nachgehend
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 21 CE 18.854, 15.11.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

2. Im Übrigen wird der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.

3. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

4. Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz hinsichtlich der vom Antragsgegner durchgeführten Interimsvergabe für die Stationierung und den Betrieb eines Rettungswagens am Standort … im Rettungsdienstbereich … Die Antragstellerin ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen, das Leistungen auf dem Gebiet des öffentlichen Rettungsdienstes (Notfallrettung und Krankentransporte) erbringt.

Mit Vertrag vom 29. August 2017 beauftragte der Antragsgegner die … mit dem Betrieb eines Rettungswagens am Standort … im Rettungsdienstbereich … Dieser Vertrag wurde durch den Antragsgegner im Oktober 2017 außerordentlich gekündigt.

Bis zur Neuvergabe dieser Rettungsdienstleistung nach Durchführung eines europaweiten Vergabeverfahrens wird der Betrieb eines Rettungswagens am Standort … durch Erteilung einer Dienstleistungskonzession für den Zeitraum vom 19. Februar bis 18. November 2018 sichergestellt.

Das Vergabeverfahren für diese Interimsvergabe wurde durch den Antragsgegner auf der Grundlage des Art. 13 des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes (BayRDG) durchgeführt. Der Antragsgegner ging dabei davon aus, dass die Vorgaben des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) nicht zu berücksichtigen seien, weil der maßgebliche Auftragsschwellenwert von 5.225.000 Euro nicht erreicht sei.

Gegenstand der Konzession ist die Vorhaltung und der Betrieb eines Rettungswagens (RTW) sowie der Transport der Notfallpatienten mittels entsprechend geschulten Personals auf Weisung der Integrierten Leitstelle … Der Antragsgegner hat in den Vergabeunterlagen mehrere Mindestanforderungen an die Eignung der Bieter formuliert (vgl. Ziffer 12 lit. b) der Bewerbungsbedingungen – Teil A der Vergabeunterlagen). Unter anderem wird gefordert, dass der Bieter aus dem Zeitraum von 2015 bis 2017 drei Referenzen vorweisen kann, die vergleichbare Leistungen der Notfallrettung im Rahmen des öffentlichen Rettungsdienstes zum Gegenstand haben. Eine weitere Mindestanforderung an die Eignung wurde in Bezug auf den sogenannten Sonderbedarf aufgestellt. Insoweit soll geprüft werden, ob der Bieter in der Lage ist, durch zusätzliches Leistungspotenzial auch Großschadenslagen zu bewältigen (Art. 19 Abs. 2 Satz 4 BayRDG).

In den Vergabeunterlagen für die streitgegenständliche Interimsvergabe ist vorgesehen, dass mit dem Angebot ein Konzept Notfallrettung einzureichen ist, das einer bestimmten Gliederung zu folgen hat und bestimmte Inhalte haben muss. In dem Konzept muss zunächst dargestellt werden, ob und wie die Mindestbedingungen gemäß der Leistungsbeschreibung erfüllt werden. In dem Konzept Notfallrettung soll ferner ausgeführt werden, wie der Bieter bzw. die Bietergemeinschaft eine effektive Durchführung des Rettungsdienstes am Standort gewährleisten will. Diese Angaben bilden die Grundlage für die Wertung anhand des Zuschlagskriteriums 2 (Konzept Notfallrettung) im Rahmen der vergleichenden Angebotswertung. In den Vergabeunterlagen wird außerdem darauf hingewiesen, dass in dem Konzept Notfallrettung alle geforderten bzw. erwarteten Angaben gemacht werden müssen. Insbesondere sei darauf zu achten, dass das Konzept wertungsfähige Aussagen zu den Mindestbedingungen aus der Leistungsbeschreibung (siehe hierzu im Einzelnen Teil B der Vergabeunterlagen, dort Ziffern 2 ff.) und den Wertungskriterien (siehe hierzu im Einzelnen unten Ziffer 12 lit. d) aa) dieser Bedingungen) enthält.

Am 21. Dezember 2017 wurden vier ausgewählte Unternehmen vom Antragsgegner zur Angebotsabgabe aufgefordert, unter anderem auch die Antragstellerin und die Beigeladene. Bis zum Ablauf der Angebotsfrist am 17. Januar 2018 gingen insgesamt zwei Angebote ein, das der Antragstellerin und das der Beigeladenen.

Der Antragsgegner bat die Antragstellerin mit Schreiben vom 18. Januar 2018 um Belege für die Verfügbarkeit des angegebenen Standortes für den Stellplatz, …, …, in Form eines Mietvertrages bzw. eines entsprechenden Vorvertrages (Teil B Nr. 2 g der Vergabeunterlagen). Die bloße Aussage, es sei mit der Firma … bereits abgestimmt, dass bei Zuschlag die Nutzung der Immobilie lückenlos erfolgen könne, genüge diesem Erfordernis nicht. Die Antragstellerin legte daraufhin eine Erklärung der derzeitigen Mieterin, der …, vom 15. Januar 2018 vor. Das Objekt sei zur Untermiete an die Beigeladene vergeben. Vorbehaltlich der Zustimmung des Vermieters sei man gerne zur Untervermietung an die Antragstellerin bereit.

Mit weiterem Schreiben vom 22. Januar 2018 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, detaillierte Angaben zur Personalbesetzung zu machen und eine Bestätigung des Untervermieters vorzulegen, dass der Standort … in … im Falle eines Zuschlags tatsächlich verbindlich zur Verfügung stehe. Auch ein Nachweis der Zustimmung des Vermieters sei zu erbringen.

Mit Schreiben vom 23. Januar 2018 erklärte die Antragstellerin, die 6,6 Planstellen könne sie wegen eines derzeitigen Personalüberhangs von 9 Rettungsassistenten bzw. Notfallsanitätern an den Standorten … und … sofort besetzen. Zudem könne sie auf Personalressourcen der … zurückgreifen. Außerdem habe sie einen guten Rücklauf auf ein von ihr veröffentlichtes Stellenangebot in der Region erhalten. Hinsichtlich der Verfügbarkeit des Standorts in der … gehe sie davon aus, dass die Untervermietung zwischen der … und der Beigeladenen nur so lange andauere, wie dieser den Rettungsdienst erbringe. Die Immobiliennutzung sei nur bis zur Neuvergabe des Standortes vereinbart. Die Antragstellerin legte hierzu ein Schreiben des Vermieters der Immobilie vom 23. Januar 2018 vor, in dem dieser erklärt, dass er einer Untervermietung des Standortes seitens der Mieterin … an die Antragstellerin zustimme, sofern das derzeit bestehende Untermietverhältnis zwischen dem … und der Beigeladenen beendet sei und die Beendigung schriftlich angezeigt werde und außerdem der Mieter eine schriftliche Anfrage wegen eines Untermietverhältnisses an den Vermieter stelle.

Der Antragsgegner bat die Antragstellerin mit Schreiben vom 23. Januar 2018 unter Bezugnahme auf Nr. 13 der Bewerbungsbedingungen der Vergabeunterlagen um die Vorlage einer Genehmigung nach Art. 21 ff. BayRDG für einen anderen Standort. Die Antragstellerin legte daraufhin mit Schreiben vom 24. Januar 2018 die Genehmigung zur Durchführung der Notfallrettung am Standort … vor, die bis zum 31. Dezember 2021 befristet ist, und bat um Rückmeldung, ob sie zusätzlich einen genehmigungsfähigen Antrag einreichen müsse.

Am 24. Januar 2018 beschloss die Verbandsversammlung des Antragsgegners, dem Vergabevorschlag vom gleichen Tag folgend, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen.

Mit Schreiben vom 25. Januar 2018 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie beabsichtige, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Der früheste Zeitpunkt des Vertragsschlusses sei der 5. Februar 2018. Die Auswahlentscheidung sei nach objektiven Kriterien unter Beachtung des Wettbewerbsprinzips und des Grundsatzes der Gleichbehandlung erfolgt (Art. 13 Abs. 3 Satz 1 und 3 BayRDG). Maßgeblich sei eine wirtschaftliche und effektive Leistungserbringung (Art. 13 Abs. 3 Satz 4 BayRDG). Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sei der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung … unter Abwägung sämtlicher Entscheidungskriterien nach pflichtgemäßer Ermessensausübung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Zuschlag an die Beigeladene erteilt werden solle. Das Angebot der Antragstellerin sei aufgrund der vorgelegten Angebotsunterlagen weder wertungsfähig noch habe die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen erforderliche Eignung nachgewiesen werden können. Das Angebot sei daher von der Wertung auszuschließen gewesen. Hilfsweise seien trotzdem die Kosten des Angebots als angemessen bewertet worden und es sei die vergleichende Angebotswertung durchgeführt worden mit dem Ergebnis, dass das Angebot der Beigeladenen das wirtschaftlichste Angebot sei.

Die Antragstellerin rügte mit Schreiben vom 29. Januar 2018 das Vergabeverfahren und den Ausschluss ihres Angebots sowie hilfsweise die durchgeführte Wertung insgesamt. Das Verfahren verstoße gegen die bieterschützenden Grundsätze des Wettbewerbs, der Transparenz und der Gleichbehandlung. Zugleich erhob die Antragstellerin Widerspruch gegen den Ausschluss von dem Vergabeverfahren und setzte dem Antragsgegner eine Frist zur Abhilfe bis zum 31. Januar 2018, 18 Uhr.

Mit Schreiben vom 31. Januar 2018 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass eine Abhilfe nicht in Betracht komme. Den vorsorglich erhobenen Widerspruch halte sie zudem für nicht zulässig. Es sei sehr fraglich, ob die Auswahlentscheidung im Rahmen eines Auswahlverfahrens nach Art. 13 BayRDG als Verwaltungsakt zu qualifizieren sei, zumal das Auswahlverfahren mit dem Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages ende (Art. 13 Abs. 5 BayRDG). Dies könne aber dahinstehen, weil ein Widerspruch sowohl nach Art. 15 AGVwGO als auch nach § 44a VwGO unzulässig wäre.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin bestehe keine Rechtspflicht des Antragsgegners, nichtberücksichtigte Bieter vor Vertragsschluss im Wege einer Vorabinformation zu informieren. Insbesondere sei eine Vorabinformation nach § 134 GWB hier nicht erforderlich, nachdem diese Bestimmung auf das hiesige Auswahlverfahren nach Art. 13 BayRDG weder direkt noch analog Anwendung finde. Der Antragsgegner habe sich jedoch aus Gründen der Transparenz und zur Ermöglichung effektiven Rechtsschutzes für die Erteilung einer Vorabinformation entschieden. Im Übrigen würde das Schreiben vom 25. Januar 2018 auch den Anforderungen nach § 134 GWB genügen. Insbesondere seien die Gründe der Nichtberücksichtigung in ausreichendem Maße mitgeteilt worden.

Das Angebot der Antragstellerin sei nicht wertungsfähig, weil es die Mindestbedingungen der Leistungsbeschreibung nicht erfülle. Dies gelte möglicherweise für die Mindestbedingung Personal, jedenfalls aber für die Mindestbedingung für den Standort. Der diesbezügliche Nachweis sei trotz mehrfacher Aufforderung nicht erfolgreich geführt worden, da die Verfügbarkeit des Standorts nach Auskunft des Vermieters abhängig von einer vorherigen Kündigung der Beigeladenen sei. Auch die fachliche Eignung der Antragstellerin habe nicht festgestellt werden können. Das Konzept für den Sonderbedarf entspreche nicht den insoweit bestehenden Mindestbedingungen. So sei für den Sonderbedarf nicht die Verfügbarkeit des Standortes nachgewiesen. Weiter fehle die Bestätigung der Antragstellerin, dass das angebotene Fahrzeug nicht im Regelbetrieb (Notfallrettung bzw. Krankentransport) eingesetzt werde und nicht schon anderweitig als Sonderbedarf nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 BayRDG einbezogen sei oder einbezogen werde. Außerdem sei auch die Mindestbedingung für das Personal im Sonderbedarf nicht erfüllt. Im Übrigen scheitere die Feststellung der Eignung der Antragstellerin auch daran, dass sie die insoweit bestehende Mindestanforderung hinsichtlich der Referenzen nicht erfülle.

Auch aus Gründen der Wirtschaftlichkeit könnte auf das Angebot der Antragstellerin kein Zuschlag erteilt werden. Bei vergleichender Angebotswertung nach Maßgabe der Zuschlagskriterien, in die das Angebot der Antragstellerin vorsorglich und ohne jegliche Anerkenntnis einbezogen worden sei, schneide ihr Angebot erheblich schlechter ab als die Konkurrenz. So habe das Angebot des Bestbieters hier einen Gesamtwert von 928 Punkten, das Angebot ihrer Mandantin hingegen nur 880 Punkte erreicht.

Aus dem Schreiben der Antragstellerin vom 25. Januar 2018 werde nicht klar, welche Eignungskriterien sie im Einzelnen beanstanden und aus welchem Grund. Alle in dem Auswahlverfahren gestellten Fragen seien vom Antragsgegner hinreichend beantwortet worden. Dies gelte insbesondere für die Frage zum Bewertungsmaßstab, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht konkreter mitzuteilen sei (vgl. BGH, B.v. 4.4.2017 – X ZB 3/17). Insbesondere müsse den Bietern nicht mitgeteilt werden, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl konkret abhänge. Diese Maßgabe für den Bereich der Oberschwellenvergabe müsse erst recht für eine Unterschwellenvergabe nach Maßgabe des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes gelten.

Der Antragsgegner habe im Rahmen seiner Angebotswertung auch das Vorliegen eines Unterkostenangebots geprüft und sich insoweit an die in den Vergabeunterlagen bekannt gemachten Maßgaben gehalten. Allerdings habe dabei ein Unterkostenangebot nicht festgestellt werden können. Im Übrigen sei das Angebot der Beigeladenen auch nicht das Kostengünstigste gewesen. Es habe keine unzulässige, wettbewerbsbeschränkende Abrede gegeben. Auch die Behauptung, die Beigeladene habe Einzelkosten im Wege der Mischkalkulation auf andere Kostenkategorien umgelegt, sei nicht nachvollziehbar und unsubstantiiert.

Die Antragstellerin erhob mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 1. Februar 2018, bei Gericht per Telefax eingegangen am selben Tag, Klage, mit der sie die Aufhebung des „Ablehnungs-/Ausschlussbescheids“ des Antragsgegners vom 25. Januar 2018 begehrt. Zugleich stellte sie Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz.

Die Antragstellerin trägt vor:

Ihr stehe ein öffentlich-rechtlicher Bewerbungsverfahrensanspruch und Teilhabeanspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG zu. Wäre das Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden, hätte die Beigeladene ausgeschlossen werden müssen und die Antragstellerin den Zuschlag erhalten müssen.

Der Antragsgegner habe der Antragstellerin mit Schreiben vom 18. Januar 2018 ohne weitere Begründung mitgeteilt, dass die vorgelegte Vereinbarung nicht als Nachweis für die Verfügbarkeit des Standortes zum Leistungsbeginn 9. Februar 2018 dienen könne. Mit Schreiben vom 22. Januar 2018 habe der Antragsgegner nochmals um eine Bestätigung des Untervermieters gebeten. Die Beigeladene hingegen habe zweimal die Chance auf Nachbesserung erhalten, was zum Ausschluss des Angebots der Beigeladenen hätte führen müssen.

Die Antragstellerin habe die Vorgaben zum Sonderbedarf erfüllt. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, bleibe festzuhalten, dass auch die Beigeladene die Vorgaben zum Sonderbedarf nicht erfüllt habe. Vorsorglich würden die Vorgaben zum Sonderbedarf insgesamt gerügt. Die Vorgaben und die Bepreisung des Sonderbedarfs bevorzugten rechtswidrig die Beigeladene. Weiter werde gerügt, dass der von der Beigeladenen (vermeintlich) vorgehaltene Sonderbedarf möglicherweise nicht die landesrechtlichen Anforderungen hierfür erfülle und die Beigeladene auch deshalb vom Verfahren hätte ausgeschlossen werden müssen. Fahrzeuge des Sonderbedarfs stellten keine eigenständige Fahrzeugkategorie dar und seien deshalb genehmigungspflichtig. Hierauf habe das Bayerische Staatsministerium des Innern in seiner Mitteilung vom 20. Februar 2018 erst kürzlich ausdrücklich hingewiesen. Die dort festgelegten Anforderungen würden von der Beigeladenen nicht eingehalten. Diese Fehler seien kausal für die Auswahlentscheidung. Hätte der Antragsgegner die Regeln beachtet, wäre die Beigeladene auszuschließen gewesen.

Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes stellte die Antragstellerin zunächst folgende Anträge:

2. Es wird festgestellt, dass die gegen den Ablehnungs/Ausschlussbescheid des Antragstellers vom 25. Januar 2018 erhobene Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung hat.

3. Vorsorglich wird beantragt, den Antragsgegner dazu zu verpflichten, den Vollzug des angegriffenen Verwaltungsaktes rückgängig zu machen (§ 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO).

4. Hilfsweise: Der Antragsgegner wird verpflichtet, es vorläufig zu unterlassen, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen in dem Vergabeverfahren zur Stationierung und dem Betrieb eines Rettungswagens am Standort … im Rettungsdienstbereich … auf Basis einer Dienstleistungskonzession (Leistungszeitraum vom 19. Februar bis 18. November 2018) zu erteilen.

5. Hilfsweise: Der Antragsgegner wird verpflichtet, es vorläufig zu unterlassen, den Zuschlag in dem Vergabeverfahren zur Stationierung und dem Betrieb eines Rettungswagens am Standort … im Rettungsdienstbereich … auf Basis einer Dienstleistungskonzession (Leistungszeitraum vom 19. Februar bis 18. November 2018) zu erteilen.

6. Hilfsweise: Der Antragsgegner wird verpflichtet, es vorläufig zu unterlassen, die interimsweise Beauftragung eines Dritten mit dem Betrieb des Stellplatzes … (Vergabeverfahren zur Stationierung und dem Betrieb eines Rettungswagens am Standort … im Rettungsdienstbereich … auf Basis einer Dienstleistungskonzession - Leistungszeitraum vom 19. Februar bis 18. November 2018) auszuführen/zu vollziehen.

7. Hilfsweise: Das Gericht erlässt einen Hängebeschluss/eine Zwischenverfügung, in dem es dem Antragsgegner vorläufig untersagt, der Beigeladenen oder irgendeinem Dritten den Zuschlag in dem Vergabeverfahren zur Stationierung und dem Betrieb eines Rettungswagens am Standort … im Rettungsdienstbereich … auf Basis einer Dienstleistungskonzession (Leistungszeitraum vom 19. Februar bis 18. November 2018) zu erteilen oder den Zuschlag auszuführen/zu vollziehen.

8. Bis zu einer Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache wird der Antragsgegner verpflichtet, weitere die geltend gemachte Rechtsposition der Antragstellerin beeinträchtigende Handlungen einstweilen zu unterlassen.

9. Die Verfahrensakten des Antragsgegners werden beigezogen und der Antragstellerin Akteneinsicht gewährt, §§ 99, 100 VwGO.

10. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Antragstellerin wird für notwendig erklärt.

Am 5. Februar 2018 beauftragte der Antragsgegner die Beigeladene mit der Durchführung der Notfallrettung am Standort … für den Zeitraum 19. Februar 2018 bis 18. November 2018.

Daraufhin hat die Antragstellerin mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 8. Februar 2018 die im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragte Unterlassung der Zuschlagserteilung (Anträge Ziffern 4 und 5) für erledigt erklärt.

Die klageweise beantragte Aufhebung des Ablehnungs-/Ausschlussbescheids des Beklagten vom 25. Januar 2018 (Antrag Nummer 1) hat sie um folgende Anträge 1a) und 1 b) ergänzt:

1a) Die Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags über die Durchführung der Notfallrettung gemäß Art. 13 Abs. 1, Abs. 5 des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes am Standort …, den der Beklagte am 5. Februar 2018 mit der Beigeladenen abgeschlossen hat, wird festgestellt.

1b) Hilfsweise: Dem Beklagten wird aufgegeben, den öffentlich-rechtlichen Vertrag über die Durchführung der Notfallrettung gemäß Art. 13 Abs. 1, Abs. 5 des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes am Standort …, den der Beklagte am 5. Februar 2018 mit der Beigeladenen abgeschlossen hat, unverzüglich (außerordentlich) zu kündigen.

Die von der Antragstellerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes bereits vorsorglich beantragte Vollzugsfolgenbeseitigung (Antrag Ziffer 3) wird ausdrücklich und unbedingt beantragt. Der Antrag wird klarstellend neu gefasst und lautet nunmehr wie folgt:

„Dem Beklagten (= dem Antragsgegner) wird aufgegeben, den öffentlich-rechtlichen Vertrag Bayerischen Rettungsdienstgesetzes am Standort …, den der Beklagte am 5. Februar 2018 mit der Beigeladenen abgeschlossen hat, unverzüglich (außerordentlich) zu kündigen.“

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin nahm am 15. Februar 2018 am Verwaltungsgericht Ansbach Einsicht in die vom Antragsgegner vorgelegten Verfahrensakten.“

Mit Schreiben vom 21. Februar 2018 hat die Antragstellerin auch den Antrag auf Erlass eines Hängebeschlusses (Ziffer 7) für erledigt erklärt. Außerdem hat sie klargestellt, dass über den am 8. Februar 2018 gestellten Antrag Ziffer 1a) auch im einstweiligen Rechtsschutz entschieden werden soll.

Der Vertrag vom 5. Februar 2018 sei bereits wegen Verstoßes gegen die Informations- und Wartepflicht (Art. 19 Abs. 4 GG) nichtig im Sinne des § 134 BGB. Ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB ergebe sich aus dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes, der das Verstreichenlassen einer angemessenen Informations- und Wartepflicht gegenüber dem unterlegenen Bieter vorsehe, ehe ein Vertragsschluss mit dem ausgewählten Konkurrenten erfolgen dürfe (OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 30.11.2010 – 1 S 107.10 -, juris). In diesem Zusammenhang werde auf die Parallele zum Beamtenrecht sowie auf das Urteil des OLG Düsseldorf vom 14.12.2017 (I-27 U 25/17) verwiesen.

Der Vertrag greife in die Rechte der Antragstellerin ein und bedürfe daher gemäß Art. 58 BayVwVfG zur Wirksamkeit deren schriftlicher Zustimmung als betroffene Dritte. Im Übrigen bestehe – davon ausgehend, dass das angegriffene Ablehnungsschreiben des Antragsgegners ein Verwaltungsakt sei - ein Anspruch auf Vollzugsfolgenbeseitigung. Dieser sei unabhängig von Fragen des materiellen Rechts durch den Antragsgegner durch die unverzügliche und außerordentliche Kündigung und Rückabwicklung des Vertrags vom 5. Februar 2018 umzusetzen. In jedem Fall müsse das Gericht das „Inkrafttreten“ des Vertrags mit Wirkung zum 19. Februar 2018 verhindern.

Der Antragsgegner beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Er hat der Erledigterklärung hinsichtlich der Anträge Ziffern 4 und 5 mit Schreiben vom 15. Februar 2018 und hinsichtlich des Antrags Ziffer 7 mit Schreiben vom 15. März 2018 zugestimmt.

Der Antragsgegner trägt vor:

Der am 5. Februar 2018 geschlossene Vertrag sei wirksam. Eine Nichtigkeit des Vertrages lasse sich nicht aus einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot ableiten. Insbesondere bestehe vorliegend kein gesetzliches Verbot, das einen Vertragsschluss ohne Erteilung einer Vorabinformation untersagen würde. Der Antragsgegner unterliege in dem vorliegenden unterschwelligen Verfahren weder nach § 134 GWB noch nach Maßgabe anderer Reglungen einer Informations- und Wartepflicht. Gleichwohl habe er – sozusagen überobligationsgemäß – die Antragstellerin rechtzeitig über den bevorstehenden Vertragsschluss informiert.

Das vorliegende Vergabeverfahren richte sich allein nach Art. 13 BayRDG in Verbindung mit den Bestimmungen des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG). Im Bereich der Unterschwellenvergabe sei eine Vorabinformation an die unterlegenen Bieter gesetzlich nicht vorgesehen. So sei auch in der neu eingeführten Unterschwellenvergabeverordnung (UVgO) eine Vorabinformationspflicht bewusst nicht aufgenommen worden. Insoweit werde auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Juni 2006 verwiesen (1 BvR 1160/03). Auch in der verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung sei es herrschende Auffassung, dass bei unterschwelligen Vergaben keine Vorabinformationspflicht bestehe. Jedenfalls könne ein Vertragsschluss bei erfolgter Vorabinformation nicht mehr aufgehoben werden. Eine Nichtigkeit des Vertrages sei auch deshalb ausgeschlossen, weil der Antragsgegner die Antragstellerin – unabhängig von der Frage des Bestehens einer Vorabinformationspflicht – mit Schreiben vom 25. Januar 2018 rechtzeitig über seine Absicht, den Vertrag mit der Beigeladenen abzuschließen, informiert habe.

Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Vollzugsfolgenbeseitigung. Dieser Anspruch bestehe allenfalls unter der Prämisse, dass es sich bei dem Vorabinformationsschreiben vom 25. Januar 2018 um einen Verwaltungsakt handele. Die sei jedoch nicht der Fall, da dieser Mitteilung einer beabsichtigten Zuschlagserteilung der hierfür erforderliche Regelungscharakter fehle. Es handele sich dabei lediglich um eine „schlicht-hoheitliche Kommunikation des Ergebnisses des Auswahlverfahrens an die unterlegenen Bieter“, um diesen (Primär-)Rechtsschutz zu ermöglichen. Selbst wenn man die Vorabinformation als Verwaltungsakt einordnen würde, hätte sich dieser Verwaltungsakt durch den Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages am 5. Februar 2018 mittlerweile erledigt. Zudem könne ein solcher Verfahrensverwaltungsakt nach § 44a VwGO nicht isoliert angegriffen werden.

Die Anträge nach § 123 VwGO seien unbegründet. Es bestehe kein Anordnungsanspruch der Antragstellerin, da das Vergabeverfahren rechtmäßig unter Beachtung des Art. 13 BayRDG in Verbindung mit den Bestimmungen des BayVwVfG durchgeführt worden sei. Der Antragsgegner habe die Antragstellerin ausreichend über die Gründe der Ablehnung vorab informiert. Nach der vergaberechtlichen Rechtsprechung zu § 134 GWB seien grundsätzlich keine allzu großen Anforderungen an die Vorabinformation zu stellen. Im Regelfall reiche es aus, wenn der Grund für die Nichtberücksichtigung kurz und präzise benannt werde. Das Angebot der Antragstellerin sei aus drei unterschiedlichen Gründen jeweils auszuschließen. Die Antragstellerin habe weder den Nachweis für die Verfügbarkeit des Standortes erbracht, noch erfülle sie die Mindestanforderungen hinsichtlich der Referenzen sowie hinsichtlich des Sonderbedarfs. Die Antragstellerin rüge nur pauschal die Unzulässigkeit der Eignungskriterien, ohne dass die Behauptungen konkretisiert oder belegt werden. Die Antragstellerin dürfte mit ihrer Rüge der Eignungskriterien nach Angebotsabgabe wohl präkludiert sein. Gleiches gelte für die Rüge der „Antworten zum Vergabeverfahren“. Der Wertungsmaßstab sei nach Rechtsprechung des BGH (B.v. 4.4.2017 – X ZB 3/17) nicht konkreter als hier geschehen mitzuteilen. Diese Rechtsprechung des BGH für den Bereich der Oberschwellenvergabe müsse erst recht für eine Unterschwellenvergabe gelten.

Die Antragstellerin habe den Nachweis der Erfüllung der Mindestbedingung für den Standort nicht erbracht. Der Antragsgegner habe entgegen der Auffassung der Antragstellerin die Verfügbarkeit eines Standortes bei Angebotsabgabe nicht gefordert. Vielmehr sei in Ziffer 2 lit. g) der Leistungsbeschreibung (Teil B der Vergabeunterlagen) lediglich vorgesehen gewesen, dass die Verfügbarkeit des betreffenden Standorts für den Bieter bzw. die Bietergemeinschaft beispielsweise durch Vorlage eines Mietvertrages bzw. eines entsprechenden Vorvertrages zu belegen sei. Diesen Nachweis habe die Antragstellerin auch auf entsprechende Nachforderung des Antragsgegners nicht erbringen können.

Das Angebot der Antragstellerin sei im Übrigen auch deshalb auszuschließen gewesen, weil diese die erforderlichen Mindestanforderungen an die Eignung in zweifacher Hinsicht nicht erfüllt habe. So habe die Antragstellerin nicht die nach Ziffer 12 lit. b) der Bewerbungsbedingungen (Teil A der Vergabeunterlagen) geforderten drei Referenzen aus dem Zeitraum von 2015 bis 2017 benennen können. Die Stadt … habe die Antragstellerin mit der Durchführung von Krankentransporten außerhalb der öffentlich-rechtlichen Vorhaltung beauftragt. Dies sei nicht vergleichbar mit der Durchführung von Notfallrettung, da Krankenhaustransporte zeitunkritisch seien und sie außerhalb der öffentlich-rechtlichen Vorhaltung nicht durch die zuständige ILS koordiniert würden.

Die Antragstellerin habe auch die weitere Mindestanforderung nach Nummer 12 lit. b) der Bewerbungsbedingungen (Teil A der Vergabeunterlagen) hinsichtlich des Sonderbedarfs nicht erfüllt. Sie habe nicht nachweisen können, dass der Standort für das Sonderbedarf-Fahrzeug tatsächlich zur Verfügung stehe. Die Verfügbarkeit des Standorts hänge davon ab, ob die Beigeladene die bestehende Vereinbarung zur Untervermietung mit … im Falle eines Zuschlags an die Antragstellerin kündigen würde. Dies erscheine sehr fraglich. Außerdem fehle die Bestätigung, dass das angebotene Fahrzeug nicht im Regelbetrieb (Notfallrettung bzw. Krankentransport) eingesetzt werde und nicht schon anderweitig als Sonderbedarf nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 BayRDG einbezogen sei oder einbezogen werde (vgl. Vorgaben und Beschreibung Sonderbedarf (Teil C, Nummer 3 lit. c der Vergabeunterlagen). Auch die Mindestbedingung Personal sei nicht erfüllt. Gefordert sei eine Besetzung der Vorhaltung für den Sonderbedarf von je drei Rettungssanitätern bzw. Notfallsanitätern und Rettungshelfern. Die Antragstellerin gebe in ihrem Konzept an, dass sich immer zwei Mitarbeiter in Rufbereitschaft befänden. Wo sich die Mitarbeiter in der Rufbereitschaft aufhielten, bleibe allerdings offen.

Ein Unterkostenangebot der Beigeladenen sei schon deshalb nicht gegeben, weil dieses oberhalb des Angebotes der Antragstellerin liege. Im Übrigen habe der Antragsgegner im Rahmen der Angebotswertung auch das Vorliegen eines Unterkostenangebotes geprüft und sich insoweit an die in den Vergabeunterlagen bekanntgemachten Maßgaben gehalten. Ebensowenig liege entgegen der Behauptung der Antragstellerin eine Mischkalkulation vor.

Auch die von der Antragstellerin unsubstantiiert behauptete rechtswidrige Ausnutzung einer oligopolen Marktstellung sei nicht gegeben. Hinsichtlich der Annahme einer wettbewerbsbeschränkenden Abrede gelten sehr strenge Anforderungen, wie das OLG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 17. Januar 2018 (VII-Verg 39/17) ausgeführt habe.

Schließlich sei auch kein Anordnungsgrund gegeben. Das wirtschaftliche Interesse des erfolglosen Bieters an einer Auftragsvergabe genieße als solches keinen verfassungsrechtlichen Schutz. Der erfolglose Bieter sei durch die Auftragsvergabe lediglich in einer Umsatzchance, nicht aber in seiner persönlichen Rechtsstellung betroffen (vgl. BVerfG, B.v. 13.6.2006 – 1 BvR 1160/03). Demgegenüber hätte der Erlass der einstweiligen Anordnung zur Folge, dass hier eine vertragslose Situation einträte mit der weiteren Konsequenz, dass der Rettungsdienst am Standort Allersberg zum Erliegen käme. Damit wären untragbare Risiken für Leib und Leben der Bevölkerung verbunden, welche dabei sehr viel schwerer wiegen würden als die vermeintlich verlorene Umsatzchance der Antragstellerin. Zu berücksichtigen sei außerdem, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Verfahren um eine Interimsvergabe handele. Auch deshalb scheide vorliegend ein Anordnungsgrund aus.

Mit Schriftsatz vom 19. März 2018 stellte die Antragstellerin einen Antrag nach § 99 Abs. 2 VwGO auf Durchführung eines in-camera-Verfahrens durch den Fachsenat beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Sie beantragt festzustellen, dass die Verweigerung der Einsicht in die vollständige, d.h. unveränderte Originalakte, insbesondere die Verweigerung der Bekanntgabe der Antragsunterlagen der Mitbewerber und deren Bewertung rechtswidrig war. Wegen der offensichtlichen Entscheidungserheblichkeit der nicht vorgelegten Unterlagen bedürfe es für die Zulässigkeit des Antrags nach § 99 Abs. 2 VwGO keines formalen Beweisbeschlusses durch das Hauptsachegericht (vgl. OVG Münster, B.v. 20.9.2017 – 13a F 25/17 -, juris). Das Gericht habe von der Antragsgegnerin zweifelsfrei entscheidungserhebliche Unterlagen zur hier in Streit stehenden Zuweisungsentscheidung angefordert. Dem Rechtsstreit liege die Frage zugrunde, ob die von dem Antragsgegner getroffene Auswahlentscheidung formell und materiell rechtmäßig sei. Hierbei komme es insbesondere auf die Bewertung und Gewichtung der einzelnen Angebote in Bezug auf die entscheidungsrelevanten Auswahlkriterien an. Würden sowohl die Angebote als auch ihre Bewertung und Gewichtung geheim gehalten, sei die Entscheidung des Antragsgegners offensichtlich nicht überprüfbar.

Der Antrag nach § 99 Abs. 2 VwGO sei auch begründet. Der Antragsgegner sei zur unverzüglichen Übersendung seiner vollständigen Verwaltungsakte an die erkennende Kammer verpflichtet. Ein Verweigerungsrecht aus § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO bestehe nicht. Der Antragsgegner sei weder berechtigt, die Schwärzungen vorzunehmen, noch habe er substantiiert dargelegt, dass die nicht vorgelegten Unterlagen schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthielten und dass ein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse bestehe. Soweit der Antragsgegner auf die Entscheidung des OLG München (B.v. 8.11.2010 – Verg 20/10) verweise, könne dies nicht überzeugen, weil es sich um eine vergaberechtliche Entscheidung handele. Außerdem befänden sich in den Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners keine ihrem Wesen nach geheimzuhaltenden Vorgänge. Es genüge nicht, wenn der Antragsgegner sich mit einer vagen Bezugnahme auf Angebotspreise und Durchführungskonzepte der Mitbewerber berufe. Diese wären nur dann auch aktuell noch schutzbedürftig, wenn sie nicht bereits bekannt geworden seien und tatsächlich im Hinblick auf ein Verfahren zur Vergabe des Hauptvertrags noch Relevanz entfalten könnten. Entsprechendes wäre von der obersten Aufsichtsbehörde gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO darzulegen. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf vollständige Akteneinsicht nach § 100 Abs. 1 VwGO. Wenn der Antragsgegner die vollständigen Akten nicht ungeschwärzt vorlege, könne die erkennende Kammer eine Beweislastentscheidung zu Lasten des Antragsgegners treffen (vgl. BVerfG, B.v. 14.3.2006 – 1 BvR 2087, 2111/03). Dieser habe darzulegen, dass die Auswahlentscheidung rechtmäßig gewesen sei.

Der Antragsgegner hält eine vollumfängliche Akteneinsicht der Antragstellerin vor dem Hintergrund der Vergabe des Hauptvertrages für äußerst bedenklich. Die Antragstellerin könnte sich aus der Einsicht in die Vergabeakte der Interimsvergabe ganz erhebliche, unzulässige Vorteile im Wettbewerb um den Hauptvertrag verschaffen. Der Antragsgegner habe deshalb die Akte ohne die Angebote und hinsichtlich der Angebotswertung der Beigeladenen geschwärzt vorzulegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge.

II.

1. Soweit die Antragstellerin und der Antragsgegner den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben (in Bezug auf die Anträge unter Ziffern 4, 5 und 7), ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen und gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen über die Kosten zu entscheiden.

Es entspricht der Billigkeit, insoweit der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da ihre Anträge zu Ziffern 4, 5 und 7 aller Voraussicht nach keinen Erfolg gehabt hätten.

Mit den Unterlassungsanträgen (Ziffern 4 und 5) begehrte die Antragstellerin vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutz. Für einen vorbeugenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist ein qualifiziertes, gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzbedürfnis erforderlich. Dieses ist grundsätzlich zu verneinen, solange die Antragstellerin – wie hier - in zumutbarer Weise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung im Regelfall als angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 22.10.2014 – 6 C 7/13 -, juris; VG Ansbach, B.v. 8.12.2017 - AN 14 E 17.02475 -, juris). Aus dem Sachvortrag der Antragstellerin ergibt sich nicht, dass ohne die Inanspruchnahme vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes die Gefahr bestanden hätte, dass vollendete, nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen würden oder ein nicht mehr wiedergutzumachender Schaden entstehen würde (vgl. BayVGH, B. v. 30.11.2010 - 9 CE 10.2468 - juris; OVG NRW, B. 22.6.2017 – 13 B 238/17 –, juris).

Auch der Antrag unter Ziffer 7 auf Erlass eines Hängebeschlusses hätte voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Ob eine Zwischenentscheidung in Form eines „Hängebeschlusses“ im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren erforderlich ist, ist im Wege einer Interessenabwägung zu ermitteln (vgl. BVerwG, B. v. 20.8.2012 – 7 VR 7.12 -, juris). Der Erlass eines Hängebeschlusses ist, wenn keine anderen überwiegenden Interessen vorliegen, zulässig und geboten, wenn der Eilantrag nicht von vornherein offensichtlich aussichtslos ist und ohne den Beschluss die Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) gefährdet wäre, weil irreversible Zustände oder schwere und unabwendbare Nachteile einzutreten drohen (vgl. BVerfG, B. v. 11.10.2013 - 1 BvR 2616/13 -, juris; BVerwG, B.v. 20.8.2012 - 7 VR 7.12 -, juris; VGH BaWü, B.v. 18.12.2015 - 3 S 2424/15 -, juris; HessVGH, B.v. 28.4.2017 - 1 B 947/17 -, juris; VG Ansbach, B.v. 8.12.2017 - AN 14 E 17.02475 -, juris). Wie bereits erwähnt, ist dies hier nicht der Fall. Sonstige Gründe, die den Erlass eines Hängebeschlusses im Rahmen einer Interessenabwägung geboten erscheinen lassen, sind ebenfalls nicht zu erkennen.

2. Soweit die Antragstellerin den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO aufrechterhalten hat, ist der Antrag nur teilweise zulässig, jedenfalls aber unbegründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei sind sowohl die tatsächlichen Voraussetzungen des zugrunde liegenden materiellen Anspruchs (Anordnungsanspruch) als auch die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).

Der Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist nur teilweise zulässig.

Zwar ist für alle Anträge der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet.

Bei dem hier seitens der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch auf Beteiligung an dem Verfahren zur interimsweisen Vergabe von Rettungsdienstleistungen handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Die flächendeckende Versorgung mit rettungsdienstlichen Leistungen ist nach Art. 1 Satz 2 BayRDG vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 eine öffentliche Aufgabe und durch einen öffentlichen Rettungsdienst sicherzustellen. Die streitgegenständliche (interimsweise) Vergabe von Rettungsdienstleistungen findet ihre Rechtsgrundlage in der öffentlich-rechtlichen Vorschrift des § 13 BayRDG. Nach Art. 13 Abs. 5 S.1 BayRDG kann der Träger rettungsdienstlicher Aufgaben die Durchführung des Rettungsdienstes auf anerkannte Hilfsorganisationen und andere Leistungserbringer durch öffentlich-rechtlichen Vertrag übertragen. Da die Rechtsnatur des Vertrages damit kraft Gesetzes dem öffentlichen Recht zugewiesen ist, ist die Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur (vgl. BGH, NZBau 2012, 248 − Rettungsdienstleistungen III; BayVGH, B. v. 23.12.2009 - 21 CE 09.3131 - juris).

Der Verwaltungsrechtsweg ist auch nicht aufgrund einer abdrängenden Sonderzuweisung ausgeschlossen. Die Sonderzuweisung an die Vergabenachprüfungsinstanzen nach §§ 155, 156 Abs. 2 des vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) greift hier nicht ein. Zwar handelt es sich bei der Interimsvergabe um eine Dienstleistungskonzession im Sinne des § 155 in Verbindung mit § 105 GWB. In Bayern werden Verträge über die Versorgung der Bevölkerung mit Rettungsdienstleistungen nach dem Bayerischen Rettungsdienstgesetz in der Form von Dienstleistungskonzessionen (sog. “Konzessionsmodell“) und nicht mittels Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (sog. „Submissionsmodell“) vergeben (vgl. dazu EuGH, U. v. 10.3.2011, Privater Rettungsdienst und Krankentransport Stadler – C-274/09 –, juris Rdnrn. 22 f.; BayVerfGH, Entscheidung v. 24. Mai 2012 – Vf. 1-VII-10 –, Rn. 68, juris). Allerdings gelten nach § 106 Abs. 1 Satz 1 die Bestimmungen des 4. Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) nur für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen sowie die Ausrichtung von Wettbewerben, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die jeweils festgelegten Schwellenwerte erreicht oder überschreitet. In Bezug auf Konzessionen nach § 105 GWB verweist § 106 Abs. 2 Nr. 4 GWB auf Art. 8 der Richtlinie 2014/23/EU sowie auf die Verordnung (EU) 2015/2172 der Europäischen Kommission für Konzessionen in der jeweils geltenden Fassung. Danach beträgt der hier maßgebliche Schwellenwert für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen derzeit 5.225.000,00 Euro (vgl. auch § 2 KonzVgV). Im vorliegenden Fall wurde der maßgebliche Schwellenwert nicht erreicht, mit der Folge, dass eine Sonderzuweisung zur Vergabekammer nicht gegeben ist.

Aus diesem Grund kommt es auf die Frage, ob die Voraussetzungen der Bereichsausnahme „Rettungsdienst“ nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB bzw. Art. 10 Abs. 8 lit.g) RL 2014/23/EU im vorliegenden Fall erfüllt sind, nicht an (vgl. dazu OVG NRW, B. v. 19.1.2017 – 13 B 1163/16 -, juris; VK Rheinland-Pfalz, B. v. 19.8.2016 – VKD 14/16 – juris; VG Düsseldorf, B. v. 15.9.2016 – 7 L 2411/16 -, juris; Bühs: Rettungsdienstvergabe wieder vor dem EuGH - EuZW 2017, 804; VK Südbayern, B. v. 14.2.2017 – Z3-3/3194/1/54/12/16 -, juris).

Weiter ist die Antragstellerin auch antragsbefugt. Die von ihr vorliegend geltend gemachten Ansprüche hinsichtlich der Vergabe von Rettungsdienstleistungen sind nicht offensichtlich ausgeschlossen.

Allerdings sind die von der Antragstellerin gestellten Anträge zu Ziffern 1a), 2 und 6 aus folgenden Erwägungen unzulässig:

2.1. Soweit die Antragstellerin die Feststellung begehrt, dass der öffentlich-rechtliche Vertrag vom 5. Februar 2018 nichtig ist (Antrag Ziffer 1a), ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht statthaft. Dem Feststellungsinteresse, das einen solchen Antrag allein rechtfertigt, kann in einem Eilverfahren, in dem nur eine vorläufige, nicht jedoch eine endgültige und verbindliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit getroffen werden kann, nicht Rechnung getragen werden. Die aufgrund summarischer Prüfung ergehende einstweilige Anordnung dient der Sicherung eines Rechts oder der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses. Die vom Antragsgegner für die Interimsvergabe durchgeführte Ausschreibung und Vergabe der Rettungsdienstleistungen wirft Rechts- und Tatsachenfragen auf, die einer abschließenden Prüfung im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zugänglich sind (vgl. BayVGH, B.v. 23.12.2009 – 21 CE 09.3131 -, juris). Eine verbindliche Entscheidung über die Wirksamkeit oder Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages ist nur in einem Hauptsacheverfahren möglich (vgl. auch BVerwG, B.v. 27.1.1995 - 7 VR 16/94 -, juris; BayVGH, B.v. 18.12.2017 – 19 CE 17.1541 -, juris).

Hinzu kommt, dass die bloße Feststellung der Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages auch noch keinen im Wege des § 123 Abs. 1 VwGO sicherungsfähigen Anspruch der Antragstellerin, beispielsweise auf Abschluss des Vertrages mit ihr, begründen würde. Die Rechtsstellung der Antragstellerin würde mithin selbst im Erfolgsfalle nicht verbessert (vgl. BVerwG, B.v. 12.2.2018 – 1 WDS-VR 12.17 -, juris).

Unabhängig davon wäre der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages bei der gebotenen summarischen Prüfung mit großer Wahrscheinlichkeit auch unbegründet. Es spricht viel dafür, dass der mit der Beigeladenen geschlossene öffentlich-rechtliche Vertrag (Art. 54 BayVwVfG) über den Betrieb eines Rettungswagens am Standort … wirksam zustande gekommen ist.

Der Vertrag ist insbesondere nicht mangels erforderlicher Zustimmung des Klägers gemäß Art. 58 Abs. 1 BayVwVfG unwirksam. Zweck dieser Vorschrift ist es, zu verhindern, dass die bei Erlass eines Verwaltungsakts mit Drittwirkung bestehende Anfechtungsmöglichkeit des betroffenen Dritten dadurch umgangen wird, dass ein öffentlich-rechtlicher Vertrag abgeschlossen wird. Dies setzt voraus, dass durch den Regelungsgehalt des Vertrags in eine bestehende materiell-rechtliche Position eines Dritten eingegriffen wird, was hier nicht der Fall ist. Mit dem streitgegenständlichen Vertrag wurde lediglich die Erbringung von Dienstleistungen durch die Beigeladene vereinbart, so dass der Vertrag selbst keine belastenden Auswirkungen für die Antragstellerin mit sich bringt. Diese ist nur durch eine Minderung ihrer Erwerbschancen aufgrund des Abschlusses des Vertrags mit der Beigeladenen statt ihr indirekt betroffen. Auf solche Wettbewerbs- bzw. Konkurrenzsituationen bei der Vergabe von Aufträgen ist diese Vorschrift nicht anwendbar (vgl. VG Bayreuth, U.v. 11.12.2012 – B 1 K 12.445 –, Rn. 88).

Der am 5. Februar 2018 geschlossene öffentlich-rechtliche Vertrag ist auch nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß Art. 59 BayVwVfG i.V.m. § 134 BGB unwirksam. Eine Nichtigkeit ergibt sich insbesondere nicht aus der Verletzung vergaberechtlicher Verfahrensvorschriften. Da der geschätzte Auftragswert für die interimsweise zu vergebenden Leistungen im vorliegenden Fall nicht den maßgebliche Schwellenwert für Dienstleistungskonzessionen von derzeit 5.225.000 € erreicht (§ 155 GWB i. V. m. § 106 Abs. 1, 2 Nr. 4 GWB i. V. m. § 2 KonzVgV), war kein Vergabeverfahren nach den Regelungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) durchzuführen. Die Bestimmung des § 134 GWB, die eine Vorabinformation an die unterlegenen Bieter vorsieht, findet deshalb keine Anwendung. Die Durchführung des Vergabeverfahrens richtet sich im vorliegenden Fall allein nach Art. 13 BayRDG. Unabhängig vom Bestehen einer Vorabinformationspflicht hat der Antragsgegner die Antragstellerin rechtzeitig über den bevorstehenden Vertragsschluss informiert, so dass eine Nichtigkeit des Vertrages auch deshalb ausscheidet.

Der öffentlich-rechtliche Vertrag ist auch nicht wegen Verstoßes gegen die Informations- und Wartepflicht nichtig. Die von der Antragstellerin herangezogene Rechtsprechung zum Beamtenrecht ist nach Auffassung des Gerichts nicht auf den hier zu entscheidenden Fall übertragbar.

Ohne dass es darauf ankäme, ist auch darauf hinzuweisen, dass der Antragsgegner im vorliegenden Fall aufgrund der besonderen Dringlichkeit sogar berechtigt gewesen wäre, eine Interimsvergabe ohne förmliches Auswahlverfahren durchzuführen. Er hätte die streitgegenständlichen Rettungsdienstleistungen als ultima ratio, also auch ohne förmliches Auswahlverfahren direkt vergeben können (vgl. dazu VG Ansbach, B.v. 8.12.2017 - AN 14 E 17.02475 -, juris). Denn selbst bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen, deren errechneter Auftragswert – anders als im vorliegenden Fall - den maßgeblichen Schwellenwert nach § 2 KonzVgV überschreitet, ist in Fällen besonderer Dringlichkeit eine direkte Vergabe ohne Eröffnung eines Wettbewerbs möglich. Dies ergibt sich aus § 12 Abs. 1 KonzVgV, der auf die Vorschriften der Vergabeverordnung und damit unter anderem auf § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV verweist. Ist eine Interimsvergabe von Dienstleistungskonzessionen unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 KonzVgV i.V.m. § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV ausnahmsweise möglich, so muss dies erst recht für eine Konzessionsvergabe unterhalb des Schwellenwerts nach § 2 KonzVgV von derzeit 5.225.000,00 Euro gelten, wie es hier der Fall ist (vgl. VG Ansbach, aaO.).

2.2. Auch der Antrag zu Ziffer 2, mit dem die Antragstellerin die Feststellung begehrt, dass die gegen den „Ablehnungs- und Ausschlussbescheid“ des Antragsgegners vom 25. Januar 2018 erhobene Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung hat, ist unzulässig.

Es bestehen bereits Zweifel daran, ob es sich bei diesem Schreiben überhaupt um einen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 BayVwVfG handelt, der mit der Anfechtungsklage angreifbar ist, oder lediglich um eine nicht anfechtbare Verfahrenshandlung.

Dies kann jedoch dahinstehen, weil jedenfalls das für einen Feststellungsantrag erforderliche Feststellungsinteresse fehlt. Das streitgegenständliche Interimsvergabeverfahren wurde mit dem Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen dem Antragsgegner und der Beigeladenen am 5. Februar 2018 abgeschlossen, so dass die begehrte Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen das Schreiben vom 25. Januar 2018 die Rechtstellung der Antragstellerin nicht mehr verbessern könnte. Etwas anderes würde auch dann nicht gelten, wenn der Vertrag unwirksam oder nichtig wäre.

2.3. Über den hilfsweise gestellten Antrag unter Ziffer 6), den Antragsgegner zu verpflichten, es vorläufig zu unterlassen, die interimsweise Beauftragung eines Dritten mit dem Betrieb des Stellplatzes … zu vollziehen, ist ebenfalls zu entscheiden, da der Antrag zu 1a) abgelehnt wurde. Auch dieser Antrag ist unzulässig.

Die Antragstellerin begehrt damit vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutz. Wie bereits ausgeführt, ist für einen vorbeugenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO ein qualifiziertes, gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzbedürfnis erforderlich (vgl. dazu die obigen Ausführungen zu 1). Dieses ist hier zu verneinen, weil die Antragstellerin in zumutbarer Weise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung im Regelfall als angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (vgl. dazu BVerwG, U. v. 22.10.2014 – 6 C 7/13 -, juris). Die Antragstellerin hat nicht substantiiert dargelegt, dass ohne die Inanspruchnahme vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes die Gefahr bestünde, dass vollendete, nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen würden oder ein nicht mehr wiedergutzumachender Schaden entstehen würde (vgl. BayVGH, B. v. 30.11.2010 - 9 CE 10.2468 - juris; OVG NRW, B. 22.6.2017 – 13 B 238/17 –, juris). Die Antragstellerin macht in keiner Weise geltend, dass sie durch die interimsweise Beauftragung der Beigeladenen in ihrer Existenz gefährdet sei, oder dass durch den Abschluss oder die Durchführung öffentlich-rechtlicher Verträge irreversible Zustände geschaffen würden. Da es vorliegend nur um die interimsweise Vergabe zusätzlicher Rettungsdienstleistungen geht, ist die Antragstellerin zudem auch nicht gehindert, sich an der noch im Jahr 2018 für den Standort … geplanten europaweiten Ausschreibung zu beteiligen. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt auch deshalb, weil sich die Rechtsstellung der Antragstellerin selbst bei einem Erfolg dieses Antrags nicht verbessern würde. Unabhängig davon hätte ein Erfolg dieses Antrags zur Konsequenz, dass die rettungsdienstliche Versorgung der Bevölkerung nicht mehr gewährleistet wäre.

3. Die übrigen Anträge (Anträge 1b, 6, 8, 9, 10) sind zwar zulässig, aber unbegründet.

Zu den von der Antragstellerin gestellten Anträgen ist im Einzelnen folgendes auszuführen:

3.1. Nachdem der Antrag 1a) bereits als unzulässig abzulehnen war, war auch über den hilfsweise gestellten Antrag 1b) zu entscheiden. Dieser Antrag, mit dem die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, den mit der Beigeladenen geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrag vom 5. Februar 2018 unverzüglich (außerordentlich) zu kündigen, hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

Soweit wie hier nicht nur eine vorläufige Maßnahme begehrt wird, sondern eine endgültige Entscheidung, die die Hauptsache – nämlich die Verpflichtung zur Kündigung des Vertrages - vorwegnimmt, ist dies im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise gerechtfertigt, wenn der Erfolg der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist und das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte. Dabei ist dem jeweils betroffenen Grundrecht und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) Rechnung zu tragen (st.Rspr., vgl. u.a. BVerwG, B.v. 8.9.2017 - 1 WDS-VR 4.17 -, juris; BayVGH, B.v. 18.3.2016 – 12 CE 16.66 -, juris; OVG NRW, B.v. 19.9.2014 - 5 B 226/14 -, juris Rn. 5 f.).

Gemessen an diesen Maßstäben ist schon zweifelhaft, ob der Erfolg der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist. Nach summarischer Prüfung ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin einen Anspruch auf Kündigung des streitgegenständlichen öffentlich-rechtlichen Vertrags über den Betrieb eines Rettungswagens am Standort … hat. Die Antragstellerin macht insoweit einen Anspruch auf Vollzugsfolgenbeseitigung geltend und beruft sich auf § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO bzw. § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO (analog) bzw. §§ 80a Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO. Voraussetzung dafür ist allerdings ein rechtswidriger Eingriff des Antragsgegners in ein geschütztes Recht der Antragstellerin. Ein solcher rechtswidriger Eingriff ist hier nach der gebotenen summarischer Prüfung nicht ersichtlich.

Letztlich kann dies aber dahinstehen. Denn die Antragstellerin hat jedenfalls keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Sie begehrt hier die außerordentliche Kündigung des Rettungsdienstvertrages und damit eine „Vorwegnahme“ der Hauptsache. Besondere Gründe, die es unter Berücksichtigung des Anspruchs auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) im vorliegenden Einzelfall als unzumutbar erscheinen lassen, sie auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen, sind nicht ersichtlich und wurden seitens der Antragstellerin auch nicht substantiiert vorgetragen. Dem Interesse der Antragstellerin an einer Kündigung des öffentlich-rechtlichen Vertrages steht das gewichtige Interesse des Antragsgegners gegenüber, seiner Aufgabe nach Art. 4 Satz 3 BayRDG, der Sicherstellung der rettungsdienstlichen Versorgung der Bevölkerung durch Notfallrettung, arztbegleiteten Patiententransport und Krankentransport, nachzukommen. Im Rahmen der hier gebotenen Interessenabwägung überwiegt das Interesse der Bevölkerung und Allgemeinheit an einem funktionsfähigen Rettungsdienst am Standort … die privaten Interessen der Antragstellerin, zumal es sich hier nur um eine Interimsvergabe handelt und die Antragstellerin nicht gehindert ist, sich an dem Vergabeverfahren zu beteiligen (vgl. BayVGH, B.v. 23.12.2009 – 21 CE 09.3131 -, juris). Eine (außerordentliche) Kündigung des Vertrages im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes kommt angesichts dieser höherrangigen Interessen nicht in Betracht.

3.2. Hinsichtlich der Beiziehung der Verwaltungsakten (Antrag Ziffer 9) bedarf es keines Ausspruchs. Die Akten wurden dem Bevollmächtigten der Antragstellerin mit Ausnahme der Angebote sowie der geschwärzten Stellen in der Angebotswertung der Beigeladenen zur Einsicht übermittelt. Der Antragsgegner hält die nicht vorgelegten Unterlagen für geheimhaltungsbedürftig. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, sind die bisher nicht vorgelegten Unterlagen für die Entscheidung über den Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO nicht entscheidungserheblich. Der Antrag nach § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO auf Feststellung, dass die Verweigerung der uneingeschränkten Vorlage der Akten rechtmäßig ist, musste dem zuständigen Fachsenat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs deshalb nicht vorgelegt werden. Etwas anderes kann sich gegebenenfalls für die Entscheidung im Hauptsacheverfahren ergeben.

3.3. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Antragstellerin war nicht für notwendig zu erklären, da kein Vorverfahren stattgefunden hat (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO).

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO sowie § 161 Abs. 2 VwGO.

Als unterliegende Beteiligte hat die Antragstellerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Dies schließt die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht ein, da diese keinen Antrag gestellt und deshalb nicht am Prozesskostenrisiko teilgenommen haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), so dass es nicht der Billigkeit entspricht, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO).

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Die Streitwertfestsetzung orientiert sich an Nr. 16.5 i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, Anhang zu § 164 Rn. 14). Bei Streitigkeiten über die Beteiligung am Rettungsdienst sind 15.000,00 € pro Fahrzeug in Ansatz zu bringen. Bei der streitgegenständlichen Interimsvergabe geht es um die Vorhaltung eines Rettungstransportwagen (RTW). Der so ermittelte Streitwert von 15.000,00 € war im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs), so dass sich 7.500,00 Euro ergeben.

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Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 10. Apr. 2018 - AN 14 E 18.200 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 10. Apr. 2018 - AN 14 E 18.200 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 18. März 2016 - 12 CE 16.66

bei uns veröffentlicht am 18.03.2016

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 14. Dezember 2015 wird geändert: Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache vor dem Ver

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2017 - 19 CE 17.1541

bei uns veröffentlicht am 18.12.2017

Tenor I. Die Beschwerden werden zurückgewiesen. II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt. IV. Die Bewilligung von Prozess

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 08. Dez. 2017 - AN 14 E 17.02475

bei uns veröffentlicht am 08.12.2017

Tenor 1. Die Anträge werden abgelehnt. 2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 3. Der Streitwert wird auf 105.000,00 EUR festgesetzt. Gründe I. Die Antragstellerin begehrt

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Apr. 2017 - X ZB 3/17

bei uns veröffentlicht am 04.04.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 3/17 Verkündet am: 4. April 2017 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Vergabenachprüfungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 15. Sept. 2016 - 7 L 2411/16

bei uns veröffentlicht am 15.09.2016

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Antrag der Beigeladenen zu 2. und 3. auf Aussetzung des Verfahrens wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. Die außer

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 18. Dez. 2015 - 3 S 2424/15

bei uns veröffentlicht am 18.12.2015

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. November 2015 - 5 K 5183/15 - wird zurückgewiesen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 22. Okt. 2014 - 6 C 7/13

bei uns veröffentlicht am 22.10.2014

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen die automatisierte Erfassung und den automatisierten Abgleich seiner jeweiligen Kraftfahrzeugkennzeichen mit polizeilichen Fahn

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 19. Sept. 2014 - 5 B 226/14

bei uns veröffentlicht am 19.09.2014

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 29. Januar 2014 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5

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Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.

(1) Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies gilt auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist.

(2) Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information nach Absatz 1 geschlossen werden. Wird die Information auf elektronischem Weg oder per Fax versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter und Bewerber kommt es nicht an.

(3) Die Informationspflicht entfällt in Fällen, in denen das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen besonderer Dringlichkeit gerechtfertigt ist. Im Fall verteidigungs- oder sicherheitsspezifischer Aufträge können öffentliche Auftraggeber beschließen, bestimmte Informationen über die Zuschlagserteilung oder den Abschluss einer Rahmenvereinbarung nicht mitzuteilen, soweit die Offenlegung den Gesetzesvollzug behindert, dem öffentlichen Interesse, insbesondere Verteidigungs- oder Sicherheitsinteressen, zuwiderläuft, berechtigte geschäftliche Interessen von Unternehmen schädigt oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen beeinträchtigen könnte.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 3/17 Verkündet am:
4. April 2017
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Postdienstleistungen
a) Es steht einer transparenten und wettbewerbskonformen Auftragsvergabe regelmäßig nicht
entgegen, wenn der öffentliche Auftraggeber für die Erfüllung qualitativer Wertungskriterien
Noten mit zugeordneten Punktwerten vergibt, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere
konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl konkret
abhängen soll.
b) Ein Wertungsschema, bei dem die Qualität der Leistungserbringung und der nach der einfachen
linearen Methode in Punkte umzurechnende Preis mit jeweils 50% bewertet werden, ist
ohne Weiteres auch dann nicht vergaberechtswidrig, wenn nur eine Ausschöpfung der Punkteskala
in einem kleinen Segment (hier: 45 bis 50 von 50 möglichen Punkten) zu erwarten
ist. Die Wahl einer bestimmten Preisumrechnungsmethode kann vergaberechtlich nur beanstandet
werden, wenn sich gerade ihre Heranziehung im Einzelfall aufgrund besonderer
Umstände als mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar erweist.
c) Der Gefahr einer Überbewertung qualitativer Wertungskriterien zum Nachteil einzelner Bieter
ist durch eingehende Dokumentation des Wertungsprozesses zu begegnen. Die Nachprüfungsinstanzen
untersuchen auf Rüge die Benotung des Angebots des Antragstellers als
solche und in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere zu demjenigen des Zuschlagsprätendenten
, und darauf hin, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung
des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.
a) Der Beschwerdegegner kann sich im Vergabenachprüfungsverfahren bis zum Ablauf der
ihm gesetzten Frist zur Beschwerdeerwiderung der Beschwerde gegen die Entscheidung der
Vergabekammer anschließen.
b) Im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 GWB kann die Beschwerde
nach Beginn der mündlichen Verhandlung nur mit Einwilligung des Gegners zurückgenommen
werden.
BGH, Beschluss vom 4. April 2017 - X ZB 3/17 - OLG Dresden
Vergabekammer Sachsen
ECLI:DE:BGH:2017:040417BXZB3.17.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. April 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Bacher und Hoffmann und die Richterin Schuster

beschlossen:
Der Beschluss des Vergabesenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 2. Februar 2017 wird im Ausspruch zu 1 aufgehoben. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen vom 23. November 2016 wird zurückgewiesen. Auf die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird dieser Beschluss aufgehoben, soweit darin zu ihrem Nachteil entschieden worden ist; der Nachprüfungsantrag wird auch insoweit zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat die Kosten des Nachprüfungsverfahrens beider Instanzen zu tragen. Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin deren zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendige Aufwendungen zu ersetzen. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin auch vor der Vergabekammer wird für notwendig erklärt. Der Beschwerdewert wird auf 360.000 Euro festgesetzt.

Gründe:


I.


1. Das vorliegende Nachprüfungsverfahren bezieht sich auf den von
1
der Antragsgegnerin im offenen Verfahren ausgeschriebenen Abschluss von Rahmenverträgen über Postdienstleistungen in zwei Losen (Brief- und Paketpost ) für die Dauer von sechs Jahren. Der Auftragnehmer soll das komplette Leistungsspektrum von der Abholung der Sendungen bei der Antragsgegnerin über alle erforderlichen Zwischenschritte bis zur Zustellung an die Empfänger erbringen und dabei in der Organisation der Zwischenschritte und des Erfolgs - etwa durch Eigenleistung oder über Nachunternehmer/Dienstleister - in gewisser Weise frei sein; von der Antragsgegnerin vorgegeben sind der Zustand der Sendungen bei Abholung und die Ablieferung innerhalb einer bestimmten Zeit an die Empfänger in einer bestimmten Sendungsform sowie bestimmte Berichtspflichten (Sendungsverfolgung, Meldungen des Sendeaufkommens etc.).
Den Zuschlag soll das wirtschaftlichste Angebot erhalten. Als Zuschlags2 kriterien sind mit jeweils 50% der Preis und die Qualität der Leistungserbringung angegeben. Für Letztere als zweites Zuschlagskriterium sind in den Vergabeunterlagen drei Unterkriterien mit jeweils zugeordneten Prozentwerten gebildet, und zwar:
1. Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen (15%) 2. Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung (25%) und 3. Zustellzeiten (10%).
3
Die Bieter sollen mit ihrem Angebot auf zwei bzw. vier Seiten darstellen, wie sie die Schwankungen im Sendungsaufkommen zu bewältigen und die effektive Leistungserbringung sicherzustellen gedenken. Dafür können beim ersten Unterkriterium maximal 15 Punkte und beim zweiten - das in den Vergabeunterlagen nochmals in vier Unterpunkte aufgegliedert ist (unten Rn. 45) - bis zu 25 Punkte errungen werden, außerdem bis zu 10 Punkte für die Zustellzeiten. Die Vergabestelle benotet die schriftlichen Darstellungen auf einer Skala von ungenügend (0 Punkte) über mangelhaft (1 Punkt), ausreichend (2 Punkte), befriedigend (3 Punkte) und gut (4 Punkte) bis zu sehr gut (5 Punkte). Die so erlangte Punktzahl wird dann mit dem Faktor 3 beim ersten und dem Faktor 5 beim zweiten Unterkriterium multipliziert. Bei der Laufzeit erhalten die Bieter zwischen 0 und 10 Punkten je nach
4
dem Anteil der am auf den Einlieferungstag folgenden Tag ("E+1") zugestellten Briefsendungen, was nach näheren Vorgaben nachzuweisen ist. Die Punktewerte aller Unterkriterien werden anschließend für die Wertung mit den beim Preiskriterium erzielten Punktwert (unten Rn. 29) addiert. Der Auftrag wurde am 20. August 2016 im Supplement zum Amtsblatt
5
der EU veröffentlicht; am 30. August 2016 rügte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin, soweit für das Beschwerdeverfahren von Interesse, der Angebotspreis sei im Verhältnis zur Qualitätsbewertung untergewichtet und die Bewertungsmatrix intransparent.
6
2. Die Vergabekammer hat die Berechnungsformel für die Bestimmung der bezüglich des Preiskriteriums erzielten Anzahl von Punkten für vergaberechtskonform erachtet, eine Verletzung der Antragstellerin in ihren Rechten (§ 168 Abs. 1 Satz 1 GWB) aber in der Verwendung des Systems zur Bewertung der Qualität in Bezug auf die ersten beiden Unterkriterien gesehen. Die Vergabekammer hält dieses für intransparent und hat insoweit bemängelt, aus den Vergabeunterlagen gehe nicht hinreichend deutlich hervor, in welcher Hinsicht die Antragsgegnerin Angaben zur Bewältigung der Schwankungen im Sendungsaufkommen bzw. bei den Auftragsspitzen erwarte, und, das Bewertungssystem lasse im Zusammenspiel mit diesem unzulänglich dargestellten Erwartungshorizont nicht erkennen, welcher Zielerfüllungsgrad nötig sei, um für ein Konzept einen bestimmten Punktwert zu erreichen. Entsprechendes gelte für das zweite Kriterium der Sicherstellung einer effektiven und reibungslosen Leistungserbringung; auch insoweit sei nicht ersichtlich, wovon die zu erzielende Punktzahl im vorzulegenden Konzept abhänge.
7
3. Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeschrift ist der Antragsgegnerin am 12. Dezember 2016 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 5. Januar 2017 zugestellt worden.
8
Mit ihrer am 28. Dezember 2016 beim Oberlandesgericht eingegangenen Beschwerdeerwiderung hat die Antragsgegnerin die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde beantragt und sich dem Rechtsmittel der Antragsgegnerin zugleich mit dem Antrag angeschlossen, den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben , soweit hinsichtlich der Verwendung der Unterkriterien "Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen" und "Sicherstellung einer effektiven und reibungslosen Auftragserbringung" zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.
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4. Der Vergabesenat hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen und die Sache im Übrigen dem Bundesgerichtshof vorgelegt. Er erachtet die Anschlussbeschwerde für begründet und möchte den Nachprüfungsantrag auch insoweit zurückweisen. Daran sieht er sich durch die Recht- sprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf gehindert, das im Zusammenhang mit der Erfüllung von Wirtschaftlichkeitskriterien eine Bewertung mit Punkten oder Noten ("Schulnoten") auch bei Verwendung von Unterkriterien ohne diesbezügliche ergänzende Erläuterungen nicht für zulässig erachte, weil dies nicht im Voraus erkennen lasse, welchen Erfüllungsgrad ("Zielerreichungsgrad") die Angebote aufweisen müssten, um mit den jeweils festgelegten Punkten bewertet zu werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - Verg 25/15, VergabeR 2016, 487, 489 f.; Beschluss vom 15. Juni 2016 - Verg 49/15, VergabeR 2016, 762, 767 f.).

II.


10
Der Bundesgerichtshof hat aufgrund der zulässigen Divergenzvorlage ungeachtet der nur teilweisen Vorlage der Sache und ungeachtet der von der Antragstellerin erklärten Rücknahme der Beschwerde über die Beschwerde und über die Anschlussbeschwerde zu entscheiden.
11
1. Die Sache ist dem Bundesgerichtshof mit dem Vorlagebeschluss insgesamt angefallen und nicht nur im Umfang der Anschlussbeschwerde. Im Interesse der Rechtssicherheit und Klarheit ist der Beschluss des Vergabesenats deshalb aufzuheben, soweit er die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin betrifft (Ausspruch zu 1).
12
a) Die Beschränkung der Divergenzvorlage auf einen Teil des Streitstoffs des Beschwerdeverfahrens ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur in dem Maße zulässig, in dem im Zivilprozess ein Teilurteil ergehen oder - was hier nicht einschlägig ist, weil es um Rechtsmittel unterschiedlicher Beteiligter geht - die Revision wirksam beschränkt werden könnte (BGH, Beschluss vom 20. März 2014 - X ZB 18/13, VergabeR 2014, 538 Rn. 13 - Fahrbahnerneuerung I). Der Vergabesenat hat dies zwar im Ausgangspunkt nicht verkannt. Seine Annahme, ein Teilbeschluss sei zulässig, berücksichtigt aber nicht hinreichend, dass der Bundesgerichtshof grundsätzlich nicht lediglich die Vorlagefragen abstrakt beantwortet, sondern anstelle des Oberlandesgerichts in der Sache entscheidet, wenn kein Fall von § 179 Abs. 2 Satz 3 GWB vorliegt, und in diesem Rahmen die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilbeschlusses nicht vorliegen.
13
b) Ein Teilurteil (§ 301 ZPO) darf nach ständiger Rechtsprechung auch bei grundsätzlicher Teilbarkeit des Streitgegenstandes nicht ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - besteht (BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, BGHZ 189, 356 Rn. 13; Urteil vom 9. Februar 2017 - I ZR 91/15, juris Rn. 23 - Flughafen Lübeck). Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ist bereits dann anzunehmen, wenn Urteilselemente , die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden können, unterschiedlich bewertet werden könnten (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2016 - XI ZR 305/14, BGHZ 210, 23 Rn. 29). Solche Gefahren bestehen im Streitfall bei Erlass eines Teilbeschlusses durch den Vergabesenat; dass der Bundesgerichtshof in derselben Instanz entscheidet und nicht als Rechtsmittelgericht, beruht auf der gesetzlichen Regelung und ist insoweit unerheblich.
14
Die vergaberechtliche Überprüfung der beiden paritätischen Wertungskriterien des Preises und der Qualität der Leistungserbringung kann zur Vermeidung von widersprüchlichen Beurteilungen nicht zwischen dem Bundesgerichtshof einerseits und dem Vergabesenat andererseits aufgeteilt werden. Die Antragstellerin macht unter anderem geltend, die Antragsgegnerin habe eine rechtswidrige Gewichtung zwischen den beiden Bewertungskriterien "Preis" und "Qualität" vorgenommen. Über diesen Angriff kann nur aufgrund einer umfassenden Abwägung dieser beiden Kriterien und ihres Verhältnisses zueinander entschieden werden. Dies schließt eine Teilentscheidung über die Zulässigkeit eines der beiden Kriterien aus. Erachtete der Vergabesenat beispielsweise, wie geschehen, das Preiskriterium als vergaberechtskonform und käme der Bundesgerichtshof in Bezug auf das Qualitätskriterium zum gegenteiligen Ergebnis, würde durch diese beiden Entscheidungen nicht komplementär und einheitlich insgesamt über die Wertungskriterien entschieden. Entsprechend verhielte es sich im umgekehrt gedachten Fall (Vergaberechtswidrigkeit des Preiskriteriums und -konformität der Qualitätsbewertung). Bei Gefahr solcher Widersprüche ist ein Teilbeschluss durch den Vergabesenat unzulässig.
15
2. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
16
a) Im Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist das Institut der Anschlussbeschwerde allerdings nicht positiv geregelt. Ihre Statthaftigkeit im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren ist in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und in der Fachliteratur gleichwohl von Anfang an bejaht worden (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 10. Januar 2000 - WVerg 1/99, BauR 2000, 1582, 1588; Thüringer OLG, Beschluss vom 5. Dezember 2001 - 6 Verg 4/01, VergabeR 2002, 256; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Mai 2002 - Verg 8-15/01 - juris Rn. 38; BayObLG, Beschluss vom 5. November 2002 - Verg 22/02, NZBau 2003, 342, 346; OLG Naumburg, Beschluss vom 26. Februar 2004 - 1 Verg 17/03, VergabeR 2004, 387, 390; Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 1. Aufl. Rn. 830; Beck'scher VOBKommentar /Gröning, 2001, § 116 GWB Rn. 17). Diese Auffassung ist zutreffend.
17
b) Die Anschlussbeschwerde ist auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
18
Der Senat hält mit dem vorlegenden Vergabesenat dafür, dass die Anschlussbeschwerde in Anlehnung an § 524 Abs. 2 Satz 2, § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO bis zum Ablauf der dem Beschwerdegegner - üblicherweise - für die Erwiderung auf die Beschwerde gesetzten Frist eingelegt und begründet werden kann (ebenso OLG Naumburg, VergabeR 2004, 387, 390). Zwar könnte die Einlegung der Anschlussbeschwerde zeitlich auch an starre Fristen geknüpft werden, etwa - in Anlehnung an die Frist für die Einlegung und Begründung der sofortigen Beschwerde gemäß § 172 Abs. 1 GWB - an eine solche von zwei Wochen ab Zustellung der Beschwerdeschrift (BayObLG, NZBau 2003, 342, 346) oder an eine solche von einem Monat ab Zustellung der Beschwerdebegründungsschrift (vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Für eine solche stärkere Beschränkung des Rechts zur Anschlussbeschwerde fehlt es aber angesichts des Schweigens des Gesetzes an einer hinreichenden Rechtfertigung; es erschiene zudem unter prozessökonomischen Gesichtspunkten wenig sinnvoll, für die Anschließung an das Rechtsmittel der Gegenseite eine andere Frist zu postulieren als die dem Beschwerdegegner für die Beschwerdeerwiderung gesetzte.
19
3. Die von der Antragstellerin am Schluss der mündlichen Verhandlung erklärte Rücknahme der Beschwerde ist wirkungslos, da die Antragsgegnerin der Rücknahme nicht zugestimmt hat. Entscheidet der Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 Satz 2 GWB anstelle des Oberlandesgerichts, kann die sofortige Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 565 Satz 2 ZPO ohne Einwilligung des Beschwerdegegners nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache zurückgenommen werden.
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a) Mit der Vorschrift des § 565 Satz 2 ZPO will der Gesetzgeber sicherstellen , dass der Rechtsmittelführer in einem Rechtsstreit, in dem die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder deshalb zugelassen worden ist, weil die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO), nach Beginn der mündlichen Verhandlung die höchstrichterliche Klärung der Rechtsfrage nicht mehr einseitig verhindern kann. Stimmt der Revisionsbeklagte einer Rücknahme des Rechtsmittels nicht zu, räumt das Gesetz ab diesem Zeitpunkt der höchstrichterlichen Entscheidung der Grundsatzfrage oder der Auflösung einer Divergenz Vorrang vor der Dispositionsbefugnis des Rechtsmittelklägers ein. Eine entsprechende Vorschrift für das Revisionsverfahren enthält etwa auch die Verwaltungsgerichtsordnung (§ 140 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
21
b) Dem Sinn und Zweck dieser Regelung entspricht eine entsprechende Anwendung, wenn der Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 Satz 2 GWB anstelle des Oberlandesgerichts im Vergabenachprüfungsverfahren entscheidet. Soweit das Gesetz dieses Verfahren nicht näher regelt, ist grundsätzlich auf die sachnächsten Vorschriften der Zivilprozessordnung zurückzugreifen, wie es, wie ausgeführt, beispielsweise bei der auf die Anschlussbeschwerde anzuwendenden Frist geboten ist. Der Bundesgerichtshof entscheidet nach § 179 Abs. 2 GWB, wenn das an sich zur Entscheidung berufene Oberlandesgericht von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will. Das Gesetz sieht mithin aus § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechenden Gründen eine höchstrichterliche Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung vor. Dass diese nicht in einem Revisionsoder Rechtsbeschwerdeverfahren erfolgt, ist lediglich dem Umstand geschuldet, dass das Gesetz das Vergabenachprüfungsverfahren besonders beschleunigen will. Gerade unter Berücksichtigung dieser Besonderheit des Vergabenachprüfungsverfahrens entspricht es aber dem Sinn und Zweck der Befassung des Bundesgerichtshofs mit der Sache, dass der Rechtsmittelführer die Entscheidung der Divergenzfrage nach Beginn der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof ohne Zustimmung des Rechtsmittelgegners nicht mehr verhindern kann.
22
4. Die Voraussetzungen des § 179 Abs. 2 Satz 1 GWB liegen vor.
23
a) Dies ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn das vorlegende Oberlandesgericht seiner Entscheidung als tragende Begründung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs tragenden Rechtssatz unvereinbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Januar 2017 - X ZB 10/16, NZBau 2017, 23 Rn. 6 - Notärztliche Dienstleistungen). So verhält es sich hier. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in seinen beiden vom vorlegenden Vergabesenat in Bezug genommenen Entscheidungen (OLG Düsseldorf, VergabeR 2016, 487 ff.; 762 ff.) in vergleichbaren Sachverhaltskonstellationen beanstandet , dass in den Vergabeunterlagen nicht näher aufgeschlüsselt und erläutert war, wodurch bzw. wofür die den einzelnen Unterkriterien zugeordneten Punktbewertungen oder Benotungen errungen werden konnten. Dazu würde sich das vorlegende Oberlandesgericht in Widerspruch begeben, wenn es in der von ihm befürworteten Weise entschiede.
24
b) Die Voraussetzungen für die Entscheidung durch den Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 GWB sind nicht nachträglich dadurch entfallen, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf in einer neueren Entscheidung von seiner zur Divergenzvorlage führenden Rechtsprechung Abstand genommen hat (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. März 2017 - Verg 39/16). Für eine "Rück- gabe" des Verfahrens an den vorlegenden Vergabesenat wegen Wegfalls der Vorlagevoraussetzungen ist nach der gesetzlichen Regelung kein Raum, weil der Bundesgerichtshof danach anstelle des Oberlandesgerichts entscheidet (§ 179 Abs. 2 Satz 2 GWB).

III.


25
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin hat hingegen Erfolg und führt auch insoweit zur Zurückweisung des Nachprüfungsantrags. Die von der Antragsgegnerin vorgesehenen Zuschlagskriterien stehen mit dem Gesetz in Einklang.
26
1. Die von der Antragsgegnerin für die Preisbewertung vorgesehene Methode hält - auch unter Berücksichtigung des sich durch die gewählten Zuschlagskriterien insgesamt eröffnenden Wertungsspielraums - der vergaberechtlichen Nachprüfung stand.
27
a) Die Antragstellerin meint, der Preis werde infolge der gewählten Berechnungsmethode entgegen den Vergabeunterlagen faktisch nicht mit 50 % berücksichtigt, sondern wettbewerbsverzerrend völlig entwertet. Diese Rüge geht an dem Erklärungsgehalt der Angaben in den Vergabeunterlagen zur Gleichbewertung von Preis und Qualität vorbei und greift deshalb nicht durch. aa) Wie die in den Vergabeunterlagen angekündigte paritätische Bewer28 tung von Preis und Qualitätskriterien zu verstehen ist, ergibt sich aus der Sicht der angesprochenen Bieter nicht durch isolierte Interpretation dieser Angaben, sondern unter Berücksichtigung der gesamten Erläuterungen der beabsichtigten Wertung in den Vergabeunterlagen. Danach ist erkennbar, wie die angekündigte jeweils hälftige Bewertung von Preis und Qualität gehandhabt werden soll, nämlich in der Weise, dass auf den günstigsten Preis einerseits und die bei der Qualität der Leistung maximal mögliche Bewertung andererseits jeweils die Hälfte der höchstens zu erreichenden Punktzahl entfällt. Die Bewertung des Preises mit 50% erfolgt danach durch Umrechnung
29
des Preises in einem Punktesystem mit maximal 50 Punkten. Der niedrigste Angebotspreis (Gesamtsumme sechs Jahre brutto) je Los erhält 50 Punkte. Zur Berechnung des Abstands der teureren Angebote wird der niedrigste Angebotspreis der in die letzte Wertungsstufe gelangten Angebote mit der maximal zu vergebenden Punktzahl (50 Punkte) multipliziert und das Ergebnis durch die jeweiligen höheren Angebotspreise der übrigen Bieter dividiert. Die Ankündigung der hälftigen Berücksichtigung des Preises ist deshalb für sich genommen nicht irreführend. bb) Der Rückgriff auf diese Bewertungsmethode kann der Antragsgegne30 rin vergaberechtlich auch nicht wegen seiner vermeintlichen wettbewerbsverzerrenden Wirkung verwehrt werden.
31
(1) Der Antragstellerin ist allerdings zuzugeben, dass unter der von ihr angenommenen Prämisse, der Wettbewerb lasse eine Spreizung der Angebotspreise von allenfalls 10 % erwarten, die gesamte Punkteskala nicht annähernd ausgeschöpft, sondern nur der Bereich zwischen 50 und etwa 45 Punkten belegt werden dürfte. Das vergaberechtlich erfahrene Oberlandesgericht teilt diese Einschätzung. Sie erscheint auch in Anbetracht des beiderseitigen Vorbringens zu den Rabattspannen der Deutschen Post AG gegenüber sogenannten Konsolidierungsunternehmen für vorsortiert angelieferte Massensendungen durchaus plausibel. Den eingereichten Unterlagen zufolge hat die Deutsche Post 2016 insoweit etwa bei Einlieferungen ab 250 Briefen im regionalen Versand zwar einen Rabatt von 45 % auf das reguläre Porto gewährt.
Dieser Rabattierung bei Konsolidierungsleistungen müssen aber die Preisgestaltungsmöglichkeiten von Konkurrenten der Deutschen Post im Wettbewerb um den vorliegend ausgeschriebenen Auftrag schon deshalb nicht entsprechen, weil sie auch Beiträge zu den eigenen Fixkosten erwirtschaften und, wenn sie, wie die Antragstellerin, nur im regionalen Bereich eigene Zusteller einsetzen können, im überregionalen Versand Subunternehmer einschalten und bezahlen müssen.
32
(2) Auch wenn bei der Preisbewertung nach der hier eingesetzten "einfachen linearen Methode" eine volle Ausschöpfung der Punkteskala nicht annähernd zu erwarten ist, rechtfertigt das nicht, der Antragsgegnerin ihre Anwendung zu untersagen. Diese durchaus gängige Methode (vgl. dazu Krohn in: von Wietersheim (Hrsg.) "Vergabe von Postdienstleistungen", Schriftenreihe des forum vergabe e.V., S. 164) kann nicht per se als vergaberechtswidrig bewertet werden. Das gilt umso mehr, als in der Fachliteratur nachvollziehbar aufgezeigt wird, dass auch andere Bewertungsmethoden unter Umständen zu als unbillig oder widersprüchlich empfundenen Ergebnissen führen können (vgl. etwa Kiiver /Kodym, NZBau 2015, 59; Bartsch/von Gehlen/Hirsch, NZBau 2012, 393; Roth, NZBau 2011, 75; Schneider, NZBau 2002, 555 und dazu OLG Düsseldorf , NZBau 2002, 578 ff.) und dem Auftraggeber insoweit nicht ohne Weiteres angesonnen werden kann, sich für oder gegen eine alternative Berechnungsmethode zu entscheiden. Mit einer Diskrepanz zwischen der Spreizung der zu erwartenden Angebotspreise und der Spreizung der zu erwartenden Qualitätsbewertungen bringt der Auftraggeber zum Ausdruck, dass er der Qualität der Leistung erhebliches Gewicht beimessen und einen etwas niedrigeren Preis gegebenenfalls geringer gewichten will als ein qualitativ etwas besseres Angebot ; dies ist für sich genommen nicht rechtswidrig. In welchem Umfang eine solche Diskrepanz auftritt, hängt überdies vom Einzelfall und von dem Spielraum ab, den insoweit die Kriterien bieten, nach denen die Qualität der angebo- tenen Leistungen zu bewerten ist. Das Argument der Antragstellerin, selbst ein den niedrigsten um das Fünfzigfache übersteigender Preis erhalte immer noch einen Punkt, ist deshalb für das Verhältnis zwischen Preis- und Qualitätsbewertung ohne Aussagekraft.
33
b) Unter diesen Umständen kann die Wahl einer bestimmten Preisumrechnungsmethode vergaberechtlich vielmehr nur beanstandet werden, wenn sich gerade ihre Heranziehung im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände als mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar erwiese. Das lässt sich im Streitfall indes nicht feststellen. Die Preisbewertungsmethode begegnet auch in der Gesamtschau unter Einschluss der Qualitätskriterien nicht solchen vergaberechtlichen Bedenken, dass die Verwendung des vorgesehenen Wertungsschemas zur Vermeidung von Rechtsverletzungen einzelner Bieter und Schädigung ihrer geschützten Interessen (vgl. § 168 Abs. 1 Satz 1 GWB) untersagt werden müsste.
34
aa) Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Dieses bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis (§ 127 Abs. 1 Satz 1, 3 GWB). Grundlage dafür ist eine Bewertung des öffentlichen Auftraggebers , ob und inwieweit die Angebote die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllen (§ 127 Abs. 1 Satz 2 GWB). Die Zuschlagskriterien spiegeln dementsprechend wider, wie der Auftraggeber im jeweiligen Vergabeverfahren das Preis-Leistungs-Verhältnis bewerten möchte, wenn sich bei den Angebotspreisen einerseits und der Qualität des Angebots andererseits unterschiedliche Rangfolgen ergeben. Hierfür ist ihm ein weiter Beurteilungs- und Handlungsspielraum eröffnet; der Auftraggeber muss seinen Beschaffungsbedarf in den Schranken wirtschaftlicher und fiskalischer Vernunft und der aus § 97 GWB abzuleitenden Regeln für den Vergabewettbewerb frei definieren können; zu die- ser Definition gehört auch, welche Qualität die Leistung vorzugsweise haben soll.
35
Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes vom 17. Februar 2017 (BGBl. I S. 203) sind ihm dabei insoweit Grenzen gesetzt, als der Preis bzw. die Kosten in der Angebotswertung zwingend berücksichtigt werden müssen (vgl. BT-Drucks. 18/6281 S. 111 zu § 127 Abs. 1 RegE VergRModG). Diese Sichtweise stimmt mit der Richtlinie 2014/24 EU über die öffentliche Auftragsvergabe überein (vgl. dort Erwägungsgrund 90 Abs. 1, 92 Abs. 3). Sind zwei Angebote qualitativ in jeder Hinsicht gleichwertig, ist der Zuschlag zwingend auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen. Neben dem Preis bzw. den Kosten kann der öffentliche Auftraggeber eine Vielzahl qualitativer Zuschlagskriterien festlegen (§ 127 Abs. 1 Satz 4 GWB), die grundsätzlich umso größeres Gewicht haben sollen, desto weniger es sich bei dem nachgefragten Wirtschaftsgut um eine marktübliche, standardisierte Leistung handelt. Eine allzu einseitige Ausrichtung am Preis birgt, worauf auch der Bundesgerichtshof hingewiesen hat, die Gefahr, dass Vergabeentscheidungen getroffen werden, die sich letztlich als unwirtschaftlich erweisen, weil sie qualitativen Unterschieden der Leistung nicht Rechnung tragen (BGH, NZBau 2017, 230 Rn. 21 - Notärztliche Dienstleistungen).
36
bb) Im Streitfall geht es zwar mit Postdienstleistungen um die Beschaffung vergleichsweise weitgehend standardisierter Leistungen (unten Rn. 40). Aber auch bei einer in dieser Weise geprägten Nachfrage ist der öffentliche Auftraggeber nicht gehindert, Qualitätskriterien in die Wertung einfließen zu lassen (BT-Drucks. 18/6281 aaO) und die Bewertung der Angebote, wie im Streitfall, in erheblichem Maße davon abhängig zu machen, inwieweit kontinuierlich eine zügige und reibungslose Erbringung der Dienstleistung mit möglichst geringem Reklamationsaufkommen gewährleistet ist.
37
Dabei kann ein hoher Einfluss von Qualitätskriterien auf die Zuschlagsentscheidung , wie er im Streitfall zu verzeichnen ist, unter Umständen einzelnen Anbietern, namentlich dem ressourcenstarken früheren Inhaber eines Monopols , mehr als anderen Bewerbern entgegenkommen. Dieser Umstand lässt die Verwendung des von der Antragsgegnerin konzipierten Wertungsschemas für sich genommen aber noch nicht als vergaberechtswidrig erscheinen. Öffentliche Auftraggeber sind zwar generell verpflichtet, ihren Bedarf in transparentem Wettbewerb unter Gleichbehandlung der Bieter zu decken (§ 97 Abs. 1, 2 GWB). Es stellt für sich ohne Weiteres aber noch keine vergaberechtlich zu beanstandende Ungleichbehandlung dar, wenn ein Wertungsschema, das ein öffentlicher Auftraggeber in der Position der Antragsgegnerin anwendet, der selbst nur Nachfrager ohne eigene Regulierungsverantwortung ist und grundsätzlich die für ihn bestmögliche Bedarfsdeckung anstreben darf, qualitative Gesichtspunkte der Leistungserbringung wie geschehen hervorhebt.
38
cc) Die Grenze zur Vergaberechtswidrigkeit der Verwendung eines solchen Wertungsschemas wäre überschritten, wenn qualitativen Wertungskriterien einzeln oder in ihrer Gesamtheit ein Gewicht zugemessen würde, das sachlich nicht zu rechtfertigen ist und deshalb die Annahme nahelegt, dass die Kriterien so ausgestaltet wurden, dass nur ein oder einzelne Unternehmen realistische Aussichten auf den Zuschlag haben, während andere Anbieter trotz Vergabe im offenen Verfahren (§ 119 Abs. 3 GWB) und objektiv gegebener Eignung (§ 122 GWB) von vornherein chancenlos wären. In einer solchen Fallgestaltung würden die Wertungskriterien bei der gebotenen wertenden Betrachtung der Sache nach Eignungskriterien bilden und bestimmte Bieter entgegen den für das offene Verfahren geltenden Grundsätzen ausschließen. Dafür, dass dies im Streitfall der Fall wäre, hat die Antragstellerin jedoch nichts geltend gemacht , und hierfür ist auch nichts erkennbar.
39
2. Auch die vorgesehene Methode der Qualitätsbewertung ist entgegen der Auffassung der Vergabekammer nicht zu beanstanden. Im Streitfall steht es einer transparenten und wettbewerbskonformen Auftragsvergabe (§ 97 Abs. 1 Satz 1 GWB) nicht entgegen, dass die von den Bietern vorgelegten Konzepte für die Kompensation von Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen und zur Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung im Rahmen der Angebotswertung benotet werden und einen der jeweiligen Note zugeordneten Punktwert erhalten, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl für das Konzept konkret abhängen soll. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen.
40
a) Gegenstand des Vergabeverfahrens sind im Streitfall mit der Abholung , Weiterleitung und Zustellung postalischer Sendungen weitgehend standardisierte Dienstleistungen (oben Rn. 36), die im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses in mehr oder minder massenhafter Wiederkehr zu erbringen sind. Die bis zur Aushändigung jeder einzelnen Sendung an den jeweiligen Empfänger zu erbringenden Einzelleistungen von der Abholung und Beförderung von Brief- oder Paketsendungen bis hin zu deren Ablieferung beim Empfänger sind für sich und in ihrer Abfolge in den Vergabeunterlagen konkret und erschöpfend beschrieben.
41
b) Soweit die Bieter ihre Konzepte für die Erfüllung der QualitätsUnterkriterien schriftlich darstellen sollen, hat der Wettbewerb partiell das Gepräge eines Vergabeverfahrens mit funktionaler Leistungsbeschreibung (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 VgV, vgl. dazu Prieß/Simonis in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VgV, § 31 Rn. 14). Gegenstand der Wertung sind insoweit die vom einzelnen Bieter zur Bewältigung eines deutlich überdurchschnittlichen Anfalls von Sendungen vorgesehenen Vorkehrungen zur Gewährleistung einer insgesamt gleichwohl zeitnahen Zustellung. Sinngemäß das Gleiche gilt für die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen gemäß den Anforderungen der Vergabeunterlagen zum Unterkriterium der Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung.
42
Gegenstand der Angebotswertung ist insoweit in einem ersten Schritt die prognostische Beurteilung, ob bzw. inwieweit die aus den Konzepten ersichtlichen Maßnahmen zur Bewältigung von Auftragsspitzen bzw. Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung beitragen können. Je nachdem, in welchem Maße die Lösungsvorschläge aus Sicht der Antragsgegnerin insoweit Erfolg versprechen, erhält das jeweilige Konzept in einem zweiten Schritt eine entsprechende Benotung und die nach dem Schlüssel in den Vergabeunterlagen zu errechnende Punktzahl.
43
c) Die von der Vergabekammer geforderten weiteren Erläuterungen der Auftraggeberin zu ihren Erwartungen an die Inhalte des einzureichenden Konzepts sind rechtlich nicht geboten.
44
aa) Dass das Unterkriterium "Schwankungen im Sendungsaufkommen/ Auftragsspitzen" auf die Sicherstellung einer möglichst rückstaufreien Bewältigung der angefallenen Post auch in Spitzenlastzeiten zielt, versteht sich für die Bieter von selbst. Infolge der ergänzenden Informationen in den Vergabeunterlagen , dass bei Los 1 im Tagesdurchschnitt ein Aufkommen von ca. 8.000 Sendungen zu erwarten sei, es jedoch zu Abweichungen von bis zu 40% kommen könne, etwa wenn zu einem vom Auftraggeber vorgegebenen Stichtag teilweise bis zu mehrere tausend Sendungen mit Gebühren- oder Grundsteuerbescheiden gleichzeitig versendet und mit dem Datum dieses Tages frei gemacht werden müssten, und dass Los 2 durchschnittlich 30 Paketsendungen täglich betreffe, die tatsächliche Anzahl aber zwischen 5 und 100 Paketen schwanken könne, können die Bieter sich ein Bild davon machen, wofür ihr Konzept eine taugliche Lösung anbieten muss.
45
bb) Entsprechendes gilt für das zweite Unterkriterium der Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung mit Blick darauf, dass in der Leistungsbeschreibung folgende Unterpunkte gebildet sind: - Sicherstellung der Zustellung in Häusern, bei denen aufgeschlossen bzw. geklingelt werden muss; - Reaktionsweise bei Notfällen wie Personal- oder Fahrzeugausfällen oder extremen Wetterbedingungen; - Reklamationsmanagement und Reklamations- und Erreichbarkeitszeiten ; - internes Qualitätsmanagement zur Gewährleistung der anforderungsgerechten Leistungserbringung (unter anderem Darstellung des Umgangs von [gemeint: mit] betriebsinternen Änderungen bezüglich Software oder eingesetzter Technik sowie sonstige Weiterbildungsmaßnahmen).
46
Damit werden den Bietern die Anforderungen der Antragsgegnerin unter Transparenzgesichtspunkten hinreichend verdeutlicht. Die Forderung der Vergabekammer nach Unterlegung der erzielbaren Noten bzw. Punkte mit konkretisierenden Informationen zu den von der Antragsgegnerin mit der Erfüllung der Unterkriterien verbundenen Erwartungen läuft darauf hinaus, ihr die Durchführung eines partiell anderen Vergabeverfahrens aufzuerlegen, als es ihren eigentlichen Intentionen entspricht, und den Bietern direkt oder mittelbar Lösungskomponenten vorzugeben, die diese zwangsläufig aufgreifen würden, um in der Angebotswertung bestehen zu können. Damit würde die Antragsgegnerin gezwungen, Aufgaben zu übernehmen, deren Lösung sie im Rahmen der funktionalen Ausschreibung in vergaberechtlich unbedenklicher Weise auf die Bieter delegieren wollte.
47
Diese Bewertung steht im Übrigen in Einklang mit der neuesten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - C-6/15, VergabeR 2016, 721 - Dimarso), die auch das Oberlandesgericht Düsseldorf zum Anlass für die Korrektur seiner Rechtsprechung genommen hat.
48
d) Ob es unter außergewöhnlichen Umständen, etwa wenn die Komplexität des Auftragsgegenstands besonders vielschichtige Wertungskriterien erforderlich macht, bei Verwendung eines Benotungs- oder Punktbewertungssystems durch die Vergabestelle zur Vermeidung einer intransparenten Wertung erforderlich sein könnte, dass der Auftraggeber seine Vorstellungen oder Präferenzen zum denkbaren Zielerreichungsgrad erläutert und damit Anhaltspunkte für eine günstige oder ungünstige Benotung vorgibt, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

IV.


49
Für den Fall, dass die Antragsgegnerin den Auftrag im ausgeschriebenen Vergabeverfahren, in dem die ursprüngliche Frist zur Abgabe der Angebote bis zum 3. November 2016 bemessen war, oder in einem neuen Verfahren mit gleichen Wertungskriterien vergeben möchte, weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin.
50
1. Von der Frage der generellen Zulässigkeit des zugrunde gelegten Wertungsschemas zu trennen ist die Frage der Vergaberechtskonformität der auf seiner Grundlage durchgeführten Wertung.
51
Mit dem hohen Stellenwert der Qualität der Leistungserbringung für die Zuschlagserteilung in diesem Wertungssystem geht die Verpflichtung der Vergabestelle zu einer besonders sorgfältigen Benotung der vorgelegten Konzepte einher. Auf das Unterkriterium der Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung entfällt ein Viertel aller überhaupt erreichbaren Wertungspunkte. Es wird in den Vergabeunterlagen mit dem großen Interesse an einer effektiven Leistungserbringung begründet, die die amtlichen Betriebsabläufe möglichst nicht stört. An diesem das Qualitätskriterium begründenden und damit für die Wirtschaftlichkeit der Beschaffung ausschlaggebenden Interesse der Antragsgegnerin wird sich die Benotung auszurichten haben. Beispielsweise können Unterschiede im internen Qualitätsmanagement unterschiedliches Gewicht haben oder gar ohne Bedeutung sein, wenn es fernliegt, dass sie das Qualitätsinteresse der Antragsgegnerin berühren könnten.
52
2. Der Gefahr, dass die Offenheit des im Streitfall vorgesehenen Wertungsschemas zu einer nicht hinreichend transparenten Vergabe führt, ist durch eingehende Dokumentation des Wertungsprozesses zu begegnen.
53
Der Auftraggeber ist verpflichtet, die Gründe für die Auswahlentscheidung und den Zuschlag zu dokumentieren (§ 8 Abs. 1 Satz 2 VgV). Insbesondere dann, wenn er sich dafür, wie im Streitfall, eines aus Preis und qualitativen Aspekten zusammengesetzten Kriterienkatalogs bedient, bei dem die Angebote hinsichtlich der Qualitätskriterien mittels eines Benotungssystems bewertet werden und die Bewertungsmethode des Preises nur enge Kompensationsmöglichkeiten für qualitative Abzüge erwarten lässt (oben Rn. 31), muss der Auftraggeber seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind. Wird die Auswahlentscheidung zur Vergabenachprüfung gestellt, untersuchen die Nachprüfungsinstanzen auf Rüge gerade auch die Benotung des Angebots des Antragstellers als solche und in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere demjenigen des Zuschlagsprätendenten. Auch wenn dem öffentlichen Auftraggeber bei der Bewertung und Benotung ein Beurteilungsspielraum zustehen muss, sind seine diesbezüglichen Bewertungsentscheidungen in diesem Rahmen insbesondere auch darauf hin überprüfbar, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.

V.


54
Die Kostenentscheidung folgt aus § 182 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 und 2 analog, § 78 GWB. Die von den Beteiligten nicht angefochtene Gebührenfestsetzung durch die Vergabekammer bleibt unberührt.
Meier-Beck Gröning Bacher
Hoffmann Schuster
Vorinstanz:
OLG Dresden, Entscheidung vom 02.02.2017 - Verg 7/16 -

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten stellt das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung der elektronischen Dokumente oder der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Verweigert eine oberste Bundesbehörde die Vorlage, Übermittlung oder Auskunft mit der Begründung, das Bekanntwerden des Inhalts der Urkunden, der Akten, der elektronischen Dokumente oder der Auskünfte würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht; Gleiches gilt, wenn das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 für die Hauptsache zuständig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Dieses gibt den Antrag und die Hauptsacheakten an den nach § 189 zuständigen Spruchkörper ab. Die oberste Aufsichtsbehörde hat die nach Absatz 1 Satz 2 verweigerten Urkunden oder Akten auf Aufforderung dieses Spruchkörpers vorzulegen, die elektronischen Dokumente zu übermitteln oder die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes der Übergabe der Urkunden oder Akten oder der Übermittlung der elektronischen Dokumente an das Gericht entgegenstehen, wird die Vorlage oder Übermittlung nach Satz 5 dadurch bewirkt, dass die Urkunden, Akten oder elektronischen Dokumente dem Gericht in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 5 vorgelegten Akten, elektronischen Dokumente und für die gemäß Satz 8 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 100 nicht. Die Mitglieder des Gerichts sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes. Soweit nicht das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann der Beschluss selbständig mit der Beschwerde angefochten werden. Über die Beschwerde gegen den Beschluss eines Oberverwaltungsgerichts entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Sätze 4 bis 11 sinngemäß.

(1) Die Beteiligten können die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Beteiligte können sich auf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge, Ausdrucke und Abschriften erteilen lassen.

(2) Werden die Prozessakten elektronisch geführt, wird Akteneinsicht durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Übermittlung des Inhalts der Akten auf einem sicheren Übermittlungsweg gewährt. Auf besonderen Antrag wird Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt. Ein Aktenausdruck oder ein Datenträger mit dem Inhalt der Akten wird auf besonders zu begründenden Antrag nur übermittelt, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse darlegt. Stehen der Akteneinsicht in der nach Satz 1 vorgesehenen Form wichtige Gründe entgegen, kann die Akteneinsicht in der nach den Sätzen 2 und 3 vorgesehenen Form auch ohne Antrag gewährt werden. Über einen Antrag nach Satz 3 entscheidet der Vorsitzende; die Entscheidung ist unanfechtbar. § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Werden die Prozessakten in Papierform geführt, wird Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt. Die Akteneinsicht kann, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen, auch durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Übermittlung des Inhalts der Akten auf einem sicheren Übermittlungsweg gewährt werden. Nach dem Ermessen des Vorsitzenden kann der nach § 67 Absatz 2 Satz 1 und 2 Nummer 3 bis 6 bevollmächtigten Person die Mitnahme der Akten in die Wohnung oder Geschäftsräume gestattet werden. § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(4) In die Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und Verfügungen, die Arbeiten zu ihrer Vorbereitung und die Dokumente, die Abstimmungen betreffen, wird Akteneinsicht nach den Absätzen 1 bis 3 nicht gewährt.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies gilt auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist.

(2) Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information nach Absatz 1 geschlossen werden. Wird die Information auf elektronischem Weg oder per Fax versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter und Bewerber kommt es nicht an.

(3) Die Informationspflicht entfällt in Fällen, in denen das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen besonderer Dringlichkeit gerechtfertigt ist. Im Fall verteidigungs- oder sicherheitsspezifischer Aufträge können öffentliche Auftraggeber beschließen, bestimmte Informationen über die Zuschlagserteilung oder den Abschluss einer Rahmenvereinbarung nicht mitzuteilen, soweit die Offenlegung den Gesetzesvollzug behindert, dem öffentlichen Interesse, insbesondere Verteidigungs- oder Sicherheitsinteressen, zuwiderläuft, berechtigte geschäftliche Interessen von Unternehmen schädigt oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen beeinträchtigen könnte.

Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies gilt auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist.

(2) Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information nach Absatz 1 geschlossen werden. Wird die Information auf elektronischem Weg oder per Fax versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter und Bewerber kommt es nicht an.

(3) Die Informationspflicht entfällt in Fällen, in denen das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen besonderer Dringlichkeit gerechtfertigt ist. Im Fall verteidigungs- oder sicherheitsspezifischer Aufträge können öffentliche Auftraggeber beschließen, bestimmte Informationen über die Zuschlagserteilung oder den Abschluss einer Rahmenvereinbarung nicht mitzuteilen, soweit die Offenlegung den Gesetzesvollzug behindert, dem öffentlichen Interesse, insbesondere Verteidigungs- oder Sicherheitsinteressen, zuwiderläuft, berechtigte geschäftliche Interessen von Unternehmen schädigt oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen beeinträchtigen könnte.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 3/17 Verkündet am:
4. April 2017
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Postdienstleistungen
a) Es steht einer transparenten und wettbewerbskonformen Auftragsvergabe regelmäßig nicht
entgegen, wenn der öffentliche Auftraggeber für die Erfüllung qualitativer Wertungskriterien
Noten mit zugeordneten Punktwerten vergibt, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere
konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl konkret
abhängen soll.
b) Ein Wertungsschema, bei dem die Qualität der Leistungserbringung und der nach der einfachen
linearen Methode in Punkte umzurechnende Preis mit jeweils 50% bewertet werden, ist
ohne Weiteres auch dann nicht vergaberechtswidrig, wenn nur eine Ausschöpfung der Punkteskala
in einem kleinen Segment (hier: 45 bis 50 von 50 möglichen Punkten) zu erwarten
ist. Die Wahl einer bestimmten Preisumrechnungsmethode kann vergaberechtlich nur beanstandet
werden, wenn sich gerade ihre Heranziehung im Einzelfall aufgrund besonderer
Umstände als mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar erweist.
c) Der Gefahr einer Überbewertung qualitativer Wertungskriterien zum Nachteil einzelner Bieter
ist durch eingehende Dokumentation des Wertungsprozesses zu begegnen. Die Nachprüfungsinstanzen
untersuchen auf Rüge die Benotung des Angebots des Antragstellers als
solche und in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere zu demjenigen des Zuschlagsprätendenten
, und darauf hin, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung
des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.
a) Der Beschwerdegegner kann sich im Vergabenachprüfungsverfahren bis zum Ablauf der
ihm gesetzten Frist zur Beschwerdeerwiderung der Beschwerde gegen die Entscheidung der
Vergabekammer anschließen.
b) Im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 GWB kann die Beschwerde
nach Beginn der mündlichen Verhandlung nur mit Einwilligung des Gegners zurückgenommen
werden.
BGH, Beschluss vom 4. April 2017 - X ZB 3/17 - OLG Dresden
Vergabekammer Sachsen
ECLI:DE:BGH:2017:040417BXZB3.17.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. April 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Bacher und Hoffmann und die Richterin Schuster

beschlossen:
Der Beschluss des Vergabesenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 2. Februar 2017 wird im Ausspruch zu 1 aufgehoben. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen vom 23. November 2016 wird zurückgewiesen. Auf die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird dieser Beschluss aufgehoben, soweit darin zu ihrem Nachteil entschieden worden ist; der Nachprüfungsantrag wird auch insoweit zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat die Kosten des Nachprüfungsverfahrens beider Instanzen zu tragen. Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin deren zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendige Aufwendungen zu ersetzen. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin auch vor der Vergabekammer wird für notwendig erklärt. Der Beschwerdewert wird auf 360.000 Euro festgesetzt.

Gründe:


I.


1. Das vorliegende Nachprüfungsverfahren bezieht sich auf den von
1
der Antragsgegnerin im offenen Verfahren ausgeschriebenen Abschluss von Rahmenverträgen über Postdienstleistungen in zwei Losen (Brief- und Paketpost ) für die Dauer von sechs Jahren. Der Auftragnehmer soll das komplette Leistungsspektrum von der Abholung der Sendungen bei der Antragsgegnerin über alle erforderlichen Zwischenschritte bis zur Zustellung an die Empfänger erbringen und dabei in der Organisation der Zwischenschritte und des Erfolgs - etwa durch Eigenleistung oder über Nachunternehmer/Dienstleister - in gewisser Weise frei sein; von der Antragsgegnerin vorgegeben sind der Zustand der Sendungen bei Abholung und die Ablieferung innerhalb einer bestimmten Zeit an die Empfänger in einer bestimmten Sendungsform sowie bestimmte Berichtspflichten (Sendungsverfolgung, Meldungen des Sendeaufkommens etc.).
Den Zuschlag soll das wirtschaftlichste Angebot erhalten. Als Zuschlags2 kriterien sind mit jeweils 50% der Preis und die Qualität der Leistungserbringung angegeben. Für Letztere als zweites Zuschlagskriterium sind in den Vergabeunterlagen drei Unterkriterien mit jeweils zugeordneten Prozentwerten gebildet, und zwar:
1. Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen (15%) 2. Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung (25%) und 3. Zustellzeiten (10%).
3
Die Bieter sollen mit ihrem Angebot auf zwei bzw. vier Seiten darstellen, wie sie die Schwankungen im Sendungsaufkommen zu bewältigen und die effektive Leistungserbringung sicherzustellen gedenken. Dafür können beim ersten Unterkriterium maximal 15 Punkte und beim zweiten - das in den Vergabeunterlagen nochmals in vier Unterpunkte aufgegliedert ist (unten Rn. 45) - bis zu 25 Punkte errungen werden, außerdem bis zu 10 Punkte für die Zustellzeiten. Die Vergabestelle benotet die schriftlichen Darstellungen auf einer Skala von ungenügend (0 Punkte) über mangelhaft (1 Punkt), ausreichend (2 Punkte), befriedigend (3 Punkte) und gut (4 Punkte) bis zu sehr gut (5 Punkte). Die so erlangte Punktzahl wird dann mit dem Faktor 3 beim ersten und dem Faktor 5 beim zweiten Unterkriterium multipliziert. Bei der Laufzeit erhalten die Bieter zwischen 0 und 10 Punkten je nach
4
dem Anteil der am auf den Einlieferungstag folgenden Tag ("E+1") zugestellten Briefsendungen, was nach näheren Vorgaben nachzuweisen ist. Die Punktewerte aller Unterkriterien werden anschließend für die Wertung mit den beim Preiskriterium erzielten Punktwert (unten Rn. 29) addiert. Der Auftrag wurde am 20. August 2016 im Supplement zum Amtsblatt
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der EU veröffentlicht; am 30. August 2016 rügte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin, soweit für das Beschwerdeverfahren von Interesse, der Angebotspreis sei im Verhältnis zur Qualitätsbewertung untergewichtet und die Bewertungsmatrix intransparent.
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2. Die Vergabekammer hat die Berechnungsformel für die Bestimmung der bezüglich des Preiskriteriums erzielten Anzahl von Punkten für vergaberechtskonform erachtet, eine Verletzung der Antragstellerin in ihren Rechten (§ 168 Abs. 1 Satz 1 GWB) aber in der Verwendung des Systems zur Bewertung der Qualität in Bezug auf die ersten beiden Unterkriterien gesehen. Die Vergabekammer hält dieses für intransparent und hat insoweit bemängelt, aus den Vergabeunterlagen gehe nicht hinreichend deutlich hervor, in welcher Hinsicht die Antragsgegnerin Angaben zur Bewältigung der Schwankungen im Sendungsaufkommen bzw. bei den Auftragsspitzen erwarte, und, das Bewertungssystem lasse im Zusammenspiel mit diesem unzulänglich dargestellten Erwartungshorizont nicht erkennen, welcher Zielerfüllungsgrad nötig sei, um für ein Konzept einen bestimmten Punktwert zu erreichen. Entsprechendes gelte für das zweite Kriterium der Sicherstellung einer effektiven und reibungslosen Leistungserbringung; auch insoweit sei nicht ersichtlich, wovon die zu erzielende Punktzahl im vorzulegenden Konzept abhänge.
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3. Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeschrift ist der Antragsgegnerin am 12. Dezember 2016 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 5. Januar 2017 zugestellt worden.
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Mit ihrer am 28. Dezember 2016 beim Oberlandesgericht eingegangenen Beschwerdeerwiderung hat die Antragsgegnerin die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde beantragt und sich dem Rechtsmittel der Antragsgegnerin zugleich mit dem Antrag angeschlossen, den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben , soweit hinsichtlich der Verwendung der Unterkriterien "Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen" und "Sicherstellung einer effektiven und reibungslosen Auftragserbringung" zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.
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4. Der Vergabesenat hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen und die Sache im Übrigen dem Bundesgerichtshof vorgelegt. Er erachtet die Anschlussbeschwerde für begründet und möchte den Nachprüfungsantrag auch insoweit zurückweisen. Daran sieht er sich durch die Recht- sprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf gehindert, das im Zusammenhang mit der Erfüllung von Wirtschaftlichkeitskriterien eine Bewertung mit Punkten oder Noten ("Schulnoten") auch bei Verwendung von Unterkriterien ohne diesbezügliche ergänzende Erläuterungen nicht für zulässig erachte, weil dies nicht im Voraus erkennen lasse, welchen Erfüllungsgrad ("Zielerreichungsgrad") die Angebote aufweisen müssten, um mit den jeweils festgelegten Punkten bewertet zu werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - Verg 25/15, VergabeR 2016, 487, 489 f.; Beschluss vom 15. Juni 2016 - Verg 49/15, VergabeR 2016, 762, 767 f.).

II.


10
Der Bundesgerichtshof hat aufgrund der zulässigen Divergenzvorlage ungeachtet der nur teilweisen Vorlage der Sache und ungeachtet der von der Antragstellerin erklärten Rücknahme der Beschwerde über die Beschwerde und über die Anschlussbeschwerde zu entscheiden.
11
1. Die Sache ist dem Bundesgerichtshof mit dem Vorlagebeschluss insgesamt angefallen und nicht nur im Umfang der Anschlussbeschwerde. Im Interesse der Rechtssicherheit und Klarheit ist der Beschluss des Vergabesenats deshalb aufzuheben, soweit er die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin betrifft (Ausspruch zu 1).
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a) Die Beschränkung der Divergenzvorlage auf einen Teil des Streitstoffs des Beschwerdeverfahrens ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur in dem Maße zulässig, in dem im Zivilprozess ein Teilurteil ergehen oder - was hier nicht einschlägig ist, weil es um Rechtsmittel unterschiedlicher Beteiligter geht - die Revision wirksam beschränkt werden könnte (BGH, Beschluss vom 20. März 2014 - X ZB 18/13, VergabeR 2014, 538 Rn. 13 - Fahrbahnerneuerung I). Der Vergabesenat hat dies zwar im Ausgangspunkt nicht verkannt. Seine Annahme, ein Teilbeschluss sei zulässig, berücksichtigt aber nicht hinreichend, dass der Bundesgerichtshof grundsätzlich nicht lediglich die Vorlagefragen abstrakt beantwortet, sondern anstelle des Oberlandesgerichts in der Sache entscheidet, wenn kein Fall von § 179 Abs. 2 Satz 3 GWB vorliegt, und in diesem Rahmen die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilbeschlusses nicht vorliegen.
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b) Ein Teilurteil (§ 301 ZPO) darf nach ständiger Rechtsprechung auch bei grundsätzlicher Teilbarkeit des Streitgegenstandes nicht ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - besteht (BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, BGHZ 189, 356 Rn. 13; Urteil vom 9. Februar 2017 - I ZR 91/15, juris Rn. 23 - Flughafen Lübeck). Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ist bereits dann anzunehmen, wenn Urteilselemente , die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden können, unterschiedlich bewertet werden könnten (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2016 - XI ZR 305/14, BGHZ 210, 23 Rn. 29). Solche Gefahren bestehen im Streitfall bei Erlass eines Teilbeschlusses durch den Vergabesenat; dass der Bundesgerichtshof in derselben Instanz entscheidet und nicht als Rechtsmittelgericht, beruht auf der gesetzlichen Regelung und ist insoweit unerheblich.
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Die vergaberechtliche Überprüfung der beiden paritätischen Wertungskriterien des Preises und der Qualität der Leistungserbringung kann zur Vermeidung von widersprüchlichen Beurteilungen nicht zwischen dem Bundesgerichtshof einerseits und dem Vergabesenat andererseits aufgeteilt werden. Die Antragstellerin macht unter anderem geltend, die Antragsgegnerin habe eine rechtswidrige Gewichtung zwischen den beiden Bewertungskriterien "Preis" und "Qualität" vorgenommen. Über diesen Angriff kann nur aufgrund einer umfassenden Abwägung dieser beiden Kriterien und ihres Verhältnisses zueinander entschieden werden. Dies schließt eine Teilentscheidung über die Zulässigkeit eines der beiden Kriterien aus. Erachtete der Vergabesenat beispielsweise, wie geschehen, das Preiskriterium als vergaberechtskonform und käme der Bundesgerichtshof in Bezug auf das Qualitätskriterium zum gegenteiligen Ergebnis, würde durch diese beiden Entscheidungen nicht komplementär und einheitlich insgesamt über die Wertungskriterien entschieden. Entsprechend verhielte es sich im umgekehrt gedachten Fall (Vergaberechtswidrigkeit des Preiskriteriums und -konformität der Qualitätsbewertung). Bei Gefahr solcher Widersprüche ist ein Teilbeschluss durch den Vergabesenat unzulässig.
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2. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
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a) Im Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist das Institut der Anschlussbeschwerde allerdings nicht positiv geregelt. Ihre Statthaftigkeit im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren ist in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und in der Fachliteratur gleichwohl von Anfang an bejaht worden (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 10. Januar 2000 - WVerg 1/99, BauR 2000, 1582, 1588; Thüringer OLG, Beschluss vom 5. Dezember 2001 - 6 Verg 4/01, VergabeR 2002, 256; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Mai 2002 - Verg 8-15/01 - juris Rn. 38; BayObLG, Beschluss vom 5. November 2002 - Verg 22/02, NZBau 2003, 342, 346; OLG Naumburg, Beschluss vom 26. Februar 2004 - 1 Verg 17/03, VergabeR 2004, 387, 390; Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 1. Aufl. Rn. 830; Beck'scher VOBKommentar /Gröning, 2001, § 116 GWB Rn. 17). Diese Auffassung ist zutreffend.
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b) Die Anschlussbeschwerde ist auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
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Der Senat hält mit dem vorlegenden Vergabesenat dafür, dass die Anschlussbeschwerde in Anlehnung an § 524 Abs. 2 Satz 2, § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO bis zum Ablauf der dem Beschwerdegegner - üblicherweise - für die Erwiderung auf die Beschwerde gesetzten Frist eingelegt und begründet werden kann (ebenso OLG Naumburg, VergabeR 2004, 387, 390). Zwar könnte die Einlegung der Anschlussbeschwerde zeitlich auch an starre Fristen geknüpft werden, etwa - in Anlehnung an die Frist für die Einlegung und Begründung der sofortigen Beschwerde gemäß § 172 Abs. 1 GWB - an eine solche von zwei Wochen ab Zustellung der Beschwerdeschrift (BayObLG, NZBau 2003, 342, 346) oder an eine solche von einem Monat ab Zustellung der Beschwerdebegründungsschrift (vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Für eine solche stärkere Beschränkung des Rechts zur Anschlussbeschwerde fehlt es aber angesichts des Schweigens des Gesetzes an einer hinreichenden Rechtfertigung; es erschiene zudem unter prozessökonomischen Gesichtspunkten wenig sinnvoll, für die Anschließung an das Rechtsmittel der Gegenseite eine andere Frist zu postulieren als die dem Beschwerdegegner für die Beschwerdeerwiderung gesetzte.
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3. Die von der Antragstellerin am Schluss der mündlichen Verhandlung erklärte Rücknahme der Beschwerde ist wirkungslos, da die Antragsgegnerin der Rücknahme nicht zugestimmt hat. Entscheidet der Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 Satz 2 GWB anstelle des Oberlandesgerichts, kann die sofortige Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 565 Satz 2 ZPO ohne Einwilligung des Beschwerdegegners nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache zurückgenommen werden.
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a) Mit der Vorschrift des § 565 Satz 2 ZPO will der Gesetzgeber sicherstellen , dass der Rechtsmittelführer in einem Rechtsstreit, in dem die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder deshalb zugelassen worden ist, weil die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO), nach Beginn der mündlichen Verhandlung die höchstrichterliche Klärung der Rechtsfrage nicht mehr einseitig verhindern kann. Stimmt der Revisionsbeklagte einer Rücknahme des Rechtsmittels nicht zu, räumt das Gesetz ab diesem Zeitpunkt der höchstrichterlichen Entscheidung der Grundsatzfrage oder der Auflösung einer Divergenz Vorrang vor der Dispositionsbefugnis des Rechtsmittelklägers ein. Eine entsprechende Vorschrift für das Revisionsverfahren enthält etwa auch die Verwaltungsgerichtsordnung (§ 140 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
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b) Dem Sinn und Zweck dieser Regelung entspricht eine entsprechende Anwendung, wenn der Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 Satz 2 GWB anstelle des Oberlandesgerichts im Vergabenachprüfungsverfahren entscheidet. Soweit das Gesetz dieses Verfahren nicht näher regelt, ist grundsätzlich auf die sachnächsten Vorschriften der Zivilprozessordnung zurückzugreifen, wie es, wie ausgeführt, beispielsweise bei der auf die Anschlussbeschwerde anzuwendenden Frist geboten ist. Der Bundesgerichtshof entscheidet nach § 179 Abs. 2 GWB, wenn das an sich zur Entscheidung berufene Oberlandesgericht von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will. Das Gesetz sieht mithin aus § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechenden Gründen eine höchstrichterliche Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung vor. Dass diese nicht in einem Revisionsoder Rechtsbeschwerdeverfahren erfolgt, ist lediglich dem Umstand geschuldet, dass das Gesetz das Vergabenachprüfungsverfahren besonders beschleunigen will. Gerade unter Berücksichtigung dieser Besonderheit des Vergabenachprüfungsverfahrens entspricht es aber dem Sinn und Zweck der Befassung des Bundesgerichtshofs mit der Sache, dass der Rechtsmittelführer die Entscheidung der Divergenzfrage nach Beginn der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof ohne Zustimmung des Rechtsmittelgegners nicht mehr verhindern kann.
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4. Die Voraussetzungen des § 179 Abs. 2 Satz 1 GWB liegen vor.
23
a) Dies ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn das vorlegende Oberlandesgericht seiner Entscheidung als tragende Begründung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs tragenden Rechtssatz unvereinbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Januar 2017 - X ZB 10/16, NZBau 2017, 23 Rn. 6 - Notärztliche Dienstleistungen). So verhält es sich hier. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in seinen beiden vom vorlegenden Vergabesenat in Bezug genommenen Entscheidungen (OLG Düsseldorf, VergabeR 2016, 487 ff.; 762 ff.) in vergleichbaren Sachverhaltskonstellationen beanstandet , dass in den Vergabeunterlagen nicht näher aufgeschlüsselt und erläutert war, wodurch bzw. wofür die den einzelnen Unterkriterien zugeordneten Punktbewertungen oder Benotungen errungen werden konnten. Dazu würde sich das vorlegende Oberlandesgericht in Widerspruch begeben, wenn es in der von ihm befürworteten Weise entschiede.
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b) Die Voraussetzungen für die Entscheidung durch den Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 GWB sind nicht nachträglich dadurch entfallen, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf in einer neueren Entscheidung von seiner zur Divergenzvorlage führenden Rechtsprechung Abstand genommen hat (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. März 2017 - Verg 39/16). Für eine "Rück- gabe" des Verfahrens an den vorlegenden Vergabesenat wegen Wegfalls der Vorlagevoraussetzungen ist nach der gesetzlichen Regelung kein Raum, weil der Bundesgerichtshof danach anstelle des Oberlandesgerichts entscheidet (§ 179 Abs. 2 Satz 2 GWB).

III.


25
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin hat hingegen Erfolg und führt auch insoweit zur Zurückweisung des Nachprüfungsantrags. Die von der Antragsgegnerin vorgesehenen Zuschlagskriterien stehen mit dem Gesetz in Einklang.
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1. Die von der Antragsgegnerin für die Preisbewertung vorgesehene Methode hält - auch unter Berücksichtigung des sich durch die gewählten Zuschlagskriterien insgesamt eröffnenden Wertungsspielraums - der vergaberechtlichen Nachprüfung stand.
27
a) Die Antragstellerin meint, der Preis werde infolge der gewählten Berechnungsmethode entgegen den Vergabeunterlagen faktisch nicht mit 50 % berücksichtigt, sondern wettbewerbsverzerrend völlig entwertet. Diese Rüge geht an dem Erklärungsgehalt der Angaben in den Vergabeunterlagen zur Gleichbewertung von Preis und Qualität vorbei und greift deshalb nicht durch. aa) Wie die in den Vergabeunterlagen angekündigte paritätische Bewer28 tung von Preis und Qualitätskriterien zu verstehen ist, ergibt sich aus der Sicht der angesprochenen Bieter nicht durch isolierte Interpretation dieser Angaben, sondern unter Berücksichtigung der gesamten Erläuterungen der beabsichtigten Wertung in den Vergabeunterlagen. Danach ist erkennbar, wie die angekündigte jeweils hälftige Bewertung von Preis und Qualität gehandhabt werden soll, nämlich in der Weise, dass auf den günstigsten Preis einerseits und die bei der Qualität der Leistung maximal mögliche Bewertung andererseits jeweils die Hälfte der höchstens zu erreichenden Punktzahl entfällt. Die Bewertung des Preises mit 50% erfolgt danach durch Umrechnung
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des Preises in einem Punktesystem mit maximal 50 Punkten. Der niedrigste Angebotspreis (Gesamtsumme sechs Jahre brutto) je Los erhält 50 Punkte. Zur Berechnung des Abstands der teureren Angebote wird der niedrigste Angebotspreis der in die letzte Wertungsstufe gelangten Angebote mit der maximal zu vergebenden Punktzahl (50 Punkte) multipliziert und das Ergebnis durch die jeweiligen höheren Angebotspreise der übrigen Bieter dividiert. Die Ankündigung der hälftigen Berücksichtigung des Preises ist deshalb für sich genommen nicht irreführend. bb) Der Rückgriff auf diese Bewertungsmethode kann der Antragsgegne30 rin vergaberechtlich auch nicht wegen seiner vermeintlichen wettbewerbsverzerrenden Wirkung verwehrt werden.
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(1) Der Antragstellerin ist allerdings zuzugeben, dass unter der von ihr angenommenen Prämisse, der Wettbewerb lasse eine Spreizung der Angebotspreise von allenfalls 10 % erwarten, die gesamte Punkteskala nicht annähernd ausgeschöpft, sondern nur der Bereich zwischen 50 und etwa 45 Punkten belegt werden dürfte. Das vergaberechtlich erfahrene Oberlandesgericht teilt diese Einschätzung. Sie erscheint auch in Anbetracht des beiderseitigen Vorbringens zu den Rabattspannen der Deutschen Post AG gegenüber sogenannten Konsolidierungsunternehmen für vorsortiert angelieferte Massensendungen durchaus plausibel. Den eingereichten Unterlagen zufolge hat die Deutsche Post 2016 insoweit etwa bei Einlieferungen ab 250 Briefen im regionalen Versand zwar einen Rabatt von 45 % auf das reguläre Porto gewährt.
Dieser Rabattierung bei Konsolidierungsleistungen müssen aber die Preisgestaltungsmöglichkeiten von Konkurrenten der Deutschen Post im Wettbewerb um den vorliegend ausgeschriebenen Auftrag schon deshalb nicht entsprechen, weil sie auch Beiträge zu den eigenen Fixkosten erwirtschaften und, wenn sie, wie die Antragstellerin, nur im regionalen Bereich eigene Zusteller einsetzen können, im überregionalen Versand Subunternehmer einschalten und bezahlen müssen.
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(2) Auch wenn bei der Preisbewertung nach der hier eingesetzten "einfachen linearen Methode" eine volle Ausschöpfung der Punkteskala nicht annähernd zu erwarten ist, rechtfertigt das nicht, der Antragsgegnerin ihre Anwendung zu untersagen. Diese durchaus gängige Methode (vgl. dazu Krohn in: von Wietersheim (Hrsg.) "Vergabe von Postdienstleistungen", Schriftenreihe des forum vergabe e.V., S. 164) kann nicht per se als vergaberechtswidrig bewertet werden. Das gilt umso mehr, als in der Fachliteratur nachvollziehbar aufgezeigt wird, dass auch andere Bewertungsmethoden unter Umständen zu als unbillig oder widersprüchlich empfundenen Ergebnissen führen können (vgl. etwa Kiiver /Kodym, NZBau 2015, 59; Bartsch/von Gehlen/Hirsch, NZBau 2012, 393; Roth, NZBau 2011, 75; Schneider, NZBau 2002, 555 und dazu OLG Düsseldorf , NZBau 2002, 578 ff.) und dem Auftraggeber insoweit nicht ohne Weiteres angesonnen werden kann, sich für oder gegen eine alternative Berechnungsmethode zu entscheiden. Mit einer Diskrepanz zwischen der Spreizung der zu erwartenden Angebotspreise und der Spreizung der zu erwartenden Qualitätsbewertungen bringt der Auftraggeber zum Ausdruck, dass er der Qualität der Leistung erhebliches Gewicht beimessen und einen etwas niedrigeren Preis gegebenenfalls geringer gewichten will als ein qualitativ etwas besseres Angebot ; dies ist für sich genommen nicht rechtswidrig. In welchem Umfang eine solche Diskrepanz auftritt, hängt überdies vom Einzelfall und von dem Spielraum ab, den insoweit die Kriterien bieten, nach denen die Qualität der angebo- tenen Leistungen zu bewerten ist. Das Argument der Antragstellerin, selbst ein den niedrigsten um das Fünfzigfache übersteigender Preis erhalte immer noch einen Punkt, ist deshalb für das Verhältnis zwischen Preis- und Qualitätsbewertung ohne Aussagekraft.
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b) Unter diesen Umständen kann die Wahl einer bestimmten Preisumrechnungsmethode vergaberechtlich vielmehr nur beanstandet werden, wenn sich gerade ihre Heranziehung im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände als mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar erwiese. Das lässt sich im Streitfall indes nicht feststellen. Die Preisbewertungsmethode begegnet auch in der Gesamtschau unter Einschluss der Qualitätskriterien nicht solchen vergaberechtlichen Bedenken, dass die Verwendung des vorgesehenen Wertungsschemas zur Vermeidung von Rechtsverletzungen einzelner Bieter und Schädigung ihrer geschützten Interessen (vgl. § 168 Abs. 1 Satz 1 GWB) untersagt werden müsste.
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aa) Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Dieses bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis (§ 127 Abs. 1 Satz 1, 3 GWB). Grundlage dafür ist eine Bewertung des öffentlichen Auftraggebers , ob und inwieweit die Angebote die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllen (§ 127 Abs. 1 Satz 2 GWB). Die Zuschlagskriterien spiegeln dementsprechend wider, wie der Auftraggeber im jeweiligen Vergabeverfahren das Preis-Leistungs-Verhältnis bewerten möchte, wenn sich bei den Angebotspreisen einerseits und der Qualität des Angebots andererseits unterschiedliche Rangfolgen ergeben. Hierfür ist ihm ein weiter Beurteilungs- und Handlungsspielraum eröffnet; der Auftraggeber muss seinen Beschaffungsbedarf in den Schranken wirtschaftlicher und fiskalischer Vernunft und der aus § 97 GWB abzuleitenden Regeln für den Vergabewettbewerb frei definieren können; zu die- ser Definition gehört auch, welche Qualität die Leistung vorzugsweise haben soll.
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Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes vom 17. Februar 2017 (BGBl. I S. 203) sind ihm dabei insoweit Grenzen gesetzt, als der Preis bzw. die Kosten in der Angebotswertung zwingend berücksichtigt werden müssen (vgl. BT-Drucks. 18/6281 S. 111 zu § 127 Abs. 1 RegE VergRModG). Diese Sichtweise stimmt mit der Richtlinie 2014/24 EU über die öffentliche Auftragsvergabe überein (vgl. dort Erwägungsgrund 90 Abs. 1, 92 Abs. 3). Sind zwei Angebote qualitativ in jeder Hinsicht gleichwertig, ist der Zuschlag zwingend auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen. Neben dem Preis bzw. den Kosten kann der öffentliche Auftraggeber eine Vielzahl qualitativer Zuschlagskriterien festlegen (§ 127 Abs. 1 Satz 4 GWB), die grundsätzlich umso größeres Gewicht haben sollen, desto weniger es sich bei dem nachgefragten Wirtschaftsgut um eine marktübliche, standardisierte Leistung handelt. Eine allzu einseitige Ausrichtung am Preis birgt, worauf auch der Bundesgerichtshof hingewiesen hat, die Gefahr, dass Vergabeentscheidungen getroffen werden, die sich letztlich als unwirtschaftlich erweisen, weil sie qualitativen Unterschieden der Leistung nicht Rechnung tragen (BGH, NZBau 2017, 230 Rn. 21 - Notärztliche Dienstleistungen).
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bb) Im Streitfall geht es zwar mit Postdienstleistungen um die Beschaffung vergleichsweise weitgehend standardisierter Leistungen (unten Rn. 40). Aber auch bei einer in dieser Weise geprägten Nachfrage ist der öffentliche Auftraggeber nicht gehindert, Qualitätskriterien in die Wertung einfließen zu lassen (BT-Drucks. 18/6281 aaO) und die Bewertung der Angebote, wie im Streitfall, in erheblichem Maße davon abhängig zu machen, inwieweit kontinuierlich eine zügige und reibungslose Erbringung der Dienstleistung mit möglichst geringem Reklamationsaufkommen gewährleistet ist.
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Dabei kann ein hoher Einfluss von Qualitätskriterien auf die Zuschlagsentscheidung , wie er im Streitfall zu verzeichnen ist, unter Umständen einzelnen Anbietern, namentlich dem ressourcenstarken früheren Inhaber eines Monopols , mehr als anderen Bewerbern entgegenkommen. Dieser Umstand lässt die Verwendung des von der Antragsgegnerin konzipierten Wertungsschemas für sich genommen aber noch nicht als vergaberechtswidrig erscheinen. Öffentliche Auftraggeber sind zwar generell verpflichtet, ihren Bedarf in transparentem Wettbewerb unter Gleichbehandlung der Bieter zu decken (§ 97 Abs. 1, 2 GWB). Es stellt für sich ohne Weiteres aber noch keine vergaberechtlich zu beanstandende Ungleichbehandlung dar, wenn ein Wertungsschema, das ein öffentlicher Auftraggeber in der Position der Antragsgegnerin anwendet, der selbst nur Nachfrager ohne eigene Regulierungsverantwortung ist und grundsätzlich die für ihn bestmögliche Bedarfsdeckung anstreben darf, qualitative Gesichtspunkte der Leistungserbringung wie geschehen hervorhebt.
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cc) Die Grenze zur Vergaberechtswidrigkeit der Verwendung eines solchen Wertungsschemas wäre überschritten, wenn qualitativen Wertungskriterien einzeln oder in ihrer Gesamtheit ein Gewicht zugemessen würde, das sachlich nicht zu rechtfertigen ist und deshalb die Annahme nahelegt, dass die Kriterien so ausgestaltet wurden, dass nur ein oder einzelne Unternehmen realistische Aussichten auf den Zuschlag haben, während andere Anbieter trotz Vergabe im offenen Verfahren (§ 119 Abs. 3 GWB) und objektiv gegebener Eignung (§ 122 GWB) von vornherein chancenlos wären. In einer solchen Fallgestaltung würden die Wertungskriterien bei der gebotenen wertenden Betrachtung der Sache nach Eignungskriterien bilden und bestimmte Bieter entgegen den für das offene Verfahren geltenden Grundsätzen ausschließen. Dafür, dass dies im Streitfall der Fall wäre, hat die Antragstellerin jedoch nichts geltend gemacht , und hierfür ist auch nichts erkennbar.
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2. Auch die vorgesehene Methode der Qualitätsbewertung ist entgegen der Auffassung der Vergabekammer nicht zu beanstanden. Im Streitfall steht es einer transparenten und wettbewerbskonformen Auftragsvergabe (§ 97 Abs. 1 Satz 1 GWB) nicht entgegen, dass die von den Bietern vorgelegten Konzepte für die Kompensation von Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen und zur Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung im Rahmen der Angebotswertung benotet werden und einen der jeweiligen Note zugeordneten Punktwert erhalten, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl für das Konzept konkret abhängen soll. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen.
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a) Gegenstand des Vergabeverfahrens sind im Streitfall mit der Abholung , Weiterleitung und Zustellung postalischer Sendungen weitgehend standardisierte Dienstleistungen (oben Rn. 36), die im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses in mehr oder minder massenhafter Wiederkehr zu erbringen sind. Die bis zur Aushändigung jeder einzelnen Sendung an den jeweiligen Empfänger zu erbringenden Einzelleistungen von der Abholung und Beförderung von Brief- oder Paketsendungen bis hin zu deren Ablieferung beim Empfänger sind für sich und in ihrer Abfolge in den Vergabeunterlagen konkret und erschöpfend beschrieben.
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b) Soweit die Bieter ihre Konzepte für die Erfüllung der QualitätsUnterkriterien schriftlich darstellen sollen, hat der Wettbewerb partiell das Gepräge eines Vergabeverfahrens mit funktionaler Leistungsbeschreibung (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 VgV, vgl. dazu Prieß/Simonis in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VgV, § 31 Rn. 14). Gegenstand der Wertung sind insoweit die vom einzelnen Bieter zur Bewältigung eines deutlich überdurchschnittlichen Anfalls von Sendungen vorgesehenen Vorkehrungen zur Gewährleistung einer insgesamt gleichwohl zeitnahen Zustellung. Sinngemäß das Gleiche gilt für die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen gemäß den Anforderungen der Vergabeunterlagen zum Unterkriterium der Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung.
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Gegenstand der Angebotswertung ist insoweit in einem ersten Schritt die prognostische Beurteilung, ob bzw. inwieweit die aus den Konzepten ersichtlichen Maßnahmen zur Bewältigung von Auftragsspitzen bzw. Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung beitragen können. Je nachdem, in welchem Maße die Lösungsvorschläge aus Sicht der Antragsgegnerin insoweit Erfolg versprechen, erhält das jeweilige Konzept in einem zweiten Schritt eine entsprechende Benotung und die nach dem Schlüssel in den Vergabeunterlagen zu errechnende Punktzahl.
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c) Die von der Vergabekammer geforderten weiteren Erläuterungen der Auftraggeberin zu ihren Erwartungen an die Inhalte des einzureichenden Konzepts sind rechtlich nicht geboten.
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aa) Dass das Unterkriterium "Schwankungen im Sendungsaufkommen/ Auftragsspitzen" auf die Sicherstellung einer möglichst rückstaufreien Bewältigung der angefallenen Post auch in Spitzenlastzeiten zielt, versteht sich für die Bieter von selbst. Infolge der ergänzenden Informationen in den Vergabeunterlagen , dass bei Los 1 im Tagesdurchschnitt ein Aufkommen von ca. 8.000 Sendungen zu erwarten sei, es jedoch zu Abweichungen von bis zu 40% kommen könne, etwa wenn zu einem vom Auftraggeber vorgegebenen Stichtag teilweise bis zu mehrere tausend Sendungen mit Gebühren- oder Grundsteuerbescheiden gleichzeitig versendet und mit dem Datum dieses Tages frei gemacht werden müssten, und dass Los 2 durchschnittlich 30 Paketsendungen täglich betreffe, die tatsächliche Anzahl aber zwischen 5 und 100 Paketen schwanken könne, können die Bieter sich ein Bild davon machen, wofür ihr Konzept eine taugliche Lösung anbieten muss.
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bb) Entsprechendes gilt für das zweite Unterkriterium der Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung mit Blick darauf, dass in der Leistungsbeschreibung folgende Unterpunkte gebildet sind: - Sicherstellung der Zustellung in Häusern, bei denen aufgeschlossen bzw. geklingelt werden muss; - Reaktionsweise bei Notfällen wie Personal- oder Fahrzeugausfällen oder extremen Wetterbedingungen; - Reklamationsmanagement und Reklamations- und Erreichbarkeitszeiten ; - internes Qualitätsmanagement zur Gewährleistung der anforderungsgerechten Leistungserbringung (unter anderem Darstellung des Umgangs von [gemeint: mit] betriebsinternen Änderungen bezüglich Software oder eingesetzter Technik sowie sonstige Weiterbildungsmaßnahmen).
46
Damit werden den Bietern die Anforderungen der Antragsgegnerin unter Transparenzgesichtspunkten hinreichend verdeutlicht. Die Forderung der Vergabekammer nach Unterlegung der erzielbaren Noten bzw. Punkte mit konkretisierenden Informationen zu den von der Antragsgegnerin mit der Erfüllung der Unterkriterien verbundenen Erwartungen läuft darauf hinaus, ihr die Durchführung eines partiell anderen Vergabeverfahrens aufzuerlegen, als es ihren eigentlichen Intentionen entspricht, und den Bietern direkt oder mittelbar Lösungskomponenten vorzugeben, die diese zwangsläufig aufgreifen würden, um in der Angebotswertung bestehen zu können. Damit würde die Antragsgegnerin gezwungen, Aufgaben zu übernehmen, deren Lösung sie im Rahmen der funktionalen Ausschreibung in vergaberechtlich unbedenklicher Weise auf die Bieter delegieren wollte.
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Diese Bewertung steht im Übrigen in Einklang mit der neuesten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - C-6/15, VergabeR 2016, 721 - Dimarso), die auch das Oberlandesgericht Düsseldorf zum Anlass für die Korrektur seiner Rechtsprechung genommen hat.
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d) Ob es unter außergewöhnlichen Umständen, etwa wenn die Komplexität des Auftragsgegenstands besonders vielschichtige Wertungskriterien erforderlich macht, bei Verwendung eines Benotungs- oder Punktbewertungssystems durch die Vergabestelle zur Vermeidung einer intransparenten Wertung erforderlich sein könnte, dass der Auftraggeber seine Vorstellungen oder Präferenzen zum denkbaren Zielerreichungsgrad erläutert und damit Anhaltspunkte für eine günstige oder ungünstige Benotung vorgibt, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

IV.


49
Für den Fall, dass die Antragsgegnerin den Auftrag im ausgeschriebenen Vergabeverfahren, in dem die ursprüngliche Frist zur Abgabe der Angebote bis zum 3. November 2016 bemessen war, oder in einem neuen Verfahren mit gleichen Wertungskriterien vergeben möchte, weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin.
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1. Von der Frage der generellen Zulässigkeit des zugrunde gelegten Wertungsschemas zu trennen ist die Frage der Vergaberechtskonformität der auf seiner Grundlage durchgeführten Wertung.
51
Mit dem hohen Stellenwert der Qualität der Leistungserbringung für die Zuschlagserteilung in diesem Wertungssystem geht die Verpflichtung der Vergabestelle zu einer besonders sorgfältigen Benotung der vorgelegten Konzepte einher. Auf das Unterkriterium der Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung entfällt ein Viertel aller überhaupt erreichbaren Wertungspunkte. Es wird in den Vergabeunterlagen mit dem großen Interesse an einer effektiven Leistungserbringung begründet, die die amtlichen Betriebsabläufe möglichst nicht stört. An diesem das Qualitätskriterium begründenden und damit für die Wirtschaftlichkeit der Beschaffung ausschlaggebenden Interesse der Antragsgegnerin wird sich die Benotung auszurichten haben. Beispielsweise können Unterschiede im internen Qualitätsmanagement unterschiedliches Gewicht haben oder gar ohne Bedeutung sein, wenn es fernliegt, dass sie das Qualitätsinteresse der Antragsgegnerin berühren könnten.
52
2. Der Gefahr, dass die Offenheit des im Streitfall vorgesehenen Wertungsschemas zu einer nicht hinreichend transparenten Vergabe führt, ist durch eingehende Dokumentation des Wertungsprozesses zu begegnen.
53
Der Auftraggeber ist verpflichtet, die Gründe für die Auswahlentscheidung und den Zuschlag zu dokumentieren (§ 8 Abs. 1 Satz 2 VgV). Insbesondere dann, wenn er sich dafür, wie im Streitfall, eines aus Preis und qualitativen Aspekten zusammengesetzten Kriterienkatalogs bedient, bei dem die Angebote hinsichtlich der Qualitätskriterien mittels eines Benotungssystems bewertet werden und die Bewertungsmethode des Preises nur enge Kompensationsmöglichkeiten für qualitative Abzüge erwarten lässt (oben Rn. 31), muss der Auftraggeber seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind. Wird die Auswahlentscheidung zur Vergabenachprüfung gestellt, untersuchen die Nachprüfungsinstanzen auf Rüge gerade auch die Benotung des Angebots des Antragstellers als solche und in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere demjenigen des Zuschlagsprätendenten. Auch wenn dem öffentlichen Auftraggeber bei der Bewertung und Benotung ein Beurteilungsspielraum zustehen muss, sind seine diesbezüglichen Bewertungsentscheidungen in diesem Rahmen insbesondere auch darauf hin überprüfbar, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.

V.


54
Die Kostenentscheidung folgt aus § 182 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 und 2 analog, § 78 GWB. Die von den Beteiligten nicht angefochtene Gebührenfestsetzung durch die Vergabekammer bleibt unberührt.
Meier-Beck Gröning Bacher
Hoffmann Schuster
Vorinstanz:
OLG Dresden, Entscheidung vom 02.02.2017 - Verg 7/16 -

(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten stellt das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung der elektronischen Dokumente oder der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Verweigert eine oberste Bundesbehörde die Vorlage, Übermittlung oder Auskunft mit der Begründung, das Bekanntwerden des Inhalts der Urkunden, der Akten, der elektronischen Dokumente oder der Auskünfte würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht; Gleiches gilt, wenn das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 für die Hauptsache zuständig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Dieses gibt den Antrag und die Hauptsacheakten an den nach § 189 zuständigen Spruchkörper ab. Die oberste Aufsichtsbehörde hat die nach Absatz 1 Satz 2 verweigerten Urkunden oder Akten auf Aufforderung dieses Spruchkörpers vorzulegen, die elektronischen Dokumente zu übermitteln oder die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes der Übergabe der Urkunden oder Akten oder der Übermittlung der elektronischen Dokumente an das Gericht entgegenstehen, wird die Vorlage oder Übermittlung nach Satz 5 dadurch bewirkt, dass die Urkunden, Akten oder elektronischen Dokumente dem Gericht in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 5 vorgelegten Akten, elektronischen Dokumente und für die gemäß Satz 8 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 100 nicht. Die Mitglieder des Gerichts sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes. Soweit nicht das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann der Beschluss selbständig mit der Beschwerde angefochten werden. Über die Beschwerde gegen den Beschluss eines Oberverwaltungsgerichts entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Sätze 4 bis 11 sinngemäß.

(1) Die Beteiligten können die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Beteiligte können sich auf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge, Ausdrucke und Abschriften erteilen lassen.

(2) Werden die Prozessakten elektronisch geführt, wird Akteneinsicht durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Übermittlung des Inhalts der Akten auf einem sicheren Übermittlungsweg gewährt. Auf besonderen Antrag wird Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt. Ein Aktenausdruck oder ein Datenträger mit dem Inhalt der Akten wird auf besonders zu begründenden Antrag nur übermittelt, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse darlegt. Stehen der Akteneinsicht in der nach Satz 1 vorgesehenen Form wichtige Gründe entgegen, kann die Akteneinsicht in der nach den Sätzen 2 und 3 vorgesehenen Form auch ohne Antrag gewährt werden. Über einen Antrag nach Satz 3 entscheidet der Vorsitzende; die Entscheidung ist unanfechtbar. § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Werden die Prozessakten in Papierform geführt, wird Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt. Die Akteneinsicht kann, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen, auch durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Übermittlung des Inhalts der Akten auf einem sicheren Übermittlungsweg gewährt werden. Nach dem Ermessen des Vorsitzenden kann der nach § 67 Absatz 2 Satz 1 und 2 Nummer 3 bis 6 bevollmächtigten Person die Mitnahme der Akten in die Wohnung oder Geschäftsräume gestattet werden. § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(4) In die Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und Verfügungen, die Arbeiten zu ihrer Vorbereitung und die Dokumente, die Abstimmungen betreffen, wird Akteneinsicht nach den Absätzen 1 bis 3 nicht gewährt.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die automatisierte Erfassung und den automatisierten Abgleich seiner jeweiligen Kraftfahrzeugkennzeichen mit polizeilichen Fahndungsbeständen auf öffentlichen Verkehrsflächen in Bayern.

2

Der Beklagte setzt seit dem Jahr 2006 auf Grundlage von Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 PAG auf seinem Gebiet stationäre und mobile Kennzeichenerfassungsgeräte ein. Derzeit betreibt er 25 automatisierte Kennzeichenerkennungssysteme, davon 22 stationäre, die insgesamt 30 Fahrspuren abdecken, und drei mobile. Die stationären Systeme sind aktuell auf zwölf Standorte verteilt und befinden sich insbesondere an Bundesautobahnen. Die mobilen Systeme werden anlassbezogen eingesetzt, z.B. bei internationalen Fußballturnieren oder ähnlichen Großereignissen. Der jeweilige Standort wird gemäß jährlich aktualisierter Lageerkenntnisse durch das Landeskriminalamt bestimmt. Diese Lagebeurteilung wird im Innenministerium des Beklagten dokumentiert und der Landesbeauftragte für Datenschutz jährlich hierüber informiert.

3

Die stationären Systeme bestehen aus Kameras, die den fließenden Verkehr auf jeweils einer Fahrspur von hinten erfassen und das Kennzeichen eines jeden durchfahrenden Fahrzeugs mittels nicht sichtbaren Infrarotblitzes bildlich aufnehmen. Der aus dem digitalen Bild des Kennzeichens durch eine spezielle (OCR-)Software ausgelesene digitale Datensatz mit den Buchstaben und Ziffern des Kennzeichens wird über eine Datenleitung an einen am Fahrbahnrand in einem verschlossenen Behälter untergebrachten stationären Rechner weitergeleitet, in dem das erfasste Kennzeichen automatisch mit verschiedenen im Rechner abgespeicherten (Fahndungs-)Dateien abgeglichen wird. Die erfassten Kraftfahrzeugkennzeichen werden ausschließlich mit Datensätzen verglichen, die aus Kennzeichen von Kraftfahrzeugen bestehen und aus dem Sachfahndungsbestand von INPOL sowie für den Schengenbereich von SIS bzw. NSIS stammen. Anlass- und einzelfallbezogen findet auch ein Abgleich mit spezifischen Dateien (z.B. der Datei „Gewalttäter Sport“) statt. Bei mobilen Systemen erfolgt die Erfassung der Kennzeichen über am Fahrbahnrand aufgestellte Kameras. Der Abgleich wird über einen mobilen Rechner in einem vor Ort abgestellten Polizeifahrzeug vorgenommen.

4

Das im Bildspeicher (RAM) der automatisierten Kennzeichenerkennungssysteme digital erfasste Bild des Kennzeichens wird dort nach dem Datenbankabgleich sogleich mit einem Grauwert überschrieben. Die zum Abgleich verwendeten stationären oder mobilen Rechner verfügen über eine sog. Log-Datei, in der die Kennzeichen jedoch nicht bildlich, sondern in anonymisierter Form und mit einer kryptologischen Hashfunktion (als sog. MD5-Checksumme) des Kennzeichentextes gespeichert werden. Ergibt sich beim Datenabgleich kein Treffer auf dem jeweiligen Rechner, wird das aufgenommene Kennzeichen nach dem Abgleich automatisch aus dem Arbeitsspeicher des Rechners gelöscht. Im Fall eines Treffers, d.h. einer vom System festgestellten Übereinstimmung zwischen dem erfassten Kennzeichen und den auf dem Rechner im Datenbanksystem abgespeicherten Datensätzen (der Fahndungsdateien) wird der Treffer temporär in der Datenbank auf diesem Rechner gespeichert und entweder gleichzeitig über eine Datenleitung an den Zentralrechner der Einsatzzentrale des jeweils zuständigen Polizeipräsidiums übermittelt oder auf dem mobilen Rechner (Notebook) vor Ort am Bildschirm aufgezeigt. Es erfolgt dann jeweils durch die zuständigen Polizeibeamten eine visuelle Kontrolle der vom System gemeldeten Übereinstimmung. Erweist sich der Treffer als Fehlermeldung, weil das tatsächlich erfasste und das in einer Fahndungsdatei abgespeicherte Kraftfahrzeugkennzeichen tatsächlich doch nicht übereinstimmen, gibt der Polizeibeamte durch Betätigen des Buttons „Entfernen“ auf dem Rechner den Befehl, den gesamten Vorgang zu entfernen; in diesem Fall verbleibt auch auf dem Rechner in der Einsatzzentrale als „Spur“ der Treffermeldung nur noch die MD5-Quersumme. Im Trefferfall, also bei Übereinstimmung des erfassten mit einem gespeicherten Kraftfahrzeugkennzeichen startet der Polizeibeamte eine manuelle Abfrage bei der betreffenden Fahndungsdatei, speichert dann den Vorgang bzw. die Daten und veranlasst gegebenenfalls weitere polizeiliche Maßnahmen. Im Zeitraum Juni bis einschließlich September 2011, für den erstmals detaillierte Zahlen ermittelt wurden, kam es monatlich zu etwa acht Millionen Kennzeichenerfassungen. Davon waren 40 000 bis 50 000 Treffermeldungen (Übereinstimmungen und Fehlermeldungen) und 500 bis 600 echte Treffer (nur Übereinstimmungen) pro Monat.

5

Der Kläger hat am 3. Juni 2008 Klage erhoben, gerichtet auf Unterlassung der Erfassung und des Abgleichs seiner Kraftfahrzeugkennzeichen. Zur Begründung hat er ausgeführt: Er pendele regelmäßig mit einem Personenkraftwagen zwischen seinem Hauptwohnsitz in A. (Bayern) und einem weiteren Wohnsitz in S. und sei auch ansonsten häufig in Bayern, insbesondere im Grenzgebiet zu Österreich, unterwegs. Seine jährliche Fahrleistung betrage ca. 25 000 km. Anlässlich dieser zahlreichen Fahrten müsse er damit rechnen, regelmäßig in standortfeste oder mobile Kennzeichenkontrollen des Beklagten zu geraten. Auch wenn sein Kraftfahrzeugkennzeichen derzeit nicht in einer Fahndungsdatei gespeichert sei, befürchte er, irrtümlich angehalten und kontrolliert zu werden. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass irgendwann eine Speicherung, womöglich irrtümlich, erfolgen werde. Durch die mit Sicherheit in der Vergangenheit bereits erfolgte und in Zukunft noch erfolgende Erfassung und den Abgleich seines Kraftfahrzeugkennzeichens werde er in seinen Grundrechten verletzt. Für den mit der Maßnahme verbundenen Grundrechtseingriff fehle es an einer wirksamen gesetzlichen Grundlage, da Art. 33 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie Art. 38 Abs. 3 PAG verfassungswidrig seien.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, die Unterlassungsklage sei zulässig. Der Kläger sei aufgrund seiner zahlreichen Fahrten auf bayerischen Autobahnen mit großer Wahrscheinlichkeit bereits mehrfach von einer Kennzeichenerfassung mit anschließendem Abgleich betroffen gewesen und müsse auch künftig jederzeit damit rechnen, zumal die Maßnahme heimlich erfolge, sodass er ihr nicht ausweichen könne und nachträglicher Rechtsschutz nicht in Betracht komme. Die Klage sei aber unbegründet. Kennzeichenerfassung und -abgleich griffen zwar in den Schutzbereich des Grundrechts des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung ein. Dieser Eingriff beruhe jedoch auf einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage.

7

Schon an einem Grundrechtseingriff fehle es allerdings beim sog. „Nichttreffer“. In Bayern sei rechtlich und technisch sichergestellt, dass bei negativem Ergebnis eines unverzüglich nach der Erfassung vorgenommenen Abgleichs die erfassten Kennzeichen anonym blieben und sofort spurenlos und ohne die Möglichkeit, einen Bezug zum Fahrer, Beifahrer oder Halter eines Fahrzeugs herzustellen, gelöscht würden. Zu einem Grundrechtseingriff komme es nur dann, wenn ein erfasstes Kennzeichen in einem Speicher festgehalten werde und gegebenenfalls Grundlage weiterer Maßnahmen werden könne. Das sei nicht nur beim „echten Treffer“ der Fall, d.h. bei tatsächlicher Übereinstimmung der abgeglichenen Kennzeichen, sondern bereits beim sog. „unechten Treffer“, wenn sich nur infolge einer fehlerhaften Kennzeichenerkennung beim Abgleich mit dem Fahndungsbestand eine Übereinstimmung ergebe. Weil es relativ häufig zu „unechten Treffern“ komme, bestehe eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass auch der Kläger insoweit in den Bereich des Grundrechtseingriffs gerate bzw. bereits geraten sei. Dieser Grundrechtseingriff finde in den Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 sowie Art. 38 Abs. 3 PAG eine verfassungsgemäße gesetzliche Grundlage.

8

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision des Klägers, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorträgt, Kennzeichenerfassung und -abgleich griffen sowohl in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht als auch sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein, und zwar auch bei einem „Nichttreffer“. Das sei jedenfalls deshalb der Fall, weil in Art. 38 Abs. 3 Satz 1 PAG statt einer sofortigen nur eine unverzügliche Löschung angeordnet sei. Auch sei die Spurenlosigkeit der Löschung nicht gewährleistet. Eine Deanonymisierung sei mit vergleichsweise geringem Aufwand möglich, soweit Kennzeichen als MD5-Codes dauerhaft im Speicher der verwendeten Rechner verblieben. Die gegenteilige Überzeugungsbildung des Verwaltungsgerichtshofs sei fehlerhaft, weil sie auf einer unzutreffenden und unvollständigen Tatsachenbasis beruhe, die weiterer Aufklärung im Wege des Sachverständigenbeweises bedurft hätte.

9

Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 und Art. 38 Abs. 3 PAG seien verfassungswidrig. In weiten Teilen fehle dem Beklagten schon die Gesetzgebungskompetenz. Die Vorschriften verstießen zudem in mehrfacher Hinsicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 38 Abs. 3 PAG genügten auch nicht den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Schließlich sei die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG verletzt, weil die von einem Kennzeichenabgleich Betroffenen hierüber nicht informiert würden. Eine Benachrichtigung sei ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme möglich durch hinter den Kontrollstellen aufgestellte Hinweisschilder.

10

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Dezember 2012 und das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23. September 2009 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, durch den verdeckten Einsatz automatisierter Kennzeichenerkennungssysteme Kennzeichen von Kraftfahrzeugen, die auf den Kläger zugelassen sind, zu erfassen und mit polizeilichen Dateien abzugleichen.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

13

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich an dem Verfahren. Auch er verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Das angefochtene Urteil steht im Ergebnis mit Bundesrecht im Einklang.

15

1. Das klägerische Begehren ist als vorbeugende Unterlassungsklage statthaft (a), und es besteht dafür auch eine Klagebefugnis (b).

16

a) Die Unterlassungsklage stellt einen Unterfall der allgemeinen Leistungsklage dar. Mit ihr wird auf die Unterlassung eines öffentlich-rechtlichen Verwaltungshandelns geklagt. Die Statthaftigkeit dieser Klage begegnet bei drohendem Verwaltungshandeln ohne Verwaltungsaktsqualität keinen Bedenken. Auch das Unterlassen einer hoheitlichen Maßnahme ist eine Leistung, und bei Verwaltungshandeln ohne Verwaltungsaktsqualität kann die Zulassung einer Unterlassungsklage auch nicht zur Umgehung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Anfechtungsklage führen (Schenke, Verwaltungsprozessrecht 14. Auflage, 2014, Rn. 354). Das vom Kläger angegriffene öffentlich-rechtliche Verwaltungshandeln liegt im Betrieb von derzeit 25 automatisierten Kennzeichenerkennungssystemen des Beklagten. Sowohl die Erfassung als auch der Abgleich sind keine Verwaltungsakte im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, weshalb eine Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) hier nicht in Betracht kommt. Dies hat das Berufungsgericht aus bayerischem Landesrecht bindend abgeleitet.

17

Allerdings wendet der Kläger sich gegen mögliche künftige Eingriffe. Will der Bürger ein Behördenhandeln abwehren, das er mit mehr oder minder großer Gewissheit erst in der Zukunft erwartet, geht es um eine nur vorbeugende Unterlassungsklage. Verwaltungsrechtsschutz ist allerdings grundsätzlich nachgängiger Rechtsschutz. Das folgt aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, der der Gerichtsbarkeit nur die Kontrolle der Verwaltungstätigkeit aufträgt, ihr aber grundsätzlich nicht gestattet, bereits im Vorhinein gebietend oder verbietend in den Bereich der Verwaltung einzugreifen. Die Verwaltungsgerichtsordnung stellt darum ein System nachgängigen - ggf. einstweiligen - Rechtsschutzes bereit und geht davon aus, dass dieses zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) grundsätzlich ausreicht. Vorbeugende Klagen sind daher nur zulässig, wenn ein besonderes schützenswertes Interesse gerade an der Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes besteht, wenn mit anderen Worten der Verweis auf den nachgängigen Rechtsschutz - einschließlich des einstweiligen Rechtsschutzes - mit für den Kläger unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (stRspr; vgl. Urteile vom 12. Januar 1967 - BVerwG 3 C 58.65 - BVerwGE 26, 23 = Buchholz 427.3 § 338 LAG Nr. 13, vom 8. September 1972 - BVerwG 4 C 17.71 - BVerwGE 40, 323 <326 f.>, vom 29. Juli 1977 - BVerwG 4 C 51.75 - BVerwGE 54, 211 <214 f.>, vom 7. Mai 1987 - BVerwG 3 C 53.85 - BVerwGE 77, 207 <212> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 16 S. 34 und vom 25. September 2008 - BVerwG 3 C 35.07 - BVerwGE 132, 64 Rn. 26).

18

Ein solches spezifisches Interesse an vorbeugendem Rechtsschutz ergibt sich vorliegend aus dem Umstand, dass der Beklagte dasjenige Kennzeichenerfassungssystem, von dem die behaupteten Rechtsverletzungen ausgehen, bereits betreibt und auch weiterhin einsetzen wird. Hinzu kommt, dass eine polizeiliche Kontrolle mit Hilfe von Kennzeichenerfassungssystemen für den Kläger als Autofahrer nicht erkennbar ist, weil die Erfassung der einzelnen Kennzeichen beim Passieren der Aufnahmekameras von hinten erfolgt und der verwendete Infrarotblitz unsichtbar ist. Die Erfassung geschieht damit heimlich mit der Folge, dass der Kläger ihr nicht ausweichen kann. Zudem sind dem Kläger die einzelnen Standorte der Erfassungssysteme nicht bekannt. Aufgrund der Heimlichkeit der Maßnahme kommt ein nachträglicher Rechtsschutz gegen die Erkennung und den Datenabgleich nicht in Betracht.

19

b) Die Zulässigkeit der vorbeugenden Unterlassungsklage lässt sich auch nicht wegen fehlender Klagebefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO in Frage stellen. Es erscheint nach dem Vortrag des Klägers sowie im Lichte der beträchtlichen Erfassungsreichweite der vom Beklagten betriebenen Systeme möglich, dass ein dem Kläger zuzuordnendes KFZ-Kennzeichen künftig erfasst und gegen polizeiliche Dateien abgeglichen wird. Ferner erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass hiermit in Rechte des Klägers eingegriffen und diese verletzt werden. Ob letzteres tatsächlich der Fall ist, ist eine Frage der Begründbarkeit seiner Klage.

20

2. Die Klage ist aber unbegründet. Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch setzt die begründete Besorgnis voraus, der Beklagte werde künftig durch sein hoheitliches Handeln rechtswidrig in die geschützte Rechts- und Freiheitssphäre des Klägers eingreifen (Beschluss vom 29. April 1985 - BVerwG 1 B 149.84 - juris Rn. 9). Die erhobene Unterlassungsklage setzt für ihren Erfolg somit voraus, dass dem Kläger durch die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften über die automatisierte Kennzeichenerfassung (a) mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Eingriff in sein grundrechtlich geschütztes Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Unterfall des allgemeinen Persönlichkeitsrechts droht (b). Das ist nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, an die das Bundesverwaltungsgericht als Revisionsgericht gebunden ist, nicht der Fall.

21

a) Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch richtet sich nur gegen hoheitliche Maßnahmen. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Nach den Feststellungen im Berufungsurteil beruht die vom Kläger angegriffene automatisierte Kraftfahrzeug-Kennzeichenüberwachung durch den Beklagten auf den polizeirechtlichen Normen der Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 sowie Art. 38 Abs. 3 des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (Polizeiaufgabengesetz - PAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. September 1990 (GVBl S. 397), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286) und ist somit hoheitlicher Natur.

22

b) Dem Kläger droht nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Eingriff in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

23

aa) Ein KFZ-Kennzeichen ist als personenbezogenes Datum in den Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung einbezogen. Zwar offenbart die Buchstaben-Zahlen-Kombination, aus der es besteht, aus sich heraus noch nicht diejenige Person, der das Kennzeichen als Halter zuzuordnen ist. Diese Person ist jedoch durch Abfragen aus dem Fahrzeugregister (vgl. §§ 31 ff. StVG) bestimmbar. Dies genügt für den Einbezug in den grundrechtlichen Schutzbereich.

24

bb) Der grundrechtliche Schutz entfällt nicht schon deshalb, weil die betroffene Information öffentlich zugänglich ist, wie es für KFZ-Kennzeichen, die der Identifizierung dienen, sogar vorgeschrieben ist (§ 23 Abs. 1 Satz 3 StVO). Auch wenn der Einzelne sich in die Öffentlichkeit begibt, schützt das Recht der informationellen Selbstbestimmung dessen Interesse, dass die damit verbundenen personenbezogenen Informationen nicht im Zuge automatisierter Informationserhebung zur Speicherung mit der Möglichkeit der Weiterverwertung erfasst werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05 u.a. - BVerfGE 120, 378 <399>).

25

cc) Der Schutzumfang des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung beschränkt sich nicht auf Informationen, die bereits ihrer Art nach sensibel sind und schon deshalb grundrechtlich geschützt werden. Auch der Umgang mit personenbezogenen Daten, die für sich genommen - wie im Falle von KFZ-Kennzeichen - nur geringen Informationsgehalt haben, kann, je nach seinem Ziel und den bestehenden Verarbeitungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten, grundrechtserhebliche Auswirkungen auf die Privatheit und Verhaltensfreiheit des Betroffenen haben. Insofern gibt es unter den Bedingungen der elektronischen Datenverarbeitung kein schlechthin, also ungeachtet des Verwendungskontextes, belangloses personenbezogenes Datum mehr (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. S. 398 f.).

26

dd) Auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Erfassung eines größeren Datenbestandes letztlich nur Mittel zum Zweck für eine weitere Verkleinerung der Treffermenge ist, kann bereits in der Informationserhebung ein Eingriff liegen, soweit sie die Informationen für die Behörden verfügbar macht und die Basis für einen nachfolgenden Abgleich mit Suchkriterien bildet. Maßgeblich ist, ob sich bei einer Gesamtbetrachtung mit Blick auf den durch den Überwachungs- und Verwendungszweck bestimmten Zusammenhang das behördliche Interesse an den betroffenen Daten bereits derart verdichtet hat, dass ein Betroffensein in einer einen Grundrechtseingriff auslösenden Qualität zu bejahen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. S. 398).

27

Dies zugrunde gelegt, bilden Datenerfassungen keinen für die Annahme eines Grundrechtseingriffs hinreichenden Gefährdungstatbestand, soweit die Daten unmittelbar nach der Erfassung technisch wieder spurenlos, anonym und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, ausgesondert werden. Zu einem Eingriff in den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung kommt es daher in den Fällen der elektronischen Kennzeichenerfassung dann nicht, wenn der Abgleich mit dem Fahndungsbestand unverzüglich vorgenommen wird und negativ ausfällt (sogenannter Nichttrefferfall) sowie zusätzlich rechtlich und technisch gesichert ist, dass die Daten anonym bleiben und sofort spurenlos und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, gelöscht werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. S. 399). Demgegenüber kommt es zu einem Eingriff in das Grundrecht, wenn ein erfasstes Kennzeichen im Speicher festgehalten wird und gegebenenfalls Grundlage weiterer Maßnahmen werden kann. Darauf vor allem ist die Maßnahme gerichtet, wenn das Kraftfahrzeugkennzeichen im Fahndungsbestand aufgefunden wird. Ab diesem Zeitpunkt steht das erfasste Kennzeichen zur Auswertung durch staatliche Stellen zur Verfügung und es beginnt die spezifische Persönlichkeitsgefährdung für Verhaltensfreiheit und Privatheit, die den Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung auslöst (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. S. 399 f.).

28

Ausgehend von diesen durch das Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben ist im vorliegenden Fall für die Konstellation des „Nichttreffers“ die Eingriffsqualität von Erfassung und Abgleich eines KFZ-Kennzeichens zu verneinen. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs vollzieht sich beides in dieser Konstellation ohne zeitlichen Verzug in vollständig automatisierter Weise und ist ferner gesichert, dass die Daten einer menschlichen Kenntnisnahme unzugänglich bleiben.

29

Auch für die Konstellation des „unechten“ Treffers, die im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. März 2008 keiner gesonderten Würdigung unterzogen worden ist, ist die Eingriffsqualität der Maßnahme zu verneinen. Zwar wird das erfasste Kennzeichen in dieser Konstellation durch den Polizeibeamten, der mit dem visuellen Abgleich betraut ist, zur Kenntnis genommen. Der Polizeibeamte beschränkt sich jedoch nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs auf die Vornahme dieses Abgleichs und löscht den Vorgang umgehend, wenn der Abgleich negativ ausfällt. In diesem Stadium ist das behördliche Interesse an den betroffenen Daten nicht bereits derart verdichtet, dass - bezogen auf den Inhaber des KFZ-Kennzeichens - ein Betroffensein in einer einen Grundrechtseingriff auslösenden Qualität zu bejahen ist. Das behördliche Interesse ist in diesem Stadium nur ein systembezogenes Korrekturinteresse. Mithilfe des visuellen Abgleichs soll ausgeschlossen werden, dass aufgrund des unvollkommenen Lesemodus des Systems polizeiliche Maßnahmen in Bezug auf Kennzeichen eingeleitet werden, die zwar im Fahndungsbestand notiert sind, tatsächlich aber die Erfassungsstelle gar nicht passiert haben. Der Inhaber des tatsächlich erfassten Kennzeichens hat insoweit nicht mehr hinzunehmen als eine lediglich kurzzeitige Wahrnehmung der Buchstaben-Zahlen-Kombination durch den Polizeibeamten, der seinerseits nicht über die rechtliche Befugnis verfügt - und auch der Sache nach keinen Anlass hätte -, eine Abfrage aus dem Fahrzeugregister vorzunehmen. Die Anonymität des Inhabers bleibt folglich gewahrt.

30

In der Konstellation des „echten“ Treffers wird hingegen die Eingriffsschwelle überschritten. Hat der abgleichende Polizeibeamte die vom System gegebene Treffermeldung verifiziert, verdichtet sich das behördliche Interesse an den Daten. Durch die vorgesehene manuelle Abfrage aus der Fahndungsdatei wird die Identität des Kennzeicheninhabers gelüftet. Durch die weiter vorgesehene Abspeicherung des Vorgangs werden die gewonnenen Daten über Zeitpunkt und Ort der Erfassung für den Staat verfügbar gemacht. Dieser ist hierdurch in die Lage versetzt, weitere Maßnahmen gegen den Betroffenen einleiten zu können. Der Betroffene ist hierdurch in einer einen Grundrechtseingriff auslösenden Qualität berührt.

31

ee) Im vorliegenden Fall kann es hinsichtlich der Person des Klägers zum Szenarium eines „echten“ Treffers nach derzeitigem Sachstand nicht kommen, da nach den vorinstanzlichen Feststellungen sein KFZ-Kennzeichen nicht im Fahndungsbestand gespeichert ist. Die bloße Eventualität, es könnte zukünftig zu einer solchen Speicherung kommen, muss außer Betracht bleiben. Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch vermittelt keine Handhabe, ein behördliches Handeln abzuwehren, dem nur bei künftigem Hinzutreten außergewöhnlicher Umstände Eingriffsqualität gegenüber dem Anspruchsteller zuwüchse.

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3. Die Kosten der ohne Erfolg eingelegten Revision fallen dem Kläger zur Last (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 105.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Beteiligung an der beabsichtigten interimsweisen Vergabe einer Dienstleistungskonzession für die Erbringung von Leistungen des bodengebundenen Rettungsdienstes im Stadtgebiet … an die Beigeladenen zu 1) bis 4).

Die Antragstellerin ist ein privates Unternehmen für Notfallrettung und qualifizierte Krankentransporte mit erweitertem Aufgabenspektrum. Sie ist derzeit als Dienstleistungserbringerin im Rettungsdienst … tätig und strebt eine Expansion ihrer Tätigkeiten in den fränkischen Raum an.

Der Antragsgegner ist Träger des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich … nach Art. 4 Abs. 3 Bayerisches Rettungsdienstgesetz (BayRDG). In dieser Funktion hat er die Beigeladenen zu 1) bis 4) auf der Basis öffentlich-rechtlicher Verträge mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragt.

Der Antragsgegner beabsichtigt die Umsetzung der Empfehlungen des „Bedarfsgutachten zur rettungsdienstlichen Versorgung im Rettungsdienstbereich … – Nachbetrachtung im Rahmen der Trend- und Strukturanalyse (TRUST III) … Dieses Gutachten wurde im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums des Innern für Bau und Verkehr (BayStMI) und der Sozialversicherungsträger in Bayern Freistaats Bayern von dem Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM) – Klinikum der Universität München erstellt. Es befasst sich mit dem rettungsdienstlichen Einsatzgeschehen im Rettungsdienstbereich … Gleichzeitig werden die Empfehlungen zu strukturellen Veränderungen sowie der bedarfsgerechten Vorhaltung von öffentlich-rechtlichen Rettungsmitteln im Bereich der Notfallrettung und des Krankentransports aktualisiert und auf der Grundlage des Einsatzgeschehens im Beobachtungszeitraum 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016 angepasst.

Im Rettungsdienstbereich … waren während des einjährigen Beobachtungszeitraums die Beigeladenen zu 1) bis 4) auf der Basis öffentlich-rechtlicher Verträge mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragt. Der Rettungsdienstbereich … verfügt derzeit bzw. zum Ende des Beobachtungszeitraums über insgesamt 24 Rettungsdienststandorte mit Rettungswagen (RTW)-Vorhaltung. Hierzu zählen 23 Rettungswachen und ein Stellplatz. An 15 dieser Standorte wurden zudem im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Vorhaltung stundenweise Krankentransportwagen (KTW) betrieben, an einem weiteren Stellplatz wurden ausschließlich Krankentransportwagen vorgehalten. Zusätzliche Krankentransportleistung wurde auf privatrechtlicher Basis durch die Firma … erbracht.

Unter Berücksichtigung der Entwicklung des Einsatzaufkommens im Bereich der Notfallrettung wird in dem TRUST III-Gutachten unter anderem eine Anpassung der RTW-Vorhaltung in … mit + 345,5 Wochenstunden sowie eine Ausweitung des Stellplatzes … zur Rettungswache empfohlen (S. 4, 234 ff. des als Teil der Behördenakte vorgelegten Gutachtens). Auf der Grundlage des realen Einsatzgeschehens des 12-monatigen Beobachtungszeitraumes wurde für die Bedarfsregion … empfohlen, die KTW-Vorhaltung um 118,8 Wochenstunden zu erhöhen (…).

Aufgrund der danach insbesondere für den Rettungsdienstbereich der … notwendigen umfangreichen Erweiterungen und Erneuerungen in der Organisation des Rettungsdienstes geht der Antragsgegner davon aus, dass ein Auswahlverfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) durchzuführen ist.

Um dringende Bedarfe im Rahmen der Notfallrettung und im Krankentransport in … und … kurzfristig zu decken, beabsichtigt der Antragsgegner eine interimsweise Vergabe von Dienstleistungskonzessionen über zusätzliche rettungsdienstliche Leistungen (Notfallrettung und Krankentransport) an die bereits mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragten Hilfsorganisationen, die Beigeladenen zu 1) bis 4). Geplant sind zusätzliche Vorhaltungen von Rettungswagen (RTW) und Krankentransportwagen (KTW) an den bereits vorhandenen Rettungswachen bzw. Stellplätzen. Die Interimslösung ist vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 angedacht. Parallel dazu soll ab Mitte Januar eine europaweite Ausschreibung nach Maßgabe des Vergaberechts erfolgen, die dann noch näher an die zeitlichen Bedarfsermittlungen angepasste rettungsdienstliche Leistungen zum Inhalt haben soll. Nach dem Zeitplan des Antragsgegners wäre der Leistungsbeginn voraussichtlich ab Oktober 2018.

Nach Verhandlung mit allen im Bereich der … tätigen Durchführenden des Rettungsdienstes über die geplante Interimslösung, wurde seitens des Antragsgegners folgender Entscheidungsvorschlag erarbeitet, über den bei der 28. Verbandsversammlung des Zweckverbandes für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung in … am 11. Dezember 2017 abgestimmt werden soll:

„a) Notfallrettung aa) Der … stellt folgende zusätzlichen Vorhaltungen an seiner Rettungswache

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 09:00 Uhr bis 17:00 Uhr (+ 48 Wochenstunden)

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 17:00 Uhr bis 24:00 Uhr (+ 35 Wochenstunden)

– 1 RTW, Sonntag 15:00 Uhr bis 23:00 Uhr (+ 8 Wochenstunden)

(kostenneutrale Schichtverschiebung 1 RTW Samstag von 17:30 Uhr bis 01:30 Uhr auf 16:00 Uhr bis 24:00 Uhr)

bb) Das … stellt folgende zusätzlichen Vorhaltungen am Stellplatz …

– 1 RTW, Samstag und Sonntag von 06:00 Uhr bis 14:00 Uhr (+ 16 Wochenstunden)

– 1 RTW, Samstag und Sonntag von 14:00 Uhr bis 22:00 Uhr (+ 16 Wochenstunden)

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 13:00 Uhr bis 21:00 Uhr (+ 40 Wochenstunden)

cc) Die … stellt folgende zusätzliche Vorhaltungen an ihrer Rettungswache

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 09:00 Uhr bis 17:00 Uhr (+ 40 Wochenstunden)

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 17:00 Uhr bis 24:00 Uhr (+ 35 Wochenstunden)

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 15:00 Uhr bis 23:00 Uhr (+ 16 Wochenstunden)

dd) Der … stellt folgende zusätzlichen Vorhaltungen an seiner Rettungswache

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 16:00 Uhr bis 24:00 Uhr (+ 40 Wochenstunden)

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 15:00 Uhr bis 23:00 Uhr (+ 40 Wochenstunden)

– 1 RTW, Sonntag von 16:00 Uhr bis 24:00 Uhr (+ 8 Wochenstunden)

(Schichtverschiebung 1 RTW Samstag von 17:30 Uhr bis 01:30 Uhr auf 16:00 Uhr bis 24:00 Uhr)

Somit ergibt sich eine Erhöhung der Vorhaltung um 342,5 Wochenstunden im Stadtgebiet …, die nahezu der Empfehlung des INM entspricht.

b) Krankentransport

aa) Das … stellt folgende zusätzliche Vorhaltung am Stellplatz in der …:

1 KTW, Montag bis Sonntag von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr (+ 52 Wochenstd.)

bb) Der …, die … und der … stellen an ihrer jeweiligen Rettungswache:

KTW, Montag bis Samstag von 9:00 Uhr bis 17:30 Uhr (+ 48 Wochenstd.), jeweils im wöchentlichen Wechsel zwischen den drei Organisationen.“

Der Antragsgegner errechnet hierfür einen geschätzten Auftragswert von 2.492.270,00 €.

Nachdem die Antragstellerin von der beabsichtigten Interimsvergabe erfahren hatte, wandte sie sich mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 14. November 2017 an den Antragsgegner und bewarb sich auf die vom Antragsgegner nachgefragten Interimsleistungen. Sie bat um Übersendung der Ausschreibungsunterlagen nach einer EU-Bekanntmachung. Zudem ersuchte sie den Antragsgegner um Akteneinsicht in die Vergabeunterlagen. Die Antragstellerin ist der Ansicht, der EU-Schwellenwert sei überschritten, so dass die Leistung öffentlich unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts auszuschreiben sei und nicht im Wege einer De-Facto-Interimsvergabe vergeben werden dürfe.

Mit Schreiben vom 24. November 2017 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass der geschätzte Auftragswert für die Interimsbeauftragung weit unterhalb des maßgeblichen Schwellenwerts von 5.225.000,- € liege. Hinsichtlich der Interimsleistungen hätten bereits Verhandlungen mit vier Bewerbern stattgefunden hätten. Wie auch von den Sozialversicherungsträgern gefordert, seien Angebote mit Angabe eines Stundensatzes für die Leistung an den Antragsgegner übermittelt worden, um die Entscheidung über die Interimsbeauftragung auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Leistung qualifiziert treffen zu können. Eine Bewerbung der Antragstellerin werde zum jetzigen Zeitpunkt nicht berücksichtigt.

Die Antragstellerin hat daraufhin am 29. November 2017 beim Verwaltungsgericht Ansbach Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO gestellt.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (hilfsweise eines Hängebeschlusses) sei zulässig und begründet. Der Antragsgegner sei zur Ausschreibung der Vergabe verpflichtet. Die Antragstellerin könne sich hierauf auch als an der Dienstleistungskonzession Interessierte berufen (Art. 13 Abs. 1 BayRDG, Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG sowie Verletzung der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV, der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV sowie der daraus fließenden Transparenzpflicht. Wegen der unmittelbar bevorstehenden Beauftragung der Hilfsorganisationen bestehe auch ein Anordnungsgrund im Hinblick auf eine vorläufige Zulassung der Antragstellerin.

Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet. Die flächendeckende Versorgung mit rettungsdienstlichen Leistungen sei nach Art. 1 Satz 2 BayRDG eine öffentliche Aufgabe, die unter bestimmten Voraussetzungen durch Dritte erfüllt werden könne. Bei dem hierzu durchzuführenden Ausschreibungs- und Auswahlvorgang handele es sich um einen hoheitlichen Vorgang, der öffentlich-rechtlichen Normen unterliege.

Die Antragstellerin habe auch ein Rechtsschutzinteresse. Ein Zuwarten auf den Vollzug der rechtswidrigen Auswahlentscheidung am Montag, 11. Dezember 2017, … könne ihr nicht zugemutet werden. Das besonders schützenswerte Interesse an der Inanspruchnahme des vorbeugenden Rechtsschutzes ergebe sich daraus, dass in allen Fällen des nachgängigen Rechtsschutzes unzumutbare und nicht rückgängig zu machende Nachteile für die Antragstellerin eintreten würden.

Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf effektiven Primärrechtsschutz. Hieraus folge eine verwaltungsrechtliche Vorinformationspflicht. Die Antragstellerin habe einen Anspruch darauf, ordnungsgemäß über den Ausgang des Auswahlverfahrens informiert zu werden. Der öffentlich-rechtliche Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin nach Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebiete es, zwischen der Bekanntgabe der Auswahlentscheidung und dem Vertragsabschluss mit dem ausgewählten Bewerber einen angemessenen Zeitraum von jedenfalls zwei Wochen verstreichen zu lassen, um einen effektiven (Primär-)Rechtsschutz im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG in Bezug auf die Auswahlentscheidung zu ermöglichen.

Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache stehe der Statthaftigkeit des Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO nicht entgegen, da ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren oder auf Rechtsschutz allein gegen die zuletzt zu treffende Auswahlentscheidung unzumutbare Nachteile für die Antragstellerin bringen würde.

Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf Durchführung einer Ausschreibung nach Art. 13 Abs. 3 BayRDG i.V.m. Art. 12 und Art. 3 GG sowie aus dem unionsrechtlichen Grundsatz der Transparenz. Von dieser Pflicht sei der Antragsgegner weder wegen nur unwesentlicher Vertragsänderungen (Art. 13 Abs. 4 BayRDG) noch aus Gründen der Dringlichkeit entbunden. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf vorläufige Beteiligung und Unterlassung aus § 241 Abs. 2 BGB. Der Antragsgegner berücksichtige die Bewerbung der Antragstellerin nur deshalb nicht, weil hinsichtlich der Interimsleistungen bereits Verhandlungen mit vier Bewerbern stattgefunden hätten und Angebote mit Angabe eines Stundensatzes für die Leistung an den Antragsgegner übermittelt worden seien, um die Entscheidung über die Interimsbeauftragung auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Leistung qualifiziert treffen zu können. Die Ablehnung der Bewerbung der Antragstellerin wegen fortgeschrittener Verhandlungen sei willkürlich, weil der Antragstellerin Bewerbungsverfahrensregeln nicht mitgeteilt worden seien. Eine Entscheidung über die Interimsbeauftragung könne auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Leistung gar nicht qualifiziert getroffen werden, weil das Angebot der Antragstellerin nicht mit in die Wertung einbezogen worden sei. Die subjektiv-öffentlichen Rechte der Antragstellerin könnten nur gewahrt werden, wenn die Antragstellerin vorläufig in das Verfahren mit aufgenommen werde.

Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf ordnungsgemäße Sachverhaltsermittlung. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, dass es staatlichen Stellen, die einen öffentlichen Auftrag vergeben, verwehrt sei, Verfahren und Kriterien der Vergabe willkürlich festzulegen. Jeder Mitbewerber müsse eine faire Chance erhalten, nach Maßgabe der für den spezifischen Auftrag wesentlichen Kriterien und des vorgesehenen Verfahrens berücksichtigt zu werden. Eine ungerechtfertigte Abweichung von derartigen Vorgaben könne zu einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG führen (vgl. Hess.VGH, B. v. 23.7.2012 – 8 B 2244/11 – juris). Das Verfahren müsse formell ordnungsgemäß durchgeführt werden. Dies gelte insbesondere auch für die Einhaltung der Verfahrensvorschriften durch die Gremien, die die relevante Auswahlentscheidung treffen. Dem Antragsgegner seien bei der Sachverhaltsermittlung erkennbare Fehler unterlaufen, weil das Angebot der Antragstellerin aus sachwidrigen Gründen nicht im Auswahlvefahren berücksichtigt worden sei. Der Antragsgegner verkenne, dass oberhalb und unterhalb der Schwellenwerte die gleichen Beteiligungsrechte bestünden.

Die Antragstellerin sei in ihrem Beteiligungsrecht aus Art. 13 Abs. 3 BayRDG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Die Vergabe der streitgegenständlichen Aufträge ohne ein öffentlich-rechtliches Auswahlverfahren unter Einbeziehung der Antragstellerin sei rechtswidrig. Art. 13 BayRDG verpflichte zur Durchführung eines Auswahlverfahrens, das nach Art. 13 Abs. 3 Satz 1 BayRDG ausdrücklich transparent durchzuführen sei.

Der Antragsgegner könne sich auch nicht auf Art. 13 Abs. 4 BayRDG berufen. Demnach bedürfe es eines Auswahlverfahrens dann nicht, wenn bestehende Einrichtungen des Rettungsdienstes unwesentlich geändert oder erweitert werden. Diese Vorschrift sei auf eng begrenzte Ausnahmefälle zu beschränken und komme hier nicht zur Anwendung. Allein aus der bereits benannten Zahl der beabsichtigten Erhöhung der Vorhaltestunden (Erhöhung RTW um 342 Wochenstunden; Erhöhung KTW um 110,5 Wochenstunden) werde ersichtlich, dass hierdurch neue Rettungsmittel – namentlich wohl 3 RTW und 1 KTW – erforderlich werden. Hiervon gehe auch der Antragsgegner aus, der erklärt, dass für die Interimsbeauftragung erworbene Krankenkraftwagen eventuell an Auftragsnachfolger weitergegeben werden müssten.

Die geplante Interimsvergabe ausschließlich an anerkannte Hilfsorganisationen unter Ausschluss privater Dienstleister sei willkürlich und verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG. Im Ergebnis fordere Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG die Durchführung eines chancengerechten Auswahlverfahrens auch unter Einbeziehung nicht bereits am Markt etablierter privater Anbieter. Hiergegen hat der Antragsgegner verstoßen und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt.

Die freihändige Vergabe verstoße gegen das unionsrechtliche Transparenzgebot und verletzte die Antragstellerin hierdurch in subjektiven Rechten. Eine Vergabe unterhalb der Schwellenwerte sei durch die Geltung des europäischen Primärrechts bestimmt. Ein grenzüberschreitendes Interesse sei hier angesichts der wettbewerbsorientierten und auf internationale Expansion ausgelegten Branche der Dienstleistungserbringer im Rettungsdienst und unter Berücksichtigung des hiesigen Auftragsvolumens von ca. 2,5 Mio. Euro zu bejahen. Auch bei öffentlichen Aufträgen, die nicht unter den Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts fallen, sei ein ermessensfehlerfreies sowie transparentes und nichtdiskriminierendes Auswahlverfahren durchzuführen.

Der Antragsgegner könne sich auch nicht auf eine Ausnahme vom Ausschreibungserfordernis wegen Dringlichkeit oder aus Gründen des Allgemeinwohls berufen. Das TRUST III-Gutachten sei dem Antragsgegner offenbar bereits so lange bekannt, dass er dazu in der Lage war, mit den bisherigen Leistungserbringern in Verhandlungen zu treten und mit ihnen eine „einvernehmliche Lösung zu erarbeiten. Dies habe bereits Anfang November 2017 festgestanden, wie aus der E-Mail vom 3. November 2017 des Antragsgegners an die Antragstellerin ersichtlich sei, in der er erkläre, die Interimsbeauftragung sei für die Antragstellerin nicht offen. Dem Antragsgegner stehe noch rund ein Monat zu Verfügung, um eine ordentliche Interimsvergabe durchzuführen. Er könne sich insoweit nicht auf Dringlichkeit und Zeitknappheit berufen.

Die Direktvergabe sei auch nicht durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vom 11.12.2014 – C-113/13 und 28.1.2016 – C-50/14). Danach stehen Art. 49 und Art. 56 AEUV einer nationalen Regelung nicht entgegen, die es zulasse, dass die örtlichen Behörden die Erbringung von dringenden Krankentransport- und Notfallkrankentransportdiensten vergeben, soweit der rechtliche und vertragliche Rahmen, in dem diese Organisationen tätig sind, tatsächlich zu dem sozialen Zweck und zu den Zielen der Solidarität und der Haushaltseffizienz beitrage. In der gerügten Maßnahme liege zudem eine rechtswidrige Beihilfe zugunsten des nachrangigen Bieters. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergebe sich aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog. Es liege eine Beeinträchtigung des Antragstellers in seinem Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor.

Der Antragstellerin stehe auch ein Anordnungsgrund zur Seite. Die Dringlichkeit des Anspruchs auf vorläufige Zulassung ergebe sich daraus, dass der Antragsgegner unmissverständlich erklärt habe, dass er die Bewerbung der Antragstellerin nicht berücksichtigen werde, sondern vielmehr – nach Herbeiführung eines Verbandsbeschlusses am 11. Dezember 2017 - die beabsichtigten Interimsvergaben vornehmen werde.

Die begehrte Regelungsanordnung sei notwendig im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. Im vorliegenden Fall stehe der Endpunkt der Beauftragung nicht fest. So heiße es in der Sitzungsvorlage zu Verbandsversammlung am 11. Dezember 2017 wörtlich: „…Interimslösung für den Zeitraum des Laufs des Auswahlverfahrens von ca. einem Jahr mit Beginn ab 01.01.2018 bis voraussichtlich 31.12.2018 geplant.“ Es sei demnach auch eine längere Beauftragung möglich. Damit sei zum einen das Überschreiten der Schwellenwerte möglich und zum anderen bestehe die Gefahr, dass die Rechtsverletzung der Antragstellerin perpetuiert werde.

Hilfsweise werde geltend gemacht: würde die Vergabe an die Konkurrenten nicht vorläufig untersagt, drohe die Vereitelung der Rechte der Antragstellerin. Nach Abschluss der öffentlich-rechtlichen Verträge hätte die Antragstellerin keine Möglichkeit mehr, die ihr zustehenden Rechte auf ein transparentes, wettbewerbliches Bieterverfahren durchzusetzen. Darüber hinaus würden ihr auch Nachteile im Hinblick auf das seitens des Antragsgegners beabsichtigte Auswahlverfahren (nach Kartellvergaberecht) erwachsen. Denn der Antragsgegner wolle sich in der Gestaltung des Auswahlverfahrens ausdrücklich an der Interimslösung orientieren (vgl. Beschlussvorlage, S. 2). Wer also jetzt im Rahmen der Interimsvergabe mit der Leistungserbringung betraut werde, habe hierdurch einen Vorteil im Auswahlverfahren. Die Vergabe an die Mitbewerber führe zu einer Besserstellung der Hilfsorganisationen gegenüber der Antragstellerin am Markt. Dies verletze die Antragstellerin in ihrem Grundrecht der Wettbewerbsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG. Daraus erwachse ein subjektiv-öffentlicher Unterlassungsanspruch. Eine Schutzbereichsbeeinträchtigung finde immer dann statt, wenn staatliches Handeln zu einer Verzerrung des Wettbewerbs führe (BVerfG, B. v. 14.3.2006 – 1 BvR 2087/03). Es bestehe hier die Gefahr, dass sich der Wettbewerbsvorspruch der Hilfsorganisationen rechtswidrig perpetuiere.

Der Antragsgegner sei aus europäischem Telekommunikationsrecht und aus § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur unverzüglichen Übersendung seiner Verwaltungsakte an das Gericht verpflichtet. Ein Verweigerungsrecht aus § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO bestehe nicht. Der Antragsgegner sei schon deshalb nicht zur Verweigerung der Übermittlung berechtigt, weil diese Möglichkeit nur der zuständigen obersten Aufsichtsbehörde eingeräumt werde. In den Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners befänden sich keine ihrem Wesen nach geheim zu haltende Vorgänge. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf (vollständige) Akteneinsicht aus § 100 VwGO.

Die Antragstellerin stellt folgende Anträge:

1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Antragstellerin zu dem Auswahlverfahren Stadt …, Interimslösung zur Durchführung des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich … (ab 1. Januar 2018 bis voraussichtlich 31. Dezember 2018), vorläufig zuzulassen.

2. Der Antragsgegner wird vorläufig verpflichtet, nur eine Auswahlentscheidung in dem Auswahlverfahren Stadt …, Interimslösung zur Durchführung des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich … (ab 1. Januar 2018 bis voraussichtlich 31. Dezember 2018), zu treffen, wenn der Antragstellerin zuvor die Chance zur Angebotsabgabe gegeben wurde.

3. Bis zu einer Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache wird der Antragsgegner verpflichtet, weitere, die geltend gemachte Rechtsposition der Antragstellerin auf Beteiligung beeinträchtigende Handlungen einstweilen zu unterlasen.

4. Hilfsweise: es zu unterlassen, die mit allen im Bereich der Stadt … tätigen Durchführenden des Rettungsdienstes (…) abgestimmte Interimslösung zur Durchführung des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich … (ab 1. Januar 2018 bis voraussichtlich 31. Dezember 2018) ohne EU-Bekanntmachung und ohne Durchführung eines transparenten und chancengleichen Auswahlverfahrens auszuführen/zu vollziehen.

5. Die Verfahrensakten des Antragsgegners werden beigezogen und der Antragstellerin Akteneinsicht gewährt, §§ 99, 100 VwGO.

6. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Hilfsweise

7. wird dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Ablauf der Beschwerdefrist oder Einlegung der Beschwerde beim zuständigen Oberverwaltungsgericht untersagt, ein Auswahlverfahren ohne Beteiligung der Antragstellerin durchzuführen, höchsthilfsweise auf das Angebot der Hilfsorganisationen den Zuschlag zu erteilen bzw. einen entsprechenden öffentlich-rechtlichen Beauftragungsvertrag abzuschließen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Er ist der Ansicht, die Haupt- und Hilfsanträge seien bereits unzulässig. Der Antragstellerin fehle die Antragsbefugnis. Sie habe zwar schriftlich ein Angebot angekündigt, aber nicht näher dargelegt, welche Leistungen sie anbieten könne. Jedenfalls fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragstellerin behaupte eine enorme wirtschaftliche Tragweite im Falle einer Nichtteilnahme, wohl eher Nichtberücksichtigung bei einer interimsweisen Beauftragung, ohne dies näher zu erläutern.

Darüber hinaus seien die Anträge auch unbegründet. Die Antragstellerin könne keinen Anordnungsgrund geltend machen. Sie könnte sich allenfalls auf einen hier nicht bestehenden Teilnahmeanspruch am Verfahren aus Art. 13 BayRDG i.V.m. Art. 12 GG berufen. Die in Art. 13 Abs. 2 und 3 BayRDG genannten Anforderungen an das Auswahlverfahren seien in den Verhandlungen mit den Beigeladenen zu 1) bis 4) beobachtet worden. Es sei unverzüglich nach Auswertung des vorliegenden Bedarfsgutachtens eine inhaltliche Umsetzungsmöglichkeit entwickelt worden, die möglichst nahe an die Maßgaben der gutachterlichen Empfehlung angepasst sei und die auch mit möglichst wenig zusätzlichen Sachmitteln (Rettungswägen, Krankentransportwägen) durch deren Nutzung in ansonsten freien Zeiten auskomme und die noch bestehenden Vorhaltestrukturen berücksichtige.

Auch habe der Antragsgegner ein Gutachten über die Abdeckung des notwendigen Sonderbedarfs für Großschadenslagen beauftragt. Dessen Ergebnisse seien dann gemäß der Regelung des Art. 13 Abs. 2 bei der Prüfung der Eignung von Bewerbern im dann offenen Verfahren zu berücksichtigen sein. Dieses Gutachten liege aber noch nicht vor. Somit sei die Beurteilung der Eignung für die aktuelle Interimsbeauftragung bezüglich dieses Punktes noch nicht möglich und eine Angebotsaufforderung allein gegenüber den aktuell beauftragen Durchführenden gerechtfertigt.

Die unterschwellige Interimsbeschaffung habe keine Binnenmarktrelevanz. Dies ergebe sich aus der kurzen Laufzeit und dem Interimscharakter der Beschaffung. Die Anmietung bzw. der Bau eines Standortes, die Beschaffung der notwendigen Sachmittel und des Personal für einen solch kurzen Zeitraum begründe allenfalls ein Interesse bei bereits inländisch tätigen Unternehmen. Beschaffungsgegenstand sei nicht die gesamte, bestehende rettungsdienstliche Vorhaltung im Rettungsdienstbereich, sondern die separate, interimsweise Beauftragung mit den nach aktuell vorliegendem Bedarfsgutachten zusätzlich notwendigen Vorhaltungen.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin werde hier keine Privilegierung oder ein Schutz von Hilfsorganisationen beabsichtigt. Bei der Entscheidung, ob die angebotenen Leistungen für die Interimszeit so beauftragt werden können, sei auch die Wirtschaftlichkeit beachtet worden. Es seien Personaleinsatzkonzepte angefordert sowie der für Interimsbeauftragungen von den Sozialversicherungsträgern geforderte Stundensatz pro Vorhaltestunde abgefragt und in Relation zu den im Rettungsdienstbereich durchschnittlich anfallenden Stundenkosten bewertet worden.

Es sei nicht ersichtlich, worin der Nachteil für die Antragstellerin liegen solle, wenn sie nicht interimsweise berücksichtigt und beauftragt werde. Vielmehr sei es Wesen der Interimsbeauftragung, dass sie nahezu den gleichen Gegenstand zum Inhalt habe, aber eben nur vorläufig und möglichst kurz befristet erfolge, um ein auch hinsichtlich Angebots- und Ausführungsfristen diskriminierungsfreies und daher nicht zu kurzfristig ausgestaltetes Ausschreibungsverfahren zu ermöglichen.

Der Antragsgegner habe hier nicht willkürlich, sondern im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung bei der Verfahrensgestaltung aufgrund der interimsweisen Natur der Beauftragung und dem zeitlich und inhaltlich drängenden und zu deckenden Versorgungsbedarfen rechtmäßig gehandelt.

Aus den vorgenannten Erwägungen zum hier fehlenden Rechtsschutzbedürfnis sei auch kein Anordnungsgrund dargelegt. Eine dringliche Anordnung im vorbeugenden Rechtsschutz sei hier nicht zum Schutz nicht konkretisierter rechtlicher Interessen der Antragstellerin notwendig.

Soweit am 11. Dezember 2017 eine Entscheidung der Verbandsversammlung vorliege, werde der Antragstellerin die Absicht zum Vertragsschluss entsprechend mitgeteilt und nicht vor dem 15. Dezember 2017 vollzogen. Der Vertragsabschluss werde dann noch allgemein bekanntgemacht. Ein längeres Zuwarten sei auch im Hinblick auf die Beschwerdemöglichkeit der Antragstellerin kaum möglich, da die Realisierung bereits am 1. Januar 2018 erfolgen solle und auch die Interessen der Beigeladenen zu 1) bis 4) zu berücksichtigen seien. Die kurzfristige Vorabinformation sei notwendig, da dringende Bedarfe im Rahmen der Notfallrettung und im Krankentransport im Gebiet der Stadt … interimsweise parallel zum voraussichtlich im Januar 2018 nach Vorliegen entsprechender Entscheidungen beginnenden offenen Ausschreibungsverfahren zu decken seien.

Der Antragsgegner hat die Verfahrensakte (Bl. 1-195) vorgelegt und darauf hingewiesen, dass die Bl. 131-133 (Angebot JUH), Bl. 137, 138 (Angebot ASB per Mail), Bl. 143, 144 (Angebot BRK …), Bl. 145-149 (Angebot BRK …), Bl. 151-156 (Angebot MHD), Bl. 157-159 (schriftl. Angebot ASB), Bl. 165-179 (nichtöffentliche Sitzungsunterlage samt Angeboten) aus Gründen des Geheimwettbewerbs, insbesondere hinsichtlich Kalkulation der Stundensätze und der Personalkonzepte entnommen worden seien. Eine Vorlage könne nur nach Durchführung des Verfahrens nach § 99 VwGO noch erfolgen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Teils der Behördenakte verwiesen, den der Antragsgegner vorgelegt hat.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO bleibt ohne Erfolg.

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Im Rahmen einer Entscheidung über eine einstweilige Anordnung ist zu unterscheiden zwischen dem Anordnungsgrund (§ 123 Abs. 1 VwGO), der insbesondere die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet und dem Anordnungsanspruch, also dem materiellen Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht. Sowohl der Anordnungsgrund als auch der Anordnungsanspruch sind nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 929 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen, wobei die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgeblich sind. Dabei soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung grundsätzlich die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden.

Mit dem Hauptantrag zu 1) begehrt die Antragstellerin die vorläufige Zulassung zu dem Auswahlverfahren …, Interimslösung zur Durchführung des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich … (ab 1. Januar 2018 bis voraussichtlich 31. Dezember 2018).

Der Hauptantrag zu 2) zielt darauf ab, dem Antragsgegner zu untersagen, die beabsichtigte Interimsvergabe für die Erbringung von Rettungsdienstleistungen im Zeitraum von 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 ohne Beteiligung der Antragstellerin durchzuführen.

1. Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist hinsichtlich der Hauptanträge zu 1) bis 3) nur teilweise zulässig

1.1. Der Verwaltungsrechtsweg ist gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Insbesondere handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Auch liegt eine abdrängende Sonderzuweisung nicht vor.

Bei dem hier seitens der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch auf Beteiligung an dem Verfahren zur interimsweisen Vergabe von Rettungsdienstleistungen handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Die flächendeckende Versorgung mit rettungsdienstlichen Leistungen ist nach Art. 1 Satz 2 BayRDG vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 eine öffentliche Aufgabe und durch einen öffentlichen Rettungsdienst sicherzustellen. Die streitgegenständliche (interimsweise) Vergabe von Rettungsdienstleistungen findet ihre Rechtsgrundlage in der öffentlich-rechtlichen Vorschrift des § 13 BayRDG. Nach Art. 13 Abs. 5 S.1 BayRDG kann der Träger rettungsdienstlicher Aufgaben die Durchführung des Rettungsdienstes auf anerkannte Hilfsorganisationen und andere Leistungserbringer durch öffentlich-rechtlichen Vertrag übertragen. Da die Rechtsnatur des Vertrages damit kraft Gesetzes dem öffentlichen Recht zugewiesen ist, ist die Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur (vgl. BGH, NZBau 2012, 248 − Rettungsdienstleistungen III; BayVGH, B. v. 23.12.2009 - 21 CE 09.3131 - juris).

Der Verwaltungsrechtsweg ist auch nicht aufgrund einer abdrängenden Sonderzuweisung ausgeschlossen. Die Sonderzuweisung an die Vergabenachprüfungsinstanzen nach §§ 155, 156 Abs. 2 des vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) greift hier nicht ein. Zwar handelt es sich bei der Interimsvergabe um eine Dienstleistungskonzession im Sinne des § 155 in Verbindung mit § 105 GWB. In Bayern werden Verträge über die Versorgung der Bevölkerung mit Rettungsdienstleistungen nach dem Bayerischen Rettungsdienstgesetz in der Form von Dienstleistungskonzessionen (sog. “Konzessionsmodell“) und nicht mittels Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (sog. „Submissionsmodell“) vergeben (vgl. dazu EuGH, U. v. 10.3.2011, Privater Rettungsdienst und Krankentransport Stadler – C-274/09 –, juris Rdnrn. 22 f.; BayVerfGH, Entscheidung v. 24. Mai 2012 – Vf. 1-VII-10 –, Rn. 68, juris). Allerdings gelten nach § 106 Abs. 1 Satz 1 die Bestimmungen des 4. Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) nur für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen sowie die Ausrichtung von Wettbewerben, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die jeweils festgelegten Schwellenwerte erreicht oder überschreitet. In Bezug auf Konzessionen nach § 105 GWB verweist § 106 Abs. 2 Nr. 4 GWB auf Art. 8 der Richtlinie 2014/23/EU sowie auf die Verordnung (EU) 2015/2172 der Europäischen Kommission für Konzessionen in der jeweils geltenden Fassung. Danach beträgt der hier maßgebliche Schwellenwert für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen derzeit 5.225.000,00 Euro (vgl. auch § 2 KonzVgV). Nachdem der geschätzte Auftragswert vom Antragsgegner im vorliegenden Fall mit 2.492.270,00 Euro beziffert wurde, ist der maßgebliche Schwellenwert nicht erreicht, mit der Folge, dass eine Sonderzuweisung zur Vergabekammer nicht gegeben ist.

Aus diesem Grund kommt es auf die Frage, ob die Voraussetzungen der Bereichsausnahme „Rettungsdienst“ nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB bzw. Art. 10 Abs. 8 lit.g) RL 2014/23/EU im vorliegenden Fall erfüllt sind, nicht an (vgl. dazu OVG NRW, B. v. 19.1.2017 – 13 B 1163/16 -, juris; VK Rheinland-Pfalz, B. v. 19.8.2016 – VKD 14/16 – juris; VG Düsseldorf, B. v. 15.9.2016 – 7 L 2411/16 -, juris; Bühs: Rettungsdienstvergabe wieder vor dem EuGH - EuZW 2017, 804; VK Südbayern, B. v. 14.2.2017 – Z3-3/3194/1/54/12/16 -, juris).

1.2. Die Antragstellerin verfügt hinsichtlich des Antrags zu 1) auch über das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis, nachdem der Antragsgegner mit Schreiben vom 24. November 2017 ausdrücklich erklärt hat, dass eine Beteiligung der Antragstellerin an der Interimsvergabe nicht in Betracht komme.

Mit ihrem Antrag zu 2) macht die Antragstellerin über den vorläufigen Rechtsschutz hinaus auch einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch geltend. Für diesen Antrag fehlt ihr bereits das dafür erforderliche qualifizierte (besondere) Rechtsschutzbedürfnis. Sie begehrt eine Anordnung zur Sicherung eines Anspruchs dahingehend, die streitgegenständlichen Rettungsdienstleistungen nur nach Durchführung eines gemeinschaftskonformen Auswahlverfahrens zu vergeben und will damit einem befürchteten künftigen Verwaltungshandeln entgegenwirken.

Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz ist vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Gewaltenteilung und des Gebots eines effektiven Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich nicht vorbeugend ausgestaltet. Für einen vorbeugenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist deshalb ein qualifiziertes, gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzbedürfnis erforderlich. Dieses ist grundsätzlich zu verneinen, solange der Antragsteller in zumutbarer Weise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung im Regelfall als angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (BVerwG, U. v. 8.9.1972 - IV C 17.71 -, U. v. 29.7.1977 - IV C 51.75 - und U. v. 26.6.1981 - 4 C 5.78 -; B. v. 21.2.1973 - IV CB 68.72 -, alle juris). Es ist in der Regel zumutbar, die Verwaltungsmaßnahme abzuwarten und anschließend Rechtsmittel gegen die Verwaltungsmaßnahme einzulegen sowie gegebenenfalls um vorläufigen Rechtsschutz nach §§ 80, 80a VwGO nachzusuchen. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der nachträgliche Rechtsschutz mit unzumutbaren Nachteilen für den Betroffenen verbunden wäre. Insoweit muss eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung von Grundrechten der Antragstellerin drohen, die über die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (vgl. BVerwG, U. v. 16.4.1971 - IV C 66.67 -, juris; OVG NRW, B. v. 2.3.2001 - 5 B 273/01 -, juris; VG Gelsenkirchen, B. v. 10.11.2017 – 14 L 2455/17 –, Rn. 61, juris).

Ein qualifiziertes Rechtschutzbedürfnis ist hingegen zu bejahen, wenn ohne die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes die Gefahr bestünde, dass vollendete, nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen würden oder wenn ein nicht mehr wiedergutzumachender Schaden entstünde (vgl. OVG NRW, B. 22.6.2017 – 13 B 238/17 –, juris; OVG Lüneburg, B. v. 12.11.2012 - 13 ME 231/12 -, juris; U. v. 11.6.2010 - 11 ME 583/09 -, juris; BayVGH, B. v. 30.11.2010 - 9 CE 10.2468 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 2.12.2009 - 11 S. 81.08 - juris; OVG NRW, B. v. 1.8.2013 - 4 B 608/13 – juris; VG Düsseldorf, B. v. 15.9.2016 – 7 L 2411/16 –, juris).

Ausgehend von diesen Anforderungen an das notwendige qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis rechtfertigt der bisherige Sachvortrag der Antragstellerin nicht die Gewährung vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Ziel, dem Antragsgegner zu untersagen, die beabsichtigte Interimsvergabe ohne Beteiligung der Antragstellerin durchzuführen. Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner mit den Beigeladenen zu 1) bis 4) bisher noch keinen öffentlich-rechtlichen Vertrag hinsichtlich der interimsweise zu erbringenden Rettungsdienstleistungen geschlossen. Auch macht die Antragstellerin in keiner Weise geltend, dass sie durch den möglichen Abschluss eines Vertrages zwischen dem Antragsgegner und den Beigeladenen zu 1) bis 4) in ihrer Existenz gefährdet sei, oder dass durch den Abschluss oder die Durchführung öffentlich-rechtlicher Verträge irreversible Zustände geschaffen würden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass es vorliegend nur um die interimsweise Vergabe zusätzlicher Rettungsdienstleistungen geht. Die Antragstellerin ist nicht gehindert, sich an der für Anfang 2018 für den Rettungsdienstbereich … geplanten öffentlichen Ausschreibung zu beteiligen. Nach alledem besteht nach Überzeugung des Gerichts nicht die Notwendigkeit, dem Antragsgegner den Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge im Vorfeld zu untersagen, um der Antragstellerin effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten.

2. Soweit der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO zulässig ist, ist er nicht begründet.

Mit ihrem Antrag zu 1), sie vorläufig zum Auswahlverfahren Interimsvergabe zuzulassen, begehrt die Antragstellerin eine Vorwegnahme der Hauptsache. In einem solchen Fall sind an die Prüfung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch qualifizierte Anforderungen zu stellen, d.h. der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nur in Betracht, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für den Erfolg in der Hauptsache spricht und die Antragstellerin ohne die einstweilige Anordnung unzumutbaren Nachteilen ausgesetzt wäre (vgl. BayVGH, B. v. 18.3.2016 - 12 CE 16.66 -, juris). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Nach aufgrund des engen Zeithorizonts nur sehr kursorisch möglicher Prüfung geht das Gericht davon aus, dass die Antragstellerin weder Anordnungsanspruch (dazu 2.1.) noch Anordnungsgrund (dazu 2.2.) glaubhaft gemacht hat.

2.1. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Die Antragstellerin hat nach summarischer Prüfung keinen Anspruch darauf, im Verfahren zur Vergabe der im TRUST III-Gutachten vom September 2017 für die … als notwendig festgestellten zusätzlichen Rettungsdienstleistungen im Rettungsdienstbereich … während des notwendigen Interimszeitraumes vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 vorläufig zugelassen zu werden.

Es ist in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner den sich auf der Grundlage des TRUST III-Gutachtens ergebenden Mehrbedarf interimsweise durch eine zusätzliche, freihändige Beauftragung der Beigeladenen zu 1) bis 4) als Bestandsdienstleister decken möchte, um so seinem Sicherstellungsauftrag als Träger des Rettungsdienstes gem. Art. 4 Abs. 3 BayRDG zu genügen.

Ein Anspruch auf Beteiligung an dem Interimsvergabeverfahren ergibt sich entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Antragstellerin nicht aus Art. 13 Abs. 3 BayRDG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.

Nach Art. 13 Abs. 2 BayRDG entscheidet der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung in einem Auswahlverfahren über den Gegenstand der Beauftragung und einen geeigneten Durchführenden nach pflichtgemäßem Ermessen.

Wie bereits erwähnt werden im Freistaat Bayern Verträge über die Versorgung der Bevölkerung mit Rettungsdienstleistungen nach dem Bayerischen Rettungsdienstgesetz in der Form von Dienstleistungskonzessionen vergeben. Die Vergabe einer Dienstleistungskonzession richtet sich, sofern der nach § 2 KonzVgV maßgebliche Schwellenwert überschritten ist, nach den Vorschriften der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV). Gemäß § 12 Abs. 1 KonzVgV kann der Konzessionsgeber das Vergabeverfahren frei gestalten und sich an den Vorschriften der Vergabeverordnung (VgV) zum Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb orientieren (VK Hamburg, B. v. 31.7.2017 – Vgk FB 3/17 -, juris). Der geschätzte Auftragswert für die interimsweise zu vergebenden Leistungen erreicht im vorliegenden Fall nicht den maßgebliche Schwellenwert für Dienstleistungskonzessionen von derzeit 5.225.000 € (§ 155 GWB i. V. m. § 106 Abs. 1, 2 Nr. 4 GWB i. V. m. § 2 KonzVgV), so dass insoweit kein Vergabeverfahren nach den Regelungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) durchzuführen ist.

Zwar sind die allgemeinen Grundsätze des EU-Primärrechts, insbesondere die Prinzipien von Wettbewerb, Transparenz, Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit als Ausfluss der Grundfreiheiten der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 und 56 AEUV auch bei Vergaben unterhalb der Schwellenwertgrenzen zu beachten (vgl. VG Kassel, U. v. 6.10.2017 – 5 K 939/13.KS; Ganske in: Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 4. Aufl. 2018, § 105 GWB, Rn. 5). Allerdings gilt dies nur, sofern an diesen Aufträgen ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht (vgl. EuGH, NZBau 2008, 453 − SECAP und Santorso; EuGH, NZBau 2015, 377 − Spezzino und Anpas; EuGH, NZBau 2015, 569 − Generali-Providencia Biztosító Zrt.; EuGH, NZBau 2015, 383 – SC Enterprise Focused Solutions). Indizien für ein grenzüberschreitendes Interesse sind ein gewisses Volumen des fraglichen Auftrags in Verbindung mit dem Leistungsort, technischen Merkmalen des Auftrags oder Besonderheiten der betreffenden Waren (vgl. dazu EuGH, U. v. 15.5.2008 – Rs. C-147/06 -, NZBau 2008, 453 ff. − SECAP und Santorso; EuGH, U. v. 16.4.2015 – Rs. C-278/14 -, NZBau 2015, 383 ff. – SC Enterprise Focused Solutions). Nach der Rechtsprechung des EuGH kann ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse nicht hypothetisch aus bestimmten Gegebenheiten abgeleitet werden, die – abstrakt betrachtet – für ein solches Interesse sprechen könnten, sondern muss sich positiv aus einer konkreten Beurteilung der Umstände des fraglichen Auftrags ergeben (EuGH, U. v. 6.10.2016 – Rs. C-318/15 – NZBau 2016, 781 -, Tecnoedi Costruzioni Srl ./. Comune di Fossano -). Dies zugrunde gelegt, ist ein solches eindeutig grenzüberschreitendes Interesse entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Antragstellerin im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Vergabe der Leistungen an die Beigeladenen zu 1) bis 4) würde ein in Deutschland ansässiges Unternehmen (die Antragstellerin) durch die rechtswidrige Bevorzugung von in Deutschland ansässigen Hilfsorganisationen (den Beigeladenen zu 1) bis 4)) bei einer in Deutschland zu erbringenden Leistung (Rettungsdienstleistungen in …) benachteiligen. Es fehlt somit offensichtlich die Binnenmarktrelevanz. Allein der Umstand dass der Antragsgegner die Rettungsdienstleistungen im Januar 2018 europaweit ausschreiben möchte und damit zu erkennen gegeben hat, dass er dieses Vergabeverfahren für gegebenenfalls binnenmarktrelevant hält, ist ohne Belang (HessVGH, B. v. 23.7.2012 – 8 B 2244/11 –, Rn. 34, juris), zumal hier jedenfalls die kurze Zeitdauer von 12 Monaten sowie der Interimscharakter gegen ein grenzüberschreitendes Interesse der beabsichtigten Vergabe von Rettungsdienstleistungen sprechen.

Unabhängig von der Frage der Binnenmarktrelevanz verpflichtet zwar auch Art. 13 Abs. 3 Satz 1 BayRDG zur Beachtung der Prinzipien von Transparenz, Wettbewerb und Gleichbehandlung bei der Durchführung des Auswahlverfahrens. Allerdings ist der Antragsgegner im vorliegenden Fall aufgrund der besonderen Dringlichkeit berechtigt, für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 eine Interimsvergabe ohne förmliches Auswahlverfahren durchzuführen.

Denn selbst bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen, deren errechneter Auftragswert – anders als im vorliegenden Fall - den maßgeblichen Schwellenwert nach § 2 KonzVgV überschreitet, ist in Fällen besonderer Dringlichkeit, eine direkte Vergabe ohne Eröffnung eines Wettbewerbs möglich. Dies ergibt sich aus § 12 Abs. 1 KonzVgV, der auf die Vorschriften der Vergabeverordnung und damit unter anderem auf § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV verweist. Nach letztgenannter Vorschrift kann der öffentliche Auftraggeber Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben, wenn äußerst dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der betreffende öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die Mindestfristen einzuhalten, die für das offene und das nicht offene Verfahren sowie für das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vorgeschrieben sind. Die Umstände zur Begründung der äußersten Dringlichkeit dürfen dem öffentlichen Auftraggeber nicht zuzurechnen sein. Diese nunmehr in § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV normierten Voraussetzungen für eine Direktvergabe in Fällen besonderer Dringlichkeit entsprechen im Wesentlichen den vom Europäischen Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 15.10.2009 (C-275/08) entwickelten Voraussetzungen für eine Interimsvergabe (vgl. auch EuGH U. v. 2. 8. 1996 – C-107/92 –, juris - Kommission/Italien; U. v. 28.3.1996 – C-318/94 -, NVwZ 1997, 373 – Kommission/Italien; U. v. 18.11.2004 – C-126/03 -, EuZW 2005, 26 – Kommission/Deutschland).

Ist eine Interimsvergabe von Dienstleistungskonzessionen unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 KonzVgV i.V.m. § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV ausnahmsweise möglich, so muss dies erst recht für eine Konzessionsvergabe unterhalb des Schwellenwerts nach § 2 KonzVgV von derzeit 5.225.000 € gelten, wie es hier der Fall ist. Die in § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV aufgeführten Voraussetzungen für eine freihändige Vergabe sind vorliegend gegeben. Insbesondere ist eine besondere Dringlichkeit der Vergabe zu bejahen. Die Frage der Dringlichkeit einer Interimsvergabe orientiert sich an dem Zeitraum, den der Auftraggeber für die Vorbereitung der Ausschreibung, die Prüfung und Wertung der Angebote sowie die Vorabinformation der beteiligten Bieter benötigt und an der Frist, die den Bietern für die Bearbeitung ihrer Angebote einzuräumen ist (VK Rheinland-Pfalz v. 24.3.2015 – Verg 1/15). Nachdem das TRUST III-Gutachten erst im September 2017 fertig gestellt wurde und es danach noch der Erarbeitung eines Vorschlags zur Umsetzung der Empfehlungen bedurfte, war es nahezu unmöglich, die streitgegenständlichen Rettungsdienstleistungen im Wege der Ausschreibung zu vergeben. Da es sich um Dienstleistungen im Bereich der Daseinsvorsorge handelt und es um den Schutz hochrangiger Rechtsgüter, nämlich Leib und Leben, geht, ist hier eine besondere Dringlichkeit der zeitnahen Umsetzung gegeben.

Die Notwendigkeit der Sondermaßnahmen ergab sich erst mit Fertigstellung des TRUST-III-Gutachtens im September 2017 und war für den Antragsgegner nicht vorhersehbar. Die sich aus dem Bedarfsgutachten ergebenden Empfehlungen mussten zunächst in einen konkreten Maßnahmekatalog umgesetzt werden. Ausgehend davon waren die vergaberechtlichen Fristen für eine ordnungsgemäße Vergabe im Wettbewerb nicht einzuhalten. Schließlich waren die Umstände zur Begründung der besonderen Dringlichkeit nicht der Sphäre des Antragsgegners zuzurechnen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der kurzfristig zu deckende Mehrbedarf an Rettungsdienstleistungen auf ein Versäumnis des Antragsgegners als Träger des Rettungsdienstes zurückzuführen ist. Erst aufgrund des im September 2017 fertiggestellten TRUST III-Gutachtens hat der Antragsgegner von dem partiellen Mehrbedarf an Rettungsdienstleistungen erfahren und diesen Mehrbedarf auch umgehend konkretisiert. Als Träger des Rettungsdienstes nach Art. 4 Abs. 3 BayRDG ist er verpflichtet, den festgestellten Mehrbedarf umgehend durch Sofortmaßnahmen umzusetzen, um zeitnah eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Rettungsdienstleistungen sicherzustellen. Zur Abwendung einer Unterversorgung im Bereich der Daseinsvorsorge und damit auch für den Bereich der Rettungsdienstleistungen kann auf das Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung bzw. auf die freihändige Vergabe zurückgegriffen werden.

Die danach ausnahmsweise und als ultima ratio zulässige interimsweise, freihändige Vergabe der Sofortmaßnahmen ist als besonders dringliche Leistung nur für den Zeitraum rechtmäßig, den der Antragsgegner für die Vorbereitung und Durchführung des von ihm beabsichtigten ordnungsgemäßen förmlichen Vergabeverfahrens für den Rettungsdienstbereich … benötigt. Hierfür erscheint nach Auffassung des Gerichts der vom Antragsgegner angedachte Zeitraum von maximal zwölf Monaten, vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018, als ausreichend und angemessen (vgl. auch VK Lüneburg, B. v. 18.9.2014 – VgK-30/14 -, juris).

Der Antragsgegner hat bei den Verhandlungen mit den Beigeladenen zu 1) bis 4) auch darauf geachtet, dass die Leistung wirtschaftlich und effektiv im Sinne des Art. 13 Abs. 3 Satz 4 BayRDG erbracht werden kann. Er hat nicht nur ein Unternehmen zur Abgabe eines Angebots im Hinblick auf die Interimsbeauftragung aufgefordert, sondern insgesamt mit vier Anbietern verhandelt. Auch wurden die Angebote im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit überprüft.

Nach alledem war der Antragsteller berechtigt, die streitgegenständlichen Rettungsdienstleistungen interimsweise an die bereits bisher mit der Durchführung beauftragten Beigeladenen zu 1) bis 4) im Wege der Direktvergabe ohne Auswahlverfahren zu vergeben.

Die Antragstellerin hat mithin keinen Anspruch auf Beteiligung an dieser interimsweisen Vergabe aus Art. 13 Abs. 3 BayRDG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 3 Abs. 1 GG.

2.2. Darüber hinaus hat die Antragstellerin auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Wird eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) begehrt, so ist gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ein Anordnungsgrund nur dann gegeben, wenn der Erlass einer Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen - vergleichbar wichtigen - Gründen nötig erscheint. Es müssen besondere Gründe vorliegen, die es unter Berücksichtigung des Anspruchs auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) im Einzelfall als unzumutbar erscheinen lassen, den Antragsteller zur Durchsetzung seines in Rede stehenden Anspruchs - wie im Regelfall - auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen.

Die Antragstellerin begehrt hier die vorläufige Zulassung zu dem Auswahlverfahren und damit eine „Vorwegnahme“ der Hauptsache, ohne dass besondere Gründe vorliegen, die es unzumutbar erscheinen lassen, sie auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen. Die Dringlichkeit ihres Begehrens begründet sie lediglich damit, dass der Antragsgegner nach eigener Erklärung die beabsichtigten Interimsvergaben am 11. Dezember 2017 nach Herbeiführung eines Verbandsbeschlusses vornehmen werde. Weitere Gründe, die ein Zuwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache für die Antragstellerin als unzumutbar erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht substantiiert vorgetragen. Dem Interesse der Antragstellerin an einer vorläufigen Zulassung zu der beabsichtigten Interimsvergabe steht das gewichtige Interesse des Antragsgegners gegenüber, seiner Aufgabe nach Art. 4 Satz 3 BayRDG, der Sicherstellung der rettungsdienstlichen Versorgung der Bevölkerung durch Notfallrettung, arztbegleiteten Patiententransport und Krankentransport, nachzukommen. Nach alledem ist auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes hier zu verneinen.

2.3. Der Antrag zu 3) auf Erlass eines „Hängebeschlusses“ war ebenfalls abzulehnen.

Ob eine Zwischenentscheidung in Form eines „Hängebeschlusses“ im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren erforderlich ist, ist im Wege einer Interessenabwägung zu ermitteln (vgl. BVerwG, B. v. 20.8.2012 – 7 VR 7.12 -, juris). Der Erlass eines Hängebeschlusses ist, wenn keine anderen überwiegenden Interessen vorliegen, zulässig und geboten, wenn der Eilantrag nicht von vornherein offensichtlich aussichtslos ist und ohne den Beschluss die Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) gefährdet wäre, weil irreversible Zustände oder schwere und unabwendbare Nachteile einzutreten drohen (vgl. VGH BaWü, B. v. 18.12.2015, a.a.O.; HessVGH, B. v. 28.4.2017, a.a.O.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, B. v. 4.4.2017, a.a.O.; BVerfG, B. v. 11.10.2013 - 1 BvR 2616/13 -, juris).

Wie bereits hinsichtlich des qualifizierten Rechtsschutzbedürfnisses für die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes festgestellt (vgl. dazu oben 1.2.), sind nach dem Vortrag der Antragstellerin keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass durch die vom Antragsgegner beabsichtigte Interimsvergabe irreversible Zustände eintreten oder der Antragstellerin irreparable Nachteile entstehen könnten. Sonstige Gründe, die den Erlass eines Hängebeschlusses im Rahmen einer Interessenabwägung geboten erscheinen lassen, sind ebenfalls nicht zu erkennen.

3. Nachdem den Hauptanträgen zu 1) bis 3) nicht entsprochen wurde, war auch über die Hilfsanträge zu 4) und zu 7) zu entscheiden. Diese waren ebenfalls abzulehnen.

3.1. Mit dem hilfsweise gestellten Antrag zu 4), den Antragsgegner zu verpflichten, es zu unterlassen, die mit allen im Bereich der Stadt … tätigen Durchführenden des Rettungsdienstes (…) abgestimmte Interimslösung zur Durchführung des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich … (ab 1. Januar 2018 bis voraussichtlich 31. Dezember 2018) ohne EU-Bekanntmachung und ohne Durchführung eines transparenten und chancengleichen Auswahlverfahrens zu vollziehen, begehrt die Antragstellerin erneut vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutz. Vorläufiger Rechtsschutz kommt im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG nur dann in Betracht, wenn ohne die Vorwegnahme der Hauptsache schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile für den Antragsteller entstünden und damit eine besondere Dringlichkeit gegeben ist (HessVGH, B. v. 3.7.2012 – 6 B 1209/12 –, juris). Dies ist hier – wie bereits dargelegt – nicht der Fall. Aus den gleichen Gründen fehlt es an dem für die Inanspruchnahme vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes erforderlichen besonderen (qualifizierten) Rechtsschutzbedürfnisses sowie an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes.

3.2. Auch der Antrag zu 7), dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Ablauf der Beschwerdefrist oder Einlegung der Beschwerde beim zuständigen Oberverwaltungsgericht zu untersagen, ein Auswahlverfahren ohne Beteiligung der Antragstellerin durchzuführen, höchsthilfsweise auf das Angebot der Hilfsorganisationen den Zuschlag zu erteilen bzw. einen entsprechenden öffentlich-rechtlichen Beauftragungsvertrag abzuschließen, war abzulehnen. Zwar bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner die Beigeladenen zu 1) bis 4) noch vor Ablauf der Beschwerdefrist mit der interimsweisen Erbringung von Rettungsdienstleistungen beauftragen wird. Jedoch ist es der Antragstellerin – wie bereits mehrfach ausgeführt – zuzumuten, nachträglichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.

4. Nach alledem sind sämtliche Anträge mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Als unterliegende Beteiligte hat die Antragstellerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Dies schließt die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht ein, da diese keinen Antrag gestellt und deshalb nicht am Prozesskostenrisiko teilgenommen haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), so dass es nicht der Billigkeit entspricht, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 GKG).

5. Angesichts der Eilbedürftigkeit des vorliegenden Verfahrens ist die beantragte Einsichtnahme in die Vergabeakten des Antragsgegners nicht veranlasst.

Der Antragsgegner hat die Behördenakten nicht vollständig vorgelegt wegen Geheimhaltungsbedürftigkeit der Unterlagen. Ob die dort genannten Unterlagen tatsächlich geheimhaltungsbedürftig sind, steht zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht fest, sondern müsste im Rahmen eines „in-camera-Verfahrens“ nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geprüft werden, das im Hinblick auf die von der Antragstellerin besonders hervorgehobene Eilbedürftigkeit ausscheidet

6. Die Beteiligten werden auf die Vorschrift des § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 926 Abs. 1 ZPO hingewiesen. Ein entsprechender Antrag ist bislang nicht gestellt.

7. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Die Streitwertfestsetzung orientiert sich an Nr. 16.5 i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, Anhang zu § 164 Rn. 14). Bei Streitigkeiten über die Beteiligung am Rettungsdienst sind 15.000,00 € pro Fahrzeug in Ansatz zu bringen. Bei der streitgegenständlichen Interimsvergabe geht es um die Vorhaltung von 12 Rettungstransportwagen (RTW) und 2 Krankentransportwagen (KTW), insgesamt also um 14 Fahrzeuge. Der so ermittelte Streitwert von 210.000,00 € (= 14 x 15.000,00 €) war im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs), so dass sich 105.000,00 Euro ergeben.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. November 2015 - 5 K 5183/15 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller ist Eigentümer des mit einem Mehrfamilienwohnhaus bebauten Grundstücks Flst.Nr. ... (...) in Schöntal-Sindeldorf. Die Beigeladene 2 möchte auf den südlich bzw. südsüdwestlich des Grundstücks gelegenen, jeweils als Acker genutzten Grundstücken Flst.Nr. ..., ..., ..., ... und ... insgesamt fünf Windkraftanlagen des Typs Vestas V-126 (Nabenhöhe 137 m, Rotordurchmesser 126 m, Gesamthöhe 200 m) mit einer Nennleistung von jeweils 3,3 MW errichten. Der Standort der nächstgelegenen Windkraftanlage ist von dem Grundstück des Antragstellers 1.300 m entfernt.
Auf den von der Beigeladenen 1 gestellten Antrag erteilte das Landratsamt Main-Tauber-Kreis mit Bescheid vom 30.9.2015 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für das Vorhaben und ordnete die sofortige Vollziehung der Genehmigung an. Über den gegen die Genehmigung eingelegten Widerspruch des Antragstellers wurde bisher nicht entschieden.
Mit Schreiben vom 15.10.2015 teilte die Beigeladenen 1 dem Landratsamt mit, dass die geplanten Windkraftanlagen von der Beigeladenen 2 errichtet und betrieben werden sollten.
Der Antragsteller hat am 2.11.2015 beim Verwaltungsgericht Stuttgart den Antrag gestellt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs wiederherzustellen. Das Verwaltungsgericht hat den im Rahmen dieses Verfahrens gestellten Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs bis zur Entscheidung über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wiederherzustellen, mit Beschluss vom 25.11.2015 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Der vom Antragsteller begehrte sogenannte Hängebeschluss sei in der Verwaltungsgerichtsordnung nicht ausdrücklich vorgesehen. Der Erlass eines solchen Beschlusses sei jedoch zulässig, wenn effektiver Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht anders gewährt werden könne. Effektiver Rechtsschutz könne insbesondere dann nicht anders gewährt werden, wenn ohne die befristete Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung irreversible Zustände drohten. Hiervon ausgehend sehe sich die Kammer daran gehindert, dem Begehren des Antragstellers zu entsprechen. Die Erfolgsaussichten seines Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ließen sich derzeit noch nicht absehen. Die Behördenakten lägen dem Gericht noch nicht vor. Auch hätten sich zu dem Antrag bisher weder der Antragsgegner noch die Beigeladenen geäußert. Die von den Erfolgsaussichten losgelöste Interessenabwägung falle zum Nachteil des Antragstellers aus. Die derzeit ausschließlich freigegebenen und durchgeführten Erdarbeiten seien nicht irreversibel. Es dürfte keine nennenswerten Schwierigkeiten bereiten, die Ackerflächen, auf denen das Vorhaben im Wesentlichen verwirklicht werden solle, in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen, sollte die angegriffene immissionsschutzrechtliche Genehmigung letztendlich keinen Bestand haben. Auf der anderen Seite stünden das private Interesse der Beigeladenen, das Vorhaben möglichst zügig zu verwirklichen, und das öffentliche Interesse an einem möglichst schnellen Ausbau der Erneuerbaren Energien. Diesen messe die Kammer zum derzeitigen Zeitpunkt ein höheres Gewicht zu.
Gegen den Beschluss hat der Antragsteller am 1.12.2015 Beschwerde eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts die Beschwerdemöglichkeit eröffnet.
Bei dem Beschluss des Verwaltungsgerichts handelt es sich um eine sogenannte Zwischenentscheidung im Rahmen des anhängigen Verfahrens auf vorläufigen Rechtsschutzes (auch als Hänge- oder Schiebebeschluss bezeichnet). Zwischenentscheidungen ergehen während der Anhängigkeit eines Eilverfahrens und dienen dazu, eine Regelung für den Zeitraum zwischen dem Eingang des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und der Entscheidung des Gerichts über diesen Eilantrag zu treffen, sofern eine solche vorübergehende Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG erforderlich erscheint.
Derartige Zwischenentscheidungen sind gemäß § 146 Abs. 1 VwGO anfechtbar. Nach dieser Vorschrift steht den Beteiligten gegen alle Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in der Verwaltungsgerichtsordnung etwas anderes bestimmt ist. Für Zwischenentscheidungen fehlt es an einer solchen anderweitigen Bestimmung. Bei einer solchen Entscheidung handelt es insbesondere nicht um eine prozessleitende Verfügung im Sinne von § 146 Abs. 2 VwGO (HessVGH, Beschl. v. 7.10.2014 - 8 B 1686/14 - NVwZ 2015, 447; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 14.12.2012 - 1 B 1411/12 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 10.3.2010 - OVG 11 S 11.10 - juris; SächsOVG, Beschl. v. 17.12.2003 - 3 BS 399/03 - NVwZ 2004, 1134; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 146 Rn. 25; Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. § 146 Rn. 10; a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27.2.2014 - 6 B 182/14 - IÖD 2014, 97; Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/ Schneider/Bier, VwGO, § 146 Rn. 11a). Prozessleitende Verfügungen im Sinne dieser Vorschrift sind Entscheidungen des Gerichts oder des Vorsitzenden, die sich auf den äußeren, förmlichen Fortgang des Verfahrens beziehen (Happ, a.a.O., Rn. 9). Die im vorliegenden Fall begehrte Zwischenentscheidung hat keinen solchen Inhalt. Mit ihr soll vielmehr eine sachliche, wenn auch nur befristete Entscheidung über das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers getroffen werden (Guckelberger, a.a.O.).
10 
2. Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren innerhalb der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, hat das Verwaltungsgericht es zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers bis zu der Entscheidung über seinen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wiederherzustellen.
11 
a) Der Erlass der vom Antragsteller begehrten Zwischenentscheidung setzt zunächst voraus, dass der Eilantrag nicht von vornherein offensichtlich aussichtslos ist. Eine solche Prognose kann im vorliegenden Fall nicht gestellt werden. Der Antragsteller dürfte insbesondere die für einen solchen Antrag erforderliche Antragsbefugnis besitzen.
12 
aa) Nach den von dem Antragsteller vorgelegten Unterlagen sind die Gesellschafter des Planungsbüros, das die vom Landratsamt bei seiner Entscheidung berücksichtigten Unterlagen erstellt hat, identisch mit den Gesellschaftern der Beigeladenen 1, von der die geplanten Windkraftanlagen ursprünglich betrieben werden sollten. Ob die vom Landratsamt auf der Grundlage dieser Gutachten durchgeführte UVP-Vorprüfung dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügt, mag deshalb fraglich sein. Was die Frage nach der Antragsbefugnis des Antragstellers betrifft, kommt es darauf jedoch nicht an.
13 
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UVPG u.a. dann verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung im Sinne dieser Vorschrift gleich (§ 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG). Nach § 4 Abs. 3 UmwRG gilt dies entsprechend für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO. Insoweit wird den Einzelnen folglich eine selbständig durchsetzbare Verfahrensposition eingeräumt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 30.10 - NVwZ 2012, 573).
14 
Für die Klage- oder Antragsbefugnis bleibt es jedoch bei dem allgemeinen Erfordernis, dass durch die Zulassung des Vorhabens eine Betroffenheit in eigenen Rechten zumindest als möglich erscheinen muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 2.10.2013 - 9 A 23.12 - NVwZ 2014, 367). Weder der Gesetzeswortlaut noch die systematische Stellung des § 4 Abs. 3 UmwRG deuten darauf hin, dass die Berufung auf den in Rede stehenden Verfahrensfehler weitergehend auch solchen Personen eröffnet werden soll, die nicht schon aufgrund einer möglichen Betroffenheit in einem materiellen Recht klage- oder antragsbefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO sind. Das Unionsrecht gebietet keine abweichende Beurteilung (BVerwG, Urt. v. 2.10.2013, a.a.O.; Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 30.10 - NVwZ 2012, 573; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.4.2014 - 5 S 534/13 - NVwZ-RR 2014, 634; BayVGH, Beschl. v. 28.3.2011 - 15 ZB 08.1872 - juris; a. A. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.2.2015 - 8 A 959/10 - BauR 2015, 1138).
15 
bb) Die Antragsbefugnis des Antragstellers kann danach nur mit einem möglichen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 BImSchG begründet werden. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht nach jeder denkbaren Betrachtungsweise ausgeschlossen werden.
16 
Die Errichtung und der Betrieb der genehmigten Windkraftanlagen bedürfen aufgrund ihrer Gesamthöhe von jeweils (weitaus) mehr als 50 m nach § 4 Abs. 1 BImSchG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 4. BImSchV und Nr. 1.6 Anhang 1 zur 4. BImSchV einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Genehmigungspflichtige Anlagen sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.
17 
Was den Schutz vor unzumutbaren Lärmimmissionen betrifft, hat die Bewertung der Lärmauswirkungen von Windkraftanlagen an Hand der auf der Grundlage des § 48 BImSchG erlassenen TA Lärm vom 26.8.1998 zu erfolgen. Ob die von solchen Anlagen ausgehenden Lärmimmissionen auf in ihrem Einwirkungsbereich gelegene Grundstücke die Grenzen des Zumutbaren überschreiten, hängt somit von der Einhaltung der in den Nr. 6.1 der TA Lärm genannten Immissionsrichtwerten ab (vgl. u.a. BVerwG, Urt. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 6.7.2015 - 8 S 534/15 - juris; HessVGH, Urt. v. 25.7.2011 - 9 A 103/11 - ZUR 2012, 47; OVG Niedersachsen, Urt. v. 1.6.2010 - 12 LB 32/07 - Juris; OVG Saarland, Beschl. v. 4.5.2010 - 3 B 77/10 - BImSchG-Rspr § 3 Nr. 148; Weidemann/Krappel, Rechtsfragen der Zulassung von Windkraftanlagen, DÖV 2011, 19, 20). Nach der der angefochtenen Genehmigung unter IV. Buchst. a beigefügten immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen dürfen die von den Windkraftanlagen verursachten Geräuschimmissionen im gesamten Einwirkungsbereich die Immissionsrichtwerte der TA Lärm nicht überschreiten. Für das Grundstück des Antragstellers wird dabei die Einhaltung des für allgemeine Wohngebiete geltenden nächtlichen Immissionsrichtwerts von 40 db(A) vorgeschrieben.
18 
Das Landratsamt hat dabei übersehen, dass nach Nr. 3.2.1 TA Lärm der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche - vorbehaltlich der Regelungen in den Absätzen 2 bis 5 - nur dann sichergestellt ist, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die in Nr. 6 TA Lärm festgelegten Immissionsrichtwerte nicht überschreitet. Gesamtbelastung in diesem Sinn ist nach Nr. 2.4 TA Lärm die Belastung eines Immissionsorts, die von allen Anlagen hervorgerufen wird, für die die TA Lärm gilt. Dazu zählen im vorliegenden Fall jedenfalls die - auch vom Landratsamt in der Begründung der Genehmigung erwähnten - beiden vorhandenen Windkraftanlagen sowie die Biogasanlage Specht.
19 
Nach der von der Beigeladenen 1 im Genehmigungsverfahren vorgelegten Immissionsprognose werden allerdings die maßgebenden Immissionsrichtwerte an den betrachteten 14 Immissionsorten, zu denen auch das Grundstück des Antragstellers gehört, eingehalten. Die Vorbelastung durch die beiden vorhandenen Windkraftanlagen sowie die Biogasanlage wurden dabei nach der Darstellung in der Begründung der angefochtenen Genehmigung berücksichtigt. Die Richtigkeit der Immissionsprognose wird jedoch vom Antragsteller unter verschiedenen Gesichtspunkten angegriffen. Die Berechtigung dieser Einwendungen kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden.
20 
b) Der Erlass der vom Antragsteller begehrten Zwischenentscheidung setzt ferner voraus, dass ohne die befristete Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs der Eintritt irreversibler Zustände droht, so dass ohne eine solche Entscheidung die Gewährung effektiven Rechtsschutzes gefährdet wäre (vgl. Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 80, Rn. 358). Dafür vermag der Senat in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht nichts zu erkennen, auch wenn nach der Darstellung des Antragstellers das Landratsamt inzwischen die uneingeschränkte Baufreigabe für die Errichtung der Windenergieanlagen erteilt hat.
21 
aa) Die vom Antragsteller befürchteten tatsächlichen Beeinträchtigungen in Form von Immissionen (Lärm und Beschattung seines Grundstücks) gehen vom Betrieb der Anlage aus, mit dessen Beginn erst Ende Juni 2015 zu rechnen ist. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt finden erst die Arbeiten an den Fundamenten der geplanten Anlagen statt. Die Teile der Windkraftanlagen selbst sollen nach den auf der Internetseite der Beigeladenen 2 gegebenen Informationen im März 2016 angeliefert werden. Angestrebt wird eine Inbetriebnahme zum 30.6.2016. Für eine Entscheidung über den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs steht daher mit Blick auf die von ihm befürchteten tatsächlichen Beeinträchtigungen in Form der durch den Betrieb der Anlagen verursachten Immissionen noch genügend Zeit zur Verfügung.
22 
bb) Durch die derzeit durchgeführten Arbeiten an den Fundamenten der Anlagen sowie die damit verbundenen Erdarbeiten entstehen keine irreversiblen Zustände. Die geplanten Windkraftanlage sollen, wie auch der Antragsteller nicht bestreitet, durchweg auf bisher als Acker genutzten Flächen errichtet werden, die für den Fall, dass die für die Anlage erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung auf den Widerspruch des Antragstellers oder eine sich anschließende Klage aufgehoben werden sollte, ohne weiteres wieder in ihren früheren Zustand zurückversetzt werden können.
23 
Das Eintreten irreparabler Zustände ist auch in Bezug auf die vom Antragsteller behaupteten Auswirkungen der Baumaßnahmen auf die geschützten Lebensräume innerhalb des FFH-Gebiets 6623-341 „Jagsttal Dörzbach-Krautheim“ sowie auf Zauneidechsen und die Falterart Spanische Flagge nicht glaubhaft gemacht.
24 
(1) Bei dem in der Nähe der geplanten Windkraftanlagen gelegenen Waldgebiet handelt es sich nach den zu dem Managementplan für das FFH-Gebiet gehörenden „Bestands- und Zielekarten der Lebensraumtypen“ um einen Waldmeister-Buchenwald, dessen Erhalt mit der für ihn charakteristischen Tier- und Pflanzenwelt zu den Erhaltungszielen des Gebiets gehört (S. 98 des Managementplans). Der Antragsteller meint, dass zu den in ihrem Lebensraum geschützten Tierarten auch lärmempfindliche Arten gehörten, weshalb nicht ausgeschlossen werden könne, dass einige der geschützten Tierarten durch die Baumaßnahmen erheblich beeinträchtigt würden.
25 
Eine nicht wieder gut zu machende Beeinträchtigung dieser Arten durch den Baulärm hält der Senat nicht für hinreichend wahrscheinlich. Die geplanten Windkraftanlagen sollen nicht innerhalb des zu dem FFH-Gebiet gehörenden Walds errichtet werden, sondern an dessen Rand. Drei der insgesamt fünf Standorte befinden sich ausgehend von der Darstellung des Antragstellers von dem Wald in größerer Entfernung. Die Baufeldfreimachung ist bereits abgeschlossen. Die derzeit im Gang befindlichen Arbeiten an den Fundamenten werden auf bisher als Acker genutzten Flächen durchgeführt. Dass der bei diesen Arbeiten entstehende Lärm wesentlich über das hinausgeht, was auch im Rahmen der bisher erfolgten landwirtschaftlichen Nutzung - namentlich der Ernte mit schweren landwirtschaftlichen Geräten - an Lärm verursacht wird, ist für den Senat nicht zu erkennen. Die Arbeiten und damit verbundenen Lärmbeeinträchtigungen sind zudem nur temporärer Natur.
26 
(2) Bei den von der Beigeladenen 1 in Auftrag gegebenen Untersuchungen der außerhalb des FFH-Gebiets gelegenen Flächen wurde offenbar nur eine einzige Zauneidechse im Bereich einer Wegböschung zwischen den Standorten der Windkraftanlagen 3 und 4 gefunden. Das Landratsamt führt in der Begründung der angefochtenen Genehmigung aus, dass aufgrund der „gleichartigen Struktur der Wegböschung“ ein weiteres Auftreten der Art nicht ausgeschlossen werden könne. In Anbetracht der Böschungsstruktur mit hohen, überwiegend dicht schließenden Gräsern und Kräutern und nur sporadischen lückigen Stellen sei jedoch die Existenz einer größeren Population nicht besonders wahrscheinlich; zudem seien nur die Standorte der Windkraftanlagen 3 und 4 betroffen; bei den anderen Standorten sei entweder keine geeignete Struktur vorhanden oder es werde nicht in eine solche eingegriffen. Dem Risiko, Tiere in der Winterruhe zu treffen, werde durch die Auflage entgegengewirkt, wonach die Böschungsflächen der zur Wegverbreiterung oder zur Zufahrt/Lagerfläche entlang der zu den Windkraftanlagen 3, 4 und 5 führenden Wege auf eine mögliche Eignung als Winterruheplatz für die Zauneidechse zu überprüfen seien.
27 
Mit diesen Ausführungen setzt sich der Antragsteller nicht auseinander. Der Antragsteller beanstandet, dass die durchgeführten Untersuchungen völlig unzureichend seien, um das Auftreten von Zauneidechsen angemessen beurteilen zu können. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass die Zauneidechse im gesamten betroffenen Gebiet verbreitet sei. Eine nähere Begründung für diesen Schluss fehlt. Auf die in der Begründung der angefochtenen Genehmigung beschriebenen Strukturen, die nach Ansicht des Landratsamts die Existenz einer größeren Zauneidechsen-Population nicht besonders wahrscheinlich machten, geht der Antragsteller ebenso wenig ein wie auf die Tatsache, dass sich die Standorte der Windkraftanlagen selbst auf Ackerflächen befinden. Die Frage, ob die genannte Vermeidungsmaßnahme geeignet ist, das etwa dennoch vorhandene Risiko einer Beeinträchtigung auszuschließen, bleibt ebenfalls unerörtert.
28 
(3) Zur Verbreitung der Spanischen Flagge im FFH-Gebiet „Jagsttal Dörzbach-Krautheim“ heißt es in dem Managementplan für das Gebiet, das Fehlen des Wasserdosts als essentielle Nahrungspflanze und die wenigen Einzelnachweise ließen auf eine (nur) kleine Population innerhalb des Gebiets schließen. Bei den wegbegleitenden Vorkommen (des Wasserdosts) im Gebiet handele es sich überwiegend um stark lückig wachsende Einzelpflanzenbestände. Nur an weniger intensiv gepflegten Seitenwegen oder auf Schlagfluren seien flächige Wasserdostbestände zu finden. Zu nennen sei hier beispielsweise ein Nebenweg und eine an den Hauptweg angrenzende Schlagflur im südlichen Hettenbacher Holz mit einer Flächenausdehnung von jeweils etwa 10 m2. Im Rahmen der Wasserdostkartierung seien an zwei Standorten im Endberg und Heiligenholz je ein Exemplar der Spanischen Flagge registriert worden.
29 
Eine Beeinträchtigung des Erhaltungszustands dieser Art durch die geplanten Baumaßnahmen ist danach von vorneherein wenig wahrscheinlich, zumal sich die Standorte der geplanten Windkraftanlagen, wie bereits erwähnt, nicht innerhalb des FFH-Gebiets befinden, sondern an dessen Rand.
30 
Das Vorbringen des Antragstellers rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Behauptung, dass die Spanische Flagge außer dem Wasserdost auch andere Futterpflanzen nutze, reicht nicht aus, um die ansonsten nicht weiter begründete Vermutung zu belegen, dass diese Falterart auch entlang der Wege am Waldrand des Gebiets vorkomme und dort ihre Einer ablege, aus denen sich dann die derzeit überwinternden Larven entwickelten. Das Vorbringen des Antragstellers lässt davon abgesehen auch insoweit eine Auseinandersetzung mit den in die angefochtene Genehmigung aufgenommenen Nebenbestimmungen vermissen. Nach den naturschutzrechtlichen Nebenbestimmungen der Genehmigung darf die geplante Verbreiterung des Wartungswegs nur nach Osten in Richtung der Ackerfläche erfolgen, um weitere Eingriffe in den dortigen FFH-Lebensraumtyp LRT 6510 zu vermeiden (Nr. 9). Bei allen Flächen, die durch das Vorhaben in Anspruch genommen werden (Zuwegung, Kranstellfläche, Fundamentfläche, Baulager u.a.) ist der Oberboden abzuschieben und in max. 2 m hohen Mieten zu lagern, die gegen Umwelteinwirkungen zu sichern sind (Nr. 11). Weshalb diese Maßnahmen zum Schutz etwa vorhandener Larven der Spanischen Flagge nicht ausreichen sollten, legt der Antragsteller nicht dar.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen, dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese auch im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt und damit ein Prozessrisiko auf sich genommen haben.
32 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 und 52 Abs. 1 GKG.
33 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 105.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Beteiligung an der beabsichtigten interimsweisen Vergabe einer Dienstleistungskonzession für die Erbringung von Leistungen des bodengebundenen Rettungsdienstes im Stadtgebiet … an die Beigeladenen zu 1) bis 4).

Die Antragstellerin ist ein privates Unternehmen für Notfallrettung und qualifizierte Krankentransporte mit erweitertem Aufgabenspektrum. Sie ist derzeit als Dienstleistungserbringerin im Rettungsdienst … tätig und strebt eine Expansion ihrer Tätigkeiten in den fränkischen Raum an.

Der Antragsgegner ist Träger des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich … nach Art. 4 Abs. 3 Bayerisches Rettungsdienstgesetz (BayRDG). In dieser Funktion hat er die Beigeladenen zu 1) bis 4) auf der Basis öffentlich-rechtlicher Verträge mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragt.

Der Antragsgegner beabsichtigt die Umsetzung der Empfehlungen des „Bedarfsgutachten zur rettungsdienstlichen Versorgung im Rettungsdienstbereich … – Nachbetrachtung im Rahmen der Trend- und Strukturanalyse (TRUST III) … Dieses Gutachten wurde im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums des Innern für Bau und Verkehr (BayStMI) und der Sozialversicherungsträger in Bayern Freistaats Bayern von dem Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM) – Klinikum der Universität München erstellt. Es befasst sich mit dem rettungsdienstlichen Einsatzgeschehen im Rettungsdienstbereich … Gleichzeitig werden die Empfehlungen zu strukturellen Veränderungen sowie der bedarfsgerechten Vorhaltung von öffentlich-rechtlichen Rettungsmitteln im Bereich der Notfallrettung und des Krankentransports aktualisiert und auf der Grundlage des Einsatzgeschehens im Beobachtungszeitraum 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016 angepasst.

Im Rettungsdienstbereich … waren während des einjährigen Beobachtungszeitraums die Beigeladenen zu 1) bis 4) auf der Basis öffentlich-rechtlicher Verträge mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragt. Der Rettungsdienstbereich … verfügt derzeit bzw. zum Ende des Beobachtungszeitraums über insgesamt 24 Rettungsdienststandorte mit Rettungswagen (RTW)-Vorhaltung. Hierzu zählen 23 Rettungswachen und ein Stellplatz. An 15 dieser Standorte wurden zudem im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Vorhaltung stundenweise Krankentransportwagen (KTW) betrieben, an einem weiteren Stellplatz wurden ausschließlich Krankentransportwagen vorgehalten. Zusätzliche Krankentransportleistung wurde auf privatrechtlicher Basis durch die Firma … erbracht.

Unter Berücksichtigung der Entwicklung des Einsatzaufkommens im Bereich der Notfallrettung wird in dem TRUST III-Gutachten unter anderem eine Anpassung der RTW-Vorhaltung in … mit + 345,5 Wochenstunden sowie eine Ausweitung des Stellplatzes … zur Rettungswache empfohlen (S. 4, 234 ff. des als Teil der Behördenakte vorgelegten Gutachtens). Auf der Grundlage des realen Einsatzgeschehens des 12-monatigen Beobachtungszeitraumes wurde für die Bedarfsregion … empfohlen, die KTW-Vorhaltung um 118,8 Wochenstunden zu erhöhen (…).

Aufgrund der danach insbesondere für den Rettungsdienstbereich der … notwendigen umfangreichen Erweiterungen und Erneuerungen in der Organisation des Rettungsdienstes geht der Antragsgegner davon aus, dass ein Auswahlverfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) durchzuführen ist.

Um dringende Bedarfe im Rahmen der Notfallrettung und im Krankentransport in … und … kurzfristig zu decken, beabsichtigt der Antragsgegner eine interimsweise Vergabe von Dienstleistungskonzessionen über zusätzliche rettungsdienstliche Leistungen (Notfallrettung und Krankentransport) an die bereits mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragten Hilfsorganisationen, die Beigeladenen zu 1) bis 4). Geplant sind zusätzliche Vorhaltungen von Rettungswagen (RTW) und Krankentransportwagen (KTW) an den bereits vorhandenen Rettungswachen bzw. Stellplätzen. Die Interimslösung ist vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 angedacht. Parallel dazu soll ab Mitte Januar eine europaweite Ausschreibung nach Maßgabe des Vergaberechts erfolgen, die dann noch näher an die zeitlichen Bedarfsermittlungen angepasste rettungsdienstliche Leistungen zum Inhalt haben soll. Nach dem Zeitplan des Antragsgegners wäre der Leistungsbeginn voraussichtlich ab Oktober 2018.

Nach Verhandlung mit allen im Bereich der … tätigen Durchführenden des Rettungsdienstes über die geplante Interimslösung, wurde seitens des Antragsgegners folgender Entscheidungsvorschlag erarbeitet, über den bei der 28. Verbandsversammlung des Zweckverbandes für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung in … am 11. Dezember 2017 abgestimmt werden soll:

„a) Notfallrettung aa) Der … stellt folgende zusätzlichen Vorhaltungen an seiner Rettungswache

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 09:00 Uhr bis 17:00 Uhr (+ 48 Wochenstunden)

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 17:00 Uhr bis 24:00 Uhr (+ 35 Wochenstunden)

– 1 RTW, Sonntag 15:00 Uhr bis 23:00 Uhr (+ 8 Wochenstunden)

(kostenneutrale Schichtverschiebung 1 RTW Samstag von 17:30 Uhr bis 01:30 Uhr auf 16:00 Uhr bis 24:00 Uhr)

bb) Das … stellt folgende zusätzlichen Vorhaltungen am Stellplatz …

– 1 RTW, Samstag und Sonntag von 06:00 Uhr bis 14:00 Uhr (+ 16 Wochenstunden)

– 1 RTW, Samstag und Sonntag von 14:00 Uhr bis 22:00 Uhr (+ 16 Wochenstunden)

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 13:00 Uhr bis 21:00 Uhr (+ 40 Wochenstunden)

cc) Die … stellt folgende zusätzliche Vorhaltungen an ihrer Rettungswache

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 09:00 Uhr bis 17:00 Uhr (+ 40 Wochenstunden)

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 17:00 Uhr bis 24:00 Uhr (+ 35 Wochenstunden)

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 15:00 Uhr bis 23:00 Uhr (+ 16 Wochenstunden)

dd) Der … stellt folgende zusätzlichen Vorhaltungen an seiner Rettungswache

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 16:00 Uhr bis 24:00 Uhr (+ 40 Wochenstunden)

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 15:00 Uhr bis 23:00 Uhr (+ 40 Wochenstunden)

– 1 RTW, Sonntag von 16:00 Uhr bis 24:00 Uhr (+ 8 Wochenstunden)

(Schichtverschiebung 1 RTW Samstag von 17:30 Uhr bis 01:30 Uhr auf 16:00 Uhr bis 24:00 Uhr)

Somit ergibt sich eine Erhöhung der Vorhaltung um 342,5 Wochenstunden im Stadtgebiet …, die nahezu der Empfehlung des INM entspricht.

b) Krankentransport

aa) Das … stellt folgende zusätzliche Vorhaltung am Stellplatz in der …:

1 KTW, Montag bis Sonntag von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr (+ 52 Wochenstd.)

bb) Der …, die … und der … stellen an ihrer jeweiligen Rettungswache:

KTW, Montag bis Samstag von 9:00 Uhr bis 17:30 Uhr (+ 48 Wochenstd.), jeweils im wöchentlichen Wechsel zwischen den drei Organisationen.“

Der Antragsgegner errechnet hierfür einen geschätzten Auftragswert von 2.492.270,00 €.

Nachdem die Antragstellerin von der beabsichtigten Interimsvergabe erfahren hatte, wandte sie sich mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 14. November 2017 an den Antragsgegner und bewarb sich auf die vom Antragsgegner nachgefragten Interimsleistungen. Sie bat um Übersendung der Ausschreibungsunterlagen nach einer EU-Bekanntmachung. Zudem ersuchte sie den Antragsgegner um Akteneinsicht in die Vergabeunterlagen. Die Antragstellerin ist der Ansicht, der EU-Schwellenwert sei überschritten, so dass die Leistung öffentlich unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts auszuschreiben sei und nicht im Wege einer De-Facto-Interimsvergabe vergeben werden dürfe.

Mit Schreiben vom 24. November 2017 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass der geschätzte Auftragswert für die Interimsbeauftragung weit unterhalb des maßgeblichen Schwellenwerts von 5.225.000,- € liege. Hinsichtlich der Interimsleistungen hätten bereits Verhandlungen mit vier Bewerbern stattgefunden hätten. Wie auch von den Sozialversicherungsträgern gefordert, seien Angebote mit Angabe eines Stundensatzes für die Leistung an den Antragsgegner übermittelt worden, um die Entscheidung über die Interimsbeauftragung auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Leistung qualifiziert treffen zu können. Eine Bewerbung der Antragstellerin werde zum jetzigen Zeitpunkt nicht berücksichtigt.

Die Antragstellerin hat daraufhin am 29. November 2017 beim Verwaltungsgericht Ansbach Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO gestellt.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (hilfsweise eines Hängebeschlusses) sei zulässig und begründet. Der Antragsgegner sei zur Ausschreibung der Vergabe verpflichtet. Die Antragstellerin könne sich hierauf auch als an der Dienstleistungskonzession Interessierte berufen (Art. 13 Abs. 1 BayRDG, Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG sowie Verletzung der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV, der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV sowie der daraus fließenden Transparenzpflicht. Wegen der unmittelbar bevorstehenden Beauftragung der Hilfsorganisationen bestehe auch ein Anordnungsgrund im Hinblick auf eine vorläufige Zulassung der Antragstellerin.

Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet. Die flächendeckende Versorgung mit rettungsdienstlichen Leistungen sei nach Art. 1 Satz 2 BayRDG eine öffentliche Aufgabe, die unter bestimmten Voraussetzungen durch Dritte erfüllt werden könne. Bei dem hierzu durchzuführenden Ausschreibungs- und Auswahlvorgang handele es sich um einen hoheitlichen Vorgang, der öffentlich-rechtlichen Normen unterliege.

Die Antragstellerin habe auch ein Rechtsschutzinteresse. Ein Zuwarten auf den Vollzug der rechtswidrigen Auswahlentscheidung am Montag, 11. Dezember 2017, … könne ihr nicht zugemutet werden. Das besonders schützenswerte Interesse an der Inanspruchnahme des vorbeugenden Rechtsschutzes ergebe sich daraus, dass in allen Fällen des nachgängigen Rechtsschutzes unzumutbare und nicht rückgängig zu machende Nachteile für die Antragstellerin eintreten würden.

Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf effektiven Primärrechtsschutz. Hieraus folge eine verwaltungsrechtliche Vorinformationspflicht. Die Antragstellerin habe einen Anspruch darauf, ordnungsgemäß über den Ausgang des Auswahlverfahrens informiert zu werden. Der öffentlich-rechtliche Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin nach Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebiete es, zwischen der Bekanntgabe der Auswahlentscheidung und dem Vertragsabschluss mit dem ausgewählten Bewerber einen angemessenen Zeitraum von jedenfalls zwei Wochen verstreichen zu lassen, um einen effektiven (Primär-)Rechtsschutz im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG in Bezug auf die Auswahlentscheidung zu ermöglichen.

Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache stehe der Statthaftigkeit des Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO nicht entgegen, da ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren oder auf Rechtsschutz allein gegen die zuletzt zu treffende Auswahlentscheidung unzumutbare Nachteile für die Antragstellerin bringen würde.

Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf Durchführung einer Ausschreibung nach Art. 13 Abs. 3 BayRDG i.V.m. Art. 12 und Art. 3 GG sowie aus dem unionsrechtlichen Grundsatz der Transparenz. Von dieser Pflicht sei der Antragsgegner weder wegen nur unwesentlicher Vertragsänderungen (Art. 13 Abs. 4 BayRDG) noch aus Gründen der Dringlichkeit entbunden. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf vorläufige Beteiligung und Unterlassung aus § 241 Abs. 2 BGB. Der Antragsgegner berücksichtige die Bewerbung der Antragstellerin nur deshalb nicht, weil hinsichtlich der Interimsleistungen bereits Verhandlungen mit vier Bewerbern stattgefunden hätten und Angebote mit Angabe eines Stundensatzes für die Leistung an den Antragsgegner übermittelt worden seien, um die Entscheidung über die Interimsbeauftragung auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Leistung qualifiziert treffen zu können. Die Ablehnung der Bewerbung der Antragstellerin wegen fortgeschrittener Verhandlungen sei willkürlich, weil der Antragstellerin Bewerbungsverfahrensregeln nicht mitgeteilt worden seien. Eine Entscheidung über die Interimsbeauftragung könne auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Leistung gar nicht qualifiziert getroffen werden, weil das Angebot der Antragstellerin nicht mit in die Wertung einbezogen worden sei. Die subjektiv-öffentlichen Rechte der Antragstellerin könnten nur gewahrt werden, wenn die Antragstellerin vorläufig in das Verfahren mit aufgenommen werde.

Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf ordnungsgemäße Sachverhaltsermittlung. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, dass es staatlichen Stellen, die einen öffentlichen Auftrag vergeben, verwehrt sei, Verfahren und Kriterien der Vergabe willkürlich festzulegen. Jeder Mitbewerber müsse eine faire Chance erhalten, nach Maßgabe der für den spezifischen Auftrag wesentlichen Kriterien und des vorgesehenen Verfahrens berücksichtigt zu werden. Eine ungerechtfertigte Abweichung von derartigen Vorgaben könne zu einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG führen (vgl. Hess.VGH, B. v. 23.7.2012 – 8 B 2244/11 – juris). Das Verfahren müsse formell ordnungsgemäß durchgeführt werden. Dies gelte insbesondere auch für die Einhaltung der Verfahrensvorschriften durch die Gremien, die die relevante Auswahlentscheidung treffen. Dem Antragsgegner seien bei der Sachverhaltsermittlung erkennbare Fehler unterlaufen, weil das Angebot der Antragstellerin aus sachwidrigen Gründen nicht im Auswahlvefahren berücksichtigt worden sei. Der Antragsgegner verkenne, dass oberhalb und unterhalb der Schwellenwerte die gleichen Beteiligungsrechte bestünden.

Die Antragstellerin sei in ihrem Beteiligungsrecht aus Art. 13 Abs. 3 BayRDG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Die Vergabe der streitgegenständlichen Aufträge ohne ein öffentlich-rechtliches Auswahlverfahren unter Einbeziehung der Antragstellerin sei rechtswidrig. Art. 13 BayRDG verpflichte zur Durchführung eines Auswahlverfahrens, das nach Art. 13 Abs. 3 Satz 1 BayRDG ausdrücklich transparent durchzuführen sei.

Der Antragsgegner könne sich auch nicht auf Art. 13 Abs. 4 BayRDG berufen. Demnach bedürfe es eines Auswahlverfahrens dann nicht, wenn bestehende Einrichtungen des Rettungsdienstes unwesentlich geändert oder erweitert werden. Diese Vorschrift sei auf eng begrenzte Ausnahmefälle zu beschränken und komme hier nicht zur Anwendung. Allein aus der bereits benannten Zahl der beabsichtigten Erhöhung der Vorhaltestunden (Erhöhung RTW um 342 Wochenstunden; Erhöhung KTW um 110,5 Wochenstunden) werde ersichtlich, dass hierdurch neue Rettungsmittel – namentlich wohl 3 RTW und 1 KTW – erforderlich werden. Hiervon gehe auch der Antragsgegner aus, der erklärt, dass für die Interimsbeauftragung erworbene Krankenkraftwagen eventuell an Auftragsnachfolger weitergegeben werden müssten.

Die geplante Interimsvergabe ausschließlich an anerkannte Hilfsorganisationen unter Ausschluss privater Dienstleister sei willkürlich und verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG. Im Ergebnis fordere Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG die Durchführung eines chancengerechten Auswahlverfahrens auch unter Einbeziehung nicht bereits am Markt etablierter privater Anbieter. Hiergegen hat der Antragsgegner verstoßen und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt.

Die freihändige Vergabe verstoße gegen das unionsrechtliche Transparenzgebot und verletzte die Antragstellerin hierdurch in subjektiven Rechten. Eine Vergabe unterhalb der Schwellenwerte sei durch die Geltung des europäischen Primärrechts bestimmt. Ein grenzüberschreitendes Interesse sei hier angesichts der wettbewerbsorientierten und auf internationale Expansion ausgelegten Branche der Dienstleistungserbringer im Rettungsdienst und unter Berücksichtigung des hiesigen Auftragsvolumens von ca. 2,5 Mio. Euro zu bejahen. Auch bei öffentlichen Aufträgen, die nicht unter den Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts fallen, sei ein ermessensfehlerfreies sowie transparentes und nichtdiskriminierendes Auswahlverfahren durchzuführen.

Der Antragsgegner könne sich auch nicht auf eine Ausnahme vom Ausschreibungserfordernis wegen Dringlichkeit oder aus Gründen des Allgemeinwohls berufen. Das TRUST III-Gutachten sei dem Antragsgegner offenbar bereits so lange bekannt, dass er dazu in der Lage war, mit den bisherigen Leistungserbringern in Verhandlungen zu treten und mit ihnen eine „einvernehmliche Lösung zu erarbeiten. Dies habe bereits Anfang November 2017 festgestanden, wie aus der E-Mail vom 3. November 2017 des Antragsgegners an die Antragstellerin ersichtlich sei, in der er erkläre, die Interimsbeauftragung sei für die Antragstellerin nicht offen. Dem Antragsgegner stehe noch rund ein Monat zu Verfügung, um eine ordentliche Interimsvergabe durchzuführen. Er könne sich insoweit nicht auf Dringlichkeit und Zeitknappheit berufen.

Die Direktvergabe sei auch nicht durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vom 11.12.2014 – C-113/13 und 28.1.2016 – C-50/14). Danach stehen Art. 49 und Art. 56 AEUV einer nationalen Regelung nicht entgegen, die es zulasse, dass die örtlichen Behörden die Erbringung von dringenden Krankentransport- und Notfallkrankentransportdiensten vergeben, soweit der rechtliche und vertragliche Rahmen, in dem diese Organisationen tätig sind, tatsächlich zu dem sozialen Zweck und zu den Zielen der Solidarität und der Haushaltseffizienz beitrage. In der gerügten Maßnahme liege zudem eine rechtswidrige Beihilfe zugunsten des nachrangigen Bieters. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergebe sich aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog. Es liege eine Beeinträchtigung des Antragstellers in seinem Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor.

Der Antragstellerin stehe auch ein Anordnungsgrund zur Seite. Die Dringlichkeit des Anspruchs auf vorläufige Zulassung ergebe sich daraus, dass der Antragsgegner unmissverständlich erklärt habe, dass er die Bewerbung der Antragstellerin nicht berücksichtigen werde, sondern vielmehr – nach Herbeiführung eines Verbandsbeschlusses am 11. Dezember 2017 - die beabsichtigten Interimsvergaben vornehmen werde.

Die begehrte Regelungsanordnung sei notwendig im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. Im vorliegenden Fall stehe der Endpunkt der Beauftragung nicht fest. So heiße es in der Sitzungsvorlage zu Verbandsversammlung am 11. Dezember 2017 wörtlich: „…Interimslösung für den Zeitraum des Laufs des Auswahlverfahrens von ca. einem Jahr mit Beginn ab 01.01.2018 bis voraussichtlich 31.12.2018 geplant.“ Es sei demnach auch eine längere Beauftragung möglich. Damit sei zum einen das Überschreiten der Schwellenwerte möglich und zum anderen bestehe die Gefahr, dass die Rechtsverletzung der Antragstellerin perpetuiert werde.

Hilfsweise werde geltend gemacht: würde die Vergabe an die Konkurrenten nicht vorläufig untersagt, drohe die Vereitelung der Rechte der Antragstellerin. Nach Abschluss der öffentlich-rechtlichen Verträge hätte die Antragstellerin keine Möglichkeit mehr, die ihr zustehenden Rechte auf ein transparentes, wettbewerbliches Bieterverfahren durchzusetzen. Darüber hinaus würden ihr auch Nachteile im Hinblick auf das seitens des Antragsgegners beabsichtigte Auswahlverfahren (nach Kartellvergaberecht) erwachsen. Denn der Antragsgegner wolle sich in der Gestaltung des Auswahlverfahrens ausdrücklich an der Interimslösung orientieren (vgl. Beschlussvorlage, S. 2). Wer also jetzt im Rahmen der Interimsvergabe mit der Leistungserbringung betraut werde, habe hierdurch einen Vorteil im Auswahlverfahren. Die Vergabe an die Mitbewerber führe zu einer Besserstellung der Hilfsorganisationen gegenüber der Antragstellerin am Markt. Dies verletze die Antragstellerin in ihrem Grundrecht der Wettbewerbsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG. Daraus erwachse ein subjektiv-öffentlicher Unterlassungsanspruch. Eine Schutzbereichsbeeinträchtigung finde immer dann statt, wenn staatliches Handeln zu einer Verzerrung des Wettbewerbs führe (BVerfG, B. v. 14.3.2006 – 1 BvR 2087/03). Es bestehe hier die Gefahr, dass sich der Wettbewerbsvorspruch der Hilfsorganisationen rechtswidrig perpetuiere.

Der Antragsgegner sei aus europäischem Telekommunikationsrecht und aus § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur unverzüglichen Übersendung seiner Verwaltungsakte an das Gericht verpflichtet. Ein Verweigerungsrecht aus § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO bestehe nicht. Der Antragsgegner sei schon deshalb nicht zur Verweigerung der Übermittlung berechtigt, weil diese Möglichkeit nur der zuständigen obersten Aufsichtsbehörde eingeräumt werde. In den Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners befänden sich keine ihrem Wesen nach geheim zu haltende Vorgänge. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf (vollständige) Akteneinsicht aus § 100 VwGO.

Die Antragstellerin stellt folgende Anträge:

1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Antragstellerin zu dem Auswahlverfahren Stadt …, Interimslösung zur Durchführung des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich … (ab 1. Januar 2018 bis voraussichtlich 31. Dezember 2018), vorläufig zuzulassen.

2. Der Antragsgegner wird vorläufig verpflichtet, nur eine Auswahlentscheidung in dem Auswahlverfahren Stadt …, Interimslösung zur Durchführung des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich … (ab 1. Januar 2018 bis voraussichtlich 31. Dezember 2018), zu treffen, wenn der Antragstellerin zuvor die Chance zur Angebotsabgabe gegeben wurde.

3. Bis zu einer Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache wird der Antragsgegner verpflichtet, weitere, die geltend gemachte Rechtsposition der Antragstellerin auf Beteiligung beeinträchtigende Handlungen einstweilen zu unterlasen.

4. Hilfsweise: es zu unterlassen, die mit allen im Bereich der Stadt … tätigen Durchführenden des Rettungsdienstes (…) abgestimmte Interimslösung zur Durchführung des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich … (ab 1. Januar 2018 bis voraussichtlich 31. Dezember 2018) ohne EU-Bekanntmachung und ohne Durchführung eines transparenten und chancengleichen Auswahlverfahrens auszuführen/zu vollziehen.

5. Die Verfahrensakten des Antragsgegners werden beigezogen und der Antragstellerin Akteneinsicht gewährt, §§ 99, 100 VwGO.

6. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Hilfsweise

7. wird dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Ablauf der Beschwerdefrist oder Einlegung der Beschwerde beim zuständigen Oberverwaltungsgericht untersagt, ein Auswahlverfahren ohne Beteiligung der Antragstellerin durchzuführen, höchsthilfsweise auf das Angebot der Hilfsorganisationen den Zuschlag zu erteilen bzw. einen entsprechenden öffentlich-rechtlichen Beauftragungsvertrag abzuschließen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Er ist der Ansicht, die Haupt- und Hilfsanträge seien bereits unzulässig. Der Antragstellerin fehle die Antragsbefugnis. Sie habe zwar schriftlich ein Angebot angekündigt, aber nicht näher dargelegt, welche Leistungen sie anbieten könne. Jedenfalls fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragstellerin behaupte eine enorme wirtschaftliche Tragweite im Falle einer Nichtteilnahme, wohl eher Nichtberücksichtigung bei einer interimsweisen Beauftragung, ohne dies näher zu erläutern.

Darüber hinaus seien die Anträge auch unbegründet. Die Antragstellerin könne keinen Anordnungsgrund geltend machen. Sie könnte sich allenfalls auf einen hier nicht bestehenden Teilnahmeanspruch am Verfahren aus Art. 13 BayRDG i.V.m. Art. 12 GG berufen. Die in Art. 13 Abs. 2 und 3 BayRDG genannten Anforderungen an das Auswahlverfahren seien in den Verhandlungen mit den Beigeladenen zu 1) bis 4) beobachtet worden. Es sei unverzüglich nach Auswertung des vorliegenden Bedarfsgutachtens eine inhaltliche Umsetzungsmöglichkeit entwickelt worden, die möglichst nahe an die Maßgaben der gutachterlichen Empfehlung angepasst sei und die auch mit möglichst wenig zusätzlichen Sachmitteln (Rettungswägen, Krankentransportwägen) durch deren Nutzung in ansonsten freien Zeiten auskomme und die noch bestehenden Vorhaltestrukturen berücksichtige.

Auch habe der Antragsgegner ein Gutachten über die Abdeckung des notwendigen Sonderbedarfs für Großschadenslagen beauftragt. Dessen Ergebnisse seien dann gemäß der Regelung des Art. 13 Abs. 2 bei der Prüfung der Eignung von Bewerbern im dann offenen Verfahren zu berücksichtigen sein. Dieses Gutachten liege aber noch nicht vor. Somit sei die Beurteilung der Eignung für die aktuelle Interimsbeauftragung bezüglich dieses Punktes noch nicht möglich und eine Angebotsaufforderung allein gegenüber den aktuell beauftragen Durchführenden gerechtfertigt.

Die unterschwellige Interimsbeschaffung habe keine Binnenmarktrelevanz. Dies ergebe sich aus der kurzen Laufzeit und dem Interimscharakter der Beschaffung. Die Anmietung bzw. der Bau eines Standortes, die Beschaffung der notwendigen Sachmittel und des Personal für einen solch kurzen Zeitraum begründe allenfalls ein Interesse bei bereits inländisch tätigen Unternehmen. Beschaffungsgegenstand sei nicht die gesamte, bestehende rettungsdienstliche Vorhaltung im Rettungsdienstbereich, sondern die separate, interimsweise Beauftragung mit den nach aktuell vorliegendem Bedarfsgutachten zusätzlich notwendigen Vorhaltungen.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin werde hier keine Privilegierung oder ein Schutz von Hilfsorganisationen beabsichtigt. Bei der Entscheidung, ob die angebotenen Leistungen für die Interimszeit so beauftragt werden können, sei auch die Wirtschaftlichkeit beachtet worden. Es seien Personaleinsatzkonzepte angefordert sowie der für Interimsbeauftragungen von den Sozialversicherungsträgern geforderte Stundensatz pro Vorhaltestunde abgefragt und in Relation zu den im Rettungsdienstbereich durchschnittlich anfallenden Stundenkosten bewertet worden.

Es sei nicht ersichtlich, worin der Nachteil für die Antragstellerin liegen solle, wenn sie nicht interimsweise berücksichtigt und beauftragt werde. Vielmehr sei es Wesen der Interimsbeauftragung, dass sie nahezu den gleichen Gegenstand zum Inhalt habe, aber eben nur vorläufig und möglichst kurz befristet erfolge, um ein auch hinsichtlich Angebots- und Ausführungsfristen diskriminierungsfreies und daher nicht zu kurzfristig ausgestaltetes Ausschreibungsverfahren zu ermöglichen.

Der Antragsgegner habe hier nicht willkürlich, sondern im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung bei der Verfahrensgestaltung aufgrund der interimsweisen Natur der Beauftragung und dem zeitlich und inhaltlich drängenden und zu deckenden Versorgungsbedarfen rechtmäßig gehandelt.

Aus den vorgenannten Erwägungen zum hier fehlenden Rechtsschutzbedürfnis sei auch kein Anordnungsgrund dargelegt. Eine dringliche Anordnung im vorbeugenden Rechtsschutz sei hier nicht zum Schutz nicht konkretisierter rechtlicher Interessen der Antragstellerin notwendig.

Soweit am 11. Dezember 2017 eine Entscheidung der Verbandsversammlung vorliege, werde der Antragstellerin die Absicht zum Vertragsschluss entsprechend mitgeteilt und nicht vor dem 15. Dezember 2017 vollzogen. Der Vertragsabschluss werde dann noch allgemein bekanntgemacht. Ein längeres Zuwarten sei auch im Hinblick auf die Beschwerdemöglichkeit der Antragstellerin kaum möglich, da die Realisierung bereits am 1. Januar 2018 erfolgen solle und auch die Interessen der Beigeladenen zu 1) bis 4) zu berücksichtigen seien. Die kurzfristige Vorabinformation sei notwendig, da dringende Bedarfe im Rahmen der Notfallrettung und im Krankentransport im Gebiet der Stadt … interimsweise parallel zum voraussichtlich im Januar 2018 nach Vorliegen entsprechender Entscheidungen beginnenden offenen Ausschreibungsverfahren zu decken seien.

Der Antragsgegner hat die Verfahrensakte (Bl. 1-195) vorgelegt und darauf hingewiesen, dass die Bl. 131-133 (Angebot JUH), Bl. 137, 138 (Angebot ASB per Mail), Bl. 143, 144 (Angebot BRK …), Bl. 145-149 (Angebot BRK …), Bl. 151-156 (Angebot MHD), Bl. 157-159 (schriftl. Angebot ASB), Bl. 165-179 (nichtöffentliche Sitzungsunterlage samt Angeboten) aus Gründen des Geheimwettbewerbs, insbesondere hinsichtlich Kalkulation der Stundensätze und der Personalkonzepte entnommen worden seien. Eine Vorlage könne nur nach Durchführung des Verfahrens nach § 99 VwGO noch erfolgen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Teils der Behördenakte verwiesen, den der Antragsgegner vorgelegt hat.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO bleibt ohne Erfolg.

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Im Rahmen einer Entscheidung über eine einstweilige Anordnung ist zu unterscheiden zwischen dem Anordnungsgrund (§ 123 Abs. 1 VwGO), der insbesondere die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet und dem Anordnungsanspruch, also dem materiellen Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht. Sowohl der Anordnungsgrund als auch der Anordnungsanspruch sind nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 929 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen, wobei die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgeblich sind. Dabei soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung grundsätzlich die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden.

Mit dem Hauptantrag zu 1) begehrt die Antragstellerin die vorläufige Zulassung zu dem Auswahlverfahren …, Interimslösung zur Durchführung des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich … (ab 1. Januar 2018 bis voraussichtlich 31. Dezember 2018).

Der Hauptantrag zu 2) zielt darauf ab, dem Antragsgegner zu untersagen, die beabsichtigte Interimsvergabe für die Erbringung von Rettungsdienstleistungen im Zeitraum von 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 ohne Beteiligung der Antragstellerin durchzuführen.

1. Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist hinsichtlich der Hauptanträge zu 1) bis 3) nur teilweise zulässig

1.1. Der Verwaltungsrechtsweg ist gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Insbesondere handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Auch liegt eine abdrängende Sonderzuweisung nicht vor.

Bei dem hier seitens der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch auf Beteiligung an dem Verfahren zur interimsweisen Vergabe von Rettungsdienstleistungen handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Die flächendeckende Versorgung mit rettungsdienstlichen Leistungen ist nach Art. 1 Satz 2 BayRDG vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 eine öffentliche Aufgabe und durch einen öffentlichen Rettungsdienst sicherzustellen. Die streitgegenständliche (interimsweise) Vergabe von Rettungsdienstleistungen findet ihre Rechtsgrundlage in der öffentlich-rechtlichen Vorschrift des § 13 BayRDG. Nach Art. 13 Abs. 5 S.1 BayRDG kann der Träger rettungsdienstlicher Aufgaben die Durchführung des Rettungsdienstes auf anerkannte Hilfsorganisationen und andere Leistungserbringer durch öffentlich-rechtlichen Vertrag übertragen. Da die Rechtsnatur des Vertrages damit kraft Gesetzes dem öffentlichen Recht zugewiesen ist, ist die Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur (vgl. BGH, NZBau 2012, 248 − Rettungsdienstleistungen III; BayVGH, B. v. 23.12.2009 - 21 CE 09.3131 - juris).

Der Verwaltungsrechtsweg ist auch nicht aufgrund einer abdrängenden Sonderzuweisung ausgeschlossen. Die Sonderzuweisung an die Vergabenachprüfungsinstanzen nach §§ 155, 156 Abs. 2 des vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) greift hier nicht ein. Zwar handelt es sich bei der Interimsvergabe um eine Dienstleistungskonzession im Sinne des § 155 in Verbindung mit § 105 GWB. In Bayern werden Verträge über die Versorgung der Bevölkerung mit Rettungsdienstleistungen nach dem Bayerischen Rettungsdienstgesetz in der Form von Dienstleistungskonzessionen (sog. “Konzessionsmodell“) und nicht mittels Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (sog. „Submissionsmodell“) vergeben (vgl. dazu EuGH, U. v. 10.3.2011, Privater Rettungsdienst und Krankentransport Stadler – C-274/09 –, juris Rdnrn. 22 f.; BayVerfGH, Entscheidung v. 24. Mai 2012 – Vf. 1-VII-10 –, Rn. 68, juris). Allerdings gelten nach § 106 Abs. 1 Satz 1 die Bestimmungen des 4. Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) nur für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen sowie die Ausrichtung von Wettbewerben, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die jeweils festgelegten Schwellenwerte erreicht oder überschreitet. In Bezug auf Konzessionen nach § 105 GWB verweist § 106 Abs. 2 Nr. 4 GWB auf Art. 8 der Richtlinie 2014/23/EU sowie auf die Verordnung (EU) 2015/2172 der Europäischen Kommission für Konzessionen in der jeweils geltenden Fassung. Danach beträgt der hier maßgebliche Schwellenwert für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen derzeit 5.225.000,00 Euro (vgl. auch § 2 KonzVgV). Nachdem der geschätzte Auftragswert vom Antragsgegner im vorliegenden Fall mit 2.492.270,00 Euro beziffert wurde, ist der maßgebliche Schwellenwert nicht erreicht, mit der Folge, dass eine Sonderzuweisung zur Vergabekammer nicht gegeben ist.

Aus diesem Grund kommt es auf die Frage, ob die Voraussetzungen der Bereichsausnahme „Rettungsdienst“ nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB bzw. Art. 10 Abs. 8 lit.g) RL 2014/23/EU im vorliegenden Fall erfüllt sind, nicht an (vgl. dazu OVG NRW, B. v. 19.1.2017 – 13 B 1163/16 -, juris; VK Rheinland-Pfalz, B. v. 19.8.2016 – VKD 14/16 – juris; VG Düsseldorf, B. v. 15.9.2016 – 7 L 2411/16 -, juris; Bühs: Rettungsdienstvergabe wieder vor dem EuGH - EuZW 2017, 804; VK Südbayern, B. v. 14.2.2017 – Z3-3/3194/1/54/12/16 -, juris).

1.2. Die Antragstellerin verfügt hinsichtlich des Antrags zu 1) auch über das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis, nachdem der Antragsgegner mit Schreiben vom 24. November 2017 ausdrücklich erklärt hat, dass eine Beteiligung der Antragstellerin an der Interimsvergabe nicht in Betracht komme.

Mit ihrem Antrag zu 2) macht die Antragstellerin über den vorläufigen Rechtsschutz hinaus auch einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch geltend. Für diesen Antrag fehlt ihr bereits das dafür erforderliche qualifizierte (besondere) Rechtsschutzbedürfnis. Sie begehrt eine Anordnung zur Sicherung eines Anspruchs dahingehend, die streitgegenständlichen Rettungsdienstleistungen nur nach Durchführung eines gemeinschaftskonformen Auswahlverfahrens zu vergeben und will damit einem befürchteten künftigen Verwaltungshandeln entgegenwirken.

Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz ist vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Gewaltenteilung und des Gebots eines effektiven Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich nicht vorbeugend ausgestaltet. Für einen vorbeugenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist deshalb ein qualifiziertes, gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzbedürfnis erforderlich. Dieses ist grundsätzlich zu verneinen, solange der Antragsteller in zumutbarer Weise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung im Regelfall als angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (BVerwG, U. v. 8.9.1972 - IV C 17.71 -, U. v. 29.7.1977 - IV C 51.75 - und U. v. 26.6.1981 - 4 C 5.78 -; B. v. 21.2.1973 - IV CB 68.72 -, alle juris). Es ist in der Regel zumutbar, die Verwaltungsmaßnahme abzuwarten und anschließend Rechtsmittel gegen die Verwaltungsmaßnahme einzulegen sowie gegebenenfalls um vorläufigen Rechtsschutz nach §§ 80, 80a VwGO nachzusuchen. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der nachträgliche Rechtsschutz mit unzumutbaren Nachteilen für den Betroffenen verbunden wäre. Insoweit muss eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung von Grundrechten der Antragstellerin drohen, die über die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (vgl. BVerwG, U. v. 16.4.1971 - IV C 66.67 -, juris; OVG NRW, B. v. 2.3.2001 - 5 B 273/01 -, juris; VG Gelsenkirchen, B. v. 10.11.2017 – 14 L 2455/17 –, Rn. 61, juris).

Ein qualifiziertes Rechtschutzbedürfnis ist hingegen zu bejahen, wenn ohne die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes die Gefahr bestünde, dass vollendete, nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen würden oder wenn ein nicht mehr wiedergutzumachender Schaden entstünde (vgl. OVG NRW, B. 22.6.2017 – 13 B 238/17 –, juris; OVG Lüneburg, B. v. 12.11.2012 - 13 ME 231/12 -, juris; U. v. 11.6.2010 - 11 ME 583/09 -, juris; BayVGH, B. v. 30.11.2010 - 9 CE 10.2468 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 2.12.2009 - 11 S. 81.08 - juris; OVG NRW, B. v. 1.8.2013 - 4 B 608/13 – juris; VG Düsseldorf, B. v. 15.9.2016 – 7 L 2411/16 –, juris).

Ausgehend von diesen Anforderungen an das notwendige qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis rechtfertigt der bisherige Sachvortrag der Antragstellerin nicht die Gewährung vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Ziel, dem Antragsgegner zu untersagen, die beabsichtigte Interimsvergabe ohne Beteiligung der Antragstellerin durchzuführen. Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner mit den Beigeladenen zu 1) bis 4) bisher noch keinen öffentlich-rechtlichen Vertrag hinsichtlich der interimsweise zu erbringenden Rettungsdienstleistungen geschlossen. Auch macht die Antragstellerin in keiner Weise geltend, dass sie durch den möglichen Abschluss eines Vertrages zwischen dem Antragsgegner und den Beigeladenen zu 1) bis 4) in ihrer Existenz gefährdet sei, oder dass durch den Abschluss oder die Durchführung öffentlich-rechtlicher Verträge irreversible Zustände geschaffen würden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass es vorliegend nur um die interimsweise Vergabe zusätzlicher Rettungsdienstleistungen geht. Die Antragstellerin ist nicht gehindert, sich an der für Anfang 2018 für den Rettungsdienstbereich … geplanten öffentlichen Ausschreibung zu beteiligen. Nach alledem besteht nach Überzeugung des Gerichts nicht die Notwendigkeit, dem Antragsgegner den Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge im Vorfeld zu untersagen, um der Antragstellerin effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten.

2. Soweit der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO zulässig ist, ist er nicht begründet.

Mit ihrem Antrag zu 1), sie vorläufig zum Auswahlverfahren Interimsvergabe zuzulassen, begehrt die Antragstellerin eine Vorwegnahme der Hauptsache. In einem solchen Fall sind an die Prüfung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch qualifizierte Anforderungen zu stellen, d.h. der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nur in Betracht, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für den Erfolg in der Hauptsache spricht und die Antragstellerin ohne die einstweilige Anordnung unzumutbaren Nachteilen ausgesetzt wäre (vgl. BayVGH, B. v. 18.3.2016 - 12 CE 16.66 -, juris). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Nach aufgrund des engen Zeithorizonts nur sehr kursorisch möglicher Prüfung geht das Gericht davon aus, dass die Antragstellerin weder Anordnungsanspruch (dazu 2.1.) noch Anordnungsgrund (dazu 2.2.) glaubhaft gemacht hat.

2.1. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Die Antragstellerin hat nach summarischer Prüfung keinen Anspruch darauf, im Verfahren zur Vergabe der im TRUST III-Gutachten vom September 2017 für die … als notwendig festgestellten zusätzlichen Rettungsdienstleistungen im Rettungsdienstbereich … während des notwendigen Interimszeitraumes vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 vorläufig zugelassen zu werden.

Es ist in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner den sich auf der Grundlage des TRUST III-Gutachtens ergebenden Mehrbedarf interimsweise durch eine zusätzliche, freihändige Beauftragung der Beigeladenen zu 1) bis 4) als Bestandsdienstleister decken möchte, um so seinem Sicherstellungsauftrag als Träger des Rettungsdienstes gem. Art. 4 Abs. 3 BayRDG zu genügen.

Ein Anspruch auf Beteiligung an dem Interimsvergabeverfahren ergibt sich entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Antragstellerin nicht aus Art. 13 Abs. 3 BayRDG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.

Nach Art. 13 Abs. 2 BayRDG entscheidet der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung in einem Auswahlverfahren über den Gegenstand der Beauftragung und einen geeigneten Durchführenden nach pflichtgemäßem Ermessen.

Wie bereits erwähnt werden im Freistaat Bayern Verträge über die Versorgung der Bevölkerung mit Rettungsdienstleistungen nach dem Bayerischen Rettungsdienstgesetz in der Form von Dienstleistungskonzessionen vergeben. Die Vergabe einer Dienstleistungskonzession richtet sich, sofern der nach § 2 KonzVgV maßgebliche Schwellenwert überschritten ist, nach den Vorschriften der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV). Gemäß § 12 Abs. 1 KonzVgV kann der Konzessionsgeber das Vergabeverfahren frei gestalten und sich an den Vorschriften der Vergabeverordnung (VgV) zum Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb orientieren (VK Hamburg, B. v. 31.7.2017 – Vgk FB 3/17 -, juris). Der geschätzte Auftragswert für die interimsweise zu vergebenden Leistungen erreicht im vorliegenden Fall nicht den maßgebliche Schwellenwert für Dienstleistungskonzessionen von derzeit 5.225.000 € (§ 155 GWB i. V. m. § 106 Abs. 1, 2 Nr. 4 GWB i. V. m. § 2 KonzVgV), so dass insoweit kein Vergabeverfahren nach den Regelungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) durchzuführen ist.

Zwar sind die allgemeinen Grundsätze des EU-Primärrechts, insbesondere die Prinzipien von Wettbewerb, Transparenz, Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit als Ausfluss der Grundfreiheiten der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 und 56 AEUV auch bei Vergaben unterhalb der Schwellenwertgrenzen zu beachten (vgl. VG Kassel, U. v. 6.10.2017 – 5 K 939/13.KS; Ganske in: Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 4. Aufl. 2018, § 105 GWB, Rn. 5). Allerdings gilt dies nur, sofern an diesen Aufträgen ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht (vgl. EuGH, NZBau 2008, 453 − SECAP und Santorso; EuGH, NZBau 2015, 377 − Spezzino und Anpas; EuGH, NZBau 2015, 569 − Generali-Providencia Biztosító Zrt.; EuGH, NZBau 2015, 383 – SC Enterprise Focused Solutions). Indizien für ein grenzüberschreitendes Interesse sind ein gewisses Volumen des fraglichen Auftrags in Verbindung mit dem Leistungsort, technischen Merkmalen des Auftrags oder Besonderheiten der betreffenden Waren (vgl. dazu EuGH, U. v. 15.5.2008 – Rs. C-147/06 -, NZBau 2008, 453 ff. − SECAP und Santorso; EuGH, U. v. 16.4.2015 – Rs. C-278/14 -, NZBau 2015, 383 ff. – SC Enterprise Focused Solutions). Nach der Rechtsprechung des EuGH kann ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse nicht hypothetisch aus bestimmten Gegebenheiten abgeleitet werden, die – abstrakt betrachtet – für ein solches Interesse sprechen könnten, sondern muss sich positiv aus einer konkreten Beurteilung der Umstände des fraglichen Auftrags ergeben (EuGH, U. v. 6.10.2016 – Rs. C-318/15 – NZBau 2016, 781 -, Tecnoedi Costruzioni Srl ./. Comune di Fossano -). Dies zugrunde gelegt, ist ein solches eindeutig grenzüberschreitendes Interesse entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Antragstellerin im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Vergabe der Leistungen an die Beigeladenen zu 1) bis 4) würde ein in Deutschland ansässiges Unternehmen (die Antragstellerin) durch die rechtswidrige Bevorzugung von in Deutschland ansässigen Hilfsorganisationen (den Beigeladenen zu 1) bis 4)) bei einer in Deutschland zu erbringenden Leistung (Rettungsdienstleistungen in …) benachteiligen. Es fehlt somit offensichtlich die Binnenmarktrelevanz. Allein der Umstand dass der Antragsgegner die Rettungsdienstleistungen im Januar 2018 europaweit ausschreiben möchte und damit zu erkennen gegeben hat, dass er dieses Vergabeverfahren für gegebenenfalls binnenmarktrelevant hält, ist ohne Belang (HessVGH, B. v. 23.7.2012 – 8 B 2244/11 –, Rn. 34, juris), zumal hier jedenfalls die kurze Zeitdauer von 12 Monaten sowie der Interimscharakter gegen ein grenzüberschreitendes Interesse der beabsichtigten Vergabe von Rettungsdienstleistungen sprechen.

Unabhängig von der Frage der Binnenmarktrelevanz verpflichtet zwar auch Art. 13 Abs. 3 Satz 1 BayRDG zur Beachtung der Prinzipien von Transparenz, Wettbewerb und Gleichbehandlung bei der Durchführung des Auswahlverfahrens. Allerdings ist der Antragsgegner im vorliegenden Fall aufgrund der besonderen Dringlichkeit berechtigt, für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 eine Interimsvergabe ohne förmliches Auswahlverfahren durchzuführen.

Denn selbst bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen, deren errechneter Auftragswert – anders als im vorliegenden Fall - den maßgeblichen Schwellenwert nach § 2 KonzVgV überschreitet, ist in Fällen besonderer Dringlichkeit, eine direkte Vergabe ohne Eröffnung eines Wettbewerbs möglich. Dies ergibt sich aus § 12 Abs. 1 KonzVgV, der auf die Vorschriften der Vergabeverordnung und damit unter anderem auf § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV verweist. Nach letztgenannter Vorschrift kann der öffentliche Auftraggeber Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben, wenn äußerst dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der betreffende öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die Mindestfristen einzuhalten, die für das offene und das nicht offene Verfahren sowie für das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vorgeschrieben sind. Die Umstände zur Begründung der äußersten Dringlichkeit dürfen dem öffentlichen Auftraggeber nicht zuzurechnen sein. Diese nunmehr in § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV normierten Voraussetzungen für eine Direktvergabe in Fällen besonderer Dringlichkeit entsprechen im Wesentlichen den vom Europäischen Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 15.10.2009 (C-275/08) entwickelten Voraussetzungen für eine Interimsvergabe (vgl. auch EuGH U. v. 2. 8. 1996 – C-107/92 –, juris - Kommission/Italien; U. v. 28.3.1996 – C-318/94 -, NVwZ 1997, 373 – Kommission/Italien; U. v. 18.11.2004 – C-126/03 -, EuZW 2005, 26 – Kommission/Deutschland).

Ist eine Interimsvergabe von Dienstleistungskonzessionen unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 KonzVgV i.V.m. § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV ausnahmsweise möglich, so muss dies erst recht für eine Konzessionsvergabe unterhalb des Schwellenwerts nach § 2 KonzVgV von derzeit 5.225.000 € gelten, wie es hier der Fall ist. Die in § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV aufgeführten Voraussetzungen für eine freihändige Vergabe sind vorliegend gegeben. Insbesondere ist eine besondere Dringlichkeit der Vergabe zu bejahen. Die Frage der Dringlichkeit einer Interimsvergabe orientiert sich an dem Zeitraum, den der Auftraggeber für die Vorbereitung der Ausschreibung, die Prüfung und Wertung der Angebote sowie die Vorabinformation der beteiligten Bieter benötigt und an der Frist, die den Bietern für die Bearbeitung ihrer Angebote einzuräumen ist (VK Rheinland-Pfalz v. 24.3.2015 – Verg 1/15). Nachdem das TRUST III-Gutachten erst im September 2017 fertig gestellt wurde und es danach noch der Erarbeitung eines Vorschlags zur Umsetzung der Empfehlungen bedurfte, war es nahezu unmöglich, die streitgegenständlichen Rettungsdienstleistungen im Wege der Ausschreibung zu vergeben. Da es sich um Dienstleistungen im Bereich der Daseinsvorsorge handelt und es um den Schutz hochrangiger Rechtsgüter, nämlich Leib und Leben, geht, ist hier eine besondere Dringlichkeit der zeitnahen Umsetzung gegeben.

Die Notwendigkeit der Sondermaßnahmen ergab sich erst mit Fertigstellung des TRUST-III-Gutachtens im September 2017 und war für den Antragsgegner nicht vorhersehbar. Die sich aus dem Bedarfsgutachten ergebenden Empfehlungen mussten zunächst in einen konkreten Maßnahmekatalog umgesetzt werden. Ausgehend davon waren die vergaberechtlichen Fristen für eine ordnungsgemäße Vergabe im Wettbewerb nicht einzuhalten. Schließlich waren die Umstände zur Begründung der besonderen Dringlichkeit nicht der Sphäre des Antragsgegners zuzurechnen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der kurzfristig zu deckende Mehrbedarf an Rettungsdienstleistungen auf ein Versäumnis des Antragsgegners als Träger des Rettungsdienstes zurückzuführen ist. Erst aufgrund des im September 2017 fertiggestellten TRUST III-Gutachtens hat der Antragsgegner von dem partiellen Mehrbedarf an Rettungsdienstleistungen erfahren und diesen Mehrbedarf auch umgehend konkretisiert. Als Träger des Rettungsdienstes nach Art. 4 Abs. 3 BayRDG ist er verpflichtet, den festgestellten Mehrbedarf umgehend durch Sofortmaßnahmen umzusetzen, um zeitnah eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Rettungsdienstleistungen sicherzustellen. Zur Abwendung einer Unterversorgung im Bereich der Daseinsvorsorge und damit auch für den Bereich der Rettungsdienstleistungen kann auf das Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung bzw. auf die freihändige Vergabe zurückgegriffen werden.

Die danach ausnahmsweise und als ultima ratio zulässige interimsweise, freihändige Vergabe der Sofortmaßnahmen ist als besonders dringliche Leistung nur für den Zeitraum rechtmäßig, den der Antragsgegner für die Vorbereitung und Durchführung des von ihm beabsichtigten ordnungsgemäßen förmlichen Vergabeverfahrens für den Rettungsdienstbereich … benötigt. Hierfür erscheint nach Auffassung des Gerichts der vom Antragsgegner angedachte Zeitraum von maximal zwölf Monaten, vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018, als ausreichend und angemessen (vgl. auch VK Lüneburg, B. v. 18.9.2014 – VgK-30/14 -, juris).

Der Antragsgegner hat bei den Verhandlungen mit den Beigeladenen zu 1) bis 4) auch darauf geachtet, dass die Leistung wirtschaftlich und effektiv im Sinne des Art. 13 Abs. 3 Satz 4 BayRDG erbracht werden kann. Er hat nicht nur ein Unternehmen zur Abgabe eines Angebots im Hinblick auf die Interimsbeauftragung aufgefordert, sondern insgesamt mit vier Anbietern verhandelt. Auch wurden die Angebote im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit überprüft.

Nach alledem war der Antragsteller berechtigt, die streitgegenständlichen Rettungsdienstleistungen interimsweise an die bereits bisher mit der Durchführung beauftragten Beigeladenen zu 1) bis 4) im Wege der Direktvergabe ohne Auswahlverfahren zu vergeben.

Die Antragstellerin hat mithin keinen Anspruch auf Beteiligung an dieser interimsweisen Vergabe aus Art. 13 Abs. 3 BayRDG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 3 Abs. 1 GG.

2.2. Darüber hinaus hat die Antragstellerin auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Wird eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) begehrt, so ist gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ein Anordnungsgrund nur dann gegeben, wenn der Erlass einer Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen - vergleichbar wichtigen - Gründen nötig erscheint. Es müssen besondere Gründe vorliegen, die es unter Berücksichtigung des Anspruchs auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) im Einzelfall als unzumutbar erscheinen lassen, den Antragsteller zur Durchsetzung seines in Rede stehenden Anspruchs - wie im Regelfall - auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen.

Die Antragstellerin begehrt hier die vorläufige Zulassung zu dem Auswahlverfahren und damit eine „Vorwegnahme“ der Hauptsache, ohne dass besondere Gründe vorliegen, die es unzumutbar erscheinen lassen, sie auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen. Die Dringlichkeit ihres Begehrens begründet sie lediglich damit, dass der Antragsgegner nach eigener Erklärung die beabsichtigten Interimsvergaben am 11. Dezember 2017 nach Herbeiführung eines Verbandsbeschlusses vornehmen werde. Weitere Gründe, die ein Zuwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache für die Antragstellerin als unzumutbar erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht substantiiert vorgetragen. Dem Interesse der Antragstellerin an einer vorläufigen Zulassung zu der beabsichtigten Interimsvergabe steht das gewichtige Interesse des Antragsgegners gegenüber, seiner Aufgabe nach Art. 4 Satz 3 BayRDG, der Sicherstellung der rettungsdienstlichen Versorgung der Bevölkerung durch Notfallrettung, arztbegleiteten Patiententransport und Krankentransport, nachzukommen. Nach alledem ist auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes hier zu verneinen.

2.3. Der Antrag zu 3) auf Erlass eines „Hängebeschlusses“ war ebenfalls abzulehnen.

Ob eine Zwischenentscheidung in Form eines „Hängebeschlusses“ im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren erforderlich ist, ist im Wege einer Interessenabwägung zu ermitteln (vgl. BVerwG, B. v. 20.8.2012 – 7 VR 7.12 -, juris). Der Erlass eines Hängebeschlusses ist, wenn keine anderen überwiegenden Interessen vorliegen, zulässig und geboten, wenn der Eilantrag nicht von vornherein offensichtlich aussichtslos ist und ohne den Beschluss die Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) gefährdet wäre, weil irreversible Zustände oder schwere und unabwendbare Nachteile einzutreten drohen (vgl. VGH BaWü, B. v. 18.12.2015, a.a.O.; HessVGH, B. v. 28.4.2017, a.a.O.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, B. v. 4.4.2017, a.a.O.; BVerfG, B. v. 11.10.2013 - 1 BvR 2616/13 -, juris).

Wie bereits hinsichtlich des qualifizierten Rechtsschutzbedürfnisses für die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes festgestellt (vgl. dazu oben 1.2.), sind nach dem Vortrag der Antragstellerin keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass durch die vom Antragsgegner beabsichtigte Interimsvergabe irreversible Zustände eintreten oder der Antragstellerin irreparable Nachteile entstehen könnten. Sonstige Gründe, die den Erlass eines Hängebeschlusses im Rahmen einer Interessenabwägung geboten erscheinen lassen, sind ebenfalls nicht zu erkennen.

3. Nachdem den Hauptanträgen zu 1) bis 3) nicht entsprochen wurde, war auch über die Hilfsanträge zu 4) und zu 7) zu entscheiden. Diese waren ebenfalls abzulehnen.

3.1. Mit dem hilfsweise gestellten Antrag zu 4), den Antragsgegner zu verpflichten, es zu unterlassen, die mit allen im Bereich der Stadt … tätigen Durchführenden des Rettungsdienstes (…) abgestimmte Interimslösung zur Durchführung des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich … (ab 1. Januar 2018 bis voraussichtlich 31. Dezember 2018) ohne EU-Bekanntmachung und ohne Durchführung eines transparenten und chancengleichen Auswahlverfahrens zu vollziehen, begehrt die Antragstellerin erneut vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutz. Vorläufiger Rechtsschutz kommt im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG nur dann in Betracht, wenn ohne die Vorwegnahme der Hauptsache schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile für den Antragsteller entstünden und damit eine besondere Dringlichkeit gegeben ist (HessVGH, B. v. 3.7.2012 – 6 B 1209/12 –, juris). Dies ist hier – wie bereits dargelegt – nicht der Fall. Aus den gleichen Gründen fehlt es an dem für die Inanspruchnahme vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes erforderlichen besonderen (qualifizierten) Rechtsschutzbedürfnisses sowie an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes.

3.2. Auch der Antrag zu 7), dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Ablauf der Beschwerdefrist oder Einlegung der Beschwerde beim zuständigen Oberverwaltungsgericht zu untersagen, ein Auswahlverfahren ohne Beteiligung der Antragstellerin durchzuführen, höchsthilfsweise auf das Angebot der Hilfsorganisationen den Zuschlag zu erteilen bzw. einen entsprechenden öffentlich-rechtlichen Beauftragungsvertrag abzuschließen, war abzulehnen. Zwar bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner die Beigeladenen zu 1) bis 4) noch vor Ablauf der Beschwerdefrist mit der interimsweisen Erbringung von Rettungsdienstleistungen beauftragen wird. Jedoch ist es der Antragstellerin – wie bereits mehrfach ausgeführt – zuzumuten, nachträglichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.

4. Nach alledem sind sämtliche Anträge mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Als unterliegende Beteiligte hat die Antragstellerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Dies schließt die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht ein, da diese keinen Antrag gestellt und deshalb nicht am Prozesskostenrisiko teilgenommen haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), so dass es nicht der Billigkeit entspricht, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 GKG).

5. Angesichts der Eilbedürftigkeit des vorliegenden Verfahrens ist die beantragte Einsichtnahme in die Vergabeakten des Antragsgegners nicht veranlasst.

Der Antragsgegner hat die Behördenakten nicht vollständig vorgelegt wegen Geheimhaltungsbedürftigkeit der Unterlagen. Ob die dort genannten Unterlagen tatsächlich geheimhaltungsbedürftig sind, steht zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht fest, sondern müsste im Rahmen eines „in-camera-Verfahrens“ nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geprüft werden, das im Hinblick auf die von der Antragstellerin besonders hervorgehobene Eilbedürftigkeit ausscheidet

6. Die Beteiligten werden auf die Vorschrift des § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 926 Abs. 1 ZPO hingewiesen. Ein entsprechender Antrag ist bislang nicht gestellt.

7. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Die Streitwertfestsetzung orientiert sich an Nr. 16.5 i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, Anhang zu § 164 Rn. 14). Bei Streitigkeiten über die Beteiligung am Rettungsdienst sind 15.000,00 € pro Fahrzeug in Ansatz zu bringen. Bei der streitgegenständlichen Interimsvergabe geht es um die Vorhaltung von 12 Rettungstransportwagen (RTW) und 2 Krankentransportwagen (KTW), insgesamt also um 14 Fahrzeuge. Der so ermittelte Streitwert von 210.000,00 € (= 14 x 15.000,00 €) war im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs), so dass sich 105.000,00 Euro ergeben.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Konzessionen sind entgeltliche Verträge, mit denen ein oder mehrere Konzessionsgeber ein oder mehrere Unternehmen

1.
mit der Erbringung von Bauleistungen betrauen (Baukonzessionen); dabei besteht die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung; oder
2.
mit der Erbringung und der Verwaltung von Dienstleistungen betrauen, die nicht in der Erbringung von Bauleistungen nach Nummer 1 bestehen (Dienstleistungskonzessionen); dabei besteht die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Verwertung der Dienstleistungen oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung.

(2) In Abgrenzung zur Vergabe öffentlicher Aufträge geht bei der Vergabe einer Bau- oder Dienstleistungskonzession das Betriebsrisiko für die Nutzung des Bauwerks oder für die Verwertung der Dienstleistungen auf den Konzessionsnehmer über. Dies ist der Fall, wenn

1.
unter normalen Betriebsbedingungen nicht gewährleistet ist, dass die Investitionsaufwendungen oder die Kosten für den Betrieb des Bauwerks oder die Erbringung der Dienstleistungen wieder erwirtschaftet werden können, und
2.
der Konzessionsnehmer den Unwägbarkeiten des Marktes tatsächlich ausgesetzt ist, sodass potenzielle geschätzte Verluste des Konzessionsnehmers nicht vernachlässigbar sind.
Das Betriebsrisiko kann ein Nachfrage- oder Angebotsrisiko sein.

(1) Dieser Teil gilt für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen sowie die Ausrichtung von Wettbewerben, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die jeweils festgelegten Schwellenwerte erreicht oder überschreitet. § 114 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Der jeweilige Schwellenwert ergibt sich

1.
für öffentliche Aufträge und Wettbewerbe, die von öffentlichen Auftraggebern vergeben werden, aus Artikel 4 der Richtlinie 2014/24/EU in der jeweils geltenden Fassung; der sich hieraus für zentrale Regierungsbehörden ergebende Schwellenwert ist von allen obersten Bundesbehörden sowie allen oberen Bundesbehörden und vergleichbaren Bundeseinrichtungen anzuwenden,
2.
für öffentliche Aufträge und Wettbewerbe, die von Sektorenauftraggebern zum Zweck der Ausübung einer Sektorentätigkeit vergeben werden, aus Artikel 15 der Richtlinie 2014/25/EU in der jeweils geltenden Fassung,
3.
für verteidigungs- oder sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge aus Artikel 8 der Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit und zur Änderung der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG (ABl. L 216 vom 20.8.2009, S. 76) in der jeweils geltenden Fassung,
4.
für Konzessionen aus Artikel 8 der Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung.

(3) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gibt die geltenden Schwellenwerte unverzüglich, nachdem sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Der Konzessionsgeber berechnet den geschätzten Vertragswert nach einer objektiven Methode, die in den Vergabeunterlagen anzugeben ist.

(2) Die Wahl der Methode zur Berechnung des geschätzten Vertragswerts darf nicht in der Absicht erfolgen, die Anwendung der Bestimmungen des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung zu umgehen. Eine Konzession darf insbesondere nicht so aufgeteilt werden, dass sie nicht in den Anwendungsbereich des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen fällt, es sei denn, es liegen objektive Gründe für eine solche Aufteilung vor.

(3) Bei der Berechnung des geschätzten Vertragswerts geht der Konzessionsgeber von dem voraussichtlichen Gesamtumsatz ohne Umsatzsteuer aus, den der Konzessionsnehmer während der Vertragslaufzeit als Gegenleistung erzielt

1.
für die Bau- oder Dienstleistungen, die Gegenstand der Konzession sind, und
2.
für Lieferungen, die mit diesen Bau- oder Dienstleistungen verbunden sind.

(4) Der Konzessionsgeber berücksichtigt dabei nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls insbesondere

1.
den Wert aller Arten von Optionen und möglichen Vertragsverlängerungen,
2.
die Einkünfte aus Gebühren oder Entgelten sowie Geldbußen oder Vertragsstrafen, die von den Nutzern der Bauwerke oder Dienstleistungen gezahlt werden, soweit diese nicht im Auftrag des Konzessionsgebers erhoben werden,
3.
die Zahlungen des Konzessionsgebers oder jeder anderen Behörde an den Konzessionsnehmer oder weitere finanzielle Vorteile jedweder Art, einschließlich Gegenleistungen für die Erfüllung von Gemeinwohlverpflichtungen sowie staatlicher Investitionsbeihilfen,
4.
den Wert von Zuschüssen oder sonstigen finanziellen Vorteilen jeglicher Art, die von Dritten für die Durchführung der Konzession gewährt werden,
5.
die Einkünfte aus dem Verkauf von Vermögensgegenständen, die Teil der Konzession sind,
6.
den Wert aller Lieferungen und Dienstleistungen, die der Konzessionsgeber für den Konzessionsnehmer bereitstellt, sofern sie für die Erbringung der Bau- oder Dienstleistungen erforderlich sind,
7.
Prämien oder Zahlungen an Bewerber oder Bieter.

(5) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des geschätzten Vertragswerts ist der Zeitpunkt, zu dem die Konzessionsbekanntmachung abgesendet oder das Vergabeverfahren auf sonstige Weise eingeleitet wird. Abweichend davon ist der Zeitpunkt des Zuschlags maßgeblich, falls der Vertragswert zu diesem Zeitpunkt mehr als 20 Prozent über dem nach Satz 1 geschätzten Wert liegt.

(6) Kann ein Bauvorhaben oder eine geplante Dienstleistung zur Vergabe von Konzessionen in Form mehrerer Lose führen, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zu berücksichtigen. Erreicht oder übersteigt der geschätzte Gesamtwert den maßgeblichen Schwellenwert, ist diese Verordnung für die Vergabe jedes Loses anzuwenden.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antrag der Beigeladenen zu 2. und 3. auf Aussetzung des Verfahrens wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. und 3. sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auf 50.000,- Euro festgesetzt.


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Tenor

I. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

IV. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe

Mit ihren am 3. August 2017 eingelegten Beschwerden verfolgen die Antragsteller – eine Familie kosovarischer Staats- und albanischer Volkszugehörigkeit – nach erfolglosem Asylverfahren (der Bundesamtsbescheid vom 26.1.2016 ist bestandskräftig geworden) sowie Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht und Durchführung ihrer Abschiebung am 20. Juli 2017 in den Kosovo im Wege des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschiebung und die Rückführung der Antragsteller in das Bundesgebiet.

Nach dem Vollzug der Abschiebung der Antragsteller am 20. Juli 2017 kann der vor dem Verwaltungsgericht noch gestellte Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO im Beschwerdeverfahren nicht weiterverfolgt werden‚ weil die Aussetzung der Abschiebung durch ihre Durchführung objektiv unmöglich geworden ist. Dementsprechend haben die Antragsteller im Beschwerdeverfahren ihren Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz in zweierlei Hinsicht neu gefasst: zum einen begehren sie die Feststellung‚ dass die Abschiebung rechtswidrig war, und zum anderen stellen sie den Antrag‚ sie in das Bundesgebiet zurückzuführen.

Die Beschwerde der Antragsteller hat keinen Erfolg.

Die Beschwerdeführer rügen die Rechtswidrigkeit der Abschiebung wegen fehlender Reisefähigkeit der Antragstellerinnen zu 1 und 4 sowie die Verletzung rechtlichen Gehörs, da die Schutzschrift des Antragsgegners und die Feststellungen des die Reisefähigkeit vor der Abschiebung untersuchenden Arztes vor der Entscheidung nicht zu einer Stellungnahme zur Verfügung gestellt worden seien. Das Verwaltungsgericht habe wesentliche ärztliche Atteste unberücksichtigt gelassen, insbesondere die Arztberichte der Spezialkliniken in H … und D … sowie die ärztliche Bescheinigung die Antragstellerin zu 4 betreffend. Die Antragstellerin zu 4 leide unter einer Hüftgelenksdysplasie und einer dem Morbus Perthes ähnlichen Hüftnekrose; im Falle einer nicht fachgerechten Behandlung drohe der Verlust der Gehfähigkeit. Die Antragstellerin zu 4 sei bereits vor der Einreise im Kosovo erfolglos behandelt worden; in der Bundesrepublik seien Behandlungen in Spezialkliniken erfolgt. Für die Antragstellerin zu 4 sei eine dauerhafte medizinische und physiotherapeutische Behandlung erforderlich. Bei der Antragstellerin zu 4 bestehe auch eine posttraumatische Belastungsstörung mit dissoziativen Zuständen nebst Verdacht auf eine psychische Deprivation mit Wahrnehmungsstörung. Die Feststellung der Reisefähigkeit sei weder durch einen Facharzt für Kinderorthopädie noch für Psychiatrie erfolgt. Auch sei der die Reisefähigkeit beurteilende Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. B. von unvollständigen ärztlichen Attesten ausgegangen. Eine dringend erforderlich medizinische Behandlung und Versorgung der Antragstellerin zu 4 könne im Heimatland nicht erfolgen, da die dortigen medizinischen Möglichkeiten ausgereizt seien. Der Antragstellerin zu 4 drohe der Verlust der Gehfähigkeit, wenn die Behandlung und Operation nicht durchgeführt werde. Ausweislich des Attestes einer orthopädischen Fachklinik im Kosovo vom 28. Juli 2017 könne dort die für die Antragstellerin zu 4 erforderliche Repetitionsbehandlung und Operation (dreifacher Beckeneingriff und Umstellungsostetomie am Oberschenkel) nicht durchgeführt werden. Die Antragstellerin zu 2 leide unter einer depressiven Erkrankung mit akuter Suizidgefahr. Die Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 2 sei nicht fachärztlich festgestellt worden. Es werde mit zweierlei Maß gemessen, wenn seitens der Antragsteller qualifizierte fachärztliche Atteste gefordert würden, seitens des Antragsgegners aber die Feststellungen eines Allgemeinmediziners und der persönliche Eindruck fachpsychiatrisch nicht ausgebildeter Personen ausreichten. Die Antragstellerinnen zu 2 und 4 befänden sich im Kosovo in absolut desolatem Zustand. Der Antrag, eine Wiedereinreise der gesamten Familie zu ermöglichen, werde im Beschwerdeverfahren aufrechterhalten.

Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO seine Prüfung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu beschränken hat, rechtfertigen keine Beschwerdestattgabe. Die geltend gemachte Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschiebung im Wege der einstweiligen Anordnung erweist sich als unzulässig (1.). Die Zulässigkeit der erstmaligen Geltendmachung eines Folgebeseitigungsanspruchs im Wege der Regelungsanordnung im Beschwerdeverfahren erscheint zweifelhaft (2.), kann jedenfalls in der Sache keinen Erfolg haben, da ein Aufenthaltsrecht oder ein Anspruch auf vorläufiges weiteres Verbleiben im Bundesgebiet nicht glaubhaft gemacht wird (3.).

1. Der Antrag, im Verfahren nach § 123 VwGO die Rechtswidrigkeit der Abschiebung vom 20. Juli 2017 festzustellen, ist unzulässig.

Dahinstehen kann, ob die Umstellung des ursprünglichen Antrags auf Erlass einer Sicherungsanordnung zur Einstellung und Aussetzung der Abschiebung auf eine Feststellung der Rechtswidrigkeit der zwischenzeitlich vollzogenen Abschiebung – jeweils gestützt auf eine fehlende Reisefähigkeit der Antragstellerinnen zu 2 und 4 –den Bestimmungen in § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO, § 91 VwGO genügt. Der Feststellungsantrag ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil er in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht statthaft ist.

Hinsichtlich des Feststellungsantrags ist schon nicht dargetan oder erkennbar‚ welches subjektiv-öffentliche Recht der Antragsteller durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung vorläufig gesichert werden soll‚ um der Gefahr einer Veränderung des bestehenden Zustandes zu begegnen (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dem Feststellungsinteresse, das einen solchen Antrag allein rechtfertigt, kann in einem Eilverfahren nicht Rechnung getragen werden, in dem nur eine vorläufige, nicht jedoch eine endgültige und verbindliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit getroffen werden kann. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer zwangsweisen Durchsetzung der Ausreisepflicht im Wege der Abschiebung kann grundsätzlich nur in einem Klageverfahren erreicht werden (vgl. BayVGH, B.v. 28.1.2016 – 10 CE 15.2653 – juris Rn. 16; OVG Rh-Pf, B.v. 11.7.2017 – 7 B 11079/17 – juris Rn. 21). Die bloße Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschiebung würde auch noch keinen (im Wege des § 123 Abs. 1 VwGO sicherungsfähigen) Anspruch auf Rückführung in das Bundesgebiet begründen, denn ein solcher Anspruch würde einen durch den zwangsweisen Vollzug der Ausreisepflicht verletzten Duldungsanspruchs voraussetzen (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2017 – 19 CE 16.2507).

2. Die Frage, ob ein Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO mit dem Ziel, den Ausländer (vorläufig) in das Bundesgebiet zurückzuführen bzw. ihm die Wiedereinreise zu ermöglichen, zulässig ist, und ob dies gegebenenfalls auch dann der Fall ist, wenn erstinstanzlich (vor der Abschiebung) noch die Aussetzung der Abschiebung begehrt worden war und erst im Beschwerdeverfahren die einstweilige Rückführung begehrt wird (der Antrag umgestellt wird), wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet. In den insoweit ablehnenden Entscheidungen (vgl. insbesondere OVG RhPf, B.v. 11.7.2017 – 7 B 11079/17 – juris; BayVGH, B.v. 28.1.2016 – 10 CE 15.2653 – juris und B.v. 21.6.2007 – 19 ZB 06.3373 – juris; OVG NRW‚ B.v. 9.3.2007 – 18 B 2533/06 – juris und B.v. 18.7.2006 – 18 B 1324/06 – juris; VGH BW, B.v. 24.3.2006 – 11 S 325/06 – HTK-AuslR; OVG LSA, B.v. 6.6.2016 – 2 M 37/16 – juris und B.v. 26.9.2008 – 2 M 188/08 – juris; in allen diesen Entscheidungen ist hilfsweise auch auf die Begründetheit des Antrags eingegangen worden) wird vor allem in den Vordergrund gestellt, dass es um einen Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch geht und im Verfahren nach § 123 VwGO eine der Bestimmung des § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO entsprechende Regelung fehlt sowie dass die Sicherung eines Rückführungsanspruchs im einstweiligen Rechtsschutz einen anderen Streitgegenstand darstellt als das Rechtsschutzbegehren, das auf Verhinderung der Abschiebung gerichtet war. Die Gegenmeinung (vgl. insbesondere OVG Bremen, B.v. 19.5.2017 – 1 B 47/17 – juris; SächsOVG, B.v. 14.12.2011 – 3 B 244/11 – juris; OVG Saarl, B.v. 18.10.2005 – 2 W 15/05 – juris; vgl. auch Funke-Kaiser in GK-AufenthG‚ Stand Oktober 2015‚ § 81 Rn. 190 und Stand 10/2016, § 59 AufenthG Rn. 240 ff.) verweist auf die Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz durch Art. 20 Abs. 3 GG, die bei einem noch andauernden rechtswidrigen Zustand aufgrund eines hoheitlichen Eingriffs in ein subjektives Recht betroffen ist, auf die weitgehende Identität des Streitstoffs bei dem Antrag auf Aussetzung der Abschiebung und bei dem Antrag auf Ausgestaltung der Wiedereinreise, auf die Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung des § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO in Fällen einer erheblichen Sachverhaltsänderung nach Ablauf der Darlegungsfrist sowie darauf, dass eine zwangsweise Abschiebung nicht zu einer Erledigung wegen Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses führt (vgl. insoweit auch BVerwG, B.v. 13.09.2005 – 1 VR 5/05, 1 VR 5/05/1 C 7/01 C 7/04 – InfAuslR 2005, 462, juris Rn. 2).

Vorliegend sieht sich der Senat nicht veranlasst, zum Streitstand Stellung zu nehmen, weil der Antrag auf Gestattung der Wiedereinreise im Falle seiner Zulässigkeit nicht begründet wäre (vgl. Nr. 3).

3. Die Beschwerde bliebe auch dann ohne Erfolg, wenn die Zulässigkeit einer einstweiligen Regelungsanordnung mit dem Ziel, nach einer im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erstinstanzlich gebilligten und vollzogenen Abschiebung die Rückführung der Antragsteller in das Bundesgebiet im Wege eines im Beschwerdeverfahren geltend gemachten Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruchs zu ermöglichen, anzuerkennen wäre.

Die von den Antragstellern erstrebte Verpflichtung des Antragsgegners nach § 123 VwGO stellt sich als eine Vorwegnahme der Hauptsache dar. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO dient regelmäßig nur der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses; einem Antragsteller soll hier grundsätzlich nicht bereits das gewährt werden, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erreichen kann. Daher könnte in Fällen der hier vorliegenden Art dem Eilantrag nach § 123 VwGO nur stattgegeben werden, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG schlechterdings unabweisbar ist. Dies setzt hohe Erfolgsaussichten, also eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs in der Hauptsache oder eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der Abschiebung voraus (vgl. VGH BW, B.v. 11.3.2008 – 13 S 418/08 – juris Rn. 7; NdsOVG, B.v. 2.2.2007 – 13 ME 362/06 – juris), was jedenfalls dann nicht der Fall ist, wenn nach einer Rückkehr erneut eine vollziehbare Ausreisepflicht besteht und ein Bleibeanspruch nicht glaubhaft gemacht ist.

Vorliegend ist eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs in der Hauptsache nicht ersichtlich. Weder erweist sich die vollzogene Abschiebung als offensichtlich rechtswidrig noch haben die Antragsteller ein (vorläufiges) Bleiberecht aufgrund einer geltend gemachten Reiseunfähigkeit der Antragstellerinnen zu 2 und 4 glaubhaft gemacht.

Dahinstehen kann, ob im Rahmen der Vollziehung der Aufenthaltsbeendigung ein von den Antragstellern geltend gemachter Gehörsverstoß vorgelegen hat. Verfahrensrechtliche Verstöße sind nicht geeignet, einen Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch auf Wiedereinreise bzw. Rückführung der Ausländer zu begründen, da es für den Erfolg eines Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruchs nicht nur auf den Vorgang der Abschiebung, sondern auf das Fortbestehen eines rechtswidrigen Zustandes ankommt, was nur dann gegeben ist, wenn den Antragstellern durch die Abschiebung ein ihnen zustehendes Bleiberecht vorenthalten wird (vgl. für eine fehlende Abschiebungsandrohung VG Schleswig, B.v. 19.12.2002 – 14 B 86/02 – juris Rn. 19). Im Übrigen hatten die Antragsteller im Beschwerdeverfahren Gelegenheit, sich voll umfänglich zu den von ihnen erwähnten Unterlagen zu äußern.

Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers so lange auszusetzen, wie sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Ein rechtliches Abschiebungshindernis liegt vor, wenn durch die Beendigung des Aufenthalts eine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr zu befürchten ist, so dass die Abschiebungsmaßnahme wegen des nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten grundrechtlichen Schutzes auszusetzen ist. Erforderlich ist dabei, dass infolge der Abschiebung als solcher (unabhängig vom konkreten Zielstaat) eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes für den betroffenen Ausländer konkret droht (BayVGH, B.v. 11.4.2017 – 10 CE 17.349 – juris Rn. 17; B.v. 21.10.2016 – 19 CE 16.1953; B.v. 31.5.2016 – 10 CE 16.838 – juris Rn. 7; VGH BW, B.v. 1.6.2017 – 11 S 658/17 – juris Rn. 3; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2016, A1 § 60a Rn. 57 f.). Wegen der Bindungswirkung nach § 42 AsylG an die Entscheidung des Bundesamtes oder des Verwaltungsgerichts über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG kommen nur inlands- und nicht zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 21.10.2016 – 19 CE 16.1953). Eine bestehende Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in zweierlei Hinsicht begründen: Zum einen scheidet eine Abschiebung aus, wenn und solange der Ausländer wegen der Erkrankung transportunfähig ist, d.h. sich sein Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Vorgangs des „Reisens“ wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn). Zum anderen muss eine Abschiebung auch dann unterbleiben, wenn sie – außerhalb des eigentlichen Transportvorgangs – eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bedeutet; dies ist der Fall, wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass unmittelbar durch die Abschiebung als solche (unabhängig vom Zielstaat) sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne; vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2017 – 10 CE 17.750 – juris Rn. 3 m.w.N.). Im Falle einer bereits vollzogenen und unbeschadet überstandenen Abschiebungsmaßnahme kann ein Anspruch auf Rückgängigmachung der Folgen der Abschiebung wegen eines bei der Abschiebung bestehenden Abschiebungshindernisses der Reiseunfähigkeit nur in Betracht kommen, wenn eine abschiebungsbedingte erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes in einem unmittelbaren zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit dem Abschiebungsvorgang zu besorgen ist.

Nach der Bestimmung des mit Wirkung zum 17. März 2016 (Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.3.2016 – BGBl I S. 390) eingeführten § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, wenn nicht der Ausländer eine im Rahmen der Abschiebung beachtliche Erkrankung durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft macht. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände enthalten, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben. Legt der Ausländer ärztliche Fachberichte vor, sind diese zum Beweis für ein Abschiebungshindernis nur geeignet, wenn sie nachvollziehbar die Befundtatsachen angeben, gegebenenfalls die Methode der Tatsachenerhebung benennen und nachvollziehbar die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes sowie die Folgen darlegen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft ergeben, wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegung jeweils nach den Umständen des Einzelfalls richten. Insbesondere ist es dem Arzt, der ein Attest ausstellt, untersagt, etwaige rechtliche Folgen seiner fachlich begründeten Feststellungen und Folgerungen darzulegen oder sich mit einer rechtlichen Frage auseinanderzusetzen (BayVGH, B.v. 18.10.2013 – 10 CE 13.1890 – juris Rn. 21; VGH BW, B.v. 10.7.2003 – 11 S 2262/02 – juris Rn. 12). Ein Attest, dem nicht zu entnehmen ist, wie es zu den prognostizierten Folgerungen kommt und welche Tatsachen dieser Einschätzung zugrunde liegen, ist nicht geeignet, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots wegen Reiseunfähigkeit zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 11.4.2017 – 10 CE 17.349 – juris Rn. 19; B.v. 5.1.2017 – 10 CE 17.30 – juris Rn. 7).

Vorliegend ist der auf Rückgängigmachung der Abschiebung durch Wiedereinreise und Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (wegen Reiseunfähigkeit der Antragstellerinnen zu 2 und 4) gerichtete Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 1, 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) nicht glaubhaft gemacht. Die gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit (§ 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG) der Antragstellerinnen zu 2 und 4 ist durch die bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten fachärztliche Atteste der Orthopädischen Klinik W. vom 2. September 2016, das formularmäßige Attest der Orthopädischen Klinik W. vom 20. Oktober 2016 und der Altonaer Kinderklinik vom 2. November 2016 und das im Beschwerdeverfahrens vorgelegte Attest eines Kinder- und Jugendarztes vom 20. Juli 2017 (bzgl. Antragstellerin zu 4 vgl. nachfolgend 3.1) sowie der bezüglich der Antragstellerin zu 2 vorgelegten Atteste der Ärztin für Psychiatrie Dr. R.-M. vom 25. November 2016, vom 29. Mai 2017 und vom 20. Juli 2017 (bzgl. der Antragstellerin zu 2 vgl. nachfolgend 3.2) nicht widerlegt.

3.1. Die zahlreichen für die Antragstellerin zu 4 vorgelegten Befundberichte und ärztlichen Bescheinigungen belegen eine seit Geburt bestehende Hüftdysplasie und Hüftkopfnekrose rechts, die ausweislich der Angaben im Asylverfahren den Grund der Einreise bildete und im Bundesgebiet behandelt wurde. Zur Frage der Reisefähigkeit verhalten sich die ärztlichen Befunde überwiegend nicht. Lediglich die fachärztlichen Atteste der Orthopädischen Klinik W. vom 2. September 2016 und vom 20. Oktober 2016, das Attest der Altonaer Kinderklinik vom 2. November 2016 und das ärztliche Attest vom 20. Juli 2017 beinhalten Aussagen zur Reisefähigkeit.

Die ärztlichen Atteste der Orthopädischen Klinik W. vom 2. September 2016 und das formularmäßige Attest vom 20. Oktober 2016, in denen ausgeführt wird, eine zeitnahe Abschiebung könne den Therapieerfolg gefährden und zu einer bleibenden körperlichen Behinderung führen, sind im Zusammenhang mit einem am 25. August 2016 erfolgten operativen Eingriff bei der Antragstellerin zu 4 erstellt worden und enthalten mangels Aktualität zum Zeitpunkt der Abschiebung am 20. Juli 2017 keine verwertbare Aussage zum Vorliegen der Reisefähigkeit. Die formularmäßige Bescheinigung der Abteilung Kinder- und Jugendpsychosomatik der Altonaer Kinderklinik vom 2. November 2016 genügt nicht den Anforderungen nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG, da sich aus dem Schriftstück schon nicht ergibt, aufgrund welcher tatsächlichen Umstände eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, welche Methode der Tatsachenerhebung angewendet wurde und aufgrund welcher Befunde sich die gestellte Diagnose ergibt. Ausweislich des Schriftstücks wurde die Untersuchung durch einen Diplompsychologen im psychosomatischen Konsildienst und somit nicht durch einen Facharzt durchgeführt. Auch wird zur Methode der Tatsachenerhebung lediglich „Gespräch mit der Tante und dem Kind“ angegeben, während zu den Inhalten des Gesprächs und der sonstigen Befunderhebung keine Angaben gemacht werden. Die formularmäßig attestierte Diagnose einer „Posttraumatischen Belastungsstörung mit dissoziativen Zuständen“ ohne weitere Angaben zu Verursachung, Symptomatik und Methode der Tatsachenerhebung stellt keine fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes dar und verhält sich nicht zum Schweregrad.

Im Attest des Kinder- und Jugendarztes Dr. H. vom 20. Juli 2017 wird eine Reiseunfähigkeit mit der Erforderlichkeit einer weiteren Behandlung der Hüfterkrankung begründet. Auch diese Bescheinigung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen nach § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG.

Nach der gesetzgeberischen Intention zur Neuregelung des § 60a Abs. 2c AufenthG sollen lediglich lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, die Abschiebung des Ausländers hindern können (vgl. BT-Drs. 18/7538, zu Art. 2 S. 18). Damit wird noch einmal klargestellt, dass nur äußerst gravierende Erkrankungen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben nach Satz 1 darstellen (die Entwurfsbegründung bezieht sich hier auf § 60 Abs. 7 AufenthG). Die Abschiebung darf nicht dazu führen, dass sich eine schwerwiegende Erkrankung des Ausländers mangels Behandlungsmöglichkeit in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschiebungsvorgang in einem Ausmaß verschlechtern wird, dass ihm eine individuell konkrete, erhebliche Gefahr an Leib oder Leben droht. Es wird jedoch nicht vorausgesetzt, dass die medizinische Versorgung im Herkunftsland bzw. im Zielstaat der Abschiebung der Versorgung in Deutschland oder in der Europäischen Union gleichwertig ist.

Ebenso wie das ärztliche Attest vom 20. Juli 2017, das auf den weiteren Behandlungsbedarf verweist, zielt die vorgelegte Bescheinigung der Orthopädischen Fachklinik in P., wonach die in der Dortmunder Klinik in Frage kommende Behandlung (laut Arztbrief der dortigen Klinik vom 16.6.2017 – ausdrücklich zur Einholung einer Zweitmeinung konsultiert – solle zur Entscheidungsfindung eine Arthrographie des Hüftgelenks erfolgen, davon abhängig könne „perspektivisch“ eine 3-fach Beckenosteotomie oder Acetabuloplastik mit Umstellungsosteotomie „in Frage kommen“) im Kosovo nicht möglich sei, auf die generelle und langfristige Behandelbarkeit der Erkrankung im Heimatstaat ab. Ob – und gegebenenfalls wann – diese Behandlungen tatsächlich erforderlich werden, ist ihnen nicht zu entnehmen. Ein Verlust der Gehfähigkeit durch den Abschiebungsvorgang ist auch mit dem weiteren Beschwerdevorbringen vom 29. November 2017 nicht glaubhaft gemacht. Im Übrigen sind sie bereits deshalb nicht geeignet, eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Antragstellerin zu 4 in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschiebungsvorgang zu belegen, weil es bei der Frage einer langfristigen („perspektivischen“) Behandelbarkeit im Heimatland um zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG geht. Wegen der Bindungswirkung (gemäß § 42 AsylG) der Feststellungen des Bundesamtes zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Bescheid vom 26. Januar 2016, in dem ausführlich die Hüfterkrankung der Antragstellerin zu 4 gewürdigt wurde, vermögen die erörterten Fragen einer Behandelbarkeit der Erkrankung der Antragstellerin zu 4 im Kosovo der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Der staatlichen Schutzpflicht hat der Antragsgegner durch die Veranlassung einer ärztlichen Untersuchung am Abschiebetag und einer medizinischen Begleitung des Abschiebungsvorgangs genügt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug einer Abschiebung betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende tatsächliche Abschiebungshindernisse in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten; diese Stelle hat durch entsprechende tatsächliche Gestaltung derselben die notwendigen Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 732/14 – juris Rn. 10). Liegen hinreichende Indizien für eine schwerwiegende Erkrankung vor, wird regelmäßig eine amtsärztliche Untersuchung oder die Einholung einer ergänzenden ärztlichen Stellungnahme angezeigt sein, da der Ausländerbehörde die erforderliche medizinische Sachkunde zur Beurteilung einer mit der Abschiebung einhergehenden Gesundheitsgefahr und auch der Frage fehlen dürfte, mit welchen Vorkehrungen diese Gefahr ausgeschlossen oder gemindert werden könnte (vgl. VGH BW, B.v. 6.2.2008, a.a.O.; OVG LSA, B.v. 21.6.2016 – 2 M 16/16 – juris).

Nach Auffassung des Senates sind an die behördlicherseits veranlasste (amts-) ärztliche Feststellung der Reisefähigkeit nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Widerlegung der in § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG normierten gesetzlichen Vermutung des Fehlens gesundheitlicher Gründe, die der Abschiebung entgegenstehen (zu weitgehend insoweit VGH BW, B.v. 10.8.2017 – 11 S 1724/17 – juris Rn. 22). Regelungsgrund für die gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit waren große Herausforderungen und zeitliche Verzögerungen in der Abschiebungspraxis wegen geltend gemachter (schwer diagnostizierbarer und überprüfbarer) Erkrankungen und der Missbrauchsgefahr einer Bevorratung mit ärztlichen Attesten (vgl. BT-Drs. 18/7538 S. 18 ff.), was auch der Erfahrung des Senats entspricht. Ein vergleichbares Missbrauchsrisiko bei ärztlichen Stellungnahmen auf Veranlassung der Behörde ist weder nach der Erfahrung des Gesetzgebers noch nach der des Senats gegeben, wenngleich auch diese einer kritischen Würdigung nicht entzogen sind. Während nach der gesetzlichen Intention die Vermutung des Fehlens entgegenstehender gesundheitlicher Gründe nur durch eine qualifizierte Bescheinigung einer gravierenden Erkrankung widerlegt werden kann, die wegen ihrer Schwere eine fachärztliche Expertise voraussetzt, kommt es bei der Feststellung der aktuell am Abschiebungstag gegebenen Reisefähigkeit weniger auf eine fachärztliche Expertise hinsichtlich der Behandelbarkeit der Erkrankung an als auf eine – insoweit eher notfallmedizinische – Einschätzung, die bestehende fachärztliche Vorbefunde selbstverständlich miteinzubeziehen hat. Einem Facharzt für Allgemeinmedizin (vorliegend mit Zusatzbezeichnung Psychosomatische Medizin und Notfallmedizin) ist die Sachkunde zur Beurteilung der mit einer Erkrankung zusammenhängenden und im Falle der Abschiebung drohenden Gesundheitsgefahren nicht von vornherein abzusprechen. Gleichwohl müssen auch die Ausführungen des beurteilenden Arztes erkennen lassen, weshalb sie eine medizinische Frage in bestimmter Weise beurteilen (können), insbesondere wenn dies in Auseinandersetzung mit bereits vorliegenden fachärztlichen Befundberichten oder Gutachten geschieht (vgl. OVG Berl-Bbg, B.v. 8.10.2015 – OVG 12 S. 60.15 – juris Rn. 3). Dabei ist zu berücksichtigen, dass amtsärztlichen Zeugnissen grundsätzlich ein höherer Beweiswert zuzuschreiben ist als einem Privatgutachten (BayVGH, B.v. 27.2.2007 Az. 24 ZB 07.367 m.w.N.). Die Neutralität und Unabhängigkeit verleiht – neben dem speziellen Sachverstand – der Beurteilung durch den Amtsarzt ein höheres Gewicht. Widerspricht eine amtsärztliche Feststellung den Feststellungen von Privatärzten, kann sich das Tatsachengericht dann auf die Beurteilung des Amtsarztes stützen, wenn keine Zweifel an der Sachkunde des Amtsarztes bzw. eines von ihm hinzugezogenen Facharztes bestehen, seine Beurteilung auf zutreffenden Tatsachengrundlagen beruht und in sich stimmig und nachvollziehbar ist. Hat der Privatarzt seinen medizinischen Befund näher erläutert, so muss der Amtsarzt auf diese Erwägungen eingehen und nachvollziehbar darlegen, warum er ihnen nicht folgt. Dieser eingeschränkte Vorrang im Konfliktfall findet seine Rechtfertigung in der Neutralität und Unabhängigkeit des Amtsarztes (vgl. BVerwG, B.v. 28.12.2012 – 2 B 105/11 – juris Rn. 8).

Nach diesen Maßstäben liegt ein Widerspruch der behördlicherseits beauftragten ärztlichen Feststellungen zu den Vorbefunden nicht vor. Am Tag der Abschiebung wurde die Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 4 in Kenntnis der bis Ende 2016 vorliegenden Befunde durch den Facharzt für Allgemeinmedizin, Diabetologie, Betriebsmedizin, Verkehrsmedizin, Psychosomatische Medizin und Notfallmedizin, der auch als Honorararzt für das staatliche Gesundheitsamt tätig ist, positiv festgestellt. Der Arzt würdigt die Grunderkrankung der Antragstellerin zu 4, die im Bundesgebiet erfolgte Behandlung (Weichteileingriff) und physiotherapeutische Nachbehandlung, stellt eine zwischenzeitlich eingetretene Konsolidierung fest und hält besondere therapeutische Maßnahmen über den bisherigen erfolgreichen Verlauf der in Deutschland ergriffenen Behandlungsmaßnahmen nicht für erforderlich. Wie für das Verwaltungsgericht bestehen auch für den Senat keine Zweifel an der zur Beurteilung der Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 4 erforderlichen Fachkunde des Arztes. Die getroffenen Feststellungen des behördlicherseits beauftragten Arztes stehen auch nicht im Widerspruch zum Bericht der Orthopädischen Klinik Dortmund vom 16. Juni 2017, die von der Tante der Antragstellerin zu 4 zur Einholung einer Zweitmeinung konsultiert wurde. Im dortigen Bericht wird – abhängig vom Ergebnis einer durchzuführenden Arthrographie – perspektivisch eine Beckenosteotomie oder Acetabuloplastik ggf. mit intertochanträrer Umstellungsosteotomie als in Frage kommende Therapie aufgeführt. Die unmittelbare Erforderlichkeit einer solchen Therapie, die einer Reisefähigkeit entgegenstehen könnte, wird nicht dargelegt.

3.2. Auch bezüglich der Antragstellerin zu 2 ist die Vermutung eines Fehlens gesundheitlicher Gründe gegen die Abschiebung durch die vorgelegten Atteste der Ärztin für Psychiatrie Dr. R.-M. vom 25. November 2016, vom 29. Mai 2017 und vom 20. Juli 2017 nicht widerlegt. Die ärztlichen Bescheinigungen genügen nicht den Anforderungen an § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG. Dem ärztlichen Attest vom 25. November 2016 fehlt bereits die Aktualität, um Aussagen zur Reisefähigkeit am 20. Juli 2017 zu treffen. Im Befundbericht vom 29. Mai 2017 wird ausgeführt, wegen einer unzureichenden Behandlung der Tochter im Kosovo sei mit einer erheblichen Verschlechterung der depressiven Symptomatik, mit ausgeprägten Ängsten und psychosomatischen Beschwerden zu rechnen. Eine Gesundheitsgefährdung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschiebungsvorgang wird damit nicht dargetan. Auch das ärztliche Attest vom 20. Juli 2017, in dem unter Verweis auf die Verschlimmerung des Krankheitsbildes nach dem Termin vor dem Verwaltungsgericht eine Reisefähigkeit wegen akuter Suizidgefahr pauschal negiert wird, lässt nicht erkennen, weshalb die depressive Störung mit den aufgeführten Symptomen eine Transportunfähigkeit (Reiseunfähigkeit im engeren Sinne) – trotz begleitender Vorsorgemaßnahmen – bewirken soll, und setzt sich nicht mit einer naheliegenden Instrumentalisierung des Krankheitsbildes zur Vermeidung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auseinander. Selbst wenn eine Suizidgefahr nicht auszuschließen wäre, läge nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vor; vielmehr handelt es sich bei einer möglicherweise aus den besonderen Belastungen einer Abschiebung resultierenden Suizidgefahr um einen Umstand, der eine Abschiebung regelmäßig nur vorübergehend hindert (vgl. BVerfG, B.v. 26.2.1998 – 2 BvR 185/98 – juris Rn. 3). Die Abschiebung ist von der Ausländerbehörde dann so zu gestalten, dass einer Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann (vgl. BVerfG, B.v. 16.4.2002 – 2 BvR 553/02 – juris; BayVGH, B.v. 23.8.2016 – 10 CE 15.2784 – juris Rn. 16). Dem hat der Antragsgegner durch Veranlassung einer ärztlichen Untersuchung am Abschiebetag zur Feststellung der Reisefähigkeit der Antragstellerin zu 2 durch Dr. B., der Flug- und Reisefähigkeit mangels der Thematisierung suizidaler Absichten positiv festgestellt hat, und einer medizinischen Begleitung des Abschiebungsvorgangs hinreichend Rechnung getragen. Über die Deutsche Botschaft wurde darüber hinaus dafür gesorgt, dass die Antragsteller im Heimatland von Ärzten in Empfang genommen wurden. Eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Antragstellerin zu 2 in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschiebungsvorgang ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens mit Schriftsatz vom 29. November 2017 nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Eine Pflicht, Vorkehrungen für eine dauernde ärztliche Versorgung im Zielstaat der Abschiebung zu treffen, besteht darüber hinaus nicht (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand 2/2016, § 60a AufenthG Rn. 63). Hinsichtlich der Frage der Behandelbarkeit einer depressiven Symptomatik im Sinne eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses wird auf die bindenden Feststellungen des Bundesamts im Bescheid vom 26. Januar 2016 verwiesen.

Wegen mangelnder Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung war auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO).

Die Kostenentscheidung entspricht § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.1.3, 1.5 und 8.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Unbeschadet der Prüfungsmöglichkeiten von Aufsichtsbehörden unterliegt die Vergabe öffentlicher Aufträge und von Konzessionen der Nachprüfung durch die Vergabekammern.

(1) Dieser Teil gilt für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen sowie die Ausrichtung von Wettbewerben, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die jeweils festgelegten Schwellenwerte erreicht oder überschreitet. § 114 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Der jeweilige Schwellenwert ergibt sich

1.
für öffentliche Aufträge und Wettbewerbe, die von öffentlichen Auftraggebern vergeben werden, aus Artikel 4 der Richtlinie 2014/24/EU in der jeweils geltenden Fassung; der sich hieraus für zentrale Regierungsbehörden ergebende Schwellenwert ist von allen obersten Bundesbehörden sowie allen oberen Bundesbehörden und vergleichbaren Bundeseinrichtungen anzuwenden,
2.
für öffentliche Aufträge und Wettbewerbe, die von Sektorenauftraggebern zum Zweck der Ausübung einer Sektorentätigkeit vergeben werden, aus Artikel 15 der Richtlinie 2014/25/EU in der jeweils geltenden Fassung,
3.
für verteidigungs- oder sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge aus Artikel 8 der Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit und zur Änderung der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG (ABl. L 216 vom 20.8.2009, S. 76) in der jeweils geltenden Fassung,
4.
für Konzessionen aus Artikel 8 der Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung.

(3) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gibt die geltenden Schwellenwerte unverzüglich, nachdem sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Der Konzessionsgeber berechnet den geschätzten Vertragswert nach einer objektiven Methode, die in den Vergabeunterlagen anzugeben ist.

(2) Die Wahl der Methode zur Berechnung des geschätzten Vertragswerts darf nicht in der Absicht erfolgen, die Anwendung der Bestimmungen des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung zu umgehen. Eine Konzession darf insbesondere nicht so aufgeteilt werden, dass sie nicht in den Anwendungsbereich des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen fällt, es sei denn, es liegen objektive Gründe für eine solche Aufteilung vor.

(3) Bei der Berechnung des geschätzten Vertragswerts geht der Konzessionsgeber von dem voraussichtlichen Gesamtumsatz ohne Umsatzsteuer aus, den der Konzessionsnehmer während der Vertragslaufzeit als Gegenleistung erzielt

1.
für die Bau- oder Dienstleistungen, die Gegenstand der Konzession sind, und
2.
für Lieferungen, die mit diesen Bau- oder Dienstleistungen verbunden sind.

(4) Der Konzessionsgeber berücksichtigt dabei nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls insbesondere

1.
den Wert aller Arten von Optionen und möglichen Vertragsverlängerungen,
2.
die Einkünfte aus Gebühren oder Entgelten sowie Geldbußen oder Vertragsstrafen, die von den Nutzern der Bauwerke oder Dienstleistungen gezahlt werden, soweit diese nicht im Auftrag des Konzessionsgebers erhoben werden,
3.
die Zahlungen des Konzessionsgebers oder jeder anderen Behörde an den Konzessionsnehmer oder weitere finanzielle Vorteile jedweder Art, einschließlich Gegenleistungen für die Erfüllung von Gemeinwohlverpflichtungen sowie staatlicher Investitionsbeihilfen,
4.
den Wert von Zuschüssen oder sonstigen finanziellen Vorteilen jeglicher Art, die von Dritten für die Durchführung der Konzession gewährt werden,
5.
die Einkünfte aus dem Verkauf von Vermögensgegenständen, die Teil der Konzession sind,
6.
den Wert aller Lieferungen und Dienstleistungen, die der Konzessionsgeber für den Konzessionsnehmer bereitstellt, sofern sie für die Erbringung der Bau- oder Dienstleistungen erforderlich sind,
7.
Prämien oder Zahlungen an Bewerber oder Bieter.

(5) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des geschätzten Vertragswerts ist der Zeitpunkt, zu dem die Konzessionsbekanntmachung abgesendet oder das Vergabeverfahren auf sonstige Weise eingeleitet wird. Abweichend davon ist der Zeitpunkt des Zuschlags maßgeblich, falls der Vertragswert zu diesem Zeitpunkt mehr als 20 Prozent über dem nach Satz 1 geschätzten Wert liegt.

(6) Kann ein Bauvorhaben oder eine geplante Dienstleistung zur Vergabe von Konzessionen in Form mehrerer Lose führen, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zu berücksichtigen. Erreicht oder übersteigt der geschätzte Gesamtwert den maßgeblichen Schwellenwert, ist diese Verordnung für die Vergabe jedes Loses anzuwenden.

(1) Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies gilt auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist.

(2) Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information nach Absatz 1 geschlossen werden. Wird die Information auf elektronischem Weg oder per Fax versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter und Bewerber kommt es nicht an.

(3) Die Informationspflicht entfällt in Fällen, in denen das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen besonderer Dringlichkeit gerechtfertigt ist. Im Fall verteidigungs- oder sicherheitsspezifischer Aufträge können öffentliche Auftraggeber beschließen, bestimmte Informationen über die Zuschlagserteilung oder den Abschluss einer Rahmenvereinbarung nicht mitzuteilen, soweit die Offenlegung den Gesetzesvollzug behindert, dem öffentlichen Interesse, insbesondere Verteidigungs- oder Sicherheitsinteressen, zuwiderläuft, berechtigte geschäftliche Interessen von Unternehmen schädigt oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen beeinträchtigen könnte.

Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 105.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Beteiligung an der beabsichtigten interimsweisen Vergabe einer Dienstleistungskonzession für die Erbringung von Leistungen des bodengebundenen Rettungsdienstes im Stadtgebiet … an die Beigeladenen zu 1) bis 4).

Die Antragstellerin ist ein privates Unternehmen für Notfallrettung und qualifizierte Krankentransporte mit erweitertem Aufgabenspektrum. Sie ist derzeit als Dienstleistungserbringerin im Rettungsdienst … tätig und strebt eine Expansion ihrer Tätigkeiten in den fränkischen Raum an.

Der Antragsgegner ist Träger des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich … nach Art. 4 Abs. 3 Bayerisches Rettungsdienstgesetz (BayRDG). In dieser Funktion hat er die Beigeladenen zu 1) bis 4) auf der Basis öffentlich-rechtlicher Verträge mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragt.

Der Antragsgegner beabsichtigt die Umsetzung der Empfehlungen des „Bedarfsgutachten zur rettungsdienstlichen Versorgung im Rettungsdienstbereich … – Nachbetrachtung im Rahmen der Trend- und Strukturanalyse (TRUST III) … Dieses Gutachten wurde im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums des Innern für Bau und Verkehr (BayStMI) und der Sozialversicherungsträger in Bayern Freistaats Bayern von dem Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM) – Klinikum der Universität München erstellt. Es befasst sich mit dem rettungsdienstlichen Einsatzgeschehen im Rettungsdienstbereich … Gleichzeitig werden die Empfehlungen zu strukturellen Veränderungen sowie der bedarfsgerechten Vorhaltung von öffentlich-rechtlichen Rettungsmitteln im Bereich der Notfallrettung und des Krankentransports aktualisiert und auf der Grundlage des Einsatzgeschehens im Beobachtungszeitraum 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016 angepasst.

Im Rettungsdienstbereich … waren während des einjährigen Beobachtungszeitraums die Beigeladenen zu 1) bis 4) auf der Basis öffentlich-rechtlicher Verträge mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragt. Der Rettungsdienstbereich … verfügt derzeit bzw. zum Ende des Beobachtungszeitraums über insgesamt 24 Rettungsdienststandorte mit Rettungswagen (RTW)-Vorhaltung. Hierzu zählen 23 Rettungswachen und ein Stellplatz. An 15 dieser Standorte wurden zudem im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Vorhaltung stundenweise Krankentransportwagen (KTW) betrieben, an einem weiteren Stellplatz wurden ausschließlich Krankentransportwagen vorgehalten. Zusätzliche Krankentransportleistung wurde auf privatrechtlicher Basis durch die Firma … erbracht.

Unter Berücksichtigung der Entwicklung des Einsatzaufkommens im Bereich der Notfallrettung wird in dem TRUST III-Gutachten unter anderem eine Anpassung der RTW-Vorhaltung in … mit + 345,5 Wochenstunden sowie eine Ausweitung des Stellplatzes … zur Rettungswache empfohlen (S. 4, 234 ff. des als Teil der Behördenakte vorgelegten Gutachtens). Auf der Grundlage des realen Einsatzgeschehens des 12-monatigen Beobachtungszeitraumes wurde für die Bedarfsregion … empfohlen, die KTW-Vorhaltung um 118,8 Wochenstunden zu erhöhen (…).

Aufgrund der danach insbesondere für den Rettungsdienstbereich der … notwendigen umfangreichen Erweiterungen und Erneuerungen in der Organisation des Rettungsdienstes geht der Antragsgegner davon aus, dass ein Auswahlverfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) durchzuführen ist.

Um dringende Bedarfe im Rahmen der Notfallrettung und im Krankentransport in … und … kurzfristig zu decken, beabsichtigt der Antragsgegner eine interimsweise Vergabe von Dienstleistungskonzessionen über zusätzliche rettungsdienstliche Leistungen (Notfallrettung und Krankentransport) an die bereits mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragten Hilfsorganisationen, die Beigeladenen zu 1) bis 4). Geplant sind zusätzliche Vorhaltungen von Rettungswagen (RTW) und Krankentransportwagen (KTW) an den bereits vorhandenen Rettungswachen bzw. Stellplätzen. Die Interimslösung ist vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 angedacht. Parallel dazu soll ab Mitte Januar eine europaweite Ausschreibung nach Maßgabe des Vergaberechts erfolgen, die dann noch näher an die zeitlichen Bedarfsermittlungen angepasste rettungsdienstliche Leistungen zum Inhalt haben soll. Nach dem Zeitplan des Antragsgegners wäre der Leistungsbeginn voraussichtlich ab Oktober 2018.

Nach Verhandlung mit allen im Bereich der … tätigen Durchführenden des Rettungsdienstes über die geplante Interimslösung, wurde seitens des Antragsgegners folgender Entscheidungsvorschlag erarbeitet, über den bei der 28. Verbandsversammlung des Zweckverbandes für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung in … am 11. Dezember 2017 abgestimmt werden soll:

„a) Notfallrettung aa) Der … stellt folgende zusätzlichen Vorhaltungen an seiner Rettungswache

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 09:00 Uhr bis 17:00 Uhr (+ 48 Wochenstunden)

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 17:00 Uhr bis 24:00 Uhr (+ 35 Wochenstunden)

– 1 RTW, Sonntag 15:00 Uhr bis 23:00 Uhr (+ 8 Wochenstunden)

(kostenneutrale Schichtverschiebung 1 RTW Samstag von 17:30 Uhr bis 01:30 Uhr auf 16:00 Uhr bis 24:00 Uhr)

bb) Das … stellt folgende zusätzlichen Vorhaltungen am Stellplatz …

– 1 RTW, Samstag und Sonntag von 06:00 Uhr bis 14:00 Uhr (+ 16 Wochenstunden)

– 1 RTW, Samstag und Sonntag von 14:00 Uhr bis 22:00 Uhr (+ 16 Wochenstunden)

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 13:00 Uhr bis 21:00 Uhr (+ 40 Wochenstunden)

cc) Die … stellt folgende zusätzliche Vorhaltungen an ihrer Rettungswache

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 09:00 Uhr bis 17:00 Uhr (+ 40 Wochenstunden)

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 17:00 Uhr bis 24:00 Uhr (+ 35 Wochenstunden)

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 15:00 Uhr bis 23:00 Uhr (+ 16 Wochenstunden)

dd) Der … stellt folgende zusätzlichen Vorhaltungen an seiner Rettungswache

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 16:00 Uhr bis 24:00 Uhr (+ 40 Wochenstunden)

– 1 RTW, Montag bis Samstag von 15:00 Uhr bis 23:00 Uhr (+ 40 Wochenstunden)

– 1 RTW, Sonntag von 16:00 Uhr bis 24:00 Uhr (+ 8 Wochenstunden)

(Schichtverschiebung 1 RTW Samstag von 17:30 Uhr bis 01:30 Uhr auf 16:00 Uhr bis 24:00 Uhr)

Somit ergibt sich eine Erhöhung der Vorhaltung um 342,5 Wochenstunden im Stadtgebiet …, die nahezu der Empfehlung des INM entspricht.

b) Krankentransport

aa) Das … stellt folgende zusätzliche Vorhaltung am Stellplatz in der …:

1 KTW, Montag bis Sonntag von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr (+ 52 Wochenstd.)

bb) Der …, die … und der … stellen an ihrer jeweiligen Rettungswache:

KTW, Montag bis Samstag von 9:00 Uhr bis 17:30 Uhr (+ 48 Wochenstd.), jeweils im wöchentlichen Wechsel zwischen den drei Organisationen.“

Der Antragsgegner errechnet hierfür einen geschätzten Auftragswert von 2.492.270,00 €.

Nachdem die Antragstellerin von der beabsichtigten Interimsvergabe erfahren hatte, wandte sie sich mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 14. November 2017 an den Antragsgegner und bewarb sich auf die vom Antragsgegner nachgefragten Interimsleistungen. Sie bat um Übersendung der Ausschreibungsunterlagen nach einer EU-Bekanntmachung. Zudem ersuchte sie den Antragsgegner um Akteneinsicht in die Vergabeunterlagen. Die Antragstellerin ist der Ansicht, der EU-Schwellenwert sei überschritten, so dass die Leistung öffentlich unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts auszuschreiben sei und nicht im Wege einer De-Facto-Interimsvergabe vergeben werden dürfe.

Mit Schreiben vom 24. November 2017 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass der geschätzte Auftragswert für die Interimsbeauftragung weit unterhalb des maßgeblichen Schwellenwerts von 5.225.000,- € liege. Hinsichtlich der Interimsleistungen hätten bereits Verhandlungen mit vier Bewerbern stattgefunden hätten. Wie auch von den Sozialversicherungsträgern gefordert, seien Angebote mit Angabe eines Stundensatzes für die Leistung an den Antragsgegner übermittelt worden, um die Entscheidung über die Interimsbeauftragung auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Leistung qualifiziert treffen zu können. Eine Bewerbung der Antragstellerin werde zum jetzigen Zeitpunkt nicht berücksichtigt.

Die Antragstellerin hat daraufhin am 29. November 2017 beim Verwaltungsgericht Ansbach Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO gestellt.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (hilfsweise eines Hängebeschlusses) sei zulässig und begründet. Der Antragsgegner sei zur Ausschreibung der Vergabe verpflichtet. Die Antragstellerin könne sich hierauf auch als an der Dienstleistungskonzession Interessierte berufen (Art. 13 Abs. 1 BayRDG, Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG sowie Verletzung der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV, der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV sowie der daraus fließenden Transparenzpflicht. Wegen der unmittelbar bevorstehenden Beauftragung der Hilfsorganisationen bestehe auch ein Anordnungsgrund im Hinblick auf eine vorläufige Zulassung der Antragstellerin.

Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet. Die flächendeckende Versorgung mit rettungsdienstlichen Leistungen sei nach Art. 1 Satz 2 BayRDG eine öffentliche Aufgabe, die unter bestimmten Voraussetzungen durch Dritte erfüllt werden könne. Bei dem hierzu durchzuführenden Ausschreibungs- und Auswahlvorgang handele es sich um einen hoheitlichen Vorgang, der öffentlich-rechtlichen Normen unterliege.

Die Antragstellerin habe auch ein Rechtsschutzinteresse. Ein Zuwarten auf den Vollzug der rechtswidrigen Auswahlentscheidung am Montag, 11. Dezember 2017, … könne ihr nicht zugemutet werden. Das besonders schützenswerte Interesse an der Inanspruchnahme des vorbeugenden Rechtsschutzes ergebe sich daraus, dass in allen Fällen des nachgängigen Rechtsschutzes unzumutbare und nicht rückgängig zu machende Nachteile für die Antragstellerin eintreten würden.

Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf effektiven Primärrechtsschutz. Hieraus folge eine verwaltungsrechtliche Vorinformationspflicht. Die Antragstellerin habe einen Anspruch darauf, ordnungsgemäß über den Ausgang des Auswahlverfahrens informiert zu werden. Der öffentlich-rechtliche Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin nach Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebiete es, zwischen der Bekanntgabe der Auswahlentscheidung und dem Vertragsabschluss mit dem ausgewählten Bewerber einen angemessenen Zeitraum von jedenfalls zwei Wochen verstreichen zu lassen, um einen effektiven (Primär-)Rechtsschutz im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG in Bezug auf die Auswahlentscheidung zu ermöglichen.

Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache stehe der Statthaftigkeit des Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO nicht entgegen, da ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren oder auf Rechtsschutz allein gegen die zuletzt zu treffende Auswahlentscheidung unzumutbare Nachteile für die Antragstellerin bringen würde.

Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf Durchführung einer Ausschreibung nach Art. 13 Abs. 3 BayRDG i.V.m. Art. 12 und Art. 3 GG sowie aus dem unionsrechtlichen Grundsatz der Transparenz. Von dieser Pflicht sei der Antragsgegner weder wegen nur unwesentlicher Vertragsänderungen (Art. 13 Abs. 4 BayRDG) noch aus Gründen der Dringlichkeit entbunden. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf vorläufige Beteiligung und Unterlassung aus § 241 Abs. 2 BGB. Der Antragsgegner berücksichtige die Bewerbung der Antragstellerin nur deshalb nicht, weil hinsichtlich der Interimsleistungen bereits Verhandlungen mit vier Bewerbern stattgefunden hätten und Angebote mit Angabe eines Stundensatzes für die Leistung an den Antragsgegner übermittelt worden seien, um die Entscheidung über die Interimsbeauftragung auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Leistung qualifiziert treffen zu können. Die Ablehnung der Bewerbung der Antragstellerin wegen fortgeschrittener Verhandlungen sei willkürlich, weil der Antragstellerin Bewerbungsverfahrensregeln nicht mitgeteilt worden seien. Eine Entscheidung über die Interimsbeauftragung könne auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Leistung gar nicht qualifiziert getroffen werden, weil das Angebot der Antragstellerin nicht mit in die Wertung einbezogen worden sei. Die subjektiv-öffentlichen Rechte der Antragstellerin könnten nur gewahrt werden, wenn die Antragstellerin vorläufig in das Verfahren mit aufgenommen werde.

Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf ordnungsgemäße Sachverhaltsermittlung. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, dass es staatlichen Stellen, die einen öffentlichen Auftrag vergeben, verwehrt sei, Verfahren und Kriterien der Vergabe willkürlich festzulegen. Jeder Mitbewerber müsse eine faire Chance erhalten, nach Maßgabe der für den spezifischen Auftrag wesentlichen Kriterien und des vorgesehenen Verfahrens berücksichtigt zu werden. Eine ungerechtfertigte Abweichung von derartigen Vorgaben könne zu einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG führen (vgl. Hess.VGH, B. v. 23.7.2012 – 8 B 2244/11 – juris). Das Verfahren müsse formell ordnungsgemäß durchgeführt werden. Dies gelte insbesondere auch für die Einhaltung der Verfahrensvorschriften durch die Gremien, die die relevante Auswahlentscheidung treffen. Dem Antragsgegner seien bei der Sachverhaltsermittlung erkennbare Fehler unterlaufen, weil das Angebot der Antragstellerin aus sachwidrigen Gründen nicht im Auswahlvefahren berücksichtigt worden sei. Der Antragsgegner verkenne, dass oberhalb und unterhalb der Schwellenwerte die gleichen Beteiligungsrechte bestünden.

Die Antragstellerin sei in ihrem Beteiligungsrecht aus Art. 13 Abs. 3 BayRDG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Die Vergabe der streitgegenständlichen Aufträge ohne ein öffentlich-rechtliches Auswahlverfahren unter Einbeziehung der Antragstellerin sei rechtswidrig. Art. 13 BayRDG verpflichte zur Durchführung eines Auswahlverfahrens, das nach Art. 13 Abs. 3 Satz 1 BayRDG ausdrücklich transparent durchzuführen sei.

Der Antragsgegner könne sich auch nicht auf Art. 13 Abs. 4 BayRDG berufen. Demnach bedürfe es eines Auswahlverfahrens dann nicht, wenn bestehende Einrichtungen des Rettungsdienstes unwesentlich geändert oder erweitert werden. Diese Vorschrift sei auf eng begrenzte Ausnahmefälle zu beschränken und komme hier nicht zur Anwendung. Allein aus der bereits benannten Zahl der beabsichtigten Erhöhung der Vorhaltestunden (Erhöhung RTW um 342 Wochenstunden; Erhöhung KTW um 110,5 Wochenstunden) werde ersichtlich, dass hierdurch neue Rettungsmittel – namentlich wohl 3 RTW und 1 KTW – erforderlich werden. Hiervon gehe auch der Antragsgegner aus, der erklärt, dass für die Interimsbeauftragung erworbene Krankenkraftwagen eventuell an Auftragsnachfolger weitergegeben werden müssten.

Die geplante Interimsvergabe ausschließlich an anerkannte Hilfsorganisationen unter Ausschluss privater Dienstleister sei willkürlich und verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG. Im Ergebnis fordere Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG die Durchführung eines chancengerechten Auswahlverfahrens auch unter Einbeziehung nicht bereits am Markt etablierter privater Anbieter. Hiergegen hat der Antragsgegner verstoßen und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt.

Die freihändige Vergabe verstoße gegen das unionsrechtliche Transparenzgebot und verletzte die Antragstellerin hierdurch in subjektiven Rechten. Eine Vergabe unterhalb der Schwellenwerte sei durch die Geltung des europäischen Primärrechts bestimmt. Ein grenzüberschreitendes Interesse sei hier angesichts der wettbewerbsorientierten und auf internationale Expansion ausgelegten Branche der Dienstleistungserbringer im Rettungsdienst und unter Berücksichtigung des hiesigen Auftragsvolumens von ca. 2,5 Mio. Euro zu bejahen. Auch bei öffentlichen Aufträgen, die nicht unter den Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts fallen, sei ein ermessensfehlerfreies sowie transparentes und nichtdiskriminierendes Auswahlverfahren durchzuführen.

Der Antragsgegner könne sich auch nicht auf eine Ausnahme vom Ausschreibungserfordernis wegen Dringlichkeit oder aus Gründen des Allgemeinwohls berufen. Das TRUST III-Gutachten sei dem Antragsgegner offenbar bereits so lange bekannt, dass er dazu in der Lage war, mit den bisherigen Leistungserbringern in Verhandlungen zu treten und mit ihnen eine „einvernehmliche Lösung zu erarbeiten. Dies habe bereits Anfang November 2017 festgestanden, wie aus der E-Mail vom 3. November 2017 des Antragsgegners an die Antragstellerin ersichtlich sei, in der er erkläre, die Interimsbeauftragung sei für die Antragstellerin nicht offen. Dem Antragsgegner stehe noch rund ein Monat zu Verfügung, um eine ordentliche Interimsvergabe durchzuführen. Er könne sich insoweit nicht auf Dringlichkeit und Zeitknappheit berufen.

Die Direktvergabe sei auch nicht durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vom 11.12.2014 – C-113/13 und 28.1.2016 – C-50/14). Danach stehen Art. 49 und Art. 56 AEUV einer nationalen Regelung nicht entgegen, die es zulasse, dass die örtlichen Behörden die Erbringung von dringenden Krankentransport- und Notfallkrankentransportdiensten vergeben, soweit der rechtliche und vertragliche Rahmen, in dem diese Organisationen tätig sind, tatsächlich zu dem sozialen Zweck und zu den Zielen der Solidarität und der Haushaltseffizienz beitrage. In der gerügten Maßnahme liege zudem eine rechtswidrige Beihilfe zugunsten des nachrangigen Bieters. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergebe sich aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog. Es liege eine Beeinträchtigung des Antragstellers in seinem Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor.

Der Antragstellerin stehe auch ein Anordnungsgrund zur Seite. Die Dringlichkeit des Anspruchs auf vorläufige Zulassung ergebe sich daraus, dass der Antragsgegner unmissverständlich erklärt habe, dass er die Bewerbung der Antragstellerin nicht berücksichtigen werde, sondern vielmehr – nach Herbeiführung eines Verbandsbeschlusses am 11. Dezember 2017 - die beabsichtigten Interimsvergaben vornehmen werde.

Die begehrte Regelungsanordnung sei notwendig im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. Im vorliegenden Fall stehe der Endpunkt der Beauftragung nicht fest. So heiße es in der Sitzungsvorlage zu Verbandsversammlung am 11. Dezember 2017 wörtlich: „…Interimslösung für den Zeitraum des Laufs des Auswahlverfahrens von ca. einem Jahr mit Beginn ab 01.01.2018 bis voraussichtlich 31.12.2018 geplant.“ Es sei demnach auch eine längere Beauftragung möglich. Damit sei zum einen das Überschreiten der Schwellenwerte möglich und zum anderen bestehe die Gefahr, dass die Rechtsverletzung der Antragstellerin perpetuiert werde.

Hilfsweise werde geltend gemacht: würde die Vergabe an die Konkurrenten nicht vorläufig untersagt, drohe die Vereitelung der Rechte der Antragstellerin. Nach Abschluss der öffentlich-rechtlichen Verträge hätte die Antragstellerin keine Möglichkeit mehr, die ihr zustehenden Rechte auf ein transparentes, wettbewerbliches Bieterverfahren durchzusetzen. Darüber hinaus würden ihr auch Nachteile im Hinblick auf das seitens des Antragsgegners beabsichtigte Auswahlverfahren (nach Kartellvergaberecht) erwachsen. Denn der Antragsgegner wolle sich in der Gestaltung des Auswahlverfahrens ausdrücklich an der Interimslösung orientieren (vgl. Beschlussvorlage, S. 2). Wer also jetzt im Rahmen der Interimsvergabe mit der Leistungserbringung betraut werde, habe hierdurch einen Vorteil im Auswahlverfahren. Die Vergabe an die Mitbewerber führe zu einer Besserstellung der Hilfsorganisationen gegenüber der Antragstellerin am Markt. Dies verletze die Antragstellerin in ihrem Grundrecht der Wettbewerbsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG. Daraus erwachse ein subjektiv-öffentlicher Unterlassungsanspruch. Eine Schutzbereichsbeeinträchtigung finde immer dann statt, wenn staatliches Handeln zu einer Verzerrung des Wettbewerbs führe (BVerfG, B. v. 14.3.2006 – 1 BvR 2087/03). Es bestehe hier die Gefahr, dass sich der Wettbewerbsvorspruch der Hilfsorganisationen rechtswidrig perpetuiere.

Der Antragsgegner sei aus europäischem Telekommunikationsrecht und aus § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur unverzüglichen Übersendung seiner Verwaltungsakte an das Gericht verpflichtet. Ein Verweigerungsrecht aus § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO bestehe nicht. Der Antragsgegner sei schon deshalb nicht zur Verweigerung der Übermittlung berechtigt, weil diese Möglichkeit nur der zuständigen obersten Aufsichtsbehörde eingeräumt werde. In den Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners befänden sich keine ihrem Wesen nach geheim zu haltende Vorgänge. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf (vollständige) Akteneinsicht aus § 100 VwGO.

Die Antragstellerin stellt folgende Anträge:

1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Antragstellerin zu dem Auswahlverfahren Stadt …, Interimslösung zur Durchführung des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich … (ab 1. Januar 2018 bis voraussichtlich 31. Dezember 2018), vorläufig zuzulassen.

2. Der Antragsgegner wird vorläufig verpflichtet, nur eine Auswahlentscheidung in dem Auswahlverfahren Stadt …, Interimslösung zur Durchführung des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich … (ab 1. Januar 2018 bis voraussichtlich 31. Dezember 2018), zu treffen, wenn der Antragstellerin zuvor die Chance zur Angebotsabgabe gegeben wurde.

3. Bis zu einer Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache wird der Antragsgegner verpflichtet, weitere, die geltend gemachte Rechtsposition der Antragstellerin auf Beteiligung beeinträchtigende Handlungen einstweilen zu unterlasen.

4. Hilfsweise: es zu unterlassen, die mit allen im Bereich der Stadt … tätigen Durchführenden des Rettungsdienstes (…) abgestimmte Interimslösung zur Durchführung des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich … (ab 1. Januar 2018 bis voraussichtlich 31. Dezember 2018) ohne EU-Bekanntmachung und ohne Durchführung eines transparenten und chancengleichen Auswahlverfahrens auszuführen/zu vollziehen.

5. Die Verfahrensakten des Antragsgegners werden beigezogen und der Antragstellerin Akteneinsicht gewährt, §§ 99, 100 VwGO.

6. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Hilfsweise

7. wird dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Ablauf der Beschwerdefrist oder Einlegung der Beschwerde beim zuständigen Oberverwaltungsgericht untersagt, ein Auswahlverfahren ohne Beteiligung der Antragstellerin durchzuführen, höchsthilfsweise auf das Angebot der Hilfsorganisationen den Zuschlag zu erteilen bzw. einen entsprechenden öffentlich-rechtlichen Beauftragungsvertrag abzuschließen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Er ist der Ansicht, die Haupt- und Hilfsanträge seien bereits unzulässig. Der Antragstellerin fehle die Antragsbefugnis. Sie habe zwar schriftlich ein Angebot angekündigt, aber nicht näher dargelegt, welche Leistungen sie anbieten könne. Jedenfalls fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragstellerin behaupte eine enorme wirtschaftliche Tragweite im Falle einer Nichtteilnahme, wohl eher Nichtberücksichtigung bei einer interimsweisen Beauftragung, ohne dies näher zu erläutern.

Darüber hinaus seien die Anträge auch unbegründet. Die Antragstellerin könne keinen Anordnungsgrund geltend machen. Sie könnte sich allenfalls auf einen hier nicht bestehenden Teilnahmeanspruch am Verfahren aus Art. 13 BayRDG i.V.m. Art. 12 GG berufen. Die in Art. 13 Abs. 2 und 3 BayRDG genannten Anforderungen an das Auswahlverfahren seien in den Verhandlungen mit den Beigeladenen zu 1) bis 4) beobachtet worden. Es sei unverzüglich nach Auswertung des vorliegenden Bedarfsgutachtens eine inhaltliche Umsetzungsmöglichkeit entwickelt worden, die möglichst nahe an die Maßgaben der gutachterlichen Empfehlung angepasst sei und die auch mit möglichst wenig zusätzlichen Sachmitteln (Rettungswägen, Krankentransportwägen) durch deren Nutzung in ansonsten freien Zeiten auskomme und die noch bestehenden Vorhaltestrukturen berücksichtige.

Auch habe der Antragsgegner ein Gutachten über die Abdeckung des notwendigen Sonderbedarfs für Großschadenslagen beauftragt. Dessen Ergebnisse seien dann gemäß der Regelung des Art. 13 Abs. 2 bei der Prüfung der Eignung von Bewerbern im dann offenen Verfahren zu berücksichtigen sein. Dieses Gutachten liege aber noch nicht vor. Somit sei die Beurteilung der Eignung für die aktuelle Interimsbeauftragung bezüglich dieses Punktes noch nicht möglich und eine Angebotsaufforderung allein gegenüber den aktuell beauftragen Durchführenden gerechtfertigt.

Die unterschwellige Interimsbeschaffung habe keine Binnenmarktrelevanz. Dies ergebe sich aus der kurzen Laufzeit und dem Interimscharakter der Beschaffung. Die Anmietung bzw. der Bau eines Standortes, die Beschaffung der notwendigen Sachmittel und des Personal für einen solch kurzen Zeitraum begründe allenfalls ein Interesse bei bereits inländisch tätigen Unternehmen. Beschaffungsgegenstand sei nicht die gesamte, bestehende rettungsdienstliche Vorhaltung im Rettungsdienstbereich, sondern die separate, interimsweise Beauftragung mit den nach aktuell vorliegendem Bedarfsgutachten zusätzlich notwendigen Vorhaltungen.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin werde hier keine Privilegierung oder ein Schutz von Hilfsorganisationen beabsichtigt. Bei der Entscheidung, ob die angebotenen Leistungen für die Interimszeit so beauftragt werden können, sei auch die Wirtschaftlichkeit beachtet worden. Es seien Personaleinsatzkonzepte angefordert sowie der für Interimsbeauftragungen von den Sozialversicherungsträgern geforderte Stundensatz pro Vorhaltestunde abgefragt und in Relation zu den im Rettungsdienstbereich durchschnittlich anfallenden Stundenkosten bewertet worden.

Es sei nicht ersichtlich, worin der Nachteil für die Antragstellerin liegen solle, wenn sie nicht interimsweise berücksichtigt und beauftragt werde. Vielmehr sei es Wesen der Interimsbeauftragung, dass sie nahezu den gleichen Gegenstand zum Inhalt habe, aber eben nur vorläufig und möglichst kurz befristet erfolge, um ein auch hinsichtlich Angebots- und Ausführungsfristen diskriminierungsfreies und daher nicht zu kurzfristig ausgestaltetes Ausschreibungsverfahren zu ermöglichen.

Der Antragsgegner habe hier nicht willkürlich, sondern im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung bei der Verfahrensgestaltung aufgrund der interimsweisen Natur der Beauftragung und dem zeitlich und inhaltlich drängenden und zu deckenden Versorgungsbedarfen rechtmäßig gehandelt.

Aus den vorgenannten Erwägungen zum hier fehlenden Rechtsschutzbedürfnis sei auch kein Anordnungsgrund dargelegt. Eine dringliche Anordnung im vorbeugenden Rechtsschutz sei hier nicht zum Schutz nicht konkretisierter rechtlicher Interessen der Antragstellerin notwendig.

Soweit am 11. Dezember 2017 eine Entscheidung der Verbandsversammlung vorliege, werde der Antragstellerin die Absicht zum Vertragsschluss entsprechend mitgeteilt und nicht vor dem 15. Dezember 2017 vollzogen. Der Vertragsabschluss werde dann noch allgemein bekanntgemacht. Ein längeres Zuwarten sei auch im Hinblick auf die Beschwerdemöglichkeit der Antragstellerin kaum möglich, da die Realisierung bereits am 1. Januar 2018 erfolgen solle und auch die Interessen der Beigeladenen zu 1) bis 4) zu berücksichtigen seien. Die kurzfristige Vorabinformation sei notwendig, da dringende Bedarfe im Rahmen der Notfallrettung und im Krankentransport im Gebiet der Stadt … interimsweise parallel zum voraussichtlich im Januar 2018 nach Vorliegen entsprechender Entscheidungen beginnenden offenen Ausschreibungsverfahren zu decken seien.

Der Antragsgegner hat die Verfahrensakte (Bl. 1-195) vorgelegt und darauf hingewiesen, dass die Bl. 131-133 (Angebot JUH), Bl. 137, 138 (Angebot ASB per Mail), Bl. 143, 144 (Angebot BRK …), Bl. 145-149 (Angebot BRK …), Bl. 151-156 (Angebot MHD), Bl. 157-159 (schriftl. Angebot ASB), Bl. 165-179 (nichtöffentliche Sitzungsunterlage samt Angeboten) aus Gründen des Geheimwettbewerbs, insbesondere hinsichtlich Kalkulation der Stundensätze und der Personalkonzepte entnommen worden seien. Eine Vorlage könne nur nach Durchführung des Verfahrens nach § 99 VwGO noch erfolgen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Teils der Behördenakte verwiesen, den der Antragsgegner vorgelegt hat.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO bleibt ohne Erfolg.

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Im Rahmen einer Entscheidung über eine einstweilige Anordnung ist zu unterscheiden zwischen dem Anordnungsgrund (§ 123 Abs. 1 VwGO), der insbesondere die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet und dem Anordnungsanspruch, also dem materiellen Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht. Sowohl der Anordnungsgrund als auch der Anordnungsanspruch sind nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 929 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen, wobei die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgeblich sind. Dabei soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung grundsätzlich die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden.

Mit dem Hauptantrag zu 1) begehrt die Antragstellerin die vorläufige Zulassung zu dem Auswahlverfahren …, Interimslösung zur Durchführung des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich … (ab 1. Januar 2018 bis voraussichtlich 31. Dezember 2018).

Der Hauptantrag zu 2) zielt darauf ab, dem Antragsgegner zu untersagen, die beabsichtigte Interimsvergabe für die Erbringung von Rettungsdienstleistungen im Zeitraum von 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 ohne Beteiligung der Antragstellerin durchzuführen.

1. Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist hinsichtlich der Hauptanträge zu 1) bis 3) nur teilweise zulässig

1.1. Der Verwaltungsrechtsweg ist gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Insbesondere handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Auch liegt eine abdrängende Sonderzuweisung nicht vor.

Bei dem hier seitens der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch auf Beteiligung an dem Verfahren zur interimsweisen Vergabe von Rettungsdienstleistungen handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Die flächendeckende Versorgung mit rettungsdienstlichen Leistungen ist nach Art. 1 Satz 2 BayRDG vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 eine öffentliche Aufgabe und durch einen öffentlichen Rettungsdienst sicherzustellen. Die streitgegenständliche (interimsweise) Vergabe von Rettungsdienstleistungen findet ihre Rechtsgrundlage in der öffentlich-rechtlichen Vorschrift des § 13 BayRDG. Nach Art. 13 Abs. 5 S.1 BayRDG kann der Träger rettungsdienstlicher Aufgaben die Durchführung des Rettungsdienstes auf anerkannte Hilfsorganisationen und andere Leistungserbringer durch öffentlich-rechtlichen Vertrag übertragen. Da die Rechtsnatur des Vertrages damit kraft Gesetzes dem öffentlichen Recht zugewiesen ist, ist die Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur (vgl. BGH, NZBau 2012, 248 − Rettungsdienstleistungen III; BayVGH, B. v. 23.12.2009 - 21 CE 09.3131 - juris).

Der Verwaltungsrechtsweg ist auch nicht aufgrund einer abdrängenden Sonderzuweisung ausgeschlossen. Die Sonderzuweisung an die Vergabenachprüfungsinstanzen nach §§ 155, 156 Abs. 2 des vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) greift hier nicht ein. Zwar handelt es sich bei der Interimsvergabe um eine Dienstleistungskonzession im Sinne des § 155 in Verbindung mit § 105 GWB. In Bayern werden Verträge über die Versorgung der Bevölkerung mit Rettungsdienstleistungen nach dem Bayerischen Rettungsdienstgesetz in der Form von Dienstleistungskonzessionen (sog. “Konzessionsmodell“) und nicht mittels Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (sog. „Submissionsmodell“) vergeben (vgl. dazu EuGH, U. v. 10.3.2011, Privater Rettungsdienst und Krankentransport Stadler – C-274/09 –, juris Rdnrn. 22 f.; BayVerfGH, Entscheidung v. 24. Mai 2012 – Vf. 1-VII-10 –, Rn. 68, juris). Allerdings gelten nach § 106 Abs. 1 Satz 1 die Bestimmungen des 4. Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) nur für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen sowie die Ausrichtung von Wettbewerben, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die jeweils festgelegten Schwellenwerte erreicht oder überschreitet. In Bezug auf Konzessionen nach § 105 GWB verweist § 106 Abs. 2 Nr. 4 GWB auf Art. 8 der Richtlinie 2014/23/EU sowie auf die Verordnung (EU) 2015/2172 der Europäischen Kommission für Konzessionen in der jeweils geltenden Fassung. Danach beträgt der hier maßgebliche Schwellenwert für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen derzeit 5.225.000,00 Euro (vgl. auch § 2 KonzVgV). Nachdem der geschätzte Auftragswert vom Antragsgegner im vorliegenden Fall mit 2.492.270,00 Euro beziffert wurde, ist der maßgebliche Schwellenwert nicht erreicht, mit der Folge, dass eine Sonderzuweisung zur Vergabekammer nicht gegeben ist.

Aus diesem Grund kommt es auf die Frage, ob die Voraussetzungen der Bereichsausnahme „Rettungsdienst“ nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB bzw. Art. 10 Abs. 8 lit.g) RL 2014/23/EU im vorliegenden Fall erfüllt sind, nicht an (vgl. dazu OVG NRW, B. v. 19.1.2017 – 13 B 1163/16 -, juris; VK Rheinland-Pfalz, B. v. 19.8.2016 – VKD 14/16 – juris; VG Düsseldorf, B. v. 15.9.2016 – 7 L 2411/16 -, juris; Bühs: Rettungsdienstvergabe wieder vor dem EuGH - EuZW 2017, 804; VK Südbayern, B. v. 14.2.2017 – Z3-3/3194/1/54/12/16 -, juris).

1.2. Die Antragstellerin verfügt hinsichtlich des Antrags zu 1) auch über das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis, nachdem der Antragsgegner mit Schreiben vom 24. November 2017 ausdrücklich erklärt hat, dass eine Beteiligung der Antragstellerin an der Interimsvergabe nicht in Betracht komme.

Mit ihrem Antrag zu 2) macht die Antragstellerin über den vorläufigen Rechtsschutz hinaus auch einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch geltend. Für diesen Antrag fehlt ihr bereits das dafür erforderliche qualifizierte (besondere) Rechtsschutzbedürfnis. Sie begehrt eine Anordnung zur Sicherung eines Anspruchs dahingehend, die streitgegenständlichen Rettungsdienstleistungen nur nach Durchführung eines gemeinschaftskonformen Auswahlverfahrens zu vergeben und will damit einem befürchteten künftigen Verwaltungshandeln entgegenwirken.

Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz ist vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Gewaltenteilung und des Gebots eines effektiven Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich nicht vorbeugend ausgestaltet. Für einen vorbeugenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist deshalb ein qualifiziertes, gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzbedürfnis erforderlich. Dieses ist grundsätzlich zu verneinen, solange der Antragsteller in zumutbarer Weise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung im Regelfall als angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (BVerwG, U. v. 8.9.1972 - IV C 17.71 -, U. v. 29.7.1977 - IV C 51.75 - und U. v. 26.6.1981 - 4 C 5.78 -; B. v. 21.2.1973 - IV CB 68.72 -, alle juris). Es ist in der Regel zumutbar, die Verwaltungsmaßnahme abzuwarten und anschließend Rechtsmittel gegen die Verwaltungsmaßnahme einzulegen sowie gegebenenfalls um vorläufigen Rechtsschutz nach §§ 80, 80a VwGO nachzusuchen. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der nachträgliche Rechtsschutz mit unzumutbaren Nachteilen für den Betroffenen verbunden wäre. Insoweit muss eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung von Grundrechten der Antragstellerin drohen, die über die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (vgl. BVerwG, U. v. 16.4.1971 - IV C 66.67 -, juris; OVG NRW, B. v. 2.3.2001 - 5 B 273/01 -, juris; VG Gelsenkirchen, B. v. 10.11.2017 – 14 L 2455/17 –, Rn. 61, juris).

Ein qualifiziertes Rechtschutzbedürfnis ist hingegen zu bejahen, wenn ohne die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes die Gefahr bestünde, dass vollendete, nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen würden oder wenn ein nicht mehr wiedergutzumachender Schaden entstünde (vgl. OVG NRW, B. 22.6.2017 – 13 B 238/17 –, juris; OVG Lüneburg, B. v. 12.11.2012 - 13 ME 231/12 -, juris; U. v. 11.6.2010 - 11 ME 583/09 -, juris; BayVGH, B. v. 30.11.2010 - 9 CE 10.2468 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 2.12.2009 - 11 S. 81.08 - juris; OVG NRW, B. v. 1.8.2013 - 4 B 608/13 – juris; VG Düsseldorf, B. v. 15.9.2016 – 7 L 2411/16 –, juris).

Ausgehend von diesen Anforderungen an das notwendige qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis rechtfertigt der bisherige Sachvortrag der Antragstellerin nicht die Gewährung vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Ziel, dem Antragsgegner zu untersagen, die beabsichtigte Interimsvergabe ohne Beteiligung der Antragstellerin durchzuführen. Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner mit den Beigeladenen zu 1) bis 4) bisher noch keinen öffentlich-rechtlichen Vertrag hinsichtlich der interimsweise zu erbringenden Rettungsdienstleistungen geschlossen. Auch macht die Antragstellerin in keiner Weise geltend, dass sie durch den möglichen Abschluss eines Vertrages zwischen dem Antragsgegner und den Beigeladenen zu 1) bis 4) in ihrer Existenz gefährdet sei, oder dass durch den Abschluss oder die Durchführung öffentlich-rechtlicher Verträge irreversible Zustände geschaffen würden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass es vorliegend nur um die interimsweise Vergabe zusätzlicher Rettungsdienstleistungen geht. Die Antragstellerin ist nicht gehindert, sich an der für Anfang 2018 für den Rettungsdienstbereich … geplanten öffentlichen Ausschreibung zu beteiligen. Nach alledem besteht nach Überzeugung des Gerichts nicht die Notwendigkeit, dem Antragsgegner den Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge im Vorfeld zu untersagen, um der Antragstellerin effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten.

2. Soweit der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO zulässig ist, ist er nicht begründet.

Mit ihrem Antrag zu 1), sie vorläufig zum Auswahlverfahren Interimsvergabe zuzulassen, begehrt die Antragstellerin eine Vorwegnahme der Hauptsache. In einem solchen Fall sind an die Prüfung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch qualifizierte Anforderungen zu stellen, d.h. der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nur in Betracht, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für den Erfolg in der Hauptsache spricht und die Antragstellerin ohne die einstweilige Anordnung unzumutbaren Nachteilen ausgesetzt wäre (vgl. BayVGH, B. v. 18.3.2016 - 12 CE 16.66 -, juris). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Nach aufgrund des engen Zeithorizonts nur sehr kursorisch möglicher Prüfung geht das Gericht davon aus, dass die Antragstellerin weder Anordnungsanspruch (dazu 2.1.) noch Anordnungsgrund (dazu 2.2.) glaubhaft gemacht hat.

2.1. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Die Antragstellerin hat nach summarischer Prüfung keinen Anspruch darauf, im Verfahren zur Vergabe der im TRUST III-Gutachten vom September 2017 für die … als notwendig festgestellten zusätzlichen Rettungsdienstleistungen im Rettungsdienstbereich … während des notwendigen Interimszeitraumes vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 vorläufig zugelassen zu werden.

Es ist in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner den sich auf der Grundlage des TRUST III-Gutachtens ergebenden Mehrbedarf interimsweise durch eine zusätzliche, freihändige Beauftragung der Beigeladenen zu 1) bis 4) als Bestandsdienstleister decken möchte, um so seinem Sicherstellungsauftrag als Träger des Rettungsdienstes gem. Art. 4 Abs. 3 BayRDG zu genügen.

Ein Anspruch auf Beteiligung an dem Interimsvergabeverfahren ergibt sich entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Antragstellerin nicht aus Art. 13 Abs. 3 BayRDG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.

Nach Art. 13 Abs. 2 BayRDG entscheidet der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung in einem Auswahlverfahren über den Gegenstand der Beauftragung und einen geeigneten Durchführenden nach pflichtgemäßem Ermessen.

Wie bereits erwähnt werden im Freistaat Bayern Verträge über die Versorgung der Bevölkerung mit Rettungsdienstleistungen nach dem Bayerischen Rettungsdienstgesetz in der Form von Dienstleistungskonzessionen vergeben. Die Vergabe einer Dienstleistungskonzession richtet sich, sofern der nach § 2 KonzVgV maßgebliche Schwellenwert überschritten ist, nach den Vorschriften der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV). Gemäß § 12 Abs. 1 KonzVgV kann der Konzessionsgeber das Vergabeverfahren frei gestalten und sich an den Vorschriften der Vergabeverordnung (VgV) zum Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb orientieren (VK Hamburg, B. v. 31.7.2017 – Vgk FB 3/17 -, juris). Der geschätzte Auftragswert für die interimsweise zu vergebenden Leistungen erreicht im vorliegenden Fall nicht den maßgebliche Schwellenwert für Dienstleistungskonzessionen von derzeit 5.225.000 € (§ 155 GWB i. V. m. § 106 Abs. 1, 2 Nr. 4 GWB i. V. m. § 2 KonzVgV), so dass insoweit kein Vergabeverfahren nach den Regelungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) durchzuführen ist.

Zwar sind die allgemeinen Grundsätze des EU-Primärrechts, insbesondere die Prinzipien von Wettbewerb, Transparenz, Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit als Ausfluss der Grundfreiheiten der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 und 56 AEUV auch bei Vergaben unterhalb der Schwellenwertgrenzen zu beachten (vgl. VG Kassel, U. v. 6.10.2017 – 5 K 939/13.KS; Ganske in: Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 4. Aufl. 2018, § 105 GWB, Rn. 5). Allerdings gilt dies nur, sofern an diesen Aufträgen ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht (vgl. EuGH, NZBau 2008, 453 − SECAP und Santorso; EuGH, NZBau 2015, 377 − Spezzino und Anpas; EuGH, NZBau 2015, 569 − Generali-Providencia Biztosító Zrt.; EuGH, NZBau 2015, 383 – SC Enterprise Focused Solutions). Indizien für ein grenzüberschreitendes Interesse sind ein gewisses Volumen des fraglichen Auftrags in Verbindung mit dem Leistungsort, technischen Merkmalen des Auftrags oder Besonderheiten der betreffenden Waren (vgl. dazu EuGH, U. v. 15.5.2008 – Rs. C-147/06 -, NZBau 2008, 453 ff. − SECAP und Santorso; EuGH, U. v. 16.4.2015 – Rs. C-278/14 -, NZBau 2015, 383 ff. – SC Enterprise Focused Solutions). Nach der Rechtsprechung des EuGH kann ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse nicht hypothetisch aus bestimmten Gegebenheiten abgeleitet werden, die – abstrakt betrachtet – für ein solches Interesse sprechen könnten, sondern muss sich positiv aus einer konkreten Beurteilung der Umstände des fraglichen Auftrags ergeben (EuGH, U. v. 6.10.2016 – Rs. C-318/15 – NZBau 2016, 781 -, Tecnoedi Costruzioni Srl ./. Comune di Fossano -). Dies zugrunde gelegt, ist ein solches eindeutig grenzüberschreitendes Interesse entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Antragstellerin im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Vergabe der Leistungen an die Beigeladenen zu 1) bis 4) würde ein in Deutschland ansässiges Unternehmen (die Antragstellerin) durch die rechtswidrige Bevorzugung von in Deutschland ansässigen Hilfsorganisationen (den Beigeladenen zu 1) bis 4)) bei einer in Deutschland zu erbringenden Leistung (Rettungsdienstleistungen in …) benachteiligen. Es fehlt somit offensichtlich die Binnenmarktrelevanz. Allein der Umstand dass der Antragsgegner die Rettungsdienstleistungen im Januar 2018 europaweit ausschreiben möchte und damit zu erkennen gegeben hat, dass er dieses Vergabeverfahren für gegebenenfalls binnenmarktrelevant hält, ist ohne Belang (HessVGH, B. v. 23.7.2012 – 8 B 2244/11 –, Rn. 34, juris), zumal hier jedenfalls die kurze Zeitdauer von 12 Monaten sowie der Interimscharakter gegen ein grenzüberschreitendes Interesse der beabsichtigten Vergabe von Rettungsdienstleistungen sprechen.

Unabhängig von der Frage der Binnenmarktrelevanz verpflichtet zwar auch Art. 13 Abs. 3 Satz 1 BayRDG zur Beachtung der Prinzipien von Transparenz, Wettbewerb und Gleichbehandlung bei der Durchführung des Auswahlverfahrens. Allerdings ist der Antragsgegner im vorliegenden Fall aufgrund der besonderen Dringlichkeit berechtigt, für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 eine Interimsvergabe ohne förmliches Auswahlverfahren durchzuführen.

Denn selbst bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen, deren errechneter Auftragswert – anders als im vorliegenden Fall - den maßgeblichen Schwellenwert nach § 2 KonzVgV überschreitet, ist in Fällen besonderer Dringlichkeit, eine direkte Vergabe ohne Eröffnung eines Wettbewerbs möglich. Dies ergibt sich aus § 12 Abs. 1 KonzVgV, der auf die Vorschriften der Vergabeverordnung und damit unter anderem auf § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV verweist. Nach letztgenannter Vorschrift kann der öffentliche Auftraggeber Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben, wenn äußerst dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der betreffende öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die Mindestfristen einzuhalten, die für das offene und das nicht offene Verfahren sowie für das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vorgeschrieben sind. Die Umstände zur Begründung der äußersten Dringlichkeit dürfen dem öffentlichen Auftraggeber nicht zuzurechnen sein. Diese nunmehr in § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV normierten Voraussetzungen für eine Direktvergabe in Fällen besonderer Dringlichkeit entsprechen im Wesentlichen den vom Europäischen Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 15.10.2009 (C-275/08) entwickelten Voraussetzungen für eine Interimsvergabe (vgl. auch EuGH U. v. 2. 8. 1996 – C-107/92 –, juris - Kommission/Italien; U. v. 28.3.1996 – C-318/94 -, NVwZ 1997, 373 – Kommission/Italien; U. v. 18.11.2004 – C-126/03 -, EuZW 2005, 26 – Kommission/Deutschland).

Ist eine Interimsvergabe von Dienstleistungskonzessionen unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 KonzVgV i.V.m. § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV ausnahmsweise möglich, so muss dies erst recht für eine Konzessionsvergabe unterhalb des Schwellenwerts nach § 2 KonzVgV von derzeit 5.225.000 € gelten, wie es hier der Fall ist. Die in § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV aufgeführten Voraussetzungen für eine freihändige Vergabe sind vorliegend gegeben. Insbesondere ist eine besondere Dringlichkeit der Vergabe zu bejahen. Die Frage der Dringlichkeit einer Interimsvergabe orientiert sich an dem Zeitraum, den der Auftraggeber für die Vorbereitung der Ausschreibung, die Prüfung und Wertung der Angebote sowie die Vorabinformation der beteiligten Bieter benötigt und an der Frist, die den Bietern für die Bearbeitung ihrer Angebote einzuräumen ist (VK Rheinland-Pfalz v. 24.3.2015 – Verg 1/15). Nachdem das TRUST III-Gutachten erst im September 2017 fertig gestellt wurde und es danach noch der Erarbeitung eines Vorschlags zur Umsetzung der Empfehlungen bedurfte, war es nahezu unmöglich, die streitgegenständlichen Rettungsdienstleistungen im Wege der Ausschreibung zu vergeben. Da es sich um Dienstleistungen im Bereich der Daseinsvorsorge handelt und es um den Schutz hochrangiger Rechtsgüter, nämlich Leib und Leben, geht, ist hier eine besondere Dringlichkeit der zeitnahen Umsetzung gegeben.

Die Notwendigkeit der Sondermaßnahmen ergab sich erst mit Fertigstellung des TRUST-III-Gutachtens im September 2017 und war für den Antragsgegner nicht vorhersehbar. Die sich aus dem Bedarfsgutachten ergebenden Empfehlungen mussten zunächst in einen konkreten Maßnahmekatalog umgesetzt werden. Ausgehend davon waren die vergaberechtlichen Fristen für eine ordnungsgemäße Vergabe im Wettbewerb nicht einzuhalten. Schließlich waren die Umstände zur Begründung der besonderen Dringlichkeit nicht der Sphäre des Antragsgegners zuzurechnen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der kurzfristig zu deckende Mehrbedarf an Rettungsdienstleistungen auf ein Versäumnis des Antragsgegners als Träger des Rettungsdienstes zurückzuführen ist. Erst aufgrund des im September 2017 fertiggestellten TRUST III-Gutachtens hat der Antragsgegner von dem partiellen Mehrbedarf an Rettungsdienstleistungen erfahren und diesen Mehrbedarf auch umgehend konkretisiert. Als Träger des Rettungsdienstes nach Art. 4 Abs. 3 BayRDG ist er verpflichtet, den festgestellten Mehrbedarf umgehend durch Sofortmaßnahmen umzusetzen, um zeitnah eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Rettungsdienstleistungen sicherzustellen. Zur Abwendung einer Unterversorgung im Bereich der Daseinsvorsorge und damit auch für den Bereich der Rettungsdienstleistungen kann auf das Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung bzw. auf die freihändige Vergabe zurückgegriffen werden.

Die danach ausnahmsweise und als ultima ratio zulässige interimsweise, freihändige Vergabe der Sofortmaßnahmen ist als besonders dringliche Leistung nur für den Zeitraum rechtmäßig, den der Antragsgegner für die Vorbereitung und Durchführung des von ihm beabsichtigten ordnungsgemäßen förmlichen Vergabeverfahrens für den Rettungsdienstbereich … benötigt. Hierfür erscheint nach Auffassung des Gerichts der vom Antragsgegner angedachte Zeitraum von maximal zwölf Monaten, vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018, als ausreichend und angemessen (vgl. auch VK Lüneburg, B. v. 18.9.2014 – VgK-30/14 -, juris).

Der Antragsgegner hat bei den Verhandlungen mit den Beigeladenen zu 1) bis 4) auch darauf geachtet, dass die Leistung wirtschaftlich und effektiv im Sinne des Art. 13 Abs. 3 Satz 4 BayRDG erbracht werden kann. Er hat nicht nur ein Unternehmen zur Abgabe eines Angebots im Hinblick auf die Interimsbeauftragung aufgefordert, sondern insgesamt mit vier Anbietern verhandelt. Auch wurden die Angebote im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit überprüft.

Nach alledem war der Antragsteller berechtigt, die streitgegenständlichen Rettungsdienstleistungen interimsweise an die bereits bisher mit der Durchführung beauftragten Beigeladenen zu 1) bis 4) im Wege der Direktvergabe ohne Auswahlverfahren zu vergeben.

Die Antragstellerin hat mithin keinen Anspruch auf Beteiligung an dieser interimsweisen Vergabe aus Art. 13 Abs. 3 BayRDG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 3 Abs. 1 GG.

2.2. Darüber hinaus hat die Antragstellerin auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Wird eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) begehrt, so ist gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ein Anordnungsgrund nur dann gegeben, wenn der Erlass einer Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen - vergleichbar wichtigen - Gründen nötig erscheint. Es müssen besondere Gründe vorliegen, die es unter Berücksichtigung des Anspruchs auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) im Einzelfall als unzumutbar erscheinen lassen, den Antragsteller zur Durchsetzung seines in Rede stehenden Anspruchs - wie im Regelfall - auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen.

Die Antragstellerin begehrt hier die vorläufige Zulassung zu dem Auswahlverfahren und damit eine „Vorwegnahme“ der Hauptsache, ohne dass besondere Gründe vorliegen, die es unzumutbar erscheinen lassen, sie auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen. Die Dringlichkeit ihres Begehrens begründet sie lediglich damit, dass der Antragsgegner nach eigener Erklärung die beabsichtigten Interimsvergaben am 11. Dezember 2017 nach Herbeiführung eines Verbandsbeschlusses vornehmen werde. Weitere Gründe, die ein Zuwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache für die Antragstellerin als unzumutbar erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht substantiiert vorgetragen. Dem Interesse der Antragstellerin an einer vorläufigen Zulassung zu der beabsichtigten Interimsvergabe steht das gewichtige Interesse des Antragsgegners gegenüber, seiner Aufgabe nach Art. 4 Satz 3 BayRDG, der Sicherstellung der rettungsdienstlichen Versorgung der Bevölkerung durch Notfallrettung, arztbegleiteten Patiententransport und Krankentransport, nachzukommen. Nach alledem ist auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes hier zu verneinen.

2.3. Der Antrag zu 3) auf Erlass eines „Hängebeschlusses“ war ebenfalls abzulehnen.

Ob eine Zwischenentscheidung in Form eines „Hängebeschlusses“ im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren erforderlich ist, ist im Wege einer Interessenabwägung zu ermitteln (vgl. BVerwG, B. v. 20.8.2012 – 7 VR 7.12 -, juris). Der Erlass eines Hängebeschlusses ist, wenn keine anderen überwiegenden Interessen vorliegen, zulässig und geboten, wenn der Eilantrag nicht von vornherein offensichtlich aussichtslos ist und ohne den Beschluss die Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) gefährdet wäre, weil irreversible Zustände oder schwere und unabwendbare Nachteile einzutreten drohen (vgl. VGH BaWü, B. v. 18.12.2015, a.a.O.; HessVGH, B. v. 28.4.2017, a.a.O.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, B. v. 4.4.2017, a.a.O.; BVerfG, B. v. 11.10.2013 - 1 BvR 2616/13 -, juris).

Wie bereits hinsichtlich des qualifizierten Rechtsschutzbedürfnisses für die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes festgestellt (vgl. dazu oben 1.2.), sind nach dem Vortrag der Antragstellerin keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass durch die vom Antragsgegner beabsichtigte Interimsvergabe irreversible Zustände eintreten oder der Antragstellerin irreparable Nachteile entstehen könnten. Sonstige Gründe, die den Erlass eines Hängebeschlusses im Rahmen einer Interessenabwägung geboten erscheinen lassen, sind ebenfalls nicht zu erkennen.

3. Nachdem den Hauptanträgen zu 1) bis 3) nicht entsprochen wurde, war auch über die Hilfsanträge zu 4) und zu 7) zu entscheiden. Diese waren ebenfalls abzulehnen.

3.1. Mit dem hilfsweise gestellten Antrag zu 4), den Antragsgegner zu verpflichten, es zu unterlassen, die mit allen im Bereich der Stadt … tätigen Durchführenden des Rettungsdienstes (…) abgestimmte Interimslösung zur Durchführung des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich … (ab 1. Januar 2018 bis voraussichtlich 31. Dezember 2018) ohne EU-Bekanntmachung und ohne Durchführung eines transparenten und chancengleichen Auswahlverfahrens zu vollziehen, begehrt die Antragstellerin erneut vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutz. Vorläufiger Rechtsschutz kommt im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG nur dann in Betracht, wenn ohne die Vorwegnahme der Hauptsache schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile für den Antragsteller entstünden und damit eine besondere Dringlichkeit gegeben ist (HessVGH, B. v. 3.7.2012 – 6 B 1209/12 –, juris). Dies ist hier – wie bereits dargelegt – nicht der Fall. Aus den gleichen Gründen fehlt es an dem für die Inanspruchnahme vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutzes erforderlichen besonderen (qualifizierten) Rechtsschutzbedürfnisses sowie an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes.

3.2. Auch der Antrag zu 7), dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Ablauf der Beschwerdefrist oder Einlegung der Beschwerde beim zuständigen Oberverwaltungsgericht zu untersagen, ein Auswahlverfahren ohne Beteiligung der Antragstellerin durchzuführen, höchsthilfsweise auf das Angebot der Hilfsorganisationen den Zuschlag zu erteilen bzw. einen entsprechenden öffentlich-rechtlichen Beauftragungsvertrag abzuschließen, war abzulehnen. Zwar bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner die Beigeladenen zu 1) bis 4) noch vor Ablauf der Beschwerdefrist mit der interimsweisen Erbringung von Rettungsdienstleistungen beauftragen wird. Jedoch ist es der Antragstellerin – wie bereits mehrfach ausgeführt – zuzumuten, nachträglichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.

4. Nach alledem sind sämtliche Anträge mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Als unterliegende Beteiligte hat die Antragstellerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Dies schließt die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht ein, da diese keinen Antrag gestellt und deshalb nicht am Prozesskostenrisiko teilgenommen haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), so dass es nicht der Billigkeit entspricht, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 GKG).

5. Angesichts der Eilbedürftigkeit des vorliegenden Verfahrens ist die beantragte Einsichtnahme in die Vergabeakten des Antragsgegners nicht veranlasst.

Der Antragsgegner hat die Behördenakten nicht vollständig vorgelegt wegen Geheimhaltungsbedürftigkeit der Unterlagen. Ob die dort genannten Unterlagen tatsächlich geheimhaltungsbedürftig sind, steht zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht fest, sondern müsste im Rahmen eines „in-camera-Verfahrens“ nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geprüft werden, das im Hinblick auf die von der Antragstellerin besonders hervorgehobene Eilbedürftigkeit ausscheidet

6. Die Beteiligten werden auf die Vorschrift des § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 926 Abs. 1 ZPO hingewiesen. Ein entsprechender Antrag ist bislang nicht gestellt.

7. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Die Streitwertfestsetzung orientiert sich an Nr. 16.5 i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, Anhang zu § 164 Rn. 14). Bei Streitigkeiten über die Beteiligung am Rettungsdienst sind 15.000,00 € pro Fahrzeug in Ansatz zu bringen. Bei der streitgegenständlichen Interimsvergabe geht es um die Vorhaltung von 12 Rettungstransportwagen (RTW) und 2 Krankentransportwagen (KTW), insgesamt also um 14 Fahrzeuge. Der so ermittelte Streitwert von 210.000,00 € (= 14 x 15.000,00 €) war im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs), so dass sich 105.000,00 Euro ergeben.

(1) Der Konzessionsgeber berechnet den geschätzten Vertragswert nach einer objektiven Methode, die in den Vergabeunterlagen anzugeben ist.

(2) Die Wahl der Methode zur Berechnung des geschätzten Vertragswerts darf nicht in der Absicht erfolgen, die Anwendung der Bestimmungen des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung zu umgehen. Eine Konzession darf insbesondere nicht so aufgeteilt werden, dass sie nicht in den Anwendungsbereich des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen fällt, es sei denn, es liegen objektive Gründe für eine solche Aufteilung vor.

(3) Bei der Berechnung des geschätzten Vertragswerts geht der Konzessionsgeber von dem voraussichtlichen Gesamtumsatz ohne Umsatzsteuer aus, den der Konzessionsnehmer während der Vertragslaufzeit als Gegenleistung erzielt

1.
für die Bau- oder Dienstleistungen, die Gegenstand der Konzession sind, und
2.
für Lieferungen, die mit diesen Bau- oder Dienstleistungen verbunden sind.

(4) Der Konzessionsgeber berücksichtigt dabei nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls insbesondere

1.
den Wert aller Arten von Optionen und möglichen Vertragsverlängerungen,
2.
die Einkünfte aus Gebühren oder Entgelten sowie Geldbußen oder Vertragsstrafen, die von den Nutzern der Bauwerke oder Dienstleistungen gezahlt werden, soweit diese nicht im Auftrag des Konzessionsgebers erhoben werden,
3.
die Zahlungen des Konzessionsgebers oder jeder anderen Behörde an den Konzessionsnehmer oder weitere finanzielle Vorteile jedweder Art, einschließlich Gegenleistungen für die Erfüllung von Gemeinwohlverpflichtungen sowie staatlicher Investitionsbeihilfen,
4.
den Wert von Zuschüssen oder sonstigen finanziellen Vorteilen jeglicher Art, die von Dritten für die Durchführung der Konzession gewährt werden,
5.
die Einkünfte aus dem Verkauf von Vermögensgegenständen, die Teil der Konzession sind,
6.
den Wert aller Lieferungen und Dienstleistungen, die der Konzessionsgeber für den Konzessionsnehmer bereitstellt, sofern sie für die Erbringung der Bau- oder Dienstleistungen erforderlich sind,
7.
Prämien oder Zahlungen an Bewerber oder Bieter.

(5) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des geschätzten Vertragswerts ist der Zeitpunkt, zu dem die Konzessionsbekanntmachung abgesendet oder das Vergabeverfahren auf sonstige Weise eingeleitet wird. Abweichend davon ist der Zeitpunkt des Zuschlags maßgeblich, falls der Vertragswert zu diesem Zeitpunkt mehr als 20 Prozent über dem nach Satz 1 geschätzten Wert liegt.

(6) Kann ein Bauvorhaben oder eine geplante Dienstleistung zur Vergabe von Konzessionen in Form mehrerer Lose führen, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zu berücksichtigen. Erreicht oder übersteigt der geschätzte Gesamtwert den maßgeblichen Schwellenwert, ist diese Verordnung für die Vergabe jedes Loses anzuwenden.

(1) Der Konzessionsgeber darf das Verfahren zur Vergabe von Konzessionen nach Maßgabe dieser Verordnung frei ausgestalten. Der Konzessionsgeber kann das Verfahren an den Vorschriften der Vergabeverordnung zum Ablauf des Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb ausrichten.

(2) Das Verfahren kann ein- oder mehrstufig durchgeführt werden. Der Konzessionsgeber darf mit Bewerbern und Bietern Verhandlungen führen. Während der Verhandlungen dürfen der Konzessionsgegenstand, die Mindestanforderungen an das Angebot und die Zuschlagskriterien nicht geändert werden.

(3) Der Konzessionsgeber darf Bewerber oder Bieter bei der Weitergabe von Informationen nicht diskriminieren.

(1) Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen erfolgt nach § 119 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen im offenen Verfahren, im nicht offenen Verfahren, im Verhandlungsverfahren, im wettbewerblichen Dialog oder in der Innovationspartnerschaft.

(2) Dem öffentlichen Auftraggeber stehen das offene Verfahren und das nicht offene Verfahren, das stets einen Teilnahmewettbewerb erfordert, nach seiner Wahl zur Verfügung. Die anderen Verfahrensarten stehen nur zur Verfügung, soweit dies durch gesetzliche Bestimmungen oder nach den Absätzen 3 und 4 gestattet ist.

(3) Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb oder im wettbewerblichen Dialog vergeben, wenn

1.
die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden können,
2.
der Auftrag konzeptionelle oder innovative Lösungen umfasst,
3.
der Auftrag aufgrund konkreter Umstände, die mit der Art, der Komplexität oder dem rechtlichen oder finanziellen Rahmen oder den damit einhergehenden Risiken zusammenhängen, nicht ohne vorherige Verhandlungen vergeben werden kann,
4.
die Leistung, insbesondere ihre technischen Anforderungen, vom öffentlichen Auftraggeber nicht mit ausreichender Genauigkeit unter Verweis auf eine Norm, eine Europäische Technische Bewertung (ETA), eine gemeinsame technische Spezifikation oder technische Referenzen im Sinne der Anlage 1 Nummer 2 bis 5 beschrieben werden kann oder
5.
im Rahmen eines offenen oder nicht offenen Verfahrens keine ordnungsgemäßen oder nur unannehmbare Angebote eingereicht wurden; nicht ordnungsgemäß sind insbesondere Angebote, die nicht den Vergabeunterlagen entsprechen, nicht fristgerecht eingereicht wurden, nachweislich auf kollusiven Absprachen oder Korruption beruhen oder nach Einschätzung des öffentlichen Auftraggebers ungewöhnlich niedrig sind; unannehmbar sind insbesondere Angebote von Bietern, die nicht über die erforderlichen Qualifikationen verfügen, und Angebote, deren Preis die vor Einleitung des Vergabeverfahrens festgelegten und dokumentierten eingeplanten Haushaltsmittel des öffentlichen Auftraggebers übersteigt; der öffentliche Auftraggeber kann in diesen Fällen von einem Teilnahmewettbewerb absehen, wenn er in das Verhandlungsverfahren alle geeigneten Unternehmen einbezieht, die form- und fristgerechte Angebote abgegeben haben.

(4) Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben,

1.
wenn in einem offenen oder einem nicht offenen Verfahren keine oder keine geeigneten Angebote oder keine geeigneten Teilnahmeanträge abgegeben worden sind, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags nicht grundlegend geändert werden; ein Angebot gilt als ungeeignet, wenn es ohne Abänderung den in den Vergabeunterlagen genannten Bedürfnissen und Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers offensichtlich nicht entsprechen kann; ein Teilnahmeantrag gilt als ungeeignet, wenn das Unternehmen aufgrund eines zwingenden oder fakultativen Ausschlussgrunds nach den §§ 123 und 124 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auszuschließen ist oder ausgeschlossen werden kann oder wenn es die Eignungskriterien nicht erfüllt,
2.
wenn zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten der Auftrag nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht oder bereitgestellt werden kann,
a)
weil ein einzigartiges Kunstwerk oder eine einzigartige künstlerische Leistung erschaffen oder erworben werden soll,
b)
weil aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist oder
c)
wegen des Schutzes von ausschließlichen Rechten, insbesondere von gewerblichen Schutzrechten,
3.
wenn äußerst dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der betreffende öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die Mindestfristen einzuhalten, die für das offene und das nicht offene Verfahren sowie für das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vorgeschrieben sind; die Umstände zur Begründung der äußersten Dringlichkeit dürfen dem öffentlichen Auftraggeber nicht zuzurechnen sein,
4.
wenn eine Lieferleistung beschafft werden soll, die ausschließlich zu Forschungs-, Versuchs-, Untersuchungs- oder Entwicklungszwecken hergestellt wurde; hiervon nicht umfasst ist die Serienfertigung zum Nachweis der Marktfähigkeit des Produkts oder zur Deckung der Forschungs- und Entwicklungskosten,
5.
wenn zusätzliche Lieferleistungen des ursprünglichen Auftragnehmers beschafft werden sollen, die entweder zur teilweisen Erneuerung oder Erweiterung bereits erbrachter Leistungen bestimmt sind, und ein Wechsel des Unternehmens dazu führen würde, dass der öffentliche Auftraggeber eine Leistung mit unterschiedlichen technischen Merkmalen kaufen müsste und dies eine technische Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch und Wartung mit sich bringen würde; die Laufzeit dieser öffentlichen Aufträge darf in der Regel drei Jahre nicht überschreiten,
6.
wenn es sich um eine auf einer Warenbörse notierte und gekaufte Lieferleistung handelt,
7.
wenn Liefer- oder Dienstleistungen zu besonders günstigen Bedingungen bei Lieferanten, die ihre Geschäftstätigkeit endgültig einstellen, oder bei Insolvenzverwaltern oder Liquidatoren im Rahmen eines Insolvenz-, Vergleichs- oder Ausgleichsverfahrens oder eines in den Vorschriften eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union vorgesehenen gleichartigen Verfahrens erworben werden,
8.
wenn im Anschluss an einen Planungswettbewerb im Sinne des § 69 ein Dienstleistungsauftrag nach den Bedingungen dieses Wettbewerbs an den Gewinner oder an einen der Preisträger vergeben werden muss; im letzteren Fall müssen alle Preisträger des Wettbewerbs zur Teilnahme an den Verhandlungen aufgefordert werden, oder
9.
wenn eine Dienstleistung beschafft werden soll, die in der Wiederholung gleichartiger Leistungen besteht, die durch denselben öffentlichen Auftraggeber an das Unternehmen vergeben werden, das den ersten Auftrag erhalten hat, sofern sie einem Grundprojekt entsprechen und dieses Projekt Gegenstand des ersten Auftrags war, das im Rahmen eines Vergabeverfahrens mit Ausnahme eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb vergeben wurde; die Möglichkeit der Anwendung des Verhandlungsverfahrens muss bereits in der Auftragsbekanntmachung des ersten Vorhabens angegeben werden; darüber hinaus sind im Grundprojekt bereits der Umfang möglicher Dienstleistungen sowie die Bedingungen, unter denen sie vergeben werden, anzugeben; der für die nachfolgenden Dienstleistungen in Aussicht genommene Gesamtauftragswert wird vom öffentlichen Auftraggeber bei der Berechnung des Auftragswerts berücksichtigt; das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb darf nur innerhalb von drei Jahren nach Abschluss des ersten Auftrags angewandt werden.

(5) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 1 ist der Europäischen Kommission auf Anforderung ein Bericht vorzulegen.

(6) Die in Absatz 4 Nummer 2 Buchstabe b und c genannten Voraussetzungen für die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb gelten nur dann, wenn es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter ist.

(1) Der Konzessionsgeber darf das Verfahren zur Vergabe von Konzessionen nach Maßgabe dieser Verordnung frei ausgestalten. Der Konzessionsgeber kann das Verfahren an den Vorschriften der Vergabeverordnung zum Ablauf des Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb ausrichten.

(2) Das Verfahren kann ein- oder mehrstufig durchgeführt werden. Der Konzessionsgeber darf mit Bewerbern und Bietern Verhandlungen führen. Während der Verhandlungen dürfen der Konzessionsgegenstand, die Mindestanforderungen an das Angebot und die Zuschlagskriterien nicht geändert werden.

(3) Der Konzessionsgeber darf Bewerber oder Bieter bei der Weitergabe von Informationen nicht diskriminieren.

(1) Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen erfolgt nach § 119 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen im offenen Verfahren, im nicht offenen Verfahren, im Verhandlungsverfahren, im wettbewerblichen Dialog oder in der Innovationspartnerschaft.

(2) Dem öffentlichen Auftraggeber stehen das offene Verfahren und das nicht offene Verfahren, das stets einen Teilnahmewettbewerb erfordert, nach seiner Wahl zur Verfügung. Die anderen Verfahrensarten stehen nur zur Verfügung, soweit dies durch gesetzliche Bestimmungen oder nach den Absätzen 3 und 4 gestattet ist.

(3) Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb oder im wettbewerblichen Dialog vergeben, wenn

1.
die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden können,
2.
der Auftrag konzeptionelle oder innovative Lösungen umfasst,
3.
der Auftrag aufgrund konkreter Umstände, die mit der Art, der Komplexität oder dem rechtlichen oder finanziellen Rahmen oder den damit einhergehenden Risiken zusammenhängen, nicht ohne vorherige Verhandlungen vergeben werden kann,
4.
die Leistung, insbesondere ihre technischen Anforderungen, vom öffentlichen Auftraggeber nicht mit ausreichender Genauigkeit unter Verweis auf eine Norm, eine Europäische Technische Bewertung (ETA), eine gemeinsame technische Spezifikation oder technische Referenzen im Sinne der Anlage 1 Nummer 2 bis 5 beschrieben werden kann oder
5.
im Rahmen eines offenen oder nicht offenen Verfahrens keine ordnungsgemäßen oder nur unannehmbare Angebote eingereicht wurden; nicht ordnungsgemäß sind insbesondere Angebote, die nicht den Vergabeunterlagen entsprechen, nicht fristgerecht eingereicht wurden, nachweislich auf kollusiven Absprachen oder Korruption beruhen oder nach Einschätzung des öffentlichen Auftraggebers ungewöhnlich niedrig sind; unannehmbar sind insbesondere Angebote von Bietern, die nicht über die erforderlichen Qualifikationen verfügen, und Angebote, deren Preis die vor Einleitung des Vergabeverfahrens festgelegten und dokumentierten eingeplanten Haushaltsmittel des öffentlichen Auftraggebers übersteigt; der öffentliche Auftraggeber kann in diesen Fällen von einem Teilnahmewettbewerb absehen, wenn er in das Verhandlungsverfahren alle geeigneten Unternehmen einbezieht, die form- und fristgerechte Angebote abgegeben haben.

(4) Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben,

1.
wenn in einem offenen oder einem nicht offenen Verfahren keine oder keine geeigneten Angebote oder keine geeigneten Teilnahmeanträge abgegeben worden sind, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags nicht grundlegend geändert werden; ein Angebot gilt als ungeeignet, wenn es ohne Abänderung den in den Vergabeunterlagen genannten Bedürfnissen und Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers offensichtlich nicht entsprechen kann; ein Teilnahmeantrag gilt als ungeeignet, wenn das Unternehmen aufgrund eines zwingenden oder fakultativen Ausschlussgrunds nach den §§ 123 und 124 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auszuschließen ist oder ausgeschlossen werden kann oder wenn es die Eignungskriterien nicht erfüllt,
2.
wenn zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten der Auftrag nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht oder bereitgestellt werden kann,
a)
weil ein einzigartiges Kunstwerk oder eine einzigartige künstlerische Leistung erschaffen oder erworben werden soll,
b)
weil aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist oder
c)
wegen des Schutzes von ausschließlichen Rechten, insbesondere von gewerblichen Schutzrechten,
3.
wenn äußerst dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der betreffende öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die Mindestfristen einzuhalten, die für das offene und das nicht offene Verfahren sowie für das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vorgeschrieben sind; die Umstände zur Begründung der äußersten Dringlichkeit dürfen dem öffentlichen Auftraggeber nicht zuzurechnen sein,
4.
wenn eine Lieferleistung beschafft werden soll, die ausschließlich zu Forschungs-, Versuchs-, Untersuchungs- oder Entwicklungszwecken hergestellt wurde; hiervon nicht umfasst ist die Serienfertigung zum Nachweis der Marktfähigkeit des Produkts oder zur Deckung der Forschungs- und Entwicklungskosten,
5.
wenn zusätzliche Lieferleistungen des ursprünglichen Auftragnehmers beschafft werden sollen, die entweder zur teilweisen Erneuerung oder Erweiterung bereits erbrachter Leistungen bestimmt sind, und ein Wechsel des Unternehmens dazu führen würde, dass der öffentliche Auftraggeber eine Leistung mit unterschiedlichen technischen Merkmalen kaufen müsste und dies eine technische Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch und Wartung mit sich bringen würde; die Laufzeit dieser öffentlichen Aufträge darf in der Regel drei Jahre nicht überschreiten,
6.
wenn es sich um eine auf einer Warenbörse notierte und gekaufte Lieferleistung handelt,
7.
wenn Liefer- oder Dienstleistungen zu besonders günstigen Bedingungen bei Lieferanten, die ihre Geschäftstätigkeit endgültig einstellen, oder bei Insolvenzverwaltern oder Liquidatoren im Rahmen eines Insolvenz-, Vergleichs- oder Ausgleichsverfahrens oder eines in den Vorschriften eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union vorgesehenen gleichartigen Verfahrens erworben werden,
8.
wenn im Anschluss an einen Planungswettbewerb im Sinne des § 69 ein Dienstleistungsauftrag nach den Bedingungen dieses Wettbewerbs an den Gewinner oder an einen der Preisträger vergeben werden muss; im letzteren Fall müssen alle Preisträger des Wettbewerbs zur Teilnahme an den Verhandlungen aufgefordert werden, oder
9.
wenn eine Dienstleistung beschafft werden soll, die in der Wiederholung gleichartiger Leistungen besteht, die durch denselben öffentlichen Auftraggeber an das Unternehmen vergeben werden, das den ersten Auftrag erhalten hat, sofern sie einem Grundprojekt entsprechen und dieses Projekt Gegenstand des ersten Auftrags war, das im Rahmen eines Vergabeverfahrens mit Ausnahme eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb vergeben wurde; die Möglichkeit der Anwendung des Verhandlungsverfahrens muss bereits in der Auftragsbekanntmachung des ersten Vorhabens angegeben werden; darüber hinaus sind im Grundprojekt bereits der Umfang möglicher Dienstleistungen sowie die Bedingungen, unter denen sie vergeben werden, anzugeben; der für die nachfolgenden Dienstleistungen in Aussicht genommene Gesamtauftragswert wird vom öffentlichen Auftraggeber bei der Berechnung des Auftragswerts berücksichtigt; das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb darf nur innerhalb von drei Jahren nach Abschluss des ersten Auftrags angewandt werden.

(5) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 1 ist der Europäischen Kommission auf Anforderung ein Bericht vorzulegen.

(6) Die in Absatz 4 Nummer 2 Buchstabe b und c genannten Voraussetzungen für die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb gelten nur dann, wenn es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter ist.

(1) Der Konzessionsgeber berechnet den geschätzten Vertragswert nach einer objektiven Methode, die in den Vergabeunterlagen anzugeben ist.

(2) Die Wahl der Methode zur Berechnung des geschätzten Vertragswerts darf nicht in der Absicht erfolgen, die Anwendung der Bestimmungen des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder dieser Verordnung zu umgehen. Eine Konzession darf insbesondere nicht so aufgeteilt werden, dass sie nicht in den Anwendungsbereich des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen fällt, es sei denn, es liegen objektive Gründe für eine solche Aufteilung vor.

(3) Bei der Berechnung des geschätzten Vertragswerts geht der Konzessionsgeber von dem voraussichtlichen Gesamtumsatz ohne Umsatzsteuer aus, den der Konzessionsnehmer während der Vertragslaufzeit als Gegenleistung erzielt

1.
für die Bau- oder Dienstleistungen, die Gegenstand der Konzession sind, und
2.
für Lieferungen, die mit diesen Bau- oder Dienstleistungen verbunden sind.

(4) Der Konzessionsgeber berücksichtigt dabei nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls insbesondere

1.
den Wert aller Arten von Optionen und möglichen Vertragsverlängerungen,
2.
die Einkünfte aus Gebühren oder Entgelten sowie Geldbußen oder Vertragsstrafen, die von den Nutzern der Bauwerke oder Dienstleistungen gezahlt werden, soweit diese nicht im Auftrag des Konzessionsgebers erhoben werden,
3.
die Zahlungen des Konzessionsgebers oder jeder anderen Behörde an den Konzessionsnehmer oder weitere finanzielle Vorteile jedweder Art, einschließlich Gegenleistungen für die Erfüllung von Gemeinwohlverpflichtungen sowie staatlicher Investitionsbeihilfen,
4.
den Wert von Zuschüssen oder sonstigen finanziellen Vorteilen jeglicher Art, die von Dritten für die Durchführung der Konzession gewährt werden,
5.
die Einkünfte aus dem Verkauf von Vermögensgegenständen, die Teil der Konzession sind,
6.
den Wert aller Lieferungen und Dienstleistungen, die der Konzessionsgeber für den Konzessionsnehmer bereitstellt, sofern sie für die Erbringung der Bau- oder Dienstleistungen erforderlich sind,
7.
Prämien oder Zahlungen an Bewerber oder Bieter.

(5) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des geschätzten Vertragswerts ist der Zeitpunkt, zu dem die Konzessionsbekanntmachung abgesendet oder das Vergabeverfahren auf sonstige Weise eingeleitet wird. Abweichend davon ist der Zeitpunkt des Zuschlags maßgeblich, falls der Vertragswert zu diesem Zeitpunkt mehr als 20 Prozent über dem nach Satz 1 geschätzten Wert liegt.

(6) Kann ein Bauvorhaben oder eine geplante Dienstleistung zur Vergabe von Konzessionen in Form mehrerer Lose führen, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zu berücksichtigen. Erreicht oder übersteigt der geschätzte Gesamtwert den maßgeblichen Schwellenwert, ist diese Verordnung für die Vergabe jedes Loses anzuwenden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die automatisierte Erfassung und den automatisierten Abgleich seiner jeweiligen Kraftfahrzeugkennzeichen mit polizeilichen Fahndungsbeständen auf öffentlichen Verkehrsflächen in Bayern.

2

Der Beklagte setzt seit dem Jahr 2006 auf Grundlage von Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 PAG auf seinem Gebiet stationäre und mobile Kennzeichenerfassungsgeräte ein. Derzeit betreibt er 25 automatisierte Kennzeichenerkennungssysteme, davon 22 stationäre, die insgesamt 30 Fahrspuren abdecken, und drei mobile. Die stationären Systeme sind aktuell auf zwölf Standorte verteilt und befinden sich insbesondere an Bundesautobahnen. Die mobilen Systeme werden anlassbezogen eingesetzt, z.B. bei internationalen Fußballturnieren oder ähnlichen Großereignissen. Der jeweilige Standort wird gemäß jährlich aktualisierter Lageerkenntnisse durch das Landeskriminalamt bestimmt. Diese Lagebeurteilung wird im Innenministerium des Beklagten dokumentiert und der Landesbeauftragte für Datenschutz jährlich hierüber informiert.

3

Die stationären Systeme bestehen aus Kameras, die den fließenden Verkehr auf jeweils einer Fahrspur von hinten erfassen und das Kennzeichen eines jeden durchfahrenden Fahrzeugs mittels nicht sichtbaren Infrarotblitzes bildlich aufnehmen. Der aus dem digitalen Bild des Kennzeichens durch eine spezielle (OCR-)Software ausgelesene digitale Datensatz mit den Buchstaben und Ziffern des Kennzeichens wird über eine Datenleitung an einen am Fahrbahnrand in einem verschlossenen Behälter untergebrachten stationären Rechner weitergeleitet, in dem das erfasste Kennzeichen automatisch mit verschiedenen im Rechner abgespeicherten (Fahndungs-)Dateien abgeglichen wird. Die erfassten Kraftfahrzeugkennzeichen werden ausschließlich mit Datensätzen verglichen, die aus Kennzeichen von Kraftfahrzeugen bestehen und aus dem Sachfahndungsbestand von INPOL sowie für den Schengenbereich von SIS bzw. NSIS stammen. Anlass- und einzelfallbezogen findet auch ein Abgleich mit spezifischen Dateien (z.B. der Datei „Gewalttäter Sport“) statt. Bei mobilen Systemen erfolgt die Erfassung der Kennzeichen über am Fahrbahnrand aufgestellte Kameras. Der Abgleich wird über einen mobilen Rechner in einem vor Ort abgestellten Polizeifahrzeug vorgenommen.

4

Das im Bildspeicher (RAM) der automatisierten Kennzeichenerkennungssysteme digital erfasste Bild des Kennzeichens wird dort nach dem Datenbankabgleich sogleich mit einem Grauwert überschrieben. Die zum Abgleich verwendeten stationären oder mobilen Rechner verfügen über eine sog. Log-Datei, in der die Kennzeichen jedoch nicht bildlich, sondern in anonymisierter Form und mit einer kryptologischen Hashfunktion (als sog. MD5-Checksumme) des Kennzeichentextes gespeichert werden. Ergibt sich beim Datenabgleich kein Treffer auf dem jeweiligen Rechner, wird das aufgenommene Kennzeichen nach dem Abgleich automatisch aus dem Arbeitsspeicher des Rechners gelöscht. Im Fall eines Treffers, d.h. einer vom System festgestellten Übereinstimmung zwischen dem erfassten Kennzeichen und den auf dem Rechner im Datenbanksystem abgespeicherten Datensätzen (der Fahndungsdateien) wird der Treffer temporär in der Datenbank auf diesem Rechner gespeichert und entweder gleichzeitig über eine Datenleitung an den Zentralrechner der Einsatzzentrale des jeweils zuständigen Polizeipräsidiums übermittelt oder auf dem mobilen Rechner (Notebook) vor Ort am Bildschirm aufgezeigt. Es erfolgt dann jeweils durch die zuständigen Polizeibeamten eine visuelle Kontrolle der vom System gemeldeten Übereinstimmung. Erweist sich der Treffer als Fehlermeldung, weil das tatsächlich erfasste und das in einer Fahndungsdatei abgespeicherte Kraftfahrzeugkennzeichen tatsächlich doch nicht übereinstimmen, gibt der Polizeibeamte durch Betätigen des Buttons „Entfernen“ auf dem Rechner den Befehl, den gesamten Vorgang zu entfernen; in diesem Fall verbleibt auch auf dem Rechner in der Einsatzzentrale als „Spur“ der Treffermeldung nur noch die MD5-Quersumme. Im Trefferfall, also bei Übereinstimmung des erfassten mit einem gespeicherten Kraftfahrzeugkennzeichen startet der Polizeibeamte eine manuelle Abfrage bei der betreffenden Fahndungsdatei, speichert dann den Vorgang bzw. die Daten und veranlasst gegebenenfalls weitere polizeiliche Maßnahmen. Im Zeitraum Juni bis einschließlich September 2011, für den erstmals detaillierte Zahlen ermittelt wurden, kam es monatlich zu etwa acht Millionen Kennzeichenerfassungen. Davon waren 40 000 bis 50 000 Treffermeldungen (Übereinstimmungen und Fehlermeldungen) und 500 bis 600 echte Treffer (nur Übereinstimmungen) pro Monat.

5

Der Kläger hat am 3. Juni 2008 Klage erhoben, gerichtet auf Unterlassung der Erfassung und des Abgleichs seiner Kraftfahrzeugkennzeichen. Zur Begründung hat er ausgeführt: Er pendele regelmäßig mit einem Personenkraftwagen zwischen seinem Hauptwohnsitz in A. (Bayern) und einem weiteren Wohnsitz in S. und sei auch ansonsten häufig in Bayern, insbesondere im Grenzgebiet zu Österreich, unterwegs. Seine jährliche Fahrleistung betrage ca. 25 000 km. Anlässlich dieser zahlreichen Fahrten müsse er damit rechnen, regelmäßig in standortfeste oder mobile Kennzeichenkontrollen des Beklagten zu geraten. Auch wenn sein Kraftfahrzeugkennzeichen derzeit nicht in einer Fahndungsdatei gespeichert sei, befürchte er, irrtümlich angehalten und kontrolliert zu werden. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass irgendwann eine Speicherung, womöglich irrtümlich, erfolgen werde. Durch die mit Sicherheit in der Vergangenheit bereits erfolgte und in Zukunft noch erfolgende Erfassung und den Abgleich seines Kraftfahrzeugkennzeichens werde er in seinen Grundrechten verletzt. Für den mit der Maßnahme verbundenen Grundrechtseingriff fehle es an einer wirksamen gesetzlichen Grundlage, da Art. 33 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie Art. 38 Abs. 3 PAG verfassungswidrig seien.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, die Unterlassungsklage sei zulässig. Der Kläger sei aufgrund seiner zahlreichen Fahrten auf bayerischen Autobahnen mit großer Wahrscheinlichkeit bereits mehrfach von einer Kennzeichenerfassung mit anschließendem Abgleich betroffen gewesen und müsse auch künftig jederzeit damit rechnen, zumal die Maßnahme heimlich erfolge, sodass er ihr nicht ausweichen könne und nachträglicher Rechtsschutz nicht in Betracht komme. Die Klage sei aber unbegründet. Kennzeichenerfassung und -abgleich griffen zwar in den Schutzbereich des Grundrechts des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung ein. Dieser Eingriff beruhe jedoch auf einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage.

7

Schon an einem Grundrechtseingriff fehle es allerdings beim sog. „Nichttreffer“. In Bayern sei rechtlich und technisch sichergestellt, dass bei negativem Ergebnis eines unverzüglich nach der Erfassung vorgenommenen Abgleichs die erfassten Kennzeichen anonym blieben und sofort spurenlos und ohne die Möglichkeit, einen Bezug zum Fahrer, Beifahrer oder Halter eines Fahrzeugs herzustellen, gelöscht würden. Zu einem Grundrechtseingriff komme es nur dann, wenn ein erfasstes Kennzeichen in einem Speicher festgehalten werde und gegebenenfalls Grundlage weiterer Maßnahmen werden könne. Das sei nicht nur beim „echten Treffer“ der Fall, d.h. bei tatsächlicher Übereinstimmung der abgeglichenen Kennzeichen, sondern bereits beim sog. „unechten Treffer“, wenn sich nur infolge einer fehlerhaften Kennzeichenerkennung beim Abgleich mit dem Fahndungsbestand eine Übereinstimmung ergebe. Weil es relativ häufig zu „unechten Treffern“ komme, bestehe eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass auch der Kläger insoweit in den Bereich des Grundrechtseingriffs gerate bzw. bereits geraten sei. Dieser Grundrechtseingriff finde in den Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 sowie Art. 38 Abs. 3 PAG eine verfassungsgemäße gesetzliche Grundlage.

8

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision des Klägers, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorträgt, Kennzeichenerfassung und -abgleich griffen sowohl in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht als auch sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein, und zwar auch bei einem „Nichttreffer“. Das sei jedenfalls deshalb der Fall, weil in Art. 38 Abs. 3 Satz 1 PAG statt einer sofortigen nur eine unverzügliche Löschung angeordnet sei. Auch sei die Spurenlosigkeit der Löschung nicht gewährleistet. Eine Deanonymisierung sei mit vergleichsweise geringem Aufwand möglich, soweit Kennzeichen als MD5-Codes dauerhaft im Speicher der verwendeten Rechner verblieben. Die gegenteilige Überzeugungsbildung des Verwaltungsgerichtshofs sei fehlerhaft, weil sie auf einer unzutreffenden und unvollständigen Tatsachenbasis beruhe, die weiterer Aufklärung im Wege des Sachverständigenbeweises bedurft hätte.

9

Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 und Art. 38 Abs. 3 PAG seien verfassungswidrig. In weiten Teilen fehle dem Beklagten schon die Gesetzgebungskompetenz. Die Vorschriften verstießen zudem in mehrfacher Hinsicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 38 Abs. 3 PAG genügten auch nicht den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Schließlich sei die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG verletzt, weil die von einem Kennzeichenabgleich Betroffenen hierüber nicht informiert würden. Eine Benachrichtigung sei ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme möglich durch hinter den Kontrollstellen aufgestellte Hinweisschilder.

10

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Dezember 2012 und das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23. September 2009 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, durch den verdeckten Einsatz automatisierter Kennzeichenerkennungssysteme Kennzeichen von Kraftfahrzeugen, die auf den Kläger zugelassen sind, zu erfassen und mit polizeilichen Dateien abzugleichen.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

13

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich an dem Verfahren. Auch er verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Das angefochtene Urteil steht im Ergebnis mit Bundesrecht im Einklang.

15

1. Das klägerische Begehren ist als vorbeugende Unterlassungsklage statthaft (a), und es besteht dafür auch eine Klagebefugnis (b).

16

a) Die Unterlassungsklage stellt einen Unterfall der allgemeinen Leistungsklage dar. Mit ihr wird auf die Unterlassung eines öffentlich-rechtlichen Verwaltungshandelns geklagt. Die Statthaftigkeit dieser Klage begegnet bei drohendem Verwaltungshandeln ohne Verwaltungsaktsqualität keinen Bedenken. Auch das Unterlassen einer hoheitlichen Maßnahme ist eine Leistung, und bei Verwaltungshandeln ohne Verwaltungsaktsqualität kann die Zulassung einer Unterlassungsklage auch nicht zur Umgehung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Anfechtungsklage führen (Schenke, Verwaltungsprozessrecht 14. Auflage, 2014, Rn. 354). Das vom Kläger angegriffene öffentlich-rechtliche Verwaltungshandeln liegt im Betrieb von derzeit 25 automatisierten Kennzeichenerkennungssystemen des Beklagten. Sowohl die Erfassung als auch der Abgleich sind keine Verwaltungsakte im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, weshalb eine Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) hier nicht in Betracht kommt. Dies hat das Berufungsgericht aus bayerischem Landesrecht bindend abgeleitet.

17

Allerdings wendet der Kläger sich gegen mögliche künftige Eingriffe. Will der Bürger ein Behördenhandeln abwehren, das er mit mehr oder minder großer Gewissheit erst in der Zukunft erwartet, geht es um eine nur vorbeugende Unterlassungsklage. Verwaltungsrechtsschutz ist allerdings grundsätzlich nachgängiger Rechtsschutz. Das folgt aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, der der Gerichtsbarkeit nur die Kontrolle der Verwaltungstätigkeit aufträgt, ihr aber grundsätzlich nicht gestattet, bereits im Vorhinein gebietend oder verbietend in den Bereich der Verwaltung einzugreifen. Die Verwaltungsgerichtsordnung stellt darum ein System nachgängigen - ggf. einstweiligen - Rechtsschutzes bereit und geht davon aus, dass dieses zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) grundsätzlich ausreicht. Vorbeugende Klagen sind daher nur zulässig, wenn ein besonderes schützenswertes Interesse gerade an der Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes besteht, wenn mit anderen Worten der Verweis auf den nachgängigen Rechtsschutz - einschließlich des einstweiligen Rechtsschutzes - mit für den Kläger unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (stRspr; vgl. Urteile vom 12. Januar 1967 - BVerwG 3 C 58.65 - BVerwGE 26, 23 = Buchholz 427.3 § 338 LAG Nr. 13, vom 8. September 1972 - BVerwG 4 C 17.71 - BVerwGE 40, 323 <326 f.>, vom 29. Juli 1977 - BVerwG 4 C 51.75 - BVerwGE 54, 211 <214 f.>, vom 7. Mai 1987 - BVerwG 3 C 53.85 - BVerwGE 77, 207 <212> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 16 S. 34 und vom 25. September 2008 - BVerwG 3 C 35.07 - BVerwGE 132, 64 Rn. 26).

18

Ein solches spezifisches Interesse an vorbeugendem Rechtsschutz ergibt sich vorliegend aus dem Umstand, dass der Beklagte dasjenige Kennzeichenerfassungssystem, von dem die behaupteten Rechtsverletzungen ausgehen, bereits betreibt und auch weiterhin einsetzen wird. Hinzu kommt, dass eine polizeiliche Kontrolle mit Hilfe von Kennzeichenerfassungssystemen für den Kläger als Autofahrer nicht erkennbar ist, weil die Erfassung der einzelnen Kennzeichen beim Passieren der Aufnahmekameras von hinten erfolgt und der verwendete Infrarotblitz unsichtbar ist. Die Erfassung geschieht damit heimlich mit der Folge, dass der Kläger ihr nicht ausweichen kann. Zudem sind dem Kläger die einzelnen Standorte der Erfassungssysteme nicht bekannt. Aufgrund der Heimlichkeit der Maßnahme kommt ein nachträglicher Rechtsschutz gegen die Erkennung und den Datenabgleich nicht in Betracht.

19

b) Die Zulässigkeit der vorbeugenden Unterlassungsklage lässt sich auch nicht wegen fehlender Klagebefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO in Frage stellen. Es erscheint nach dem Vortrag des Klägers sowie im Lichte der beträchtlichen Erfassungsreichweite der vom Beklagten betriebenen Systeme möglich, dass ein dem Kläger zuzuordnendes KFZ-Kennzeichen künftig erfasst und gegen polizeiliche Dateien abgeglichen wird. Ferner erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass hiermit in Rechte des Klägers eingegriffen und diese verletzt werden. Ob letzteres tatsächlich der Fall ist, ist eine Frage der Begründbarkeit seiner Klage.

20

2. Die Klage ist aber unbegründet. Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch setzt die begründete Besorgnis voraus, der Beklagte werde künftig durch sein hoheitliches Handeln rechtswidrig in die geschützte Rechts- und Freiheitssphäre des Klägers eingreifen (Beschluss vom 29. April 1985 - BVerwG 1 B 149.84 - juris Rn. 9). Die erhobene Unterlassungsklage setzt für ihren Erfolg somit voraus, dass dem Kläger durch die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften über die automatisierte Kennzeichenerfassung (a) mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Eingriff in sein grundrechtlich geschütztes Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Unterfall des allgemeinen Persönlichkeitsrechts droht (b). Das ist nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, an die das Bundesverwaltungsgericht als Revisionsgericht gebunden ist, nicht der Fall.

21

a) Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch richtet sich nur gegen hoheitliche Maßnahmen. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Nach den Feststellungen im Berufungsurteil beruht die vom Kläger angegriffene automatisierte Kraftfahrzeug-Kennzeichenüberwachung durch den Beklagten auf den polizeirechtlichen Normen der Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 sowie Art. 38 Abs. 3 des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (Polizeiaufgabengesetz - PAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. September 1990 (GVBl S. 397), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286) und ist somit hoheitlicher Natur.

22

b) Dem Kläger droht nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Eingriff in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

23

aa) Ein KFZ-Kennzeichen ist als personenbezogenes Datum in den Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung einbezogen. Zwar offenbart die Buchstaben-Zahlen-Kombination, aus der es besteht, aus sich heraus noch nicht diejenige Person, der das Kennzeichen als Halter zuzuordnen ist. Diese Person ist jedoch durch Abfragen aus dem Fahrzeugregister (vgl. §§ 31 ff. StVG) bestimmbar. Dies genügt für den Einbezug in den grundrechtlichen Schutzbereich.

24

bb) Der grundrechtliche Schutz entfällt nicht schon deshalb, weil die betroffene Information öffentlich zugänglich ist, wie es für KFZ-Kennzeichen, die der Identifizierung dienen, sogar vorgeschrieben ist (§ 23 Abs. 1 Satz 3 StVO). Auch wenn der Einzelne sich in die Öffentlichkeit begibt, schützt das Recht der informationellen Selbstbestimmung dessen Interesse, dass die damit verbundenen personenbezogenen Informationen nicht im Zuge automatisierter Informationserhebung zur Speicherung mit der Möglichkeit der Weiterverwertung erfasst werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05 u.a. - BVerfGE 120, 378 <399>).

25

cc) Der Schutzumfang des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung beschränkt sich nicht auf Informationen, die bereits ihrer Art nach sensibel sind und schon deshalb grundrechtlich geschützt werden. Auch der Umgang mit personenbezogenen Daten, die für sich genommen - wie im Falle von KFZ-Kennzeichen - nur geringen Informationsgehalt haben, kann, je nach seinem Ziel und den bestehenden Verarbeitungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten, grundrechtserhebliche Auswirkungen auf die Privatheit und Verhaltensfreiheit des Betroffenen haben. Insofern gibt es unter den Bedingungen der elektronischen Datenverarbeitung kein schlechthin, also ungeachtet des Verwendungskontextes, belangloses personenbezogenes Datum mehr (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. S. 398 f.).

26

dd) Auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Erfassung eines größeren Datenbestandes letztlich nur Mittel zum Zweck für eine weitere Verkleinerung der Treffermenge ist, kann bereits in der Informationserhebung ein Eingriff liegen, soweit sie die Informationen für die Behörden verfügbar macht und die Basis für einen nachfolgenden Abgleich mit Suchkriterien bildet. Maßgeblich ist, ob sich bei einer Gesamtbetrachtung mit Blick auf den durch den Überwachungs- und Verwendungszweck bestimmten Zusammenhang das behördliche Interesse an den betroffenen Daten bereits derart verdichtet hat, dass ein Betroffensein in einer einen Grundrechtseingriff auslösenden Qualität zu bejahen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. S. 398).

27

Dies zugrunde gelegt, bilden Datenerfassungen keinen für die Annahme eines Grundrechtseingriffs hinreichenden Gefährdungstatbestand, soweit die Daten unmittelbar nach der Erfassung technisch wieder spurenlos, anonym und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, ausgesondert werden. Zu einem Eingriff in den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung kommt es daher in den Fällen der elektronischen Kennzeichenerfassung dann nicht, wenn der Abgleich mit dem Fahndungsbestand unverzüglich vorgenommen wird und negativ ausfällt (sogenannter Nichttrefferfall) sowie zusätzlich rechtlich und technisch gesichert ist, dass die Daten anonym bleiben und sofort spurenlos und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, gelöscht werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. S. 399). Demgegenüber kommt es zu einem Eingriff in das Grundrecht, wenn ein erfasstes Kennzeichen im Speicher festgehalten wird und gegebenenfalls Grundlage weiterer Maßnahmen werden kann. Darauf vor allem ist die Maßnahme gerichtet, wenn das Kraftfahrzeugkennzeichen im Fahndungsbestand aufgefunden wird. Ab diesem Zeitpunkt steht das erfasste Kennzeichen zur Auswertung durch staatliche Stellen zur Verfügung und es beginnt die spezifische Persönlichkeitsgefährdung für Verhaltensfreiheit und Privatheit, die den Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung auslöst (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 a.a.O. S. 399 f.).

28

Ausgehend von diesen durch das Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben ist im vorliegenden Fall für die Konstellation des „Nichttreffers“ die Eingriffsqualität von Erfassung und Abgleich eines KFZ-Kennzeichens zu verneinen. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs vollzieht sich beides in dieser Konstellation ohne zeitlichen Verzug in vollständig automatisierter Weise und ist ferner gesichert, dass die Daten einer menschlichen Kenntnisnahme unzugänglich bleiben.

29

Auch für die Konstellation des „unechten“ Treffers, die im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. März 2008 keiner gesonderten Würdigung unterzogen worden ist, ist die Eingriffsqualität der Maßnahme zu verneinen. Zwar wird das erfasste Kennzeichen in dieser Konstellation durch den Polizeibeamten, der mit dem visuellen Abgleich betraut ist, zur Kenntnis genommen. Der Polizeibeamte beschränkt sich jedoch nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs auf die Vornahme dieses Abgleichs und löscht den Vorgang umgehend, wenn der Abgleich negativ ausfällt. In diesem Stadium ist das behördliche Interesse an den betroffenen Daten nicht bereits derart verdichtet, dass - bezogen auf den Inhaber des KFZ-Kennzeichens - ein Betroffensein in einer einen Grundrechtseingriff auslösenden Qualität zu bejahen ist. Das behördliche Interesse ist in diesem Stadium nur ein systembezogenes Korrekturinteresse. Mithilfe des visuellen Abgleichs soll ausgeschlossen werden, dass aufgrund des unvollkommenen Lesemodus des Systems polizeiliche Maßnahmen in Bezug auf Kennzeichen eingeleitet werden, die zwar im Fahndungsbestand notiert sind, tatsächlich aber die Erfassungsstelle gar nicht passiert haben. Der Inhaber des tatsächlich erfassten Kennzeichens hat insoweit nicht mehr hinzunehmen als eine lediglich kurzzeitige Wahrnehmung der Buchstaben-Zahlen-Kombination durch den Polizeibeamten, der seinerseits nicht über die rechtliche Befugnis verfügt - und auch der Sache nach keinen Anlass hätte -, eine Abfrage aus dem Fahrzeugregister vorzunehmen. Die Anonymität des Inhabers bleibt folglich gewahrt.

30

In der Konstellation des „echten“ Treffers wird hingegen die Eingriffsschwelle überschritten. Hat der abgleichende Polizeibeamte die vom System gegebene Treffermeldung verifiziert, verdichtet sich das behördliche Interesse an den Daten. Durch die vorgesehene manuelle Abfrage aus der Fahndungsdatei wird die Identität des Kennzeicheninhabers gelüftet. Durch die weiter vorgesehene Abspeicherung des Vorgangs werden die gewonnenen Daten über Zeitpunkt und Ort der Erfassung für den Staat verfügbar gemacht. Dieser ist hierdurch in die Lage versetzt, weitere Maßnahmen gegen den Betroffenen einleiten zu können. Der Betroffene ist hierdurch in einer einen Grundrechtseingriff auslösenden Qualität berührt.

31

ee) Im vorliegenden Fall kann es hinsichtlich der Person des Klägers zum Szenarium eines „echten“ Treffers nach derzeitigem Sachstand nicht kommen, da nach den vorinstanzlichen Feststellungen sein KFZ-Kennzeichen nicht im Fahndungsbestand gespeichert ist. Die bloße Eventualität, es könnte zukünftig zu einer solchen Speicherung kommen, muss außer Betracht bleiben. Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch vermittelt keine Handhabe, ein behördliches Handeln abzuwehren, dem nur bei künftigem Hinzutreten außergewöhnlicher Umstände Eingriffsqualität gegenüber dem Anspruchsteller zuwüchse.

32

3. Die Kosten der ohne Erfolg eingelegten Revision fallen dem Kläger zur Last (§ 154 Abs. 2 VwGO).

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 14. Dezember 2015 wird geändert:

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache vor dem Verwaltungsgericht Eingliederungshilfe nach § 35a Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) in Form der Kostenübernahme für die Schulbegleitung für den Besuch der Montessorischule E. im Umfang von 34,75 Wochenstunden zu monatlichen Kosten in Höhe von 2.249,39 € zu gewähren.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt und die Beschwerde zurückgewiesen.

II.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist (überwiegend) begründet.

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO, durch welche der Antragsgegner unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 14. Dezember 2015 verpflichtet werden soll, dem Antragsteller vorläufig die Kosten für die Schulbegleitung zum Besuch der Montessorischule E. für das Schuljahr 2015/2016 im Umfang von 34,75 Wochenstunden zu monatlichen Kosten in Höhe von 2.249,39 € zu gewähren, hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Eine weitergehende Verpflichtung für das gesamte Schuljahr kommt aufgrund des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache nicht in Betracht. Insoweit ist der Antrag abzulehnen.

a) Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann der Senat auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Ferner sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist in beiden Fällen (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO), dass einerseits ein Anspruch glaubhaft gemacht wird, dessen vorläufiger Sicherung die begehrte Anordnung dienen soll (Anordnungsanspruch), und dass andererseits die Gründe glaubhaft gemacht werden, die eine gerichtliche Eilentscheidung erforderlich machen (Anordnungsgrund).

Grundsätzlich dient die einstweilige Anordnung der vorläufigen Sicherung eines Anspruchs bzw. der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses. Mit der vom Antragsteller begehrten Entscheidung wird die Hauptsache aber - zumindest in zeitlicher Hinsicht - vorweggenommen. In einem solchen Fall sind an die Prüfung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch qualifiziert hohe Anforderungen zu stellen, d. h. der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nur in Betracht, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache jedenfalls dem Grunde nach spricht und der Antragsteller ohne die einstweilige Anordnung unzumutbaren Nachteilen ausgesetzt wäre (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 66 a bis c).

b) Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall jedenfalls bis zum Zeitpunkt des Ergehens einer Entscheidung in der Hauptsache vor dem Verwaltungsgericht München gegeben.

aa) Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Bewilligung einer Schulbegleitung zum Besuch der Montessorischule E. nach den oben genannten Maßgaben im Beschwerdeverfahren hinreichend glaubhaft gemacht. Der Antragsteller gehört zum grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis für Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII. Als Leistung der Eingliederungshilfe zählt grundsätzlich auch die Gewährung einer Schulbegleitung im Rahmen der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung gemäß § 35a Abs. 3 SGB VIII i. V. m. § 54 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 SGB XII, § 12 Nr. 2 der Eingliederungshilfe-Verordnung - EinglHVO - (Stähr in: Hauck/Noftz, SGB, Stand Mai 2015, § 35 SGB VIII). Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.

bb) Der Einschätzung des Antragsgegners vom 16. April 2015 sowie des Verwaltungsgerichts München im streitbefangenen Beschluss, dass die begehrte Hilfemaßnahme zur Deckung des Hilfebedarfs nicht erforderlich und geeignet sei, kann indes nicht gefolgt werden. Zu Recht rügt der Antragstellerbevollmächtigte, dass der Antragsteller vorliegend nicht die Kostenübernahme des Schulgeldes, sondern die Bewilligung einer Schulbegleitung bzw. die Kostenübernahme für eine solche Schulbegleitung begehrt, die grundsätzlich auch bei Besuch einer Regelschule anfallen können und es sich somit nicht um Kosten handelt, die im Zusammenhang mit der Beschulung in einer Privatschule entstehen. Der Antragsteller muss nicht glaubhaft machen, dass eine Beschulung im öffentlichen Schulsystem für ihn ausscheidet und er nur auf einer Privatschule beschulbar wäre. Anders als bei der Entscheidung über die notwendige und geeignete Hilfeart, hinsichtlich derer dem Jugendamt ein weiter Beurteilungsspielraum zusteht, wovon insoweit zutreffend auch das Verwaltungsgericht München im streitbefangenen Beschluss ausgeht, entscheidet nicht der Träger der Jugendhilfe, ob der Besuch einer allgemeinen Schule dem behinderten Kind eine angemessene Schulbildung vermittelt, sondern richtet sich dies allein nach dem Schulrecht (vgl. BayVGH, B.v. 4.6.2007 - Az. 12 B 06.2784 - unter Hinweis auf VGH Baden-Württemberg vom 14.1.2003, FESV 54, 2018 zur insoweit vergleichbaren Eingliederungshilfe gemäß §§ 39 Abs. 1 Satz 1, 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSHG).

Der Antragsteller ist nach schulrechtlichen Vorschriften nicht verpflichtet, die Förderschule zu besuchen, sondern berechtigt, seine Schulpflicht durch den Besuch einer allgemeinen Schule zu erfüllen (BayVGH v. 4.6.2007 a. a. O.). Eine Entscheidung der Schulbehörde, dass der Antragsteller am gemeinsamen Unterricht in der allgemeinen Schule nicht aktiv teilnehmen könnte und ein sonderpädagogischer Förderbedarf an dieser Schule auch mit Unterstützung durch mobile sonderpädagogische Dienste nicht hinreichend erfüllt werden könnte (Art. 41 Abs. 1 Satz 1, Abs. 7 Satz 1 BayEUG), liegt nicht vor. Es ist auch nicht Sache der Antragstellerseite, sich um ein solches Gutachten zu bemühen. Dass es sich bei der allgemeinen Schule vorliegend um eine Privatschule handelt, ist unbeachtlich. Denn die hierfür entstehenden Kosten werden nicht beansprucht. Zutreffend weist der Antragstellerbevollmächtigte darauf hin, dass die angeführte Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. September 2015 für den vorliegenden Fall nicht einschlägig ist und als Entscheidungsgrundlage nicht herangezogen werden kann. Denn diese Entscheidung betrifft die Kostenübernahme für das anfallende Schulgeld für den Besuch der privaten Regelschule. Die Kosten, die im Zusammenhang mit der Beschulung in der Privatschule entstehen, können nur gefordert werden, wenn der Hilfebedarf nicht im Rahmen des öffentlichen Schulsystems gedeckt werden kann. Der Antragsgegner geht im Bescheid vom 16. April 2015 selbst davon aus, dass die Beschulung von L. im Rahmen des öffentlichen Schulsystems einen gegebenenfalls vom Antragsgegner zu finanzierenden Schulbegleiter zur Deckung des Hilfebedarfs erforderlich machte.

Ob möglicherweise eine andere Beurteilung für den Fall, dass bei Besuch der Förderschule ein Schulbegleiter definitiv entbehrlich wäre, in Betracht käme, bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls hat der Antragsgegner die Behauptung, es sei prima facie davon auszugehen, dass in den von ihm aufgezeigten staatlichen Schulen der Hilfebedarf ohne zusätzliche Unterstützung zu decken sei, durch nichts belegt. Hiergegen sprechen nicht zuletzt alle fachärztlichen bzw. pädagogischen Stellungnahmen. So wird der Bedarf an Schulbegleitung bestätigt durch die ärztliche Stellungnahme von Dr. med. K. Sch. vom 8. September 2013, durch die schulpsychologische Stellungnahme von Frau E. S.-K., staatliche Schulpsychologin am Schulamt im Landkreis R., vom 9. Dezember 2013 sowie durch die pädagogische Stellungnahme der Montessorischule vom 23. September 2015. In der zuletzt genannten Stellungnahme wird insbesondere darauf hingewiesen, dass vor allem die Zusammenarbeit und der Kontakt zu Mitschülern der Unterstützung bedürfe.

Nach der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung spricht nach alledem derzeit alles dafür, dass dem Antragsteller in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang ein Anspruch auf Schulbegleitung zum Besuch der Montessorischule E. zusteht. Soweit der Antragsgegner nunmehr im letzten Schriftsatz vom 5. Februar 2016 den Umfang der begehrten Schulbegleitung erstmals in Frage stellt, fehlt es schon an der erforderlichen Substantiierung. Der Antragsgegner kann insoweit im Übrigen auf das Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht München verwiesen werden bzw. auf die Möglichkeit, dort einen Abänderungsantrag zu stellen, falls sich für den streitgegenständlichen Zeitraum im Hinblick auf Umfang und Höhe der Kostenübernahme nachweislich Änderungen ergeben sollten.

c) Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund, d. h. eine besondere Eilbedürftigkeit gerichtlichen Rechtsschutzes, glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 Satz 2 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO). Die Eilbedürftigkeit der begehrten einstweiligen Anordnung ist gegeben. Laut der pädagogischen Stellungnahme der Montessori-Fördergemeinschaft E. e.V. vom 31. Juli 2013, bestätigt am 23. September 2015, kann eine Beschulung des Antragstellers ohne die Unterstützung eines Schulbegleiters durch die Montessorischule nicht fortgesetzt werden. Da der Antragsteller bzw. die Antragstellervertreter bereits seit Beginn des Schuljahres 2015/2016 in Höhe von monatlich ca. 2.250,00 € in Vorleistung getreten sind, ist eine weitere Vorleistung für den notwendigen Schulbegleiter nicht weiter zumutbar.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. Die Beschränkung der einstweiligen Anordnung auf den Zeitraum bis zum Ergehen einer Hauptsacheentscheidung vor dem Verwaltungsgericht - statt für das gesamte Schuljahr, wie vom Antragsteller beantragt - fällt kostenrechtlich nicht ins Gewicht (§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 29. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.


 
 
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten stellt das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung der elektronischen Dokumente oder der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Verweigert eine oberste Bundesbehörde die Vorlage, Übermittlung oder Auskunft mit der Begründung, das Bekanntwerden des Inhalts der Urkunden, der Akten, der elektronischen Dokumente oder der Auskünfte würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht; Gleiches gilt, wenn das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 für die Hauptsache zuständig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Dieses gibt den Antrag und die Hauptsacheakten an den nach § 189 zuständigen Spruchkörper ab. Die oberste Aufsichtsbehörde hat die nach Absatz 1 Satz 2 verweigerten Urkunden oder Akten auf Aufforderung dieses Spruchkörpers vorzulegen, die elektronischen Dokumente zu übermitteln oder die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes der Übergabe der Urkunden oder Akten oder der Übermittlung der elektronischen Dokumente an das Gericht entgegenstehen, wird die Vorlage oder Übermittlung nach Satz 5 dadurch bewirkt, dass die Urkunden, Akten oder elektronischen Dokumente dem Gericht in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 5 vorgelegten Akten, elektronischen Dokumente und für die gemäß Satz 8 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 100 nicht. Die Mitglieder des Gerichts sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes. Soweit nicht das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann der Beschluss selbständig mit der Beschwerde angefochten werden. Über die Beschwerde gegen den Beschluss eines Oberverwaltungsgerichts entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Sätze 4 bis 11 sinngemäß.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.