Tenor

I.

Der Beklagte wird verpflichtet, die weitere Verbreitung des Verfassungsschutzberichtes 2013 des Freistaates Bayern zu unterlassen, wenn nicht zuvor die Passagen über die Klägerin entfernt oder unkenntlich gemacht werden.

II.

Der Beklagte wird verpflichtet, die weitere Verbreitung der Rede des Bayerischen Staatsministers des Innern anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes des Freistaates Bayern 2013 zu unterlassen, wenn nicht zuvor die Passagen über die Klägerin entfernt oder unkenntlich gemacht werden.

III.

Der Beklagte wird verpflichtet, die weitere Verbreitung das Halbjahresberichts 2013 zu unterlassen, wenn nicht zuvor die Passagen über die Klägerin entfernt oder unkenntlich gemacht werden.

IV.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

V.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin, der bayerische Landesverband einer politischen Partei, begehrt das Unterlassen der weiteren Verbreitung des Verfassungsschutzberichts 2013 des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz (BayLfV), der Rede des Bayerischen Staatsministers des Innern, für Bau und Verkehr anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2013 sowie des entsprechenden Halbjahresberichts 2013, wenn nicht zuvor die Passagen über die Klägerin entfernt oder unkenntlich gemacht werden.

Die Klägerin ist seit Frühjahr 2013 Beobachtungsobjekt des BayLfV.

In den am ... August 2013 vorgestellten und in einer Pressemitteilung veröffentlichten Verfassungsschutzinformationen für das 1. Halbjahr 2013 bezeichnete das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr verfassungsschutzrelevante Islamfeindlichkeit als neue Form des politischen Extremismus. Die Klägerin würde pauschale Ängste vor Muslimen schüren. Muslime würden aufgefordert, einzelne islamische Glaubensgrundsätze aufzugeben.

Am ... März 2014 hielt der Bayerische Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2013 in München eine Rede, in der er in Bezug auf die Klägerin entsprechend des Redemanuskripts erklärte:

„Verfassungsschutzrelevante Islamfeindlichkeit

Meine Damen und Herren,

letztes Jahr habe ich Sie an dieser Stelle über die Aufnahme des Landesverbandes der Partei „Die Freiheit“ und der ... als neue Beobachtungsobjekte informiert. Mittlerweile wurde die Beobachtung auf den Landesverband Bayern der „...“ ausgedehnt. Er vertritt unter dem Vorsitzenden ... die gleiche, pauschal Muslime verunglimpfende islamfeindliche Ideologie wie der Landesverband der „Freiheit“ und die ...

Es freut mich, dass „Die Freiheit“ bei den Kommunalwahlen am 16. März mit nur 0,6% der Stimmen den Einzug in den Stadtrat verfehlt hat.“

Im aktuellen Verfassungsschutzbericht 2013 (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2013 S. 136 - 141) wird unter der Rubrik „Verfassungsschutzrelevante Islamfeindlichkeit“ Folgendes ausgeführt:

„Verfassungsschutzrelevante Islamfeindlichkeit

● Auch außerhalb des Rechtsextremismus etabliert sich eine verfassungsschutzrelevante Islamfeindlichkeit als neue, eigenständige Extremismusform

● Internetforen und Weblogs werden als Medien für die Verbreitung islamfeindlicher Agitation zunehmend genutzt

● Der Landesverband Bayern der Partei DIE FREIHEIT scheitert deutlich bei den Wahlen zum Bayerischen Landtag

Islamfeindliche Agitation ist nicht auf den Bereich des Rechtsextremismus beschränkt. Auch jenseits der rechtsextremistischen, vornehmlich auf Rassismus begründeten Islamfeindlichkeit gibt es Gruppierungen und Einzelpersonen, die Muslime zwar nicht als minderwertige Menschen betrachten, ihnen jedoch die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit nicht zugestehen wollen. Sie setzen den Islam als Weltreligion pauschal gleich mit Islamismus und islamistischem Terrorismus und stellen die Religion des Islam als faschistische Ideologie dar, von der eine erhebliche Gefahr für unsere Gesellschaft ausgehe. Bei der verfassungsschutzrelevanten Islamfeindlichkeit fehlen die für Rechtsextremismus typischen Ideologieelemente wie autoritäres Staatsverständnis, Antisemitismus, Rassismus oder die Ideologie der Volksgemeinschaft. Extremistische Bestrebungen im Zusammenhang mit islamfeindlichen Äußerungen richten sich gegen die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte (Art. 1 GG), das Diskriminierungsverbot (Art. 3 GG) und die Religionsfreiheit (Art. 4 GG). Als extremistisch sind bestimmte ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen zu beurteilen, die die Geltung der genannten Prinzipien für Muslime und den Islam und seine Glaubensgemeinschaften außer Kraft setzen bzw. beseitigen wollen. Kritik, die im Rahmen einer geistig-politischen Auseinandersetzung auf Gefahren eines politischen Islam für unsere Grundwerte hinweist, unterliegt demgegenüber nicht dem Beobachtungsauftrag des Verfassungsschutzes. Das Internet wird von verfassungsschutzrelevanten islamfeindlichen Gruppierungen intensiv genutzt, um islamfeindliche Inhalte zu verbreiten. Publiziert wird auf Homepages und zunehmend auf Weblogs, auf denen sich auch anonyme Nutzer äußern können, deren Beiträge nicht automatisch den Betreibern zurechenbar sind. Ausschlaggebend für die Bewertung solcher Internetpräsenzen ist dabei, ob und inwieweit die Betreiber selbst extremistische Ziele verfolgen. Auf nicht zurechenbare Einzeläußerungen (z. B. Kommentare in Blogs und Foren) allein lässt sich eine Bewertung als extremistisch nicht stützen.

1. Bürgerrechtspartei für mehr Freiheit und Demokratie DIE FREIHEIT, Landesverband Bayern (DIE FREIHEIT Bayern)

Der Landesverband der Partei „Die Freiheit Bayern“ verfolgt verfassungsschutzrelevante islamfeindliche Bestrebungen. Er wendet sich mit pauschal diffamierenden Äußerungen gegen Mitbürger islamischer Religionszugehörigkeit, unabhängig von deren Staatsangehörigkeit oder Aufenthaltsstatus. Die Freiheit Bayern differenziert in ihren Verlautbarungen in der Regel nicht zwischen dem Islam als Religion und dem Islamismus als politischer Ideologie, sondern begreift den Islam als „faschistoide Politikideologie“. Der Koran wird als „das gefährlichste Buch der Welt“ verunglimpft. Auf seiner Internetseite fordert der Landesverband islamische Organisationen auf, umgehend in schriftlicher Form auf bestimmte Koranverse als Bestandteil der islamischen Glaubensgrundsätze dauerhaft zu verzichten, und stellt den Islam insgesamt als unvereinbar mit unserer Gesellschaftsordnung dar. Die Aktivitäten der Freiheit Bayern zielen darauf ab, pauschale Ängste vor Muslimen als nicht integrierbar „Ideologieanhänger“ zu schüren und alle Muslime allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit als Feinde des Rechtsstaates zu verunglimpfen. Das von der Freiheit Bayern angestrebte „Bürgerbegehren gegen das Zentrum für Islam in Europa - München (ZIE-M)“, für das seit Oktober 2011 Unterschriften in München gesammelt werden, dient sowohl im Internet als auch bei Veranstaltungen der Freiheit Bayern als Plattform für islamfeindliche Propaganda, die sich primär gegen Religionsfreiheit richtet. Das Bürgerbegehren selbst kann nicht auf eine verfassungsfeindliche Zielsetzung reduziert werden. Personen, die dieses Bürgerbegehren mit ihrer Unterschrift unterstützen, werden nicht vom Verfassungsschutz beobachtet. Mitglieder der Freiheit Bayern engagieren sich auch bei der ... (...). Der Landesvorsitzende der Freiheit Bayern und gleichzeitige Leiter der ..., bezeichnete ... als das Kerngerüst der Freiheit Bayern. ... ist auch Vorsitzender des Landesverbands der ... (... Bayern). Am 20. November vereinbarten die Freiheit Bayern und der Bayerischen Landesverband der Partei „Die Republikaner (REP)“, die seit 2008 nicht mehr dem gesetzlichen Beobachtungsauftrag der Verfassungsschutzbehörden unterliegt, die Aufstellung gemeinsamer Listen in Großstädten für die Kommunalwahl 2014 in Bayern. Bei der bayerischen Landtagswahl 2013 trat die Freiheit nur im Wahlkreis Oberbayern an und erlangte bayernweit 0,1% der Stimmen. (…)“

Mit Schriftsatz vom 24. April 2014 erhob der Bevollmächtigte der Klägerin zum Verwaltungsgericht München Klage mit den Anträgen,

1. den Beklagten zu verurteilen, die weitere Verbreitung des Verfassungsschutzberichtes 2013 des Freistaates Bayern zu unterlassen, wenn nicht zuvor die Passagen über die Klägerin entfernt oder unkenntlich gemacht werden.

2. den Beklagten zu verurteilen, die weitere Verbreitung der Rede des Bayerischen Staatsministers des Innern anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2013 des Freistaates Bayern zu unterlassen, wenn nicht zuvor die Passagen über die Klägerin entfernt oder unkenntlich gemacht werden.

3. den Beklagten zu verurteilen, die weitere Verbreitung des Halbjahresberichts 2013 zu unterlassen, wenn nicht zuvor die Passagen über die Klägerin entfernt oder unkenntlich gemacht werden.

Durch die Bezeichnung der Klägerin als verfassungsfeindliche Bewegung im Verfassungsschutzbericht werde in deren Grundrechte nach Art. 21 GG, Art. 19 Abs. 3 GG sowie deren Grundrecht auf freie Meinungsäußerung eingegriffen. Zudem könnten die Äußerungen des bayerischen Innenministers und die Behauptungen im Verfassungsschutzbericht als üble Nachrede nach § 186 StGB strafbar sein. Die Behauptung, die Klägerin würde „pauschal islamfeindliche Propaganda“ betreiben, sei nicht mit Nachweisen belegt. Allein die Verbreitung politischer oder weltanschaulicher Ideen (Bedeutung des Wortes Propaganda) stelle keinen hinreichenden Anhaltspunkt dar, eine Verfassungsfeindlichkeit anzunehmen. Selbst wenn islamfeindliche Äußerungen (was nicht der Fall sei) vorlägen, wären diese nicht auch gleich als verfassungsfeindlich i. S. des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes anzusehen. Eine - auch harte - Auseinandersetzung mit einzelnen Grundrechten, wie hier dem Grundrecht der Religionsfreiheit, habe nicht automatisch eine Verfassungswidrigkeit zur Folge, da nicht die freiheitliche demokratische Grundordnung in ihrer Gänze betroffen sei, sondern eben „nur“ ein Grundrecht. Im Übrigen schütze das Grundrecht auf Religionsfreiheit ebenso die Ablehnung einer Religion oder einer Religionsausübung.

Die Islamkritik, die von der Klägerin tatsächlich geübt werde, stelle keine Tatsachen dar, die eine Beobachtung rechtfertigen könnten. Sie setze sich für eine - freiwillige und auf gesellschaftlichen Konsens aufbauende - Reformation des Islam ein. Gegenstand der Kritik sei nicht die Religion des Islam, sondern die Ideologie des politischen Islam, also des Islamismus einschließlich seiner Rechtssätze. Die Klägerin mache dabei stets deutlich, dass sie diese Kritik nicht als pauschale Kritik an den Muslimen und auch nicht als Kritik an der Religion des Islam verstanden wissen will. Die Klägerin betone dabei stets, dass auch Muslime selbstverständlich das Grundrecht der Religionsfreiheit genießen würden und würde auch die Islamkritik stets in unmittelbarem Kontext zu den Anforderungen unserer Verfassung stellen. Sie sei erkennbar bestrebt, Widersprüche islamischer Glaubensvorschriften mit dem Grundgesetz aufzuzeigen und - insofern - eine Anpassung anzuregen. Gegenstand der Islamkritik sei damit erkennbar keine Verfassungsfeindlichkeit, sondern der Versuch einer verfassungskonformen Auslegung islamischer Glaubenssätze.

Der Vorwurf, dass die Klägerin den Muslimen Glaubensgrundsätze absprechen möchte, entspreche nicht der Wahrheit. Hintergrund sei die Veröffentlichung von Passagen des Korans durch die Klägerin, die im Lichte unserer Grundrechte und unserer Verfassung als untragbar angesehen werden, wenn sie, wie es der Koran an sich verlange, strikt befolgt werden würden. Hierzu vertrete die Klägerin öffentlich die Meinung, dass die Imame aber auch die Muslime in Deutschland klarstellen sollten, dass diese Glaubenssätze in dieser strikten Form nicht angewendet werden. Von Imamen möchte die Klägerin verlangen, dass diese sich (in geeigneter und die religiösen Anschauungen berücksichtigender Form) zum Grundgesetz bekennen. Durch diese Meinungsäußerungen würden aber weder pauschale Ängste geschürt noch irgendwelche Glaubensfreiheiten aberkannt. Die Forderung nach einem reformierten Islam sei keine Verfassungsfeindlichkeit, sondern auch aus den Kreisen der Muslime immer wieder zu vernehmen.

Die Kritik der Klägerin richte sich einzig und allein gegen die verfassungsfeindlichen Bestandteile des Islam. Dies habe der Staatsrechtler Prof. Dr. Schachtschneider in seiner Ausarbeitung „Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam“ klar dargestellt.

Weiter stehe im Verfassungsschutzbericht ausdrücklich:

„Extremistische Bestrebungen im Zusammenhang mit islamfeindlichen Äußerungen richten sich gegen die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte (Art. 1 GG), das Diskriminierungsverbot (Art. 3 GG) und die Religionsfreiheit (Art. 4 GG). Als extremistisch sind bestimmte ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen zu beurteilen, die die Geltung der genannten Prinzipien für Muslime und den Islam und seine Glaubensgemeinschaften außer Kraft setzen bzw. beseitigen wollen.“

Wer über die verfassungsfeindlichen und gefährlichen Bestimmungen einer totalitär eingestellten Religionsideologie aufkläre, taste keinesfalls das Grundgesetz an, sondern schütze unsere Gesellschaft vor den Gefahren, die sich aus den verfassungsfeindlichen Bestandteilen des Islam ergeben würden.

Weiter werde im Verfassungsschutzbericht 2013 behauptet:

„Der Landesverband der Partei DIE FREIHEIT Bayern verfolgt verfassungsschutzrelevante islamfeindliche Bestrebungen. Er wendet sich mit pauschal diffamierenden Äußerungen gegen Mitbürger islamischer Religionszugehörigkeit, unabhängig von deren Staatsangehörigkeit oder Aufenthaltsstatus.“

Die Klägerin nehme keine „pauschal diffamierenden Äußerungen“ vor, sondern kritisiere nur die verfassungsfeindlichen Bestandteile des Islam.

Ein weiterer Vorwurf:

„Die Freiheit Bayern differenziert in ihren Verlautbarungen in der Regel nicht zwischen dem Islam als Religion und dem Islamismus als politischer Ideologie, sondern begreift den Islam als „faschistoide Politikideologie“.

Kritik am politischen Islam dürfe nicht mit Religionskritik verwechselt werden. Allerdings gebe es eine enge und teils nicht differenzierbare Verbindung zwischen dem politischen Islam (Islamismus) und der Religion des Islam. Es gebe keine scharfe Trennung zwischen Islam und Islamismus. Der ägyptischstämmige Politologe und Publizist Hamed Abdel-Samad zeige in seinem aktuellen Buch „Der islamische Faschismus“ auf, dass der Islam nicht nur eine Religion, sondern gleichzeitig eine totalitäre politische Weltanschauung mit faschistischen Grundstrukturen sei.

Weiter heiße es im Verfassungsschutzbericht:

„Die Aktivitäten der Freiheit Bayern zielen darauf ab, pauschale Ängste vor Muslimen als nicht integrierbare „Ideologieanhänger“ zu schüren und alle Muslime allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit als Feinde des Rechtsstaates zu verunglimpfen.“

Dies sei nicht zutreffend, da sich die Kritik der Klägerin gegen den Islam als Ideologie, nicht gegen den einzelnen Muslim richte.

Die Klageschrift in dem Klageverfahren gegen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz (Az. M 22 K 14.1092) werde inhaltlich zum Vortrag gemacht.

Die Bezeichnung des Korans als „gefährlichstes Buch der Welt“ sei eine zulässige Meinungsäußerung. Diese Aussage werde zudem nicht pauschal, sondern unter Erläuterung der verfassungswidrigen Inhalte getätigt.

Der Bundesverfassungsschutz und auch sämtliche andere Landesverfassungsschutzämter würden die Klägerin ausdrücklich nicht beobachten. Auch sei eine Zurechnung der Äußerungen des Vorsitzenden der Klägerin, Herrn ..., gegenüber der Klägerin nicht zulässig. Eine Erläuterung, aufgrund welcher konkreten Äußerungen bestimmter Einzelpersonen, der gesamte Landesverband beobachtet werde, erfolge nicht.

Mit Schriftsatz vom 5. August 2014 beantragte der Beklagte,

die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Solange die Klägerin keinen Antrag auf die begehrte Handlung gestellt und eine angemessene Entscheidungsfrist hierüber abgewartet habe, seien die Klageanträge mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.

Es lägen tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vor. Bei der Beschreibung der Aktivitäten der Klägerin als auf die Hervorrufung pauschaler Ängste vor Muslimen zielender pauschal islamfeindlicher Propaganda, die die Religionsfreiheit, die Menschenwürde und den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen würde, handele es sich um eine Wertung, die der Einstufung als Beobachtungsobjekt zugrunde liege. Die Ausführungen der Klägerin, dass die Betroffenheit „nur“ eines oder einzelner Grundrechte nicht die Geltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung als solche infrage stelle, verkenne völlig die Bedeutung jedes einzelnen Grundrechts als Kernbestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.

Entgegen der Annahme der Klägerin handele es sich nicht um eine Verdachtsberichterstattung, da nicht nur tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht, sondern tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen der Klägerin gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung der Halbjahresinformation und dem Jahresbericht 2013 zugrunde lägen (Bl. 369 d. GA).

Die Klägerin spreche Muslimen das Existenzrecht in Deutschland mit der Begründung ab, dass der Islam - und nicht nur der Islamismus - eine große Gefahr für unsere Gesellschaft sei. Bei öffentlichen Auftritten würden fast ausschließlich eine „Islamisierung Europas“ sowie die Aggressivität und Täuschungsabsichten des Islams, der sich als totalitäre Ideologie mit dem Deckmantel einer Religion tarne, thematisiert. Diese Agitation richte sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung.

Neben Grundsatzprogramm, Thesenpapier und Verzichtsforderung als ideologische Grundlagen enthalte das tägliche politische Wirken der Klägerin weitere Anhaltspunkte für das Vorliegen einer extremistischen Bestrebung. Die Klägerin begreife den Islam an sich und nicht nur den Islamismus als nicht mit den Grundwerten unserer Gesellschaftsordnung vereinbar. Eine scharfe Trennung zwischen Islam und Islamismus sei nach Auffassung der Klägerin nicht möglich.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten M 22 K 14.1092, M 22 K 13.2076, M 22 E 13.2077, M 22 K 14.1743, M 22 E 14.1745 sowie die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 2014 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage auf Unterlassung der weiteren Verbreitung des Verfassungsschutzberichtes 2013 des Freistaates Bayern, der Rede des Bayerischen Staatsministers des Innern anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes des Freistaates Bayern 2013 sowie des Halbjahresberichts 2013, wenn nicht zuvor die Passagen über die Klägerin entfernt oder unkenntlich gemacht werden, hat Erfolg.

1. Die Klage ist zulässig.

1.1. Die Klägerin ist gemäß § 3 Satz 2 ParteiG selbst beteiligungsfähig i. S. v. § 61 VwGO (Schmidt in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 61 Rn. 6). Danach kann eine politische Partei i. S. d. Art. 21 GG, § 2 PartG unter ihrem Namen klagen und verklagt werden. Das gleiche gilt für ihre Gebietsverbände der jeweils höchsten Stufe, sofern die Satzung der Partei nichts anderes bestimmt. Der Bayerische Landesverband handelt für sich selbst, nicht für die Bundespartei. Er wird gemäß § 62 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 11 Abs. 3 Satz 2 ParteiG i. V. m. § 26 Abs. 1 Satz 2 BGB im Prozess durch den Vorstand vertreten.

1.2. Die Klägerin kann sich als im Verfassungsschutzbericht 2013 erklärtes „Beobachtungsobjekt“ des BayLfV auf eine mögliche Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 Grundgesetz i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG) berufen und daraus resultierend einen möglichen Abwehranspruch gegen den Beklagten geltend machen. Die formelle Stellung der Klägerin als Partei i. S. d. ParteiG lässt es zumindest nicht als ausgeschlossen erscheinen, dass die Klage möglicherweise erforderlich ist, um wesentliche Nachteile bei der Betätigung als politische Partei abzuwenden.

1.3. Der Klage fehlt es auch nicht etwa deshalb am Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin nicht vor Klageerhebung die Behörde um Unterlassung ersucht hat. Vor Anrufung der Gerichte braucht sich ein Rechtsschutzsuchender grundsätzlich nicht vergeblich an den Rechtsschutzgegner gewandt zu haben (Kopp, VwGO, Vorb § 40 Rn. 32), es sei denn, das Prozessrecht sieht ausdrücklich eine Antragstellung bei der Verwaltung vor. Insbesondere kann nicht verlangt werden, dass ein Bürger vor Erhebung der Leistungsklage einen Antrag bei der Verwaltung gestellt hat (mag dies auch der einfachere und weniger kostenaufwendige Weg sein). Hat der Beklagte durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben, kann er den Anspruch sofort anerkennen, mit der Folge, dass die Prozesskosten gem. § 156 VwGO dem Kläger zur Last fallen. Da die sofortige Anerkennung voraussetzt, dass die Klage zulässig ist, ergibt sich aus der genannten Regelung, dass die VwGO das Unterlassen einer vorherigen Antragstellung bei der Verwaltung nicht als Fall mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses ansieht (Ehlers in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 26. EL 2014, Rn. 82). Ein besonderes, dem des § 75 VwGO für die Verpflichtungsklage vergleichbares prozessuales Antragserfordernis gibt es bei der allgemeinen Leistungsklage nicht (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 69). Zudem gab der Beklagte im Verfahren zu erkennen, dass auch ein vorab an ihn gestellter Antrag auf Unterlassung der entsprechend ungeschwärzten weiteren Verbreitung des Verfassungsschutzberichts 2013 und der entsprechenden weiteren streitgegenständlichen Verlautbarungen nicht positiv verbeschieden worden wäre.

2. Die zulässige Klage ist auch begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegenüber dem Beklagten auf Unterlassung der weiteren Verbreitung des Verfassungsschutzberichtes 2013 des Freistaates Bayern, der Rede des Bayerischen Staatsministers des Innern anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes des Freistaates Bayern 2013 sowie des Halbjahresberichts 2013, wenn nicht zuvor die Passagen über die Klägerin entfernt oder unkenntlich gemacht werden, § 113 Abs. 5 VwGO.

Da der von der Klägerin vorliegend geltend gemachte Anspruch weder im Bayerischen Verfassungsschutzgesetz noch sonst spezialgesetzlich geregelt ist, kann sich ein solcher nur aus der konkret betroffenen Grundrechtsposition der Klägerin, hier ihrer Parteienfreiheit (in Form der Gründungsfreiheit gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG, der Betätigungsfreiheit gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG und der aus einer Zusammenschau der Art. 3, 21 und 38 GG abzuleitenden politischen Chancengleichheit) sowie ihrer Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG), jedenfalls Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, ergeben (vgl. BVerwG vom 21.5.2008 BVerwGE 131, 171 RdNr. 13; BayVGH vom 23.9.2010 Az. 10 CE 10.1850). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, auf das sich gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch die Klägerin als juristische Person bzw. Personenverband im Rahmen ihres Aufgabenbereichs berufen kann (vgl. BVerwG vom 21.5.2008 a. a. O. RdNr. 16), umfasst den Schutz vor staatlichen Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Bild der betroffenen Person in der Öffentlichkeit auszuwirken (st. Rspr. des BVerfG; vgl. z. B. Beschluss vom 14.7.2004 NJW 2004, 3619). Hierzu zählen auch das Verfügungsrecht und das Selbstbestimmungsrecht über die eigene Außendarstellung sowie der Schutz des sozialen Geltungsanspruchs, der sog. „äußeren Ehre“ als des Ansehens in den Augen anderer (vgl. BVerwG vom 21.5.2008 a. a. O. RdNr. 16). Unmittelbarer Ausfluss dieses verfassungsrechtlichen Schutzanspruchs gegenüber (unzulässigen) Grundrechtseingriffen durch eine Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht ist ein entsprechender Unterlassungs- bzw. Löschungsanspruch.

2.1. Die von der Klägerin angegriffene Nennung im Verfassungsschutzbericht 2013, aber auch die Erwähnung in der damit im Zusammenhang stehenden Rede des Bayerischen Staatsministers des Innern anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes des Freistaates Bayern 2013 sowie des Halbjahresberichts 2013 sind als Grundrechtseingriffe zu bewerten, weil sie geeignet sind, sich abträglich auf das Bild des Klägers in der Öffentlichkeit auszuwirken, und dies ihr gegenüber eine „mittelbar belastende negative Sanktion“ bedeutet (vgl. BVerfG vom 24.5.2005 BVerfGE 113, 63/77 f.; BayVGH vom 23.9.2010 a. a. O.).

Die Rechtsbeeinträchtigung der Klägerin ist bereits eingetreten und dauert mit der Gefahr ständiger Wiederholung an. Denn der Beklagte hat den Verfassungsschutzbericht nicht nur in gedruckter Form veröffentlicht, sondern verbreitet ihn in voller Länge im Internet. Die Klägerin ist daher auch zukünftig den Sachverhaltsdarstellungen ausgesetzt, die er zum Gegenstand seines Unterlassungsanspruchs gemacht hat (BVerwG U. v. 21.5.2008 - 6 C 13/07 - juris Rn. 19). Der Eingriffscharakter von Verfassungsschutzberichten in Bezug auf Parteien ergibt sich aus der Besonderheit von Verfassungsschutzberichten, die darin liegt, auf die Abwehr bestimmter verfassungsgefährdender Gefahren abzuzielen (vgl. § 1 Abs. 1 BayVSG). Sie gehen damit über die bloße Teilhabe staatlicher Funktionsträger an öffentlichen Auseinandersetzungen oder die Schaffung einer hinreichenden Informationsgrundlage für die eigenständige Entscheidungsbildung der Bürger hinaus. Es ist allgemein anerkannt, dass Verfassungsschutzberichten eine Warnfunktion zukommt; mit der Einordnung einer in ihnen aufgeführten Partei in die neue eigenständige Extremismusform „verfassungschutzrelevante Islamfeindlichkeit“ verbindet sich zugleich die Aufforderung an die Öffentlichkeit, diese nicht zu wählen, sie nicht zu unterstützen und ihre Publikationen nicht zu lesen. Diese Intention wird in dem hier zu entscheidenden Fall mitunter auch in den Äußerungen des Beklagten wie „(…)Es freut mich, dass „Die Freiheit“ bei den Kommunalwahlen am 16. März mit nur 0,6% der Stimmen den Einzug in den Stadtrat verfehlt hat“ (Rede des Bayerische Innenministers anlässlich der Vorstellung des Verfassungsberichts 2013 am ... März 2014) oder „(…) Bei der bayerischen Landtagswahl 2013 trat die Freiheit nur im Wahlkreis Oberbayern an und erlangte bayernweit 0,1% der Stimmen (…)“ (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2013 S. 140) deutlich.

Die Aufnahme einer Partei in Verfassungsschutzberichte behindert diese damit in ihrer durch Art. 21 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GG gewährleisteten Mitwirkung bei der politischen Willensbildung des Volkes. Die Gründung der Parteien ist frei. Das Grundgesetz setzt die Staatsfreiheit der Parteien als frei gegründeter, im gesellschaftlich-politischen Bereich wurzelnder Gruppen voraus und gewährleistet ihre Unabhängigkeit vom Staat. Ihnen steht das Recht auf Selbstbestimmung zu. Zu dessen Kernbereich gehört das Recht der Parteien, selbst und ohne staatliche Einflussnahme oder Überwachung über ihre Ziele, Organisation und Tätigkeiten zu entscheiden. Sowohl die Freiheit der inneren Willensbildung als auch die freie Entfaltung der Tätigkeiten als Partei sind gewährleistet. Durch die Abschreckungs- und Warnfunktion von Verfassungsschutzberichten wird die Möglichkeit negativ beeinflusst, mit eigenen Zielvorstellungen und Programmen auf die politische Willensbildung Einfluss zu nehmen. Damit ist die Partei zugleich in der ihr durch Art. 3, Art. 21 und Art. 38 GG gewährleisteten Chancengleichheit betroffen, die einen wesentlichen Bestandteil der demokratischen Grundordnung darstellt (Vgl. VG Düsseldorf U. v. 15.2.2011 - 22 K 404/09 - juris Rn. 233 ff.; BVerwG, U. v. 21.7.2010 - 6 C 22/09 -, DVBl. 2010, 1370 ff. = juris (Rn. 23); OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 6.4.2006 - OVG 3 B 3.99 - juris Rn. 44)).

Zudem muss Berücksichtigung finden, dass die Klägerin von dem Grundrecht der Meinungsfreiheit nicht zum Zwecke privater Auseinandersetzung Gebrauch macht, sondern in erster Linie zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen will. In besonderem Maße hat dies zu gelten, wenn es sich - wie hier - um Auseinandersetzungen in einem Wahlkampf handelt, also einer Situation, in welcher der politische Meinungskampf auf das höchste intensiviert ist. Nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG wirken die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit; dies geschieht namentlich durch Beteiligung an Wahlen, die in der parlamentarischen Demokratie die wichtigste Form jener Willensbildung sind (vgl. BVerfGE 52, 63 (82)). Da das geltende Wahlrecht für die Vorbereitung und Durchführung von Wahlen politische Parteien voraussetzt, sind diese vor allem auch Wahlvorbereitungsorganisationen (vgl. BVerfGE 8, 51 (63)). Sie nehmen die ihnen durch Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG gestellte, von § 1 Abs. 1 Satz 2 des Parteiengesetzes als „öffentliche“ bezeichnete Aufgabe wahr, indem sie den eigentlichen Wahlakt als Akt demokratischer Legitimation der das Volk repräsentierenden Organe vorbereiten (vgl. auch § 1 Abs. 2, § 2 PartG). Diese Aufgabe verträgt als eine wesensgemäß politische prinzipiell keine inhaltlichen Reglementierungen, wenn anders sie nicht um eine ihrer Grundvoraussetzungen gebracht werden soll. Soweit es sich um Auseinandersetzungen zwischen politischen Parteien in einem Wahlkampf handelt, ist deshalb Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG für die Zuordnung von Meinungsfreiheit und beschränkenden Gesetzen von wesentlicher Bedeutung: er verstärkt die Vermutung für die Zulässigkeit freier Rede mit der Folge, dass gegen das Äußern einer Meinung nur in äußersten Fällen eingeschritten werden darf (BVerfG, U. v. 22.6.1982 - 1 BvR 1376/79 - juris).

Die grundgesetzlich geschützten Rechtspositionen der Parteien finden ihre Schranke in der Entscheidung des Grundgesetzes für eine „streitbare Demokratie“. Diese Grundentscheidung ist im Wesentlichen aus Art. 9 Abs. 2, Art. 18, Art. 20 Abs. 4, Art. 21 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 3 GG herzuleiten. Sie wird in den Zuständigkeitsvorschriften der Art. 73 Nr. 10 Buchst. b und Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG bestätigt. Das Grundgesetz vertraut aufgrund geschichtlicher Erfahrung nicht allein darauf, die freiheitliche Demokratie werde sich im Prozess der öffentlichen Meinungsbildung ohne Weiteres behaupten. Es hat darüber hinaus dem Staat die Aufgabe übertragen, die zentralen Grundwerte der Verfassung durch (repressive) Schutzvorkehrungen zu sichern und zu gewährleisten (vgl. BVerwG, U. v. 21.7.2010, a. a. O. - juris Rn. 24).

2.2. Ein Eingriff in die grundrechtlich geschützte Freiheitssphäre der Klägerin kann gem. Art. 15 Satz 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes - BayVSG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 1997 (GVBl. 1997,70), zuletzt geändert am 24. Juni 2013, gerechtfertigt sein. Gemäß Art. 15 Satz 1 BayVSG unterrichten das Staatsministerium des Inneren und das Landesamt für Verfassungsschutz die Öffentlichkeit über tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 BayVSG.

Diese Rechtsgrundlage erlaubt im Hinblick auf die Klägerin nur eine Unterrichtung über den Verdacht von Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 BayVSG (2.2.1.), nicht aber, wie im Verfassungsschutzbericht 2013 und den daneben angegriffenen in diesem Zusammenhang getätigten Äußerungen allerdings geschehen, eine über die Verdachtsstufe hinausgehende Unterrichtung dahingehend, dass die Klägerin in feststehender und erwiesener Weise solche Bestrebungen und Tätigkeiten verfolge (2.2.2.). Insoweit verstößt die geschehene Berichterstattung zudem gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (2.2.3.).

2.2.1. Nach Art. 3 Abs. 1 BayVSG hat das Landesamt für Verfassungsschutz die Aufgabe, Bestrebungen, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, zu beobachten. Das Landesamt hat in Erfüllung dieser Aufgabe Informationen, insbesondere sach- und personenbezogene Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen über solche Bestrebungen oder Tätigkeiten zu sammeln und auszuwerten (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayVSG). Gemäß Art. 15 Satz 1 BayVSG unterrichten das Staatsministerium des Innern und das Landesamt für Verfassungsschutz die Öffentlichkeit über tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 BayVSG. Dass die Veröffentlichung in den Verfassungsschutzberichten eine grundsätzlich geeignete Vorkehrung zur Aufklärung der Öffentlichkeit und in diesem Rahmen zur Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen ist, ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (vgl. BVerfG vom 24.5.2005 a. a. O. S. 80).

Nach zutreffender Auslegung des Art. 15 Satz 1 BayVSG insbesondere auch unter Berücksichtigung des Zwecks des Verfassungsschutzberichts - Information der Öffentlichkeit über entsprechende Bestrebungen und gleichzeitiger (Vorfeld-)Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne einer wehrhaften Demokratie bei erkennbaren Gefahrenlagen - müssen konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme von Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des Art. 3 Abs. 1 BayVSG vorliegen, um im Verfassungsschutzbericht eine Bewertung bestimmter Organisationen oder Personen als verfassungsfeindlich zu rechtfertigen (vgl. BVerfG vom 24.5.2005 a. a. O. S. 76 und 81 ff.; BayVGH vom 16.7.2010 Az. 10 CE 10.1201).

Tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht für Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, liegen bei der Klägerin vor. Mag auch jedes einzelne von dem Beklagten vorgelegte Dokument für sich genommen nicht genügen, dieses Tatbestandsmerkmal zu stützen, so bestehen doch bei Gesamtschau aller vorhandenen und vorgelegten Erkenntnismittel tatsächliche Verdachtshinweise dafür, dass die Klägerin friedlichen in Deutschland lebenden, islamgläubigen Musliminnen und Muslimen die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit (Art. 4 GG) sowie die Menschenwürde (Art. 1 GG) und das Diskriminierungsverbot (Art. 3 Abs. 3 GG) als Bestandteile der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht zugestehen will und die Geltung der genannten Prinzipien für diese Bevölkerungsgruppe, der Religion des Islam und seinen Glaubensgemeinschaften außer Kraft setzen bzw. beseitigen beabsichtigt.

Dies ergibt sich im Einzelnen aus den Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Oktober 2014 Az.: M 22 K 14.1092, wonach die Beobachtung u. a. der Klägerin durch das BayLfV wegen des Vorliegens tatsächlicher Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen gegen die freiheitliche Grundordnung für rechtmäßig erachtet wurde.

2.2.2. Die streitgegenständlichen öffentlichen und über die Verdachtsberichterstattung hinausgehenden Darstellungen der Klägerin im Verfassungsschutzbericht und damit zusammenstehenden Äußerungen verletzen die Klägerin in ihrer grundrechtlich geschützten Freiheitssphäre, namentlich der Parteienfreiheit (in Form der Gründungsfreiheit gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG, der Betätigungsfreiheit gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG und der aus einer Zusammenschau der Art. 3, 21 und 38 GG abzuleitenden politischen Chancengleichheit) sowie der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG).

Denn die Tatsachenbehauptungen, die zur Begründung eines abschließenden Werturteils über die Verfassungsfeindlichkeit herangezogen werden, müssen der Wahrheit entsprechen. Hiernach kann die Klägerin hinsichtlich aller streitigen Tatsachenbehauptungen einen Eingriff jedenfalls in ihr Persönlichkeitsrecht geltend machen mit der Folge, dass ihr ein Unterlassungsanspruch zusteht, soweit diese Behauptungen nicht erweislich wahr sind.

Von der Wahrheit der streitigen Behauptungen kann hier nicht mit der erforderlichen Gewissheit ausgegangen werden.

Die durch die Klägerin und ihre Funktionäre verlautbarten fortwährenden und nachhaltigen Herabsetzungen bestimmter Minderheiten haben nicht ein qualitatives Maß und eine Nachhaltigkeit erreicht, die nur noch geringe Restzweifel an der Ernsthaftigkeit, die sich aus den Verlautbarungen ergebenden Ausgrenzungen auch in politische Taten umsetzen zu wollen, zulässt. Die Klägerin vermeidet zudem ein offenes Bekenntnis zu verfassungsfeindlichen Zielen und tritt durch Bekenntnisse zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung dem Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit entgegen. Somit kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit die besondere Gefährlichkeit der Klägerin für die freiheitliche demokratische Grundordnung als erwiesen angesehen werden, welche es rechtfertigen könnte, die Klägerin im Zusammenhang mit feststehend verfassungsfeindlichen Gruppierungen zu nennen.

Die hinsichtlich der Klägerin vorliegenden Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung rechtfertigen es von daher nicht, die Klägerin der Kategorie „Verfassungsschutzrelevante Islamfeindlichkeit“ als neuer eigenständiger Extremismusform mit einer über das Verdachtsstadium hinausgehenden Gewissheit zuzuordnen.

Im Rahmen dieser Würdigung ist dabei zu berücksichtigen, dass der Übergang von einem bloßen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen bis hin zum Feststehen verfassungsfeindlicher Bestrebungen fließend ist (VG Düsseldorf U. v. 28.5.2013 - 22 K 2532/11 - juris). Die eine Berichterstattung in Verfassungsschutzberichten überhaupt erst rechtfertigenden hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte für einen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen können sich je nach deren Qualität und Quantität so weit intensivieren und verdichten, bis - nach dem Maßstab einer wertenden Gesamtschau - die Annahme verfassungsfeindlicher Bestrebungen gerechtfertigt ist.

Der Beklagte stützt seine Erkenntnis über das Bestehen von tatsächlichen Anhaltspunkten für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung (nahezu) ausschließlich auf im Internet öffentlich zur Verfügung stehender und von Mitgliedern der Klägerin selbst eingestellter Dokumente, Videos und Redemanuskripte. Andere Beweismittel zur Ermittlung der umstrittenen Tatsachen, ob über den Verdacht hinaus tatsächliche Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorliegen, wurden von dem Beklagten im laufenden Verfahren nicht vorgelegt. Die materielle Beweislast für die Richtigkeit der im Verfassungsschutzbericht enthaltenen Tatsachenbehauptungen liegt aber bei der Verfassungsschutzbehörde (VGH BW, U. v. 24.11.2006 - 1 S 2321/05 - juris Rn. 30).

Zu berücksichtigen ist zunächst, dass die aufgeführten belastenden Anhaltspunkte selbst nicht völlig unzweideutig und ohne Zweifel sind. Sie enthalten zwar in ihrer Gesamtschau und ihrem Duktus Äußerungen, woraus sich der Verdacht tatsächlicher Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen ableiten lassen, jedoch fehlt es an stichhaltigen, eindeutigen und ausdrücklichen Bekenntnissen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, die von Ihrer Intensität und Klarheit im Lichte der hier maßgeblichen beeinträchtigten Grundrechte dazu geeignet wären, die öffentliche Berichterstattung über die Klägerin als verfassungsfeindliche Gruppierung und „neue eigenständige Extremismusform“ zu rechtfertigen.

Neben belastenden finden sich auch entlastende Gerichtspunkt in Äußerungen der Funktionäre der Klägerin. So wird redundant und nachhaltig immer wieder betont, dass sich die Klägerin für eine - freiwillige und auf gesellschaftlichen Konsens aufbauende - Reformation des Islam einsetze. Die Klägerin trägt vor, Gegenstand der Kritik sei nicht die Religion des Islam, sondern die Ideologie des politischen Islam, also des Islamismus einschließlich seiner Rechtssätze. Die Klägerin, ihre Funktionäre und ihre Mitglieder würden dabei stets deutlich machen, dass sie diese Kritik nicht als pauschale Kritik an den Muslimen und auch nicht als Kritik an der Religion des Islam verstanden wissen wollen. Entsprechend betont die Klägerin, dass auch Muslime „selbstverständlich“ das Grundrecht der Religionsfreiheit genießen würden und die Klägerin ihre „Islamkritik“ stets in unmittelbarem Kontext zu den Anforderungen der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland stellen würde und erkennbar bestrebt sei, Widersprüche islamischer Glaubensvorschriften mit dem Grundgesetz aufzuzeigen und - insofern - eine Anpassung anzuregen. Gegenstand der Islamkritik sei damit erkennbar keine Verfassungsfeindlichkeit, sondern der Versuch einer verfassungskonformen Auslegung islamischer Glaubenssätze. Die Forderung nach einem reformierten Islam sei keine Verfassungsfeindlichkeit, sondern auch aus den Kreisen der Muslime immer wieder zu vernehmen. Die Kritik der Klägerin richte sich einzig und allein gegen die verfassungsfeindlichen Bestandteile des Islams.

Zugunsten der Klägerin muss hierbei auch Berücksichtigung finden, dass sie sich öffentlich und wiederholt von rechtsextremen Gruppierungen - wie auch der Beklagte in seinem Verfassungsschutzbericht 2013 darstellt - distanziert. So sind nach glaubhaften Angaben der Klagepartei auch Muslime Mitglieder der Klägerin. Hinzukommt, dass auch teilweise übersteigerte Formulierungen, namentlich im Rahmen des öffentlichen Meinungskampfes, starke Ausdrücke, auch in überspitzter und polemischer Form der Meinungsfreiheit unterfallen (BVerfG B. v. 10.7.1992 - 2 BvR 1857/91 - juris Rn. 62).

Vor diesem Hintergrund liegt zwar der Verdacht auf Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung nahe, es kann aber unter objektiver Einbeziehung der öffentlichen Äußerungen insbesondere des Vorsitzenden der Klägerin nicht mit der notwendigen Gewissheit gänzlich ausgeschlossen werden, dass sich die Bestrebungen der Klägerin tatsächlich (nur) gegen die islamistischen und damit grundgesetzwidrigen Bestandteile des Islam beziehen. Es ist zu berücksichtigen, dass die Funktionäre der Klägerin vornehmlich einzelne Aussagen des Koran, dessen Auslegung durch bestimmte islamistische Kreise sowie zeitgeschichtIiche Ereignisse, die im Namen und unter ausdrücklicher Berufung auf den Koran stattgefunden haben, herausgegriffen werden, um aus diesen Anknüpfungspunkten ihre Bewertung des Islam als gefährlich zu begründen. Aus den vorgenannten tatsächlichen Umständen, die in Gestalt des lslamismus einen Teilaspekt des heutigen lslam darstellen, ziehen die Funktionäre der Klägerin die Schlussfolgerung, dass der lslam gefährliche Elemente enthalte, die mit dem deutschen Grundgesetz und den durch dieses verkörperten Werten unvereinbar sei. Gleichzeitig betont die Führungsspitze der Klägerin, dass alle Menschen, unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit, die gleichen Rechte haben, dass Frauen und Männer vor dem Gesetz und im Alltag gleich gestellt sind. Sie fordert, dass sich der lslam von allen verfassungsfeindlichen, gewalttätigen, tötungsbereiten, intoleranten, frauenunterdrückenden und totalitären Aspekten trennen müsse, damit eine ‘friedliche Ko-Existenz’ der Muslime ‘mit Nicht-Moslems auf Dauer’ möglich sei (Bl. 486 d. GA). Diese Aussagen insbesondere des Vorsitzenden der Klägerin können durchaus so verstanden werden, dass die Klagepartei für ein gleichberechtigtes Miteinander von Muslimen und Nicht-Muslimen auf dem Boden des Grundgesetzes (insbesondere unter Ächtung von Gewaltbereitschaft, lntoleranz, Unterdrückung von Frauen und Totalitarismus) eintritt, sie also nicht den lslam als solchen sowie die gläubigen Muslime in ihrer Gesamtheit ablehnt, sondern dass sie lediglich die vorgenannten Teilaspekte, die einen Bezug zum lslam aufweisen, für gefährlich erachtet und durch eben diese eine Gefahr für die Gesellschaft als ganze heraufziehen sieht. Diese Gefahr erachtet die Klägerin als in der öffentlichen Diskussion nicht hinreichend thematisiert, weshalb sie sich veranlasst sieht, diese Diskussion zu befördern. Um dieser aus ihrer Sicht bestehenden Gefahr zu begegnen, entwickelt insbesondere der Vorsitzende der Klägerin seiner Ansicht nach „Lösungsansätze“, deren Ziel letztlich eine Distanzierung der Gläubigen von solchen Inhalten ist, die dem Wertekanon des Grundgesetzes zuwider laufen.

Von Verfassungs wegen ist es geboten, im Hinblick auf den nicht unerheblichen Eingriff in die oben genannten Grundrechte im Rahmen der Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht 2013 diese für die Klägerin sprechende Gesichtspunkte zu berücksichtigen.

Die Kammer verkennt nicht, dass die geschilderten entlastenden Gesichtspunkte auf dem Bemühen der Klägerin beruhen könnten, ihre tatsächlichen Ziele im Interesse der Wählbarkeit für größere Bevölkerungsgruppen zu verschleiern. Die Tatsache allein, dass unverfängliche Äußerungen vorhanden sind, ist deshalb nicht aussagekräftig (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.04.1999 - 1 A 3/94, NVwZ-RR 2000, 70 (71)). Hinzu kommt jedoch, dass bereits die belastenden Anhaltspunkte kein eindeutiges Bild zulassen. Deshalb kann nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht mit der notwendigen Sicherheit angenommen werden, dass sich die Bestrebungen der Klägerin außerhalb des Rahmens der verfassungsmäßigen Ordnung bewegen.

All das führt dazu, dass (nur) von einem Verdacht auszugehen war. Der Verfassungsschutzbericht des Beklagten lässt diese Einschränkung jedoch nicht erkennen. Die Klägerin wird unter der Überschrift „Verfassungsschutzrelevante Islamfeindlichkeit“ als einer „neuen, eigenständigen Extremismusform“ erwähnt (S. 136 des Verfassungsschutzberichts 2013) und damit eindeutig auf die Ebene einer erwiesen verfassungsfeindlichen Organisation gestellt. Diese Qualifizierung ist nach den obigen Ausführungen nicht statthaft.

2.2.3. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, B. v. 24.5.2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63, 82- juris Rn. 77-79) ist - soweit tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der Gruppierung bestehen - zudem der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Maßstab für die Entscheidung, in welcher Art und Weise darüber berichtet werden darf.

Zwar sind - wie bereits dargestellt - Veröffentlichungen in Verfassungsschutzberichten eine grundsätzlich zulässige und geeignete Vorkehrung zur Aufklärung der Öffentlichkeit und in diesem Rahmen zur Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen und steht ihr in Bezug auf Parteien insbesondere nicht grundsätzlich das Parteienprivileg aus Art. 21 Abs. 2 GG entgegen (vgl. BVerfG, B. v. 24.5.2005, a. a. O., (juris Rn. 65); BVerwG, U. v. 27.7.2010, a. a. O. (juris Rn. 21), m. w. N.).

Jedoch greift die öffentliche Darstellung der Klägerin im Verfassungsschutzbericht und in den sonstigen öffentlichen Verlautbarungen in ihrer konkreten Art und Weise unverhältnismäßig in ihre besonders grundgesetzlich geschützten Rechte ein (vgl. zum Eingriffscharakter eines Verfassungsschutzberichtes insoweit in Bezug auf Art. 5 Abs. 1 GG BVerfG, B. v. 24.5.2005, a. a. O. - juris Rn. 50 ff.) und in Bezug auf Art. 21 Abs. 1 GG OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 6.4.2006 - 3 B 3.99 -, NVwZ 2006, 3019 = juris (Rn. 44); VG Hamburg, Urteil vom 13. Dezember 2007 - 8 K 3483/06 -, juris (Rn. 35); Murswiek NVwZ 2006, 121, 128).

Die Berechtigung der Verfassungsschutzbehörde zur Berichterstattung in Verfassungsschutzberichten schon im Falle eines bloßen Verdachts für verfassungsfeindliche Bestrebungen erfordert eine Differenzierung dieser Berichterstattung nach Art und Ausmaß der Gefahr und nach dem Gewicht und der Belastbarkeit der eigenen Erkenntnisse (Vgl. VG Düsseldorf U. v. 15.2.2011 - 22 K 404/09 - juris Rn. 233 ff. VG Hamburg, U. v. 13.12.2007 - 8 K 3483/06 - juris Rn. 39), an der es in dem hier zu entscheidenden Fall mangelt.

Der Beschränkung der Maßnahme auf das zum Rechtsgüterschutz Erforderliche entspricht es, bei einer Berichterstattung aus Anlass eines Verdachts gerade nicht den Eindruck zu erwecken, es stehe fest, dass die betroffene Gruppierung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen verfolgt.

Daher muss - etwa in den gewählten Überschriften und der Gliederung des Berichts - deutlich zwischen solchen Organisationen, für die nur ein Verdacht besteht, und solchen, für die solche Bestrebungen erwiesen sind, unterschieden werden (Vgl. BVerfG, B. v. 24.5.2005, a. a. O., juris Rn. 78). Entscheidend ist damit grundsätzlich, dass in den Berichten Organisationen, bei welchen lediglich tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen festgestellt werden, nicht ohne jede Differenzierung in der Gestaltung des Berichts auf die gleiche Stufe mit solchen Organisationen gestellt werden, für die Anhaltspunkte für - gewissermaßen über die Verdachtsstufe hinausgehend feststehende - verfassungsfeindliche Bestrebungen festgestellt werden. Abzustellen ist dabei auf den flüchtigen Leser, d. h. es genügt nicht, wenn eine solche Differenzierung allein aus im Textteil des Berichts enthaltenen Nuancierungen hervorgeht, sondern diese Differenzierung muss sich aus der Gestaltung des Berichts ergeben (Vgl. BVerfG, B. v. 24.5.2005, a. a. O., juris Rn. 89).

Entsprechendes muss auch für alle anderen vergleichbaren Darstellungen der Klägerin in für die Öffentlichkeit bestimmten Verlautbarungen des Beklagten gelten (hier: der Rede anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2013 am ... März 2014 bzw. den 1. Halbjahresbericht 2013 über Verfassungsschutzinformationen über die Klägerin).

Es bedarf der Würdigung im jeweiligen Einzelfall, ob und in welcher Weise es geboten ist, die Bestrebungen einer Organisation von im Bericht ebenfalls genannten Bestrebungen anderer Organisationen durch äußere Gestaltung und Textinhalt abzugrenzen. So wie der flüchtige Leser eines Verfassungsschutzberichts Organisationen, die die Schwelle hinreichend gewichtiger tatsächlicher Anhaltspunkte für einen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen überschreiten, von einer feststehenden Verfassungsfeindlichkeit aber deutlich entfernt sind, als solche erkennen können muss, gebietet es der Grundsatz der Erforderlichkeit, solche Organisationen, bei denen ein Maß an Wahrscheinlichkeit der Verfassungsfeindlichkeit erreicht ist, das vollständiger Gewissheit nahekommt, wegen deren potenzieller Gefährlichkeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung von den erstgenannten Verdachtsfällen abzugrenzen und sie im Zusammenhang mit feststehend verfassungsfeindlichen Organisationen zu nennen.

Gemessen daran überschreitet die Berichterstattung über die Klägerin im Verfassungsschutzbericht 2013, im Redemanuskript des bayerischen Innenministers anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2013 am ... März 2014 und des ersten Halbjahresberichts 2013 des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutzes das sich aus diesen Vorgaben ergebende erforderliche Maß, da in diesen drei Veröffentlichungen die Klägerin als erwiesen verfassungsfeindlich dargestellt wird.

Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Beklagte mit dem Begriff „verfassungsschutzrelevant“ ausdrücken wollte, dass bei der Klägerin (nur) von dem Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen ausgegangen wurde.

Vielmehr ist festzustellen, dass der Beklagte in seiner Klageerwiderung ausgeführt hat (Bl. 369 d. GA), dass es sich nicht um eine Verdachtsberichterstattung handele, da nicht nur tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht, sondern tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen der Klägerin gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung der Halbjahresinformation und dem Jahresbericht 2013 zugrunde lägen.

Allein aus der Begrifflichkeit „verfassungsschutzrelevant“ statt „verfassungsfeindlich“ wäre für den flüchtigen Leser nicht hinreichend erkennbar, dass es sich dabei lediglich um einen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen handeln sollte. Der vom Bundesverfassungsgericht geforderten deutlichen Differenzierung wird damit jedenfalls nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen. Weder in der Überschrift noch sonst aus dem textlichen Zusammenhang ist erkennbar, dass die verfassungsfeindlichen Bestrebungen lediglich auf einem Verdacht gestützt werden. Im Gegenteil lässt sich aus den Formulierungen im Verfassungsschutzbericht „(…) richtet sich gegen die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte (Art. 1 GG), das Diskriminierungsverbot (Art. 3 GG) und die Religionsfreiheit (Art. 4 GG)“ (S. 137) oder „(…), die Muslime zwar nicht als minderwertige Menschen betrachten, ihnen jedoch die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit nicht zugestehen wollen“ (S. 137), erkennen, dass das BayLfV die Verfassungsfeindlichkeit der Klägerin offensichtlich als erwiesen ansieht.

Insgesamt lässt sich deshalb feststellen, dass die Berichterstattung über die Klägerin zu Unrecht erfolgt ist und der Klägerin daher ein Anspruch gegenüber dem Beklagten auf Unterlassung der weiteren Verbreitung des Verfassungsschutzberichtes 2013 des Freistaates Bayern, der Rede des Bayerischen Staatsministers des Innern anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes des Freistaates Bayern 2013 sowie des Halbjahresberichts 2013 zusteht, wenn nicht zuvor die Passagen über die Klägerin entfernt oder unkenntlich gemacht werden.

3. Nach alledem hat die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO Erfolg. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Parteien sind Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluß nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten. Mitglieder einer Partei können nur natürliche Personen sein.

(2) Eine Vereinigung verliert ihre Rechtsstellung als Partei, wenn sie sechs Jahre lang weder an einer Bundestagswahl noch an einer Landtagswahl mit eigenen Wahlvorschlägen teilgenommen hat. Gleiches gilt, wenn eine Vereinigung sechs Jahre lang entgegen der Pflicht zur öffentlichen Rechenschaftslegung gemäß § 23 keinen Rechenschaftsbericht eingereicht hat; § 19a Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend.

(3) Politische Vereinigungen sind nicht Parteien, wenn

1.
ihre Mitglieder oder die Mitglieder ihres Vorstandes in der Mehrheit Ausländer sind oder
2.
ihr Sitz oder ihre Geschäftsleitung sich außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes befindet.

(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind

1.
die nach bürgerlichem Recht Geschäftsfähigen,
2.
die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind.

(2) Betrifft ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Gegenstand des Verfahrens, so ist ein geschäftsfähiger Betreuter nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist.

(3) Für Vereinigungen sowie für Behörden handeln ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände.

(4) §§ 53 bis 58 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

(1) Der Verein muss einen Vorstand haben. Der Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich; er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Der Umfang der Vertretungsmacht kann durch die Satzung mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden.

(2) Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so wird der Verein durch die Mehrheit der Vorstandsmitglieder vertreten. Ist eine Willenserklärung gegenüber einem Verein abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Mitglied des Vorstands.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Hat der Beklagte durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben, so fallen dem Kläger die Prozeßkosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

Tatbestand

1

Der Kläger, Mitglied der Partei DIE LINKE, wendet sich gegen die Sammlung personenbezogener Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz.

2

Die Partei DIE LINKE entstand im Juni 2007 aus der Verschmelzung der Partei Die Linkspartei.PDS (Die Linke.PDS) mit der Partei Arbeit & soziale Gerechtigkeit - Die Wahlalternative (WASG). Die Partei Die Linkspartei.PDS (Die Linke.PDS) ist ihrerseits aus der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) hervorgegangen. Diese benannte sich im Dezember 1989 in Sozialistische Einheitspartei Deutschlands - Partei des Demokratischen Sozialismus (SED-PDS) und im Februar 1990 in Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) um. Ab Juli 2005 führte sie die Bezeichnung Die Linkspartei.PDS (Die Linke.PDS).

3

Der 1956 geborene Kläger war von 1981 bis 1990 Gewerkschaftssekretär in Mittelhessen. 1990 ging er nach Thüringen und war dort bis 1999 Landesvorsitzender der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen. Im April 1999 trat er der PDS bei. Von Oktober 1999 bis Oktober 2005 war er Abgeordneter im Thüringer Landtag, zunächst als stellvertretender Vorsitzender und ab 2001 als Vorsitzender der Landtagsfraktion. Zudem war er deren gewerkschafts- und wirtschaftspolitischer Sprecher. Im Oktober 2005 wurde der Kläger in den Bundestag und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden der Fraktion gewählt. Im August 2009 wurde er erneut in den Thüringer Landtag gewählt und ist dort Vorsitzender der Fraktion der Partei DIE LINKE.

4

Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt über den Kläger eine Personenakte, in der Unterlagen über seine politischen Aktivitäten zusammengestellt sind. Die Informationen reichen bis in die 1980er Jahre zurück. Sie wurden zunächst bei der Beobachtung der DKP und ihres Umfelds gewonnen, seit 1999 bei der Beobachtung der PDS bzw. der Linkspartei.PDS sowie gegenwärtig der Partei DIE LINKE. Das Bundesamt erhebt Informationen über die Tätigkeit des Klägers in der und für die Partei sowie über seine Abgeordnetentätigkeit, jedoch ohne sein Abstimmungsverhalten und seine Äußerungen im Parlament sowie in den Ausschüssen. Anfang 2003 erfuhr der Kläger, dass das Bundesamt über ihn Informationen sammelt.

5

Der Kläger hat daraufhin beim Verwaltungsgericht Klage mit dem Antrag erhoben, festzustellen, dass die Sammlung personenbezogener Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtswidrig ist, soweit es sich um Informationen handelt, die (1.) bis zur Aufnahme des Landtagsmandats im Oktober 1999, (2.) während der Zeit des Landtagsmandats und (3.) während der Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter erhoben worden sind. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren abgetrennt, soweit es die Sammlung von Informationen über den Kläger bis zur Aufnahme des Landtagsmandats im Oktober 1999 betroffen hat. Im Übrigen, soweit die Klage die Zeit als Abgeordneter des Thüringer Landtags und des Bundestags betrifft, hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Sammlung personenbezogener Informationen über den Kläger durch das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtswidrig ist.

6

Mit ihrer Berufung hat die Beklagte die Abweisung der Klage beantragt. Der Kläger hat im Berufungsverfahren seinen erstinstanzlichen Antrag dahin klargestellt, festzustellen, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtswidrig Informationen über ihn in der Zeit seines Landtagsmandats sowie seit der Übernahme seines Bundestagsmandats bis zur mündlichen Verhandlung erhoben hat, und die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, über ihn künftig personenbezogene Daten zu erheben.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat durch Vernehmung eines Zeugen Beweis darüber erhoben, ob seit Oktober 1999 im Bundesamt für Verfassungsschutz die Anordnung getroffen wurde, personenbezogene Daten über den Kläger mit Mitteln der heimlichen Informationsbeschaffung zu erheben. Es hat sodann durch das angefochtene Urteil festgestellt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtswidrig Informationen über den Kläger in der Zeit seines Landtagsmandats (von Oktober 1999 bis Oktober 2005) sowie in der Zeit von der Übernahme seines Bundestagsmandats im Oktober 2005 bis zum 13. Februar 2009 aus allgemein zugänglichen Quellen erhoben hat. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, über den Kläger künftig personenbezogene Daten aus allgemein zugänglichen Quellen zu erheben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen, nämlich insoweit, als der Kläger mit seinem Antrag auch begehrt hat, festzustellen, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen über ihn rechtswidrig mit den Mitteln der heimlichen Informationsbeschaffung erhoben hat, und die Beklagte zu verurteilen, zukünftig den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel der heimlichen Informationsbeschaffung zu unterlassen. Insoweit hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe das Bundesamt Informationen über den Kläger seit Oktober 1999 nicht heimlich, sondern allein aus allgemein zugänglichen Quellen beschafft.

8

Soweit das Oberverwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat, hat es im Kern zur Begründung ausgeführt: Die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte deute darauf hin, dass die Parteien PDS, Linkspartei.PDS und heute DIE LINKE Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verfolgten, die darauf gerichtet seien, die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung sowie das Recht des Volkes, die Volksvertretung in allgemeiner und gleicher Wahl zu wählen, zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Eine weitere Aufklärung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz erscheine deshalb erforderlich. Die Voraussetzungen für eine Beschaffung von Informationen über den Kläger aus allgemein zugänglichen Quellen (offene Beobachtung) seien allein schon wegen seiner politischen Betätigung in der Partei DIE LINKE (früher: PDS/Linkspartei.PDS) gegeben, auch wenn keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Kläger selbst durch seine Parteiarbeit politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verfolge. Die offene Beobachtung von Abgeordneten durch das Bundesamt für Verfassungsschutz bedürfe auch keiner besonderen Ermächtigungsgrundlage. Im Einzelfall des Klägers stehe aber das freie Mandat seiner offenen Beobachtung entgegen. Die offene Beobachtung greife jedenfalls deshalb in das freie Mandat ein, weil sie zumindest mit faktischen Nachteilen für die politische Tätigkeit eines Abgeordneten verbunden sein könne. Mit der Beobachtung durch den Verfassungsschutz sei eine "Stigmatisierung" verbunden, die den Zugang zu dem Teil der Bevölkerung erschweren könne, der sich als verfassungstreu betrachte. Wenn die offene Beobachtung des Klägers durch Verfassungsschutzbehörden allgemein bekannt werde, könne es für ihn schwieriger werden, Anhänger und Wähler für sich und seine Partei zu gewinnen sowie mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Demgegenüber sei eine unmittelbar drohende Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht gegeben. Die Partei DIE LINKE habe in ihrer parlamentarischen Arbeit und bei Regierungsbeteiligungen bislang keine Aktivitäten unternommen, die Ansätze für eine Überwindung der herrschenden Staats- und Gesellschaftsordnung erkennen ließen. Den Gruppierungen innerhalb der Partei, bei denen Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bestünden, komme innerhalb der Partei zwar nennenswerter, bislang aber kein bestimmender Einfluss zu. Dass das Bundesamt für Verfassungsschutz ohne eine Beobachtung des Klägers bei der gebotenen Gewinnung von Informationen über die Partei DIE LINKE in nicht hinzunehmender Weise an der Erfüllung seiner Aufgaben gehindert oder dabei zumindest beeinträchtigt würde, habe weder die Beklagte substantiiert vorgetragen noch sei dies sonst ersichtlich. Das Bundesamt könne die relevanten Informationen in erster Linie durch die Beobachtung der Partei als solcher, einzelner in ihr bestehender Gruppierungen sowie anderer führender Parteimitglieder gewinnen. Diese geringe Bedeutung einer Beobachtung des Klägers könne einen Eingriff in das freie Mandat nicht rechtfertigen. Insoweit sei maßgeblich, dass der Kläger zwar Spitzenfunktionär der Partei sei, jedoch keiner Gruppierung innerhalb der Partei angehöre, bei der der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen bestehe, wenn er auch die Kräfte innerhalb der Partei nicht aktiv bekämpfe, die solcher Bestrebungen verdächtig seien.

9

Soweit das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen hat, hat der Senat die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.

10

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter, die Klage in vollem Umfang abzuweisen: Die Erhebung von Informationen über den Kläger sei auch mit Rücksicht auf dessen Status als Abgeordneter rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig. Die gegenteilige Wertung des Oberverwaltungsgerichts sei nicht nachvollziehbar, beruhe auf einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes und stehe namentlich im Widerspruch zu den Feststellungen, die das Oberverwaltungsgericht an anderer Stelle zu Recht über die verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Partei DIE LINKE, der Stellung des Klägers als eines Spitzenfunktionärs dieser Partei und die deshalb begründete Erforderlichkeit gerade seiner Beobachtung getroffen habe. Das Oberverwaltungsgericht leite die faktischen Nachteile für die politische Betätigung des Klägers daraus her, dass dessen Beobachtung durch den Verfassungsschutz allgemein bekannt werde. Der Kläger habe aber seine Beobachtung durch den Verfassungsschutz selbst publik gemacht. Er könne nicht unter Hinweis auf die dadurch angeblich ausgelöste Erschwernis seiner Arbeit die Rechtswidrigkeit seiner Beobachtung geltend machen.

11

Der Kläger hält das Berufungsurteil zwar im Ergebnis, nicht aber in den Gründen für zutreffend: Das Oberverwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die Partei DIE LINKE vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet werden dürfe. Die Partei verfolge keine Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien. Bei seiner gegenteiligen Einschätzung sei das Oberverwaltungsgericht von unzutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen. Seine tatsächliche Würdigung beruhe auf einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes und der Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der beklagten Bundesrepublik Deutschland ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und stellt sich nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Bei zutreffender Anwendung des § 8 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG) hätte das Oberverwaltungsgericht die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Die Erhebung von Informationen über den Kläger durch das Bundesamt für Verfassungsschutz war in der hier in Rede stehenden Zeit rechtmäßig, verstieß insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 8 Abs. 5 BVerfSchG). Deshalb kann der Kläger auch nicht beanspruchen, dass das Bundesamt eine Erhebung von Informationen über ihn künftig unterlässt. Diese Beurteilung kann der Senat auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts selbst abschließend treffen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Die Revisionsgründe, die der Kläger im Wege der Gegenrüge gegen diese Feststellungen vorgebracht hat, sind entweder unzulässig oder unbegründet (§ 137 Abs. 2 VwGO), so dass die Feststellungen für den Senat bindend sind.

13

Das Bundesamt für Verfassungsschutz erhob und erhebt Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung (1. a)); auch der Einsatz solcher Mittel zur Informationsbeschaffung stellt einen Eingriff in die Rechte des Betroffenen dar, der deshalb einer Ermächtigungsgrundlage bedarf (1. b)). Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung von Informationen mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung ist § 8 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG (2.). Diese Vorschrift deckt die Erhebung von Informationen über den Kläger, weil die Partei DIE LINKE verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt (3.) und die deshalb erforderliche Erhebung von Informationen durch den Verfassungsschutz auf den Kläger als eines ihrer herausgehobenen Mitglieder erstreckt werden darf (4.).

14

1. a) Nach den Feststellungen im Berufungsurteil hat das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen über den Kläger in der Zeit von Oktober 1999 bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung erhoben.

15

Bei dieser Art der Informationsbeschaffung werden Informationen aus offenen Quellen gesammelt und ausgewertet. Offene Quellen sind Informationsträger, die für jedermann, wenn auch nur unter gewissen Umständen, zugänglich sind. Dazu zählen Zeitungen und Zeitschriften, Rundfunk- und Fernsehsendungen sowie Internetangebote. Weiter rechnen dazu die sonstigen offen zugänglichen Verlautbarungen der beobachteten Organisationen (Presseerklärungen, Flugblätter, Programme, Aufrufe), der Besuch öffentlicher Veranstaltungen sowie Erkundigungen aus öffentlich zugänglichen Karteien und Registern.

16

Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt über den Kläger eine Personenakte, in der aus solchen allgemein zugänglichen Quellen Unterlagen über seine politischen Aktivitäten zusammengestellt sind. Die Erhebung von Informationen über den Kläger umfasste dessen gesamte Tätigkeit im linken politischen Spektrum, seine Aktivitäten in der und für die Partei DIE LINKE sowie zuvor in und für die Parteien PDS und Linkspartei.PDS, Teile seiner Abgeordnetentätigkeit im Bundestag und im Thüringer Landtag sowie seine sonstigen politischen Betätigungen. Bei der Erhebung von Informationen über die Abgeordnetentätigkeit des Klägers sind allein sein Abstimmungsverhalten und seine Äußerungen im Parlament sowie in dessen Ausschüssen außer Betracht geblieben. Die Informationen über seine Arbeit als Abgeordneter betreffen nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts andere Aspekte dieser Tätigkeit: Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat allein dokumentiert, wenn dem Kläger in den Fraktionen, denen er angehörte, besondere Funktionen (beispielsweise als Vorsitzender, stellvertretender Vorsitzender oder Sprecher für bestimmte Politikbereiche) übertragen wurden (Berufungsurteil Seite 42).

17

b) Bei der Erhebung von Informationen mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung handelt es sich um einen Eingriff, wenn die gewonnenen Informationen einzelnen Personen oder Personenmehrheiten zugeordnet werden. Unter "Erhebung" ist die aktive Informationsbeschaffung zu verstehen, nicht die zufällige Erlangung von Informationen beispielsweise durch unverlangte Mitteilungen. Erhebung ist nur die intendierte, auf den Betroffenen gezielte Informationsbeschaffung (Borgs, in: Borgs/Ebert, Das Recht der Geheimdienste, BVerfSchG § 3 Rn. 13). Wer am öffentlichen Leben in Wort, Schrift oder Aktion teilnimmt, willigt damit nicht notwendig in die gezielte, auf Vollständigkeit angelegte Erhebung oder gar Speicherung aller seiner öffentlichen Äußerungen ein. Die zielgerichtete Sammlung öffentlicher Verhaltensweisen oder Äußerungen einer bestimmten Person ist daher als "Erhebung" im datenschutzrechtlichen Sinne anzusehen (Borgs a.a.O. Rn. 13), die an gesetzliche Voraussetzungen gebunden ist. Dem steht nicht entgegen, dass es dem Staat nicht verwehrt ist, von jedermann zugänglichen Informationsquellen unter denselben Bedingungen wie jeder Dritte Gebrauch zu machen. Ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist jedoch anzunehmen, wenn - wie hier - die aus öffentlich zugänglichen Quellen stammenden Daten durch ihre systematische Erhebung, Sammlung und Erfassung einen zusätzlichen Aussagewert erhalten (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - BVerfGE 120, 378 <398 f.>).

18

2. Ermächtigungsgrundlage (Befugnisnorm) für die Erhebung von Informationen mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung ist § 8 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG. Nach dieser Vorschrift darf das Bundesamt für Verfassungsschutz die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen. Aufgabe des Bundesamts ist nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG unter anderem die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. In diesem Sinne sind Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in § 4 Abs. 2 BVerfSchG genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG). Zu diesen Verfassungsgrundsätzen gehören das Recht des Volkes, die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung sowie die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte (§ 4 Abs. 2 Buchst. a, c, d und g BVerfSchG).

19

3. Der Kläger war bzw. ist in den Parteien PDS, Linkspartei.PDS und DIE LINKE tätig. Bei diesen Parteien handelte und handelt es sich um Personenzusammenschlüsse im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG (a)), weil nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts bei ihnen im streitigen Zeitraum tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorlagen (b)).

20

a) Unter die Personenzusammenschlüsse im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG fallen auch Parteien. Der Anwendung der Vorschrift auf sie stehen weder das Parteienprivileg aus Art. 21 Abs. 2 GG (aa)) noch das Selbstbestimmungsrecht der Parteien aus Art. 21 Abs. 1 GG (bb)) entgegen.

21

aa) Nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG entscheidet zwar ausschließlich das Bundesverfassungsgericht über die Frage der Verfassungswidrigkeit politischer Parteien. Vor Ergehen einer solchen Entscheidung ist ein administratives Einschreiten gegen den Bestand einer politischen Partei ausgeschlossen. Gegen die Partei, ihre Funktionäre, Mitglieder und Anhänger dürfen wegen ihrer mit allgemein erlaubten Mitteln arbeitenden parteioffiziellen Tätigkeiten keine rechtlichen Sanktionen angedroht oder verhängt werden. Die Beobachtung durch ein Amt für Verfassungsschutz ist aber keine solche Maßnahme, sondern dient der Aufklärung des Verdachts, dass die Partei verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Die Zulässigkeit einer solchen Aufklärung wird von der Verfassung vorausgesetzt. Auch ohne die Feststellung ihrer Verfassungswidrigkeit darf die Überzeugung gewonnen und vertreten werden, eine Partei verfolge verfassungsfeindliche Ziele (Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <130 f.>).

22

bb) Soweit § 8 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG das Bundesamt für Verfassungsschutz ermächtigt, bei Anhaltspunkten verfassungsfeindlicher Bestrebungen eine politische Partei zu beobachten, steht die Vorschrift mit Art. 21 Abs. 1 GG in Einklang.

23

Nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG wirken die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit; ihre Gründung ist frei. Das Grundgesetz setzt die Staatsfreiheit der Parteien als frei gegründeter, im gesellschaftlich-politischen Bereich wurzelnder Gruppen voraus und gewährleistet ihre Unabhängigkeit vom Staat. Ihnen steht das Recht auf Selbstbestimmung zu. Zu dessen Kernbereich gehört das Recht der Parteien, selbst und ohne staatliche Einflussnahme oder Überwachung über ihre Ziele, Organisation und Tätigkeiten zu entscheiden. Sowohl die Freiheit der inneren Willensbildung als auch die freie Entfaltung der Tätigkeiten als Partei sind gewährleistet.

24

Das Selbstbestimmungsrecht der Parteien findet seine Schranke in der Entscheidung des Grundgesetzes für eine "streitbare Demokratie". Diese Grundentscheidung ist im Wesentlichen aus Art. 9 Abs. 2, Art. 18, Art. 20 Abs. 4, Art. 21 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 3 GG herzuleiten. Sie wird in den Zuständigkeitsvorschriften der Art. 73 Nr. 10 Buchst. b und Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG bestätigt. Das Grundgesetz vertraut aufgrund geschichtlicher Erfahrung nicht allein darauf, die freiheitliche Demokratie werde sich im Prozess der öffentlichen Meinungsbildung ohne Weiteres behaupten. Es hat darüber hinaus dem Staat die Aufgabe übertragen, die zentralen Grundwerte der Verfassung durch (repressive) Schutzvorkehrungen zu sichern und zu gewährleisten. Die Beobachtung einer politischen Partei auf verfassungsfeindliche Bestrebungen hin zielt dabei nicht ausschließlich darauf ab, die Entscheidung über repressive staatliche Maßnahmen vorzubereiten. Sie bezweckt vielmehr auch, Informationen über die aktuelle Entwicklung verfassungsfeindlicher Kräfte, Gruppen und Parteien im Vorfeld einer Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Verfassungsordnung zu gewinnen und zu sammeln und damit die Regierung und die Öffentlichkeit in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise, namentlich mit politischen Mitteln entgegenzuwirken. Um die Überschreitung der Linie feststellen zu können, von der an verfassungsfeindliche Betätigungen zu einer Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung werden, der nicht mehr mit politischen Mitteln, sondern nurmehr mit juristischen Mitteln begegnet werden kann, muss dieses Vorfeld notwendig beobachtet werden (so unter Zusammenfassung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <131 ff.>).

25

Der Gesetzgeber hat die Aufgaben und Befugnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz so bestimmt, dass Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht der Parteien auf das zur Selbstverteidigung der freiheitlichen Demokratie zwingend Gebotene beschränkt bleiben. Die widerstreitenden Prinzipien der Parteienfreiheit und der streitbaren Demokratie sind namentlich in § 8 Abs. 5 BVerfSchG und § 9 BVerfSchG mit Hilfe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit einem angemessenen Ausgleich zugeführt. Die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall genügt zur Wahrung der Rechte und schützenswerten Belange Betroffener. Dies gilt auch für politische Parteien (Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <134 f.>).

26

Werden die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung von Parteien durch den Verfassungsschutz eingehalten und wird dabei insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt, greift diese Beobachtung nicht stärker in den offenen Wettbewerb der Parteien um die Möglichkeit politischer Gestaltung ein, als dies mit Rücksicht auf die Verteidigung der verfassungsrechtlichen Grundlagen der Demokratie erforderlich ist. Das Bundesverfassungsschutzgesetz lässt es nicht zu, den Verfassungsschutz darüber hinaus einseitig parteipolitisch, namentlich im Interesse der Regierungsparteien zu instrumentalisieren. Missbräuchlich, und deshalb von den eingeschränkten Ermächtigungsgrundlagen des Bundesverfassungsschutzgesetzes nicht gedeckt, wäre eine einseitige und gezielte, zudem verdeckte Weitergabe von gewonnenen Erkenntnissen an einzelne Parteien oder Politiker, namentlich zur Verwendung im Wahlkampf. Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsschutzes, Munition für den Wahlkampf bereitzustellen. Welche Folgerungen daraus für die Anforderungen zu stellen sind, unter denen in einem Verfassungsschutzbericht (§ 16 Abs. 2 Satz 1 BVerfSchG) politische Parteien oder einzelne Personen als extremistisch oder verfassungsfeindlich bewertet werden dürfen, bedarf hier keiner Entscheidung.

27

b) In dem hier streitigen Zeitraum von Oktober 1999 bis Februar 2009 lagen nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts tatsächliche Anhaltspunkte (aa)) für Bestrebungen in den Parteien PDS, Linkspartei.PDS und DIE LINKE vor, die im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet waren. Das dazu entwickelte Rechtsverständnis des Oberverwaltungsgerichts entspricht der Rechtslage (bb)). Das Oberverwaltungsgericht hat außerdem festgestellt, dass die verfassungsfeindlichen Bestrebungen in politisch ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG eingemündet sind (cc)). Die dazu jeweils getroffenen tatsächlichen Feststellungen binden mangels darauf gerichteter, zulässiger und begründeter Rügen das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO.

28

aa) Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG reichen für das Tätigwerden des Bundesamts für Verfassungsschutz "tatsächliche Anhaltspunkte" für verfassungsfeindliche Bestrebungen, konkret für Gefährdungen der gesetzlich näher beschriebenen Verfassungsrechtsgüter aus. Die Regelung verlangt keine Gewissheit darüber, dass Bestrebungen vorliegen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind.

29

Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht eingangs seiner Würdigung (auch) von tatsächlichen Anhaltspunkten "für den Verdacht" von Bestrebungen der Parteien PDS, Linkspartei.PDS und DIE LINKE gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gesprochen. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht damit aber nicht die Schwelle für die Beobachtung der Parteien entgegen dem maßgeblichen Recht herabgesetzt, mit der weiteren Folge, dass seine tatsächliche Würdigung, weil von einem falschen rechtlichen Maßstab ausgehend, revisionsgerichtlich zu beanstanden wäre. Liegen Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vor, besteht ein Verdacht solcher Bestrebungen. Die Anhaltspunkte müssen mithin geeignet sein, einen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu begründen. Die dann einsetzende Beobachtung dient der Klärung dieses Verdachts. Nichts anderes hat das Oberverwaltungsgericht gemeint, wenn es von Anhaltspunkten für einen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen spricht.

30

Das Tatbestandsmerkmal "tatsächlicher Anhaltspunkt" verlangt allerdings mehr als bloße Vermutungen. Es müssen konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als Tatsachenbasis für den Verdacht vorliegen (vgl. hierzu auch: Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 - BVerfGE 100, 313 <395>). Zur Annahme eines Verdachts kann ferner die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte führen, wenn jeder für sich genommen einen solchen Verdacht noch nicht zu begründen vermag (Urteil vom 17. Oktober 1990 - BVerwG 1 C 12.88 - BVerwGE 87, 23 <28>).

31

Diese Anforderungen an die tatsächlichen Anhaltspunkte genügen den verfassungsrechtlichen Vorgaben auch unter Berücksichtigung der grundgesetzlich garantierten freien Betätigung der Parteien. Weitere Eingrenzungen für die zulässige Beobachtung einer Partei lassen sich nicht der Entscheidung entnehmen, die der Kläger in diesem Zusammenhang anführt (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63). Sie befasst sich mit Blick auf die grundrechtlich garantierte Pressefreiheit mit der Aufnahme einer Wochenzeitung in den Verfassungsschutzbericht und dem dort enthaltenen Hinweis auf den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen. Das Bundesverfassungsgericht arbeitet zunächst im Anschluss an frühere Rechtsprechung heraus, wann das Informationshandeln der Regierung als Eingriff in ein Grundrecht zu werten ist und unter welchen Voraussetzungen ein solcher Eingriff gerechtfertigt sein kann. Es hebt dabei insbesondere (und insoweit auch mit Bedeutung für die bloße Beobachtung einer Partei) hervor, es seien keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen zu erheben, dass das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen für die Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht ausreicht. Das Bundesverfassungsgericht betont im Anschluss daran vor allem den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Die tatsächlichen Anhaltspunkte müssten hinreichend gewichtig sein. Rechtfertigten sie nur den Schluss, dass möglicherweise ein Verdacht begründet sei, reichten sie als Grundlage einer Grundrechtsbeeinträchtigung nicht aus. Stünden die Bestrebungen noch nicht fest, begründeten tatsächliche Anhaltspunkte aber einen entsprechenden Verdacht, müsse dessen Intensität hinreichen, um die Veröffentlichung in Verfassungsschutzberichten auch angesichts der nachteiligen Auswirkungen auf die Betroffenen zu rechtfertigen (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <81>). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt auch die Möglichkeit, Parteien wegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu beobachten. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich aber insoweit nicht ohne Weiteres übertragen. Das Gewicht des Eingriffs in die freie Betätigung der Parteien ist ein anderes, je nachdem ob sie (nur) beobachtet werden oder ob als Ergebnis einer solchen Beobachtung die Öffentlichkeit über Gefährdungen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unterrichtet werden soll, die von der Partei ausgehen. Die Beobachtung dient gerade der Aufklärung, ob Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gegeben sind, die, ohne schon zum Mittel des Verbotsantrags zu greifen, doch die politische Auseinandersetzung mit dieser Partei erforderlich machen und ob zu diesem Zweck auch das Mittel einer Warnung der Öffentlichkeit über den Verfassungsschutzbericht eingesetzt werden soll. Diese Abstufung der Reaktion auf mögliche Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, schließt es aus, jeweils das gleiche Gewicht für tatsächliche Anhaltspunkte für solche Bestrebungen zu verlangen.

32

bb) Nach den den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts gab bzw. gibt es in den Parteien PDS, Linkspartei.PDS und heute DIE LINKE tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, nämlich gegen das Recht des Volkes, die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, gegen das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, gegen die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung sowie gegen die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.

33

Mit diesen zentralen Verfassungswerten nicht vereinbar sind eine sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne einer sozialistisch- kommunistischen Gesellschaftsordnung. In einer solchen Gesellschaft sind - vor allem in der Phase der Diktatur des Proletariats - die Wahrung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung sowie allgemeine und gleiche Wahlen nicht gewährleistet. Nach marxistisch-leninistischer Lehre ist die Diktatur des Proletariats eine notwendige Vorstufe zur Erreichung des Sozialismus. In dieser Phase wandelt das Proletariat, das durch eine Revolution die Macht ergriffen hat, in fortgesetzten revolutionären Kämpfen die kapitalistische Gesellschaft in eine sozialistisch-kommunistische um. Hierzu bedarf es einer Unterdrückung des Widerstands der durch die Revolution entmachteten Klasse. Die Staatsgewalt ist bei der Staatspartei - der Kommunistischen Partei - konzentriert, die Trägerin des Klassenkampfes ist. Die so verstandene Diktatur des Proletariats ist mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes unvereinbar. Es wäre nicht denkbar, den Wesenskern des Grundgesetzes aufrechtzuerhalten, wenn eine Staatsordnung errichtet würde, die die kennzeichnenden Merkmale der Diktatur des Proletariats trüge. In einem derartigen Gemeinwesen sind die Menschenrechte nicht gewährleistet. Für die Angehörigen der unterdrückten Klasse ist das selbstverständlich. Da alles staatliche Handeln der Aufgabe der grundlegenden Neugestaltung der staatlichen Ordnung und der Erreichung des Sozialismus untergeordnet ist, stehen auch den Mitgliedern der herrschenden Klasse Grundrechte nur insoweit zu, als sie der Festigung der Diktatur des Proletariats zumindest nicht entgegenstehen. Angesichts der Allmacht der Kommunistischen Partei und ihrer alleinigen Einsicht in die politischen Notwendigkeiten scheiden eine Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung und erst recht Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition aus. Die Erörterung von Methoden und Einzelmaßnahmen ist ausgeschlossen, sobald sie einmal von der herrschenden Partei autoritativ verkündet worden sind. Angesichts dessen bestehen auch für eine Ablösbarkeit der Regierung sowie allgemeine und gleiche Wahlen kein Raum und kein Bedürfnis (BVerfG, Urteil vom 17. August 1956 - 1 BvB 2/51 - BVerfGE 5, 85 <147 ff.> KPD-Verbot).

34

Das Oberverwaltungsgericht hat die ihm vorliegenden Unterlagen dahin gewürdigt, aus ihnen ergäben sich tatsächliche Anhaltspunkte von hinreichendem Gewicht und in ausreichender Zahl dafür, dass durchaus namhafte Teile der Partei eine politische Umgestaltung der Bundesrepublik Deutschland verfolgten, nämlich durch eine sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne eine sozialistisch-kommunistische Gesellschaftsordnung anstrebten.

35

Diese Würdigung kann revisionsgerichtlich nicht beanstandet werden. Das Bundesverwaltungsgericht ist deshalb an sie als Revisionsgericht gebunden und hat sie seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Indem § 137 Abs. 2 VwGO das Revisionsgericht an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz bindet, entzieht die Vorschrift insbesondere die Beweiswürdigung des Tatrichters einer umfassenden revisionsgerichtlichen Nachprüfung. Dem Tatsachengericht ist die Aufgabe übertragen, sich im Wege der freien Beweiswürdigung unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung über den zu entscheidenden Sachverhalt zu bilden. Dieser Vorgang ist revisionsgerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar (Beschluss vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 20). Eine Grenze der freien Beweiswürdigung bildet nach der einen Seite hin das anzuwendende Recht und dessen Auslegung. Nach der anderen Seite hin ergibt sich die Grenze daraus, dass der Überzeugungsgrundsatz nicht für eine Würdigung in Anspruch genommen werden kann, die im Vorgang der Überzeugungsbildung an einem Fehler leidet, etwa weil das Gericht gesetzliche Beweisregeln, allgemeine Erfahrungssätze, unumstrittene Geschichtstatsachen oder gar die Denkgesetze missachtet oder Tatsachen berücksichtigt hat, die sich weder auf ein Beweisergebnis noch sonst auf den Akteninhalt stützen lassen (Urteil vom 25. Mai 1984 - BVerwG 8 C 108.82 - Buchholz 448.0 § 11 WPflG Nr. 35 S. 16; Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <123>). Das Gericht verstößt gegen das Gebot, seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen, wenn es von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen (Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 7 C 23.03 - BVerwGE 122, 85 <92>).

36

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist hingegen nicht schon dann in einer revisionsgerichtlich beachtlichen Weise verletzt, wenn auch eine inhaltlich andere Überzeugung möglich gewesen wäre. Der Überzeugungsgrundsatz setzt geradezu voraus, dass auch eine andere Überzeugung hätte gewonnen werden können. Er findet seine Grenze insoweit erst da, wo eine andere Überzeugungsbildung zwingend gewesen wäre, die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts also die Denkgesetze verletzt. Daraus folgt zugleich, dass eine Überzeugung, die als solche fehlerfrei gewonnen wurde, grundsätzlich nicht schon durch die Darlegung von Tatsachen erschüttert werden kann, die lediglich belegen, dass auch eine inhaltlich andere Überzeugung möglich gewesen wäre (Urteil vom 25. Mai 1984 - BVerwG 8 C 108.82 - Buchholz 448.0 § 11 WPflG Nr. 35 S. 16).

37

Das Oberverwaltungsgericht hat die Grenzen, die seiner freien Beweiswürdigung gesetzt sind, weder in die eine noch in die andere Richtung überschritten.

38

Der Senat hat nicht feststellen können, dass das Oberverwaltungsgericht bei der Bewertung der Umstände, die für die Feststellung verfassungsfeindlicher Bestrebungen in der Partei DIE LINKE maßgeblich waren, die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale rechtlich fehlerhaft ausgelegt und angewandt hat, auf die hin der Sachverhalt zu würdigen war.

39

Das Oberverwaltungsgericht hat nicht verkannt, dass Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c und Abs. 2 BVerfSchG nicht allein deshalb vorliegen, weil eine auch grundlegende Umgestaltung der wirtschaftspolitischen Verhältnisse als politisches Ziel verfolgt wird. Entgegen auch in der mündlichen Verhandlung angeklungener Kritik hat das Oberverwaltungsgericht beispielsweise die Forderung nach einer Verstaatlichung von Banken nicht für sich als Ausweis verfassungsfeindlicher Bestrebungen gewertet. Das Oberverwaltungsgericht hat vielmehr ausdrücklich hervorgehoben (Seite 54 f. des Urteilsabdrucks), es widerspräche vernünftiger Betrachtung, Anhaltspunkte für Verfassungsfeindlichkeit schon deshalb zu bejahen, weil eine Partei das Ziel ihrer Arbeit am gesellschaftlichen Umbau mit "Sozialismus", "demokratischer Sozialismus", "sozialistische Gesellschaft" oder ähnlichen Formulierungen umschreibt. Der Begriff "Sozialismus" werde im politischen Sprachgebrauch nicht nur im klassischen marxistisch-leninistischen Sinne benutzt, sondern könne auch eine als sozial verstandene, grundlegende Umgestaltung der wirtschaftspolitischen Verhältnisse meinen, die den Rahmen des Grundgesetzes nicht überschreite. Auch die Begriffe "Revolution", "Kapitalismus", "Demokratie" und "Menschenrechte" würden nicht einheitlich verwandt. "Revolution" bedeute nicht notwendig einen gewaltsamen Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung des Grundgesetzes, sondern könne auch eine radikale, sich aber noch im Rahmen des Grundgesetzes haltende Umgestaltung der Gesellschaft sein. Der Begriff des "Kapitalismus" könne auf die Wirtschaftsordnung beschränkt sein, aber auch die ihn ermöglichende politische Ordnung erfassen.

40

Von diesem zutreffenden rechtlichen Verständnis der Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgehend hat das Oberverwaltungsgericht programmatische Aussagen und Forderungen festgestellt, die weitergehend auf eine Umgestaltung der Staats- und Gesellschaftsordnung im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne einer sozialistisch- kommunistischen Gesellschaftsordnung zielen.

41

Derartige Forderungen hat das Oberverwaltungsgericht zum einen bei der Kommunistischen Plattform ausgemacht (Seite 55 f. des Urteilsabdrucks). Es hat deren programmatische Äußerungen unter Hinweis auf die insoweit ausgewerteten Dokumente dahin ausgelegt, dass die Mitglieder dieses parteiinternen Zusammenschlusses sich der Sache nach ausdrücklich zu einer sozialistischen Revolution und der Diktatur des Proletariats bekennten: Ihre Forderungen nach einem "Sozialismus im Marx'schen Sinne", einem "wissenschaftlichen Sozialismus von Marx und Engels", einer Partei, die "im Geiste von Marx, Engels und Lenin gegen das Kapital, für den Sozialismus" wirke, und einer Gesellschaftsordnung, "in welcher die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen abgeschafft und der Mensch nicht länger ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist", ließen verständigerweise keine andere Interpretation zu. Die Aussage, die angestrebte Gesellschaft werde "natürlich in ihrer Anfangsphase alles andere als perfekt" sein, und der Hinweis auf die Notwendigkeit, "unlogische, nicht objektive, ungerechte, einfache Macht" einzusetzen, seien vor diesem ideologischen Hintergrund nur als kaum verhohlene Bekenntnisse zur Diktatur des Proletariats und zur Gewaltanwendung während dieser Vorphase des Sozialismus zu verstehen. Wenn nach anderen Ausführungen gegenwärtig keine revolutionäre Situation bestehe, der Kapitalismus aber "von immer mehr Menschen als asozial, nicht friedfertig und als immer weniger demokratisch empfunden" werde, woran "zur Zeit des Zustandekommens von 'Deutschland einig Vaterland' nicht zu denken gewesen" sei, werde damit nicht bloß die politische Lage beschrieben, sondern der Hoffnung auf das Entstehen einer revolutionären Stimmung in Deutschland Ausdruck verliehen.

42

Das Oberverwaltungsgericht hat zum anderen ebenfalls an Hand ausgewerteter und im Einzelnen bezeichneter Dokumente festgestellt (Seite 56 f. des Urteilsabdrucks), auch das Marxistische Forum bekenne sich offen zu Zielen, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar seien: Es fordere nicht nur, "den Herrschenden ihre ökonomischen Machtgrundlagen zu entreißen", sondern wolle ihnen auch ihre "politische Macht (...) nehmen". Damit stelle es - so die Wertung des Oberverwaltungsgerichts - unmissverständlich klar, dass es sich nicht darauf beschränke, für wirtschaftspolitische Veränderungen einzutreten, die im Rahmen des Grundgesetzes zulässig seien. Dass das Marxistische Forum vielmehr anstrebt, die bestehende staatliche Ordnung durch ein gänzlich anderes Gemeinwesen zu ersetzen, hat das Oberverwaltungsgericht beispielhaft Aussagen entnommen, in denen das Grundgesetz als eine Verfassung beschrieben wird, die "nach marxistischem Verständnis Resultat von Klassenkämpfen" und "Waffenstillstandslinie bzw. Grenzmarke der kämpfenden Klassen" sei, die "auch nach ihrer Annahme immer wieder umkämpft" sei. Das Oberverwaltungsgericht hat diese Aussagen dahin ausgelegt, die angestrebte Umgestaltung der Staats- und Gesellschaftsordnung solle auch durch eine sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne erreicht werden: Ein anderes Verständnis ließen die Bekenntnisse zu "Verbreitung marxistischen Wissens und dialektischen Herangehens" und "marxistischer Verfassungsbetrachtung" sowie die Auffassung nicht zu, die "marxistische Linke" benötige "eine revolutionäre Partei (...), die den Kampf um Gesellschaftsveränderung - letztlich um sozialistische Neuorganisierung der Gesellschaft - begreife und führe".

43

Schließlich hat das Oberverwaltungsgericht die Linksjugend <'solid>, die als Jugendorganisation der Partei DIE LINKE anerkannt ist, zu den Gruppierungen gezählt, die der Partei zuzurechnen seien und die tragende Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung offen ablehnten (Seite 57 des Urteilsabdrucks). Es hat diese Einschätzung beispielhaft auf eine Veröffentlichung gestützt, in der die Linksjugend <'solid> den Parlamentarismus als "Kasperletheater zur Legitimation kapitalistischer Verhältnisse" verunglimpft. Das Oberverwaltungsgericht hat daraus und aus weiteren Äußerungen dieser Gruppierung die Folgerung gezogen, die Linksjugend <'solid> spreche dem Parlament seine in der Staatsordnung des Grundgesetzes zentrale Rolle bei der politischen Willensbildung ab: Sie wolle das Parlament lediglich für ihre Zwecke instrumentalisieren, indem sie es als "Bühne (...) für den Kampf um eine gerechtere Welt" nutze, der "schwerpunktmäßig außerhalb der Parlamente" stattfinden solle.

44

Die Sichtung des umfangreichen Materials und die daran anknüpfende Bewertung, welche Aussagen und welches Verhalten nach ihrem Gewicht für die von der Partei verfolgten Ziele tatsächlich von Bedeutung sind, bildet danach ebenso wie die Würdigung mehrdeutiger Aussagen den Kern der freien Beweiswürdigung, die dem Tatsachengericht, nicht aber dem Bundesverwaltungsgericht als Revisionsgericht obliegt. Dass der Kläger die vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen Dokumente anders bewertet, ergibt noch keinen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz, der die Bindung des Senats an die Schlussfolgerungen tatsächlicher Art beseitigen könnte, die das Oberverwaltungsgericht in freier Beweiswürdigung aus den von ihm ausgewerteten Dokumenten gezogen hat.

45

Zwar hat das Oberverwaltungsgericht bei seiner Würdigung verfassungsfeindliche Bestrebungen nur bei einzelnen Gruppierungen innerhalb der Partei DIE LINKE festgestellt. Damit hat es aber ebenfalls nicht den rechtlichen Rahmen verlassen, der ihm bei der Würdigung des Sachverhalts durch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG gezogen war. Anhaltspunkte für Bestrebungen einer Partei, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, sind nicht nur dann gegeben, wenn die Partei in ihrer Gesamtheit solche Bestrebungen entfaltet. Das Oberverwaltungsgericht verweist zutreffend darauf (Seite 52 des Urteilsabdrucks), dass gerade die innere Zerrissenheit einer Partei, Flügelkämpfe und eine Annäherung an extremistische Gruppierungen oder Parteien eine Beobachtung durch Verfassungsschutzbehörden erfordern können. Nur so ist festzustellen, in welche Richtung sich die Partei letztlich bewegt. Allein durch die Beobachtung können die Regierung, das Parlament und die Öffentlichkeit über den Fortgang der weiteren, noch nicht abgeschlossenen Entwicklung der Partei sachkundig und angemessen unterrichtet werden. So können eindeutige verfassungsfeindliche Bestrebungen einzelner Gruppierungen innerhalb einer Partei Anhaltspunkte dafür liefern, in welche Richtung die Partei sich entwickeln kann. Das erfordert die Beobachtung der Partei insgesamt, nicht nur der einzelnen Gruppierung, mag auch diese für sich einen Personenzusammenschluss im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG darstellen. Das Oberverwaltungsgericht hat bei seiner Würdigung die Gesamtpartei als Bezugspunkt nicht aus den Augen verloren, sondern stets danach gefragt, inwieweit die von ihm festgestellten verfassungsfeindlichen Bestrebungen einzelner Gruppierungen für die künftige Entwicklung der Gesamtpartei von Bedeutung sein können.

46

Zu den Gruppierungen Kommunistische Plattform, Marxistisches Forum und Linksjugend <'solid> hat das Oberverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang festgestellt, sie seien keine innerhalb der Partei unbedeutenden Splittergruppen, sondern besäßen nach ihrer satzungsmäßigen Stellung, der Zahl ihrer Mitglieder, ihrem Rückhalt bei der Gesamtheit der Parteimitglieder und dem sich hieraus ergebenden Einfluss nennenswertes Gewicht innerhalb der Partei (Seite 57 ff. des Urteilsabdrucks).

47

Das Oberverwaltungsgericht leitet dies zum einen aus programmatischen Äußerungen der Partei her, in denen die Partei sich als plural bzw. pluralistisch bezeichne und das Ziel verfolge, unterschiedliche Kräfte des linken politischen Spektrums zu binden. Hierbei beziehe sie ausdrücklich auch radikale Kräfte (Bundesgeschäftsführer Dr. Dietmar Bartsch) und solche Kräfte mit ein, "die die gegebenen Verhältnisse fundamental ablehnen" (Parteiprogramm der Linkspartei.PDS). Das Oberverwaltungsgericht verweist zum anderen auf die Satzung der Partei, die in ihrem § 7 innerparteilichen Zusammenschlüssen eine besondere Stellung einräume: Sie seien entsprechend ihren Schwerpunktthemen aktiv in die Arbeit von Parteivorstand, Kommissionen und Arbeitsgruppen aller Ebenen einzubeziehen, könnten Delegierte zum Parteitag entsenden und erhielten im Rahmen des Finanzplanes finanzielle Mittel für ihre Arbeit. Das Oberverwaltungsgericht knüpft seine Wertung aber nicht allein an die zahlenmäßige Stärke der von ihm als verfassungsfeindlich gekennzeichneten Gruppierungen und die Zahl der ihnen satzungsgemäß vorbehaltenen Sitze in den Gremien der Partei an, sondern auch an den Rückhalt ihrer Arbeit in der Gesamtpartei. Der Senat ist wiederum an die auf diese Umstände zusammengenommen gestützte tatsächliche Wertung gebunden, die vom Oberverwaltungsgericht als verfassungsfeindlich angesehenen Gruppierungen innerhalb der Partei besäßen einen Einfluss von nennenswertem Gewicht. Was der Kläger gegen den Einfluss der Gruppierungen Kommunistische Plattform, Marxistisches Forum und Linksjugend <'solid> in der Partei anführt, stellt nur eine abweichende Würdigung des Sachverhalts dar, die trotz des wiederholten Hinweises auf den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) und die Verletzung der Denkgesetze die Voraussetzungen einer erfolgreichen Verfahrensrüge nicht erfüllt und die Bindungswirkung der gegenteiligen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht entfallen lässt.

48

Das Oberverwaltungsgericht hat umgekehrt gerade nicht feststellen können, dass diesen Gruppierungen ein nennenswertes Gewicht mit dem Argument abgesprochen werden könne, die von ihnen initiierten und unterstützten Strömungen in der Partei könnten sich angesichts einer Übermacht grundgesetzkonformer Meinungen und Aktivitäten niemals durchsetzen. Das Oberverwaltungsgericht benennt insoweit zahlreiche gewichtige Hinweise, die aus seiner Sicht Zweifel daran begründen, dass sich die Partei als solche vorbehaltlos zum zentralen Wertesystem des Grundgesetzes bekennt (Seite 59 ff. des Urteilsabdrucks). Es spricht in diesem Zusammenhang von einem "Nährboden" für verfassungsfeindliche Bestrebungen, der es derzeit nicht ausgeschlossen erscheinen lasse, dass es den Zusammenschlüssen Kommunistische Plattform, Marxistisches Forum und Linksjugend <'solid> insbesondere auch im Zusammenwirken gelinge, ihre gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen innerhalb der Partei DIE LINKE durchzusetzen. Für diese Aussage verwertet das Oberverwaltungsgericht Aussagen im Parteiprogramm, die nach seiner Ansicht deutlich machten, dass die von der Partei angestrebten Veränderungen nicht auf die Wirtschaftspolitik beschränkt seien, sondern die bestehenden Gesellschafts- und Machtverhältnisse insgesamt betreffen sollten (Seite 60 f. des Urteilsabdrucks): In diesen Formulierungen könnten sich die Kräfte in der Partei wiederfinden, die den Übergang zu einer sozialistischen Gesellschaft im marxistisch-leninistischen Sinne anstrebten. Das Oberverwaltungsgericht verweist beispielhaft auf das Parteiprogramm Linkspartei.PDS. In ihm heiße es unter anderem, es bedürfe "alternativer Gesellschaftsstrukturen, die von der Verwirklichung gemeinschaftlicher Interessen geprägt sind und die Dominanz privatkapitalistischen Eigentums überwunden haben". An anderer Stelle werde dort ausgeführt, sozialistische Politik ziele "heute auf die Veränderung der Kräfteverhältnisse, die Schaffung der notwendigen Voraussetzungen für einen Richtungswechsel der Politik und die damit verbundene Umgestaltung von Eigentums- und Machtstrukturen". Das Oberverwaltungsgericht sieht darin Belege dafür, dass die von der Partei angestrebten Veränderungen nicht auf die Wirtschaftspolitik beschränkt seien, sondern die bestehenden Gesellschafts- und Machtverhältnisse insgesamt betreffen sollten, hält jedenfalls eine dahingehende Auslegung des Parteiprogramms der Linkspartei.PDS nicht für völlig ausgeschlossen, zumal in den programmatischen Eckpunkten der Partei DIE LINKE unter Berufung auf Karl Marx die "Überwindung aller Eigentums- und Herrschaftsverhältnisse, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist", gefordert und das Ziel formuliert werde, "Bürgerinnen und Bürger gegen Machtbestrebungen der herrschenden Klasse" zu "mobilisieren". Das Oberverwaltungsgericht räumt zwar ein, eine an die Sprache von Marx, Engels und Lenin anknüpfende Ausdrucksweise müsse nicht auf einen verfassungswidrigen Inhalt führen, hält der Partei aber vor, ohne eine deutliche Abkehr davon bleibe jedenfalls ein tatsächlicher Anhaltspunkt für verfassungsfeindliche Bestrebungen.

49

Wie dem Kläger einzuräumen ist, hat das Oberverwaltungsgericht nicht angenommen, die Partei strebe schon nach ihrem aktuellen Programm eine revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaftsordnung an. Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht aber davon ausgegangen (Seite 50 des Urteilsabdrucks), ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen könnten bereits dann gegeben sein, wenn aussagekräftiges Tatsachenmaterial lediglich einen Teilbereich der Zielsetzungen, Verlautbarungen und Aktivitäten des Personenzusammenschlusses widerspiegele. Deren Aussagekraft wird nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass daneben eine Vielzahl von Äußerungen existiert, denen sich keine Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Ausrichtung entnehmen lassen. Der Hinweis auf die Aussagen im Parteiprogramm hat in dem hier interessierenden Zusammenhang für das Oberverwaltungsgericht zudem nur die Funktion, zu belegen, dass die verfassungsfeindlich ausgerichteten Gruppen sich mit ihren Bestrebungen auf jedenfalls mehrdeutige und unklare Aussagen in dem Programm der Gesamtpartei berufen können, mit der Folge, dass sie nicht als Außenseiter angesehen werden können, die für die Ausrichtung der Partei gänzlich vernachlässigt werden müssen.

50

Soweit der Kläger im Weiteren die Auslegung programmatischer Aussagen im Parteiprogramm durch das Oberverwaltungsgericht angreift und dieser Auslegung seine eigene Deutung entgegensetzt, handelt es sich um einen Angriff auf die Sachverhaltswürdigung des Tatsachengerichts, der nicht die Voraussetzungen einer zulässigen und begründeten Verfahrensrüge erfüllt.

51

Diese Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen werden nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts verstärkt und bestätigt durch Verlautbarungen der Partei insgesamt sowie der Zusammenschlüsse in ihr, die für eine Solidarisierung mit der DDR und der Republik Kuba stritten (Seite 61 ff. des Urteilsabdrucks). Das Oberverwaltungsgericht verweist auf die totalitären Züge, die die Staatsgewalt in der DDR und in Kuba getragen habe bzw. trage. Die fehlende Distanz zu und die ausdrückliche Solidarität mit diesen Staatsgewalten trotz der gravierenden Verletzungen der Menschenrechte dort verstärkten die Zweifel, ob die Partei die Werte des Grundgesetzes teile, die für die freiheitliche demokratische Grundordnung grundlegend seien. Das Oberverwaltungsgericht räumt zwar ein, dass es in der Partei, beispielsweise in der Präambel des Parteiprogramms, deutliche Distanzierungen von den Verhältnissen in der DDR gebe. Dem stünden aber ebenso deutliche Versuche gegenüber, das begangene Unrecht zu relativieren, mit der Folge, dass die PDS, die Linkspartei.PDS sowie DIE LINKE bei der Würdigung des Unrechts in der DDR ein unverständliches, uneinheitliches Bild böten.

52

Das Oberverwaltungsgericht konnte Verlautbarungen aus der Partei zur DDR heranziehen, ohne damit die rechtlichen Grenzen zu überschreiten, die durch das Erfordernis von Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gezogen sind.

53

Entgegen in der mündlichen Verhandlung anklingender Kritik hat das Oberverwaltungsgericht zum einen nicht etwa jede Zustimmung zu wirtschaftlichen und sozialen Einrichtungen der DDR, wie etwa Polikliniken, pauschal als mangelnde Distanzierung von der DDR und als Ausweis fehlender Verbundenheit mit den Grundwerten der Demokratie angesehen. Das Oberverwaltungsgericht hat vielmehr Aussagen verwertet, die sich auf Erscheinungen beziehen, die in herausgehobener Weise die der Demokratie und den Menschenrechten feindlichen Seiten des politischen Systems der DDR kennzeichnen. So hat das Oberverwaltungsgericht beispielsweise auf eine Äußerung verwiesen, in der der Bau der Mauer gerechtfertigt wird, weil er berechtigten ökonomischen Interessen des Staates gedient habe (Seite 62 des Urteilsabdrucks). Die vom Oberverwaltungsgericht angeführte Äußerung des zeitweiligen stellvertretenden Bundesvorsitzenden der PDS Diether Dehm warnt davor, eine allzu gedankenlose Distanzierung vom Mauerbau könnte in Zukunft das Verständnis dahin dogmatisch versperren, wo eine ökonomisch unterentwickelte Region - um mehr Demokratie, mehr Ökologie, mehr Kulturausgaben, mehr Sozialausgaben zu wagen - sich abschotte oder etwa wegen der Abwerbung der vom Monopolkapital bevorzugten Kräftigen, Jungen, teuer Ausgebildeten verhindern wolle. Andere Äußerungen, die das Oberverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang angeführt hat, betreffen die Verharmlosung, wenn nicht gar Rechtfertigung der Staatssicherheit der DDR (Seite 63 des Urteilsabdrucks).

54

Das Oberverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang nicht verkannt, dass eine verfassungsfeindliche Abkehr von der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht schon bei "Entgleisungen" einzelner Mitglieder oder Anhänger angenommen werden kann (Urteil vom 18. Mai 2001 - BVerwG 2 WD 42.00, 43.00 - BVerwGE 114, 258 <265>). Die von ihm angeführten Äußerungen stammen aber beispielsweise von einem ehemaligen stellvertretenden Bundesvorsitzenden und späteren Vorsitzenden eines Landesverbandes sowie von dem Ältestenrat der Partei und damit von Persönlichkeiten und Einrichtungen, von denen angenommen werden darf, dass sie zumindest Teile der Partei repräsentieren und Mitglieder und Wähler an die Partei binden sollen, die mit ihren Auffassungen übereinstimmen.

55

Zum anderen hat das Oberverwaltungsgericht die Verlautbarungen aus der Partei zur DDR nicht isoliert als Belege verfassungsfeindlicher Bestrebungen gewertet, sondern sie in einen Zusammenhang gestellt mit den von ihm festgestellten Bestrebungen einzelner Gruppierungen in der Partei, die auf eine sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne einer sozialistisch-kommunistischen Gesellschaftsordnung gerichtet sind. Wenn über diese Gruppierungen hinaus Tendenzen in der Partei feststellbar sind, die Verhältnisse in der DDR schön zu reden, erlaubt dies wiederum den Schluss, dass diese Bestrebungen nicht isoliert in der Partei dastehen, sondern - wie das Oberverwaltungsgericht sich ausdrückt - dort einen Nährboden finden. Die Rechtfertigung der DDR oder die Zurückweisung von Kritik an ihr kann Anhaltspunkte dafür liefern, was unter dem für sich vieldeutigen Begriff Sozialismus oder sozialistische Gesellschaftsordnung verstanden oder doch als mit diesen Begriffen vereinbar angesehen wird. In einer politischen Partei handelt es sich bei Aussagen zur DDR nicht um bloße Meinungsbekundungen zu einer interessanten zeitgeschichtlichen Frage, sondern um einen auf die Gegenwart bezogenen Beitrag zu den politischen Vorstellungen, die für die Partei erstrebenswert, jedenfalls tolerabel sind.

56

Unterlagen über die praktische Arbeit der Partei hat das Oberverwaltungsgericht zudem Hinweise für eine Annäherung der Partei an extremistische Organisationen im In- und Ausland und deren politische Unterstützung entnommen. Zu den extremistischen Organisationen im Inland zählt das Oberverwaltungsgericht die DKP, zu der die Partei DIE LINKE langjährige intensive Kontakte gepflegt habe und pflege (Seite 63 f. des Urteilsabdrucks). Nach der Wende in der DDR habe die PDS bei ihren Bemühungen, im politischen System der Bundesrepublik akzeptiert zu werden, zunächst auf die Hilfe der DKP gesetzt. In der Folgezeit habe sich die Zusammenarbeit intensiviert, bis hin zur Aufnahme von Mitgliedern der DKP in Wahlvorschläge der Partei DIE LINKE. Der auf dem Parteitag im Mai 2008 gefasste Beschluss, auf den Listen der Partei DIE LINKE für Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen zukünftig keine Personen mehr aufzunehmen, die Mitglied in anderen Parteien sind, sei nicht als Abkehr von dieser Zusammenarbeit zu verstehen. Vielmehr habe sogar der Kläger betont, der Beschluss sei nicht gegen die DKP gerichtet, sondern solle nur der Gefahr von Wahlanfechtungen begegnen. Zu den extremistischen Organisationen im Ausland zählt das Oberverwaltungsgericht ausländische Guerillaorganisationen wie die kolumbianische FARC, die auf der Terrorliste der EU geführt wird, und die auch in Deutschland verbotene PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA GEL, die die Partei politisch unterstütze, ohne dies von einer Beendigung terroristischer Aktionen abhängig zu machen.

57

Auch diese Hinweise haben in der Würdigung des Sachverhalts für das Oberverwaltungsgericht die Funktion, die Nähe von Teilen der Partei zu revolutionärer Gewalt und deren Rechtfertigung zu belegen (Seite 64 des Urteilsabdrucks). Der Kläger unternimmt demgegenüber weithin den Versuch, nachzuweisen, dass jeder einzelne vom Oberverwaltungsgericht verwertete Umstand für sich nicht geeignet ist, verfassungsfeindliche Bestrebungen zu belegen. Das geht schon deshalb an der Würdigung des Sachverhalts durch das Oberverwaltungsgericht vorbei, weil das Oberverwaltungsgericht zutreffend eine Gesamtbetrachtung anstellt, bei der die Bedeutung einzelner Umstände erst im Lichte anderer hervortritt. An das rechtsfehlerfrei zustande gekommene Ergebnis dieser Gesamtbetrachtung, nämlich der Feststellung tatsächlicher Anhaltspunkte verfassungsfeindlicher Bestrebungen, ist der Senat gebunden.

58

cc) Das Oberverwaltungsgericht hat darüber hinaus festgestellt, dass die verfassungsfeindlichen Bestrebungen in politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG eingemündet sind.

59

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG sind "Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung" nur die in diesem Sinne verfolgten politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen. Das Tatbestandsmerkmal einer "politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweise" erfordert damit über das bloße Vorhandensein bestimmter Bestrebungen hinaus ein aktives, nicht jedoch notwendig kämpferisch-aggressives Vorgehen zu deren Realisierung. Dementsprechend umschreibt das Gesetz verfassungsschutzrelevante Bestrebungen nicht als politisch motiviert, sondern als politisch bestimmt. Bestrebungen müssen also zum einen politisch determiniert, folglich objektiv geeignet sein, - über kurz oder lang - politische Wirkungen zu entfalten (Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 165). Kein Bestandteil des Merkmals "Bestrebung" ist ausweislich des Wortlauts der Norm ein "aktiv kämpferisches" Verhalten. Zudem definiert das Gesetz den Begriff der Bestrebung nicht anhand der Merkmale legal/illegal. Es kommt nicht darauf an, ob bestimmte Verhaltensweisen erlaubt sind oder nicht (Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 168).

60

§ 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG erfasst Verhaltensweisen, die über rein politische Meinungen hinausgehen und auf Durchsetzung eines Ziels ausgerichtet sind. Neben der Durchsetzung des politischen Hauptziels müssen die Aktivitäten auf die Beeinträchtigung eines der vom Gesetz geschützten Rechtsgüter abzielen und somit ein maßgeblicher Zweck der Bestrebung sein. Die bloße Inkaufnahme einer entsprechenden Gefährdung ist nicht ausreichend. Die verantwortlich Handelnden müssen auf den Erfolg der Rechtsgüterbeeinträchtigung hinarbeiten. Die bloße Übereinstimmung oder Sympathie mit den Zielen einer verfassungsfeindlichen Organisation reicht ebenso wie die wissenschaftliche Beschäftigung mit einer extremistischen Theorie nicht aus (Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 167 ff.). Die eindeutig bestimmbare Grenze zwischen wissenschaftlicher Theorie und politischem Ziel liegt dort, wo die betrachtend gewonnenen Erkenntnisse von einer politischen Partei, also einer ihrem Wesen nach zu aktivem Handeln im staatlichen Leben entschlossenen Gruppe, in ihren Willen aufgenommen, zu Bestimmungsgründen ihres politischen Handelns gemacht werden (BVerfG, Urteil vom 17. August 1956 - 1 BvB 2/51 - BVerfGE 5, 85 <147>).

61

Diese rechtlichen Vorgaben hat das Oberverwaltungsgericht bei seiner Würdigung des Sachverhalts beachtet. Es hat insoweit zutreffend berücksichtigt, dass die bloße Kritik an Verfassungswerten und Verfassungsgrundsätzen nicht als Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzuschätzen ist, wohl aber darüber hinausgehende Aktivitäten zu deren Beseitigung (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <81>). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen ebenso erlaubt ist wie die Äußerung der Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern. Es ist allerdings verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Verfassungsschutzbehörde insoweit an die Inhalte von Meinungsäußerungen knüpft, als diese Ausdruck eines Bestrebens sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen. Es ist dem Staat grundsätzlich nicht verwehrt, aus Meinungsäußerungen Schlüsse zu ziehen und gegebenenfalls Maßnahmen zum Rechtsgüterschutz zu ergreifen. Lassen sich Bestrebungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung aus Meinungsäußerungen ableiten, dürfen Maßnahmen zur Verteidigung dieser Grundordnung ergriffen werden. (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <82>). Kritik an einem Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung muss danach nur als "bloße" Kritik unberücksichtigt bleiben, nicht jedoch, wenn sie verbunden ist mit der Ankündigung konkreter Aktivitäten zur Beseitigung dieses Verfassungsgrundsatzes oder mit der Aufforderung zu solchen Aktivitäten. Politische Parteien sind auf politische Aktivität und auf Änderung der politischen Verhältnisse ausgerichtete Organisationen. Bei Meinungsäußerungen, die von oder innerhalb einer politischen Partei abgegeben werden, liegt zumindest nahe, dass sie mit der Intention einer entsprechenden Änderung der realen Verhältnisse abgegeben werden (vgl. hierzu Murswiek, NVwZ 2006, 121 <125 und 127>).

62

Hiervon ausgehend hat das Oberverwaltungsgericht innerhalb der Partei aktive Verhaltensweisen, insbesondere der Kommunistischen Plattform, des Marxistischen Forums und der Linksjugend <'solid>, festgestellt, die darauf gerichtet sind, mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbare Ziele zunächst innerhalb der Partei und sodann über diese hinaus allgemein durchzusetzen (Seite 66 ff. des Urteilsabdrucks): So bemühten sich die extremistischen Kräfte, ihren Einfluss innerhalb der Partei zu vergrößern, indem sie bei den Parteimitgliedern massiv um Unterstützung für ihre Positionen würben. Derartige Bemühungen, parteiintern Unterstützung für ihre eigenen Positionen zu gewinnen, entfalteten die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Kräfte insbesondere zu Zeiten, in denen wesentliche programmatische Grundentscheidungen anstünden. Die Bemühungen der genannten Gruppierungen um Einfluss innerhalb und außerhalb der Partei würden zudem durch ihr Streben nach parteiinternen Ämtern und Parlamentsmandaten deutlich. Bei sich bietendem Anlass würden gezielt Parteimitglieder und -anhänger mobilisiert, um den Bundesvorstand und den Parteirat zu Äußerungen zu veranlassen, die geeignet seien, Zweifel daran zu begründen, dass die Partei die für die freiheitliche demokratische Grundordnung grundlegenden Werte des Grundgesetzes teile. Anhaltspunkte für über die Partei hinaus wirkende Aktivitäten zur Durchsetzung von Zielen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien, ergäben sich insbesondere aus der Unterstützung, die die Partei linksextremistischen Organisationen, wie insbesondere der DKP, gewähre.

63

Es kann schließlich von Rechts wegen nicht beanstandet werden, dass das Oberverwaltungsgericht den von ihm festgestellten tatsächlichen Anhaltspunkten für verfassungsfeindliche Bestrebungen ein hinreichendes Gewicht beigemessen hat, um nach wie vor eine Beobachtung der Partei DIE LINKE für gerechtfertigt zu halten. Das Oberverwaltungsgericht entnimmt diese tatsächlichen Anhaltspunkte im Wesentlichen den programmatischen Verlautbarungen und sonstigen Äußerungen der Kommunistischen Plattform, des Marxistischen Forums und der Linksjugend <'solid> sowie deren Mitglieder. Diese Gruppierungen bestehen zwar schon seit langem, ohne dass es ihnen nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts gelungen wäre, die Partei DIE LINKE zu dominieren und in die von ihnen gewünschte Richtung zu drängen. Dass der Einfluss der offen verfassungsfeindlichen Gruppierungen nicht merklich gewachsen ist, rechtfertigt allein noch nicht die Annahme, diese Gruppierungen und ihre Ziele hätten nach so langer Zeit jetzt nicht mehr das notwendige Gewicht, um Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der Partei insgesamt zu liefern. Bestehen über die Jahre unverändert tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen, weil sich diese Anhaltspunkte trotz mehrjähriger Beobachtung nicht haben ausräumen lassen, rechtfertigen sie nach wie vor die Beobachtung der Partei durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Das Oberverwaltungsgericht hat seine Einschätzung auf Quellen gestützt, die auch aus jüngerer Zeit stammen. Zudem hat der Zusammenschluss der Linkspartei.PDS mit der WASG zur Partei DIE LINKE im Jahre 2007 zu einem beträchtlichen Mitgliederzuwachs geführt und der Partei neue Wählerschichten eröffnet. Es besteht ein berechtigtes öffentliches Interesse daran, die Entwicklung der neu zusammengesetzten Partei und ihrer maßgeblichen Funktionäre zu beobachten. Insbesondere bedarf der Aufklärung, ob es den extremistischen Kräften innerhalb der Partei gelingt, die verbreiterte Basis der Partei innerhalb der Gesellschaft für ihre Zwecke zu nutzen.

64

4. Die Tätigkeit des Klägers als eines herausgehobenen Mitglieds der Parteien PDS, Linkspartei.PDS und heute DIE LINKE rechtfertigt es, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz gemäß § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG Informationen über ihn mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung erhebt (a)). Diese Maßnahme ist verhältnismäßig (b)).

65

a) § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG verlangt keine Voraussetzungen, die über die Mitgliedschaft in dem Personenzusammenschluss hinausgehen (aa)). Einer Beobachtung des Klägers steht nicht entgegen, dass er nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in eigener Person keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolgt (bb)). Schließlich ist eine Beobachtung des Klägers nicht deshalb ausgeschlossen, weil § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG auf Abgeordnete des Bundestages oder eines Landesparlaments aus Gründen höherrangigen Rechts nicht anwendbar wäre (cc)).

66

aa) Über die bisher erörterten Voraussetzungen hinaus, die bei dem Personenzusammenschluss im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG vorliegen müssen, hängt die Zulässigkeit der Erhebung von Informationen über den Kläger nicht von individuellen und subjektiven Beiträgen des Klägers oder seiner intentionalen Beteiligung an Handlungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ab. § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG verlangt keine Voraussetzungen, die über die Mitgliedschaft in dem Personenzusammenschluss hinausgehen. § 4 Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG gilt mit dem zusätzlichen Erfordernis einer nachdrücklichen Unterstützung nur für Personen, die nicht in dem Personenzusammenschluss, sondern ausschließlich für diesen handeln. Die noch weiter reichenden Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 4 BVerfSchG gelten nur für Personen, die weder in noch für den Personenzusammenschluss handeln.

67

bb) Die Beobachtung des Klägers ist nicht ausgeschlossen, weil er nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (Seite 68 f. des Urteilsabdrucks) in eigener Person keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolgt.

68

Allerdings bindet diese Feststellung das Revisionsgericht (§ 137 Abs. 2 VwGO). Die insoweit erhobene Verfahrensrüge der Beklagten ist unbegründet. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts verstößt nicht gegen die Denkgesetze und kann deshalb nicht unter diesem Gesichtspunkt den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 VwGO verletzen. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar angenommen, dass über die Gruppierungen Kommunistische Plattform, Marxistisches Forum und Linksjugend <'solid> hinaus sich auch in der Gesamtpartei Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen finden. Mit diesen hat das Oberverwaltungsgericht den Kläger persönlich aber nicht in Verbindung gebracht. Auch wenn der Kläger eine führende Rolle in der Partei spielt, ist es nicht aus Gründen der Logik ausgeschlossen, dass er selbst keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolgt, sondern eine andere Politik will.

69

§ 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG verlangt jedoch nach seinem Wortlaut nur, dass die verfassungsfeindlichen Bestrebungen von dem Personenzusammenschluss verfolgt werden. Die Beobachtung einzelner Personen, die in einem solchen Personenzusammenschluss tätig sind, ist nach dieser Vorschrift auch dann gerechtfertigt, wenn das Mitglied eines solchen Personenzusammenschlusses nicht selbst subjektiv das Ziel verfolgt, durch seine Tätigkeit in dem Personenzusammenschluss die freiheitliche demokratische Grundordnung ganz oder teilweise zu beseitigen. Vielmehr reicht es aus, dass seine Tätigkeit objektiv geeignet ist, solche Bestrebungen zu unterstützen. Das Bundesverfassungsschutzgesetz will nach seinem Zweck helfen, objektiv bestehende Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung abzuwehren. Solche Gefahren gehen nicht nur von Personen aus, die der freiheitlichen demokratischen Grundordnung feindlich gegenüberstehen und sie ganz oder teilweise beseitigen wollen. Ebenso gefährlich können Personen sein, die selbst auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen, jedoch bei objektiver Betrachtung durch ihre Tätigkeit verfassungsfeindliche Bestrebungen fördern, ohne dies zu erkennen oder als hinreichenden Grund anzusehen, einen aus anderen Beweggründen unterstützten Personenzusammenschluss zu verlassen. Eine derartige Person, die nicht merkt, wofür sie missbraucht wird, kann für den Bestand der freiheitlichen demokratischen Grundordnung genauso gefährlich sein wie der Überzeugungstäter (vgl. hierzu auch Urteil vom 11. November 2004 - BVerwG 3 C 8.04 - BVerwGE 122, 182 <191>).

70

cc) Eine Erhebung von Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil § 8 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG auf Abgeordnete des Bundestages oder eines Landesparlaments nicht angewandt werden dürfte. Die Vorschriften beschränken zulässigerweise den Grundsatz des freien Mandats aus Art. 38 Abs. 1 GG (aaa)). Für eine solche Beschränkung bedarf es keiner besonderen Ermächtigungsgrundlage, die eine Erhebung von Informationen mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung speziell gegenüber Abgeordneten zulässt. Eine solche Notwendigkeit ergibt sich weder aus dem Vorbehalt des Gesetzes noch besteht ein allgemeiner verfassungsrechtlicher Grundsatz, wonach Maßnahmen gegen Abgeordnete nur mit Zustimmung des Parlaments zulässig seien (bbb)). Schließlich steht der Anwendung der § 8 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG auf Abgeordnete das Parteienprivileg nicht entgegen (ccc)).

71

aaa) Grundlage des freien Mandats ist Art. 38 Abs. 1 GG. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG). Diese Norm schützt nicht nur den Bestand, sondern auch die tatsächliche Ausübung des Mandats (BVerfG, Urteil vom 13. Juni 1989 - 2 BvE 1/88 - BVerfGE 80, 188 <218>; Urteil vom 20. Juli 1998 - 2 BvE 2/98 - BVerfGE 99, 19 <32>). Der Abgeordnete ist - vom Vertrauen der Wähler berufen - Inhaber eines öffentlichen Amtes, Träger eines freien Mandats und, gemeinsam mit der Gesamtheit der Mitglieder des Parlaments (BVerfG, Beschluss vom 24. März 1981 - 2 BvR 215/81 - BVerfGE 56, 396 <405>), Vertreter des ganzen Volkes (BVerfG, Urteil vom 8. Dezember 2004 - 2 BvE 3/02 - BVerfGE 112, 118 <134>). Er hat einen repräsentativen Status inne, übt sein Mandat in Unabhängigkeit, frei von jeder Bindung an Aufträge und Weisungen, aus und ist nur seinem Gewissen unterworfen (BVerfG, Urteil vom 5. November 1975 - 2 BvR 193/74 - BVerfGE 40, 296 <314, 316>; Beschluss vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 <341>).

72

Die Freiheit des Mandats ist allerdings nicht schrankenlos gewährleistet. Sie kann durch andere Rechtsgüter von Verfassungsrang begrenzt werden (BVerfG, Urteil vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06 - BVerfGE 118, 277 <324>). Zu diesen Grundsätzen gehört, wie erwähnt, das Prinzip der streitbaren Demokratie. Die Tätigkeit des Bundesamts für Verfassungsschutz hat verfassungsrechtlichen Rang, insofern es institutionell (Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG) und mit seinen Aufgaben (Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b GG) im Grundgesetz erwähnt wird. § 8 BVerfSchG konkretisiert einfachrechtlich dieses Prinzip der streitbaren Demokratie.

73

bbb) Soweit Abgeordnete von der Tätigkeit des Bundesamts für Verfassungsschutz betroffen sind, bedarf diese Konkretisierung keines Gesetzes, das ein Tätigwerden gerade gegenüber Abgeordneten erlaubt.

74

Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt, dass staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert wird. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen, und darf sie nicht anderen Normgebern (oder gar der Verwaltung) überlassen. Wann es danach einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten, zu entnehmen. Danach bedeutet wesentlich im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel "wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte" (BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <251>) und in dem hier in Rede stehenden Bereich "wesentlich für die Verwirklichung des freien Mandats", dessen verfassungsrechtlich immanente Schranken bestimmt und konkretisiert werden müssen.

75

Die danach wesentlichen Entscheidungen hat der Gesetzgeber aber mit § 3 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c, § 8 BVerfSchG getroffen. Gegenstand dieser Regelungen sind Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und damit politisch motivierte Betätigungen. Dem Gesetzgeber war aufgrund der Geschichte, auch derjenigen der Bundesrepublik Deutschland, bewusst, dass Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung auch von Parteien ausgehen können, die bei Bundes- oder Landtagswahlen Mandate errungen haben. Dass die Abgeordneten solcher Parteien in ihnen zumeist eine herausragende Funktion einnehmen werden und deshalb zuvörderst Träger der verfassungsfeindlichen Bestrebungen sein können, lag für ihn auf der Hand. Dem Gesetzgeber war das Problem einer Anwendung der von ihm zur Verteidigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung geschaffenen Normen auf Abgeordnete mithin durchaus gegenwärtig. Er konnte andererseits nicht übersehen, dass die nachrichtendienstliche Beobachtung von Abgeordneten erhebliche Gefahren im Hinblick auf ihre Unabhängigkeit (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG) und auf die Mitwirkung der betroffenen Parteien bei der politischen Willensbildung (Art. 21 GG) und damit für den Prozess demokratischer Willensbildung insgesamt birgt (BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2009 - 2 BvE 5/06 - NVwZ 2009, 1092 <1095>). Den deshalb notwendigen Ausgleich der widerstreitenden Verfassungsprinzipien hat er nicht nur durch die eingehend normierten Eingriffsvoraussetzungen selbst, sondern insbesondere auch mit § 8 Abs. 5, § 9 BVerfSchG geschaffen, die die Tätigkeit des Bundesamts für Verfassungsschutz einem strikten Gebot der Verhältnismäßigkeit unterwerfen. Mit diesen Regelungen hat der Gesetzgeber selbst die wesentlichen Entscheidungen für die Auflösung des Spannungsverhältnisses von freiem Mandat und streitbarer Demokratie getroffen.

76

Der Gesetzgeber war dabei nicht von Verfassungs wegen gezwungen, die Erhebung von Informationen über Abgeordnete durch das Bundesamt für Verfassungsschutz von der vorherigen Genehmigung des Parlaments abhängig zu machen.

77

Dem Grundgesetz lässt sich kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts entnehmen, Maßnahmen anderer staatlicher Gewalten gegen Parlamentarier seien nur zulässig, wenn sie zuvor vom Parlament genehmigt wurden. Art. 46 Abs. 2 und Abs. 3 GG sehen eine Genehmigung des Bundestages nur vor für die Einleitung eines Strafverfahrens gegen Abgeordnete und für deren Verhaftung, für sonstige freiheitsbeschränkende Maßnahmen und für die Einleitung eines Verfahrens auf Verwirkung von Grundrechten nach Art. 18 GG. Diese punktuellen Regelungen sind nicht verallgemeinerungsfähig.

78

Die Existenz eines allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatzes lässt sich erst recht nicht anhand lediglich einfachrechtlicher Regelungen nachweisen, die das Verhältnis Verfassungsschutz/Abgeordnete (zudem zumeist nur am Rande) berühren. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG) gilt das Sicherheitsüberprüfungsgesetz nicht für Mitglieder der Verfassungsorgane des Bundes. Es ist damit insbesondere auf Bundestagsabgeordnete nicht anwendbar. Nach § 3 Abs. 1 SÜG liegt die Zuständigkeit für Sicherheitsüberprüfungen grundsätzlich nicht beim Bundesamt für Verfassungsschutz. Dieses führt Sicherheitsüberprüfungen nur selbst durch, wenn Bewerber und Mitarbeiter des eigenen Dienstes betroffen sind (§ 3 Abs. 3 SÜG). Im Übrigen wirkt das Bundesamt für Verfassungsschutz bei Überprüfungen, die andere Behörden durchzuführen haben, lediglich mit (§ 3 Abs. 2 SÜG). § 44c Abgeordnetengesetz (AbgG) ermöglicht eine Überprüfung von Bundestagsabgeordneten auf eine Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR. Die Vorschrift dient nicht dazu, Abgeordnete aufgrund ihrer besonderen Stellung in der Ordnung des Grundgesetzes anders als Bürger, die diesen verfassungsrechtlichen Schutz nicht genießen, vor staatlichen Maßnahmen zu schützen. § 44c AbgG schafft vielmehr staatliche Eingriffsmöglichkeiten, die nur gegenüber Abgeordneten gelten. Umgekehrt verbietet § 3 Abs. 2 Satz 4 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz) die Einbeziehung von Abgeordnetenpost nur in Maßnahmen, die sich gegen Dritte richten. Abgeordnetenpost darf danach Gegenstand von Maßnahmen sein, die gegen den Abgeordneten selbst gerichtet sind. Das Gesetz geht damit von der Zulässigkeit solcher Maßnahmen der Verfassungsschutzbehörden gegen Abgeordnete aus, obwohl das Artikel 10-Gesetz keine Ermächtigungsgrundlage für Eingriffe enthält, die speziell diesen Personenkreis betreffen.

79

ccc) Die Tätigkeit des Klägers in der Partei zum Anknüpfungspunkt für Maßnahmen des Bundesamts für Verfassungsschutz zu machen, ist schließlich mit dem Parteienprivileg vereinbar. Zwar schützt das Privileg des Art. 21 Abs. 2 GG in erster Linie die Parteiorganisation, erstreckt sich jedoch auch auf die mit allgemein erlaubten Mitteln arbeitende parteioffizielle oder parteiverbundene Tätigkeit der Funktionäre und Anhänger einer Partei. Es stellt den Bürger bei solchen Tätigkeiten von Sanktionen frei, um ein ungestörtes und unbehindertes Funktionieren der Partei zu gewährleisten (Urteil vom 17. September 2003 - BVerwG 6 C 4.03 - Buchholz 448.0 § 48 WPflG Nr. 4 S. 9). Aus dem Schutzzweck des Art. 21 Abs. 2 GG folgt jedoch, dass der Kläger als Parteimitglied nicht im Hinblick auf seine Mitgliedschaft in der Partei gegen staatliche Maßnahmen geschützt sein kann, die die Partei selbst hinzunehmen hat.

80

b) Die Erhebung von Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Von mehreren geeigneten Maßnahmen hat das Bundesamt für Verfassungsschutz gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 BVerfSchG diejenige zu wählen, die den Betroffenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf gem. § 8 Abs. 5 Satz 2 BVerfSchG keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. Die Erhebung von Informationen über den Kläger verfolgt einen legitimen Zweck (aa)), war geeignet (bb)), erforderlich (cc)) und verhältnismäßig im engeren Sinne (dd)).

81

aa) Bei den Parteien PDS, Linkspartei.PDS und DIE LINKE bestanden und bestehen nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Hiervon ausgehend gehörte und gehört die Gewinnung von Informationen über diese Parteien zu den legitimen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden. Die Beobachtung des Klägers bezweckt dabei, die bestehenden tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen weiter aufzuklären und mit den gewonnenen Informationen die Regierung und die Öffentlichkeit in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise zu begegnen. Solche Aufklärungsmaßnahmen entspringen dem bundesrechtlichen Prinzip der streitbaren Demokratie und gehören in diesem Zusammenhang zu den Aufgaben, die den Ämtern für Verfassungsschutz übertragen sind (vgl. Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <134 f.>).

82

bb) Die Erhebung von Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung ist geeignet, diesen Zweck zu fördern.

83

Ein Mittel ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Das Verwaltungshandeln darf keine zur Erreichung des Ziels objektiv untaugliche, rechtlich oder tatsächlich unmögliche Maßnahme darstellen.

84

Der Kläger hat bereits in der PDS und in der Linkspartei.PDS herausgehobene Funktionen wahrgenommen und tut dies weiterhin in der Partei DIE LINKE. Er war und ist Spitzenfunktionär der Partei. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts wurde der Kläger im Oktober 2004 in den Parteivorstand gewählt und gehört ihm bis heute an. Ab Oktober 2005 nahm er in der Linkspartei.PDS die Aufgabe eines Fusionsbeauftragten wahr, d.h. eines Beauftragten für die Parteineubildung durch Zusammenschluss mit der WASG. Er hat weitere hervorgehobene Funktionen innerhalb seiner Partei inne. Die Erhebung von Informationen über den Kläger zeigt einen Ausschnitt der etwaigen verfassungsfeindlichen Betätigung der Partei DIE LINKE oder von Mitgliedern oder Gruppierungen innerhalb dieser Partei. Den Äußerungen und dem Verhalten der Spitzenfunktionäre einer Partei kommt erhebliche Bedeutung zu, wenn die von einer Partei ausgehenden Gefahren zu beurteilen sind. Diese Personen beeinflussen die politische Richtung der Partei, ihr Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit und die innerparteiliche Diskussion maßgeblich. Die Art und Weise der politischen Betätigung des Klägers hat innerhalb der Partei Gewicht und kann aussagekräftig für die verfassungsschutzrechtliche Bewertung dieser Gruppierung sein.

85

Die Erhebung von (weiteren) Informationen über den Kläger ist nicht deshalb ungeeignet, weil sie sich über zehn Jahre erstreckt und fortdauert, ohne beim Kläger selbst verfassungsfeindliche Bestrebungen aufgedeckt zu haben. Eine Dauerbeobachtung, die mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar sein kann, liegt vor, wenn sich nach umfassender Aufklärung durch eine mehrjährige Beobachtung der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen nicht bestätigt hat und die für die Beobachtung maßgeblichen tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sind (Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <137 f.>). Der Kläger betätigt sich nach wie vor politisch in einer Partei, bei der auch aktuell tatsächliche Anhaltspunkte für gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen vorliegen. Wie insoweit schon ausgeführt, stützt das Oberverwaltungsgericht zum einen seine Einschätzung der Partei auf Quellen, die auch aus jüngerer Zeit stammen, und es besteht zum anderen mit Blick auf den Zusammenschluss der Linkspartei.PDS mit der WASG zur Partei DIE LINKE ein berechtigtes öffentliches Interesse daran, die Entwicklung der neu zusammengesetzten Partei und ihrer maßgeblichen Funktionäre zu beobachten.

86

cc) Die Beobachtung des Klägers war und ist erforderlich. Zwar verfolgt der Kläger nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in eigener Person keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen. Das Oberverwaltungsgericht hat aber auch - den Senat ebenfalls bindend - festgestellt, dass sich das Ziel, verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der Partei DIE LINKE aufzuklären, ohne eine Beobachtung des Klägers als einer ihrer Spitzenfunktionäre nicht ebenso effektiv erreichen ließe.

87

Eine Gefahrenabschätzung wäre nicht in gleicher Weise möglich, wenn neben der Partei in ihrer Gesamtheit nur solche Mitglieder beobachtet würden, von denen verfassungsfeindliche Äußerungen bekannt geworden sind oder die einer der parteiinternen Gruppierungen angehören, bei denen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Ziele verfolgen. Aufgrund der Bedeutung, die Spitzenfunktionären für die politische Richtung der Partei, ihr Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit und die innerparteiliche Diskussion zukommt, sind Erkenntnisse über deren Verhältnis zu den radikalen Kräften innerhalb der Partei für eine zuverlässige Abschätzung der von der Partei ausgehenden Gefahren von wesentlicher Bedeutung. Spitzenfunktionäre sind maßgebliche Repräsentanten der Partei und bringen aufgrund dessen für Außenstehende zum Ausdruck, dass sie das Programm und die Politik der Partei umfassend unterstützen. Sie haben Einblick auch in die Zielsetzungen verfassungsfeindlich ausgerichteter Zusammenschlüsse und Organisationen in der Partei. Sie sind an maßgebender Stelle mitverantwortlich für Äußerungen und Erklärungen der Partei, selbst wenn sie sich diese subjektiv nicht zu eigen machen. Sie engagieren sich maßgeblich für die Partei in der Öffentlichkeit, um Unterstützer, Wähler und Mitglieder zu gewinnen und so die Position der Partei im politischen Wettbewerb zu verbessern. Damit unterstützen sie objektiv letztlich auch die Kräfte in der Partei, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Wächst die Partei in ihrer politischen Bedeutung und Durchsetzungsfähigkeit, erschließen sich auch für die verfassungsfeindlichen, weiterhin nicht parteiintern angegriffenen Kräfte neue Wege und Kreise, Unterstützung zu finden.

88

Um ein umfassendes Bild über die Partei zu gewinnen, ist deshalb nicht nur die Beobachtung solcher Spitzenfunktionäre erforderlich, bei denen Anhaltspunkte für eigene Aktivitäten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bekannt geworden sind. Auch die Beobachtung von Spitzenfunktionären, die - wie der Kläger - selbst zwar keine eigenen verfassungsfeindlichen Aktivitäten entfalten, aber die radikalen, offen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung eintretenden Kräfte innerhalb der Partei - wie das Oberverwaltungsgericht bezogen auf den Kläger ebenfalls festgestellt hat - genauso wenig aktiv bekämpfen, verspricht - wenn auch vergleichsweise geringfügige - zusätzliche Erkenntnisse. Sie ermöglicht eine unmittelbare und deshalb zuverlässigere Einschätzung des Verhältnisses dieser Spitzenfunktionäre zu den radikalen Kräften innerhalb der Partei, als sie aufgrund einer Beobachtung möglich wäre, die sich auf die Partei als solche oder die in ihr aktiven radikalen Kräfte beschränkt. Welche Entfaltungsmöglichkeiten für verdächtige Parteimitglieder bestehen, hängt entscheidend davon ab, wie sich die Spitzenfunktionäre positionieren und welche Freiräume sie anderen Strömungen geben.

89

dd) Die Erhebung von Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung wahrt die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Sie beachtet das Gebot des geringsten Mittels aus § 8 Abs. 5 Satz 1 BVerfSchG (aaa)) und verstößt nicht gegen das Übermaßverbot aus § 8 Abs. 5 Satz 2 BVerfSchG (bbb)).

90

aaa) Nach § 8 Abs. 5 Satz 1 BVerfSchG hat das Bundesamt für Verfassungsschutz von mehreren geeigneten Maßnahmen diejenige zu wählen, die den Betroffenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

91

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat sich dafür entschieden, Informationen über den Kläger nur mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung zu erheben. Das Bundesamt verzichtet hingegen auf den Einsatz der Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung im Sinne des § 8 Abs. 2 BVerfSchG, wie den Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen, Observationen, Bild- und Tonaufzeichnungen, Tarnpapiere und Tarnkennzeichen. Das Bundesamt erhebt in der hier in Rede stehenden Zeit Informationen über den Kläger allein aus allgemein zugänglichen Quellen, wie parlamentarische Drucksachen, Berichten in den Medien und Pressemitteilungen des Klägers oder seiner Partei. Dies hat das Oberverwaltungsgericht nach einer Beweisaufnahme festgestellt und gestützt hierauf die Klage insoweit rechtskräftig abgewiesen, als sie die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Einsatzes nachrichtendienstlicher Mittel im Sinne des § 8 Abs. 2 BVerfSchG zum Gegenstand hatte.

92

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus den Kernbereich der parlamentarischen Tätigkeit des Klägers, nämlich sein Abstimmungsverhalten sowie seine Äußerungen im Parlament und in dessen Ausschüssen, von der Beobachtung ausgenommen.

93

bbb) Eine Maßnahme darf ferner keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht (§ 8 Abs. 5 Satz 2 BVerfSchG). Die Vorteile, die eine Erhebung von Informationen über den Kläger für die wirksame Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung bietet, überwiegen unter den hier obwaltenden Umständen die Nachteile, die der Kläger durch die Erhebung von Informationen über ihn erleidet. Das Oberverwaltungsgericht ist zu seiner abweichenden Abwägung der konkret betroffenen Vor- und Nachteile deshalb gelangt, weil es die zuvor getroffenen tatsächlichen Wertungen rechtlich fehlerhaft, insbesondere in sich widersprüchlich gewichtet hat.

94

Auf der einen Seite erleidet der Kläger durch die Erhebung von Informationen über ihn Nachteile bei seiner Tätigkeit als Abgeordneter. Diese Nachteile für die Ausübung des freien Mandats haben Gewicht. Die nachrichtendienstliche Beobachtung von Abgeordneten birgt - wie schon erwähnt - erhebliche Gefahren im Hinblick auf ihre Unabhängigkeit (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG) und auf die Mitwirkung der betroffenen Parteien bei der politischen Willensbildung (Art. 21 GG) und damit für den Prozess demokratischer Willensbildung insgesamt (BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2009 - 2 BvE 5/06 - BVerfGE 124, 161 <195>).

95

Für die Ausübung des freien Mandats ergeben sich nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts faktische Nachteile daraus, dass die Erhebung von Informationen über den Kläger für ihn mit einer "Stigmatisierung" verbunden ist, die ihm den Zugang zu dem überwiegenden Teil der Bevölkerung erschweren kann, der sich als verfassungstreu betrachtet. Wenn die offene Informationsbeschaffung über den Kläger durch Verfassungsschutzbehörden allgemein bekannt wird, kann es für ihn schwieriger werden, Anhänger und Wähler für sich und seine Partei zu gewinnen sowie mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Letzteres hat auch deshalb negative Auswirkungen auf seine politische Arbeit, weil er für diese darauf angewiesen ist, Meinungen und Stimmungen der Wählerschaft zu kennen, sowie Informationen aus der Bevölkerung zu erhalten. Wenn dem einzelnen Abgeordneten als faktische Folge einer Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz der Zugang zur Bevölkerung erschwert wird, bedeutet dies aber nicht nur eine Beeinträchtigung der Arbeit dieses Abgeordneten. Zugleich gehen Erkenntnisse verloren, die für den Willensbildungsprozess des Parlaments in seiner Gesamtheit von Bedeutung sind. Im Parlament kann sich ein den Willen des Volkes widerspiegelnder, überindividueller Gesamtwille nur durch das ungehinderte Zusammenwirken aller Abgeordneten bilden. Er ist Ergebnis einer Diskussion, in die jedes Parlamentsmitglied sein Wissen und seine persönlichen Überzeugungen einbringt. Der Beitrag, den der einzelne Abgeordnete zu diesem Willensbildungsprozess leistet, beruht nicht nur auf seiner Ausbildung, seinem persönlichen Werdegang und den Erfahrungen in seinem privaten Umfeld, sondern ganz wesentlich auch auf Erkenntnissen, die er durch Kontakte mit der Bevölkerung gewinnt.

96

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind diese faktischen Nachteile für die Ausübung des freien Mandats zu berücksichtigen. Die Beklagte sieht einen Widerspruch darin, dass das Oberverwaltungsgericht den Eintritt faktischer Nachteile für den Kläger einerseits mit dem allgemeinen Bekanntwerden einer Informationsbeschaffung über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz verknüpft, aber andererseits die Rechtswidrigkeit der Erhebung von Informationen für den gesamten streitigen Zeitraum seit 1999 festgestellt hat, obwohl frühestens im Jahre 2003 allgemein bekanntgeworden sei, dass das Bundesamt Informationen über den Kläger erhebt. Die Beklagte missversteht in diesem Punkt das angefochtene Urteil. Das Oberverwaltungsgericht sieht die faktischen Nachteile zu Recht nicht erst in dem Bekanntwerden der Informationsbeschaffung, sondern in der Erhebung von Informationen selbst, weil sie mit der Gefahr des Bekanntwerdens verbunden ist. Das ist folgerichtig, weil faktische Nachteile der Informationsbeschaffung mit ihrem Bekanntwerden unwiderruflich eintreten und deshalb nicht erst ihr Bekanntwerden nur ihre Fortsetzung rechtswidrig machen kann.

97

Unerheblich ist ferner, dass nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts der Kläger im konkreten Fall selbst die Erhebung von Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz publik gemacht hat (Seite 79 des Urteilsabdrucks). Die Beklagte möchte wohl geltend machen, der Kläger (oder ein anderer Abgeordneter in vergleichbarer Lage) verhalte sich treuwidrig, wenn er die (sonst geheim bleibende) Beschaffung von Informationen über ihn durch den Verfassungsschutz selbst an die Öffentlichkeit bringt, um dann unter Berufung auf die damit ausgelösten faktischen Erschwernisse seiner Arbeit einen unverhältnismäßigen Eingriff in das freie Mandat geltend zu machen. Der Kläger ist jedoch nicht gehindert, publik zu machen, dass der Verfassungsschutz über ihn Informationen erhebt. Dies hat zwar einerseits die geschilderten faktischen Nachteile, kann aber gleichzeitig andererseits bei den ohnehin von seiner Arbeit Überzeugten eine Solidarisierung gegen seine "Bespitzelung" auslösen und ihm in diesem Kreis der Bevölkerung nützlich sein. Darauf darf der Kläger hinarbeiten.

98

Unabhängig von ihren Auswirkungen auf das freie Mandat kann sich eine (auch offene) Informationsbeschaffung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz nachteilig auf die politische Betätigung in Parlament und Partei auswirken. Wer sich beobachtet weiß und damit rechnen muss, dass seine Worte gesammelt und ausgewertet werden, verhält sich beispielsweise bei politischen Äußerungen oder der Unterschrift unter Aufrufe möglicherweise zögerlich oder ängstlich, kann sich jedenfalls in seiner politischen Arbeit gehemmt fühlen (vgl. hierzu wenn auch in etwas anderem Zusammenhang: BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43>).

99

Nicht berücksichtigt werden können hingegen hier (wie auch schon in anderem Zusammenhang) die vom Kläger beklagten Nachteile, die ihm daraus erwachsen sind, dass der Verfassungsschutz oder einzelne seiner Mitarbeiter den politischen Gegner gezielt mit Informationen versorgen, insbesondere zu einer Verwendung gegen den Kläger im Wahlkampf. Ein solches Verhalten wäre, weil von keiner Ermächtigungsgrundlage gedeckt, rechtswidrig und hat daher zu unterbleiben.

100

Diese Nachteile für die Ausübung des freien Mandats werden aber dadurch erheblich gemildert, dass sich das Bundesamt für Verfassungsschutz auf die offene Informationsbeschaffung beschränkt. Die Freiheit des Mandates wäre im Kern betroffen, wenn der Abgeordnete in seiner Arbeit mit den Menschen seines Vertrauens oder mit Menschen, die sich ihm anvertrauen, heimlich beobachtet würde. Dasselbe gälte für eine heimliche Beobachtung in seiner parlamentarischen Arbeit, soweit diese sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit vollzieht. Gegenstand der offenen Informationsbeschaffung sind jedoch nur öffentlich wahrnehmbare Tätigkeiten, die regelmäßig ohnehin auf eine möglichst weitreichende Wirkung und Kenntnisnahme gerichtet sind. Insoweit zielt der einzelne öffentlichkeitswirksame Beitrag eines Abgeordneten ohnehin über seine Person hinaus. Zudem bleibt der Kernbereich der parlamentarischen Arbeit von der Informationsbeschaffung ausgenommen.

101

Ferner hat das Oberverwaltungsgericht keine Anhaltspunkte dafür feststellen können, dass der Kläger sich durch die offene Informationsbeschaffung inhaltlich in seiner politischen Arbeit beeinflussen lassen könnte. Das Oberverwaltungsgericht verweist insoweit auf eine Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, nach der er eine solche Beeinflussung ausdrücklich verneint hat.

102

Nachteilig betroffen ist ferner - wie bereits aufgezeigt - das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers insoweit, als sich die Informationsbeschaffung auf Tätigkeiten erstreckt, die er in anderen Funktionen als in seiner Eigenschaft als Abgeordneter wahrnimmt. Durch die auf Vollständigkeit angelegte Sammlung aller Äußerungen und die Zusammenfassung der zusammengetragenen Unterlagen in einer Personenakte entsteht ein Informationsgehalt, der als Gesamtbild der politischen Persönlichkeit über das hinausgeht, was als Eindruck aus öffentlichen Äußerungen haften bleibt, die bei Gelegenheit wahrgenommen werden.

103

Jedoch wirkt sich die Informationsbeschaffung über den Kläger nur geringfügig auf sein Persönlichkeitsrecht aus. Das Bundesamt für Verfassungsschutz erhebt nur Informationen, die durch die Veröffentlichung in allgemein zugänglichen Quellen einem unbestimmt großen Personenkreis bekannt geworden sind. Sie betreffen nicht den persönlichen Lebensbereich des Klägers, sondern ausschließlich dessen politische Tätigkeit in der Öffentlichkeit. Das umfassende Bild der Aktivitäten und Ansichten des Klägers bleibt auf dessen politische Tätigkeit beschränkt, die sich ohnehin zu einem großen Teil öffentlich abspielt und von den Medien und den politischen Gegnern genau beobachtet wird. Es betrifft den Kläger nicht in seiner persönlichen Lebensführung.

104

Auf der anderen Seite ist der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung für den Bestand des Grundgesetzes und der in ihm verkörperten Werteordnung von existentieller Bedeutung.

105

Diesem Schutz dient zwar vor allem die Erhebung von Informationen über die Partei als solcher und der in ihr aktiven radikalen Kräfte. Die offene Informationsbeschaffung über den Kläger, deren Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen in tatsächlicher Hinsicht vom Oberverwaltungsgericht bindend festgestellt wurden, mag im Vergleich dazu nur einen begrenzten zusätzlichen Erkenntnisgewinn bieten. Jedoch ist auch dieser Gewinn an Erkenntnissen nicht zu vernachlässigen, wie schon ausführlich dargelegt. Spitzenfunktionäre einer Partei sind für deren Entwicklung und Ausrichtung von erheblicher Bedeutung. Erst Erkenntnisse über ihr Verhalten runden das Bild ab. Gerade die führenden Persönlichkeiten einer Partei werden, wenn diese den Stimmenanteil für einen Einzug in das Parlament erreicht, regelmäßig zu den Abgeordneten ihrer Partei gehören. Müssten sie deshalb von einer Beobachtung ausgenommen werden, obwohl tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen ihrer Partei vorliegen, wäre die Sammlung von Informationen über Aktivitäten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung wesentlich eingeschränkt. Im konkreten Fall würde dies beispielsweise auch für führende Repräsentanten der offen verfassungsfeindlichen Gruppierungen in der Partei DIE LINKE gelten, die aufgrund der vom Oberverwaltungsgericht dargelegten Stellung dieser Gruppierungen in der Partei einen günstigen Listenplatz für die Parlamentswahl und als Folge davon ein Abgeordnetenmandat erhalten haben.

106

Danach überwiegen die Vorteile einer Beschaffung von Informationen über den Kläger die diesem dadurch erwachsenden Nachteile. Diese verbleibenden Nachteile hinzunehmen, ist dem Kläger zuzumuten.

107

Der Kläger hat durch seine herausgehobene politische Betätigung in einer Partei, bei der Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bestehen, einen ihm zurechenbaren Anlass für die Erhebung von Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz geschaffen. Die Arbeit für und in der Partei lässt sich nicht säuberlich von der Wahrnehmung des Mandats trennen. Die politische Einbindung des Abgeordneten in Partei und Fraktion ist verfassungsrechtlich erlaubt und gewollt. Das Grundgesetz weist den Parteien eine besondere Rolle im Prozess der politischen Willensbildung zu (Art. 21 Abs. 1 GG), weil ohne die Formung des politischen Prozesses durch geeignete freie Organisationen eine stabile Demokratie in großen Gemeinschaften nicht gelingen kann. Die Fraktionen nehmen im parlamentarischen Raum unabdingbare Koordinierungsaufgaben wahr, bündeln die Vielfalt der Meinungen zur politischen Stimme und spitzen Themen auf politische Entscheidbarkeit hin zu. Wenn der einzelne Abgeordnete im Parlament politischen Einfluss von Gewicht ausüben, wenn er gestalten will, bedarf er der abgestimmten Unterstützung (BVerfG, Urteil vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06 - BVerfGE 118, 277 <328>). Kehrseite dieser Vorteile, die der Abgeordnete bei der Wahrnehmung seines Mandats aus seiner Einbindung in eine Partei zieht, ist aber, dass er die Nachteile für seine Arbeit hinzunehmen hat, die sich an zulässige Maßnahmen des Verfassungsschutzes gegen die Partei knüpfen, für die er als Abgeordneter wirken will.

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Die Parteien sind ein verfassungsrechtlich notwendiger Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Sie erfüllen mit ihrer freien, dauernden Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes eine ihnen nach dem Grundgesetz obliegende und von ihm verbürgte öffentliche Aufgabe.

(2) Die Parteien wirken an der Bildung des politischen Willens des Volkes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens mit, indem sie insbesondere auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung Einfluß nehmen, die politische Bildung anregen und vertiefen, die aktive Teilnahme der Bürger am politischen Leben fördern, zur Übernahme öffentlicher Verantwortung befähigte Bürger heranbilden, sich durch Aufstellung von Bewerbern an den Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinden beteiligen, auf die politische Entwicklung in Parlament und Regierung Einfluß nehmen, die von ihnen erarbeiteten politischen Ziele in den Prozeß der staatlichen Willensbildung einführen und für eine ständige lebendige Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen sorgen.

(3) Die Parteien legen ihre Ziele in politischen Programmen nieder.

(4) Die Parteien verwenden ihre Mittel ausschließlich für die ihnen nach dem Grundgesetz und diesem Gesetz obliegenden Aufgaben.

(1) Parteien sind Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluß nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten. Mitglieder einer Partei können nur natürliche Personen sein.

(2) Eine Vereinigung verliert ihre Rechtsstellung als Partei, wenn sie sechs Jahre lang weder an einer Bundestagswahl noch an einer Landtagswahl mit eigenen Wahlvorschlägen teilgenommen hat. Gleiches gilt, wenn eine Vereinigung sechs Jahre lang entgegen der Pflicht zur öffentlichen Rechenschaftslegung gemäß § 23 keinen Rechenschaftsbericht eingereicht hat; § 19a Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend.

(3) Politische Vereinigungen sind nicht Parteien, wenn

1.
ihre Mitglieder oder die Mitglieder ihres Vorstandes in der Mehrheit Ausländer sind oder
2.
ihr Sitz oder ihre Geschäftsleitung sich außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes befindet.

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit (Artikel 5 Abs. 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Abs. 3), die Versammlungsfreiheit (Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14) oder das Asylrecht (Artikel 16a) zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) In bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau werden geführt der Auswärtige Dienst, die Bundesfinanzverwaltung und nach Maßgabe des Artikels 89 die Verwaltung der Bundeswasserstraßen und der Schiffahrt. Durch Bundesgesetz können Bundesgrenzschutzbehörden, Zentralstellen für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen, für die Kriminalpolizei und zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und des Schutzes gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, eingerichtet werden.

(2) Als bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechtes werden diejenigen sozialen Versicherungsträger geführt, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt. Soziale Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes, aber nicht über mehr als drei Länder hinaus erstreckt, werden abweichend von Satz 1 als landesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechtes geführt, wenn das aufsichtsführende Land durch die beteiligten Länder bestimmt ist.

(3) Außerdem können für Angelegenheiten, für die dem Bunde die Gesetzgebung zusteht, selbständige Bundesoberbehörden und neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechtes durch Bundesgesetz errichtet werden. Erwachsen dem Bunde auf Gebieten, für die ihm die Gesetzgebung zusteht, neue Aufgaben, so können bei dringendem Bedarf bundeseigene Mittel- und Unterbehörden mit Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages errichtet werden.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Juli 2004 - 18 K 1474/04 - geändert.

Dem Beklagten wird untersagt, zu behaupten oder zu verbreiten:

1. Ein ehemaliger Minister habe auf einer Veranstaltung der IGMG anlässlich des Opferfestes Anfang März 2001 in Ulm gesagt, man solle vorerst kein Geld mehr in die Türkei schicken. „Bei einem Verbot würde nämlich das Vermögen der FP vom türkischen Staat beschlagnahmt. Die Gelder, die bisher aus Sicherheitsgründen durch mehrere Personen überbracht worden seien, würden derzeit bei Privatpersonen sicher verwahrt.“

2. Ein IGMG-Funktionär habe bei einer Veranstaltung in Neu-Ulm am 04.06.2001 gesagt, wenn man 3 Millionen Erwachsene für die IGMG gewinnen könne, sei es kein Problem, eine Partei zu gründen und ins Parlament in Berlin einzuziehen. Man werde bereits „von vielen Linksparteien“ und deutschen Politikern unterstützt. Es werde noch fünf bis 10 Jahre dauern, aber dann würde man auch das erreichen, was man „wirklich wolle“. In Europa führe man die Auseinandersetzung mit anderen Mitteln. Hier sei Wissen und Bildung Macht, aber man könne auch anders kämpfen, sollte man nichts erreichen. Daran denke man aber im Moment nicht. Die Bedenken, dass man mit Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft die türkische verliere, zerstreute der Redner mit dem Hinweis, man könne sich jederzeit nach Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft auch die türkische wieder ausstellen lassen, es müsse aber schnell gehandelt werden.

3. Bei einer IGMG-Veranstaltung habe die Menge Sprechchöre wie „Hoca, wenn du sagst, wir sollen kämpfen, dann kämpfen wir. Wenn du sagst, wir sollen töten, dann töten wir!“, gerufen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens sowie 3/5 der Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht. Der Kläger trägt 2/5 der Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger (abgekürzt IGMG), eine Vereinigung von Muslimen hauptsächlich aus der Türkei, wendet sich gegen verschiedene Aussagen im Verfassungsschutzbericht 2001.
Der Kläger wird bereits seit den 90er Jahren vom Landesamt für Verfassungsschutz mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet. In dem im Juli 2002 veröffentlichten Verfassungsschutzbericht 2001, der im Internet-Auftritt des Landesamts weiterhin abrufbar ist, wird der Kläger in Kapitel E („Sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Ausländern“; S. 132 ff.) genannt und als türkische islamistische Vereinigung bezeichnet.
Unter anderen finden sich in dem Abschnitt über den Kläger (S. 146 ff.) folgende Ausführungen:
- Neben dem Randhinweis „Verflechtungen in die Türkei“ (S. 147) wird über Verbindungen des Klägers zur türkischen „Tugendpartei“ (Fazilet-Partisi - FP -) berichtet. Auf das dort drohende Verbot seiner „Mutterorganisation“ habe der Kläger reagiert; ein ehemaliger türkischer Minister habe auf einer Veranstaltung des Klägers im März 2001 in Ulm dazu aufgefordert, vorerst kein Geld mehr in die Türkei zu schicken, da sonst die Gefahr einer Beschlagnahme bestehe.
- Neben dem Randhinweis „statt Integration Änderungen des Systems in Deutschland angestrebt“ (S. 155) wird über Äußerungen von IGMG-Funktionären auf einer Veranstaltung in Neu-Ulm am 04.06.2001 berichtet. Diese hätten zum Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft aufgerufen, um dann durch eine eigene Partei Einfluss auf die deutsche Politik zu gewinnen; man wolle die Freiräume ausnutzen, die die deutschen Gesetze böten.
- Neben dem Randhinweis „Staatsbürgerschaftskampagne“ (S. 155 f.) wird abschließend ausgeführt, dass die Zuhörer während der Veranstaltung von „Einpeitschern“ animiert worden seien. Einblendungen des Vorsitzenden der Tugendpartei, ... ..., seien frenetisch gefeiert worden; man habe ihn mit kämpferischen Sprechchören bejubelt.
Nachdem der Kläger dem Beklagten gegenüber geltend gemacht hatte, dass diese sowie zwei weitere Äußerungen nicht der Wahrheit entsprächen, und ihn erfolglos aufgefordert hatte, diese Äußerungen zu unterlassen, hat er Klage erhoben.
Der Beklagte hat sich im Klageverfahren darauf berufen, dass die vom Kläger gerügten Passagen im Verfassungsschutzbericht 2001 im Wesentlichen auf Erkenntnissen des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz beruhten, und ein entsprechendes Behördenzeugnis des Präsidenten des Landesamts vom 30.10.2002 vorgelegt. Die Vorlage der einschlägigen Akten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz hat das Bayerische Staatsministerium des Innern unter Hinweis auf § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO abgelehnt. Aufgrund des Antrags des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 24.03.2004 - 14 S 93/04 - die Verweigerung der Aktenvorlage für rechtmäßig erklärt.
Mit Urteil vom 09.07.2004 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die zulässige Unterlassungsklage sei nicht begründet. Der Kläger könne sich zwar auf den Schutz der Ehre berufen und deswegen unwahre Tatsachenbehauptungen, insbesondere das Unterschieben von Äußerungen ohne Rücksicht auf eine Rufschädigung, abwehren. Das Gericht habe jedoch die Überzeugung gewonnen, dass die vom Kläger gerügten Tatsachenbehauptungen wahr seien. Davon könne allerdings nicht schon aufgrund der vom zuständigen Senat des Verwaltungsgerichtshofs bestätigten Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Aktenvorlage ausgegangen werden. Im Rahmen der Beweiswürdigung sei aber zu berücksichtigen, dass sich der - beweispflichtige - Beklagte deswegen in einer Art Beweisnot befindet. Der als Zeuge gehörte Bedienstete des Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz, OAR ..., habe in allgemeiner Weise überzeugend dargelegt, wie Erkenntnisse gewonnen und überprüft würden; er habe sich auch durch eigene Überprüfung aller Quellen und sonstiger Unterlagen von der Richtigkeit der Behauptungen überzeugt. Die vom Kläger unter Beweis gestellte Tatsache, dass Teilnehmer der Veranstaltungen die streitigen Äußerungen bzw. Sprechchöre nicht gehört hätten, sei unerheblich; sie sei nicht geeignet darzutun, dass die Äußerungen nicht gefallen und die Sprechchöre nicht doch skandiert worden seien. Es sei nämlich eine Vielzahl von Gründen denkbar, warum Teilnehmer einer Veranstaltung einzelne Äußerungen von Rednern bzw. Reaktionen des Publikums nicht wahrnähmen. Auf die Vernehmung des als Zeugen benannten ehemaligen türkischen Ministers könne nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO verzichtet werden angesichts der insoweit geringen Beeinträchtigung des sozialen Geltungsanspruch des Klägers und der - wegen des Zeitablaufs und der engen Beziehungen zwischen Kläger und Zeugen - erheblichen Minderung des Beweiswerts einer solchen Aussage.
10 
Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 17.11.2005 - 1 S 2278/04 - die Berufung zugelassen, soweit die Klage bezüglich der oben erwähnten Tatsachenbehauptungen abgewiesen worden ist. Im Übrigen hat er den Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt.
11 
Zur Begründung der Berufung macht der Kläger geltend, dass sein sozialer Geltungsanspruch durch die angegriffenen Tatsachenbehauptungen schon deswegen intensiv betroffen sei, weil sie im Verfassungsschutzbericht enthalten seien; dessen Funktionen würden vom Aufgabenkreis des Verfassungsschutzes bestimmt. Er werde auch durch die Erwähnung der Rede des Ministers, die er geduldet habe, und der Sprechchöre charakterisiert, so dass auch insoweit sein Geltungsanspruch tangiert sei. Der Beweiskraft des vom Beklagten vorgelegten Behördenzeugnisses stehe schon der offenkundige Mangel des Landesamts für Verfassungsschutz an türkischsprachigen Mitarbeitern entgegen. Des weiteren stehe fest, dass vom Präsidenten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz bereits Behördenzeugnisse ausgestellt worden sein, die offensichtlich Unrichtiges bekundeten. Die Aussagen des Zeugen ... seien durch dessen beschränkte Aussagegenehmigung von geringem Beweiswert. Demgegenüber könnten viele Teilnehmer der Veranstaltungen bekunden, dass die beanstandeten Äußerungen nicht gefallen seien.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Juli 2004 - 18 K 1474/04 - zu ändern und dem Beklagten zu untersagen, zu behaupten oder zu verbreiten:
14 
1. Ein ehemaliger Minister habe auf einer Veranstaltung der IGMG anlässlich des Opferfestes Anfang März 2001 in Ulm gesagt, man solle vorerst kein Geld mehr in die Türkei schicken. „Bei einem Verbot würde nämlich das Vermögen der FP vom türkischen Staat beschlagnahmt. Die Gelder, die bisher aus Sicherheitsgründen durch mehrere Personen überbracht worden seien, würden derzeit bei Privatpersonen sicher verwahrt.“
15 
2. Ein IGMG-Funktionär habe bei einer Veranstaltung in Neu-Ulm am 04.06.2001 gesagt, wenn man 3 Millionen Erwachsene für die IGMG gewinnen könne, sei es kein Problem, eine Partei zu gründen und ins Parlament in Berlin einzuziehen. Man werde bereits „von vielen Linksparteien“ und deutschen Politikern unterstützt. Es werde noch 5 bis 10 Jahre dauern, aber dann würde man auch das erreichen, was man „wirklich wolle“. In Europa führe man die Auseinandersetzung mit anderen Mitteln. Hier sei Wissen und Bildung Macht, aber man könne auch anders kämpfen, sollte man nichts erreichen. Daran denke man aber im Moment nicht. Die Bedenken, dass man mit Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft die türkische verliere, zerstreute der Redner mit dem Hinweis, man könne sich jederzeit nach Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft auch die türkische wieder ausstellen lassen, es müsse aber schnell gehandelt werden.
16 
3. Bei einer IGMG-Veranstaltung habe die Menge Sprechchöre wie „Hoca, wenn du sagst, wir sollen kämpfen, dann kämpfen wir. Wenn du sagst, wir sollen töten, dann töten wir!“, gerufen.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Er bezweifelt zum einen die Zulässigkeit der Berufung und verteidigt zum anderen das angefochtene Urteil; hierzu führt er aus: Die Wahrheit der streitigen Passagen des Verfassungsschutzberichts würden durch die verwerteten Beweismittel belegt. Anders als beim Vereinsverbot könne hier schon ein Behördenzeugnis für die richterliche Überzeugung ausschlaggebend sein, wenn es plausibel, detailliert und bestätigt sei. Das Behördenzeugnis gehe über die Angaben im Verfassungsschutzbericht hinaus und werde darüber hinaus durch die Aussage des Zeugen ... bestätigt; dieser habe die vom Kläger behaupteten Übersetzungsprobleme verneint. Die Verwertung dieses mittelbaren Beweismittels sei zulässig. An der Eignung der vom Kläger benannten Zeugen und der Erheblichkeit ihrer Einlassungen bestünden Zweifel. Schließlich bestehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch selbst dann nicht, wenn die Nichterweislichkeit der behaupteten Tatsachen unterstellt werde. Bei der Frage der geschützten Persönlichkeitsdarstellung komme es allein auf die Organe und Funktionsträger des Klägers an. Deswegen seien die Rede des Ministers als eines bloßen Gastredners und das Verhalten der Teilnehmer unbeachtlich. Des weiteren seien die behaupteten Tatsachen im Verfassungsschutzbericht für den Kläger gemessen an seinem tatsächlichen Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit nicht ansehensschädigend.
20 
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung von 10 Zeugen; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift verwiesen. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Zulassungs- und Berufungsverfahren Bezug genommen. Dem Senat liegen Behörden- und Gerichtsakten aus dem Klageverfahren und dem Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes vor; sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
I.
21 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere entspricht die Berufungsbegründung den gesetzlichen Anforderungen. Der Kläger formuliert einen Berufungsantrag und trägt vor dem Hintergrund des Zulassungsbeschlusses vor, dass sein Unterlassungsbegehren aufgrund des von ihm angebotenen Zeugenbeweises Erfolg haben müsse. Damit macht der Kläger deutlich, aus welchen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Mehr ist nach § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO nicht zu verlangen.
II.
22 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die - zulässige - Klage, soweit Gegenstand des Berufungsverfahrens, zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht der im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Er wird durch die streitigen Tatsachenbehauptungen in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt; diese Rechtsverletzung, die durch die weitere Verfügbarkeit des betroffenen Verfassungsschutzberichts - jedenfalls in seiner Internet-Version - fortdauert, kann er durch das Unterlassungsbegehren abwehren.
23 
1. Der Unterlassungsanspruch findet seine Rechtsgrundlage in den Grundrechten des Klägers.
24 
a) Als juristischer Person stehen dem Kläger nach Art. 19 Abs. 3 GG die im allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) wurzelnden Schutzansprüche zu, derer auch ein Personenverband im Rahmen seines Aufgabenbereichs bedarf (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.05.1989 - 7 C 2.87 -, BVerwGE 82, 76 <79>; Dreier in: ders. , GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 2 Abs. 1 Rn. 82 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 09.10.2002 - 1 BvR 1611/96 u.a. -, BVerfGE 106, 28 <42 f.>). Hierzu zählen das Verfügungsrecht und Selbstbestimmungsrecht über die eigene Außendarstellung des Verbands sowie, damit verbunden, der Schutz des sozialen Geltungsanspruchs, der sogenannten „äußeren Ehre“ als dem Ansehen in den Augen anderer (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98 -, BVerfGE 114, 339 <346>; Dreier, a.a.O., Rn. 71, 74, 76).
25 
Nach den allgemeinen in der Rechtsprechung zum Ehrenschutz entwickelten Maßstäben ist das Persönlichkeitsrecht immer verletzt und ein Abwehranspruch gegeben, wenn dem Betroffenen Äußerungen unterschoben werden, die er so nicht getan hat; denn die Verfälschung der in seiner alleinigen Definitionsmacht stehenden Persönlichkeitsdarstellung ist nicht statthaft (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 03.06.1980 - 1 BvR 185/77 -, BVerfGE 54, 148 <155 f.> sowie Beschluss vom 10.11.1998 - 1 BvR 1531/96 -, BVerfGE 99, 185 <193 f.>). Demgegenüber steht der soziale Geltungsanspruch nicht in der ausschließlichen Konkretisierungs- und Verfügungsmacht des Betroffenen; selbst unwahre Tatsachenbehauptungen führen demnach nicht immer zu dessen Verletzung (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15.08.1989 - 1 BvR 881/89 -, NJW 1989, 3269; BVerwG, Beschluss vom 19.01.2000 - 3 B 100.99 -, NVwZ-RR 2000, 598; siehe zuletzt etwa BGH, Urteil vom 15.11.2005 - VI ZR 274/04 -, NJW 2006, 609). Die im Anschluss hieran vom Beklagten aufgeworfenen Fragen, ob die wiedergegebenen Äußerungen des Ministers und die Sprechchöre dem Kläger i.S. des Selbstdarstellungsrechts zuzurechnen sind, und wie es um das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit bestellt ist, bedürfen indessen keiner Klärung. Denn die genannten allgemeinen Grundsätze werden hier überlagert durch die Besonderheiten, die sich aus der Erwähnung der umstrittenen Äußerungen im Verfassungsschutzbericht ergeben.
26 
Der Verfassungsschutzbericht unterscheidet sich wesentlich von sonstigen staatlichen Verlautbarungen. Er zielt auf die Abwehr besonderer Gefahren; er soll die Öffentlichkeit u.a. über Bestrebungen unterrichten, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (§ 12 Satz 1, § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LVSG). Um dieser Aufgabe effektiv gerecht zu werden, stammt er von einer darauf spezialisierten und mit besonderen Befugnissen, darunter der Rechtsmacht zum Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel (§ 6 LVSG), arbeitenden Stelle. Insoweit geht eine Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht über die bloße Teilhabe staatlicher Funktionsträger an öffentlichen Auseinandersetzungen in einem freien Kommunikations- und Interaktionszusammenhang oder an der Schaffung einer hinreichenden Informationsgrundlage für eine eigenständige Entscheidungsbildung der Bürger, etwa als Marktteilnehmer, hinaus. Sie ist eine an die verbreiteten Kommunikationsinhalte anknüpfende, mittelbar belastende negative Sanktion gegen den Betroffenen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.05.2005 - 1 BvR 1072/01 -, BVerfGE 113, 63 <77 f.>). Denn angesichts der Warnfunktion des Verfassungsschutzberichts liegt bereits in der dortigen Erwähnung einer - hiernach als verfassungsfeindlich und extremistisch eingestuften - Organisation eine Ausgrenzung und Stigmatisierung des betroffenen Personenverbandes; ihr sozialer Geltungsanspruch wird durch den Vorwurf in Frage gestellt, dass sie den Grundkonsens verlassen habe, auf dem das Gemeinwesen beruht (vgl. Murswiek, NVwZ 2004, 769 <771 f.>; ders. DVBl 1997, 1021 <1028 f.>).
27 
Ein solcher Eingriff in die Rechtsstellung der Organisation ist indessen nur dann gerechtfertigt, wenn sich die Einschätzung als verfassungsfeindlich auf tatsächliche Anhaltspunkte stützen kann (§ 3 Abs. 2 Satz 2 LVSG). Die Tatsachenbehauptungen, die zur Begründung des abschließenden Werturteils über die - bzw. den Verdacht der - Verfassungsfeindlichkeit herangezogen werden, müssen demnach der Wahrheit entsprechen. Dabei ist davon auszugehen, dass grundsätzlich alle Tatsachenbehauptungen im Verfassungsschutzbericht, die sich auf die Tätigkeit und die programmatische Ausrichtung der Organisation beziehen, dazu dienen, dieses Urteil im Wege einer Gesamtschau zu tragen; nur bei ersichtlich nebensächlichen Aussagen mag eine andere Bewertung angezeigt erscheinen. Hiernach kann der Kläger hinsichtlich aller streitigen Tatsachenbehauptungen einen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht geltend machen mit der Folge, dass ihm ein Unterlassungsanspruch zusteht, soweit diese Behauptungen unwahr sind.
28 
b) Die selben Rechtsfolgen ergeben sich auch dann, wenn hier aufgrund der mittelbaren Wirkungen der Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht auch ein Eingriff in die durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützte religiöse Vereinigungsfreiheit bejaht wird. Denn das Grundrecht der Religionsfreiheit schützt gegen diffamierende, diskriminierende oder verfälschende Darstellungen einer religiösen Gemeinschaft (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.06.2002 - 1 BvR 670/91 -, BVerfGE 105, 279 <294>).
29 
2. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme kann der Senat nicht mit der für die auch hier gebotene volle richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen Gewissheit von der Wahrheit der streitigen Behauptungen ausgehen; weder die vom Kläger benannten Zeugen noch die vom Beklagten aufgebotenen - mittelbaren - Beweismittel haben den Sachverhalt letztlich aufzuklären vermocht (b). Diese Unerweislichkeit geht zu Lasten des Beklagten (a).
30 
a) Die materielle Beweislast für die Richtigkeit der streitigen Tatsachenbehauptungen liegt beim Beklagten. Dies folgt mangels ausdrücklicher abweichender Regelungen aus dem an den einschlägigen Normen des materiellen Rechts orientierten sogenannten Günstigkeitsprinzip. Danach trägt jeder Beteiligte den Rechtsnachteil für die Nichterweislichkeit der ihm günstigen Tatbestandsmerkmale (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 01.11.1993 - 7 B 190/93 -, NJW 1994, 468 m.N.); auf die letztlich von Zufälligkeiten abhängige prozessuale Rolle kommt es nicht an. Folglich hat in gleicher Weise wie im Anfechtungsrechtsstreit auch bei der Unterlassungsklage die Behörde, die rechtlich erhebliche Belastungen herbeiführen will, nach dem materiellen Angreiferprinzip die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Eingriff in die Rechtsposition des Adressaten bzw. Betroffenen darzulegen; fallbezogene Besonderheiten sind für die nach abstrakten Kriterien zu bestimmende Beweislastverteilung unbeachtlich (vgl. Dawin in: Schoch u.a. , VwGO, § 108 Rn. 99 ff.; Höfling/Rixen in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 108 Rn. 114 ff., jeweils m.w.N.). Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage nicht von privatrechtlichen Ehrenschutzprozessen; beweisbelastet für die Richtigkeit einer das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzenden Tatsachenbehauptung ist - auch nach dem hier anwendbaren Rechtsgedanken des § 186 StGB - derjenige, der sie aufstellt (siehe nur BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98 -, BVerfGE 114, 339 <352>).
31 
b) Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Dieses Regelbeweismaß der vollen richterlichen Überzeugung gilt auch im vorliegenden Verfahren; den Besonderheiten der Fallkonstellation ist im Rahmen der Beweiswürdigung Rechnung zu tragen.
32 
aa) Der beweisbelastete Beklagte befindet sich hier zwar in einem sogenannten sachtypischen Beweisnotstand. Er darf von Gesetzes wegen seine Erkenntnisse durch nachrichtendienstliche Mittel gewinnen, und muss dies um der Effektivität seiner Aufgabenerfüllung auch tun. Gerade diese Vorgehensweise erschwert es ihm aber, die gewonnenen Erkenntnisse nachprüfbar zu belegen, wenn er nicht seine zukünftige Arbeit beeinträchtigen will. Um des Schutzes seiner Erkenntnisquellen, Arbeitsweisen und Methoden der Erkenntnisgewinnung sowie der Einhaltung von Vertraulichkeitszusagen an Informanten willen ist er nach Maßgabe des § 99 VwGO befugt, die Vorlage der Akten zu verweigern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 1 BvR 385/90 -, BVerfGE 101, 106 <128>). Die Reduzierung des Beweismaßes auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ kann damit aber nicht gerechtfertigt werden. Ob der Anwendungsbereich des Regelbeweismaßes ausnahmsweise dann teleologisch reduziert werden kann, wenn anders wegen genereller Beweisschwierigkeiten das materielle Recht im Regelfall leerlaufen würde, kann dahinstehen. Denn dies ist - wenn überhaupt - nur zu erwägen, wenn ansonsten Grundrechtsgewährleistungen nicht realisiert werden könnten (vgl. Höfling/Rixen, a.a.O., § 108 Rn. 98 f. m.N.). Vielmehr sind die Schwierigkeiten der Sachverhaltsermittlung und Beweisführung auf der Ebene der konkreten Beweiswürdigung zu berücksichtigen (vgl. hierzu aus der Rspr. des BVerwG zuletzt Urteil vom 27.07.2006 - 5 C 3.05 -, Rn. 38 m.N.; Dawin, a.a.O., § 108 Rn. 56; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 108 Rn. 5, jeweils m.w.N.).
33 
bb) (1) Der Kläger hat die streitigen Passagen des Verfassungsschutzberichts unter Verweis auf Veranstaltungsteilnehmer, die das Gegenteil bekunden, substantiiert bestritten. Aufgrund der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme ist allerdings nicht erwiesen, dass die streitigen Äußerungen während der Veranstaltungen des Klägers nicht gefallen sind.
34 
Die Aussagen der vom Kläger benannten Zeugen haben den Senat nicht davon überzeugen können, dass der ehemalige türkische Minister ... während der Veranstaltung im März 2001 die im Verfassungsschutzbericht behaupteten Äußerungen nicht getan hat, die zum Beleg und als Illustration einer engen Verbindung des Klägers zu islamistischen Parteien in der Türkei dienen sollten. Auf ausdrückliche Nachfrage des Senats haben zwar alle drei Zeugen übereinstimmend angegeben, dass der Redner über den Transfer von Geldern an die damals in der Türkei vom Verbot bedrohte Tugendpartei nicht gesprochen habe. Diesen Aussagen kann aber nur ein geringes Gewicht beigemessen werden.
35 
Zum einen war das Erinnerungsvermögen der Zeugen eher begrenzt, was angesichts der mittlerweile verstrichenen Zeit letztlich nicht überrascht; der Zeuge ... hat ausdrücklich betont, dass er sich nur noch schwach erinnern könne. Zum anderen haben die Zeugen auch die ihnen positiv erinnerlichen Inhalte der Rede nicht übereinstimmend geschildert. Die Zeugen ... - dieser war als Bezirksvorsitzender des Klägers ebenfalls mit der Organisation der Veranstaltung befasst - und ... haben jeweils den Bericht des Redners über das von ihm verfasste Buch über die Wohlfahrtspartei sowie seine Ausführungen über die Lage der türkischen Jugendlichen in Deutschland und deren Integration als wesentlichen Inhalt der Rede benannt; soweit dem Zeugen ... insbesondere Letzteres noch deutlich vor Augen stand, so leuchtet dies aufgrund seiner persönlichen Betroffenheit als Vater unmittelbar ein. Demgegenüber schien die Aussage des Zeugen ... als eines der Organisatoren der Veranstaltung deutlich vom Anliegen geprägt, das politische Engagement des Redners herunterzuspielen; denn bereits dessen Einladung wurde mit der ganz neutral umschriebenen Tätigkeit des Redners als Rechtsanwalt und Autor begründet. Des weiteren hat der Zeuge ... angegeben, dass das damals gefeierte Opferfest das Hauptthema der Ausführungen des Redners gewesen sei; allerdings habe er auch über seine Bücher gesprochen. Hinsichtlich der Ausführungen des Redners zur Wohlfahrtspartei waren die Aussagen der Zeugen ebenfalls nicht deckungsgleich. Während der Zeuge ... von Ausführungen des Redners zum Parteiverbot zu berichten wusste - das scheint im Übrigen bei einem Buch durchaus nachvollziehbar, das die Wahrheit über die verbotene Partei zum Thema hat -, konnten die beiden anderen Zeugen sich hieran nicht erinnern. Schließlich waren dem Zeugen ... keinerlei Äußerungen über Gelder erinnerlich, während der Zeuge ... ausdrücklich erwähnt hat, dass der Redner über Geldspenden für notleitende Menschen gesprochen und sich hierfür bedankt habe. Auch vor diesem Hintergrund verbietet sich die Annahme, die Erinnerung der Zeugen lasse verlässlich den Schluss auf die Annahme zu, in der Rede des ehemaligen Ministers seien die genannten - als solche nicht unplausiblen - Äußerungen nicht gefallen.
36 
Von der Unwahrheit der streitigen Äußerungen, die auf der Veranstaltung im Juni 2001 in Neu-Ulm gefallen sein sollen, konnte sich der Senat ungeachtet der Bekundungen der hierzu vom Kläger benannten Zeugen ebenso wenig überzeugen.
37 
Die Verlässlichkeit des Erinnerungsvermögens der Zeugen hinsichtlich der ebenfalls schon geraume Zeit zurückliegenden und mit vier Stunden Dauer sehr langen und deswegen die Aufmerksamkeit der Teilnehmer in besonderer Weise fordernden Veranstaltung ist bereits deswegen nachhaltig in Frage gestellt, weil sowohl hinsichtlich der bei dieser Veranstaltung auftretenden Redner als auch anderer Modalitäten des Ablaufs der Veranstaltung nicht durchgängig übereinstimmende Aussagen gemacht wurden.
38 
So haben die Zeugen ..., ... und ... bei ihrer Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht München am 22.05.2006 den Redner ... gar nicht erwähnt; es bleibt dann aber unklar, wie ihnen nach weiteren sechs Monaten der Inhalt seiner Ausführungen noch so deutlich präsent sein könnte, dass sie Äußerungen über eine Parteigründung - etwa als „Weiterentwicklung“ der Organisation nach einem Vorbild in der Türkei - mit Sicherheit ausschließen könnten. Dies gilt in besonderem Maß für den Zeugen ..., der sich auch vor dem Senat nach eigenen Angaben nur sehr vage an die Rede ... zu erinnern vermochte. Der Zeuge ... konnte sich des weiteren auch nicht festlegen, ob er die Rede über ihre gesamte Länge im Versammlungsraum verfolgt hat. Die Zeugen ..., ... und ... haben - anders als der Zeuge ... - auch von einem Tätigkeitsbericht des Zeugen ... nichts zu berichten gewusst. Bei diesem Vortrag soll die Videoleinwand zum Einsatz gekommen sein. Auf dieser Leinwand sollen nach Aussage des Zeugen ... auch Einblendungen zu anderen Sachthemen gezeigt worden sein. In dieser Hinsicht hatten die Zeugen ..., ... - obwohl einer der Moderatoren - und ... keine, der Zeuge ... abweichende Erinnerungen.
39 
Die behaupteten Sprechchöre sind zwar, falls sie tatsächlich - wie von den Zeugen ... und ... bekundet - nicht nur von einzelnen Zuhörern, sondern von einem beträchtlichen Teil der Anwesenden skandiert worden sind, als ein besonderes Vorkommnis eher geeignet, sich dem Gedächtnis dauerhaft einzuprägen als ein in nüchternem Ton vorgetragener Redebeitrag; die fehlende Erinnerung eines aufmerksamen Zuhörers kann folglich Schlüsse darauf zulassen, dass die Menge sich zu solchen Äußerungen nicht hat hinreißen lassen. Der Senat hegt aber auch in dieser Hinsicht Zweifel an der Aussagekraft der verneinenden Bekundungen der Zeugen.
40 
Der Zeuge ... hat sich sehr vorsichtig ausgedrückt und sich letztlich dahingehend eingelassen, dass er den Versammlungssaal immer wieder verlassen habe; ein verlässlicher Bericht über den gesamten Versammlungsablauf kann von ihm folglich nicht erwartet werden. Des weiteren erscheint auch zweifelhaft, ob er die Reaktionen des Publikums zutreffend registriert hat. Er trägt nämlich vor, dass er sich nicht daran erinnern könne, ob den Rednern applaudiert worden sei; demgegenüber hat der Zeuge ... davon gesprochen, dass die anwesenden Frauen der Rednerin ... zugejubelt hätten. Beim Zeugen ... bleibt ebenfalls unklar, ob er überhaupt in der Lage war, alle Vorkommnisse im Versammlungssaal verlässlich wahrzunehmen; denn auch er hat sich nach eigenem Bekunden nur etwa die Hälfte der Zeit im Saal selbst, sonst in einem Vorraum aufgehalten. Abgesehen davon kann bei der Bewertung der Aussagen der Zeugen ..., ..., ... und ... nicht unberücksichtigt bleiben, dass sie aufgrund ihres herausgehobenen Engagements für den Kläger ein gesteigertes Interesse an einer positiven Darstellung des Klägers in der Öffentlichkeit haben.
41 
(2) Eine abschließende Klärung des bei Würdigung der Aussagen der vernommenen Teilnehmer offenen Sachverhalts war dem Senat auch anhand der vom Beklagten angebotenen Beweismittel nicht möglich. Da eine Vernehmung von V-Leuten, auf deren unmittelbarer Wahrnehmung die im Verfassungsschutzbericht wiedergegebenen Erkenntnisse des Landesamts für Verfassungsschutz beruhen sollen, nicht möglich war, standen insoweit in Gestalt des Behördenzeugnisses des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz vom 30.10.2002 und der ergänzenden Ausführungen der Zeugen vom Hörensagen ... und ... lediglich mittelbare Beweismittel zur Verfügung.
42 
Nach Auffassung des Senats ist es dem Gericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung nicht von vornherein verwehrt, seine richterliche Überzeugung auch maßgeblich auf solche mittelbare Beweismittel zu stützen.
43 
Allerdings hat das Bundesverwaltungsgerichts in einer ein Vereinsverbot betreffenden Entscheidung (Urteil vom 03.12.2004 - 6 A 10.02 -, Buchholz 402.25 VereinsG Nr. 41 S. 78 f.) Beweiserleichterungen im Hinblick auf Geheimhaltungsbedürfnisse abgelehnt. Insbesondere könnten substantiiert bestrittene Tatsachenbehauptungen der Verbotsbehörde, die auf nachrichtendienstlichen Erkenntnissen und Einschätzungen beruhten und gerichtlicher Beweiserhebung wegen der Verweigerung der Vorlage der entsprechenden Vorgänge nicht zugänglich seien, lediglich die durch andere Erkenntnisse gestützte Überzeugung des Gerichts im Sinne einer Abrundung des Gesamtbildes bestätigen. Für die gerichtliche Überzeugungsbildung über das Vorliegen eines Verbotsgrundes könnten sie selbst dann nicht ausschlaggebend sein, wenn sie plausibel seien; dies gelte auch, wenn die Verbotsbehörde statt ihrer Akten sogenannte Behördenzeugnisse überreiche, in denen nicht näher belegte Tatsachen behauptet würden.
44 
Diese Rechtsgrundsätze, nach denen die Vernehmung von Bediensteten der Verfassungsschutzbehörden zum Beweis der Wahrheit der streitigen Tatsachenbehauptungen von vornherein untauglich wäre, sind indes im vorliegenden Rechtsstreit nicht anwendbar. Beim Vereinsverbot bilden nachrichtendienstliche Erkenntnisse zwar oft, aber nicht notwendig die Tatsachengrundlage der zur gerichtlichen Überprüfung gestellten Verfügung; einer Sachverhaltsaufklärung stehen folglich nicht typischerweise Geheimhaltungsinteressen entgegen. Demgegenüber verhält es sich bei Tatsachenbehauptungen im Verfassungsschutzbericht jedenfalls dann zwingend anders, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass die beobachtete Gruppierung konspirativ arbeitet oder in ihrer offiziellen Außendarstellung ihre wahren Absichten verschleiert. Dann sind die Behörden zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags auf den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel, insbesondere sogenannter V-Leute, angewiesen (siehe auch BVerfG, Beschluss vom 18.03.2003 - 2 BvB 1/01 u.a. -, BVerfGE 107, 339 <391>). Die Aufgabenzuweisung an die Verfassungsschutzbehörde, die gem. § 12 LVSG gerade auch die Information der Öffentlichkeit umfasst, kann dann aber nicht dadurch im Ergebnis unterlaufen werden, dass die Behörde bei Beachtung des Geheimhaltungsinteresses in einer gerichtlichen Auseinandersetzung immer unterliegen muss, weil ihr eine Beweisführung und deswegen dem Gericht die Sachaufklärung unmöglich ist. Der Geheimnisschutz würde nur um den Preis des Prozessverlusts gewährt (vgl. hierzu Mayen, NVwZ 2003, 537 <541>). Eine solche Rechtsfolge würde dem Anliegen des § 99 VwGO nicht gerecht.
45 
Die generelle Verpflichtung zur Vorlage der Akten, mit der eine umfassende Aufklärung des Sachverhalts ermöglicht werden soll, dient sowohl dem öffentlichen Interesse an der Wahrheitsfindung als auch dem privaten Interesse an einem effektiven Rechtsschutz (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 1 BvR 385/90 -, BVerfGE 101, 106 <124>). Diese Belange sind bei einer Entscheidung, ob nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO der Geheimnisschutz eine Ausnahme von der Regel rechtfertigt, in die Ermessenserwägungen mit einzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.07.2002 - 2 AV 1.02 -, BVerwGE 117, 8 <9>; BVerfG, Beschluss vom 14.03.2006 - 1 BvR 2087/03 u.a. -, NVwZ 2006, 1041 <1045> Rz. 116). Auch wenn hiernach die Geheimnisschutzinteressen überwiegen, dürfen die anderen Belange nur soweit zurückgedrängt werden, wie dies angesichts der jeweiligen Prozesssituation unabweisbar geboten ist. Geht es um die Erteilung von Auskünften aus Akten, und ist die Aktenvorlage demnach der eigentliche materielle Streitgegenstand, können die gegenläufigen Interessen nicht mehr berücksichtigt werden. Die Abweisung der Klage folgt aus der positiven Feststellung im Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO. Mit dieser Zwangsläufigkeit wirkt sich die Feststellung der Geheimhaltungsbedürftigkeit auf ein Verfahren, in dem - wie hier - die geheimhaltungsbedürftigen Verwaltungsvorgänge in Bezug auf einen anderen Streitgegenstand entscheidungserheblich sind, demgegenüber nicht aus. Wenn wie im vorliegenden Fall gerade nicht die die angegriffene Maßnahme stützenden Tatsachen als solche, sondern (lediglich) die Erkenntnisquellen geheimhaltungsbedürftig sind, gebietet die Amtsaufklärungspflicht im Interesse der Wahrheitsfindung, alle ungeachtet der Verweigerung der Aktenvorlage verbleibenden Möglichkeiten der Sachaufklärung vollständig auszuschöpfen und sämtliche dem Gericht von den Beteiligten unterbreiteten oder ihm sonst zugänglichen Tatsachen bei der Würdigung des Sachverhalts zu verwerten. Wenn sich dabei ergibt, dass infolge der Weigerungserklärung bestimmte Umstände nicht aufklärbar bleiben oder die Aussagekraft festgestellter Tatsachen vermindert ist, so ist auch dies angemessen - ggfs. auch unter Berücksichtigung der materiellen Beweislast - zu würdigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.02.1996 - 1 B 37.95 -, NVwZ-RR 1997, 133 <135>; vom 21.06.1993 - 1 B 62.92 -, NVwZ 1994, 72 <74>; Rudisile in: Schoch u.a. , VwGO, § 99 Rn. 49).
46 
Gemessen an diesen rechtlichen Vorgaben reichen das vorgelegte Behördenzeugnis und die ergänzenden Erläuterungen der Zeugen ... und ... nicht aus, um dem Senat die volle Überzeugung von der Wahrheit der streitigen Äußerungen zu verschaffen.
47 
Der Senat hat - wie bereits das Verwaltungsgericht - aufgrund des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks keinen Zweifel daran, dass die Zeugen bei der Vorbereitung und Ausstellung des Behördenzeugnisses, das die streitigen Passagen im Verfassungsschutzbericht durch weitere Einzelheiten präzisiert, sorgfältig und gewissenhaft vorgegangen sind.
48 
Soweit der Kläger die Verlässlichkeit der ihn betreffenden und jeweils vom Zeugen ... verantworteten Behördenzeugnisse in Zweifel zu ziehen versucht, gelingt ihm dies in der von ihm durch verschiedene Beispiele behaupteten Allgemeinheit nicht. Denn zum einen lautet der Titel der vom Kläger herausgegebenen Zeitschrift, wie vom Zeugen ... - im Übrigen in Übereinstimmung mit dem eigenen schriftsätzlichen Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers - angegeben, „Milli Görüs Perspektive“. Zum anderen ist auch nichts dagegen zu erinnern, wenn ein der Vorgängerorganisation des Klägers zuzurechnender Redner bei wertender Betrachtungsweise auch dem Kläger zugeordnet wird.
49 
Der vom Zeugen ... letztlich zugestandene Einwand gegen die Richtigkeit eines Behördenzeugnisses vom 26.05.2002 über eine Veranstaltung des Klägers am 15.04.2001 in Hagen verweist indessen auf die unabweisbare Erkenntnis, dass ein Behördenzeugnis ungeachtet der behördeninternen Sorgfalt nur so gut sein kann wie die unmittelbare Quelle, auf die es sich letztlich stützt. Von deren Qualität und Verlässlichkeit muss sich folglich auch das Gericht überzeugen können. An den für die richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen Anhaltspunkten fehlt es hier.
50 
Die Zeugen ... und ... haben erläutert, welche internen Mechanismen und Methoden angewandt werden, um die Wertigkeit sowohl der Quelle als auch ihrer Angaben zu prüfen. Wie insbesondere vom Zeugen ... ausgeführt, kann es bei dieser Prüfung der Natur der Sache entsprechend nicht so sehr um die Richtigkeit der von der menschlichen Quelle, dem V-Mann, gelieferten Informationen gehen, sondern um die allgemeine Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Informanten. Unmittelbare Rückschlüsse auf die inhaltliche Richtigkeit lässt dann aber am ehesten der Vergleich der Erkenntnisse zweier unabhängig voneinander agierender Quellen zu, deren Einsatz jedenfalls gerade bei Veranstaltungen mit einem großen Teilnehmerkreis nicht unmöglich erscheint. Zu diesem für die Einschätzung der Wahrheit der behaupteten Äußerungen zentralen Anhaltspunkt hat der Beklagte nichts vorgetragen, was bezogen auf die hier behaupteten Erkenntnisse konkrete Schlüsse zuließe.
51 
Im Verfahren des Klägers gegen den Freistaat Bayern hat das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz in Bezug auf die Veranstaltung in Neu-Ulm vorgetragen, dass „der als zuverlässig bekannte V-Mann deutsch und türkisch“ spreche, innerhalb von drei Tagen nach der Veranstaltung mit dem V-Mann-Führer zusammengetroffen sei, und dass der Bericht vom 07.06.2001 stamme (siehe den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schriftsatz des Landesanwalts vom 03.05.2006). Mit diesen Angaben sind zwar die - im Übrigen wohl auch fernliegenden - Bedenken des Klägers gegen die (fremd-)sprachliche Kompetenz der Verfassungsschutzbehörden bei der verdeckten Beobachtung des Klägers zerstreut. Gleichzeitig spricht die Formulierung aber bei wörtlichem Verständnis - für ein abweichendes ist nichts vorgetragen - für den Einsatz nur eines einzigen V-Manns; dies widerspräche aber den vom Zeugen ... geschilderten eigenen Vorgaben der Verfassungsschutzbehörde, jedenfalls mindestens zwei Quellen abzugleichen; denn von einer technischen Quelle, gegen deren Vorlage - soweit noch vorhanden - im Übrigen wohl nichts spräche, war nicht die Rede. Der Zeuge ... hat hierzu vor dem Verwaltungsgericht München zwar von der Hilfe einer anderen Behörde gesprochen. Aber auch insoweit hat der Beklagte keine weiteren nachvollziehbaren Tatsachen vorgetragen, die eine weitere Plausibilisierung der Verlässlichkeit der behaupteten Erkenntnisse ermöglicht hätten. Auch auf Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte nicht etwa die Vorlage von - eventuell teilweise geschwärzten - Auszügen aus detaillierten Berichten über die Veranstaltungen oder gar die Vernehmung von Bediensteten wie des V-Mann-Führers oder jedenfalls des Auswerters - gegebenenfalls unter optischer und akustischer Abschirmung - angeboten, um - unter Wahrung der zwingenden Geheimhaltungserfordernisse - den Senat in die Lage zu versetzen, die Einschätzung des Beklagten nachzuvollziehen, dass die Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden zutreffen (vgl. hierzu BVerwG, vom 21.06.1993 - 1 B 62.92 -, NVwZ 1994, 72 <73>). Aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des 14. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 24.03.2004 über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Aktenvorlage waren dem Senat weitere eigene Ermittlungen in dieser Richtung verwehrt.
III.
52 
Die Kostentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
53 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen.
54 
Beschluss
55 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 GKG).

Gründe

 
I.
21 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere entspricht die Berufungsbegründung den gesetzlichen Anforderungen. Der Kläger formuliert einen Berufungsantrag und trägt vor dem Hintergrund des Zulassungsbeschlusses vor, dass sein Unterlassungsbegehren aufgrund des von ihm angebotenen Zeugenbeweises Erfolg haben müsse. Damit macht der Kläger deutlich, aus welchen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Mehr ist nach § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO nicht zu verlangen.
II.
22 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die - zulässige - Klage, soweit Gegenstand des Berufungsverfahrens, zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht der im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Er wird durch die streitigen Tatsachenbehauptungen in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt; diese Rechtsverletzung, die durch die weitere Verfügbarkeit des betroffenen Verfassungsschutzberichts - jedenfalls in seiner Internet-Version - fortdauert, kann er durch das Unterlassungsbegehren abwehren.
23 
1. Der Unterlassungsanspruch findet seine Rechtsgrundlage in den Grundrechten des Klägers.
24 
a) Als juristischer Person stehen dem Kläger nach Art. 19 Abs. 3 GG die im allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) wurzelnden Schutzansprüche zu, derer auch ein Personenverband im Rahmen seines Aufgabenbereichs bedarf (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.05.1989 - 7 C 2.87 -, BVerwGE 82, 76 <79>; Dreier in: ders. , GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 2 Abs. 1 Rn. 82 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 09.10.2002 - 1 BvR 1611/96 u.a. -, BVerfGE 106, 28 <42 f.>). Hierzu zählen das Verfügungsrecht und Selbstbestimmungsrecht über die eigene Außendarstellung des Verbands sowie, damit verbunden, der Schutz des sozialen Geltungsanspruchs, der sogenannten „äußeren Ehre“ als dem Ansehen in den Augen anderer (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98 -, BVerfGE 114, 339 <346>; Dreier, a.a.O., Rn. 71, 74, 76).
25 
Nach den allgemeinen in der Rechtsprechung zum Ehrenschutz entwickelten Maßstäben ist das Persönlichkeitsrecht immer verletzt und ein Abwehranspruch gegeben, wenn dem Betroffenen Äußerungen unterschoben werden, die er so nicht getan hat; denn die Verfälschung der in seiner alleinigen Definitionsmacht stehenden Persönlichkeitsdarstellung ist nicht statthaft (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 03.06.1980 - 1 BvR 185/77 -, BVerfGE 54, 148 <155 f.> sowie Beschluss vom 10.11.1998 - 1 BvR 1531/96 -, BVerfGE 99, 185 <193 f.>). Demgegenüber steht der soziale Geltungsanspruch nicht in der ausschließlichen Konkretisierungs- und Verfügungsmacht des Betroffenen; selbst unwahre Tatsachenbehauptungen führen demnach nicht immer zu dessen Verletzung (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15.08.1989 - 1 BvR 881/89 -, NJW 1989, 3269; BVerwG, Beschluss vom 19.01.2000 - 3 B 100.99 -, NVwZ-RR 2000, 598; siehe zuletzt etwa BGH, Urteil vom 15.11.2005 - VI ZR 274/04 -, NJW 2006, 609). Die im Anschluss hieran vom Beklagten aufgeworfenen Fragen, ob die wiedergegebenen Äußerungen des Ministers und die Sprechchöre dem Kläger i.S. des Selbstdarstellungsrechts zuzurechnen sind, und wie es um das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit bestellt ist, bedürfen indessen keiner Klärung. Denn die genannten allgemeinen Grundsätze werden hier überlagert durch die Besonderheiten, die sich aus der Erwähnung der umstrittenen Äußerungen im Verfassungsschutzbericht ergeben.
26 
Der Verfassungsschutzbericht unterscheidet sich wesentlich von sonstigen staatlichen Verlautbarungen. Er zielt auf die Abwehr besonderer Gefahren; er soll die Öffentlichkeit u.a. über Bestrebungen unterrichten, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (§ 12 Satz 1, § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LVSG). Um dieser Aufgabe effektiv gerecht zu werden, stammt er von einer darauf spezialisierten und mit besonderen Befugnissen, darunter der Rechtsmacht zum Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel (§ 6 LVSG), arbeitenden Stelle. Insoweit geht eine Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht über die bloße Teilhabe staatlicher Funktionsträger an öffentlichen Auseinandersetzungen in einem freien Kommunikations- und Interaktionszusammenhang oder an der Schaffung einer hinreichenden Informationsgrundlage für eine eigenständige Entscheidungsbildung der Bürger, etwa als Marktteilnehmer, hinaus. Sie ist eine an die verbreiteten Kommunikationsinhalte anknüpfende, mittelbar belastende negative Sanktion gegen den Betroffenen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.05.2005 - 1 BvR 1072/01 -, BVerfGE 113, 63 <77 f.>). Denn angesichts der Warnfunktion des Verfassungsschutzberichts liegt bereits in der dortigen Erwähnung einer - hiernach als verfassungsfeindlich und extremistisch eingestuften - Organisation eine Ausgrenzung und Stigmatisierung des betroffenen Personenverbandes; ihr sozialer Geltungsanspruch wird durch den Vorwurf in Frage gestellt, dass sie den Grundkonsens verlassen habe, auf dem das Gemeinwesen beruht (vgl. Murswiek, NVwZ 2004, 769 <771 f.>; ders. DVBl 1997, 1021 <1028 f.>).
27 
Ein solcher Eingriff in die Rechtsstellung der Organisation ist indessen nur dann gerechtfertigt, wenn sich die Einschätzung als verfassungsfeindlich auf tatsächliche Anhaltspunkte stützen kann (§ 3 Abs. 2 Satz 2 LVSG). Die Tatsachenbehauptungen, die zur Begründung des abschließenden Werturteils über die - bzw. den Verdacht der - Verfassungsfeindlichkeit herangezogen werden, müssen demnach der Wahrheit entsprechen. Dabei ist davon auszugehen, dass grundsätzlich alle Tatsachenbehauptungen im Verfassungsschutzbericht, die sich auf die Tätigkeit und die programmatische Ausrichtung der Organisation beziehen, dazu dienen, dieses Urteil im Wege einer Gesamtschau zu tragen; nur bei ersichtlich nebensächlichen Aussagen mag eine andere Bewertung angezeigt erscheinen. Hiernach kann der Kläger hinsichtlich aller streitigen Tatsachenbehauptungen einen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht geltend machen mit der Folge, dass ihm ein Unterlassungsanspruch zusteht, soweit diese Behauptungen unwahr sind.
28 
b) Die selben Rechtsfolgen ergeben sich auch dann, wenn hier aufgrund der mittelbaren Wirkungen der Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht auch ein Eingriff in die durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützte religiöse Vereinigungsfreiheit bejaht wird. Denn das Grundrecht der Religionsfreiheit schützt gegen diffamierende, diskriminierende oder verfälschende Darstellungen einer religiösen Gemeinschaft (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.06.2002 - 1 BvR 670/91 -, BVerfGE 105, 279 <294>).
29 
2. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme kann der Senat nicht mit der für die auch hier gebotene volle richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen Gewissheit von der Wahrheit der streitigen Behauptungen ausgehen; weder die vom Kläger benannten Zeugen noch die vom Beklagten aufgebotenen - mittelbaren - Beweismittel haben den Sachverhalt letztlich aufzuklären vermocht (b). Diese Unerweislichkeit geht zu Lasten des Beklagten (a).
30 
a) Die materielle Beweislast für die Richtigkeit der streitigen Tatsachenbehauptungen liegt beim Beklagten. Dies folgt mangels ausdrücklicher abweichender Regelungen aus dem an den einschlägigen Normen des materiellen Rechts orientierten sogenannten Günstigkeitsprinzip. Danach trägt jeder Beteiligte den Rechtsnachteil für die Nichterweislichkeit der ihm günstigen Tatbestandsmerkmale (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 01.11.1993 - 7 B 190/93 -, NJW 1994, 468 m.N.); auf die letztlich von Zufälligkeiten abhängige prozessuale Rolle kommt es nicht an. Folglich hat in gleicher Weise wie im Anfechtungsrechtsstreit auch bei der Unterlassungsklage die Behörde, die rechtlich erhebliche Belastungen herbeiführen will, nach dem materiellen Angreiferprinzip die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Eingriff in die Rechtsposition des Adressaten bzw. Betroffenen darzulegen; fallbezogene Besonderheiten sind für die nach abstrakten Kriterien zu bestimmende Beweislastverteilung unbeachtlich (vgl. Dawin in: Schoch u.a. , VwGO, § 108 Rn. 99 ff.; Höfling/Rixen in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 108 Rn. 114 ff., jeweils m.w.N.). Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage nicht von privatrechtlichen Ehrenschutzprozessen; beweisbelastet für die Richtigkeit einer das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzenden Tatsachenbehauptung ist - auch nach dem hier anwendbaren Rechtsgedanken des § 186 StGB - derjenige, der sie aufstellt (siehe nur BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98 -, BVerfGE 114, 339 <352>).
31 
b) Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Dieses Regelbeweismaß der vollen richterlichen Überzeugung gilt auch im vorliegenden Verfahren; den Besonderheiten der Fallkonstellation ist im Rahmen der Beweiswürdigung Rechnung zu tragen.
32 
aa) Der beweisbelastete Beklagte befindet sich hier zwar in einem sogenannten sachtypischen Beweisnotstand. Er darf von Gesetzes wegen seine Erkenntnisse durch nachrichtendienstliche Mittel gewinnen, und muss dies um der Effektivität seiner Aufgabenerfüllung auch tun. Gerade diese Vorgehensweise erschwert es ihm aber, die gewonnenen Erkenntnisse nachprüfbar zu belegen, wenn er nicht seine zukünftige Arbeit beeinträchtigen will. Um des Schutzes seiner Erkenntnisquellen, Arbeitsweisen und Methoden der Erkenntnisgewinnung sowie der Einhaltung von Vertraulichkeitszusagen an Informanten willen ist er nach Maßgabe des § 99 VwGO befugt, die Vorlage der Akten zu verweigern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 1 BvR 385/90 -, BVerfGE 101, 106 <128>). Die Reduzierung des Beweismaßes auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ kann damit aber nicht gerechtfertigt werden. Ob der Anwendungsbereich des Regelbeweismaßes ausnahmsweise dann teleologisch reduziert werden kann, wenn anders wegen genereller Beweisschwierigkeiten das materielle Recht im Regelfall leerlaufen würde, kann dahinstehen. Denn dies ist - wenn überhaupt - nur zu erwägen, wenn ansonsten Grundrechtsgewährleistungen nicht realisiert werden könnten (vgl. Höfling/Rixen, a.a.O., § 108 Rn. 98 f. m.N.). Vielmehr sind die Schwierigkeiten der Sachverhaltsermittlung und Beweisführung auf der Ebene der konkreten Beweiswürdigung zu berücksichtigen (vgl. hierzu aus der Rspr. des BVerwG zuletzt Urteil vom 27.07.2006 - 5 C 3.05 -, Rn. 38 m.N.; Dawin, a.a.O., § 108 Rn. 56; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 108 Rn. 5, jeweils m.w.N.).
33 
bb) (1) Der Kläger hat die streitigen Passagen des Verfassungsschutzberichts unter Verweis auf Veranstaltungsteilnehmer, die das Gegenteil bekunden, substantiiert bestritten. Aufgrund der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme ist allerdings nicht erwiesen, dass die streitigen Äußerungen während der Veranstaltungen des Klägers nicht gefallen sind.
34 
Die Aussagen der vom Kläger benannten Zeugen haben den Senat nicht davon überzeugen können, dass der ehemalige türkische Minister ... während der Veranstaltung im März 2001 die im Verfassungsschutzbericht behaupteten Äußerungen nicht getan hat, die zum Beleg und als Illustration einer engen Verbindung des Klägers zu islamistischen Parteien in der Türkei dienen sollten. Auf ausdrückliche Nachfrage des Senats haben zwar alle drei Zeugen übereinstimmend angegeben, dass der Redner über den Transfer von Geldern an die damals in der Türkei vom Verbot bedrohte Tugendpartei nicht gesprochen habe. Diesen Aussagen kann aber nur ein geringes Gewicht beigemessen werden.
35 
Zum einen war das Erinnerungsvermögen der Zeugen eher begrenzt, was angesichts der mittlerweile verstrichenen Zeit letztlich nicht überrascht; der Zeuge ... hat ausdrücklich betont, dass er sich nur noch schwach erinnern könne. Zum anderen haben die Zeugen auch die ihnen positiv erinnerlichen Inhalte der Rede nicht übereinstimmend geschildert. Die Zeugen ... - dieser war als Bezirksvorsitzender des Klägers ebenfalls mit der Organisation der Veranstaltung befasst - und ... haben jeweils den Bericht des Redners über das von ihm verfasste Buch über die Wohlfahrtspartei sowie seine Ausführungen über die Lage der türkischen Jugendlichen in Deutschland und deren Integration als wesentlichen Inhalt der Rede benannt; soweit dem Zeugen ... insbesondere Letzteres noch deutlich vor Augen stand, so leuchtet dies aufgrund seiner persönlichen Betroffenheit als Vater unmittelbar ein. Demgegenüber schien die Aussage des Zeugen ... als eines der Organisatoren der Veranstaltung deutlich vom Anliegen geprägt, das politische Engagement des Redners herunterzuspielen; denn bereits dessen Einladung wurde mit der ganz neutral umschriebenen Tätigkeit des Redners als Rechtsanwalt und Autor begründet. Des weiteren hat der Zeuge ... angegeben, dass das damals gefeierte Opferfest das Hauptthema der Ausführungen des Redners gewesen sei; allerdings habe er auch über seine Bücher gesprochen. Hinsichtlich der Ausführungen des Redners zur Wohlfahrtspartei waren die Aussagen der Zeugen ebenfalls nicht deckungsgleich. Während der Zeuge ... von Ausführungen des Redners zum Parteiverbot zu berichten wusste - das scheint im Übrigen bei einem Buch durchaus nachvollziehbar, das die Wahrheit über die verbotene Partei zum Thema hat -, konnten die beiden anderen Zeugen sich hieran nicht erinnern. Schließlich waren dem Zeugen ... keinerlei Äußerungen über Gelder erinnerlich, während der Zeuge ... ausdrücklich erwähnt hat, dass der Redner über Geldspenden für notleitende Menschen gesprochen und sich hierfür bedankt habe. Auch vor diesem Hintergrund verbietet sich die Annahme, die Erinnerung der Zeugen lasse verlässlich den Schluss auf die Annahme zu, in der Rede des ehemaligen Ministers seien die genannten - als solche nicht unplausiblen - Äußerungen nicht gefallen.
36 
Von der Unwahrheit der streitigen Äußerungen, die auf der Veranstaltung im Juni 2001 in Neu-Ulm gefallen sein sollen, konnte sich der Senat ungeachtet der Bekundungen der hierzu vom Kläger benannten Zeugen ebenso wenig überzeugen.
37 
Die Verlässlichkeit des Erinnerungsvermögens der Zeugen hinsichtlich der ebenfalls schon geraume Zeit zurückliegenden und mit vier Stunden Dauer sehr langen und deswegen die Aufmerksamkeit der Teilnehmer in besonderer Weise fordernden Veranstaltung ist bereits deswegen nachhaltig in Frage gestellt, weil sowohl hinsichtlich der bei dieser Veranstaltung auftretenden Redner als auch anderer Modalitäten des Ablaufs der Veranstaltung nicht durchgängig übereinstimmende Aussagen gemacht wurden.
38 
So haben die Zeugen ..., ... und ... bei ihrer Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht München am 22.05.2006 den Redner ... gar nicht erwähnt; es bleibt dann aber unklar, wie ihnen nach weiteren sechs Monaten der Inhalt seiner Ausführungen noch so deutlich präsent sein könnte, dass sie Äußerungen über eine Parteigründung - etwa als „Weiterentwicklung“ der Organisation nach einem Vorbild in der Türkei - mit Sicherheit ausschließen könnten. Dies gilt in besonderem Maß für den Zeugen ..., der sich auch vor dem Senat nach eigenen Angaben nur sehr vage an die Rede ... zu erinnern vermochte. Der Zeuge ... konnte sich des weiteren auch nicht festlegen, ob er die Rede über ihre gesamte Länge im Versammlungsraum verfolgt hat. Die Zeugen ..., ... und ... haben - anders als der Zeuge ... - auch von einem Tätigkeitsbericht des Zeugen ... nichts zu berichten gewusst. Bei diesem Vortrag soll die Videoleinwand zum Einsatz gekommen sein. Auf dieser Leinwand sollen nach Aussage des Zeugen ... auch Einblendungen zu anderen Sachthemen gezeigt worden sein. In dieser Hinsicht hatten die Zeugen ..., ... - obwohl einer der Moderatoren - und ... keine, der Zeuge ... abweichende Erinnerungen.
39 
Die behaupteten Sprechchöre sind zwar, falls sie tatsächlich - wie von den Zeugen ... und ... bekundet - nicht nur von einzelnen Zuhörern, sondern von einem beträchtlichen Teil der Anwesenden skandiert worden sind, als ein besonderes Vorkommnis eher geeignet, sich dem Gedächtnis dauerhaft einzuprägen als ein in nüchternem Ton vorgetragener Redebeitrag; die fehlende Erinnerung eines aufmerksamen Zuhörers kann folglich Schlüsse darauf zulassen, dass die Menge sich zu solchen Äußerungen nicht hat hinreißen lassen. Der Senat hegt aber auch in dieser Hinsicht Zweifel an der Aussagekraft der verneinenden Bekundungen der Zeugen.
40 
Der Zeuge ... hat sich sehr vorsichtig ausgedrückt und sich letztlich dahingehend eingelassen, dass er den Versammlungssaal immer wieder verlassen habe; ein verlässlicher Bericht über den gesamten Versammlungsablauf kann von ihm folglich nicht erwartet werden. Des weiteren erscheint auch zweifelhaft, ob er die Reaktionen des Publikums zutreffend registriert hat. Er trägt nämlich vor, dass er sich nicht daran erinnern könne, ob den Rednern applaudiert worden sei; demgegenüber hat der Zeuge ... davon gesprochen, dass die anwesenden Frauen der Rednerin ... zugejubelt hätten. Beim Zeugen ... bleibt ebenfalls unklar, ob er überhaupt in der Lage war, alle Vorkommnisse im Versammlungssaal verlässlich wahrzunehmen; denn auch er hat sich nach eigenem Bekunden nur etwa die Hälfte der Zeit im Saal selbst, sonst in einem Vorraum aufgehalten. Abgesehen davon kann bei der Bewertung der Aussagen der Zeugen ..., ..., ... und ... nicht unberücksichtigt bleiben, dass sie aufgrund ihres herausgehobenen Engagements für den Kläger ein gesteigertes Interesse an einer positiven Darstellung des Klägers in der Öffentlichkeit haben.
41 
(2) Eine abschließende Klärung des bei Würdigung der Aussagen der vernommenen Teilnehmer offenen Sachverhalts war dem Senat auch anhand der vom Beklagten angebotenen Beweismittel nicht möglich. Da eine Vernehmung von V-Leuten, auf deren unmittelbarer Wahrnehmung die im Verfassungsschutzbericht wiedergegebenen Erkenntnisse des Landesamts für Verfassungsschutz beruhen sollen, nicht möglich war, standen insoweit in Gestalt des Behördenzeugnisses des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz vom 30.10.2002 und der ergänzenden Ausführungen der Zeugen vom Hörensagen ... und ... lediglich mittelbare Beweismittel zur Verfügung.
42 
Nach Auffassung des Senats ist es dem Gericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung nicht von vornherein verwehrt, seine richterliche Überzeugung auch maßgeblich auf solche mittelbare Beweismittel zu stützen.
43 
Allerdings hat das Bundesverwaltungsgerichts in einer ein Vereinsverbot betreffenden Entscheidung (Urteil vom 03.12.2004 - 6 A 10.02 -, Buchholz 402.25 VereinsG Nr. 41 S. 78 f.) Beweiserleichterungen im Hinblick auf Geheimhaltungsbedürfnisse abgelehnt. Insbesondere könnten substantiiert bestrittene Tatsachenbehauptungen der Verbotsbehörde, die auf nachrichtendienstlichen Erkenntnissen und Einschätzungen beruhten und gerichtlicher Beweiserhebung wegen der Verweigerung der Vorlage der entsprechenden Vorgänge nicht zugänglich seien, lediglich die durch andere Erkenntnisse gestützte Überzeugung des Gerichts im Sinne einer Abrundung des Gesamtbildes bestätigen. Für die gerichtliche Überzeugungsbildung über das Vorliegen eines Verbotsgrundes könnten sie selbst dann nicht ausschlaggebend sein, wenn sie plausibel seien; dies gelte auch, wenn die Verbotsbehörde statt ihrer Akten sogenannte Behördenzeugnisse überreiche, in denen nicht näher belegte Tatsachen behauptet würden.
44 
Diese Rechtsgrundsätze, nach denen die Vernehmung von Bediensteten der Verfassungsschutzbehörden zum Beweis der Wahrheit der streitigen Tatsachenbehauptungen von vornherein untauglich wäre, sind indes im vorliegenden Rechtsstreit nicht anwendbar. Beim Vereinsverbot bilden nachrichtendienstliche Erkenntnisse zwar oft, aber nicht notwendig die Tatsachengrundlage der zur gerichtlichen Überprüfung gestellten Verfügung; einer Sachverhaltsaufklärung stehen folglich nicht typischerweise Geheimhaltungsinteressen entgegen. Demgegenüber verhält es sich bei Tatsachenbehauptungen im Verfassungsschutzbericht jedenfalls dann zwingend anders, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass die beobachtete Gruppierung konspirativ arbeitet oder in ihrer offiziellen Außendarstellung ihre wahren Absichten verschleiert. Dann sind die Behörden zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags auf den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel, insbesondere sogenannter V-Leute, angewiesen (siehe auch BVerfG, Beschluss vom 18.03.2003 - 2 BvB 1/01 u.a. -, BVerfGE 107, 339 <391>). Die Aufgabenzuweisung an die Verfassungsschutzbehörde, die gem. § 12 LVSG gerade auch die Information der Öffentlichkeit umfasst, kann dann aber nicht dadurch im Ergebnis unterlaufen werden, dass die Behörde bei Beachtung des Geheimhaltungsinteresses in einer gerichtlichen Auseinandersetzung immer unterliegen muss, weil ihr eine Beweisführung und deswegen dem Gericht die Sachaufklärung unmöglich ist. Der Geheimnisschutz würde nur um den Preis des Prozessverlusts gewährt (vgl. hierzu Mayen, NVwZ 2003, 537 <541>). Eine solche Rechtsfolge würde dem Anliegen des § 99 VwGO nicht gerecht.
45 
Die generelle Verpflichtung zur Vorlage der Akten, mit der eine umfassende Aufklärung des Sachverhalts ermöglicht werden soll, dient sowohl dem öffentlichen Interesse an der Wahrheitsfindung als auch dem privaten Interesse an einem effektiven Rechtsschutz (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.10.1999 - 1 BvR 385/90 -, BVerfGE 101, 106 <124>). Diese Belange sind bei einer Entscheidung, ob nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO der Geheimnisschutz eine Ausnahme von der Regel rechtfertigt, in die Ermessenserwägungen mit einzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.07.2002 - 2 AV 1.02 -, BVerwGE 117, 8 <9>; BVerfG, Beschluss vom 14.03.2006 - 1 BvR 2087/03 u.a. -, NVwZ 2006, 1041 <1045> Rz. 116). Auch wenn hiernach die Geheimnisschutzinteressen überwiegen, dürfen die anderen Belange nur soweit zurückgedrängt werden, wie dies angesichts der jeweiligen Prozesssituation unabweisbar geboten ist. Geht es um die Erteilung von Auskünften aus Akten, und ist die Aktenvorlage demnach der eigentliche materielle Streitgegenstand, können die gegenläufigen Interessen nicht mehr berücksichtigt werden. Die Abweisung der Klage folgt aus der positiven Feststellung im Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO. Mit dieser Zwangsläufigkeit wirkt sich die Feststellung der Geheimhaltungsbedürftigkeit auf ein Verfahren, in dem - wie hier - die geheimhaltungsbedürftigen Verwaltungsvorgänge in Bezug auf einen anderen Streitgegenstand entscheidungserheblich sind, demgegenüber nicht aus. Wenn wie im vorliegenden Fall gerade nicht die die angegriffene Maßnahme stützenden Tatsachen als solche, sondern (lediglich) die Erkenntnisquellen geheimhaltungsbedürftig sind, gebietet die Amtsaufklärungspflicht im Interesse der Wahrheitsfindung, alle ungeachtet der Verweigerung der Aktenvorlage verbleibenden Möglichkeiten der Sachaufklärung vollständig auszuschöpfen und sämtliche dem Gericht von den Beteiligten unterbreiteten oder ihm sonst zugänglichen Tatsachen bei der Würdigung des Sachverhalts zu verwerten. Wenn sich dabei ergibt, dass infolge der Weigerungserklärung bestimmte Umstände nicht aufklärbar bleiben oder die Aussagekraft festgestellter Tatsachen vermindert ist, so ist auch dies angemessen - ggfs. auch unter Berücksichtigung der materiellen Beweislast - zu würdigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.02.1996 - 1 B 37.95 -, NVwZ-RR 1997, 133 <135>; vom 21.06.1993 - 1 B 62.92 -, NVwZ 1994, 72 <74>; Rudisile in: Schoch u.a. , VwGO, § 99 Rn. 49).
46 
Gemessen an diesen rechtlichen Vorgaben reichen das vorgelegte Behördenzeugnis und die ergänzenden Erläuterungen der Zeugen ... und ... nicht aus, um dem Senat die volle Überzeugung von der Wahrheit der streitigen Äußerungen zu verschaffen.
47 
Der Senat hat - wie bereits das Verwaltungsgericht - aufgrund des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks keinen Zweifel daran, dass die Zeugen bei der Vorbereitung und Ausstellung des Behördenzeugnisses, das die streitigen Passagen im Verfassungsschutzbericht durch weitere Einzelheiten präzisiert, sorgfältig und gewissenhaft vorgegangen sind.
48 
Soweit der Kläger die Verlässlichkeit der ihn betreffenden und jeweils vom Zeugen ... verantworteten Behördenzeugnisse in Zweifel zu ziehen versucht, gelingt ihm dies in der von ihm durch verschiedene Beispiele behaupteten Allgemeinheit nicht. Denn zum einen lautet der Titel der vom Kläger herausgegebenen Zeitschrift, wie vom Zeugen ... - im Übrigen in Übereinstimmung mit dem eigenen schriftsätzlichen Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers - angegeben, „Milli Görüs Perspektive“. Zum anderen ist auch nichts dagegen zu erinnern, wenn ein der Vorgängerorganisation des Klägers zuzurechnender Redner bei wertender Betrachtungsweise auch dem Kläger zugeordnet wird.
49 
Der vom Zeugen ... letztlich zugestandene Einwand gegen die Richtigkeit eines Behördenzeugnisses vom 26.05.2002 über eine Veranstaltung des Klägers am 15.04.2001 in Hagen verweist indessen auf die unabweisbare Erkenntnis, dass ein Behördenzeugnis ungeachtet der behördeninternen Sorgfalt nur so gut sein kann wie die unmittelbare Quelle, auf die es sich letztlich stützt. Von deren Qualität und Verlässlichkeit muss sich folglich auch das Gericht überzeugen können. An den für die richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen Anhaltspunkten fehlt es hier.
50 
Die Zeugen ... und ... haben erläutert, welche internen Mechanismen und Methoden angewandt werden, um die Wertigkeit sowohl der Quelle als auch ihrer Angaben zu prüfen. Wie insbesondere vom Zeugen ... ausgeführt, kann es bei dieser Prüfung der Natur der Sache entsprechend nicht so sehr um die Richtigkeit der von der menschlichen Quelle, dem V-Mann, gelieferten Informationen gehen, sondern um die allgemeine Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Informanten. Unmittelbare Rückschlüsse auf die inhaltliche Richtigkeit lässt dann aber am ehesten der Vergleich der Erkenntnisse zweier unabhängig voneinander agierender Quellen zu, deren Einsatz jedenfalls gerade bei Veranstaltungen mit einem großen Teilnehmerkreis nicht unmöglich erscheint. Zu diesem für die Einschätzung der Wahrheit der behaupteten Äußerungen zentralen Anhaltspunkt hat der Beklagte nichts vorgetragen, was bezogen auf die hier behaupteten Erkenntnisse konkrete Schlüsse zuließe.
51 
Im Verfahren des Klägers gegen den Freistaat Bayern hat das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz in Bezug auf die Veranstaltung in Neu-Ulm vorgetragen, dass „der als zuverlässig bekannte V-Mann deutsch und türkisch“ spreche, innerhalb von drei Tagen nach der Veranstaltung mit dem V-Mann-Führer zusammengetroffen sei, und dass der Bericht vom 07.06.2001 stamme (siehe den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schriftsatz des Landesanwalts vom 03.05.2006). Mit diesen Angaben sind zwar die - im Übrigen wohl auch fernliegenden - Bedenken des Klägers gegen die (fremd-)sprachliche Kompetenz der Verfassungsschutzbehörden bei der verdeckten Beobachtung des Klägers zerstreut. Gleichzeitig spricht die Formulierung aber bei wörtlichem Verständnis - für ein abweichendes ist nichts vorgetragen - für den Einsatz nur eines einzigen V-Manns; dies widerspräche aber den vom Zeugen ... geschilderten eigenen Vorgaben der Verfassungsschutzbehörde, jedenfalls mindestens zwei Quellen abzugleichen; denn von einer technischen Quelle, gegen deren Vorlage - soweit noch vorhanden - im Übrigen wohl nichts spräche, war nicht die Rede. Der Zeuge ... hat hierzu vor dem Verwaltungsgericht München zwar von der Hilfe einer anderen Behörde gesprochen. Aber auch insoweit hat der Beklagte keine weiteren nachvollziehbaren Tatsachen vorgetragen, die eine weitere Plausibilisierung der Verlässlichkeit der behaupteten Erkenntnisse ermöglicht hätten. Auch auf Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte nicht etwa die Vorlage von - eventuell teilweise geschwärzten - Auszügen aus detaillierten Berichten über die Veranstaltungen oder gar die Vernehmung von Bediensteten wie des V-Mann-Führers oder jedenfalls des Auswerters - gegebenenfalls unter optischer und akustischer Abschirmung - angeboten, um - unter Wahrung der zwingenden Geheimhaltungserfordernisse - den Senat in die Lage zu versetzen, die Einschätzung des Beklagten nachzuvollziehen, dass die Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden zutreffen (vgl. hierzu BVerwG, vom 21.06.1993 - 1 B 62.92 -, NVwZ 1994, 72 <73>). Aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des 14. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 24.03.2004 über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Aktenvorlage waren dem Senat weitere eigene Ermittlungen in dieser Richtung verwehrt.
III.
52 
Die Kostentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
53 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassen.
54 
Beschluss
55 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 GKG).

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.