Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 09. März 2017 - 9 A 122/14

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2017:0309.9A122.14.0A
bei uns veröffentlicht am09.03.2017

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Erschließungsbeitragsbescheid des Beklagten.

2

Er ist Eigentümer zweier Buchgrundstücke mit den postalischen Anschriften Alte Dorfstraße xxx (Flurstücke xxx und xxx) und Alte Dorfstraße xxx (Flurstücke xxx, xxx, xxx, xxx, xxx und xxx) in der Gemeinde A-Stadt. Diese sind belegen im Gebiet der Bebauungspläne Nr. 3 (von 1984/2005) bzw. Nr. 3, 1. Änderung (2001) bzw. Nr. 21 (2005). Das Grundstück Alte Dorfstraße xxx hat eine Größe von 2.078 m² und ist mit einem zweigeschossigen Wohnhaus bebaut, das Grundstück Dorfstraße xxx hat eine Größe von 9.098 m² und ist mit einem eingeschossigen Wohnhaus bebaut.

3

Bei der Alten Dorfstraße handelt es sich um die ehemalige Privatstraße „xxx“, welche Mitte der 50er Jahre als landwirtschaftlicher Privatweg „xxx“ existierte. Etwa 1970 wurde ein Teil des Weges (ca. 200 m) erstmals asphaltiert, der Rest wassergebunden befestigt (ca. 70 m). In den 70er Jahren verkaufte der Eigentümer xxx die Flächen an den Erwerber xxx.

4

Am 23.02.1999 beschloss die amtsangehörige Gemeinde A-Stadt die Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen (Erschließungsbeitragssatzung vom 26.02.1999).

5

Nachfolgend beschloss die Gemeindevertretung Ende 2000 auf Grundlage der Entwurfsplanung des Ing.-Büros xxx D-Stadt das Bauprogramm über die Erschließung der Alten Dorfstraße im Bebauungsplangebiet Nr. 3, mit nachfolgender Auftragsvergabe. Die Erschließungsplanung umfasste die Fahrbahn, den Gehweg, Randsteine, die Oberflächenentwässerung mit Straßenabläufen, die Beleuchtung und Begrünung sowie den Regenwasserkanal (Regenrückhaltebecken).

6

Am 26.06.2001 beschloss die Gemeindevertretung einen sogenannten „echten Erschließungsvertrag“ betreffend die von der Alten Dorfstraße - im Erschließungsgebiet - abzweigenden Sackgasse „An der H.“, belegen in dem Gebiet des Bebauungsplans Nr. 3, 1. Änderung. Diese Sackgasse wurde in der Folgezeit durch einen privaten Erschließungsträger erschlossen, die Abnahme der Maßnahme erfolgte am 16.10.2002.

7

In der Zeit vom 30.07.2001 bis zum 06.05.2003 fanden die Herstellungsarbeiten an der Alten Dorfstraße statt. Am 06.05.2003 erfolgte die Schlussabnahme und am 11.08.2003 ging die letzte Unternehmerrechnung ein.

8

Durch Verfügung vom 23.12.2003 wurden neben den Straßen „Seestücken“ und „Seeblick“ sowohl ein Teilstück der Straße „Alte Dorfstraße“ (Gemarkung A-Stadt, Flur xxx, Flurstück xxx, Flurstück xxx teilweise, Flurstück xxx teilweise und Flurstück xxx) sowie die Straße „An der H.“ (Gemarkung A-Stadt, Flur xxx, Flurstück xxx und xxx sowie Flur xxx, Flurstück xxx teilweise) für den öffentlichen Verkehr als Gemeindestraßen (Ortsstraße) gemäß § 3 Abs. 1 Ziff. 3 a) StrWG gewidmet.

9

Zugleich wurde der Verbindungsweg von der Alten Dorfstraße zur Straße Seeblick (Gemarkung A-Stadt, Flur xxx, Flurstück xxx teilweise, Flurstück xxx, xxx, xxx und xxx teilweise) für den öffentlichen Verkehr als sonstige öffentliche Straße (beschränkt öffentliche Straße) gemäß § 3 Abs. 1 Ziff. 4 b) StrWG gewidmet. Die Benutzungsart wurde auf den Rad- und Fußgängerverkehr beschränkt.

10

Am 03.05.2005 erließ der Beklagte gegenüber dem Kläger einen Erschließungsbeitragsbescheid betreffend das Grundstück Dorfstraße xxx, den dieser nach erfolglosem Durchlaufen des Widerspruchsverfahrens mit der Klage 9 A 246/05 anfocht. Mit Urteil vom 18.06.2007 hob das Verwaltungsgericht Schleswig diesen Bescheid wegen Nichtigkeit der Widmung aufgrund fehlender Bestimmtheit auf.

11

Die Gemeindevertretung A-Stadt beschloss am 15.06.2009 die (erneute) Widmung mit Ausnahme eines Teilstücks (Wendehammer: Gemarkung A-Stadt, Flur xxx, Flurstück xxx), das nicht im Eigentum der Gemeinde stand. Die Bekanntmachung der Widmungsverfügung von 29.06.2010 erfolgte am 02.07.2010. Am 13.03.2012 schloss die Gemeinde A-Stadt mit dem Eigentümer einen Notarvertrag über den Erwerb dieses Teilstücks durch Grundstückstausch. Es folgte die entsprechende Eintragung in das Grundbuch. Durch Verfügung vom 07.11.2012 wurde nach entsprechendem Beschluss der Gemeindevertretung vom 24.09.2012 und Veröffentlichung am 13.11.2012 auch das getauschte Teilstück gewidmet. Eine (erneute) Widmung des Verbindungsweges erfolgte nicht.

12

Nach einem Informationsschreiben an alle Anlieger erließ der Beklagte am 19.08.2013 gegenüber dem Kläger für seine beiden Grundstücke Erschließungsbeitragsbescheide in Höhe von 20.819,71 € (Alte Dorfstraße xxx - Gegenstand dieses Klagverfahrens) und in Höhe von 70.118,36 € (Alte Dorfstraße xxx - Gegenstand des Parallelverfahrens 9 A 123/14) für die erstmalige endgültige Herstellung der Erschließungsstraße Alte Dorfstraße im Bereich der ehemaligen Privatstraße xxx.

13

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und hat nach zurückweisendem Widerspruchsbescheid vom 17.03.2014 am 10.04.2014 Klage erhoben.

14

Zur Begründung trägt er vor, dass § 133 Abs. 2 BauGB und § 20 KAG i.V.m. §§ 8 ff KAG verfassungswidrig und daher im Wege der konkreten Normenkontrolle dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen seien. Hintergrund sei, dass die Vorschriften gegen das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendem Gebot der Belastungsklarheit und Belastungsvorhersehbarkeit verstoßen würden und zwar in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013, wonach es einer normierten absoluten zeitlichen Obergrenze bedürfe, bis wann eine in tatsächlicher Hinsicht bereits abgeschlossene Baumaßnahme abgerechnet werden dürfe. Diese Erwägungen seien auf das Erschließungsbeitragsrecht übertragbar. Es komme insoweit nicht darauf an, ob der Kläger noch mit einer Inanspruchnahme mit Erschließungsbeiträgen habe rechnen müssen.

15

Im Falle einer verfassungskonformen Auslegung der zitierten Vorschriften sei der Abgabenanspruch jedenfalls verjährt, da auf den Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteils zur Nichtigkeit der Widmung abzustellen sei.

16

Zudem sei die Erschließungsbeitragssatzung aus dem Jahre 1999 unwirksam, weshalb ebenfalls eine Beitragserhebung ausscheide. Die Unwirksamkeit beruhe auf den Gesichtspunkten, dass die Satzung keine Eckgrundstücksermäßigung enthalte, gegen den Gleichheitssatz verstoße, indem bei der Tiefenbegrenzungsregelung zwischen Grundstücken im Bebauungsplangebiet und Grundstücken von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen unterschieden werde, Sammelstraßen und Parkflächen als Erschließungsanlagen aufgeführt seien, der Umfang der räumlichen Ausdehnung nicht als abstrakt-generelle Höchstgrenze geregelt sei und sie keine Regelung über das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht enthalte. Sofern die Gemeinde A-Stadt am 12.07.2016 eine Änderungssatzung zur Erschließungsbeitragssatzung beschlossen habe, mit der eine Vorschrift über den Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht (§ 7a) eingefügt worden und diese rückwirkend zum 24.03.1999 in Kraft gesetzt worden sei, sei diese Änderung ebenfalls unwirksam. Denn sie sei nicht ordnungsgemäß zustande gekommen (sowohl im Hinblick auf das Thema der Beschlussfassung als auch im Hinblick auf die ordnungsgemäße Bekanntmachung) und die Rückwirkung verstoße zudem gegen das Schlechterstellungsverbot.

17

Im Übrigen sei die Beitragshöhe fehlerhaft, da nicht alle bevorteilten Grundstücke gleichermaßen einbezogen worden seien. Zum einen betreffe das zunächst die Grundstücke an der Sackgasse An der H., die nach den anzuwendenden Kriterien des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere wegen der Länge von nur ca. 65 m und dem gradlinigen Verlauf, der am Ende in einen Wendehammer münde, sowie der einheitlichen Pflasterung unselbständig und mithin Teil der Erschließungsanlage sei. Sie stelle auch nicht aus rechtlichen Gründen eine selbständige Erschließungsanlage dar; insoweit sei die Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts zum sog. „Regimewechsel“ eindeutig. Zum anderen seien die Grundstücke Alte Dorfstraße xxx, xxx, xxx (wird näher ausgeführt) und insbesondere die Hamburger Straße xxx nicht bzw. nicht vollumfänglich in das Abrechnungsgebiet einbezogen worden. Hinsichtlich des Grundstücks Hamburger Straße xxx sei der Zugang von der Alten Dorfstraße über den Verbindungsweg der einzig unbeschränkt gesicherte Zugang; auf dessen fehlende Widmung könne sich die Gemeinde nicht berufen, dieser „Mangel“ könne noch behoben werden. Das Grundstück werde auch nicht durch die Hamburger Straße erschlossen: es bestehe keine Eigentümeridentität zum Grundstück Hamburger Straße xxx und es existiere keine rechtlich durch Baulast gesicherte und unbeschränkte Zufahrt. Die im Baulastenverzeichnis vorgesehene Zufahrt (gemäß Lageplan) sei aufgrund der heute bestehenden Ausdehnung der Lagerhalle auf den Flurstücken xxx und xxx gar nicht mehr vorhanden.

18

Der Kläger beantragt,

19

den Erschließungsbeitragsbescheid des Beklagten vom 19.08.2013 für das Grundstück Alte Dorfstraße xxx in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2014 aufzuheben.

20

Der Beklagte beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Der Beklagte trägt vor, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 05.03.2013 vorliegend nicht zur Verfassungswidrigkeit der Rechtsgrundlagen im BauGB oder KAG führen könne. Dieser Rechtsprechung sei vielmehr zu entnehmen, dass, wenn es an einer gesetzlichen Regelung über eine absolute zeitliche Obergrenze fehle, die Verwaltungsgerichte zur verfassungskonformen Auslegung berufen seien. Im Übrigen sei im konkreten Fall nach dem Geschehensablauf kein Verstoß gegen den Vertrauensgrundsatz gegeben. Verjährung sei ebenfalls nicht eingetreten, da auf die letzte wirksame Widmung aus dem Jahre 2012 abzustellen sei.

23

Die gerügten Satzungsregelungen entsprächen allesamt der Gesetzeslage und seien auch ausreichend bestimmt. Tatsächlich hätte es der Satzungsänderung im Jahr 2016 zur sachlichen Beitragspflicht (Einfügung des § 7a) mangels Notwendigkeit einer satzungsrechtlichen Regelung gar nicht bedurft. Insoweit komme es auch nicht auf die vom Kläger vorgebrachten Unwirksamkeitsgesichtspunkte an, welche im Übrigen nicht gegeben seien.

24

Die Sackgasse An der H. sei zutreffend nach einer natürlichen Betrachtungsweise auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als selbständige Erschließungsanlage angesehen und nicht einbezogen worden, was sich trotz der Länge von unter 100 m aus einer Bebauungsmassierung im Vergleich mit den übrigen Grundstücken der Alten Dorfstraße ergebe. Zudem handele es sich nicht lediglich um eine geradlinig verlaufende Stichstraße mit einer Sackgasse an ihrem Ende, sondern sie knicke nach ca. 70 m nach links ab und bilde insoweit nicht lediglich einen Wendehammer, sondern verlaufe in dieser Richtung auf einer Länge von weiteren 20 m. Außerdem sei entgegen der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts mit anderen Oberverwaltungsgerichten davon auszugehen, dass die Straße An der H. aufgrund der Erschließung durch einen sog. echten Erschließungsvertrag und der damit einhergehenden Änderung des Rechtsregimes eine selbständige Einrichtung darstelle.

25

Konkret gerügte Grundstücke seien entsprechend den Festsetzungen des jeweiligen Bebauungsplanes gewichtet bzw. nicht einbezogen worden, was näher ausgeführt wird. Es bestehe von der Alten Dorfstraße zum Grundstück Hamburger Straße xxx keine rechtlich gesicherte Zugangsmöglichkeit; die Wegeparzelle (Verbindungsweg) sei nicht gewidmet. Vielmehr sei die Erschließung dieses Grundstücks über die Hamburger Straße durch Baulast gesichert.

26

Ein erster Kammertermin am 24.09.2016 endete mit dem Beschluss, dass die Örtlichkeiten durch die Berichterstatterin in Augenschein genommen werden sollen zu den Tatsachen, ob die Straße An der H. den Charakter einer Zufahrt aufweist und ob das Grundstück Hamburger Straße xxx über die Alte Dorfstraße ausreichend für die Wohnbebauung erreichbar ist. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 11.01.2017 verwiesen.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die gefertigten Lichtbilder in dem Ortstermin am 11.01.2017, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

28

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 19.08.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

29

Rechtsgrundlage für den Beitragsbescheid des Beklagten sind die §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, 132 BauGB in Verbindung mit den Bestimmungen der Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen in der Gemeinde A-Stadt vom 26.02.1999 (Erschließungsbeitragssatzung - EBS). Ob die 1. Änderungssatzung vom 15.07.2016, welche rückwirkend zum 24.03.1999 in Kraft getreten ist, wirksam ist, kann vorliegend offen bleiben, da es auf diese Änderungsfassung rechtlich nicht ankommt (siehe unten zur Wirksamkeit der EBS).

30

Nach den zitierten Vorschriften erhebt die Gemeinde A-Stadt zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag. Zu den Erschließungsanlagen zählen u. a. die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze (§ 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Diese Vorschriften, einschließlich der im Übrigen anwendbaren Vorschriften zum Erschließungsbeitragsrecht im BauGB und ergänzend im Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein (KAG) und im Landesverwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (LVwG) sind mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Bedenken des Klägers hiergegen greifen nicht, weshalb es keiner Aussetzung des Verfahrens und der Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gem. Art. 100 Abs. 1 GG bedarf - unabhängig von der Frage, ob eine solche Vorlage bei einer Untätigkeit des Gesetzgebers, wie sie vorliegend gerügt wird, überhaupt zulässig ist.

31

Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Rüge ist der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - (zitiert nach juris). Darin hat es entschieden, dass das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit Regelungen verlange, die sicherstellten, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden könnten. Dem Gesetzgeber obliege es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden könne. Dabei stehe ihm ein weiter Gestaltungspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbiete es dem Gesetzgeber jedoch, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setze (Rn. 45 ff). Das Bundesverfassungsgericht hatte deshalb die dort streitige Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. cc Spiegelstrich 2 des bayerischen KAG für unvereinbar mit Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG und eine Aussetzung laufender Gerichts- und Verwaltungsverfahren bis zum 01.04.2014 erklärt, denn durch diese Bestimmung wurde im Fall der Ungültigkeit einer Abgabensatzung der Verjährungsbeginn ohne zeitliche Obergrenze auf den Ablauf des Kalenderjahres festgelegt, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht wurde, was den Interessenkonflikt einseitig zu Lasten der Beitragsschuldner löste. Es führte sodann weiter aus, dass, wenn der Gesetzgeber auf eine Sonderregelung des Beginns der Festsetzungsfrist verzichte, zum 01.04.2014 Nichtigkeit (der o. g. streitigen Vorschrift) eintrete. Dann wäre es Aufgabe der Verwaltungsgerichte, das Landesrecht entsprechend verfassungskonform auszulegen (Rn. 52).

32

Diese Grundsätze gelten jedoch nicht nur für die dort entschiedene „Satzungskonstellation“, sondern in vergleichbarer Weise für alle Fallgestaltungen, in denen die abzugeltende Vorteilslage in der Sache eintritt, die daran anknüpfenden Beitragsansprüche aber wegen des Fehlens einer sonstigen rechtlicher Voraussetzung (z. B. wirksame Satzung, Grunderwerb, Widmung) nicht entstehen und deshalb auch nicht verjähren können. Denn auch in solchen Fällen würde der Beitragsschuldner hinsichtlich eines immer weiter in die Vergangenheit rückenden tatsächlichen Vorgangs dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen muss (vgl. Bay. VGH, U. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 -, juris). Zudem gelten diese verfassungsrechtlichen Grundsätze für das gesamte Beitragsrecht (vgl. BVerwG, U. v. 15.04.2015 - 9 C 19/14 -, juris, Rn. 9, m.w.N.).

33

Vorliegend enthalten weder die §§ 127 ff. BauGB noch das KAG bzw. in entsprechender Anwendung die AO (über § 11 Abs. 1 Satz 1, 2 KAG) eine ausdrückliche Regelung zu einer abschließenden Zeitgrenze, bis zu der Erschließungsbeiträge erhoben werden können. Insbesondere ist der erhebungsberechtigten Gemeinde nicht vorgegeben, innerhalb welcher Zeitspanne sie die regelmäßig in ihrer Verantwortung liegenden Entstehungsvoraussetzungen herbeizuführen hat, um den Beitrag anschließend festsetzen zu können. Diese Regelungslücke kann nach Auffassung des Gerichts jedoch in verfassungskonformer Weise im Wege der Analogie (vgl. zu Erschließungsbeiträgen: Bay. VGH, a.a.O., Rn. 22) bzw. unter Anwendung des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben geschlossen werden (vgl. zu Sanierungsausgleichsbeträgen: BVerwG, U. v. 20.03.2014 - 4 C 11/13 -, juris, Rn. 16). Denn der Landesgesetzgeber hat in § 120a Abs. 2 LVwG eine ihrer Zielrichtung nach vergleichbare und damit übertragbare allgemeine Höchstfrist für öffentlich-rechtliche Ansprüche normiert.

34

Da der Erschließungsbeitrag eine kommunale Abgabe i.S.v. § 1 Abs. 1 KAG ist, richtet sich das Schicksal der im BauGB vorgesehenen Ansprüche im Übrigen grundsätzlich nach dem Kommunalabgabengesetz (vgl. § 20 KAG), das seinerseits hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens - darunter fallen insbesondere Vorschriften über die Verjährung und Verwirkung, den Grundsatz von Treu und Glauben, die Aufrechnung - in erster Linie auf Vorschriften der Abgabenordnung verweist (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 2 Rn. 15 ff.). Anders jedoch als in allen anderen Bundesländern im Bereich des Kommunalabgabenrechts, hat das Land Schleswig Holstein für die Tätigkeit der Behörden im Verwaltungsverfahren über die Festsetzung und Erhebung von kommunalen Abgaben das Landesverwaltungsgesetz zur direkten Anwendung gebracht (§ 11 Abs. 1 Satz 1 KAG) und nicht die Abgabenordnung, welche im Übrigen nur sinngemäß anzuwenden ist (§ 11 Abs. 1 Satz 2 KAG) (vgl. Latendorf in: Habermann/Arndt, Kommunalabgabenrecht Schleswig Holstein, Stand: 01/2016, § 11, Ziffer 2.2). Das LVwG ist damit unmittelbar anwendbares Landesrecht. Nach § 120a Abs. 2 S. 1 LVwG beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre, wenn ein Verwaltungsakt zur Feststellung oder Durchsetzung eines Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers unanfechtbar wird. Die Wertung des Gesetzes, die Durchsetzbarkeit eines durch Verwaltungsakt festsetzbaren Anspruchs auf die längstens im Zivilrecht vorgesehene Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 197 BGB) unabhängig vom Entstehen des Anspruchs (vgl. § 199 Abs. 2 und 3 Nr. 2 BGB) zeitlich zu beschränken, kann auch für den vorstehenden Fall Anwendung finden (vgl. zum Sanierungsausgleichsbetrag: BVerwG, a.a.O., Rn. 33; ähnlich für das bayerische und sächsische Kommunalabgabenrecht: Bay. VGH, a.a.O., Rn. 22; VG Dresden, U. v. 14.05.2013 - 2 K 742.11 -, juris, Rn. 42; im Übrigen: Driehaus: Zeitliche Grenzen für die Erhebung kommunaler Abgaben, KStZ 2014, 182 (184,188)). Damit existiert in Schleswig-Holstein die vom Bundesverfassungsgericht geforderte zeitliche Grenze für die Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen.

35

Dieser Rechtsauffassung steht auch nicht zwingend das o. g. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.04.2015 (9 C 19/14) über die Heranziehung zu einem Schmutzwasseranschlussbeitrag im Land Mecklenburg-Vorpommern unter Anwendung des KAG M-V entgegen, wonach ein Rückgriff auf eine entsprechende Verjährungsregel im dortigen Landesverwaltungsverfahrensgesetz unzulässig ist. Zum einen widerspricht es der zitierten Entscheidung des 4. Senats des Bundesverwaltungsgerichts, der sich das Gericht nach obigen Ausführungen anschließt. Zum anderen hat - anders als in dem beim 9. Senat zur Entscheidung stehenden Fall - weder der Bundesgesetzgeber in § 127 ff. BauGB noch der Schleswig-Holsteinische Landesgesetzgeber tatsächlich eine dem KAG M-V vergleichbare Regelung nur über Mindest-, aber nicht über Höchstfristen geschaffen. Zudem ist die rechtliche Ausgangslage deshalb nicht vergleichbar, weil das KAG M-V auf die Abgabenordnung verweist und die vergleichbare Norm zur Verjährungshöchstfrist im Landesverwaltungsverfahrensgesetz M-V nicht für Verfahren gilt, die nach den Vorschriften der Abgabenordnung durchzuführen sind. Weiterhin bezieht sich der 9. Senat ausdrücklich auf „Beiträge, die nach dem Kommunalabgabengesetz erhoben werden“. In Schleswig Holstein werden die Erschließungsbeiträge weiterhin nach Bundesrecht gemäß §§ 127 ff. BauGB erhoben, da der Landesgesetzgeber von seiner Gesetzgebungsbefugnis gemäß Art. 70, 74 Abs. 1 Nr. 18, 125a Abs. 1 Satz 2 GG keinen Gebrauch gemacht hat. Nach Auffassung des Gerichts hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 05.03.2013 auch nicht abschließend über etwaige Lösungsmöglichkeiten, die allein in Betracht zu ziehen wären, entschieden. Vielmehr hat es den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers betont (Rn. 46) und später ausgeführt (Rn. 50):

36

„Es bleibt ihm (dem Gesetzgeber) überlassen, wie er eine bestimmbare zeitliche Obergrenze für die Inanspruchnahme der Beitragsschuldner gewährleistet, die nach Maßgabe der Grundsätze dieses Beschlusses der Rechtssicherheit genügt. So könnte er etwa eine Verjährungshöchstfrist vorsehen, wonach der Beitragsanspruch nach Ablauf einer auf den Eintritt der Vorteilslage bezogenen, für den Beitragsschuldner konkret bestimmbaren Frist verjährt. Er könnte auch das Entstehen der Beitragspflicht an die Verwirklichung der Vorteilslage anknüpfen oder den Satzungsgeber verpflichten, die zur Heilung des Rechtsmangels erlassene wirksame Satzung rückwirkend auf den Zeitpunkt des vorgesehenen Inkrafttretens der ursprünglichen nichtigen Satzung in Kraft zu setzen, sofern der Lauf der Festsetzungsverjährung damit beginnt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Mai 1999 - 15 A 2880/96 -, NVwZ-RR 2000, S. 535 <536 f.>). Er kann dies mit einer Verlängerung der Festsetzungsfrist, Regelungen der Verjährungshemmung oder der Ermächtigung zur Erhebung von Vorauszahlungen auch in Fällen unwirksamer Satzungen verbinden (zur derzeitigen Rechtslage gemäß Art. 5 Abs. 5 BayKAG vgl. BayVGH, Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, BayVBl 1985, S. 211; Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 128 ).“

37

Die direkte Anwendung des LVwG über §§ 20, 11 Abs. 1 Satz 1 KAG im (Erschließungs-)Beitragsrecht entspricht der angesprochenen Lösungsmöglichkeit einer „Verjährungshöchstfrist …, wonach der Beitragsanspruch nach Ablauf einer auf den Eintritt der Vorteilslage bezogenen, für den Beitragsschuldner konkret bestimmbaren Frist verjährt“. Im Übrigen hat der 9. Senat erst in einer jüngeren Entscheidung zum Erschließungsbeitragsrecht (U. v. 22.11.2016 - 9 C 25/15 -, juris, Rn. 23) die Vorschriften des BauGB angewandt und nicht wegen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 per se als verfassungswidrig angesehen. Insofern überzeugt auch nicht die in der Literatur vertretene Auffassung (Dr. Schmitt, Aktuelle Entwicklungen zum Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit, KommJur 2016, 86).

38

Lediglich ergänzend ist anzufügen, dass das Gericht auch aufgrund des tatsächlichen Geschehensablaufes in dem konkreten Sachverhalt keinen Verstoß gegen das Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit sehen kann. Denn nach endgültiger technischer Herstellung der Alten Dorfstraße im Jahre 2003 (Entstehung der Vorteilslage) erfolgte im Dezember 2003 die Widmung als letzte Voraussetzung für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht. Im Anschluss daran ergingen dann auch entsprechende Erschließungsbeitragsbescheide, gegenüber dem Kläger am 03.05.2005. Im Rahmen der hiergegen erhobenen Anfechtungsklage (9 A 246/05) stellte das damalige Gericht die Nichtigkeit der Widmung wegen fehlender Bestimmtheit fest und hob den Beitragsbescheid auf (Urteil vom 18.06.2007). Im Juni 2009 beschloss die Gemeindevertretung die (erneute) Widmung der Alten Dorfstraße mit Ausnahme eines Teilstücks (Flurstück xxx, Flur xxx), welches nicht im Eigentum der Gemeinde stand. Die Widmungsverfügung vom 29.06.2009 wurde am 02.07.2009 bekannt gemacht. Am 13.03.2012 schloss die Gemeinde mit den Eigentümern des Flurstücks xxx einen notariellen Vertrag über den Erwerb dieses Teilstücks durch Grundstückstausch. Am 24.09.2012 beschloss sodann die Gemeindevertretung die Widmung betreffend das getauschte Teilstück. Die Widmungsverfügung vom 07.11.2012 wurde am 13.11.2012 öffentlich bekannt gemacht. Am 19.08.2013 erging sodann der hier streitgegenständliche Beitragsbescheid. Es liegt damit gerade keine Fallkonstellation vor, in der Jahrzehnte zwischen Fertigstellung und Beitragspflicht durch unterlassene Handlungen der Gemeinde (Eigentumserwerb, Widmung, wirksames Satzungsrecht) liegen.

39

Die damit anwendbare 30-jährige Höchstfrist für die Festsetzung des Erschließungsbeitrages ist noch nicht abgelaufen, denn sie beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt der endgültigen technischen Herstellung im Jahre 2003.

40

Die Wirksamkeit der Erschließungsbeitragssatzung unterliegt ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Die vom Kläger hierzu vorgebrachten Argumente greifen nicht.

41

Der Umstand, dass die EBS in ihrer Ursprungsfassung vom 26.02.1999 keine Regelung über das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht enthielt, führt nicht zur Nichtigkeit der Beitragssatzung. Gem. § 132 BauGB regeln die Gemeinden durch Satzung

42

1. die Art und den Umfang der Erschließungsanlagen im Sinne des § 129,

43

2. die Art der Ermittlung und der Verteilung des Aufwands sowie die Höhe des Einheitssatzes,

44

3. die Kostenspaltung (§ 127 Abs. 3) und

45

4. die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage.

46

Nur bei den Nrn. 1 (Art der Erschließungsanlage), 2 und 4 handelt es sich um unbedingt erforderliche Satzungsbestimmungen, da sie insbesondere für die Entstehung der (sachlichen) Beitragspflicht notwendige Voraussetzungen sind (vgl. Driehaus, a.a.O., § 11, Rn. 31 ff. Grziwotz, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Stand: 01/2013, § 132, Rn. 9 ff.). Bei den Übrigen handelt es sich nur um bedingt erforderliche Bestimmungen (vgl. Driehaus, a.a.O., Rn. 35 ff.; Grziwotz, a.a.O., Rn. 22 ff.). Daraus folgt im Umkehrschluss, dass das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht selbst nicht zwingender Bestandteil der Ortssatzung sein muss. § 133 Abs. 2 BauGB regelt explizit, dass die Beitragspflicht - mit hier nicht relevanten Ausnahmen - mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage entsteht. Aufgrund dieser (bundes)gesetzlichen Regelung bedarf es keiner eigenständigen Regelung durch den Ortsgesetzgeber. Eine solche könnte allenfalls ergänzend in das Satzungsrecht aufgenommen werden; es wäre wegen der bloßen Wiederholung des bindenden Gesetzeswortlauts jedoch überflüssig.

47

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG, wonach in einer kommunalen Abgabensatzung u. a. der Zeitpunkt des Entstehens der Abgabe angegeben werden muss. Soweit er hierzu obergerichtliche Rechtsprechung zitiert, behandelt diese das Abwasser- bzw. Entsorgungsgebührenrecht und ist bereits deshalb für diesen erschließungsbeitragsrechtlichen Fall ohne Aussagewert. § 132 BauGB bildet als vorrangiges Bundesrecht - der Landesgesetzgeber hat wie oben ausgeführt von seiner Gesetzgebungsbefugnis gem. Art. 70, 74 Abs. 1 Nr. 18 GG keinen Gebrauch gemacht, so dass das Bundesrecht gem. 125a Abs. 1 Satz 2 GG fort gilt - die abschließende Rechtsgrundlage für den (Mindest-)Inhalt einer Erschließungsbeitragssatzung. Eines Rückgriffs auf § 2 Abs. 1 KAG bedarf es daher nicht (vgl. Habermann, in: Habermann/Arndt, Kommunalabgabenrecht Schleswig-Holstein, Stand: 01/2016, § 20, Rn. 2), erst Recht ist er nicht zwingend geboten. Dass die Gemeinde A-Stadt mit der 1. Änderungssatzung vom 15.07.2016 rückwirkend zum 24.03.1999 einen neuen § 7a in die EBS aufgenommen hat, in dem das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht geregelt ist, ist danach unschädlich, aber auch irrelevant. Insofern bedarf es keiner weiteren Auseinandersetzung mit den Argumenten des Klägers im Hinblick auf das fehlerhafte Zustandekommen der 1. Änderungssatzung oder eines Verstoßes gegen das Schlechterstellungsverbot.

48

Die Satzung ist nicht deshalb unwirksam, weil es an einer Eckgrundstücksermäßigung fehlt. Eine solche Vergünstigungsregelung als Billigkeitserwägung ist nicht erforderlich. Denn es entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass das Bundesrecht es dem Ortsgesetzgeber freistellt, für Grundstücke, die durch mehrere beitragsfähige Erschließungsanlagen der gleichen Art erschlossen werden, in der Satzung zu bestimmen, dass ihnen eine Vergünstigung zu gewähren ist. Aber auch die Erhebung des vollen Erschließungsbeitrags für beide Erschließungsanlagen ist mit Bundesrecht vereinbar (vgl. BVerwG, B. v. 22.01.1998 - 8 B 5/98 -, juris, Rn. 12 m. w. N.).

49

Die Nichtigkeit der EBS ergibt sich auch nicht über Art. 3 Abs. 1 GG aus einer fehlenden Tiefenbegrenzungsregelung für Grundstücke innerhalb eines Bebauungsplangebietes im Gegensatz zu Grundstücken im unbeplanten Innenbereich (vgl. § 5 Abs. 2 und 3 EBS). Dass bei überplanten Gebieten für eine durch Satzung erfolgende Tiefenbegrenzung kein Raum ist, rechtfertigt sich am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG daraus, dass in diesen Gebieten bereits eine Prüfung der Nutzungsmöglichkeit stattgefunden hat, sich die Grenzen der Ausnutzbarkeit der Grundstücke dort in aller Regel aus den Festsetzungen des Bebauungsplans ergeben und grundsätzlich von der Grundstücksgröße abhängig sind (vgl. BVerwG, 01.09.2004 - 9 C 15/03 -, juris, Rn. 29 m. w. N.).

50

Dass der Kläger mit seinem Einwand, die Satzung sei deshalb nichtig, weil sie in § 2 Nr. 4 und 5 EBS Sammelstraßen und Parkflächen anführe, obwohl diese regelmäßig nicht beitragsfähig seien, nicht durchdringen kann, ergibt sich bereits aus dem unmissverständlichen Wortlaut des § 127 Abs. 2 Nr. 3 und 4 BauGB, in denen Sammelstraßen und Parkflächen explizit als Erschließungsanlagen aufgeführt werden. Die Satzung wiederholt insoweit lediglich den Gesetzeswortlaut dieser Vorschrift, eine - ggf. wirksamkeitsrelevante - Abweichung wurde nicht normiert.

51

Letztlich hat der Kläger auch keinen Erfolg mit dem Argument, die Satzung sei wegen Unbestimmtheit im Hinblick auf eine fehlende generell-abstrakte Höchstgrenzenregelung von § 2 EBS unwirksam. In § 2 EBS werden die einzelnen Erschließungsanlagen genannt und jeweils angeführt, bis zu welcher Breite sie beitragsfähig sind. Damit ist entsprechend der Vorgabe in § 132 Nr. 1 BauGB der Umfang der jeweiligen Anlage festgelegt. Daraus ergibt sich unmittelbar, dass „breitere“ Anlagen nicht beitragsfähig sind, d. h. der auf die überschießende Breite entfallende Aufwand nicht auf die Beitragspflichtigen umgelegt werden kann. Einer klarstellenden Regelung bedarf es nicht; sie hätte keinen eigenständigen Regelungsinhalt.

52

Danach bestehen keine rechtlichen Bedenken an der Wirksamkeit der dem angefochtenen Beitragsbescheid zugrunde liegenden Rechtsgrundlagen. Deren materielle Voraussetzungen zur Erhebung eines Erschließungsbeitrages sind ebenfalls erfüllt.

53

Die Erschließungsanlage Alte Dorfstraße erstreckt sich von der nahezu rechtwinkligen Einmündung in die gleichnamige Straße im Südwesten bis zu dem abknickenden Wendehammer im Nordosten, und zwar ohne Berücksichtigung der von ihr rechtwinklig ca. auf halber Strecke in nordwestlicher Richtung abzweigenden Stichstraße An der H..

54

Zu den Erschließungsanlagen zählen u. a. die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze (§ 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 EBS), da sie den von ihr erschlossenen Grundstücken Zufahrt bietet. Die Anbaubestimmung ergibt sich für eine Straße dann, wenn an ihr (tatsächlich) gebaut werden kann und (rechtlich) gebaut werden darf, oder genauer: wenn von Baugrundstücken zu ihr Zugang genommen werden kann und darf (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.05.1973 - IV C 19/72 -, juris). Dies ist von den anliegenden Grundstücken gemäß den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 3 (einschließlich der 1., 2. Änderung) sowie des Bebauungsplanes Nr. 21 der Fall.

55

Für die Beurteilung der Ausdehnung einer Erschließungsanlage, d.h. der Frage, wo eine selbständige Erschließungsanlage beginnt und endet, kommt es weder auf eine Parzellierung noch auf eine einheitliche oder unterschiedliche Straßenbezeichnung an; maßgebend ist vielmehr das Erscheinungsbild, also die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie z.B. durch die Straßenführung, Straßenbreite, Straßenlänge und Straßenausstattung geprägt werden und sich im Zeitpunkt des Entstehens sachlicher Beitragspflichten einem unbefangenen Beobachter bei natürlicher Betrachtungsweise darstellen (vgl. BVerwG, U. v. 21.09.1979 - 4 C 55.76 -, Buchholz 406.11 § 130 BBauG Nr. 24 S. 25; B. v. 10.06.2009 - 9 C 2/08 -, juris; st. Rspr.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt es im Erschließungsbeitragsrecht für die Beantwortung der Frage, ob eine Verkehrsanlage - Stichstraße - als (nur) mehr oder weniger große unselbständige Zufahrt oder als (schon) selbständige Anbaustraße zu qualifizieren ist, grundsätzlich auf den Gesamteindruck an, den die tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Besondere Bedeutung kommt ihrer Ausdehnung und ferner ihrer Beschaffenheit, der Zahl der durch sie erschlossenen Grundstücke und auch dem Maß der Abhängigkeit zwischen ihr und der Straße zu, in die sie einmündet. Das Maß der Abhängigkeit ist deshalb von Gewicht, weil eine Verkehrsanlage ohne Verbindungsfunktion („Sackgasse“) ausschließlich auf die Straße angewiesen ist, von der sie abzweigt, sie darin einer (unselbständigen) Zufahrt ähnelt und deshalb der Eindruck der Unselbständigkeit häufig auch noch bei einer Ausdehnung erhalten bleibt, bei der eine Anlage mit Verbindungsfunktion schon den Eindruck der Selbständigkeit vermittelt. Grundsätzlich sind alle abzweigenden befahrbaren Verkehrsanlagen als erschließungsrechtlich unselbständig zu qualifizieren, die nach den tatsächlichen Verhältnissen den Eindruck einer Zufahrt vermitteln, d.h. die (ungefähr) wie eine Zufahrt aussehen. Da eine Zufahrt typischerweise ohne Weiterfahrmöglichkeit endet, typischerweise nur eine bestimmte Tiefe aufweist und ebenso typischerweise gerade, also nicht in Kurven verläuft, hat das Bundesverwaltungsgericht für das Erschließungsbeitragsrecht erkannt, eine bis zu 100 m tiefe, nicht verzweigte im Sinne von nicht abknickende Stichstraße (Sackgasse) ähnele einer typischen Zufahrt derart, dass sie wie diese regelmäßig als unselbständig zu qualifizieren sei (vgl. BVerwG, U. v. 09.11.1984, BVerwGE 70, 247; U. v. 25.01.1985, NVwZ 1985, 753; U. v. 23.06.1995, NVwZ-RR 1995, 695; U. v. 16.09.1998, NVwZ 1999, 997). Die in dieser Rechtsprechung genannte Länge von 100 m ist nicht als starre Grenze, sondern nur als Regel anzusehen, die vorbehaltlich der besonderen Umstände des Einzelfalles gilt und insoweit Raum für Ausnahmen lässt, z. B. bei einer „Bebauungsmassierung“ (vgl. BVerwG, B. v. 25.04.2000 - 11 B 46/99 - juris und U. v. 26.09.2001, NVwZ 2002, 607).

56

Gemessen an diesen Maßstäben und den Ergebnissen der Beweisaufnahme kommt das Gericht zu der Auffassung, dass es sich bei der abzweigenden Stichstraße An der H. um eine selbständige Erschließungsanlage handelt und nicht lediglich um eine Zufahrt zu der Alten Dorfstraße. Sie hat zwar unstreitig eine geringere Länge als die oben zitierten 100 m. Denn in der zunächst gradlinig verlaufenden Längsachse hat sie nach dem vorliegenden Kartenmaterial (Liegenschaftskataster) eine Länge von 65 m. Auch vom Erscheinungsbild der Pflasterung unterscheidet sie sich nicht von der Alten Dorfstraße. Allerdings endet sie nicht nach den 65 m, sondern es schließen sich rechtwinklig dazu zwei Abzweigungen in südlicher und nördlicher Richtung an. Der südliche Abzweiger hat nach dem Liegenschaftskataster eine Länge von ca. 18 m. Dieser ist durch vorhandene Bebauung (Doppelhaus Nr. xxx, xxx), Knicks und Baumbestand von der Alten Dorfstraße aus nicht einsehbar. Dieses „Sackgassenende“ ist in seinem Erscheinungsbild und der Lage im Ort nicht vergleichbar mit einem typischen „Wendehammer“, wie er sich zum Beispiel vorliegend bei der Alten Dorfstraße (Flurstücken xxx, xxx) wiederfindet. Vielmehr stellt er sich als ein Abknicken der Fahrbahn dar, die dann in ihrem weiteren Verlauf von ca. 18 m als Zufahrt zum Grundstück Nr. xxx, xxx dient. Darüber hinaus befindet sich auf ca. halber Höhe der Straße (gegenüber den Hausnummern xxx, xxx) auf der Straßenseite der Hausnummern xxx, xxx eine 68 m² große Parkplatzfläche (Flurstück xxx), die für mindestens sechs Pkw ausreicht. Vergleichbares findet sich auf der Alten Dorfstraße nicht. Die Straße öffnet sich an dieser Stelle, dadurch dass sie trotz des vorhandenen Kantsteins zwischen Fahrbahn und Parkfläche an dieser Stelle erheblich breiter erscheint und ihr damit etwas Eigenständiges vermittelt. Darauf, dass es sich um private Parkplätze handelt, kommt es nicht an, denn maßgeblich ist hier der äußere Eindruck des Stichweges. Durch die zuvor genannten Aspekte hebt sich die Stichstraße deutlich von dem Erscheinungsbild der Alten Dorfstraße ab.

57

Zudem bestätigte sich in der Beweisaufnahme der bereits nach dem Kartenmaterial gewonnene Eindruck der Bebauungsmassierung. Die Bebauung An der H. stellt sich als eine solche mit eigenständiger Siedlungsstruktur im Vergleich zur Alten Dorfstraße dar, und zwar nicht nur aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes der Bebauung und der späteren Entstehung, sondern auch aufgrund der Bebauungsdichte im Verhältnis zur Grundstücksgröße. Mit Ausnahme des Doppelhausgrundstücks Nr. xxx, xxx handelt es sich bei den bebauten Grundstücken an der Alten Dorfstraße um flächenmäßig erheblich größere Grundstücke mit jeweils Einzelhausbebauung (auch größeren Ausmaßes). Ob es sich teilweise, wie z. B. bei dem Haus Nr. xxx, um ein Gebäude mit mehreren Wohneinheiten handelt, ist dabei nachrangig. Denn bei dem Aspekt der Bebauungsmassierung kommt es vorrangig darauf an, wie sich der äußere Eindruck der Bebauungsdichte des auf einem Grundstück befindlichen Gebäudes zu dem Grundstück im Verhältnis zu der Bebauung auf anderen Grundstücken darstellt und nicht auf die Nutzungsintensität. Danach ergibt sich bereits aufgrund der Betrachtung der Grundstücksgrößen der sechs mit Doppelhäusern bebauten Grundstücke An der H. (Nr. xxx bis xxx) von 597 m², 635 m², 688 m², 725 m², 851 m², 1001 m², 1.172 m² und 1.403 m² im Vergleich zu neun (von 10) mit Einzelgebäuden bebauten Grundstücken an der Alten Dorfstraße mit ab ca. 2.000 m² bis zu knapp 11.000 m² Größe die beschriebene Bebauungsmassierung. Hieran ändert sich auch nichts durch das einzelne (einbezogene) Grundstück Alte Dorfstraße Nr. xxx, xxx, welches den Grundstücken An der H. ähnelt.

58

Die Stichstraße vermittelt dadurch insgesamt nicht den Eindruck „nur“ einer Zufahrt zu Hinterliegergrundstücken, sondern den einer Erschließungsstraße zu einem selbständigen Wohngebiet.

59

Danach bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob auch aus Rechtsgründen die Straße An der H. als selbständig anzusehen ist. Dies verneint das OVG Schleswig (U. v. 18.12.2002 - 2 L 246/01 -; U. v. 18.12.2014 - 4 LB 35/14 -, juris) entgegen der Auffassung anderer Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG Saarland, B. v. 02.11.2012 - 1 B 245/12 -; Bay. VGH, U. v. 18.11.2011 - 6 B 10.2079 -; Hess. VGH, B. v. 12.07.2007 - 5 TG 771/07 -; OVG Lüneburg, B. v. 27.04.2000 - 9 M 4297/99 -; OVG NRW, U. v. 24.11.1998 - 3 A 706/91 -, jeweils zitiert nach juris) damit, dass der Abschluss eines Erschließungsvertrages nicht dazu führe, dass die von einem Erschließungsunternehmer erstellte Strecke generell einem anderen Rechtsregime unterfalle. Aus dem bloßen Abschluss eines Erschließungsvertrages folge nicht, dass die Eigentümer der erschlossenen Grundstücke nicht zu Erschließungsbeiträgen herangezogen werden könnten.

60

Hier handelt sich um eine erstmalige Herstellung der Alten Dorfstraße i. S. v. § 128 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB und damit um eine Erschließungsmaßnahme. Denn seit 1961 bis zum Grunderwerb durch die Gemeinde A-Stadt und entsprechender Eintragung ins Grundbuch im Jahre 1999 war die Alte Dorfstraße eine nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmete Privatstraße („xxx“), bestehend aus einer 200 m asphaltierten und 70 m wassergebundenen Fahrbahn, nach den vorliegenden Unterlagen jeweils ohne kunstmäßigen Ausbau (Auskofferung, Packlage, Pflasterung oder Teer- und Asphaltdecke, Regenrinne, Bordsteine, befestigte Fußwege, Kanalisation). Auch eine Straßenbeleuchtung fehlte. Dies wird von dem Kläger nicht bestritten.

61

Es handelte sich weder um eine „vorhandene Erschließungsanlage“ i.S.v. § 242 Abs. 1 BauGB noch um eine nach Inkrafttreten des Bundesbaugesetzbuches bereits endgültig hergestellte Straße. Der Begriff der „vorhandenen Erschließungsanlage“ ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (ausgehend vom Urteil vom 25.02.1964, BVerwGE 18, 80) lediglich eine andere Bezeichnung für die bereits hergestellte Erschließungsanlage i.S.d. (nicht in das Baugesetzbuch übernommenen) § 133 Abs. 4 BBauG. Zu den bereits hergestellten Erschließungsanlagen i.S.d. § 133 Abs. 4 BBauG gehören in den Ländern, in denen bis zum Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes das Preußische Anliegerbeitragsrecht galt, zum einen die vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes insgesamt programmgemäß fertig gestellten Straßen und zum anderen die „vorhandenen“ Straßen im Sinne des ehemaligen Anliegerbeitragsrechts sowie des § 15 des Preußischen Fluchtliniengesetzes (vgl. OVG Schleswig, U. v. 08.11.1995 - 2 L 175/95 -, Die Gemeinde 1996, 295 m.w.N.). Bei Beantwortung der Frage, ob eine Straße „hergestellt“ oder „vorhanden“ ist, kommt es auf rechtliche Kriterien und nicht allein auf die tatsächliche Existenz der Straße als eine zu Verkehrszwecken nutzbare Fläche an (vgl. BVerwG, U. v. 16.09.1974, BRS 37, 248). Eine Anbaustraße kann nicht erstmalig hergestellt sein, solange die Gemeinde mangels rechtlicher Einwirkungsmöglichkeit ihren Ausbauwillen nicht zum Tragen bringen konnte. Auch unter der Geltung des alten Rechts konnte von einer Ortsstraße, also einer örtlichen Erschließungsanlage, nur dann gesprochen werden, wenn die Gemeinde wenigstens teilweise Trägerin der Straßenbaulast war. Wo die Gemeinde beim Bau und der Unterhaltung der Straße nicht entscheidend mitgewirkt hat, kann eine vorhandene Ortsstraße schon deshalb nicht angenommen werden, weil es an dem Willen der Gemeinde, diese Straße in einem bestimmten Ausbauzustand als fertige Anlage zu akzeptieren, fehlte. Privatstraßen, die im Eigentum eines Dritten stehen, können deshalb im Regelfall keine vorhandenen Erschließungsanlagen im Sinn von § 242 Abs. 1 BauGB bzw. des bis zum 30.06.1987 geltenden § 180 Abs. 2 BBauG und somit auch keine bereits vor Inkrafttreten des neuen Erschließungsbeitragsrechts hergestellte Erschließungsanlagen sein (vgl. BayVGH, B. v. 03.02.2004 - 6 CS 03.2254 -, juris m. w. N.; OVG Schleswig, B. v. 17.10.2006 - 2 MB 19/08; U. v. 21.11.1996 - 2 L 229/95 -, juris, Rn. 54).

62

Die Beitragspflicht ist entstanden. Die sachliche Beitragspflicht entsteht nach § 133 Abs. 2 BauGB mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage. Dies beinhaltet das Vorliegen sämtlicher in der Satzung vorgesehener Herstellungsmerkmale des § 7 EBS, die Erfüllung des Bauprogramms, die Abnahme der Bauarbeiten und den Eingang der letzten Unternehmerrechnung, um - so die h.M. - die Ermittlungsfähigkeit des umlagefähigen Aufwands sicherzustellen. Darüber hinaus bedarf es der Existenz einer rechtswirksamen Erschließungsbeitragssatzung und die Straße muss gewidmet sein (vgl. Driehaus, a.a.O., § 19 Rn. 2 ff., Rd. 15 und 16 m.w.N.).

63

Die Maßnahme findet ihre Grundlage in dem Bauprogramm der Erschließungsmaßnahme zum Bebauungsplan Nr.3 gemäß der Planung des Büros xxx vom 15.12.2000 in der Fassung vom 14.06.2002. Die entsprechende Auftragsvergabe wurde durch die Gemeindevertretung am 03.07.2001 beschlossen. Danach sollte die ehemalige Privatstraße xxx nach erfolgtem Eigentumserwerb durch die Gemeinde A-Stadt erstmalig mit den Teileinrichtungen Fahrbahn, Gehweg, unselbständiger Parkplatz und Grünstreifen, Straßenentwässerung und Beleuchtung ausgestattet werden, die dort im Detail näher beschrieben waren.

64

Nach § 7 Abs. 1 EBS sind Straßen endgültig hergestellt, wenn a) ihre Flächen im Eigentum der Gemeinde stehen und b) sie über betriebsfertige Entwässerungs- und Beleuchtungseinrichtungen verfügen. Die flächenmäßigen Bestandteile ergeben sich aus dem Bauprogramm. § 7 Abs. 2 EBS beschreibt, dass die flächenmäßigen Bestandteile endgültig hergestellt sind, wenn a) Fahrbahnen und Gehwege eine Befestigung auf tragfähigem Unterbau mit einer Decke aus Asphalt, Beton, Platten, Pflaster aufweisen; b) unselbständige und selbständige Parkflächen eine Befestigung auf tragfähigem Unterbau mit einer Decke aus Asphalt, Beton, Platten, Pflaster, Rasengittersteinen aufweisen; c) unselbständige Grünanlagen gärtnerisch gestaltet sind. Diese Merkmale sind vorliegend unstreitig erfüllt. Insbesondere hat die Gemeinde A-Stadt das im Wendehammer belegene und noch nicht in ihrem Eigentum stehende Flurstück xxx der Flur xxx (ehemals Teil des Flurstücks xxx) erst im Jahre 2012 durch Grundstückstausch erworben, so dass erst zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzung der endgültigen Herstellung i.S.v. § 7 Abs. 1 a) EBS gegeben war. Die flächenmäßigen Bestandteile waren technisch bereits 2003 entsprechend den genannten Vorgaben des § 7 Abs. 2 a) bis c) EBS ausgestattet. Die Schlussabnahme erfolgte am 06.05.2003, die letzte Unternehmerrechnung ging am 11.08.2003 ein.

65

Die endgültige Widmung der Alten Dorfstraße erfolgte - nachdem die erste Widmung gemäß Urteil vom 18.06.2007 als nichtig angesehen wurde - einschließlich des erworbenen Teilstücks Flurstück xxx gemäß Widmungsverfügung vom 07.11.2012 aufgrund des Beschlusses der Gemeindevertretung vom 24.09.2012. Diese wurde am 13.11.2012 veröffentlicht.

66

Der Erfüllung des Bauprogramms steht auch nicht entgegen, dass der Wendehammer nunmehr einen anderen Zuschnitt hat, als er ihn noch auf Basis des dem Bauprogramm zugrunde liegenden Bebauungsplans Nr. 3, 1. Änderung vom 14.02.2001 hatte. Der Wendehammer verlief dort am Ende bogenförmig und hatte die Flurstücksbezeichnung xxx. Dieser stand - wie bereits ausgeführt - nicht vollständig im Eigentum der Gemeinde, weshalb es zu dem besagten Grundstückstausch und zur Umbezeichnung in die Flurstücke xxx, xxx und xxx kam. Danach erhielt der Hauptteil die Bezeichnung Flurstück xxx - von je her gemeindliches Eigentum. Ein weiterer Teil (ebenfalls im Eigentum der Gemeinde) wurde von einem anderen anliegenden Grundstückseigentümer (Eheleute xxx) genutzt, nunmehr Flurstück xxx. Wiederum ein anderer Teil, der allerdings über die ursprüngliche Grenze des Flurstückes xxx hinausgeht und damit nach dem Bebauungsplan Nr. 3, 1. Änderung nicht Teil der Erschließungsanlage war und im Eigentum der Eheleute xxx stand (nunmehr Flurstück xxx), wurde von der Gemeinde im Rahmen der Erschließungsmaßnahme überbaut. Es handelt sich mithin einerseits um eine Planunterschreitung, da das Flurstück xxx entgegen dem Bebauungsplan Nr. 3, 1. Änderung, tatsächlich nicht von der Erschließungsmaßnahme umfasst wurde und andererseits um eine Planüberschreitung, da das Flurstück xxx entgegen dem Bebauungsplan Nr. 3, 1. Änderung, tatsächlich mit erschlossen wurde.

67

Weicht die Herstellung einer beitragsfähigen Erschließungsanlage von den Festsetzungen eines Bebauungsplans ab, ist ein gleichwohl ergehender Heranziehungsbescheid (insgesamt) mangels Entstehens der (sachlichen) Beitragspflicht rechtswidrig (vgl. Driehaus, a.a.O., § 7, Rn. 54). Das trifft dann nicht zu, wenn die Herstellung ungeachtet der Planabweichung planungsrechtlich rechtmäßig ist. Gemäß § 125 Abs. 3 BauGB wird die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind und 1. die Erschließungsanlagen hinter den Festsetzungen zurückbleiben oder 2. die Erschließungsbeitragspflichten nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden und die Abweichungen der Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen.

68

Handelt es sich um eine Planunterschreitung, richtet sich die Beantwortung der Frage, ob bei einer der satzungsmäßigen Merkmalsregelung entsprechenden Herstellung der einzelnen Teilanlagen und Vorliegen der sonstigen einschlägigen Voraussetzungen die sachlichen Beitragspflicht gemäß § 133 Abs. 2 BauGB kraft Gesetz mit der endgültigen Herstellung entstehen, danach, ob durch die Anlegung der flächenmäßigen Teilanlagen das in diesem Zeitpunkt maßgebende Bauprogramm für diese Straße erfüllt ist (vgl. Driehaus, a.a.O., § 7, Rn. 55). Das ist vorliegend der Fall, da die Straße und der Gehweg mit weiteren Teileinrichtungen und flächenmäßigen Bestandteilen auf Grundlage des oben genannten Bauprogramms vollständig hergestellt wurden. Bei einer Planüberschreitung hängt deren Rechtmäßigkeit - wie ausgeführt - unter anderem davon ab, dass die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind und die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen. Beides ist vorliegend der Fall, da der Wendehammer in seiner veränderten Form gleichermaßen die Nutzungsmöglichkeiten bietet wie in der Gestalt des Flurstücks xxx entsprechend des Bebauungsplans Nr. 3, 1. Änderung. Darüber hinaus dürfen die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer planmäßigen Herstellung belastet werden. Mit diesem Wortlaut stellt das Gesetz für den Fall, dass der Ausbau Mehrkosten verursacht hat, auf eine konstitutive Entscheidung der Gemeinde dahingehend ab, sie werde die Mehrkosten nicht geltend machen (ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung, vgl. Driehaus, a.a.O. § 7, Rn. 57). Liegt die Planabweichung z. B. lediglich in einer (geringfügigen) Trassenverschiebung bei (annähernd) gleichbleibendem flächenmäßigen Umfang, hat ein planüberschreitender Ausbau also zwangsläufig einen damit korrespondierenden planunterschreitenden Ausbau zur Folge, dürfte in einer solchen Konstellation in der Sache von einem einzigen Planverstoß auszugehen sein und dürften etwaige Mehrkosten im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln sein, die gegebenenfalls zu einer Kostenneutralität führen kann (vgl. Driehaus, a.a.O., § 7, Rn. 58 m.w.N.). So liegt der Fall hier. Gemäß des notariellen Kaufvertrages vom 13.03.2012 hat das Flurstück xxx eine Größe von ca. 13 m² und das Flurstück xxx eine Größe von ca. 30 m², woraus sich ergibt, dass der Wendehammer kleiner ausgeführt wurde, als in dem Bebauungsplan Nr. 3, 1. Änderung vorgesehen. Daraus ergibt sich aber gleichermaßen, dass auch die Kosten für die Herstellung des Wendehammers geringer ausgefallen sind. Der Beklagte hat in einem Vermerk hierzu ausgeführt, dass durch die Verschiebung des planmäßigen Wendekreises mit Radius 6m (Wendeanlagentyp 3-achsiges Müllfahrzeug) um ca. 3 m nach West-Südwest die Straße gegenüber dem Bebauungsplan Nr. 3, 1. Änderung, um ca. 3 m verkürzt und die insgesamt zu befestigende Fläche hätte reduziert werden können, ohne Einschränkung der Nutzbarkeit und bei gleichzeitiger Kostenreduzierung für die Beitragspflichtigen. Neben den Baukosten seien im Jahre 2012 weitere Grunderwerbskosten angefallen für den Erwerb des Flurstücks xxx, Flur xxx. Diese zusätzlichen Kosten seien bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes unberücksichtigt geblieben, damit sichergestellt sei, dass die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet würden. Dies ist für das Gericht nachvollziehbar und wird von dem Kläger auch nicht angegriffen.

69

Daraus folgt im Ergebnis, dass sowohl die Planunter- wie auch die Planüberschreitung rechtmäßig erfolgt sind, so dass die sachliche Beitragspflicht mit dem letzten Akt der veröffentlichten Widmung am 13.11.2012 entstanden ist.

70

Die persönliche Beitragspflicht entsteht nach § 134 Abs. 1 S. 1 BauGB mit Bekanntgabe des Bescheides gegenüber dem Eigentümer. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger unstreitig Alleineigentümer der beiden Buchgrundstücke Alte Dorfstraße xxx (Gemarkung A-Stadt, Flur xxx, xxx, Flurstücke xxx und xxx; Grundbuchblatt xxx) und Alte Dorfstraße xxx (Gemarkung A-Stadt, Flur xxx, Flurstücke xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, Grundbuchblatt xxx).

71

Der Beklagte hat zutreffend in den beitragsfähigen Erschließungsaufwand alle tatsächlich entstandenen Kosten einbezogen, die zur Erschließung der e. g. Erschließungsanlage in seiner Gesamtheit notwendig waren. Der eingestellte beitragsfähige Aufwand in Höhe von 449.443,61 € wird von dem Kläger weder substantiiert bestritten noch sind für das Gericht Fehler bei der Ermittlung ersichtlich. Der Beklagte hat hiervon gem. § 129 Abs. 1 S. 3 BauGB i.V.m. § 4 EBS zutreffend einen Eigenanteil der Gemeinde A-Stadt von 10 % (44.944,36 €) abgezogen, so dass der umlagefähige Aufwand bei 404.499,25 € liegt.

72

Diesen Aufwand hat der Beklagte ebenfalls beanstandungslos auf die gem. § 131 Abs. 1 S. 1 BauGB durch die Anlage erschlossener Grundstücke umgelegt. Das Gericht hat keine Bedenken hinsichtlich der Festlegung des Abrechnungsgebietes.

73

Der Begriff des „Erschlossenseins" ist dazu bestimmt, diejenigen Grundstücke, die von einer Erschließungsanlage einen beitragsrechtlich relevanten Vorteil haben, von den Grundstücken abzugrenzen, denen ein solcher Vorteil nicht zuwächst. Dabei ist die Frage des Vorteils rein objektiv zu betrachten. Ob der jeweilige Eigentümer die Erschließung wünscht, zu nutzen gedenkt oder wegen einer anderweitig schon vorhandenen Erschließung ersichtlich kein Interesse daran hat, ist unerheblich (Driehaus, a.a.O., § 9 Rn. 14 und 15 m.w.N.). Dies vorausgeschickt besteht der beitragsrechtliche Erschließungsvorteil in dem, was die Erschließung für die bauliche oder gewerbliche Nutzbarkeit des Grundstücks objektiv hergibt. Die Erschließung ist Voraussetzung für die nach dem Bebauungsrecht zulässige bauliche oder gewerbliche Ausnutzbarkeit eines Grundstückes. Durch die Herstellung einer Erschließungsanlage schafft die Gemeinde die Voraussetzungen für die zulässige Ausnutzbarkeit des Grundstücks, die ihrerseits auf der Möglichkeit der Inanspruchnahme der hergestellten Anlage beruht. Ein Grundstück ist deshalb durch eine Anbaustraße erschlossen i.S.d. § 131 Abs. 1 BauGB, wenn ihm durch diese Straße entweder eine Bebaubarkeit oder eine der Bebaubarkeit erschließungsbeitragsrechtlich gleichstehende Nutzbarkeit vermittelt wird. Erschlossen ist es nur, soweit diese Voraussetzungen vorliegen (vgl. BVerwG, U. v. 01.09.2004 - 9 C 15/03 -, juris, Rn. 17 ff.; OVG Schleswig, U. v. 10.12.2008 - 2 LB 53/07). Hieraus folgt, dass die Erschließung nicht gleichbedeutend ist mit einer Zugänglichkeit, sondern dass sie stets von der Erreichbarkeit der Anbaustraße je nach baulicher oder gewerblicher Nutzbarkeit des einzelnen Grundstücks abhängt. Während es in Wohngebieten i.d.R. ausreicht, dass man mit Personen- und Versorgungsfahrzeugen an die Grundstücksgrenze heranfahren und das Grundstück von dort betreten kann, erfordert das Erschlossensein von Grundstücken im Gewerbegebiet regelmäßig ein „Herauffahrenkönnen“ (vgl. BVerwG, U. v. 17.06.1994 - 8 C 24/92 -, juris, Rn. 14; U. v. 27.09.2006 - 9 C 4/05 -, juris, Rn. 22, 20).

74

Eine solche Erschließung ist für beide Grundstücke des Klägers unstreitig gegeben. Denn beide Grundstücke liegen unmittelbar an der Alten Dorfstraße an; an sie kann von dort herangefahren (tatsächlich auch heraufgefahren) und betreten werden, weshalb sie zu Recht in das Abrechnungsgebiet einbezogen wurden.

75

Dieses - sowie die weiteren Grundstücke des Abrechnungsgebietes - wurden darüber hinaus auch zutreffend gewichtet.

76

Zunächst hat der Beklagte die Grundstücke des Klägers mit jeweils der gesamten Grundstücksfläche zutreffend einbezogen, nämlich die Alte Dorfstraße xxx als einheitliches Buchgrundstück entsprechend der zweigeschossigen Festsetzung der Bebauungspläne Nr. 3, 1. Änderung (Flurstück xxx) und Nr. 21 (Flurstück xxx) und die Alte Dorfstraße xxx als einheitliches Buchgrundstück entsprechend der Festsetzungen der Bebauungspläne Nr. 3, 1. Änderung (Flurstück xxx) und Nr. 21 (Flurstücke xxx, xxx, xxx, xxx und xxx). Dies ist eine eingeschossige bauliche Nutzung sowie private Grünflächen (Parkanlage) sowie ein denkmalgeschützter Bereich (xxx und xxx) und Flächen, die als extensive Grünlandflächen auszubilden sind. Zudem liegt es teilweise in einem Landschaftsschutzgebiet.

77

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. u. a. B. v. 29.11.1994 - 8 B 171/94 -, juris) ist bei Grundstücken in (qualifiziert) beplanten Gebieten grundsätzlich die gesamte im Plangebiet gelegene Fläche als erschlossen im Sinne des § 131 Abs. 1 S. 1 BauGB zu qualifizieren und dementsprechend in vollem Umfang bei der Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwands nach einem Maßstab zu berücksichtigen, der - wie der sog. Vollgeschoß-Maßstab - auch auf die Größe der erschlossenen Grundstücksfläche abstellt (vgl. u.a. Urt. v. 3.02.1989 - BVerwG 8 C 66.87 - BVerwGE 81, 251 <253>). Die Erstreckung auf die gesamte Grundstücksfläche rechtfertige sich, obgleich so gut wie niemals diese gesamte Fläche der baulichen (oder sonst wie beitragsrechtlich relevanten) Nutzung zugeführt werden dürfe, obgleich also auf diese Weise auch nicht bzw. nicht relevant nutzbare Flächenteile als „erschlossen" behandelt würden. Denn der Erschließungsbegriff in § 131 Abs. 1 S. 1 BauGB könne nicht an der Rechtstatsache vorbeigehen, dass das Baurecht fast nie die volle Überbauung eines Grundstücks zulasse, sondern die Zulässigkeit einer Bebauung meist die Freihaltung erheblicher Grundstücksteile voraussetze, mithin für die Ausführbarkeit eines Bauvorhabens durchweg mehr an Fläche zur Verfügung stehen müsse, als für die bauliche Anlage als solche benötigt werde (im Einzelnen §§ 16 ff. BauNVO). Mit Rücksicht auf diesen Zusammenhang zwischen dem Bau- und dem Erschließungsbeitragsrecht sei es auf den Umfang der im Sinne des § 131 Abs. 1 S. 1 BauGB erschlossenen Fläche grundsätzlich ohne Einfluss, wenn die überbaubare Fläche eines beplanten Baugrundstücks z.B. durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen gemäß § 23 BauNVO oder durch Abstands- und Anbauverbotsvorschriften etwa gemäß § 9 Abs. 1 und 2 FStrG beschränkt sei. Regelungen dieser Art sollten nach ihrer Zielsetzung nicht auf das Maß der baulichen Nutzung, sondern auf den Standort der baulichen Anlagen Einfluss nehmen (vgl. u.a. Urt. v. 25.01.1985 - BVerwG 8 C 106.83 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 59 S. 78<81 f.>). Im Ergebnis gelte nichts anderes für eine etwa gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB zulässige Festsetzung der Teilfläche eines Grundstücks als „private Grünfläche" (vgl. insoweit u.a. B. v. 24.04.1991 - BVerwG 4 NB 24.90 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG/BauGB Nr. 49 S. 51<52>) jedenfalls insoweit, als sich ihre Wirkung auf den Standort der auf dem betreffenden Grundstück bebauungsrechtlich zulässigen baulichen Anlagen beschränke. Zwar liege eine als „private Grünfläche" ausgewiesene Fläche nicht „im Bauland" im Sinne des § 19 Abs. 3 BauNVO. Doch rechtfertige das angesichts des dargestellten Zusammenhangs zwischen dem Bau- und dem Erschließungsbeitragsrecht nicht, diese Fläche hinsichtlich der Frage des Erschlossenseins anders zu behandeln als die Flächen, die - etwa infolge von Baulinien, Baugrenzen, Abstandsgeboten usw. - von einer Bebauung freizuhalten seien.

78

Dieselben Gründe gelten hinsichtlich des Grundstücksteils, der als Landschaftsschutzgebiet festgesetzt ist. Gem. § 26 BNatSchG vom 29.07.2009, welches zum Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht galt, sind Landschaftsschutzgebiete rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist. In einem Landschaftsschutzgebiet sind unter besonderer Beachtung des § 5 Abs.1 BNatSchG alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen (§ 26 Abs. 2 BNatSchG). Nach § 5 Abs. 1 BNatSchG ist bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege die besondere Bedeutung einer natur- und landschaftsverträglichen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft für die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft zu berücksichtigen. Aus der Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes ist nicht erkennbar, dass dadurch die bauliche Nutzung anders eingeschränkt ist, als bei einer privaten Grünfläche, wie eben dargestellt.

79

Soweit der Kläger die (teilweise) Nichtberücksichtigung der Grundstücke Alte Dorfstraße xxx, xxx und xxx sowie Hamburger Str. xxx rügt, ist dem nicht zu folgen:

80

Das Buchgrundstück Alte Dorfstraße xxx (Flurstück xxx) liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 3 und ist zutreffend mit seiner gesamten Grundstücksfläche einbezogen worden. Dort ist eine eingeschossige Bebauung festgesetzt. Im hinteren Bereich ist eine private Grünfläche ausgewiesen. Hier gilt das zum klägerischen Grundstück gesagte; die Einbeziehung der gesamten Grundstücksfläche unterliegt damit keinen rechtlichen Bedenken. Zu dem dahinter liegenden Flurstück xx, welches unter einer eigenen Nummer xxx im Grundbuchblatt eingetragen ist, besteht Eigentümeridentität. Dieses Grundstück befindet sich nahezu vollständig in dem eben dargestellten Landschaftsschutzgebiet. Dieses Flurstück ist jedoch zutreffend nicht in das Abrechnungsgebiet einbezogen worden, da für dieses nach den geltenden Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 3, 1. Änderung, keine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, wie es aber § 131 Abs. 1 S. 1 BauGB für eine Beitragspflicht fordert. Daran ändert sich auch nicht dadurch etwas, dass es gemeinsam mit dem Flurstück xxx als Hausgarten genutzt wird. Insbesondere kann hieraus nicht eine Abweichung vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Grundstückseinheit hergeleitet werden, denn diese Korrektur setzt gerade voraus, dass es - mangels hinreichender Größe lediglich allein nicht bebaubar - zusammen mit einem oder mehreren Grundstücken des gleichen Eigentümers aber ohne weiteres baulich angemessen genutzt werden darf (vgl. Driehaus, a.a.O., § 17, Rn. 7 m.w.N.). Zum einen handelt es sich schon nicht um ein solches „Handtuchgrundstück“ und zum anderen wird das Grundstück auch nicht durch die gemeinsame Gartennutzung „bebaubar“, da - wie ausgeführt - nach den Festsetzungen des maßgeblichen Bebauungsplans gar keine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist.

81

Gleiches gilt für das Buchgrundstück Flurstück xxx, weil dieses ebenfalls nach den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 3 als nicht baulich oder gewerblich nutzbare Fläche festgesetzt ist.

82

Die beiden Flurstücke des Grundstücks Alte Dorfstraße xxx (Flurstücke xxx und ehemals xxx - jetzt xxx -) bilden ein einheitliches Buchgrundstück. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 3., und teilweise Nr. 3, 1. Änderung. Dort befinden sich tatsächlich zwei Gebäude. Der Bebauungsplan Nr. 3 setzt diese als „künftig fortfallende bauliche Anlagen“ fest. Der Bestandsschutz für diese Gebäude vermittelt dem Grundstück jedoch nicht eine Bebaubarkeit im Sinne des § 131 Abs. 1 S. 1 BauGB und reicht deshalb zur Begründung einer Erschließungsbeitragspflicht des Grundstücks nach dieser Vorschrift nicht aus (vgl. BVerwG, U. v. 08.05.2002 - 9 C 5/01 - und U. v. 20.09.1974 - IV C 70.72 -, jeweils zitiert nach juris). Maßgebend ist vielmehr, ob für das Grundstück - unabhängig von einem etwaigen Bestandsschutz für eine bereits erfolgte Bebauung - im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten gerade im Hinblick auf die abzurechnende Straße „aktuell" eine Baugenehmigung erteilt werden müsste. Dies war hier nicht der Fall.

83

Bei der Alten Dorfstraße xxx handelt es sich um drei Buchgrundstücke, die zusammenhängend genutzt werden. Das Buchgrundstück mit den Flurstücke xxx und xxx (Grundbuchblatt xxx, Nr. xxx) liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 3. Darauf sind eine eingeschossige baulichen Nutzung und teilweise private Grünflächen festgesetzt. Es wurde nach obigen Ausführungen zutreffend in das Abrechnungsgebiet einbezogen. Das Buchgrundstück mit den Flurstücken xxx, xxx, xxx und xxx (Grundbuchblatt xxx, Nr. xxx) liegt ebenfalls im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 3 und teilweise Nr. 3, 1. Änderung. Das Flurstück xxx wurde als sog. Handtuchgrundstück als wirtschaftliche Einheit (vgl. hierzu oben) mit dem Grundstück Flurstücke xxx und xxx in das Abrechnungsgebiet einbezogen. Das an die Erschließungsanlage angrenzende Flurstück xxx teilt das bebaubare Flurstück xxx in einem ca. 1,50 m breiten Streifen in zwei nicht miteinander verbundene Teilstücke. Das Flurstück xxx ist wegen seiner Größe nicht bebaubar; zusammen mit dem Grundstück Flurstücke xxx und xxx jedoch ohne weiteres baulich nutzbar. Für die übrigen Flurstücke gilt dieser Gesichtspunkt nicht, da auf ihnen nach den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 3 und teilweise Nr. 3, 1. Änderung keine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist (sondern Privatflächen, Wasserflächen), bei denen damit eine eigenständige Nutzungsmöglichkeit gegeben ist - allerdings keine bauliche oder gewerbliche. Das dritte Buchgrundstück mit den Flurstücken xxx, xxx (xxx), xxx und xxx (Grundbuchblatt xxx, Nr. xxx) liegt wiederum im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 3 und teilweise Nr. 3, 1. Änderung. Da es jedoch nicht an der Erschließungsanlage anliegt und in dem Bebauungsplan keine überbaubare Grundstücksfläche ausgewiesen ist, fällt es aus dem Abrechnungsgebiet heraus.

84

Im Übrigen hat der Beklagte zutreffend auch das Grundstück mit der Flurstücksbezeichnung xxx unberücksichtigt gelassen. Dieses liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 3 und Nr. 3, 1. Änderung, und ist dort als Fläche für die Verwertung oder Beseitigung von Abwasser - Regenrückhaltebecken - und damit nicht als baulich oder gewerblich nutzbare Fläche i.S.v. § 133 Abs. 1 S. 1 BauGB festgesetzt.

85

Letztlich hat der Beklagte zutreffend das Buchgrundstück Hamburger Straße xxx (Flurstück xxx, Grundbuchblatt xxx, lfd. Nr. xxx) nicht mit in das Abrechnungsgebiet einbezogen. In Anknüpfung an die obigen Ausführgen zum „Erschlossensein“ im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist dies für das streitige Grundstück Hamburger Straße xxx von der Alten Dorfstraße aus nicht der Fall. Dies wäre nur dann anders, wenn ihm durch die hergestellte Straße entweder eine Bebaubarkeit oder eine der Bebaubarkeit erschließungsbeitragsrechtlich gleichstehende Nutzung vermittelt wird (vgl. BVerwG, U. v. 01.09.2004 - 9 C 15/03 -, juris). Dies setzt nach § 4 Abs. 2 LBO voraus, dass das Grundstück in angemessener Breite an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liegt (1. Alt.) oder dass es eine befahrbare, öffentlich-rechtlich gesicherte Zufahrt zu einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche hat (2. Alt.). Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf die Alte Dorfstraße nicht erfüllt. Das Grundstück Hamburger Straße xxx liegt bereits nicht an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche im Sinne der 1. Alternative an. Denn es grenzt nicht direkt an die Erschließungsanlage, sondern liegt an dem ungewidmeten (nicht öffentlichen) Verbindungsweg zwischen den Straßen Alte Dorfstraße und Seeblick. Der Verbindungsweg steht, soweit er sich aus den Flurstücken xxx, xxx, xxx und xxx zusammensetzt - also insbesondere mit der an die Alte Dorfstraße angrenzenden Fläche - im Privateigentum der Gemeinde A-Stadt (Grundbuchblatt xxx, lfd. Nr. xxx, xxx). Er wurde nicht einbezogen in die erneuten Widmungen ab dem Jahr 2009, nachdem zuvor das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 18.06.2007 (9 A 209/06) die erste Widmungsverfügung, in die dieser Verbindungsweg noch eingebunden war, für nichtig erklärt hat. Die damalige Widmung wies die beschränkte Benutzungsart „Rad- und Fußgängerverkehr“ aus. Aber auch die 2. Alternative, dass das Grundstück eine öffentlich-rechtlich gesicherte Zufahrt zu einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche hat, ist im Hinblick auf die Alte Dorfstraße nicht gegeben. Denn es bestehen unstreitig zu Gunsten des Grundstücks Hamburger Straße xxx keine öffentlich-rechtlich gesicherten (z. B. durch Baulast) Geh-, Fahr- oder Leitungsrechte über den Verbindungsweg zu der befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche Alte Dorfstraße.

86

Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht unter dem Blickwinkel des gefangenen Hinterliegergrundstückes und der damit zusammenhängenden (in der Rechtsprechung zum Erschließungsbeitragsrecht kontrovers behandelten) Frage eines möglichen Notwegerechts gem. § 917 BGB über den Verbindungsweg zur Alten Dorfstraße hin, da das Grundstück über die Hamburger Straße erschlossen ist. Zwar handelt es sich bei dem Grundstück Hamburger Str. xxx um ein gefangenes Hinterliegergrundstück ohne eigene Zufahrt zu einer öffentlichen Straße. Es besteht auch keine Eigentümeridentität zu dem an der Hamburger Straße angrenzenden Grundstück Hamburger Str. xxx (Gemarkung A-Stadt, Flur xxx, Flurstück xxx, Grundbuch Blatt xxx, lfd. Nr. xxx). Allerdings ist im Baulastenverzeichnis (Bl. Nr. xxx, Seite xxx, lfd. Nr. xxx bzw. Bl. Nr. xxx, Seite xxx, lfd. Nr. xxx, Stand: 27.12.2010) auf dem Flurstück xxx die Verpflichtung eingetragen, auf der im Lageplan grün schraffierten Fläche die Herstellung und Benutzung einer Zufahrt in dem nach der Landesverordnung erforderlichen Umfang zu dulden (eingetragen am 18.05.1993 bzw. 01.07.2005). Die grün schraffierte Zufahrt befindet sich auf dem Flurstück xxx und endet an der Grundstücksgrenze zum Flurstück xxx, welches im selben Eigentum steht wie das streitige Grundstück Flurstück xxx. Die Eintragung einer Baulast als öffentlich-rechtliche Sicherung der Zufahrt im Sinne des Baurechts ist ausreichend (vgl. Driehaus, a.a.O., § 17, Rn. 88, 91 f.). Daraus folgt, dass die Erschließung (Erreichbarkeit) des Flurstücks xxx über die Eigentümeridentität zu dem vorliegenden Grundstück Flurstück xxx und der für diese Fläche bis heute existierenden Baulast gesichert vermittelt wird. Insofern ist es auch irrelevant, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse geringfügig durch eine vorhandene Bebauung verändert haben, da die Baulast gem. § 80 Abs. 1 Satz 2 LBO unbeschadet privater Rechte Dritter mit der Eintragung in das Baulastenverzeichnis wirksam wird und erst durch schriftlichen Verzicht der Baulastenbehörde untergeht (§ 80 Abs. 3 Satz 1 LBO). Letzteres ist vorliegend nicht der Fall. Dass tatsächlich Zufahrt zum Grundstück Hamburger Straße xxx über das Grundstück Hamburger Straße xxx (und teilweise Hamburger Straße xxx) genommen wird, hat sich im Ortstermin gezeigt.

87

Damit bestand zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht für das Grundstück Hamburger Straße xxx keine rechtlich gesicherte Zufahrt. Darauf, dass eine Widmung des Verbindungsweges eventuell nach nachgeholt werden könnte oder - wie der Kläger meint - müsste, kommt es nicht an.

88

Fehler bei der Gewichtung der einzelnen Grundstücksflächen sind nicht ersichtlich; solche werden auch nicht vorgetragen.

89

Daraus folgt, dass der Beklagte zutreffend eine Gesamtabrechnungsfläche von 52.484,60 m² berücksichtigt hat, so dass der Beitragssatz bei 7,70701 €/m² liegt (404.499,25 € ./. 52.484,60 m²).

90

Entsprechend hat der Beklagte für die Alte Dorfstraße xxx bei einer Grundstücksfläche von 2.078 m² und einer zweigeschossigen Wohnbebauung (Faktor 1,3) eine gewichtete Beitragsfläche von 2.701,40 m² ermittelt, die, multipliziert mit dem Beitragssatz von 7,70701 €, zutreffend den angefochtenen Beitrag in Höhe von 20.819,71 € ergibt. Gleiches gilt hinsichtlich der Alten Dorfstraße xxx bei einer Grundstücksfläche von 9.098 m² und eingeschossiger Wohnbebauung (9.098 m² x 7,70701 € = 70.118,36 €).

91

Auch eine Festsetzungsverjährung nach Entstehen der sachlichen Beitragspflicht am 13.12.2012 ist nicht eingetreten; dies wäre gem. §§ 15 S. 1, 11 Abs. 1 S. 2 KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO erst am 31.12.2016 der Fall, da die vollumfängliche Widmung der Alten Dorfstraße einschließlich des Wendehammers erst am 13.11.2012 veröffentlicht wurde. Der angefochtene Bescheid datiert vom 19.08.2013.

92

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 09. März 2017 - 9 A 122/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 09. März 2017 - 9 A 122/14

Referenzen - Gesetze

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 09. März 2017 - 9 A 122/14 zitiert 36 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 100


(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassu

Baugesetzbuch - BBauG | § 9 Inhalt des Bebauungsplans


(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: 1. die Art und das Maß der baulichen Nutzung;2. die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;2a. vom

Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege


Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 74


(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete: 1. das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat

Abgabenordnung - AO 1977 | § 170 Beginn der Festsetzungsfrist


(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist. (2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn1.eine Steuererklärung od

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 23 Überbaubare Grundstücksfläche


(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. (2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut wer

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 197 Dreißigjährige Verjährungsfrist


(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,1.Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,2.Herausgabeansprüche

Baugesetzbuch - BBauG | § 133 Gegenstand und Entstehung der Beitragspflicht


(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht f

Baugesetzbuch - BBauG | § 127 Erhebung des Erschließungsbeitrags


(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften. (2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind 1. die öffentli

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 70


(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. (2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über d

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 917 Notweg


(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der

Baugesetzbuch - BBauG | § 125 Bindung an den Bebauungsplan


(1) Die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 setzt einen Bebauungsplan voraus. (2) Liegt ein Bebauungsplan nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Absatz 4 bis 7 bezeichneten Anfo

Baugesetzbuch - BBauG | § 131 Maßstäbe für die Verteilung des Erschließungsaufwands


(1) Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage ist auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Mehrfach erschlossene Grundstücke sind bei gemeinsamer Aufwandsermittlung in einer Erschließungse

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 19 Grundflächenzahl, zulässige Grundfläche


(1) Die Grundflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des Absatzes 3 zulässig sind. (2) Zulässige Grundfläche ist der nach Absatz 1 errechnete Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen An

Baugesetzbuch - BBauG | § 242 Überleitungsvorschriften für die Erschließung


(1) Für vorhandene Erschließungsanlagen, für die eine Beitragspflicht auf Grund der bis zum 29. Juni 1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, kann auch nach diesem Gesetzbuch kein Beitrag erhoben werden. (2) Soweit am 29. Juni 1961 zur

Baugesetzbuch - BBauG | § 128 Umfang des Erschließungsaufwands


(1) Der Erschließungsaufwand nach § 127 umfasst die Kosten für 1. den Erwerb und die Freilegung der Flächen für die Erschließungsanlagen;2. ihre erstmalige Herstellung einschließlich der Einrichtungen für ihre Entwässerung und ihre Beleuchtung;3. die

Baugesetzbuch - BBauG | § 129 Beitragsfähiger Erschließungsaufwand


(1) Zur Deckung des anderweitig nicht gedeckten Erschließungsaufwands können Beiträge nur insoweit erhoben werden, als die Erschließungsanlagen erforderlich sind, um die Bauflächen und die gewerblich zu nutzenden Flächen entsprechend den baurechtlich

Baugesetzbuch - BBauG | § 130 Art der Ermittlung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands


(1) Der beitragsfähige Erschließungsaufwand kann nach den tatsächlich entstandenen Kosten oder nach Einheitssätzen ermittelt werden. Die Einheitssätze sind nach den in der Gemeinde üblicherweise durchschnittlich aufzuwendenden Kosten vergleichbarer E

Baugesetzbuch - BBauG | § 132 Regelung durch Satzung


Die Gemeinden regeln durch Satzung 1. die Art und den Umfang der Erschließungsanlagen im Sinne des § 129,2. die Art der Ermittlung und der Verteilung des Aufwands sowie die Höhe des Einheitssatzes,3. die Kostenspaltung (§ 127 Absatz 3) und4. die Merk

Bundesfernstraßengesetz - FStrG | § 9 Bauliche Anlagen an Bundesfernstraßen


(1) Längs der Bundesfernstraßen dürfen nicht errichtet werden 1. Hochbauten jeder Art in einer Entfernung bis zu 40 Meter bei Bundesautobahnen und bis zu 20 Meter bei Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 26 Landschaftsschutzgebiete


(1) Landschaftsschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist1.zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaush

Baugesetzbuch - BBauG | § 134 Beitragspflichtiger


(1) Beitragspflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheids Eigentümer des Grundstücks ist. Ist das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, so ist der Erbbauberechtigte anstelle des Eigentümers beitragspflichtig. Is

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 5 Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft


(1) Bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist die besondere Bedeutung einer natur- und landschaftsverträglichen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft für die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft zu berücksichtigen. (2

Baugesetzbuch - BBauG | § 180 Sozialplan


(1) Wirken sich Bebauungspläne, städtebauliche Sanierungsmaßnahmen, städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen oder Stadtumbaumaßnahmen voraussichtlich nachteilig auf die persönlichen Lebensumstände der in dem Gebiet wohnenden oder arbeitenden Menschen aus

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 09. März 2017 - 9 A 122/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 09. März 2017 - 9 A 122/14 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 15. Apr. 2015 - 9 C 19/14

bei uns veröffentlicht am 15.04.2015

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Schmutzwasseranschlussbeitrag. 2

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 20. März 2014 - 4 C 11/13

bei uns veröffentlicht am 20.03.2014

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten um die Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge. 2

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 05. März 2013 - 1 BvR 2457/08

bei uns veröffentlicht am 05.03.2013

Tenor 1. Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom

Referenzen

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

Tenor

1. Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 775) ist mit Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes) unvereinbar. Ersetzt der Gesetzgeber Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes nicht bis zum 1. April 2014 durch eine verfassungsgemäße Neuregelung, tritt Nichtigkeit der Vorschrift ein.

2. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Mai 2008 - 20 ZB 08.903 - und das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Februar 2008 - M 10 K 06.2850 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wird aufgehoben und die Sache an ihn zurückverwiesen.

3. ...

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob die Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes (BayKAG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBI S. 775) mit den in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Verfassungsgrundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vereinbar ist.

I.

2

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs setzt das Entstehen einer Beitragspflicht für den Anschluss an leitungsgebundene Einrichtungen neben dem Erschlossensein des Grundstücks durch eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung (sogenannte Vorteilslage) zwingend das Vorliegen einer gültigen Beitragssatzung voraus (vgl. BayVGH, Urteil vom 14. April 2011 - 20 BV 11.133 -, BayVBl 2012, S. 45 <46>; Urteil vom 29. April 2010 - 20 BV 09.2010 -, BayVBl 2011, S. 240; Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, juris). Eine wirksame Satzung ist somit Beitragsentstehungsvoraussetzung. Die Satzung muss nach Art. 5 Abs. 8 BayKAG nicht bereits im Zeitpunkt des Entstehens der Vorteilslage in Kraft sein. Es genügt vielmehr, wenn sie nach deren Entstehung in Kraft tritt.

3

2. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung führt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b BayKAG in Verbindung mit § 47 der Abgabenordnung (AO) zum Erlöschen der Ansprüche aus dem Abgabenschuldverhältnis. Die Festsetzungsfrist, nach deren Ablauf der Erlass eines Beitragsbescheids unzulässig ist, beträgt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb Spiegelstrich 2 BayKAG in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 AO einheitlich vier Jahre.

4

3. Durch das am 31. Dezember 1992 verkündete Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBI S. 775) wurde der Beginn der Festsetzungsfrist mit Wirkung zum 1. Januar 1993 neu geregelt. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc BayKAG erhielt folgende Fassung:

5

Art. 13

Anwendung von Vorschriften der Abgabenordnung (AO 1977)

(1) Soweit gesetzlich nicht anders bestimmt, sind in ihrer jeweils geltenden Fassung vorbehaltlich Absatz 6 folgende Bestimmungen der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden:

(…)

4. aus dem Vierten Teil - Durchführung der Besteuerung -

(…)

b) über das Festsetzungs- und Feststellungsverfahren:

(…)

cc) § 170 Abs. 1 mit der Maßgabe,

- dass die Festsetzungsfrist dann, wenn die Forderung im Zeitpunkt des Entstehens aus tatsächlichen Gründen noch nicht berechnet werden kann, erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Berechnung möglich ist und

- dass im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die gültige Satzung bekanntgemacht worden ist, (…).

6

Die in Bezug genommene Vorschrift des § 170 Abs. 1 AO lautet:

7

Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

8

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 1 BayKAG entspricht der bis dahin geltenden Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BayKAG vom 26. März 1974 (GVBl S. 109, ber. 252) in der Fassung vom 4. Februar 1977 (GVBl S. 82). Mit dem Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 wurde Spiegelstrich 2 neu in die gesetzliche Regelung eingefügt.

9

4. Der Gesetzgeber beabsichtigte hiermit ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs eine gesetzliche Klarstellung (LTDrucks 12/8082, S. 13). Bisher sei es in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs umstritten gewesen, ob in den Fällen, in denen eine nichtige Satzung rückwirkend durch eine gültige Satzung ersetzt werde, die Festsetzungsfrist mit dem Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens der Satzung (so BayVGH 6. Senat, Urteil vom 26. März 1984 - 6 B 82 A.1075 -, BayGT 1985, S. 60) oder erst mit Ablauf des Jahres zu laufen beginne, in dem die rückwirkende Satzung bekanntgemacht worden sei (so BayVGH 23. Senat, Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A.1967 -, BayVBl 1985, S. 656 <658>). Mit der Einfügung einer weiteren Maßgabe in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BayKAG werde die den Bedürfnissen der Praxis entgegen kommende Auffassung des 23. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gesetzlich klargestellt. Nach der gegenteiligen Ansicht könne nämlich eine rückwirkend entstandene Forderung gleichzeitig festsetzungsverjährt sein, wenn sich die Rückwirkungsfrist über die Verjährungsfrist hinaus erstrecke.

II.

10

1. Der Beschwerdeführer war von 1992 bis 1996 Eigentümer eines bereits an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossenen bebauten Grundstücks. Bei einer Ortsbesichtigung im Jahr 1992 stellte die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die Gemeinde, in der das Grundstück gelegen ist (im Folgenden: Beklagte), fest, dass das Dachgeschoss des Gebäudes ausgebaut worden war.

11

Mit Bescheid vom 5. April 2004 zog sie den Beschwerdeführer erstmals auf der Grundlage ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 5. Mai 2000 zu einem Kanalherstellungsbeitrag in Höhe von 1.197,32 € heran. Der Herstellungsbeitrag wurde gemäß § 5 Abs. 1 dieser Beitrags- und Gebührensatzung nach der Grundstücks- und Geschossfläche berechnet. Die Satzung war zur Heilung einer als nichtig beurteilten Vorgängersatzung rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft gesetzt worden.

12

Während des Widerspruchsverfahrens erwies sich auch die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 als unwirksam. Die Beklagte erließ daraufhin die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. April 2005 und setzte sie rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft. Diese Satzung wurde am 26. April 2005 im Amtsblatt der Beklagten bekannt gemacht.

13

2. Die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid und den Widerspruchsbescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Zwar seien die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000, auf die der Bescheid gestützt worden sei, sowie auch sämtliche Vorgängersatzungen aus den Jahren 1995, 1992, 1987, 1980, 1973 und 1960 in den Beitragsteilen nichtig gewesen. Eine wirksame Rechtsgrundlage für den Bescheid sei aber mit der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 geschaffen worden. Auf der Grundlage dieser Satzung sei die Beitragsschuld für die bislang nicht veranlagte Geschossflächenmehrung erstmals am 1. April 1995 entstanden. Der Beschwerdeführer sei als zu diesem Zeitpunkt ins Grundbuch eingetragener Grundstückseigentümer Beitragsschuldner. Eine Verjährung der Beitragsforderung sei nicht eingetreten, da nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG in Verbindung mit § 170 Abs. 1 AO im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die vierjährige Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginne, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden sei.

14

Der Beschwerdeführer könne hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, diese Regelung verstoße gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und müsse daher, insbesondere im Fall eines zwischenzeitlichen Eigentümerwechsels, abweichend von ihrem Wortlaut einschränkend ausgelegt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bestünden gegen Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Ersichtliches Ziel des Gesetzgebers sei es gewesen, die Gemeinden im Falle nichtigen Satzungsrechts vor Beitragsausfällen infolge Verjährungseintritts zu bewahren. Im Übrigen sei keiner der jetzigen oder ehemaligen Grundstückseigentümer in seiner Erwartung geschützt, von der Nichtigkeit früheren Satzungsrechts profitieren zu können; denn ein abgeschlossener Beitragstatbestand liege nicht vor. Welchen der Eigentümer die Beitragspflicht treffe, hänge von der Bestimmung des Zeitpunkts der Rückwirkung ab. Sei dieser - wie im vorliegenden Fall - ohne Verstoß gegen das Willkürverbot gewählt, bestehe kein Grund für eine rechtliche Beanstandung.

15

3. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Beitragsanspruch zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids nicht verjährt gewesen sei. Die Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Gesetzgeber habe hiermit eine Regelung getroffen, die der bis dahin ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs entsprochen habe (Hinweis auf BayVGH, Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A.1967 -, BayVBl 1985, S. 656 <658>). Die Norm enthalte nach Inhalt, Zweck und Ausmaß eine klare Aussage über den Lauf der Festsetzungsfrist, gegen die durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestünden. Eine unzulässige echte Rückwirkung liege schon deshalb nicht vor, weil kein abgeschlossener Beitragstatbestand gegeben sei. Denn bei leitungsgebundenen Einrichtungen setze die Entstehung einer Beitragspflicht nach ständiger Rechtsprechung das Vorhandensein einer gültigen Abgabensatzung voraus. Eine wirksame Abgabensatzung habe erstmals im Jahr 2005 vorgelegen. Soweit der Beschwerdeführer geltend mache, die rückwirkende Inkraftsetzung einer Abgabensatzung müsse wenigstens zeitlich auf die einschlägigen Verjährungsvorschriften beschränkt werden, lasse er außer Acht, dass nur eine bereits entstandene Beitragsforderung verjähren könne. Bei fehlgeschlagenem Satzungsrecht müsse ein bisher nicht veranlagter Beitragspflichtiger damit rechnen, zu einem späteren Zeitpunkt herangezogen zu werden. Er könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.

III.

16

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Rechte aus Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 1 GG.

17

1. Die in den angegriffenen Entscheidungen vorgenommene uneingeschränkte Anwendung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG auf rückwirkend in Kraft gesetzte Satzungen verstoße wegen der damit verbundenen echten Rückwirkung gegen die aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit. Es sei geboten, die Rückwirkung einer Satzung durch Festsetzungsfristen zu begrenzen. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung dürfe nicht beliebig hinausgeschoben werden. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG sei im Fall des rückwirkenden Inkraftsetzens einer Satzung entweder nicht anzuwenden oder verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Verjährung rückwirkend zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung beginne.

18

2. Die Ausgangsgerichte hätten Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil sie ihm nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt hätten. Er habe mit der verwaltungsgerichtlichen Klage geltend gemacht, dass der Beitragsanspruch wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung erloschen sei. Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte beginne die Festsetzungsfrist nur zu laufen, wenn eine wirksame Beitragssatzung vorliege. Die Beklagte und die Gerichte in den angegriffenen Entscheidungen hätten sich darauf berufen, dass sämtliche Satzungen, die der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 vorausgingen, nichtig gewesen seien, was durch diverse Entscheidungen der Verwaltungsgerichte bereits geklärt worden sei. Er habe deshalb die Vorlage dieser Entscheidungen außergerichtlich und schließlich auch vor dem Verwaltungsgericht begehrt. Die maßgeblichen Entscheidungen seien ihm jedoch nicht vollständig zugänglich gemacht worden. Ihm sei es deshalb nicht möglich gewesen, zur Frage der Nichtigkeit sämtlicher Satzungen ausreichend Stellung zu nehmen.

IV.

19

Die Beklagte, die Bayerische Staatsregierung und der Deutsche Städte- und Gemeindebund haben ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen.

20

1. Die Beklagte ist der Auffassung, die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig. Der Beschwerdeführer habe eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht hinreichend dargelegt. Darüber hinaus sei der Rechtsweg nicht erschöpft, weil der Beschwerdeführer keine Anhörungsrüge erhoben habe.

21

Die Verfassungsbeschwerde sei im Übrigen nicht begründet. Der Beschwerdeführer könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn ein Vertrauen darauf, dass eine als nichtig erkannte Regelung aufrechterhalten bleibe und nicht durch eine neue, rückwirkende Satzung ersetzt werde, sei nicht schützenswert. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer sein Grundstück veräußert habe, bedeute nicht, dass dadurch ein für seine Beitragspflicht maßgeblicher Tatbestand abgeschlossen sei und er in der Folge nicht mehr zur Beitragszahlung herangezogen werden dürfe. Er habe vielmehr den für die Entstehung der Beitragspflicht maßgeblichen Vorteil der Möglichkeit der Anschlussnahme entgegengenommen und mit dem Grundstücksverkauf nicht verloren. Dieser Vorteil habe den Wert seines Grundstücks erhöht mit der Folge, dass er für das Grundstück einen höheren Kaufpreis habe erzielen können.

22

2. Die Bayerische Staatsregierung hält Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG für verfassungsgemäß. Die Ersetzung einer als nichtig erkannten durch eine wirksame Beitragssatzung stelle keinen Fall einer echten, sondern allenfalls einer unechten Rückwirkung dar. Es sei kein abgeschlossener Lebenssachverhalt gegeben, in den nachträglich eingegriffen worden sei. Denn die Beitragsentstehung setze das Vorliegen einer gültigen Beitragssatzung voraus. Ohne diese sei eine Berechnung des Beitrags in Ermangelung eines Beitragsmaßstabs nicht möglich.

23

Das Vertrauen des Beschwerdeführers wäre selbst bei Annahme einer echten Rückwirkung nicht schutzwürdig, weil er damit habe rechnen müssen, dass eine vorhandene, aber als nichtig erkannte Satzung durch eine gültige Satzung ersetzt werde, mit der die von Anfang an von der Gemeinde angestrebte Beitragspflicht herbeigeführt werde. Es seien keine Umstände erkennbar, die ein Vertrauen darauf rechtfertigten, dass die Gemeinde es bei einer nichtigen Beitragssatzung belassen und auf eine Beitragserhebung verzichten würde.

24

Eine zeitliche Beschränkung der Rückwirkung auf die Festsetzungsfristen sei aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht geboten. Der bayerische Gesetzgeber habe mit Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG eine Lösung gewählt, die sowohl die Gemeinden vor Beitragsausfällen aufgrund des Eintritts der Festsetzungsverjährung bewahre als auch dem Vorteilsgedanken Rechnung trage. Die Gemeinden würden nach Erlass der gültigen Satzung erstmals in die Lage versetzt, Beiträge nach den Maßstäben dieser gültigen Satzung korrekt festzusetzen und die öffentliche Einrichtung auf der Grundlage rechtsstaatlicher Regelungen zu refinanzieren. Bei Abwägung des öffentlichen Interesses mit den privaten Interessen der betroffenen Beitragspflichtigen überwiege das öffentliche Interesse. Ein Grundstückseigentümer müsse damit rechnen, zu einem Beitrag herangezogen zu werden. Sein Vertrauen darauf, dass eine nichtige Satzung nicht durch eine gültige Satzung ersetzt werde, sei nicht schutzwürdig. Verjährungsvorschriften dienten der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Im vorliegenden Fall liege kein Vorgang vor, auf dessen Abschluss der Bürger sich einstellen und auf dessen Ende er vertrauen könne. Da dem Beitragspflichtigen kein schützenswertes Vertrauen zur Seite stehe, komme dem öffentlichen Interesse an der Beitragserhebung das entscheidende Gewicht zu.

25

3. Das Bundesverwaltungsgericht teilt mit, es sei mit der Frage nach dem Lauf der Festsetzungsfrist bei der rückwirkenden "Reparatur" nichtiger Abgabennormen bisher nur am Rande befasst gewesen. Nach seiner gefestigten Rechtsprechung sei es allerdings mit dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar, kommunale Anschluss- und Erschließungsbeitragssatzungen rückwirkend in Kraft zu setzen, um früher erlassene, auf eine nichtige Vorgängersatzung gestützte Beitragsbescheide zu heilen (Hinweis auf BVerwGE 50, 2 <7 f.>; 67, 129 <130 ff.>; BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 1996 - BVerwG 8 B 13.96 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 36, S. 3 <4>). Werde eine ungültige durch eine gültige Satzung ersetzt, liege darin keine echte Rückwirkung, da eine Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der rechtswirksamen Beitragssatzung entstehen könne und diese Satzung somit nicht in einen bereits abgeschlossenen Tatbestand eingreife (Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 1986 - BVerwG 8 B 123.84 -, NVwZ 1986, S. 483 <484>).

26

Die Festsetzungsverjährung sei im Abgabenrecht der Länder geregelt (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1977 - BVerwG IV C 84-92.74 -, Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 20, S. 20<25> sowie NJW 1977, S. 1740 <1741>). Die Anknüpfung der Verjährung an die rückwirkende Entstehung der Beitragspflicht stehe mit Bundesrecht in Einklang. Die Frage der bundesrechtlichen Unbedenklichkeit einer Anknüpfung an die Verkündung der neuen Satzung sei in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht weiter problematisiert worden.

27

Gegen die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG getroffene Regelung bestünden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Das rückwirkende Inkrafttreten der neuen Satzung habe zwar zur Folge, dass bereits zu einem zurückliegenden Zeitpunkt (frühestens zum Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens) die Beitragsvoraussetzungen erfüllt sein könnten. Es sei aber kein verfassungsrechtlicher Grundsatz ersichtlich, der dazu zwinge, die Festsetzungsverjährung in Rückwirkungsfällen an das Entstehen der Beitragsforderung anzuknüpfen. Da die Behörde erst mit der Verkündung der neuen Satzung in den Stand versetzt werde, einen rechtlich tragfähigen Beitragsbescheid zu erlassen, beziehungsweise erst mit der Verkündung ein auf die frühere nichtige Satzung gestützter Beitragsbescheid geheilt werde, sprächen Sachgründe für den im Bayerischen Kommunalabgabengesetz gewählten zeitlichen Anknüpfungspunkt der Festsetzungsverjährung. Die Regelung verstoße daher nicht gegen das Willkürverbot.

28

Mit den aus dem Rechtsstaatsprinzip ableitbaren Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit dürfte die Regelung gleichfalls in Einklang stehen. Das Institut der Festsetzungsverjährung diene dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit (Hinweis auf BFH, Urteil vom 15. Juni 1988 - I R 68/86 -, BFH/NV 1990, S. 128). Die Anknüpfung des Verjährungsbeginns an die Verkündung der neuen Satzung führe zwar dazu, dass ein sehr langer Zeitraum zwischen dem die Beitragsforderung begründenden Sachverhalt und dem Ablauf der Verjährungsfrist liegen könne. Es sei aber zu bedenken, dass die mit der Festsetzungsverjährung verfolgten Ziele in einem Spannungsverhältnis zu dem Belang materieller Gerechtigkeit und dem fiskalischen Interesse an der Durchsetzung des Abgabenanspruchs stünden. Für die Aufgabe, zwischen den Polen in diesem Spannungsverhältnis einen verhältnismäßigen Ausgleich zu schaffen, sei dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Gehe man mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass der Beitragspflichtige sich gegenüber dem rückwirkenden Inkraftsetzen einer neuen Beitragssatzung nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, und berücksichtige man zusätzlich die besondere Fehleranfälligkeit kommunaler Beitragssatzungen und das daraus resultierende gesteigerte Interesse an einer effektiven Nutzbarkeit der Heilungsmöglichkeiten, dürfte sich die Verjährungsregelung des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes innerhalb dieses Gestaltungsspielraums halten.

29

4. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund weist darauf hin, dass der rückwirkende Erlass einer Satzung, welche die "Reparatur" einer unwirksamen Satzung bezwecke, eine Ausnahme darstelle und im vorliegenden Fall verwaltungspraktische Gründe gehabt habe. Die auf der Grundlage der Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 erlassenen Bescheide wären sonst im Fall eines Eigentümerwechsels bei einem Teil der früheren Eigentümer bestandskräftig geworden und hätten bei nicht bestandskräftigen Bescheiden aufgehoben und gegenüber dem neuen Eigentümer neu erlassen werden müssen. Dadurch wäre es zu Ungleichbehandlungen gekommen. Der rückwirkende Erlass einer Satzung sei in der Praxis auch dann erforderlich, wenn andernfalls die Einbringung von Forderungen, zum Beispiel wegen Insolvenz oder Zwangsversteigerungsverfahren, gefährdet wäre. Eine Rückwirkung erstrecke sich üblicherweise nicht auf einen Zeitraum von zehn Jahren. Dieser lange Zeitraum ergebe sich im vorliegenden Fall daraus, dass die Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 den in der Vorgängersatzung normierten Rückwirkungszeitpunkt beibehalten habe, was einen atypischen, sozusagen "verdoppelten" Rückwirkungszeitraum zur Folge gehabt habe.

B.

30

Die mit der Verfassungsbeschwerde vorgebrachten Rügen sind nur teilweise zulässig.

I.

31

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines grundrechtsgleichen Rechts auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, da sie nicht hinreichend begründet wurde (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Der Beschwerdeführer hat insoweit die Möglichkeit eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht substantiiert dargelegt (vgl. BVerfGE 7, 95 <99>; 60, 313 <318>; 86, 133 <147>).

II.

32

Soweit die Verfassungsbeschwerde einen Verstoß gegen die aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes betrifft, ist sie zulässig.

33

Der Beschwerdeführer war - trotz Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG - nicht gehalten, zur Erschöpfung des Rechtswegs gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG eine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO zu erheben. Wird im fachgerichtlichen Rechtsmittelverfahren die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht und bestätigt das Rechtsmittelgericht die angefochtene Entscheidung, so muss die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts - sofern kein eigenständiger neuer Gehörsverstoß durch das Rechtsmittelgericht geltend gemacht wird - nicht mit der Anhörungsrüge angegriffen werden, um dem Erfordernis der Rechtswegerschöpfung des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zu genügen (vgl. BVerfGE 107, 395 <410 f.>).

C.

34

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet. Die mittelbar angegriffene Regelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBl S. 775) sowie die hierauf beruhenden, unmittelbar angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen verstoßen gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit.

I.

35

1. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG verletzt im vorliegenden Fall nicht die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Zulässigkeit rückwirkender Gesetze.

36

Der rechtsstaatliche Vertrauensschutz begrenzt die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die in einen in der Vergangenheit begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt eingreifen (vgl. BVerfGE 95, 64 <86 f.>; 101, 239 <263>; 126, 369 <393>).

37

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG selbst entfaltet dem Beschwerdeführer gegenüber keine Rückwirkung. Die Vorschrift regelt den Beginn der Verjährungsfrist für die Festsetzung von Beiträgen, die auf Abgabensatzungen gestützt sind, welche eine frühere unwirksame Satzung wirksam heilen. Bei ihrem Inkrafttreten zum 1. Januar 1993 lag eine solche wirksam heilende Satzung im Fall des Beschwerdeführers noch nicht vor und wurde auch später nicht rückwirkend zum oder vor dem 1. Januar 1993 in Kraft gesetzt, so dass die Verjährungsfrist unabhängig von der Neuregelung noch nicht zu laufen begonnen hatte. Solange der Lauf der Verjährungsfrist mangels gültiger Satzung nicht begonnen hat, betrifft die gesetzliche Neuregelung des Beginns der Verjährung mit der Wirkung einer Verjährungsverlängerung jedoch noch nicht einmal einen in der Vergangenheit begonnenen und nicht abgeschlossenen Sachverhalt.

38

Die vor dem Inkrafttreten der Neuregelung bereits bestehende Vorteilslage begründet für den Beschwerdeführer ebenfalls keinen bereits begonnenen Sachverhalt, in den die Neuregelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG im Wege einer Rückwirkung eingegriffen hätte. Denn die Neuregelung beschränkt sich auf das Hinausschieben des Beginns der Verjährung. Eine solche konnte ohne wirksame Satzung aber nicht zu laufen beginnen.

39

2. Sollte der Beschwerdeführer mit Rücksicht auf die unwirksame Satzung auf den Schein eines Verjährungslaufs vertraut haben, so kann dahinstehen, ob und in welchem Zusammenhang das Vertrauen in den scheinbaren Beginn der Festsetzungsfrist verfassungsrechtlichen Schutz verdient. Nach den Feststellungen der Ausgangsgerichte hätte die Festsetzungsfrist selbst bei Wirksamkeit der unwirksamen Satzung frühestens mit Ablauf des Jahres 1992 begonnen. Das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes wurde aber bereits am 31. Dezember 1992 und damit sogar noch vor dem scheinbaren Beginn der Festsetzungsfrist verkündet.

II.

40

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG verstößt jedoch gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gebot der Rechtssicherheit als wesentlichem Bestandteil des in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzips (vgl. BVerfGE 30, 392 <403>; 43, 242 <286>; 60, 253 <267>). Er erlaubt, Beiträge zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage festzusetzen. Der Gesetzgeber hat damit den Ausgleich zwischen der Erwartung der Beitragspflichtigen auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung und dem berechtigten öffentlichen Interesse an einem finanziellen Beitrag für die Erlangung individueller Vorteile aus dem Anschluss an die Entwässerungsanlage verfehlt und in verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbarer Weise einseitig zu Lasten der Beitragsschuldner entschieden.

41

1. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz gewährleisten im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seinen Vollzug (vgl. BVerfGE 60, 253 <267 f.>; 63, 343 <357>; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, DStR 2012, S. 2322 <2325>). Die Bürgerinnen und Bürger sollen die ihnen gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>; 63, 215 <223>). Dabei knüpft der Grundsatz des Vertrauensschutzes an ihr berechtigtes Vertrauen in bestimmte Regelungen an. Er besagt, dass sie sich auf die Fortwirkung bestimmter Regelungen in gewissem Umfang verlassen dürfen. Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet darüber hinaus aber unter bestimmten Umständen Rechtssicherheit auch dann, wenn keine Regelungen bestehen, die Anlass zu spezifischem Vertrauen geben, oder wenn Umstände einem solchen Vertrauen sogar entgegenstehen. Es schützt in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Als Elemente des Rechtsstaatsprinzips sind Rechtssicherheit und Vertrauensschutz eng miteinander verbunden, da sie gleichermaßen die Verlässlichkeit der Rechtsordnung gewährleisten.

42

2. Für die Auferlegung einer Beitragspflicht zum Vorteilsausgleich in Anknüpfung an zurückliegende Tatbestände ist die Regelung einer Verjährung als abschließende Zeitgrenze, bis zu der Beiträge geltend gemacht werden können, verfassungsrechtlich geboten. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann.

43

a) Ausdruck der Gewährleistung von Rechtssicherheit sind auch Verjährungsregelungen. Sie sollen sicherstellen, dass Einzelne nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr mit Forderungen überzogen werden. Die Verjährung von Geldleistungsansprüchen der öffentlichen Hand soll einen gerechten Ausgleich zwischen dem berechtigten Anliegen der Allgemeinheit an der umfassenden und vollständigen Realisierung dieser Ansprüche auf der einen Seite und dem schutzwürdigen Interesse der Bürgerinnen und Bürger auf der anderen Seite bewirken, irgendwann nicht mehr mit einer Inanspruchnahme rechnen zu müssen und entsprechend disponieren zu können. Während das staatliche Interesse an der vollständigen Durchsetzung von Geldleistungspflichten vornehmlich von den Grundsätzen der richtigen Rechtsanwendung und der materiellen Gerechtigkeit (Belastungsgleichheit) sowie von fiskalischen Erwägungen getragen wird, steht dem auf Seiten der Bürger das Prinzip der Rechtssicherheit gegenüber.

44

Dabei ist es den Verjährungsregelungen eigen, dass sie ohne individuell nachweisbares oder typischerweise vermutetes, insbesondere ohne betätigtes Vertrauen greifen. Sie schöpfen ihre Berechtigung und ihre Notwendigkeit vielmehr aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit, demzufolge Einzelne auch gegenüber dem Staat die Erwartung hegen dürfen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen hat.

45

b) Auch für die Erhebung von Beiträgen, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, ist der Gesetzgeber verpflichtet, Verjährungsregelungen zu treffen oder jedenfalls im Ergebnis sicherzustellen, dass diese nicht unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Die Legitimation von Beiträgen liegt - unabhängig von der gesetzlichen Ausgestaltung ihres Wirksamwerdens - in der Abgeltung eines Vorteils, der den Betreffenden zu einem bestimmten Zeitpunkt zugekommen ist (vgl. BVerfGE 49, 343 <352 f.>; 93, 319 <344>). Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge. Zwar können dabei die Vorteile auch in der Zukunft weiter fortwirken und tragen nicht zuletzt deshalb eine Beitragserhebung auch noch relativ lange Zeit nach Anschluss an die entsprechende Einrichtung. Jedoch verliert der Zeitpunkt des Anschlusses, zu dem der Vorteil, um dessen einmalige Abgeltung es geht, dem Beitragspflichtigen zugewendet wurde, deshalb nicht völlig an Bedeutung. Der Bürger würde sonst hinsichtlich eines immer weiter in die Vergangenheit rückenden Vorgangs dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen muss. Dies ist ihm im Lauf der Zeit immer weniger zumutbar. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet vielmehr, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss.

46

c) Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Einzelnen an Rechtssicherheit durch entsprechende Gestaltung von Verjährungsbestimmungen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es dem Gesetzgeber jedoch, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt.

47

3. Der Gesetzgeber hat in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG den erforderlichen Ausgleich zwischen Rechtssicherheit auf der einen Seite und Rechtsrichtigkeit und Fiskalinteresse auf der anderen Seite verfehlt. Dadurch, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG den Verjährungsbeginn bei der Heilung ungültiger Abgabensatzungen ohne zeitliche Obergrenze auf den Ablauf des Kalenderjahres festlegt, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden ist, löst der Gesetzgeber den Interessenkonflikt einseitig zu Lasten des Bürgers. Zwar schließt er damit die Verjährung von Beitragsansprüchen nicht völlig aus. Indem er den Verjährungsbeginn jedoch ohne zeitliche Obergrenze nach hinten verschiebt, lässt er die berechtigte Erwartung des Bürgers darauf, geraume Zeit nach Entstehen der Vorteilslage nicht mehr mit der Festsetzung des Beitrags rechnen zu müssen, gänzlich unberücksichtigt. Die Verjährung kann so unter Umständen erst Jahrzehnte nach dem Eintritt einer beitragspflichtigen Vorteilslage beginnen.

48

Der Beitragspflicht können die Bürgerinnen und Bürger im Regelfall nicht durch den Einwand der Verwirkung entgehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. August 2011 - BVerwG 3 B 36.11 -, BeckRS 2011, 53777; Beschluss vom 12. Januar 2004 - BVerwG 3 B 101.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 314) und des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH, Urteil vom 8. Oktober 1986 - II R 167/84 -, BFHE 147, 409 <412>) erfordert Verwirkung nicht nur, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts längere Zeit verstrichen ist. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen. Diese Voraussetzung dürfte selbst in den Fällen der Beitragserhebung nach scheinbarem Ablauf der Festsetzungsfrist regelmäßig nicht erfüllt sein.

D.

I.

49

Die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Vorschrift führt in der Regel zu ihrer Nichtigkeit (§ 95 Abs. 3 Satz 2 BVerfGG). Hier kommt zunächst jedoch nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht, da dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen (vgl. BVerfGE 130, 240 <260 f.>; stRspr).

50

Es bleibt ihm überlassen, wie er eine bestimmbare zeitliche Obergrenze für die Inanspruchnahme der Beitragsschuldner gewährleistet, die nach Maßgabe der Grundsätze dieses Beschlusses der Rechtssicherheit genügt. So könnte er etwa eine Verjährungshöchstfrist vorsehen, wonach der Beitragsanspruch nach Ablauf einer auf den Eintritt der Vorteilslage bezogenen, für den Beitragsschuldner konkret bestimmbaren Frist verjährt. Er könnte auch das Entstehen der Beitragspflicht an die Verwirklichung der Vorteilslage anknüpfen oder den Satzungsgeber verpflichten, die zur Heilung des Rechtsmangels erlassene wirksame Satzung rückwirkend auf den Zeitpunkt des vorgesehenen Inkrafttretens der ursprünglichen nichtigen Satzung in Kraft zu setzen, sofern der Lauf der Festsetzungsverjährung damit beginnt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Mai 1999 - 15 A 2880/96 -, NVwZ-RR 2000, S. 535 <536 f.>). Er kann dies mit einer Verlängerung der Festsetzungsfrist, Regelungen der Verjährungshemmung oder der Ermächtigung zur Erhebung von Vorauszahlungen auch in Fällen unwirksamer Satzungen verbinden (zur derzeitigen Rechtslage gemäß Art. 5 Abs. 5 BayKAG vgl. BayVGH, Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, BayVBl 1985, S. 211; Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 128 ).

II.

51

Der angegriffene Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen. Die Unvereinbarkeitserklärung führt dazu, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG von Gerichten und Verwaltungsbehörden nicht mehr angewendet werden darf (vgl. BVerfGE 111, 115 <146>). Laufende Gerichts- und Verwaltungsverfahren, in denen Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG entscheidungserheblich ist, bleiben bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens aber bis zum 1. April 2014, ausgesetzt oder sind auszusetzen.

52

Die Aussetzung gibt dem Gesetzgeber Gelegenheit zu einer verfassungsgemäßen Neuregelung. Verzichtet er auf eine Sonderregelung des Beginns der Festsetzungsfrist, tritt zum 1. April 2014 Nichtigkeit ein. Dann wäre es Aufgabe der Verwaltungsgerichte, das Landesrecht entsprechend verfassungskonform auszulegen (vgl. etwa für den Fall des rückwirkenden Inkraftsetzens heilender Satzungen BayVGH 6. Senat, Urteil vom 26. März 1984 - 6 B 82 A.1075 -, BayGT 1985, S. 60).

III.

53

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Schmutzwasseranschlussbeitrag.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Gemarkung B., Flur ..., Flurstück ..., das bereits vor der Wiedervereinigung an die zentrale Schmutzwasserentsorgung angeschlossen war. Der Beklagte übernahm mit seiner Gründung 1991 die Abwasserentsorgungseinrichtung. Nachdem frühere Beitragssatzungen an durchgreifenden Rechtsfehlern gelitten hatten, zog er auf der Grundlage seiner - ersten wirksamen - Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Abwasserentsorgung vom 3. Dezember 2004 die Klägerin mit Bescheid vom 19. April 2006 zu einem Beitrag für die Herstellung der öffentlichen Einrichtung für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung in Höhe von 9 091,82 € heran. Die nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhobene Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung seines Urteils im Wesentlichen ausgeführt, die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143) aufgestellten Grundsätze über die zeitliche Befristung der Festsetzung von Abgaben zum Vorteilsausgleich seien auf die Erhebung von Abwasseranschlussbeiträgen nicht übertragbar. Auch Eigentümern bereits angeschlossener Grundstücke sei erstmalig nach der Wiedervereinigung der rechtlich gesicherte Vorteil geboten worden, ihr Schmutzwasser mittels einer öffentlichen Einrichtung entsorgen zu können. In die Beitragskalkulation zur Abgeltung dieses Vorteils flössen zudem nur sog. "Nachwendeinvestitionen" ein. Darauf, ob diese die vom klägerischen Grundstück in Anspruch genommenen Anlagenteile erfassten, komme es nicht an; ausreichend sei vielmehr, dass die betreffenden Maßnahmen der erstmaligen Herstellung der Gesamtanlage dienten.

3

Mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend, die Rechtsprechung der Vorinstanzen sowie die zugrundeliegenden landesrechtlichen Vorschriften ermöglichten eine zeitlich unbegrenzte Heranziehung zu Beiträgen; dies sei mit Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit unvereinbar. Da ihr Grundstück bereits zu DDR-Zeiten an die Abwasserbeseitigung angeschlossen gewesen sei, könne sie nicht zu einem Herstellungsbeitrag herangezogen werden. Die Gründung des Beklagten sei kein wirtschaftlicher Vorteil; eine beitragsfähige Verbesserung oder Erweiterung der Einrichtung, die unmittelbar ihrem Grundstück zugutegekommen sei, habe der Beklagte nicht dargelegt. Das vom Berufungsgericht bemühte Gesamtanlagenkonzept trage nicht, wenn - wie vorliegend - kein zusammenhängendes Kanalisationsnetz und keine gemeinsam genutzte Kläranlage existierten; insoweit sei das Urteil auch überraschend. Fehle es damit an einem Vorteil, so handele es sich bei dem vermeintlichen Beitrag um eine verkappte Steuer, für deren Erlass dem Beklagten die Zuständigkeit fehle.

4

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 1. April 2014 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 13. Juni 2013 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 19. April 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 2006 aufzuheben.

5

Der Beklagte verteidigt die angefochtenen Urteile und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

6

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren. Er verneint einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gebot der Rechtssicherheit.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Zwar verstößt das angefochtene Urteil insoweit gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit, als es entgegen dem gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG bindenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143) ausführt, der vorgenannte Grundsatz setze der Heranziehung zu Anschlussbeiträgen für die Schmutzwasserbeseitigung keine von den Umständen des Einzelfalls unabhängige zeitliche Grenze. Es stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

8

1. Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Rechtssicherheit schützt davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Er verpflichtet deshalb den Gesetzgeber sicherzustellen, dass Beiträge, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, unabhängig von einem Vertrauen des Vorteilsempfängers und ungeachtet der Fortwirkung des Vorteils zeitlich nicht unbegrenzt festgesetzt werden können. Im Rahmen des danach zu schaffenden Ausgleichs zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann, kommt dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet aber, die Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung einer Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 42 ff.).

9

Die vorgenannten Grundsätze gelten für das gesamte Beitragsrecht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2014 - 4 C 11.13 - BVerwGE 149, 211 Rn. 16 f.; OVG Münster, Urteil vom 30. April 2013 - 14 A 213/11 - juris Rn. 36; VGH München, Urteil vom 14. November 2013 - 6 B 12.704 - BayVBl. 2014, 241 <242>; Driehaus, KStZ 2014, 181 <182>; Schmitt, KommJur 2013, 367 <369, 371>). Sie sind damit entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auf die Erhebung von Anschlussbeiträgen nach dem Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern - KAG M-V - anwendbar. Die hiergegen von den Vorinstanzen vorgebrachten Einwände beziehen sich ausnahmslos auf Umstände, denen das Bundesverfassungsgericht bei seiner gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG bindenden Auslegung von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG entweder von vornherein keine oder eine gegenüber dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit nachrangige Bedeutung beigemessen hat. Namentlich die Besonderheit des der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden bayerischen Landesrechts, demzufolge Grundstückseigentümer auch nach Übertragung des Eigentums zu Beiträgen herangezogen werden können, hat in den Entscheidungsgründen keine Berücksichtigung gefunden. Dementsprechend hat das Gericht einen Verzicht auf diese Regelung nicht als Möglichkeit zur Beseitigung des verfassungswidrigen Zustands in Erwägung gezogen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 50). Darüber hinaus hat es ausdrücklich festgestellt, dass der verfassungsrechtlich gebotenen zeitlichen Begrenzung der Heranziehung zu Beiträgen weder ein fehlendes Vertrauen des Bürgers auf seine Nichtberücksichtigung noch das Fortwirken des Vorteils entgegensteht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 a.a.O. Rn. 44 f.).

10

2. Dies zugrunde gelegt, genügt § 9 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V dem Grundsatz der Rechtssicherheit nicht. Danach entsteht die sachliche Beitragspflicht frühestens mit dem In-Kraft-Treten der ersten wirksamen Satzung. Gemäß § 12 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 KAG M-V i.V.m. § 169 Abs. 2, § 170 AO beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsschuld entstanden ist. Kann somit ohne eine wirksame Satzung eine Beitragsschuld nicht entstehen und diese deshalb auch nicht verjähren, so setzt das Landesrecht der Erhebung von Beiträgen, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, keine bestimmte zeitliche Höchstgrenze, falls die maßgeblichen Satzungen - wie hier - zunächst nichtig waren und erst später durch rechtswirksame Satzungen ersetzt worden sind. Es lässt damit in diesen Fällen entgegen dem verfassungsrechtlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit das berechtigte Interesse des Bürgers, in zumutbarer Zeit Klarheit darüber zu gewinnen, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss, völlig unberücksichtigt.

11

3. Allerdings mussten Grundstückseigentümer aufgrund von § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V bis zum Ablauf des 31. Dezember 2008 mit ihrer Heranziehung zu Anschlussbeiträgen zur leitungsgebundenen Abwasserentsorgung rechnen. Der Landesgesetzgeber hat damit dem Grundsatz der Rechtssicherheit zwar nur unvollständig, aber dennoch so weit Rechnung getragen, dass die Träger kommunaler Entsorgungseinrichtungen bis zu diesem Zeitpunkt Herstellungsbeiträge erheben konnten.

12

Da das Berufungsgericht die Anwendbarkeit der vorgenannten Vorschrift offen gelassen hat, kann sie der erkennende Senat gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 563 Abs. 4 ZPO selbständig auslegen, obwohl sie nicht zum revisiblen Bundesrecht i.S.d. § 137 Abs. 1 VwGO gehört (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2002 - 4 CN 4.01 - BVerwGE 116, 296 <300> m.w.N.). Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V endete die Festsetzungsfrist bei der Erhebung eines Anschlussbeitrags nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V frühestens mit Ablauf des 31. Dezember 2008. Hiermit wollte der Gesetzgeber den beitragserhebenden Körperschaften mehr Zeit einräumen, um der sog. Altanschließerproblematik Rechnung tragen zu können (vgl. LT-Drs. 4/1576 S. 77; Abg. Müller, PlProt vom 9. März 2005 S. 2984 f. und Abg. Schulz, ebd. S. 2987). Obschon die Vorschrift unmittelbar nur Anwendung findet, wenn eine wirksame Beitragssatzung bestand und deshalb ein Ablauf der Festsetzungsfrist vor dem Stichtag in Betracht kam, lässt sich ihr erst recht auch für Fälle, in denen - wie vorliegend - noch keine wirksame Beitragssatzung bestand, der Wille des Gesetzgebers entnehmen, eine Beitragserhebung jedenfalls bis zum 31. Dezember 2008 zu ermöglichen (ebenso zum brandenburgischen Landesrecht OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 27. Mai 2013 - 9 S 75.12 - juris Rn. 29 und vom 16. Juli 2014 - 9 N 69.14 - juris Rn. 22 f., Urteil vom 14. November 2013 - 9 B 34.12 - juris Rn. 60 f.; hierzu BVerwG, Beschluss vom 11. September 2014 - 9 B 22.14 - juris Rn. 35).

13

Verschaffte § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V dem Beitragsschuldner mithin bis zu diesem Stichtag die - vom Gebot der Belastungsklarheit und –vorhersehbarkeit geforderte - Gewissheit darüber, dass er noch zu einem Beitrag herangezogen werden konnte, so verstößt das Landesrecht allerdings weiterhin insoweit gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, als es damit nur eine Mindest-, nicht aber eine zeitliche Höchstgrenze für eine Beitragserhebung festlegt. Jedenfalls für Beiträge, die nach dem Kommunalabgabengesetz erhoben werden, dürfte zur Bestimmung der erforderlichen Höchstgrenze auch ein Rückgriff auf die 30-jährige Verjährungsfrist des § 53 Abs. 2 VwVfG M-V - sowohl im Wege der Analogie (so für Erschließungsbeiträge VGH München, Urteil vom 14. November 2013 - 6 B 12.704 - BayVBl. 2014, 241 <242>) als auch vermittelt über den Grundsatz von Treu und Glauben (so für sanierungsrechtliche Ausgleichsbeiträge BVerwG, Urteil vom 20. März 2014 - 4 C 11.13 - BVerwGE 149, 211 Rn. 28, 31 ff.) - ausscheiden. Denn es ist Aufgabe des Gesetzgebers, in Wahrnehmung seines weiten Gestaltungsspielraums einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen einerseits der Allgemeinheit an der Beitragserhebung und andererseits der Beitragspflichtigen an einer zeitlich nicht unbegrenzten Inanspruchnahme zu schaffen (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 42). Mit diesem Gestaltungsauftrag ist - nicht zuletzt angesichts der Vielzahl der vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigten, jedoch gerade nicht den Verweis auf die Höchstverjährungsfrist einschließenden Lösungsmöglichkeiten wie auch der Unterschiedlichkeit der in einzelnen Ländern erlassenen und zudem deutlich kürzeren Ausschlussfristen - der schematische Rückgriff auf § 53 Abs. 2 VwVfG M-V wohl unvereinbar, zumal die Vorschrift gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG M-V nicht für Verfahren gilt, die - wie vorliegend - nach den Vorschriften der Abgabenordnung durchzuführen sind. Einer verfassungskonformen Auslegung des § 9 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V dahingehend, dass eine zur Heilung eines Rechtsmangels erlassene Beitragssatzung rückwirkend zu dem Zeitpunkt in Kraft gesetzt werden muss, zu dem die ursprünglich nichtige Beitragssatzung in Kraft treten sollte (so zu § 22 Abs. 1 SächsKAG: OVG Bautzen, Beschluss vom 25. April 2013 - 5 A 478/10 - juris Rn. 8 ff., sowie zu § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG NW: OVG Münster, Urteil vom 18. Mai 1999 - 15 A 2880/96 - NVwZ-RR 2000, 535 <536 f.>), steht schließlich der Wortlaut der Vorschrift wie auch § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V entgegen.

14

Bezieht sich die verbleibende Ungewissheit mithin nur auf die Frage, ab welchem Zeitpunkt der Bürger nicht mehr mit einer Inanspruchnahme rechnen muss, so lässt der hierin liegende Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG die in § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V getroffene Übergangsregelung unberührt. Auch wenn diese in erster Linie dem Interesse der beitragserhebenden Körperschaften diente, trug sie doch dazu bei, dass die hiervon betroffenen Beitragsschuldner über die Möglichkeit der Beitragserhebung nicht "dauerhaft im Unklaren" (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 45) waren, sondern vielmehr die Gewissheit hatten, dass sie jedenfalls bis zum Ablauf der darin genannten Frist mit der Heranziehung zu Anschlussbeiträgen rechnen mussten. Zudem unterliegt es - entsprechend dem Rechtsgedanken des § 139 BGB (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Mai 1993 - 2 BvF 2/90 u.a. - BVerfGE 88, 203 <333>) - angesichts der gesetzgeberischen Intention, einen zeitlichen Spielraum für die Lösung insbesondere der sog. Altanschließerproblematik zu schaffen, keinem Zweifel, dass der Gesetzgeber, wäre er sich der Notwendigkeit einer weitergehenden Regelung bewusst gewesen, eine gesetzliche Ausschlussfrist nicht vor dem 31. Dezember 2008 hätte enden lassen. Damit wirkt sich der Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit erst auf den Zeitraum nach Ablauf der vorgenannten Übergangsfrist und folglich nicht auf Bescheide aus, die zuvor erlassen wurden.

15

4. Die Zeitdauer zwischen dem Eintritt der Vorteilslage und der Heranziehung zu Beiträgen bis zum 31. Dezember 2008 war für die Vorteilsempfänger zumutbar.

16

Bei dem Begriff des Vorteils handelt es sich um einen landesrechtlichen und damit - vorbehaltlich verfassungsrechtlicher Bindungen - nicht revisiblen Begriff (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. April 2012 - 9 BN 1.12 - juris Rn. 16). Hierzu hat das Berufungsgericht festgestellt, der beitragsrechtliche Vorteil sei auch Eigentümern von tatsächlich schon zu DDR-Zeiten angeschlossenen Grundstücken erst in dem Zeitpunkt zugeflossen, in dem ihnen mit den jeweiligen öffentlichen Entsorgungseinrichtungen erstmals und frühestens unter dem grundlegend neuen Rechtsregime nach der Wiedervereinigung der rechtlich gesicherte Vorteil geboten worden sei, ihr Schmutzwasser mittels einer öffentlichen Einrichtung entsorgen zu können. Dies begegnet angesichts der weiteren Feststellung des Berufungsgerichts, dass Herstellungsbeiträge nur für nach der Wiedervereinigung entstandene Aufwendungen - und somit nicht doppelt - erhoben werden dürfen, keinen bundesrechtlichen Bedenken. Insbesondere steht Bundesverfassungsrecht dieser Auslegung - auch unter Berücksichtigung der Bindungswirkung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143) - nicht entgegen. Zwar schützt danach das Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 a.a.O. Rn. 41). Indes bedeutet dies nicht, dass maßgeblicher Zeitpunkt ausnahmslos bereits derjenige des tatsächlichen Anschlusses an das Abwassersystem ist. Die Bestimmung der ab dem Eintritt der Vorteilslage zu bemessenden Ausschlussfrist muss nicht nur die Erwartung des Begünstigten auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung, sondern auch das öffentliche Interesse an einem finanziellen Beitrag für die Erlangung individueller Vorteile aus dem Anschluss an die Anlage berücksichtigen (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 a.a.O. Rn. 40). Hieraus folgt, dass es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts um eine beitragsrelevante Vorteilslage handeln muss. Die Annahme des Berufungsgerichts, mit der Umgestaltung der Rechtsordnung und der Neugründung einer kommunalen - und damit erstmals kommunalabgabenrechtlich relevanten - Abwasserentsorgung im Jahr 1990 sei mit Blick auf den zukünftigen Ausbau der Einrichtung erstmalig eine Vorteilslage entstanden, stimmt damit überein.

17

Die demnach rund 18-jährige Zeitspanne, innerhalb derer gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V die Erhebung von Anschlussbeiträgen für die Schmutzwasserbeseitigung jedenfalls möglich war, überschreitet die Grenze des verfassungsrechtlich Zumutbaren nicht. Insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143) nicht entschieden, schon eine 12-jährige Dauer verletze den Grundsatz der Rechtssicherheit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. September 2014 - 9 B 22.14 - juris Rn. 37). Der Verfassungsbeschwerde wurde nicht wegen der im konkreten Fall zwischen der Vorteilserlangung und der beitragsrechtlichen Heranziehung verstrichenen Zeit, sondern deshalb stattgegeben, weil das bayerische Landesrecht überhaupt keine zeitliche Grenze für die Abgabenerhebung bestimmte. Für deren Festlegung steht dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 46). Angesichts der besonderen Herausforderungen der Wiedervereinigung, welche nicht nur durch einen vollständigen Wechsel des Rechtsregimes, sondern auf kommunaler Ebene zusätzlich durch eine Vielzahl von gleichzeitig und mit beschränkten kommunalen Ressourcen zu bewältigenden Aufgaben wie einem grundlegenden Verwaltungsumbau, der Herstellung kommunaler Strukturen einschließlich der notwendigen Rechtsgrundlagen sowie der Instandhaltung, Sanierung und Fortentwicklung der Infrastruktur geprägt waren, wahrt § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V die Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens.

18

5. Widerspricht mithin die Heranziehung zu Abwasserbeiträgen bis zum 31. Dezember 2008 nicht dem Gebot der Rechtssicherheit, so ist der angefochtene Bescheid auch nicht aus anderen Gründen rechtswidrig.

19

a) Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob das Berufungsgericht seiner Prüfung die Beitrags- und Gebührensatzung des Beklagten vom 3. Dezember 2004, statt in ihrer ursprünglichen, in der erst während des laufenden gerichtlichen Verfahrens in Kraft getretenen Fassung vom 9. Dezember 2013 zugrunde legen durfte. Zwar berücksichtigt die letztgenannte Fassung die Vereinigung der vormals fünf getrennten öffentlichen Einrichtungen zu einer Einrichtung, die mit der am 1. Januar 2008 - und somit nach Entstehung der Beitragsschuld - in Kraft getretenen Dritten Änderungssatzung zur Abwasserentsorgungssatzung des Beklagten vom 21. Mai 2001 - AES - erfolgte. Hierdurch erhöhte sich aber der Beitragssatz nur für die in der vormaligen Zone III gelegenen Grundstücke, nicht jedoch für die Grundstücke, die - wie dasjenige der Klägerin - der Zone IV angehörten.

20

b) Deren Einwand, an den Anlagenteilen, die von ihrem Grundstück aus genutzt würden, seien keine Maßnahmen durchgeführt oder geplant worden, welche die Heranziehung zu einem Herstellungsbeitrag rechtfertigten, wohingegen Verbesserungen anderer Anlagenteile, die mit dem für die Abwasserentsorgung ihres Grundstücks erforderlichen Anlagenteil nicht leitungsmäßig verbunden seien, keinen wirtschaftlichen Vorteil für sie bedeuteten, begründet keinen Verstoß gegen Bundesrecht.

21

Insoweit hat das Berufungsgericht das nicht revisible Landesrecht dahingehend ausgelegt, dass es dem Beklagten unabhängig von einer leitungsmäßigen Verbindung oder der gemeinsamen Nutzung einzelner Anlagenteile ein Organisationsermessen einräumt, ob er die Abwasseranlagen als eine oder als mehrere Einrichtungen betreibt. Dem landesrechtlichen Vorteilsbegriff werden bundesrechtlich durch den Gleichheitssatz und das Äquivalenzprinzip nur sehr weite Grenzen gezogen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. September 1995 - 8 C 16.94 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 35 S. 2, Beschlüsse vom 30. April 1996 - 8 B 31.96 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 37 S. 5 f. und vom 24. April 2012 - 9 BN 1.12 - juris Rn. 16). Insbesondere setzt die Annahme eines (Sonder-)Vorteils nicht die Existenz eines "funktionalen Zusammenhangs" zwischen der abgerechneten Anlage und dem beitragsbelasteten Grundstück voraus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 u.a. - NVwZ 2014, 1448 Rn. 54). Danach sind die Grenzen dieses Ermessens erst überschritten, wenn die zu einer Anlage zusammengefassten, technisch voneinander unabhängigen Teile in ihrer Arbeitsweise und in ihren Arbeitsergebnissen so unterschiedlich sind, dass ihre Vergleichbarkeit schlechterdings ausgeschlossen und ihre Zusammenfassung daher willkürlich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 1978 - 7 B 118.78 u.a. - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 40 S. 46; OVG Münster, Urteil vom 17. November 1975 - 2 A 203/74 - juris Rn. 3, 15 f.; OVG Lüneburg, Urteil vom 24. Mai 1989 - 9 L 3/89 - NVwZ-RR 1990, 507 f.; OVG Schleswig, Urteil vom 24. September 2008 - 2 LB 2/08 - juris Rn. 33 f.). Anhaltspunkte für eine derartige Verschiedenheit der Anlagenteile hat die Klägerin weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich; insbesondere gehören Grundstückskläranlagen und abflusslose Gruben - die mit einer zentralen Schmutzwasserbeseitigung nicht vergleichbar sind und daher nicht mit dieser zusammengefasst werden können (OVG Schleswig, Urteil 24. Oktober 2001 - 2 L 29/00 - juris Rn. 45 f.) - gemäß § 2 Abs. 4 AES nicht zu den öffentlichen Abwasseranlagen, für welche die Klägerin zu Beiträgen herangezogen wird.

22

c) Des Weiteren verstößt die dem Bescheid zugrundeliegende Globalkalkulation nicht gegen revisibles Recht. Zum Kommunalabgabenrecht des Landes hat das Berufungsgericht ausgeführt, die Globalkalkulation beinhalte Prognosen, weshalb Pauschalierungen und Schätzungen zulässig seien; eine "millimetergenaue" Ermittlung von Aufwand und Flächen sei daher von vornherein ausgeschlossen. Zu dem von der Klägerin erhobenen Einwand, die Berechnung sei fehlerhaft, weil sie zu Unrecht Aufwendungen in der Gemeinde Z. berücksichtige, hat das Berufungsgericht auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen, denen zufolge nicht ersichtlich ist, dass die betreffende Prognose bereits bei der Kalkulationserstellung unzutreffend gewesen ist, und denen zufolge sich das Vorhaben aufgrund des Anteils von nur 1,12 v.H. der Gesamtherstellungskosten und wegen des gedeckelten Beitragssatzes nicht auf dessen Höhe ausgewirkt hat. Dies lässt keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen.

23

d) Eine Verletzung des vom Eigentumsgrundrecht umfassten (vgl. Senatsurteil vom 25. Mai 2011 - 9 A 15.10 - ZfB 2011, 188 Rn. 18) Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch die Erhebung von Schmutzwasseranschlussbeiträgen scheidet - ungeachtet der Frage, ob sich die Klägerin als im (Mit-)Eigentum kommunaler Gebietskörperschaften stehende juristische Person des Privatrechts auf Art. 14 GG berufen kann (hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 7. Juni 1977 - 1 BvR 108/73 u.a. - BVerfGE 45, 63 <79 f.> und vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82 <105>; BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2013 - 7 A 4.12 - BVerwGE 147, 184 Rn. 22) - bereits deshalb aus, weil die Abgabenpflicht grundstücksbezogen ist, sich mithin nicht gegen den Betrieb als solchen richtet, und es daher an der Betriebsbezogenheit des Eingriffs (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2012 - I ZR 187/10 - BGHZ 192, 204 Rn. 31) fehlt.

24

6. Schließlich erweist sich das angefochtene Urteil nicht als verfahrensfehlerhaft.

25

Der Einwand, das Berufungsgericht habe gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen, indem es die Globalkalkulation der Beklagten keiner vollständigen Überprüfung unterzogen habe, verkennt, dass Kalkulationen von Abgabensätzen gerichtlich in aller Regel nur insoweit zu überprüfen sind, als substantiierte Einwände dagegen erhoben wurden (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. April 2002 - 9 CN 1.01 - BVerwGE 116, 188 <197>). Derartige Einwände hat die Klägerin nur hinsichtlich der kalkulatorischen Berücksichtigung der Kläranlage in Z. geltend gemacht; diese hat das Verwaltungsgericht geprüft, ist ihnen jedoch in der Sache nicht gefolgt. Damit hat sich die Klägerin im Berufungsverfahren ebenso wenig substantiiert auseinandergesetzt wie mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur rechnerischen Behandlung unbebauter und nicht an die Kanalisation angeschlossener Grundstücke, sondern hat es bei einer Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags belassen. Dieses wie auch das weitere Vorbringen gegen die Beitragsberechnung erschöpfte sich jedoch in pauschalen Einwänden und in Mutmaßungen. Dass sich dem Berufungsgericht eine weitergehende Ermittlung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen, ist daher weder ersichtlich noch von der Revision dargelegt. Einen Beweisantrag hat die Klägerin nicht gestellt. Deren Einwand, für ein substantiierteres Vorbringen hätten ihr die erforderlichen Informationen gefehlt, berücksichtigt nicht die in § 12 Abs. 4 KAG M-V getroffene Regelung. Danach ist den Beitragspflichtigen auf Verlangen Einsicht in die der Abgabenfestsetzung zugrundeliegenden Kalkulationen zu gewähren, soweit diese Gegenstand der Beschlussfassung u.a. nach § 22 Abs. 3 Nr. 11 KV M-V waren. Da den Verbandsvertretern des Beklagten die gesamten Kalkulationsunterlagen zur Verfügung standen (vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 12. Oktober 2011 - 4 K 31/06 - juris Rn. 45), hätte sich auch die Klägerin die maßgeblichen Informationen verschaffen können.

26

Soweit sie darüber hinaus einen Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs und gegen die Aufklärungspflicht für den Fall rügt, dass das Berufungsgericht das Gesamtanlagenprinzip dahin verstanden hat, dass ein zusammenhängendes Abwasserkanalisationsnetz zwischen allen im Zweckverband zusammengeschlossenen Gemeinden oder ein gemeinsam genutztes Klärwerk existiert, liegt gleichfalls kein Verfahrensfehler vor. Hierauf kam es nach dem materiellen Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts ebenso wenig an wie auf die Frage, ob gerade zu den Liegenschaften der Klägerin neue Anschlussleitungen verlegt oder ob die von dort in Anspruch genommenen Leitungen in einem einer Herstellung gleichkommenden Maße erneuert wurden. Auch insofern bedurfte es daher keiner weiteren Ermittlungen durch das Berufungsgericht.

27

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge.

2

Im Jahre 1978 beschloss der Rat der Beklagten die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets "Südmarkt" im Stadtgebiet der Beklagten. Nach Genehmigung und Bekanntmachung der Sanierungssatzung führte die Beklagte verschiedene Ordnungs- und Sanierungsmaßnahmen durch; im Jahr 1989 schloss sie die letzten Sanierungsmaßnahmen ab. In den Jahren 1989 bis 1992 rechnete die Beklagte gegenüber dem Regierungspräsidenten Düsseldorf die für die Sanierung erhaltenen Zuwendungen ab; der Schlussverwendungsnachweis datiert vom 11. März 1992; mit Schreiben vom 15. Juni 1992 erklärte der Regierungspräsident das Modellvorhaben Südmarkt I (städtebaulicher Teil) haushalts- bzw. zuwendungsrechtlich für abgeschlossen.

3

Im Juni 2006 beschloss die Beklagte die Aufhebung der Sanierungssatzung, Ende Juni 2006 wurde die Aufhebungssatzung bekannt gemacht.

4

Der Kläger ist Wohnungseigentümer im Geltungsbereich des (ehemaligen) Sanierungsgebiets "Südmarkt". Mit Bescheid vom 25. Mai 2010 zog ihn die Beklagte nach vorheriger Anhörung zur Zahlung eines sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrags in Höhe von 1 216,80 € heran. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Klage.

5

Das Verwaltungsgericht hob den angefochtenen Bescheid auf. Die Voraussetzungen für die Erhebung von Ausgleichsbeträgen lägen aus drei selbständig tragenden Gründen nicht vor. Zunächst habe die Aufhebungssatzung wegen formeller Mängel nicht zu einem Abschluss der Sanierung im Sinne des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB geführt (1). Unabhängig davon sei der Abschluss der Sanierung nicht mit der - ohnehin unwirksamen - Aufhebungssatzung, sondern schon wesentlich früher eingetreten, weil die Sanierungssatzung spätestens im Jahr 1992 funktionslos geworden sei mit der Folge, dass die Erhebung des Ausgleichsbetrags spätestens seit dem Jahr 1997 festsetzungsverjährt sei (2). Zuletzt halte auch die Ermittlung der konkreten Ausgleichsbeträge einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand (3).

6

Mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Berufung wandte sich die Beklagte ausschließlich gegen den Entscheidungsgrund zu 2. Sie beantragte, das angegriffene Urteil zu ändern und der Klage nicht wegen Festsetzungsverjährung stattzugeben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Diese sei zwar zulässig, aber unbegründet. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht angenommen, dass bei Erlass des Bescheides bereits Festsetzungsverjährung eingetreten gewesen sei. Die Festsetzungsfrist betrage vier Jahre und beginne mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist. Entstanden sei die Abgabe hier spätestens Ende 1992, so dass die Festsetzungsfrist bereits Ende des Jahres 1996 abgelaufen sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die Sanierungssatzung im Jahr 1992 nicht aufgehoben worden sei. Zwar sei nach § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Ausgleichsbetrag "nach Abschluss der Sanierung (§§ 162 und 163 BauGB) zu entrichten". Daraus ergebe sich, dass insofern nur die förmliche Aufhebung der Sanierungssatzung gemäß § 162 BauGB bzw. die förmliche Erklärung der Abgeschlossenheit der Sanierung für das jeweilige Grundstück gemäß § 163 BauGB maßgeblich seien. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift sowie Bedürfnisse der Rechtssicherheit bestätigten diesen Befund. Wann die Sanierung tatsächlich abgeschlossen sei, sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts daher unerheblich. Dieser Rechtsprechung könne jedoch, soweit es um die Auslösung der Festsetzungsfrist gehe, aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht mehr für alle Fallkonstellationen und so auch hier gefolgt werden. Denn sie führe dazu, dass die Gemeinde durch den pflichtwidrigen Nichterlass der Aufhebungssatzung das Entstehen des Ausgleichsbetragsanspruchs unbegrenzt verhindern könne und damit der Eintritt der Festsetzungsverjährung in ihr Belieben gestellt wäre. Dies sei nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit unvereinbar. Dieses gebiete, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen könne, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen müsse. Diese zu Kanalanschlussbeiträgen ergangene Rechtsprechung finde auch auf sanierungsrechtliche Ausgleichsbeträge Anwendung. Die erforderliche Rechtssicherheit ergebe sich nicht daraus, dass die betroffenen Eigentümer gemäß § 163 Abs. 1 Satz 2 BauGB die grundstücksbezogene Erklärung der Abgeschlossenheit der Sanierung oder gemäß § 154 Abs. 3 Satz 3 BauGB die vorzeitige Festsetzung des Ausgleichsbetrags beantragen könnten. Auch die Überleitungsvorschrift des § 235 Abs. 4 BauGB regele lediglich eine Pflicht zur Aufhebung der Sanierungssatzung, löse aber nicht die Festsetzungsfrist aus. Damit sei § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB in der bisherigen Auslegung mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar. Gleichwohl sei eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht zulässig. Denn die Vorschrift könne für den Fall, dass die Gemeinde entgegen ihrer Rechtspflicht die Sanierungssatzung nicht aufhebe, verfassungskonform so ausgelegt werden, dass die abstrakte Ausgleichsbetragsforderung in dem Zeitpunkt entstehe, in dem die Sanierungssatzung nach § 162 Abs. 1 BauGB hätte aufgehoben werden müssen. Das sei hier bereits im Jahre 1992 der Fall gewesen, weil in diesem Jahr teils die Sanierung vollständig durchgeführt gewesen, teils die Sanierungsabsicht aufgegeben worden sei. Da der angegriffene Bescheid somit bereits wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung rechtswidrig sei, könne dahingestellt bleiben, ob die vom Verwaltungsgericht angenommenen weiteren Rechtswidrigkeitsgründe vorliegen und ob das Berufungsgericht diese prüfen darf.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision wegen Divergenz zugelassen, die Beklagte hat von dem zugelassenen Rechtsmittel Gebrauch gemacht.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision (1) ist im Ergebnis unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt zwar Bundesrecht (2); die Entscheidung selbst stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (3).

9

1. Die Revision ist zulässig.

10

Im Revisionsverfahren hat die Beklagte zuletzt ohne Einschränkung beantragt, die vorinstanzlichen Urteile aufzuheben und die Klage abzuweisen. Eine unzulässige Beschränkung des Streitgegenstandes (vgl. hierzu z.B. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 139 Rn. 36) liegt damit nicht vor.

11

In dem einschränkungslos formulierten Revisionsantrag liegt auch keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageerweiterung (§ 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO), denn dem Umstand, dass die Beklagte ihren Antrag in der Berufungsinstanz darauf beschränkt hatte, "das angegriffene Urteil zu ändern und der Klage nicht wegen Festsetzungsverjährung stattzugeben", hat das Oberverwaltungsgericht (UA S. 7 f.) ausdrücklich nur als Problem der Berufungsbegründung (§ 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO) Bedeutung beigemessen. Von einer Beschränkung des Streitgegenstandes in der Berufungsinstanz ist es ersichtlich nicht ausgegangen.

12

2. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts (UA S. 17), § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB sei hinsichtlich des Beginns der vierjährigen Frist für die Festsetzung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge verfassungskonform dahin auszulegen, dass für den Fall einer rechtswidrig verzögerten Aufhebung der Sanierungssatzung nicht - wie in § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB vorgesehen - an den förmlichen "Abschluss der Sanierung" durch Aufhebung der Sanierungssatzung (§ 162 BauGB) anzuknüpfen, sondern der Zeitpunkt maßgeblich sei, "in dem die Sanierungssatzung nach § 162 Abs. 1 BauGB hätte aufgehoben worden sein müssen", steht mit Bundesrecht nicht im Einklang.

13

a) Das Oberverwaltungsgericht (UA S. 9) hat § 155 Abs. 5 BauGB i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b KAG NRW i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 AO die Regelung entnommen, dass die Festsetzung eines sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrags nicht mehr zulässig ist, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist; nach § 169 Abs. 2 Satz 1, § 170 Abs. 1 AO beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre; sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist.

14

Wann die sanierungsrechtliche Ausgleichsabgabe entstanden ist, beantwortet § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB mit der Regelung, dass der Ausgleichsbetrag "nach Abschluss der Sanierung (§§ 162 und 163 BauGB) zu entrichten" ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (zuletzt Beschluss vom 12. April 2011 - BVerwG 4 B 52.10 - ZfBR 2011, 477 = BauR 2011, 1308 = BRS 78 Nr. 215 = juris Rn. 5 m.w.N.) ist der Begriff des Abschlusses der Sanierung förmlich zu verstehen. Die Pflicht zur Zahlung des Ausgleichsbetrags entsteht mit der rechtsförmlichen Aufhebung der Sanierungssatzung gemäß § 162 Abs. 1 BauGB (oder - hier nicht von Interesse - mit der Erklärung der Gemeinde gemäß § 163 BauGB, dass die Sanierung für ein Grundstück abgeschlossen ist). Zur rechtsförmlichen Aufhebung der Sanierungssatzung ist die Gemeinde unter den in § 162 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BauGB genannten Voraussetzungen zwar verpflichtet. Weder der Zeitablauf noch eine unzureichend zügige Förderung der Sanierung haben für sich genommen jedoch zur Folge, dass die Sanierungssatzung automatisch außer Kraft tritt (Urteil vom 20. Oktober 1978 - BVerwG 4 C 48.76 - Buchholz 406.15 § 50 StBauFG Nr. 1). Die an § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB anknüpfende vierjährige Festsetzungsfrist beginnt folglich erst mit Ablauf des Jahres zu laufen, in dem die Sanierungssatzung rechtsförmlich aufgehoben worden ist. Das gilt nach bisheriger Rechtsprechung des Senats auch dann, wenn die Gemeinde die Aufhebung der Sanierungssatzung rechtswidrig unterlässt, obwohl die Voraussetzungen der Aufhebung vorliegen.

15

b) Die Anknüpfung der landesrechtlich geregelten Festsetzungsverjährung an die rechtsförmliche Aufhebung der Sanierungssatzung darf mit Blick auf das rechtsstaatliche Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit allerdings nicht zur Folge haben, dass es die Gemeinde in der Hand hat, durch rechtswidriges Unterlassen der Aufhebung der Sanierungssatzung den Eintritt der Festsetzungsverjährung auf Dauer oder auf unverhältnismäßig lange Zeit zu verhindern.

16

Das Rechtsstaatsprinzip verlangt in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit Regelungen, die sicherstellen, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an der Erhebung von Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann. Das hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (NVwZ 2013, 1004) im Rahmen einer Urteilsverfassungsbeschwerde gegen die Heranziehung zu Kanalherstellungsbeiträgen auf der Grundlage des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes (BayKAG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des BayKAG vom 28. Dezember 1992 (GVBl S. 775) entschieden.

17

Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht (UA S. 11 f.) davon ausgegangen, dass diese verfassungsrechtlichen Maßstäbe auch bei der Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge Geltung beanspruchen. Das rechtsstaatliche Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit gilt für alle Fallkonstellationen, in denen eine abzugeltende Vorteilslage eintritt, die daran anknüpfenden Abgaben aber wegen des Fehlens sonstiger Voraussetzungen nicht entstehen und deshalb auch nicht verjähren können (VGH München, Urteil vom 14. November 2013 - 6 B 12.704 - juris Rn. 21). Das ist beim Ausgleichsbetrag nach § 154 Abs. 3 BauGB regelmäßig (siehe aber § 163 BauGB) der Fall, solange die Gemeinde die Sanierungssatzung nicht aufhebt. Auch in diesem Fall darf eine gesetzlich angeordnete Abgabepflicht daher nicht zur Folge haben, dass die Gemeinde die Abgabe zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage festsetzen kann.

18

c) Dem Oberverwaltungsgericht (UA S. 12 ff.) ist ferner darin zuzustimmen, dass dem rechtsstaatlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit nicht durch spezifisch sanierungsrechtliche Instrumente oder Vorkehrungen Rechnung getragen ist.

19

Zu Recht hat sich das Oberverwaltungsgericht auf den Standpunkt gestellt, dass die in § 143 Abs. 2 Satz 2 BauGB vorgeschriebene Eintragung eines Sanierungsvermerks in die Grundbücher der von der Sanierung betroffenen Grundstücke einen Verfassungsverstoß zwar (möglicherweise) unter Vertrauensschutzgesichtspunkten ausschließt, nicht aber unter dem Gesichtspunkt der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit. Dessen Anforderungen ist auch nicht durch § 163 Abs. 1 Satz 2 BauGB Genüge getan, wonach die Gemeinde die Sanierung für ein Grundstück auf Antrag des Eigentümers als abgeschlossen zu erklären hat (vgl. hierzu Urteil vom 21. Dezember 2011 - BVerwG 4 C 13.10 - BVerwGE 141, 302); die damit eröffnete Möglichkeit in der Hand des einzelnen Eigentümers, den Abschluss der Sanierung grundstücksbezogen herbeizuführen, ist kein vollwertiges Surrogat für die in § 162 Abs. 1 BauGB geregelte Pflicht, die Sanierung durch Aufhebung der Sanierungssatzung für das gesamte Sanierungsgebiet abzuschließen. Gleiches gilt für die in § 154 Abs. 3 Satz 3 BauGB getroffene Regelung, dass die Gemeinde auf Antrag des Ausgleichsbetragspflichtigen den Ausgleichsbetrag vorzeitig festsetzen soll, wenn der Pflichtige an der vorzeitigen Festsetzung ein berechtigtes Interesse hat und der Ausgleichsbetrag mit hinreichender Sicherheit ermittelt werden kann; auch mit dieser Antragsmöglichkeit ist dem rechtsstaatlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit nicht hinreichend entsprochen; das gilt vor allem deswegen, weil die vorzeitige Festsetzung etwa im Hinblick auf ungewöhnliche Ermittlungsschwierigkeiten oder einen nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand abgelehnt werden kann ("soll"; vgl. z.B. Kleiber, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand September 2013, § 154 Rn. 200). Die Übergangsvorschrift des § 235 Abs. 4 BauGB schließlich normiert wiederum nur eine Pflicht der Gemeinde, Sanierungssatzungen, die vor dem 1. Januar 2007 bekannt gemacht wurden, spätestens bis zum 31. Dezember 2021 mit den Rechtswirkungen des § 162 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB aufzuheben. Die Regelung ist deshalb ebenfalls kein geeignetes Instrument, den rechtsstaatlichen Anforderungen der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit für den Fall der Nichterfüllung dieser Pflicht Rechnung zu tragen.

20

d) Das Oberverwaltungsgericht (UA S. 10 und 17 ff.) hat sich deshalb zur Vermeidung rechtsstaatswidriger Ergebnisse veranlasst gesehen, der bisherigen Rechtsprechung des Senats zur Auslegung des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht mehr einschränkungslos zu folgen. Für den Fall, dass die Gemeinde - wie hier - ihrer Pflicht zur Aufhebung der Sanierungssatzung nicht oder nicht rechtzeitig nachkomme, sei § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB verfassungskonform so auszulegen, dass die "abstrakte Ausgleichsbetragsforderung" nicht erst mit dem förmlichen Abschluss der Sanierung durch Aufhebung der Sanierungssatzung, sondern bereits "in dem Zeitpunkt entsteht, in dem die Sanierungssatzung nach § 162 Abs. 1 BauGB hätte aufgehoben worden sein müssen". Dieser Standpunkt ist mit Bundesrecht unvereinbar.

21

Das Gebot verfassungskonformer Gesetzesauslegung verlangt, von mehreren möglichen Normdeutungen, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führen, diejenige vorzuziehen, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht (vgl. schon BVerfG, Entscheidung vom 8. März 1972 - 2 BvR 28/71 - BVerfGE 32, 373 <383 f.>; stRspr). Eine Norm ist daher nur dann verfassungswidrig, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist. Auch im Wege der verfassungskonformen Interpretation darf aber der normative Gehalt einer Regelung nicht neu bestimmt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1958 - 1 BvF 1/58 - BVerfGE 8, 71 <78 f.>). Die zur Vermeidung eines Verfassungsverstoßes gefundene Interpretation muss daher eine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige Auslegung sein (BVerfG, Urteil vom 24. April 1985 - 2 BvF 2/83, 2 BvF 3/83, 2 BvF 4/83, 2 BvF 2/84 - BVerfGE 69, 1 <55>). Die Grenzen verfassungskonformer Auslegung ergeben sich damit grundsätzlich aus dem ordnungsgemäßen Gebrauch der anerkannten Auslegungsmethoden. Der Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt (Art. 20 Abs. 2 GG) gebietet es dabei, in den Grenzen der Verfassung das Maximum dessen aufrechtzuerhalten, was der Gesetzgeber gewollt hat. Er fordert eine verfassungskonforme Auslegung der Norm, die durch den Wortlaut des Gesetzes gedeckt ist und die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahrt (BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 1992 - 2 BvR 1041/88, 2 BvR 78/89 - BVerfGE 86, 288 <320>). Die Deutung darf nicht dazu führen, dass das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a. - BVerfGE 128, 326 <400> m.w.N.; Beschlüsse vom 11. Juni 1958 - 1 BvL 149/52 - BVerfGE 8, 28 <34>, vom 11. Juni 1980 - 1 PBvU 1/79 - BVerfGE 54, 277 <299 f.> m.w.N. und vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <274>). Die verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenzen mithin dort, wo sie zum Wortlaut der Norm und zum klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 - 2 BvR 1520/01, 2 BvR 1521/01 - BVerfGE 110, 226 <267> m.w.N.; Beschluss vom 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11, 2 BvR 12 BvR 1279/12 - NJW 2013, 3151 Rn. 77).

22

Mit seiner Auslegung des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB überschreitet das Oberverwaltungsgericht die dargestellten Grenzen zulässiger verfassungskonformer Auslegung, denn diese läuft auf eine Deutung hinaus, die das gesetzgeberische Anliegen in einem zentralen Punkt verfälscht.

23

Das Oberverwaltungsgericht (UA S. 20) hat selbst hervorgehoben, dass es dem Gesetzgeber in § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB darum ging, den "Abschluss der Sanierung" durch den Klammerverweis auf die §§ 162, 163 BauGB förmlich zu markieren. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts soll es aber "allein für den Fall, dass eine Gemeinde entgegen der Vorschrift des § 162 Abs. 1 BauGB pflichtwidrig die Aufhebung der Sanierungssatzung unterlässt, … für die sachliche Abgabepflicht zu einer Ablösung von einem formalen Rechtsakt" kommen. Dass dies dem Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufe, sei - so das Oberverwaltungsgericht - schon deshalb nicht erkennbar, weil der Gesetzgeber "selbstverständlich" davon ausgegangen sei, dass die von ihm normierte Pflicht zur Aufhebung der Sanierungssatzung beachtet wird. Sinn und Zweck des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB, der auf § 162 BauGB Bezug nehme, könne sogar positiv dahingehend verstanden werden, dass ein "Abschluss der Sanierung" im Sinne des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB für die sachliche Abgabepflicht auch vorliege, wenn die Gemeinde entgegen der Vorschrift des § 162 Abs. 1 BauGB die Aufhebung der Sanierungssatzung unterlässt. Nichts sei dafür erkennbar, dass der Gesetzgeber in § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Gemeinde, die pflichtwidrig die Sanierungssatzung nicht aufhebt, aus dieser Pflichtverletzung festsetzungsverjährungsrechtliche Vorteile habe gewähren wollen. Näher liege es, dass der Gesetzgeber den vom pflichtwidrigen Nichterlass der Aufhebungssatzung Betroffenen so habe stellen wollen, wie er nach der gesetzlichen Konzeption ohne die Pflichtwidrigkeit stünde. Diese Auffassung geht fehl.

24

Ihr steht bereits der durch den historischen Gesetzgeberwillen bestätigte eindeutige Wortlaut des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB entgegen. Der Begriff "Abschluss der Sanierung" im Sinne des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB sollte, wie in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BTDrucks 8/2451 S. 37) klar und unmissverständlich zum Ausdruck kommt, durch den einzufügenden Klammerzusatz "auf die §§ 50 und 51 StBauFG (jetzt: §§ 162, 163 BauGB) bezogen werden, die den förmlichen Abschluss regeln". Dem Gesetzgeber ging es also ersichtlich darum, den Abschluss der Sanierung, mit der die Abgabepflicht entsteht, förmlich zu bestimmen.

25

Auch Bedürfnisse der Rechtssicherheit verlangen nach einer förmlichen Markierung des "Abschlusses der Sanierung", wie das Oberverwaltungsgericht (UA S. 10) im Ausgangspunkt selbst eingeräumt hat. Das findet seine Rechtfertigung darin, dass die in § 162 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten Gründe, die zur Aufhebung der Sanierungssatzung verpflichten, auch von einer Willensentscheidung der Gemeinde abhängen. So ist etwa die Beendigung der sanierungsbedingten Baumaßnahmen allein noch kein hinlängliches Zeichen dafür, dass die Sanierung im Sinne des § 162 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB tatsächlich "durchgeführt" ist, solange dieser äußerlich wahrnehmbare Vorgang nicht auch von einem entsprechenden Willen der Gemeinde getragen ist. Ob dieser Wille vorliegt, kann nur die Gemeinde zuverlässig beurteilen, wie das Oberverwaltungsgericht an anderer Stelle (UA S. 14) zutreffend bemerkt hat. Äußerlich wahrnehmbare Hilfstatsachen, wie etwa der Zeitpunkt der Durchführung der letzten baulichen Maßnahmen oder die Abrechnung der Zuwendungen, haben insoweit nur indizielle Bedeutung. Nicht von ungefähr hat sich das Oberverwaltungsgericht (UA S. 22) auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen, dass die letzten baulichen Maßnahmen zur Sanierung im Jahr 1989 durchgeführt und in den Jahren 1989 bis 1992 die für die Sanierung erhaltenen Zuwendungen gegenüber dem Regierungspräsidium abgerechnet worden seien, lediglich zu der Aussage befähigt angesehen, dass die Sanierungssatzung "spätestens" im Jahre 1992 hätte aufgehoben werden müssen. Auch nach Sinn und Zweck des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist deshalb daran festzuhalten, dass es angesichts "unüberwindbarer Schwierigkeiten", ohne eine entsprechende gesetzliche Regelung den Zeitpunkt des Außerkrafttretens auch nur einigermaßen präzise festzulegen, in sämtlichen Fällen des § 162 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BauGB einer ausdrücklichen Entscheidung der Gemeinde über die Aufhebung der Sanierungssatzung bedarf (Beschluss vom 12. April 2011 - BVerwG 4 B 52.10 - juris Rn. 5, 6). Erst dieser formale Rechtsakt führt den "Abschluss der Sanierung" herbei. Alles Andere wäre mit Wortlaut, historischem Gesetzgeberwillen sowie Sinn und Zweck des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB unvereinbar.

26

Gesetzeswortlaut und historischer Gesetzgeberwille enthalten keinen Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der "abstrakten Ausgleichsforderung" bzw. der "sachlichen Abgabepflicht" und nur für den Fall einer pflichtwidrig unterlassenen Aufhebung der Sanierungssatzung auf diesen förmlich markierten Anknüpfungspunkt für den Abschluss der Sanierung verzichten wollte. Dabei geht es - anders als das Oberverwaltungsgericht (UA S. 20) angenommen hat - nicht darum, ob der Gesetzgeber einer Gemeinde, die pflichtwidrig die Sanierungssatzung nicht aufhebt, aus der Pflichtverletzung festsetzungsverjährungsrechtliche Vorteile gewähren wollte. Im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung geht es - anders als bei der richterlichen Rechtsfortbildung, etwa im Wege des Analogieschlusses - auch nicht darum, ob der Gesetzgeber, hätte er das rechtsstaatliche Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit bedacht, für den Fall einer pflichtwidrigen Nichtaufhebung der Sanierungssatzung das Normverständnis des Oberverwaltungsgerichts zugrunde gelegt hätte. Es geht vielmehr darum, ob das Normverständnis des Oberverwaltungsgerichts dem klar erkennbar geäußerten Willen des Gesetzgebers sowie dem Gesetzeszweck entspricht. Diese Frage ist ohne Einschränkung zu verneinen. Der Gesetzgeber hat sich - wie dargestellt - ersichtlich auch aus Gründen der Rechtssicherheit kategorisch auf einen durch die Aufhebung der Sanierungssatzung gemäß § 162 BauGB (oder die grundstücksbezogene Erklärung der Abgeschlossenheit der Sanierung gemäß § 163 BauGB) formal markierten Abschluss der Sanierung festgelegt. Die vom Oberverwaltungsgericht (UA S. 18) angenommenen Differenzierungen zwischen "persönlicher Abgabepflicht" und "abstrakter Ausgleichsbetragsforderung" bzw. "sachlicher Abgabepflicht" sowie zwischen einer rechtmäßigen und einer rechtswidrig unterlassenen Aufhebung der Sanierungssatzung sind in der Vorschrift nicht angelegt. Der Fall einer pflichtwidrigen Nichtaufhebung der Sanierungssatzung ist sowohl nach dem durch den historischen Gesetzgeberwillen bestätigten Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift von § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB erfasst. Während der Gesetzgeber den Abschluss der Sanierung also ohne Ausnahme durch die Aufhebung der Sanierungssatzung förmlich markiert sieht, soll nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für den Fall einer pflichtwidrig unterlassenen Aufhebung der Sanierungssatzung hinsichtlich der "abstrakten Ausgleichsforderung" der Zeitpunkt des tatsächlichen Abschlusses der Sanierung an die Stelle des förmlichen Abschlusses der Sanierung treten. Die normative Festlegung des Gesetzgebers würde mithin für den Fall einer nicht rechtzeitigen Aufhebung der Sanierungssatzung neu bestimmt; das Normverständnis des Oberverwaltungsgerichts liefe somit auf eine Deutung hinaus, die das gesetzgeberische Anliegen in einem zentralen Punkt verfälscht und deshalb die Grenzen zulässiger verfassungskonformer Auslegung überschreitet.

27

Das gilt umso mehr, als das Kriterium des tatsächlichen Abschlusses der Sanierung nicht nur - wovon das Oberverwaltungsgericht (UA S. 19) offensichtlich ausgegangen ist - in dem "atypischen Fall pflichtwidrigen Verhaltens der Gemeinde" an die Stelle des förmlichen Abschlusses der Sanierung durch Aufhebung der Sanierungssatzung treten würde, sondern - konsequent zu Ende gedacht - letztlich auch in allen anderen Fällen zu prüfen wäre. Denn auch in dem Fall, in dem die Gemeinde die Aufhebung der Sanierung pflichtgemäß und rechtzeitig beschließt, müsste das Gericht, um dies feststellen zu können, erst einmal ermitteln, wann die Sanierungsmaßnahmen tatsächlich abgeschlossen waren und die Sanierungssatzung nach § 162 Abs. 1 BauGB deshalb "hätte aufgehoben worden sein müssen". Die Prüfung des tatsächlichen Abschlusses der Sanierung bliebe dem Gericht also in keinem Fall erspart. Das gesetzgeberische Ziel, den Abschluss der Sanierung auch angesichts der "unüberwindbaren Schwierigkeiten, ohne eine entsprechende gesetzliche Regelung den Zeitpunkt des Außerkrafttretens auch nur einigermaßen präzise festzulegen" (Beschluss vom 12. April 2011 a.a.O. Rn. 6), rein formal zu bestimmen, würde damit konterkariert.

28

e) Einer verfassungskonformen Auslegung des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB bedarf es im Übrigen schon deswegen nicht, weil unter Anwendung des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben die Einhaltung des rechtsstaatlichen Gebots der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit und damit die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen über den Ausgleichsbetrag sichergestellt werden kann.

29

Der Grundsatz von Treu und Glauben gehört zu den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts (Urteile vom 14. April 1978 - BVerwG 4 C 6.76 - BVerwGE 55, 337 <339> und vom 16. Mai 2000 - BVerwG 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162 <172> sowie Beschluss vom 5. März 1998 - BVerwG 4 B 3.98 - Buchholz 406.421 Garagen- und Stellplatzrecht Nr. 8). Er bedarf der Konkretisierung, die anhand von Fallgruppen vorgenommen wird. Soweit es - wie bei sanierungsrechtlichen Ausgleichsbeträgen nach § 154 Abs. 1 BauGB - um bundesrechtlich geregelte Abgaben geht, gegen die sich der Einwand von Treu und Glauben richtet, unterliegt er der vollen revisionsgerichtlichen Überprüfung (vgl. Urteil vom 16. Mai 2000 a.a.O. S. 172 f.).

30

Nicht einschlägig ist allerdings die Fallgruppe der Verwirkung. Das hat bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 5. März 2013 (a.a.O. Rn. 44) klargestellt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (z.B. Urteil vom 7. Februar 1974 - BVerwG 3 C 115.71 - BVerwGE 44, 339 <343> m.w.N.) erfordert die Verwirkung nicht nur, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts längere Zeit verstrichen ist. Es müssen auch besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. Im Sanierungsrecht wird - wie ausgeführt - bereits die erforderliche Vertrauensgrundlage wegen der Eintragung eines Sanierungsvermerks in das Grundbuch in aller Regel nicht gegeben sein. Im Übrigen erscheint das Instrument der Verwirkung auch mit Blick auf die weiteren Voraussetzungen (Vertrauenstatbestand, Vermögensdisposition) kaum geeignet, den Bürger vor einer rechtsstaatlich unzumutbaren Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge zu bewahren. Denn das rechtsstaatliche Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit erfordert eine Regelung, die ohne individuell nachweisbares oder typischerweise vermutetes, insbesondere ohne betätigtes Vertrauen greift (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 a.a.O.).

31

Der Geltendmachung eines sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrags, der den betroffenen Eigentümer in dem rechtsstaatlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit verletzt, steht jedoch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen (vgl. hierzu allgemein z.B. Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 242 Rn. 46 ff.; im öffentlichen Recht z.B. Urteil vom 24. Februar 2010 - BVerwG 9 C 1.09 - BVerwGE 136, 126 Rn. 38). Nach dieser Fallgruppe kann die Ausübung eines Rechts unzulässig sein, wenn dem Berechtigten eine Verletzung eigener Pflichten zur Last fällt und die Ausübung des Rechts aufgrund dieser eigenen Pflichtenverletzung treuwidrig erscheint. Wie alle Generalklauseln ist auch der Grundsatz von Treu und Glauben in der Ausprägung der unzulässigen Rechtsausübung Einfallstor für verfassungsrechtliche Wertungen. Der Begriff der Treuwidrigkeit ist deshalb so auszulegen, dass eine Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge, die dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit widerspräche, ausgeschlossen ist.

32

Treuwidrigkeit liegt allerdings nicht bereits dann vor, wenn die Gemeinde die Sanierungssatzung entgegen ihrer Pflicht aus § 162 Abs. 1 BauGB nicht rechtzeitig aufgehoben hat. Treuwidrig ist die Abgabenerhebung vielmehr erst dann, wenn es aufgrund der Pflichtverletzung der Gemeinde unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls nicht mehr zumutbar erscheint, den Bürger mit der Abgabenerhebung zu konfrontieren. Wann das der Fall ist, mag im Einzelfall schwierig zu bestimmen sein. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ist aber handhabbar. Zugrunde zu legen ist ein enger Maßstab. Gegen die Annahme der Treuwidrigkeit kann etwa sprechen, dass sich der politische Willensbildungsprozess in der Gemeinde über die Fortsetzung der Sanierungsmaßnahmen schwierig gestaltete oder dass die Fortführung der Sanierung an finanziellen Engpässen scheiterte.

33

Darüber hinaus kann zur Ausfüllung des Treuwidrigkeitstatbestandes auf die Wertungen allgemeiner Verjährungsvorschriften zurückgegriffen werden. Zu denken ist etwa an die Regelung in § 53 Abs. 2 VwVfG, wonach eine Verjährungsfrist von 30 Jahren zu laufen beginnt, wenn ein Verwaltungsakt zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers unanfechtbar wird. Diese Vorschrift ist zwar auf die Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge nicht unmittelbar anwendbar. Die darin zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers, die Durchsetzbarkeit des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers auf die längste im Zivilrecht vorgesehene Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 197 BGB) zu beschränken (VGH München, Urteil vom 14. November 2013 - 6 B 12.704 - juris Rn. 22 im Anschluss an VG Dresden, Urteil vom 14. Mai 2013 - 2 K 742.11 - juris Rn. 42) und zwar unabhängig vom Entstehen des Anspruchs (vgl. § 199 Abs. 2 und 3 Nr. 2 BGB), kann aber zur Ausfüllung des Treuwidrigkeitstatbestandes übernommen werden.

34

Die Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge ist damit generell ausgeschlossen, wenn seit dem Entstehen der Vorteilslage mehr als 30 Jahre vergangen sind. Aber auch vor Erreichen dieser zeitlichen Höchstgrenze kann die Erhebung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls treuwidrig und deshalb als Rechtsausübung unzulässig sein. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ist dabei eine von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung. Er steht der Erhebung sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge auch dann entgegen, wenn sich der Betroffene hierauf nicht beruft. Den rechtsstaatlichen Anforderungen ist damit insgesamt Genüge getan.

35

3. Ob die Erhebung des sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrags vorliegend tatsächlich wegen unzulässiger Rechtsausübung ausgeschlossen war, kann der Senat offen lassen. Denn die Berufungsentscheidung stellt sich im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

36

Das Verwaltungsgericht (UA S. 9) hat angenommen, dass die Aufhebungssatzung der Beklagten vom 29. Juni 2006 nicht zu einem Abschluss der Sanierung im Sinne des § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB geführt habe, weil sie wegen formeller Mängel unwirksam sei. Das Oberverwaltungsgericht (UA S. 23) hat diese Frage offen gelassen und hierzu auch keine Feststellungen getroffen. Der vom Verwaltungsgericht angenommene Ausfertigungsmangel ist zwischen den Beteiligten aber unstreitig, wie diese im Termin zur mündlichen Verhandlung noch einmal ausdrücklich bestätigt haben. Der Senat kann deshalb von der formellen Unwirksamkeit der Aufhebungssatzung ausgehen. Fehlt es aber an einer wirksamen Aufhebungssatzung, dann mangelt es auch an dem vom § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB vorausgesetzten förmlichen Abschluss der Sanierung, so dass ein Ausgleichsbetrag nicht entstanden ist. Das hat - wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat - zur Folge, dass der angefochtene Abgabenbescheid rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Schmutzwasseranschlussbeitrag.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Gemarkung B., Flur ..., Flurstück ..., das bereits vor der Wiedervereinigung an die zentrale Schmutzwasserentsorgung angeschlossen war. Der Beklagte übernahm mit seiner Gründung 1991 die Abwasserentsorgungseinrichtung. Nachdem frühere Beitragssatzungen an durchgreifenden Rechtsfehlern gelitten hatten, zog er auf der Grundlage seiner - ersten wirksamen - Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Abwasserentsorgung vom 3. Dezember 2004 die Klägerin mit Bescheid vom 19. April 2006 zu einem Beitrag für die Herstellung der öffentlichen Einrichtung für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung in Höhe von 9 091,82 € heran. Die nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhobene Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung seines Urteils im Wesentlichen ausgeführt, die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143) aufgestellten Grundsätze über die zeitliche Befristung der Festsetzung von Abgaben zum Vorteilsausgleich seien auf die Erhebung von Abwasseranschlussbeiträgen nicht übertragbar. Auch Eigentümern bereits angeschlossener Grundstücke sei erstmalig nach der Wiedervereinigung der rechtlich gesicherte Vorteil geboten worden, ihr Schmutzwasser mittels einer öffentlichen Einrichtung entsorgen zu können. In die Beitragskalkulation zur Abgeltung dieses Vorteils flössen zudem nur sog. "Nachwendeinvestitionen" ein. Darauf, ob diese die vom klägerischen Grundstück in Anspruch genommenen Anlagenteile erfassten, komme es nicht an; ausreichend sei vielmehr, dass die betreffenden Maßnahmen der erstmaligen Herstellung der Gesamtanlage dienten.

3

Mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend, die Rechtsprechung der Vorinstanzen sowie die zugrundeliegenden landesrechtlichen Vorschriften ermöglichten eine zeitlich unbegrenzte Heranziehung zu Beiträgen; dies sei mit Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit unvereinbar. Da ihr Grundstück bereits zu DDR-Zeiten an die Abwasserbeseitigung angeschlossen gewesen sei, könne sie nicht zu einem Herstellungsbeitrag herangezogen werden. Die Gründung des Beklagten sei kein wirtschaftlicher Vorteil; eine beitragsfähige Verbesserung oder Erweiterung der Einrichtung, die unmittelbar ihrem Grundstück zugutegekommen sei, habe der Beklagte nicht dargelegt. Das vom Berufungsgericht bemühte Gesamtanlagenkonzept trage nicht, wenn - wie vorliegend - kein zusammenhängendes Kanalisationsnetz und keine gemeinsam genutzte Kläranlage existierten; insoweit sei das Urteil auch überraschend. Fehle es damit an einem Vorteil, so handele es sich bei dem vermeintlichen Beitrag um eine verkappte Steuer, für deren Erlass dem Beklagten die Zuständigkeit fehle.

4

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 1. April 2014 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 13. Juni 2013 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 19. April 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 2006 aufzuheben.

5

Der Beklagte verteidigt die angefochtenen Urteile und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

6

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren. Er verneint einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gebot der Rechtssicherheit.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Zwar verstößt das angefochtene Urteil insoweit gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit, als es entgegen dem gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG bindenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143) ausführt, der vorgenannte Grundsatz setze der Heranziehung zu Anschlussbeiträgen für die Schmutzwasserbeseitigung keine von den Umständen des Einzelfalls unabhängige zeitliche Grenze. Es stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

8

1. Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Rechtssicherheit schützt davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Er verpflichtet deshalb den Gesetzgeber sicherzustellen, dass Beiträge, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, unabhängig von einem Vertrauen des Vorteilsempfängers und ungeachtet der Fortwirkung des Vorteils zeitlich nicht unbegrenzt festgesetzt werden können. Im Rahmen des danach zu schaffenden Ausgleichs zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann, kommt dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet aber, die Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung einer Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 42 ff.).

9

Die vorgenannten Grundsätze gelten für das gesamte Beitragsrecht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2014 - 4 C 11.13 - BVerwGE 149, 211 Rn. 16 f.; OVG Münster, Urteil vom 30. April 2013 - 14 A 213/11 - juris Rn. 36; VGH München, Urteil vom 14. November 2013 - 6 B 12.704 - BayVBl. 2014, 241 <242>; Driehaus, KStZ 2014, 181 <182>; Schmitt, KommJur 2013, 367 <369, 371>). Sie sind damit entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auf die Erhebung von Anschlussbeiträgen nach dem Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern - KAG M-V - anwendbar. Die hiergegen von den Vorinstanzen vorgebrachten Einwände beziehen sich ausnahmslos auf Umstände, denen das Bundesverfassungsgericht bei seiner gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG bindenden Auslegung von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG entweder von vornherein keine oder eine gegenüber dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit nachrangige Bedeutung beigemessen hat. Namentlich die Besonderheit des der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden bayerischen Landesrechts, demzufolge Grundstückseigentümer auch nach Übertragung des Eigentums zu Beiträgen herangezogen werden können, hat in den Entscheidungsgründen keine Berücksichtigung gefunden. Dementsprechend hat das Gericht einen Verzicht auf diese Regelung nicht als Möglichkeit zur Beseitigung des verfassungswidrigen Zustands in Erwägung gezogen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 50). Darüber hinaus hat es ausdrücklich festgestellt, dass der verfassungsrechtlich gebotenen zeitlichen Begrenzung der Heranziehung zu Beiträgen weder ein fehlendes Vertrauen des Bürgers auf seine Nichtberücksichtigung noch das Fortwirken des Vorteils entgegensteht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 a.a.O. Rn. 44 f.).

10

2. Dies zugrunde gelegt, genügt § 9 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V dem Grundsatz der Rechtssicherheit nicht. Danach entsteht die sachliche Beitragspflicht frühestens mit dem In-Kraft-Treten der ersten wirksamen Satzung. Gemäß § 12 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 KAG M-V i.V.m. § 169 Abs. 2, § 170 AO beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsschuld entstanden ist. Kann somit ohne eine wirksame Satzung eine Beitragsschuld nicht entstehen und diese deshalb auch nicht verjähren, so setzt das Landesrecht der Erhebung von Beiträgen, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, keine bestimmte zeitliche Höchstgrenze, falls die maßgeblichen Satzungen - wie hier - zunächst nichtig waren und erst später durch rechtswirksame Satzungen ersetzt worden sind. Es lässt damit in diesen Fällen entgegen dem verfassungsrechtlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit das berechtigte Interesse des Bürgers, in zumutbarer Zeit Klarheit darüber zu gewinnen, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss, völlig unberücksichtigt.

11

3. Allerdings mussten Grundstückseigentümer aufgrund von § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V bis zum Ablauf des 31. Dezember 2008 mit ihrer Heranziehung zu Anschlussbeiträgen zur leitungsgebundenen Abwasserentsorgung rechnen. Der Landesgesetzgeber hat damit dem Grundsatz der Rechtssicherheit zwar nur unvollständig, aber dennoch so weit Rechnung getragen, dass die Träger kommunaler Entsorgungseinrichtungen bis zu diesem Zeitpunkt Herstellungsbeiträge erheben konnten.

12

Da das Berufungsgericht die Anwendbarkeit der vorgenannten Vorschrift offen gelassen hat, kann sie der erkennende Senat gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 563 Abs. 4 ZPO selbständig auslegen, obwohl sie nicht zum revisiblen Bundesrecht i.S.d. § 137 Abs. 1 VwGO gehört (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2002 - 4 CN 4.01 - BVerwGE 116, 296 <300> m.w.N.). Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V endete die Festsetzungsfrist bei der Erhebung eines Anschlussbeitrags nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V frühestens mit Ablauf des 31. Dezember 2008. Hiermit wollte der Gesetzgeber den beitragserhebenden Körperschaften mehr Zeit einräumen, um der sog. Altanschließerproblematik Rechnung tragen zu können (vgl. LT-Drs. 4/1576 S. 77; Abg. Müller, PlProt vom 9. März 2005 S. 2984 f. und Abg. Schulz, ebd. S. 2987). Obschon die Vorschrift unmittelbar nur Anwendung findet, wenn eine wirksame Beitragssatzung bestand und deshalb ein Ablauf der Festsetzungsfrist vor dem Stichtag in Betracht kam, lässt sich ihr erst recht auch für Fälle, in denen - wie vorliegend - noch keine wirksame Beitragssatzung bestand, der Wille des Gesetzgebers entnehmen, eine Beitragserhebung jedenfalls bis zum 31. Dezember 2008 zu ermöglichen (ebenso zum brandenburgischen Landesrecht OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 27. Mai 2013 - 9 S 75.12 - juris Rn. 29 und vom 16. Juli 2014 - 9 N 69.14 - juris Rn. 22 f., Urteil vom 14. November 2013 - 9 B 34.12 - juris Rn. 60 f.; hierzu BVerwG, Beschluss vom 11. September 2014 - 9 B 22.14 - juris Rn. 35).

13

Verschaffte § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V dem Beitragsschuldner mithin bis zu diesem Stichtag die - vom Gebot der Belastungsklarheit und –vorhersehbarkeit geforderte - Gewissheit darüber, dass er noch zu einem Beitrag herangezogen werden konnte, so verstößt das Landesrecht allerdings weiterhin insoweit gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, als es damit nur eine Mindest-, nicht aber eine zeitliche Höchstgrenze für eine Beitragserhebung festlegt. Jedenfalls für Beiträge, die nach dem Kommunalabgabengesetz erhoben werden, dürfte zur Bestimmung der erforderlichen Höchstgrenze auch ein Rückgriff auf die 30-jährige Verjährungsfrist des § 53 Abs. 2 VwVfG M-V - sowohl im Wege der Analogie (so für Erschließungsbeiträge VGH München, Urteil vom 14. November 2013 - 6 B 12.704 - BayVBl. 2014, 241 <242>) als auch vermittelt über den Grundsatz von Treu und Glauben (so für sanierungsrechtliche Ausgleichsbeiträge BVerwG, Urteil vom 20. März 2014 - 4 C 11.13 - BVerwGE 149, 211 Rn. 28, 31 ff.) - ausscheiden. Denn es ist Aufgabe des Gesetzgebers, in Wahrnehmung seines weiten Gestaltungsspielraums einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen einerseits der Allgemeinheit an der Beitragserhebung und andererseits der Beitragspflichtigen an einer zeitlich nicht unbegrenzten Inanspruchnahme zu schaffen (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 42). Mit diesem Gestaltungsauftrag ist - nicht zuletzt angesichts der Vielzahl der vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigten, jedoch gerade nicht den Verweis auf die Höchstverjährungsfrist einschließenden Lösungsmöglichkeiten wie auch der Unterschiedlichkeit der in einzelnen Ländern erlassenen und zudem deutlich kürzeren Ausschlussfristen - der schematische Rückgriff auf § 53 Abs. 2 VwVfG M-V wohl unvereinbar, zumal die Vorschrift gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG M-V nicht für Verfahren gilt, die - wie vorliegend - nach den Vorschriften der Abgabenordnung durchzuführen sind. Einer verfassungskonformen Auslegung des § 9 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V dahingehend, dass eine zur Heilung eines Rechtsmangels erlassene Beitragssatzung rückwirkend zu dem Zeitpunkt in Kraft gesetzt werden muss, zu dem die ursprünglich nichtige Beitragssatzung in Kraft treten sollte (so zu § 22 Abs. 1 SächsKAG: OVG Bautzen, Beschluss vom 25. April 2013 - 5 A 478/10 - juris Rn. 8 ff., sowie zu § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG NW: OVG Münster, Urteil vom 18. Mai 1999 - 15 A 2880/96 - NVwZ-RR 2000, 535 <536 f.>), steht schließlich der Wortlaut der Vorschrift wie auch § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V entgegen.

14

Bezieht sich die verbleibende Ungewissheit mithin nur auf die Frage, ab welchem Zeitpunkt der Bürger nicht mehr mit einer Inanspruchnahme rechnen muss, so lässt der hierin liegende Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG die in § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V getroffene Übergangsregelung unberührt. Auch wenn diese in erster Linie dem Interesse der beitragserhebenden Körperschaften diente, trug sie doch dazu bei, dass die hiervon betroffenen Beitragsschuldner über die Möglichkeit der Beitragserhebung nicht "dauerhaft im Unklaren" (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 45) waren, sondern vielmehr die Gewissheit hatten, dass sie jedenfalls bis zum Ablauf der darin genannten Frist mit der Heranziehung zu Anschlussbeiträgen rechnen mussten. Zudem unterliegt es - entsprechend dem Rechtsgedanken des § 139 BGB (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Mai 1993 - 2 BvF 2/90 u.a. - BVerfGE 88, 203 <333>) - angesichts der gesetzgeberischen Intention, einen zeitlichen Spielraum für die Lösung insbesondere der sog. Altanschließerproblematik zu schaffen, keinem Zweifel, dass der Gesetzgeber, wäre er sich der Notwendigkeit einer weitergehenden Regelung bewusst gewesen, eine gesetzliche Ausschlussfrist nicht vor dem 31. Dezember 2008 hätte enden lassen. Damit wirkt sich der Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit erst auf den Zeitraum nach Ablauf der vorgenannten Übergangsfrist und folglich nicht auf Bescheide aus, die zuvor erlassen wurden.

15

4. Die Zeitdauer zwischen dem Eintritt der Vorteilslage und der Heranziehung zu Beiträgen bis zum 31. Dezember 2008 war für die Vorteilsempfänger zumutbar.

16

Bei dem Begriff des Vorteils handelt es sich um einen landesrechtlichen und damit - vorbehaltlich verfassungsrechtlicher Bindungen - nicht revisiblen Begriff (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. April 2012 - 9 BN 1.12 - juris Rn. 16). Hierzu hat das Berufungsgericht festgestellt, der beitragsrechtliche Vorteil sei auch Eigentümern von tatsächlich schon zu DDR-Zeiten angeschlossenen Grundstücken erst in dem Zeitpunkt zugeflossen, in dem ihnen mit den jeweiligen öffentlichen Entsorgungseinrichtungen erstmals und frühestens unter dem grundlegend neuen Rechtsregime nach der Wiedervereinigung der rechtlich gesicherte Vorteil geboten worden sei, ihr Schmutzwasser mittels einer öffentlichen Einrichtung entsorgen zu können. Dies begegnet angesichts der weiteren Feststellung des Berufungsgerichts, dass Herstellungsbeiträge nur für nach der Wiedervereinigung entstandene Aufwendungen - und somit nicht doppelt - erhoben werden dürfen, keinen bundesrechtlichen Bedenken. Insbesondere steht Bundesverfassungsrecht dieser Auslegung - auch unter Berücksichtigung der Bindungswirkung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143) - nicht entgegen. Zwar schützt danach das Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 a.a.O. Rn. 41). Indes bedeutet dies nicht, dass maßgeblicher Zeitpunkt ausnahmslos bereits derjenige des tatsächlichen Anschlusses an das Abwassersystem ist. Die Bestimmung der ab dem Eintritt der Vorteilslage zu bemessenden Ausschlussfrist muss nicht nur die Erwartung des Begünstigten auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung, sondern auch das öffentliche Interesse an einem finanziellen Beitrag für die Erlangung individueller Vorteile aus dem Anschluss an die Anlage berücksichtigen (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 a.a.O. Rn. 40). Hieraus folgt, dass es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts um eine beitragsrelevante Vorteilslage handeln muss. Die Annahme des Berufungsgerichts, mit der Umgestaltung der Rechtsordnung und der Neugründung einer kommunalen - und damit erstmals kommunalabgabenrechtlich relevanten - Abwasserentsorgung im Jahr 1990 sei mit Blick auf den zukünftigen Ausbau der Einrichtung erstmalig eine Vorteilslage entstanden, stimmt damit überein.

17

Die demnach rund 18-jährige Zeitspanne, innerhalb derer gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V die Erhebung von Anschlussbeiträgen für die Schmutzwasserbeseitigung jedenfalls möglich war, überschreitet die Grenze des verfassungsrechtlich Zumutbaren nicht. Insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143) nicht entschieden, schon eine 12-jährige Dauer verletze den Grundsatz der Rechtssicherheit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. September 2014 - 9 B 22.14 - juris Rn. 37). Der Verfassungsbeschwerde wurde nicht wegen der im konkreten Fall zwischen der Vorteilserlangung und der beitragsrechtlichen Heranziehung verstrichenen Zeit, sondern deshalb stattgegeben, weil das bayerische Landesrecht überhaupt keine zeitliche Grenze für die Abgabenerhebung bestimmte. Für deren Festlegung steht dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 46). Angesichts der besonderen Herausforderungen der Wiedervereinigung, welche nicht nur durch einen vollständigen Wechsel des Rechtsregimes, sondern auf kommunaler Ebene zusätzlich durch eine Vielzahl von gleichzeitig und mit beschränkten kommunalen Ressourcen zu bewältigenden Aufgaben wie einem grundlegenden Verwaltungsumbau, der Herstellung kommunaler Strukturen einschließlich der notwendigen Rechtsgrundlagen sowie der Instandhaltung, Sanierung und Fortentwicklung der Infrastruktur geprägt waren, wahrt § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 KAG M-V die Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens.

18

5. Widerspricht mithin die Heranziehung zu Abwasserbeiträgen bis zum 31. Dezember 2008 nicht dem Gebot der Rechtssicherheit, so ist der angefochtene Bescheid auch nicht aus anderen Gründen rechtswidrig.

19

a) Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob das Berufungsgericht seiner Prüfung die Beitrags- und Gebührensatzung des Beklagten vom 3. Dezember 2004, statt in ihrer ursprünglichen, in der erst während des laufenden gerichtlichen Verfahrens in Kraft getretenen Fassung vom 9. Dezember 2013 zugrunde legen durfte. Zwar berücksichtigt die letztgenannte Fassung die Vereinigung der vormals fünf getrennten öffentlichen Einrichtungen zu einer Einrichtung, die mit der am 1. Januar 2008 - und somit nach Entstehung der Beitragsschuld - in Kraft getretenen Dritten Änderungssatzung zur Abwasserentsorgungssatzung des Beklagten vom 21. Mai 2001 - AES - erfolgte. Hierdurch erhöhte sich aber der Beitragssatz nur für die in der vormaligen Zone III gelegenen Grundstücke, nicht jedoch für die Grundstücke, die - wie dasjenige der Klägerin - der Zone IV angehörten.

20

b) Deren Einwand, an den Anlagenteilen, die von ihrem Grundstück aus genutzt würden, seien keine Maßnahmen durchgeführt oder geplant worden, welche die Heranziehung zu einem Herstellungsbeitrag rechtfertigten, wohingegen Verbesserungen anderer Anlagenteile, die mit dem für die Abwasserentsorgung ihres Grundstücks erforderlichen Anlagenteil nicht leitungsmäßig verbunden seien, keinen wirtschaftlichen Vorteil für sie bedeuteten, begründet keinen Verstoß gegen Bundesrecht.

21

Insoweit hat das Berufungsgericht das nicht revisible Landesrecht dahingehend ausgelegt, dass es dem Beklagten unabhängig von einer leitungsmäßigen Verbindung oder der gemeinsamen Nutzung einzelner Anlagenteile ein Organisationsermessen einräumt, ob er die Abwasseranlagen als eine oder als mehrere Einrichtungen betreibt. Dem landesrechtlichen Vorteilsbegriff werden bundesrechtlich durch den Gleichheitssatz und das Äquivalenzprinzip nur sehr weite Grenzen gezogen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. September 1995 - 8 C 16.94 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 35 S. 2, Beschlüsse vom 30. April 1996 - 8 B 31.96 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 37 S. 5 f. und vom 24. April 2012 - 9 BN 1.12 - juris Rn. 16). Insbesondere setzt die Annahme eines (Sonder-)Vorteils nicht die Existenz eines "funktionalen Zusammenhangs" zwischen der abgerechneten Anlage und dem beitragsbelasteten Grundstück voraus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 u.a. - NVwZ 2014, 1448 Rn. 54). Danach sind die Grenzen dieses Ermessens erst überschritten, wenn die zu einer Anlage zusammengefassten, technisch voneinander unabhängigen Teile in ihrer Arbeitsweise und in ihren Arbeitsergebnissen so unterschiedlich sind, dass ihre Vergleichbarkeit schlechterdings ausgeschlossen und ihre Zusammenfassung daher willkürlich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 1978 - 7 B 118.78 u.a. - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 40 S. 46; OVG Münster, Urteil vom 17. November 1975 - 2 A 203/74 - juris Rn. 3, 15 f.; OVG Lüneburg, Urteil vom 24. Mai 1989 - 9 L 3/89 - NVwZ-RR 1990, 507 f.; OVG Schleswig, Urteil vom 24. September 2008 - 2 LB 2/08 - juris Rn. 33 f.). Anhaltspunkte für eine derartige Verschiedenheit der Anlagenteile hat die Klägerin weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich; insbesondere gehören Grundstückskläranlagen und abflusslose Gruben - die mit einer zentralen Schmutzwasserbeseitigung nicht vergleichbar sind und daher nicht mit dieser zusammengefasst werden können (OVG Schleswig, Urteil 24. Oktober 2001 - 2 L 29/00 - juris Rn. 45 f.) - gemäß § 2 Abs. 4 AES nicht zu den öffentlichen Abwasseranlagen, für welche die Klägerin zu Beiträgen herangezogen wird.

22

c) Des Weiteren verstößt die dem Bescheid zugrundeliegende Globalkalkulation nicht gegen revisibles Recht. Zum Kommunalabgabenrecht des Landes hat das Berufungsgericht ausgeführt, die Globalkalkulation beinhalte Prognosen, weshalb Pauschalierungen und Schätzungen zulässig seien; eine "millimetergenaue" Ermittlung von Aufwand und Flächen sei daher von vornherein ausgeschlossen. Zu dem von der Klägerin erhobenen Einwand, die Berechnung sei fehlerhaft, weil sie zu Unrecht Aufwendungen in der Gemeinde Z. berücksichtige, hat das Berufungsgericht auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen, denen zufolge nicht ersichtlich ist, dass die betreffende Prognose bereits bei der Kalkulationserstellung unzutreffend gewesen ist, und denen zufolge sich das Vorhaben aufgrund des Anteils von nur 1,12 v.H. der Gesamtherstellungskosten und wegen des gedeckelten Beitragssatzes nicht auf dessen Höhe ausgewirkt hat. Dies lässt keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen.

23

d) Eine Verletzung des vom Eigentumsgrundrecht umfassten (vgl. Senatsurteil vom 25. Mai 2011 - 9 A 15.10 - ZfB 2011, 188 Rn. 18) Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch die Erhebung von Schmutzwasseranschlussbeiträgen scheidet - ungeachtet der Frage, ob sich die Klägerin als im (Mit-)Eigentum kommunaler Gebietskörperschaften stehende juristische Person des Privatrechts auf Art. 14 GG berufen kann (hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 7. Juni 1977 - 1 BvR 108/73 u.a. - BVerfGE 45, 63 <79 f.> und vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82 <105>; BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2013 - 7 A 4.12 - BVerwGE 147, 184 Rn. 22) - bereits deshalb aus, weil die Abgabenpflicht grundstücksbezogen ist, sich mithin nicht gegen den Betrieb als solchen richtet, und es daher an der Betriebsbezogenheit des Eingriffs (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2012 - I ZR 187/10 - BGHZ 192, 204 Rn. 31) fehlt.

24

6. Schließlich erweist sich das angefochtene Urteil nicht als verfahrensfehlerhaft.

25

Der Einwand, das Berufungsgericht habe gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen, indem es die Globalkalkulation der Beklagten keiner vollständigen Überprüfung unterzogen habe, verkennt, dass Kalkulationen von Abgabensätzen gerichtlich in aller Regel nur insoweit zu überprüfen sind, als substantiierte Einwände dagegen erhoben wurden (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. April 2002 - 9 CN 1.01 - BVerwGE 116, 188 <197>). Derartige Einwände hat die Klägerin nur hinsichtlich der kalkulatorischen Berücksichtigung der Kläranlage in Z. geltend gemacht; diese hat das Verwaltungsgericht geprüft, ist ihnen jedoch in der Sache nicht gefolgt. Damit hat sich die Klägerin im Berufungsverfahren ebenso wenig substantiiert auseinandergesetzt wie mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur rechnerischen Behandlung unbebauter und nicht an die Kanalisation angeschlossener Grundstücke, sondern hat es bei einer Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags belassen. Dieses wie auch das weitere Vorbringen gegen die Beitragsberechnung erschöpfte sich jedoch in pauschalen Einwänden und in Mutmaßungen. Dass sich dem Berufungsgericht eine weitergehende Ermittlung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen, ist daher weder ersichtlich noch von der Revision dargelegt. Einen Beweisantrag hat die Klägerin nicht gestellt. Deren Einwand, für ein substantiierteres Vorbringen hätten ihr die erforderlichen Informationen gefehlt, berücksichtigt nicht die in § 12 Abs. 4 KAG M-V getroffene Regelung. Danach ist den Beitragspflichtigen auf Verlangen Einsicht in die der Abgabenfestsetzung zugrundeliegenden Kalkulationen zu gewähren, soweit diese Gegenstand der Beschlussfassung u.a. nach § 22 Abs. 3 Nr. 11 KV M-V waren. Da den Verbandsvertretern des Beklagten die gesamten Kalkulationsunterlagen zur Verfügung standen (vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 12. Oktober 2011 - 4 K 31/06 - juris Rn. 45), hätte sich auch die Klägerin die maßgeblichen Informationen verschaffen können.

26

Soweit sie darüber hinaus einen Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs und gegen die Aufklärungspflicht für den Fall rügt, dass das Berufungsgericht das Gesamtanlagenprinzip dahin verstanden hat, dass ein zusammenhängendes Abwasserkanalisationsnetz zwischen allen im Zweckverband zusammengeschlossenen Gemeinden oder ein gemeinsam genutztes Klärwerk existiert, liegt gleichfalls kein Verfahrensfehler vor. Hierauf kam es nach dem materiellen Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts ebenso wenig an wie auf die Frage, ob gerade zu den Liegenschaften der Klägerin neue Anschlussleitungen verlegt oder ob die von dort in Anspruch genommenen Leitungen in einem einer Herstellung gleichkommenden Maße erneuert wurden. Auch insofern bedurfte es daher keiner weiteren Ermittlungen durch das Berufungsgericht.

27

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.

(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Die Gemeinden regeln durch Satzung

1.
die Art und den Umfang der Erschließungsanlagen im Sinne des § 129,
2.
die Art der Ermittlung und der Verteilung des Aufwands sowie die Höhe des Einheitssatzes,
3.
die Kostenspaltung (§ 127 Absatz 3) und
4.
die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

Die Gemeinden regeln durch Satzung

1.
die Art und den Umfang der Erschließungsanlagen im Sinne des § 129,
2.
die Art der Ermittlung und der Verteilung des Aufwands sowie die Höhe des Einheitssatzes,
3.
die Kostenspaltung (§ 127 Absatz 3) und
4.
die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage.

(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.

(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

Die Gemeinden regeln durch Satzung

1.
die Art und den Umfang der Erschließungsanlagen im Sinne des § 129,
2.
die Art der Ermittlung und der Verteilung des Aufwands sowie die Höhe des Einheitssatzes,
3.
die Kostenspaltung (§ 127 Absatz 3) und
4.
die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

(1) Der beitragsfähige Erschließungsaufwand kann nach den tatsächlich entstandenen Kosten oder nach Einheitssätzen ermittelt werden. Die Einheitssätze sind nach den in der Gemeinde üblicherweise durchschnittlich aufzuwendenden Kosten vergleichbarer Erschließungsanlagen festzusetzen.

(2) Der beitragsfähige Erschließungsaufwand kann für die einzelne Erschließungsanlage oder für bestimmte Abschnitte einer Erschließungsanlage ermittelt werden. Abschnitte einer Erschließungsanlage können nach örtlich erkennbaren Merkmalen oder nach rechtlichen Gesichtspunkten (z. B. Grenzen von Bebauungsplangebieten, Umlegungsgebieten, förmlich festgelegten Sanierungsgebieten) gebildet werden. Für mehrere Anlagen, die für die Erschließung der Grundstücke eine Einheit bilden, kann der Erschließungsaufwand insgesamt ermittelt werden.

(1) Der Erschließungsaufwand nach § 127 umfasst die Kosten für

1.
den Erwerb und die Freilegung der Flächen für die Erschließungsanlagen;
2.
ihre erstmalige Herstellung einschließlich der Einrichtungen für ihre Entwässerung und ihre Beleuchtung;
3.
die Übernahme von Anlagen als gemeindliche Erschließungsanlagen.
Der Erschließungsaufwand umfasst auch den Wert der von der Gemeinde aus ihrem Vermögen bereitgestellten Flächen im Zeitpunkt der Bereitstellung. Zu den Kosten für den Erwerb der Flächen für Erschließungsanlagen gehört im Falle einer erschließungsbeitragspflichtigen Zuteilung im Sinne des § 57 Satz 4 und des § 58 Absatz 1 Satz 1 auch der Wert nach § 68 Absatz 1 Nummer 4.

(2) Soweit die Gemeinden nach Landesrecht berechtigt sind, Beiträge zu den Kosten für Erweiterungen oder Verbesserungen von Erschließungsanlagen zu erheben, bleibt dieses Recht unberührt. Die Länder können bestimmen, dass die Kosten für die Beleuchtung der Erschließungsanlagen in den Erschließungsaufwand nicht einzubeziehen sind.

(3) Der Erschließungsaufwand umfasst nicht die Kosten für

1.
Brücken, Tunnels und Unterführungen mit den dazugehörigen Rampen;
2.
die Fahrbahnen der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen sowie von Landstraßen I. und II. Ordnung, soweit die Fahrbahnen dieser Straßen keine größere Breite als ihre anschließenden freien Strecken erfordern.

(1) Für vorhandene Erschließungsanlagen, für die eine Beitragspflicht auf Grund der bis zum 29. Juni 1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, kann auch nach diesem Gesetzbuch kein Beitrag erhoben werden.

(2) Soweit am 29. Juni 1961 zur Erfüllung von Anliegerbeitragspflichten langfristige Verträge oder sonstige Vereinbarungen, insbesondere über das Ansammeln von Mitteln für den Straßenbau in Straßenbaukassen oder auf Sonderkonten bestanden, können die Länder ihre Abwicklung durch Gesetz regeln.

(3) § 125 Absatz 3 ist auch auf Bebauungspläne anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 in Kraft getreten sind.

(4) § 127 Absatz 2 Nummer 2 ist auch auf Verkehrsanlagen anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 endgültig hergestellt worden sind. Ist vor dem 1. Juli 1987 eine Beitragspflicht nach Landesrecht entstanden, so verbleibt es dabei.

(5) Ist für einen Kinderspielplatz eine Beitragspflicht bereits auf Grund der vor dem 1. Juli 1987 geltenden Vorschriften (§ 127 Absatz 2 Nummer 3 und 4 des Bundesbaugesetzes) entstanden, so verbleibt es dabei. Die Gemeinde soll von der Erhebung des Erschließungsbeitrags ganz oder teilweise absehen, wenn dies auf Grund der örtlichen Verhältnisse, insbesondere unter Berücksichtigung des Nutzens des Kinderspielplatzes für die Allgemeinheit, geboten ist. Satz 2 ist auch auf vor dem 1. Juli 1987 entstandene Beiträge anzuwenden, wenn

1.
der Beitrag noch nicht entrichtet ist oder
2.
er entrichtet worden, aber der Beitragsbescheid noch nicht unanfechtbar geworden ist.

(6) § 128 Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Umlegungsplan (§ 66 des Bundesbaugesetzes) oder die Vorwegregelung (§ 76 des Bundesbaugesetzes) vor dem 1. Juli 1987 ortsüblich bekannt gemacht worden ist (§ 71 des Bundesbaugesetzes).

(7) Ist vor dem 1. Juli 1987 über die Stundung des Beitrags für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke (§ 135 Absatz 4 des Bundesbaugesetzes) entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, ist § 135 Absatz 4 dieses Gesetzbuchs anzuwenden.

(8) § 124 Absatz 2 Satz 2 in der bis zum 21. Juni 2013 geltenden Fassung ist auch auf Kostenvereinbarungen in Erschließungsverträgen anzuwenden, die vor dem 1. Mai 1993 geschlossen worden sind. Auf diese Verträge ist § 129 Absatz 1 Satz 3 weiterhin anzuwenden.

(9) Für Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts bereits hergestellt worden sind, kann nach diesem Gesetz ein Erschließungsbeitrag nicht erhoben werden. Bereits hergestellte Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen sind die einem technischen Ausbauprogramm oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprechend fertiggestellten Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen. Leistungen, die Beitragspflichtige für die Herstellung von Erschließungsanlagen oder Teilen von Erschließungsanlagen erbracht haben, sind auf den Erschließungsbeitrag anzurechnen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, bei Bedarf Überleitungsregelungen durch Rechtsverordnung zu treffen.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

(1) Für vorhandene Erschließungsanlagen, für die eine Beitragspflicht auf Grund der bis zum 29. Juni 1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, kann auch nach diesem Gesetzbuch kein Beitrag erhoben werden.

(2) Soweit am 29. Juni 1961 zur Erfüllung von Anliegerbeitragspflichten langfristige Verträge oder sonstige Vereinbarungen, insbesondere über das Ansammeln von Mitteln für den Straßenbau in Straßenbaukassen oder auf Sonderkonten bestanden, können die Länder ihre Abwicklung durch Gesetz regeln.

(3) § 125 Absatz 3 ist auch auf Bebauungspläne anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 in Kraft getreten sind.

(4) § 127 Absatz 2 Nummer 2 ist auch auf Verkehrsanlagen anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1987 endgültig hergestellt worden sind. Ist vor dem 1. Juli 1987 eine Beitragspflicht nach Landesrecht entstanden, so verbleibt es dabei.

(5) Ist für einen Kinderspielplatz eine Beitragspflicht bereits auf Grund der vor dem 1. Juli 1987 geltenden Vorschriften (§ 127 Absatz 2 Nummer 3 und 4 des Bundesbaugesetzes) entstanden, so verbleibt es dabei. Die Gemeinde soll von der Erhebung des Erschließungsbeitrags ganz oder teilweise absehen, wenn dies auf Grund der örtlichen Verhältnisse, insbesondere unter Berücksichtigung des Nutzens des Kinderspielplatzes für die Allgemeinheit, geboten ist. Satz 2 ist auch auf vor dem 1. Juli 1987 entstandene Beiträge anzuwenden, wenn

1.
der Beitrag noch nicht entrichtet ist oder
2.
er entrichtet worden, aber der Beitragsbescheid noch nicht unanfechtbar geworden ist.

(6) § 128 Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn der Umlegungsplan (§ 66 des Bundesbaugesetzes) oder die Vorwegregelung (§ 76 des Bundesbaugesetzes) vor dem 1. Juli 1987 ortsüblich bekannt gemacht worden ist (§ 71 des Bundesbaugesetzes).

(7) Ist vor dem 1. Juli 1987 über die Stundung des Beitrags für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke (§ 135 Absatz 4 des Bundesbaugesetzes) entschieden und ist die Entscheidung noch nicht unanfechtbar geworden, ist § 135 Absatz 4 dieses Gesetzbuchs anzuwenden.

(8) § 124 Absatz 2 Satz 2 in der bis zum 21. Juni 2013 geltenden Fassung ist auch auf Kostenvereinbarungen in Erschließungsverträgen anzuwenden, die vor dem 1. Mai 1993 geschlossen worden sind. Auf diese Verträge ist § 129 Absatz 1 Satz 3 weiterhin anzuwenden.

(9) Für Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts bereits hergestellt worden sind, kann nach diesem Gesetz ein Erschließungsbeitrag nicht erhoben werden. Bereits hergestellte Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen sind die einem technischen Ausbauprogramm oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprechend fertiggestellten Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen. Leistungen, die Beitragspflichtige für die Herstellung von Erschließungsanlagen oder Teilen von Erschließungsanlagen erbracht haben, sind auf den Erschließungsbeitrag anzurechnen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, bei Bedarf Überleitungsregelungen durch Rechtsverordnung zu treffen.

(1) Wirken sich Bebauungspläne, städtebauliche Sanierungsmaßnahmen, städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen oder Stadtumbaumaßnahmen voraussichtlich nachteilig auf die persönlichen Lebensumstände der in dem Gebiet wohnenden oder arbeitenden Menschen aus, soll die Gemeinde Vorstellungen entwickeln und mit den Betroffenen erörtern, wie nachteilige Auswirkungen möglichst vermieden oder gemildert werden können. Die Gemeinde hat den Betroffenen bei ihren eigenen Bemühungen, nachteilige Auswirkungen zu vermeiden oder zu mildern, zu helfen, insbesondere beim Wohnungs- und Arbeitsplatzwechsel sowie beim Umzug von Betrieben; soweit öffentliche Leistungen in Betracht kommen können, soll die Gemeinde hierauf hinweisen. Sind Betroffene nach ihren persönlichen Lebensumständen nicht in der Lage, Empfehlungen und anderen Hinweisen der Gemeinde zur Vermeidung von Nachteilen zu folgen oder Hilfen zu nutzen oder sind aus anderen Gründen weitere Maßnahmen der Gemeinde erforderlich, hat die Gemeinde geeignete Maßnahmen zu prüfen.

(2) Das Ergebnis der Erörterungen und Prüfungen nach Absatz 1 sowie die voraussichtlich in Betracht zu ziehenden Maßnahmen der Gemeinde und die Möglichkeiten ihrer Verwirklichung sind schriftlich darzustellen (Sozialplan).

(3) Steht die Verwirklichung einer Durchführungsmaßnahme durch einen anderen als die Gemeinde bevor, kann die Gemeinde verlangen, dass der andere im Einvernehmen mit ihr die sich aus Absatz 1 ergebenden Aufgaben übernimmt. Die Gemeinde kann diese Aufgaben ganz oder teilweise auch selbst übernehmen und dem anderen die Kosten auferlegen.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

(1) Die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 setzt einen Bebauungsplan voraus.

(2) Liegt ein Bebauungsplan nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Absatz 4 bis 7 bezeichneten Anforderungen entsprechen.

(3) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen wird durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind und

1.
die Erschließungsanlagen hinter den Festsetzungen zurückbleiben oder
2.
die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden und die Abweichungen die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

(1) Beitragspflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheids Eigentümer des Grundstücks ist. Ist das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, so ist der Erbbauberechtigte anstelle des Eigentümers beitragspflichtig. Ist das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Artikel 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche belastet, so ist der Inhaber dieses Rechts anstelle des Eigentümers beitragspflichtig. Mehrere Beitragspflichtige haften als Gesamtschuldner; bei Wohnungs- und Teileigentum sind die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil beitragspflichtig.

(2) Der Beitrag ruht als öffentliche Last auf dem Grundstück, im Falle des Absatzes 1 Satz 2 auf dem Erbbaurecht, im Falle des Absatzes 1 Satz 3 auf dem dinglichen Nutzungsrecht, im Falle des Absatzes 1 Satz 4 auf dem Wohnungs- oder dem Teileigentum.

(1) Zur Deckung des anderweitig nicht gedeckten Erschließungsaufwands können Beiträge nur insoweit erhoben werden, als die Erschließungsanlagen erforderlich sind, um die Bauflächen und die gewerblich zu nutzenden Flächen entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen (beitragsfähiger Erschließungsaufwand). Soweit Anlagen nach § 127 Absatz 2 von dem Eigentümer hergestellt sind oder von ihm auf Grund baurechtlicher Vorschriften verlangt werden, dürfen Beiträge nicht erhoben werden. Die Gemeinden tragen mindestens 10 vom Hundert des beitragsfähigen Erschließungsaufwands.

(2) Kosten, die ein Eigentümer oder sein Rechtsvorgänger bereits für Erschließungsmaßnahmen aufgewandt hat, dürfen bei der Übernahme als gemeindliche Erschließungsanlagen nicht erneut erhoben werden.

(1) Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage ist auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Mehrfach erschlossene Grundstücke sind bei gemeinsamer Aufwandsermittlung in einer Erschließungseinheit (§ 130 Absatz 2 Satz 3) bei der Verteilung des Erschließungsaufwands nur einmal zu berücksichtigen.

(2) Verteilungsmaßstäbe sind

1.
die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung;
2.
die Grundstücksflächen;
3.
die Grundstücksbreite an der Erschließungsanlage.
Die Verteilungsmaßstäbe können miteinander verbunden werden.

(3) In Gebieten, die nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erschlossen werden, sind, wenn eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung zulässig ist, die Maßstäbe nach Absatz 2 in der Weise anzuwenden, dass der Verschiedenheit dieser Nutzung nach Art und Maß entsprochen wird.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Längs der Bundesfernstraßen dürfen nicht errichtet werden

1.
Hochbauten jeder Art in einer Entfernung bis zu 40 Meter bei Bundesautobahnen und bis zu 20 Meter bei Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten, jeweils gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn,
2.
bauliche Anlagen, die außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten über Zufahrten oder Zugänge an Bundesstraßen unmittelbar oder mittelbar angeschlossen werden sollen.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für Aufschüttungen oder Abgrabungen größeren Umfangs. Satz 1 Nummer 1 gilt nicht für technische Einrichtungen, die für das Erbringen von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten erforderlich sind. Weitergehende bundes- oder landesrechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(2) Im Übrigen bedürfen Baugenehmigungen oder nach anderen Vorschriften notwendige Genehmigungen der Zustimmung der obersten Landesstraßenbaubehörde, an Bundesfernstraßen, soweit dem Bund die Verwaltung einer Bundesfernstraße zusteht, der Zustimmung des Fernstraßen-Bundesamtes, wenn

1.
bauliche Anlagen längs der Bundesautobahnen in einer Entfernung bis zu 100 Meter und längs der Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten bis zu 40 Meter, gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn, errichtet, erheblich geändert oder anders genutzt werden sollen,
2.
bauliche Anlagen auf Grundstücken, die außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten über Zufahrten oder Zugänge an Bundesstraßen unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind, erheblich geändert oder anders genutzt werden sollen.
Die Zustimmungsbedürftigkeit nach Satz 1 gilt entsprechend für bauliche Anlagen, die nach Landesrecht anzeigepflichtig sind. Weitergehende bundes- oder landesrechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(3) Die Zustimmung nach Absatz 2 darf nur versagt oder mit Bedingungen und Auflagen erteilt werden, soweit dies wegen der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausbauabsichten oder der Straßenbaugestaltung nötig ist.

(3a) Die Belange nach Absatz 3 sind auch bei Erteilung von Baugenehmigungen innerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen zu beachten.

(4) Bei geplanten Bundesfernstraßen gelten die Beschränkungen der Absätze 1 und 2 vom Beginn der Auslegung der Pläne im Planfeststellungsverfahren oder von dem Zeitpunkt an, zu dem den Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.

(5) Bedürfen die baulichen Anlagen im Sinne des Absatzes 2 außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten keiner Baugenehmigung oder keiner Genehmigung nach anderen Vorschriften, so tritt an die Stelle der Zustimmung die Genehmigung der obersten Landesstraßenbaubehörde, an Bundesfernstraßen, soweit dem Bund die Verwaltung einer Bundesfernstraße zusteht, die Genehmigung des Fernstraßen-Bundesamtes.

(5a) Als bauliche Anlagen im Sinne dieses Gesetzes gelten auch die im Landesbaurecht den baulichen Anlagen gleichgestellten Anlagen.

(6) Anlagen der Außenwerbung stehen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten den Hochbauten des Absatzes 1 und den baulichen Anlagen des Absatzes 2 gleich. An Brücken über Bundesfernstraßen außerhalb dieser Teile der Ortsdurchfahrten dürfen Anlagen der Außenwerbung nicht angebracht werden. Weitergehende bundes- oder landesrechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(7) Die Absätze 1 bis 5 gelten nicht, soweit das Bauvorhaben den Festsetzungen eines Bebauungsplans entspricht (§ 9 des Baugesetzbuchs), der mindestens die Begrenzung der Verkehrsflächen sowie an diesen gelegene überbaubare Grundstücksflächen enthält und unter Mitwirkung des Trägers der Straßenbaulast zustande gekommen ist.

(8) Die oberste Landesstraßenbaubehörde oder das Fernstraßen-Bundesamt an den Bundesfernstraßen, soweit dem Bund die Verwaltung einer Bundesfernstraße zusteht, kann im Einzelfall Ausnahmen von den Verboten der Absätze 1, 4 und 6 zulassen, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist oder wenn Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Abweichungen erfordern. Ausnahmen können mit Bedingungen und Auflagen versehen werden.

(9) Wird infolge der Anwendung der Absätze 1, 2, 4 und 5 die bauliche Nutzung eines Grundstücks, auf deren Zulassung bisher ein Rechtsanspruch bestand, ganz oder teilweise aufgehoben, so kann der Eigentümer insoweit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, als seine Vorbereitungen zur baulichen Nutzung des Grundstücks in dem bisher zulässigen Umfang für ihn an Wert verlieren oder eine wesentliche Wertminderung des Grundstücks eintritt. Zur Entschädigung ist der Träger der Straßenbaulast verpflichtet.

(10) Im Fall des Absatzes 4 entsteht der Anspruch nach Absatz 9 erst, wenn der Plan rechtskräftig festgestellt oder genehmigt oder mit der Ausführung begonnen worden ist, spätestens jedoch nach Ablauf von vier Jahren, nachdem die Beschränkungen der Absätze 1 und 2 in Kraft getreten sind.

(1) Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage ist auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Mehrfach erschlossene Grundstücke sind bei gemeinsamer Aufwandsermittlung in einer Erschließungseinheit (§ 130 Absatz 2 Satz 3) bei der Verteilung des Erschließungsaufwands nur einmal zu berücksichtigen.

(2) Verteilungsmaßstäbe sind

1.
die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung;
2.
die Grundstücksflächen;
3.
die Grundstücksbreite an der Erschließungsanlage.
Die Verteilungsmaßstäbe können miteinander verbunden werden.

(3) In Gebieten, die nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erschlossen werden, sind, wenn eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung zulässig ist, die Maßstäbe nach Absatz 2 in der Weise anzuwenden, dass der Verschiedenheit dieser Nutzung nach Art und Maß entsprochen wird.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Die Grundflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des Absatzes 3 zulässig sind.

(2) Zulässige Grundfläche ist der nach Absatz 1 errechnete Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf.

(3) Für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die im Bauland und hinter der im Bebauungsplan festgesetzten Straßenbegrenzungslinie liegt. Ist eine Straßenbegrenzungslinie nicht festgesetzt, so ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die hinter der tatsächlichen Straßengrenze liegt oder die im Bebauungsplan als maßgebend für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche festgesetzt ist.

(4) Bei der Ermittlung der Grundfläche sind die Grundflächen von

1.
Garagen und Stellplätzen mit ihren Zufahrten,
2.
Nebenanlagen im Sinne des § 14,
3.
baulichen Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche, durch die das Baugrundstück lediglich unterbaut wird,
mitzurechnen. Die zulässige Grundfläche darf durch die Grundflächen der in Satz 1 bezeichneten Anlagen bis zu 50 vom Hundert überschritten werden, höchstens jedoch bis zu einer Grundflächenzahl von 0,8; weitere Überschreitungen in geringfügigem Ausmaß können zugelassen werden. Im Bebauungsplan können von Satz 2 abweichende Bestimmungen getroffen werden. Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, kann im Einzelfall von der Einhaltung der sich aus Satz 2 ergebenden Grenzen abgesehen werden
1.
bei Überschreitungen mit geringfügigen Auswirkungen auf die natürlichen Funktionen des Bodens oder
2.
wenn die Einhaltung der Grenzen zu einer wesentlichen Erschwerung der zweckentsprechenden Grundstücksnutzung führen würde.

(5) Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, darf die zulässige Grundfläche in Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten durch die Grundflächen von Anlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme aus solarer Strahlungsenergie und Windenergie überschritten werden.

(1) Landschaftsschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist

1.
zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, einschließlich des Schutzes von Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten,
2.
wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft oder
3.
wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung.

(2) In einem Landschaftsschutzgebiet sind unter besonderer Beachtung des § 5 Absatz 1 und nach Maßgabe näherer Bestimmungen alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen.

(3) In einem Landschaftsschutzgebiet sind die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen sowie der zugehörigen Nebenanlagen nicht verboten, wenn sich der Standort der Windenergieanlagen in einem Windenergiegebiet nach § 2 Nummer 1 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1353) befindet. Satz 1 gilt auch, wenn die Erklärung zur Unterschutzstellung nach § 22 Absatz 1 entgegenstehende Bestimmungen enthält. Für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens bedarf es insoweit keiner Ausnahme oder Befreiung. Bis gemäß § 5 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes festgestellt wurde, dass das jeweilige Land den Flächenbeitragswert nach Anlage 1 Spalte 2 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes oder der jeweilige regionale oder kommunale Planungsträger ein daraus abgeleitetes Teilflächenziel erreicht hat, gelten die Sätze 1 bis 3 auch außerhalb von für die Windenergienutzung ausgewiesenen Gebieten im gesamten Landschaftsschutzgebiet entsprechend. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Standort in einem Natura 2000-Gebiet oder einer Stätte, die nach Artikel 11 des Übereinkommens vom 16. November 1972 zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (BGBl. 1977 II S. 213, 215) in die Liste des Erbes der Welt aufgenommen wurde, liegt.

(1) Bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist die besondere Bedeutung einer natur- und landschaftsverträglichen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft für die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft zu berücksichtigen.

(2) Bei der landwirtschaftlichen Nutzung sind neben den Anforderungen, die sich aus den für die Landwirtschaft geltenden Vorschriften und aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes ergeben, insbesondere die folgenden Grundsätze der guten fachlichen Praxis zu beachten:

1.
die Bewirtschaftung muss standortangepasst erfolgen und die nachhaltige Bodenfruchtbarkeit und langfristige Nutzbarkeit der Flächen muss gewährleistet werden;
2.
die natürliche Ausstattung der Nutzfläche (Boden, Wasser, Flora, Fauna) darf nicht über das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß hinaus beeinträchtigt werden;
3.
die zur Vernetzung von Biotopen erforderlichen Landschaftselemente sind zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren;
4.
die Tierhaltung hat in einem ausgewogenen Verhältnis zum Pflanzenbau zu stehen und schädliche Umweltauswirkungen sind zu vermeiden;
5.
auf erosionsgefährdeten Hängen, in Überschwemmungsgebieten, auf Standorten mit hohem Grundwasserstand sowie auf Moorstandorten ist ein Grünlandumbruch zu unterlassen;
6.
die Anwendung von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln hat nach Maßgabe des landwirtschaftlichen Fachrechtes zu erfolgen; es sind eine Dokumentation über die Anwendung von Düngemitteln nach Maßgabe des § 10 der Düngeverordnung vom 26. Mai 2017 (BGBl. I S. 1305) in der jeweils geltenden Fassung sowie eine Dokumentation über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nach Maßgabe des Artikels 67 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1) zu führen.

(3) Bei der forstlichen Nutzung des Waldes ist das Ziel zu verfolgen, naturnahe Wälder aufzubauen und diese ohne Kahlschläge nachhaltig zu bewirtschaften. Ein hinreichender Anteil standortheimischer Forstpflanzen ist einzuhalten.

(4) Bei der fischereiwirtschaftlichen Nutzung der oberirdischen Gewässer sind diese einschließlich ihrer Uferzonen als Lebensstätten und Lebensräume für heimische Tier- und Pflanzenarten zu erhalten und zu fördern. Der Besatz dieser Gewässer mit nichtheimischen Tierarten ist grundsätzlich zu unterlassen. Bei Fischzuchten und Teichwirtschaften der Binnenfischerei sind Beeinträchtigungen der heimischen Tier- und Pflanzenarten auf das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß zu beschränken.

(1) Landschaftsschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist

1.
zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, einschließlich des Schutzes von Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten,
2.
wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft oder
3.
wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung.

(2) In einem Landschaftsschutzgebiet sind unter besonderer Beachtung des § 5 Absatz 1 und nach Maßgabe näherer Bestimmungen alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen.

(3) In einem Landschaftsschutzgebiet sind die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen sowie der zugehörigen Nebenanlagen nicht verboten, wenn sich der Standort der Windenergieanlagen in einem Windenergiegebiet nach § 2 Nummer 1 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1353) befindet. Satz 1 gilt auch, wenn die Erklärung zur Unterschutzstellung nach § 22 Absatz 1 entgegenstehende Bestimmungen enthält. Für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens bedarf es insoweit keiner Ausnahme oder Befreiung. Bis gemäß § 5 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes festgestellt wurde, dass das jeweilige Land den Flächenbeitragswert nach Anlage 1 Spalte 2 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes oder der jeweilige regionale oder kommunale Planungsträger ein daraus abgeleitetes Teilflächenziel erreicht hat, gelten die Sätze 1 bis 3 auch außerhalb von für die Windenergienutzung ausgewiesenen Gebieten im gesamten Landschaftsschutzgebiet entsprechend. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Standort in einem Natura 2000-Gebiet oder einer Stätte, die nach Artikel 11 des Übereinkommens vom 16. November 1972 zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (BGBl. 1977 II S. 213, 215) in die Liste des Erbes der Welt aufgenommen wurde, liegt.

(1) Bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist die besondere Bedeutung einer natur- und landschaftsverträglichen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft für die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft zu berücksichtigen.

(2) Bei der landwirtschaftlichen Nutzung sind neben den Anforderungen, die sich aus den für die Landwirtschaft geltenden Vorschriften und aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes ergeben, insbesondere die folgenden Grundsätze der guten fachlichen Praxis zu beachten:

1.
die Bewirtschaftung muss standortangepasst erfolgen und die nachhaltige Bodenfruchtbarkeit und langfristige Nutzbarkeit der Flächen muss gewährleistet werden;
2.
die natürliche Ausstattung der Nutzfläche (Boden, Wasser, Flora, Fauna) darf nicht über das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß hinaus beeinträchtigt werden;
3.
die zur Vernetzung von Biotopen erforderlichen Landschaftselemente sind zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren;
4.
die Tierhaltung hat in einem ausgewogenen Verhältnis zum Pflanzenbau zu stehen und schädliche Umweltauswirkungen sind zu vermeiden;
5.
auf erosionsgefährdeten Hängen, in Überschwemmungsgebieten, auf Standorten mit hohem Grundwasserstand sowie auf Moorstandorten ist ein Grünlandumbruch zu unterlassen;
6.
die Anwendung von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln hat nach Maßgabe des landwirtschaftlichen Fachrechtes zu erfolgen; es sind eine Dokumentation über die Anwendung von Düngemitteln nach Maßgabe des § 10 der Düngeverordnung vom 26. Mai 2017 (BGBl. I S. 1305) in der jeweils geltenden Fassung sowie eine Dokumentation über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nach Maßgabe des Artikels 67 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1) zu führen.

(3) Bei der forstlichen Nutzung des Waldes ist das Ziel zu verfolgen, naturnahe Wälder aufzubauen und diese ohne Kahlschläge nachhaltig zu bewirtschaften. Ein hinreichender Anteil standortheimischer Forstpflanzen ist einzuhalten.

(4) Bei der fischereiwirtschaftlichen Nutzung der oberirdischen Gewässer sind diese einschließlich ihrer Uferzonen als Lebensstätten und Lebensräume für heimische Tier- und Pflanzenarten zu erhalten und zu fördern. Der Besatz dieser Gewässer mit nichtheimischen Tierarten ist grundsätzlich zu unterlassen. Bei Fischzuchten und Teichwirtschaften der Binnenfischerei sind Beeinträchtigungen der heimischen Tier- und Pflanzenarten auf das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß zu beschränken.

(1) Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage ist auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Mehrfach erschlossene Grundstücke sind bei gemeinsamer Aufwandsermittlung in einer Erschließungseinheit (§ 130 Absatz 2 Satz 3) bei der Verteilung des Erschließungsaufwands nur einmal zu berücksichtigen.

(2) Verteilungsmaßstäbe sind

1.
die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung;
2.
die Grundstücksflächen;
3.
die Grundstücksbreite an der Erschließungsanlage.
Die Verteilungsmaßstäbe können miteinander verbunden werden.

(3) In Gebieten, die nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erschlossen werden, sind, wenn eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung zulässig ist, die Maßstäbe nach Absatz 2 in der Weise anzuwenden, dass der Verschiedenheit dieser Nutzung nach Art und Maß entsprochen wird.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

(1) Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage ist auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Mehrfach erschlossene Grundstücke sind bei gemeinsamer Aufwandsermittlung in einer Erschließungseinheit (§ 130 Absatz 2 Satz 3) bei der Verteilung des Erschließungsaufwands nur einmal zu berücksichtigen.

(2) Verteilungsmaßstäbe sind

1.
die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung;
2.
die Grundstücksflächen;
3.
die Grundstücksbreite an der Erschließungsanlage.
Die Verteilungsmaßstäbe können miteinander verbunden werden.

(3) In Gebieten, die nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erschlossen werden, sind, wenn eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung zulässig ist, die Maßstäbe nach Absatz 2 in der Weise anzuwenden, dass der Verschiedenheit dieser Nutzung nach Art und Maß entsprochen wird.

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.