Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 11. Jan. 2018 - 1 K 577/17.MZ

ECLI:ECLI:DE:VGMAINZ:2018:0111.1K577.17.00
11.01.2018

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Unterlassung von ihn betreffenden Äußerungen des Leiters der Beratungsstelle für Sekten- und Weltanschauungsfragen des beklagten Bistums (sog. „Sektenbeauftragter“).

2

Der Kläger ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein, der gemäß seiner Satzung den Zweck verfolgt, die freundschaftlichen Kontakte der Jugend aller Nationen, den Austausch der Kulturen und Erfahrungen und somit bessere Völkerverständigung auf christlicher Basis zu fördern. Er ist Teil der Jugendorganisation der südkoreanischen evangelischen Freikirche namens „Good News Mission“, die von Pastor Ock Soo Park ins Leben gerufen wurde. Die „International Youth Fellowship“ (IYF) ist weltweit tätig. In der Bundesrepublik Deutschland wurde – ursprünglich in L. – ein gleichnamiger Verein (der Kläger) gegründet. Der Kläger organisiert unter anderem kulturelle Veranstaltungen verschiedener Art, darunter auch Konzerte.

3

Für die Zeit vom 28. bis 29. April 2016 organisierte der Kläger ein Treffen für dessen Mitglieder und Gäste in der Rheingoldhalle in M. Am 1. Mai 2016 fand dort ein ebenfalls vom Kläger organisiertes Konzert als Abschluss des Treffens statt. Der Kläger lud zur Durchführung des Konzerts den „G. Chor“ ein, der unter anderem weltweit die Weihnachtskantate aufführt. Für beide Veranstaltungen warb der Kläger in M. mit verschiedenen Aktionen und Hilfe seiner Mitglieder sowie Gaststudenten aus dem Ausland.

4

Bereits am 26. April 2016 erschien in der Print- und Onlineausgabe der Allgemeinen Zeitung M. ein Artikel, geschrieben von M. N., mit der Überschrift „Koreanische Missionare veranstalten Konzert in M.: Sektenexperte warnt vor Manipulation“. Darin nimmt die Verfasserin insbesondere Bezug auf ein Interview mit dem Zeugen Herrn Dr. T., den Sektenbeauftragte des beklagten Bistums. Der Artikel hatte folgenden Inhalt:

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„Koreanische Missionare veranstalten Konzert in M.: Sektenexperte warnt vor Manipulation

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‚Dieses Mal findet Weihnachten am 1. Mai statt!‘, lautet die Botschaft des scheinbar persönlichen Briefs. Auf dem Kuvert steht handschriftlich, verziert mit niedlichem Tannenbaum aus Buntstift: ‚Liebe Nachbarn, Sie sind herzlich eingeladen!‘. Wenige Tage später klingeln junge Asiaten an Haustüren und bitten – wie einst Maria und Josef – um eine Herberge. Zahnbürste und Schlafanzug haben sie gleich auch schon mitgebracht.

7

Wer dann noch lächelnde Tänzer erlebt, die zu Korea-Pop in perfekter Formation vor Hauptbahnhof oder Staatstheater antreten, sieht eine fernöstliche Bescherung undurchsichtiger Absicht auf M. zurollen: eine Melange aus Bibelfundamentalismus und Psychokursen, Hiphop und Gospel.

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‚Schritt in Manipulation‘

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Die Invasion nach biblischem Drehbuch in M. wird vom Imperium des südkoreanischen Kirchengründers Ock Soo Park (‚Good News Mission‘) gesteuert, dessen Jugendorganisation „International Youth Fellowship e.V.“ (IYF) in L. ihr Deutschland-Quartier hat. Ab Donnerstag hat IYF für vier Tage die Rheingoldhalle gemietet. IYF-Sprecherin E. und Missionar O. hoffen auf 600 bis 700 Teilnehmer bei Street Dance, Song-Contest, Taekwondo und ‚Mind Lectures‘ zur ‚persönlichen Leistungssteigerung‘ und für ein ‚besseres Miteinander‘. Drei Mal so viele Menschen sollen am 1. Mai zur Gratis-Aufführung der ‚Christmas Cantata‘ kommen, für die IYF seit Wochen trommelt – eine gleichermaßen opulent wie krude anmutende Inszenierung des ‚G. Chors‘: 1. Akt: ‚O Heilige Nacht‘ in Bethlehems Stall als Oper, 2. Akt: ‚Das Weihnachtswunder‘ als Familien-Musical, 3. Akt: ‚Oratorium von Händel‘: ‚Der Chor, der von einem neuen Anfang singt‘.

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All dies sieht der Leiter der Beratungsstelle für Sekten- und Weltanschauungsfragen des Bistums M., Dr. T., äußerst kritisch. Bei der Veranstaltung in M. handele es sich um eine verdeckte Missionsaktivität, rät er vor allem Jugendlichen und deren Eltern zur Vorsicht: Die Konzerte dienten der evangelikalen Freikirche als ‚Türöffner‘, um Menschen, die sich darauf einließen, in ‚Mind Lectures‘ einer ‚Bewusstseinserziehung‘ oder ‚Herzenskorrektur‘ zu unterziehen. Wer persönliche Daten preisgebe, um etwa an einer Tombola teilzunehmen, müsse mit Indoktrination rechnen: ‚Dies könnte der erste Schritt sein auf dem Weg in eine ideologische Manipulation und Vereinnahmung durch die doch so sehr fundamentalistisch ausgerichtete Gedankenwelt von Pastor Ock Soo Park‘.

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‚Gefährliche christliche Sekte‘

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Der selbst ernannte ‚Expert of Mind Education‘ und ‚Preacher of True Evangelism‘, der sich ‚wiedergeboren in der Gnade Gottes‘ seit dem 22. Lebensjahr wähnt, sei bei anderen christlichen Kirchen in Korea umstritten, sagt T. Die Freikirche werde als ‚gefährliche christliche Sekte‘ eingeschätzt. Auch K., Pfarrer der evangelischen koreanischen Gemeinde in D., bezeichnet die Organisation als zwielichtig.“

13

Des Weiteren nahm Herr Dr. T. auch in der vom SWR Rheinland-Pfalz am 27. April 2016 um 18:00 Uhr ausgestrahlten Landesschau zu den Aktivitäten des Klägers wie folgt Stellung:

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„Sie kommen so scheinbar vertraut daher, also was soll an einer Tanzveranstaltung oder an einem Konzert oder Musical, was soll da irgendwie falsch sein? Und man kriegt im Grunde nicht mit, dass über diese Türöffner eine Anschauung, eine Ideologie, ein Sinn des Lebens irgendwie transportiert werden soll.

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Die Welt ist schlecht, Kriminalität, Selbstmorde, Drogen, Gewalt in Schulen. Wenn man jetzt der Lehre von Pastor Ock Soo Park folgt, wenn man also sein Herz bekehrt, wenn man also Moralvorstellungen, wie der Pastor sie vorschlägt, berücksichtigt, und wenn man dieses in großen Veranstaltungen der Umerziehung sozusagen auf die Menschen überträgt, dann ist das Heil der Welt gekommen. Ich habe koreanische Pfarrer kontaktiert, koreanische Christen kontaktiert, und habe da nachgefragt, wie diese Gruppe denn in Korea gesehen wird. Und da wurde mir die Auskunft gegeben, zum Teil auch schriftlich, es handelt sich hier um eine gefährliche Sekte.“

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In der Folgezeit kam es zu mehreren Schriftwechseln zwischen den Beteiligten sowie Dritten.

17

Mit Schreiben vom 20. Oktober 2016 versagte die Stadthalle O. Veranstaltungs GmbH dem Kläger die Nutzung der von ihr betriebenen Stadthalle. Sie berief sich dabei darauf, mögliche negative Presse für die Stadt O. vermeiden zu wollen sowie auf die Tatsache, dass der gewünschte Termin zur Anmietung der Stadthalle für Aufbauarbeiten für eine Veranstaltung am nächsten Tag erforderlich sei.

18

Der Kläger forderte die Verlagsgruppe R. als Verlegerin der Allgemeinen Zeitung M. mit Schreiben vom 10. März 2017 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung sowie Entfernung des Artikels aus dem Internet auf. Dies wies die Verlagsgruppe R. mit Schreiben vom 28. Dezember 2016 zurück. Darin wird unter anderem ausgeführt, dass es im Artikel entsprechend kenntlich gemacht sei, soweit Äußerungen auf Herrn Dr. T. als Sektenbeauftragtem des Beklagten zurückgingen.

19

Der Kläger forderte zudem den Beklagten mit Schreiben vom 10. März 2017 auf, eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben. Dies lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 22. März 2017 ab.

20

Der Kläger hat am 18. Mai 2017 Klage erhoben. Er trägt vor, der Sektenbeauftragte des Beklagten habe in dem streitgegenständlichen Artikel und dem Fernsehinterview unwahre Tatsachen über ihn behauptet und verbreitet. Die Aussagen seien dem beklagten Bistum zuzurechnen und diskriminierten ihn in unzulässiger Weise. Der Kläger missioniere nicht verdeckt. Der Mitarbeiter des Beklagten habe den Kläger jedoch als gefährlich eingestuft und vor Kontaktaufnahme und Teilnahme an den durchgeführten Aktivitäten gewarnt. Da die Bezeichnung „gefährliche christliche Sekte“ von der Verfasserin in Anführungszeichen gesetzt worden sei, müsse davon ausgegangen werden, dass es sich um ein Zitat von Dr. T. handele. Auch zeige bereits die Überschrift des Artikels („Sektenexperte warnt vor Manipulation“), dass Dr. T. von einer Gefährlichkeit des Klägers ausgehe.

21

Zwar sei es das grundrechtlich verbürgte Recht des Beklagten als religiöse Gesellschaft mit anderer Glaubensrichtung als der des Klägers, mit der Gedankenwelt des Gründers des Klägers, Pastor Ock Soo Park, nicht einverstanden zu sein; gleichzeitig müssten jedoch auch der Kläger bzw. seine Mitglieder ihren Glauben in einer eigenen Gemeinschaft nach eigenem Belieben auslegen und dafür werben dürfen. Auch handele es sich bei den Aussagen des Sektenbeauftragten des Beklagten nicht um die bloße Wiedergabe von Drittmeinungen. Hiergegen spreche bereits die Artikelüberschrift: „Sektenexperte warnt“.

22

Dr. T. habe sich die Meinungen und Behauptungen der anderen Kirchen zu Eigen gemacht. Er stütze seine Einschätzung vollumfänglich auf die Äußerungen von anderen christlichen Kirchen aus Korea und Deutschland und bezeichne die Veranstaltungen des Klägers selbst als „Türöffner für Indoktrination“ sowie „ideologische Manipulation und Vereinnahmung“. Dabei habe er sich nicht einmal direkt beim Kläger über dessen Tätigkeit informiert, sondern sich lediglich auf die Meinung außenstehender Dritter berufen, die nicht in Kontakt mit dem Kläger und außerdem in Konkurrenz zu ihm stünden. Daher handele es sich nicht um neutrale Aussagen. Der Beklagte habe damit einen großen Imageschaden des Klägers verursacht.

23

Es sei bereits eine Rechtsverletzung des Klägers eingetreten, da ihm die Zurverfügungstellung der Stadthalle O. einzig und allein aufgrund der negativen Presse verwehrt worden sei. Der Sektenbeauftragte des Beklagten genieße aufgrund seines Amtes ein hohes Ansehen in der Bevölkerung und suggeriere den Lesern, er habe Recherchen angestellt, um den Kläger als gefährlich einstufen zu können. Er handele in Ausübung eines öffentlichen Amtes und unterliege somit gesteigerten Sorgfaltspflichten. Das Bistum sei als öffentlich-rechtlich korporierte Religionsgesellschaft bei derartigen Äußerungen zu einem angemessenen Grad an Sorgfalt, Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit verpflichtet. Durch seine Äußerungen habe er gegen seine Sorgfaltspflichten grob verstoßen und die Grundrechte des Klägers missachtet, da er sich zuvor keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine solche Bewertung des Klägers verschafft habe. Er hätte selbst mit dem Kläger in Kontakt treten und beachten müssen, dass die Meinung anderer in Konkurrenz zum Kläger stehender christlicher Kirchen keine Objektivität gewährleisten könne.

24

Der Kläger beantragt wörtlich,

25

den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung anzudrohenden und festzusetzenden Ordnungsgeldes zu unterlassen, folgende Äußerungen über den Kläger öffentlich zu verbreiten und verbreiten zu lassen:

26

a)

27

- vom Kläger gehe eine Gefahr aus

28

- der Kläger sei eine gefährliche christliche Sekte

29

- ein Kontakt mit dem Kläger bedeute einen Schritt in die Manipulation

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b) sowie im Zusammenhang mit dem Kläger Begriffe wie „Türöffner“, „Indoktrination“, „ideologische Manipulation“ und „Vereinnahmung“ zu benutzen.

31

Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

33

Er trägt vor, dass die vom Kläger gerügten Äußerungen von Dr. T. teils nicht geäußert und soweit sie geäußert worden seien handele sich ausnahmslos um Meinungsäußerungen, die einem Unterlassungsanspruch nicht zugänglich seien. Richtig sei, dass Frau M. N. vor Abfassung des Artikels mit Dr. T. Rücksprache gehalten habe. Insbesondere die Absätze zwei und drei des streitgegenständlichen Artikels seien allerdings nicht auf diese Kontaktaufnahme zurückzuführen.

34

Dr. T. selbst habe den Kläger nicht als Sekte bezeichnet, sondern darauf hingewiesen, dass es sich nach seiner Einschätzung um eine Freikirche handele. Sofern anschließend auf Äußerungen von Dr. T. Bezug genommen werde, enthielten diese keine Tatsachenbehauptungen. Seine Äußerungen würden weder dahingehend wiedergegeben, dass vom Kläger eine Gefahr ausgehe, noch, dass dieser eine gefährliche christliche Sekte sei. Es werde lediglich eine Bemerkung dahingehend wiedergegeben, dass die Kirche von Ock Soo Park bei christlichen Kirchen in Südkorea umstritten sei und die Freikirche dort als gefährliche christliche Sekte eingestuft werde. Es handele sich damit lediglich um die Wiedergabe einer Einschätzung Dritter, jedoch liege keine eigene Einlassung des Dr. T. dahingehend vor, dass vom Kläger eine Gefahr ausgehe und er eine gefährliche christliche Sekte sei.

35

Das Layout des streitgegenständlichen Artikels sei ersichtlich nicht von Dr. T. oder dem Beklagten beeinflusst. Dafür könne der Beklagte nicht verantwortlich gemacht werden. In diesem Zusammenhang habe Dr. T. den Kläger auch nicht selbst als gefährlich eingestuft.

36

Dr. T. habe nicht behauptet, dass ein Kontakt mit dem Kläger einen Schritt in die Manipulation bedeute. Vielmehr ergebe sich aus dem Artikel, dass er lediglich geäußert habe: „Dies könnte der erste Schritt sein auf dem Weg in eine ideologische Manipulation und Vereinnahmung [...]“. Bei den Begriffen „Indoktrination“, „ideologische Manipulation“ bzw. „Vereinnahmung durch die doch sehr fundamentalistische Gedankenwelt von Pastor Ock Soo Park“, handle es sich um Meinungsäußerungen und nicht um Tatsachenbehauptungen. Er habe auch nicht selbst vor dem Kläger gewarnt bzw. das Wort „Warnung“ verwendet. Das Wort tauche lediglich in der Überschrift des streitgegenständlichen Artikels auf, deren Gestaltung weder von dem Beklagten noch von Dr. T. zu verantworten sei.

37

Im Rahmen der Landesschau habe sich Dr. T. lediglich auf Meinungen und Behauptungen anderer christlicher Kirchen bezogen. Er habe sich diese ersichtlich nicht ungeprüft zu Eigen gemacht. Vielmehr habe er sich eine fundierte eigene Meinung erarbeitet. Er habe selbst im Jahr 2015 eine „Mind Lecture“ von Pastor Ock Soo Park in der Jahrhunderthalle in F. besucht sowie eine Veranstaltung von ihm am 30. April 2016 in der Rheingoldhalle in M. beobachtet. Er kenne viele Texte von Pastor Ock Soo Park, die frei im Internet verfügbar seien, aus eigener Lektüre. Er begleite Eltern, deren Tochter sich als „Missionarin“ für Pastor Ock Soo Park engagiere und habe mit Pfarrer K., dem Pfarrer der evangelischen koreanischen Gemeinde in D., persönlich gesprochen. Dieser habe ihm eine eigene Einschätzung des Klägers aus einer E-Mail-Anfrage einer evangelischen Gemeinde überlassen. In dieser formuliere Pfarrer K. seine Einschätzung folgendermaßen:

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Alle christlichen Kirchen, aber besonders die mit dem ÖRK (WCC) zusammenarbeitenden Kirchen in Südkorea, betrachten die Gruppe um Ock Soo Park als sehr gefährliche Sekte.“

39

Somit sei er als Sektenbeauftragter einer öffentlich-rechtlichen Religionskörperschaft seinen Sorgfaltspflichten ordnungsgemäß nachgekommen.

40

Der Kläger habe durch die streitgegenständlichen Äußerungen auch keinen Imageschaden erlitten. Dem Schreiben der Stadt O. vom 20. Oktober 2016 sei eine Absage vor allem aus Termingründen zu entnehmen. Jedenfalls liege keine Kausalität zu einer Äußerung des Mitarbeiters des Beklagten vor. Auch habe der Kläger am 30. April 2017 die Jahrhunderthalle in F. problemlos für ein Christmas-Cantata-Konzert mieten können. Allein das intransparente Agieren des Klägers habe eine „Anfragelawine“ staatlicher Stellen bei der Beratungsstelle des Beklagten ausgelöst und ein Interesse der Medien nach sich gezogen.

41

Die Kammer hat durch rechtskräftigen Beschluss vom 24. Juli 2017 den beschrittenen Rechtsweg vorab für zulässig erklärt.

42

In der mündlichen Verhandlung ist durch Vernehmung des Zeugen Dr. T. Beweis erhoben worden über die näheren Umstände des Interviews des Zeugen im Vorfeld des Artikels der Allgemeinen Zeitung M. vom 26. April 2016 und des entsprechenden Beitrags in der SWR Landesschau vom 27. April 2016 (18:00 Uhr), die Frage, ob der Zeuge im Gespräch mit Frau M. N. (Allgemeine Zeitung M.) im Vorfeld des Artikels vom 26. April 2016 geäußert habe, dass vom Kläger eine „Gefahr“ ausgehe sowie die Frage, ob und inwieweit der Zeuge in der Zeit vor dem 26. April 2016 Recherchen über die Tätigkeit des Klägers durchgeführt habe. Hinsichtlich des Inhalts der Aussage wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

43

Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

44

Die Klage hat keinen Erfolg, da sie zulässig, aber unbegründet ist.

45

I. Die Klage ist zulässig.

46

1. Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprechend dem Vorabbeschluss der Kammer über die Rechtswegzuständigkeit vom 24. Juli 2017 (– 1 K 577/17.MZ –, juris) eröffnet, da das Verhalten des Leiters der Beratungsstelle für Sekten- und Weltanschauungsfragen (sog. „Sektenbeauftragter“; Zeuge Dr. T.) dem beklagten Bistum und dessen öffentlich-rechtlichem Wirkungskreis zuzurechnen ist.

47

2. Der Kläger begehrt die Unterlassung von Äußerungen, sodass seine Klage als allgemeine Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage statthaft ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2014 – 6 C 7/13 –, NVwZ 2015, 906, Rn. 15 f; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, Vorb § 40, Rn. 4, 8a).

48

3. Der Kläger ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog klagebefugt, da es möglich erscheint, dass ihm im Hinblick auf künftige Äußerungen des Beklagten bzw. dessen Mitarbeiter ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch zusteht. Auch die Zulässigkeit der allgemeinen Leistungsklage setzt zum Ausschluss von Popularklagen eine mögliche Rechtsbeeinträchtigung voraus (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1992 – 7 B 15/92 –, NVwZ-RR 1992, 371; Urteil vom 28. Oktober 1970 – VI C 48/68 –, juris, Rn. 41; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 42 Rn. 62).

49

4. Richtiger Klagegegner ist das Bistum M. als Rechtsträger seines handelnden Sektenbeauftragten. Der Kläger ist gemäß §§ 61 Nr. 1 Alt. 2, 62 Abs. 3 VwGO beteiligungs- und prozessfähig und wird gemäß § 26 Abs. 1 S. 2 BGB durch seine Vorstandsvorsitzenden vertreten. Gleiches gilt für das beklagte Bistum als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 137 Abs. 5 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG, das durch Weihbischof B. (Generalvikar) endvertreten wird (vgl. ...).

50

5. Der Kläger hat sein Klagerecht durch die Klageerhebung mehr als ein Jahr nach Veröffentlichung der streitgegenständlichen Äußerungen nicht verwirkt. Eine Klage ist dann wegen Verwirkung unzulässig, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (BVerwG, Urteil vom 7. Februar 1974 – III C 115.71 –, juris, Rn. 18). Diese Grundsätze sind auch im Unterlassungs- bzw. Widerrufsrecht anwendbar (vgl. VGH BW, Urteil vom 15. Juli 2004 – 4 S 965/03 –, juris, Rn. 94; VG Würzburg, Urteil vom 11. März 2009 – W 1 K 08.2273 –, juris, Rn. 19). Insbesondere aufgrund des Schreibens des Klägers vom 10. März 2017 durfte der Beklagte jedoch nicht darauf vertrauen, dass eine Klage nicht mehr erhoben wird.

51

6. Zuletzt ist auch das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers gegeben, da er sich vor Klageerhebung mit Schreiben vom 10. März 2017 erfolglos zwecks einer Unterlassungserklärung an den Beklagten gewandt hat. Zudem kann dem Kläger nicht zugemutet werden, zunächst die Wiederholung der umstrittenen Äußerungen abzuwarten und erst dann dagegen vorzugehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1985 – 3 C 34.84 –, juris, Rn. 34).

52

II. Die Klage ist allerdings unbegründet.

53

1. Der Kläger hat gegen den Beklagten bezüglich der im Klageantrag genannten Äußerungen keinen Anspruch auf Unterlassung.

54

a. Bezüglich dieser Aussagen liegen die Voraussetzungen des jedenfalls gewohnheitsrechtlich anerkannten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs nicht vor (siehe dazu etwa HessVGH, Beschluss vom 11. Juli 2017 – 8 B 1144/17 –, BeckRS 2017, 118944, Rn. 30). Es handelt sich um eine Äußerung des Zeugen Dr. T. in amtlicher Eigenschaft als Sektenbeauftragter, die dem beklagten Bistum damit zuzurechnen ist (siehe dazu bereits den Beschluss der Kammer über die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs vom 24. Juli 2017 – 1 K 577/17.MZ –, juris, Rn. 10).

55

b. Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch bezüglich einer amtlichen Äußerung setzt voraus, dass diese rechtswidrig ein subjektiv-öffentliches Recht des Betroffenen beeinträchtigt und die konkrete Gefahr ihrer Wiederholung droht (vgl. (BVerwG, Urteil vom 20. November 2014 – 3 C 27/13 –, NVwZ-RR 2015, 425, Rn. 11; Urteil vom 22. Oktober 2014 – 6 C 7/13 –, NVwZ 2015, 906, Rn. 20; HessVGH, Beschluss vom 11 Juli 2017 – 8 B 1144/17 –, BeckRS 2017, 118944, Rn. 30). Fehlt es – wie in diesem Fall – an einer spezialgesetzlichen Grundlage, leitet sich der Unterlassungsanspruch aus einer grundrechtlich geschützten Position des Betroffenen ab (BVerwG, Urteil vom 20. November 2014 – 3 C 27/13 –, NVwZ-RR 2015, 425, Rn. 11; OVG Hamburg, Beschluss vom 24. August 1994 – Bs III 326/93 –, juris, Rn. 34). Grundsätze des materiellen Rechtsstaates, zu denen auch die Grundrechte gehören, verlangen bei rechtswidrigem Handeln, dass eine als rechtswidrig erkannte, in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen eingreifende Beeinträchtigung beseitigt und ihrer Wiederholung vorgebeugt wird (vgl. OVG Hamburg, a.a.O.).

56

c. Die beanstandeten Äußerungen bewegen sich im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises des beklagten Bistums. Es handelt sich – soweit er diese tatsächlich getätigt hat – um amtliche Äußerung des Sektenbeauftragten, die entsprechend des Beschlusses der Kammer über die Rechtswegzuständigkeit vom 24. Juli 2017 (– 1 K 577/17.MZ –, juris, Rn. 10) dem beklagten Bistum zuzurechnen sind. Die von dem Kläger beanstandeten Äußerungen sind dem Kernbereich kirchlichen Wirkens des Beklagten zuzuordnen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 28. März 1994 – 7 CE 93.2403 –, juris, Rn. 33). Dabei handelt es sich um die durch Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG gewährleisteten Garantien des Ausdrucks und der Verkündung des eigenen Glaubens, die auch die Abgrenzung zu anderen Glaubensgemeinschaften umfassen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2001 – VI ZB 12/01 –, juris, Rn. 12).

57

2. Auch eine Wiederholungsgefahr ist gegeben. Das ist der Fall, wenn die ernsthafte Gefahr einer erneuten Beeinträchtigung des Klägers besteht. Dies wird regelmäßig vermutet, wenn bereits einmal rechtswidrig in die Recht des Klägers eingegriffen wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2012 – 6 C 9.11 –, NVwZ 2012, 757, Rn. 21). Vorliegend ist es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass sich der Sektenbeauftragte des Beklagten noch einmal zu den Aktivitäten des Klägers äußern wird. Der Kläger plant, weiterhin deutschlandweit tätig zu sein und weitere Treffen und Konzerte zu veranstalten. Daher erscheint es möglich, dass sich der Mitarbeiter des Beklagten nochmals im Rahmen von Interviews oder sonstigen öffentlichen Gesprächen zu den Tätigkeiten des Klägers äußern wird; zumal die Abgabe einer Unterlassungserklärung durch den Beklagten mit Schreiben vom 22. März 2017 abgelehnt wurde.

58

3. Weiterhin liegt – soweit die streitgegenständlichen Äußerungen tatsächlich getätigt wurden – eine Beeinträchtigung von subjektiv-öffentlichen Rechten des Klägers vor, die allerdings nicht als rechtswidrig einzustufen ist. Betroffen sind insoweit vorliegend die Glaubensfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sowie weitere Rechte des Klägers aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 GG. Im Übrigen ist eine dem Beklagten zurechenbare Beeinträchtigung zu verneinen.

59

a. Der Kläger kann sich bei seinem Unterlassungsbegehren insbesondere auf das Grundrecht der Glaubensfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 GG berufen. Es umfasst auch den Anspruch, nach eigenen Glaubensüberzeugungen leben und handeln zu dürfen (BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2009 – 1 BvR 1358/09 –, NJW 2009, 3151, Rn. 13 m.w.N.). Unter Glaube ist eine mit der Person des Menschen verbundene Gewissheit über bestimmte Aussagen zum Weltganzen sowie zur Herkunft und zum Ziel des menschlichen Lebens zu verstehen; dabei legt die Religion eine den Menschen überschreitende und umgreifende (transzendente) Wirklichkeit zugrunde (BVerwG, Urteil vom 27. März 1992 – 7 C 21/90 –, NJW 1992, 2496 [2497]). Die kollektive Glaubensfreiheit schützt dabei die Tätigkeiten einer religiösen oder weltanschaulichen Vereinigung. Das Grundrecht steht auch über Art. 19 Abs. 3 GG – wie hier – inländischen Vereinen zu, die sich der gemeinsamen Pflege einer Religion oder Weltanschauung widmen oder deren Zweck die Verkündung des Glaubens ihrer Mitglieder ist (BVerfG, Beschluss vom 16. Oktober 1968 – 1 BvR 241/66 –, NJW 1969, 31 [32]; Beschluss vom 4. Oktober 1965 – 1 BvR 498/62 –, NJW 1965, 2339; BVerwG, Urteil vom 27. März 1992 – 7 C 21/90 –, NJW 1992, 2496 [2497]).

60

b. Zwar können nicht allein die Behauptung und das Selbstverständnis, eine Gemeinschaft bekenne sich zu einer Religion, für diese die Berufung auf die Freiheitsgewährleistung des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG rechtfertigen; vielmehr muss es sich auch tatsächlich, nach geistigem Gehalt und äußerem Erscheinungsbild, um eine Religion und Religionsgemeinschaft handeln (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Februar 1991 – 2 BvR 263/86 –, NJW 1991, 2623 [2624]). Geschützt wird durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG neben der inneren Bekenntnisfreiheit auch das Recht, für die eigene Überzeugung in der Gesellschaft aktiv einzutreten und zu werben (vgl. BayVGH, Beschluss vom 14. Februar 2003 – 5 CE 02.3212 –, NVwZ 2003, 998).

61

So liegt die Sache hier. Bei dem Kläger handelt es sich um eine auf dem christlich-freikirchlichen Glauben basierende Jugendorganisation, die ihr tatsächliches Aktionszentrum im Inland hat. Diese wirbt öffentlich für ihre Weihnachtskonzerte und sonstige Veranstaltungen, die nach der Aussage des Klägers auf christlicher Basis stattfinden. Dies hat der Kläger auch hinreichend substantiiert dargelegt, sodass für die erkennende Kammer keine Anhaltspunkte bestehen, dies in Abrede zu stellen.

62

c. Art. 4 Abs. 1 GG schützt auch gegen diffamierende, diskriminierende oder verfälschende Darstellungen einer religiösen oder weltanschaulichen Gemeinschaft (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 670/91 –, NJW 2002, 2626 [2627]; OVG Bremen, Beschluss vom 1. Dezember 2015 – 1 B 95/15 –, juris, Rn. 30). Unzulässig kann es insbesondere sein, den Kläger mit negativ besetzten Attributen zu belegen, die einen darüber hinausgehenden Sinngehalt nicht aufweisen (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 670/91 –, NJW 2002, 2626 [2628]). Glaube und Religion dürfen jedenfalls von staatlichen Stellen, das heißt insbesondere von der Bundes- oder einer Landesregierung sowie Organen kommunaler Gebietskörperschaften, nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass einzelne Religionsgesellschaften als solche verbal verächtlich gemacht werden (vgl. BayVGH, Beschluss vom 13. Oktober 1994 – 4 CE 93.2586 –, juris, Rn. 33). Damit würde das Prinzip der religiösen Neutralität des Staates verletzt werden (vgl. BayVGH, Beschluss vom 13. Oktober 1994 – 4 CE 93.2586 –, juris, Rn. 33). Nicht aber sind der Staat und seine Organe gehalten, sich mit derartigen Fragen überhaupt nicht zu befassen. Auch der neutrale Staat im engeren Sinne ist nicht gehindert, das tatsächliche Verhalten einer religiösen oder weltanschaulichen Gruppierung oder das ihrer Mitglieder nach weltlichen Kriterien zu beurteilen, selbst wenn dieses Verhalten letztlich religiös motiviert ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 670/91 –, NJW 2002, 2626 [2627]). Die Glaubensfreiheit schützt nicht dagegen, dass sich staatliche Organe mit den Grundrechtsträgern öffentlich – ggf. auch kritisch – auseinandersetzen (vgl. BVerfG, a.a.O.). Nur die „parteiergreifende Einmischung in die Überzeugungen, die Handlungen und in die Darstellung Einzelner oder religiöser und weltanschaulicher Gemeinschaften sind dem Staat“ nicht gestattet (vgl. BVerfG, a.a.O., m.w.N). Der Staat hat daher im Umgang mit Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften eine besondere Zurückhaltung zu wahren, deren konkretes Maß sich aber nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt (vgl. BVerfG, a.a.O.).

63

d. Dies korrespondiert letztlich auch mit dem grundsätzlichen Schutz des Klägers aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, das über Art. 19 Abs. 3 GG auch juristischen Personen zukommt, soweit es – wie hier – korporativ betätigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 – 1 BvR 1550/03 u.a. –, NJW 2007, 2464, Rn. 151; BVerfG, Beschluss vom 9. Oktober 2002 – 1 BvR 1611/96 und 1 BvR 805/98 –, NJW 2003, 3619 [3622]), nämlich bezüglich einer negativen Darstellung in der Öffentlichkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1989 – 7 C 2/87 –, NJW 1989, 2272 [2273]). Bei Anwendung auf juristische Personen stützt sich das Grundrecht allerdings alleine auf Art. 2 Abs. 1 GG und nicht auf Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 – 1 BvR 1550/03 u.a. –, NJW 2007, 2464, Rn. 150 ff.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 14. Auflage 2016, Art. 2, Rn. 52). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst Aspekte des sozialen Geltungsanspruchs, wie den Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen des Einzelnen in der Öffentlichkeit auszuwirken (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. August 2010 – 1 BvR 2585/06 –, NJW 2011, 511, Rn. 21). Der Schutz vor falscher negativer Darstellung in der Öffentlichkeit kommt nicht nur natürlichen Personen, sondern auch Personenvereinigungen mit ideeller Zielsetzung zu, wenn und soweit ihr sozialer Geltungsanspruch in ihrem Aufgabenbereich betroffen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1989 – 7 C 2/87 –, NJW 1989, 2272 [2273]). Auf eine vom Kläger vorgetragene Gefährdung seines „Kredits“ im Sinne von § 824 BGB kommt es insoweit nicht besonders an, da es dabei allenfalls um eine mittelbare Folge rufschädigender Äußerungen geht, die im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch nicht maßgeblich ist. Wenn überhaupt käme diese Vorschrift in einem Schadensersatzverlangen, das vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen wäre, zum Tragen. Überdies gewährt § 824 BGB als dem Privatrecht zuzuordnende Vorschrift dem Kläger schon kein subjektiv-öffentliches Recht, das er gegenüber dem Beklagten in diesem Rechtsstreit auf dem Verwaltungsrechtsweg gesondert geltend machen könnte.

64

e. Hinsichtlich der organisierten Veranstaltungen und deren Bewerbung (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 3. November 1987 – 1 BvR 1257/84 u. a. –, NJW 1988, 325 [325 f.]) im Rahmen von Flashmobs o.ä. kann sich der Kläger grundsätzlich auch auf die Kunstfreiheit berufen. Bei den Flashmobs und Konzerten handelt es sich um Kunst im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 GG. Bei abträglichen Äußerungen über künstlerisch geprägte Veranstaltungen kann der Schutzbereich hinsichtlich des Wirkbereichs eines Kunstwerks, nämlich dessen Darbietung und Verbreitung, bei hinreichender Intensität beeinträchtigt sein (vgl. zu Werk- und Wirkbereich: BVerfG, Beschluss vom 3. November 1987 – 1 BvR 1257/84 u. a. –, NJW 1988, 325 [325 f.]).

65

4. In Bezug auf die vom Kläger gerügten Äußerungen kann überwiegend eine dem Beklagten zurechenbare Beeinträchtigung der oben genannten Rechte angenommen werden. Die vom Zeugen Dr. T. getätigten Äußerungen können sich insoweit grundsätzlich negativ auf das Ansehen des Klägers sowie die Durchführung seiner öffentlichen Aktivitäten auswirken. Dabei ist es unbeachtlich, ob Dr. T. die Äußerungen als seine eigene Ansicht dargestellt oder nur Äußerungen Dritter wiedergegeben hat. Auch die Verbreitung negativer Werturteile und – ggf. ehrenrühriger – Tatsachen kann eine Beeinträchtigung darstellen, wie sich unter anderem der Tatbestandsalternative des Verbreitens in §§ 186 und 187 StGB entnehmen lässt. Grundlage für einen Unterlassungsanspruch können allerdings nur die tatsächlich gemachten Äußerungen der in Anspruch genommenen Person sein bzw. nur solche, die ihr auch zuzurechnen sind (vgl. BayVGH, Beschluss vom 28. März 1994 – 7 CE 93.2403 –, juris, Rn. 43).

66

Bei der gerügten Behauptung, der Kläger sei eine „gefährliche christliche Sekte“, ist die Verwendung des Wortes „Sekte“ für sich genommen – trotz „negativer Färbung“ – noch keine hinreichende Beeinträchtigung der vorgenannten Grundrechte des Klägers (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 670/91 –, NJW 2002, 2626 [2627]). Jedoch bekommt die Aussage durch den Zusatz „gefährlich“ ein erhebliches negatives Gewicht. Bereits die Verbreitung dieser (Dritt-)Meinung kann sich daher auf das Ansehen und die Tätigkeiten des Klägers abträglich auswirken. Auch die Information und Aufklärung über den Kläger kann Nachteile für diesen begründen, die nicht nur mehr oder weniger zufällig oder nebenbei eintreten, sondern das zwangsläufige und sichere Ergebnis, gleichsam die „Kehrseite” der erstrebten Beeinflussung der Öffentlichkeit sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 1992 – 7 C 21/90 –, NJW 1992, 2496 [2498 f.]).

67

Die gerügte Behauptung, ein Kontakt mit dem Kläger bedeute einen „Schritt in die Manipulation“, kann prinzipiell eine Beeinträchtigung der vorgenannten Grundrechte darstellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 670/91 –, NJW 2002, 2626 [2627]). Allerdings hat der Zeuge Dr. T. die Aussage zur Überzeugung der Kammer so nicht getätigt, sondern nur geäußert hat, dass ein Kontakt mit dem Kläger einen ersten Schritt in die Manipulation bedeuten könnte. Folglich kann auch nur diese Äußerung einem Unterlassungsanspruch zugänglich sein. Insoweit könnten auch – bei der durch die Verwendung des Wortes „könnte“ abgeschwächten Äußerung – möglicherweise Personen von einer Teilnahme an den religiös und künstlerisch geprägten Veranstaltungen abgehalten werden. Des Weiteren dürfte auch eine Beeinträchtigung des Ansehens des Klägers im Allgemeinen zu befürchten sein.

68

Das Bundesverfassungsgericht führt zu dem Begriff „Manipulation“ aus:

69

Mit den Begriffen ‚Manipulation‘ und ‚Manipulieren‘ wird nicht nur entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch die Vorstellung einer Beeinflussung von Menschen durch andere verbunden. Durch den Gebrauch dieser Wörter wird vielmehr auch der Gedanke des Lenkens und Steuerns von Menschen ohne oder gegen ihren Willen, ihrer Benutzung als Objekt und des Sichverschaffens von Vorteilen auf betrügerische oder scheinlegale Weise zum Ausdruck gebracht“ (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 670/91 –, NJW 2002, 2626 [2627]).

70

Diese Interpretation ist auch hier zugrunde zu legen. Ähnliches gilt insoweit für die Verwendung der Begriffe und „Indoktrination“ sowie „ideologische Manipulation und Vereinnahmung“ im streitgegenständlichen Kontext. Die in dem Zeitungsartikel und dem Fernsehinterview veröffentlichten Aussagen des Sektenbeauftragten des Beklagten sind insoweit grundsätzlich geeignet, den sozialen Geltungsanspruch des Klägers und mithin die Religionsausübung und -verbreitung durch den Kläger zu beeinträchtigen bzw. zu behindern. Für die Leser des Zeitungsartikels bzw. Zuschauer der Landesschau Rheinland-Pfalz könnte der Eindruck entstehen, der Kläger wirke auf eine Einschränkung der persönlichen Entscheidungsfreiheit seiner Mitglieder hin.

71

Der Begriff „Türöffner“ stellt sich hingegen als grundsätzlich neutraler Begriff dar, der nicht in jedem Kontext eine Beeinträchtigung der vorgenannten Grundrechte bewirkt. Der Antrag des Klägers war insoweit dahingehend auszulegen, dass die Verwendung des Begriffs in einem Kontext wie im streitgegenständlichen Artikel zu unterlassen wäre. Insoweit kann von einer – wenn auch geringfügigen – Beeinträchtigung ausgegangen werden, da das Wort im verwendeten Kontext eine negative Konnotation erhält. Eine allgemeine Unterlassung des Wortes in Verbindung mit dem Kläger kann hingegen nicht begehrt werden.

72

Der Kläger begehrt darüber hinaus die Unterlassung der Äußerung, dass vom Kläger eine „Gefahr“ ausgehe. Zur Überzeugung der Kammer, ist eine derartige Äußerung nicht in einer dem Beklagten zurechenbaren Weise getätigt worden. Sofern es sich auf die Verbreitung der Einschätzung des Klägers als „gefährliche christliche Sekte“ bezieht, ist der Antrag insoweit redundant. Sofern er darüber hinausgehen sollte, dass der Zeuge Dr. T. ausdrücklich vor dem Kläger „gewarnt“ haben sollte, hat er nach dem Akteninhalt und dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine solche Aussage weder gegenüber dem SWR noch der Allgemeinen Zeitung M. getätigt.

73

Eine entsprechende Aussage Zeugen Dr. T., geht ausdrücklich weder aus dem Zeitungsartikel noch aus dem Fernsehinterview hervor. Der Kläger stellt bei diesem Antrag aber darauf ab, dass die Überschrift des Zeitungsartikels „Sektenexperte warnt vor Manipulation“ lautet. Diese kann nach allgemeinem Sprachgebrauch und dem objektiven Empfängerhorizont des angesprochenen Publikums (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 1998 – VI ZR 205/97 –, NJW 3047 [3048]) nur dahingehend interpretiert werden, dass vom Kläger eine Gefahr ausgehe. Hierbei ist dem Kläger darin zuzustimmen, dass eine Warnung nur bei Gefahren angebracht ist. Allerdings liegt die Entscheidung für das Layout des Artikels bei der Verfasserin M. N. Zwar beruht der Artikel auf einer Rücksprache der Verfasserin mit dem Zeugen Dr. T. Diese erstreckte sich jedoch nur auf ein Interview im Vorfeld des Artikels. Der Zeuge Dr. T. hat glaubhaft dargelegt, dass insoweit keine „Genehmigung“ einer Veröffentlichung erfolgt ist. Es wird darüber hinaus – basierend auf dem Schreiben der Verlagsgruppe R. vom 28. Dezember 2016 – davon auszugehen sein, dass Passagen, die direkt auf den Zeugen Dr. T. zurückgehen, entsprechend der journalistischen Sorgfalt von Frau N. kenntlich gemacht worden sind. Bei der Aussage „Sektenexperte warnt“ handelt es sich damit zur Überzeugung der Kammer um eine Wertung von Frau M. N., wie sie die Äußerungen von Dr. T. im Gesamtkontext interpretiert hat.

74

Ob gerade die tatsächlich getätigten Äußerungen im konkreten Fall kausal für die Versagung des Zugangs zur Stadthalle O. im Jahr 2016 waren, kann hier nicht abschließend beurteilt werden und im Ergebnis dahinstehen, da ein tatsächlich eingetretener Schaden für die Annahme einer Beeinträchtigung der vorstehenden Rechte keine zwingende Voraussetzung ist. Aus dem vom Kläger vorgelegten Schreiben der Stadthalle O. Veranstaltungs GmbH vom 20. Oktober 2016 ergibt sich überdies kein zwingender auf die streitgegenständlichen Äußerungen zurückzuführender Imageschaden des Klägers. Ein entsprechender Beweis ist vom Kläger nicht geführt worden. Ferner ist dem Schreiben zu entnehmen, dass die Absage jedenfalls auch aus Termingründen erfolgt ist. Es wird dort hinsichtlich der Befürchtung einer „negativen Presse“ auch nicht ausdrücklich auf eine Äußerung des Beklagten Bezug genommen.

75

5. Die streitgegenständlichen Äußerungen sind – jedenfalls soweit sie tatsächlich vom Zeugen Dr. T. getätigt wurden und dem Beklagten zurechenbar sind – allerdings nicht rechtswidrig.

76

a. Da der Beklagte ebenfalls den Schutz des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG für sich in Anspruch nehmen kann, sind die umstrittenen Äußerungen seines Sektenbeauftragten in materieller Hinsicht vorrangig an dieser Grundrechtsbestimmung zu messen. Grundrechtsträger für die Glaubens-, Bekenntnis- und Religionsausübungsfreiheit sind grundsätzlich auch die als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisierten Kirchen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 28. März 1994 – 7 CE 93.2403 –, juris, Rn. 40 m.w.N.). Die Rechtspositionen von Kläger und Beklagtem sind daher im Wege der praktischen Konkordanz zu einem schonenden Ausgleich zu bringen; dies erfordert eine Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Mai 1995 – 1 BvR 1087/91 –, NJW 1995, 2477 [2479]; BVerwG, Beschluss vom 8. August 2011 – 7 B 41.11 –, NVwZ 2011, 1278, Rn. 9 m.w.N.).

77

Mit den streitgegenständlichen Äußerungen erfüllt der Beklagte seinen Sendungsauftrag, grenzt sich seinem inneren Selbstverständnis entsprechend von anderen Glaubensgemeinschaften ab und nimmt sein Wächteramt gegenüber Lehren wahr, die er auf der Basis seines Wertesystems als gefährlich oder bedenklich betrachtet (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2001 – VI ZB 12/01 –, juris, Rn. 12). Diese Freiheit umfasst entsprechend dem Selbstverständnis der jeweiligen Religionsgemeinschaft den gesamten Bereich des religiösen und weltanschaulichen Lebens, des Werbens und der Propaganda für ihre Glaubensrichtung (vgl. BayVGH, Beschluss vom 28. März 1994 – 7 CE 93.2403 –, juris, Rn. 40). Durch solche Äußerungen können auch die Kirchen, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts verfasst sind (Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 WRV), ihre religiösen Standpunkte verdeutlichen und ihre Mitglieder bzw. Anhänger auf Entwicklungen hinweisen, die nach kirchlicher Lehre mit dem christlichen Glauben unvereinbar sind (vgl. BayVGH, Beschluss vom 12. Juni 2007 – 7 CE 07.472 –, juris, Rn. 23). Maßgeblich ist allein, inwieweit die Religionsgemeinschaft es für erforderlich hält, ihr religiöses Verständnis in der Welt zur Entfaltung und Wirksamkeit zu bringen; sie ist nicht auf Äußerungen zu „christlichen Lehrinhalten“ rein akademischer Natur beschränkt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 28. März 1994 – 7 CE 93.2403 –, juris, Rn. 40).

78

b. Insoweit gelten die Neutralitätsanforderungen und das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Gebot der Sachlichkeit für rein staatliche Organe (vgl. dazu etwa OVG Bremen, Beschluss vom 1. Dezember 2015 – 1 B 95/15 –, NJW 2016, 823, Rn. 16; zusammenfassend Milker, JA 2017, 647; siehe auch Barczak, NVwZ 2015, 1014), die insbesondere das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung mehrfach betont und ausdifferenziert hat, nicht im gleichen Maße für öffentlich-rechtlich korporierte Religionsgemeinschaften (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 1993 – 1 BvR 960/93 –, NVwZ 1994, 159 [160]; BayVGH, Urteil vom 24. Februar 2011 – 7 B 10.1272 –, juris, Rn. 20), die nicht in der staatlichen Sphäre wurzeln (vgl. schon BVerfG, Beschluss vom 21. September 1976 – 2 BvR 350/75 –, NJW 1976, 2123 [2125]; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 14. Auflage 2016, Art. 19, Rn. 29). Die Religionsgemeinschaften mit öffentlich-rechtlichem Status sind grundsätzlich in gleichem Umfang grundrechtsfähig wie Religionsgemeinschaften in privatrechtlicher Rechtsform (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 – 2 BvR 1500/97 –, NJW 2001, 429 [430]).

79

Gleichwohl ist zu beachten, dass hinter den streitgegenständlichen Äußerungen eine gewisse Autorität des Beklagten steht, dem von der Öffentlichkeit in diesen Fragen eine gesteigerte Sachkompetenz zugemessen wird (vgl. BayVGH, Beschluss vom 28. März 1994 – 7 CE 93.2403 –, juris, Rn. 40). Öffentliche Äußerungen eines Mitarbeiters einer als Körperschaft des öffentlichen Rechts korporierten Religionsgemeinschaft können – nicht zuletzt wegen der mit ihnen in Anspruch genommenen Autorität – für die Rolle des Klägers in der religiös-weltanschaulichen Auseinandersetzung, mithin für den von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützten Freiheitsraum, schwerwiegende Folgen haben (vgl. BayVGH, Beschluss vom 28. März 1994 – 7 CE 93.2403 –, juris, Rn. 40). Gegen Schärfen und Überspitzungen genießen Glaubensgemeinschaften im Vorfeld des § 166 StGB allerdings – jedenfalls im Verhältnis zu anderen Grundrechtsträgern – nur denjenigen Schutz, der auch sonst für Persönlichkeitsverletzungen anerkannt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 1993 – 1 BvR 960/93 –, NVwZ 1994, 159 [160]). Der strafrechtliche Schutz des § 166 StGB erfasst nicht schon jede herabsetzende Äußerung, sondern nur nach Form und Inhalt besonders verletzende Äußerungen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 11. November 1981 – 3 Ss 704/81 –, NJW 1982, 657 [657 f.] m.w.N.).

80

c. In einem interessengerechten und dem Grundrechtssystem entsprechenden Ausgleich der betroffenen Rechtspositionen muss demnach auch Berücksichtigung finden, dass die öffentlich-rechtlich korporierten Religionsgemeinschaften allgemein einen erhöhten Einfluss in Staat und Gesellschaft haben und dass gerade auch den kirchlichen Sektenbeauftragten in den Augen der Öffentlichkeit eine gesteigerte Sachkompetenz zugemessen wird, womit auch eine erhöhte Verantwortung des jeweiligen Sektenbeauftragten korrespondiert (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 – 2 BvR 1500/97 –, NJW 2001, 429 [431]; BGH, Urteil vom 20. Februar 2003 – III ZR 224/01 –, juris, Rn. 32; BayVGH, Urteil vom 29. September 2005 – 7 B 04.2927 –, juris, Rn. 17). Öffentlich-rechtlich korporierte Religionsgemeinschaften wie der Beklagte sind hierbei zwar nicht zur Neutralität verpflichtet, wohl aber zur Wahrung eines angemessenen Grads an Sorgfalt, Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit (vgl. BayVGH, Urteil vom 24. Februar 2011 – 7 B 10.1272 –, juris, Rn. 20). Je schwerer und nachhaltiger das Ansehen des Betroffenen durch eine Äußerung oder deren Veröffentlichung beeinträchtigt wird, umso höher sind die Anforderungen an die zu beachtende Sorgfaltspflicht (vgl. BayVGH, Urteil vom 24.Februar 2011 – 7 B 10.1272 –, juris, Rn. 20; siehe zum Äußerungsrecht allgemein: BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 2009 – 1 BvR 134/03 –, NJW-RR 2010, 470 [472]). Diese erhöhte Sorgfaltspflicht muss gerade auch gegenüber anderen, nicht öffentlich-rechtlich korporierten Religionsgemeinschaften beachtet werden (vgl. BayVGH, Urteil vom 29. September 2005 – 7 B 04.2927 –, juris, Rn. 17).

81

Jedoch ergibt sich das Recht des Beklagten zu kritischen Äußerungen gegenüber anderen Glaubens- und Religionsgemeinschaften aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG (vgl. BayVGH, Beschluss vom 28. März 1994 – 7 CE 93.2403 –, juris, Rn. 40). Da sich die Befugnis des Beklagten zu öffentlichen Äußerungen somit aus der Verfassung selbst ergibt, ist eine weitergehende (einfach-)gesetzliche Regelung dieser Befugnis nicht erforderlich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 1993 – 1 BvR 960/93 –, NVwZ 1994, 159; BayVGH, Beschluss vom 28. März 1994 – 7 CE 93.2403 –, juris, Rn. 40).

82

Zum geschützten Kommunikationsprozess im Bereich religiösen Wirkens zählt grundsätzlich auch die Mitteilung einer fremden Meinung oder Tatsachenbehauptung, und zwar auch dann, wenn der Mitteilende sich diese nicht zu eigen macht und die fremde Äußerung lediglich verbreitet (vgl. BayVGH, Urteil vom 24. Februar 2011 – 7 B 10.1272 –, juris, Rn. 18). Durch solche Äußerungen können Religionsgemeinschaften ihre religiösen Standpunkte unterstreichen und ihre Mitglieder bzw. Anhänger auf Entwicklungen hinweisen, die nach kirchlicher Lehre mit dem christlichen Glauben unvereinbar sind (vgl. BayVGH, a.a.O.). Die mit der eigenen Positionsbestimmung verbundene Abgrenzung zu anderen Weltanschauungen und Wertesystemen gehört zum Kernbereich des religiösen Selbstbestimmungsrechts (vgl. BayVGH, a.a.O.).

83

d. Die dem Kläger zustehenden Grundrechte auf ungestörte Religionsausübung sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht geben gerade keinen Anspruch darauf, dass öffentliche Kritik – sogar staatlicher Organe – unterbleibt und die Tätigkeit religiöser und weltanschaulicher Gemeinschaften als reines Internum anzusehen ist, denen ein „kritikfreier Raum“ vorbehalten bleiben muss (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 1993 – 1 BvR 960/93 –, NVwZ 1994, 159 [160]). Das gilt ebenso für die Kunstfreiheit. Auch eine scharfe öffentliche Kritik an der Tätigkeit des Klägers und dessen öffentlichem Wirken stellt einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage dar und muss von ihm grundsätzlich hingenommen werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 1993 – 1 BvR 960/93 –, NVwZ 1994, 159).

84

5. Ein Unterlassungsanspruch gegenüber kritischen, abwertenden Äußerungen besteht zunächst grundsätzlich nur, wenn es sich bei den beanstandeten Äußerungen um unrichtige Tatsachenbehauptungen handelt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 28. März 1994 – 7 CE 93.2403 –, juris, Rn. 44).

85

a. Tatsachenbehauptungen liegen vor, wenn sich die Richtigkeit der Gesamtbehauptung durch eine Beweiserhebung klären lässt, es sich also um beweisbare Vorgänge handelt (vgl. etwa BGH, Urteil vom 20. Januar 1959 – 1 StR 518/58 –, NJW 1959, 636; BayVGH, Beschluss vom 28. März 1994 – 7 CE 93.2403 –, juris, Rn. 44). Unrichtige Information ist unter dem Blickwinkel der Meinungsfreiheit, deren spezielle Ausprägung letztlich eine Äußerung auf Grundlage von Art. 4 Abs. 1 GG ist, kein schützenswertes Gut (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Juni 1982 – 1 BvR 1376/79 –, NJW 1983, 1415).

86

b. Ebenso wie im Bereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 GG, dessen Grundsätze hier entsprechend herangezogen werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 1993 – 1 BvR 960/93 –, NVwZ 1994, 159), sind Meinungsäußerungen als Werturteile im Bereich religiösen Wirkens in der Welt grundsätzlich nicht schon dann gerichtlich zu untersagen, wenn sie grundlos, falsch oder emotional bzw. nicht rational sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. November 1992 – 1 BvR 693/92 –, NJW 1993, 1845; Beschluss vom 14. März 1972 – 2 BvR 41/71 –, NJW 1972, 811 [813]; BayVGH, Beschluss vom 28. März 1994 – 7 CE 93.2403 –, juris, Rn. 44). Im Gegensatz zu Tatsachenbehauptungen sind Meinungsäußerungen in ihrem wesentlichen Gehalt durch Elemente des Meinens oder Dafürhaltens gekennzeichnet und einem objektiven Richtigkeitsbeweis gerade nicht zugänglich (BVerfG, Beschluss vom 16. März 2017 – 1 BvR 3085/15 –, NJW-RR 2017, 1003, Rn. 13; BayVGH, Beschluss vom 28. März 1994 – 7 CE 93.2403 –, juris, Rn. 44).

87

Die Freiheit der religiösen Meinungsäußerung ist jedenfalls dann einem öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs zugänglich, wenn sich die Äußerung als Formalbeleidigung oder Schmähkritik darstellt, wobei an eine solche Einstufung strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. BayVGH, Urteil vom 29. September 2005 – 7 B 04.2927 –, juris, Rn. 15). Eine das Recht der religiösen Meinungsäußerungsfreiheit überschreitende Herabsetzung oder Schmähung kann nur dann angenommen werden, wenn das Motiv, den Betroffenen durch solche Äußerungen in der Öffentlichkeit bloßzustellen und ihm zu schaden, offen zutage tritt und demgegenüber die Auseinandersetzung in der Sache in den Hintergrund tritt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 28. März 1994 – 7 CE 93.2403 –, juris, Rn. 50). Im Rahmen einer fallbezogenen Abwägung ist jedoch zu berücksichtigen, dass scharfe und überspitzte Formulierungen für sich genommen eine schädigende Äußerung noch nicht unzulässig machen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 28. März 1994 – 7 CE 93.2403 –, juris, Rn. 44). Vielmehr spricht, gerade wenn es sich um Beiträge zum geistigen, hier dem religiösen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit nicht unwesentlich berührenden Frage geht, die Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede, die hier dem Sektenbeauftragten des Beklagten zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Oktober 1991 – 1 BvR 1555/88 –, NJW 1992, 1439 [1440 f.]; BayVGH, Beschluss vom 28. März 1994 – 7 CE 93.2403 –, juris, Rn. 44).

88

c. Schon die Einordnung als Meinung oder Tatsache ist eine grundrechtsrelevante Frage (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. März 2017 – 1 BvR 3085/15 –, NJW-RR 2017, 1003, Rn. 12 f.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs fällt bei Äußerungen, in denen sich wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Februar 1996 – 1 BvR 262/91 –, NJW 1996, 1529 [1530]; BGH, Urteil vom 16. Dezember 2014 – VI ZR 39/14 –, NJW 2015, 773, Rn. 21 m.w.N.). Enthält die Meinungsäußerung einen erwiesen falschen oder bewusst unwahren Tatsachenkern, so tritt das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig hinter den Schutzinteressen des von der Äußerung Betroffenen zurück (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2014 – VI ZR 39/14 –, NJW 2015, 773, Rn. 21 m.w.N.).

89

6. Insoweit kommt es bei der hier durchzuführenden Abwägung im ersten Schritt (a.) darauf an, ob Meinungen oder Tatsachen vom Zeugen Dr. T. geäußert worden sind, und im zweiten (b.), ob es sich um eigene Tatsachenbehauptungen bzw. Meinungsäußerungen handelt oder nur um eine Wiedergabe von Drittäußerungen. Die Äußerungen sind sodann in einem dritten Schritt ihrer vorherigen Einordnung entsprechend im konkreten Fall rechtlich zu würdigen (c.).

90

a. Tatsachenäußerungen sind vorliegend teilweise in der Wiedergabe von Drittmeinungen durch den Zeugen Dr. T. sowohl in dem Zeitungsartikel („gefährliche christliche Sekte“) als auch in dem Fernsehinterview („gefährliche Sekte“) zu sehen. Dies ändert allerdings nicht daran, dass der wertende Charakter der verbreiteten Äußerung weiterhin den Schwerpunkt ihrer rechtlichen Würdigung bildet und damit auch die Äußerung als Ganzes letztlich als Meinungskundgabe zu werten ist. Gleichwohl ist der Wahrheitsgehalt des ihr zugrundliegenden Tatsachenkerns, nämlich ob die Drittmeinungen auch in dieser Weise tatsächlich bestehen bzw. geäußert wurden, bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen wesentlich zu berücksichtigen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 13. Februar 1996 – 1 BvR 262/91 –, NJW 1996, 1529 [1530]).

91

In dieser Hinsicht gibt der Zeuge Dr. T. an, laut Auskunft der von ihm befragten christlichen koreanischen Kirchen bzw. Pfarrer handele es sich bei dem Kläger um eine „gefährliche christliche Sekte“ bzw. in der SWR Landesschau um eine „gefährliche Sekte“. Dabei ist es irrelevant, ob die befragten Kirchen in Konkurrenz zum Kläger stehen und ihre Aussage – nach Ansicht des Klägers – keine Objektivität gewährleisten könne. Der Wahrheitsgehalt der in der Verbreitungshandlung – jedenfalls konkludent – enthaltenen Tatsachenbehauptungen des Sektenbeauftragten liegt darin, ob die entsprechenden Aussagen den von ihm befragten christlichen koreanischen Kirchen bzw. Pfarrern tatsächlich getätigt wurden.

92

Im Hinblick auf die übrigen Äußerungen des Sektenbeauftragten des Beklagten, handelt es sich durchweg um eigene Meinungsäußerungen. Dem Beklagten ist es grundsätzlich erlaubt, in Verbindung mit dem Kläger die beanstandeten Begriffe „Türöffner“, „Indoktrination“, „ideologische Manipulation“ und „Vereinnahmung“ zu benutzen. Das gilt auch für die Aussage, dass ein Kontakt mit dem Kläger einen ersten Schritt in die Manipulation bedeuten könnte. Sie stellen vornehmlich Werturteile dar, die dem Beweis nicht zugänglich sind. Die angeführten Begriffe sind jedenfalls im Schwerpunkt durch Elemente des Meinens und Dafürhaltens geprägt.

93

b. Der Zeuge Dr. T. hat sich die fremde Aussage, der Kläger sei eine „gefährliche christliche Sekte“ bzw. „gefährliche Sekte“, nicht zu Eigen gemacht. Ein Zu-Eigen-Machen liegt bei Äußerungen Dritter vor, wenn sie derart in den eigenen Gedankengang eingefügt werden, dass die gesamte Äußerung als eigene erscheint (BGH, Urteil vom 27. März 2012 – VI ZR 144/11 –, MMR 2012, 623, Rn. 11). Hier nennt der Mitarbeiter des Beklagten den Kläger an keiner Stelle, also weder im streitgegenständlichen Artikel noch in der Landesschau, selbst eine „gefährliche christliche Sekte“ bzw. „gefährliche Sekte“. Dies wird auch nicht durch die entsprechende Zwischenüberschrift suggeriert. Zwar handelt es sich aufgrund der Anführungszeichen um ein Zitat des Zeugen Dr. T.; hierbei wird dieser jedoch bei der Wiedergabe von Drittmeinungen zitiert. Dies ergibt sich aus dem Gesamtkontext des Artikels. Er weist sowohl in der Allgemeinen Zeitung als auch in der Landesschau ausdrücklich darauf hin, dass es sich um die Ansichten von befragten koreanischen christlichen Kirchen handele. Hieran ändert auch die Aussage der Verlagsgruppe R. vom 28. Dezember 2016 nichts, wonach es im fraglichen Text kenntlich gemacht sei, wenn Äußerungen auf den Sektenbeauftragten des Beklagten zurückgehen. Diese Aussage bedeutet nicht, dass alle Äußerungen des Sektenbeauftragten als dessen Ansicht zu verstehen sind. Vielmehr sagt dies lediglich aus, dass alle von ihm stammenden wörtlichen Äußerungen als seine Aussage kenntlich gemacht wurden. Zu seinen Aussagen zählt aber eben auch die reine Wiedergabe der Meinungen von befragten christlichen koreanischen Pfarrern bzw. Kirchen. Der Zeuge Dr. T. hat auch zur Überzeugung der Kammer glaubhaft dargelegt, dass er diese Einschätzung Dritter auch stets gegenüber dem SWR sowie der Allgemeinen Zeitung M. als Drittaussagen kenntlich gemacht und sich somit hinreichend distanziert hat. Insgesamt ist mit der Annahme eines Zu-Eigen-Machens Zurückhaltung geboten (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 1976 – VI ZR 246/74 –, NJW 1976, 1198 [1199 f.]). Der Sektenbeauftragte Dr. T. identifiziert sich auch nicht derart mit den Äußerungen, dass sie ihm als eigene zuzurechnen wären. Dies ergibt sich unter anderem aus der eher vorsichtigen Formulierung: „könnte der erste Schritt sein [...] in eine ideologische Manipulation“ (Hervorhebung d. d. Kammer).

94

Die übrigen Äußerungen sind dem Zeugen Dr. T. und damit auch dem beklagten Bistum als eigene Meinungsäußerungen zuzuordnen.

95

c. Die vom Zeugen Dr. T. tatsächlich getätigten Äußerungen waren zulässig. Die Aussage, dass der Kläger von Dritten als „gefährliche christliche Sekte“ eingeschätzt wird, ist nach Überzeugung der Kammer als wahr zu unterstellen. Der Beklagte hat dahingehend eine E-Mail vorgelegt (Bl. 75 der Gerichtsakte), die der Zeuge Dr. T. nach eigener Aussage von seinem evangelischen Kollegen Pfarrer S. aus D. erhalten hat. Darin bezieht sich Pfarrer K. (koreanische evangelische Gemeinde Z. D.) auf eine Raumanfrage des Klägers in D. Er weist darauf hin, dass es sich bei dem Kläger um eine gefährliche christliche Sekte handele und rät von einer Raumvergabe ab. Der Zeuge Dr. T. hat auch glaubhaft dargelegt, dass er sich darüber hinaus weiter über den Kläger informiert hat und auch andere Quellen diese Aussage bestätigt haben. Der Kläger ist dem Wahrheitsgehalt dieser Aussage auch nicht wesentlich entgegengetreten, sondern betont vornehmlich, dass die Aussagen Dritter nicht objektiv seien. Dies ändert allerdings nichts daran, dass Dritte den Kläger – wenn auch subjektiv und ideologisch gefärbt – als gefährliche christliche Sekte einstufen. Es bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich der Echtheit der E-Mail und der dort getroffenen Aussagen.

96

Auch im Übrigen – hinsichtlich der sonstigen Meinungen bzw. Werturteile – waren die Äußerungen zulässig. Ein Werturteil ist grundsätzlich rechtswidrig bei rein willkürlichen oder völlig unverhältnismäßigen Äußerungen. Das Grundrecht der Glaubensfreiheit gibt einer Religionsgemeinschaft jedoch auch das Recht, ohne Störung durch den Staat eine – auch scharfe – öffentliche Kritik an der Tätigkeit anderer Religionsgemeinschaften zu verbreiten (vgl. BayVGH, Beschluss vom 28. März 1994 – 7 CE 93.2403 –, juris, Rn. 40). Die mit der eigenen Positionsbestimmung verbundene Abgrenzung zu anderen Weltanschauungen und Wertesystemen gehört zum Kernbereich des religiösen Selbstbestimmungsrechts (vgl. BayVGH, Beschluss vom 12. Juni 2007 – 7 CE 07.472 –, juris, Rn. 23).

97

Gerade ein Begriff wie „Türöffner“ ist nicht per se negativ behaftet; zudem hat der Sektenbeauftragte des Beklagten das Wirken des Klägers eher vorsichtig bewertet („könnte der erste Schritt sein [...] in eine ideologische Manipulation“ [Hervorhebung d. d. Kammer]). Aber selbst die Nutzung eines Wortes wie „Indoktrination“, das eine eher negative Wirkung auf den Leser des streitgegenständlichen Zeitungsartikels hat, ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Vielmehr sind auch scharfe, plakative und überspitzte Formulierungen zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Juni 1994 – 1 BvR 502/94 –, NVwZ 1995, 471; BayVGH, Urteil vom 29. September 2005 – 7 B 04.2927 –, juris, Rn. 17). Das gilt umso mehr, als das beklagte Bistum als öffentlich-rechtlich korporierte Religionsgemeinschaft gerade nicht den strikten Neutralitätserfordernissen unterliegt, die für originär staatliche Organe gelten. Eine als Körperschaft des öffentlichen Rechts verfasste Religionsgemeinschaft, wie das beklagte Bistum, liegt damit zwischen Staat und Privatrechtssubjekt, wobei sie nach Überzeugung der Kammer – jedenfalls hinsichtlich ihrer Äußerungsbefugnisse – dem Privatrechtssubjekt wesentlich nähersteht. Dem beklagten Bistum kommt gerade auch vor dem Hintergrund des Art. 4 Abs. 1 GG das Recht zu, sich von anderen Glaubensgemeinschaften abzugrenzen und diese, wenn nötig, auch zu kritisieren.

98

Zudem ist zu bedenken, dass die Aktivitäten des Klägers im April 2016 ein breites Medieninteresse nach sich zogen und sich der Kläger freiwillig mit intensiven und publikumswirksamen Aktionen in die Öffentlichkeit begeben hat (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 21. August 2006 – 1 BvR 2606/04 u.a. –, NJW 2006, 3406 [3408]). Insoweit muss der Kläger umso mehr auch eine kritische Auseinandersetzung mit seiner Tätigkeit dulden. Nicht ohne Grund wurde der Sektenbeauftragte des Beklagten sowohl von der Allgemeinen Zeitung als auch vom SWR Rheinland-Pfalz zum Kläger intensiv befragt. Ferner berichtete der Zeuge Dr. T. in der Einvernahme vor der Kammer über eine Vielzahl von Anfragen in dem besagten Zeitraum („Anfragelawine“). Auch dies spricht dafür, es dem für diese Themen zuständigen Mitarbeiter des Beklagten nicht zu verwehren, sich zum Kläger zu äußern, da ein wesentliches Interesse der Öffentlichkeit besteht, über den Kläger informiert zu werden und eine Diskussion über dessen öffentliches Wirken anzustoßen. Daher ist hier auch dem Grunde nach eine Vermutung zugunsten der freien Rede anzunehmen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 – XI ZR 384/03 –, NJW 2006, 830, Rn. 100 m.w.N.). Dem Kläger kommt aus den oben angeführten Grundrechten kein Anspruch darauf zu, „nur so von anderen dargestellt zu werden, wie er sich selber sieht oder gesehen werden möchte“ (vgl. zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht: BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1999 – 1 BvR 653/96 –, GRUR 2000, 446 [449] m.w.N.).

99

Der Sektenbeauftragte des Beklagten unterliegt im Vorfeld einer Äußerung besonderen Sorgfaltspflichten, die aus der als Mitarbeiter einer als Körperschaft des öffentlichen Rechts verfassten Religionsgemeinschaft besonders in Anspruch genommen Autorität folgen. Diesen ist er vor seiner Äußerung in Zeitung und Fernsehen hinreichend nachgekommen. Er hat im Vorfeld gründliche und umfangreiche Recherchen angestellt, um sich auf dieser Grundlage eine eigene Meinung über den Kläger bilden zu können. Dies hat der Zeuge Dr. T. glaubhaft dargestellt. So hat er im Jahr 2015 eine „Mind Lecture“ von Pastor Ock Soo Park in F. besucht. Zudem hat er glaubhaft dargelegt, dass er viele Texte von Herrn Pastor Ock Soo Park aus eigener Lektüre kenne und zudem Eltern begleite, deren Tochter sich als „Missionarin“ für Pastor Park engagiere. Letztere seien im Rahmen der von ihm dargelegten „Anfragelawine“ auf ihn zugekommen.

100

Ebenso hat der Zeuge Dr. T. glaubhaft dargestellt, dass er vor seinen Äußerungen beim Kläger angerufen habe, um weitere Informationen zu erhalten. Dies sei aufgrund der beschriebenen Vielzahl von Anfragen beim Bistum hinsichtlich der vom Kläger in M. verteilten Schreiben erfolgt. Insoweit ist auch davon auszugehen, dass der Zeuge Dr. T. dem Kläger hinreichend Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben hat.

101

Eine Informationseinholung bei anderen christlichen koreanischen Kirchen war auch grundsätzlich nicht zu beanstanden. Im Rahmen einer umfassenden Meinungsbildung kann es nicht darauf ankommen, ob mögliche Informanten in Konkurrenz zum Kläger stehen könnten bzw. ihren Sitz teilweise im Ausland haben, zumal ja auch der Kläger auf einer ausländischen Organisation basiert; diese Bewertung obliegt dann dem Rezipienten der Meinungsäußerung. Das beklagte Bistum und dessen Sektenbeauftragter sind gerade nicht zu einer neutralen Informationsvermittlung verpflichtet, die etwa das vollständige Meinungsspektrum abbilden muss. Es ist dem Kläger unbenommen, den Meinungsäußerungen des Sektenbeauftragten des Beklagten im Meinungskampf argumentativ entgegenzutreten und dessen Darstellungen ggf. auf diesem Wege zu entkräften.

102

Nach alledem konnte der Unterlassungsanspruch des Klägers keinen Erfolg haben.

103

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

104

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11 Alt. 2, 711 ZPO. Bei klageabweisenden Urteilen, die nur hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar sind, findet § 708 Nr. 11 Alt. 2 ZPO zumindest entsprechende Anwendung, unabhängig von der Natur des in der Hauptsache geltend gemachten Klageanspruchs (vgl. HessVGH, Urteil vom 18. Mai 1988 – 5 UE 2282/86 –, NVwZ 1990, 275 [276]; eingehend Pietzner/Möller, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 33. EL Juni 2017, § 167, Rn. 140 f.).

105

Beschluss der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 11. Januar 2018

106

Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 40


(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Stre

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 4


(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. (3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 140


Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Die Verfassung des Deutschen Reichs - WRV | Art 137


(1) Es besteht keine Staatskirche. (2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen. (3) Jede Religionsgesell

Strafgesetzbuch - StGB | § 186 Üble Nachrede


Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 26 Vorstand und Vertretung


(1) Der Verein muss einen Vorstand haben. Der Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich; er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Der Umfang der Vertretungsmacht kann durch die Satzung mit Wirkung gegen Dritte beschränkt

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 824 Kreditgefährdung


(1) Wer der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, hat dem anderen den daraus entstehenden Schaden au

Strafgesetzbuch - StGB | § 187 Verleumdung


Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist, wird mit F

Strafgesetzbuch - StGB | § 166 Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen


(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bi

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(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die automatisierte Erfassung und den automatisierten Abgleich seiner jeweiligen Kraftfahrzeugkennzeichen mit polizeilichen Fahndungsbeständen auf öffentlichen Verkehrsflächen in Bayern.

2

Der Beklagte setzt seit dem Jahr 2006 auf Grundlage von Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 PAG auf seinem Gebiet stationäre und mobile Kennzeichenerfassungsgeräte ein. Derzeit betreibt er 25 automatisierte Kennzeichenerkennungssysteme, davon 22 stationäre, die insgesamt 30 Fahrspuren abdecken, und drei mobile. Die stationären Systeme sind aktuell auf zwölf Standorte verteilt und befinden sich insbesondere an Bundesautobahnen. Die mobilen Systeme werden anlassbezogen eingesetzt, z.B. bei internationalen Fußballturnieren oder ähnlichen Großereignissen. Der jeweilige Standort wird gemäß jährlich aktualisierter Lageerkenntnisse durch das Landeskriminalamt bestimmt. Diese Lagebeurteilung wird im Innenministerium des Beklagten dokumentiert und der Landesbeauftragte für Datenschutz jährlich hierüber informiert.

3

Die stationären Systeme bestehen aus Kameras, die den fließenden Verkehr auf jeweils einer Fahrspur von hinten erfassen und das Kennzeichen eines jeden durchfahrenden Fahrzeugs mittels nicht sichtbaren Infrarotblitzes bildlich aufnehmen. Der aus dem digitalen Bild des Kennzeichens durch eine spezielle (OCR-)Software ausgelesene digitale Datensatz mit den Buchstaben und Ziffern des Kennzeichens wird über eine Datenleitung an einen am Fahrbahnrand in einem verschlossenen Behälter untergebrachten stationären Rechner weitergeleitet, in dem das erfasste Kennzeichen automatisch mit verschiedenen im Rechner abgespeicherten (Fahndungs-)Dateien abgeglichen wird. Die erfassten Kraftfahrzeugkennzeichen werden ausschließlich mit Datensätzen verglichen, die aus Kennzeichen von Kraftfahrzeugen bestehen und aus dem Sachfahndungsbestand von INPOL sowie für den Schengenbereich von SIS bzw. NSIS stammen. Anlass- und einzelfallbezogen findet auch ein Abgleich mit spezifischen Dateien (z.B. der Datei „Gewalttäter Sport“) statt. Bei mobilen Systemen erfolgt die Erfassung der Kennzeichen über am Fahrbahnrand aufgestellte Kameras. Der Abgleich wird über einen mobilen Rechner in einem vor Ort abgestellten Polizeifahrzeug vorgenommen.

4

Das im Bildspeicher (RAM) der automatisierten Kennzeichenerkennungssysteme digital erfasste Bild des Kennzeichens wird dort nach dem Datenbankabgleich sogleich mit einem Grauwert überschrieben. Die zum Abgleich verwendeten stationären oder mobilen Rechner verfügen über eine sog. Log-Datei, in der die Kennzeichen jedoch nicht bildlich, sondern in anonymisierter Form und mit einer kryptologischen Hashfunktion (als sog. MD5-Checksumme) des Kennzeichentextes gespeichert werden. Ergibt sich beim Datenabgleich kein Treffer auf dem jeweiligen Rechner, wird das aufgenommene Kennzeichen nach dem Abgleich automatisch aus dem Arbeitsspeicher des Rechners gelöscht. Im Fall eines Treffers, d.h. einer vom System festgestellten Übereinstimmung zwischen dem erfassten Kennzeichen und den auf dem Rechner im Datenbanksystem abgespeicherten Datensätzen (der Fahndungsdateien) wird der Treffer temporär in der Datenbank auf diesem Rechner gespeichert und entweder gleichzeitig über eine Datenleitung an den Zentralrechner der Einsatzzentrale des jeweils zuständigen Polizeipräsidiums übermittelt oder auf dem mobilen Rechner (Notebook) vor Ort am Bildschirm aufgezeigt. Es erfolgt dann jeweils durch die zuständigen Polizeibeamten eine visuelle Kontrolle der vom System gemeldeten Übereinstimmung. Erweist sich der Treffer als Fehlermeldung, weil das tatsächlich erfasste und das in einer Fahndungsdatei abgespeicherte Kraftfahrzeugkennzeichen tatsächlich doch nicht übereinstimmen, gibt der Polizeibeamte durch Betätigen des Buttons „Entfernen“ auf dem Rechner den Befehl, den gesamten Vorgang zu entfernen; in diesem Fall verbleibt auch auf dem Rechner in der Einsatzzentrale als „Spur“ der Treffermeldung nur noch die MD5-Quersumme. Im Trefferfall, also bei Übereinstimmung des erfassten mit einem gespeicherten Kraftfahrzeugkennzeichen startet der Polizeibeamte eine manuelle Abfrage bei der betreffenden Fahndungsdatei, speichert dann den Vorgang bzw. die Daten und veranlasst gegebenenfalls weitere polizeiliche Maßnahmen. Im Zeitraum Juni bis einschließlich September 2011, für den erstmals detaillierte Zahlen ermittelt wurden, kam es monatlich zu etwa acht Millionen Kennzeichenerfassungen. Davon waren 40 000 bis 50 000 Treffermeldungen (Übereinstimmungen und Fehlermeldungen) und 500 bis 600 echte Treffer (nur Übereinstimmungen) pro Monat.

5

Der Kläger hat am 3. Juni 2008 Klage erhoben, gerichtet auf Unterlassung der Erfassung und des Abgleichs seiner Kraftfahrzeugkennzeichen. Zur Begründung hat er ausgeführt: Er pendele regelmäßig mit einem Personenkraftwagen zwischen seinem Hauptwohnsitz in A. (Bayern) und einem weiteren Wohnsitz in S. und sei auch ansonsten häufig in Bayern, insbesondere im Grenzgebiet zu Österreich, unterwegs. Seine jährliche Fahrleistung betrage ca. 25 000 km. Anlässlich dieser zahlreichen Fahrten müsse er damit rechnen, regelmäßig in standortfeste oder mobile Kennzeichenkontrollen des Beklagten zu geraten. Auch wenn sein Kraftfahrzeugkennzeichen derzeit nicht in einer Fahndungsdatei gespeichert sei, befürchte er, irrtümlich angehalten und kontrolliert zu werden. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass irgendwann eine Speicherung, womöglich irrtümlich, erfolgen werde. Durch die mit Sicherheit in der Vergangenheit bereits erfolgte und in Zukunft noch erfolgende Erfassung und den Abgleich seines Kraftfahrzeugkennzeichens werde er in seinen Grundrechten verletzt. Für den mit der Maßnahme verbundenen Grundrechtseingriff fehle es an einer wirksamen gesetzlichen Grundlage, da Art. 33 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie Art. 38 Abs. 3 PAG verfassungswidrig seien.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, die Unterlassungsklage sei zulässig. Der Kläger sei aufgrund seiner zahlreichen Fahrten auf bayerischen Autobahnen mit großer Wahrscheinlichkeit bereits mehrfach von einer Kennzeichenerfassung mit anschließendem Abgleich betroffen gewesen und müsse auch künftig jederzeit damit rechnen, zumal die Maßnahme heimlich erfolge, sodass er ihr nicht ausweichen könne und nachträglicher Rechtsschutz nicht in Betracht komme. Die Klage sei aber unbegründet. Kennzeichenerfassung und -abgleich griffen zwar in den Schutzbereich des Grundrechts des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung ein. Dieser Eingriff beruhe jedoch auf einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage.

7

Schon an einem Grundrechtseingriff fehle es allerdings beim sog. „Nichttreffer“. In Bayern sei rechtlich und technisch sichergestellt, dass bei negativem Ergebnis eines unverzüglich nach der Erfassung vorgenommenen Abgleichs die erfassten Kennzeichen anonym blieben und sofort spurenlos und ohne die Möglichkeit, einen Bezug zum Fahrer, Beifahrer oder Halter eines Fahrzeugs herzustellen, gelöscht würden. Zu einem Grundrechtseingriff komme es nur dann, wenn ein erfasstes Kennzeichen in einem Speicher festgehalten werde und gegebenenfalls Grundlage weiterer Maßnahmen werden könne. Das sei nicht nur beim „echten Treffer“ der Fall, d.h. bei tatsächlicher Übereinstimmung der abgeglichenen Kennzeichen, sondern bereits beim sog. „unechten Treffer“, wenn sich nur infolge einer fehlerhaften Kennzeichenerkennung beim Abgleich mit dem Fahndungsbestand eine Übereinstimmung ergebe. Weil es relativ häufig zu „unechten Treffern“ komme, bestehe eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass auch der Kläger insoweit in den Bereich des Grundrechtseingriffs gerate bzw. bereits geraten sei. Dieser Grundrechtseingriff finde in den Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 sowie Art. 38 Abs. 3 PAG eine verfassungsgemäße gesetzliche Grundlage.

8

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision des Klägers, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorträgt, Kennzeichenerfassung und -abgleich griffen sowohl in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht als auch sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein, und zwar auch bei einem „Nichttreffer“. Das sei jedenfalls deshalb der Fall, weil in Art. 38 Abs. 3 Satz 1 PAG statt einer sofortigen nur eine unverzügliche Löschung angeordnet sei. Auch sei die Spurenlosigkeit der Löschung nicht gewährleistet. Eine Deanonymisierung sei mit vergleichsweise geringem Aufwand möglich, soweit Kennzeichen als MD5-Codes dauerhaft im Speicher der verwendeten Rechner verblieben. Die gegenteilige Überzeugungsbildung des Verwaltungsgerichtshofs sei fehlerhaft, weil sie auf einer unzutreffenden und unvollständigen Tatsachenbasis beruhe, die weiterer Aufklärung im Wege des Sachverständigenbeweises bedurft hätte.

9

Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 und Art. 38 Abs. 3 PAG seien verfassungswidrig. In weiten Teilen fehle dem Beklagten schon die Gesetzgebungskompetenz. Die Vorschriften verstießen zudem in mehrfacher Hinsicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 38 Abs. 3 PAG genügten auch nicht den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Schließlich sei die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG verletzt, weil die von einem Kennzeichenabgleich Betroffenen hierüber nicht informiert würden. Eine Benachrichtigung sei ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme möglich durch hinter den Kontrollstellen aufgestellte Hinweisschilder.

10

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Dezember 2012 und das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23. September 2009 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, durch den verdeckten Einsatz automatisierter Kennzeichenerkennungssysteme Kennzeichen von Kraftfahrzeugen, die auf den Kläger zugelassen sind, zu erfassen und mit polizeilichen Dateien abzugleichen.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

13

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich an dem Verfahren. Auch er verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Das angefochtene Urteil steht im Ergebnis mit Bundesrecht im Einklang.

15

1. Das klägerische Begehren ist als vorbeugende Unterlassungsklage statthaft (a), und es besteht dafür auch eine Klagebefugnis (b).

16

a) Die Unterlassungsklage stellt einen Unterfall der allgemeinen Leistungsklage dar. Mit ihr wird auf die Unterlassung eines öffentlich-rechtlichen Verwaltungshandelns geklagt. Die Statthaftigkeit dieser Klage begegnet bei drohendem Verwaltungshandeln ohne Verwaltungsaktsqualität keinen Bedenken. Auch das Unterlassen einer hoheitlichen Maßnahme ist eine Leistung, und bei Verwaltungshandeln ohne Verwaltungsaktsqualität kann die Zulassung einer Unterlassungsklage auch nicht zur Umgehung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Anfechtungsklage führen (Schenke, Verwaltungsprozessrecht 14. Auflage, 2014, Rn. 354). Das vom Kläger angegriffene öffentlich-rechtliche Verwaltungshandeln liegt im Betrieb von derzeit 25 automatisierten Kennzeichenerkennungssystemen des Beklagten. Sowohl die Erfassung als auch der Abgleich sind keine Verwaltungsakte im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, weshalb eine Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) hier nicht in Betracht kommt. Dies hat das Berufungsgericht aus bayerischem Landesrecht bindend abgeleitet.

17

Allerdings wendet der Kläger sich gegen mögliche künftige Eingriffe. Will der Bürger ein Behördenhandeln abwehren, das er mit mehr oder minder großer Gewissheit erst in der Zukunft erwartet, geht es um eine nur vorbeugende Unterlassungsklage. Verwaltungsrechtsschutz ist allerdings grundsätzlich nachgängiger Rechtsschutz. Das folgt aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, der der Gerichtsbarkeit nur die Kontrolle der Verwaltungstätigkeit aufträgt, ihr aber grundsätzlich nicht gestattet, bereits im Vorhinein gebietend oder verbietend in den Bereich der Verwaltung einzugreifen. Die Verwaltungsgerichtsordnung stellt darum ein System nachgängigen - ggf. einstweiligen - Rechtsschutzes bereit und geht davon aus, dass dieses zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) grundsätzlich ausreicht. Vorbeugende Klagen sind daher nur zulässig, wenn ein besonderes schützenswertes Interesse gerade an der Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes besteht, wenn mit anderen Worten der Verweis auf den nachgängigen Rechtsschutz - einschließlich des einstweiligen Rechtsschutzes - mit für den Kläger unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (stRspr; vgl. Urteile vom 12. Januar 1967 - BVerwG 3 C 58.65 - BVerwGE 26, 23 = Buchholz 427.3 § 338 LAG Nr. 13, vom 8. September 1972 - BVerwG 4 C 17.71 - BVerwGE 40, 323 <326 f.>, vom 29. Juli 1977 - BVerwG 4 C 51.75 - BVerwGE 54, 211 <214 f.>, vom 7. Mai 1987 - BVerwG 3 C 53.85 - BVerwGE 77, 207 <212> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 16 S. 34 und vom 25. September 2008 - BVerwG 3 C 35.07 - BVerwGE 132, 64 Rn. 26).

18

Ein solches spezifisches Interesse an vorbeugendem Rechtsschutz ergibt sich vorliegend aus dem Umstand, dass der Beklagte dasjenige Kennzeichenerfassungssystem, von dem die behaupteten Rechtsverletzungen ausgehen, bereits betreibt und auch weiterhin einsetzen wird. Hinzu kommt, dass eine polizeiliche Kontrolle mit Hilfe von Kennzeichenerfassungssystemen für den Kläger als Autofahrer nicht erkennbar ist, weil die Erfassung der einzelnen Kennzeichen beim Passieren der Aufnahmekameras von hinten erfolgt und der verwendete Infrarotblitz unsichtbar ist. Die Erfassung geschieht damit heimlich mit der Folge, dass der Kläger ihr nicht ausweichen kann. Zudem sind dem Kläger die einzelnen Standorte der Erfassungssysteme nicht bekannt. Aufgrund der Heimlichkeit der Maßnahme kommt ein nachträglicher Rechtsschutz gegen die Erkennung und den Datenabgleich nicht in Betracht.

19

b) Die Zulässigkeit der vorbeugenden Unterlassungsklage lässt sich auch nicht wegen fehlender Klagebefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO in Frage stellen. Es erscheint nach dem Vortrag des Klägers sowie im Lichte der beträchtlichen Erfassungsreichweite der vom Beklagten betriebenen Systeme möglich, dass ein dem Kläger zuzuordnendes KFZ-Kennzeichen künftig erfasst und gegen polizeiliche Dateien abgeglichen wird. Ferner erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass hiermit in Rechte des Klägers eingegriffen und diese verletzt werden. Ob letzteres tatsächlich der Fall ist, ist eine Frage der Begründbarkeit seiner Klage.

20

2. Die Klage ist aber unbegründet. Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch setzt die begründete Besorgnis voraus, der Beklagte werde künftig durch sein hoheitliches Handeln rechtswidrig in die geschützte Rechts- und Freiheitssphäre des Klägers eingreifen (Beschluss vom 29. April 1985 - BVerwG 1 B 149.84 - juris Rn. 9). Die erhobene Unterlassungsklage setzt für ihren Erfolg somit voraus, dass dem Kläger durch die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften über die automatisierte Kennzeichenerfassung (a) mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Eingriff in sein grundrechtlich geschütztes Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Unterfall des allgemeinen Persönlichkeitsrechts droht (b). Das ist nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, an die das Bundesverwaltungsgericht als Revisionsgericht gebunden ist, nicht der Fall.

21

a) Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch richtet sich nur gegen hoheitliche Maßnahmen. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Nach den Feststellungen im Berufungsurteil beruht die vom Kläger angegriffene automatisierte Kraftfahrzeug-Kennzeichenüberwachung durch den Beklagten auf den polizeirechtlichen Normen der Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 sowie Art. 38 Abs. 3 des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (Polizeiaufgabengesetz - PAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. September 1990 (GVBl S. 397), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286) und ist somit hoheitlicher Natur.

22

b) Dem Kläger droht nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Eingriff in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

23

aa) Ein KFZ-Kennzeichen ist als personenbezogenes Datum in den Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung einbezogen. Zwar offenbart die Buchstaben-Zahlen-Kombination, aus der es besteht, aus sich heraus noch nicht diejenige Person, der das Kennzeichen als Halter zuzuordnen ist. Diese Person ist jedoch durch Abfragen aus dem Fahrzeugregister (vgl. §§ 31 ff. StVG) bestimmbar. Dies genügt für den Einbezug in den grundrechtlichen Schutzbereich.

24

bb) Der grundrechtliche Schutz entfällt nicht schon deshalb, weil die betroffene Information öffentlich zugänglich ist, wie es für KFZ-Kennzeichen, die der Identifizierung dienen, sogar vorgeschrieben ist (§ 23 Abs. 1 Satz 3 StVO). Auch wenn der Einzelne sich in die Öffentlichkeit begibt, schützt das Recht der informationellen Selbstbestimmung dessen Interesse, dass die damit verbundenen personenbezogenen Informationen nicht im Zuge automatisierter Informationserhebung zur Speicherung mit der Möglichkeit der Weiterverwertung erfasst werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05 u.a. - BVerfGE 120, 378 <399>).

25

cc) Der Schutzumfang des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung beschränkt sich nicht auf Informationen, die bereits ihrer Art nach sensibel sind und schon deshalb grundrechtlich geschützt werden. Auch der Umgang mit personenbezogenen Daten, die für sich genommen - wie im Falle von KFZ-Kennzeichen - nur geringen Informationsgehalt haben, kann, je nach seinem Ziel und den bestehenden Verarbeitungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten, grundrechtserhebliche Auswirkungen auf die Privatheit und Verhaltensfreiheit des Betroffenen haben. Insofern gibt es unter den Bedingungen der elektronischen Datenverarbeitung kein schlechthin, also ungeachtet des Verwendungskontextes, belangloses personenbezogenes Datum mehr (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. S. 398 f.).

26

dd) Auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Erfassung eines größeren Datenbestandes letztlich nur Mittel zum Zweck für eine weitere Verkleinerung der Treffermenge ist, kann bereits in der Informationserhebung ein Eingriff liegen, soweit sie die Informationen für die Behörden verfügbar macht und die Basis für einen nachfolgenden Abgleich mit Suchkriterien bildet. Maßgeblich ist, ob sich bei einer Gesamtbetrachtung mit Blick auf den durch den Überwachungs- und Verwendungszweck bestimmten Zusammenhang das behördliche Interesse an den betroffenen Daten bereits derart verdichtet hat, dass ein Betroffensein in einer einen Grundrechtseingriff auslösenden Qualität zu bejahen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. S. 398).

27

Dies zugrunde gelegt, bilden Datenerfassungen keinen für die Annahme eines Grundrechtseingriffs hinreichenden Gefährdungstatbestand, soweit die Daten unmittelbar nach der Erfassung technisch wieder spurenlos, anonym und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, ausgesondert werden. Zu einem Eingriff in den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung kommt es daher in den Fällen der elektronischen Kennzeichenerfassung dann nicht, wenn der Abgleich mit dem Fahndungsbestand unverzüglich vorgenommen wird und negativ ausfällt (sogenannter Nichttrefferfall) sowie zusätzlich rechtlich und technisch gesichert ist, dass die Daten anonym bleiben und sofort spurenlos und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, gelöscht werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. S. 399). Demgegenüber kommt es zu einem Eingriff in das Grundrecht, wenn ein erfasstes Kennzeichen im Speicher festgehalten wird und gegebenenfalls Grundlage weiterer Maßnahmen werden kann. Darauf vor allem ist die Maßnahme gerichtet, wenn das Kraftfahrzeugkennzeichen im Fahndungsbestand aufgefunden wird. Ab diesem Zeitpunkt steht das erfasste Kennzeichen zur Auswertung durch staatliche Stellen zur Verfügung und es beginnt die spezifische Persönlichkeitsgefährdung für Verhaltensfreiheit und Privatheit, die den Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung auslöst (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. S. 399 f.).

28

Ausgehend von diesen durch das Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben ist im vorliegenden Fall für die Konstellation des „Nichttreffers“ die Eingriffsqualität von Erfassung und Abgleich eines KFZ-Kennzeichens zu verneinen. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs vollzieht sich beides in dieser Konstellation ohne zeitlichen Verzug in vollständig automatisierter Weise und ist ferner gesichert, dass die Daten einer menschlichen Kenntnisnahme unzugänglich bleiben.

29

Auch für die Konstellation des „unechten“ Treffers, die im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. März 2008 keiner gesonderten Würdigung unterzogen worden ist, ist die Eingriffsqualität der Maßnahme zu verneinen. Zwar wird das erfasste Kennzeichen in dieser Konstellation durch den Polizeibeamten, der mit dem visuellen Abgleich betraut ist, zur Kenntnis genommen. Der Polizeibeamte beschränkt sich jedoch nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs auf die Vornahme dieses Abgleichs und löscht den Vorgang umgehend, wenn der Abgleich negativ ausfällt. In diesem Stadium ist das behördliche Interesse an den betroffenen Daten nicht bereits derart verdichtet, dass - bezogen auf den Inhaber des KFZ-Kennzeichens - ein Betroffensein in einer einen Grundrechtseingriff auslösenden Qualität zu bejahen ist. Das behördliche Interesse ist in diesem Stadium nur ein systembezogenes Korrekturinteresse. Mithilfe des visuellen Abgleichs soll ausgeschlossen werden, dass aufgrund des unvollkommenen Lesemodus des Systems polizeiliche Maßnahmen in Bezug auf Kennzeichen eingeleitet werden, die zwar im Fahndungsbestand notiert sind, tatsächlich aber die Erfassungsstelle gar nicht passiert haben. Der Inhaber des tatsächlich erfassten Kennzeichens hat insoweit nicht mehr hinzunehmen als eine lediglich kurzzeitige Wahrnehmung der Buchstaben-Zahlen-Kombination durch den Polizeibeamten, der seinerseits nicht über die rechtliche Befugnis verfügt - und auch der Sache nach keinen Anlass hätte -, eine Abfrage aus dem Fahrzeugregister vorzunehmen. Die Anonymität des Inhabers bleibt folglich gewahrt.

30

In der Konstellation des „echten“ Treffers wird hingegen die Eingriffsschwelle überschritten. Hat der abgleichende Polizeibeamte die vom System gegebene Treffermeldung verifiziert, verdichtet sich das behördliche Interesse an den Daten. Durch die vorgesehene manuelle Abfrage aus der Fahndungsdatei wird die Identität des Kennzeicheninhabers gelüftet. Durch die weiter vorgesehene Abspeicherung des Vorgangs werden die gewonnenen Daten über Zeitpunkt und Ort der Erfassung für den Staat verfügbar gemacht. Dieser ist hierdurch in die Lage versetzt, weitere Maßnahmen gegen den Betroffenen einleiten zu können. Der Betroffene ist hierdurch in einer einen Grundrechtseingriff auslösenden Qualität berührt.

31

ee) Im vorliegenden Fall kann es hinsichtlich der Person des Klägers zum Szenarium eines „echten“ Treffers nach derzeitigem Sachstand nicht kommen, da nach den vorinstanzlichen Feststellungen sein KFZ-Kennzeichen nicht im Fahndungsbestand gespeichert ist. Die bloße Eventualität, es könnte zukünftig zu einer solchen Speicherung kommen, muss außer Betracht bleiben. Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch vermittelt keine Handhabe, ein behördliches Handeln abzuwehren, dem nur bei künftigem Hinzutreten außergewöhnlicher Umstände Eingriffsqualität gegenüber dem Anspruchsteller zuwüchse.

32

3. Die Kosten der ohne Erfolg eingelegten Revision fallen dem Kläger zur Last (§ 154 Abs. 2 VwGO).

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Der Verein muss einen Vorstand haben. Der Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich; er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Der Umfang der Vertretungsmacht kann durch die Satzung mit Wirkung gegen Dritte beschränkt werden.

(2) Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so wird der Verein durch die Mehrheit der Vorstandsmitglieder vertreten. Ist eine Willenserklärung gegenüber einem Verein abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Mitglied des Vorstands.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20.09.2002 - 15 K 1245/99 - teilweise geändert. Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheids des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 29.10.1998 und dessen Widerspruchsbescheids vom 22.02.1999 verurteilt,

1. die vom Innenministerium in seinen Pressespiegeln vom 28.07.1995 und 31.07.1995 jeweils auf der Seite „Fernsehauswertung - Sendung der Abendschau vom 27.07.1995“ veröffentlichten Aussagen

„Thema: Harte Vorwürfe gegen den Führungsstil von Frau ... ... mit folgenden Kernaussagen ehemaliger Beschäftigter

(Aussage 1)

Die Außenwelt ist für Frau ... der Feind. Jeder in der Verwaltung, der mit personenbezogenen Daten umgeht, ist a priori ein Feind. Und das stimmt ja überhaupt nicht. Nicht selten wenden sich Behörden von sich aus an uns, die uns fragen: Was müssen wir tun? Könnt ihr uns helfen? Frau ... gibt nicht gern Rat, denn dann könnte ihr Tätigkeitsbericht ja um einen Vorwurf kürzer werden. Konkret: Die Behörde will Rat und bekommt postwendend eine Rüge. Frau ... will öffentlichen Wirbel, keine sachliche Auseinandersetzung!

(Aussage 3)

Um zu verstehen, was das Wort „Mitarbeiterbesprechung“ für die Mitarbeiter von Frau ... bedeutet, muss man einfach dabei gewesen sein. Das ist ein Ort, wo Rechnungen beglichen werden, Misstrauen ausgesprochen wird, wo Kollegen vor den Augen der anderen ohne jedes Feingefühl bloßgestellt werden. Erwachsene Männer, zwischen 50 und 60 können sich nicht wehren und werden lächerlich gemacht, wie kleine dumme Jungen. Es ist menschenverachtend. Ich habe beobachtet, wie einer von Anfang an sein Zittern nicht unter Kontrolle bekam, und als er mit seinem Vortrag an der Reihe war, nur mit Mühe überhaupt ein Wort herausbekam.“

durch Erklärung des Innenministeriums in zwei zeitlich aufeinander folgenden Pressespiegeln zu widerrufen und diese nach dem üblichen Verteiler zu versenden;

2. die vom früheren Ministerialdirektor ... ... in Vertretung von Innenminister ... im Schreiben des Innenministeriums vom 08.08.1995 an die Humanistische Union, Bräuhausstraße 2, 80331 München, enthaltene Behauptung

„Dem obersten Dienstherr haben einige Beschäftigte der Datenschutzbehörde von „menschenunwürdigen Behandlungen“ berichtet.“

gegenüber der Humanistischen Union durch vom Ministerialdirektor in Vertretung des Innenministers zu unterzeichnendes Schreiben des Innenministeriums zu widerrufen;

3. die vom früheren Ministerialdirektor ... ... in Vertretung von Innenminister ... im Schreiben des Innenministeriums vom 08.08.1995 an die Telefonseelsorge Nordschwarzwald, Postfach 18 69, 75118 Pforzheim, enthaltene Behauptung

„Dem obersten Dienstherrn haben einige Beschäftigte der Datenschutzbehörde von „menschenunwürdiger Behandlung durch Frau ... ...“ berichtet.“

gegenüber der Telefonseelsorge Nordschwarzwald durch vom Ministerialdirektor in Vertretung des Innenministers zu unterzeichnendes Schreiben zu widerrufen.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin zu einem Drittel und der Beklagte zu zwei Dritteln.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten, verschiedene Äußerungen zu widerrufen.
Die Klägerin war Landesbeauftragte für den Datenschutz und als solche Beamtin des beklagten Landes. Nach Ablauf ihrer zweiten Amtszeit am 31.03.1996 trat sie kraft Gesetzes in den Ruhestand.
Am 30.06.1995 erschien in der Südwest-Presse auf der ersten Seite ein Zeitungsartikel unter der Überschrift „Schlechtes Klima im Hause xxx“. Im Innenteil dieser Ausgabe befasste sich auf der Seite „Südwest-Umschau“ ein weiterer Artikel unter der Überschrift „Mobbing in der Mini-Behörde, xxx xxx vergrault Personal“ eingehender kritisch mit der Personalführung der Klägerin. Mit Schreiben vom selben Tag lud die Klägerin in Absprache mit dem Vorsitzenden der Landespressekonferenz im Hinblick auf vereinzelte Zeitungsartikel zu einem Pressegespräch über die aktuelle Situation des Datenschutzes und der Datenschutzkontrolle ein.
In der am 04.07.1995 abgehaltenen Pressekonferenz warf die Klägerin dem Innenminister vor, seit seinem Amtsantritt das Ziel zu verfolgen, sie, die lästige Kontrolle in Sachen Datenschutz, endgültig „zum Verstummen zu bringen“. Er habe dabei eine dreigleisige Strategie eingeschlagen, die beim Datenschutz, dem Ausnutzen der strukturellen Defizite und der Dienstaufsicht ansetze. So geniere sich der Innenminister nicht, Fakten zu verdrehen. Das Innenministerium instrumentalisiere die strukturellen Defizite, die ihrem Amt anhaften würden, um sie an die Kandare zu nehmen und in Bereiche hineinzuregieren, die eindeutig in ihre Unabhängigkeit fielen. Bei der Frage der Arbeitszeitregelung habe es sich seit Juli 1993 zum Zensor aufgespielt. Im Laufe der Zeit sei auch immer evidenter geworden, dass die Rolle, die das Innenministerium dem Personalrat seit Mitte 1992 über das Landespersonalvertretungsgesetz und das Landesdatenschutzgesetz hinaus habe angedeihen lassen, darauf angelegt gewesen sei, die Belange der unabhängigen Datenschutzkontrolle von vornherein ins Hintertreffen geraten zu lassen. Der Herr Innenminister habe beispielsweise auch unter dem massiven Druck des Personalrats sein gegebenes Wort gebrochen. Seit nahezu zwei Jahren werde ihr immer wieder mit Dienstaufsicht und weitergehenden Maßnahmen gedroht. Die Dienstaufsicht werde als Etikett benutzt, sie müsse dafür herhalten, dass man ihr eigentlich gern Weisungen geben wolle, dies aber nicht könne und man es darum auf diesem Wege mit der Kontrolleurin mache. Weil sie nicht gespurt habe, habe man sie flugs mit den Schlagworten „Betriebsklima und Fluktuation“ attackiert. Da man sie auf ihre Aufforderung, endlich Fakten zu benennen, auf die sich die Behauptungen vom schlechten Stil und Betriebsklima stützen würden, mit der Antwort bedacht habe, man habe Vertraulichkeit zugesichert, habe man ihr bewusst jede Möglichkeit genommen, in der Sache  zu antworten. Dies sei ein Vorgehen, das jegliche Fairness vermissen lasse. Darüber hinaus äußerte sich die Klägerin auch zu der Berichterstattung in den Zeitungsartikeln über das Betriebsklima.
Auf die Erklärungen der Klägerin bei dieser Pressekonferenz gab das Innenministerium Baden-Württemberg die Pressemitteilung vom 04.07.1995 mit der Überschrift „Das Innenministerium weist die Vorwürfe der Datenschutzbeauftragten als völlig abwegig zurück“ heraus.
In der Abendschau von Südwest 3 vom 27.07.1995, 19:20 Uhr wurde ein Bericht über die Klägerin, ihren Führungsstil und die Atmosphäre in ihrer Behörde gesendet. In den danach erschienenen Pressespiegeln des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 28.07.1995 und 31.07.1995 wurden auf der Seite „Fernsehauswertung“ unter der Themenüberschrift „Harte Vorwürfe gegen den Führungsstil von Frau xxx xxx mit folgenden Kernaussagen ehemaliger ...-Beschäftigter“ drei Aussagen aus der Fernsehsendung wiedergegeben.
Auf Anfragen der Telefonseelsorge Nordschwarzwald vom 05.07.1995 und der Humanistischen Union vom 06.07.1995 antwortete der damalige Ministerialdirektor des Innenministeriums Baden-Württemberg Dr. K. jeweils mit Schreiben vom 08.08.1995, in denen er unter anderem darauf verwies, dass einige Beschäftigte der Datenschutzbehörde von „menschenunwürdigen Behandlungen durch Frau xxx xxx“ berichtet hätten.
Auf die Berichte in der Süddeutschen Zeitung vom 15.12.1995 „Schöne Bescherung auf schwäbisch - Wie ein sozialdemokratischer Minister die renommierte und engagierte Amtsleiterin xxx xxx in die Resignation trieb“ und vom 19.12.1995 „Bittere Worte zum Abschied der Datenschützerin“ hin erschien am 10.01.1996 in der Süddeutschen Zeitung ein Leserbrief des damaligen Pressesprechers des Innenministeriums Z. unter der Überschrift „Zu keiner Zeit ins Amt eingegriffen“. Der Leserbrief war unterzeichnet mit H. Z., Pressesprecher, Innenministerium Baden-Württemberg, danach folgte die Dienstanschrift.
Die Klägerin beantragte am 28.07.1998 den Widerruf der genannten Äußerungen. Mit Bescheid vom 29.10.1998 lehnte das Innenministerium Baden-Württemberg die Anträge ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies es mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.1999 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, im Hinblick auf die Pressemitteilung des Innenministeriums vom 04.07.1995 habe zunächst die Klägerin in ihrer Pressekonferenz vom 04.07.1995 den Boden des sachorientierten Umgangs zwischen den Beteiligten verlassen und die Flucht in die Öffentlichkeit angetreten, wobei es unzutreffend sei, dass das Innenministerium an der Veröffentlichung des am 30.06.1995 in der Südwest-Presse erschienen Artikels „Mobbing in der Mini-Behörde, xxx xxx vergrault Personal“ beteiligt gewesen sei. Soweit der Beklagte in den Pressespiegeln vom 28. und 31.07.1995 drei Aussagen von LfD-Mitarbeitern wiedergegeben habe, habe sich das Innenministerium deren Aussagen nicht zu Eigen gemacht. Da diese Aussagen im Übrigen wahr gewesen seien, sei das Innenministerium auch nicht verpflichtet, diese zu widerrufen oder sich davon zu distanzieren. Auch die beiden Schreiben vom 08.08.1995 an die Telefonseelsorge Nordbaden und an die Humanistische Union seien nicht zu widerrufen, da die Kernaussagen beider Schreiben, einige Beschäftigte der Datenschutzbehörde hätten von „menschenunwürdigen Behandlungen durch Frau xxx“ berichtet, wörtlich zitiert worden und darüber hinaus wahr seien. Der Widerruf der Aussagen des damaligen Pressesprechers in seinem Leserbrief an die Süddeutsche Zeitung vom 10.01.1996 komme deshalb nicht in Betracht, weil die darin zitierten Äußerungen nach Überzeugung des Innenministeriums tatsächlich von ehemaligen Mitarbeitern der Klägerin abgegeben worden und inhaltlich zutreffend seien.
10 
Am 19.03.1999 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und zuletzt beantragt, die in der Pressemitteilung des Innenministeriums vom 04.07.1995 verbreiteten Behauptungen, die vom Innenministerium in seinen Pressespiegeln vom 28. und 31.07.1995 jeweils auf der Seite „Fernsehauswertung - Sendung der Abendschau vom 27.07.1995“ aufgestellten Behauptungen, die vom früheren Ministerialdirektor Dr. K. in Vertretung von Innenminister xxx in den Schreiben des Innenministeriums vom 08.08.1995 an die Humanistische Union und an die Telefonseelsorge Nordschwarzwald sowie die im Leserbrief des früheren Pressesprechers des Innenministeriums Baden-Württemberg H. Z., veröffentlicht in der Süddeutschen Zeitung am 10.01.1996, enthaltenen Behauptungen zu widerrufen. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, das Verhalten des Beklagten ihr gegenüber sei nicht an den Regeln des Presserechtes, sondern an den Vorschriften des Beamtenrechtes zu messen. Der Beklagte sei mit seiner Kritik an ihrem Führungsstil als erster an die Presse gegangen. Die Vorwürfe des Beklagten seien ohne vorangegangenes faires Verfahren gemacht worden. Insbesondere habe er seine Vorwürfe niemals dokumentiert. Er habe sich bloß mündlich und pauschal auf angebliche Einlassungen anonymer Dritte berufen, wobei anonyme Anzeigen Dritter (Mitarbeiter) mit der Pflicht zum achtungswürdigen Verhalten unvereinbar seien. Unter den gegebenen Umständen hätte jeder andere Beamte in vergleichbarer leitender Stellung öffentlich erklären dürfen, was sie damals erklärt habe. Dies ergebe sich auch aus ihrer Rechtsstellung nach § 22 LDSG. Die tatsächlichen Vorwürfe in der Pressemitteilung des Innenministeriums vom 04.07.1995 seien sachlich ungerechtfertigt und nicht haltbar gewesen. Auch sei es unzutreffend, dass sich keine Beamten auf eine Tätigkeit in ihrer Dienststelle beworben hätten und dass sie über das Normalmaß hinausgehende Führungsprobleme gehabt habe. Die Schmähkritik in der Fernsehsendung vom 27.07.1995 habe sich der Beklagte durch Wiedergabe der drei anonymen Aussagen in den Pressespiegeln zu Eigen gemacht. Die kommentarlose Wiedergabe und Verbreitung der angeblichen Behauptung einiger Mitarbeiter von „menschenunwürdigen Behandlungen durch die Klägerin“ in den Briefen an die Telefonseelsorge Nordschwarzwald und die Humanistische Union vom 08.08.1995 stelle eine schwere Verletzung der Fürsorgepflicht dar. Gleiches gelte für die Äußerungen in dem Leserbrief vom 10.01.1996, die sich der Beklagte ebenfalls zu Eigen gemacht habe.
11 
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und zur Begründung insbesondere unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid darauf hingewiesen, dass die Klägerin in der Pressekonferenz am 04.07.1995 ohne Veranlassung die Flucht in die Öffentlichkeit angetreten habe. Nach dem Presserecht gebe es ein „Recht zum Gegenschlag“. So habe sich die Klägerin seinerzeit selbst nicht an die von ihr jetzt geforderten Voraussetzungen gehalten, weshalb sowohl die Äußerungen zu § 22 LDSG als auch die Forderung, den Beamten anzuhören und ihm eine beabsichtigte Pressemitteilung zur Stellungnahme vorzulegen, fehl gingen. Außerdem habe die Klägerin als Beamtin keinen Öffentlichkeitsauftrag. Es treffe insbesondere auch zu, dass offene Stellen in der Dienststelle der Klägerin nur schwer zu besetzen gewesen seien.
12 
Mit Urteil vom 20.09.2002 hat das Verwaltungsgericht der Klage teilweise stattgegeben. In den Entscheidungsgründen ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig und teilweise begründet. Die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht verbiete es dem Dienstherrn, den Beamten durch Kritik an seiner Amtsführung gegenüber Dritten ohne rechtfertigenden Grund bloßzustellen. Dies gelte sowohl für nachteilige Tatsachenbehauptungen als auch für missbilligende Werturteile. Zwischen der Klägerin einerseits und dem Beklagten andererseits habe ein öffentlicher Meinungskampf stattgefunden. Allein die Tatsache des „Gangs an die Öffentlichkeit“ begründe jedoch keinen Widerrufsanspruch. Denn öffentliche Kritik an der Amtsführung eines Beamten sei bei Einhaltung einer sachlichen Form zulässig. Diese Grundsätze würden durch das Presserecht modifiziert, was auch deshalb angemessen erscheine, da zwischen der Klägerin und dem Beklagten im Prinzip eine Ebene der Gleichordnung bestanden habe. Hieraus folge, dass in formeller Hinsicht das Beamtenrecht zurücktrete, etwa die Pflicht zur Verschwiegenheit sowie die von der Klägerin für erforderlich gehaltene Anhörung und Dokumentation vor einer Äußerung. Nach den anzuwendenden presserechtlichen Grundsätzen müssten Presseveröffentlichungen frei von beleidigendem Inhalt sein. Für Meinungen in Angelegenheiten, die die Öffentlichkeit wesentlich berührten, gelte eine Vermutung für ihre Zulässigkeit, die erst bei Schmähungen entkräftet sei. Dabei würden als unzulässige Schmähkritik abwertende Ausfälle erfasst, in denen die Diffamierung der Person des Kritisierten ganz im Vordergrund stehe, die also selbst vom Standpunkt des Kritikers in seinem Engagement in der Sache nicht gerechtfertigt erscheine. Die in der Pressemitteilung des Innenministeriums vom 04.07.1995 enthaltene massive Kritik an der Amtsführung der Klägerin lasse einen sachlichen Bezug jedoch ohne Weiteres erkennen. Denn sie sei eine Reaktion auf die Pressekonferenz der Klägerin und entspreche nach Art und Inhalt in etwa den von der Klägerin erhobenen Vorwürfen gegen das Innenministerium. Eine Diffamierung der Person der Klägerin enthalte sie allenfalls nur ansatzweise, soweit ausgeführt werde, es bewerbe sich aus der Landesverwaltung niemand mehr auf freie Stellen bei der Landesbeauftragten für den Datenschutz. Soweit sich die Klägerin gegen die drei Äußerungen Dritter wende, die in den Pressespiegeln des Innenministeriums vom 28. und 31.07.1995 wiedergegeben worden seien, seien diese dem Beklagten als eigene zuzurechnen, da es an einer ausdrücklichen und ernsthaften Distanzierung von den verbreiteten Informationen fehle. Die Klage sei im Hinblick auf Aussage 2 begründet, da die persönliche Diffamierung der Klägerin im Vordergrund stehe, weshalb die Grenze zur Schmähkritik überschritten worden sei, was bei den Aussagen 1 und 3 trotz der massiven Kritik an der Personalführung der Klägerin nicht der Fall sei. Im Hinblick auf den Widerruf der Äußerungen in den Schreiben vom 08.08.1995 sei die Klage ebenfalls erfolglos, da diese Äußerungen sachlich gehalten seien. Sie enthielten zwar Kritik an der Arbeit der Klägerin, seien jedoch von einer Schmähkritik deutlich entfernt. Der Leserbrief sei dem Beklagten ohne weiteres zurechenbar, wobei die Grenze zur unzulässigen Schmähkritik überschritten sei.
13 
Auf die Anträge der Klägerin und des Beklagten hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 30.04.2003 - 4 S 2667/02 - ihre Berufungen wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen.
14 
Die Klägerin beantragt,
15 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20.09.2002 - 15 K 1245/99 - insoweit zu ändern, als es die Klage abgewiesen hat, und unter Aufhebung des Bescheids des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 29.10.1998 und dessen Widerspruchsbescheids vom 22.02.1999 den Beklagten zu verurteilen,
16 
1. die mit Pressemitteilung des Innenministeriums vom 04.07.1995 verbreiteten Aussagen
17 
„Das Innenministerium weist die Vorwürfe der Datenschutzbeauftragten als völlig abwegig zurück.
18 
Frau xxx hat mit ihren unqualifizierten Vorwürfen jedes Maß verloren, so Innenminister xxx xxx. Es handelt sich offenkundig um den untauglichen Versuch, von ihren eigenen Führungsproblemen abzulenken zu Lasten des Innenministeriums. Tatsache ist, dass sich aus der Landesverwaltung niemand mehr auf freie Stellen bei der Landesbeauftragten für den Datenschutz Baden-Württemberg bewirbt. Innenminister xxx xxx fordert deshalb Frau xxx auf, im Interesse eines wirksamen Datenschutzes und im Interesse der Beschäftigten der Landesbeauftragten für den Datenschutz Baden-Württemberg zu einer sachlichen Arbeit zurückzukehren.“
19 
durch Pressemitteilung des Innenministeriums zu widerrufen und den Widerruf nach dem üblichen Presseverteiler zu versenden;
20 
2. die vom Innenministerium in seinen Pressespiegeln vom 28. und 31.07.1995 jeweils auf der Seite „Fernsehauswertung - Sendung der Abendschau vom 27.07.1995“ aufgestellten Behauptungen
21 
„Thema: Harte Vorwürfe gegen den Führungsstil von Frau xxx xxx mit folgenden Kernaussagen ehemaliger Beschäftigter
22 
(Aussage 1)
23 
Die Außenwelt ist für Frau xxx der Feind. Jeder in der Verwaltung, der mit personenbezogenen Daten umgeht, ist a priori ein Feind. Und das stimmt ja überhaupt nicht. Nicht selten wenden sich Behörden von sich aus an uns, die uns fragen: Was müssen wir tun? Könnt ihr uns helfen? Frau xxx gibt nicht gern Rat, denn dann könnte ihr Tätigkeitsbericht ja um einen Vorwurf kürzer werden. Konkret: Die Behörde will Rat und bekommt postwendend eine Rüge. Frau xxx will öffentlichen Wirbel, keine sachliche Auseinandersetzung!
24 
(Aussage 3)
25 
Um zu verstehen, was das Wort „Mitarbeiterbesprechung“ für die Mitarbeiter von Frau xxx bedeutet, muss man einfach dabei gewesen sein. Das ist ein Ort, wo Rechnungen beglichen werden, Misstrauen ausgesprochen wird, wo Kollegen vor den Augen der anderen ohne jedes Feingefühl bloßgestellt werden. Erwachsene Männer, zwischen 50 und 60 können sich nicht wehren und werden lächerlich gemacht, wie kleine dumme Jungen. Es ist menschenverachtend. Ich habe beobachtet, wie einer von Anfang an sein Zittern nicht unter Kontrolle bekam, und als er mit seinem Vortrag an der Reihe war, nur mit Mühe überhaupt ein Wort herausbekam.“
26 
durch Aufnahme einer entsprechenden Erklärung des Innenministeriums in zwei zeitlich aufeinander folgenden Pressespiegeln zu widerrufen und diese nach dem üblichen Verteiler zu versenden;
27 
3. die vom früheren Ministerialdirektor xxx xxx in Vertretung von Innenminister xxx im Schreiben des Innenministeriums vom 08.08.1995 an die Humanistische Union, Bräuhausstraße 2, 80331 München, enthaltenen Behauptungen
28 
„Die Kritik des Innenministers richtete sich nie gegen die Arbeit von Frau xxx xxx, sondern ausschließlich gegen ihren Führungsstil, über den sich zahlreiche Mitarbeiter beschwert haben. Als oberster Dienstherr, der für die Personalangelegenheiten im Landesamt für Datenschutz zuständig ist, kann sich der Innenminister den Problemen der Mitarbeiter von Frau xxx xxx nicht verschließen. Erst recht nicht, wenn ihm einige Beschäftigte der Datenschutzbehörde von „menschenunwürdigen Behandlungen“ berichten.“
29 
gegenüber der Humanistischen Union durch vom Ministerialdirektor in Vertretung des Innenministers zu unterzeichnendes Schreiben des Innenministeriums zu widerrufen;
30 
4. die vom früheren Ministerialdirektor xxx xxx in Vertretung von Innenminister xxx im Schreiben des Innenministeriums vom 08.08.1995 an die Telefonseelsorge Nordschwarzwald, Postfach 18 69, 75118 Pforzheim, enthaltenen Behauptungen
31 
„Die Kritik des Innenministers richtete sich nie gegen die Arbeit von Frau xxx xxx, sondern ausschließlich gegen ihren Führungsstil, über den sich zahlreiche Mitarbeiter der Datenschutzbehörde beim Innenminister persönlich beschwert hatten. Als oberstem Dienstherrn dürfen dem Innenminister die Vorwürfe seiner Mitarbeiter nicht egal sein. Erst recht nicht, wenn ihm einige Beschäftigte von „menschenunwürdiger Behandlung durch Frau xxx xxx“ berichten.“
32 
gegenüber der Telefonseelsorge Nordschwarzwald durch vom Ministerialdirektor in Vertretung des Innenministers zu unterzeichnendes Schreiben zu widerrufen;
33 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
34 
Zur Begründung trägt sie weiter vor: Der Beklagte habe mit seinen verbreiteten Erklärungen über ihr angebliches Führungsverhalten die ihm ihr gegenüber obliegende Fürsorgepflicht verletzt und in ihre Rechte eingegriffen, wobei diese Eingriffe mangels Rechtfertigung rechtswidrig gewesen seien, zumal der Beklagte auch grundrechtliche Verfahrensrechte verletzt habe. Die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten beamtenrechtliche Grundsätze seien nicht durch das Presserecht modifiziert. Denn nicht sie habe die Auseinandersetzung in der Presse über ihr angeblich kritikwürdiges Verhalten gegenüber ihren Mitarbeitern „gewählt“, sondern das Innenministerium habe ihr eine öffentliche Diskussion durch seine von langer Hand vorbereitete publizistische Offensive vom 30.06.1995 aufgezwungen, indem es gezielt unter Berufung auf imaginäre Mitarbeiter mit seiner Kritik an ihrem angeblich nicht achtungswürdigen Führungsstil an die Presse gegangen sei. Dass der Zeitungsbericht vom 30.06.1995 lanciert gewesen sei, habe sich in der Sitzung des Ständigen Ausschusses des Landtags vom 13.07.1995 herausgestellt. Damit  habe das Innenministerium erreichen wollen, dass sie nicht erneut für das Amt der Datenschutzbeauftragten kandidiere.
35 
So sei der Pressesprecher auch nicht nach § 4 LPresseG verpflichtet gewesen, Auskunft zu geben. Denn Behörden könnten vielmehr nach § 4 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 LPresseG Auskünfte verweigern, wenn Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstünden oder durch die Auskunft ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde, wobei es einer obersten Dienstbehörde generell verwehrt sei, angebliche nachteilige Behauptungen über einen Beamten ungeprüft unter Missachtung der Fundamentalprinzipien des Beamtenrechts zu verbreiten. Selbst wenn § 4 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 LPresseG i.V.m. § 113d Abs. 2 LBG und § 98 LBG nicht Platz greifen würden, hätte sich der Pressesprecher niemals - so wie geschehen - einlassen dürfen. Denn Behördenauskünfte nach § 4 Abs. 1 LPresseG müssten stets wahr und vollständig sein. Dabei habe der Pressesprecher gegenüber der Zeitung verschwiegen, dass das Innenministerium ihr gegenüber nie konkrete Vorgänge vorgetragen habe, aus denen sich angebliche Führungsschwächen ergeben könnten, man habe ihr nie rechtliches Gehör gewährt, sondern bewusst jede Aufklärung vermieden.
36 
Obwohl der Beklagte sie nach § 98 LBG gegen den ehrenrührigen Presseangriff vom 30.06.1995 hätte in Schutz nehmen müssen, sei er Verbreiter der Angriffe gewesen. Sie sei ohne jeden Schutz ihres Dienstherrn dagestanden und ihrerseits nach § 4 Abs. 1 LPresseG verpflichtet gewesen, der Presse auf ihre Fragen Auskunft zu geben. Im Interesse einer gleichmäßigen Unterrichtung der gesamten Landespresse habe sich der Vorsitzende der Landespressekonferenz bei seinem Anruf am 30.06.1995 mit ihr auf eine Pressekonferenz am 04.07.1995 verständigt. Das Innenministerium habe demgegenüber versucht, die Pressekonferenz als Alleingang hinzustellen. Alles, was sie am 04.07.1995 zur konkreten Situation des Datenschutzes und der Datenschutzkontrolle erklärt habe, hätte sie jederzeit kraft Amtes auch ohne den vorangegangenen Presseangriff des Innenministeriums und ohne Aufforderung des Vorsitzenden der Landespressekonferenz öffentlich erklären können, so sie dies für geboten gehalten hätte. Bei ihren Ausführungen zur eigenen Personalsache habe sie keine Vorwürfe erhoben, sondern die komplizierte Gemengelage in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht so dargestellt, wie sie sich seit Amtsantritt des neuen Innenministers entwickelt habe, insbesondere den Hergang der Ereignisse zutreffend beschrieben und gewürdigt. Als Ursache der öffentlichen Anwürfe des Innenministeriums gegen ihre Person habe sie dabei den seit langem schwelenden Konflikt um Fragen des Datenschutzes und der Datenschutzkontrolle ebenso beim Namen genannt wie das Ziel des Innenministeriums, sie, die lästige Kontrolleurin, mit dem bevorstehenden Ende der zweiten Amtszeit endgültig loszuwerden. Demgegenüber seien alle streitbefangenen Aussagen des Innenministeriums in der Pressemitteilung vom 04.07.1995 unrichtig bzw. erwiesen unwahr. Auch habe vielmehr der Innenminister mit seinen Angriffen auf ihre Führungsqualitäten von der Thematik ablenken wollen. Offensichtlich unwahr sei auch Satz 3 der Pressemitteilung, wonach sich aus der Landesverwaltung niemand mehr auf freie Stellen bei der Landesbeauftragten für den Datenschutz bewerbe. So räume der Beklagte selbst ein, dass es Bewerbungen von Leuten aus der Landesverwaltung mit Berufserfahrung gegeben habe und solche auch zur Einstellung gekommen seien, wie die Einstellung eines juristischen Bewerbers mit dreijähriger Berufserfahrung aus der Finanzverwaltung zu ihrer Dienststelle zeige. Schließlich sei unrichtig, dass sie keine sachliche Arbeit mehr leiste.
37 
Selbst wenn unterstellt würde, dass das Innenministerium am Zustandekommen der anonymen, von ihren angeblichen Mitarbeitern verbreiteten ehrverletzenden Äußerungen über deren persönliches Verhalten im Dienst nicht beteiligt gewesen sei, seien diese Äußerungen dem Innenministerium zuzurechnen. Denn die Dienststelle des Landesbeauftragten für den Datenschutz sei beim Innenministerium eingerichtet, die Mitarbeiter hätten den dienstrechtlichen Grundsatz der Wahrhaftigkeit und Offenheit nach innen und Verschwiegenheit nach außen beachten müssen. Würden sich Mitarbeiter des Landesbeauftragten für den Datenschutz gleichwohl illoyal verhalten und unter dem Schutz der Anonymität herabwürdigende Äußerungen über dessen angeblich persönliches Verhalten im Dienst abgeben, seien dies gravierende Dienstvergehen und dem Innenministerium allein schon deshalb zuzurechnen, weil es sich um Äußerungen aus seinem Personalkörper handle, zumal es in seiner Eigenschaft als oberste Dienstbehörde selbst noch die Plattform dafür geschaffen habe. Denn der Dienstherr dürfe bei angeblich problematischen Vorgängen zwischen Bediensteten nicht der einen Seite zu Lasten der anderen Vertraulichkeit und volle Rückendeckung zusichern. Erst recht gehe nicht an, Mitarbeiter zu unwahren Aussagen oder gar zur Beschaffung belastenden Materials über den Vorgesetzten aufzufordern bzw. einen Vorgesetzten fortlaufend mündlich und schriftlich vor den eigenen Mitarbeitern zu desavouieren. Dies alles wiege umso schwerer, wenn sich der Dienstherr gleichzeitig kontinuierlich weigere, dem Betroffenen substantiiert darzulegen, was er eigentlich konkret an seinem persönlichen Verhalten im Dienst gegenüber seinen Mitarbeitern glaube aussetzen zu müssen.
38 
Auch die in den Pressespiegeln des Innenministeriums vom 28. und 31.07.1995 verbreiteten Texte seien am Maßstab des § 98 LBG und nicht am Presserecht zu messen. Es habe sich entgegen dem erweckten Schein nicht um eine wortgetreue Wiedergabe der Fernsehsendung vom 27.07.1995 gehandelt, sondern um ein Produkt, welches das Innenministerium unter Verwendung anonym gesprochener Textteile als Aussagen 1, 2 und 3 unter Weglassung der sie verbindenden Zwischentexte aus der Fernsehsendung vom 27.07.1995 zur Verstärkung der Erklärungen des Innenministers auf seiner Pressekonferenz vom 28.07.1995 selbst hergestellt und gleich zweimal verbreitet habe. Durch das Aneinanderreihen der drei aus dem Kontext gerissenen Aussagen unter der vom Innenministerium gewählten Gesamtüberschrift sei der Eindruck entstanden, als habe es ihr an jeglichem Format im Umgang mit ihren Mitarbeitern gefehlt. Das Innenministerium habe sich durch die Art und Weise, wie es den streitbefangenen Text in beiden Pressespiegeln herausgestellt habe, diesen zu Eigen gemacht und durch die Art seiner Darstellung auch noch verschärft. Alle drei Aussagen seien herabsetzende Werturteile und eindeutig eine Schmähkritik. Da das Innenministerium die beiden Pressespiegel verbreitet habe, ohne zuvor ein Wort mit ihr über die Fernsehsendung vom 27.07.1995 zu sprechen, sei diese Vorgehensweise rechtswidrig und gereiche dem Innenministerium zum Verschulden.
39 
Unrichtig sei darüber hinaus, dass ein Widerruf deshalb ausgeschlossen sei, weil die streitbefangenen Äußerungen „durch Zeitablauf in Vergessenheit geraten seien“. Schließlich würde sich nur dann, wenn durch den an sich auszusprechenden Widerruf rechtswidriger ehrverletzender Äußerungen über einen Bediensteten unmittelbar in die Ehre eines anderen Bediensteten rechtswidrig eingegriffen würde, die Frage stellen, ob deshalb bloß auf ein Nicht-mehr-Aufrechterhalten der streitbefangenen Äußerungen zu erkennen wäre.
40 
Soweit es um den Widerruf der Äußerung in den Briefen an die Telefonseelsorge Nordschwarzwald und die Humanistische Union vom 08.08.1995 gehe, habe sich das Innenministerium die streitbefangenen Äußerungen in den Briefen ohne vorangegangenes faires beamtenrechtliches Verfahren zu Eigen gemacht. Die Einlassungen des Beklagten in diesen Briefen seien an beamtenrechtlichen Maßstäben zu messen und würden nicht durch Presserecht modifiziert.
41 
Schließlich seien auch die unzutreffenden Äußerungen des Pressesprechers des Innenministeriums in seinem Leserbrief vom 10.01.1996 zu widerrufen. Es handle sich um eine Erklärung des Beklagten, da der Leserbrief der Süddeutschen Zeitung auf offiziellem Kopfbogen des Innenministeriums unter dem Datum des 20.12.1995 und Angabe des Aktenzeichens übersandt worden sei und das Anschreiben mit H. Z., Pressesprecher, Innenministerium Baden-Württemberg, unterzeichnet gewesen sei.
42 
Der Beklagte beantragt,
43 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20.09.2002 - 15 K 1245/99 - insoweit abzuändern, als es der Klage stattgegeben hat, und die Klage abzuweisen;
44 
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
45 
Er hält die Berufung der Klägerin für unbegründet und verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts, soweit es die Klage abgewiesen hat.
46 
Im Übrigen trägt er zur Begründung seiner Berufung vor: Der Folgenbeseitigungsanspruch setze eine fortdauernde rechtswidrige Störung voraus, die auf Maßnahmen der öffentlichen Verwaltung zurückzuführen sei. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Die Behauptung der Klägerin, das Innenministerium sei am 30.06.1995 unter Berufung auf imaginäre Mitarbeiter gezielt mit seiner Kritik am angeblich nicht achtungswürdigen Führungsstil der Klägerin an die Presse gegangen und habe die Zeitungsberichte vom 30.06.1995 lanciert, sei unrichtig. Insbesondere sei nicht richtig, dass die Berichterstattung in der Südwest-Presse auf dem persönlichen Brief von MR Dr. H. beruhe. Dies sei reine Spekulation. Schließlich ergebe sich für die Richtigkeit dieser Behauptung nichts aus dem Sitzungsprotokoll des Ständigen Ausschusses des Landtages am 13.07.1995. Lediglich in dem Bericht in der Südwest-Presse vom 30.06.1995 unter der Überschrift „Schlechtes Klima im Hause xxxxx“ würden Auskünfte des Innenministeriums wiedergegeben, zu denen das Innenministerium gemäß § 4 LPresseG berechtigt und verpflichtet gewesen sei. Diese Erklärungen hätten den Tatsachen entsprochen. Soweit die Klägerin behaupte, der Pressesprecher des Innenministeriums habe gewusst, dass sich in Wirklichkeit kein einziger Mitarbeiter wegen ihres angeblichen Führungsstils kritisch an die Klägerin gewandt oder sonst irgendwelche Beschwerden vorgebracht habe, so verkenne sie den Inhalt der kurzen Pressenotiz, in der es nur heiße, dass es in der 14-Mitarbeiter-Behörde deutliche Kritik am Führungsstil von Frau xxxxx gebe. Es habe auch keiner der Gründe des § 4 Abs. 2 des Landespressegesetzes vorgelegen, die zur Auskunftsverweigerung berechtigt hätten. § 113d Abs. 2 LBG beziehe sich auf Auskünfte aus den Personalakten, um die es hier nicht gehe.
47 
Die Klägerin habe in Absprache mit dem Vorsitzenden der Landespressekonferenz zur Pressekonferenz am 04.07.1995 eingeladen und insoweit die Flucht in die Öffentlichkeit angetreten. § 4 des Landespressegesetzes rechtfertige dieses Verhalten nicht. Sie wäre verpflichtet gewesen, etwaige Meinungsverschiedenheiten intern auszutragen. Da die Äußerungen bei der Pressekonferenz jede Zurückhaltung vermissen ließen, sie in Form und Inhalt absolut unangemessen und ein Verstoß gegen die beamtenrechtliche Treuepflicht gewesen seien, sei das Innenministerium in Kenntnis der wesentlichen Aussagen der Klägerin gehalten gewesen, mit der Presseerklärung vom 04.07.1995 zu reagieren. Da es sich hierbei um eine Auseinandersetzung der Parteien auf der Ebene der Gleichordnung im öffentlichen Meinungskampf gehandelt habe, gelte dafür auch im Rahmen der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht der Maßstab, den das Bundesverfassungsgericht zum sozialen Geltungsanspruch im Rahmen öffentlicher Auseinandersetzungen entwickelt habe. Danach komme es entscheidend darauf an, in welcher Weise der Berechtigte soziale Beziehungen eingegangen sei und sich in ihnen entfaltet habe, ob und wie er in Kommunikation mit anderen getreten sei und durch sein Verhalten auf andere eingewirkt habe. Wer sich auf politische oder gesellschaftliche Auseinandersetzungen einlasse, müsse sich diesen Auseinandersetzungen stellen. Habe er „kräftig ausgeteilt“, könne er sich nicht mit rechtlichen Mitteln dagegen wehren, wenn ihm Ähnliches widerfahre. Auch Art und Ausmaß der Fürsorgepflicht würden sich danach richten, ob sich der Beamte auf politische und gesellschaftliche Auseinandersetzungen in seinem Dienstverhältnis eingelassen habe. Unrichtig seien insoweit die Ausführungen der Klägerin, zwischen ihr und dem Innenministerium habe keine „politische und gesellschaftliche“, sondern eine „dienstrechtliche Auseinandersetzung“ stattgefunden. Es sei auch unrichtig, dass der Beklagte nicht ohne vorherige Anhörung der Klägerin auf ihre öffentlichen Angriffe öffentlich habe erwidern dürfen. Diese Auffassung entbehre der Rechtsgrundlage. Denn § 113b LBG sehe die Anhörungspflicht nur für den Fall vor, dass Beschwerden, Behauptungen und Bewertungen, die für den Beamten ungünstig seien oder sie zum Nachteil gereichen könnten, in die Personalakte aufgenommen würden. Bei der Beantwortung der öffentlichen Vorwürfe gelte § 113b LBG nicht. Es sei auch verfehlt, anzunehmen, die Erklärungen des Beklagten seien deshalb rechtswidrig, weil die von der Klägerin für notwendig gehaltene Dokumentation vor der Pressemitteilung des Innenministeriums unterlassen worden sei, denn es sei darum gegangen, die haltlosen öffentlichen Vorwürfe gegen das Innenministerium angemessen zu beantworten. Im Übrigen wäre ein solcher Verfahrensfehler spätestens im Verwaltungsverfahren geheilt worden.
48 
Bei der Äußerung des Innenministeriums, die Vorwürfe der Klägerin seien völlig abwegig und sie habe mit ihren unqualifizierten Vorwürfen jedes Maß verloren, handle es sich nicht um eine unzulässige „Schmähkritik“. Es sei die zutreffende, jedenfalls vertretbare Bewertung der Äußerungen der Klägerin in ihrer Pressekonferenz vom 04.07.1995. Außerdem sei der sachliche Bezug dieser Pressemitteilung zur Pressekonferenz der Klägerin ohne Weiteres erkennbar. So habe die Klägerin selbst in ihrer Pressekonferenz vom 04.07.1995 Führungsprobleme angesprochen und damit diesen Themenkreis in die Öffentlichkeit getragen. Die gemachten Ausführungen zur Personalwirtschaft und zur Personalfluktuation in der Dienststelle der Klägerin seien zutreffend. Insbesondere habe der Leiter des Personalreferats in seinem Vermerk vom 09.11.1998, festgestellt, dass es immer schwieriger geworden sei, geeignete Juristen für die Dienststelle der Klägerin zu gewinnen. Zu den in Gesprächen mit „Kandidaten“ genannten Ablehnungsgründen habe gehört, dass die Klägerin den Ruf einer „schwierigen Vorgesetzten“ habe. Schließlich habe nur noch der Ausweg offen gestanden, Berufsanfänger unmittelbar bei der Landesbeauftragten einzustellen. Versetzungswünsche seien fast durchweg mit Spannungen innerhalb der Dienststelle und unberechtigter oder massiver Kritik der Klägerin an den beruflichen Leistungen ihrer Mitarbeiter begründet worden. Dies ergebe sich auch aus den Aussagen der früheren Mitarbeiter ORR H. und ORR Dr. P. Der Klägerin sei Gelegenheit gegeben worden, zu Führungsproblemen Stellung zu nehmen. Dies gelte insbesondere im Zusammenhang mit dem Gespräch vom 10.05.1995. Da die Klägerin mit ihrer Pressekonferenz den Rahmen sachlicher Arbeit ganz offensichtlich verlassen habe, habe es der Sach- und Rechtslage entsprochen, sie zur Rückkehr zur sachlichen Arbeit aufzufordern.
49 
Selbst wenn die von der Klägerin behauptete Verletzung der Fürsorgepflicht vorliegen würde, hätte sie keinen Anspruch auf Widerruf der Erklärungen, sondern allenfalls darauf, dass eine Ansehensbeeinträchtigung für die Zukunft durch eine geeignete, nach Form und Adressatenkreis der beeinträchtigenden Äußerung entsprechende Erklärung ausgeräumt werde.
50 
Bei der Wiedergabe der Äußerungen in den Pressespiegeln vom 28. und 31.07.1995 handle es sich um eine wortgetreue Wiedergabe einzelner Äußerungen. Der Beklagte habe weder den Text geändert noch ihn aus dem Gesamtzusammenhang herausgerissen. Dass es sich nicht um den vollständigen Text der Fernsehsendung gehandelt habe, habe sich für jeden Leser daraus ergeben, dass die Äußerungen als „Kernaussagen“ ehemaliger LfD-Beschäftigter gekennzeichnet gewesen seien. Die Themenüberschrift sei eine zutreffende stichwortartige Wiedergabe des Inhalts der zutreffend zitierten Äußerungen. Darin liege keine für einen Pressespiegel untypische Kommentierung oder Bewertung, sondern die Wahl einer Überschrift zur Kennzeichnung des nachfolgenden Inhalts. Diese zutreffende Wiedergabe der Äußerungen Dritter sei auch keine eigene Erklärung des Innenministeriums, insbesondere könne der Umstand, dass die beiden Pressespiegel keinen ausdrücklichen Hinweis darauf enthielten, dass sich das Innenministerium von den zitierten Äußerungen distanziere, eine solche Zurechnung nicht begründen. Die Aufnahme eines Medienberichts in den Pressespiegel signalisiere weder Zustimmung noch Ablehnung, sie diene ausschließlich der Information über die für das Innenministerium relevante Berichterstattung. Unrichtig sei auch, dass das Innenministerium Baden-Württemberg am Zustandekommen der Fernsehsendung vom 27.07.1995 beteiligt gewesen sei. Es habe in der Sendung keine Erklärung abgegeben, die Zuschreibung der zitierten Äußerungen an ehemalige Mitarbeiter der Klägerin sei durch die für den Beitrag verantwortliche Fernsehanstalt erfolgt. Soweit die Klägerin ausführe, jede Äußerung eines Bediensteten sei eine Äußerung des Innenministeriums, die diesem zuzurechnen und somit bei Unrichtigkeit von diesem zu widerrufen sei, sei dies unrichtig. Denn die Mitarbeiter hätten sich ersichtlich nicht in ihrer Funktion als Repräsentanten des Innenministeriums oder der Landesbeauftragten für den Datenschutz geäußert, sondern Betroffenheit im persönlichen Bereich ihres Dienstverhältnisses artikuliert. Sie hätten weder für das Innenministerium gehandelt noch handeln oder Erklärungen für das Innenministerium  abgeben wollen. Bei der Behauptung der Klägerin, der Dienstherr habe diesen Mitarbeitern eine entsprechende Plattform geschaffen, er habe sie zu solchen Erklärungen aufgefordert, handle es sich um einen Vortrag ins Blaue hinein ohne den geringsten tatsächlichen Anhaltspunkt.
51 
Entgegen den Behauptungen der Klägerin seien die in den Pressespiegeln wiedergegebenen Äußerungen auch keine Schmähkritik. So stehe nicht die Diffamierung der Person der Kritisierten im Vordergrund, da den Äußerungen nicht der innere Zusammenhang mit dem Gegenstand der Kritik oder der Auseinandersetzung, nämlich mit dem Führungsstil der Klägerin, fehle. Deshalb sei auch die Bewertung der Aussage 2 durch das Verwaltungsgericht Stuttgart unzutreffend.
52 
Unabhängig davon sei die korrekte Wiedergabe von Äußerungen Dritter in einer Fernsehsendung im Pressespiegel des Innenministeriums dem Widerruf nicht zugänglich. Der Widerruf setze ohne Ausnahme die nachgewiesene oder unstreitige Unwahrheit der Behauptung voraus. Widerrufsfähig seien zudem nur Behauptungen, die die Medien selbst aufgestellt hätten. Verbreiteten sie Behauptungen Dritter, komme ein Berichtigungsanspruch allenfalls in Gestalt eines Distanzierungsanspruches in Betracht. Außerdem sei ein Widerruf dann ausgeschlossen, wenn eine Äußerung durch Zeitablauf in Vergessenheit geraten sei, was regelmäßig nach ca. zweieinhalb bis drei Jahren der Fall sei. Die Pressespiegel würden mehr als acht Jahre zurückliegen, die Äußerungen seien durch Zeitablauf längst in Vergessenheit geraten. Es fehle deshalb schon an einer fortdauernden Beeinträchtigung, die Voraussetzung für die Folgenbeseitigung durch Widerruf sei. Aber nicht nur das Presserecht, sondern auch der Folgenbeseitigungsanspruch gewähre keinen Anspruch auf Widerruf. Die Beeinträchtigung der Rechte der Klägerin bestehe nicht darin, dass Äußerungen im Fernsehen vom Beklagten im Pressespiegel wiedergegeben worden seien, sondern darin, dass er es versäumt habe, sich davon hinreichend deutlich zu distanzieren. Die Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt ein absolutes Verbot der Verbreitung von Äußerungen, die im Fernsehen zuvor verbreitet worden seien, beanspruchen können. Deshalb gewähre auch der Folgenbeseitigungsanspruch allenfalls einen Anspruch auf Distanzierung, nicht jedoch auf Widerruf.
53 
Soweit die Klägerin den Widerruf von Äußerungen des früheren Ministerialdirektors in den Schreiben vom 08.08.1995 an die Humanistische Union und die Telefonseelsorge Nordschwarzwald begehre, dienten diese Ausführungen dazu, die von der Humanistischen Union und der Telefonseelsorge Nordschwarzwald geäußerte Kritik am Verhalten des Innenministeriums zu beantworten und richtig zu stellen. Soweit ausgeführt worden sei, Mitarbeiter hätten von „menschenunwürdigen Behandlungen durch Frau xxx xxx“ berichtet, seien mit der als Zitat erkennbaren Formulierung Berichte der Mitarbeiter wiedergegeben und ausgeführt worden, dass dem Innenministerium diese Vorwürfe nicht egal sein könnten und es sich gehalten sehe, diesen nachzugehen, ohne sich die Erklärung dabei zu Eigen gemacht zu haben. Das Innenministerium sei auch berechtigt gewesen, das Zitat gegenüber der Telefonseelsorge und der Humanistischen Union zu verwenden. Beide hätten anlässlich der Pressekonferenz der Klägerin vom 04.07.1995 für diese Partei ergriffen und den Innenminister zu Unrecht verdächtigt, er wolle die Unabhängigkeit der Datenschutzkontrolle einschränken und greife in deren Tätigkeit ein. Die Ausführungen in beiden Schreiben seien sachlich zutreffend. Der Beklagte habe ausführlich dargestellt, dass sich Mitarbeiter der Landesbeauftragten für den Datenschutz beim Innenministerium über den Führungsstil der Klägerin beklagt hätten, so u.a. im Gespräch vom Oktober 1994, das auf Wunsch der Mitarbeiter zustande gekommen sei. Entsprechende Äußerungen von Mitarbeitern der Klägerin seien sowohl gegenüber Innenminister xxx als auch gegenüber dem Personalreferenten, Herrn Dr. H., gemacht worden. Es sei deshalb sachlich gerechtfertigt, wahrheitsgemäß darauf hinzuweisen, dass sich die Kritik des Innenministers nie gegen die Arbeit der Klägerin gerichtet habe, sondern ausschließlich gegen ihren Führungsstil.
54 
Der in der Süddeutschen Zeitung vom 10.01.1996 veröffentlichte Leserbrief des früheren Pressesprechers des Innenministeriums sei keine Erklärung des Innenministeriums und diesem auch nicht zuzurechnen. Denn es genüge nicht, wenn der Verfasser des Leserbriefes seinen Beruf und seine dienstliche Anschrift mitteile, um den Leserbrief dem Dienstherrn zuzurechnen. Außerdem seien die Äußerungen, zu deren Widerruf das Verwaltungsgericht den Beklagten verurteilt habe, im Leserbrief eindeutig als Zitate gekennzeichnet gewesen und würden somit nur die Äußerungen Dritter wiedergeben, ohne sie sich zu Eigen zu machen oder die Kritik an der Klägerin zu wiederholen. Das Zitat habe dazu gedient, die Berichterstattung in der Süddeutschen Zeitung zu kritisieren. Weder einzelne Passagen noch der Leserbrief insgesamt erfüllten die Anforderungen an eine Schmähkritik.
55 
Unabhängig davon enthalte der Leserbrief vom 10.01.1996 wahre Tatsachenbehauptungen, nämlich die Wiedergabe der Vorwürfe, die Dritte gegen die Klägerin erhoben hätten, und zwar als wörtliches Zitat. Schon deshalb scheide ein Widerruf aus. Selbst wenn man wegen einer unzureichenden Distanzierung von den Vorwürfen gegen die Klägerin eine sachlich unberechtigte Kritik an ihrem Führungsstil bejahen würde, bestünde ein Anspruch auf Widerruf weder nach Presserecht noch nach dem Recht des Folgenbeseitigungsanspruchs. Allenfalls hätte die Klägerin einen Anspruch auf Distanzierung. Einem Anspruch auf Widerruf stehe auch die inzwischen verstrichene Zeit von ca. siebeneinhalb Jahren entgegen.
56 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts (15 K 1245/99), die des Beklagten und die Akten des Senats im Verfahren - 4 S 2899/99 - wegen Akteneinsicht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Akten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
57 
Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg, soweit sie die Verurteilung des Beklagten zum Widerruf der in den Pressespiegeln vom 28.07.1995 und 31.07.1995 enthaltenen Behauptungen (Klageantrag Ziffer 2) und des in zwei Schreiben des Ministerialdirektors Dr. K. vom 08.08.1995 enthaltenen Satzes begehrt, dem obersten Dienstherrn hätten einige Beschäftigte der Datenschutzbehörde von „menschenunwürdigen Behandlungen“ berichtet (Klageanträge Ziffer 3 und 4). Die beanstandeten Äußerungen werden dem im Verhältnis zwischen dem Innenministerium als oberster Dienstbehörde und der seiner Dienstaufsicht unterstehenden Klägerin geltenden eigenen Maßstab für nachteilige Äußerungen über Beamte gegenüber Dritten, welcher sich aus der grundgesetzlich verankerten Fürsorgepflicht des Dienstherrn ergibt, nicht gerecht. In diesem Umfang hat das beklagte Land die dadurch eingetretene Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin durch Widerruf rückgängig zu machen. Im Übrigen erweist sich die Berufung als unbegründet, denn das Verwaltungsgericht hat die weiteren Anträge der Klägerin zu Recht als unbegründet abgewiesen (dazu II. - IV.).
58 
Die ebenfalls zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage insoweit zu Recht stattgegeben (dazu V.).
59 
I. Das Klagebegehren ist als allgemeine Leistungsklage zulässig (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, BVerwGE 99, 56, 58).
60 
Bei der Erweiterung des ursprünglichen Klageantrags Ziffer 1 auf die Überschrift der Pressemitteilung vom 04.07.1995 handelt es sich um eine zulässige Klageänderung (§§ 125, 91 VwGO). Der Beklagte hat gem. § 91 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO in diese Klageänderung eingewilligt, da er sich in seinen Schriftsätzen rügelos auf diese eingelassen hat.
61 
II. Die Klage ist mit dem Klageantrag Ziffer 1 unbegründet. Denn dem Beklagten stand für die angegriffenen Äußerungen des Innenministers vom 04.07.1995 im Rahmen seiner Fürsorgepflicht (dazu 2.) ein rechtfertigender sachlicher Grund zur Seite (dazu 3.).
62 
1. Die Klage ist zu Recht gegen das beklagte Land und nicht gegen dessen seinerzeitigen Innenminister persönlich gerichtet (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.01.1987, BVerwGE 75, 354 und vom 29.06.1995, a.a.O. S. 58). Die von der Klägerin angegriffene Pressemitteilung ist eine solche des Dienstvorgesetzten (§ 4 Abs. 2 Satz 1 LBG) und damit dem beklagten Land als Dienstherrn der Klägerin zuzurechnen. Der Minister hat sich insoweit hoheitlich in seiner Funktion als Innenminister zu seinem Geschäftsbereich zugehörigen Fragen geäußert.
63 
2. Während die Grundlage für die Forderung eines Bürgers gegenüber einem Träger öffentlicher Gewalt, bestimmte Äußerungen zu unterlassen oder zu widerrufen, im Allgemeinen entweder unmittelbar aus den Grundrechten hergeleitet (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.07.1985 - 14 S 942/85 -, NJW 1986, 340) oder in einer Analogie zu § 1004 BGB gesehen wird (Bayer. VGH, Urteil vom 10.10.1984, NVwZ 1986, 327; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08.12.1982, NJW 1983, 2402), bietet im Verhältnis des Beamten zu seinem Dienstherrn die Fürsorgepflicht einen spezielleren Maßstab (vgl. insoweit BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O.; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 03.07.1995, ). Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist § 98 des Landesbeamtengesetzes - LBG -, der auch für Beamte auf Zeit gilt, zu denen die Klägerin gehörte (vgl. §§ 130 Abs. 1 LBG, 22 Abs. 1 Satz 3 LDSG i.d.F. vom 27.05.1991). Danach hat der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl des Beamten und seiner Familie, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Diese umfassende Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten (vgl. auch § 48 BRRG und § 79 BBG) bildet die Entsprechung zur ebenso umfassenden Treuepflicht des Beamten gegenüber dem Dienstherrn und zählt - wie diese - zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 15.12.1976, BVerfGE 43, 154, vom 11.10.1977, BVerfGE 46, 97 und vom 13.11.1990, BVerfGE 83, 89; BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1980, Buchholz 237.9 § 93 Nr. 1). Sie umfasst die in § 98 Satz 2 LBG ausdrücklich ausgesprochene Verpflichtung, den Beamten bei seiner amtlichen Tätigkeit und in seiner Stellung als Beamter zu schützen. Dazu gehört es, den Beamten gegen unberechtigte Vorwürfe in Schutz zu nehmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.12.1976, a.a.O.; Urteil des Senats vom 30.03.1982 - 4 S 118/80 -). Hieraus ergibt sich auch ein Anspruch auf Wahrung der Ehre des Beamten, aufgrund dessen der Dienstherr verpflichtet ist, ehrverletzende Angriffe zu unterlassen. Insoweit ist es dem Dienstherrn verboten, den Beamten durch Kritik an seiner Amtsführung gegenüber Dritten ohne rechtfertigenden sachlichen Grund bloßzustellen. Das gilt sowohl für nachteilige Tatsachenbehauptungen als auch für missbilligende Werturteile (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 59; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 03.07.1995, a.a.O.; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24.09.1990, ZBR 1991, 155; Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1974, ZBR 1974, 261; Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, BBG, Stand: März 2004, Band 1, § 79, RdNr. 19a; Fürst/Finger/Mühl/Niedermaier, GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Band 1, Teil 2b, K § 79, RdNr. 28; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Aufl., RdNrn. 388 ff.). Hat der Dienstherr gegen diese Grundsätze verstoßen, kann der Beamte als Erfüllung der noch möglichen Fürsorge beanspruchen, dass der Dienstherr die Ansehensbeeinträchtigung für die Zukunft durch eine geeignete, nach Form und Adressatenkreis der beeinträchtigenden Äußerung möglichst entsprechende Erklärung ausräumt (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 63).
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Bei der Abgrenzung zwischen zulässiger und unzulässiger Kritik des Dienstherrn gegenüber Dritten ist davon auszugehen, dass der Dienstherr einerseits durch die Dienstaufsicht und fachliche Weisungen der Dienstvorgesetzten und sonstigen Vorgesetzten die Amtsführung seiner Beamten steuert und andererseits für diese Amtsführung nach außen, gegebenenfalls auch gegenüber der Öffentlichkeit, verantwortlich ist. Weder dem Beamten noch dem Vorgesetzten steht es zu, über die Amtsführung des Beamten einen nach außen getragenen Meinungskampf gegeneinander zu führen. Dementsprechend haben das Bundesverwaltungsgericht und die Disziplinargerichte der Länder in ständiger Rechtsprechung eine "Flucht des Beamten in die Öffentlichkeit" im Falle innerdienstlicher Meinungsverschiedenheiten mit Vorgesetzten als Verstoß gegen die dem Dienstherrn geschuldete Loyalität und gegebenenfalls gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit gewertet (vgl. BVerwG, Urteile vom 27.04.1983, BVerwGE 76, 76 m.w.N., vom 06.04.1989, BVerwGE 81, 365 und vom 29.06.1995, a.a.O. S. 60; ebenso für Soldaten BVerwG, Beschluss vom 10.10.1989, BVerwGE 86, 188). Für den Dienstvorgesetzten, der gegenüber dem Beamten den Dienstherrn repräsentiert, gilt Entsprechendes. Denn der Dienstvorgesetzte ist rechtlich in der Lage, seine Vorstellungen über die Amtsführung der ihm nachgeordneten Beamten durch Weisungen durchzusetzen. Auch würde ein nach außen getragener Meinungskampf mit ungleichen Waffen geführt, weil einerseits der Dienstvorgesetzte, insbesondere ein Minister, im allgemeinen erheblich wirkungsvollere Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit hat und andererseits der Beamte in der Regel durch die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit gehindert ist, von sich aus nähere innerdienstliche Umstände  bekannt  zu  geben,  die  er  zur  Rechtfertigung seines Verhaltens oder seiner Meinung heranziehen will (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 60; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 25.11.1982,  NJW 1983, 2343).
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Dem Verwaltungsgericht kann nicht in seiner Auffassung gefolgt werden, diese Maßstäbe würden durch das Presserecht modifiziert, weil bei der Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und dem Beklagten eine Ebene der Gleichordnung bestanden und die Klägerin sich insoweit auf einen Meinungskampf mit ihrem Dienstherrn eingelassen habe. Dem Beamtenrecht ist eine derartige Modifikation fremd. Bei Eintritt einer Störung der vorliegenden Art unterliegt es nicht der Disposition der Beteiligten, durch die Art und Weise einer entsprechenden Äußerung und durch die Mobilisierung der Öffentlichkeit sich der Rechte und Pflichten, die das Beamtenrecht vorgibt, zu entledigen. Es besteht weder Raum noch ein Bedürfnis, von den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen abzurücken, nach denen es dem Beamten verwehrt ist, interne Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen nach außen zu tragen, und der Dienstherr den Beamten gegenüber Dritten nicht ohne rechtfertigenden sachlichen Grund bloßstellen darf (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a. a. O. S. 59 f.). Sie lassen es nicht zu, dass etwa schon dadurch eine Gleichordnung hergestellt wird, dass sowohl der Beamte als auch der Dienstherr die Presse als Austragungsort der Meinungsverschiedenheit wählen. Die Klägerin und der Beklagte standen einander auch nicht wegen der Unabhängigkeit der Klägerin gleichgeordnet gegenüber.  Denn auch wenn die Klägerin in ihrer Funktion als Landesbeauftragte für den Datenschutz „in Ausübung ihres Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen“ war (§ 22 Abs. 2 LDSG 1991) und kraft ihres Amtes auch regelmäßig Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verrichten durfte und verrichtete, unterstand sie zugleich der Dienstaufsicht des Innenministeriums, „soweit ihre Unabhängigkeit dadurch nicht beeinträchtigt“ wurde (§ 22 Abs. 3 LDSG 1991). Daher durfte ihr der Innenminister - mit der gegebenen Einschränkung - Weisungen erteilen und auf diese Art seine Vorstellungen durchsetzen. Auf der anderen Seite unterlag die Klägerin zwar nicht auf dem Gebiet der Datenschutzkontrolle, wohl aber in ihren sonstigen Funktionen den beamtenrechtlichen Bindungen, also auch - was im vorliegenden Streitfall zum Tragen kommt und worauf noch zurückzukommen ist - in ihrer Eigenschaft als Führungskraft und Vorgesetzte der Mitarbeiter ihres Amtes. Dementsprechend richten sich zum einen die Maßstäbe, die an die angegriffenen Äußerungen des Innenministeriums einerseits und an das damit zusammenhängende Verhalten der Klägerin andererseits anzulegen sind, nicht nach den großzügigen Regeln des öffentlichen Meinungskampfes zwischen Gleichgeordneten, sondern nach den engeren Grundsätzen des Beamtenrechts; zum anderen tritt entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auch weder die beamtenrechtliche Verschwiegenheitspflicht zurück noch wird der Dienstherr kraft Verzichts des Beamten auf bestimmte beamtenrechtliche Positionen von seinen entsprechenden Dienstherrnpflichten befreit.
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Im Übrigen erfasst das Presserecht einen anderen Anwendungsbereich, weshalb auch aus diesem Grunde für eine Modifikation des beamtenrechtlichen Fürsorge- und Treueverhältnisses durch Presserecht keine Grundlage ersichtlich ist. So versteht man unter „Presserecht im weiteren Sinn“ alle für die Presse geltenden Rechtsnormen, während sich „Presserecht im engeren Sinn“ als das für die Presse wegen ihrer geistigen Wirkungskraft geltende Sonderrecht definieren lässt. Damit sind nur die pressespezifischen Normen gemeint, die die Rechtsverhältnisse der Presse gerade im Blick auf ihre Eigenart und ihren außergewöhnlichen geistigen und politischen Einfluss regeln (Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 4. Auflage, 1. Kap., RdNrn. 1 bis 4; Groß, Presserecht, 3. Auflage, AT, RdNr. 9). Jedenfalls werden sowohl unter Presserecht im weiteren wie auch unter Presserecht im engeren Sinn jeweils die maßgeblichen Vorschriften verstanden, die für die Presse gelten (Löffler/Ricker, a.a.O., 1. Kap., RdNr. 3). Am Maßstab dessen, was den Presseorganen erlaubt bzw. verboten ist, lässt sich danach aber gerade nicht eine Äußerung des Dienstherrn messen, mag sie auch öffentlich gefallen und in der Presse wiedergegeben worden sein.
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3. Diesen Maßstäben zufolge steht dem Beklagten aber im Rahmen der Fürsorgepflicht für die in der Pressemitteilung des Innenministeriums vom 04.07.1995 gemachten Äußerungen ein rechtfertigender Grund zur Seite. Der Beklagte kann sich nämlich auf den rechtlichen Gesichtspunkt der Wahrnehmung berechtigter Interessen stützen. § 193 StGB enthält insoweit einen allgemeinen Rechtsgedanken. Der rechtfertigende Grund ergibt sich dabei daraus, dass mit dem Schutzanspruch des Beamten die Pflicht des Dienstherrn konkurriert, wegen seiner Verantwortung nach außen ein Fehlverhalten eines Beamten bei Führung seiner Dienstgeschäfte als solches zu kennzeichnen und die Öffentlichkeit über Beanstandungen zu informieren (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 59). Der Dienstherr hat unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes das schutzwürdige Interesse des Beamten, nicht über Gebühr und den konkreten Anlass hinaus vor Dritten bloßgestellt zu werden, mit dem schutzwürdigen Interesse der Allgemeinheit abzuwägen, dass amtliche Vorgänge offen bzw. sachlich und - wenn Fehler gemacht worden sind - nicht floskelhaft, beschönigend oder verschleiernd dargestellt werden (Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1974, a.a.O.). Insoweit ist bei der Ausübung der Fürsorgepflicht dem Dienstherrn Ermessen eingeräumt, in dessen Rahmen er pflichtgemäß unter anderem darüber zu entscheiden hat, in welchem Umfang und wie er das Verlangen von Medien nach Auskunft in Angelegenheiten eines Beamten befriedigt (OVG des Saarlandes, Beschluss vom 03.07.1995, a.a.O.; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24.09.1990, a.a.O.), wobei im Falle der kritischen Würdigung der Amtsführung bestimmter Beamter nach außen der Einhaltung einer sachlichen, wenngleich deutlichen Form besondere Bedeutung zukommt (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 59).
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a) Hier ist dabei von besonderem Gewicht, dass die Klägerin selbst als Erste den Boden der sachlichen Diskussion und innerdienstlicher Meinungsverschiedenheiten verlassen hat, indem sie ohne aktuellen Anlass seitens des Beklagten mit ihren massiven Angriffen die „Flucht in die Öffentlichkeit“ antrat und damit ihrerseits zunächst gegen ihre beamtenrechtliche Treue- und Verschwiegenheitspflicht verstoßen hat. So äußerte sie sich in ihrer Pressekonferenz dahingehend, dass der Innenminister seit seinem Amtsantritt mit einer dreigleisigen Strategie das Ziel verfolge, sie, die lästige Kontrolle in Sachen Datenschutz, endgültig „zum Verstummen zu bringen“, er sich dabei nicht geniere, Fakten zu verdrehen und die strukturellen Defizite, die ihrem Amt anhaften würden, instrumentalisiere, um sie an die Kandare zu nehmen und in Bereiche hineinzuregieren, die eindeutig in ihre Unabhängigkeit fielen. Das Innenministerium bediene sich auch des Personalrats, die Belange der unabhängigen Datenschutzkontrolle ins Hintertreffen geraten zu lassen, wobei der Herr Innenminister beispielsweise unter dem massiven Druck des Personalrats sein gegebenes Wort gebrochen habe. Ihr werde mit Dienstaufsicht und weitergehenden Maßnahmen gedroht. Die Dienstaufsicht werde als Etikett benutzt, sie müsse dafür herhalten, dass man ihr eigentlich gern Weisungen geben wolle, dies aber nicht könne und man es darum auf diesem Wege mit der Kontrolleurin mache. Da sie nicht gespurt habe, habe man sie flugs mit den Schlagworten „Betriebsklima und Fluktuation“ attackiert, wobei das gesamte Vorgehen jegliche Fairness vermissen lasse.
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Diese in hohem Maße verwerflichen Äußerungen waren geeignet, den Innenminister in das Zwielicht des - unzulässigen - Eingriffs in die Unabhängigkeit der Landesbeauftragten für den Datenschutz zu bringen. Sie waren deshalb zugleich geeignet, die beamtenrechtliche Fürsorge und Treue des Innenministers in Zweifel zu ziehen; gleichzeitig zeichnete die Klägerin ein Bild des Innenministers, das von fehlender Beachtung der geltenden Gesetze und von mangelnder Fairness geprägt war. Sie bedeuteten außerdem, dass hinter einem angeblichen, von langer Hand geschmiedeten Komplott gegen die Klägerin der Innenminister selbst gestanden habe. All dies war geeignet, sein Ansehen und seine Eignung für das Amt des obersten Leiters der Innenverwaltung zu erschüttern.
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Demgegenüber kann der Klägerin nicht darin gefolgt werden, dass der Pressebericht vom 30.06.1995, der ihren öffentlichen Angriff auf den Innenminister unmittelbar ausgelöst hatte, von dem Beklagten lanciert gewesen wäre. Der Beklagte hat dies stets bestritten. Das Vorbringen der Klägerin erschöpft sich insoweit in Vermutungen und wenig substantiierten Behauptungen. Darüber hinaus fehlen stichhaltige Anhaltspunkte und Beweise für die Richtigkeit ihrer Behauptung. Es ist nämlich weder ersichtlich, dass der persönliche Brief des MR Dr. H. Grundlage für den Pressebericht gewesen ist, noch dass sich in der Sitzung des Ständigen Ausschusses des Landtages vom 13.07.1995 eindeutig ergeben habe, dass das Innenministerium hinter dem Pressebericht vom 30.06.1995 gestanden habe. Aus dem Protokoll der Sitzung des Ständigen Ausschusses des Landtags vom 13.07.1995, welches von der Klägerin auszugsweise vorgelegt worden ist, ergibt sich zunächst nicht, dass dem Innenminister seitens einer Abgeordneten vorgehalten worden ist, er bediene sich der Hilfe von Journalisten, um bestimmte Themen in die Presse zu lancieren. Soweit sich die Klägerin für die Richtigkeit dieser Behauptung auf allgemeine Heiterkeit des Ständigen Ausschusses auf die Angaben des Innenministers stützt, er habe mit Frau W., der Verfasserin des Presseberichts vom 30.06.1995, nicht gesprochen, diese habe von sich aus recherchiert, und den Zuruf eines Abgeordneten, es sei bekannt, wie Frau W. recherchiere, vermag der Senat einer heiteren Stimmung oder launigen Bemerkung keine Substanz oder gar Beweiskraft für die Ausführungen der Klägerin abzugewinnen. Auch für die weitere Behauptung der Klägerin, dass dem Innenminister aus der Mitte des Landtagsausschusses des weiteren vorgehalten worden sei, ob er in Zusammenhang mit dem Artikel „Mobbing in der Mini-Behörde“ auch noch den Brief des Leiters des Personalreferats, MR Dr. H., an ihn in Abrede stellen wolle, gibt das Protokoll über die Sitzung nichts her. Dort heißt es auf Seite 124 lediglich: „Abg. xxx xxx GRÜNE fragt Minister xxx, ob er sich dessen bewusst sei, dass er in seinem mündlichen Bericht immer wieder auch inhaltliche Kritik an Äußerungen von Frau xxx xxx zu Gesetzgebungsvorhaben der Landesregierung oder zum Einsatz verdeckter Ermittler geübt habe. Minister xxx legt dar, aus dem Gedächtnis könne er nicht sagen, wann ihn MR Dr. H. über die Kritik aus dem Amt von Frau xxx xxx informiert habe. Er könne dies aber nachsehen lassen und dem Ausschuss schriftlich mitteilen. MR Dr. H. habe ihm die Schwierigkeiten auch einmal in einem persönlichen Brief dargestellt.“ Ein kausaler Zusammenhang zwischen dem maßgeblichen Artikel und dem persönlichen Brief des MR Dr. H. ist danach nicht erkennbar.
71 
Der Klägerin kann auch nicht darin zugestimmt werden, dass der Beklagte deshalb als Erster an die Öffentlichkeit gegangen sei und für den Inhalt der Presseberichte vom 30.06.1995 verantwortlich zeichne, weil der Pressesprecher - wie sich dem Presseartikel vom 30.06.1995 „Schlechtes Klima im Hause xxx“ entnehmen lasse - auf Anfrage seitens der Presse erklärt habe, „das Innenministerium sehe inzwischen erhebliche Probleme, qualifizierte Mitarbeiter für die LfD zu gewinnen, es gebe in der 14-Mitarbeiter-Dienststelle deutliche Kritik am Führungsstil von Frau xxx und das Thema beschäftige sie leider seit längerer Zeit“. Zum einen geht lediglich die kurze Stellungnahme in dem Artikel „Schlechtes Klima im Hause xxx“ auf das Innenministerium zurück, nicht aber lässt sich dem weiteren Bericht  unter der Überschrift „Mobbing in der Mini-Behörde“ eine irgendwie geartete Urheberschaft des Innenministeriums entnehmen. Zum anderen waren diese kurzen und sachlichen Äußerungen von § 4 Abs. 1 LPresseG gedeckt. Danach sind Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Da die Klägerin - wie dem Artikel „Mobbing in der Mini-Behörde“ zu entnehmen ist - offenkundig auch eine Stellungnahme abgegeben hatte, was sie bislang nie in Abrede gestellt hat, kann sie sich nicht darauf berufen, der Pressesprecher hätte seinerseits keine Auskünfte geben dürfen. Die Öffentlichkeit hatte hier das Recht, von beiden Seiten eine Stellungnahme zu erhalten und nicht einseitig informiert zu werden. Deshalb konnte die Klägerin nicht Verschwiegenheit seitens des Beklagten fordern, aber ihrerseits an die Öffentlichkeit gehen, indem sie gegenüber der Presse anführte, dass „die Datenschutzkontrolle nicht beliebt sei, in der Sache könne man ihr nichts anhaben; da mache man es eben so ...“. Damit haben im Zusammenhang mit den Artikeln vom 30.06.1995 beide Seiten Angaben zu dem Thema „ Führung(sstil) der Landesdatenschutzbeauftragten“ gemacht. Diese sachliche Ebene hat die Klägerin mit ihren in der Pressekonferenz gemachten Behauptungen verlassen, indem sie eine neue Dimension schwerer Vorwürfe eröffnet hat.
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Angesichts dieser Sachlage gehen auch die Ausführungen der Klägerin zu § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 LPresseG fehl. Danach können Auskünfte verweigert werden, soweit Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 LPresseG) oder ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG). Vorschriften über die Geheimhaltung, insbesondere § 113d Abs. 2 LBG über Auskünfte aus der Personalakte, standen der kurzen Stellungnahme des Pressesprechers nicht entgegen, wobei unentschieden bleiben kann, ob diese Kurzinformation überhaupt Teile der materiellen Personalakte der Klägerin zum Inhalt hat. Denn die knappe Bestätigung enthielt keine Informationen, die nicht bereits seit dem Zeitungsbericht vom 24.12.1993 in der Öffentlichkeit bekannt gewesen wären, wobei auch der Behauptung der Klägerin in diesem Punkt nicht gefolgt werden kann, das Innenministerium habe damals (24.12.1993) Mitarbeitern derartige Äußerungen in den Mund gelegt. Diese Behauptung, zu deren Beweis sich die Klägerin lediglich auf von ihr selbst verfasste Zitate aus dem Schriftverkehr mit den verantwortlichen Chefredakteuren beruft (vgl. insoweit Gegenäußerung der Klägerin vom 31.10.1995 zum Bericht von Innenminister xxxxxxx vom 15.09.1995, Anlage 4, S. 5), ist unsubstantiiert, im Übrigen lässt sich den Zitaten der von der Klägerin beigemessene Aussagegehalt nicht entnehmen.
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Ferner kann der Klägerin in ihren Ausführungen nicht beigepflichtet werden, der Beklagte sei deshalb als Erster an die Öffentlichkeit gegangen, weil die in dem Bericht „Mobbing in der Mini-Behörde“ gemachten Äußerungen von Mitarbeitern des Beklagten stammten, die diesem als eigene Äußerungen zuzurechnen seien. Zwar kommt - wie bereits oben dargelegt - in Fällen des Widerrufs ehrkränkender Äußerungen als Verpflichteter grundsätzlich allein der Dienstherr in Betracht, dessen hoheitliche Aufgaben mit der streitigen Äußerung wahrgenommen wurden und nicht der einzelne Amtsträger (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.01.1987, a.a.O. und vom 27.12.1967, ZBR 1968, 230; BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 19.12.1960, BGHZ 34, 99). Eine Ausnahme von diesem Regelfall ist jedoch wegen der besonderen Eigenart der Ehrkränkung dann anzuerkennen, wenn der Amtsträger gelegentlich der Wahrnehmung hoheitlicher Pflichten nach Form und Inhalt über die Erfüllung seiner Aufgaben hinausgehende, insoweit ihm persönlich zuzurechnende Äußerungen getan hat. Dann besteht gegen ihn ein (privatrechtlicher) Widerrufsanspruch (BVerwG, Urteil vom 29.01.1987, a.a.O.; BGH, Beschluss vom 19.12.1960, a.a.O.; Schnellenbach, a.a.O., RdNr. 388). Ist demnach ein von einem Beamten erhobener Vorwurf so sehr Ausdruck einer persönlichen Meinung oder Einstellung, dass wegen dieses persönlichen Gepräges der Ehrkränkung die Widerrufserklärung eine unvertretbare persönliche Leistung des Beamten darstellt mit der Folge, dass der Streit um die Rücknahme des Vorwurfs mit seinem durch persönliche Momente geprägten Charakter zwischen dem Beleidigten und dem Beleidiger ausgetragen wird, ist eine solche Äußerung dem Dienstherrn auch nicht zurechenbar. Dies trifft gerade auf die in dem Zeitungsbericht wiedergegebenen Äußerungen von Mitarbeitern der Klägerin zu, wenn insbesondere davon die Rede ist, die Klägerin mache alles nieder, für den Umgang mit ihr falle die Vokabel „menschenverachtend“ ein und man sei chancenlos, wenn man eine andere Meinung vorzutragen versuche.
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Ebenso wenig kann der Behauptung der Klägerin gefolgt werden, Mitarbeiter hätten derartige Äußerungen nie getan, hätten sie nicht Rückendeckung seitens des Innenministeriums gehabt. Konkrete Anhaltspunkte, die diese These der Klägerin stützen könnten, sind nicht ersichtlich.
75 
Entgegen der Auffassung der Klägerin stand sie weder ohne jeden Schutz ihres Dienstherrn da noch war sie ihrerseits nach § 4 Abs. 1 LPresseG verpflichtet, der Presse Auskunft auf deren Fragen zu geben. Sie verkennt dabei, dass sie mit den Aussagen auf ihrer Pressekonferenz gegen ihre Pflicht zur Loyalität gegenüber ihrem Dienstherrn und zur Wahrung von Vertraulichkeit in internen Dienstangelegenheiten verstoßen hat und diese Äußerungen und Vorwürfe gegen den Innenminister gerade nicht den Bereich betrafen, auf den sich ihre Unabhängigkeit als Datenschutzkontrolleurin bezog und in dem sie Öffentlichkeitsarbeit hat verrichten dürfen. Dem Beamten ist der Gang an die Öffentlichkeit auch als ultima ratio nicht erlaubt. So ist die in der Publizierung von internen Verwaltungsvorgängen liegende „Flucht in die Öffentlichkeit“ stets als Pflichtverletzung gewertet und entsprechend disziplinar geahndet worden (st. Rspr.: vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.1983, a.a.O., m.w.N.). Ungeachtet dessen hat die Klägerin aber auch nicht von anderen Mitteln, die sie zum Ziel hätten führen können, Gebrauch gemacht. Sie hat sich der Pflicht, sich der Beteiligung der Öffentlichkeit an einer innerdienstlichen Meinungsbildung zu enthalten, auch nicht etwa dadurch entledigt, dass sie in der Vergangenheit den Innenminister intern vergeblich aufgefordert hatte, konkrete Vorfälle und die einzelnen Mitarbeiter, die sich über ihren „Führungsstil“ beschwert hätten, zu benennen. Denn zum einen war das Bemühen des Innenministeriums um ein gemeinsames Gespräch zur Klärung der Probleme ersichtlich davon geprägt, dass sich die Klägerin regelmäßig - angefangen im Jahr 1994 und später vor allem im April/Mai 1995 - mit dem in diesem Punkt unzutreffenden Hinweis auf ihre Unabhängigkeit geweigert hat, Gespräche über die Lage in ihrer Behörde zu führen. Dabei ist davon auszugehen, dass zwar die sachliche Unabhängigkeit eine Fachaufsicht gegenüber den Datenschutzbeauftragten ausschließt, die Amtsführung des Datenschutzbeauftragten unterliegt jedoch insoweit der Dienstaufsicht, als es um die Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs und die äußere Form der Erledigung der Amtsgeschäfte oder um solche Fragen geht, die dem eigentlichen Aufgabenbereich des Datenschutzbeauftragten so weit entrückt sind, dass sie nur noch als zur äußeren Organisation gehörig anzusehen sind. Zu Letzterem zählen Fragen der Personalführung und des Personalmanagements (vgl. Wippermann, Zur Frage der Unabhängigkeit der Datenschutzbeauftragten, DÖV 1994, Seite 929, 933; ähnlich Simitis, Kommentar zum BDSG, 5. Aufl., § 22, RdNr. 17, wonach eine Dienstaufsicht nur in eingeschränkter Form stattfindet; Gola/Schomerus, BDSG, Kommentar, 7. Aufl., § 22, RdNr. 10, wonach die Unabhängigkeit funktionell sei und sich auf die „Ausübung seines Amtes“ beziehe). Auch das Gespräch vom 10.05.1995 führte die Klägerin nach eigenem Bekunden nur, um dem Innenminister persönlich zu sagen, dass sie erwarte, dass die fortlaufenden Einmischungen des Innenministeriums in Angelegenheiten ihres Amtes aufhören. Danach kann von ernsthaften und vergeblichen Versuchen der innerdienstlichen Problemlösung durch die Klägerin nicht gesprochen werden. Zum anderen betrafen die in der Pressekonferenz von der Klägerin gegen den Innenminister gemachten Vorwürfe der Intrige und einer „Strategie, sie zum Verstummen zu bringen“ einen anderen Komplex als die Fragen um ihren Führungsstil. Außerdem hat die Klägerin nach Erscheinen der Presseberichte vom 30.06.1995 nicht einmal versucht, den Beklagten um Schutz zu ersuchen (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 18.02.1970, BVerfGE 28, 55; BVerwG, Urteil vom 27.04.1983, a.a.O.; BVerwG, Beschluss vom 10.10.1989, BVerwGE 86, 188).
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Die Klägerin kann sich, was die von ihr erhobenen Vorwürfe gegen den Innenminister betrifft, auch nicht auf § 4 Abs. 1 LPresseG berufen. Aufgrund dieser Bestimmung wäre sie allenfalls dazu befugt gewesen, zu den in den Presseberichten vom 30.06.1995 erhobenen Vorwürfen von Mitarbeitern Stellung zu nehmen und bezogen auf diese Vorwürfe Angaben zu machen. Indem sie - unter der Überschrift „Datenschutz“ - eine angebliche „Strategie des Innenministeriums, sie zum Verstummen zu bringen“ unterbreitete, hat sie die Informationspflicht aus § 4 Abs. 1 LPresseG bei weitem überspannt, denn dies hatte nichts mehr mit den Presseberichten vom 30.06.1995 zu tun.
77 
b) Ist damit davon auszugehen, dass der Pressekonferenz der Klägerin kein aktueller Anlass oder gar eine „Provokation“ seitens des Dienstherrn vorausging, sie vielmehr als Erste die „Flucht in die Öffentlichkeit“ antrat, um dort Rückhalt zu finden, war das Vorgehen des Beklagten gerechtfertigt. Unter diesen Umständen stand es nämlich im pflichtgemäßen Ermessen des Innenministers, auf den öffentlichen Angriff der Klägerin in der Pressekonferenz vom 04.07.1995 in der gewählten öffentlichen Form sachlich Stellung zu nehmen und seine Kritik nach außen zu tragen, was zwangsläufig auch mit einer Bewertung ihrer insoweit gemachten Äußerungen und ihrem Verhalten verbunden war. Denn die Behauptungen der Klägerin auf ihrer Pressekonferenz waren - wie oben bereits im Einzelnen dargelegt - geeignet, das Ansehen des Innenministers und seine Eignung für sein Amt zu erschüttern.
78 
Dem stehen die Äußerungen des Innenministers als geeignet, erforderlich und angemessen und somit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechend gegenüber. Dabei kann der Klägerin nicht zugestimmt werden, dass kein Sachzusammenhang zwischen dem Inhalt der Pressemitteilung des Beklagten und ihrer Pressekonferenz vorliege. Dieser Sachzusammenhang erschließt sich dem unbefangenen Durchschnittsleser ohne weiteres schon aus der Überschrift der Pressemitteilung, in der es heißt, „Das Innenministerium weist die Vorwürfe der Datenschutzbeauftragten als völlig abwegig zurück“. Der Bezug zur unmittelbar davor stattgefundenen Pressekonferenz der Klägerin liegt auf der Hand.
79 
Soweit der Beklagte danach die Vorwürfe der Klägerin als unqualifiziert bezeichnet, heißt das nicht, dass er die Klägerin für unqualifiziert hält, sondern dass ihr Vorwurf einer von langer Hand geplanten Intrige in seiner Gesamtheit von wenig Qualität zeugt. Dass die Klägerin mit ihrem Verhalten jedes Maß verloren hat, indem sie eine solche „Verschwörungstheorie“ angesichts der vorliegenden Tatsachen und des konkreten Verlaufs der Dinge aufstellt, bedarf keiner näheren Begründung.
80 
Da die Klägerin in ihrer Pressekonferenz vom 04.07.1995 selbst den Bogen von den in dem Zeitungsbericht vom 30.06.1995 angesprochenen „Führungsproblemen“ zu einer Intrige seitens des Innenministeriums, um sie „loszuwerden“, gespannt hat - wie sich vor allem ihren Antworten auf einzelne Fragen seitens der Journalisten entnehmen lässt -, hat der Beklagte mit dem Satz „Es handelt sich um den untauglichen Versuch, von ihren eigenen Führungsproblemen abzulenken zu Lasten des Innenministeriums“ lediglich den von der Klägerin hergestellten Zusammenhang aufgegriffen und - wenngleich in scharfer, aber doch noch sachlicher Form - zurückgewiesen.
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82 
Auch wenn der Satz „Tatsache ist, das sich aus der Landesverwaltung niemand mehr auf freie Stellen der Landesbeauftragten für den Datenschutz Baden-Württemberg bewirbt“ in dieser Absolutheit so nicht richtig ist, da sich zumindest ein Beamter aus der Landesverwaltung (Finanzverwaltung) auf eine Stelle bei der Klägerin beworben hatte, wird die Klägerin mit diesem Satz nicht in ihrer Ehre verletzt und deshalb nicht ohne rechtfertigenden sachlichen Grund bloßgestellt. Dieser Satz ist nämlich im Zusammenhang mit der gesamten Pressemitteilung zu sehen, vor allem aber auch mit dem nachfolgenden Satz „Das Innenministerium sieht sich gezwungen, Bewerber von außerhalb der Landesverwaltung und Berufsanfänger für ihre Dienststelle einzustellen“. Der vorangegangene Satz wird dadurch relativiert, er erklärt dessen Aussagegehalt und begründet diesen. Unter Berücksichtigung des gesamten Aussagegehalts lässt sich nicht annehmen, dass die Klägerin bloßgestellt wird.
83 
 
84 
Soweit die Klägerin dem Innenministerium öffentlich einen Eingriff in ihre Unabhängigkeit vorgeworfen hat, vermengt sie ihre sachliche Arbeit in Sachen des Datenschutzes, bei der sie unabhängig ist, mit Fragen, die mit ihrer sachlichen Arbeit nicht unmittelbar zu tun haben. Deshalb hat die Beschäftigung der Klägerin mit der Darlegung und Verbreitung einer „Strategie des Innenministers, sie zum Verstummen zu bringen“, weder etwas mit ihrer eigentlichen Arbeit als Datenschutzkontrolleurin noch etwas mit ihrer Arbeit als Behördenleiterin zu tun, weshalb die Aufforderung zur Rückkehr zu einer sachlichen Arbeit angesichts der von der Klägerin erhobenen schweren unsachlichen Vorwürfe durchaus ihre Berechtigung hatte.
85 
Schließlich kommt es auf die Frage, ob sich - wie die Klägerin behauptet - noch niemand bei ihr beschwert habe, nicht an, da Gegenstand des Widerrufsbegehren die Pressemitteilung des Innenministeriums vom 04.07.1995 und nicht die Berichterstattung in der Südwest-Presse vom 30.06.1995 ist. Ungeachtet dessen hat der Beklagte nicht behauptet, dass sich schon jemand bei der Klägerin beschwert hätte.
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Auch kann den Ausführungen der Klägerin, die Äußerungen des Beklagten in der Pressemitteilung seien schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil sie nicht zu den ihr gemachten Vorwürfen angehört worden sei und es auch an der Dokumentation der Vorwürfe fehle, nicht gefolgt werden. Dabei kann offen bleiben, ob ein Verstoß gegen die Anhörungspflicht aus § 113b LBG einen Widerruf grundsätzlich rechtfertigen könnte. § 113b LBG ist in diesem Fall nicht einschlägig, da es - was die Pressemitteilung vom 04.07.1995 betrifft - gerade nicht um die Aufnahme schriftlich niedergelegter Behauptungen in die Personalakte geht. So ist unter „Aufnahme in die Personalakte“ im Sinne des § 113b LBG die Einordnung eines Vorgangs in die Personalakte im formellen Sinn zu verstehen (vgl. zu der bundesrechtlichen Regelung des § 90b BBG: Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, a.a.O., § 90b, RdNr. 9). Da die Pressemitteilung im Übrigen eine öffentliche Reaktion auf den öffentlichen Angriff der Klägerin („Strategie“) war, wäre es mit dem Recht des Beklagten, die Öffentlichkeit ebenfalls umgehend zu informieren, nicht zu vereinbaren gewesen, wäre ihm eine solche schnelle öffentliche Erklärung im Hinblick auf die Anhörungspflicht nach § 113b LBG verwehrt gewesen. Jedenfalls verkennt die Klägerin insoweit, dass es hier nicht um die Anhörung, Aufklärung und Dokumentation zu Beschwerden ihrer Mitarbeiter, sondern um die Reaktion auf ihre gegen den Innenminister erhobenen öffentlichen Vorwürfe geht, weshalb auch ihre Ausführungen, der Beklagte habe lange vor der Pressemitteilung ausreichend Zeit gehabt, sie zu den Vorwürfen in Sachen „Führungsstil“ anzuhören, irrelevant sind. Soweit sich die Klägerin außerdem auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.10.1971 (BVerwGE 38, 336) und des Bundesgerichtshofes vom 29.11.1956 (BGHZ 22, 258) beruft, wonach einem Beamten Gelegenheit zur Äußerung zu geben ist, wenn der Dienstherr beabsichtigt, aus Tatsachen, die nicht bereits nach Anhörung des Beamten in den Personalakten vermerkt sind, dem Beamten ungünstige Schlussfolgerungen zu ziehen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 15.01.1985, BVerwGE 76, 310), geht es nicht um einen solchen Fall, da die Äußerungen in der Pressemitteilung auf die Vorwürfe der  Klägerin strikt von der Frage zu trennen sind, welche Probleme es im Hinblick auf den „Führungsstil der Klägerin“ gegeben hat. Die Pressemitteilung verhält sich insoweit nur zu den Vorwürfen, die die Klägerin gegen den Innenminister erhoben hat.
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Ungeachtet all dessen wäre dem formellen Erfordernis der Anhörung, das darin besteht, dem Beamten Gelegenheit zur Äußerung zu geben (BVerwG, Urteil vom 12.10.1971, a.a.O.; Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, a.a.O., § 90b, RdNr. 7) sogar Rechnung getragen worden - soweit es um die Anhörung zu dem Komplex „Führungsstil der Klägerin und Beschwerden“ gegangen wäre -, als es am 10.05.1995 zu einem Gespräch des Innenministers mit der Klägerin gekommen war. Denn bei diesem Gespräch kamen Probleme in der Zusammenarbeit der Klägerin mit ihren Mitarbeitern zur Sprache (vgl. auch Schreiben der Klägerin an den Innenminister vom 14.05.1995).
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III. Die Klage hat dagegen Erfolg, soweit die Klägerin mit ihrem Klageantrag Ziffer 2 von dem Beklagten den Widerruf der in den Pressespiegeln vom 28.07.1995 und 30.07.1995 verbreiteten Aussagen begehrt. Die im Rahmen der Fernsehauswertung wiedergegebenen Äußerungen von anonym gebliebenen Mitarbeitern der Klägerin aus der Fernsehsendung vom 27.07.1995 in den Pressespiegeln sind zugleich solche des Beklagten, weshalb er für den geltend gemachten Widerrufsanspruch passivlegitimiert ist (dazu 1.). Der Beklagte hat mit der Verbreitung der Aussagen aus der Fernsehsendung in den Pressespiegeln seine Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin verletzt, ohne dass ihm ein rechtfertigender Grund zur Seite stand (dazu 2.). Der Widerruf ist das geeignete Mittel, die Ansehensbeeinträchtigung auszuräumen, die Klägerin hat den Widerrufsanspruch weder verwirkt noch hat sich dieser durch Zeitablauf erledigt (dazu 3.).
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1. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Passivlegitimation des Beklagten, der den Druck und die Verbreitung der inkriminierten Aussagen durch seine Pressespiegel ermöglicht hat, bejaht. Die Passivlegitimation des Beklagten ist auch nicht dadurch eingeschränkt, dass Vorwürfe, deren Widerruf die Klägerin verlangt, in den Pressespiegeln als Zitate von Aussagen (anonymer) Dritter aus der Fernsehsendung in Südwest 3 vom 27.07.1995 wiedergegeben wurden. Zwar sind die Verfasser eines Pressespiegels nicht schon hinsichtlich jeder ehrverletzenden oder rufgefährdenden Äußerung, die in den Pressespiegeln aus Zeitungsberichten und aus dem Fernsehen wiedergegeben werden, für Ansprüche des Betroffenen passivlegitimiert. So fehlt die Passivlegitimation dann, wenn das Verbreiten lediglich Teil einer Dokumentation des Meinungsstandes ist, in welcher - gleichsam wie auf einem "Markt der Meinungen" - Äußerungen und Stellungnahmen verschiedener Seiten zusammen- und gegenübergestellt werden (vgl. im einzelnen BGH, Urteil vom 30.01.1996, BGHZ 132, 13). Auch sonst kann von jemandem, der die beanstandete Äußerung nicht selbst getan, sondern nur verbreitet oder zugelassen hat, ohne sie sich zu Eigen zu machen, in der Regel nur das Abrücken von der von einem anderen gemachten Äußerung, nicht aber ein Widerruf verlangt werden, da er selbst nichts zu widerrufen hat, und der Widerruf zudem als letzter Rechtsbehelf nur dort eingesetzt werden darf, wo dem Interesse des Betroffenen auf anderen Wegen nicht hinreichend entsprochen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 06.04.1976, BGHZ 66, 182 m.w.N.). Etwas anderes gilt aber dann, wenn sich der Verbreiter mit der Äußerung des Dritten identifiziert hat, so dass sie als seine eigene Äußerung erscheint, d.h. wenn er sich den Inhalt der fremden Äußerung erkennbar zu Eigen gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 30.01.1996, a.a.O.).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, wo im einzelnen die Grenze zwischen der Verbreitung einer „fremden“ und einer sich „zu Eigen gemachten“ Äußerungen verläuft. Jedenfalls wenn solche kritischen Äußerungen derart aus dem Gesamtzusammenhang gerissen und isoliert unter einer eigens verfassten Überschrift wiedergegeben werden, werden diese Äußerungen geradezu noch unterstrichen durch die Art der Darstellung und der verkürzten Wiedergabe. Damit wird die betreffende Fernsehsendung - nach dem maßgeblichen Verständnis des Durchschnittslesers - gerade nicht einem Spiegelbild gleich ohne Änderung wiedergegeben, weshalb der Beklagte sich auch nicht darauf berufen kann, dass die Aussagen keine „eigenen“ gewesen sind. So ist ihm auch nicht darin beizupflichten, dass er so behandelt werden müsse, als habe er lediglich die Aussagen Dritter veröffentlicht, da er dies mit der Bezeichnung „Kernaussagen ehemaliger LfD-Mitarbeiter“ deutlich gemacht habe. Der Beklagte ist nämlich in Wahrheit nicht als bloßer "Meinungsvermittler" tätig geworden, sondern hat Äußerungen von Dritten in einen von ihm selbst geschaffenen, den Leser in eine bestimmte Richtung führenden Zusammenhang gestellt, indem er die Fernsehsendung mit einer eigens geschaffenen Überschrift auf die drei Aussagen reduziert und diese damit in den Mittelpunkt gestellt hat. Gerade darin liegt eine neue - eigene - Äußerung.
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2. Der Beklagte hat seine Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin verletzt, indem er die anonym gemachten Äußerungen aus der Fernsehsendung vom 27.07.1995 aus dem Gesamtzusammenhang gerissen, sie verbreitet und dabei verschwiegen hat, dass sie aus der Anonymität heraus erfolgt sind. Durch die in den Äußerungen enthaltene massive Kritik am Führungsverhalten der Klägerin, in der diese als undifferenziert arbeitende Beamtin, die die Welt in gut und böse aufgeteilt hat, dargestellt wird, die außerdem respektlos mit ihren eigenen Mitarbeitern umgeht, wird sie ungerechtfertigt bloßgestellt und in ihrer Ehre verletzt. Die Wirkung von Äußerungen auf Dritte hängt wesentlich davon ab, ob ihr Urheber erkennbar ist oder nicht. Bei anonymen Äußerungen vermag sich der Dritte ein Bild davon zu machen, was er von der Authentizität und Glaubhaftigkeit der Aussagen halten darf (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.03.1998, BVerfGE 97, 391). Wird ihm dieser Umstand vorenthalten, wird er dagegen in aller Regel geneigt sein, sie für die Wahrheit zu halten. Das Innenministerium hat der Klägerin aber nicht einmal das wegen dieser Zusammenhänge offensichtlich erforderliche und deshalb an sich selbstverständliche Mindestmaß an Schutz ihres beruflichen Ansehens angedeihen lassen. Ein rechtfertigender Grund hierfür ist nicht ersichtlich.
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3. Danach kann die Klägerin als Teil des ihr im Rahmen der Fürsorgepflicht geschuldeten Schutzes beanspruchen, dass der Beklagte die Ansehensbeeinträchtigung nicht fortbestehen lässt, sondern sie durch eine geeignete, nach Form und Adressatenkreis der beeinträchtigenden Äußerung möglichst entsprechenden Erklärung ausräumt (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 63). Der Widerruf der in den Pressespiegeln gemachten eigenen Äußerungen des Beklagen ist dabei ein notwendiges und geeignetes Mittel. Der Form und dem Inhalt nach ist ein Widerruf in zwei Pressespiegeln des Beklagten erforderlich, die nach dem üblichen Verteiler zu versenden sind.
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Auf die Unterscheidung, ob es sich bei den Aussagen um unwahre Tatsachenbehauptungen oder missbilligende Werturteile handelt, kommt es dabei nicht an. Denn die Fürsorgepflicht des Dienstherrn verbietet es - wie oben bereits ausgeführt -, den Beamten durch Kritik an seiner Amtsführung gegenüber Dritten ohne rechtfertigenden sachlichen Grund bloßzustellen, was sowohl für Tatsachenbehauptungen als auch für Werturteile gilt (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 59). So können die für das Zivilrecht erarbeiteten Grundsätze, wonach nur unrichtige Tatsachenbehauptungen Gegenstand eines negatorischen Widerrufsanspruchs sein können und Werturteile sowohl in schadensrechtlicher wie negatorischer Hinsicht nicht widerrufbar sind, dann nicht Platz greifen, wenn die abwertende bzw. ehrenrührige Erklärung nicht die höchstpersönliche Äußerung eines Privatmanns darstellt, sondern als Organerklärung einer Körperschaft zuzuschreiben ist. Hier steht dem in dem Widerruf zum Ausdruck kommenden Anspruch auf Beseitigung einer persönlichkeitsbeeinträchtigenden Schädigung kein rechtlich beachtliches Interesse der verklagten Körperschaft entgegen, das die mit Widerruf verbundene „Abbitte“ unzumutbar erscheinen ließe (Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1974, a.a.O.).
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Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ihr Recht auf Widerruf verwirkt hätte. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.01.1992, NVwZ 1992, 974). Daran fehlt es schon deshalb, weil die Klägerin bereits im Jahre 1995 einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt hatte, um überhaupt die im Streit stehenden Ansprüche auf Widerruf geltend machen zu können. Ihr Akteneinsichtsbegehren hat sie dabei gerichtlich durchsetzen müssen (vgl. Urteil des Senats vom 18.07.2001 - 4 S 2899/99 -).
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Entgegen der Auffassung des Beklagten hat sich der Widerrufsanspruch auch nicht durch Zeitablauf erledigt, weil seit der Veröffentlichung der Pressespiegel mittlerweile fast neun Jahre vergangen sind. Zwar muss - wie bereits oben dargelegt - der Widerruf zur Folgenbeseitigung geeignet sein, was nur dann der Fall ist, wenn die Beeinträchtigung anhält (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.1994, NJW 1995, 861; Löffler/Ricker, a.a.O., 44. Kap., RdNr. 22 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dabei wird die Auffassung vertreten, dass eine Äußerung durch Zeitablauf nach mehr als zweieinhalb bis drei Jahren in Vergessenheit gerät (Löffler/Ricker, a.a.O., 44. Kap., RdNr. 22). Dem insoweit von der Literatur zur Begründung dieser Auffassung zitierten Urteil des Bundesgerichtshofes vom 15.11.1994 (a.a.O.) lässt sich eine solche Aussage aber gar nicht entnehmen, insbesondere wird darin keine zeitliche Obergrenze genannt, ab wann ein Widerrufsanspruch wegen Zeitablauf mangels fortwirkender Beeinträchtigung der Persönlichkeit nicht mehr geeignet und erforderlich ist. Dort ist nur ausgeführt, dass ein seit der Veröffentlichung verstrichener Zeitraum von mehr als zwei Jahren nicht ausreichend ist, um den unwahren Behauptungen über die betreffende Person in einer auflagenstarken Zeitung die für sie verletzende Wirkung zu nehmen.  Ob diese Rechtsprechung, die zu zivilrechtlichen Widerrufsansprüchen gegen die Presse ergangen ist, außerdem auch in Fällen der Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht anzuwenden ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn jedenfalls reicht der Zeitraum nicht aus, der Verbreitung der anonymen Aussagen durch den Dienstherrn die für die Klägerin verletzende Wirkung zu nehmen, zumal die Klägerin als Datenschutzbeauftragte eine in der Öffentlichkeit stehende Person war und ihre damalige öffentliches Aufsehen erregende Auseinandersetzung mit dem Innenminister auch heute noch vielen in Erinnerung sein dürfte. Das Bestehen eines Interesses der Öffentlichkeit an der Person der Klägerin hat sich überdies aufgrund des regen Medieninteresses anlässlich der mündlichen Verhandlung dieser Verwaltungsrechtssache eindrucksvoll bestätigt.
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Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob ein Widerrufsanspruch zur Folgenbeseitigung noch geeignet ist, regelmäßig in dem umgekehrten Fall, in dem die Zubilligung einer Geldentschädigung begehrt wird. Denn ein Anspruch auf Geldentschädigung kommt nur in Betracht, wenn der Widerruf keinen hinreichenden Ausgleich für die Rechtsbeeinträchtigung erreicht, was dann zu bejahen ist, wenn der Verletzer den begehrten Widerruf verweigert, so dass ihn der Verletzte erst spät aufgrund gerichtlicher Entscheidung erlangt (BGH, Urteile vom 26. Januar 1971, NJW 1971, 698, 699 und vom 06.04.1976, a.a.O., m.w.N.). Hier begehrt die Klägerin jedoch keine Geldentschädigung, sondern ein „Weniger“, nämlich den Widerruf. Damit kommt ihr - da die ehrverletzende Äußerung anhält - ausreichend Genugtuung zu.
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IV. Die Klageanträge Ziffer 3 und 4 sind insoweit begründet, als die Klägerin jeweils den Widerruf der Sätze „Dem obersten Dienstherrn haben einige Beschäftigte von „menschenunwürdiger Behandlung durch Frau xxx xxx“ berichtet“ verlangen kann. Im Übrigen stand dem Beklagten nach den oben dargelegten Maßstäben für die außerdem in den Schreiben vom 08.08.1995 an die Humanistische Union und die Telefonseelsorge Nordschwarzwald abgegebenen Äußerungen im Rahmen der Fürsorgepflicht ein rechtfertigender sachlicher Grund zur Seite.
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Bei der Beurteilung dessen, ob die Ausführungen des Beklagten in den Schreiben gerechtfertigt sind, ist maßgeblich, dass die an den Innenminister gerichteten Protestschreiben der Humanistischen Union vom 06.07.1995 und der Telefonseelsorge Nordschwarzwald vom 05.07.1995 Ausfluss der öffentlichen Reaktion der Angriffe der Klägerin in ihrer Pressekonferenz vom 04.07.1995 gewesen sind. Das Ziel der Klägerin war dabei offenkundig, mit ihren öffentlichen Vorwürfen gegen den Beklagten Druck auf diesen zu erzeugen und Rückhalt von Dritten zu erlangen.
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Gemessen daran ist das Vorgehen und die inhaltliche Stellungnahme des Beklagten in seinen Antwortschreiben mit Ausnahme des Satzes über die Berichte von „menschenunwürdigen Behandlungen“ gerechtfertigt. Es stand im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten, in der gewählten Form Stellung zu nehmen, wobei die Schreiben dazu dienten, die von der Humanistischen Union und der Telefonseelsorge Nordschwarzwald geäußerte Kritik am Verhalten des Innenministers zu beantworten und die kritischen Äußerungen zum Führungsstil der Klägerin seitens des Innenministers zu rechtfertigen. Die Ausführungen waren verhältnismäßig, insbesondere angemessen in bezug auf die zuvor von der Klägerin öffentlich erhobenen Vorwürfe gegen den Innenminister. Der Beklagte greift auch hier den bereits von der Klägerin gespannten Bogen des „Führungsstils“ auf, indem er ausführt, dass sich die Kritik nie gegen die Arbeit der Klägerin gerichtet habe, sondern ausschließlich gegen den Führungsstil, über den sich zahlreiche Mitarbeiter beschwert hätten. Es ist die Rechtfertigung dessen, dass - entgegen den Vorwürfen der Klägerin - das Tätigwerden des Innenministers keinen Eingriff in deren Unabhängigkeit darstellt, sondern davon zu trennen ist. Indem ausgeführt wird, dass dem Innenminister als oberstem Dienstherrn die Probleme seiner Mitarbeiter nicht egal sein dürften, wird eine Selbstverständlichkeit formuliert, dass nämlich die Fürsorgepflicht auch gegenüber den Mitarbeitern der Klägerin besteht. Danach erklärt und verteidigt das Innenministerium sein Tätigwerden, indem es darauf verweist, dass angesichts der von Mitarbeitern erhobenen zahlreichen Beschwerden eine Aufklärung dringend erforderlich war, weshalb es den Vorwürfen nachgehen musste. Unter Berücksichtigung des gesamten Aussagegehalts der Schreiben ist angesichts der schweren Vorwürfe der Klägerin gegen den Innenminister danach davon auszugehen, dass die Äußerungen sachlich gerechtfertigt waren.
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Dem kann die Klägerin nicht entgegenhalten, dass wegen Verstoßes gegen die Anhörungspflicht gem. § 113b LBG der Rechtfertigungsgrund entfiele. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit zunächst auf die oben gemachten Darlegungen verwiesen. Obwohl § 113b LBG auch hier nicht einschlägig ist, da es nicht um die Aufnahme der Antwortschreiben in die formelle Personalakte der Klägerin geht, wurde der Klägerin aber auch bereits im Gespräch vom 10.05.1995 Gelegenheit zur Äußerung zu dem Komplex „Beschwerden von Mitarbeitern“ gegeben, weshalb insoweit das formelle Erfordernis der Anhörung erfüllt wurde.
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Anders verhält es sich jedoch mit dem Satz „Einige Beschäftigte hätten ihm von „menschenunwürdiger Behandlung durch Frau xxx xxx“ berichtet“. Dieser Satz trägt nicht mehr den Charakter einer unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stehenden Entgegnung und Verteidigung auf die öffentlichen schweren Vorwürfe der Klägerin. Hierzu bestand nach Lage des Falles kein berechtigter Anlass, selbst wenn man dem Beklagten einräumt, dass er einem Auskunftsverlangen des Bürgers umfassend, deutlich und ohne Beschönigung Rechnung tragen darf. Zwar hat die Klägerin durch den Gebrauch bestimmter Formulierungen in ihrer Pressekonferenz die Ehre und das Ansehen des Innenministers beeinträchtigt, der Dienstherr hat sich aber - aus den dargelegten Gründen - dann der Wiedergabe einer Formulierung gegenüber Dritten zu enthalten, wenn diese im Rahmen einer anonymen Aussage gemacht wurde. Im Hinblick auf die leitende Position der Klägerin musste sie dies als besonders herabsetzend empfinden. Deshalb lässt sich die Äußerung auch nicht mit der Begründung verteidigen, dass sie von einem berechtigten Interesse des Bürgers an ungeschminkter Stellungnahme der Aufsichtsbehörde zu dienstlichen Vorgängen gedeckt würde. Dem aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht erwachsenden Anspruch der Klägerin darauf, von dem Dienstvorgesetzten gegenüber Dritten nicht bloßgestellt zu werden, steht somit kein die missbilligende Äußerung des Innenministers rechtfertigender Grund entgegen.
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Der auf Widerruf der Missbilligung gerichtete Anspruch scheitert auch nicht daran, dass der Widerrufsanspruch im Zivilrecht auf die Richtigstellung falscher Tatsachenbehauptungen beschränkt ist, der die Klägerin beeinträchtigende Satz aber in seinem Kern ein Werturteil enthält. Wie oben bereits dargelegt, gelten diese Grundsätze nicht in Verfahren der vorliegenden Art, in denen es um den Widerruf wegen Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht geht.
103 
V. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.
104 
1. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben, soweit sich der Beklagte gegen den Widerruf der in den Pressespiegeln als Aussage 2 bezeichneten Äußerung wendet. Insoweit wird zur Begründung auf das unter Abschnitt III. Gesagte verwiesen.
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2. Auch soweit das Verwaltungsgericht den Beklagten zum Widerruf der Äußerungen in dem Leserbrief vom 10.01.1996 verurteilt hat, ist die Berufung des Beklagten unbegründet.
106 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Passivlegitimation des Beklagten bejaht. Dabei kann dem Beklagten nicht gefolgt werden, wenn er ausführt, der Leserbrief sei keine Erklärung des Innenministeriums und diesem nicht zuzurechnen. Zwar stammt der Leserbrief von H. Z., dieser hat sich aber ersichtlich nicht als Privatperson, sondern in seiner Funktion als Pressesprecher des Innenministeriums geäußert. Dies ergibt sich schon aus der äußeren Form des Leserbriefes, wonach dieser nicht allein mit dem Namen des Verfassers unterzeichnet war, sondern außerdem den Zusatz Pressesprecher, Innenministerium Baden-Württemberg und die Dienstanschrift enthielt. Damit ist der Leserbrief dem beklagten Land als Dienstherrn zuzurechnen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.01.1987, a.a.O.).
107 
Der Beklagte hat seine Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin verletzt, indem er ein weiteres Mal eine anonym gemachte Äußerung aus einer Fernsehsendung wiedergegeben, dabei die Anonymität der Äußerung verschwiegen und diese verbreitet hat. Auch insoweit hätte es - wie oben bereits ausgeführt - dem Dienstherrn kraft seiner Fürsorgepflicht oblegen, sich der Verbreitung anonym getätigter Äußerungen Dritter über eine Beamtin zu enthalten, wenn er dem davor nicht bis ins Detail nachgegangen ist und keine Aufklärung herbeigeführt hat. Angesichts seiner Fürsorgepflicht war der Beklagte in besonderem Maße zu sorgfältigem Vorgehen verpflichtet. Mit den verbreiteten Äußerungen wird die Klägerin ohne rechtfertigenden Grund bloßgestellt und in ihrer Ehre verletzt, wobei auch insoweit auf die obigen Ausführungen unter Abschnitt III. verwiesen wird. Zwar hat die Klägerin im Zusammenhang mit der Vorstellung ihres letzten Tätigkeitsberichts im Dezember 1995 den Innenminister mit der Äußerung „Macht ging vor Anstand und vor Respekt gegenüber Amt und Person“ erneut angegriffen, dies rechtfertigt die in dem Leserbrief gemachten Äußerungen indes bei weitem nicht, wobei es auch insoweit bei der Frage, ob der Dienstherr seine Fürsorgepflicht verletzt hat, nicht auf die Unterscheidung zwischen unwahren Tatsachenbehauptungen oder missbilligenden Werturteilen ankommt und es deshalb dahinstehen kann, ob die gemachten Äußerungen zutreffend gewesen sind.
108 
Die Klägerin kann als Teil des ihr im Rahmen der Fürsorgepflicht geschuldeten Schutzes beanspruchen, dass der Beklagte die Ansehensbeeinträchtigung nicht fortbestehen lässt, sondern sie durch eine geeignete, nach Form und Adressatenkreis der beeinträchtigenden Äußerung möglichst entsprechenden Erklärung ausräumt (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 63). Der Widerruf der entsprechenden Passage in dem Leserbrief ist dabei das geeignete Mittel.
109 
Soweit der Beklagte ausführt, ein Widerruf komme nach der langen Zeit nicht mehr in Betracht, ist dem - aus den oben dargelegten Gründen - nicht zu folgen.  
110 
VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin gemessen an der Anzahl und dem Ausmaß ihrer Begehren überwiegend obsiegt hat.
111 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG vorliegen.

Gründe

 
57 
Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg, soweit sie die Verurteilung des Beklagten zum Widerruf der in den Pressespiegeln vom 28.07.1995 und 31.07.1995 enthaltenen Behauptungen (Klageantrag Ziffer 2) und des in zwei Schreiben des Ministerialdirektors Dr. K. vom 08.08.1995 enthaltenen Satzes begehrt, dem obersten Dienstherrn hätten einige Beschäftigte der Datenschutzbehörde von „menschenunwürdigen Behandlungen“ berichtet (Klageanträge Ziffer 3 und 4). Die beanstandeten Äußerungen werden dem im Verhältnis zwischen dem Innenministerium als oberster Dienstbehörde und der seiner Dienstaufsicht unterstehenden Klägerin geltenden eigenen Maßstab für nachteilige Äußerungen über Beamte gegenüber Dritten, welcher sich aus der grundgesetzlich verankerten Fürsorgepflicht des Dienstherrn ergibt, nicht gerecht. In diesem Umfang hat das beklagte Land die dadurch eingetretene Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin durch Widerruf rückgängig zu machen. Im Übrigen erweist sich die Berufung als unbegründet, denn das Verwaltungsgericht hat die weiteren Anträge der Klägerin zu Recht als unbegründet abgewiesen (dazu II. - IV.).
58 
Die ebenfalls zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage insoweit zu Recht stattgegeben (dazu V.).
59 
I. Das Klagebegehren ist als allgemeine Leistungsklage zulässig (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, BVerwGE 99, 56, 58).
60 
Bei der Erweiterung des ursprünglichen Klageantrags Ziffer 1 auf die Überschrift der Pressemitteilung vom 04.07.1995 handelt es sich um eine zulässige Klageänderung (§§ 125, 91 VwGO). Der Beklagte hat gem. § 91 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO in diese Klageänderung eingewilligt, da er sich in seinen Schriftsätzen rügelos auf diese eingelassen hat.
61 
II. Die Klage ist mit dem Klageantrag Ziffer 1 unbegründet. Denn dem Beklagten stand für die angegriffenen Äußerungen des Innenministers vom 04.07.1995 im Rahmen seiner Fürsorgepflicht (dazu 2.) ein rechtfertigender sachlicher Grund zur Seite (dazu 3.).
62 
1. Die Klage ist zu Recht gegen das beklagte Land und nicht gegen dessen seinerzeitigen Innenminister persönlich gerichtet (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.01.1987, BVerwGE 75, 354 und vom 29.06.1995, a.a.O. S. 58). Die von der Klägerin angegriffene Pressemitteilung ist eine solche des Dienstvorgesetzten (§ 4 Abs. 2 Satz 1 LBG) und damit dem beklagten Land als Dienstherrn der Klägerin zuzurechnen. Der Minister hat sich insoweit hoheitlich in seiner Funktion als Innenminister zu seinem Geschäftsbereich zugehörigen Fragen geäußert.
63 
2. Während die Grundlage für die Forderung eines Bürgers gegenüber einem Träger öffentlicher Gewalt, bestimmte Äußerungen zu unterlassen oder zu widerrufen, im Allgemeinen entweder unmittelbar aus den Grundrechten hergeleitet (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.07.1985 - 14 S 942/85 -, NJW 1986, 340) oder in einer Analogie zu § 1004 BGB gesehen wird (Bayer. VGH, Urteil vom 10.10.1984, NVwZ 1986, 327; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08.12.1982, NJW 1983, 2402), bietet im Verhältnis des Beamten zu seinem Dienstherrn die Fürsorgepflicht einen spezielleren Maßstab (vgl. insoweit BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O.; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 03.07.1995, ). Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist § 98 des Landesbeamtengesetzes - LBG -, der auch für Beamte auf Zeit gilt, zu denen die Klägerin gehörte (vgl. §§ 130 Abs. 1 LBG, 22 Abs. 1 Satz 3 LDSG i.d.F. vom 27.05.1991). Danach hat der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl des Beamten und seiner Familie, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Diese umfassende Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten (vgl. auch § 48 BRRG und § 79 BBG) bildet die Entsprechung zur ebenso umfassenden Treuepflicht des Beamten gegenüber dem Dienstherrn und zählt - wie diese - zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 15.12.1976, BVerfGE 43, 154, vom 11.10.1977, BVerfGE 46, 97 und vom 13.11.1990, BVerfGE 83, 89; BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1980, Buchholz 237.9 § 93 Nr. 1). Sie umfasst die in § 98 Satz 2 LBG ausdrücklich ausgesprochene Verpflichtung, den Beamten bei seiner amtlichen Tätigkeit und in seiner Stellung als Beamter zu schützen. Dazu gehört es, den Beamten gegen unberechtigte Vorwürfe in Schutz zu nehmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.12.1976, a.a.O.; Urteil des Senats vom 30.03.1982 - 4 S 118/80 -). Hieraus ergibt sich auch ein Anspruch auf Wahrung der Ehre des Beamten, aufgrund dessen der Dienstherr verpflichtet ist, ehrverletzende Angriffe zu unterlassen. Insoweit ist es dem Dienstherrn verboten, den Beamten durch Kritik an seiner Amtsführung gegenüber Dritten ohne rechtfertigenden sachlichen Grund bloßzustellen. Das gilt sowohl für nachteilige Tatsachenbehauptungen als auch für missbilligende Werturteile (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 59; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 03.07.1995, a.a.O.; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24.09.1990, ZBR 1991, 155; Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1974, ZBR 1974, 261; Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, BBG, Stand: März 2004, Band 1, § 79, RdNr. 19a; Fürst/Finger/Mühl/Niedermaier, GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Band 1, Teil 2b, K § 79, RdNr. 28; Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Aufl., RdNrn. 388 ff.). Hat der Dienstherr gegen diese Grundsätze verstoßen, kann der Beamte als Erfüllung der noch möglichen Fürsorge beanspruchen, dass der Dienstherr die Ansehensbeeinträchtigung für die Zukunft durch eine geeignete, nach Form und Adressatenkreis der beeinträchtigenden Äußerung möglichst entsprechende Erklärung ausräumt (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 63).
64 
Bei der Abgrenzung zwischen zulässiger und unzulässiger Kritik des Dienstherrn gegenüber Dritten ist davon auszugehen, dass der Dienstherr einerseits durch die Dienstaufsicht und fachliche Weisungen der Dienstvorgesetzten und sonstigen Vorgesetzten die Amtsführung seiner Beamten steuert und andererseits für diese Amtsführung nach außen, gegebenenfalls auch gegenüber der Öffentlichkeit, verantwortlich ist. Weder dem Beamten noch dem Vorgesetzten steht es zu, über die Amtsführung des Beamten einen nach außen getragenen Meinungskampf gegeneinander zu führen. Dementsprechend haben das Bundesverwaltungsgericht und die Disziplinargerichte der Länder in ständiger Rechtsprechung eine "Flucht des Beamten in die Öffentlichkeit" im Falle innerdienstlicher Meinungsverschiedenheiten mit Vorgesetzten als Verstoß gegen die dem Dienstherrn geschuldete Loyalität und gegebenenfalls gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit gewertet (vgl. BVerwG, Urteile vom 27.04.1983, BVerwGE 76, 76 m.w.N., vom 06.04.1989, BVerwGE 81, 365 und vom 29.06.1995, a.a.O. S. 60; ebenso für Soldaten BVerwG, Beschluss vom 10.10.1989, BVerwGE 86, 188). Für den Dienstvorgesetzten, der gegenüber dem Beamten den Dienstherrn repräsentiert, gilt Entsprechendes. Denn der Dienstvorgesetzte ist rechtlich in der Lage, seine Vorstellungen über die Amtsführung der ihm nachgeordneten Beamten durch Weisungen durchzusetzen. Auch würde ein nach außen getragener Meinungskampf mit ungleichen Waffen geführt, weil einerseits der Dienstvorgesetzte, insbesondere ein Minister, im allgemeinen erheblich wirkungsvollere Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit hat und andererseits der Beamte in der Regel durch die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit gehindert ist, von sich aus nähere innerdienstliche Umstände  bekannt  zu  geben,  die  er  zur  Rechtfertigung seines Verhaltens oder seiner Meinung heranziehen will (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 60; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 25.11.1982,  NJW 1983, 2343).
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Dem Verwaltungsgericht kann nicht in seiner Auffassung gefolgt werden, diese Maßstäbe würden durch das Presserecht modifiziert, weil bei der Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und dem Beklagten eine Ebene der Gleichordnung bestanden und die Klägerin sich insoweit auf einen Meinungskampf mit ihrem Dienstherrn eingelassen habe. Dem Beamtenrecht ist eine derartige Modifikation fremd. Bei Eintritt einer Störung der vorliegenden Art unterliegt es nicht der Disposition der Beteiligten, durch die Art und Weise einer entsprechenden Äußerung und durch die Mobilisierung der Öffentlichkeit sich der Rechte und Pflichten, die das Beamtenrecht vorgibt, zu entledigen. Es besteht weder Raum noch ein Bedürfnis, von den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen abzurücken, nach denen es dem Beamten verwehrt ist, interne Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen nach außen zu tragen, und der Dienstherr den Beamten gegenüber Dritten nicht ohne rechtfertigenden sachlichen Grund bloßstellen darf (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a. a. O. S. 59 f.). Sie lassen es nicht zu, dass etwa schon dadurch eine Gleichordnung hergestellt wird, dass sowohl der Beamte als auch der Dienstherr die Presse als Austragungsort der Meinungsverschiedenheit wählen. Die Klägerin und der Beklagte standen einander auch nicht wegen der Unabhängigkeit der Klägerin gleichgeordnet gegenüber.  Denn auch wenn die Klägerin in ihrer Funktion als Landesbeauftragte für den Datenschutz „in Ausübung ihres Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen“ war (§ 22 Abs. 2 LDSG 1991) und kraft ihres Amtes auch regelmäßig Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verrichten durfte und verrichtete, unterstand sie zugleich der Dienstaufsicht des Innenministeriums, „soweit ihre Unabhängigkeit dadurch nicht beeinträchtigt“ wurde (§ 22 Abs. 3 LDSG 1991). Daher durfte ihr der Innenminister - mit der gegebenen Einschränkung - Weisungen erteilen und auf diese Art seine Vorstellungen durchsetzen. Auf der anderen Seite unterlag die Klägerin zwar nicht auf dem Gebiet der Datenschutzkontrolle, wohl aber in ihren sonstigen Funktionen den beamtenrechtlichen Bindungen, also auch - was im vorliegenden Streitfall zum Tragen kommt und worauf noch zurückzukommen ist - in ihrer Eigenschaft als Führungskraft und Vorgesetzte der Mitarbeiter ihres Amtes. Dementsprechend richten sich zum einen die Maßstäbe, die an die angegriffenen Äußerungen des Innenministeriums einerseits und an das damit zusammenhängende Verhalten der Klägerin andererseits anzulegen sind, nicht nach den großzügigen Regeln des öffentlichen Meinungskampfes zwischen Gleichgeordneten, sondern nach den engeren Grundsätzen des Beamtenrechts; zum anderen tritt entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auch weder die beamtenrechtliche Verschwiegenheitspflicht zurück noch wird der Dienstherr kraft Verzichts des Beamten auf bestimmte beamtenrechtliche Positionen von seinen entsprechenden Dienstherrnpflichten befreit.
66 
Im Übrigen erfasst das Presserecht einen anderen Anwendungsbereich, weshalb auch aus diesem Grunde für eine Modifikation des beamtenrechtlichen Fürsorge- und Treueverhältnisses durch Presserecht keine Grundlage ersichtlich ist. So versteht man unter „Presserecht im weiteren Sinn“ alle für die Presse geltenden Rechtsnormen, während sich „Presserecht im engeren Sinn“ als das für die Presse wegen ihrer geistigen Wirkungskraft geltende Sonderrecht definieren lässt. Damit sind nur die pressespezifischen Normen gemeint, die die Rechtsverhältnisse der Presse gerade im Blick auf ihre Eigenart und ihren außergewöhnlichen geistigen und politischen Einfluss regeln (Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 4. Auflage, 1. Kap., RdNrn. 1 bis 4; Groß, Presserecht, 3. Auflage, AT, RdNr. 9). Jedenfalls werden sowohl unter Presserecht im weiteren wie auch unter Presserecht im engeren Sinn jeweils die maßgeblichen Vorschriften verstanden, die für die Presse gelten (Löffler/Ricker, a.a.O., 1. Kap., RdNr. 3). Am Maßstab dessen, was den Presseorganen erlaubt bzw. verboten ist, lässt sich danach aber gerade nicht eine Äußerung des Dienstherrn messen, mag sie auch öffentlich gefallen und in der Presse wiedergegeben worden sein.
67 
3. Diesen Maßstäben zufolge steht dem Beklagten aber im Rahmen der Fürsorgepflicht für die in der Pressemitteilung des Innenministeriums vom 04.07.1995 gemachten Äußerungen ein rechtfertigender Grund zur Seite. Der Beklagte kann sich nämlich auf den rechtlichen Gesichtspunkt der Wahrnehmung berechtigter Interessen stützen. § 193 StGB enthält insoweit einen allgemeinen Rechtsgedanken. Der rechtfertigende Grund ergibt sich dabei daraus, dass mit dem Schutzanspruch des Beamten die Pflicht des Dienstherrn konkurriert, wegen seiner Verantwortung nach außen ein Fehlverhalten eines Beamten bei Führung seiner Dienstgeschäfte als solches zu kennzeichnen und die Öffentlichkeit über Beanstandungen zu informieren (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 59). Der Dienstherr hat unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes das schutzwürdige Interesse des Beamten, nicht über Gebühr und den konkreten Anlass hinaus vor Dritten bloßgestellt zu werden, mit dem schutzwürdigen Interesse der Allgemeinheit abzuwägen, dass amtliche Vorgänge offen bzw. sachlich und - wenn Fehler gemacht worden sind - nicht floskelhaft, beschönigend oder verschleiernd dargestellt werden (Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1974, a.a.O.). Insoweit ist bei der Ausübung der Fürsorgepflicht dem Dienstherrn Ermessen eingeräumt, in dessen Rahmen er pflichtgemäß unter anderem darüber zu entscheiden hat, in welchem Umfang und wie er das Verlangen von Medien nach Auskunft in Angelegenheiten eines Beamten befriedigt (OVG des Saarlandes, Beschluss vom 03.07.1995, a.a.O.; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24.09.1990, a.a.O.), wobei im Falle der kritischen Würdigung der Amtsführung bestimmter Beamter nach außen der Einhaltung einer sachlichen, wenngleich deutlichen Form besondere Bedeutung zukommt (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 59).
68 
a) Hier ist dabei von besonderem Gewicht, dass die Klägerin selbst als Erste den Boden der sachlichen Diskussion und innerdienstlicher Meinungsverschiedenheiten verlassen hat, indem sie ohne aktuellen Anlass seitens des Beklagten mit ihren massiven Angriffen die „Flucht in die Öffentlichkeit“ antrat und damit ihrerseits zunächst gegen ihre beamtenrechtliche Treue- und Verschwiegenheitspflicht verstoßen hat. So äußerte sie sich in ihrer Pressekonferenz dahingehend, dass der Innenminister seit seinem Amtsantritt mit einer dreigleisigen Strategie das Ziel verfolge, sie, die lästige Kontrolle in Sachen Datenschutz, endgültig „zum Verstummen zu bringen“, er sich dabei nicht geniere, Fakten zu verdrehen und die strukturellen Defizite, die ihrem Amt anhaften würden, instrumentalisiere, um sie an die Kandare zu nehmen und in Bereiche hineinzuregieren, die eindeutig in ihre Unabhängigkeit fielen. Das Innenministerium bediene sich auch des Personalrats, die Belange der unabhängigen Datenschutzkontrolle ins Hintertreffen geraten zu lassen, wobei der Herr Innenminister beispielsweise unter dem massiven Druck des Personalrats sein gegebenes Wort gebrochen habe. Ihr werde mit Dienstaufsicht und weitergehenden Maßnahmen gedroht. Die Dienstaufsicht werde als Etikett benutzt, sie müsse dafür herhalten, dass man ihr eigentlich gern Weisungen geben wolle, dies aber nicht könne und man es darum auf diesem Wege mit der Kontrolleurin mache. Da sie nicht gespurt habe, habe man sie flugs mit den Schlagworten „Betriebsklima und Fluktuation“ attackiert, wobei das gesamte Vorgehen jegliche Fairness vermissen lasse.
69 
Diese in hohem Maße verwerflichen Äußerungen waren geeignet, den Innenminister in das Zwielicht des - unzulässigen - Eingriffs in die Unabhängigkeit der Landesbeauftragten für den Datenschutz zu bringen. Sie waren deshalb zugleich geeignet, die beamtenrechtliche Fürsorge und Treue des Innenministers in Zweifel zu ziehen; gleichzeitig zeichnete die Klägerin ein Bild des Innenministers, das von fehlender Beachtung der geltenden Gesetze und von mangelnder Fairness geprägt war. Sie bedeuteten außerdem, dass hinter einem angeblichen, von langer Hand geschmiedeten Komplott gegen die Klägerin der Innenminister selbst gestanden habe. All dies war geeignet, sein Ansehen und seine Eignung für das Amt des obersten Leiters der Innenverwaltung zu erschüttern.
70 
Demgegenüber kann der Klägerin nicht darin gefolgt werden, dass der Pressebericht vom 30.06.1995, der ihren öffentlichen Angriff auf den Innenminister unmittelbar ausgelöst hatte, von dem Beklagten lanciert gewesen wäre. Der Beklagte hat dies stets bestritten. Das Vorbringen der Klägerin erschöpft sich insoweit in Vermutungen und wenig substantiierten Behauptungen. Darüber hinaus fehlen stichhaltige Anhaltspunkte und Beweise für die Richtigkeit ihrer Behauptung. Es ist nämlich weder ersichtlich, dass der persönliche Brief des MR Dr. H. Grundlage für den Pressebericht gewesen ist, noch dass sich in der Sitzung des Ständigen Ausschusses des Landtages vom 13.07.1995 eindeutig ergeben habe, dass das Innenministerium hinter dem Pressebericht vom 30.06.1995 gestanden habe. Aus dem Protokoll der Sitzung des Ständigen Ausschusses des Landtags vom 13.07.1995, welches von der Klägerin auszugsweise vorgelegt worden ist, ergibt sich zunächst nicht, dass dem Innenminister seitens einer Abgeordneten vorgehalten worden ist, er bediene sich der Hilfe von Journalisten, um bestimmte Themen in die Presse zu lancieren. Soweit sich die Klägerin für die Richtigkeit dieser Behauptung auf allgemeine Heiterkeit des Ständigen Ausschusses auf die Angaben des Innenministers stützt, er habe mit Frau W., der Verfasserin des Presseberichts vom 30.06.1995, nicht gesprochen, diese habe von sich aus recherchiert, und den Zuruf eines Abgeordneten, es sei bekannt, wie Frau W. recherchiere, vermag der Senat einer heiteren Stimmung oder launigen Bemerkung keine Substanz oder gar Beweiskraft für die Ausführungen der Klägerin abzugewinnen. Auch für die weitere Behauptung der Klägerin, dass dem Innenminister aus der Mitte des Landtagsausschusses des weiteren vorgehalten worden sei, ob er in Zusammenhang mit dem Artikel „Mobbing in der Mini-Behörde“ auch noch den Brief des Leiters des Personalreferats, MR Dr. H., an ihn in Abrede stellen wolle, gibt das Protokoll über die Sitzung nichts her. Dort heißt es auf Seite 124 lediglich: „Abg. xxx xxx GRÜNE fragt Minister xxx, ob er sich dessen bewusst sei, dass er in seinem mündlichen Bericht immer wieder auch inhaltliche Kritik an Äußerungen von Frau xxx xxx zu Gesetzgebungsvorhaben der Landesregierung oder zum Einsatz verdeckter Ermittler geübt habe. Minister xxx legt dar, aus dem Gedächtnis könne er nicht sagen, wann ihn MR Dr. H. über die Kritik aus dem Amt von Frau xxx xxx informiert habe. Er könne dies aber nachsehen lassen und dem Ausschuss schriftlich mitteilen. MR Dr. H. habe ihm die Schwierigkeiten auch einmal in einem persönlichen Brief dargestellt.“ Ein kausaler Zusammenhang zwischen dem maßgeblichen Artikel und dem persönlichen Brief des MR Dr. H. ist danach nicht erkennbar.
71 
Der Klägerin kann auch nicht darin zugestimmt werden, dass der Beklagte deshalb als Erster an die Öffentlichkeit gegangen sei und für den Inhalt der Presseberichte vom 30.06.1995 verantwortlich zeichne, weil der Pressesprecher - wie sich dem Presseartikel vom 30.06.1995 „Schlechtes Klima im Hause xxx“ entnehmen lasse - auf Anfrage seitens der Presse erklärt habe, „das Innenministerium sehe inzwischen erhebliche Probleme, qualifizierte Mitarbeiter für die LfD zu gewinnen, es gebe in der 14-Mitarbeiter-Dienststelle deutliche Kritik am Führungsstil von Frau xxx und das Thema beschäftige sie leider seit längerer Zeit“. Zum einen geht lediglich die kurze Stellungnahme in dem Artikel „Schlechtes Klima im Hause xxx“ auf das Innenministerium zurück, nicht aber lässt sich dem weiteren Bericht  unter der Überschrift „Mobbing in der Mini-Behörde“ eine irgendwie geartete Urheberschaft des Innenministeriums entnehmen. Zum anderen waren diese kurzen und sachlichen Äußerungen von § 4 Abs. 1 LPresseG gedeckt. Danach sind Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Da die Klägerin - wie dem Artikel „Mobbing in der Mini-Behörde“ zu entnehmen ist - offenkundig auch eine Stellungnahme abgegeben hatte, was sie bislang nie in Abrede gestellt hat, kann sie sich nicht darauf berufen, der Pressesprecher hätte seinerseits keine Auskünfte geben dürfen. Die Öffentlichkeit hatte hier das Recht, von beiden Seiten eine Stellungnahme zu erhalten und nicht einseitig informiert zu werden. Deshalb konnte die Klägerin nicht Verschwiegenheit seitens des Beklagten fordern, aber ihrerseits an die Öffentlichkeit gehen, indem sie gegenüber der Presse anführte, dass „die Datenschutzkontrolle nicht beliebt sei, in der Sache könne man ihr nichts anhaben; da mache man es eben so ...“. Damit haben im Zusammenhang mit den Artikeln vom 30.06.1995 beide Seiten Angaben zu dem Thema „ Führung(sstil) der Landesdatenschutzbeauftragten“ gemacht. Diese sachliche Ebene hat die Klägerin mit ihren in der Pressekonferenz gemachten Behauptungen verlassen, indem sie eine neue Dimension schwerer Vorwürfe eröffnet hat.
72 
Angesichts dieser Sachlage gehen auch die Ausführungen der Klägerin zu § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 LPresseG fehl. Danach können Auskünfte verweigert werden, soweit Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 LPresseG) oder ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG). Vorschriften über die Geheimhaltung, insbesondere § 113d Abs. 2 LBG über Auskünfte aus der Personalakte, standen der kurzen Stellungnahme des Pressesprechers nicht entgegen, wobei unentschieden bleiben kann, ob diese Kurzinformation überhaupt Teile der materiellen Personalakte der Klägerin zum Inhalt hat. Denn die knappe Bestätigung enthielt keine Informationen, die nicht bereits seit dem Zeitungsbericht vom 24.12.1993 in der Öffentlichkeit bekannt gewesen wären, wobei auch der Behauptung der Klägerin in diesem Punkt nicht gefolgt werden kann, das Innenministerium habe damals (24.12.1993) Mitarbeitern derartige Äußerungen in den Mund gelegt. Diese Behauptung, zu deren Beweis sich die Klägerin lediglich auf von ihr selbst verfasste Zitate aus dem Schriftverkehr mit den verantwortlichen Chefredakteuren beruft (vgl. insoweit Gegenäußerung der Klägerin vom 31.10.1995 zum Bericht von Innenminister xxxxxxx vom 15.09.1995, Anlage 4, S. 5), ist unsubstantiiert, im Übrigen lässt sich den Zitaten der von der Klägerin beigemessene Aussagegehalt nicht entnehmen.
73 
Ferner kann der Klägerin in ihren Ausführungen nicht beigepflichtet werden, der Beklagte sei deshalb als Erster an die Öffentlichkeit gegangen, weil die in dem Bericht „Mobbing in der Mini-Behörde“ gemachten Äußerungen von Mitarbeitern des Beklagten stammten, die diesem als eigene Äußerungen zuzurechnen seien. Zwar kommt - wie bereits oben dargelegt - in Fällen des Widerrufs ehrkränkender Äußerungen als Verpflichteter grundsätzlich allein der Dienstherr in Betracht, dessen hoheitliche Aufgaben mit der streitigen Äußerung wahrgenommen wurden und nicht der einzelne Amtsträger (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.01.1987, a.a.O. und vom 27.12.1967, ZBR 1968, 230; BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 19.12.1960, BGHZ 34, 99). Eine Ausnahme von diesem Regelfall ist jedoch wegen der besonderen Eigenart der Ehrkränkung dann anzuerkennen, wenn der Amtsträger gelegentlich der Wahrnehmung hoheitlicher Pflichten nach Form und Inhalt über die Erfüllung seiner Aufgaben hinausgehende, insoweit ihm persönlich zuzurechnende Äußerungen getan hat. Dann besteht gegen ihn ein (privatrechtlicher) Widerrufsanspruch (BVerwG, Urteil vom 29.01.1987, a.a.O.; BGH, Beschluss vom 19.12.1960, a.a.O.; Schnellenbach, a.a.O., RdNr. 388). Ist demnach ein von einem Beamten erhobener Vorwurf so sehr Ausdruck einer persönlichen Meinung oder Einstellung, dass wegen dieses persönlichen Gepräges der Ehrkränkung die Widerrufserklärung eine unvertretbare persönliche Leistung des Beamten darstellt mit der Folge, dass der Streit um die Rücknahme des Vorwurfs mit seinem durch persönliche Momente geprägten Charakter zwischen dem Beleidigten und dem Beleidiger ausgetragen wird, ist eine solche Äußerung dem Dienstherrn auch nicht zurechenbar. Dies trifft gerade auf die in dem Zeitungsbericht wiedergegebenen Äußerungen von Mitarbeitern der Klägerin zu, wenn insbesondere davon die Rede ist, die Klägerin mache alles nieder, für den Umgang mit ihr falle die Vokabel „menschenverachtend“ ein und man sei chancenlos, wenn man eine andere Meinung vorzutragen versuche.
74 
Ebenso wenig kann der Behauptung der Klägerin gefolgt werden, Mitarbeiter hätten derartige Äußerungen nie getan, hätten sie nicht Rückendeckung seitens des Innenministeriums gehabt. Konkrete Anhaltspunkte, die diese These der Klägerin stützen könnten, sind nicht ersichtlich.
75 
Entgegen der Auffassung der Klägerin stand sie weder ohne jeden Schutz ihres Dienstherrn da noch war sie ihrerseits nach § 4 Abs. 1 LPresseG verpflichtet, der Presse Auskunft auf deren Fragen zu geben. Sie verkennt dabei, dass sie mit den Aussagen auf ihrer Pressekonferenz gegen ihre Pflicht zur Loyalität gegenüber ihrem Dienstherrn und zur Wahrung von Vertraulichkeit in internen Dienstangelegenheiten verstoßen hat und diese Äußerungen und Vorwürfe gegen den Innenminister gerade nicht den Bereich betrafen, auf den sich ihre Unabhängigkeit als Datenschutzkontrolleurin bezog und in dem sie Öffentlichkeitsarbeit hat verrichten dürfen. Dem Beamten ist der Gang an die Öffentlichkeit auch als ultima ratio nicht erlaubt. So ist die in der Publizierung von internen Verwaltungsvorgängen liegende „Flucht in die Öffentlichkeit“ stets als Pflichtverletzung gewertet und entsprechend disziplinar geahndet worden (st. Rspr.: vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.1983, a.a.O., m.w.N.). Ungeachtet dessen hat die Klägerin aber auch nicht von anderen Mitteln, die sie zum Ziel hätten führen können, Gebrauch gemacht. Sie hat sich der Pflicht, sich der Beteiligung der Öffentlichkeit an einer innerdienstlichen Meinungsbildung zu enthalten, auch nicht etwa dadurch entledigt, dass sie in der Vergangenheit den Innenminister intern vergeblich aufgefordert hatte, konkrete Vorfälle und die einzelnen Mitarbeiter, die sich über ihren „Führungsstil“ beschwert hätten, zu benennen. Denn zum einen war das Bemühen des Innenministeriums um ein gemeinsames Gespräch zur Klärung der Probleme ersichtlich davon geprägt, dass sich die Klägerin regelmäßig - angefangen im Jahr 1994 und später vor allem im April/Mai 1995 - mit dem in diesem Punkt unzutreffenden Hinweis auf ihre Unabhängigkeit geweigert hat, Gespräche über die Lage in ihrer Behörde zu führen. Dabei ist davon auszugehen, dass zwar die sachliche Unabhängigkeit eine Fachaufsicht gegenüber den Datenschutzbeauftragten ausschließt, die Amtsführung des Datenschutzbeauftragten unterliegt jedoch insoweit der Dienstaufsicht, als es um die Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs und die äußere Form der Erledigung der Amtsgeschäfte oder um solche Fragen geht, die dem eigentlichen Aufgabenbereich des Datenschutzbeauftragten so weit entrückt sind, dass sie nur noch als zur äußeren Organisation gehörig anzusehen sind. Zu Letzterem zählen Fragen der Personalführung und des Personalmanagements (vgl. Wippermann, Zur Frage der Unabhängigkeit der Datenschutzbeauftragten, DÖV 1994, Seite 929, 933; ähnlich Simitis, Kommentar zum BDSG, 5. Aufl., § 22, RdNr. 17, wonach eine Dienstaufsicht nur in eingeschränkter Form stattfindet; Gola/Schomerus, BDSG, Kommentar, 7. Aufl., § 22, RdNr. 10, wonach die Unabhängigkeit funktionell sei und sich auf die „Ausübung seines Amtes“ beziehe). Auch das Gespräch vom 10.05.1995 führte die Klägerin nach eigenem Bekunden nur, um dem Innenminister persönlich zu sagen, dass sie erwarte, dass die fortlaufenden Einmischungen des Innenministeriums in Angelegenheiten ihres Amtes aufhören. Danach kann von ernsthaften und vergeblichen Versuchen der innerdienstlichen Problemlösung durch die Klägerin nicht gesprochen werden. Zum anderen betrafen die in der Pressekonferenz von der Klägerin gegen den Innenminister gemachten Vorwürfe der Intrige und einer „Strategie, sie zum Verstummen zu bringen“ einen anderen Komplex als die Fragen um ihren Führungsstil. Außerdem hat die Klägerin nach Erscheinen der Presseberichte vom 30.06.1995 nicht einmal versucht, den Beklagten um Schutz zu ersuchen (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 18.02.1970, BVerfGE 28, 55; BVerwG, Urteil vom 27.04.1983, a.a.O.; BVerwG, Beschluss vom 10.10.1989, BVerwGE 86, 188).
76 
Die Klägerin kann sich, was die von ihr erhobenen Vorwürfe gegen den Innenminister betrifft, auch nicht auf § 4 Abs. 1 LPresseG berufen. Aufgrund dieser Bestimmung wäre sie allenfalls dazu befugt gewesen, zu den in den Presseberichten vom 30.06.1995 erhobenen Vorwürfen von Mitarbeitern Stellung zu nehmen und bezogen auf diese Vorwürfe Angaben zu machen. Indem sie - unter der Überschrift „Datenschutz“ - eine angebliche „Strategie des Innenministeriums, sie zum Verstummen zu bringen“ unterbreitete, hat sie die Informationspflicht aus § 4 Abs. 1 LPresseG bei weitem überspannt, denn dies hatte nichts mehr mit den Presseberichten vom 30.06.1995 zu tun.
77 
b) Ist damit davon auszugehen, dass der Pressekonferenz der Klägerin kein aktueller Anlass oder gar eine „Provokation“ seitens des Dienstherrn vorausging, sie vielmehr als Erste die „Flucht in die Öffentlichkeit“ antrat, um dort Rückhalt zu finden, war das Vorgehen des Beklagten gerechtfertigt. Unter diesen Umständen stand es nämlich im pflichtgemäßen Ermessen des Innenministers, auf den öffentlichen Angriff der Klägerin in der Pressekonferenz vom 04.07.1995 in der gewählten öffentlichen Form sachlich Stellung zu nehmen und seine Kritik nach außen zu tragen, was zwangsläufig auch mit einer Bewertung ihrer insoweit gemachten Äußerungen und ihrem Verhalten verbunden war. Denn die Behauptungen der Klägerin auf ihrer Pressekonferenz waren - wie oben bereits im Einzelnen dargelegt - geeignet, das Ansehen des Innenministers und seine Eignung für sein Amt zu erschüttern.
78 
Dem stehen die Äußerungen des Innenministers als geeignet, erforderlich und angemessen und somit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechend gegenüber. Dabei kann der Klägerin nicht zugestimmt werden, dass kein Sachzusammenhang zwischen dem Inhalt der Pressemitteilung des Beklagten und ihrer Pressekonferenz vorliege. Dieser Sachzusammenhang erschließt sich dem unbefangenen Durchschnittsleser ohne weiteres schon aus der Überschrift der Pressemitteilung, in der es heißt, „Das Innenministerium weist die Vorwürfe der Datenschutzbeauftragten als völlig abwegig zurück“. Der Bezug zur unmittelbar davor stattgefundenen Pressekonferenz der Klägerin liegt auf der Hand.
79 
Soweit der Beklagte danach die Vorwürfe der Klägerin als unqualifiziert bezeichnet, heißt das nicht, dass er die Klägerin für unqualifiziert hält, sondern dass ihr Vorwurf einer von langer Hand geplanten Intrige in seiner Gesamtheit von wenig Qualität zeugt. Dass die Klägerin mit ihrem Verhalten jedes Maß verloren hat, indem sie eine solche „Verschwörungstheorie“ angesichts der vorliegenden Tatsachen und des konkreten Verlaufs der Dinge aufstellt, bedarf keiner näheren Begründung.
80 
Da die Klägerin in ihrer Pressekonferenz vom 04.07.1995 selbst den Bogen von den in dem Zeitungsbericht vom 30.06.1995 angesprochenen „Führungsproblemen“ zu einer Intrige seitens des Innenministeriums, um sie „loszuwerden“, gespannt hat - wie sich vor allem ihren Antworten auf einzelne Fragen seitens der Journalisten entnehmen lässt -, hat der Beklagte mit dem Satz „Es handelt sich um den untauglichen Versuch, von ihren eigenen Führungsproblemen abzulenken zu Lasten des Innenministeriums“ lediglich den von der Klägerin hergestellten Zusammenhang aufgegriffen und - wenngleich in scharfer, aber doch noch sachlicher Form - zurückgewiesen.
81 
 
82 
Auch wenn der Satz „Tatsache ist, das sich aus der Landesverwaltung niemand mehr auf freie Stellen der Landesbeauftragten für den Datenschutz Baden-Württemberg bewirbt“ in dieser Absolutheit so nicht richtig ist, da sich zumindest ein Beamter aus der Landesverwaltung (Finanzverwaltung) auf eine Stelle bei der Klägerin beworben hatte, wird die Klägerin mit diesem Satz nicht in ihrer Ehre verletzt und deshalb nicht ohne rechtfertigenden sachlichen Grund bloßgestellt. Dieser Satz ist nämlich im Zusammenhang mit der gesamten Pressemitteilung zu sehen, vor allem aber auch mit dem nachfolgenden Satz „Das Innenministerium sieht sich gezwungen, Bewerber von außerhalb der Landesverwaltung und Berufsanfänger für ihre Dienststelle einzustellen“. Der vorangegangene Satz wird dadurch relativiert, er erklärt dessen Aussagegehalt und begründet diesen. Unter Berücksichtigung des gesamten Aussagegehalts lässt sich nicht annehmen, dass die Klägerin bloßgestellt wird.
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84 
Soweit die Klägerin dem Innenministerium öffentlich einen Eingriff in ihre Unabhängigkeit vorgeworfen hat, vermengt sie ihre sachliche Arbeit in Sachen des Datenschutzes, bei der sie unabhängig ist, mit Fragen, die mit ihrer sachlichen Arbeit nicht unmittelbar zu tun haben. Deshalb hat die Beschäftigung der Klägerin mit der Darlegung und Verbreitung einer „Strategie des Innenministers, sie zum Verstummen zu bringen“, weder etwas mit ihrer eigentlichen Arbeit als Datenschutzkontrolleurin noch etwas mit ihrer Arbeit als Behördenleiterin zu tun, weshalb die Aufforderung zur Rückkehr zu einer sachlichen Arbeit angesichts der von der Klägerin erhobenen schweren unsachlichen Vorwürfe durchaus ihre Berechtigung hatte.
85 
Schließlich kommt es auf die Frage, ob sich - wie die Klägerin behauptet - noch niemand bei ihr beschwert habe, nicht an, da Gegenstand des Widerrufsbegehren die Pressemitteilung des Innenministeriums vom 04.07.1995 und nicht die Berichterstattung in der Südwest-Presse vom 30.06.1995 ist. Ungeachtet dessen hat der Beklagte nicht behauptet, dass sich schon jemand bei der Klägerin beschwert hätte.
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Auch kann den Ausführungen der Klägerin, die Äußerungen des Beklagten in der Pressemitteilung seien schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil sie nicht zu den ihr gemachten Vorwürfen angehört worden sei und es auch an der Dokumentation der Vorwürfe fehle, nicht gefolgt werden. Dabei kann offen bleiben, ob ein Verstoß gegen die Anhörungspflicht aus § 113b LBG einen Widerruf grundsätzlich rechtfertigen könnte. § 113b LBG ist in diesem Fall nicht einschlägig, da es - was die Pressemitteilung vom 04.07.1995 betrifft - gerade nicht um die Aufnahme schriftlich niedergelegter Behauptungen in die Personalakte geht. So ist unter „Aufnahme in die Personalakte“ im Sinne des § 113b LBG die Einordnung eines Vorgangs in die Personalakte im formellen Sinn zu verstehen (vgl. zu der bundesrechtlichen Regelung des § 90b BBG: Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, a.a.O., § 90b, RdNr. 9). Da die Pressemitteilung im Übrigen eine öffentliche Reaktion auf den öffentlichen Angriff der Klägerin („Strategie“) war, wäre es mit dem Recht des Beklagten, die Öffentlichkeit ebenfalls umgehend zu informieren, nicht zu vereinbaren gewesen, wäre ihm eine solche schnelle öffentliche Erklärung im Hinblick auf die Anhörungspflicht nach § 113b LBG verwehrt gewesen. Jedenfalls verkennt die Klägerin insoweit, dass es hier nicht um die Anhörung, Aufklärung und Dokumentation zu Beschwerden ihrer Mitarbeiter, sondern um die Reaktion auf ihre gegen den Innenminister erhobenen öffentlichen Vorwürfe geht, weshalb auch ihre Ausführungen, der Beklagte habe lange vor der Pressemitteilung ausreichend Zeit gehabt, sie zu den Vorwürfen in Sachen „Führungsstil“ anzuhören, irrelevant sind. Soweit sich die Klägerin außerdem auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.10.1971 (BVerwGE 38, 336) und des Bundesgerichtshofes vom 29.11.1956 (BGHZ 22, 258) beruft, wonach einem Beamten Gelegenheit zur Äußerung zu geben ist, wenn der Dienstherr beabsichtigt, aus Tatsachen, die nicht bereits nach Anhörung des Beamten in den Personalakten vermerkt sind, dem Beamten ungünstige Schlussfolgerungen zu ziehen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 15.01.1985, BVerwGE 76, 310), geht es nicht um einen solchen Fall, da die Äußerungen in der Pressemitteilung auf die Vorwürfe der  Klägerin strikt von der Frage zu trennen sind, welche Probleme es im Hinblick auf den „Führungsstil der Klägerin“ gegeben hat. Die Pressemitteilung verhält sich insoweit nur zu den Vorwürfen, die die Klägerin gegen den Innenminister erhoben hat.
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Ungeachtet all dessen wäre dem formellen Erfordernis der Anhörung, das darin besteht, dem Beamten Gelegenheit zur Äußerung zu geben (BVerwG, Urteil vom 12.10.1971, a.a.O.; Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, a.a.O., § 90b, RdNr. 7) sogar Rechnung getragen worden - soweit es um die Anhörung zu dem Komplex „Führungsstil der Klägerin und Beschwerden“ gegangen wäre -, als es am 10.05.1995 zu einem Gespräch des Innenministers mit der Klägerin gekommen war. Denn bei diesem Gespräch kamen Probleme in der Zusammenarbeit der Klägerin mit ihren Mitarbeitern zur Sprache (vgl. auch Schreiben der Klägerin an den Innenminister vom 14.05.1995).
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III. Die Klage hat dagegen Erfolg, soweit die Klägerin mit ihrem Klageantrag Ziffer 2 von dem Beklagten den Widerruf der in den Pressespiegeln vom 28.07.1995 und 30.07.1995 verbreiteten Aussagen begehrt. Die im Rahmen der Fernsehauswertung wiedergegebenen Äußerungen von anonym gebliebenen Mitarbeitern der Klägerin aus der Fernsehsendung vom 27.07.1995 in den Pressespiegeln sind zugleich solche des Beklagten, weshalb er für den geltend gemachten Widerrufsanspruch passivlegitimiert ist (dazu 1.). Der Beklagte hat mit der Verbreitung der Aussagen aus der Fernsehsendung in den Pressespiegeln seine Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin verletzt, ohne dass ihm ein rechtfertigender Grund zur Seite stand (dazu 2.). Der Widerruf ist das geeignete Mittel, die Ansehensbeeinträchtigung auszuräumen, die Klägerin hat den Widerrufsanspruch weder verwirkt noch hat sich dieser durch Zeitablauf erledigt (dazu 3.).
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1. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Passivlegitimation des Beklagten, der den Druck und die Verbreitung der inkriminierten Aussagen durch seine Pressespiegel ermöglicht hat, bejaht. Die Passivlegitimation des Beklagten ist auch nicht dadurch eingeschränkt, dass Vorwürfe, deren Widerruf die Klägerin verlangt, in den Pressespiegeln als Zitate von Aussagen (anonymer) Dritter aus der Fernsehsendung in Südwest 3 vom 27.07.1995 wiedergegeben wurden. Zwar sind die Verfasser eines Pressespiegels nicht schon hinsichtlich jeder ehrverletzenden oder rufgefährdenden Äußerung, die in den Pressespiegeln aus Zeitungsberichten und aus dem Fernsehen wiedergegeben werden, für Ansprüche des Betroffenen passivlegitimiert. So fehlt die Passivlegitimation dann, wenn das Verbreiten lediglich Teil einer Dokumentation des Meinungsstandes ist, in welcher - gleichsam wie auf einem "Markt der Meinungen" - Äußerungen und Stellungnahmen verschiedener Seiten zusammen- und gegenübergestellt werden (vgl. im einzelnen BGH, Urteil vom 30.01.1996, BGHZ 132, 13). Auch sonst kann von jemandem, der die beanstandete Äußerung nicht selbst getan, sondern nur verbreitet oder zugelassen hat, ohne sie sich zu Eigen zu machen, in der Regel nur das Abrücken von der von einem anderen gemachten Äußerung, nicht aber ein Widerruf verlangt werden, da er selbst nichts zu widerrufen hat, und der Widerruf zudem als letzter Rechtsbehelf nur dort eingesetzt werden darf, wo dem Interesse des Betroffenen auf anderen Wegen nicht hinreichend entsprochen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 06.04.1976, BGHZ 66, 182 m.w.N.). Etwas anderes gilt aber dann, wenn sich der Verbreiter mit der Äußerung des Dritten identifiziert hat, so dass sie als seine eigene Äußerung erscheint, d.h. wenn er sich den Inhalt der fremden Äußerung erkennbar zu Eigen gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 30.01.1996, a.a.O.).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, wo im einzelnen die Grenze zwischen der Verbreitung einer „fremden“ und einer sich „zu Eigen gemachten“ Äußerungen verläuft. Jedenfalls wenn solche kritischen Äußerungen derart aus dem Gesamtzusammenhang gerissen und isoliert unter einer eigens verfassten Überschrift wiedergegeben werden, werden diese Äußerungen geradezu noch unterstrichen durch die Art der Darstellung und der verkürzten Wiedergabe. Damit wird die betreffende Fernsehsendung - nach dem maßgeblichen Verständnis des Durchschnittslesers - gerade nicht einem Spiegelbild gleich ohne Änderung wiedergegeben, weshalb der Beklagte sich auch nicht darauf berufen kann, dass die Aussagen keine „eigenen“ gewesen sind. So ist ihm auch nicht darin beizupflichten, dass er so behandelt werden müsse, als habe er lediglich die Aussagen Dritter veröffentlicht, da er dies mit der Bezeichnung „Kernaussagen ehemaliger LfD-Mitarbeiter“ deutlich gemacht habe. Der Beklagte ist nämlich in Wahrheit nicht als bloßer "Meinungsvermittler" tätig geworden, sondern hat Äußerungen von Dritten in einen von ihm selbst geschaffenen, den Leser in eine bestimmte Richtung führenden Zusammenhang gestellt, indem er die Fernsehsendung mit einer eigens geschaffenen Überschrift auf die drei Aussagen reduziert und diese damit in den Mittelpunkt gestellt hat. Gerade darin liegt eine neue - eigene - Äußerung.
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2. Der Beklagte hat seine Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin verletzt, indem er die anonym gemachten Äußerungen aus der Fernsehsendung vom 27.07.1995 aus dem Gesamtzusammenhang gerissen, sie verbreitet und dabei verschwiegen hat, dass sie aus der Anonymität heraus erfolgt sind. Durch die in den Äußerungen enthaltene massive Kritik am Führungsverhalten der Klägerin, in der diese als undifferenziert arbeitende Beamtin, die die Welt in gut und böse aufgeteilt hat, dargestellt wird, die außerdem respektlos mit ihren eigenen Mitarbeitern umgeht, wird sie ungerechtfertigt bloßgestellt und in ihrer Ehre verletzt. Die Wirkung von Äußerungen auf Dritte hängt wesentlich davon ab, ob ihr Urheber erkennbar ist oder nicht. Bei anonymen Äußerungen vermag sich der Dritte ein Bild davon zu machen, was er von der Authentizität und Glaubhaftigkeit der Aussagen halten darf (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.03.1998, BVerfGE 97, 391). Wird ihm dieser Umstand vorenthalten, wird er dagegen in aller Regel geneigt sein, sie für die Wahrheit zu halten. Das Innenministerium hat der Klägerin aber nicht einmal das wegen dieser Zusammenhänge offensichtlich erforderliche und deshalb an sich selbstverständliche Mindestmaß an Schutz ihres beruflichen Ansehens angedeihen lassen. Ein rechtfertigender Grund hierfür ist nicht ersichtlich.
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3. Danach kann die Klägerin als Teil des ihr im Rahmen der Fürsorgepflicht geschuldeten Schutzes beanspruchen, dass der Beklagte die Ansehensbeeinträchtigung nicht fortbestehen lässt, sondern sie durch eine geeignete, nach Form und Adressatenkreis der beeinträchtigenden Äußerung möglichst entsprechenden Erklärung ausräumt (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 63). Der Widerruf der in den Pressespiegeln gemachten eigenen Äußerungen des Beklagen ist dabei ein notwendiges und geeignetes Mittel. Der Form und dem Inhalt nach ist ein Widerruf in zwei Pressespiegeln des Beklagten erforderlich, die nach dem üblichen Verteiler zu versenden sind.
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Auf die Unterscheidung, ob es sich bei den Aussagen um unwahre Tatsachenbehauptungen oder missbilligende Werturteile handelt, kommt es dabei nicht an. Denn die Fürsorgepflicht des Dienstherrn verbietet es - wie oben bereits ausgeführt -, den Beamten durch Kritik an seiner Amtsführung gegenüber Dritten ohne rechtfertigenden sachlichen Grund bloßzustellen, was sowohl für Tatsachenbehauptungen als auch für Werturteile gilt (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 59). So können die für das Zivilrecht erarbeiteten Grundsätze, wonach nur unrichtige Tatsachenbehauptungen Gegenstand eines negatorischen Widerrufsanspruchs sein können und Werturteile sowohl in schadensrechtlicher wie negatorischer Hinsicht nicht widerrufbar sind, dann nicht Platz greifen, wenn die abwertende bzw. ehrenrührige Erklärung nicht die höchstpersönliche Äußerung eines Privatmanns darstellt, sondern als Organerklärung einer Körperschaft zuzuschreiben ist. Hier steht dem in dem Widerruf zum Ausdruck kommenden Anspruch auf Beseitigung einer persönlichkeitsbeeinträchtigenden Schädigung kein rechtlich beachtliches Interesse der verklagten Körperschaft entgegen, das die mit Widerruf verbundene „Abbitte“ unzumutbar erscheinen ließe (Hess. VGH, Urteil vom 27.02.1974, a.a.O.).
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Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ihr Recht auf Widerruf verwirkt hätte. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.01.1992, NVwZ 1992, 974). Daran fehlt es schon deshalb, weil die Klägerin bereits im Jahre 1995 einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt hatte, um überhaupt die im Streit stehenden Ansprüche auf Widerruf geltend machen zu können. Ihr Akteneinsichtsbegehren hat sie dabei gerichtlich durchsetzen müssen (vgl. Urteil des Senats vom 18.07.2001 - 4 S 2899/99 -).
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Entgegen der Auffassung des Beklagten hat sich der Widerrufsanspruch auch nicht durch Zeitablauf erledigt, weil seit der Veröffentlichung der Pressespiegel mittlerweile fast neun Jahre vergangen sind. Zwar muss - wie bereits oben dargelegt - der Widerruf zur Folgenbeseitigung geeignet sein, was nur dann der Fall ist, wenn die Beeinträchtigung anhält (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.1994, NJW 1995, 861; Löffler/Ricker, a.a.O., 44. Kap., RdNr. 22 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dabei wird die Auffassung vertreten, dass eine Äußerung durch Zeitablauf nach mehr als zweieinhalb bis drei Jahren in Vergessenheit gerät (Löffler/Ricker, a.a.O., 44. Kap., RdNr. 22). Dem insoweit von der Literatur zur Begründung dieser Auffassung zitierten Urteil des Bundesgerichtshofes vom 15.11.1994 (a.a.O.) lässt sich eine solche Aussage aber gar nicht entnehmen, insbesondere wird darin keine zeitliche Obergrenze genannt, ab wann ein Widerrufsanspruch wegen Zeitablauf mangels fortwirkender Beeinträchtigung der Persönlichkeit nicht mehr geeignet und erforderlich ist. Dort ist nur ausgeführt, dass ein seit der Veröffentlichung verstrichener Zeitraum von mehr als zwei Jahren nicht ausreichend ist, um den unwahren Behauptungen über die betreffende Person in einer auflagenstarken Zeitung die für sie verletzende Wirkung zu nehmen.  Ob diese Rechtsprechung, die zu zivilrechtlichen Widerrufsansprüchen gegen die Presse ergangen ist, außerdem auch in Fällen der Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht anzuwenden ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn jedenfalls reicht der Zeitraum nicht aus, der Verbreitung der anonymen Aussagen durch den Dienstherrn die für die Klägerin verletzende Wirkung zu nehmen, zumal die Klägerin als Datenschutzbeauftragte eine in der Öffentlichkeit stehende Person war und ihre damalige öffentliches Aufsehen erregende Auseinandersetzung mit dem Innenminister auch heute noch vielen in Erinnerung sein dürfte. Das Bestehen eines Interesses der Öffentlichkeit an der Person der Klägerin hat sich überdies aufgrund des regen Medieninteresses anlässlich der mündlichen Verhandlung dieser Verwaltungsrechtssache eindrucksvoll bestätigt.
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Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob ein Widerrufsanspruch zur Folgenbeseitigung noch geeignet ist, regelmäßig in dem umgekehrten Fall, in dem die Zubilligung einer Geldentschädigung begehrt wird. Denn ein Anspruch auf Geldentschädigung kommt nur in Betracht, wenn der Widerruf keinen hinreichenden Ausgleich für die Rechtsbeeinträchtigung erreicht, was dann zu bejahen ist, wenn der Verletzer den begehrten Widerruf verweigert, so dass ihn der Verletzte erst spät aufgrund gerichtlicher Entscheidung erlangt (BGH, Urteile vom 26. Januar 1971, NJW 1971, 698, 699 und vom 06.04.1976, a.a.O., m.w.N.). Hier begehrt die Klägerin jedoch keine Geldentschädigung, sondern ein „Weniger“, nämlich den Widerruf. Damit kommt ihr - da die ehrverletzende Äußerung anhält - ausreichend Genugtuung zu.
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IV. Die Klageanträge Ziffer 3 und 4 sind insoweit begründet, als die Klägerin jeweils den Widerruf der Sätze „Dem obersten Dienstherrn haben einige Beschäftigte von „menschenunwürdiger Behandlung durch Frau xxx xxx“ berichtet“ verlangen kann. Im Übrigen stand dem Beklagten nach den oben dargelegten Maßstäben für die außerdem in den Schreiben vom 08.08.1995 an die Humanistische Union und die Telefonseelsorge Nordschwarzwald abgegebenen Äußerungen im Rahmen der Fürsorgepflicht ein rechtfertigender sachlicher Grund zur Seite.
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Bei der Beurteilung dessen, ob die Ausführungen des Beklagten in den Schreiben gerechtfertigt sind, ist maßgeblich, dass die an den Innenminister gerichteten Protestschreiben der Humanistischen Union vom 06.07.1995 und der Telefonseelsorge Nordschwarzwald vom 05.07.1995 Ausfluss der öffentlichen Reaktion der Angriffe der Klägerin in ihrer Pressekonferenz vom 04.07.1995 gewesen sind. Das Ziel der Klägerin war dabei offenkundig, mit ihren öffentlichen Vorwürfen gegen den Beklagten Druck auf diesen zu erzeugen und Rückhalt von Dritten zu erlangen.
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Gemessen daran ist das Vorgehen und die inhaltliche Stellungnahme des Beklagten in seinen Antwortschreiben mit Ausnahme des Satzes über die Berichte von „menschenunwürdigen Behandlungen“ gerechtfertigt. Es stand im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten, in der gewählten Form Stellung zu nehmen, wobei die Schreiben dazu dienten, die von der Humanistischen Union und der Telefonseelsorge Nordschwarzwald geäußerte Kritik am Verhalten des Innenministers zu beantworten und die kritischen Äußerungen zum Führungsstil der Klägerin seitens des Innenministers zu rechtfertigen. Die Ausführungen waren verhältnismäßig, insbesondere angemessen in bezug auf die zuvor von der Klägerin öffentlich erhobenen Vorwürfe gegen den Innenminister. Der Beklagte greift auch hier den bereits von der Klägerin gespannten Bogen des „Führungsstils“ auf, indem er ausführt, dass sich die Kritik nie gegen die Arbeit der Klägerin gerichtet habe, sondern ausschließlich gegen den Führungsstil, über den sich zahlreiche Mitarbeiter beschwert hätten. Es ist die Rechtfertigung dessen, dass - entgegen den Vorwürfen der Klägerin - das Tätigwerden des Innenministers keinen Eingriff in deren Unabhängigkeit darstellt, sondern davon zu trennen ist. Indem ausgeführt wird, dass dem Innenminister als oberstem Dienstherrn die Probleme seiner Mitarbeiter nicht egal sein dürften, wird eine Selbstverständlichkeit formuliert, dass nämlich die Fürsorgepflicht auch gegenüber den Mitarbeitern der Klägerin besteht. Danach erklärt und verteidigt das Innenministerium sein Tätigwerden, indem es darauf verweist, dass angesichts der von Mitarbeitern erhobenen zahlreichen Beschwerden eine Aufklärung dringend erforderlich war, weshalb es den Vorwürfen nachgehen musste. Unter Berücksichtigung des gesamten Aussagegehalts der Schreiben ist angesichts der schweren Vorwürfe der Klägerin gegen den Innenminister danach davon auszugehen, dass die Äußerungen sachlich gerechtfertigt waren.
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Dem kann die Klägerin nicht entgegenhalten, dass wegen Verstoßes gegen die Anhörungspflicht gem. § 113b LBG der Rechtfertigungsgrund entfiele. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit zunächst auf die oben gemachten Darlegungen verwiesen. Obwohl § 113b LBG auch hier nicht einschlägig ist, da es nicht um die Aufnahme der Antwortschreiben in die formelle Personalakte der Klägerin geht, wurde der Klägerin aber auch bereits im Gespräch vom 10.05.1995 Gelegenheit zur Äußerung zu dem Komplex „Beschwerden von Mitarbeitern“ gegeben, weshalb insoweit das formelle Erfordernis der Anhörung erfüllt wurde.
101 
Anders verhält es sich jedoch mit dem Satz „Einige Beschäftigte hätten ihm von „menschenunwürdiger Behandlung durch Frau xxx xxx“ berichtet“. Dieser Satz trägt nicht mehr den Charakter einer unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stehenden Entgegnung und Verteidigung auf die öffentlichen schweren Vorwürfe der Klägerin. Hierzu bestand nach Lage des Falles kein berechtigter Anlass, selbst wenn man dem Beklagten einräumt, dass er einem Auskunftsverlangen des Bürgers umfassend, deutlich und ohne Beschönigung Rechnung tragen darf. Zwar hat die Klägerin durch den Gebrauch bestimmter Formulierungen in ihrer Pressekonferenz die Ehre und das Ansehen des Innenministers beeinträchtigt, der Dienstherr hat sich aber - aus den dargelegten Gründen - dann der Wiedergabe einer Formulierung gegenüber Dritten zu enthalten, wenn diese im Rahmen einer anonymen Aussage gemacht wurde. Im Hinblick auf die leitende Position der Klägerin musste sie dies als besonders herabsetzend empfinden. Deshalb lässt sich die Äußerung auch nicht mit der Begründung verteidigen, dass sie von einem berechtigten Interesse des Bürgers an ungeschminkter Stellungnahme der Aufsichtsbehörde zu dienstlichen Vorgängen gedeckt würde. Dem aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht erwachsenden Anspruch der Klägerin darauf, von dem Dienstvorgesetzten gegenüber Dritten nicht bloßgestellt zu werden, steht somit kein die missbilligende Äußerung des Innenministers rechtfertigender Grund entgegen.
102 
Der auf Widerruf der Missbilligung gerichtete Anspruch scheitert auch nicht daran, dass der Widerrufsanspruch im Zivilrecht auf die Richtigstellung falscher Tatsachenbehauptungen beschränkt ist, der die Klägerin beeinträchtigende Satz aber in seinem Kern ein Werturteil enthält. Wie oben bereits dargelegt, gelten diese Grundsätze nicht in Verfahren der vorliegenden Art, in denen es um den Widerruf wegen Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht geht.
103 
V. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.
104 
1. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben, soweit sich der Beklagte gegen den Widerruf der in den Pressespiegeln als Aussage 2 bezeichneten Äußerung wendet. Insoweit wird zur Begründung auf das unter Abschnitt III. Gesagte verwiesen.
105 
2. Auch soweit das Verwaltungsgericht den Beklagten zum Widerruf der Äußerungen in dem Leserbrief vom 10.01.1996 verurteilt hat, ist die Berufung des Beklagten unbegründet.
106 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Passivlegitimation des Beklagten bejaht. Dabei kann dem Beklagten nicht gefolgt werden, wenn er ausführt, der Leserbrief sei keine Erklärung des Innenministeriums und diesem nicht zuzurechnen. Zwar stammt der Leserbrief von H. Z., dieser hat sich aber ersichtlich nicht als Privatperson, sondern in seiner Funktion als Pressesprecher des Innenministeriums geäußert. Dies ergibt sich schon aus der äußeren Form des Leserbriefes, wonach dieser nicht allein mit dem Namen des Verfassers unterzeichnet war, sondern außerdem den Zusatz Pressesprecher, Innenministerium Baden-Württemberg und die Dienstanschrift enthielt. Damit ist der Leserbrief dem beklagten Land als Dienstherrn zuzurechnen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.01.1987, a.a.O.).
107 
Der Beklagte hat seine Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin verletzt, indem er ein weiteres Mal eine anonym gemachte Äußerung aus einer Fernsehsendung wiedergegeben, dabei die Anonymität der Äußerung verschwiegen und diese verbreitet hat. Auch insoweit hätte es - wie oben bereits ausgeführt - dem Dienstherrn kraft seiner Fürsorgepflicht oblegen, sich der Verbreitung anonym getätigter Äußerungen Dritter über eine Beamtin zu enthalten, wenn er dem davor nicht bis ins Detail nachgegangen ist und keine Aufklärung herbeigeführt hat. Angesichts seiner Fürsorgepflicht war der Beklagte in besonderem Maße zu sorgfältigem Vorgehen verpflichtet. Mit den verbreiteten Äußerungen wird die Klägerin ohne rechtfertigenden Grund bloßgestellt und in ihrer Ehre verletzt, wobei auch insoweit auf die obigen Ausführungen unter Abschnitt III. verwiesen wird. Zwar hat die Klägerin im Zusammenhang mit der Vorstellung ihres letzten Tätigkeitsberichts im Dezember 1995 den Innenminister mit der Äußerung „Macht ging vor Anstand und vor Respekt gegenüber Amt und Person“ erneut angegriffen, dies rechtfertigt die in dem Leserbrief gemachten Äußerungen indes bei weitem nicht, wobei es auch insoweit bei der Frage, ob der Dienstherr seine Fürsorgepflicht verletzt hat, nicht auf die Unterscheidung zwischen unwahren Tatsachenbehauptungen oder missbilligenden Werturteilen ankommt und es deshalb dahinstehen kann, ob die gemachten Äußerungen zutreffend gewesen sind.
108 
Die Klägerin kann als Teil des ihr im Rahmen der Fürsorgepflicht geschuldeten Schutzes beanspruchen, dass der Beklagte die Ansehensbeeinträchtigung nicht fortbestehen lässt, sondern sie durch eine geeignete, nach Form und Adressatenkreis der beeinträchtigenden Äußerung möglichst entsprechenden Erklärung ausräumt (BVerwG, Urteil vom 29.06.1995, a.a.O. S. 63). Der Widerruf der entsprechenden Passage in dem Leserbrief ist dabei das geeignete Mittel.
109 
Soweit der Beklagte ausführt, ein Widerruf komme nach der langen Zeit nicht mehr in Betracht, ist dem - aus den oben dargelegten Gründen - nicht zu folgen.  
110 
VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin gemessen an der Anzahl und dem Ausmaß ihrer Begehren überwiegend obsiegt hat.
111 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG vorliegen.

Tatbestand

1

Die Klägerin stellt elektronische Zigaretten (im Folgenden: E-Zigaretten) und mit so genannten Liquids befüllte Filterkartuschen her. Die Flüssigkeiten bestehen aus Propylenglykol, Glycerin, künstlichen Lebensmittelaromen und Wasser. Wie zahlreiche andere Hersteller bietet die Klägerin die Liquids in verschiedenen Geschmacksrichtungen mit und ohne Nikotin an. Mit der E-Zigarette lassen sich die Liquids erhitzen („verdampfen“) und inhalieren.

2

Am 16. Dezember 2011 veröffentlichte das für Gesundheit zuständige Ministerium des Beklagten eine Pressemitteilung unter der Überschrift „Ministerin Steffens warnt vor Verkauf von illegalen E-Zigaretten: Geschäftsgründungen sind riskant - Gesundheitsschäden zu befürchten“. In der Mitteilung hieß es:

„Gesundheitsministerin Barbara Steffens hat heute ... vor dem Verkauf von elektronischen Zigaretten, die im Handel als E-Zigaretten angeboten werden, gewarnt. 'Der Handel und der Verkauf von E-Zigaretten sowie von liquidhaltigen Kartuschen, Kapseln oder Patronen für E-Zigaretten sind, sofern die arzneimittel- und medizinprodukterechtlichen Vorschriften nicht eingehalten werden, gesetzlich verboten. Insbesondere nikotinhaltige Liquids dürfen nur mit einer arzneimittelrechtlichen Zulassung in den Verkehr gebracht werden. Bei nikotinfreien Liquids ist im Einzelfall anhand der Inhaltsstoffe zu prüfen, ob sie den arzneimittelrechtlichen Vorschriften unterliegen. Wer gegen die genannten Vorschriften des Arzneimittelgesetzes verstößt, setzt sich der Gefahr strafrechtlicher Ahndung aus. Eine Information über diese geltende Rechtslage habe ich heute an die Bezirksregierungen und die Kreise sowie kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen auf den Weg gebracht', erläuterte die Ministerin. ... 'Angesichts der vielen Fragezeichen und der rechtlichen Situation kann ich allen Menschen nur abraten, ihre wirtschaftliche Existenz darauf zu gründen. Viel Zeit und Geld könnten fehlinvestiert werden', sagte die Ministerin“.

3

In einem an die Bezirksregierungen, Kreise und kreisfreien Städte gerichteten Erlass vom selben Tag wies das Ministerium auf seine Rechtsauffassung zur Einstufung der E-Zigaretten und Liquids hin. Nikotin sei eine pharmakologisch wirksame Substanz. Nikotinhaltige Liquids unterfielen daher als Funktionsarzneimittel den arzneimittelrechtlichen Regelungen. Die E-Zigarette (Applikator) unterliege den Kennzeichnungsvorschriften des Medizinproduktegesetzes. Der Erlass wurde nachrichtlich an die Landesapothekerkammern übersandt.

4

Nachdem dem Beklagten mit Beschluss vom 23. April 2012 (OVG Münster - 13 B 127/12 - NVwZ 2012, 767) untersagt worden war, die Verlautbarungen über die rechtliche Einordnung der E-Zigarette und der Liquids zu wiederholen, hat die Klägerin im Mai 2012 Klage auf Unterlassung der Äußerungen erhoben. Sie hat geltend gemacht, der Inhalt der Pressemitteilung und des Erlasses sei unrichtig. Nikotinhaltige E-Zigaretten seien keine Arzneimittel. Eine therapeutische Funktion komme ihnen nicht zu. Es handele sich vielmehr um Genussmittel. Zudem sei das Ministerium für die in Rede stehende Informationstätigkeit unzuständig. Zu öffentlichen Warnungen vor Arzneimitteln sei allein das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte berufen.

5

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. Oktober 2012 abgewiesen. Die Äußerungen stellten ein zulässiges Informationshandeln des Beklagten dar. Insbesondere verletzten sie nicht das Gebot der Richtigkeit und Sachlichkeit. Die öffentliche Information über die arzneimittel- und medizinprodukterechtliche Einstufung der E-Zigarette sei auch nicht als funktionales Äquivalent einer Verbotsverfügung anzusehen und unterliege daher nicht den für einen Grundrechtseingriff geltenden Bindungen. Dasselbe gelte für den Erlass an die nachgeordneten Behörden. Abgesehen davon sei die Rechtsauffassung des Ministeriums nicht zu beanstanden. Nikotinhaltige Liquids erfüllten die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG. Die E-Zigarette als Applikator sei gemäß § 2 Abs. 3 MPG ein Medizinprodukt.

6

Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung geändert und der Klage stattgegeben. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Die Klägerin habe einen Anspruch auf Unterlassung der streitigen Äußerungen, weil deren Wiederholung drohe und sie rechtswidrig in die Berufsfreiheit der Klägerin eingriffen. Zwar stelle die verfassungsunmittelbare Aufgabenzuweisung der Staatsleitung grundsätzlich eine hinreichende Ermächtigung der Regierung zur Information der Öffentlichkeit dar. Auch liege kein Verstoß gegen die Kompetenzordnung vor, da § 69 Abs. 4 AMG einer Informationstätigkeit der Länder nicht entgegenstehe. Jedoch genügten die Äußerungen nicht den inhaltlichen Anforderungen an ein zulässiges staatliches Informationshandeln. Zum Zeitpunkt der Verlautbarung habe eine erhebliche Rechtsunsicherheit bestanden, ob E-Zigaretten und nikotinhaltige Liquids den Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes und des Medizinproduktegesetzes unterfielen. Das Ministerium hätte seine Rechtsauffassung daher als vorläufig kennzeichnen oder als mit Unsicherheiten behaftet bezeichnen müssen. Unabhängig davon erwiesen sich die Äußerungen als funktionales Äquivalent einer Verbotsregelung; denn sie beeinträchtigten den Absatz der E-Zigaretten und Liquids faktisch ähnlich wie eine rechtliche Verkaufsbeschränkung. Die verbotsähnliche Wirkung sei vom Ministerium auch bezweckt gewesen und durch den Erlass vom 16. Dezember 2011, der über die nachgeordneten Behörden hinaus auch den Apothekerkammern zur Kenntnis gegeben worden sei, noch verstärkt worden. Wegen dieses Eingriffscharakters unterlägen die Äußerungen denselben Rechtmäßigkeitsanforderungen wie ein belastender Verwaltungsakt. Offen bleiben könne, ob für sie eine spezialgesetzliche Ermächtigungsgrundlage erforderlich sei. Ihre Rechtswidrigkeit ergebe sich jedenfalls daraus, dass die verlautbarte Rechtsauffassung unzutreffend sei. Im Regelfall seien nikotinhaltige Liquids nicht als Arzneimittel einzustufen und erfüllten E-Zigaretten nicht die Voraussetzungen eines Medizinprodukts. Etwas anderes gelte nur, wenn ihnen von Seiten der Hersteller oder Vertreiber im Sinne eines Präsentationsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG eine Bestimmung zur Heilung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden zugeschrieben werde. Dafür sei indes nichts ersichtlich. Die Erzeugnisse seien auch keine Funktionsarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG. Es könne unterstellt werden, dass marktübliche nikotinhaltige Liquids den menschlichen Stoffwechsel nennenswert beeinflussten. Das allein genüge jedoch nicht, um die Arzneimitteleigenschaft zu bejahen. Die gebotene Gesamtbetrachtung führe zu dem Ergebnis, dass die Liquids ihrer Funktion nach nicht als Arzneimittel, sondern als Genussmittel anzusehen seien. E-Zigaretten mit Nikotinlösungen ähnelten und imitierten Tabakzigaretten, die offensichtlich keine Arzneimittel seien. Auch die Beimengung von Aromastoffen stütze die Einstufung als Genussmittel. Die zunehmende Verbreitung der E-Zigarette sei ebenfalls kein Gesichtspunkt, der für die Annahme eines Arzneimittels sprechen könne; denn der steigende Absatz sei darauf zurückzuführen, dass das Produkt vom Verbraucher überwiegend als Genussmittel angesehen werde. Die Gesundheitsrisiken, die mit dem Verdampfen nikotinhaltiger Liquids verbunden seien, erschienen nicht größer als die Gefahren des Tabakrauchens. Im Rahmen der Gesamtschau sei zudem zu beachten, dass Funktionsarzneimittel typischerweise der Behandlung von Krankheiten oder unerwünschten körperlichen Zuständen und Beschwerden dienten. Es sei daher in den Blick zu nehmen, ob die Liquids objektiv geeignet seien, zu arzneilichen Zwecken eingesetzt zu werden, und ob ihnen die Anwender überwiegend eine therapeutische Zweckbestimmung beimäßen. Beides sei nicht der Fall.

7

Mit der vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Er macht im Wesentlichen geltend: Das Berufungsurteil stehe nicht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum staatlichen Informationshandeln. Die Grundsätze über die Richtigkeit und Sachlichkeit einer Information könnten nicht auf die amtliche Äußerung einer Rechtsauffassung übertragen werden. Anders als Tatsachen seien rechtliche Wertungen nicht dem Beweis zugänglich und ließen sich daher nicht abschließend als richtig oder falsch qualifizieren. Zutreffend sei das Verwaltungsgericht daher davon ausgegangen, dass die Eingriffsschwelle erst überschritten werde, wenn die Rechtsauffassung völlig abwegig oder unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt mehr vertretbar erscheine. Abgesehen davon überzeuge die Annahme einer Rechtsunsicherheit nicht; denn die zahlreichen Stellungnahmen, die eine Arzneimitteleigenschaft bejahten, blieben unerwähnt. Im Übrigen habe das Oberverwaltungsgericht die Arzneimitteleigenschaft der nikotinhaltigen Liquids zu Unrecht verneint. Das Vorliegen eines therapeutischen Nutzens sei für die Einstufung als Funktionsarzneimittel nicht zwingend. Auch die Voraussetzungen einer funktionalen Eingriffsäquivalenz seien nicht erfüllt. Die streitigen Äußerungen seien in ihrer Zielsetzung und Wirkung nicht mit einer Verbotsverfügung vergleichbar. Ein wirtschaftlicher Schaden der Klägerin sei nicht dargelegt. Er - der Beklagte - habe auch nicht bezweckt, den Handel mit E-Zigaretten und Liquids faktisch unmöglich zu machen. Die offenkundig missverständliche Interpretation der amtlichen Äußerungen durch Teile der Medien müsse er sich nicht zurechnen lassen. Selbst wenn die Voraussetzungen eines Eingriffs bejaht würden, sei er gerechtfertigt, weil das Ministerium die Liquids zu Recht als Arzneimittel eingestuft habe.

8

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Berufungsurteil. Ergänzend trägt sie vor, dass die Äußerungen wegen ihrer eingriffsgleichen Wirkung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedürften, an der es fehle.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Gesundheit der Auffassung, dass der Beklagte die Marktteilnehmer nicht auf verbleibende Unsicherheiten bei der rechtlichen Einstufung der E-Zigarette hätte hinweisen müssen. Gelangten die zuständigen Überwachungsbehörden zu dem Schluss, dass nikotinhaltige E-Zigaretten ohne arzneimittelrechtliche Zulassung nicht verkehrsfähig seien, müssten sie ein Inverkehrbringen unverzüglich und wirksam unterbinden. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn das Ministerium wegen der Vielzahl der befürchteten Verstöße auf diesen Sachverhalt aufmerksam mache und seine rechtliche Bewertung für Hersteller und Verbraucher deutlich mache.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu, weil die in Rede stehenden Äußerungen rechtswidrig in ihr Grundrecht auf freie Berufsausübung eingreifen.

11

1. Der öffentlich-rechtliche Anspruch auf Unterlassung der Wiederholung einer amtlichen Äußerung setzt voraus, dass diese rechtswidrig in subjektive Rechte des Betroffenen eingreift und die konkrete Gefahr ihrer Wiederholung droht. Fehlt es - wie hier - an einer spezialgesetzlichen Grundlage, leitet sich der Unterlassungsanspruch aus einer grundrechtlich geschützten Position des Betroffenen ab. Die Grundrechte schützen vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln. Der Betroffene kann daher, wenn ihm eine derartige Rechtsverletzung droht, gestützt auf das jeweilige Grundrecht Unterlassung verlangen (BVerwG, Urteile vom 23. Mai 1989 - 7 C 2.87 - BVerwGE 82, 76 <77 f.> und vom 21. Mai 2008 - 6 C 13.07 - BVerwGE 131, 171 Rn. 13; Beschluss vom 11. November 2010 - 7 B 54.10 - juris Rn. 14). Diese Voraussetzungen liegen vor.

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2. Dass die Klägerin die Gefahr einer Wiederholung der beanstandeten Äußerungen durch den Beklagten zu besorgen hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 2005 - 7 C 20.04 - Buchholz 11 Art. 4 GG Nr. 78 Rn. 34 und vom 25. Januar 2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 Rn. 21), hat das Oberverwaltungsgericht ausgehend von seinen das Revisionsgericht bindenden Tatsachenfeststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) zutreffend angenommen.

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3. Die streitigen Äußerungen verletzen die Klägerin in ihrer Berufsausübungsfreiheit.

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a) Art. 12 Abs. 1 GG schützt (u.a.) die Erwerbszwecken dienende freie unternehmerische Betätigung einschließlich der Teilhabe am Wettbewerb (BVerwG, Urteile vom 18. April 1985 - 3 C 34.84 - BVerwGE 71, 183 <189> und vom 7. Dezember 1995 - 3 C 23.94 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 240 S. 66). Zwar haben die Wettbewerber keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben. Insbesondere gewährleistet Art. 12 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf eine erfolgreiche Marktteilhabe oder auf Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten. Die Wettbewerbsposition und damit auch die erzielbaren Erträge unterliegen vielmehr den jeweiligen Funktionsbedingungen des Marktes. Entsprechend ist nicht jedes marktbezogene Informationshandeln des Staates schon als Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit zu bewerten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558, 1428/91 - BVerfGE 105, 252 <265 ff.>; Nichtannahmebeschluss vom 28. Juli 2004 - 1 BvR 2566/95 - NJW-RR 2004, 1710 <1711>; BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 1995 - 3 C 23.94 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 240 S. 66 f.). Eine staatliche Informationstätigkeit, die sich nachteilig auf die unternehmerische Wettbewerbsposition auswirken und den Markterfolg des Unternehmers behindern kann, stellt aber jedenfalls dann eine Beeinträchtigung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG dar, wenn sie in der Zielsetzung und ihren Wirkungen Ersatz für eine behördliche Maßnahme ist, die als Grundrechtseingriff zu qualifizieren wäre. Bei Vorliegen eines solchen funktionalen Äquivalents eines Eingriffs hängt die Rechtmäßigkeit des Informationshandelns davon ab, dass die für Grundrechtseingriffe maßgeblichen rechtlichen Anforderungen erfüllt sind (BVerfG, Beschlüsse vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558, 1428/91 - BVerfGE 105, 252 <273> und vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <76, 78>; Kammerbeschluss vom 31. August 2009 - 1 BvR 3275/07 - NVwZ 2009, 1486 Rn. 11).

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b) Danach greifen die Äußerungen über die rechtliche Einstufung der E-Zigaretten und Liquids unzulässig in die unternehmerische Betätigungsfreiheit der Klägerin ein.

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aa) Die Verlautbarungen des Ministeriums stellen sich als funktionales Äquivalent eines klassischen Grundrechtseingriffs mittels hoheitlicher Regelung dar. Eine solche eingriffsgleiche Maßnahme liegt vor, wenn der Staat zielgerichtet zu Lasten bestimmter Betroffener einen im öffentlichen Interesse erwünschten Erfolg herbeiführen will. Der nachteilige Effekt darf nicht nur zufällig eintreten oder unvorhersehbare Folge des staatlichen Handelns sein (BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 1995 - 3 C 23.94 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 240 S. 66 f. und vom 15. Dezember 2005 - 7 C 20.04 - Buchholz 11 Art. 4 GG Nr. 78 Rn. 29 f.). Diese Voraussetzungen sind hier nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts erfüllt. Danach haben die streitigen Äußerungen die unternehmerische Tätigkeit der Klägerin faktisch ähnlich wie eine rechtliche Verkaufsbeschränkung beeinträchtigt. Der Hinweis auf die drohenden strafrechtlichen Konsequenzen sei in besonderem Maße geeignet gewesen, Marktteilnehmer vom Handel mit E-Zigaretten und nikotinhaltigen Liquids abzuhalten. Vergleichbares gelte für die Information des Ministeriums, es habe die nachgeordneten Behörden über seine Rechtsauffassung unterrichtet; denn dadurch sei den Marktteilnehmern der Eindruck vermittelt worden, es sei mit einem baldigen ordnungsbehördlichen Einschreiten gegen den Vertrieb der E-Zigaretten und nikotinhaltigen Liquids zu rechnen. Damit seien die Absatzmöglichkeiten der Klägerin (und anderer Hersteller) erheblich behindert worden. Der nachteilige Effekt für den Handel und Verkauf dieser Produkte sei von dem Ministerium auch beabsichtigt gewesen (UA S. 21 ff.). Diese Annahmen des Berufungsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Bewertung der Zielsetzung und Wirkungen der Äußerungen gehört zur Tatsachenfeststellung und -würdigung, die für den Senat bindend ist. Durchgreifende Verfahrensrügen hiergegen hat der Beklagte nicht erhoben (§ 137 Abs. 2 VwGO).

17

Ein Rechtsfehler liegt auch nicht in der Annahme des Berufungsgerichts, durch die mediale Berichterstattung über die Äußerungen des Ministeriums sei deren verbotsähnlicher Effekt noch verstärkt worden. Bei der Bewertung der Wirkungen, die von der Presseinformation vom 16. Dezember 2011 ausgegangen sind, ist maßgeblich darauf abzuheben, wie die Äußerungen vom verständigen Durchschnittspublikum aufgenommen und verstanden worden sind (objektiver Empfängerhorizont). Dabei ist auch die Medienberichterstattung zu berücksichtigen, die zur Verbreitung der Äußerungen in besonderem Maße beigetragen hat. Die Einbeziehung der Medien als Multiplikatoren war von dem Ministerium zudem beabsichtigt; denn die Mitteilung war ausdrücklich an die Presse gerichtet. Soweit der Beklagte auf eine teilweise missverständliche Interpretation der Presseinformation in den Medien verweist, hat das Berufungsgericht dem entgegengesetzt, dass es sich um eine unerhebliche Abweichung gehandelt hat und es im Übrigen an dem Beklagten liegt, den mit einer unzutreffenden Berichterstattung verbundenen Wirkungen seines Informationshandelns erforderlichenfalls entgegenzusteuern. Dagegen ist aus Sicht des Revisionsrechts nichts zu erinnern.

18

Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht neben den Verlautbarungen in der Pressemitteilung auch Äußerungen aus dem Erlass vom 16. Dezember 2011 Eingriffswirkung beigemessen hat. Richtig ist allerdings, dass das Ministerium die nachgeordneten Behörden über seine Rechtsauffassung zur Einstufung der E-Zigaretten und Liquids informieren durfte. Solches Handeln gehört zum Aufgabenkreis einer obersten Aufsichtsbehörde. Die Weitergabe von Informationen an nachgeordnete Stellen im Erlasswege ist auch keine öffentliche Informationstätigkeit, sondern vielmehr eine interne Verwaltungsmaßnahme. Dass der Erlass nachrichtlich an die Landesapothekerkammern zur Kenntnis gegeben worden ist, steht dem nicht entgegen; denn sie sind in die öffentliche Aufgabe, eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen (§ 1 AMG, § 1 Abs. 1 ApoG), nach Maßgabe der Vorschriften des nordrhein-westfälischen Heilberufsgesetzes einbezogen. Das Berufungsgericht durfte die in dem Erlass getroffenen Aussagen zur arzneimittelrechtlichen und medizinprodukterechtlichen Beurteilung der E-Zigaretten und Liquids aber gleichwohl berücksichtigen, weil das Ministerium hierauf in seiner Pressemitteilung ausdrücklich Bezug genommen und den Erlass damit zum Gegenstand seines öffentlichen Informationshandelns gemacht hat. Demzufolge bezieht sich der tenorierte Unterlassungsanspruch der Klägerin, worauf der Senat zur Klarstellung hinweist, nur auf öffentliche Äußerungen und nicht auf Mitteilungen diesen Inhalts mit rein verwaltungsinterner Zweckbestimmung.

19

bb) Der Grundrechtseingriff ist nicht gerechtfertigt, weil dem Beklagten für die Äußerungen die erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) fehlt.

20

Die unmittelbar durch die Landesverfassung zugewiesene Aufgabe der Staatsleitung bietet insoweit keine hinreichende Grundlage. Erweist sich die staatliche Informationstätigkeit - wie hier - als funktionales Äquivalent eines Eingriffs, ist auch dafür eine besondere gesetzliche Ermächtigung erforderlich, weil andernfalls durch die Wahl der Handlungsform die verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen Grundrechtseingriff umgangen werden könnten (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 - BVerwGE 105, 279 <303>; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2005 - 7 C 20.04 - Buchholz 11 Art. 4 GG Nr. 78 Rn. 26 f.). Angesichts dessen braucht die in diesem Zusammenhang von den Beteiligten aufgeworfene Frage nicht beantwortet zu werden, ob für die Zulässigkeit staatlichen Informationshandelns, das die Äußerung von Rechtsansichten zum Gegenstand hat, auf die Vertretbarkeit der Rechtsauffassung abzustellen ist und ob der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt, die Marktteilnehmer auf die Vorläufigkeit der rechtlichen Bewertung hinzuweisen.

21

Die angegriffenen Äußerungen des Beklagten lassen sich auch nicht auf § 69 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) stützen. Zwar kann die Vorschrift dahin ausgelegt werden, dass die zuständigen Landesbehörden zur Wahrnehmung ihrer Überwachungsaufgaben erforderlichenfalls auch befugt sind, öffentliche Warnungen oder Empfehlungen auszusprechen (Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 3. Aufl., Stand: April 2014, § 69 AMG, Rn. 20; Delewski, in: Kügel/ Müller/Hofmann, AMG, 2012, § 69 Rn. 6: keine Beschränkung der Handlungsformen). Die materiellen Eingriffsvoraussetzungen liegen jedoch mangels Verstoßes gegen arzneimittelrechtliche Bestimmungen nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass nikotinhaltige Liquids im Regelfall - und so auch die von der Klägerin vertriebenen Produkte - keine Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG sind. Ebenso scheidet § 26 Abs. 2 Satz 4 des Medizinproduktegesetzes (MPG) als Ermächtigungsgrundlage aus, da E-Zigaretten nicht als Medizinprodukte im Sinne von § 2 Abs. 3 oder § 3 Nr. 1 bis 3 MPG einzustufen sind.

22

(1) Unter den Begriff des Präsentationsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. Nr. L 311 S. 67) i.d.F. der Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG hinsichtlich der Pharmakovigilanz (ABl. Nr. L 299 S. 1) fallen Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind. Ein Erzeugnis erfüllt diese Merkmale, wenn es entweder ausdrücklich als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bezeichnet oder empfohlen wird oder wenn sonst bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass das Produkt in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (stRspr; z.B. BVerwG, Urteile vom 3. März 2011 - 3 C 8.10 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 60 Rn. 12 und vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 21 f.; EuGH, Urteil vom 15. November 2007 - C-319/05, Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland - Slg. 2007, I-9811 Rn. 43 ff. m.w.N.).

23

Nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) werden die von der Klägerin hergestellten Liquids und E-Zigaretten sowie sonstige marktübliche Erzeugnisse dieser Art nicht als Mittel präsentiert, die zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bestimmt sind. Weder nach ihrer Bezeichnung und den werbenden Aussagen noch nach der Produktaufmachung im Übrigen nehmen die Erzeugnisse in Anspruch, Eigenschaften zur Behandlung der Nikotin- oder Tabaksucht aufzuweisen.

24

(2) Die Produkte erfüllen auch nicht die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG. Hierzu zählen alle Stoffe und Stoffzubereitungen, die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Die Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter diese Definition fällt, ist von Fall zu Fall zu treffen. Dabei sind alle Merkmale des Produkts zu berücksichtigen (vgl. § 2 Abs. 3a AMG, Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG), insbesondere seine Zusammensetzung, seine pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken seiner Verwendung (stRspr des EuGH; z.B. Urteile vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 42 und vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 32, jeweils m.w.N.). Im Rahmen dieser Einzelfallprüfung sind die pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften das Kriterium, auf dessen Grundlage ausgehend von den Wirkungsmöglichkeiten des Erzeugnisses zu beurteilen ist, ob es zur Wiederherstellung, Korrektur oder Beeinflussung der physiologischen Funktionen im oder am menschlichen Körper angewandt oder einem Menschen verabreicht werden kann (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 43). Das Produkt muss die Körperfunktionen nachweisbar und in nennenswerter Weise wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen können, wobei auf dessen bestimmungsgemäßen, normalen Gebrauch abzustellen ist (EuGH, Urteile vom 6. September 2012 - C-308/11, Chemische Fabrik Kreussler - Rn. 35 und vom 30. April 2009 - C-27/08, BIOS Naturprodukte - Slg. 2009, I-3785 Rn. 21 ff.; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 13 m.w.N.).

25

Nicht erfasst vom Begriff des Funktionsarzneimittels sind Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein (EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 38; BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - 3 C 42.06 - PharmR 2008, 254 <256>; Rennert, NVwZ 2008, 1179 <1184>). Daher können Erzeugnisse, die nicht zu therapeutischen, sondern ausschließlich zu Entspannungs- oder Rauschzwecken konsumiert werden und dabei gesundheitsschädlich sind, nicht als Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG, Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG eingestuft werden (EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 46). Schließlich genügt es nicht, dass das fragliche Erzeugnis Eigenschaften besitzt, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind, oder dass es einen Stoff enthält, der für therapeutische Zwecke verwendet werden kann. Ihm muss vielmehr tatsächlich die Funktion der Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden zukommen (EuGH, Urteil vom 15. November 2007 - C-319/05, Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland - Slg. 2007, I-9811 Rn. 64 f.). Mit anderen Worten, das Produkt muss objektiv geeignet sein, für therapeutische Zwecke eingesetzt zu werden.

26

Danach sind nikotinhaltige Liquids nicht als Funktionsarzneimittel anzusehen. Zwar ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zugrundezulegen, dass Nikotin ein Stoff ist, der pharmakologische Wirkungen entfaltet und in den marktüblichen Liquids in einer Dosierung vorhanden ist, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch eine nennenswerte Einwirkung auf den Stoffwechsel hervorruft. Bei der gebotenen Gesamtschau aller Produktmerkmale ist das Oberverwaltungsgericht aber rechtsfehlerfrei zu dem Schluss gelangt, dass die Erzeugnisse nach ihrer Funktion Genussmittel sind und ihnen keine Arzneimitteleigenschaft zukommt. Für die Genussmitteleigenschaft spricht, dass die nikotinhaltige E-Zigarette eine große Ähnlichkeit mit Tabakzigaretten aufweist. Das ergibt sich aus der äußeren Form, der sonstigen Aufmachung und der Art der Anwendung der E-Zigarette. Danach wird mit dem Verdampfen der Liquids das Rauchen der Tabakzigarette imitiert. Durch den Zusatz von Aromastoffen soll ein angenehmer Geschmack erzeugt werden, wobei dem Anwender vielfältige Geschmacksvarianten zur Auswahl stehen. Das unterscheidet die Liquids von dem zur Rauchentwöhnung zugelassenen Arzneimittel „Nicorette Inhaler“, das allein Menthol und Nikotin enthält. Auch fehlt eine Dosierungsempfehlung, wie sie für Arzneimittel typisch ist. Des Weiteren hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Liquids nicht geeignet sind, zu therapeutischen Zwecken eingesetzt zu werden. Es stützt sich darauf, dass allein die Möglichkeit, Entzugssymptome kurzfristig zu lindern, die Annahme einer arzneilichen Zweckbestimmung nicht rechtfertigt, weil die Aufnahme und Anreicherung von Nikotin der Gesundheit schaden. Diese Argumentation ist nicht zu beanstanden (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 32 ff.). Einen Vergleich mit den zur Substitution von Betäubungsmitteln zugelassenen Arzneimitteln hat das Oberverwaltungsgericht unter Hinweis auf die dafür bestehenden speziellen gesetzlichen Bestimmungen überzeugend abgelehnt. Schließlich ist den Liquids auch nicht deshalb eine therapeutische Eignung beizumessen, weil Erzeugnisse wie Nikotinpflaster oder der „Nicorette Inhaler“ als Arzneimittel eingestuft (und zugelassen) sind. Grundlage für die Qualifizierung dieser Nikotinersatzpräparate als Arzneimittel ist ihr Anspruch und ihre objektive Bestimmung, zur Rauchentwöhnung angewendet zu werden. Ein solcher therapeutischer Nutzen kommt der E-Zigarette nicht zu. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass sich eine Eignung der E-Zigarette als Mittel zur Erreichung eines Rauchstopps und zur Behandlung der Nikotinsucht mit dem Ziel der Entwöhnung wissenschaftlich nicht belegen lässt. Dabei stützt es sich auf verschiedene sachverständige Stellungnahmen und wissenschaftliche Erkenntnismaterialien. Dementsprechend messen auch die Konsumenten den Produkten überwiegend keine arzneiliche Zweckbestimmung bei, sondern verwenden sie als Genussmittel. Verfahrensrügen gegen diese Tatsachenfeststellungen hat der Beklagte nicht erhoben. Sie sind deshalb der Revisionsentscheidung zugrundezulegen (§ 137 Abs. 2 VwGO).

27

Danach lässt sich die Arzneimitteleigenschaft auch nicht damit begründen, dass mit der Verwendung der Liquids gesundheitliche Risiken verbunden sind. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht verkannt, dass die von dem Inhalieren des Nikotindampfes ausgehenden gesundheitlichen Gefahren noch nicht abschließend erforscht sind. Nach seinen Feststellungen sind nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft die Gesundheitsrisiken bei bestimmungsgemäßer Anwendung der E-Zigarette eher geringer einzuschätzen als die Gefahren des Rauchens herkömmlicher Tabakzigaretten; jedenfalls seien sie nicht größer. Dieser Befund legt zwar eine Regulierung des Inverkehrbringens und der Kennzeichnung nikotinhaltiger Liquids nahe (vgl. dazu Art. 1 Buchst. f und Art. 20 der Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG , die von den Mitgliedstaaten bis zum 20. Mai 2016 umzusetzen ist ). Allein das Bestehen von Gesundheitsrisiken bei der Anwendung eines Produkts rechtfertigt es aber nicht, es als Arzneimittel anzusehen (vgl. EuGH, Urteile vom 30. April 2009 - C-27/08, BIOS Naturprodukte - Slg. 2009, I-3785 Rn. 24 ff. und vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 48 f.).

28

§ 2 Abs. 3a AMG und Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG führen zu keiner abweichenden rechtlichen Bewertung. Aus ihnen ergibt sich für den Fall, dass ein Erzeugnis unter die Definition des Arzneimittels fällt und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach § 2 Abs. 3 AMG fallen kann, der Vorrang des Arzneimittelrechts. Die Anwendung der „Zweifelsfallregelung“ des § 2 Abs. 3a AMG beruht somit auf der Prämisse, dass das betreffende Produkt die Voraussetzungen eines Arzneimittels erfüllt (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 24 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 15).

29

Der Nichteinstufung als Arzneimittel steht schließlich nicht entgegen, dass nikotinhaltige Liquids in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Arzneimittel behandelt werden mögen. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lässt sich nach der gegenwärtigen - nicht vollständigen - Harmonisierung auf dem Gebiet des Arzneimittelrechts nicht ausschließen, dass die Frage der Arzneimitteleigenschaft eines Erzeugnisses unterschiedlich beurteilt wird. Der Umstand, dass Liquids für E-Zigaretten in einem Mitgliedstaat als Arzneimittel qualifiziert werden, bindet andere Mitgliedstaaten daher nicht (EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 45 ff. und vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 28).

30

(3) Fehlt den Liquids die Arzneimitteleigenschaft, handelt es sich bei den E-Zigaretten, mittels derer sie verdampft und inhaliert werden, auch nicht um Medizinprodukte. Sie sind weder im Sinne von § 2 Abs. 3 MPG dazu bestimmt, Arzneimittel zu verabreichen, noch liegt ein Fall des § 3 Nr. 1 bis 3 MPG vor.

31

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die automatisierte Erfassung und den automatisierten Abgleich seiner jeweiligen Kraftfahrzeugkennzeichen mit polizeilichen Fahndungsbeständen auf öffentlichen Verkehrsflächen in Bayern.

2

Der Beklagte setzt seit dem Jahr 2006 auf Grundlage von Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 PAG auf seinem Gebiet stationäre und mobile Kennzeichenerfassungsgeräte ein. Derzeit betreibt er 25 automatisierte Kennzeichenerkennungssysteme, davon 22 stationäre, die insgesamt 30 Fahrspuren abdecken, und drei mobile. Die stationären Systeme sind aktuell auf zwölf Standorte verteilt und befinden sich insbesondere an Bundesautobahnen. Die mobilen Systeme werden anlassbezogen eingesetzt, z.B. bei internationalen Fußballturnieren oder ähnlichen Großereignissen. Der jeweilige Standort wird gemäß jährlich aktualisierter Lageerkenntnisse durch das Landeskriminalamt bestimmt. Diese Lagebeurteilung wird im Innenministerium des Beklagten dokumentiert und der Landesbeauftragte für Datenschutz jährlich hierüber informiert.

3

Die stationären Systeme bestehen aus Kameras, die den fließenden Verkehr auf jeweils einer Fahrspur von hinten erfassen und das Kennzeichen eines jeden durchfahrenden Fahrzeugs mittels nicht sichtbaren Infrarotblitzes bildlich aufnehmen. Der aus dem digitalen Bild des Kennzeichens durch eine spezielle (OCR-)Software ausgelesene digitale Datensatz mit den Buchstaben und Ziffern des Kennzeichens wird über eine Datenleitung an einen am Fahrbahnrand in einem verschlossenen Behälter untergebrachten stationären Rechner weitergeleitet, in dem das erfasste Kennzeichen automatisch mit verschiedenen im Rechner abgespeicherten (Fahndungs-)Dateien abgeglichen wird. Die erfassten Kraftfahrzeugkennzeichen werden ausschließlich mit Datensätzen verglichen, die aus Kennzeichen von Kraftfahrzeugen bestehen und aus dem Sachfahndungsbestand von INPOL sowie für den Schengenbereich von SIS bzw. NSIS stammen. Anlass- und einzelfallbezogen findet auch ein Abgleich mit spezifischen Dateien (z.B. der Datei „Gewalttäter Sport“) statt. Bei mobilen Systemen erfolgt die Erfassung der Kennzeichen über am Fahrbahnrand aufgestellte Kameras. Der Abgleich wird über einen mobilen Rechner in einem vor Ort abgestellten Polizeifahrzeug vorgenommen.

4

Das im Bildspeicher (RAM) der automatisierten Kennzeichenerkennungssysteme digital erfasste Bild des Kennzeichens wird dort nach dem Datenbankabgleich sogleich mit einem Grauwert überschrieben. Die zum Abgleich verwendeten stationären oder mobilen Rechner verfügen über eine sog. Log-Datei, in der die Kennzeichen jedoch nicht bildlich, sondern in anonymisierter Form und mit einer kryptologischen Hashfunktion (als sog. MD5-Checksumme) des Kennzeichentextes gespeichert werden. Ergibt sich beim Datenabgleich kein Treffer auf dem jeweiligen Rechner, wird das aufgenommene Kennzeichen nach dem Abgleich automatisch aus dem Arbeitsspeicher des Rechners gelöscht. Im Fall eines Treffers, d.h. einer vom System festgestellten Übereinstimmung zwischen dem erfassten Kennzeichen und den auf dem Rechner im Datenbanksystem abgespeicherten Datensätzen (der Fahndungsdateien) wird der Treffer temporär in der Datenbank auf diesem Rechner gespeichert und entweder gleichzeitig über eine Datenleitung an den Zentralrechner der Einsatzzentrale des jeweils zuständigen Polizeipräsidiums übermittelt oder auf dem mobilen Rechner (Notebook) vor Ort am Bildschirm aufgezeigt. Es erfolgt dann jeweils durch die zuständigen Polizeibeamten eine visuelle Kontrolle der vom System gemeldeten Übereinstimmung. Erweist sich der Treffer als Fehlermeldung, weil das tatsächlich erfasste und das in einer Fahndungsdatei abgespeicherte Kraftfahrzeugkennzeichen tatsächlich doch nicht übereinstimmen, gibt der Polizeibeamte durch Betätigen des Buttons „Entfernen“ auf dem Rechner den Befehl, den gesamten Vorgang zu entfernen; in diesem Fall verbleibt auch auf dem Rechner in der Einsatzzentrale als „Spur“ der Treffermeldung nur noch die MD5-Quersumme. Im Trefferfall, also bei Übereinstimmung des erfassten mit einem gespeicherten Kraftfahrzeugkennzeichen startet der Polizeibeamte eine manuelle Abfrage bei der betreffenden Fahndungsdatei, speichert dann den Vorgang bzw. die Daten und veranlasst gegebenenfalls weitere polizeiliche Maßnahmen. Im Zeitraum Juni bis einschließlich September 2011, für den erstmals detaillierte Zahlen ermittelt wurden, kam es monatlich zu etwa acht Millionen Kennzeichenerfassungen. Davon waren 40 000 bis 50 000 Treffermeldungen (Übereinstimmungen und Fehlermeldungen) und 500 bis 600 echte Treffer (nur Übereinstimmungen) pro Monat.

5

Der Kläger hat am 3. Juni 2008 Klage erhoben, gerichtet auf Unterlassung der Erfassung und des Abgleichs seiner Kraftfahrzeugkennzeichen. Zur Begründung hat er ausgeführt: Er pendele regelmäßig mit einem Personenkraftwagen zwischen seinem Hauptwohnsitz in A. (Bayern) und einem weiteren Wohnsitz in S. und sei auch ansonsten häufig in Bayern, insbesondere im Grenzgebiet zu Österreich, unterwegs. Seine jährliche Fahrleistung betrage ca. 25 000 km. Anlässlich dieser zahlreichen Fahrten müsse er damit rechnen, regelmäßig in standortfeste oder mobile Kennzeichenkontrollen des Beklagten zu geraten. Auch wenn sein Kraftfahrzeugkennzeichen derzeit nicht in einer Fahndungsdatei gespeichert sei, befürchte er, irrtümlich angehalten und kontrolliert zu werden. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass irgendwann eine Speicherung, womöglich irrtümlich, erfolgen werde. Durch die mit Sicherheit in der Vergangenheit bereits erfolgte und in Zukunft noch erfolgende Erfassung und den Abgleich seines Kraftfahrzeugkennzeichens werde er in seinen Grundrechten verletzt. Für den mit der Maßnahme verbundenen Grundrechtseingriff fehle es an einer wirksamen gesetzlichen Grundlage, da Art. 33 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie Art. 38 Abs. 3 PAG verfassungswidrig seien.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, die Unterlassungsklage sei zulässig. Der Kläger sei aufgrund seiner zahlreichen Fahrten auf bayerischen Autobahnen mit großer Wahrscheinlichkeit bereits mehrfach von einer Kennzeichenerfassung mit anschließendem Abgleich betroffen gewesen und müsse auch künftig jederzeit damit rechnen, zumal die Maßnahme heimlich erfolge, sodass er ihr nicht ausweichen könne und nachträglicher Rechtsschutz nicht in Betracht komme. Die Klage sei aber unbegründet. Kennzeichenerfassung und -abgleich griffen zwar in den Schutzbereich des Grundrechts des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung ein. Dieser Eingriff beruhe jedoch auf einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage.

7

Schon an einem Grundrechtseingriff fehle es allerdings beim sog. „Nichttreffer“. In Bayern sei rechtlich und technisch sichergestellt, dass bei negativem Ergebnis eines unverzüglich nach der Erfassung vorgenommenen Abgleichs die erfassten Kennzeichen anonym blieben und sofort spurenlos und ohne die Möglichkeit, einen Bezug zum Fahrer, Beifahrer oder Halter eines Fahrzeugs herzustellen, gelöscht würden. Zu einem Grundrechtseingriff komme es nur dann, wenn ein erfasstes Kennzeichen in einem Speicher festgehalten werde und gegebenenfalls Grundlage weiterer Maßnahmen werden könne. Das sei nicht nur beim „echten Treffer“ der Fall, d.h. bei tatsächlicher Übereinstimmung der abgeglichenen Kennzeichen, sondern bereits beim sog. „unechten Treffer“, wenn sich nur infolge einer fehlerhaften Kennzeichenerkennung beim Abgleich mit dem Fahndungsbestand eine Übereinstimmung ergebe. Weil es relativ häufig zu „unechten Treffern“ komme, bestehe eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass auch der Kläger insoweit in den Bereich des Grundrechtseingriffs gerate bzw. bereits geraten sei. Dieser Grundrechtseingriff finde in den Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 sowie Art. 38 Abs. 3 PAG eine verfassungsgemäße gesetzliche Grundlage.

8

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision des Klägers, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorträgt, Kennzeichenerfassung und -abgleich griffen sowohl in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht als auch sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein, und zwar auch bei einem „Nichttreffer“. Das sei jedenfalls deshalb der Fall, weil in Art. 38 Abs. 3 Satz 1 PAG statt einer sofortigen nur eine unverzügliche Löschung angeordnet sei. Auch sei die Spurenlosigkeit der Löschung nicht gewährleistet. Eine Deanonymisierung sei mit vergleichsweise geringem Aufwand möglich, soweit Kennzeichen als MD5-Codes dauerhaft im Speicher der verwendeten Rechner verblieben. Die gegenteilige Überzeugungsbildung des Verwaltungsgerichtshofs sei fehlerhaft, weil sie auf einer unzutreffenden und unvollständigen Tatsachenbasis beruhe, die weiterer Aufklärung im Wege des Sachverständigenbeweises bedurft hätte.

9

Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 und Art. 38 Abs. 3 PAG seien verfassungswidrig. In weiten Teilen fehle dem Beklagten schon die Gesetzgebungskompetenz. Die Vorschriften verstießen zudem in mehrfacher Hinsicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 38 Abs. 3 PAG genügten auch nicht den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Schließlich sei die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG verletzt, weil die von einem Kennzeichenabgleich Betroffenen hierüber nicht informiert würden. Eine Benachrichtigung sei ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme möglich durch hinter den Kontrollstellen aufgestellte Hinweisschilder.

10

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Dezember 2012 und das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23. September 2009 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, durch den verdeckten Einsatz automatisierter Kennzeichenerkennungssysteme Kennzeichen von Kraftfahrzeugen, die auf den Kläger zugelassen sind, zu erfassen und mit polizeilichen Dateien abzugleichen.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

13

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich an dem Verfahren. Auch er verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Das angefochtene Urteil steht im Ergebnis mit Bundesrecht im Einklang.

15

1. Das klägerische Begehren ist als vorbeugende Unterlassungsklage statthaft (a), und es besteht dafür auch eine Klagebefugnis (b).

16

a) Die Unterlassungsklage stellt einen Unterfall der allgemeinen Leistungsklage dar. Mit ihr wird auf die Unterlassung eines öffentlich-rechtlichen Verwaltungshandelns geklagt. Die Statthaftigkeit dieser Klage begegnet bei drohendem Verwaltungshandeln ohne Verwaltungsaktsqualität keinen Bedenken. Auch das Unterlassen einer hoheitlichen Maßnahme ist eine Leistung, und bei Verwaltungshandeln ohne Verwaltungsaktsqualität kann die Zulassung einer Unterlassungsklage auch nicht zur Umgehung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Anfechtungsklage führen (Schenke, Verwaltungsprozessrecht 14. Auflage, 2014, Rn. 354). Das vom Kläger angegriffene öffentlich-rechtliche Verwaltungshandeln liegt im Betrieb von derzeit 25 automatisierten Kennzeichenerkennungssystemen des Beklagten. Sowohl die Erfassung als auch der Abgleich sind keine Verwaltungsakte im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, weshalb eine Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) hier nicht in Betracht kommt. Dies hat das Berufungsgericht aus bayerischem Landesrecht bindend abgeleitet.

17

Allerdings wendet der Kläger sich gegen mögliche künftige Eingriffe. Will der Bürger ein Behördenhandeln abwehren, das er mit mehr oder minder großer Gewissheit erst in der Zukunft erwartet, geht es um eine nur vorbeugende Unterlassungsklage. Verwaltungsrechtsschutz ist allerdings grundsätzlich nachgängiger Rechtsschutz. Das folgt aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, der der Gerichtsbarkeit nur die Kontrolle der Verwaltungstätigkeit aufträgt, ihr aber grundsätzlich nicht gestattet, bereits im Vorhinein gebietend oder verbietend in den Bereich der Verwaltung einzugreifen. Die Verwaltungsgerichtsordnung stellt darum ein System nachgängigen - ggf. einstweiligen - Rechtsschutzes bereit und geht davon aus, dass dieses zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) grundsätzlich ausreicht. Vorbeugende Klagen sind daher nur zulässig, wenn ein besonderes schützenswertes Interesse gerade an der Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes besteht, wenn mit anderen Worten der Verweis auf den nachgängigen Rechtsschutz - einschließlich des einstweiligen Rechtsschutzes - mit für den Kläger unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (stRspr; vgl. Urteile vom 12. Januar 1967 - BVerwG 3 C 58.65 - BVerwGE 26, 23 = Buchholz 427.3 § 338 LAG Nr. 13, vom 8. September 1972 - BVerwG 4 C 17.71 - BVerwGE 40, 323 <326 f.>, vom 29. Juli 1977 - BVerwG 4 C 51.75 - BVerwGE 54, 211 <214 f.>, vom 7. Mai 1987 - BVerwG 3 C 53.85 - BVerwGE 77, 207 <212> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 16 S. 34 und vom 25. September 2008 - BVerwG 3 C 35.07 - BVerwGE 132, 64 Rn. 26).

18

Ein solches spezifisches Interesse an vorbeugendem Rechtsschutz ergibt sich vorliegend aus dem Umstand, dass der Beklagte dasjenige Kennzeichenerfassungssystem, von dem die behaupteten Rechtsverletzungen ausgehen, bereits betreibt und auch weiterhin einsetzen wird. Hinzu kommt, dass eine polizeiliche Kontrolle mit Hilfe von Kennzeichenerfassungssystemen für den Kläger als Autofahrer nicht erkennbar ist, weil die Erfassung der einzelnen Kennzeichen beim Passieren der Aufnahmekameras von hinten erfolgt und der verwendete Infrarotblitz unsichtbar ist. Die Erfassung geschieht damit heimlich mit der Folge, dass der Kläger ihr nicht ausweichen kann. Zudem sind dem Kläger die einzelnen Standorte der Erfassungssysteme nicht bekannt. Aufgrund der Heimlichkeit der Maßnahme kommt ein nachträglicher Rechtsschutz gegen die Erkennung und den Datenabgleich nicht in Betracht.

19

b) Die Zulässigkeit der vorbeugenden Unterlassungsklage lässt sich auch nicht wegen fehlender Klagebefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO in Frage stellen. Es erscheint nach dem Vortrag des Klägers sowie im Lichte der beträchtlichen Erfassungsreichweite der vom Beklagten betriebenen Systeme möglich, dass ein dem Kläger zuzuordnendes KFZ-Kennzeichen künftig erfasst und gegen polizeiliche Dateien abgeglichen wird. Ferner erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass hiermit in Rechte des Klägers eingegriffen und diese verletzt werden. Ob letzteres tatsächlich der Fall ist, ist eine Frage der Begründbarkeit seiner Klage.

20

2. Die Klage ist aber unbegründet. Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch setzt die begründete Besorgnis voraus, der Beklagte werde künftig durch sein hoheitliches Handeln rechtswidrig in die geschützte Rechts- und Freiheitssphäre des Klägers eingreifen (Beschluss vom 29. April 1985 - BVerwG 1 B 149.84 - juris Rn. 9). Die erhobene Unterlassungsklage setzt für ihren Erfolg somit voraus, dass dem Kläger durch die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften über die automatisierte Kennzeichenerfassung (a) mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Eingriff in sein grundrechtlich geschütztes Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Unterfall des allgemeinen Persönlichkeitsrechts droht (b). Das ist nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, an die das Bundesverwaltungsgericht als Revisionsgericht gebunden ist, nicht der Fall.

21

a) Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch richtet sich nur gegen hoheitliche Maßnahmen. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Nach den Feststellungen im Berufungsurteil beruht die vom Kläger angegriffene automatisierte Kraftfahrzeug-Kennzeichenüberwachung durch den Beklagten auf den polizeirechtlichen Normen der Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 sowie Art. 38 Abs. 3 des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (Polizeiaufgabengesetz - PAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. September 1990 (GVBl S. 397), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286) und ist somit hoheitlicher Natur.

22

b) Dem Kläger droht nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Eingriff in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

23

aa) Ein KFZ-Kennzeichen ist als personenbezogenes Datum in den Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung einbezogen. Zwar offenbart die Buchstaben-Zahlen-Kombination, aus der es besteht, aus sich heraus noch nicht diejenige Person, der das Kennzeichen als Halter zuzuordnen ist. Diese Person ist jedoch durch Abfragen aus dem Fahrzeugregister (vgl. §§ 31 ff. StVG) bestimmbar. Dies genügt für den Einbezug in den grundrechtlichen Schutzbereich.

24

bb) Der grundrechtliche Schutz entfällt nicht schon deshalb, weil die betroffene Information öffentlich zugänglich ist, wie es für KFZ-Kennzeichen, die der Identifizierung dienen, sogar vorgeschrieben ist (§ 23 Abs. 1 Satz 3 StVO). Auch wenn der Einzelne sich in die Öffentlichkeit begibt, schützt das Recht der informationellen Selbstbestimmung dessen Interesse, dass die damit verbundenen personenbezogenen Informationen nicht im Zuge automatisierter Informationserhebung zur Speicherung mit der Möglichkeit der Weiterverwertung erfasst werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05 u.a. - BVerfGE 120, 378 <399>).

25

cc) Der Schutzumfang des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung beschränkt sich nicht auf Informationen, die bereits ihrer Art nach sensibel sind und schon deshalb grundrechtlich geschützt werden. Auch der Umgang mit personenbezogenen Daten, die für sich genommen - wie im Falle von KFZ-Kennzeichen - nur geringen Informationsgehalt haben, kann, je nach seinem Ziel und den bestehenden Verarbeitungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten, grundrechtserhebliche Auswirkungen auf die Privatheit und Verhaltensfreiheit des Betroffenen haben. Insofern gibt es unter den Bedingungen der elektronischen Datenverarbeitung kein schlechthin, also ungeachtet des Verwendungskontextes, belangloses personenbezogenes Datum mehr (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. S. 398 f.).

26

dd) Auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Erfassung eines größeren Datenbestandes letztlich nur Mittel zum Zweck für eine weitere Verkleinerung der Treffermenge ist, kann bereits in der Informationserhebung ein Eingriff liegen, soweit sie die Informationen für die Behörden verfügbar macht und die Basis für einen nachfolgenden Abgleich mit Suchkriterien bildet. Maßgeblich ist, ob sich bei einer Gesamtbetrachtung mit Blick auf den durch den Überwachungs- und Verwendungszweck bestimmten Zusammenhang das behördliche Interesse an den betroffenen Daten bereits derart verdichtet hat, dass ein Betroffensein in einer einen Grundrechtseingriff auslösenden Qualität zu bejahen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. S. 398).

27

Dies zugrunde gelegt, bilden Datenerfassungen keinen für die Annahme eines Grundrechtseingriffs hinreichenden Gefährdungstatbestand, soweit die Daten unmittelbar nach der Erfassung technisch wieder spurenlos, anonym und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, ausgesondert werden. Zu einem Eingriff in den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung kommt es daher in den Fällen der elektronischen Kennzeichenerfassung dann nicht, wenn der Abgleich mit dem Fahndungsbestand unverzüglich vorgenommen wird und negativ ausfällt (sogenannter Nichttrefferfall) sowie zusätzlich rechtlich und technisch gesichert ist, dass die Daten anonym bleiben und sofort spurenlos und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, gelöscht werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. S. 399). Demgegenüber kommt es zu einem Eingriff in das Grundrecht, wenn ein erfasstes Kennzeichen im Speicher festgehalten wird und gegebenenfalls Grundlage weiterer Maßnahmen werden kann. Darauf vor allem ist die Maßnahme gerichtet, wenn das Kraftfahrzeugkennzeichen im Fahndungsbestand aufgefunden wird. Ab diesem Zeitpunkt steht das erfasste Kennzeichen zur Auswertung durch staatliche Stellen zur Verfügung und es beginnt die spezifische Persönlichkeitsgefährdung für Verhaltensfreiheit und Privatheit, die den Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung auslöst (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. S. 399 f.).

28

Ausgehend von diesen durch das Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben ist im vorliegenden Fall für die Konstellation des „Nichttreffers“ die Eingriffsqualität von Erfassung und Abgleich eines KFZ-Kennzeichens zu verneinen. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs vollzieht sich beides in dieser Konstellation ohne zeitlichen Verzug in vollständig automatisierter Weise und ist ferner gesichert, dass die Daten einer menschlichen Kenntnisnahme unzugänglich bleiben.

29

Auch für die Konstellation des „unechten“ Treffers, die im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. März 2008 keiner gesonderten Würdigung unterzogen worden ist, ist die Eingriffsqualität der Maßnahme zu verneinen. Zwar wird das erfasste Kennzeichen in dieser Konstellation durch den Polizeibeamten, der mit dem visuellen Abgleich betraut ist, zur Kenntnis genommen. Der Polizeibeamte beschränkt sich jedoch nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs auf die Vornahme dieses Abgleichs und löscht den Vorgang umgehend, wenn der Abgleich negativ ausfällt. In diesem Stadium ist das behördliche Interesse an den betroffenen Daten nicht bereits derart verdichtet, dass - bezogen auf den Inhaber des KFZ-Kennzeichens - ein Betroffensein in einer einen Grundrechtseingriff auslösenden Qualität zu bejahen ist. Das behördliche Interesse ist in diesem Stadium nur ein systembezogenes Korrekturinteresse. Mithilfe des visuellen Abgleichs soll ausgeschlossen werden, dass aufgrund des unvollkommenen Lesemodus des Systems polizeiliche Maßnahmen in Bezug auf Kennzeichen eingeleitet werden, die zwar im Fahndungsbestand notiert sind, tatsächlich aber die Erfassungsstelle gar nicht passiert haben. Der Inhaber des tatsächlich erfassten Kennzeichens hat insoweit nicht mehr hinzunehmen als eine lediglich kurzzeitige Wahrnehmung der Buchstaben-Zahlen-Kombination durch den Polizeibeamten, der seinerseits nicht über die rechtliche Befugnis verfügt - und auch der Sache nach keinen Anlass hätte -, eine Abfrage aus dem Fahrzeugregister vorzunehmen. Die Anonymität des Inhabers bleibt folglich gewahrt.

30

In der Konstellation des „echten“ Treffers wird hingegen die Eingriffsschwelle überschritten. Hat der abgleichende Polizeibeamte die vom System gegebene Treffermeldung verifiziert, verdichtet sich das behördliche Interesse an den Daten. Durch die vorgesehene manuelle Abfrage aus der Fahndungsdatei wird die Identität des Kennzeicheninhabers gelüftet. Durch die weiter vorgesehene Abspeicherung des Vorgangs werden die gewonnenen Daten über Zeitpunkt und Ort der Erfassung für den Staat verfügbar gemacht. Dieser ist hierdurch in die Lage versetzt, weitere Maßnahmen gegen den Betroffenen einleiten zu können. Der Betroffene ist hierdurch in einer einen Grundrechtseingriff auslösenden Qualität berührt.

31

ee) Im vorliegenden Fall kann es hinsichtlich der Person des Klägers zum Szenarium eines „echten“ Treffers nach derzeitigem Sachstand nicht kommen, da nach den vorinstanzlichen Feststellungen sein KFZ-Kennzeichen nicht im Fahndungsbestand gespeichert ist. Die bloße Eventualität, es könnte zukünftig zu einer solchen Speicherung kommen, muss außer Betracht bleiben. Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch vermittelt keine Handhabe, ein behördliches Handeln abzuwehren, dem nur bei künftigem Hinzutreten außergewöhnlicher Umstände Eingriffsqualität gegenüber dem Anspruchsteller zuwüchse.

32

3. Die Kosten der ohne Erfolg eingelegten Revision fallen dem Kläger zur Last (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Tatbestand

1

Die Klägerin stellt elektronische Zigaretten (im Folgenden: E-Zigaretten) und mit so genannten Liquids befüllte Filterkartuschen her. Die Flüssigkeiten bestehen aus Propylenglykol, Glycerin, künstlichen Lebensmittelaromen und Wasser. Wie zahlreiche andere Hersteller bietet die Klägerin die Liquids in verschiedenen Geschmacksrichtungen mit und ohne Nikotin an. Mit der E-Zigarette lassen sich die Liquids erhitzen („verdampfen“) und inhalieren.

2

Am 16. Dezember 2011 veröffentlichte das für Gesundheit zuständige Ministerium des Beklagten eine Pressemitteilung unter der Überschrift „Ministerin Steffens warnt vor Verkauf von illegalen E-Zigaretten: Geschäftsgründungen sind riskant - Gesundheitsschäden zu befürchten“. In der Mitteilung hieß es:

„Gesundheitsministerin Barbara Steffens hat heute ... vor dem Verkauf von elektronischen Zigaretten, die im Handel als E-Zigaretten angeboten werden, gewarnt. 'Der Handel und der Verkauf von E-Zigaretten sowie von liquidhaltigen Kartuschen, Kapseln oder Patronen für E-Zigaretten sind, sofern die arzneimittel- und medizinprodukterechtlichen Vorschriften nicht eingehalten werden, gesetzlich verboten. Insbesondere nikotinhaltige Liquids dürfen nur mit einer arzneimittelrechtlichen Zulassung in den Verkehr gebracht werden. Bei nikotinfreien Liquids ist im Einzelfall anhand der Inhaltsstoffe zu prüfen, ob sie den arzneimittelrechtlichen Vorschriften unterliegen. Wer gegen die genannten Vorschriften des Arzneimittelgesetzes verstößt, setzt sich der Gefahr strafrechtlicher Ahndung aus. Eine Information über diese geltende Rechtslage habe ich heute an die Bezirksregierungen und die Kreise sowie kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen auf den Weg gebracht', erläuterte die Ministerin. ... 'Angesichts der vielen Fragezeichen und der rechtlichen Situation kann ich allen Menschen nur abraten, ihre wirtschaftliche Existenz darauf zu gründen. Viel Zeit und Geld könnten fehlinvestiert werden', sagte die Ministerin“.

3

In einem an die Bezirksregierungen, Kreise und kreisfreien Städte gerichteten Erlass vom selben Tag wies das Ministerium auf seine Rechtsauffassung zur Einstufung der E-Zigaretten und Liquids hin. Nikotin sei eine pharmakologisch wirksame Substanz. Nikotinhaltige Liquids unterfielen daher als Funktionsarzneimittel den arzneimittelrechtlichen Regelungen. Die E-Zigarette (Applikator) unterliege den Kennzeichnungsvorschriften des Medizinproduktegesetzes. Der Erlass wurde nachrichtlich an die Landesapothekerkammern übersandt.

4

Nachdem dem Beklagten mit Beschluss vom 23. April 2012 (OVG Münster - 13 B 127/12 - NVwZ 2012, 767) untersagt worden war, die Verlautbarungen über die rechtliche Einordnung der E-Zigarette und der Liquids zu wiederholen, hat die Klägerin im Mai 2012 Klage auf Unterlassung der Äußerungen erhoben. Sie hat geltend gemacht, der Inhalt der Pressemitteilung und des Erlasses sei unrichtig. Nikotinhaltige E-Zigaretten seien keine Arzneimittel. Eine therapeutische Funktion komme ihnen nicht zu. Es handele sich vielmehr um Genussmittel. Zudem sei das Ministerium für die in Rede stehende Informationstätigkeit unzuständig. Zu öffentlichen Warnungen vor Arzneimitteln sei allein das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte berufen.

5

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. Oktober 2012 abgewiesen. Die Äußerungen stellten ein zulässiges Informationshandeln des Beklagten dar. Insbesondere verletzten sie nicht das Gebot der Richtigkeit und Sachlichkeit. Die öffentliche Information über die arzneimittel- und medizinprodukterechtliche Einstufung der E-Zigarette sei auch nicht als funktionales Äquivalent einer Verbotsverfügung anzusehen und unterliege daher nicht den für einen Grundrechtseingriff geltenden Bindungen. Dasselbe gelte für den Erlass an die nachgeordneten Behörden. Abgesehen davon sei die Rechtsauffassung des Ministeriums nicht zu beanstanden. Nikotinhaltige Liquids erfüllten die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG. Die E-Zigarette als Applikator sei gemäß § 2 Abs. 3 MPG ein Medizinprodukt.

6

Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung geändert und der Klage stattgegeben. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Die Klägerin habe einen Anspruch auf Unterlassung der streitigen Äußerungen, weil deren Wiederholung drohe und sie rechtswidrig in die Berufsfreiheit der Klägerin eingriffen. Zwar stelle die verfassungsunmittelbare Aufgabenzuweisung der Staatsleitung grundsätzlich eine hinreichende Ermächtigung der Regierung zur Information der Öffentlichkeit dar. Auch liege kein Verstoß gegen die Kompetenzordnung vor, da § 69 Abs. 4 AMG einer Informationstätigkeit der Länder nicht entgegenstehe. Jedoch genügten die Äußerungen nicht den inhaltlichen Anforderungen an ein zulässiges staatliches Informationshandeln. Zum Zeitpunkt der Verlautbarung habe eine erhebliche Rechtsunsicherheit bestanden, ob E-Zigaretten und nikotinhaltige Liquids den Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes und des Medizinproduktegesetzes unterfielen. Das Ministerium hätte seine Rechtsauffassung daher als vorläufig kennzeichnen oder als mit Unsicherheiten behaftet bezeichnen müssen. Unabhängig davon erwiesen sich die Äußerungen als funktionales Äquivalent einer Verbotsregelung; denn sie beeinträchtigten den Absatz der E-Zigaretten und Liquids faktisch ähnlich wie eine rechtliche Verkaufsbeschränkung. Die verbotsähnliche Wirkung sei vom Ministerium auch bezweckt gewesen und durch den Erlass vom 16. Dezember 2011, der über die nachgeordneten Behörden hinaus auch den Apothekerkammern zur Kenntnis gegeben worden sei, noch verstärkt worden. Wegen dieses Eingriffscharakters unterlägen die Äußerungen denselben Rechtmäßigkeitsanforderungen wie ein belastender Verwaltungsakt. Offen bleiben könne, ob für sie eine spezialgesetzliche Ermächtigungsgrundlage erforderlich sei. Ihre Rechtswidrigkeit ergebe sich jedenfalls daraus, dass die verlautbarte Rechtsauffassung unzutreffend sei. Im Regelfall seien nikotinhaltige Liquids nicht als Arzneimittel einzustufen und erfüllten E-Zigaretten nicht die Voraussetzungen eines Medizinprodukts. Etwas anderes gelte nur, wenn ihnen von Seiten der Hersteller oder Vertreiber im Sinne eines Präsentationsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG eine Bestimmung zur Heilung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden zugeschrieben werde. Dafür sei indes nichts ersichtlich. Die Erzeugnisse seien auch keine Funktionsarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG. Es könne unterstellt werden, dass marktübliche nikotinhaltige Liquids den menschlichen Stoffwechsel nennenswert beeinflussten. Das allein genüge jedoch nicht, um die Arzneimitteleigenschaft zu bejahen. Die gebotene Gesamtbetrachtung führe zu dem Ergebnis, dass die Liquids ihrer Funktion nach nicht als Arzneimittel, sondern als Genussmittel anzusehen seien. E-Zigaretten mit Nikotinlösungen ähnelten und imitierten Tabakzigaretten, die offensichtlich keine Arzneimittel seien. Auch die Beimengung von Aromastoffen stütze die Einstufung als Genussmittel. Die zunehmende Verbreitung der E-Zigarette sei ebenfalls kein Gesichtspunkt, der für die Annahme eines Arzneimittels sprechen könne; denn der steigende Absatz sei darauf zurückzuführen, dass das Produkt vom Verbraucher überwiegend als Genussmittel angesehen werde. Die Gesundheitsrisiken, die mit dem Verdampfen nikotinhaltiger Liquids verbunden seien, erschienen nicht größer als die Gefahren des Tabakrauchens. Im Rahmen der Gesamtschau sei zudem zu beachten, dass Funktionsarzneimittel typischerweise der Behandlung von Krankheiten oder unerwünschten körperlichen Zuständen und Beschwerden dienten. Es sei daher in den Blick zu nehmen, ob die Liquids objektiv geeignet seien, zu arzneilichen Zwecken eingesetzt zu werden, und ob ihnen die Anwender überwiegend eine therapeutische Zweckbestimmung beimäßen. Beides sei nicht der Fall.

7

Mit der vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Er macht im Wesentlichen geltend: Das Berufungsurteil stehe nicht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum staatlichen Informationshandeln. Die Grundsätze über die Richtigkeit und Sachlichkeit einer Information könnten nicht auf die amtliche Äußerung einer Rechtsauffassung übertragen werden. Anders als Tatsachen seien rechtliche Wertungen nicht dem Beweis zugänglich und ließen sich daher nicht abschließend als richtig oder falsch qualifizieren. Zutreffend sei das Verwaltungsgericht daher davon ausgegangen, dass die Eingriffsschwelle erst überschritten werde, wenn die Rechtsauffassung völlig abwegig oder unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt mehr vertretbar erscheine. Abgesehen davon überzeuge die Annahme einer Rechtsunsicherheit nicht; denn die zahlreichen Stellungnahmen, die eine Arzneimitteleigenschaft bejahten, blieben unerwähnt. Im Übrigen habe das Oberverwaltungsgericht die Arzneimitteleigenschaft der nikotinhaltigen Liquids zu Unrecht verneint. Das Vorliegen eines therapeutischen Nutzens sei für die Einstufung als Funktionsarzneimittel nicht zwingend. Auch die Voraussetzungen einer funktionalen Eingriffsäquivalenz seien nicht erfüllt. Die streitigen Äußerungen seien in ihrer Zielsetzung und Wirkung nicht mit einer Verbotsverfügung vergleichbar. Ein wirtschaftlicher Schaden der Klägerin sei nicht dargelegt. Er - der Beklagte - habe auch nicht bezweckt, den Handel mit E-Zigaretten und Liquids faktisch unmöglich zu machen. Die offenkundig missverständliche Interpretation der amtlichen Äußerungen durch Teile der Medien müsse er sich nicht zurechnen lassen. Selbst wenn die Voraussetzungen eines Eingriffs bejaht würden, sei er gerechtfertigt, weil das Ministerium die Liquids zu Recht als Arzneimittel eingestuft habe.

8

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Berufungsurteil. Ergänzend trägt sie vor, dass die Äußerungen wegen ihrer eingriffsgleichen Wirkung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedürften, an der es fehle.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Gesundheit der Auffassung, dass der Beklagte die Marktteilnehmer nicht auf verbleibende Unsicherheiten bei der rechtlichen Einstufung der E-Zigarette hätte hinweisen müssen. Gelangten die zuständigen Überwachungsbehörden zu dem Schluss, dass nikotinhaltige E-Zigaretten ohne arzneimittelrechtliche Zulassung nicht verkehrsfähig seien, müssten sie ein Inverkehrbringen unverzüglich und wirksam unterbinden. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn das Ministerium wegen der Vielzahl der befürchteten Verstöße auf diesen Sachverhalt aufmerksam mache und seine rechtliche Bewertung für Hersteller und Verbraucher deutlich mache.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu, weil die in Rede stehenden Äußerungen rechtswidrig in ihr Grundrecht auf freie Berufsausübung eingreifen.

11

1. Der öffentlich-rechtliche Anspruch auf Unterlassung der Wiederholung einer amtlichen Äußerung setzt voraus, dass diese rechtswidrig in subjektive Rechte des Betroffenen eingreift und die konkrete Gefahr ihrer Wiederholung droht. Fehlt es - wie hier - an einer spezialgesetzlichen Grundlage, leitet sich der Unterlassungsanspruch aus einer grundrechtlich geschützten Position des Betroffenen ab. Die Grundrechte schützen vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln. Der Betroffene kann daher, wenn ihm eine derartige Rechtsverletzung droht, gestützt auf das jeweilige Grundrecht Unterlassung verlangen (BVerwG, Urteile vom 23. Mai 1989 - 7 C 2.87 - BVerwGE 82, 76 <77 f.> und vom 21. Mai 2008 - 6 C 13.07 - BVerwGE 131, 171 Rn. 13; Beschluss vom 11. November 2010 - 7 B 54.10 - juris Rn. 14). Diese Voraussetzungen liegen vor.

12

2. Dass die Klägerin die Gefahr einer Wiederholung der beanstandeten Äußerungen durch den Beklagten zu besorgen hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 2005 - 7 C 20.04 - Buchholz 11 Art. 4 GG Nr. 78 Rn. 34 und vom 25. Januar 2012 - 6 C 9.11 - BVerwGE 141, 329 Rn. 21), hat das Oberverwaltungsgericht ausgehend von seinen das Revisionsgericht bindenden Tatsachenfeststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) zutreffend angenommen.

13

3. Die streitigen Äußerungen verletzen die Klägerin in ihrer Berufsausübungsfreiheit.

14

a) Art. 12 Abs. 1 GG schützt (u.a.) die Erwerbszwecken dienende freie unternehmerische Betätigung einschließlich der Teilhabe am Wettbewerb (BVerwG, Urteile vom 18. April 1985 - 3 C 34.84 - BVerwGE 71, 183 <189> und vom 7. Dezember 1995 - 3 C 23.94 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 240 S. 66). Zwar haben die Wettbewerber keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben. Insbesondere gewährleistet Art. 12 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf eine erfolgreiche Marktteilhabe oder auf Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten. Die Wettbewerbsposition und damit auch die erzielbaren Erträge unterliegen vielmehr den jeweiligen Funktionsbedingungen des Marktes. Entsprechend ist nicht jedes marktbezogene Informationshandeln des Staates schon als Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit zu bewerten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558, 1428/91 - BVerfGE 105, 252 <265 ff.>; Nichtannahmebeschluss vom 28. Juli 2004 - 1 BvR 2566/95 - NJW-RR 2004, 1710 <1711>; BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 1995 - 3 C 23.94 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 240 S. 66 f.). Eine staatliche Informationstätigkeit, die sich nachteilig auf die unternehmerische Wettbewerbsposition auswirken und den Markterfolg des Unternehmers behindern kann, stellt aber jedenfalls dann eine Beeinträchtigung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG dar, wenn sie in der Zielsetzung und ihren Wirkungen Ersatz für eine behördliche Maßnahme ist, die als Grundrechtseingriff zu qualifizieren wäre. Bei Vorliegen eines solchen funktionalen Äquivalents eines Eingriffs hängt die Rechtmäßigkeit des Informationshandelns davon ab, dass die für Grundrechtseingriffe maßgeblichen rechtlichen Anforderungen erfüllt sind (BVerfG, Beschlüsse vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558, 1428/91 - BVerfGE 105, 252 <273> und vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <76, 78>; Kammerbeschluss vom 31. August 2009 - 1 BvR 3275/07 - NVwZ 2009, 1486 Rn. 11).

15

b) Danach greifen die Äußerungen über die rechtliche Einstufung der E-Zigaretten und Liquids unzulässig in die unternehmerische Betätigungsfreiheit der Klägerin ein.

16

aa) Die Verlautbarungen des Ministeriums stellen sich als funktionales Äquivalent eines klassischen Grundrechtseingriffs mittels hoheitlicher Regelung dar. Eine solche eingriffsgleiche Maßnahme liegt vor, wenn der Staat zielgerichtet zu Lasten bestimmter Betroffener einen im öffentlichen Interesse erwünschten Erfolg herbeiführen will. Der nachteilige Effekt darf nicht nur zufällig eintreten oder unvorhersehbare Folge des staatlichen Handelns sein (BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 1995 - 3 C 23.94 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 240 S. 66 f. und vom 15. Dezember 2005 - 7 C 20.04 - Buchholz 11 Art. 4 GG Nr. 78 Rn. 29 f.). Diese Voraussetzungen sind hier nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts erfüllt. Danach haben die streitigen Äußerungen die unternehmerische Tätigkeit der Klägerin faktisch ähnlich wie eine rechtliche Verkaufsbeschränkung beeinträchtigt. Der Hinweis auf die drohenden strafrechtlichen Konsequenzen sei in besonderem Maße geeignet gewesen, Marktteilnehmer vom Handel mit E-Zigaretten und nikotinhaltigen Liquids abzuhalten. Vergleichbares gelte für die Information des Ministeriums, es habe die nachgeordneten Behörden über seine Rechtsauffassung unterrichtet; denn dadurch sei den Marktteilnehmern der Eindruck vermittelt worden, es sei mit einem baldigen ordnungsbehördlichen Einschreiten gegen den Vertrieb der E-Zigaretten und nikotinhaltigen Liquids zu rechnen. Damit seien die Absatzmöglichkeiten der Klägerin (und anderer Hersteller) erheblich behindert worden. Der nachteilige Effekt für den Handel und Verkauf dieser Produkte sei von dem Ministerium auch beabsichtigt gewesen (UA S. 21 ff.). Diese Annahmen des Berufungsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Bewertung der Zielsetzung und Wirkungen der Äußerungen gehört zur Tatsachenfeststellung und -würdigung, die für den Senat bindend ist. Durchgreifende Verfahrensrügen hiergegen hat der Beklagte nicht erhoben (§ 137 Abs. 2 VwGO).

17

Ein Rechtsfehler liegt auch nicht in der Annahme des Berufungsgerichts, durch die mediale Berichterstattung über die Äußerungen des Ministeriums sei deren verbotsähnlicher Effekt noch verstärkt worden. Bei der Bewertung der Wirkungen, die von der Presseinformation vom 16. Dezember 2011 ausgegangen sind, ist maßgeblich darauf abzuheben, wie die Äußerungen vom verständigen Durchschnittspublikum aufgenommen und verstanden worden sind (objektiver Empfängerhorizont). Dabei ist auch die Medienberichterstattung zu berücksichtigen, die zur Verbreitung der Äußerungen in besonderem Maße beigetragen hat. Die Einbeziehung der Medien als Multiplikatoren war von dem Ministerium zudem beabsichtigt; denn die Mitteilung war ausdrücklich an die Presse gerichtet. Soweit der Beklagte auf eine teilweise missverständliche Interpretation der Presseinformation in den Medien verweist, hat das Berufungsgericht dem entgegengesetzt, dass es sich um eine unerhebliche Abweichung gehandelt hat und es im Übrigen an dem Beklagten liegt, den mit einer unzutreffenden Berichterstattung verbundenen Wirkungen seines Informationshandelns erforderlichenfalls entgegenzusteuern. Dagegen ist aus Sicht des Revisionsrechts nichts zu erinnern.

18

Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht neben den Verlautbarungen in der Pressemitteilung auch Äußerungen aus dem Erlass vom 16. Dezember 2011 Eingriffswirkung beigemessen hat. Richtig ist allerdings, dass das Ministerium die nachgeordneten Behörden über seine Rechtsauffassung zur Einstufung der E-Zigaretten und Liquids informieren durfte. Solches Handeln gehört zum Aufgabenkreis einer obersten Aufsichtsbehörde. Die Weitergabe von Informationen an nachgeordnete Stellen im Erlasswege ist auch keine öffentliche Informationstätigkeit, sondern vielmehr eine interne Verwaltungsmaßnahme. Dass der Erlass nachrichtlich an die Landesapothekerkammern zur Kenntnis gegeben worden ist, steht dem nicht entgegen; denn sie sind in die öffentliche Aufgabe, eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen (§ 1 AMG, § 1 Abs. 1 ApoG), nach Maßgabe der Vorschriften des nordrhein-westfälischen Heilberufsgesetzes einbezogen. Das Berufungsgericht durfte die in dem Erlass getroffenen Aussagen zur arzneimittelrechtlichen und medizinprodukterechtlichen Beurteilung der E-Zigaretten und Liquids aber gleichwohl berücksichtigen, weil das Ministerium hierauf in seiner Pressemitteilung ausdrücklich Bezug genommen und den Erlass damit zum Gegenstand seines öffentlichen Informationshandelns gemacht hat. Demzufolge bezieht sich der tenorierte Unterlassungsanspruch der Klägerin, worauf der Senat zur Klarstellung hinweist, nur auf öffentliche Äußerungen und nicht auf Mitteilungen diesen Inhalts mit rein verwaltungsinterner Zweckbestimmung.

19

bb) Der Grundrechtseingriff ist nicht gerechtfertigt, weil dem Beklagten für die Äußerungen die erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) fehlt.

20

Die unmittelbar durch die Landesverfassung zugewiesene Aufgabe der Staatsleitung bietet insoweit keine hinreichende Grundlage. Erweist sich die staatliche Informationstätigkeit - wie hier - als funktionales Äquivalent eines Eingriffs, ist auch dafür eine besondere gesetzliche Ermächtigung erforderlich, weil andernfalls durch die Wahl der Handlungsform die verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen Grundrechtseingriff umgangen werden könnten (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 - BVerwGE 105, 279 <303>; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2005 - 7 C 20.04 - Buchholz 11 Art. 4 GG Nr. 78 Rn. 26 f.). Angesichts dessen braucht die in diesem Zusammenhang von den Beteiligten aufgeworfene Frage nicht beantwortet zu werden, ob für die Zulässigkeit staatlichen Informationshandelns, das die Äußerung von Rechtsansichten zum Gegenstand hat, auf die Vertretbarkeit der Rechtsauffassung abzustellen ist und ob der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt, die Marktteilnehmer auf die Vorläufigkeit der rechtlichen Bewertung hinzuweisen.

21

Die angegriffenen Äußerungen des Beklagten lassen sich auch nicht auf § 69 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) stützen. Zwar kann die Vorschrift dahin ausgelegt werden, dass die zuständigen Landesbehörden zur Wahrnehmung ihrer Überwachungsaufgaben erforderlichenfalls auch befugt sind, öffentliche Warnungen oder Empfehlungen auszusprechen (Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 3. Aufl., Stand: April 2014, § 69 AMG, Rn. 20; Delewski, in: Kügel/ Müller/Hofmann, AMG, 2012, § 69 Rn. 6: keine Beschränkung der Handlungsformen). Die materiellen Eingriffsvoraussetzungen liegen jedoch mangels Verstoßes gegen arzneimittelrechtliche Bestimmungen nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass nikotinhaltige Liquids im Regelfall - und so auch die von der Klägerin vertriebenen Produkte - keine Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG sind. Ebenso scheidet § 26 Abs. 2 Satz 4 des Medizinproduktegesetzes (MPG) als Ermächtigungsgrundlage aus, da E-Zigaretten nicht als Medizinprodukte im Sinne von § 2 Abs. 3 oder § 3 Nr. 1 bis 3 MPG einzustufen sind.

22

(1) Unter den Begriff des Präsentationsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. Nr. L 311 S. 67) i.d.F. der Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG hinsichtlich der Pharmakovigilanz (ABl. Nr. L 299 S. 1) fallen Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind. Ein Erzeugnis erfüllt diese Merkmale, wenn es entweder ausdrücklich als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bezeichnet oder empfohlen wird oder wenn sonst bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass das Produkt in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (stRspr; z.B. BVerwG, Urteile vom 3. März 2011 - 3 C 8.10 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 60 Rn. 12 und vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 21 f.; EuGH, Urteil vom 15. November 2007 - C-319/05, Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland - Slg. 2007, I-9811 Rn. 43 ff. m.w.N.).

23

Nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) werden die von der Klägerin hergestellten Liquids und E-Zigaretten sowie sonstige marktübliche Erzeugnisse dieser Art nicht als Mittel präsentiert, die zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bestimmt sind. Weder nach ihrer Bezeichnung und den werbenden Aussagen noch nach der Produktaufmachung im Übrigen nehmen die Erzeugnisse in Anspruch, Eigenschaften zur Behandlung der Nikotin- oder Tabaksucht aufzuweisen.

24

(2) Die Produkte erfüllen auch nicht die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG. Hierzu zählen alle Stoffe und Stoffzubereitungen, die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Die Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter diese Definition fällt, ist von Fall zu Fall zu treffen. Dabei sind alle Merkmale des Produkts zu berücksichtigen (vgl. § 2 Abs. 3a AMG, Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG), insbesondere seine Zusammensetzung, seine pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken seiner Verwendung (stRspr des EuGH; z.B. Urteile vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 42 und vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 32, jeweils m.w.N.). Im Rahmen dieser Einzelfallprüfung sind die pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften das Kriterium, auf dessen Grundlage ausgehend von den Wirkungsmöglichkeiten des Erzeugnisses zu beurteilen ist, ob es zur Wiederherstellung, Korrektur oder Beeinflussung der physiologischen Funktionen im oder am menschlichen Körper angewandt oder einem Menschen verabreicht werden kann (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 43). Das Produkt muss die Körperfunktionen nachweisbar und in nennenswerter Weise wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen können, wobei auf dessen bestimmungsgemäßen, normalen Gebrauch abzustellen ist (EuGH, Urteile vom 6. September 2012 - C-308/11, Chemische Fabrik Kreussler - Rn. 35 und vom 30. April 2009 - C-27/08, BIOS Naturprodukte - Slg. 2009, I-3785 Rn. 21 ff.; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 13 m.w.N.).

25

Nicht erfasst vom Begriff des Funktionsarzneimittels sind Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein (EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 38; BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - 3 C 42.06 - PharmR 2008, 254 <256>; Rennert, NVwZ 2008, 1179 <1184>). Daher können Erzeugnisse, die nicht zu therapeutischen, sondern ausschließlich zu Entspannungs- oder Rauschzwecken konsumiert werden und dabei gesundheitsschädlich sind, nicht als Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG, Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG eingestuft werden (EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 46). Schließlich genügt es nicht, dass das fragliche Erzeugnis Eigenschaften besitzt, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind, oder dass es einen Stoff enthält, der für therapeutische Zwecke verwendet werden kann. Ihm muss vielmehr tatsächlich die Funktion der Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden zukommen (EuGH, Urteil vom 15. November 2007 - C-319/05, Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland - Slg. 2007, I-9811 Rn. 64 f.). Mit anderen Worten, das Produkt muss objektiv geeignet sein, für therapeutische Zwecke eingesetzt zu werden.

26

Danach sind nikotinhaltige Liquids nicht als Funktionsarzneimittel anzusehen. Zwar ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zugrundezulegen, dass Nikotin ein Stoff ist, der pharmakologische Wirkungen entfaltet und in den marktüblichen Liquids in einer Dosierung vorhanden ist, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch eine nennenswerte Einwirkung auf den Stoffwechsel hervorruft. Bei der gebotenen Gesamtschau aller Produktmerkmale ist das Oberverwaltungsgericht aber rechtsfehlerfrei zu dem Schluss gelangt, dass die Erzeugnisse nach ihrer Funktion Genussmittel sind und ihnen keine Arzneimitteleigenschaft zukommt. Für die Genussmitteleigenschaft spricht, dass die nikotinhaltige E-Zigarette eine große Ähnlichkeit mit Tabakzigaretten aufweist. Das ergibt sich aus der äußeren Form, der sonstigen Aufmachung und der Art der Anwendung der E-Zigarette. Danach wird mit dem Verdampfen der Liquids das Rauchen der Tabakzigarette imitiert. Durch den Zusatz von Aromastoffen soll ein angenehmer Geschmack erzeugt werden, wobei dem Anwender vielfältige Geschmacksvarianten zur Auswahl stehen. Das unterscheidet die Liquids von dem zur Rauchentwöhnung zugelassenen Arzneimittel „Nicorette Inhaler“, das allein Menthol und Nikotin enthält. Auch fehlt eine Dosierungsempfehlung, wie sie für Arzneimittel typisch ist. Des Weiteren hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Liquids nicht geeignet sind, zu therapeutischen Zwecken eingesetzt zu werden. Es stützt sich darauf, dass allein die Möglichkeit, Entzugssymptome kurzfristig zu lindern, die Annahme einer arzneilichen Zweckbestimmung nicht rechtfertigt, weil die Aufnahme und Anreicherung von Nikotin der Gesundheit schaden. Diese Argumentation ist nicht zu beanstanden (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 32 ff.). Einen Vergleich mit den zur Substitution von Betäubungsmitteln zugelassenen Arzneimitteln hat das Oberverwaltungsgericht unter Hinweis auf die dafür bestehenden speziellen gesetzlichen Bestimmungen überzeugend abgelehnt. Schließlich ist den Liquids auch nicht deshalb eine therapeutische Eignung beizumessen, weil Erzeugnisse wie Nikotinpflaster oder der „Nicorette Inhaler“ als Arzneimittel eingestuft (und zugelassen) sind. Grundlage für die Qualifizierung dieser Nikotinersatzpräparate als Arzneimittel ist ihr Anspruch und ihre objektive Bestimmung, zur Rauchentwöhnung angewendet zu werden. Ein solcher therapeutischer Nutzen kommt der E-Zigarette nicht zu. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass sich eine Eignung der E-Zigarette als Mittel zur Erreichung eines Rauchstopps und zur Behandlung der Nikotinsucht mit dem Ziel der Entwöhnung wissenschaftlich nicht belegen lässt. Dabei stützt es sich auf verschiedene sachverständige Stellungnahmen und wissenschaftliche Erkenntnismaterialien. Dementsprechend messen auch die Konsumenten den Produkten überwiegend keine arzneiliche Zweckbestimmung bei, sondern verwenden sie als Genussmittel. Verfahrensrügen gegen diese Tatsachenfeststellungen hat der Beklagte nicht erhoben. Sie sind deshalb der Revisionsentscheidung zugrundezulegen (§ 137 Abs. 2 VwGO).

27

Danach lässt sich die Arzneimitteleigenschaft auch nicht damit begründen, dass mit der Verwendung der Liquids gesundheitliche Risiken verbunden sind. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht verkannt, dass die von dem Inhalieren des Nikotindampfes ausgehenden gesundheitlichen Gefahren noch nicht abschließend erforscht sind. Nach seinen Feststellungen sind nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft die Gesundheitsrisiken bei bestimmungsgemäßer Anwendung der E-Zigarette eher geringer einzuschätzen als die Gefahren des Rauchens herkömmlicher Tabakzigaretten; jedenfalls seien sie nicht größer. Dieser Befund legt zwar eine Regulierung des Inverkehrbringens und der Kennzeichnung nikotinhaltiger Liquids nahe (vgl. dazu Art. 1 Buchst. f und Art. 20 der Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG , die von den Mitgliedstaaten bis zum 20. Mai 2016 umzusetzen ist ). Allein das Bestehen von Gesundheitsrisiken bei der Anwendung eines Produkts rechtfertigt es aber nicht, es als Arzneimittel anzusehen (vgl. EuGH, Urteile vom 30. April 2009 - C-27/08, BIOS Naturprodukte - Slg. 2009, I-3785 Rn. 24 ff. und vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 48 f.).

28

§ 2 Abs. 3a AMG und Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG führen zu keiner abweichenden rechtlichen Bewertung. Aus ihnen ergibt sich für den Fall, dass ein Erzeugnis unter die Definition des Arzneimittels fällt und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach § 2 Abs. 3 AMG fallen kann, der Vorrang des Arzneimittelrechts. Die Anwendung der „Zweifelsfallregelung“ des § 2 Abs. 3a AMG beruht somit auf der Prämisse, dass das betreffende Produkt die Voraussetzungen eines Arzneimittels erfüllt (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 24 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 15).

29

Der Nichteinstufung als Arzneimittel steht schließlich nicht entgegen, dass nikotinhaltige Liquids in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Arzneimittel behandelt werden mögen. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lässt sich nach der gegenwärtigen - nicht vollständigen - Harmonisierung auf dem Gebiet des Arzneimittelrechts nicht ausschließen, dass die Frage der Arzneimitteleigenschaft eines Erzeugnisses unterschiedlich beurteilt wird. Der Umstand, dass Liquids für E-Zigaretten in einem Mitgliedstaat als Arzneimittel qualifiziert werden, bindet andere Mitgliedstaaten daher nicht (EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 45 ff. und vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 28).

30

(3) Fehlt den Liquids die Arzneimitteleigenschaft, handelt es sich bei den E-Zigaretten, mittels derer sie verdampft und inhaliert werden, auch nicht um Medizinprodukte. Sie sind weder im Sinne von § 2 Abs. 3 MPG dazu bestimmt, Arzneimittel zu verabreichen, noch liegt ein Fall des § 3 Nr. 1 bis 3 MPG vor.

31

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Wer der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, hat dem anderen den daraus entstehenden Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit zwar nicht kennt, aber kennen muss.

(2) Durch eine Mitteilung, deren Unwahrheit dem Mitteilenden unbekannt ist, wird dieser nicht zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse hat.

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

(1) Es besteht keine Staatskirche.

(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluß von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.

(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.

(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.

(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.

(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 224/01
Verkündet am:
20. Februar 2003
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
GG Art. 14 Cc, 34; BGB § 839 A, Fd

a) Wenn der Sektenbeauftragte einer öffentlich-rechtlich korporierten Religionsgemeinschaft
sich in Wahrnehmung seiner kirchlichen Aufgaben in
den Medien kritisch über soziale Vorgänge äußert, handelt er in Ausübung
eines öffentlichen Amtes im Sinne von Art. 34 GG

b) Dies kann Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG
auslösen, nicht jedoch Entschädigungsansprüche wegen enteignungsgleichen
Eingriffs.
Der Sektenbeauftragte einer öffentlich-rechtlich korporierten Religionsgemeinschaft
unterliegt bei kritischen Äußerungen in der Öffentlichkeit über
andere Personen und Unternehmen im Hinblick auf die Grundrechte der
Betroffenen gesteigerten Sorgfaltspflichten.
BGH, Urteil vom 20. Februar 2003 - III ZR 224/01 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Februar 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die
Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick und Dörr

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers zu 1 wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 18. Juli 2001, soweit zum Nachteil des Klägers zu 1 erkannt worden ist, aufgehoben.
In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger zu 1 (im folgenden: Kläger), ein ausgebildeter Heilpraktiker und Sozialpädagoge, ist seit den achtziger Jahren als Psychotherapeut tätig. Er betreibt eine Praxis in N. , bietet Einzel- und Gruppentherapien an und veranstaltet Seminare, wobei ein Schwerpunkt der Therapie in Naturerlebnissen bei Unternehmungen auf dem Land (unter anderem Ausritten mit vom Kläger gestellten Pferden) liegt. Der von der beklagten Erzdiözese Beauftragte für Sekten- und Weltanschauungsfragen im Bereich der Stadtkirche N. ,
L. , setzte sich im Rahmen seiner Amtstätigkeit des öfteren kritisch in der Öffentlichkeit mit den Aktivitäten des Klägers (und des zwischenzeitlich aus dem Prozeß ausgeschiedenen früheren Klägers zu 2) auseinander.
Mit der im Frühjahr 2000 eingereichten Klage hat der Kläger (zusammen mit dem früheren Kläger zu 2) die Beklagte als Anstellungskörperschaft auf materiellen und immateriellen Schadensersatz wegen Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts und seines Gewerbebetriebs durch eine - wie er geltend macht - jedenfalls seit 1990 andauernde "Sektenkampagne" des L. in Anspruch genommen. Eine während des Prozesses - im April 2000 - bei ihm aufgetretene Querschnittslähmung führt der Kläger ebenfalls auf diese "Kampagne" zurück.
Der Kläger hat behauptet, obwohl er keine Weltverbesserungsideologie verfolge und seine Klientel in keiner Weise organisiert sei, habe ihn L. - ohne ihn jemals angehört oder sich sonst hinreichend informiert zu haben - systematisch als "Sektenführer" bezeichnet und bekämpft. Dazu habe er sich journalistischer Handlanger bedient. Der Kläger verweist insoweit auf Artikel in den N. Nachrichten vom 6./7. Oktober 1990, den F. Nachrichten vom 24. November 1995 und in der Wochenendausgabe des N. Tagblatts vom 1./3. Mai 1998 bzw. auszugsweise der M. Zeitung vom 1. Mai 1998, in denen teilweise unter wörtlicher Zitierung L. 's und/oder des Sektenbeauftragten der evangelischlutherischen Kirche, teilweise unter Bezugnahme auf die angeblichen Schilderungen von Teilnehmern der Veranstaltungen des Klägers mit unterschiedlichen Formulierungen - unter Anspielung auf eine etwa 200 bis 300 Personen umfassende, hierarchisch strukturierte Gruppe um den Kläger als einer charis-
matischen Führerfigur mit entsprechendem Gruppendruck und Abhängigkeiten - vor einem im Kommen befindlichen "pseudoreligiösen Mischmasch" bzw. einem "grauen Psychomarkt" gewarnt wurde. Ausweislich der Artikel vom 6./7. Oktober 1990 hatte L. die Gruppe um den Kläger als "eindeutige Psychosekte" bezeichnet und ihr laut F. Nachrichten vom 24. November 1995 "sektenartigen Charakter" zuerkannt. Der Kläger macht die Beklagte für die Folgen der genannten Zeitungsartikel auch deshalb verantwortlich , weil ihr Sektenbeauftragter im Rahmen seiner Amtstätigkeit bis in die jüngste Zeit diese Artikel an Interessenten weitergegeben habe. Die Übersendung der Artikel vom 6./7. Oktober 1990 und vom 24. November 1995 an das Zentrum "W. - Forum " in K. im Januar 1997 durch eine Teilnehmerin aus N. habe zur Herausnahme von drei für diesen Veranstaltungskreis vorgesehenen Kursen des Klägers (Reiten auf Islandpferden ) geführt. Als weiteren Beitrag des Sektenbeauftragten der Beklagten zu der beschriebenen "Kampagne" gegen den Kläger verweist dieser auf die Mitwirkung L. 's bei einer Sendung des B. Rundfunks vom 28. Mai 1997, in der er unter anderem äußerte, bei der "Gruppe um S. " handele es sich um einen "versekteten Psychokult", und in deren Verlauf gesagt wurde, L. kenne "Geschädigte, die zehn Jahre abhängig waren und über 100.000 DM für Therapiestunden gezahlt haben".
Der Kläger behauptet, infolge der von L. gegen ihn entfachten "Kampagne" seien Klienten weggeblieben; andere seien geblieben, hätten aber den Kläger nicht mehr weiterempfohlen (Gesamtschaden: 1.690.453 DM). Außerdem seien ihm 30 Ausbildungsteilnehmer verlorengegangen (Schaden: 1.200.000 DM). Andererseits hätten die Angriffe gegen ihn verstärkte Werbemaßnahmen in Form von Inseraten (25.000 DM) und Rundbriefen (60.000 DM)
erforderlich gemacht. Der Wegfall der Kurse bei der "Wirkstatt" in Karlsruhe habe zu einem Verlust von 71.800 DM geführt. Von dem - ursprünglich mit 3.097.253 DM bezifferten, im Revisionsverfahren um 50.000 DM reduzierten - Gesamtschaden macht der Kläger einen Teilbetrag von (zuletzt) 55.000 DM geltend. Zusätzlich verlangt er wegen der durch die "Kampagne" verursachten psychischen Belastung ein Schmerzensgeld von mindestens 10.000 DM.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht; soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.

I.


1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Sektenbeauftragte L. bei den ihm vorliegend angelasteten Handlungen in Ausübung eines "öffentlichen Amtes" tätig wurde mit der Folge, daß eine Einstandspflicht der beklagten Erzdiözese als Anstellungskörperschaft unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG in Betracht kommt (Senatsurteile BGHZ 22, 383, 387 ff und vom 30. Januar 1961 - III ZR 227/59 - VersR 1961, 437; vgl. auch BGH, Urteil vom 4. April 1989 - VI ZR
269/59 - NJW-RR 1989, 921). Das steht im Einklang mit der neueren Recht- sprechung, die Abwehransprüche gegen ein derartiges - wenn auch nicht hoheitliches - Wirken der öffentlich-rechtlich korporierten Religionsgemeinschaften im gesellschaftlichen Raum als öffentlich-rechtliche Streitigkeit qualifiziert und dementsprechend für sie den Verwaltungsrechtsweg eröffnet (BGHZ 148, 307; BayVGH NVwZ 1994, 598; vgl. auch BVerwGE 68, 62, 65; BVerwGE 105, 117, 119). Soweit das Oberlandesgericht Düsseldorf neuerdings (NVwZ 2001, 1449) den Standpunkt vertreten hat, abgesehen von den Fällen, in denen die Kirche Staatsaufgaben erfülle oder auf dem Gebiet des Kirchensteuerrechts tätig werde, seien die Bediensteten der Kirche nicht in Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne des § 839 BGB tätig, weil sie insoweit "keine Hoheitsgewalt" ausübten, die mit der staatlichen vergleichbar wäre, kann ihm nicht gefolgt werden. Aus der Entscheidung BVerfG NVwZ 1994, 159, auf die sich das Oberlandesgericht Düsseldorf für seine Ansicht stützt, ergibt sich in dieser Richtung nichts. Für die vorliegende Beurteilung ist weiterhin davon auszugehen , daß der Begriff der Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne von § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG gerade nicht auf die Ausübung staatlicher Gewalt beschränkt ist (vgl. Staudinger/Wurm BGB 13. Bearb. § 839 Rn. 710 ff m.w.N.).
2. Aus diesen Erwägungen ergibt sich andererseits zugleich, daß als Anspruchsgrundlage für den Klageanspruch nicht das (verschuldensunabhängige ) Rechtsinstitut des enteignungsgleichen Eingriffs (vgl. Senatsurteile BGHZ 90, 17, 31; 99, 24, 27; 125, 258, 264) in Betracht kommt (insoweit zutreffend OLG Düsseldorf NVwZ 2001, 1449). Denn dieses Haftungsinstitut gewährt einen Entschädigungsanspruch nur bei (rechtswidrigen) unmittelbar oder mittelbar staatlichen hoheitlichen Eingriffen, um die es, wie gesagt, hier nicht geht. Es besteht kein rechtlicher Grund und auch kein Bedürfnis, in dem sich aus
den Besonderheiten der Kirchenverfassung ergebenden (öffentlich-rechtlichen) Raum zwischen einerseits dem eigentlichen kirchlichen Innenbereich und andrerseits demjenigen der Wahrnehmung einzelner hoheitlicher Befugnisse entsprechend dem Staatshaftungsregime eine Haftungsgrundlage zu schaffen, die an die bloße Rechtswidrigkeit des kirchlichen Handelns anknüpft, zumal als Verschulden für eine Haftung nach Amtshaftungsgrundsätzen bereits ein objektiver Sorgfaltsverstoß ausreicht (siehe auch unten II.3.a).

II.


Das Berufungsgericht vermag keine Amtspflichtverletzungen des - von ihm als Zeugen vernommenen - Sektenbeauftragten der Beklagten im Sinne einer (schuldhaft) rechtswidrigen Verletzung von Rechtsgütern des Klägers festzustellen. Die beanstandeten Äußerungen des Zeugen L. seien, wie das Berufungsgericht näher darlegt, entweder dem Zeugen schon nicht nachweislich zuzuordnen oder sie seien entweder als wahre/bewiesene Tatsachenbehauptungen oder bloße Werturteile nicht rechtswidrig, teilweise seien sie für den Kläger nicht einmal ehrenrührig. Soweit der Zeuge L. Angaben aus anderen Quellen weitergegeben habe, hätten ihn keine besonderen Prüfungspflichten - wie etwa die Presse - getroffen. Für die Meinungsäußerungen des Sektenbeauftragten habe wie sonst bei Werturteilen der Kirche im Bereich ihres religiösen Wirkens in der Welt als Verbotsgrenze nur die der "Schmähkritik" bestanden, die L. aber nicht überschritten habe. Eine zum Schadensersatz verpflichtende unerlaubte Handlung sei auch nicht darin zu sehen, daß der Sektenbeauftragte der Beklagten die Zeitungsartikel vom 6./7. Oktober 1990, 24. Oktober 1995 und 1./3. Mai 1998 auf Anfrage ver-
schickt habe, ohne sich von deren Inhalt zu distanzieren. Insoweit fehle es jedenfalls an einem Verschulden des Zeugen L. . An letzterem Um- stand scheitere auch eine Haftung der Beklagten für die Erkrankung des Klägers , die nicht voraussehbar gewesen sei.
Darüber hinaus - so das Berufungsgericht weiter - habe der Kläger seinen Schaden nicht hinreichend dargelegt, zumindest wegen eines wesentlichen Teils des Schadensersatzanspruchs greife die Einrede der Verjährung durch. Schließlich scheitere der Klageanspruch daran, daß der Kläger es unterlassen habe, sich mit einem Rechtsmittel gegen die von ihm behaupteten Beeinträchtigungen zu wehren.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
1. a) Aus dem Zeitungsartikel vom 6./7. Oktober 1990 lastet das Berufungsgericht dem Sektenbeauftragten (nur) an, gegenüber den Journalisten bestätigt zu haben, daß sich bei ihm Anfragen von Betroffenen - darunter auch solchen, die von der Tätigkeit des Klägers betroffen gewesen seien - gehäuft hätten. Ansonsten, führt das Berufungsgericht aus, sei offen, ob der Zeitungsartikel Äußerungen L. 's oder sonstige Rechercheergebnisse der Journalisten enthalte. Ob L. die Klienten des Kläger als "eindeutige Psychosekte" bezeichnet habe, sei ebensowenig sicher wie, ob er den Journalisten das in dem Zeitungsartikel zitierte, Psychosekten betreffende, Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Mai 1989 (BVerwGE 82, 76 = NJW 1989, 2272) zur Verfügung gestellt habe.
aa) Die Revision rügt mit Recht als Verfahrensfehler, daß das Berufungsgericht sich nicht mit folgenden Umständen auseinandergesetzt hat:
- daß einzelne Aussagen in dem Zeitungsartikel ausdrücklich - durch Anführungszeichen - dem Sektenbeauftragten der Beklagten zugeschrieben worden waren und daß der Journalist R. als Zeuge bekundet hat, alle als Zitate des Sektenbeauftragten gekennzeichneten Aussagen seien von diesem - zumindest sinngemäß - auch gemacht worden,
- daß der Zeuge L. bei seiner Vernehmung bestätigt hat, den Journalisten das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts übergeben zu haben, und
- daß L. nach dem Vortrag der Beklagten in einem Schreiben vom 16. Oktober 1990 an den Redakteur der N. Nachrichten zwar einige inhaltlich falsche Zitate monierte, jedoch nicht die hier in Rede stehenden Zitate.
bb) Mit der Revision ist deshalb im Revisionsverfahren zu unterstellen, daß auch die Behauptungen in dem Artikel vom 6./7. Oktober 1990, es gebe eine etwa 200 bis 300 Personen umfassende Gruppe um den Kläger, die eine "eindeutige Psychosekte" darstelle, und daß der Kläger mit seinem Wirken alle in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. März 1989 aufgeführten negativen Merkmale von Jugend- und Psychosekten erfülle, von dem Sektenbeauftragten der Beklagten herrühren; darüber hinaus auch davon, daß L. von "pseudoreligiösem Mischmasch" gesprochen und den Kläger als "sogenannten Psychotherapeuten" bezeichnet, ferner erklärt hat, es gebe ei-
nen seelisch und finanziell geschädigten Exklienten des Klägers, zu dessen Fall er - L. - überlege, das Gesundheitsamt und das Finanzamt einzuschalten.

b) Aus dem Artikel vom 24. November 1995 schreibt das Berufungsgericht L. (nur) die Äußerung zu, er wisse von Leuten, die seit zehn Jahren vom Kläger abhängig seien und 100.000 DM für Therapiestunden an ihn bezahlt hätten. Es passierten bei diesem Dinge, die es sonst im Therapiebereich nicht gebe. Klienten müßten sich die Gunst des Klägers durch das Tragen einheitlicher Kleidung oder den Kauf von Pferden erwerben. Er - L. - schätze das Jahreseinkommen des Klägers auf zwischen 500.000 und 750.000 DM.
aa) In Übereinstimmung mit der insoweit erhobenen Revisionsrüge ist indessen im Revisionsverfahren dem Sektenbeauftragten L. auch noch die Äußerung über den "sektenartigen Charakter" der Gruppe um den Kläger zuzuordnen, die L. als Zeuge eingeräumt hat, ohne daß sich das Berufungsgericht mit diesem Teil der Aussage konkret auseinandersetzt.
bb) Nicht berechtigt ist dagegen die weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe den Kläger verfahrensfehlerhaft hinsichtlich seiner Behauptung für beweisfällig erachtet, daß auch der übrige Inhalt des Artikels auf Äußerungen des Sektenbeauftragten zurückgehe. Von einer Begründung sieht der Senat insoweit ab (§ 565 ZPO a.F.).

c) Was den Zeitungsartikel vom 1./3. Mai 1998 und die Rundfunksendung vom 28. Mai 1997 angeht, so ist revisionsrechtlich von der Feststellung
des Berufungsgerichts auszugehen, daß der Zeitungsartikel - als solcher - dem Sektenbeauftragten der Beklagten überhaupt nicht und die Rundfunksendung nur mit der Äußerung zuzuordnen ist, bei dem Geschehen um den Kläger handele es sich um einen "versekteten Psychokult". Die Verfahrensrüge der Revision , die dem Sektenbeauftragten den gesamten Inhalt des Zeitungsartikels und der Rundfunksendung anlasten will, ist unbegründet. Von einer Begründung sieht der Senat auch insoweit ab (§ 565a ZPO a.F.).
2. Abgesehen davon, daß nach den vorstehenden Ausführungen die Tatsachengrundlage , auf der das Berufungsgericht die gegen den Kläger gerichteten Auftritte des Sektenbeauftragten der Beklagten in den Medien auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft hat, unvollständig ist, erweist sich auch die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts im übrigen als nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Es ist allerdings nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht die in dem Artikel vom 6./7. Oktober 1990 enthaltene Aussage, Anfragen von Betroffenen (verzweifelt Ratsuchenden) hätten sich bei L. gehäuft, als wahre - und damit unbeschadet ihres das Persönlichkeitsrecht und das berufliche Ansehen des Klägers beeinträchtigenden Charakters grundsätzlich zulässige (vgl. BVerfGE 94, 1, 8 = NJW 1996, 1529; Seyfarth, NJW 1999, 1287, 1292) - Tatsachenbehauptung angesehen hat.
aa) Zu Unrecht meint die Revision, die betreffende Tatsachenbehauptung müsse zusammen mit dem Hinweis auf "jahrelange Beobachtungen" und "ständige Gespräche" L. 's gelesen und geprüft werden; dieser Zusatz in dem Zeitungsartikel ist - nach dem Stand des Revisionsverfahrens - L. nicht zwingend zuzuordnen.

bb) Es liegen entgegen der Revision auch keine Verfahrensfehler vor, soweit das Berufungsgericht dem Zeugen L. geglaubt hat, daß vor dem Erscheinen des Zeitungsartikels mehrere Angehörige von (mehreren) Klienten des Klägers zu ihm gekommen waren. Von einer Begründung wird abgesehen (§ 565a ZPO a.F.).
cc) Schließlich ist es entgegen der Revision auch nicht zu beanstanden, wenn der Tatrichter in diesem Zusammenhang keinen wesentlichen Unterschied zwischen "Betroffenen" persönlich und ihren Angehörigen sieht, sondern auch letztere als "verzweifelt Ratsuchende ... Betroffene" behandelt.

b) Dagegen hält den Angriffen der Revision nicht die Auffassung des Berufungsgerichts stand, die in diesem Zusammenhang im Berufungsurteil unterstellte Bezeichnung des Klägers und seiner Klienten als "eindeutige Psychosekte" beinhalte eine nach dem Grundgesetz zulässige Meinungsäußerung bzw. Religionsausübung.
aa) Das Berufungsgericht meint, trotz des gleichzeitigen Hinweises auf in einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufgelistete Merkmale für Jugend - und Psychosekten und trotz des Adjektives "eindeutig" handele es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um ein Werturteil, das durch Elemente des Meinens und der Stellungnahme geprägt sei. Als Werturteil, das hier auch nicht die Grenze zur Schmähkritik überschreite (vgl. BVerfG NJW 1995, 3303), könne die vorliegende Äußerung der Kirche im Bereich religiösen Wirkens nicht rechtswidrig sein, ohne daß das Gericht auf die "Plausibilität" der Einstufung als Psychosekte einzugehen brauche.

bb) Dem kann nicht gefolgt werden.
(1) Es ist schon nicht unbedenklich, daß das Berufungsgericht die betreffende Äußerung des Sektenbeauftragten der Beklagten als bloßes Werturteil angesehen hat. Bei der Einordnung einer Äußerung als Werturteil oder als Tatsachenbehauptung, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts für die Beurteilung von Eingriffen in das Grundrecht auf Meinungsfreiheit - und gleichermaßen in die Religionsfreiheit (vgl. BVerfG NJW 1989, 3269 ff) - von weichenstellender Bedeutung ist (vgl. BVerfG ZIP 2002, 2230 f m.w.N.), kommt es für die Einstufung als Tatsachenbehauptung wesentlich darauf an, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, was bei Meinungsäußerungen ausscheidet, weil sie durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt sowie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden und sich deshalb nicht als wahr und unwahr erweisen lassen (BVerfGE 61, 1, 9; 85, 1, 14; BGH, Urteil vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98 - NJW 1999, 2736 f.). Indes kann auch eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, sich als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird (BGH, Urteile vom 17. November 1992 - VI ZR 344/91 - VersR 1993, 193 f und BGHZ 132, 13, 21), was im Streitfall insbesondere durch die Anspielung auf angebliche in einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts angeführte Sektenmerkmale geschehen sein könnte. Umgekehrt ändert freilich die Fundierung eines Werturteils in tatsächlichen Erhebungen an seiner rechtlichen Einordnung als Werturteil grundsätzlich nichts (BVerfG ZIP 2002, 2230 f). Das Beru-
fungsgericht will ersichtlich entscheidend auf einen Vergleich mit dem Gutachten eines in einem gerichtlichen Verfahren oder Verwaltungsverfahren bestell- ten Sachverständigen abstellen, das regelmäßig ein Werturteil darstellt, auch soweit der Sachverständige in dem Gutachten über das Vorliegen konkreter Tatsachen zu befinden hatte (BGH, Urteil vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98 - NJW 1999, 2736 f). Soweit das Berufungsgericht die Äußerung des Sektenbeauftragten der Beklagten über den "eindeutigen Sektencharakter" hiermit gleichstellt, läßt es allerdings unerwähnt, daß es von dem dargestellten grundsätzlichen Ansatz in Einzelfällen Ausnahmen gibt, etwa dann, wenn die der Schlußfolgerung des Sachverständigen vorausgehende methodische Untersuchung oder die zum Ergebnis führende Anwendung spezieller Kenntnisse und Fähigkeiten nur vorgetäuscht oder grob leichtfertig vorgenommen worden ist; dann kann das Gutachten seinen Charakter als Werturteil verlieren (BGH, Urteil vom 23. Februar 1999 aaO). Im Streitfall wirft der Kläger dem Sektenbeauftragten vor, sein Urteil, hier sei eine "eindeutige Psychosekte" nach den Merkmalen einer maßgeblichen höchstrichterlichen Entscheidung aktiv, abgegeben zu haben, ohne sich von der Arbeit des Klägers ein persönliches Bild zu machen oder sonst nähere Informationen eingeholt zu haben. Mit diesem Gesichtspunkt hat sich das Berufungsgericht nicht befaßt.
(2) Selbst wenn man die vom Berufungsgericht vorgenommene Einstufung der in Rede stehenden Äußerung des Sektenbeauftragten im Sinne einer bloßen Meinungsäußerung als richtig zugrunde legt, ist die Rechtswidrigkeitsprüfung des Berufungsgerichts unzureichend.
Es ist zwar richtig, daß bei Werturteilen, die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Frage betreffen, eine Vermutung für die Freiheit der Rede
spricht. Auch Meinungsäußerungen als Werturteile im Bereich religiösen Wirkens in die Welt können nicht schon dann untersagt werden, wenn sie grundlos , falsch oder emotional, nicht rational geprägt sind (vgl. BVerfG NJW 1993, 1845; BayVGH NVwZ 1994, 787, 790). Regelmäßig treten die Belange der Meinungsfreiheit dann zurück, wenn sich die Äußerung als Angriff auf die Menschenwürde als Formalbeleidigung oder Schmähkritik darstellt (BVerfGE 93, 266, 293 f = NJW 1995, 3303), wobei an eine solche Einstufung strenge Anforderungen zu stellen sind (Seyfarth aaO S. 1290). Das schließt allerdings (weitere ) Beschränkungen von Werturteilen unter besonderen Umständen nicht aus (BVerfG ZIP 2002, 2230 f; BVerfGE 85, 1, 16 f = NJW 1992, 1439), so daß eine Abwägung zwischen den Belangen des Ehrenschutzes und der Meinungsfreiheit erforderlich ist. Abgesehen davon, daß im Streitfall auf seiten der Beklagten auch das Recht auf Religionsfreiheit bzw. auf ungestörte Religionsausübung (Art. 4 Abs. 1, 2 GG) - für das entsprechende Grundsätze gelten wie für die Meinungsfreiheit (BVerfG NVwZ 1994, 159; BayVGH NVwZ 1994, 787, 790; vgl. auch BVerfG NJW 1997, 2669) - und auf seiten des Klägers auch der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs (Art. 14 GG; vgl. § 824 BGB) betroffen ist, darf, wie der Revision zuzugeben ist, bei der Abwägung nicht unberücksichtigt bleiben, daß sich der Sektenbeauftragte der Beklagten im vorliegenden Zusammenhang in "amtlicher" Eigenschaft für eine öffentlich-rechtlich korporierte Religionsgemeinschaft in einem Bereich geäußert hat, in dem diese unbeschadet ihres allgemeinen Auftrags weitergehenden Bindungen im öffentlichen Meinungskampf unterworfen sein kann als der einzelne Bürger: Zwar gelten für die Kirche, soweit sie nicht ausnahmsweise hoheitliche Befugnisse wahrnimmt, also etwa im Rahmen der geistigen Auseinandersetzung mit anderen Religionen und sonstigen weltanschaulichen Fragen, nicht die dem Staat gesetzten Grenzen; sie ist also weder unmittelbar an die
einzelnen Grundrechte gebunden, noch unterliegt sie im übrigen denselben Beschränkungen, die für den Staat gelten, wenn er beispielsweise Informationen über weltanschauliche Gruppierungen gibt (vgl. dazu BVerfG NJW 1989, 3269; BVerfG NJW 2002, 2626; BVerwGE 82, 76, 83 = NJW 1989, 2272; BayVGH NVwZ 1995, 793: weltanschauliche Neutralität und Zurückhaltung; Verhältnismäßigkeit; Sachlichkeit; Wahrhaftigkeit). Andererseits muß für einen interessengerechten und dem Grundrechtssystem entsprechenden Ausgleich der betroffenen Rechtspositionen auch Berücksichtigung finden, daß die öffentlich -rechtlich korporierten Religionsgemeinschaften allgemein einen erhöhten Einfluß in Staat und Gesellschaft haben und nutzen. Mit Recht verweist die Revision darauf, daß gerade auch die kirchlichen Sektenbeauftragten in Fragen der hier in Rede stehenden Art in den Augen der Öffentlichkeit eine gesteigerte Sachkompetenz genießen (vgl. BayVGH NVwZ 1994, 787, 789). Damit korrespondiert aber auch eine erhöhte Verantwortung. Wie das Bundesverfassungsgericht bereits ausgesprochen hat, liegen den korporierten Religionsgemeinschaften , die über besondere Machtmittel und einen erhöhten Einfluß in Staat und Gesellschaft verfügen, die besonderen Pflichten des Grundgesetzes näher als anderen Religionsgemeinschaften (BVerfG NJW 2001, 429, 432; BVerfG NVwZ 2001, 908, 909). Auch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs wird von den korporierten Religionsgemeinschaften - auch außerhalb des ihnen übertragenen Bereichs hoheitlicher Befugnisse (Kirchensteuer, Friedhofswesen etc.) - in weitergehendem Umfang als von jedem Bürger Rechtstreue verlangt, insbesondere die Achtung der fundamentalen Rechte der Person, die Teil der verfassungsmäßigen Ordnung ist (BGHZ 148, 307, 311). Dies bedeutet nach Auffassung des erkennenden Senats für den vorliegenden Fragenkreis: Setzt sich, wie hier, die Kirche im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit als anerkannte Autorität kritisch mit sozialen Phänomenen derart ausein-
ander, daß Konflikte nicht nur mit anderen Religionsgemeinschaften, sondern ganz allgemein mit anderen Menschen und wirtschaftlichen Unternehmen vorgezeichnet sind, so muß sie auf das Persönlichkeitsrecht und die wirtschaftliche Existenz der Betroffenen Rücksicht nehmen. Es kann von ihr zwar nicht Neutralität verlangt werden, wohl aber ein angemessener Grad an Sorgfalt, Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit. Das bedeutet im Streitfall unter anderem, daß der Sektenbeauftragte der Beklagten ein den Kläger persönlich wie auch als wirtschaftlichen Unternehmer existentiell berührendes Urteil wie das, um den Kläger herum habe sich (eindeutig) eine "Psychosekte" gebildet, nicht abgeben durfte, ohne sich zuvor hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine solche Abqualifizierung verschafft zu haben. Dazu, ob der Sektenbeauftragte der Beklagten letzteres getan hatte, enthält das Urteil des Berufungsgerichts keine Feststellungen.

c) aa) Aus den vorstehenden Ausführungen (zu b) ergibt sich, daß auch die in dem Artikel vom 24. November 1995 wiedergegebene Äußerung L. 's, die Gruppe um den Kläger habe "sektenartigen Charakter", nicht ohne weiteres als bloßes Werturteil rechtmäßig war.
bb) Darüber hinaus hat das Berufungsgericht auch die weitere aus diesem Artikel dem Sektenbeauftragten L. zugeschriebene Äußerung, es gebe Leute, die seit zehn Jahren vom Kläger abhängig seien und rund 100.000 DM für Therapiestunden an ihn gezahlt hätten, er - L. - schätze das Jahreseinkommen des Klägers auf 500.000 bis 750.000 DM, rechtlich nicht haltbar beurteilt.
(1) Mit der Revision ist zunächst zu beanstanden, daß das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang die weitere von ihm festgestellte Äußerung L. 's, es passierten beim Kläger Dinge, die es sonst im Therapiebereich nicht gebe, Klienten müßten sich die Gunst des Klägers durch das Tragen einheitlicher Kleidung oder den Kauf von Pferden erwerben, gänzlich unberücksichtigt gelassen hat.
(2) Im übrigen wendet sich die Revision mit Recht dagegen, daß das Berufungsgericht im vorliegenden Zusammenhang zwar Tatsachenbehauptungen des Sektenbeauftragten annimmt, aus diesen jedoch die von L. angesprochene "Abhängigkeit" der Klienten vom Kläger als vermeintlich bloßes - erlaubtes - Werturteil herauslöst. Dafür gibt es nach dem Gesamtzusammenhang , aus dem nicht ein Teil der Verlautbarungen herausgenommen und einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden durte (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94 - NJW 1996, 1131, 1133), keinen Grund.
(3) Dementsprechend vermag der Senat die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu teilen, die Nachrede eines Jahreseinkommens von 500.000 DM bis 750.000 DM oder auch der Honorarzahlungen einzelner Patienten von 100.000 DM im Laufe von zehn Jahren sei nicht ehrenrührig und könne nicht das berufliche Ansehen eines Psychotherapeuten beeinträchtigen. Es liegt im Gegenteil auf der Hand, daß solche Angaben insbesondere im Zusammenhang mit der Behauptung, daß es sich um "abhängige" Patienten handele , ehrverletzende Qualität haben konnten.
(4) Die Bewertung der in Rede stehenden Angaben L. 's durch das Berufungsgericht läßt sich auch nicht mit dessen Erwägung halten, es rei-
che zur Rechtfertigung aus, daß L. "von Leuten erfahren" habe, "daß sie ihrerseits Personen kennen", die 100.000 DM für Therapiestunden beim Kläger bezahlt hätten.
(a) Zwar war es entgegen der Rüge der Revision nicht verfahrensfehlerhaft , daß das Berufungsgericht zu diesem Punkt dem Zeugen L. unbeschadet dessen geglaubt hat, daß der Zeuge die Frage, hinsichtlich welcher (beiden) Klienten ihm von Honorarzahlungen von mehr als 100.000 DM berichtet worden sei, unter Berufung auf ein Aussageverweigerungsrecht nicht beantwortet hat. Die Frage, ob dem Zeugen L. insoweit ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zustand, stellt sich nicht, weil der Kläger nach der betreffenden Zeugnisverweigerung durch den Zeugen L. vor dem Oberlandesgericht ohne Rüge zur Hauptsache verhandelt und damit nach § 295 ZPO das Recht verloren hat, eine Entscheidung des Gerichts über die Berechtigung zur Weigerung zu verlangen (vgl. BGH, Urteile vom 18. Februar 1954 - IV ZR 126/53 - LM ZPO § 295 Nr. 9 und vom 18. November 1986 - IVa ZR 99/85 - VersR 1987, 149).
(b) Verfehlt ist aber die - jedenfalls der Tendenz nach zum Ausdruck gebrachte - Annahme des Berufungsgerichts, der Sektenbeauftragte der Beklagten hätte die ihm von anderen gemachten Angaben vor einer Weitergabe an die Presse nicht näher überprüfen müssen, weil ihn etwa mit der (erhöhten) Sorgfaltspflicht der Presse (vgl. dazu BGH, Urteile vom 21. Juni 1966 - VI ZR 266/64 - NJW 1966, 2010, vom 12. Mai 1987 - VI ZR 195/86 - NJW 1987, 2225 f, vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94 - NJW 1996, 1131 und vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99 - NJW 2000, 1036 f) vergleichbare Informationspflichten nicht getroffen hätten. Ebenso wie der weittragende Einfluß der Pres-
se auf die Meinungsbildung eine gesteigerte Prüfungspflicht der Presse begründet - die um so weiter geht, je schwerer und nachhaltiger das Ansehen des Betroffenen durch die Veröffentlichung der beanstandeten Äußerung beeinträchtigt wird -, trifft die als öffentlich-rechtliche Körperschaften verfaßten Religionsgemeinschaften bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in der Gesellschaft eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Es gilt insoweit für die Verbreitung von Tatsachenbehauptungen im wesentlichen dasselbe wie für mit kirchlicher Autorität versehene abfällige Werturteile (dazu oben b) bb) (2)).

d) Soweit der Sektenbeauftragte der Beklagten in der Rundfunksendung vom 28. Mai 1997 von einem "versekteten Psychokult" gesprochen hat, mag zweifelhaft sein, ob darin zugleich, wie die Revision anführt, eine Tatsachenbehauptung in dem Sinne lag, es gebe eine einheitliche Gruppe um den Kläger. Die Bewertung des Berufungsgerichts - da die Grenze der Schmähkritik nicht überschritten werde, handele es sich um ein ohne weiteres zulässiges Werturteil - ist jedenfalls aus den vorstehend bereits genannten Gründen (oben
b) bb) (2)) unzureichend.
3. Nicht frei von Rechtsfehlern ist es auch, daß das Berufungsgericht in der vom Kläger behaupteten, teils unstreitigen, Weitergabe der Zeitungsartikel vom 6./7. Oktober 1990, 24. November 1995 und 1./3. Mai 1998 keine schuldhafte Amtspflichtverletzung des Sektenbeauftragten der Beklagten gesehen hat.

a) Im Ansatz zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, daß, wie im Bereich des Ehrenschutzes anerkannt ist, durchaus auch in der Wiedergabe der Aussage eines Dritten dann eine eigene Äußerung des Zitierenden liegen kann, wenn er sich den Inhalt der fremden Äußerungen erkennbar zu eigen
gemacht hat. Bereits im Verbreiten dessen, was ein Dritter geäußert hat, ist eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen zu sehen, wenn es an einer eigenen und ernsthaften Distanzierung desjenigen, der eine Äußerung weitergibt, fehlt (BGHZ 132, 13, 18 f). Das alles hat im Grundsatz auch und gerade für den Fall zu gelten, daß Zeitungsartikel "amtlich" (geschäftsmäßig) verbreitet werden, in denen, wenn auch neben anderen Stimmen, der die Artikel Verbreitende selbst zu Wort gekommen ist, wie es hier - wie im Revisionsverfahren anzunehmen ist: bis auf den Artikel vom 1./3. Mai 1998 - der Fall war.

b) Das Berufungsgericht verneint gleichwohl eine haftungsrechtliche Einstandspflicht der Beklagten, weil auch bei Anlegung eines im Zusammenhang mit der Amtshaftung gebotenen objektivierten Sorgfaltsmaßstabes (vgl. nur BGHZ 117, 240, 249; Senatsurteil vom 11. Dezember 1997 - III ZR 52/97 - NJW 1998, 1307 f m.w.N.) den Sektenbeauftragten jedenfalls kein Verschulden treffe. Es sei nicht dargelegt, wieso L. hätte wissen sollen, daß der Inhalt der einzelnen Zeitungsartikel möglicherweise unrichtig sei. Für die Unbedenklichkeit der Texte habe aus seiner Sicht gesprochen, daß der Kläger keine rechtlichen Schritte gegen die Veröffentlichungen unternommen habe. L. habe sich auf die "unwidersprochen gebliebenen" Presseberichte verlassen dürfen, soweit es um Tatsachenbehauptungen gegangen sei, die nicht seinem eigenen Erfahrungsbereich entstammten. Selbst wenn L. Bedenken gekommen wären und er sich an fachkundiger Stelle erkundigt hätte, ob die Verbreitung der Zeitungsartikel auf rechtliche Bedenken stoße, könne nicht ohne weiteres angenommen werden, daß er die eindeutige Antwort erhalten hätte, die Weiterverbreitung sei rechtswidrig. Immerhin hätten seinerzeit gewichtige Stimmen im juristischen Schrifttum die Auffassung vertreten, als
Folge der Ausweitung der Meinungsäußerungsfreiheit auf Kosten des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen durch das Bundesverfassungsgericht sei der Ehrenschutz "praktisch nicht mehr durchsetzbar".
(aa) Diese Ausführungen zum Verschulden sind schon mit dem Mangel behaftet, daß, wie oben (unter b) bb) (2) und (4)) ausgeführt, der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts hinsichtlich der (objektiven) Berechtigung des Sektenbeauftragten einer öffentlich-rechtlich korporierten Religionsgemeinschaft zu "amtlichen" ehrverletzenden Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen in der Öffentlichkeit bzw. zu den ihn in diesem Zusammenhang treffenden Prüfungspflichten nicht richtig ist. Infolgedessen läßt das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Verbreitung der Zeitungsartikel ganz außer acht, daß diese - bis auf denjenigen vom 1./3. Mai 1998 - maßgeblich auf eigene Äußerungen des Sektenbeauftragten gegenüber den Journalisten zurückgehen ; soweit jene Äußerungen rechtswidrig gewesen sein sollten - was, wie gesagt, bisher noch nicht hinreichend geprüft ist -, kann also ein Verschulden L. 's nicht mit dem Hinweis ausgeschlossen werden, er habe auf die Richtigkeit der Zeitungsartikel vertraut. Da die Annahme des Berufungsgerichts - wie auch schon des Landgerichts -, die in Rede stehenden Amtshandlungen seien rechtmäßig gewesen, auf einer unzureichenden tatsächlichen und rechtlichen Beurteilungsgrundlage beruht, kann ein Verschulden des Sektenbeauftragten der Beklagten nicht schon unter Berufung auf die sogenannte Kollegialgerichts-Richtlinie verneint werden, die besagt, daß einen Beamten in der Regel kein Verschulden trifft, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen (Berufsrichtern ) besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (vgl. Staudinger/Wurm aaO Rn. 216 ff, 218 m.w.N.).
(bb) Die Revision beanstandet darüber hinaus mit Recht, daß bei Zugrundelegung eines objektivierten Sorgfaltsmaßstabes ein Verschulden des Sektenbeauftragten selbst insoweit in Betracht kommt, als in den von ihm weiterverbreiteten Zeitungsartikeln Angriffe gegen den Kläger enthalten sind, die zwar nicht als Äußerungen des Sektenbeauftragten der Beklagten gekennzeichnet sind, aber noch weit schwerer wiegen; wie etwa in dem Artikel vom 1./3. Mai 1998, wo der Sektenbeauftragte der evangelisch-lutherischen Kirche in B. mit der Behauptung zitiert wird, bei ihm hätten sich Frauen gemeldet , die erklärt hätten, so unter dem Einfluß des Klägers gestanden zu haben, daß sie für Geschlechtsverkehr den Therapeutensatz bezahlt hätten. Zeitungsartikel mit einem für den Betroffenen derartig schwerwiegenden Inhalt durfte der Sektenbeauftragte - wie sich für L. aufdrängen mußte - nicht in seiner amtlichen Funktion an die interessierten Kreise weiterleiten, ohne sich hinsichtlich der Richtigkeit - etwa über die von seinem evangelischen Amtskollegen vorgenommenen Recherchen - näher zu informieren.
(cc) Ein "Vertrauen" des Sektenbeauftragten auf die Richtigkeit der Zeitungsberichte ergab sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht schon daraus, daß der Kläger hiergegen zunächst keine gerichtlichen Schritte unternahm, zumal dieser nach den eigenen Feststellungen des Berufungsgerichts vor dem Erscheinen des ersten Zeitungsartikels erklärt hatte, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien "nicht ernstzunehmen" - worin alles andere als eine Billigung gesehen werden konnte -, und diese ausweislich der späteren Zeitungsartikel auch später ausdrücklich in Abrede stellte.
(dd) Die vom Berufungsgericht für möglich gehaltenen Rechtsauskünfte fachkundiger Kreise, falls L. sich vor seinen öffentlichen Auftritten
und Äußerungen gegen den Kläger hinsichtlich seiner diesbezüglichen Rechte und Pflichten erkundigt hätte, schließen den Verschuldensvorwurf gegen den Sektenbeauftragten der Beklagten ebenfalls nicht aus. L. ist bereits vorzuwerfen, daß er sich - wovon revisonsrechtlich auszugehen ist - in der vom Berufungsgericht beschriebenen, rechtlich nicht leicht zu durchschauenden Situation nicht rechtlich informiert hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann zwar dann, wenn die nach sorgfältiger Prüfung gewonnene Rechtsansicht des Amtswalters als rechtlich vertretbar angesehen werden kann, und er daran bis zur gerichtlichen Klärung der Rechtslage festhält, aus der nachträglichen Mißbilligung seiner Rechtsauffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht hergeleitet werden (vgl. nur BGHZ 119, 365, 369). Die Verneinung des Schuldvorwurfs setzt allerdings voraus, daß die letztlich als unzutreffend erkannte Rechtsmeinung nicht nur vertretbar, sondern auch aufgrund sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen worden war. Fehlt es an dieser weiteren Voraussetzung, kann ein Schuldvorwurf bereits unter diesem Gesichtspunkt begründet sein (BGHZ 119, 365, 370).
4. Die zusätzlichen Erwägungen des Berufungsgerichts dazu, daß es (allemal ) hinsichtlich der im Laufe des Prozesses aufgetretenen Erkrankung des Klägers an einem Verschulden des Sektenbeauftragten fehle - ohne daß es darauf ankomme, ob die Krankheit durch die Äußerungen des Zeugen L. gegenüber den Medien und die Weiterverbreitung der Presseberichte ausgelöst worden sei -, sind, wie die Revision zutreffend rügt, schon deshalb verfehlt, weil der Fahrlässigkeitsvorwurf sich im Rahmen des § 839 Abs. 1 BGB nur auf die Erfüllung des haftungsbegründenden Tatbestandes durch die Amtspflichtverletzung, nicht dagegen auf den daraus entstandenen Schaden zu erstrecken braucht (vgl. nur Senatsurteile BGHZ 34, 375, 381 und
vom 8. Februar 1965 - III ZR 170/63 - NJW 1965, 962 f). Eine andere Frage, mit der das Berufungsgericht sich aber nicht befaßt hat, ist die, ob die behauptete Erkrankung im Sinne einer adäquaten Kausalität - also nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegend (vgl. Palandt/Heinrichs BGB 62. Aufl. Vorbem. vor § 249 Rn. 58 ff) - auf die behaupteten (psychischen) Beeinträchtigungen des Klägers zurückzuführen ist.

III.


Die die Klage (insgesamt) abweisende Entscheidung des Berufungsgerichts wird auch nicht durch die weitere - hilfsweise - Begründung des Berufungsurteils getragen.
1. Das Berufungsgericht hält die Klage, was die Darlegung des dem Kläger durch die behauptete Amtspflichtverletzung entstandenen Schadens angeht, für "wenigstens teilweise" beziehungsweise "jedenfalls nicht hinsichtlich eventueller Schadensereignisse in unverjährter Zeit, also aus den letzten drei Jahren vor der Klageeinreichung" unschlüssig, ohne allerdings insoweit die erforderliche nähere Aufgliederung vorzunehmen.
Im übrigen trifft zwar die Beanstandung des Berufungsgerichts hinsichtlich der entgangenen Einnahmen schon deshalb zu, weil weder der vom Kläger auf 1.690.453 DM "geschätzte" Betrag an entgangenen Entgelten seiner Praxis , noch der im Zusammenhang mit dem Verlust von 30 Ausbildungsteilnehmern genannte Betrag von 40.000 DM pro Teilnehmer, noch der durch die Ausbootung des Klägers bei der "Wirkstatt" eingetretene Verlust von
71.800 DM hinreichend aufgeschlüsselt worden sind. Nicht ohne weiteres gilt diese Beanstandung jedoch, wie die Revision zu Recht rügt, für die weiteren geltend gemachten Schadenspositionen von insgesamt 85.000 DM wegen verstärkter Werbemaßnahmen einschließlich Rundbriefen. Darüber hinaus trifft die Rüge der Revision zu, daß das Berufungsgericht nach dem besonderen Verlauf des gerichtlichen Verfahrens, in dem das erstinstanzliche (klageabweisende ) Urteil des Landgerichts auf die Berechnung des Schadens überhaupt nicht eingegangen ist und auch im Berufungsverfahren unvermittelt in eine Beweisaufnahme zur Frage des Vorliegens einer Amtspflichtverletzung eingetreten worden ist, eine Bestätigung des klageabweisenden Urteils nicht entscheidend auf Mängel in der Schadensberechnung stützen durfte, ohne dem Kläger Gelegenheit zu einer Ergänzung seines Vortrags zu geben (§ 139 ZPO a.F.). Schließlich rechtfertigten die Mängel im Vortrag des Klägers hinsichtlich seines materiellen Schadens auf keinen Fall die Klageabweisung bezüglich des weiter geltend gemachten immateriellen Schadensersatzanspruchs.
2. Auch der vom Berufungsgericht weiter angeführte Gesichtspunkt eines Haftungsausschlusses nach § 839 Abs. 3 BGB rechtfertigt - jedenfalls nach dem bisherigen Sachstand - nicht die von ihm ausgesprochene (vollständige) Abweisung des Amtshaftungsanspruchs.

a) Das Berufungsgericht lastet dem Kläger an, auf die von ihm beanstandeten Handlungen des Zeugen L. nicht mit einer Unterlassungsklage bzw. mit einem Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO reagiert zu haben. Auch wenn, so führt es aus, ein solches Verfahren eine gewisse Zeit in Anspruch genommen hätte, wäre doch - "die Rechtswidrigkeit der Aktivitäten des Zeugen L. unterstellt" - verhindert worden, daß die
Artikel vom 24. November 1995 und vom 1./3. Mai 1998 sowie die Rundfunksendung vom 28. Mai 1997 unter dessen Mitwirkung hätten entstehen können. Auch hätte die Verbreitung der Zeitungsartikel durch den Zeugen unterbunden werden können.

b) Indessen machen diese Ausführungen schon nicht hinreichend deutlich , welche gerichtliche Schritte des Klägers im einzelnen - insbesondere was die spätere Verbreitung der Zeitungsartikel durch den Zeugen L. angeht - das Berufungsgericht sich vorstellt beziehungsweise von welchen konkreten (hypothetischen) Geschehensabläufen es ausgeht.
Im übrigen sind die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht geeignet, sämtliche Zweifel zu beseitigen, ob für den Kläger in seiner Situation ein gerichtliches Vorgehen zumutbar war.
aa) Der Senat hat im derzeitigen Verfahrensstadium keinen Anlaß, näher darauf einzugehen, ob und inwieweit im allgemeinen die vom Berufungsgericht in Betracht gezogene Unterlassungsklage oder die Einholung entsprechenden einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutzes (zu letzterem vgl. Senat BGHZ 130, 332, 338 und Beschluß vom 7. November 1996 - III ZR 283/95 - VersR 1997, 238 = BGHR BGB § 839 Abs. 3 Primärrechtsschutz 13) ein "Rechtsmittel" im Sinne des § 839 Abs. 3 darstellt, nämlich einen Rechtsbehelf, der darauf gerichtet und geeignet ist, einen Schaden durch eine bereits erfolgte Amtspflichtverletzung dadurch abzuwenden oder zu mindern, daß das schädigende Verhalten beseitigt oder berichtigt wird (vgl. Staudinger/Wurm aaO Rn. 354). Bezogen auf den Streitfall könnten sich diesbezügliche Zweifel möglicherweise daraus ergeben, daß eine solche Unterlassungsklage nicht unmit-
telbar gegen die (ersten) öffentlichen Äußerungen von Seiten der Beklagten hätte gerichtet sein können, sondern nur vorbeugend gegen etwaige zukünftige (weitere) Amtspflichtverletzungen, und daß sie jedenfalls nicht den durch den (ersten) Zeitungsartikel bereits verwirklichten Schaden insgesamt hätte abwehren können (zu letzterem Gesichtspunkt vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 1986 - III ZR 77/84 - NJW 1986, 1924; Ossenbühl Staatshaftungsrecht 5. Aufl. S. 93 f). Eine andere, gegebenenfalls nach § 254 BGB zu beurteilende Frage wäre, ob dem Kläger nicht weitergehende presserechtliche (etwa Gegendarstellungs -)Ansprüche gegen die beteiligten Medien zustanden.
Darüber hinaus ist offen, ob eine Unterlassungsklage - erst recht eine Widerrufsklage, auf die die Revisionserwiderung verweist - des Klägers Erfolg gehabt hätte. Das Berufungsgericht legt dies zwar für die - aus seiner Sicht - theoretische Alternative, daß die Aktivitäten des Zeugen L. rechtswidrig waren, wie selbstverständlich zugrunde. Es berücksichtigt hierbei aber nicht die - keineswegs fernliegende - Möglichkeit, daß die mit einer Unterlassungsklage des Klägers befaßten Gerichte die Frage der Rechtmäßigkeit des Verhaltens des Sektenbeauftragten der Beklagten ebenso beurteilt hätten wie die beiden Vorinstanzen im vorliegenden Amtshaftungsprozeß. Im Bereich des § 839 Abs. 3 BGB kann der bei der Feststellung der Ursächlichkeit einer Amtspflichtverletzung für die Frage, wie die Entscheidung eines Gerichts oder einer Behörde ausgefallen wäre, geltende Grundsatz, daß allein auf die sachlich richtige, nicht auf die tatsächliche Entscheidung abzustellen ist, nicht uneingeschränkt gelten (Senatsurteil vom 16. Januar 1986 - III ZR 77/84 - NJW 1986, 1924 f). Dies hat der Senat in dem genannten Urteil zwar in erster Linie für Fälle ausgesprochen, in denen es nicht um die Anrufung eines Gerichts (gegen einen Verwaltungsakt) ging, sondern darum, ob eine Verwaltungsbehörde
durch Gegenvorstellung oder Dienstaufsichtsbeschwerde zur Überprüfung ihres eigenen Handelns veranlaßt werden sollte. Ähnliche Erwägungen sind aber nicht ausgeschlossen, wenn es - wie hier - um die (hypothetische) Entscheidung eines Gerichts geht und ersichtlich eine einigermaßen zuverlässige Beurteilung , wie richtigerweise zu entscheiden gewesen wäre, nicht ohne weiteres möglich ist (vgl. Staudinger/Wurm aaO Rn. 362).
bb) Die vorstehend aufgeworfenen Fragen belassen jedenfalls Zweifel an einem Verschulden des Klägers in bezug auf die Nichteinlegung eines Rechtsmittels (außer der erfolglos gebliebenen Eingabe des Klägers vom 5. November 1998 an den N. Stadtdekan). Es fehlt am Verschulden, wenn die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels so gering oder zweifelhaft ist, daß dem Verletzten dessen Gebrauch nicht zuzumuten ist (Staudinger/Wurm aaO Rn. 358 m.w.N.). Im Streitfall kommt zu den oben angesprochenen Unwägbarkeiten - und der bis zur Entscheidung BGHZ 148, 307 noch bestehenden Unsicherheit hinsichtlich des Rechtswegs - hinzu, daß der Kläger vorgetragen hat, Rechtsanwälte hätten ihm von einer Unterlassungsklage abgeraten, weil ein auch nur teilweise verlorener "Zivilprozeß" die Sache für den Betroffenen "schlimmer mache als zuvor". Ein solcher - im Revisionsverfahren zu unterstellender - Ratschlag muß in der damaligen Situation des Klägers nicht unbedingt falsch gewesen sein.
3. Die Notwendigkeit einer differenzierteren tatrichterlichen Beurteilung - unter Zuhilfnahme des § 287 ZPO - gilt auch für die Frage des Durchgreifens der Einrede der Verjährung, die das Berufungsgericht "zumindest wegen eines wesentlichen Teiles der Schadenspositionen", jedoch wiederum ohne eine nähere Eingrenzung, angenommen hat.

Nach dem hier noch anwendbaren § 852 Abs. 1 BGB a.F. verjährt der Anspruch auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Grundsätzlich zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß bei wiederholten unerlaubten Handlungen die Verjährung hinsichtlich des jeweiligen schädigenden Einzelaktes gesondert einsetzt. Jede schädigende Teilhandlung oder Unterlassung stellt eine verjährungsrechtlich selbständige neue Schädigung dar, die einen neuen Ersatzanspruch mit eigenem Lauf der Verjährungsfrist erzeugt. Der Umstand, daß die wiederholten schadenstiftenden Handlungen Ausfluß eines einheitlichen Entschlusses sind - etwa im Sinne einer "Kampagne" -, bewirkt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht, daß die Verjährung von Schadensersatzansprüchen erst mit der letzten unerlaubten Handlung für alle beginnt; strafrechtliche Begriffe, wie die natürliche Handlungseinheit und die fortgesetzte Handlung, sind für die Verjährung deliktischer Ansprüche unmaßgeblich (BGHZ 71, 86, 94). Die Ansicht der Revision, im Streitfall sei der Verjährungsbeginn unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer "Dauerhandlung" hinausgeschoben, trifft daher nicht zu. Es ist auch nicht richtig, daß nur deshalb, weil der Sektenbeauftragte der Beklagten sich seit Erscheinen des ersten Zeitungsartikels nicht öffentlich von den ihm zugeschriebenen Äußerungen distanziert hat, eine solche "Dauerhandlung" anzunehmen wäre.
Wenn es mithin naheliegen mag, daß - wie das Berufungsgericht angenommen hat - wegen der durch die (dem Kläger bekannten) Zeitungsartikel von 1990 und von 1995 eingetretenen Schäden Verjährung eingetreten ist, so gilt dies jedenfalls nicht für einen etwa damit zusammenhängenden, nicht voraus-
sehbaren Gesundheitsschaden und, wie das Berufungsgericht selbst sieht, nicht für die weiteren in Betracht zu ziehenden Amtspflichtverletzungen zumindest ab 1997. Die insoweit erforderlichen näheren Abgrenzungen müssen dem Tatrichter überlassen werden.

IV.


Da der Rechtsstreit im Revisionsverfahren nicht entscheidungsreif ist, muß die Sache nach allem zur erneuten Prüfung des Klageanspruchs an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Rinne Wurm Streck Schlick Dörr

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 8. Mai 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin stellt Hochleistungsmagneten zur Einsparung von fossilen Brennstoffen bei dem Betrieb von Heizungsanlagen her. Sie ist Inhaberin des beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Patents über die "Anordnung zur magnetischen Ionisierung eines kohlenwasserstoffhaltigen Treibstoffs sowie deren Verwendung". Nach der Patentschrift liegt die Aufgabe der Erfindung darin, den Verbrennungswirkungsgrad des behandelten Treibstoffes signifikant zu erhöhen. Der Beklagte hat Physik und Architektur studiert. Er ist der Auffassung, dass die von der Klägerin hergestellten und vertriebenen Vorrichtungen keine Energieeinsparung bewirkten und die Klägerin dies wisse. Am 7. Juni 2011 teilte er einer Kundin der Klägerin unter voller Nennung der im Folgenden abgekürzt wiedergegebenen Namen per E-Mail mit:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

ich schreibe derzeit an einem Artikel über einen groß angelegten Schwindel durch eine Firma S. GmbH, die unter dem Markennamen E. Magnete vermarktet, die an die Brennstoffleitung einer Heizungsanlage geklemmt auf wundersame Weise enorme Energieeinsparungen bewirken sollen. Die Wirkung dieser Magnete entspricht der eines Perpetuum Mobiles, die vom Hersteller herbeigezerrte wissenschaftliche Begründung der angeblichen Wirkung der Magnete ist völliger Unsinn.

Zu den Opfern dieses Betruges gehört auch Ihr Unternehmen. Wie Herr J. vom Facility Management Ihres Unternehmens berichtet, wurden Heizungsanlagen in Ihren Niederlassungen A. und W. mit diesen Magneten ausgestattet.

Ich würde mich freuen, wenn Sie zu dieser Angelegenheit Stellung beziehen könnten. Mich interessiert dabei insbesondere, ob Sie durch Ihren Heizungslieferanten oder Energieberater zu diesen Magneten zum Kauf dieser Magnete motiviert wurden, oder ob sich diese nach Kauf dazu geäußert haben. Besonders interessant ist auch, wie die Messung der angeblichen Effizienzsteigerung durchgeführt wurde. Gerne wird Ihnen dazu jeder Schornsteinfeger bestätigen, dass solch eine Effizienzsteigerung nach einer normalen Wartung und Reinigung, die eventuell beim Einbau der Magnete erfolgte, problemlos messbar ist.

Insbesondere möchte ich darauf hinweisen, dass sich Ihr Unternehmen durch die Bereitstellung des Anwenderberichts zu Werbezwecken für dieses Scharlatanerieprodukt (http://www.e.com/pressemeldungen/pdf/anwenderbericht_e..pdf) gegenüber dadurch beeinflussten weiteren Opfern des Betrugs eventuell schadensersatzpflichtig macht.

Vielen Dank und herzliche Grüße

T. B.

Wissenschaftsjournalist"

2

Nachdem die Klägerin den Beklagten abgemahnt und seine Äußerungen als Schmähkritik bezeichnet hatte, teilte der Beklagte mit E-Mail vom 17. Juni 2011 unter Angabe eines Links mit, das Abmahnschreiben habe ihn veranlasst, den Betrug durch die Klägerin auch im Usenet bekannt zu machen.

3

Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, die Behauptungen zu unterlassen, die Klägerin initiiere mit der Vermarktung ihres unter dem Markennamen "E." hergestellten Produktes einen "groß angelegten Schwindel" bzw. "Betrug", bei den Kunden der Klägerin handele es sich um "Opfer dieses Betrugs", bei den "E."-Produkten der Klägerin handele es sich um "Scharlatanerieprodukte", die Wirkung der von der Klägerin vermarkteten Magnete entspreche der eines "Perpetuum-Mobiles", die vom Hersteller herbeigezerrte wissenschaftliche Begründung der angeblichen Wirkung sei völliger Unsinn. Das Landgericht hat den Beklagten darüber hinaus verurteilt, es zu unterlassen, unmittelbar an Kunden der Klägerin mit den vorgenannten Behauptungen heranzutreten, und an die Klägerin außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.974,40 € zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

I.

4

Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen der Klägerin Unterlassungsansprüche gegen den Beklagten aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1, § 824 BGB zu. Durch die beanstandeten Äußerungen habe der Beklagte die unternehmensbezogenen Interessen des Unternehmens der Klägerin betroffen, die sowohl durch ihr Persönlichkeitsrecht als auch durch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützt seien. Die Äußerungen des Beklagten genössen nicht den Schutz der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, weil sie als unzulässige Schmähkritik zu qualifizieren seien. Ausweislich seiner E-Mail vom 7. Juni 2011 gehe es dem Beklagten vorrangig nicht um eine Auseinandersetzung mit der von ihm behaupteten Wirkungslosigkeit der von der Klägerin verwendeten Technik. Hierzu enthielten seine Ausführungen kaum einen brauchbaren Anhaltspunkt. Vielmehr gehe es dem Beklagten ersichtlich darum, das Unternehmen der Klägerin in den Augen auch von Kunden herabzusetzen. Während der Leser der E-Mail - anders als aus dem Bericht des Bayerischen Landesamtes für Umwelt - keinerlei Informationen erlange, aus welchen Gründen die Technik der Klägerin unbrauchbar sein solle, werde er ohne nähere Darlegungen mit angeblich betrügerischen Machenschaften der Klägerin konfrontiert. Dies habe mit einer Auseinandersetzung in der Sache nichts zu tun, sondern ziele einzig und allein darauf ab, die Klägerin als Betrügerin darzustellen und den Adressaten vor ihr zu warnen. Der Beklagte habe die Klägerin gleichsam als Betrügerin an den Pranger gestellt. Das Landgericht habe sich auch nicht mit den vom Beklagten behaupteten journalistischen und verbraucherschützenden Motiven für sein Verhalten auseinandersetzen müssen, da er sich erstinstanzlich nicht auf diese Motive berufen habe. Soweit er sie mit der Berufungsbegründung geltend gemacht habe, sei er mit dem Vortrag ausgeschlossen. Abgesehen davon habe er seine Motive bereits nicht nachvollziehbar und glaubhaft dargetan. Er habe zu keinem Zeitpunkt einen Artikel verfasst, ohne dass er dargelegt habe, was ihn daran gehindert habe, journalistisch tätig zu werden. Aber auch dann, wenn seine Motive tatsächlich journalistischer Art gewesen wären, würde es an der Bewertung seiner Äußerungen als Schmähkritik nichts ändern.

II.

5

Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann ein Anspruch auf Unterlassung der im Tenor des landgerichtlichen Urteils im Einzelnen aufgeführten Äußerungen und Verhaltensweisen nicht bejaht werden.

6

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich ein Anspruch des Klägers auf Unterlassung der im Tenor des landgerichtlichen Urteils im Einzelnen aufgeführten Äußerungen nicht aus § 824 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 824 Abs. 1 BGB sind nicht erfüllt, da die angegriffenen Äußerungen nicht als Tatsachenbehauptungen zu qualifizieren sind.

7

a) Gemäß § 824 Abs. 1 BGB hat derjenige, der der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, dem anderen den daraus entstehenden Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit zwar nicht kennt, aber kennen muss. Die Vorschrift setzt danach voraus, dass unwahre Tatsachen und nicht bloß Werturteile mitgeteilt werden. Vor abwertenden Meinungsäußerungen und Werturteilen bietet § 824 Abs. 1 BGB keinen Schutz (vgl. Senatsurteil vom 22. Februar 2011 - VI ZR 120/10, AfP 2011, 259 Rn. 9; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 62; Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 12 Rn. 60; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage, Kap. 5 Rn. 246; Palandt/Sprau, BGB, 74. Auflage, § 824 Rn. 2 ff.).

8

b) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die vom Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 15; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 72 m.w.N.). Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt (BVerfGE 90, 241, 247; 94, 1, 8; BVerfG NJW 2000, 199, 200; NJW 2008, 358, 359). Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dies scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (vgl. Senatsurteile vom 22. Februar 2011 - VI ZR 120/10, AfP 2011, 259 Rn. 10; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, AfP 2010, 72 Rn. 15; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 63; BVerfGE 90, 241, 247; BVerfG NJW 2008, 358, 359). Sofern eine Äußerung, in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind, wird sie als Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 170; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 12, 18; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 11; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 70; BVerfGE 85, 1, 15; BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Würde in einem solchen Fall das tatsächliche Element als ausschlaggebend angesehen, so könnte der grundrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit wesentlich verkürzt werden (BVerfGE 85, 1, 15 f. m.w.N.; BVerfG, NJW 1993, 1845, 1846).

9

Die zutreffende Einstufung einer Äußerung als Wertung oder Tatsachenbehauptung setzt die Erfassung ihres Sinns voraus (Senatsurteile vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 11; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 15; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 73; vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05, AfP 2007, 46 Rn. 14; BVerfGK 10, 485, 489). Bei der Sinndeutung ist zu beachten, dass die Äußerung stets in dem Zusammenhang zu beurteilen ist, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 20; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 73; vom 27. Mai 2014 - VI ZR 153/13, AfP 2014, 449 Rn. 13; BVerfG, NJW 2013, 217, 218).

10

c) Nach diesen Grundsätzen sind die angegriffenen Aussagen als Meinungsäußerungen zu qualifizieren. Die Äußerungen, die Klägerin betreibe mit der Vermarktung ihres unter dem Markennamen E. hergestellten Produktes einen "groß angelegten Schwindel" bzw. "Betrug", bei den Kunden der Klägerin handele es sich um "Opfer dieses Betrugs", bei den E.-Produkten der Klägerin handele es sich um "Scharlatanerieprodukte", die Wirkung der von der Klägerin vermarkteten Magnete entspreche der eines "Perpetuum-Mobiles" und die vom Hersteller "herbeigezerrte" wissenschaftliche Begründung der angeblichen Wirkung sei "völliger Unsinn", sind entscheidend durch das Element des Dafürhaltens und Meinens geprägt. Zwar weisen alle Teilaussagen in ihrer Gesamtheit betrachtet auch tatsächliche Elemente auf. So bringt der Beklagte mit den Begriffen "Schwindel", "Betrug", "Scharlatanerieprodukte" und "Unsinn" im vorliegenden Zusammenhang zum Ausdruck, dass die von der Klägerin bei der Vermarktung ihres Produkts hervorgehobene energieeinsparende Wirkung der Magnete tatsächlich nicht gegeben sei. Die von der Klägerin zur Bewerbung der Magnete vorgebrachte wissenschaftliche Erklärung der angeblichen Wirkungsweise treffe nicht zu, die (angeblich) gemessenen Einsparungen könnten auch auf eine beim Einbau der Magnete erfolgte Wartung und Reinigung der Heizungsanlage zurückzuführen sein und die Klägerin habe hiervon Kenntnis. Hierin erschöpfen sich die Aussagen aber nicht; sie bringen vielmehr in erster Linie die Missbilligung des geschäftlichen Verhaltens der Klägerin durch den Beklagten zum Ausdruck und enthalten damit eine subjektive Wertung, die mit den tatsächlichen Bestandteilen der Äußerungen untrennbar verbunden ist. Auch dem Begriff "Betrug" kommt im vorliegenden Zusammenhang kein weitergehender Aussagegehalt zu. Er wird hier erkennbar nicht im fachspezifischen, sondern in einem alltagssprachlichen Sinne verwendet (vgl. dazu Senatsurteile vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 170; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 14; BVerfGE 85, 1, 19; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 42). Ein durchschnittlicher Leser versteht unter dieser Behauptung nicht die Verwirklichung eines rechtlich präzise bestimmten Straftatbestandes, sondern den weiter gefassten Vorwurf der bewussten Verbrauchertäuschung.

11

2. Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung der im Tenor des landgerichtlichen Urteils im Einzelnen aufgeführten Äußerungen und Verhaltensweisen aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB zu.

12

a) Zwar ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die angegriffenen Äußerungen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin eingreifen. Betroffen ist der durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete soziale Geltungsanspruch der Klägerin als Wirtschaftsunternehmen (vgl. Senatsurteile vom 3. Juni 1986 - VI ZR 102/85, BGHZ 98, 94, 97; vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93, AfP 1994, 138 f.; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 9). Denn die Verwendung der beanstandeten Begriffe ist geeignet, ihr unternehmerisches Ansehen in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen.

13

Die angegriffenen Äußerungen berühren darüber hinaus das durch Art. 12 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Betroffen ist das Interesse der Klägerin daran, dass ihre wirtschaftliche Stellung nicht durch inhaltlich unrichtige Informationen oder Wertungen, die auf sachfremden Erwägungen beruhen oder herabsetzend formuliert sind, geschwächt wird und andere Marktteilnehmer deshalb von Geschäften mit ihr abgehalten werden (vgl. Senatsurteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 9; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 98; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711; NJW 2008, 358, 359 f.). Die angegriffenen Äußerungen sind geeignet, eine Verunsicherung der Kunden der Klägerin zu bewirken mit der Folge, dass diese die angebotenen Leistungen nicht (mehr) nachfragen.

14

Das zuletzt genannte Interesse der Klägerin wird zusätzlich dadurch betroffen, dass der Beklagte mit den angegriffenen Äußerungen unmittelbar an Kunden der Klägerin herangetreten ist.

15

b) Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen aber nicht die Annahme, dass die Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin und ihres Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb rechtswidrig sind.

16

aa) Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Abwägung mit den im Einzelfall konkret kollidierenden Interessen anderer ergeben (Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 12; vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 318; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 97; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711 f.). Gleiches gilt für das allgemeine Persönlichkeitsrecht (vgl. Senatsurteile vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, juris Rn. 19, z.V.b.; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 12). Bei der Abwägung sind die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen. Der Eingriff in den Schutzbereich des jeweiligen Rechts ist nur dann rechtswidrig, wenn das Interesse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (Senatsurteile vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, juris Rn. 19, z.V.b.; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22 = AfP 2014, 135).

17

bb) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die danach erforderliche Abwägung sei vorliegend entbehrlich, weil die angegriffenen Äußerungen als Schmähkritik zu qualifizieren seien und deshalb nicht am Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG teilhätten.

18

(1) Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll. Eine Schmähung liegt bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise vor und ist eher auf die Privatfehde beschränkt (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 170; BVerfG, AfP 2013, 388 Rn. 15; NJW 2014, 3357 Rn. 11; NJW-RR 2004, 1710, 1712, jeweils m.w.N.). Eine wertende Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als Schmähkritik angesehen werden (Senatsurteile vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 320; vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 171; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 73; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 16).

19

(2) Nach diesen Grundsätzen sind die angegriffenen Äußerungen nicht als Schmähkritik zu qualifizieren. Auch hier ist nämlich zu beachten, dass eine Aussage nicht isoliert gewürdigt werden darf, sondern in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen ist, in dem sie gefallen ist (vgl. Senatsurteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 45/05, AfP 2007, 46 Rn. 19). Der E-Mail des Beklagten vom 7. Juni 2006 kann bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung ein Sachbezug nicht abgesprochen werden. Es handelt sich zwar um polemische und überspitzte Kritik; diese hat aber eine sachliche Auseinandersetzung zur Grundlage. Der Beklagte setzt sich - wenn auch in scharfer und möglicherweise überzogener Form - kritisch mit der gewerblichen Leistung und dem Geschäftsgebaren der Klägerin auseinander. Ihm geht es erkennbar darum, die aus seiner Sicht gegebene völlige Wirkungslosigkeit der Produkte der Klägerin aufzudecken und zur Unterrichtung der Marktteilnehmer und zur Markttransparenz beizutragen. Zu diesem Zweck bittet er den angeschriebenen Kunden der Klägerin um nähere Informationen, wie es zu dem Anwenderbericht des Kunden gekommen ist, den die Klägerin zu Werbezwecken für ihr Produkt verwendet. So bittet er insbesondere um Mitteilung, wie die Messung der angeblichen Effizienzsteigerung der Heizung durchgeführt wurde, und weist darauf hin, dass eine Effizienzsteigerung bereits nach einer normalen Wartung und Reinigung zu erwarten sei.

20

cc) Im Streitfall sind deshalb die unter a) genannten Schutzinteressen der Klägerin mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit abzuwägen.

21

(1) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. Senatsurteil vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, AfP 2013, 50 Rn. 12 m.w.N.). Danach fällt bei Äußerungen, in denen sich - wie im vorliegenden Fall - wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht. Enthält die Meinungsäußerung einen erwiesen falschen oder bewusst unwahren Tatsachenkern, so tritt das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig hinter den Schutzinteressen des von der Äußerung Betroffenen zurück (vgl. Senatsurteile vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 18; vom 20. November 2007 - VI ZR 144/07, VersR 2008, 1081 Rn. 12; BVerfGE 90, 241, 248 f.; 94, 1, 8; BVerfG, NJW 1993, 1845, 1846; NJW 2008, 358, 359 f., 38; NJW 2012, 1643 Rn. 34). Denn an der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, die unwahr sind, besteht unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse (BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33; NJW 2013, 217, 218). Wahre Tatsachenbehauptungen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (vgl. Senatsurteil vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, AfP 2013, 50 Rn. 12 m.w.N.; BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33). Dementsprechend muss sich ein Gewerbetreibender wertende, nicht mit unwahren Tatsachenbehauptungen verbundene Kritik an seiner gewerblichen Leistung in der Regel auch dann gefallen lassen, wenn sie scharf formuliert ist (vgl. Senatsurteile vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 320; vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 171; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 21; EGMR NJW 2006, 1255, 1259 Rn. 94 - Steel und Morris/Vereinigtes Königreich sowie 1994, Serie A, Bd. 294-B, Nr. 75 = ÖstJZ 1995, 436, 438 f. - Fayed/Vereinigtes Königreich).

22

(2) Auf der Grundlage des mangels gegenteiliger Feststellungen revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachvortrags des Beklagten hat das Interesse der Klägerin am Schutz ihres sozialen Geltungsanspruchs als Wirtschaftsunternehmen und ihrer unternehmensbezogenen Interessen nach diesen Grundsätzen hinter dem Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit zurückzutreten. Nach dem - u.a. durch Vorlage zweier Privatgutachten und eines Warnschreibens des Bayerischen Landesamtes für Umwelt konkretisierten - Sachvortrag des Beklagten sind die tatsächlichen Elemente seiner insgesamt als Meinungsäußerungen zu qualifizierenden Aussagen wahr. Denn danach sind die von der Klägerin mit dem Versprechen der Energieeinsparung bei dem Betrieb von Heizungsanlagen vertriebenen Magnete wirkungslos. Die angeblich energieeinsparende Wirkung der Magnete ist tatsächlich nicht gegeben. Etwaige Energieeinsparungen nach dem Einbau eines Magneten sind auf eine beim Einbau des Magneten erfolgte Wartung und Reinigung der Heizungsanlage zurückzuführen. Die von der Klägerin durchgeführten, eine Effizienzsteigerung belegenden Messungen sind nicht aussagekräftig, da sie nicht unter standardisierten Bedingungen und von objektiven Dritten durchgeführt worden sind. Die zur Bewerbung der Magnete vorgebrachte wissenschaftliche Erklärung der angeblichen Wirkungsweise trifft nicht zu; der als Beleg für die Wirkung der Magnete hergestellte Bezug zur Kernspinresonanz ist frei erfunden und dient der bewussten Täuschung potentieller Kunden.

23

Zu Gunsten des Beklagten ist weiter zu berücksichtigen, dass er seine Äußerungen nicht im Rahmen einer privaten Auseinandersetzung zur Verfolgung von Eigeninteressen gemacht, sondern ein Informationsanliegen im Zusammenhang mit einer die Verbraucher wesentlich berührenden Frage verfolgt hat (vgl. Senatsurteile vom 21. April 1998 - VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, 320; vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 219/06, AfP 2009, 55 Rn. 18; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, AfP 2009, 588 Rn. 21; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712; EGMR NJW 2006, 1255, 1259 Rn. 94 - Steel und Morris/Vereinigtes Königreich sowie 1994, Serie A, Bd. 294-B, Nr. 75 = ÖstJZ 1995, 436, 438 f. - Fayed/Vereinigtes Königreich). Auch an wirtschaftlichen Fragen kann ein schutzwürdiges Informationsinteresse der Allgemeinheit, insbesondere der vom Verhalten eines Unternehmens betroffenen Kreise, bestehen. Eine marktwirtschaftliche Ordnung setzt voraus, dass die Marktteilnehmer über ein möglichst hohes Maß an Informationen über marktrelevante Faktoren verfügen (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1711 f.). Wie sich bereits aus der E-Mail des Beklagten vom 7. Juni 2006 ergibt, ging es ihm ungeachtet seiner überspitzten Formulierungen darum, über fragwürdige Geschäftspraktiken aufzuklären. Darüber hinaus ergab sich für den Empfängerkreis bereits aus der Art der Darstellung, dass ein subjektives Werturteil formuliert wurde. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Meinungsfreiheit des Beklagten im Kern betroffen wird, wenn ihm die Äußerung seiner Meinung gerichtlich untersagt wird. Die Verurteilung zur Unterlassung einer Äußerung muss aber im Interesse des Schutzes der Meinungsfreiheit auf das zum Rechtsgüterschutz unbedingt Erforderliche beschränkt werden (vgl. BVerfGK 2, 325, 329; BVerfG, AfP 2012, 549 Rn. 35).

24

3. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird dabei Gelegenheit haben, sich auch mit den weiteren im Revisionsverfahren erhobenen Einwendungen der Parteien auseinanderzusetzen.

Galke                   Diederichsen                   Stöhr

          v. Pentz                            Oehler

11
aa) Maßgeblich für die Frage, ob sich der Anbieter die auf seinem Internetportal eingestellten Inhalte, die er nicht selbst geschaffen hat, zu eigen macht, ist eine objektive Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände, wobei insbesondere die Frage der inhaltlichen redaktionellen Kontrolle der fremden Inhalte und die Art der Präsentation von Bedeutung sind. Ein Zu-Eigen-Machen liegt regelmäßig vor, wenn die fremde Äußerung so in den eigenen Gedankengang eingefügt wird, dass die gesamte Äußerung als eigene erscheint. Auch lediglich undistanziert wiedergegebene Äußerungen Dritter können dem Vertreiber zugerechnet werden, wenn er sie sich zu Eigen gemacht hat. Ob dies der Fall ist, ist jedoch mit der im Interesse der Meinungsfreiheit und zum Schutz der Presse gebotenen Zurückhaltung zu prüfen. Schon aus der äußeren Form der Veröffentlichung kann sich ergeben, dass lediglich eine fremde Äußerung ohne eigene Wertung oder Stellungnahme mitgeteilt wird. Dies ist beispielsweise bei dem Abdruck einer Presseschau der Fall (vgl. BVerfG NJW 2004, 590, 591; WM 2009, 1706, 1709; Senatsurteil vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 11 mwN). Im Streitfall liegt es vergleichbar.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

100
Dies bedeutet, dass bei einer Meinungsäußerung in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage eine Vermutung zugunsten der freien Rede spricht (BVerfGE 61, 1, 7; 82, 272, 281 f.; 90, 241, 249; 93, 266, 294 f.; BGHZ 45, 296, 308; 65, 325, 331 f.). Für Tatsachenbehauptungen gilt dies allerdings nicht in gleicher Weise. Im Gegensatz zur Äußerung einer Meinung ist für den verfassungsrechtlichen Schutz einer Tatsachenmitteilung deren Richtigkeit von Bedeutung (BVerfGE 61, 1, 8 f.; 85, 1, 17; 97, 391, 403 f.). Enthält eine Äußerung erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, so tritt das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig hinter dem durch das grundrechtsbeschränkende Gesetz geschützten Rechtsgut zurück (BVerfGE 85, 1, 17; 90, 241, 248 f.). Wahre Aussagen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, es sei denn, die Aussagen betreffen die Intim-, Privat- oder Vertraulichkeitssphäre und sind nicht durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 99, 185, 196 f.; BVerfG NJW 2000, 2413, 2414; BVerfG NJW 2003, 1109, 1110).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.