dann erfüllt, wenn die Lehrer in der Regel die Anstellungsfähigkeit für das ihrer Tätigkeit entsprechende Lehramt an öffentlichen Schulen besitzen. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs wird diese Voraussetzung in der Verwaltungspraxis der Schulaufsichtsbehörden als erfüllt angesehen, wenn mindestens zwei Drittel der Lehrer an der Ersatzschule die Anstellungsfähigkeit besitzen. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Weiteren die Bestimmung des § 10 Abs. 1 PSchG BW dahin ausgelegt, die Anerkennung setze voraus, dass diese Anforderung aufgrund einer Prognose im Zeitpunkt der Anerkennung auf Dauer erfüllt sein werde.

15

Das Regierungspräsidium Stuttgart als obere Schulaufsichtsbehörde hat in seinem Bescheid vom 16. Oktober 2013 die Verleihung der Eigenschaft einer anerkannten Ersatzschule ausgesprochen und sich den Widerruf der Anerkennung nur für den Fall vorbehalten, dass die Voraussetzungen für diese Anerkennung "nicht mehr" vorliegen. Hieran anknüpfend hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, nach übereinstimmender Ansicht beider Beteiligter seien die Voraussetzungen für die Anerkennung der Ersatzschule derzeit erfüllt. Er hat sich diese tatsächliche Einschätzung zu eigen gemacht und hieraus die Folgerung gezogen, die Anerkennung hätte auch ohne Widerruf ausgesprochen werden können, weil der Widerrufsvorbehalt nicht dazu diene, einen ohne diese Nebenbestimmung nicht zulässigen begünstigenden Verwaltungsakt zu ermöglichen.

16

Nach diesen gemäß § 137 Abs. 2 VwGO verbindlichen Feststellungen waren im Zeitpunkt der Anerkennung deren Voraussetzungen einschließlich einer Prognose ihrer dauerhaften Erfüllung gegeben. Die Nebenbestimmung diente mithin auch nicht dazu, eine günstige Prognose dauerhafter Erfüllung der Voraussetzungen zu ermöglichen, die sonst in diesem Zeitpunkt nicht hätte getroffen werden können, etwa weil sich bereits im Zeitpunkt der Anerkennung aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte konkret abgezeichnet hätte, dass die Voraussetzungen der Anerkennung in absehbarer Zeit wieder fortfallen könnten.

17

Eine Nebenbestimmung ist nach der zweiten Alternative des § 36 Abs. 1 VwVfG BW nur zulässig, wenn sie sicherstellen soll, dass die Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsakts erfüllt werden, nicht hingegen dann, wenn sie - wie hier - nur sicherstellen soll, dass die Voraussetzungen erfüllt bleiben.

18

Schon der Wortlaut der Vorschrift stellt eindeutig und ausschließlich darauf ab, dass die Nebenbestimmung sicherstellen soll, dass die Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Der Wortlaut bringt damit zugleich den Zweck der Bestimmung zum Ausdruck. Die Behörde soll gemäß § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG BW eine Nebenbestimmung beifügen dürfen, die es ihr ermöglicht, einen begünstigenden Verwaltungsakt zu erlassen, obwohl noch nicht sämtliche vom Fachrecht hierfür aufgestellten Voraussetzungen erfüllt oder nachgewiesen sind. Die Nebenbestimmung ist ein Mittel, das Fehlen von Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsakts zu überbrücken. Im Interesse des betroffenen Bürgers eröffnet sich so ein Weg, Gründe für eine Versagung auszuräumen. Einen begünstigenden Verwaltungsakt unter Beifügung einer Nebenbestimmung zu erteilen, ist vielfach das mildere Mittel gegenüber seiner sonst erforderlichen Ablehnung.

19

Der systematische Zusammenhang der beiden Alternativen des § 36 Abs. 1 VwVfG BW bestätigt diese Deutung der zweiten Alternative der Vorschrift. Gemeinsamer Anwendungsbereich beider Alternativen sind Nebenbestimmungen zu solchen Verwaltungsakten, auf welche dem Grunde nach ein Anspruch besteht. In seiner ersten Alternative knüpft § 36 Abs. 1 VwVfG BW die Zulässigkeit von Nebenbestimmungen an eine dazu ermächtigende besondere Rechtsvorschrift. Sie trägt damit dem Umstand Rechnung, dass die Nebenbestimmung den Inhaber des Anspruchs belastet. Sein Anspruch wird eingeschränkt, wenn er die mit dem Verwaltungsakt verbundene Begünstigung etwa nur noch unter einer bestimmten Bedingung, für einen gewissen Zeitraum oder um den Preis einer ihm zugleich auferlegten Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht begehren kann. Macht § 36 Abs. 1 VwVfG BW in seiner ersten Alternative somit die Zulässigkeit von anspruchsbeschränkenden Nebenbestimmungen von einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung abhängig, spricht dies im Umkehrschluss dafür, dass § 36 Abs. 1 VwVfG BW in seiner zweiten Alternative nicht auf eine allgemeine Einschränkung fachgesetzlich eingeräumter Rechtspositionen dergestalt zielt, dass begünstigende Verwaltungsakte selbst dann mit belastenden Nebenbestimmungen versehen werden dürften, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für ihren Erlass erfüllt sind und eine besondere Ermächtigung im Sinne der ersten Alternative von § 36 Abs. 1 VwVfG BW fehlt. Die Funktion der zweiten Alternative des § 36 Abs. 1 VwVfG BW liegt vielmehr darin, vom Erfordernis der gesonderten fachrechtlichen Ermächtigungsgrundlage dort eine Ausnahme zuzulassen, wo dieses Erfordernis zum Nachteil des Bürgers ausschlagen, nämlich sich als Hindernis für den Erlass eines Verwaltungsakts auswirken könnte, der unter Beifügung einer Nebenbestimmung bereits erlassen werden könnte.

20

Wären nach § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG BW Nebenbestimmungen zulässig, welche sicherstellen sollen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen eines Verwaltungsakts auch künftig erfüllt bleiben, würden zudem die differenzierten Regelungen über den Widerruf rechtmäßig erlassener Verwaltungsakte nach § 49 Abs. 2 Satz 1 VwVfG BW unterlaufen. Das gilt jedenfalls für solche Nebenbestimmungen, die - wie auflösende Bedingung, Befristung oder Widerrufsvorbehalt - darauf zielen, die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts zu beseitigen. Bei einer Vielzahl begünstigender Verwaltungsakte besteht die Möglichkeit, dass seine ursprünglich gegebenen gesetzlichen Voraussetzungen aufgrund einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage entfallen. Dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber in § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 VwVfG BW Rechnung getragen, dabei aber dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes besonderes Gewicht verliehen. Wäre die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen oder einer nachträglich geänderten Rechtsvorschrift berechtigt, einen rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt jetzt nicht mehr zu erlassen, setzt sein Widerruf in jedem Fall voraus, dass ohne ihn das öffentliche Interesse gefährdet würde. Der hierdurch bewirkte Schutz des Bestandsinteresses des Betroffenen würde durch einen Widerrufsvorbehalt umgangen, der - wie hier - allein daran anknüpft, dass die Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsakts nachträglich weggefallen sind, und der insoweit einen eigenständigen Widerrufsgrund schafft (vgl. § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwVfG BW), der dieses Bestandsinteresse nicht in derselben Weise sichert.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die glücksspielrechtliche Erlaubnispflicht für eine bestehende Spielhalle.

2

Die Klägerin übernahm im Herbst 2011 eine bestehende, gewerberechtlich erlaubt betriebene Spielhalle, die zu einer Grundschule 236 m, von einem Gymnasium 246 m und von der nächstgelegenen anderen Spielhalle 121 m Luftlinie entfernt ist. Sie erhielt für die Fortführung des Spielhallenbetriebs am 2. November 2011 ebenfalls eine unbefristete gewerberechtliche Erlaubnis. Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 27. August 2012 mit, aufgrund des Glücksspieländerungsstaatsvertrages unterliege der Betrieb von Spielhallen seit dem 1. Juli 2012 neuen Anforderungen. Sie müssten insbesondere einen Mindestabstand von 250 m Luftlinie zu weiteren Spielhallen und zu allgemeinbildenden Schulen einhalten. Da die Klägerin nach dem 28. Oktober 2011 eine unbefristete gewerberechtliche Erlaubnis erhalten habe, sei sie bis zum 30. Juni 2013 noch von der Einhaltung dieser Erfordernisse befreit. Nach Ablauf dieser Frist komme die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis wegen dreifacher Unterschreitung des Mindestabstands nicht in Betracht.

3

Daraufhin hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass sie für den weiteren Betrieb ihrer Spielhalle über den 30. Juni 2013 hinaus keine neue Erlaubnis benötige. Das Verwaltungsgericht hat diesem Antrag mit Urteil vom 30. April 2015 in vollem Umfang stattgegeben. Es fehle an einer rechtlichen Grundlage für die vom Beklagten geforderte zusätzliche glücksspielrechtliche Erlaubnis. Zwar begründe der Glücksspieländerungsstaatsvertrag ein Mindestabstandsgebot und einen glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalt. Es handele sich aber nur um materiell-rechtliche Regelungen, die einer verfahrensrechtlichen Ergänzung durch Landesrecht bedürften. Der Landesgesetzgeber habe nur eine unzureichende verfahrensrechtliche Regelung geschaffen. Nach § 18a Abs. 1 SächsGlüStVAG schließe die gewerberechtliche Erlaubnis die glücksspielrechtliche Erlaubnis ein. Die Klägerin verfüge über die gewerberechtliche Erlaubnis und bedürfe keiner weiteren Genehmigung.

4

Auf die Berufung des Beklagten hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht am 11. Mai 2016 das Urteil geändert und festgestellt, dass die Klägerin für den weiteren Betrieb ihrer Spielhalle lediglich bis zum Ablauf der fünfjährigen Übergangsfrist seit Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrages - also bis zum 30. Juni 2017 - keine neue Erlaubnis benötige. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der glücksspielrechtliche Erlaubnisvorbehalt des § 24 Abs. 1 GlüStV gelte auch für Altspielhallen. Die in § 18a Abs. 1 SächsGlüStVAG vorgesehene Konzentration des glücksspielrechtlichen Erlaubnisverfahrens im gewerberechtlichen Erlaubnisverfahren gelte nur für neue Spielhallen, die nach dem Staatsvertrag beantragt wurden. Das für Altspielhallen vorgesehene zusätzliche glücksspielrechtliche Erlaubnisverfahren sei auch hinreichend landesgesetzlich geregelt. Insbesondere sei in § 18a Abs. 3, § 19 Abs. 2 SächsGlüStVAG die Zuständigkeit der Landesdirektion Sachsen festgelegt. In diesem Verfahren könne auch die in § 18a Abs. 5 SächsGlüStVAG vorgesehene Verlängerungsmöglichkeit der Übergangsfrist berücksichtigt werden.

5

Im vorliegenden Fall sei die längere fünfjährige Bestandsschutzregelung des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV und nicht die kürzere einjährige Bestandsschutzregelung des § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV einschlägig. Denn für die Spielhalle sei bereits vor dem Stichtag des 28. Oktober 2011 eine unbefristete gewerberechtliche Erlaubnis erteilt worden. Dass diese Genehmigung nicht der Klägerin, sondern ihrem Rechtsvorgänger erteilt worden sei, sei unschädlich. Der Vertrauensschutz knüpfe nämlich nicht an die Person des Spielhallenbetreibers, sondern an den Betrieb der Spielhalle an. Dies folge aus dem Wortlaut der Vorschrift und aus dem Regelungszweck des Investitionsschutzes. Diesem Auslegungsergebnis stünden auch nicht die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages, der Jugendschutz und die Bekämpfung der Spielsucht, entgegen. Bei Einführung zusätzlicher Genehmigungserfordernisse sei auch das Vertrauen in den Fortbestand der bestehenden Rechtslage angemessen zu schützen. Die fünfjährige Übergangsfrist mit der Option einer weiteren mehrjährigen Befreiung in Härtefällen sei verfassungsrechtlich unbedenklich.

6

Mit ihrer Revision wendet sich die Klägerin gegen die teilweise Klageabweisung. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts sei schon nicht im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO ausreichend begründet. Das Oberverwaltungsgericht überschreite die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung, wenn es die in § 18a Abs. 1 SächsGlüStVAG eindeutig angeordnete Konzentrationswirkung missachte und ein vom Gesetzgeber nicht vorgesehenes weiteres Erlaubnisverfahren einführe. Ferner habe es die Verfassungsmäßigkeit der in § 29 Abs. 4 GlüStV vorgesehenen Stichtagsregelung zu Unrecht offen gelassen. Die Wahl des Stichtags 28. Oktober 2011 stehe nicht in Einklang mit der Eigentumsgarantie und genüge nicht dem Gebot des Vertrauensschutzes, weil an diesem Tag die künftige Gesetzeslage noch keineswegs in konkreten Umrissen allgemein vorhersehbar gewesen sei. Das Abstellen auf die behördliche Erlaubniserteilung werde auch dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verfahrensfairness nicht gerecht, weil die Erlaubniserteilung in der Hand der zuständigen Behörde gelegen habe. Ferner seien die §§ 24 bis 26 GlüStV formell und materiell verfassungswidrig. Für die Abstandsgebote und Verbundverbote fehle den Ländern die Gesetzgebungskompetenz, weil der Bundesgesetzgeber für die räumliche Verteilung von Spielhallen bereits auf der Grundlage seiner Gesetzgebungskompetenz für das Bodenrecht eine abschließende Regelung getroffen habe. Das Verbundverbot und das Abstandsgebot seien mit den Grundrechten der Spielhallenbetreiber auf Berufsfreiheit und Handlungsfreiheit im Wettbewerb nicht vereinbar.

7

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 11. Mai 2016 zu ändern und die Berufung des Beklagten auch im Übrigen zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung der Urteile des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 30. April 2015 und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 11. Mai 2016 insgesamt abzuweisen.

9

Er verteidigt die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts. Von der in § 18a Abs. 1 Satz 1 SächsGlüStVAG angeordneten Konzentrationswirkung der gewerberechtlichen Erlaubnis würden nur Spielhallen erfasst, die nach Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrages neu zugelassen wurden. Dies folge aus § 18a Abs. 1 Satz 2 SächsGlüStVAG, der in Ergänzung der Konzentrationswirkung die Beteiligung der Glücksspielaufsicht am gewerberechtlichen Erlaubnisverfahren vorsehe. Da diese Beteiligung in den Altfällen nicht erfolgt sei, fehle bei "Altspielhallen" auch die Rechtfertigung für eine Konzentrationswirkung. Für sie ergebe sich der glücksspielrechtliche Erlaubnisvorbehalt unmittelbar aus § 24 GlüStV.

10

Auch die Stichtagsregelung des § 29 Abs. 4 GlüStV sei verfassungsgemäß. Am 28. Oktober 2011 habe die Ministerpräsidentenkonferenz den Beschluss gefasst, dem neuen Glücksspielstaatsvertrag zuzustimmen und diesen am 15. Dezember 2011 zu unterzeichnen. Ab diesem Zeitpunkt sei mit der beabsichtigten Rechtsänderung für Spielhallen zu rechnen gewesen. Nach der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung könne schon die Einbringung eines Gesetzentwurfs in den Bundestag zur Vorhersehbarkeit einer Rechtsänderung führen. Eine in etwa vergleichbare Situation sei hier im Bereich der vertraglichen Selbstkoordination der Länder anzunehmen.

11

Schließlich bestünden auch an der Verfassungsmäßigkeit der §§ 24 bis 26 i.V.m. § 29 Abs. 4 GlüStV keine Zweifel. In formeller Hinsicht stehe den Ländern das Recht zur Gesetzgebung im Bereich der Spielhallen zu (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG). Die allein streitgegenständliche Abstandsvorschrift des § 25 GlüStV verfolge keine bodenrechtlichen Ziele, sondern diene der Bekämpfung der Spielsucht. Es handele sich um eine verhältnismäßige Berufsausübungsregelung. Im Übrigen liege auch der absolute Revisionsgrund des Fehlens eines mit Gründen versehenen Urteils nicht vor.

12

Im Wege der Anschlussrevision macht der Beklagte geltend, die Klägerin könne sich nicht auf die fünfjährige Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV berufen. Da die gewerberechtliche Erlaubnis personenbezogen und nicht anlagebezogen sei, könne nur die der Klägerin am 2. November 2011 erteilte Erlaubnis für das Eingreifen der Übergangsfrist maßgeblich sein. Das Bestehen der Spielhalle bei Inkrafttreten des Änderungsstaatsvertrages genüge nach § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV nicht. Hinzukommen müsse eine Schutzbedürftigkeit des "Alt-Betreibers". Ein "Neu-Betreiber" könne sein Verhalten auf die bevorstehende Rechtsänderung einstellen und sei daher weniger schutzbedürftig. Es überzeuge nicht, dass § 29 Abs. 4 GlüStV pauschal dem Schutz von Investitionen beim Betrieb von Spielhallen dienen solle. Es gehe vielmehr allein um das Vertrauen auf den Fortbestand der gesetzlichen Regelung des § 33i GewO, das ab dem 28. Oktober 2011 nicht mehr uneingeschränkt schutzwürdig gewesen sei. Ein Aufschub der beabsichtigten Glücksspielregelung sei nicht unabhängig von der Person des Spielhallenbetreibers beabsichtigt gewesen. Auch spreche der Vergleich des Erwerbers einer Altspielhalle mit dem Errichter einer neuen Spielhalle gegen die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des Staatsvertrages.

13

Die Klägerin tritt der Anschlussrevision des Beklagten entgegen.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision des Beklagten haben keinen Erfolg, weil das Urteil des Oberverwaltungsgerichts kein revisibles Recht verletzt. Prüfungsmaßstab ist neben Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) auch der Glücksspielstaatsvertrag der Länder - hier in der Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - GlüStV) vom 15. November 2011 (SächsGVBl. 2012, 275) -, weil dies in § 33 GlüStV ausdrücklich angeordnet ist. Eine solche Zuweisung von landesrechtlichen Rechtsfragen an das Bundesverwaltungsgericht ist nach Art. 99 Alt. 2 GG zulässig.

15

1. Ohne Erfolg macht die Klägerin in ihrer Revision geltend, das angefochtene Urteil sei im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO nicht mit Gründen versehen. Diese Vorschrift knüpft an den notwendigen formellen Inhalt eines Urteils an (vgl. § 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Danach müssen im Urteil die für die Überzeugungsbildung des Gerichts maßgeblichen Gründe schriftlich niedergelegt werden. Einer Entscheidung fehlt nur dann die Begründung im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO, wenn die Entscheidungsgründe die ihnen zukommende doppelte Aufgabe - Unterrichtung der Beteiligten über die maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen des Gerichts sowie Ermöglichung der Nachprüfung des Urteils im Rechtsmittelverfahren - nicht mehr erfüllen können. Das ist zweifelsfrei der Fall, wenn dem Tenor überhaupt keine Gründe beigefügt sind, darüber hinaus aber auch dann, wenn die Begründung nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder in anderer Weise so unbrauchbar ist, dass sie zur Rechtfertigung des Urteilstenors ungeeignet ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Dezember 1998 - 8 B 187.98 - Buchholz 310 § 6 VwGO Nr. 1; Urteil vom 28. November 2002 - 2 C 25.01 - BVerwGE 117, 228 <230>; Beschluss vom 1. Juni 2016 - 3 B 67.15 - Buchholz 418.6 TierSG Nr. 25 Rn. 17).

16

Davon kann hier keine Rede sein, weil das Oberverwaltungsgericht seine Rechtsauffassung in einem 17 Seiten langen Urteil ausführlich und in sich schlüssig begründet hat. Die Klägerin meint, dass schon die mangelnde Erörterung ihrer Argumente zur Verfassungswidrigkeit der §§ 24 bis 26, 29 Abs. 4 GlüStV einem Fehlen der Urteilsbegründung gleichstehe. Das ist bereits im rechtlichen Ansatz verfehlt, weil eine bloß unvollständige, oberflächliche oder unrichtige Entscheidung die Voraussetzungen des für § 138 Nr. 6 VwGO erforderlichen groben Formmangels nicht erfüllt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Dezember 1998 - 8 B 187.98 - insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 310 § 6 VwGO Nr. 1 - juris Rn. 9) und weil für die mangelnde Berücksichtigung entscheidungserheblichen Vorbringens die Gehörsrüge zur Verfügung steht (Art. 103 Abs. 1 GG, § 138 Nr. 3 VwGO). Darüber hinaus liegt die von der Klägerin behauptete Außerachtlassung ihres zentralen Vorbringens nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht ist auf die Verfassungsmäßigkeit der aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Übergangsvorschrift des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV ausführlich eingegangen. Die Verfassungswidrigkeit der übrigen angegriffenen Regelungen war aus seiner Sicht nicht entscheidungserheblich; insbesondere sei die hier einschlägige Regelung zum Mindestabstand erst nach Ablauf der fünfjährigen Übergangsfrist im Rahmen des dann einzuleitenden Erlaubnisverfahrens zu prüfen. Der Anspruch auf eine Urteilsbegründung begründet aber ebenso wie der Anspruch auf rechtliches Gehör keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Verfahrensbeteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 2014 - 3 B 40.14 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 91 Rn. 4 m.w.N.).

17

2. Die Klägerin kann im Revisionsverfahren auch nicht mit dem Einwand durchdringen, dass ihre unbefristete gewerberechtliche Erlaubnis gemäß § 18a Abs. 1 Satz 1 des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag (SächsGlüStVAG) vom 14. Dezember 2007 (SächsGVBl. S. 542), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 7. Dezember 2016 (SächsGVBl. S. 650) bereits die vom Beklagten geforderte glücksspielrechtliche Erlaubnis umfasst. Ob und in welchen Fällen nach dieser Vorschrift im Freistaat Sachsen die gewerberechtliche Erlaubnis zugleich eine glücksspielrechtliche Erlaubnis einschließt, betrifft die Auslegung irrevisiblen Landesrechts, über das in erster Linie das Sächsische Oberverwaltungsgericht zu befinden hat. Es hat seine Auffassung, dass von der Konzentrationswirkung des § 18a Abs. 1 Satz 1 SächsGlüStVAG nur Erlaubnisse erfasst sind, die nach Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrages am 1. Juli 2012 beantragt worden sind, auch eingehend begründet. Diese Auslegung nicht revisiblen Landesrechts ist nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO im Revisionsverfahren grundsätzlich bindend.

18

Etwas Anderes könnte allenfalls gelten, wenn diese Auslegung - wie die Klägerin meint - die Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung überschreiten würde (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 918/10 - BVerfGE 128, 193 Rn. 53 m.w.N.). Da das Rechtsstaatsprinzip, insbesondere der Vorrang des Gesetzes und die Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG), und das im allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verankerte Willkürverbot eine unübersteigbare bundesrechtliche Grenze jeden Verwaltungshandelns und der Rechtsprechung darstellen, kann im Revisionsverfahren geprüft werden, ob sich das Instanzgericht bei der Anwendung und Auslegung irrevisiblen Rechts so weit vom zugrunde liegenden Gesetz entfernt hat, dass der Zusammenhang mit dem Gesetz nicht mehr hinreichend erkennbar und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt - auch nicht als richterliche Rechtsfortbildung - verständlich ist (BVerwG, Urteile vom 23. August 1991 - 8 C 37.90 - Buchholz 401.8 Verwaltungsgebühren Nr. 27 S. 15 und vom 14. September 1994 - 6 C 42.92 - BVerwGE 96, 350 <352>; Beschluss vom 7. Januar 2008 - 9 B 81.07 - Buchholz 401.00 § 171 AO Nr. 1 Rn. 8).

19

Für eine Überschreitung dieser Grenzen ist nichts ersichtlich. Zwar ist der Wortlaut des § 18a Abs. 1 Satz 1 SächsGlüStVAG offen für ein Verständnis, dass alle gewerberechtlichen Erlaubnisse nach § 33i GewO zugleich die glücksspielrechtliche Erlaubnis einschließen. Ein solches Auslegungsergebnis wird von der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 5/8722 S. 5 f.) aber nicht gestützt. Weder bei den Erläuterungen zur allgemeinen Anordnung der Konzentrationswirkung in § 18a Abs. 1 Satz 1 SächsGlüStVAG noch bei den Erläuterungen zu den Übergangsregelungen für Altspielhallen nach § 18a Abs. 5 SächsGlüStVAG findet sich eine dezidierte Aussage im Regierungsentwurf zu der Frage, ob vor Inkrafttreten des Gesetzes erteilte Erlaubnisse nach § 33i GewO Konzentrationswirkung haben. Das Oberverwaltungsgericht kann sich für seine Rechtsauffassung, dass es in diesen Altfällen gerade an der Konzentrationswirkung fehlt, auf systematische und teleologische Argumente berufen. In systematischer Hinsicht hat es insbesondere ausgeführt, dass die Konzentrationswirkung nach § 18a Abs. 1 Satz 1 SächsGlüStVAG in engem Zusammenhang mit der Beteiligung der Glücksspielbehörde im Genehmigungsverfahren nach § 18a Abs. 1 Satz 2 SächsGlüStVAG steht. Bei den Alterlaubnissen hat aber gerade keine zusätzliche glücksspielrechtliche Überprüfung durch Beteiligung der Glücksspielaufsicht stattgefunden. In teleologischer Hinsicht hat sich das Oberverwaltungsgericht darauf berufen, dass der Gesetzeszweck der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Spieler- und Jugendschutzes nicht erreicht würde, wenn man den ohne Beteiligung der Glücksspielaufsicht zustande gekommenen gewerberechtlichen Alterlaubnissen zugleich eine glücksspielrechtliche Genehmigungswirkung beimesse. Diese Auslegung trägt den Grundsätzen der juristischen Methodenlehre Rechnung und überschreitet die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung nicht.

20

3. Auch der Einwand der Klägerin, dass das Sächsische Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag kein gesondertes glücksspielrechtliches Erlaubnisverfahren vorsehe, kann keinen Erfolg haben. Ohne Rechtsfehler ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass § 24 Abs. 1, § 29 Abs. 4 GlüStV unmittelbar einen glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalt für neue und bestehende Spielhallen begründen (a). Auch fehlt es nicht an hinreichend bestimmten Durchführungsbestimmungen (b).

21

a) Dass § 24 Abs. 1 GlüStV unmittelbar einen Erlaubnisvorbehalt begründet, folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Danach bedürfen "die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle einer Erlaubnis nach diesem Staatsvertrag". Die Länder können in diesem Zusammenhang gemäß § 24 Abs. 3 GlüStV zwar das "Nähere" regeln, müssen aber den im Staatsvertrag bereits enthaltenen Erlaubnisvorbehalt als solchen nicht nochmals anordnen, wenn der Staatsvertrag - wie hier - als Landesgesetz erlassen wird. Wie § 2 Abs. 1 und 3 GlüStV ausführt, "gelten" für Spielhallen die Vorschriften des 7. und 8. Abschnitts, so dass es für die Begründung des darin vorgesehenen Erlaubnisvorbehalts keines zusätzlichen legislativen Umsetzungsakts bedarf.

22

Unmittelbar im Glücksspieländerungsstaatsvertrag geregelt ist ferner, dass dieser Erlaubnisvorbehalt auch für bereits bestehende und anderweitig genehmigte "Altspielhallen" gilt. Denn die Übergangsregelung des § 29 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV begründet für nach § 33i GewO erlaubte Spielhallen zeitlich befristete Vereinbarkeitsfiktionen mit den Regelungen der §§ 24 und 25 GlüStV. Diese Fiktionen wären überflüssig und widersinnig, wenn das Erlaubniserfordernis für diese Altspielhallen nicht gelten würde. Daher kann der in § 29 Abs. 4 Satz 1 GlüStV aufgestellte Grundsatz, dass die Regelungen des 7. Abschnitts bereits ab Inkrafttreten des Staatsvertrages Anwendung finden, nur so verstanden werden, dass diese Regelungen schon ab dem 1. Juli 2012 grundsätzlich für alle Spielhallen Geltung beanspruchen.

23

Dass für die Altspielhallen auch nach Auffassung des Gesetzgebers ein zusätzliches glücksspielrechtliches Erlaubnisverfahren durchzuführen ist, ist mittlerweile durch das Gesetz zur Änderung glücksspielrechtlicher Vorschriften vom 7. Dezember 2016 (SächsGVBl. S. 650) ausdrücklich bestätigt worden. Nach § 22 SächsGlüStVAG in der Fassung des Änderungsgesetzes bedürfen Altspielhallen nach Ablauf der für sie geltenden Übergangsfristen des § 29 Abs. 4 GlüStV für den weiteren Betrieb einer Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV. Wie der Gesetzentwurf ausdrücklich hervorhebt, wird damit nur deklaratorisch die in der Rechtsprechung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 3 B 418/13 - GewArch 2014, 400) bereits anerkannte Erlaubnispflicht bestätigt (LT-Drs. 6/4785 S. 11). Es wird also gerade nicht - wie die Klägerin vorträgt - ein neuer Erlaubnisvorbehalt konstitutiv begründet.

24

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin fehlt es für die Durchführung des glücksspielrechtlichen Erlaubnisverfahrens auch nicht an hinreichend bestimmten landesgesetzlichen Durchführungsbestimmungen. Die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass die Zuständigkeit und das Verfahren für die Erteilung von glücksspielrechtlichen Erlaubnissen an Betreiber von Altspielhallen in § 18a Abs. 3 Satz 1, § 19 Abs. 2 SächsGlüStVAG ausreichend normiert sind, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Schon nach dem Wortlaut dieser Vorschriften obliegt der Landesdirektion Sachsen als oberer Glücksspielaufsichtsbehörde der Vollzug des Glücksspielstaatsvertrages, soweit nichts anderes bestimmt ist. Es liegt somit hinsichtlich der Zuständigkeit für das behördliche Verfahren kein ungeregelter Zustand vor. Auch lassen sich die wesentlichen Gegenstände des glücksspielrechtlichen Erlaubnisverfahrens den § 24 Abs. 2, § 29 Abs. 4 GlüStV i.V.m. § 18a SächsGlüStVAG entnehmen. § 24 Abs. 2 Satz 1 GlüStV begründet einen präventiven Erlaubnisvorbehalt, wobei auf die Erteilung der Erlaubnis vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich garantierten Gewerbefreiheit ein Rechtsanspruch besteht (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. November 2005 - 6 C 8.05 - Buchholz 451.20 § 33c GewO Nr. 6 Rn. 32 zu § 33i GewO und vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - juris Rn. 39). Die Erlaubnis ist nur zu versagen, wenn die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufen. Da die Erlaubnis nach § 24 Abs. 2 Satz 2 GlüStV schriftlich zu erteilen und zu befristen ist sowie nach § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV auch nachträglich mit Nebenbestimmungen versehen werden kann, hat der Landesgesetzgeber ihren wesentlichen Regelungsgehalt umrissen.

25

4. Dieser Erlaubnisvorbehalt ist von der Gesetzgebungskompetenz der Länder gedeckt und auch ansonsten formell verfassungsmäßig.

26

a) Zu Unrecht bezweifelt die Klägerin in formeller Hinsicht die Gesetzgebungskompetenz der Länder. Wie sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG ergibt, erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes auf das Recht der Wirtschaft "ohne... das Recht der Spielhallen". Durch diese im Zuge der Föderalismusreform im Jahr 2006 eingefügte Ausnahme wird bewirkt, dass die Gesetzgebung für das "Recht der Spielhallen" nach Art. 70 Abs. 1 GG den Ländern obliegt. Dieser ausdrückliche und ausschließliche Länderkompetenztitel ermächtigt zur Regelung sämtlicher Voraussetzungen für die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebs einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld (BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - juris Rn. 19 ff.; BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 97 ff.). Vom "Recht der Spielhallen" ist damit auch die gesetzgeberische Befugnis der Länder zur Einführung eines speziellen Erlaubnisvorbehalts umfasst. Ebenso können die Länder Mindestabstandsregelungen für Spielhallen erlassen (BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - juris Rn. 30 ff.; BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 111).

27

Dem steht nicht - wie die Klägerin meint - entgegen, dass der Erlaubnisvorbehalt des § 24 Abs. 1 GlüStV der Sicherung räumlicher Anforderungen dient und dass der Bundesgesetzgeber auf der Grundlage seiner Gesetzgebungsbefugnis aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG für das "Bodenrecht" bereits eine Regelung zur Situierung von Spielhallen getroffen hat. Denn die bauplanungsrechtlichen Vorschriften lassen die Kompetenz der Länder zum Erlass nicht bauplanungsrechtlich motivierter Abstandsvorschriften unberührt (BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - juris Rn. 31; BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 114 f.).

28

b) Zu Unrecht zieht die Klägerin die formelle Verfassungsmäßigkeit der § 24 Abs. 1, § 29 Abs. 4 GlüStV auch im Hinblick auf Art. 125a GG in Zweifel. Zwar gilt die Vorschrift des § 33i GewO über die gewerberechtliche Erlaubnis von Spielhallen gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG als Bundesrecht fort. Auch können die Länder nach Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG dieses fortgeltende Bundesrecht nur "ersetzen" und nicht lediglich einzelne Vorschriften "ändern". Die andernfalls entstehende Mischlage aus Bundes- und Landesrecht für ein und denselben Regelungsgegenstand im selben Anwendungsbereich wäre im bestehenden System der Gesetzgebung ein Fremdkörper. Eine Ersetzung erfordert, dass der Gesetzgeber die Materie, gegebenenfalls einen abgrenzbaren Teil, in eigener Verantwortung regelt (BVerfG, Urteil vom 9. Juni 2004 - 1 BvR 636/04 - BVerfGE 111, 10 <29 f.>; Kammerbeschluss vom 7. Oktober 2015 - 2 BvR 568/15 - juris Rn. 11).

29

Diesen Anforderungen, die auch dem rechtsstaatlichen Gebot der Rechtsklarheit dienen, wird der Erlaubnisvorbehalt der § 24 Abs. 1, § 29 Abs. 4 GlüStV jedoch gerecht. Denn der Staatsvertrag ändert nicht lediglich einzelne Worte oder Sätze des § 33i GewO ab, sondern ergänzt diesen Erlaubnistatbestand für einen abgegrenzten Teil des Spielhallenrechts durch eine weitere, ausschließlich vom Landesgesetzgeber verantwortete glücksspielrechtliche Erlaubnisregelung. Da der gewerberechtliche Erlaubnistatbestand nach der früheren bundesgesetzlichen Regelungskonzeption keine den §§ 25 und 26 GlüStV vergleichbaren Abstandsgebote, Verbundverbote und Werbeeinschränkungen enthalten hat, entsteht auch keine unklare Mischlage, bei der eine eindeutige parlamentarische Verantwortlichkeit für die Gesamtregelung verloren ginge. Vielmehr sind die vom Landesgesetzgeber verantworteten Regelungsbereiche (§§ 24 bis 26, § 29 Abs. 4 GlüStV) und der vom Bundesgesetzgeber verantwortete Regelungsbereich (§ 33i GewO) formell klar abgegrenzt. Es wird lediglich der mit einer gewerberechtlichen Erlaubnis verbundene Freigabeeffekt bei Altspielhallen durch das Hinzutreten eines weiteren Erlaubnisvorbehalts eingeschränkt.

30

5. Der zusätzliche glücksspielrechtliche Erlaubnisvorbehalt verletzt auch nicht die materiellen Verfassungsrechte der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG.

31

a) Im Rahmen der Revision ist allerdings nur zu prüfen, ob die im Fall der Klägerin zur Anwendung kommenden Vorschriften zu einem verfassungswidrigen Eingriff führen. Da Streitgegenstand der vorliegenden Feststellungsklage allein das wirksame Bestehen eines Erlaubnisvorbehalts ist, müssen nicht alle Versagungsgründe auf ihre Verfassungsmäßigkeit geprüft werden. Denn ein präventiver Erlaubnisvorbehalt kann auch dann verfassungskonform sein, wenn einzelne Versagungsgründe nicht mit höherrangigem Recht in Einklang stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 273 Rn. 77 und vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 Rn. 53). Nach dieser Rechtsprechung ist die Einführung einer Erlaubnispflicht schon dann verhältnismäßig, wenn auch nur ein eigenständiger formell und materiell verfassungsmäßiger Erlaubnistatbestand sie rechtfertigt. Demzufolge reicht es für die Verfassungsmäßigkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts nach § 24 Abs. 1, § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV aus, dass ihn der Versagungsgrund einer zu großen Nähe zu allgemeinbildenden Schulen verfassungsrechtlich rechtfertigt. Dementsprechend müssen die von der Klägerin angesprochenen verfassungsrechtlichen Probleme der sächsischen Mindestabstandsregelung zwischen Spielhallen nicht vertieft werden. Insbesondere bedarf es im vorliegenden Verfahren keiner näheren Erörterung, ob das sächsische Landesrecht eine ausreichend bestimmte gesetzliche Grundlage für die behördliche Auswahlentscheidung zwischen mehreren zu nahe beieinander liegenden, ansonsten aber erlaubnisfähigen Spielhallen enthält und ob ein entsprechendes Regelungsdefizit dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot oder dem Grundsatz des Parlamentsvorbehalts widerspricht (vgl. zum saarländischen Spielhallengesetz BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 183 ff.).

32

b) Der mit dem zusätzlichen Erlaubnisvorbehalt verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit der Klägerin (Art. 12 Abs. 1 GG) ist gerechtfertigt. Ein Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit ergibt sich schon daraus, dass die angegriffenen Vorschriften den von der Klägerin praktizierten und bislang unbefristet genehmigten Spielhallenbetrieb reglementieren und - soweit vor Ablauf der Übergangsfrist keine Erlaubnis erteilt wird - zeitlich beschränken.

33

aa) Um vor dem Grundrechtsschutz der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) Bestand zu haben, bedarf ein Eingriff einer gesetzlichen Grundlage, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Normen genügt. Die eingreifende Vorschrift muss kompetenzgemäß erlassen worden sein, durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 1997 - 1 BvR 1864/94 u.a. - BVerfGE 95, 193 <214>; Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 121). Diese Voraussetzungen liegen vor. Die zu prüfenden Vorschriften sind kompetenzkonform (s.o. juris Rn. 97 ff.) und beachten insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

34

bb) Der Glücksspielstaatsvertrag und das Sächsische Ausführungsgesetz dienen vorrangig dem Ziel, die Bevölkerung, insbesondere Kinder und Jugendliche, vor den Gefahren der Glücksspielsucht und der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität zu schützen (§ 1 GlüStV). Die Einhaltung dieser Ziele ist auch oberste Maxime bei der Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis (§ 24 Abs. 2 GlüStV). Damit werden überragend wichtige Gemeinwohlziele verfolgt, die selbst objektive Berufswahlbeschränkungen zu rechtfertigen vermögen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 ff.>; Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 122, 132, 158; StGH BW, Urteil vom 17. Juni 2016 - 15/13, 1 VB 15/13 - juris Rn. 325 f.).

35

Dass Glücksspiele in ein krankhaftes Suchtverhalten münden können, steht nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung fest. Spielsucht kann zu einer Verschuldung der Betroffenen und zu Folge- und Begleitkriminalität und damit zu schwerwiegenden Folgen nicht nur für die Spieler selbst, sondern auch für ihre Familien und die Gemeinschaft führen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304> - juris Rn. 99). Es ist bekannt, dass das Spielen an Geldautomaten ein besonders hohes Risiko für die Entwicklung eines pathologischen Spielverhaltens birgt. Ebenso ist belegt, dass die Anzahl der Spielhallenkonzessionen in Deutschland vor Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrages deutlich angestiegen ist (vgl. StGH BW, Urteil vom 17. Juni 2016 - 15/13, 1 VB 15/13 - juris Rn. 329 f.; BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 138 f., 150). Vor diesem Hintergrund konnten die Landesgesetzgeber im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative bei der Beurteilung einer Bedrohungslage für ein Gemeinschaftsgut zu dem Ergebnis gelangen, dass zusätzliche Maßnahmen im Bereich der Geldautomaten und Spielhallen geboten sind.

36

cc) Die Einführung eines Mindestabstands von Spielhallen zu allgemeinbildenden Schulen ist zur Erreichung dieses Zieles grundsätzlich geeignet. Eine Regelung ist schon dann zur Zweckerreichung geeignet, wenn mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Insoweit kommt dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 2006 - 1 BvR 2576/04 - BVerfGE 117, 163 <183> m.w.N.).

37

Die Einschätzung des Gesetzgebers, dass der Erlaubnisvorbehalt und die räumliche Trennung zwischen allgemeinbildenden Schulen und Spielhallen der Spielsuchtbekämpfung dienen können, ist auch nicht offensichtlich fehlsam. Eine unmittelbare räumliche Nähe zwischen dem Hauptaufenthaltsort von Jugendlichen und jungen Erwachsenen und einem Glücksspielangebot schafft zwangsläufig Anreize, freie Zeiten zwischen und nach den Unterrichtsstunden in Spielhallen zu verbringen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass Kindern und Jugendlichen ohnedies der Aufenthalt in Spielhallen nach § 6 Abs. 1 JuSchG verboten ist. Wie der Senat im Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - (juris Rn. 59) ausgeführt hat, wirkt eine räumliche Trennung dem "Reiz des Verbotenen" entgegen, den eine in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Schule befindliche Spielhalle ausübt. Eine klare räumliche Trennung hilft, Kinder und Jugendliche vor einer Gewöhnung an die ständige Verfügbarkeit des Glücksspielangebots in ihrem täglichen Lebensumfeld zu schützen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - juris Rn. 59 sowie BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 152, 154). Dieser Aspekt verdient nicht zuletzt deswegen besondere Beachtung, weil der Anteil junger Spieler in den letzten Jahren deutlich gewachsen ist und die Gruppe der 18- bis 25-Jährigen den größten Spieleranteil an Geldspielgeräten darstellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 139; Bunde, in: Anhörung durch den Innenausschuss am 26. April 2012, Protokoll vom 15. Mai 2012, S. 14 und Anlage S. 6).

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dd) Der Gesetzgeber durfte den Erlaubnisvorbehalt des § 24 Abs. 1 GlüStV und die Mindestabstandsregelung des § 25 Abs. 1 GlüStV i.V.m. § 18a Abs. 4 Satz 1 SächsGlüStVAG angesichts des ihm zustehenden Beurteilungs- und Prognosespielraums auch als erforderliche Maßnahmen ansehen. Insoweit gilt nichts anderes als für die Abstandsgebote zu Kinder- und Jugendeinrichtungen nach dem Spielhallenrecht von Berlin, die mit dem Berufs- und Eigentumsrecht sowie dem Gleichheitsgebot vereinbar sind (BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - juris Rn. 34 ff.; BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 119 ff.; zum Abstandsgebot zu Einrichtungen für Minderjährige nach dem rheinland-pfälzischen Spielhallenrecht BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 4.16 - juris Rn. 17 ff. und speziell zur hinreichenden Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit eines auf die Luftlinie bezogenen Mindestabstands in Verbindung mit der Möglichkeit von Ausnahmen oder Abweichungen Rn. 23).

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ee) Schließlich führt auch eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 155 ff.). Die im Rahmen der Revision allein streitige Übergangsvorschrift des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV von fünf Jahren ist nicht zu beanstanden. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist bereits geklärt, dass ein solcher u.a. auf Mindestabstandsgebote zu Einrichtungen für Minderjährige bezogener Übergangszeitraum mit Blick auf die Notwendigkeit beruflicher Neuorientierung oder betrieblicher Anpassungen sowie schutzwürdiger Investitionen und Dispositionen ausreicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - juris Rn. 63 bis 65 und 74 f.; BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 188 bis 195). Bei der Beurteilung der Angemessenheit der angegriffenen Abstandsregelung ist des Weiteren zu bedenken, dass der Gesetzgeber den Inhabern von Altspielhallenerlaubnissen in Härtefällen mit § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV i.V.m. § 18a Abs. 5 SächsGlüStVAG die Möglichkeit eröffnet hat, für bis zu sechs weitere Jahre eine Befreiung vom Abstandsgebot zu erhalten. Da bei dieser Ermessensentscheidung besondere individuelle Umstände berücksichtigt werden können, ist die Übergangsregelung insgesamt zumutbar.

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b) Mit Art. 14 Abs. 1 GG sind die Abstandsregelungen ebenfalls vereinbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - juris Rn. 72 bis 74; BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 169).

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c) Die Übergangsvorschrift des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV verstößt auch nicht gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot und das rechtsstaatliche Vertrauensschutzprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Wie die Beklagte zutreffend ausführt, liegt in dieser Übergangsregelung keine grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung. Soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm - wie hier - erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden ("tatbestandliche Rückanknüpfung"), liegt eine unechte Rückwirkung vor (ebenso StGH BW, Urteil vom 17. Juni 2016 - 15/13, 1 VB 15/13 - juris Rn. 448). Eine solche unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig. Sie ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt. (vgl. BVerfG, Urteil vom 7. Juli 2010 - 2 BvL 1/03 u.a. - BVerfGE 127, 31 = juris Rn. 69). Damit ergeben sich aus dem rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbot für den vorliegenden Fall einer unechten Rückwirkung durch tatbestandliche Rückanknüpfung keine weitergehenden Anforderungen als die Einräumung einer angemessenen Übergangsfrist, die hier gewährt wurde.

42

6. Die Anschlussrevision des Beklagten ist gleichfalls unbegründet. Entgegen der teilweise auch in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Ansicht (OVG Magdeburg, Beschluss vom 8. April 2014 -1 M 21/14 - juris Rn. 5 ff.; VGH Kassel, Beschluss vom 5. September 2014 - 8 B 1036/14 - juris Rn. 14 ff.) des Beklagten ist bei einem Betreiberwechsel nach dem Stichtag die fünfjährige Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV anzuwenden (vgl. OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 8. November 2013 - 7 ME 82/13 - juris Rn. 7 ff. und vom 18. Januar 2017 - 7 ME 3/17 - juris Rn. 6; OVG Münster, Beschluss vom 29. Februar 2016 - 4 A 809/15 - juris Rn. 4 ff.). Denn die Übergangsvorschrift gewährt Vertrauensschutz nicht betreiber-, sondern spielhallenbezogen.

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a) Dafür spricht bereits der Wortlaut des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV. Das Gesetz nennt als Voraussetzungen für den Bestandsschutz das Bestehen der Spielhalle und das Vorhandensein einer noch mindestens fünf Jahre gültigen gewerberechtlichen Erlaubnis für den Betrieb dieser Spielhalle am gesetzlichen Stichtag des 28. Oktober 2011. Hingegen erwähnt der Wortlaut der Vorschrift die Person des Spielhallenbetreibers nicht. Die Fiktion der Vereinbarkeit mit den Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages ist nach dem Normtext ebenfalls nur objektiv auf die für die Spielhalle geltenden Anforderungen bezogen, nicht jedoch auf betreiberbezogene Voraussetzungen. Der Gesetzestext bezieht den Betreiber auch nicht dadurch in die Betrachtung ein, dass er für die am Stichtag vorhandene Erlaubnis nach § 33i GewO einschränkend fordert, deren Geltungsdauer dürfe nicht innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrages enden. Denn damit wird nur der Gedanke zum Ausdruck gebracht, dass der durch § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV vermittelte glücksspielrechtliche Bestandsschutz der Spielhalle nicht länger dauern soll als der zum Stichtag konkret absehbare gewerberechtliche Bestandsschutz.

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b) Auch die Entstehungsgeschichte der Norm legt ein rein spielhallenbezogenes Verständnis nahe. Die Entwurfsfassung des Staatsvertrages, die in § 29 Abs. 4 Satz 5 eine vorzeitige Erlaubnispflicht beim Wechsel des Betreibers der Spielhalle vorsah (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin Drs. 16/4142 S. 20), wurde nicht in die Endfassung des Staatsvertrages übernommen. In den von dem Beklagten zitierten amtlichen Erläuterungen des Staatsvertrages sind auch keine Ausführungen dahingehend zu finden, dass im Falle eines Betreiberwechsels nach dem Stichtag gleichwohl - wie ursprünglich vorgesehen - eine kürzere Übergangsfrist gelten solle (vgl. Bayerischer Landtag, LT-Drs. 16/11995 S. 32).

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c) In systematischer Hinsicht kann man zwar daraus, dass die gewerberechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO betreiber- und betriebsbezogen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Oktober 1984 - 1 C 21.83 - BVerwGE 70, 180 <184>), folgern, dass auch der glücksspielrechtliche Bestandsschutz betreiber- und betriebsbezogen auszulegen sei. Diese auf den ersten Blick naheliegende Annahme erweist sich bei näherer Betrachtung als keineswegs zwingend. Im Spielhallenrecht kamen und kommen nämlich auch rein betriebsbezogene Übergangsregelungen vor. Ferner sieht § 29 Abs. 4 GlüStV als Rechtsfolge keine subjektive Erlaubnis oder Erlaubnisfiktion vor.

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Bei der systematischen Auslegung fällt außerdem ins Gewicht, dass die fünfjährige Übergangsfrist als Grundsatz der gesetzlichen Regelung in § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV vorangestellt ist. Die gesetzliche Regeldauer wird nur in Ausnahmefällen nach § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV verkürzt oder nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV verlängert. Bei der Frage, ob im Falle eines Betreiberwechsels nach dem Stichtag ausnahmsweise eine Verkürzung der fünfjährigen Regeldauer auf die einjährige Übergangszeit erfolgen soll, kommt es damit auch auf den Wortlaut sowie auf den Sinn und Zweck der Ausnahmevorschrift des § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV an. Diese Bestimmung ist ebenfalls rein spielhallenbezogen formuliert und ihr Zweck wird dahingehend erläutert, dass sie "Vorratserlaubnisse in Kenntnis der beabsichtigten Änderung der Rechtslage verhindern" soll (vgl. Bayerischer Landtag, LT-Drs. 16/11995 S. 32).

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Das Gesetz geht dabei davon aus, dass mit der Entscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz vom 28. Oktober 2011 zum Abschluss des Glücksspieländerungsstaatsvertrages die beabsichtigte Verschärfung der Spielhallenzulassungsvoraussetzungen publik geworden ist. Es sieht die Gefahr, dass potentielle Spielhallenbetreiber, um den drohenden glücksspielrechtlichen Zulassungsbegrenzungen zu entgehen, noch nach altem Recht gewerberechtliche Spielhallenerlaubnisse beantragen und vor dem Inkrafttreten des Staatsvertrages erhalten könnten. Die Verkürzung der Übergangsfrist in § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV auf ein Jahr dient dazu, solche unerwünschten Mitnahmeeffekte bei bislang nicht bestandsgeschützten Spielhallen zu verhindern (vgl. OVG Saarlouis, Urteil vom 27. April 2016 - 1 A 3/15 - ZfWG 2016, 264 Rn. 55). Um die Eröffnung neuer Spielhallen nach Bekanntwerden der Reformpläne geht es aber nicht, wenn eine schon vor dem Stichtag bestehende und unbefristet erlaubte Spielhalle lediglich den Betreiber wechselt. Daher würde eine Einbeziehung dieser Fälle in den Anwendungsbereich des § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV nicht dessen beschränkter Zielsetzung entsprechen und dem Regel-Ausnahme-Verhältnis zu § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV widersprechen.

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d) Auch die teleologische Auslegung des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV spricht für ein spielhallenbezogenes Normverständnis. Die Vorschrift dient nicht nur dem Schutz des Vertrauens auf den Fortbestand der Rechtslage, sondern auch dem Schutz der wirtschaftlichen Vertrauensbetätigung. Die Spielhallenbetreiber haben regelmäßig im Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage erhebliche wirtschaftliche Dispositionen für die Errichtung und den Betrieb bestehender Spielhallen an einem bestimmten Standort getroffen. Sie haben zumeist Verträge mit Arbeitnehmern, Vermietern von Räumen und Leasinggebern von Spielgeräten geschlossen, die regelmäßig nicht kurzfristig kündbar sind. In einigen Fällen haben sie sogar Spielgeräte und Immobilien gekauft. Damit haben sie erhebliche Investitionen getätigt und ihre wirtschaftliche Existenz auf einen mehrjährigen Spielhallenbetrieb ausgerichtet. Die fünfjährige Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV trägt dem Interesse der Betreiber, eine Amortisierung der im Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage in die Spielhalle getätigten Investitionen zu erreichen und dabei einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften, Rechnung (vgl. StGH BW, Urteil vom 17. Juni 2014 - 15/13, 1 VB 15/13 - juris Rn. 455 f.; BVerfG, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. - juris Rn. 193). Dieser Investitionsschutz soll bei einem Betreiberwechsel nicht entfallen. Denn die vor dem Stichtag getätigten Investitionen des "Altbetreibers“ würden weitgehend entwertet, wenn ein danach erfolgter Betreiberwechsel die Verkürzung des Bestandsschutzes auf ein Jahr zur Folge hätte. Dabei ist außerdem zu berücksichtigen, dass bei Geltung des einjährigen Übergangszeitraums nach § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV in Fällen des Betreiberwechsels keine Regelung bestünde, mit der Härtefällen wie etwa einer Übergabe der Spielhalle aus gesundheitlichen Gründen oder einem erbfallbedingten Wechsel begegnet werden könnte.

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7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Aufhebung einer Auflage in einem ihr erteilten Bauvorbescheid zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit vier Garagen und fünf Carports auf den Grundstücken Fl. Nrn. ... und ... jeweils der Gemarkung ... (...).

Auf dem unmittelbar nördlich angrenzenden Grundstück des Beigeladenen mit der Fl. Nr. ... der Gemarkung ... befindet sich in einer Entfernung von weniger als 15 m zum geplanten Wohngebäude eine Kaminöffnung für eine Holzfeuerung.

Am 30. April 2014 hat der Geschäftsführer der Klägerin per E-Mail dem Landratsamt ... gegenüber erklärt, dass sich die Klägerin verpflichte, in einem Bereich, der innerhalb des Radius von 15 m und höher als 1 m unterhalb der Oberkante des Kamins liege, keine zur Belüftung zu öffnenden Fenster oder andere Öffnungen zur Belüftung der Räume zu errichten. Die innerhalb dieser Zone liegenden Fenster würden mechanisch be- und entlüftet.

Mit Bauvorbescheid des Landratsamtes ... vom 28. Mai 2014 wurde der Klägerin ein Vorbescheid mit der Feststellung, dass die Grundstücke Fl. Nrn. ... und ... der Gemarkung ... mit einem Mehrfamilienhaus mit vier Garagen und fünf Carports bebaubar sind, erteilt. In den Auflagen zu diesem Vorbescheid ist u. a. in Ziffer 2. bestimmt, dass in einem Umkreis von 15 m zur bestehenden Kaminmündung der Feststofffeuerstätte auf dem Nachbargrundstück Fl. Nr. ... der Gemarkung ... und ab einer Höhe von 1 m über dieser Kaminmündung keine zu öffnenden Fenster oder andere Lüftungsöffnungen in der Fassade zulässig sind. In den Gründen ist ausgeführt, dass den Bedenken des nördlichen Nachbarn hinsichtlich der Einhaltung von § 9 Feuerungsverordnung (FeuV) durch die Aufnahme der Auflage Nr. 2 Sorge getragen werde. Durch die Nebenbestimmung werde sichergestellt, dass in dem relevanten Bereich keine Fenster, Türen oder andere Lüftungsöffnungen hergestellt würden. Somit seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Abs. 4 FeuV nicht erfüllt.

Auf den weiteren Inhalt des Bauvorbescheides des Landratsamtes ... vom 28. Mai 2014 wird ergänzend verwiesen.

Mit Berichtigungsbescheid des Landratsamts ... vom 16. Februar 2015 wurde die Nebenbestimmung in Nr. 2 des Bescheids vom 28. Mai 2014 dahingehend abgeändert, dass das Wort „über“ durch das Wort „unter“ ersetzt wurde.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 30. Juni 2014 Klage gegen die vorbezeichnete Nebenbestimmung in Nr. 2 des Bauvorbescheides vom 28. Mai 2014 erhoben und mit Schriftsatz vom 21. August 2014 beantragt:

Die Auflage Ziffer 2 des Vorbescheids des Landratsamtes ... vom 28. Mai 2014 - Az.... - wird aufgehoben.

Die genannte Auflage sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Die genannte Auflage sei zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht erforderlich. Insoweit sei festzustellen, dass hinsichtlich des Kamins auf dem Dach des Nachbargrundstücks seitens des Nachbarn die Vorschriften der Feuerungsverordnung einzuhalten sind. Aufgrund des nunmehr beabsichtigten Neubaus der Klägerin sei dies in der jetzigen Form nicht mehr möglich; es sei eine geringfügige Erhöhung des Kamins notwendig. Der Schutzzweck des § 9 Abs. 1 Nr. 4 a FeuV ergebe sich aus dem Immissionsschutz, d. h. dem Zweck, eine hinreichende Ableitung der Abgase in den freien Luftstrom zu gewährleisten und dadurch unzuträglichen Immissionen vorzubeugen. Die Vorschrift sei insoweit auch nachbarschützend. Dem Beklagten sei es also möglich, auch im Nachhinein eine immissionsschutzrechtliche Anordnung gegenüber dem Beigeladenen zu erlassen mit dem Inhalt, eine entsprechende Erhöhung des Kamins vorzunehmen. Die Pflichten des Bundesimmissionsschutzgesetzes seien insoweit nicht nur im Zeitpunkt der Errichtung und des Betriebsbeginns einer immissionsschutzrechtlichen Anlage zu beachten, sondern solange die Anlage betrieben werde. Nach Auffassung der Klägerin könne es keine Rolle spielen, dass das Nachbargebäude bereits bestehe und das dem Vorbescheid zugrunde liegende Gebäude neu errichtet werden solle. Der Beigeladene sei vielmehr trotzdem zu einer entsprechenden immissionsschutzrechtlichen Nachrüstung verpflichtet. Eine entsprechende Maßnahme gegenüber dem Beigeladenen sei auch verhältnismäßig. So sei nur eine geringfügige Aufstockung bzw. Erhöhung des Kamins erforderlich, um die Vorgaben der Feuerungsverordnung einzuhalten. Dem gegenüber stelle die streitgegenständliche Auflage gegenüber der Klägerin eine erhebliche Beeinträchtigung des streitgegenständlichen Vorhabens bzw. der Wohnqualität der betroffenen Wohnungen dar. Die streitgegenständliche Auflage sei daher rechtswidrig und aufzuheben.

Auf den weiteren Inhalt des Klagebegründungsschriftsatzes vom 21. August 2014 wird ergänzend Bezug genommen.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 15. Oktober 2014 wurde der Eigentümer des nördlich angrenzenden Grundstücks Fl. Nr. ... der Gemarkung ... zum Verfahren beigeladen.

Das Landratsamt ... hat für den Beklagten mit Schriftsatz vom 16. Februar 2015 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf den Bescheid vom 24. Mai 2014 in dessen aktueller Fassung durch den Änderungsbescheid vom 16. Februar 2015 verwiesen.

Der Beigeladene hat mit Schriftsatz vom 12. Februar 2015 beantragt,

die Klage abzuweisen und dem Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass die entsprechend berichtigte Auflage rechtmäßig sei. Der Klägerin fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage. Wie sich aus der Akte ergebe, habe die Klägerin die Auflage dem Landratsamt vor Erlass des Bescheides selbst vorgeschlagen. Mit der Klage setze sich die Klägerin in Widerspruch zu ihrem eigenen vorausgehenden Verhalten. Die Klage sei daher rechtsmissbräuchlich und unzulässig. Überdies hätte der Wegfall der Auflage für den Beigeladenen unzumutbare Folgen. Die Auflage sei rechtmäßig und zugunsten des Bestandsschutzes des Gebäudes des Beigeladenen gerechtfertigt. Denn dessen Grundstück sei bereits Anfang der 60er Jahre mit dem gegenwärtigen Einfamilienhaus bebaut worden. Die Verwirklichung des Bauvorhabens ohne diese Auflage würde dazu führen, dass der Beigeladene sein Gebäude, um die Vorgaben des § 9 FeuV zu erfüllen, nachrüsten müsste. Die reinen Kosten für die Erhöhung des Kamins betrügen nach einem eingeholten Angebot bereits 7.780,93 Euro. Bei Erhöhung des Kamins sei außerdem zur Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik der Einbau eines Ausstiegsfensters und eines Dachtritts erforderlich. Hierfür fielen weitere Kosten in Höhe von 1.823,08 Euro an. Hinzu komme, dass die angefragten Unternehmen bereits darauf hingewiesen hätten, dass zunächst eine Statik des Kamins und Dachbereiches erstellt werden müsste, um festzustellen, ob für die Verlängerung des Kamins Ertüchtigungsmaßnahmen beim Bestandsgebäude erforderlich seien. Die gänzliche Einstellung der Feuerung mit Festbrennstoffen sei für den Beigeladenen weder zumutbar noch möglich. Das Gebäude sei seit vielen Jahren als Wohnhaus vermietet und der Mieter heize mit Festbrennstoffen. Aufgrund gesetzlicher Vorschriften zum Wohnraummietrecht sei es dem Beigeladenen versagt, dem Mieter diese Befeuerungsmöglichkeit zu nehmen. Auf den weiteren Inhalt des Schriftsatzes der Bevollmächtigten des Beigeladenen vom 12. Februar 2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Am 26. Februar 2015 fand mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die vom Beklagten im Verfahren Au 5 K 14.990 vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage bleibt jedenfalls in der Sache ohne Erfolg.

1. Die Klage ist als Anfechtungslage im Sinne von § 42 Abs. 1 Alt. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft. Bei der hier in Streit stehenden Nebenbestimmung in Ziff. II.2 des Vorbescheides des Beklagten vom 28. Mai 2014 handelt es sich um eine selbstständig anfechtbare Auflage im Sinne von Art. 36 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG). Diese Auflage ist einer gesonderten Anfechtung gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO zugänglich. Die grundsätzliche Zulässigkeit der isolierten Anfechtung einer Nebenbestimmung und insbesondere einer Auflage im Sinne von Art. 36 BayVwVfG ist inzwischen allgemein anerkannt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO 20. Aufl. 2014, § 42 Rn. 22). Von der getrennten Anfechtbarkeit einer Auflage ist auszugehen, wenn bei Aufhebung der Auflage im Klageverfahren kein irreparabel rechtswidriger Torso des Verwaltungsaktes im Übrigen verbleibt. Da die Verpflichtung der Klägerin zur Herstellung von nicht zu öffnenden Fenstern in einem Umkreis von 15 m zu der auf dem Grundstück Fl.Nr. ... des Beigeladenen vorhandenen Kaminöffnung ab einer Höhe von 1 m unterhalb dieser Kaminöffnung im angegriffenen Bescheid als Auflage bezeichnet und der nach gedanklicher Abtrennung der Auflage verbleibende Rest-Verwaltungsakt nicht gänzlich sinnentleert erscheint, geht die Kammer von der isolierten Anfechtbarkeit der hier in Streit stehenden Nebenbestimmung aus.

Ob die Klage bereits deshalb unzulässig ist, weil es ihr an dem für jede antragsgebundene gerichtliche Entscheidung erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlt, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis für die hier zu entscheidende Klage könnte deshalb angenommen werden, da sich der Geschäftsführer der Klägerin mit E-Mail vom 30. April 2014 (Behördenakte Bl. 138, 139) gegenüber dem Beklagten verpflichtet hat, in dem Bereich, der innerhalb eines Radius von 15 m und höher als 1 m unterhalb der Oberkante des Kamins auf dem Grundstück des Beigeladenen liegt, keine zur Belüftung zu öffnenden Fenster oder andere Öffnungen zur Belüftung der Räume zu errichten. Nach der Erklärung des Geschäftsführers der Klägerin sollen die innerhalb dieser Zone liegenden Räume ausschließlich mechanisch belüftet werden.

Bei dem zu fordernden Rechtsschutzbedürfnis handelt es sich um eine allen Prozessordnungen gemeinsame Sachentscheidungsvoraussetzung, die abgeleitet wird aus dem auch im Prozessrecht geltenden Gebot von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB), dem Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte sowie dem auch für die Gerichte geltenden Grundsatz der Effizienz staatlichen Handelns. Das Fehlen des Rechtsschutzinteresses kann aus dem aus § 242 BGB abgeleiteten, auch im Prozessrecht geltenden Verbot unzulässiger Rechtsausübung folgen (vgl. BVerfG, B. v. 24.1.2002, 2 BvR 957/99 - juris Rn. 2 f). Die Annahme eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses ist auch möglich, wenn ein Kläger einer prozessualen bzw. vorprozessualen Vereinbarung zuwider handelt und sich damit zu seinem eigenen Vorverhalten in Widerspruch setzt („venire contra factum proprium“). Die Fortsetzung des Verfahrens verstößt in diesen Fällen gegen das Gebot von Treu und Glauben und ist dem Vorwurf prozessualer Arglist ausgesetzt. In diesen Fällen erscheint es geboten, die Klage als unzulässig abzuweisen.

Nach den Erklärungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2015 war die Erklärung des Geschäftsführers der Klägerin vom 30. April 2014 jedoch nicht so zu verstehen, dass die Klägerin hiermit auf eine gerichtliche Überprüfung der in Streit stehenden Nebenbestimmung verzichtet hat. Der Klägerin ging es vielmehr mit dem Vorschlag zur Regelung der Fensteröffnungen im Radius von 15 m zur vorhandenen Feuerungsanlage auf dem Grundstück des Beigeladenen darum, dass Vorbescheidsverfahren zu beschleunigen und zum Abschluss zu bringen. Da sich der in den vom Beklagten vorgelegten Behördenakten befindlichen schriftlichen Erklärung des Geschäftsführers der Klägerin, die überdies keine Unterschrift trägt, nicht zwingend ein Verzicht auf jede Rechtsschutzmöglichkeit gegen die im Nachgang in den Vorbescheid vom 28. Mai 2014 aufgenommene Nebenbestimmung Ziff. II.2 entnehmen lässt, was jedoch Voraussetzung für einen Entfall des Rechtsschutzbedürfnisses wäre, erscheint es fraglich, der Klage das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis abzusprechen. Letztlich kann dies offen bleiben, da die Klage jedenfalls in der Sache ohne Erfolg bleibt.

2. Die Klage erweist sich als unbegründet. Die mit der Klage angegriffene Nebenbestimmung ist im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung rechtmäßig und nicht geeignet, die Klägerin in ihren Rechten zu verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die hier in Streit stehende Nebenbestimmung in Ziff. II.2 des Vorbescheides des Beklagten vom 28. Mai 2014 wäre nur dann rechtswidrig, wenn die Klägerin einen Anspruch auf einen Bauvorbescheid ohne die entsprechende Auflage besäße. Dies entspricht der gesetzlichen Bestimmung in Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG, wonach ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden darf, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Da der der Klägerin erteilte Bauvorbescheid gemäß Art. 71 Satz 4 BayBO in entsprechender Anwendung von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO als rechtlich gebundene Entscheidung ergeht, darf die streitgegenständliche Auflage seitens des Beklagten nur erlassen werden, wenn durch sie ein Genehmigungshindernis für den beantragten Bauvorbescheid dauerhaft beseitigt wird.

Dieses partielle Genehmigungshindernis liegt hier in der gesetzlichen Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 4a FeuV, wonach u. a. die Mündungen von Abgasanlagen die Oberkanten von Lüftungsöffnungen, Fenstern oder Türen in einem Umkreis von 15 m bei Feuerstätten für feste Brennstoffe mit einer Gesamtnennwärmeleistung bis 50 kW um mindestens 1 m überragen müssen.

Entgegen der Rechtsauffassung des Bevollmächtigten der Klägerin ist der Beklagte nicht verpflichtet, anstelle der von ihm verfügten Nebenbestimmung zulasten der Klägerin immissionsschutzrechtlich auf der Grundlage des § 24 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) gegen den Beigeladenen vorzugehen, und diesen zu verpflichten, den streitgegenständlichen Kamin der Feststofffeuerungsanlage entsprechend zu erhöhen. Nach § 24 Satz 1 BImSchG kann die zuständige Behörde im Einzelfall die zur Durchführung des § 22 BImSchG und der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen erforderlichen Anordnungen treffen. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind (1.), nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden (2.) und die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können (3.).

Zwar trifft den Betreiber einer genehmigungsfreien Anlage, wie sie die streitgegenständliche Feststofffeuerungsanlage auf dem Grundstück Fl. Nr. ... der Gemarkung ... durch den Beigeladenen darstellt, die Pflicht, die nach dem Stand der Technik vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen zu verhindern. Dies gilt auch dann, wenn die Umwelteinwirkungen erst durch eine heranrückende Wohnbebauung als schädlich zu qualifizieren sind und sich der Stand der Technik nicht geändert hat. Dies ist Folge dessen, dass die Betreiberpflichten nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz dynamisch ausgestaltet sind (vgl. BVerwG, U. v. 18.5.1982 - 7 C 42/80 - BVerwGE 65, 313 ff; Jarass, BImSchG, Kommentar, 10. Auflage 2013, § 5 Rn. 2, § 6 Rn. 32). Anders als im Baurecht ist selbst der Inhaber einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht von nachträglichen Änderungen der behördlichen Anforderungen geschützt. Eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist hinsichtlich ihres Inhalts durch die dynamischen Betreiberpflichten sowie durch die Möglichkeiten der Stilllegung, Untersagung und Beseitigung (vgl. § 20 BImSchG) und der nachträglichen Anordnung (vgl. § 17 BImSchG) von vorne herein beschränkt. Nichts anderes hat hinsichtlich für nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungsfreie Anlagen zu gelten. Soweit eine erteilte Baugenehmigung auch die Vereinbarkeit einer Anlage mit den Anforderungen des Immissionsschutzrechts attestiert, ist dies ebenfalls mit der Einschränkung verbunden, dass sich die Betreiberpflichten dynamisch weiterentwickeln. Der jeweilige Anlagenbetreiber kann nicht in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen, die Genehmigung unverändert und ohne Rücksicht auf den technischen Fortschritt unbegrenzt ausnutzen zu können. Dies ist Folge dessen, dass es anders als im Baurecht, einen Bestandsschutz für vermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen nicht gibt.

Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass sich das der zuständigen Behörde in § 24 Satz 1 BImSchG eingeräumte Ermessen zu einem immissionsschutzrechtlichen Vorgehen gegen den Betreiber einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage, hier den Beigeladenen, nur dann zu einem Anspruch der Klägerin verdichtet, wenn die Klägerin bereits über eine bestandsgeschützte baurechtliche Nutzung ihres Grundstücks verfügt, an der es vorliegend offensichtlich fehlt. Lediglich in einer derartigen Konstellation trifft der baurechtliche Bestandsschutz auf die dynamisch ausgestaltete Betreiberpflicht des Beigeladenen hinsichtlich der von ihm betriebenen Feststofffeuerungsanlage, mit der Folge, dass der Beigeladene zu einer entsprechenden technischen Nachrüstung (Erhöhung des vorhandenen Kamins) verpflichtet werden kann (so zutreffend VG Gießen, U. v. 29.1.2003 - 8 E 2187/02 - NVwZ-RR 2004, 98 ff).

Die Klägerin verfügt derzeit jedoch nicht über eine bestandsgeschützte baurechtliche Nutzung auf den in ihrem Eigentum stehenden Grundstücken Fl. Nr. ... und ... der Gemarkung .... Die Klägerin ist derzeit lediglich im Besitz eines Vorbescheides im Sinne von Art. 71 BayBO, der überdies vom Beigeladenen ebenfalls mit Klage (Az: Au 5 K 14.990) angegriffen worden ist. Insoweit fehlt es überdies an einer Bestandskraft des zugunsten der Klägerin ergangenen Vorbescheides des Beklagten. Überdies hat der Beklagte sich im streitgegenständlichen Verfahren dazu entschieden, dass auftretende immissionsschutzrechtliche Problem, welches erst durch den von der Klägerin beabsichtigten Neubau im Radius von 15 m zur betriebenen Feststofffeuerungsanlage des Beigeladenen und einer entsprechenden Höhe des geplanten Baukörpers ausgelöst worden ist, mit Festlegung der von der Klägerin angegriffenen Nebenbestimmung zu lösen.

Damit stellt aber diese Nebenbestimmung gerade die Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens der Klägerin vor dem Hintergrund der immissionsschutzrechtlichen Problemstellung des § 9 Abs. 1 Nr. 4a FeuV sicher. Auch die Voraussetzungen des Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG für den Erlass einer entsprechenden Nebenbestimmung liegen damit vor. Vor diesem Hintergrund fehlt es aber dann auch an einer Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Klägerin, gegen die Feuerungsanlage des Beigeladenen immissionsschutzrechtlich auf der Grundlage von §§ 22 Abs. 1, 24 BImSchG vorzugehen. Dieses Ermessen würde sich nur dann zu einem strikten Anspruch zugunsten der Klägerin verdichten, wenn deren baurechtliche Nutzung auf den Grundstücken Fl. Nr. ... und ... der Gemarkung ... ihrerseits bestandsgeschützt wäre, so dass zur Lösung des immissionsschutzrechtlich zu Tage getretenen Konfliktes allein ein Vorgehen gegen den Beigeladenen in Betracht käme. Da ein derartiger Bestandsschutz zugunsten der Klägerin nicht gegeben ist, bleibt das Vorgehen des Beklagten, den Konflikt mit Hilfe der dem Bescheid angefügten Auflage auszuräumen, gerichtlich unbeanstandet. Dabei ist letztlich auch unerheblich, dass es sich bei § 22 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BImSchG um drittschützende Vorschriften zugunsten des Nachbarn handelt (vgl. Jarass a. a. O., § 22 Rn. 65).

Auch dient die Vorschrift des § 24 BImSchG im Wesentlichen der Korrektur von vorhandenen Verstößen gegen die Pflichten aus § 22 BImSchG (vgl. OVG NRW, Urteil vom 23.1.1991 - 10 A 2111/87 - NVwZ 1991, 900 ff). Da der Beigeladene, soweit ersichtlich, die Feststofffeuerungsanlage bislang ordnungsgemäß betrieben hat und diese damit allenfalls eine latente Gefahr im Sinne des Sicherheitsrechtes dargestellt hat, die erst durch das Hinzutreten eines sich in Planung befindlichen entsprechend hohen Baukörpers in dem von der FeuV vorgesehenen 15 m Radius (§ 9 Abs. 1 Nr. 4a FeuV ) zur Gefahr für das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen wird, hat der Beklagte sich auch aus sicherheitsrechtlichen Erwägungen ermessensfehlerfrei dazu entschieden, den erst durch das Bauvorhaben der Klägerin ausgelösten immissionsschutzrechtlichen Konflikt im Rahmen des bauaufsichtlichen Verfahrens zu regeln. In diesem Fall bleibt nach Auffassung der Kammer für eine weitergehende Anordnung auf der Grundlage des § 24 BImSchG zulasten des Beigeladenen kein Raum, ohne dass es auf Verhältnismäßigkeitsaspekte im Übrigen ankäme.

3. Die Klage war daher jedenfalls als unbegründet abzuweisen.

Als unterliegender Teil hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Es entsprach der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlich entstandenen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da sich dieser durch eine eigene Antragstellung einem Prozessrisiko (§ 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. November 2011 - 3 K 641/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde.

Es wird festgestellt, dass die an den Kläger gerichtete Auflage in Ziffer 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.

Die Beklagte trägt die gesamten Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die vom Kläger begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit einer an ihn als Versammlungsleiter gerichteten Auflage, nach der das Mitführen von Gegenständen, die zur Verhinderung der Identitätsfeststellung geeignet und bestimmt sind, bei der Versammlung verboten ist.
Mit Schreiben vom 25.01.2011 und 01.02.2011 meldete der Kläger bei der Beklagten für Samstag, den 12.02.2011, 12 - 15 Uhr, eine Versammlung mit 200 bis 250 Teilnehmern auf dem Karlsruher Marktplatz an. Die Kundgebung richtete sich gegen einen wenige Tage später stattfindenden Castor-Transport aus dem Karlsruher Institut für Technologie - KIT - nach Lubmin. Ein LKW sollte als Bühne dienen, die Teilnehmer und Passanten sollten per Lautsprecher, Transparenten und Flyern erreicht werden.
Mit Bescheid vom 09.02.2011 bestätigte die Beklagte gemäß § 14 VersammlG die Versammlung und erteilte - ausweislich der Begründung gestützt auf § 15 VersammlG - eine Reihe von Auflagen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Ziffer 7 der Verfügung lautete:
„Es ist verboten an der Versammlung in einer Aufmachung teilzunehmen, die geeignet und den Umständen nach darauf ausgerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern (Vermummungsverbot). Gegenstände, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, dürfen bei der Versammlung nicht mitgeführt werden. Hierzu zählt insbesondere die Bekleidung mit Kapuzenpullovern und Halstüchern, wenn dadurch eine Identifizierung unmöglich gemacht wird (z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen).“
Die Einzelbegründung zu Ziffer 7 lautete:
„Die Auflage ergibt sich direkt aus § 17 a Abs. 2 Versammlungsgesetz.“
Des weiteren wurde der Kläger als Versammlungsleiter verpflichtet, sich zu Beginn bei der Polizeieinsatzleitung zu melden und während der Veranstaltung per Mobiltelefon erreichbar zu sein. Ihm wurde aufgegeben, je 50 Teilnehmer einen Ordner einzusetzen und deren Personalien vorab der Polizei mitteilen. Es wurden Einzelheiten bezüglich des Bühnen- und Standaufbaus sowie der Beschaffenheit von Transparenten und Fahnen geregelt, unter anderem wurden Transparente mit einer Länge von über 3 m untersagt. Verboten wurden auch die Blockade und Behinderung des Straßenbahnverkehrs, der Ausschank, Verkauf und Konsum alkoholischer Getränke sowie das Mitführen von Glasbehältnissen und Hunden. Der Kläger wurde verpflichtet, den Versammlungsort nach der Veranstaltung zu reinigen.
Der Bescheid verpflichtete den Kläger, den Teilnehmern den Verlauf und die Auflagen mitzuteilen und auf mögliche Bußgeldverfahren hinzuweisen. Ziffer 1 der Verfügung endete mit dem Satz:
„Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.“
10 
Der Sofortvollzug aller Auflagen wurde angeordnet.
11 
Am 11.02.2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen einige der verfügten Auflagen, über den nicht entschieden wurde.
12 
Die Versammlung fand am 12.02.2011 statt und wurde um 14.15 Uhr vom Kläger beendet. Die Versammlung, an der zur Spitzenzeit ca. 300 und 350 Personen teilnahmen, verlief friedlich. Die Beklagte teilte dem Kläger während der Versammlung mit, dass auf den Sofortvollzug der Auflagen verzichtet werde.
13 
Am 09.03.2011 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass die Ziffern 1, 3, 5, 7, 9 und 10 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig waren, soweit diese
14 
a) den Kläger verpflichten, dem Polizeieinsatzleiter vor Versammlungsbeginn die Mobiltelefonnummer, unter der er jederzeit während der Versammlung erreichbar ist, mitzuteilen,
15 
b) den Kläger verpflichten, als Versammlungsleiter die Personalien (Name, Vorname und Wohnort) der eingesetzten Ordner in einer Liste zu erfassen, die der Polizei am 12.02.2011 um 11.30 Uhr vorzulegen ist,
16 
c) den Kläger verpflichten, keine Transparente mitzuführen, die die Länge von 3 m überschreiten,
17 
d) das Mitführen von Gegenständen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, bei der Versammlung verbieten, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen,
18 
e) das Mitführen von Glasbehältnissen auf der Versammlung verbieten,
19 
f) das Mitführen von Hunden während der Versammlung untersagen.
20 
Mit Urteil vom 24.11.2011 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe festgestellt, dass die Ziffern 1, 3, 5, 9 und 10 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 in dem mit der Klage angegriffenen Umfang rechtswidrig waren. Lediglich in Bezug auf das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2 und 3 der Verfügung), hat es die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es insoweit ausgeführt: Die Anordnung wiederhole lediglich den Wortlaut des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG und konkretisiere diesen durch Beispiele. Das angeführte Tragen von Kapuzenpullovern und Halstüchern sei nur insofern verboten, als dies in einer Weise geschehe, die eine Identifizierung der Person unmöglich mache. Danach sei das Tragen der genannten Kleidungsstücke nicht generell untersagt, sondern nur dann, wenn es dem Verbot des § 17 a Abs. 2 Nr. 1 VersammlG zuwiderlaufe. In dieser Auslegung begegne das Verbot keinen Bedenken.
21 
Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 22.03.2012 - 1 S 89/12 - zugelassenen Berufung trägt der Kläger vor: Das Verbot des Mitführens von zur Vermummung geeigneten Gegenständen stelle nicht lediglich eine Konkretisierung des gesetzlichen Verbots dar. Während nach § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG lediglich das Mitführen von Gegenständen verboten sei, die geeignet und den Umständen nach zur Vermummung bestimmt seien, verbiete die angegriffene Verfügung schon das bloße Tragen geeigneter Kleidungsstücke, ohne dass eine Zweckbestimmung notwendig sei. Zur Vermummung geeignete Kleidungsstücke, insbesondere die in der Verfügung genannten Kapuzenpullover seien ein weit verbreitetes modisches Kleidungsstück. Das Verbot sei den potentiellen Teilnehmern nicht vorab bekannt, es hindere Bürger an der spontanen Teilnahme. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG seien nicht gegeben. Die Veranstaltung sei, wie bereits im Vorfeld absehbar gewesen sei, friedlich verlaufen. Die Auflage sei schließlich zu unbestimmt; der Kläger könne nicht zuverlässig beurteilen, ob ein Verstoß gegen die Auflage vorliege. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers seien mehrere Vorfälle bekannt, bei denen Jugendlichen vor Demonstrationen das Tragen von Halstüchern oder Kapuzenpullovern untersagt worden sei, obwohl die jeweiligen Umstände nahegelegt hätten, dass die Kleidungsstücke nicht der Vermummung, sondern dem Schutz vor der Witterung dienen sollten.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24.11.2011 - 3 K 641/11 - zu ändern und festzustellen, dass Ziff. 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.
24 
Die Beklagte beantragt,
25 
die Berufung zurückzuweisen.
26 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Ziffer 7 der Verfügung verbiete nicht das Tragen von zur Vermummung potentiell geeigneten Kleidungsstücken an sich, sondern nur in Verbindung mit der Absicht die Identitätsfeststellung zu verhindern. Diese Absicht sei nur festzustellen durch eine bereits stattgefundene Vermummung. Die Verfügung wiederhole und konkretisiere nur das gesetzliche Vermummungsverbot und bedürfe daher keiner Gefahrenprognose nach § 15 Abs. 1 VersammlG.
27 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
28 
Die Berufung des Klägers, über die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Antrag des Klägers nicht das in Ziffer 7 Satz 1 der Verfügung vom 09.02.2011 angeordnete Vermummungsverbot, sondern lediglich das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2). Aus Ziffer 7 Satz 3 der Verfügung lässt sich entnehmen, dass zu diesen Gegenständen insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen. Im Übrigen konkretisiert Satz 3 jedoch, wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz ergibt „(z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen)“, nicht das Mitführungsverbot gemäß Satz 2, sondern das vom Kläger nicht angegriffene Vermummungsverbot gemäß Satz 1.
II.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Mitführungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
30 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
31 
Das Mitführungsverbot in Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 ist ein Verwaltungsakt und nicht lediglich ein Hinweis auf die Gesetzeslage, denn es erweckt unabhängig von seinem tatsächlichen rechtlichen Gehalt zumindest den Eindruck einer abschließenden Einzelfallregelung (OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 07.07.1999 - 2 L 264/98 - NJW 2000, 1059; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 16). Ob eine behördliche Äußerung einen Verwaltungsakt darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen ist (Stelkens, a.a.O., Rn. 71). Dabei sind nicht nur der Tenor, sondern auch die Begründung und die Umstände der Bekanntgabe zu berücksichtigen. Eine von der Behörde als „Auflage“ bezeichnete Maßnahme kann danach eine Verfügung mit Regelungsgehalt sein. Es kann sich aber auch nur um einen bloßen Hinweis auf die allgemeine Rechtslage handeln (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - BVerfGK 10, 493 <496> = NVwZ 2007, 1183; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6).
32 
Zwar klingt der isolierte Wortlaut von Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung nach einem schlichten Hinweis auf die Gesetzeslage, da er lediglich § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiedergibt. Auch die Bezeichnung als „Auflage“, die im versammlungsrechtlichen Zusammenhang auf § 15 Abs. 1 VersammlG verweist, steht einem solchen Verständnis nicht zwingend entgegenstehen, da die Verwendung dieses Begriffs für versammlungsrechtliche Vorgaben jeglicher Art gebräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007, a.a.O.).
33 
Die Begründung der Verfügung ist in sich widersprüchlich. Im allgemeinen Teil wird einleitend § 15 VersammlG als Rechtsgrundlage für alle „nachstehenden Auflagen“ angegeben. Die Einzelbegründung zu Ziffer 7, nach der sich diese Auflage direkt aus § 17 a Abs. 2 VersammlG ergeben soll, klingt demgegenüber nach einem bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Die Einzelbegründung deutet also im Gegensatz zur allgemeinen, alle Auflagen betreffenden Begründung darauf hin, dass die Beklagte keine weitergehende Regelung treffen wollte. Denn § 17 a Abs. 2 VersammlG kann ersichtlich nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen. Auch dass sich die Auflage „direkt“ aus dem Gesetz ergeben soll, legt nahe, dass nicht eine weitere Pflicht begründet werden soll, die sich dann nur mittelbar aus dem Gesetz ergeben könnte.
34 
Entscheidend für ein Verständnis als Verwaltungsakt spricht jedoch, dass Ziffer 7 in einer Liste von Einzelanordnungen steht, die allesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind. Sämtliche anderen Ziffern treffen entweder spezifische Regelungen für die konkret angemeldete Versammlung, etwa die Position der Bühne, oder sie stellen Ge- und Verbote auf, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Für den Kläger als Empfänger war nicht erkennbar, warum einzig Ziffer 7 keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben sollte. Dies gilt umso mehr, als dass diese Besonderheit weder aus der Gliederung noch durch die Formulierung erkennbar wird. Weder wurde die Ziffer 7 als gesetzeswiederholender Hinweis oder als „standardisierte Auflage“ bezeichnet und vom sonstigen Text abgesetzt (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 21.02.2009 - 10 CS 09.439 - juris; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6) noch wurde sie sprachlich durch eine auf einen bloßen Hinweis hindeutende Formel wie „Grundsätzlich gilt …“ eingeleitet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.02.2006 - 24 CS 06.314 - juris).
35 
Für einen eigenständigen Regelungsgehalt von Ziffer 7 spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers auch eine Zusammenschau mit dem letzten Satz der Ziffer 1, wonach der Kläger als Versammlungsleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.
36 
Schließlich konnte ein objektiver Empfänger die Auflage mit Blick auf die Anordnung des Sofortvollzugs nur als Verwaltungsakt verstehen, denn diese Anordnung ergibt nur Sinn, wenn die Beklagte mittels Verwaltungsakt handeln wollte.
37 
Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155 und vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61, jeweils m.w.N.).
38 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
39 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - a.a.O.). Die Klage wurde binnen Monatsfrist erhoben.
40 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.).
41 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>).
42 
Danach kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegend zumindest aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bejaht werden. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405 ; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004, a.a.O.). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 a.a.O. S. 406 ). Dies ist hier der Fall.
43 
Die Beklagte geht davon aus, dass die angegriffene Auflage keiner Ermächtigungsgrundlage bedarf. Sie hat Auflagen dieses Inhalts auch in der Vergangenheit bei vergleichbaren Versammlungen bereits verfügt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie davon in Zukunft Abstand nehmen wird. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch in Zukunft Versammlungen mit gleicher Zielrichtung veranstalten zu wollen. Der Protest der Atomkraftgegner richtet sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten. Daher werden Castor-Transporte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu vergleichbaren Versammlungen bieten.
44 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Mitführungsverbot war als an den Kläger als Versammlungsleiter gerichtete Auflage rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
45 
Als belastende staatliche Maßnahme bedarf das Mitführungsverbot gemäß Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 einer Ermächtigungsgrundlage (a). Die Tatbestandsvoraussetzungen keiner in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt (b).
46 
a) Eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Verfügung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Wesentlichen den Gesetzestext des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiederholt. Der Erlass eines belastenden Verwaltungsakts setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene rechtliche Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern auch dafür, dass die Behörde in Form eines Verwaltungsakts handeln darf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 35 Rn. 23 m.w.N.). Gesetzeswiederholende Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999 - 8 B 12627/98 - NVwZ 1999, 679 ; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660 u.a. - DVBl 1999, 624 m.w.N. und Beschl. v. 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 - juris Rn. 17). Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung besteht darin, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O.; zur Vollstreckungsfunktion: Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 11). Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in den Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O. m.w.N.).
47 
Vorliegend richtet sich das Mitführungsverbot nach seinem materiellen Regelungsgehalt an alle Versammlungsteilnehmer. Für den Kläger als Versammlungsleiter beinhaltet das an ihn gerichtete Verbot darüber hinaus das Gebot, für dessen Einhaltung zu sorgen. Denn nur so kann der Leiter gegen ein an ihn adressiertes, aber für alle Teilnehmer geltendes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - a.a.O. S. 496) Verbot verstoßen.
48 
b) Da das Versammlungsgesetz sich für unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe als abschließende Regelung darstellt, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und damit auch auf die polizeiliche Generalklausel ausschließt (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 1 Rn. 193; Senatsurteil vom 12.07.2010, a.a.O.), kommen hier in Ermangelung einer versammlungsrechtlichen Generalermächtigung nur die speziellen Ermächtigungsgrundlagen des Versammlungsgesetzes in Betracht.
49 
aa) Die Verfügung konnte nicht auf Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht (Senatsurteil vom 30.06.2011, a.a.O.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <352 ff.>; BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 6 C 21.07 - BVerwGE 131, 216 <218>).
50 
Eine unmittelbare Gefahr, also ein Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt, wird vorliegend auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Im Gegenteil war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits ex ante von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Versammlung war nicht als Aufzug geplant und stand in keinem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zu dem Castor-Transport. Mit illegalen, unfriedlichen Protestaktionen, die aus Sicht der Teilnehmer eine Vermummung notwendig gemacht hätten, war nicht zu rechnen.
51 
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen hätten, wäre es fraglich, ob das an den Versammlungsleiter gerichtete Gebot, für die Einhaltung des Verbots der Mitführung von Vermummungsgegenständen zu sorgen, nicht unverhältnismäßig wäre. Denn im Gegensatz zu einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot wird sich ein Verstoß gegen das Mitführungsverbot oftmals nicht ohne weiteres feststellen lassen. Ein Teilnehmer verstößt bereits dann gegen das bußgeldbewehrte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a VersammlG) Mitführungsverbot, wenn er über zur Vermummung geeignete Gegenstände wie Kapuzenpullover oder Halstücher die tatsächliche Gewalt mit der Maßgabe ausübt, diese Gegenstände jederzeit zum Zweck der Vermummung verfügbar zu haben und er sich dessen bewusst ist (vgl. Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 19, 30). Nicht erforderlich ist, dass die Vermummungsgegenstände offen getragen oder gar bereits zur Vermummung verwendet werden. Mangels polizeilicher Befugnisse wird der Versammlungsleiter daher Verstöße gegen das Mitführungsverbot, welches in erster Linie dazu dient, eine konkrete Handhabe für präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld potenziell unfriedlicher Versammlungen zu schaffen, regelmäßig kaum feststellen können.
52 
bb) Auch § 17 a Abs. 4 VersammlG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann die Behörde Anordnungen zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 treffen. § 17 a Abs. 4 VersammlG ermächtigt nur zu Maßnahmen gegenüber denjenigen Personen, die im Begriff sind, eines der gesetzlichen Verbote zu verletzen (Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 52, Ott/Wächtler/Heinhold, § 17 a Rn. 57). Dies ergibt sich aus der Systematik des Versammlungsgesetzes, das Maßnahmen gegen die Versammlung als Ganze in § 15 konzentriert. Eine Anordnung, die unterschiedslos auch Personen betrifft, bei denen eine Verbotsmissachtung weder vorliegt noch droht, kann daher nicht auf § 17 a Abs. 4 VersammlG gestützt werden.
III.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
55 
Beschluss vom 2. August 2012
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
28 
Die Berufung des Klägers, über die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach dem Antrag des Klägers nicht das in Ziffer 7 Satz 1 der Verfügung vom 09.02.2011 angeordnete Vermummungsverbot, sondern lediglich das Verbot des Mitführens von Gegenständen, die zur Vermummung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind (Ziffer 7 Satz 2). Aus Ziffer 7 Satz 3 der Verfügung lässt sich entnehmen, dass zu diesen Gegenständen insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen. Im Übrigen konkretisiert Satz 3 jedoch, wie sich insbesondere aus dem Klammerzusatz ergibt „(z.B. Halstuch vollständig über Mund und Nase gezogen, Kapuze weit ins Gesicht hinein getragen)“, nicht das Mitführungsverbot gemäß Satz 2, sondern das vom Kläger nicht angegriffene Vermummungsverbot gemäß Satz 1.
II.
29 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise als unbegründet abgewiesen. Die Klage gegen das Mitführungsverbot ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (1.) und begründet (2.).
30 
1. a) Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher durch Rücknahme oder auf andere Weise erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
31 
Das Mitführungsverbot in Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 ist ein Verwaltungsakt und nicht lediglich ein Hinweis auf die Gesetzeslage, denn es erweckt unabhängig von seinem tatsächlichen rechtlichen Gehalt zumindest den Eindruck einer abschließenden Einzelfallregelung (OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 07.07.1999 - 2 L 264/98 - NJW 2000, 1059; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 16). Ob eine behördliche Äußerung einen Verwaltungsakt darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den erklärten Willen aus der Sicht eines verständigen Empfängers abzustellen ist (Stelkens, a.a.O., Rn. 71). Dabei sind nicht nur der Tenor, sondern auch die Begründung und die Umstände der Bekanntgabe zu berücksichtigen. Eine von der Behörde als „Auflage“ bezeichnete Maßnahme kann danach eine Verfügung mit Regelungsgehalt sein. Es kann sich aber auch nur um einen bloßen Hinweis auf die allgemeine Rechtslage handeln (vgl. BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - BVerfGK 10, 493 <496> = NVwZ 2007, 1183; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6).
32 
Zwar klingt der isolierte Wortlaut von Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung nach einem schlichten Hinweis auf die Gesetzeslage, da er lediglich § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiedergibt. Auch die Bezeichnung als „Auflage“, die im versammlungsrechtlichen Zusammenhang auf § 15 Abs. 1 VersammlG verweist, steht einem solchen Verständnis nicht zwingend entgegenstehen, da die Verwendung dieses Begriffs für versammlungsrechtliche Vorgaben jeglicher Art gebräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007, a.a.O.).
33 
Die Begründung der Verfügung ist in sich widersprüchlich. Im allgemeinen Teil wird einleitend § 15 VersammlG als Rechtsgrundlage für alle „nachstehenden Auflagen“ angegeben. Die Einzelbegründung zu Ziffer 7, nach der sich diese Auflage direkt aus § 17 a Abs. 2 VersammlG ergeben soll, klingt demgegenüber nach einem bloßen Hinweis auf die Rechtslage. Die Einzelbegründung deutet also im Gegensatz zur allgemeinen, alle Auflagen betreffenden Begründung darauf hin, dass die Beklagte keine weitergehende Regelung treffen wollte. Denn § 17 a Abs. 2 VersammlG kann ersichtlich nicht als Ermächtigungsgrundlage dienen. Auch dass sich die Auflage „direkt“ aus dem Gesetz ergeben soll, legt nahe, dass nicht eine weitere Pflicht begründet werden soll, die sich dann nur mittelbar aus dem Gesetz ergeben könnte.
34 
Entscheidend für ein Verständnis als Verwaltungsakt spricht jedoch, dass Ziffer 7 in einer Liste von Einzelanordnungen steht, die allesamt als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind. Sämtliche anderen Ziffern treffen entweder spezifische Regelungen für die konkret angemeldete Versammlung, etwa die Position der Bühne, oder sie stellen Ge- und Verbote auf, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben. Für den Kläger als Empfänger war nicht erkennbar, warum einzig Ziffer 7 keinen eigenständigen Regelungsgehalt haben sollte. Dies gilt umso mehr, als dass diese Besonderheit weder aus der Gliederung noch durch die Formulierung erkennbar wird. Weder wurde die Ziffer 7 als gesetzeswiederholender Hinweis oder als „standardisierte Auflage“ bezeichnet und vom sonstigen Text abgesetzt (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 21.02.2009 - 10 CS 09.439 - juris; HessVGH, Urt. v. 26.04.2006 - 5 UE 1567/05 - NVwZ-RR 2007, 6) noch wurde sie sprachlich durch eine auf einen bloßen Hinweis hindeutende Formel wie „Grundsätzlich gilt …“ eingeleitet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.02.2006 - 24 CS 06.314 - juris).
35 
Für einen eigenständigen Regelungsgehalt von Ziffer 7 spricht aus Sicht eines objektiven Empfängers auch eine Zusammenschau mit dem letzten Satz der Ziffer 1, wonach der Kläger als Versammlungsleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass sowohl die verfügten Auflagen als auch die Bestimmungen des Versammlungsgesetzes strikt eingehalten und durchgesetzt werden.
36 
Schließlich konnte ein objektiver Empfänger die Auflage mit Blick auf die Anordnung des Sofortvollzugs nur als Verwaltungsakt verstehen, denn diese Anordnung ergibt nur Sinn, wenn die Beklagte mittels Verwaltungsakt handeln wollte.
37 
Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurteile vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - VBlBW 2011, 155 und vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - VBlBW 2012, 61, jeweils m.w.N.).
38 
b) Die Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens war nicht erforderlich, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurteil vom 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468).
39 
c) Die sogenannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung - wofür hier nichts spricht - begrenzt (BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.>; Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - a.a.O.). Die Klage wurde binnen Monatsfrist erhoben.
40 
d) Ferner ist ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts erforderlich; die diesbezüglichen Anforderungen entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - a.a.O.).
41 
Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses sind die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen. Zwar begründet nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht jedoch dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>).
42 
Danach kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegend zumindest aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bejaht werden. Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405 ; BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004, a.a.O.). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - a.a.O.; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 a.a.O. S. 406 ). Dies ist hier der Fall.
43 
Die Beklagte geht davon aus, dass die angegriffene Auflage keiner Ermächtigungsgrundlage bedarf. Sie hat Auflagen dieses Inhalts auch in der Vergangenheit bei vergleichbaren Versammlungen bereits verfügt und nicht zu erkennen gegeben, dass sie davon in Zukunft Abstand nehmen wird. Der Kläger hat hinreichend dargelegt, auch in Zukunft Versammlungen mit gleicher Zielrichtung veranstalten zu wollen. Der Protest der Atomkraftgegner richtet sich nicht nur gegen den Betrieb von Atomkraftwerken an sich, sondern auch gegen den Umgang mit den radioaktiven Abfallprodukten. Daher werden Castor-Transporte trotz des inzwischen beschlossenen Atomausstiegs auch in Zukunft Anlass zu vergleichbaren Versammlungen bieten.
44 
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Das streitgegenständliche Mitführungsverbot war als an den Kläger als Versammlungsleiter gerichtete Auflage rechtswidrig und verletzte diesen in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
45 
Als belastende staatliche Maßnahme bedarf das Mitführungsverbot gemäß Ziffer 7 Satz 2 der Verfügung vom 09.02.2011 einer Ermächtigungsgrundlage (a). Die Tatbestandsvoraussetzungen keiner in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt (b).
46 
a) Eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Verfügung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Wesentlichen den Gesetzestext des § 17 a Abs. 2 Nr. 2 VersammlG wiederholt. Der Erlass eines belastenden Verwaltungsakts setzt nicht nur voraus, dass für die getroffene rechtliche Regelung in materieller Hinsicht eine gesetzliche Grundlage besteht, sondern auch dafür, dass die Behörde in Form eines Verwaltungsakts handeln darf (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 35 Rn. 23 m.w.N.). Gesetzeswiederholende Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999 - 8 B 12627/98 - NVwZ 1999, 679 ; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660 u.a. - DVBl 1999, 624 m.w.N. und Beschl. v. 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 - juris Rn. 17). Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung besteht darin, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen (OVG Rheinl.-Pf., Beschl. v. 13.01.1999, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O.; zur Vollstreckungsfunktion: Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 11). Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in den Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (BayVGH, Beschl. v. 18.12.1998, a.a.O. m.w.N.).
47 
Vorliegend richtet sich das Mitführungsverbot nach seinem materiellen Regelungsgehalt an alle Versammlungsteilnehmer. Für den Kläger als Versammlungsleiter beinhaltet das an ihn gerichtete Verbot darüber hinaus das Gebot, für dessen Einhaltung zu sorgen. Denn nur so kann der Leiter gegen ein an ihn adressiertes, aber für alle Teilnehmer geltendes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.03.2007 - 1 BvR 232/04 - a.a.O. S. 496) Verbot verstoßen.
48 
b) Da das Versammlungsgesetz sich für unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe als abschließende Regelung darstellt, die einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht und damit auch auf die polizeiliche Generalklausel ausschließt (Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 16. Aufl., § 1 Rn. 193; Senatsurteil vom 12.07.2010, a.a.O.), kommen hier in Ermangelung einer versammlungsrechtlichen Generalermächtigung nur die speziellen Ermächtigungsgrundlagen des Versammlungsgesetzes in Betracht.
49 
aa) Die Verfügung konnte nicht auf Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG erlassen werden. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit im Sinne dieser Bestimmung umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Rechtsgüter droht (Senatsurteil vom 30.06.2011, a.a.O.; vgl. ferner BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <352 ff.>; BVerwG, Urt. v. 25.06.2008 - 6 C 21.07 - BVerwGE 131, 216 <218>).
50 
Eine unmittelbare Gefahr, also ein Zustand, der bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt, wird vorliegend auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Im Gegenteil war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits ex ante von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Versammlung war nicht als Aufzug geplant und stand in keinem engen räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang zu dem Castor-Transport. Mit illegalen, unfriedlichen Protestaktionen, die aus Sicht der Teilnehmer eine Vermummung notwendig gemacht hätten, war nicht zu rechnen.
51 
Selbst wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG vorgelegen hätten, wäre es fraglich, ob das an den Versammlungsleiter gerichtete Gebot, für die Einhaltung des Verbots der Mitführung von Vermummungsgegenständen zu sorgen, nicht unverhältnismäßig wäre. Denn im Gegensatz zu einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot wird sich ein Verstoß gegen das Mitführungsverbot oftmals nicht ohne weiteres feststellen lassen. Ein Teilnehmer verstößt bereits dann gegen das bußgeldbewehrte (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a VersammlG) Mitführungsverbot, wenn er über zur Vermummung geeignete Gegenstände wie Kapuzenpullover oder Halstücher die tatsächliche Gewalt mit der Maßgabe ausübt, diese Gegenstände jederzeit zum Zweck der Vermummung verfügbar zu haben und er sich dessen bewusst ist (vgl. Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 19, 30). Nicht erforderlich ist, dass die Vermummungsgegenstände offen getragen oder gar bereits zur Vermummung verwendet werden. Mangels polizeilicher Befugnisse wird der Versammlungsleiter daher Verstöße gegen das Mitführungsverbot, welches in erster Linie dazu dient, eine konkrete Handhabe für präventiv-polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld potenziell unfriedlicher Versammlungen zu schaffen, regelmäßig kaum feststellen können.
52 
bb) Auch § 17 a Abs. 4 VersammlG scheidet als Ermächtigungsgrundlage aus. Danach kann die Behörde Anordnungen zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 treffen. § 17 a Abs. 4 VersammlG ermächtigt nur zu Maßnahmen gegenüber denjenigen Personen, die im Begriff sind, eines der gesetzlichen Verbote zu verletzen (Dietel/Kintzel/Kniesel, a.a.O., § 17 a Rn. 52, Ott/Wächtler/Heinhold, § 17 a Rn. 57). Dies ergibt sich aus der Systematik des Versammlungsgesetzes, das Maßnahmen gegen die Versammlung als Ganze in § 15 konzentriert. Eine Anordnung, die unterschiedslos auch Personen betrifft, bei denen eine Verbotsmissachtung weder vorliegt noch droht, kann daher nicht auf § 17 a Abs. 4 VersammlG gestützt werden.
III.
53 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
54 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
55 
Beschluss vom 2. August 2012
56 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
57 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.