Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 15. Sept. 2016 - 7 L 2411/16
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antrag der Beigeladenen zu 2. und 3. auf Aussetzung des Verfahrens wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. und 3. sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auf 50.000,- Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 13. Juli 2016 wörtlich gestellte Antrag,
3der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO, Zwischenverfügung oder Hängebeschluss, bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorläufig zu untersagen, auf das Angebot des B. -T. -C. RV-C1. -Land e.V. für Los 1 – Rettungswachenbereich M.--------straße 96a – in dem Auswahlverfahren der Antragsgegnerin zur Vergabe von Rettungsdienstleistungen für den Zeitraum vom 1.8.2016 bis zum 31.7.2021 (Ausschreibungsnummer der Antragsgegnerin: V16/37/128) den Zuschlag zu erteilen oder einen entsprechenden öffentlich-rechtlichen Beauftragungsvertrag abzuschließen,
4hat keinen Erfolg.
5Der Antrag ist unzulässig. Zwar ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (I.), jedoch fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (II.).
6I. Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eröffnet. Insbesondere handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art (1.). Auch liegt eine abdrängende Sonderzuweisung nicht vor (2.).
71. Die vorliegende Streitigkeit ist öffentlich-rechtlicher Natur. Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird.
8Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 10. Juli 1989 – GmS-OGB 1/88 –; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. Mai 1994 – 5 C 33.91 –, juris.
9Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient.
10Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 10. April 1986 – GmS-OGB 1/85 – und vom 29. Oktober 1987 – GmS-OGB 1/86 –; BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2006 – 3 B 78.05 –, juris.
11Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit kann aber auch auf einem Gleichordnungsverhältnis beruhen. Gleichordnungsverhältnisse sind öffentlich-rechtlich, wenn die das Rechtsverhältnis beherrschenden Rechtsnormen nicht für jedermann gelten, sondern Sonderrecht des Staates oder sonstiger Träger öffentlicher Aufgaben sind, das sich zumindest auf einer Seite nur an Hoheitsträger wendet.
12BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2006 – 3 B 78.05 –, juris.
13Die streitgegenständliche Vergabe von Rettungsdienstleistungen findet ihre Rechtsgrundlage in der öffentlich-rechtlichen Vorschrift des § 13 Abs. 1 RettG NRW. Hiernach kann der Träger rettungsdienstlicher Aufgaben die Durchführung des Rettungsdienstes auf anerkannte Hilfsorganisationen und andere Leistungserbringer durch öffentlich-rechtlichen Vertrag übertragen. In den Absätzen 2 bis 5 enthält § 13 RettG NRW darüber hinaus Anforderungen an die Vertragsgestaltung. Die Rechtsnatur des Vertrages, dessen Abschluss die Antragstellerin mit ihrem Antrag verhindert wissen will, ist dadurch kraft Gesetzes festgelegt und dem öffentlichen Recht zugewiesen.
14Vgl. zu der entsprechenden Vorschrift im Rettungsdienstrecht des Landes Bayern: Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. Januar 2012 – X ZB 5/11 –, juris.
15Dass die Streitigkeit auch nichtverfassungsrechtlicher Art ist, steht zu Recht außer Streit.
162. Der Verwaltungsrechtsweg ist auch nicht aufgrund einer abdrängenden Sonderzuweisung ausgeschlossen. Insbesondere greift eine solche an die Vergabekammern nach § 155 des vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) nicht ein. Nach dieser Vorschrift unterliegt unbeschadet der Prüfungsmöglichkeiten von Aufsichtsbehörden die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen der Nachprüfung durch die Vergabekammern.
17Zwar handelt es sich bei dem im Streit stehenden Los 1 um einen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 155 in Verbindung mit § 103 Abs. 1 GWB. Hiernach sind öffentliche Aufträge entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Die Antragsgegnerin ist als Gebietskörperschaft öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 99 Nr. 1 GWB. Es handelt sich zudem um einen Dienstleistungsauftrag. Gemäß der Negativabgrenzung in § 103 Abs. 4 GWB sind Dienstleistungen solche Leistungen, die nicht Verträge zur Beschaffung von Waren oder Bauleistungen sind. Dies trifft auf Rettungsdienste – wie sie auch hier in Frage stehen (Personalgestellung für den kommunalen Rettungswagen, drei Krankentransportwagen und den Betrieb eines dafür erforderlichen Fahrzeugstandortes im Rettungsdienstbereich VI der Stadt Solingen) – zu.
18Vgl. zu einer ähnlichen Fallkonstellation auch: Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 29. April 2010, – C-160/08 –, juris.
19Der Leistungsbeschreibung von Los 1 der Vergabeunterlagen der streitgegenständlichen Ausschreibung (Ausschreibungsnummer V16/37/128) ist zudem unter Punkt 11 die Entgeltlichkeit des abzuschließenden Vertrages zu entnehmen.
20Jedoch sind hier ausnahmsweise die Vorschriften des vierten Teils des GWB – und damit auch die in § 155 GWB geregelte Zuweisung an die Vergabekammern – nicht anzuwenden, da die Vergabe des streitgegenständlichen Loses der sogenannten Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB unterfällt.
21§ 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz – VergRModG), welches seinerseits der Umsetzung des Pakets zur Modernisierung des europäischen Vergaberechts (insbesondere der Richtlinie 2014/24/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG) diente, in das Regelwerk des GWB implementiert und ist am 18. April 2016 in Kraft getreten.
22Gesetz vom 17. Februar 2016, BGBl. I S. 203.
23Nach dieser Vorschrift – mit der nahezu inhaltsgleich die Regelung des Art. 10 lit. h) der Richtlinie 2014/24/EU umgesetzt wurde – ist der vierte Teil des GWB nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr (a), die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden (c) und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary (CPV) 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen (b); gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.
24a) Bei dem Vertragsgegenstand des hier in Frage stehenden öffentlichen Auftrags handelt es sich um Dienstleistungen, die der Gefahrenabwehr dienen. Eine eigene Definition des Begriffs der Gefahrenabwehr enthält das GWB nicht. Der vereinzelt in der Literatur vertretenen Ansicht, dass der Gefahrenbegriff des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB derart eng auszulegen sei, dass er sich allein auf Zivil- und Katastrophenschutzfälle und „mindestens abstrakt drohende Großschadensereignisse“ beschränke,
25vgl. Prieß in NZBau 2015, 343, 345,
26folgt die Kammer nicht. Eine derartige Auslegung würde dem Verständnis des Begriffs der Gefahrenabwehr in der geltenden Rechtsordnung nicht gerecht und diesen im Rahmen des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB neben den Begriffen Katastrophen- und Zivilschutz seines eigenständigen Anwendungsbereichs berauben.
27Jaeger NZBau 2014, 259, 260; Lüder/Sarangi in Recht des Feuerschutzes und des Rettungsdienstes in Nordrhein-Westfalen 4. Auflage, 37. Aktualisierung, Dezember 2015, § 13 RettG Rn. 27; Ruthig: Vergaberechtsfreier Bevölkerungsschutz NZBau 2016, 3, 5; Ley/Wankmüller „Das neue Vergaberecht 2016“, 3. Auflage 2016, S. 53.
28Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der nationalen Rechtsordnung ist vielmehr auf das zum Gefahrenabwehrbegriff in der Rechtsordnung – insbesondere im polizeirechtlichen Gefahrenabwehrrecht – angelegte und in der Rechtsprechung fortentwickelte Verständnis zurückzugreifen.
29Im polizeilichen Gefahrenabwehrrecht des Landes Nordrhein-Westfalen wird der Begriff der Gefahrenabwehr in § 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Aufbau und die Befugnisse der Ordnungsbehörden für das Land Nordrhein-Westfalen (OBG NRW) und in § 1 Abs. 1 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) einheitlich als Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung legal definiert. Das gleiche Verständnis ergibt sich aus den polizei- und ordnungsrechtlichen Vorschriften der übrigen Länder der Bundesrepublik,
30vgl. nur § 1 Abs. 1 S. 1 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG), § 1 Abs. 1 S. 1 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetz für das Land Rheinland-Pfalz (POG), § 1 Abs. 1 S. 1 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG Bln).
31Eine konkrete Gefahr liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn bei ungehindertem Ablauf des Geschehens in überschaubarer Zukunft mit einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann.
32BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2004 – 6 C 21.03 –; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09. Februar 2012 – 5 A 2375/10 –, juris.
33Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen.
34BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2008 – 6 C 21.07 –; OVG NRW, Urteil vom 18. September 2012 – 5 A 1701/11 –, juris.
35Dies zugrunde gelegt sind die von Los 1 des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens erfassten Dienstleistungen der Gefahrenabwehr zuzuordnen.
36Dies gilt zunächst für die unter Punkt 1.1 der Leistungsbeschreibung des streitgegenständlichen Loses beschriebenen Leistungen der Notfallrettung. Danach stellt der Leistungserbringer (LE) gemäß § 13 Rettungsgesetz NRW der Stadt T1. als Rettungsdienstträger (RD-Träger) in deren Auftrag Rettungsassistentinnen/Rettungsassistenten bzw. Notfallsanitäterinnen/Notfallsanitäter und Rettungssanitäterinnen/Rettungssanitäter zur Verfügung. Diese werden als Fahrzeugbesatzung in der Notfallrettung eingesetzt. Hauptaufgabe ist die Betreuung und Versorgung von Notfallpatienten durch mindestens eine Rettungsassistentin oder einen Rettungsassistenten, unterstützt durch mindestens eine Rettungssanitäterin bzw. einen Rettungssanitäter, auf dem kommunalen Rettungswagen (RTW) SG 06-RTW-01. Bei Bedarf sind auch Einsätze im Krankentransport abzuwickeln.
37Eine nähere Beschreibung, was die „Notfallrettung“ beinhaltet, enthält die Leistungsbeschreibung nicht. Dieser unbestimmte Begriff wird jedoch durch die gesetzliche Definition in § 2 Abs. 2 des Gesetzes über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmer für das Land Nordrhein-Westfalen (RettG NRW) ausgefüllt. Die Begriffsbestimmung über das RettG NRW ist vorliegend aufgrund des Verweises auf § 13 RettG NRW und der damit verbundenen Begriffsverwendung der „Notfallrettung“, die Teil des in § 2 Abs. 1 RettG NRW definierten Rettungsdienstes ist, angezeigt. Nach § 2 Abs. 2 RettG NRW hat die Notfallrettung die Aufgabe, bei Notfallpatientinnen und Notfallpatienten lebensrettende Maßnahmen am Notfallort durchzuführen, deren Transportfähigkeit herzustellen und sie unter Aufrechterhaltung der Transportfähigkeit und Vermeidung weiterer Schäden mit Notarzt- oder Rettungswagen oder Luftfahrzeugen in ein für die weitere Versorgung geeignetes Krankenhaus zu befördern. Hierzu zählt auch die Beförderung von erstversorgten Notfallpatientinnen und Notfallpatienten zu Diagnose- und geeigneten Behandlungseinrichtungen. Notfallpatientinnen und Notfallpatienten sind Personen, die sich infolge Verletzung, Krankheit oder sonstiger Umstände entweder in Lebensgefahr befinden oder bei denen schwere gesundheitliche Schäden zu befürchten sind, wenn sie nicht unverzüglich medizinische Hilfe erhalten.
38Diese Aufgabe lässt sich ohne weiteres dem Bereich der Gefahrenabwehr zuordnen, denn die Notfallrettung greift ein, wenn sich Gefahren für die geschützten Rechtsgüter Leben und Gesundheit bereits realisiert haben und dient dazu, weitere Schäden zu verhindern.
39Dies entspricht auch – wie die Antragstellerin zutreffend aufzeigt – der Ansicht des Landesgesetzgebers. In § 6 Abs. 1 S. 2 RettG NRW heißt es: Beide Aufgabenbereiche [Notfallrettung einschließlich der notärztlichen Versorgung im Rettungsdienst und des Krankentransports] bilden eine medizinisch-organisatorische Einheit der Gesundheitsvorsorge und Gefahrenabwehr.
40Auch die unter Punkt 1.2 der Leistungsbeschreibung zu Los 1 genannten Leistungen dienen der Gefahrenabwehr. Hiernach stellt der Leistungserbringer gemäß § 13 Rettungsgesetz NRW der Stadt T1. als Rettungsdienstträger in deren Auftrag Rettungssanitäterinnen/Rettungssanitäter und Rettungshelferinnen/Rettungshelfer zur Verfügung. Diese werden als Fahrzeugbesatzung im Krankentransport eingesetzt. Hauptaufgabe ist die Betreuung und Versorgung von Patienten durch mindestens eine Rettungssanitäterin oder einen Rettungssanitäter, unterstützt durch mindestens eine Rettungshelferin bzw. einen Rettungshelfer, auf dem unter Punkt 1.2.1 aufgeführten kommunalen Krankentransportwagen (KTW). Bei Bedarf sind auch Einsätze als First Responder abzuwickeln.
41Zur ergänzenden Bestimmung des Begriffs „Krankentransport“ ist wiederum auf § 2 RettG NRW abzustellen. In Abs. 3 dieser Vorschrift heißt es: Der Krankentransport hat die Aufgabe, Kranken oder Verletzten oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen, die nicht unter Abs. 2 fallen, fachgerechte Hilfe zu leisten und sie unter Betreuung durch qualifiziertes Personal mit Krankenkraftwagen oder mit Luftfahrzeugen zu befördern.
42Es handelt sich hierbei um den so genannten „qualifizierten Krankentransport“, der von dem so genannten „einfachen Krankentransport“, der unter § 49 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) zu fassen ist, abzugrenzen ist.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. April 2008 – 13 A 2457/05 –, juris.
44Auch der „qualifizierte Krankentransport“ dient der Gefahrenabwehr. Dies ergibt sich nicht nur aus der oben zitierten gesetzgeberischen Wertung in § 6 Abs. 1 S. 2 RettG NRW, sondern auch bei der Subsumtion unter den Begriff der Gefahrenabwehr. Auch hier soll einer Bedrohung der Rechtsgüter Leben und Gesundheit durch eine fachgerechte Hilfeleistung und Betreuung entgegengewirkt werden. Wie sich aus der Leistungsbeschreibung ergibt, liegt – im Unterschied zum „einfachen Krankentransport“ – der Schwerpunkt der Leistung gerade nicht in der reinen Beförderung, sondern in der Betreuung und Versorgung hilfsbedürftiger Personen. Auch wenn der Vergleich zu Abs. 2 zeigt, dass das Ausmaß des (drohenden) Schadens geringer angesetzt ist, handelt es sich dennoch um die Abwehr einer konkreten Gefahr. Bei den Rechtsgütern Leben und Gesundheit handelt es sich um Schutzgüter von höchstem Rang, was dazu führt, dass an die Annahme einer Gefährdung niedrigere Anforderungen zu stellen sind.
45BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1970 – 4 C 99.67 –; OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2009 – 5 A 2239/08 –, juris.
46Schließlich dient auch der unter 1.3 der Leistungsbeschreibung geregelte Betrieb des Fahrzeugstandortes der Gefahrenabwehr, da er die Notfallrettung und den Krankentransport erst ermöglicht.
47b) Die streitgegenständlichen Dienstleistungen unterfallen auch den in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB ausdrücklich genannten Nummern des Common Procurement Vocabulary (CPV-Codes) (75250000-3: Dienstleistungen der Feuerwehr und von Rettungsdiensten; 75252000-7: Rettungsdienste; 8514300-3: Einsatz von Krankenwagen).
48Der qualifizierte Krankentransport fällt zudem nicht unter die Rückausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB. Die Aufzählung der von der Bereichsausnahme erfassten CPV-Codes schließt mit der Nummer 85143000-3 („Einsatz von Krankenwagen“) und enthält den Zusatz „mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung“. Diese Rückausnahme zielt nach ihrem Wortlaut darauf ab, ausschließlich die reine Beförderungsleistung mittels eines Krankenwagens („einfacher Krankentransport“) aus dem Anwendungsbereich der Bereichsausnahme auszunehmen. Es handelt sich dabei um Krankentransporte, bei denen für eine Person für ihren Transport z.B. zum Arzt oder bei einer Überführung in ein heimatnahes Krankenhaus zwar aufgrund ihrer körperlichen Verfassung ein Krankenwagen – also ein speziell ausgerüstetes Fahrzeug – erforderlich ist, jedoch keine Begleitung durch qualifiziertes Personal.
49Dass von dem erfassten „Einsatz von Krankenwagen“ der Einsatz desselben „zur Patientenbeförderung“ ausgenommen wird, setzt implizit voraus, dass es nach dem Verständnis der Bereichsausnahme einen Einsatz von Krankenwagen gibt, der unter die Ausnahmeregelung fällt. Anderenfalls wäre die Verwendung des CPV-Codes, der für den „Einsatz von Krankenwagen“ steht, im Rahmen des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB überflüssig. Dass damit nicht die Einsatzgebiete eines Rettungswagens gemeint sein können, folgt bereits daraus, dass für den Begriff des Rettungswagens ein eigenständiger CPV-Code (34114110-3) existiert. Dieser ist zwar in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB nicht explizit aufgeführt, aber von dem aufgeführten CPV-Code 75252000-7 („Rettungsdienst“) mit umfasst und bedurfte deshalb keiner besonderen Aufzählung.
50Dieses Verständnis des Begriffs des Krankenwagens – nämlich dass dieser sowohl zur einfachen als auch zur qualifizierten Krankenbeförderung eingesetzt werden kann – entspricht der deutschen Gesetzeslage. Der Begriff des Krankenwagens ist – anders als etwa der Begriff des Krankenkraftwagens (vgl. § 3 Abs. 1 RettG NRW) – nicht dem Bereich des Rettungsdienstes vorbehalten. Vielmehr besteht abseits des „qualifizierten Krankentransports“ die Möglichkeit des Gebrauchs eines Krankenwagens zum „einfachen Krankentransport“.
51Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. April 2008 – 13 A 2457/05 –, juris, dort ist von „abgerüsteten Krankenwagen“ die Rede.
52Auch aus der Begründung zum Entwurf des VergRModG,
53Bundestag-Drucksache 18/6281, S. 96,
54ergibt sich, dass mit der Rückausnahme lediglich der „einfache Krankentransport“ aus dem Anwendungsbereich der Bereichsausnahme ausgenommen werden sollte. Dort heißt es „Demgegenüber unterfallen reine Krankentransporte einem vereinfachten Verfahren…“. Ein reiner Krankentransport kann im „qualifizierten Krankentransport“ gerade nicht gesehen werden. Soweit in der Entwurfsbegründung der Einsatz von Krankenwagen als „bestehend in allgemeinen und fachspezifischen ärztlichen Dienstleistungen“ beschrieben wird, kann hieraus nicht geschlossen werden, dass lediglich der Einsatz von Krankenwagen, in denen die Betreuung durch einen Arzt geleistet wird, von der Bereichsausnahme erfasst ist. Vor dem Hintergrund des oben Gesagten ist diese Formulierung so zu verstehen, dass zwischen allgemeinen Dienstleistungen – die auch Sanitäter erbringen können – und fachspezifischen ärztlichen Dienstleistungen differenziert wird. Für ein anderes Verständnis bietet der Gesetzeswortlaut keinerlei Stütze. Zumal dann auch die Notfallrettung mit einem Rettungswagen in vielen Fällen nicht von der Bereichsausnahme erfasst sein dürfte, da zumindest gemäß § 4 Abs. 3 RettG NRW eine ärztliche Besetzung des Rettungswagens nicht zwingend ist.
55Ein sich aus dem europäischen Recht ergebendes Verständnis, wonach die hier streitgegenständlichen „qualifizierten Krankentransporte“ nicht unter die Bereichsausnahme zu fassen sind, ist nicht ersichtlich. Zum einen stimmt der Wortlaut des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB in den wesentlichen Punkten mit der Regelung des Art. 10 h Richtlinie 2014/24/EU überein. Darüber hinaus deutet auch der Erwägungsgrund 28 der Richtlinie 2014/24/EU – hier wird die Rückausnahme mit „Dienstleistungen, die ausschließlich im Einsatz von Krankenwagen zur Patientenbeförderung bestehen“ beschrieben – darauf hin, dass lediglich die reine Krankenbeförderung von der Bereichsausnahme ausgenommen werden sollte.
56So im Ergebnis auch Jaeger NZBau 2014, 259, 260; Lüder/Sarangi in Recht des Feuerschutzes und des Rettungsdienstes in Nordrhein-Westfalen 4. Auflage, 37. Aktualisierung, Dezember 2015, § 13 RettG Rn. 27; Ruthig: Vergaberechtsfreier Bevölkerungsschutz NZBau 2016, 3, 5; Ley/Wankmüller „Das neue Vergaberecht 2016“, 3. Auflage 2016, S. 53; Lüder „Recht und Praxis der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr“, 4. Auflage 2014, S. 143.
57c) Auch werden die hier infrage stehenden Dienstleistungen von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht. Nach unbestrittenem Vortrag der Antragstellerin wurde im Rettungsdienstbereich der Antragsgegnerin der Rettungsdienst bisher ausschließlich vom Deutschen Roten Kreuz und der Antragstellerin erbracht.
58Die Tatsache, dass auch Wirtschaftsunternehmen wie die Beigeladenen zu 2. und 3. die hier fraglichen Rettungsdienstleistungen erbringen, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Der Passus der Vorschrift „von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht“ verlangt gerade nicht, dass die fraglichen Dienstleistungen gemeinhin ausschließlich von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden. Nach Erwägungsgrund 28 der Vergaberichtlinie soll die Bereichsausnahme nämlich gerade dem Erhalt des speziellen Charakters dieser Organisationen dienen, was nur schwer möglich wäre, wenn die Dienstleistungserbringer nach den in der Richtlinie (hier: im GWB) vorgesehenen Verfahren ausgewählt werden müssten. Hinter diesem Erwägungsgrund steht erkennbar das Bestreben, gemeinnützige Organisationen und Vereinigungen vor dem Wettbewerb mit Wirtschaftsunternehmen, die ebenfalls gleichartige Dienstleistungen erbringen, zu schützen. Ein solcher Schutz wäre aber denklogisch nicht erforderlich, wenn die zu erbringenden Leistungen erst gar nicht von privatwirtschaftlichen Unternehmen angeboten und ausgeübt würden.
59Es besteht zudem kein Zweifel an der Eigenschaft der Gemeinnützigkeit der an dem Vergabeverfahren beteiligten Organisationen. Beide sind – wie § 107 Abs. 1 Nr. 4, 2. Hs. GWB für das Merkmal der Gemeinnützigkeit (insbesondere) vorsieht – durch § 26 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (ZSKG) als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt. Die Beigeladene zu 1. und die Antragstellerin finden zudem explizit Erwähnung in der Begründung des Gesetzesentwurfs,
60Bundestag-Drucksache 18/6281, S. 96.
61In der Literatur geäußerte Bedenken, dass ein im europäischen Recht anders lautendes Verständnis des Begriffs der gemeinnützigen Organisation die hier in Rede stehenden deutschen Hilfsorganisationen mangels Erfüllen der Voraussetzungen nicht erfasse und dass es sich insoweit um eine europarechtswidrige Ausdehnung der Bereichsausnahme handele,
62Prieß in NZBau 2015, 343, 346,
63teilt die Kammer nicht.
64Die für diese Ansicht ins Feld geführte Rechtsprechung des EuGH in den Rechtssachen „Spezzino“ und „CASTA“,
65EuGH, Urteile vom 11. Dezember 2014, – C-113/13 – und vom 28. Januar 2016 – C-50/14 –, juris,
66ist nicht auf die Auslegung der Begriffe des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB oder auch des Art. 10 lit h) der Richtlinie 2014/24/EU übertragbar. Zum einen war diese Regelung in beiden vom EuGH entschiedenen Fällen noch nicht anzuwenden. Zum anderen erging diese Rechtsprechung nicht zu der hier für den Rechtsweg relevanten Frage, ob der Anwendungsbereich des formenstrengen Kartellvergaberechts (europäisches Sekundärrecht) ausnahmsweise nicht eröffnet ist, sondern zu der Frage, ob bei Binnenmarktrelevanz die direkte Vergabe von Rettungsdienstleistungen an eine „Freiwilligenorganisation“ ohne jegliche Bekanntmachung mit den Art. 49 und 56 AEUV vereinbar ist (europäisches Primärrecht). Die Frage, ob und wenn ja, welche primärrechtlichen Anforderungen an die Vergabe von Dienstleistungen, die unter die Regelung des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB fallen, zu stellen sind, stellt sich für den Ausschluss aus dem Anwendungsbereich des strengen Vergabe-Sekundärrechts bzw. des GWB gerade nicht.
67II. Auch wenn an die Voraussetzungen zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen, fehlt es dem Begehren der Antragstellerin an dem besonderen bzw. qualifizierten Rechtsschutzinteresse. Ein besonderes (qualifiziertes) Rechtsschutzinteresse ist erforderlich, wenn ein Antragsteller nicht nur vorläufigen, sondern auch vorbeugenden Rechtsschutz begehrt. Grundsätzlich bieten die Bestimmungen der VwGO keinen vorbeugenden Rechtsschutz, der dem Ziel dient, die Entscheidungsfreiheit der Verwaltung durch richterliche Anordnungen einzuengen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für vorbeugenden Rechtsschutz kein Raum, wenn und soweit der Betroffene im konkreten Fall in zumutbarer Weise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung als grundsätzlich angemessenen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann.
68BVerwG, Urteile vom 8. September 1972 – IV C 17.71 –, vom 29. Juli 1977 – IV C 51.75 – und vom 26. Juni 1981 – 4 C 5.78 –; Beschluss vom 21. Februar 1973 – IV CB 68.72 –, juris.
69Vorläufiger vorbeugender Rechtsschutz kommt demgemäß nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es dem Rechtsschutzsuchenden nicht zumutbar ist, den Erlass des Verwaltungsakts bzw. die Rechtsverletzung abzuwarten und sodann die nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegebenen Rechtsbehelfe und Rechtsmittel auszuschöpfen. Das ist dann der Fall, wenn schon die kurzfristige Hinnahme der befürchteten Handlungsweise geeignet ist, den Betroffenen in seinen Rechten in besonders schwerwiegender Weise zu beeinträchtigen. Dies ist anzunehmen, um der Schaffung vollendeter, später nicht mehr rückgängig zu machender Tatsachen zuvorzukommen und wenn anders dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann.
70Vgl. BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats), Beschluss vom 15. August 2002 – 1 BvR 1790/00 –; BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1987 – 3 C 53.85 –; OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2004 – 13 B 2691/03 –; Bayrischer VGH, Beschlüsse vom 16. Dezember 1998 – 7 ZE 98.3115 – und vom 28. April 1992 – 21 CE 92.949 –; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Mai 1994 – 10 S 451/94 –, juris.
71Das kann etwa bei einer sonst drohenden wirtschaftlichen Existenzgefährdung oder bei Schaffung irreversibler Zustände in Betracht kommen.
72OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. November 2012 – 13 ME 231/12 –; Urteil vom 11. Juni 2010 – 11 ME 583/09 –; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 30. November 2010 – 9 CE 10.2468 –; OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2004 – 13 B 2691/03 –, juris.
73Beides lässt sich hier für den Fall, dass die Antragstellerin auf nachträglichen Rechtsschutz nach Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages mit der Beigeladenen zu 1. verwiesen würde, nicht erkennen. Selbst dann, wenn vorliegend ein Zuschlag noch nicht erteilt bzw. ein öffentlich-rechtlicher Vertrag noch nicht wirksam geschlossen sein sollte (hierzu s.u.) – was an dieser Stelle zugunsten der Antragstellerin unterstellt werden kann –, bestünde nicht die Notwendigkeit, der Antragsgegnerin bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens den Vertragsschluss zu untersagen, um der Antragstellerin effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten.
74Eine drohende Existenzgefährdung durch die Zuschlagserteilung oder den Abschluss eines Vertrages wird nicht geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich. Auch drohen durch den Abschluss oder die Durchführung öffentlich-rechtlicher Verträge keine irreversiblen Zustände.
75Vgl. zu ähnlich gelagerten Fällen: OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. November 2012 – 13 ME 231/12 –; Braun in VergR 2014, 324, 336; a.A.: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. November 2010 – 1 S 107.10 –, juris.
76Eine weithin greifende Vorverlagerung des gerichtlichen Rechtsschutzes "nicht zum Zuge gekommener" Dritter in den Zeitraum zwischen Auswahlentscheidung und Erlass eines Verwaltungsakts oder Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages kennt das allgemeine Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrecht im Gegensatz zum Kartellvergaberecht grundsätzlich nicht. Eine § 168 Abs. 2 Satz 1 GWB entsprechende Regelung, nach der in einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren ein wirksam erteilter Zuschlag nicht mehr aufgehoben werden kann, existiert außerhalb des förmlichen Vergaberechts im Hinblick auf den Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge nicht.
77Eine vergleichbare Situation zu der Beschickung eines Marktes, in welcher sich typischerweise aus dem drohenden Zeitablauf ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis ergibt, ist ebenfalls nicht gegeben. Bei dem hier fraglichen Auftrag handelt es sich nicht um eine an einen festen Zeitpunkt oder an eine bereits im Kalender festgesetzte Zeitspanne geknüpfte Leistung, sondern um eine Beauftragung für fünf Jahre ab Beginn der Leistungserbringung. Diese Zeitspanne lässt sich beliebig weit in die Zukunft hinausschieben. Dass der Antragstellerin darüber hinaus dadurch irreversible Nachteile entstehen, dass sie gerade in der Zwischenzeit den Rettungsdienst im Stadtgebiet der Antragsgegnerin nicht durchführen kann, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dies begehrt sie im Übrigen mit ihrem Antrag auch nicht.
78Auch liegt keine mit der Beamtenernennung
79- vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 04. November 2010 – 2 C 16.09 –, juris -
80vergleichbare Situation vor. Das sich für diese Fälle aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG ergebende Erfordernis, dem unterlegenen Bewerber nach Mitteilung der Auswahlentscheidung und vor Durchführung der Ernennung die Gelegenheit zu geben, gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen zu können, resultiert gerade aus dem spezifischen Charakter der Ernennung und dem Grundsatz der Ämterstabilität. Die Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber gehen nämlich durch die mit Aushändigung einer entsprechenden Urkunde erfolgende Ernennung grundsätzlich unter, weil damit das Auswahlverfahren endgültig abgeschlossen wird und die Ernennung nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, sodass das Amt unwiderruflich vergeben ist.
81BVerwG, Urteil vom 04. November 2010 – 2 C 16/09 –, juris.
82Woraus sich ein hiermit vergleichbarer faktischer Ausschluss nachträglichen Rechtsschutzes für den vorliegenden Fall ergeben soll, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr entfaltet insoweit § 58 Abs. 1 VwVfG Bedeutung, wonach die Wirksamkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, der in Rechte Dritter eingreift, von dessen schriftlicher Zustimmung abhängt. Insoweit gilt, dass bei einem subordinationsrechtlichen Vertrag ein solcher Eingriff immer dann vorliegt, wenn der Dritte einen Verwaltungsakt gleichen Inhalts erfolgreich anfechten könnte.
83OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. November 2012 – 13 ME 231/12; OVG NRW, Urteil vom 22. September 1982 – 4 A 989/81 –, VG Köln, Urteil vom 17. November 2010 – 21 K 5862/09 –; VG Karlsruhe, Beschluss vom 27. Oktober 2005 – 1 K 1394/05 –, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl., § 58 Rdnr. 6; Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 58 Rdnr. 5;
84Diese Überlegung gilt insbesondere dann, wenn – wie vorliegend aus dem Schreiben der Antragsgegnerin an die Beigeladene zu 1. vom 2. Juli 2016 ersichtlich – eine Beauftragung einheitlich mittels Zuschlagserteilung und dem hiermit unmittelbar verbundenen Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages erfolgen soll und nicht mehr die frühere Verwaltungspraxis verfolgt wird, in einem zweistufigen Verfahren vor dem Vertragsschluss zunächst einen Beauftragungsbescheid zu erlassen.
85Vgl. zu einem ähnlichen Fall: OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. November 2012 – 13 ME 231/12 –, juris.
86Eine Mitteilungs- und Wartepflicht – wie etwa im Kartellvergaberecht gemäß § 134 GWB oder im Verfahren der Beamtenernennung, die sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG ergibt – und ein damit verbundenes Bedürfnis nach vorbeugendem vorläufigem Rechtsschutz vermag die Kammer für Fälle wie den vorliegenden nicht zu erkennen. Beides korrespondiert mit der Schaffung unwiderruflicher Zustände, die hier gerade nicht in Rede stehen.
87Auch ansonsten – außerhalb der Frage einer Existenzgefährdung oder irreversibler Zustände – drohen der Antragstellerin keine unzumutbaren Nachteile, wenn der Abschluss eines Vertrages mit der Beigeladenen zu 1. nicht einstweilen verhindert würde, die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin sich aber in einem Hauptsacheverfahren als rechtsfehlerhaft herausstellen sollte. Die Antragstellerin hat im Antragsschriftsatz selbst vorgeschlagen, zur Sicherstellung des Rettungsdienstes ab dem 1. August 2016 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des angerufenen Gerichts eine Interimsbeauftragung vorzunehmen. Für die Antragstellerin macht es indessen keinen wesentlichen Unterschied, ob sich ihr denkbarer Marktzutritt durch den Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge oder durch eine Interimsvergabe verzögert. Einen Anspruch auf Vertragsverlängerung hatte die Antragstellerin gerade nicht, da ihr Vertrag mit der Antragsgegnerin zum 1. August 2016 ausgelaufen ist.
88Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
89Ob vorliegend mit dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 2. Juli 2016 an die Beigeladene zu 1. in Anbetracht des Schriftformerfordernisses des § 13 Abs. 3 S. 1 RettG NRW in Verbindung mit § 62 S. 2 VwVfG in Verbindung mit § 126 Abs. 2 S. 1 BGB ein formwirksamer Vertrag geschlossen wurde, konnte offenbleiben. Für den Fall, dass ein Vertragsschluss entgegen der dem formulierten Antrag zugrunde liegenden Auffassung bereits erfolgt sein sollte, sieht die Kammer davon ab, auf eine Umstellung des Antrags hinzuwirken, da auch einem Antrag, der darauf gerichtet wäre, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, über die Vergabe des Loses 1 (Auftragsnummer V16/37/128) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, aller Voraussicht nach der Erfolg in der Sache versagt bleiben würde. Hierzu gilt das oben gesagte entsprechend. Eine Antragsstattgabe hätte nämlich die Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung zur Folge. Dies ist grundsätzlich unzulässig.
90BVerfG, Beschluss vom 17.11.1972 – 2 BvR 820/72 –; OVG NRW, Beschluss vom 28. Februar 1995 – 25 B 3185/94 –, juris
91Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG gilt das grundsätzliche Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung allenfalls dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d. h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für die Antragstellerin unzumutbar wären, insbesondere weil die Entscheidung in der Hauptsache höchstwahrscheinlich zu spät kommen würde und dadurch unzumutbare Nachteile für die Antragstellerin entstünden.
92OVG NRW, Beschluss vom 30. April 2014 – 12 B 345/14 –, juris.
93Dieser ausnahmsweise gebotenen Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unter Vorwegnahme der Hauptsache bedarf es vorliegend nicht, weil – wie oben aufgezeigt – weder "vollendete Tatsachen" drohen, noch die Antragstellerin irreparable, nicht zumutbaren Nachteile erleidet, wenn sie auf den Rechtsschutz in der Hauptsache verwiesen wird.
94Wie bereits dargelegt, liegen diese Voraussetzungen hier nicht vor, da sogar ein bereits erfolgter Vertragsschluss gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren rückgängig gemacht werden kann, ohne dass die Antragstellerin hierdurch unzumutbare Nachteile zu erwarten hätte. Die Verletzung ihrer Beteiligungsrechte kann die Antragstellerin auch noch im Hauptsacheverfahren ohne Rechtsverlust geltend machen. Darüber hinausgehende Rechtsverletzungen hat die Antragstellerin weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht.
95Der verfahrensbezogene Aussetzungsantrag der Beigeladenen zu 2. und 3. war abzulehnen, da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 94 VwGO nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht u.a. dann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen rechtshängigen Rechtsstreits bildet, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits auszusetzen sei. Die Beigeladenen zu 2. und 3. begehren die Aussetzung des hiesigen Verfahrens, da sie der Ansicht sind, damit der Gefahr einer mit der ausstehenden Entscheidung des OLG Düsseldorf (Az.: VII Verg 34/16) divergierenden Entscheidung zur Zuständigkeit entgegen zu wirken. Es fehlt jedoch an der erforderlichen Vorgreiflichkeit. Die Vorgreiflichkeit setzt voraus, dass es für die Entscheidung im hiesigen Verfahren auf die Beurteilung einer Vorfrage ankommen muss, die Gegenstand eines anderen Rechtsstreits vor einem anderen Gericht ist.
96Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage, 2016, § 94 Rn. 4.
97Das andere Gerichtsverfahren muss mindestens solche Erkenntnisse erwarten lassen, welche für die Entscheidung im auszusetzenden Verfahren wesentlich, wenn nicht unter Umständen sogar bindend sind.
98OVG NRW, Beschluss vom 27. Mai 2014 – 1 E 175/14 –, juris.
99Beides ist hier nicht der Fall. Es macht für das Ergebnis dieses Verfahrens keinen Unterschied, ob sich das OLG E1 für zuständig erklärt und gegebenenfalls Anordnungen verfügt, die sich auf den Streitgegenstand dieses Verfahrens auswirken. Auch wenn die Kammer vorliegend zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet ist, wäre der Antrag als unzulässig abzulehnen gewesen. Eine Verweisung an die Vergabekammern nach § 173 S. 1 VwGO in Verbindung mit § 17a Abs. 2 GVG käme für diesen Fall nämlich nicht in Betracht.
100OVG Lüneburg, Urteil vom 11. Juni 2010 – 11 ME 583/09 –; VG Köln, Beschluss vom 29. August 2008 – 7 L 1205/08 –, juris.
101Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. aufzuerlegen, da diese einen Antrag auf Antragsabweisung gestellt und sich damit gemäß § 154 Abs. 3 VwGO dem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
102Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Danach ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Dem entspricht es, den Streitwert in Höhe von 50.000 Euro festzusetzen.
103Nach den Ausschreibungsbedingungen beträgt der Auftragswert für beide im Vergabeverfahren V16/37/128 zu vergebenden Lose 8.000.000 Euro.
104Vor dem Hintergrund, dass auf das Los 1 150,5 Wochenstunden für den Einsatz im Krankenwagen und 168 Wochenstunden für den Einsatz im Rettungswagen (insgesamt 318,5 Wochenstunden) und auf das Los 2 111,5 Wochenstunden für den Einsatz im Krankenwagen und 188 Wochenstunden für den Einsatz im Rettungswagen entfallen (insgesamt 299,5 Wochenstunden), erscheint es sachgerecht, den jeweiligen Losen die Hälfte des Gesamtauftragswertes zuzuschreiben. Zwar entfallen auf das Los 2 insgesamt 19 Wochenstunden weniger, jedoch sind im Vergleich zu Los 1 20 Wochenstunden mehr im Rettungswagen zu leisten. Die Mitarbeiterstunden für den Rettungswagen waren nach Auskunft der Antragsgegnerin mit E-Mail vom 1. August 2016 an die Vergabekammer Rheinland im Jahr 2011 um 7,04 Euro/Std. teurer als jene für den Krankenwagen.
105Dieser Wert ist jedoch nicht ohne weiteres als das maßgebliche Interesse der Antragstellerin anzusetzen. Wenn der Antragsteller eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen oder weiterführen will, wird in der verwaltungsgerichtlichen Streitwertpraxis regelmäßig nicht der erzielbare Umsatz, sondern der erzielbare Gewinn zugrunde gelegt.
106OVG NRW, Beschluss vom 02. Januar 2009 – 13 E 1669/08 –, juris.
107Dies entspricht auch den Empfehlungen im Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
108Abgedruckt u. a. Kopp/ Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rdnr. 14.
109Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen hat sich der Streitwert im Falle der Vergabe von Leistungen nach § 13 RettG NRW am Jahresgewinn zu orientieren.
110OVG NRW, Beschluss vom 02. Januar 2009 – 13 E 1669/08 –, juris.
111Für gemeinnützigen Organisation, die – wie auch die Antragstellerin ausweislich ihrer Satzung –,
112im Internet abrufbar unter https://www.malteser.de/fileadmin/Files_sites/malteser_de/Ueber_die_Malteser/Malteser_ev/1400724_MHDeV-Satzung_2014.pdf,
113"ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke“ verfolgen, ist davon auszugehen, dass sich der erwartete Gewinn in Grenzen hält.
114OVG NRW, Beschluss vom 02. Januar 2009 – 13 E 1669/08 –, juris.
115Eine weitere Reduzierung des Betrages ist geboten, weil der gemäß § 52 Abs. 1 GKG maßgebliche Antrag des Antragstellers nicht etwa auf die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Erteilung des Zuschlags gerichtet war, sondern lediglich auf eine einstweilige Anordnung, mit welcher der Zuschlag bzw. der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags zu Gunsten bzw. mit der Beigeladenen zu 1. vorläufig unterbunden werden sollte. In der Sache geht es der Antragstellerin hier (nur) um die Sicherstellung der Wahrung ihrer Beteiligungsrechte.
116Hinzu kommt schließlich, dass der Streitwert im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wegen des vorläufigen Charakters des Verfahrens regelmäßig auf die Hälfte des für das (etwaige) Hauptsacheverfahren anzusetzenden Betrages reduziert wird, wie auch im Streitwertkatalog (Ziffer 1.5) angeregt. Von dieser Regel abzuweichen besteht vorliegend keine Veranlassung. Insbesondere wäre mit dem Eilbeschluss im Erfolgsfalle nicht etwa die Hauptsache vorweggenommen worden.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 15. Sept. 2016 - 7 L 2411/16
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 15. Sept. 2016 - 7 L 2411/16 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.
(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.
(1) Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben.
(2) Lieferaufträge sind Verträge zur Beschaffung von Waren, die insbesondere Kauf oder Ratenkauf oder Leasing, Mietverhältnisse oder Pachtverhältnisse mit oder ohne Kaufoption betreffen. Die Verträge können auch Nebenleistungen umfassen.
(3) Bauaufträge sind Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung
- 1.
von Bauleistungen im Zusammenhang mit einer der Tätigkeiten, die in Anhang II der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65) und Anhang I der Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243) genannt sind, oder - 2.
eines Bauwerkes für den öffentlichen Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll.
(4) Als Dienstleistungsaufträge gelten die Verträge über die Erbringung von Leistungen, die nicht unter die Absätze 2 und 3 fallen.
(5) Rahmenvereinbarungen sind Vereinbarungen zwischen einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und einem oder mehreren Unternehmen, die dazu dienen, die Bedingungen für die öffentlichen Aufträge, die während eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf den Preis. Für die Vergabe von Rahmenvereinbarungen gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, dieselben Vorschriften wie für die Vergabe entsprechender öffentlicher Aufträge.
(6) Wettbewerbe sind Auslobungsverfahren, die dem Auftraggeber aufgrund vergleichender Beurteilung durch ein Preisgericht mit oder ohne Verteilung von Preisen zu einem Plan oder einer Planung verhelfen sollen.
Öffentliche Auftraggeber sind
- 1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen, - 2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern - a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden, - b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder - c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
- 3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen, - 4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.
(1) Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben.
(2) Lieferaufträge sind Verträge zur Beschaffung von Waren, die insbesondere Kauf oder Ratenkauf oder Leasing, Mietverhältnisse oder Pachtverhältnisse mit oder ohne Kaufoption betreffen. Die Verträge können auch Nebenleistungen umfassen.
(3) Bauaufträge sind Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung
- 1.
von Bauleistungen im Zusammenhang mit einer der Tätigkeiten, die in Anhang II der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65) und Anhang I der Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243) genannt sind, oder - 2.
eines Bauwerkes für den öffentlichen Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll.
(4) Als Dienstleistungsaufträge gelten die Verträge über die Erbringung von Leistungen, die nicht unter die Absätze 2 und 3 fallen.
(5) Rahmenvereinbarungen sind Vereinbarungen zwischen einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und einem oder mehreren Unternehmen, die dazu dienen, die Bedingungen für die öffentlichen Aufträge, die während eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf den Preis. Für die Vergabe von Rahmenvereinbarungen gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, dieselben Vorschriften wie für die Vergabe entsprechender öffentlicher Aufträge.
(6) Wettbewerbe sind Auslobungsverfahren, die dem Auftraggeber aufgrund vergleichender Beurteilung durch ein Preisgericht mit oder ohne Verteilung von Preisen zu einem Plan oder einer Planung verhelfen sollen.
Unbeschadet der Prüfungsmöglichkeiten von Aufsichtsbehörden unterliegt die Vergabe öffentlicher Aufträge und von Konzessionen der Nachprüfung durch die Vergabekammern.
(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen
- 1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen, - 2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung, - 3.
zu Arbeitsverträgen, - 4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.
(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,
- 1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder - 2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
- 1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder - 2.
Leistungen betreffen, die - a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder - b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.
(1) Die Mitwirkung der öffentlichen und privaten Organisationen bei der Erfüllung der Aufgaben nach diesem Gesetz richtet sich nach den landesrechtlichen Vorschriften für den Katastrophenschutz. Für die Mitwirkung geeignet sind insbesondere der Arbeiter-Samariter-Bund, die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft, das Deutsche Rote Kreuz, die Johanniter-Unfall-Hilfe und der Malteser-Hilfsdienst.
(2) Die mitwirkenden öffentlichen und privaten Organisationen bilden die erforderliche Zahl von Helferinnen und Helfern aus, sorgen für die sachgerechte Unterbringung und Pflege der ergänzenden Ausstattung und stellen die Einsatzbereitschaft ihrer Einheiten und Einrichtungen sicher.
(3) Die mitwirkenden privaten Organisationen erhalten nach Maßgabe des § 29 Mittel zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz. Sie können die ihnen zugewiesene ergänzende Ausstattung für eigene Zwecke nutzen, soweit hierdurch die Aufgaben des Katastrophenschutzes und des Zivilschutzes nicht beeinträchtigt werden.
(4) Die Mitwirkung von anderen Behörden, Stellen und Trägern öffentlicher Aufgaben bestimmt sich nach dem Katastrophenschutzrecht des Landes. Die Behörden und Stellen des Bundes sowie die seiner Aufsicht unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind zur Mitwirkung verpflichtet.
(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen
- 1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen, - 2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung, - 3.
zu Arbeitsverträgen, - 4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.
(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,
- 1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder - 2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
- 1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder - 2.
Leistungen betreffen, die - a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder - b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.
(1) Die Vergabekammer entscheidet, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken.
(2) Ein wirksam erteilter Zuschlag kann nicht aufgehoben werden. Hat sich das Nachprüfungsverfahren durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder durch Einstellung des Vergabeverfahrens oder in sonstiger Weise erledigt, stellt die Vergabekammer auf Antrag eines Beteiligten fest, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat. § 167 Absatz 1 gilt in diesem Fall nicht.
(3) Die Entscheidung der Vergabekammer ergeht durch Verwaltungsakt. Die Vollstreckung richtet sich, auch gegen einen Hoheitsträger, nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder. Die Höhe des Zwangsgeldes beträgt mindestens 1 000 Euro und höchstens 10 Millionen Euro. § 61 Absatz 1 und 2 gilt entsprechend.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Tatbestand
- 1
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Der Kläger als Präsident des ... (Besoldungsgruppe R 6) und der Beigeladene als damaliger Präsident des ...gerichts (Besoldungsgruppe R 6) bewarben sich auf die nach R 8 besoldete Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts in Koblenz. Die Stelle war frei geworden, weil der Amtsinhaber Justizminister des beklagten Landes geworden war.
- 2
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Der Justizminister gab dem Beigeladenen aufgrund einer von ihm selbst erstellten Anlassbeurteilung den Vorzug. Der Präsidialrat der ordentlichen Gerichtsbarkeit sprach sich wegen der fehlenden Erfahrung des Beigeladenen im Bereich dieser Gerichtsbarkeit gegen ihn aus. Nach dem Landesrichtergesetz bedurfte der Besetzungsvorschlag der Zustimmung des Richterwahlausschusses, wofür die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich ist. In der Sitzung des Ausschusses vom 8. Februar 2007 stimmten in der gesetzlich vorgesehenen offenen Abstimmung fünf Mitglieder für und vier Mitglieder gegen den Besetzungsvorschlag. Die beiden richterlichen Mitglieder enthielten sich ihrer Stimme. Sie waren unmittelbar vor der Sitzung des Ausschusses von der Staatssekretärin des Justizministeriums zu einem Gespräch in ihrem Dienstzimmer gebeten worden.
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Der Antrag des Klägers, dem Beklagten im Wege einstweiliger Anordnung die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts zu untersagen, blieb in beiden Instanzen erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht wies die Beschwerde des Klägers gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts durch Beschluss vom 13. Juni 2007 zurück. Darin heißt es, der Richterwahlausschuss habe dem Besetzungsvorschlag zugestimmt, weil die Zahl der Ja-Stimmen die Zahl der Nein-Stimmen überwogen habe. Es gebe keine greifbaren Anhaltspunkte für eine sachwidrige Beeinflussung der richterlichen Ausschussmitglieder durch die Staatssekretärin. Die Auswahlentscheidung des Justizministers sei frei von Rechtsfehlern. Dessen Anlassbeurteilung für den Beigeladenen sei auf zureichende tatsächliche Erkenntnisse gestützt. Der Justizminister habe statistische Unterlagen über die Arbeitsergebnisse der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts verwertet. Darüber hinaus habe er seinen persönlichen Eindruck von dem Beigeladenen zugrunde gelegt, den er aufgrund der regelmäßigen Kontakte der Präsidenten der Obergerichte gewonnen habe. Da sowohl der Kläger als auch der Beigeladene mit der bestmöglichen Gesamtnote beurteilt worden seien, habe der Justizminister die Auswahl des Beigeladenen zu Recht auf bestimmte aussagekräftige Gesichtspunkte gestützt. Er habe rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass der Beigeladene bereits jahrelang Präsident eines Obergerichts gewesen sei, während seiner Amtszeit die Sozialgerichtsbarkeit des Landes nach den Statistiken über die Bearbeitung sozialgerichtlicher Verfahren in die Spitzengruppe der Sozialgerichtsbarkeiten geführt habe und nur ihm die ständige Bereitschaft zur Modernisierung der Justiz und zur Innovation bescheinigt worden sei.
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Während des Beschwerdeverfahrens hatte der Kläger angekündigt, er werde im Falle der Zurückweisung seiner Beschwerde verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen.
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Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2007 wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und dem Justizministerium des Beklagten jeweils am 22. Juni 2007 zur Mittagszeit per Telefax übermittelt. Ungefähr eine halbe Stunde später händigte der Justizminister in seinem Dienstzimmer dem Beigeladenen die Ernennungsurkunde aus. Die danach eingelegte Verfassungsbeschwerde des Klägers nahm die zuständige Kammer des Bundesverfassungsgerichts durch Beschluss vom 24. September 2007 nicht zur Entscheidung an. In den Gründen heißt es, die Ernennung des Beigeladenen unmittelbar nach der Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung trotz der dem Beklagten mitgeteilten Absicht des Klägers, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, verletze den Kläger in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG. Jedoch sei dem Kläger zuzumuten, den Rechtsweg auszuschöpfen, weil eine Hauptsacheklage angesichts der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht als offensichtlich aussichtslos bewertet werden könne.
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Mit seiner Klage will der Kläger hauptsächlich die Aufhebung der Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts erreichen. Hilfsweise strebt er seine Ernennung zusätzlich zu derjenigen des Beigeladenen an. Weiter hilfsweise will er festgestellt wissen, dass ihn sowohl die Ernennung des Beigeladenen und die zugrunde liegende Auswahlentscheidung als auch die Vornahme der Ernennung vor einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in seinen Rechten verletzten.
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Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat sie in Bezug auf sämtliche Klagebegehren als unzulässig angesehen. Sein Berufungsurteil ist im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:
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Die Ernennung des Beigeladenen könne nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nicht rückgängig gemacht werden. Es sei auch rechtlich unmöglich, den Kläger zum weiteren Präsidenten des Oberlandesgerichts zu ernennen. Die Planstellen für die Präsidenten der beiden Oberlandesgerichte des Beklagten seien rechtsbeständig besetzt. Die Bereitstellung einer dritten Planstelle komme nicht in Betracht. Auch habe der Justizminister die Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes nicht verhindert. Er habe nach dem damaligen Stand der Rechtsprechung keinen Grund zu der Annahme gehabt, er müsse mit der Ernennung des Beigeladenen nach Abschluss des einstweiligen Anordnungsverfahrens weiter zuwarten, um dem Kläger die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu ermöglichen. Der Kläger habe kein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass er durch Auswahl und Ernennung des Beigeladenen in seinen Rechten verletzt worden sei. Die Feststellung einer Rechtsverletzung durch die vorzeitige Ernennung des Beigeladenen am 22. Juni 2007 sei nicht möglich, weil das vor Klageerhebung erforderliche Widerspruchsverfahren nicht stattgefunden habe.
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Mit der vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, das Berufungsurteil verletze seine Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Zudem erhebt er Besetzungs-, Aufklärungs- und Gehörsrügen.
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Der Kläger beantragt mit dem Hauptantrag,
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die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Januar 2009 und des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. Juli 2008 aufzuheben sowie die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts und dessen Einweisung in die Planstelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Kläger zum Präsidenten des Oberlandesgerichts zu ernennen und in die dazugehörende Planstelle einzuweisen, hilfsweise über die Besetzung der Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Der Beklagte verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.
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Der Beigeladene beteiligt sich nicht am Revisionsverfahren.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist zulässig. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Revisionsbegründung form- und fristgerecht als elektronisches Dokument eingereicht (§ 55a Abs. 1 VwGO in Verbindung mit der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof - ERVVO - vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091).
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Bei elektronisch übermittelten Dokumenten, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, tritt die qualifizierte elektronische Signatur an die Stelle der Unterschrift (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO; § 2 Abs. 6 ERRVO). Die Signatur soll die Authentizität und die Integrität des übermittelten elektronischen Dokuments sicherstellen (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO). Sie soll Gewähr dafür bieten, dass das anstelle eines Schriftstücks eingereichte Dokument von einem bestimmten Verfasser stammt und mit seinem Willen übermittelt worden ist. Daher reicht es bei Übermittlung des Dokuments als Anlage einer Datei aus, dass diese in einer Weise signiert ist, die keinen Zweifel an dem Verfasser des Dokuments zulässt. Es ist dann nicht erforderlich, dass er das Dokument gesondert signiert. Dementsprechend hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in Einklang mit den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts nur die Datei signiert, mit der er die Revisionsbegründung fristgemäß elektronisch übermittelt hat.
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Die Revision des Klägers ist mit dem Hauptantrag im Wesentlichen begründet. Die angefochtene Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts und seine Einweisung in die dazugehörende Planstelle beim Oberlandesgericht Koblenz sind mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, weil die Ernennung die Rechte der Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzt und der Grundsatz der Ämterstabilität der Aufhebung nicht entgegensteht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Beklagte muss über die Vergabe des Amtes des Präsidenten des Oberlandesgerichts aufgrund eines erneuten Auswahlverfahrens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats nochmals entscheiden.
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1. Der Kläger kann die Ernennung des Beigeladenen anfechten, weil sie in seine Rechte eingreift. Die Ernennung eines nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählten Bewerbers für ein Amt stellt einen Verwaltungsakt dar, der darauf gerichtet ist, unmittelbare Rechtswirkungen für die durch Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber zu entfalten.
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Einer Ernennung bedarf es, um einem Richter oder Beamten auf Lebenszeit ein höherwertiges, nämlich einer höheren Besoldungsgruppe zugeordnetes Amt im statusrechtlichen Sinne zu verleihen (Beförderung; vgl. § 5 Abs. 1 des Landesrichtergesetzes Rheinland Pfalz - LRiG RP - i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 4 des Landesbeamtengesetzes Rheinland-Pfalz - LBG RP -; nunmehr § 8 Abs. 1 Nr. 3 des Beamtenstatusgesetzes - BeamtStG -). Die Ernennung erfolgt durch Aushändigung der Ernennungsurkunde (§ 8 Abs. 2 Satz 1 LBG RP; § 8 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG). Dadurch wird der Richter oder Beamte Inhaber des höherwertigen Amtes mit den daran geknüpften Rechten und Pflichten aus dem Richter- oder Beamtenverhältnis. Die Ernennung begründet Ansprüche auf die Einweisung in die zu dem Amt gehörende Planstelle und auf eine dem neuen Amt angemessene Beschäftigung bei dem Gericht oder der Behörde, der die Planstelle zugeordnet ist (Urteile vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <55 f.> und vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 Rn. 12).
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Darüber hinaus ist die Ernennung nach ihrem Regelungsgehalt auf unmittelbare Rechtswirkungen für diejenigen Bewerber gerichtet, die sich erfolglos um die Verleihung des Amtes beworben haben. Die Ernennung greift in deren Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG ein, weil sie in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang mit der Entscheidung des Dienstherrn über die Bewerberauswahl steht und deren rechtliches Schicksal teilt. Die Ernennung des ausgewählten Bewerbers ist Ziel und Abschluss des Auswahlverfahrens.
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Der Dienstherr ist an den Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn er ein Amt im statusrechtlichen Sinne nicht durch Umsetzung oder eine den Status nicht berührende Versetzung, sondern durch Beförderung des Inhabers eines niedrigeren Amtes vergeben will. Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen Ämter nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Richter oder Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Art. 33 Abs. 2 GG gilt für Beförderungen unbeschränkt und vorbehaltlos; er enthält keine Einschränkungen, die die Bedeutung des Leistungsgrundsatzes relativieren. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Richtern oder Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200 <201>; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <149 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 16 f., vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - BVerwGE 122, 237 <239 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31 S. 22 f., vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f. und vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 17 f.).
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Art. 33 Abs. 2 GG dient dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zudem vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerber um das Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch; vgl. Urteile vom 28. Oktober 2004 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O).
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Als Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl wird der Bewerbungsverfahrensanspruch auch erfüllt, wenn der Dienstherr die Bewerbung ablehnt, weil er in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG einen anderen Bewerber für am besten geeignet hält. Nur in den seltenen Ausnahmefällen, in denen der dem Dienstherrn durch Art. 33 Abs. 2 GG eröffnete Beurteilungsspielraum für die Gewichtung der Leistungskriterien auf Null reduziert ist, d.h. ein Bewerber eindeutig am Besten geeignet ist, gibt Art. 33 Abs. 2 GG diesem Bewerber einen Anspruch auf Erfolg im Auswahlverfahren. Dessen Bewerbungsverfahrensanspruch erstarkt zum Anspruch auf Vergabe des höheren Amtes.
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Aufgrund seiner Zielrichtung ist der Bewerbungsverfahrensanspruch an ein laufendes Auswahlverfahren zur Vergabe eines bestimmten Amtes geknüpft. Die Bewerber um dieses Amt stehen in einem Wettbewerb, dessen Regeln der Leistungsgrundsatz vorgibt. Ihre Ansprüche stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sind aufeinander bezogen. Sie werden in Ansehung des konkreten Bewerberfeldes, d.h. des Leistungsvermögens der Mitbewerber, inhaltlich konkretisiert. Jede Benachteiligung oder Bevorzugung eines Bewerbers wirkt sich auch auf die Erfolgsaussichten der Mitbewerber aus. Dies gilt umso mehr, je weniger Bewerber um das Amt konkurrieren.
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Ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG kann sich daraus ergeben, dass ein Leistungsvergleich gar nicht möglich ist, weil es bereits an tragfähigen Erkenntnissen über das Leistungsvermögen, d.h. an aussagekräftigen dienstlichen Beurteilungen, fehlt. Der eigentliche Leistungsvergleich verletzt Art. 33 Abs. 2 GG, wenn nicht unmittelbar leistungsbezogene Gesichtspunkte in die Auswahlentscheidung einfließen oder die Leistungsmerkmale fehlerhaft gewichtet werden. Aus der gegenseitigen Abhängigkeit der Bewerbungen folgt, dass jeder Bewerber im Stande sein muss, sowohl eigene Benachteiligungen als auch Bevorzugungen eines anderen zu verhindern, die nicht durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind. Daher kann sich eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs auch aus der Beurteilung eines Mitbewerbers oder aus dem Leistungsvergleich zwischen ihnen ergeben. Voraussetzung ist nur, dass sich ein derartiger Verstoß auf die Erfolgsaussichten der eigenen Bewerbung auswirken kann. Deren Erfolg muss bei rechtsfehlerfreiem Verlauf zumindest ernsthaft möglich sein (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194 und vom 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. - NVwZ 2008, 69; BVerwG, Urteil vom 18. April 2002 - BVerwG 2 C 19.01 - Buchholz 237.95 § 20 SHLBG Nr. 2).
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Der wechselseitige inhaltliche Bezug der Rechte der Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG schlägt sich in der Entscheidung des Dienstherrn nieder, welchen Bewerber er für am besten geeignet für das zu vergebende Amt hält. Diese Auswahlentscheidung betrifft nach ihrem Inhalt alle Bewerber gleichermaßen: Mit der Auswahl eines Bewerbers geht zwangsläufig die Ablehnung der Mitbewerber einher. Hat der Dienstherr die Auswahl in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG vorgenommen, so sind die Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber erfüllt. Die gesonderten Mitteilungen der Auswahlentscheidung an jeden Bewerber, einmal positiven, ansonsten negativen Inhalts, stellen keine inhaltlich eigenständigen Entscheidungen dar, sondern geben die einheitliche, rechtlich untrennbare Auswahlentscheidung bekannt. Ihre Begründung muss die maßgebenden Erwägungen des Dienstherrn erkennen lassen.
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Der Regelungsgehalt der Ernennung stimmt inhaltlich mit der Auswahlentscheidung überein. Die Ernennung folgt der Auswahlentscheidung, setzt diese rechtsverbindlich um und beendet das Auswahlverfahren. Sie ist an keine weiteren Voraussetzungen als an die Auswahlentscheidung gebunden, sondern bestätigt diese nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG getroffene Entscheidung des Dienstherrn auch im Hinblick auf die Bewerbungsverfahrensansprüche.
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Ein unter Beachtung des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählter Bewerber hat einen Anspruch auf Verleihung des Amtes durch Ernennung (vgl. Beschluss vom 27. September 2007 - BVerwG 2 C 21.06, 26.06 und 29.07 - BVerwGE 129, 272 Rn. 45). Die Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber gehen durch die Ernennung unter, wenn diese das Auswahlverfahren endgültig abschließt. Dies ist regelmäßig der Fall, weil die Ernennung nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, sodass das Amt unwiderruflich vergeben ist. Ein unterlegener Bewerber kann seinen Bewerbungsverfahrensanspruch nur dann durch eine Anfechtungsklage gegen die Ernennung weiterverfolgen, wenn er unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG daran gehindert worden ist, seine Rechtsschutzmöglichkeiten vor der Ernennung auszuschöpfen (vgl. unter 2.).
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Die rechtliche Bedeutung der Ernennung wird nunmehr durch den Wortlaut des hier noch nicht anwendbaren § 9 BeamtStG verdeutlicht. Danach sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Darin kommt zum Ausdruck, dass nicht nur die Auswahlentscheidung, sondern auch die daran anknüpfende Ernennung in die Rechte aller Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG eingreift (vgl. zum Ganzen Schenke, in: Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <667 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <292 f.>). An der gegenteiligen Rechtsprechung hält der Senat nicht mehr fest (vgl. Urteile vom 9. März 1989 - BVerwG 2 C 4.87 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 36 S. 7 f. und vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <372 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 7 f.).
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2. Die Anfechtungsklage des Klägers gegen die Ernennung scheitert nicht bereits am Grundsatz der Ämterstabilität, weil dem Kläger der durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG gebotene Rechtsschutz nicht erschöpfend vor der Ernennung gewährt worden ist. Aus diesem Grund ist eine inhaltliche Nachprüfung der Ernennung verfassungsrechtlich geboten.
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Der Grundsatz der Ämterstabilität steht der Aufhebung einer Ernennung nicht entgegen, wenn ein herkömmlicher gesetzlicher Rücknahmetatbestand erfüllt ist. Diese Tatbestände erfassen vor allem Fallgestaltungen, in denen der Gesetzgeber die Aufrechterhaltung der Ernennung als unerträglich ansieht (vgl. § 15 Abs. 1 und Abs. 2 LBG RP; § 12 Abs. 1 und Abs. 2 BeamtStG). Ansonsten soll das Amt mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers unwiderruflich vergeben sein, ohne dass es darauf ankommt, ob die Ernennung mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang steht (Urteile vom 25. August 1988 - BVerwG 2 C 62.85 - BVerwGE 80, 127 <130 f.> = Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 4 S. 5 f. und vom 9. März 1989 a.a.O. S. 7 f.; Beschluss vom 30. Juni 1993 - BVerwG 2 B 64.93 - Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 49; vgl. auch BGH, Beschluss vom 28. November 2005 - NotZ 18/05 - BGHZ 165, 139 <142 f.>).
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Auch wenn die Ernennung in die Rechte der unterlegenen Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG eingreift, ist deren Rechtsbeständigkeit aus Gründen der Ämterstabilität mit dem Grundrecht auf wirkungsvollen gerichtlichen Rechtschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar, wenn unterlegene Bewerber ihren Bewerbungsverfahrensanspruch vor der Ernennung in der grundrechtlich gebotenen Weise gerichtlich geltend machen können. Es muss sichergestellt sein, dass ein unterlegener Bewerber die Auswahlentscheidung des Dienstherrn vor der Ernennung in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen kann, das den inhaltlichen Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG genügt. Hierfür hat sich eine Praxis der Verwaltungsgerichte herausgebildet, die den gerichtlichen Rechtsschutz in den Zeitraum zwischen der Auswahlentscheidung und der Ernennung verlagert. Ein unterlegener Bewerber ist zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs darauf verwiesen, eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO zu beantragen, durch die dem Dienstherrn die Ernennung des ausgewählten Bewerbers untersagt wird. Erwächst eine einstweilige Anordnung dieses Inhalts in Rechtskraft, so muss der Dienstherr das Auswahlverfahren, wenn er es nicht zulässigerweise abbricht, je nach Inhalt und Reichweite des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG vollständig oder teilweise wiederholen und auf der Grundlage des wiederholten Verfahrens eine neue Auswahlentscheidung treffen (vgl. zum Abbruch: Urteil vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 21.95 - BVerwGE 101, 112 <115>). Der Dienstherr darf den ausgewählten Bewerber erst ernennen, wenn feststeht, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg hat. Ein Hauptsacheverfahren findet dann wegen der Rechtsbeständigkeit der Ernennung nicht mehr statt.
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Dieses von den Verwaltungsgerichten allgemein praktizierte Modell des vor die Ernennung gezogenen Rechtsschutzes im einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 123 VwGO wird den sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ergebenden Anforderungen nur dann gerecht, wenn das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt. Das Verfahren darf nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben. Dies bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht auf eine wie auch immer geartete summarische Prüfung beschränken dürfen. Vielmehr ist eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl verfassungsrechtlich geboten. Auch dürfen die Verwaltungsgerichte die Anforderungen an einen Erfolg des unterlegenen Bewerbers nicht überspannen. Stellen sie eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs fest, muss die Ernennung des ausgewählten Bewerbers bereits dann durch einstweilige Anordnung untersagt werden, wenn die Auswahl des Antragstellers bei rechtsfehlerfreier Auswahl jedenfalls möglich erscheint (stRspr; vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 19. September 1989 - 2 BvR 1576/88 - NJW 1990, 501; vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200; vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 und vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194; BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 -BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <106 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 31 f.).
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Hatte ein unterlegener Bewerber Gelegenheit, die Rechtsschutzmöglichkeiten zur gerichtlichen Nachprüfung der Auswahlentscheidung vor der Ernennung auszuschöpfen, so sind seine Ansprüche aus Art. 33 Abs. 2, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG erfüllt. Dies gilt unabhängig davon, ob den gerichtlichen Entscheidungen materiellrechtliche oder prozessuale Mängel anhaften. Das Grundrecht auf gerichtlichen Rechtsschutz gibt weder einen Anspruch auf eine "richtige" Entscheidung noch darauf, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch zweimal, nämlich vor und nach der Ernennung gerichtlich verfolgt werden kann. Eine Anfechtung der Ernennung ist in diesen Fällen verfassungsrechtlich nicht geboten. Die Wirksamkeit des Rechtsschutzes vor der Ernennung hängt aber davon ab, dass der Dienstherr die gerichtliche Nachprüfung seiner Auswahlentscheidung ermöglicht. Er muss mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers zuwarten, bis die unterlegenen Bewerber ihre Rechtsschutzmöglichkeiten ausgeschöpft haben. Daher ergeben sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG Mitteilungs- und Wartepflichten des Dienstherrn, mit denen Ansprüche der unterlegenen Bewerber korrespondieren:
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Zunächst muss der Dienstherr die Auswahlentscheidung vor der Ernennung den unterlegenen Bewerbern mitteilen (Urteile vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 26.03 - Buchholz 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1 S. 2 f. und vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 20). Danach muss er eine angemessene Zeit zuwarten, damit die Unterlegenen das Verwaltungsgericht anrufen können. In der Praxis der Verwaltungsgerichte hat sich eine Wartezeit von zwei Wochen ab Zugang der Mitteilung über die Ablehnung der Bewerbung als angemessen herausgebildet. Beantragt ein Bewerber rechtzeitig den Erlass einer einstweiligen Anordnung, darf der Dienstherr die Ernennung erst nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens vornehmen (Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <374 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 10 f.).
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Hat der Dienstherr in der abschließenden Beschwerdeinstanz des einstweiligen Anordnungsverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht obsiegt, muss er nochmals angemessene Zeit mit der Ernennung zuwarten, um dem unterlegenen Bewerber Gelegenheit zu geben, zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Nach der Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährleisten Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG auch die Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung nach § 32 BVerfGG zu erwirken oder Verfassungsbeschwerde zu erheben. Nimmt der Dienstherr dem unterlegenen Bewerber diese Möglichkeit, indem er den ausgewählten Bewerber nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vor Ablauf einer angemessenen Wartefrist ernennt, so verhindert er die Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 - NJW-RR 2005, 998 <999>; vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178; vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - NVwZ 2008, 70 und vom 9. Juli 2009 - 2 BvR 706/09 - NVwZ 2009, 1430).
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Nach alledem verhindert der Dienstherr den nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG gebotenen Rechtsschutz, wenn er den ausgewählten Bewerber ernennt, obwohl ihm dies durch eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts untersagt ist. Gleiches gilt, wenn er die Ernennung während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens vornimmt. Darüber hinaus liegen Fälle der Rechtsschutzverhinderung vor, wenn der Dienstherr die Ernennung ohne vorherige Mitteilungen an die unterlegenen Bewerber oder vor Ablauf der Wartefrist für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der gesetzlichen Frist für die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht oder der Wartefrist für die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts vornimmt.
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Verstößt der Dienstherr vor der Ernennung gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG, so muss der verfassungsrechtlich gebotene Rechtsschutz nach der Ernennung nachgeholt werden. Der Dienstherr kann sich auf die Ämterstabilität nicht berufen, um Verletzungen des vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu decken. Ansonsten hätte er es in der Hand, die Grundrechte unterlegener Bewerber durch vorzeitige Ernennungen auszuschalten. Gefährdungen der Funktionsfähigkeit von Justiz oder Verwaltung kann der Dienstherr vermeiden, indem er die Anforderungen der Rechtsschutzgarantie beachtet. Im Übrigen liegen sie wegen der überschaubaren Zahl der Fälle der Rechtsschutzverhinderung fern.
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Dies gilt auch, wenn der Ämterstabilität als Ausdruck des Lebenszeitprinzips nach Art. 33 Abs. 5 GG nicht nur als Schutz gegen die Entziehung des Amtes durch den Dienstherrn, sondern auch in Konkurrentenstreitigkeiten Verfassungsrang zukäme (bejahend etwa Wernsmann, DVBl 2005, 276<282>; Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, S. 475 ff; ablehnend Schenke, Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <688 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <295>).
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Nach der Ernennung des ausgewählten Bewerbers kann unterlegenen Bewerbern gerichtlicher Rechtsschutz nur im Wege der Anfechtungsklage gegen die Ernennung gewährt werden. Eine andere Möglichkeit zur Durchsetzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs besteht nicht. Verstößt die Ernennung gegen die Rechte des Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG, so ist sie mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Die Aufhebung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Vornahme scheidet aus, weil die mit der Ernennung verbundene Statusänderung jedenfalls ohne gesetzliche Grundlage nicht nachträglich ungeschehen gemacht werden kann. Die insoweit auch für Richter geltenden Beamtengesetze sehen die Aufhebung für die Vergangenheit nur in den Fällen vor, in denen ein Rücknahmetatbestand erfüllt ist (vgl. § 15 Abs. 1 und Abs. 2 LBG RP; § 12 Abs. 1 und Abs. 2 BeamtStG). Zudem erklären sie die Ernennung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt für unzulässig und insoweit unwirksam (vgl. § 8 Abs. 4 Satz 2 LBG RP; nunmehr § 8 Abs. 4 BeamtStG). Gleiches muss für die Aufhebung der Ernennung gelten, zumal diese zeitliche Beschränkung Rechte übergangener Bewerber nicht berührt.
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Aus den dargelegten Gründen führt der Senat die Rechtsprechung nicht weiter, dass in den Fällen der Rechtsschutzverhinderung zwar die Ernennung rechtsbeständig sei, jedoch der Bewerbungsverfahrensanspruch des unterlegenen Bewerbers mit verändertem Inhalt fortbestehe (Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - a.a.O.). Aufgrund seiner Abhängigkeit von dem konkreten Auswahlverfahren ist dieser Anspruch nicht darauf gerichtet, eine weitere Planstelle zu schaffen. Deren Bereitstellung ergibt für funktionsgebundene Ämter keinen Sinn, weil es an der Möglichkeit einer amtsangemessenen Beschäftigung fehlt (vgl. Schnellenbach, ZBR 2004, 104 <105>). Hinzu kommt, dass auch das neue Amt nach den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG vergeben werden muss.
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Im vorliegenden Fall kann sich der Beklagte nicht auf die Ämterstabilität berufen, weil er die Gewährung wirkungsvollen gerichtlichen Rechtsschutzes für den Kläger verhindert hat. Durch die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts unmittelbar nach der Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung des Oberverwaltungsgerichts hat der Justizminister des Beklagten dem Kläger die Möglichkeit genommen, die Ernennung durch die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu verhindern. Er hat die aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG folgende Wartepflicht missachtet. Diesen Verfassungsverstoß hat bereits das Bundesverfassungsgericht in den Gründen des Kammerbeschlusses vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - (NVwZ 2008, 70) festgestellt.
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Dem Justizminister musste zum Zeitpunkt der Ernennung des Beigeladenen am 22. Juni 2007 auch bekannt sein, dass er die Ernennung noch nicht vornehmen durfte. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach das Bundesverfassungsgericht die Wartepflicht für seine eigene Anrufung erstmals in dem Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - (NVwZ 2007, 1178) postuliert habe, sind unrichtig. Dieser Beschluss nimmt ausdrücklich auf den Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 u.a. - (NJW-RR 2005, 998) Bezug. Dort heißt es, eine Verletzung der Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG liege vor, wenn einem unterlegenen Bewerber um eine Notarstelle durch umgehende Ernennung des ausgewählten Bewerbers die Möglichkeit genommen werde, die Besetzung der Stelle durch eine verfassungsgerichtliche Eilentscheidung zu verhindern. Der Justizminister kann sich nicht darauf berufen, diese Entscheidung nicht gekannt zu haben, zumal der Kläger die Einschaltung des Bundesverfassungsgerichts bereits angekündigt hatte.
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3. Die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts ist mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, weil sie den Kläger in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Die Erwägungen, auf die der Beklagte die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen gestützt hat, werden den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Anforderungen nicht gerecht. Dies hat die Rechtswidrigkeit der Ernennung zur Folge, ohne dass es darauf ankommt, ob der Beigeladene aus anderen als den vom Beklagten angeführten Gründen in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG hätte ausgewählt werden können. Die Ernennung verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers, weil es zumindest ernsthaft möglich erscheint, dass dieser bei rechtsfehlerfreiem Verlauf anstelle des Beigeladenen ausgewählt und ernannt worden wäre.
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Zwar enthält das Berufungsurteil keine tatsächlichen Feststellungen zur Auswahlentscheidung. Der Senat kann diese Entscheidung jedoch aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils und des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2007 im einstweiligen Anordnungsverfahren inhaltlich nachprüfen, weil diese von der Bezugnahme des Oberverwaltungsgerichts auf die Akten der Gerichtsverfahren umfasst werden.
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Wie dargelegt dürfen der Entscheidung über die Vergabe eines Amtes im statusrechtlichen Sinne nur leistungsbezogene Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße die Bewerber den Anforderungen ihres Amtes genügen und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren werden. Die Entscheidung des Dienstherrn, welche Bedeutung er den einzelnen Gesichtspunkten beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte (Urteile vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60 f.> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 S. 3, vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f.).
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Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, besondere Bedeutung beimessen (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 S. 2 f.; vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 S. 2 f. und vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - a.a.O. S. 151 und S. 18).
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Der dienstlichen Beurteilung fehlt die erforderliche Aussagekraft, wenn sie auf einer nur partiell oder bruchstückhaft vorhandenen Kenntnis der für die Bewertungen erforderlichen Tatsachen beruht. Ist der für die Beurteilung Zuständige nicht in der Lage, sich ein eigenes vollständiges Bild von den Leistungen des Bewerbers zu machen, ist er darauf angewiesen, sich die fehlenden Kenntnisse von anderen Personen zu beschaffen. Hierfür kommen vorrangig, aber nicht ausschließlich die früher für die Beurteilung Zuständigen sowie Personen in Betracht, die die Dienstausübung des Bewerbers aus eigener Anschauung kennen. In diesen Fällen müssen die Beurteilungsbeiträge der sachkundigen Personen bei der Ausübung des Beurteilungsspielraumes berücksichtigt werden. Der Beurteiler darf nicht davon absehen, Beurteilungsbeiträge einzuholen, weil er sich trotz fehlender eigener Anschauung zutraut, den Bewerber zutreffend einzuschätzen. Zwar ist er an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht gebunden, sondern kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht. Abweichungen müssen nachvollziehbar begründet werden. Diese Anforderungen stellen sicher, dass Werturteile auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen und sich an den von Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Kriterien orientieren (Urteile vom 5. November 1998 - BVerwG 2 A 3.97 - BVerwGE 107, 360 <361 f.> = Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 5 S. 12; vom 21. März 2007 - BVerwG 2 C 2.06 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 27 Rn. 10 und vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 Rn. 35
).
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Danach erweist sich die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen schon deshalb als rechtsfehlerhaft, weil dessen Anlassbeurteilung nicht auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht. Der für die Beurteilung zuständige Justizminister hat sich kein Bild über die dienstliche Tätigkeit des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts verschafft. Hierfür reichen weder die statistischen Angaben über die Entwicklung der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen noch die Eindrücke aus, die der Justizminister in seiner Amtszeit als Präsident des Oberlandesgerichts Koblenz aufgrund der Zusammenarbeit der Präsidenten der Obergerichte des Landes von dem Beigeladenen gewonnen hat.
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Statistische Angaben über Erledigungszahlen und Verfahrenslaufzeiten im Bereich einer Gerichtsbarkeit lassen für sich genommen keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Leistungen eines Gerichtspräsidenten und seine Eignung für das Amt des Präsidenten eines Obergerichts zu. Da sie dem Präsidenten nicht unmittelbar zugerechnet werden können, sind sie allenfalls geeignet, das Werturteil über die Führung der Dienstgeschäfte abzurunden.
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Dass persönliche Eindrücke von einer Person aufgrund von Begegnungen bei Tagungen und vergleichbaren Veranstaltungen nicht geeignet sind, um auf weitere Erkenntnisse über dessen dienstliche Tätigkeit zu verzichten, liegt auf der Hand. Derartige Zusammenkünfte können keine Tatsachengrundlage liefern, auf die ein Gesamturteil über dienstliche Leistungen und über die Eignung für ein höherwertiges Amt gestützt werden kann.
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Da dem Justizminister eigene Tatsachenkenntnisse fehlten, um Leistung und Eignung des Beigeladenen erschöpfend beurteilen zu können, war er verpflichtet, auf andere Erkenntnisquellen zurückzugreifen. Es hätte nahegelegen, Beurteilungsbeiträge hinreichend sachkundiger Mitarbeiter der Personalabteilung des Justizministeriums anzufordern. Der Beklagte hat zu keiner Zeit behauptet, dass derartige Beiträge eingeholt wurden. Daher kann dahingestellt bleiben, ob der Justizminister die Beurteilung des Beigeladenen vor der Eröffnung der Personalreferentin des Justizministeriums zur Prüfung zugeleitet hat. Das Oberverwaltungsgericht ist im Berufungsurteil von einer entsprechenden Feststellung in dem Beschluss vom 13. Juni 2007 abgerückt (Urteilsabdruck S. 40). Jedenfalls hat die Personalreferentin keinen Beurteilungsbeitrag erstellt.
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Darüber hinaus verletzt auch der Leistungsvergleich, auf den der Beklagte die Auswahlentscheidung gestützt hat, den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers. Zum einen sind die zugrunde gelegten Leistungskriterien nicht aussagekräftig, zum anderen fehlt es an gleichen Bewertungsmaßstäben für Kläger und Beigeladenen.
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Da beide das bestmögliche Gesamturteil erhielten, war es dem Beklagten möglich, die Auswahlentscheidung auf bestimmte, als besonders bedeutsam angesehene Leistungsgesichtspunkte zu stützen. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in dem Beschluss vom 13. Juni 2007 hat der Beklagte darauf abgestellt, dass der Beigeladene bereits seit sieben Jahren Präsident eines Obergerichts war, in dieser Eigenschaft ein höher bewertetes Richteramt als der Kläger wahrnahm, die Sozialgerichtsbarkeit im statistischen Ländervergleich in die Spitzengruppe geführt habe und ihm eine stetige Innovations- und Modernisierungsbereitschaft eigen sei.
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Das Amt des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts kann hier für sich genommen keinen entscheidenden Eignungsvorsprung gegenüber dem Kläger begründen. Gleiches gilt für die unterschiedliche Einstufung der Richterämter. Denn das zu besetzende Amt ist in der ordentlichen Gerichtsbarkeit angesiedelt, in der nur der Kläger, nicht aber der Beigeladene über dienstliche Erfahrungen als Richter und Gerichtspräsident verfügt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2007 - 2 BvR 2470/06 - NVwZ 2007, 691; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <103> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 29 zur Bedeutung eines höherwertigen Dienstpostens).
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Die statistisch erfassten Verbesserungen im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen können einen Eignungsvorsprung nicht begründen, weil sie nicht lediglich das Werturteil über die Amtsführung des Beigeladenen abrunden. Vielmehr wird die Bewertung, der Beklagte verfüge über herausragende Fähigkeiten, ausschließlich mit den Statistiken belegt. Diese Betrachtungsweise greift zu kurz, weil sie die Besonderheiten des Amtes eines Gerichtspräsidenten außer Acht lässt. Aufgrund der durch Art. 97 Abs. 1 GG gewährleisteten Unabhängigkeit der Richter, die alle Bestandteile der Rechtsprechungstätigkeit umfasst, übt ein Gerichtspräsident keine Leitungsfunktion für diese Tätigkeit aus. Da er auf die Arbeitsweise der Richter nicht unmittelbar einwirken kann, ist er auch nicht für deren Arbeitsergebnisse verantwortlich, wie dies bei einem Behördenleiter in Bezug auf die Arbeit der Mitarbeiter der Behörde der Fall sein mag. Ein Gerichtspräsident kann nur Vorschläge machen und motivierend tätig werden, etwa mit gutem Beispiel vorangehen, um auf höhere Erledigungszahlen und kürzere Verfahrenslaufzeiten hinzuwirken. Er muss zu erkennen geben, dass er Verbesserungen in diesem Bereich nicht Vorrang um jeden Preis einräumt, sondern die Bedeutung der statistisch nicht erfassbaren inhaltlichen Qualität der Rechtsprechung, etwa der Bemühungen um eine erschöpfende Sachverhaltsaufklärung, nicht aus dem Blick verliert. Die Feststellung und Bewertung derartiger Bemühungen eines Gerichtspräsidenten kann nicht durch eine undifferenzierte Hervorhebung statistischer Angaben ersetzt werden.
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Insoweit hat der Beklagte auch das Gebot gleicher Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet. Hierfür wäre erforderlich gewesen, die statistische Entwicklung im Bereich des ... während der Amtszeit des Beklagten in vergleichbarer Weise festzustellen und unter Berücksichtigung der Besonderheiten der unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten und Instanzen mit den statistischen Angaben über die Sozialgerichtsbarkeit zu vergleichen.
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Auf die dem Beigeladenen zugeschriebene Modernisierungs- und Innovationsbereitschaft konnte die Auswahlentscheidung nicht gestützt werden, weil dieses Merkmal inhaltlich gänzlich unbestimmt geblieben ist. Der Beklagte hat nicht deutlich gemacht, auf welche Tatsachen diese Wertung gestützt ist. Demzufolge hat er auch nicht dargelegt, auf welche Weise sich der Beigeladene hier vom Kläger abgehoben haben könnte.
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Die dargestellten Defizite der Auswahlentscheidung haben zur Folge, dass der Beklagte ein neues Auswahlverfahren für die Besetzung der Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts durchführen muss. Aus diesem Grund kann der Antrag des Klägers, den Beklagten zu seiner Ernennung anstelle des Beigeladenen zu verpflichten, keinen Erfolg haben. Für die erneute Bewerberauswahl müssen aktuelle Anlassbeurteilungen der Bewerber erstellt werden, wobei auch der seit 2007 verstrichene Zeitraum einzubeziehen ist. Dies bedeutet, dass auch die Amtsführung des Beigeladenen als Präsident des Oberlandesgerichts im Falle seiner erneuten Bewerbung zu beurteilen ist (vgl. Beschluss vom 11. Mai 2009 - BVerwG 2 VR 1.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 43 S. 16).
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4. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes nach Art. 20 Abs. 3 GG gebietet nicht, im vorliegenden Fall von der Aufhebung der Ernennung abzusehen und es bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ernennung zu belassen. Eine Änderung der Rechtsprechung ist unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - BVerfGE 122, 248 <277 f.>). Dies ist hier der Fall. Die Auffassung, die Aufhebung der Ernennung scheitere in den Fällen der Rechtsschutzverhinderung nicht bereits am Grundsatz der Ämterstabilität, schließt eine Entwicklung ab, die der Senat durch die Urteile vom 13. September 2001 - BVerwG 2 C 39.00 - (BVerwGE 115, 89 = Buchholz 237.3 § 41a BrLBG Nr. 1) und vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - (BVerwGE 118, 370 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27) eingeleitet hat. Die Gründe des auf die Verfassungsbeschwerde des Klägers ergangenen Kammerbeschlusses vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - (NVwZ 2008, 70) lassen darauf schließen, dass auch die zuständige Kammer des Bundesverfassungsgerichts angenommen hat, die Rechtsprechung des Senats sei im Wandel begriffen. Im Schrifttum ist die Anfechtbarkeit der Ernennung seit langem gefordert worden, wobei die Beschränkung auf Fälle der Rechtsschutzverhinderung überwiegend abgelehnt wird (vgl. nur Schoch, Vorläufiger Rechtsschutz und Risikoverteilung im Verwaltungsrecht, 1988, S. 692 ff.; Schenke, Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <667 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <292 f.>; Battis, Kommentar zum BBG, 4. Auflage 2009, § 9 Rn. 30 f.; Höfling, in Bonner Kommentar zum Grundgesetz Stand: August 2007, Art. 33 Abs. 1 bis 3 Rn. 367 f.; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Kommentar zur VwGO, § 42 Abs. 2 Rn. 325; Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 16. Auflage 2009, § 42 Rn. 49).
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Davon abgesehen ist ein Vertrauen des Beklagten in die Rechtsbeständigkeit der Ernennung auch wegen des Verfassungsverstoßes des Justizministers nicht schutzwürdig. Zwar hat der Beigeladene erhebliche Nachteile zu tragen. Er kann in dem Amt des Präsidenten des ...gerichts nicht mehr amtsangemessen beschäftigt werden. Auch dies ist auf das Vorgehen des Beklagten zurückzuführen, der die einzige Stelle nach der Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts trotz Warnungen zügig besetzt hat. Der Beklagte ist aus Gründen der Fürsorgepflicht gehalten, die Folgen für den Beigeladenen soweit als möglich auszugleichen. Er kann den Beigeladenen mit dessen Zustimmung in ein anderes gleichwertiges Amt der Besoldungsgruppe R 6 versetzen. Aus diesem Grund hat der Senat die Wirksamkeit seines Urteils hinsichtlich der Aufhebung der Ernennung auf den Zeitpunkt der Urteilszustellung hinausgeschoben. Der Beigeladene kann sich erneut um das Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichts bewerben. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass einer weiteren, allein der Ämterstabilität geschuldeten Amtsführung des Beigeladenen ein Makel anhaften würde, wenn es der Senat bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ernennung beließe. Seinen Belangen wird dadurch Rechnung getragen, dass die Auswahlentscheidung in einem neuen Bewerbungsverfahren unter seiner Beteiligung dann unter Berücksichtigung einer dienstlichen Beurteilung zu treffen ist, die seine Leistungen im Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichts bewertet (Beschluss vom 11. Mai 2009 - BVerwG 2 VR 1.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 43 Rn. 4).
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Auf die Verfahrensrügen des Klägers braucht der Senat nicht einzugehen, weil sie für den Ausgang des Revisionsverfahrens unerheblich sind. Da die Klage mit dem Hauptantrag Erfolg hat, ist über die hilfsweise gestellten Verpflichtungs-, Bescheidungs- und Feststellungsanträge nicht zu entscheiden.
(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, der in Rechte eines Dritten eingreift, wird erst wirksam, wenn der Dritte schriftlich zustimmt.
(2) Wird anstatt eines Verwaltungsaktes, bei dessen Erlass nach einer Rechtsvorschrift die Genehmigung, die Zustimmung oder das Einvernehmen einer anderen Behörde erforderlich ist, ein Vertrag geschlossen, so wird dieser erst wirksam, nachdem die andere Behörde in der vorgeschriebenen Form mitgewirkt hat.
Gründe
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(1) Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies gilt auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist.
(2) Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information nach Absatz 1 geschlossen werden. Wird die Information auf elektronischem Weg oder per Fax versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter und Bewerber kommt es nicht an.
(3) Die Informationspflicht entfällt in Fällen, in denen das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen besonderer Dringlichkeit gerechtfertigt ist. Im Fall verteidigungs- oder sicherheitsspezifischer Aufträge können öffentliche Auftraggeber beschließen, bestimmte Informationen über die Zuschlagserteilung oder den Abschluss einer Rahmenvereinbarung nicht mitzuteilen, soweit die Offenlegung den Gesetzesvollzug behindert, dem öffentlichen Interesse, insbesondere Verteidigungs- oder Sicherheitsinteressen, zuwiderläuft, berechtigte geschäftliche Interessen von Unternehmen schädigt oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen beeinträchtigen könnte.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Soweit sich aus den §§ 54 bis 61 nichts Abweichendes ergibt, gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes. Ergänzend gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.
(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.
(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.
(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg, denn sie ist zwar zulässig, aber nicht begründet.
3Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren um einstweiligen Rechtsschutz nur noch insoweit weiter, als der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben werden soll,
4- 5
1. der Antragstellerin Einsicht in diejenigen Akten zu gewähren, in denen sich die an die behandelnden Ärzte bzw. an die medizinischen Einrichtungen gerichteten, nach Angaben der Antragsgegnerin nicht im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens i. S. d. § 8 SGB X erlassenen Schreiben befinden;
- 7
2. der Antragstellerin Einsicht in Akten zu gewähren, in denen sich im Zusammenhang mit dem bereits abgeschlossenen Verwaltungsverfahren „Verhinderungspflege in der Zeit vom 27. Januar 2013 bis 23. Februar 2013“ entstandene Entwürfe zu Entscheidungen, Arbeiten und Beschlüssen zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung sowie die Ergebnisse der Protokolle vertraulicher Beratungen befinden.
Soweit sie ihr Akteneinsichtbegehren mit Schriftsatz vom 17. Februar 2014 erstinstanzlich unter Einrücken der erstrebten Regelung erweitert und beantragt hat,
9„der Antragsgegnerin bzw. Beklagten aufzugeben, die unten gestellten Fragen zu beantworten,“
10soll dies nach dem Inhalt der Beschwerdebegründung vom 8. April 2014 nicht Regelungsgegenstand der Beschwerdeentscheidung sein. Es kann deshalb dahinstehen, ob das Verwaltungsgericht insoweit eine bloße Beweisermittlungsanregung der Antragstellerseite missverstanden hat oder – wofür Manches spricht – aus äußerster prozessualer Vorsicht zutreffend von einer Antragserweiterung im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ausgegangen ist.
11Im Umfang des Beschwerdebegehrens vermag die Antragstellerin jedenfalls deshalb nicht durchzudringen, weil es die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts dazu, dass die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Vorwegnahme der Hauptsache nicht gegeben sind, mit ihrem Beschwerdevorbringen, auf das die Prüfung durch den Senat gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nicht zu erschüttern vermag. Dass der Antragstellerin unter besonderer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles auch ein Anordnungsgrund zur Seite stehe, der es ausnahmsweise rechtfertige, die Hauptsache vorwegzunehmen, erweist sich letztendlich als eine inhaltsleere Behauptung, für die die Antragstellerseite unter Ziffer 4. „Anordnungsgrund, Vorwegnahme der Hauptsache“ der Beschwerdebegründung vom 8. April 2014 eine ausreichende Begründung schuldig bleibt.
12Schon die von der Antragstellerseite vorgenommene Unterscheidung zwischen endgültiger und bloß vorläufiger Vorwegnahme verfängt nicht. Auch wenn die Antragsgegnerin weiterhin neben den Leistungsakten Vorgänge über die Antragstellerin anlegen sollte, stellt sich hier der Streitgegenstand von einstweiligem Rechtsschutzverfahren und Klageverfahren insoweit als identisch dar, als es um die Einsicht in die zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits angelegten und existenten Unterlagen geht. Hinsichtlich dieser Unterlagen wäre eine einmal erfolgte tatsächliche Einsichtnahme anspruchserfüllend und irreversibel. Die einer Vorwegnahme der Hauptsache entgegenstehende Endgültigkeit betrifft nicht den Aktenbestand zu einem bestimmen Thema oder einer bestimmten Person, sondern die zu gewährende Erfüllungshandlung.
13Die Antragstellerin kann die Rechtfertigung der Vorwegnahme auch nicht aus den Strukturen heraus begründen, die das Akteneinsichtsrecht nach dem IFG NRW aufweist. Wenn dieses in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichts,
14vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. Januar 2005
15- 21 E 1487/04 -,
16an keine speziellen Voraussetzungen geknüpft sein soll, ein rechtliches oder berechtigtes Interesse nicht nachgewiesen werden braucht und die Information nach § 5 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW unverzüglich, spätestens innerhalb eines Monats nach Antragstellung, zugänglich gemacht werden soll, konkretisiert sich darin lediglich der Anordnungsanspruch, während – wie die Antragstellerin selbst einräumt – auch unter Beachtung des § 5 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW für die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes die nähere Darlegung erforderlich bleibt, weshalb dem Begehren eine besondere Dringlichkeit beizumessen ist.
17So: OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2005
18- 8 B 1310/05 -.
19Die Durchsetzung eines Informationsanspruchs im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ist nicht schon grundsätzlich von dem Erfordernis befreit nachzuweisen, dass die Anforderungen des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO erfüllt sind.
20So zum IFG M-V: OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27. August 2007 - 1 M 81/07 -, NordÖR 2007, 454, juris.
21Soweit die Vorwegnahme der Hauptsache eine „absolute Ausnahme“ bleiben muss, leitet sich das nicht individuell aus dem Anordnungsanspruch ab, sondern folgt aus der Rechtsnatur des Anordnungsgrundes, wie er in § 123 VwGO verankert ist. Der Erlass der begehrten Regelungsanordnung (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO) setzt nämlich voraus, dass diese nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder um drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen (gleichermaßen gewichtigen) Gründen.
22Vgl. etwa Hess.VGH, Beschluss vom 30. November 2006 - 10 TG 2531/06 -, NVwZ 2007, 348, juris, m.w.N.
23Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist diese Annahme nur ausnahmsweise dann gerechtfertigt, wenn der Erfolg der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist und das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte. Dabei ist dem jeweils betroffenen Grundrecht und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen. Droht dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist
24– erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs – einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, wenn nicht ausnahmsweise überwiegende gewichtige Gründe entgegenstehen.
25Vgl. etwa: OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2012 - 5 B 1463/11 -, DVBl. 2012, 1113, juris, m.w.N.
26Ausschlaggebend ist danach allein, ob dem Anspruchsinhaber ohne Vorwegnahme der Hauptsache irreversible Schäden entstehen können. Aus welchen Gründen und unter Inanspruchnahme welchen Kostenrisikos die Behörde eine Anspruchserfüllung bisher abgelehnt hat, spielt für eine Vorwegnahme der Hauptsache demgegenüber keine Rolle.
27Das dadurch, dass die Akteneinsicht nicht unter Vorwegnahme der Hauptsache im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gewährt wird, in diesem Sinne eine Verletzung „existentieller Belange“ der Antragstellerin droht, ist auch mit der Beschwerdebegründung nicht glaubhaft gemacht worden.
28So ist auch eine negative Beeinflussung des Verhältnisses zwischen Arzt und Patient durch ein gegnerisches Schreiben vom 9. August 2013 sowie etwaige weitere Schriftsätze – da es erkennbar wohl um die Aufdeckung von Missständen oder Ungereimtheiten ging – von der Antragstellerin hinzunehmen. Denn mit im Vordergrund der Maßnahmen der Antragsgegnerin steht offensichtlich die Abwehr von der Antragstellerin drohenden Gesundheitsgefahren entweder durch die mangelnde Inanspruchnahme von ihr zustehenden Hilfen oder durch die Inanspruchnahmen nicht zielführender bzw. ungeeigneter Hilfen. Dies nachzuhalten, ermächtigen §§ 20, 21 SGB X auch außerhalb eines konkreten Verwaltungsverfahrens jedenfalls dann, wenn die Ermittlungen später Eingang in ein bereits abgeschlossenes und dann ggfs. wieder aufzunehmendes oder alternativ in ein neu aufzulegendes Verfahren finden können. Die Korrespondenz mit den Ärzten dürfte vor diesem Hintergrund rein praktisch auch zugunsten der Antragstellerin eher positive Auswirkungen auf den jeweiligen Behandlungsprozess haben; denn sie eröffnet den Blick auf zusätzliche – eine ärztliche Therapie eventuell sinnvoll begleitende – Hilfemöglichkeiten, aber auch auf die Begrenztheit dessen, was die ärztliche Behandlung bewirken kann bzw. bisher als Teil der Versorgung bewirkt hat oder jedenfalls nach dem Willen der Antragstellerin bzw. der für sie auftretenden Personen bewirken soll.
29Soweit ein gegnerisches Schreiben vom 9. August 2013 – ein solches Schreiben der Antragsgegnerin befindet sich nicht in der Streitakte – die ungenehmigte Offenbarung von Sozialgeheimnissen der Antragstellerin belegen soll, wäre eine etwaige Verletzung von Rechten – namentlich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG – bereits erfolgt und könnten diese Rechtsverletzungen und dadurch bei der Antragstellerin bereits eingetretene erhebliche Nachteile mittels einer sofortigen Akteneinsicht von vornherein nicht mehr rückgängig gemacht werden. Dass für einen demnach erst nachträglich möglichen Ausgleich nicht auch im gestreckten Verfahren erstrittene Akteneinsicht ausreichen würde, ist weder substantiiert dargelegt, noch sonst wie erkennbar. Im Falle der unbefugten Offenbarung des Leistungsbezugs nach dem SGB XII würde auch die erst nachträgliche Akteneinsicht der Verwirklichung der Grundrechte der Antragstellerin aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG dienen, ohne das Gründe der Gefahrenabwehr für eine Vorwegnahme der Hauptsache sprächen.
30Die Abwendung der Wiederholungsgefahr (weitere ungerechtfertigte Beeinflussung des Arzt-Patienten-Verhältnisses bzw. des Behandlungsprozesses, wiederholte unbefugte Offenbarung des Leistungsbezugs nach dem SGB XII in weiteren Schreiben an die bislang noch nicht angeschriebenen Praxen) kann insoweit nicht unmittelbares Ziel der Akteneinsicht sein und muss deshalb im Rahmen der Prüfung, ob eine einst-weilige Anordnung wegen drohender irreparabler Nachteile dringlich ist, außer Be-tracht bleiben. Anderenfalls erhielte die vom Gericht verlangte Maßnahme den Charakter der Drohung mit einem empfindlichen Übel und würde über den Regelungsgegenstand des IFG NRW hinaus auch das Vorgehen der Behörde, Licht in die unklaren Pflege- und Behandlungsverhältnisse der Antragstellerin zu bringen, in Frage stellen. Eine solche Instrumentalisierung ist nicht nur unverständlich und lässt die Vermutung zu, dass die Antragstellerseite etwas zu verbergen hat bzw. zu verschleiern versucht, sondern entspricht nicht der Zielrichtung des IFG NRW, erst nachträglich Einsicht in bereits angelegte Unterlagen zu bekommen.
31Wenn die Antragstellerin im Weiteren in Zweifel zieht, dass die Antragsgegnerin
32– um eine erneute amtsärztliche Untersuchung zu initiieren – überhaupt hinreichenden Anlass gehabt habe, von den behandelten Ärzten Informationen zu ihrem Ge-sundheits- und Pflegezustand einzuholen, und der Antragsgegnerin deshalb vorwirft, sich mit einer Scheinbegründung (angeblich „unzureichende Behandlung“) legitimiert zu haben, ist auch das weit vom Regelungsgehalt des IFG NRW, ein Akteneinsichts-recht zu verschaffen, entfernt. Das Ziel, weitere Informationen zu gewinnen, die den Anspruch der Antragstellerin im sozialgerichtlichen Hauptsacheverfahren zu ihrem Pflegebedarf begründen würden, kann die Antragstellerin nicht mit einem auf das IFG NRW gestützten Eilantrag verfolgen, sondern hat auf beiden Stufen grundsätzlich das gestreckte Verfahren einzuhalten. Im sozialgerichtlichen Verfahren kann – soweit es auf die Unterlagen, in die die Antragstellerin Einsicht nehmen will, für die Entscheidung überhaupt ankommt – das Verfahren nach § 114 SGG ausgesetzt werden. Eilbedürftig zur Befriedigung existentieller Bedürfnisse kann allenfalls die Gewährung von Sozialleistungen als solche sein. Dass durch die verzögerte Entscheidung über die Akteneinsicht nicht wieder gutzumachende Schäden entstünden, ist nicht hinreichend dargetan noch für die Durchsetzung des Akteneinsichtsrechts als solchem von Bedeutung. Die vorläufige Gewährung von Sozialleistungen müsste die Antragstellerin vor dem Sozialgericht erstreiten.
33Kein schützenswertes Ziel eines im Wege der einstweiligen Anordnung verfolgten Akteneinsichtsbegehrens stellt es schließlich dar, wenn die Antragstellerin die „wahren Beweggründe“ ermitteln will, die die Behörde dazu veranlasst haben, im streitbefangenen Zeitraum mehrmals unangekündigte Hausbesuche unter der Anschrift der Antragstellerin durchzuführen. Soweit solche Hausbesuche in der Vergangenheit dazu geführt haben sollten, dass heute eine „sehr nette und herzliche“ Ersatzpflegeperson nicht mehr zur Verfügung steht, lässt sich dies im Nachhinein nicht mehr ändern. Soweit die Antragstellerseite mittels der sofortigen Akteneinsicht Schutzmaßnahmen gegen zukünftige Hausbesuche zu ergreifen beabsichtigt, besteht dafür keine Notwendigkeit. Soweit es an einer Rechtsgrundlage im Sinne einer Befugnis-norm für die Durchführung eines unangekündigten Hausbesuches fehlen und auch die spezielle Regelung in § 18 Abs. 2 SGB XI nicht greifen sollte,
34vgl. SG Lübeck, Beschluss vom 14. Februar 2008
35- S 27 AS 106/08 ER -, juris,
36braucht die Antragstellerin sich lediglich nicht auf den unangekündigten Hausbesuch nicht einlassen. Auch die Mitwirkungspflichten nach §§ 60 – 67 SGB I vermögen es nicht, unangekündigte Hausbesuche zu legitimieren, so dass sie von dem betreffenden Sozialleistungsempfänger wohl nicht geduldet werden müssen.
37Vgl. LSG NRW, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - L 7 B 284/07 AS ER -, m.w.N.
38Das ändert aber nichts daran, dass die Sozialbehörde durchaus einen Außendienst zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und zur Leistungskontrolle einrichten darf und dieser anlassbezogen den Versuch unternehmen kann, unangemeldete Hausbesuche durchzuführen, d. h. das spontane Einverständnis des Betroffenen für den unangekündigten Hausbesuch zu erlangen. Eine Ablehnung durch den Sozialleistungsempfänger kann dabei – trotz mangelnder Duldungspflicht – unter dem Gesichtspunkt seiner Mitwirkungspflichten beim Nachweis des Vorliegens eines anspruchsbegründenden Sachverhaltes durchaus gewürdigt werden.
39Vgl. etwa das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes: BayLSG, Beschluss vom 30. Januar 2013 - L 16 AS 888/12 B ER -, juris.
40Sich dahingehend gesetzmäßig einzurichten, d. h. schon im Vorfeld eine plausible Erklärung für die Verweigerung des Hausbesuches parat zu haben, kann aber nicht legitime Aufgabe des retrospektiv angelegten Akteneinsichtsanspruchs sein. Es versteht sich nicht von selbst, wenn jemand sein Recht auf informelle Selbstbestimmung höher einstuft, als das Bemühen der Sozialbehörde um eine seinem Gesundheitszustand angemessene Versorgung mit Pflegeleistungen.
41Nach alledem kommt es auf die materiell-rechtliche Frage, inwieweit sich die Antragsgegnerin für ihre Haltung, der Antragstellerin keine Akteneinsicht zu gewähren, hier auf § 7 IFG NRW berufen kann, nicht an. Diese und dabei eventuell anzustellende Interessenabwägungen bleiben dem Klageverfahren vorbehalten. Ebenso wenig kann die Antragstellerin mit Erfolg eine hier abzuwendende Überlastungssituation durch die mehreren Gerichtsverfahren ins Feld führen, denn sie hat sich selbst in diese stressbeladene Ausgangslage gebracht. Die Notwendigkeit der Vorwegnahme der Hauptsache lässt sich nicht in einer Art Zirkelschluss damit begründen, dass einen namentlich die Durchführung des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes besonders belastet. Unumgänglich war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Gewährung von Akteneinsicht eben nicht. Auch die eigentliche Anlegung der Unterlagen, in die Einsicht genommen werden soll, ist auf das Verhalten der Antragstellerin und der für sie auftretenden Personen zurückzuführen und war wegen der nicht ohne weiteres nachzuvollziehenden Praxis, die Antragstellerin gegen jegliche Aufklärungsversuche der Sozialbehörde abzuschotten, veranlasst.
42Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG. Eine Halbierung des Auffangwertes ist mit Blick auf die begehrte Vorwegnahme der Hauptsache nicht gerechtfertigt.
43Dieser Beschluss ist gem. § 152 Abs. 1 VwGO und – hinsichtlich der Streitwertfestsetzung – nach §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG unanfechtbar.
Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.
(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.
(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.
(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.
(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.