Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 09. Juli 2018 - 4 Bs 12/18

bei uns veröffentlicht am09.07.2018

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 8. Januar 2018 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt die weitere Duldung des Betriebs ihrer Spielhalle.

2

Die Antragstellerin, eine GmbH, betreibt am Standort X-Straße in Hamburg eine Spielhalle. Hierfür hatte ihr die Antragsgegnerin 2004 eine Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt.

3

Am 24. November 2016 beantragte die Antragstellerin die Erteilung einer Erlaubnis nach dem Hamburgischen Spielhallengesetz (v. 4.12.2012, HmbGVBl. S. 505, zuletzt geänd. durch G. v. 20.7.2016, HmbGVBl. S. 323, - HmbSpielhG -) ab dem 1. Juli 2017. Mit dem Antrag legte sie alle erforderlichen Unterlagen fristgerecht vor. Am 29. November 2016 machte sie eine unbillige Härte geltend und begehrte die Befreiung von der Anforderung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG (Mindestabstand zu anderen Spielhallen), des § 2 Abs. 2 Satz 4 HmbSpielhG (Abstand zu Kinder- und Jugendeinrichtungen) und des § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG (Gerätereduzierung). Sie führte aus, eine Anpassung des Betriebes an die Anforderungen des HmbSpielhG sei aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht möglich und mit einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht vereinbar. Weitere Unterlagen zu ihrer wirtschaftlichen Situation legte sie nicht vor.

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Mit Schreiben vom 16. Mai 2017 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, nach Aktenlage sei die beantragte Erlaubnis zu versagen, weil ihre Spielhalle in Konkurrenz mit anderen Bestandsspielhallen stehe, für die ebenfalls ein Erlaubnisantrag zum Weiterbetrieb der Spielhalle ab dem 1. Juli 2017 gestellt worden sei. Nach § 9 Abs. 4 HmbSpielhG habe die länger bestehende Spielhalle einer Konkurrentin Vorrang. Auf die Gerätereduzierungspflicht finde § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmSpielhG keine Anwendung. Die Antragsgegnerin gab der Antragstellerin Gelegenheit, zum Alter des eigenen Spielhallenstandortes und zum Nachweis der Voraussetzungen einer Befreiung nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG fristgerecht vorzutragen. Weiterer Vortrag der Antragstellerin erfolgte nicht.

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Für die (konkurrierende) Spielhalle der A. GmbH in der X-Straße in Hamburg wurde mit Bescheid vom 17. Juli 2017 nach § 2 HmbSpielhG eine Erlaubnis zum Betrieb ab dem 1. Juli 2017 erteilt.

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Mit Bescheid vom 17. Juli 2017 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag der Antragstellerin ab, ihr die beantragte Erlaubnis zum Weiterbetrieb ihrer Spielhalle zu erteilen. Zur Begründung wies sie darauf hin, die Erlaubnis sei nach § 2 Abs. 5 Nr. 4 i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG zu versagen, weil die Spielhalle den Abstand zu weiteren Unternehmen unterschreite und eine andere Bestandsspielhalle in der Entfernung unterhalb des Mindestabstands an einem älteren Standort im Sinne des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG gelegen sei. Für diese sei eine Erlaubnis zum Betrieb ab dem 1. Juli 2017 erteilt worden. Der Standort werde bereits seit Juli 1975 zum Betrieb einer Spielhalle genutzt. Diese Spielhalle habe Vorrang vor der Spielhalle der Antragstellerin, die seit September 1982 an dem Standort betrieben werde. Die begehrte Befreiung von der Anforderung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG könne nicht erfolgen, da die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG nicht vorlägen.

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Die Widersprüche der Antragstellerin gegen den ablehnenden Bescheid und gegen die Erteilung der Erlaubnis an die A. GmbH wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheiden vom 10. Oktober 2017 zurück. Sie führte aus, die Auswahlentscheidung zwischen den nach § 2 Abs. 2 HmbSpielhG konkurrieren Spielhallen sei rechtmäßig auf der Grundlage des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG getroffen worden. Die Auswahlentscheidung sei mit Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Sie sei sachgerecht und das Auswahlkriterium sei ausreichend. Der europarechtliche Einwand der Antragstellerin sei unbegründet. Die Antragstellerin habe Gelegenheit gehabt, zum Alter des von ihr genutzten Spielhallenstandortes und zu den materiellen Kriterien, die nach § 2 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG zu berücksichtigen seien, vorzutragen. Die Erteilung der Erlaubnis zum Weiterbetrieb an die konkurrierende Spielhalle sei rechtmäßig gewesen. Sie liege an einem älteren Standort im Sinne des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG. Eine Erlaubnis sei der Antragstellerin auch nicht mittels einer Befreiung nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG zu erteilen.

8

Die Antragstellerin hat am 13. November 2017 mit dem Ziel Klage erhoben, ihr unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide vom 17. Juli 2017 und vom 10. Oktober 2017 eine Erlaubnis zu erteilen und die der konkurrierenden A. GmbH erteilte Erlaubnis vom 17. Juli 2017 und den darauf bezogenen Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2017 aufzuheben (17 K 9168/17). Über die Klage ist noch nicht entschieden worden.

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Am 20. Dezember 2017 hat die Antragstellerin um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Sie hat u.a. geltend gemacht: Ihr stünden ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund im Sinne des § 123 Abs. 1 VwGO zu. Sie unterfalle als Betreiberin von Spielhallen dem Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelungen des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG und des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG griffen in das Grundrecht auf Berufsfreiheit ein. § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG sei verfassungs- und unionsrechtswidrig. Das Mindestabstandgebot verstoße gegen die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV. Behörden seien nach der Rechtsprechung des EuGH darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass der von ihnen ausgehende Eingriff in die Grundfreiheiten eines Sportwetten- oder Glücksspielbetreibers nicht nur auf einer Rechtsgrundlage im nationalen Recht beruhe, sondern auch zwingend erforderlich und verhältnismäßig sowie Ausdruck einer systematischen und kohärenten Regulierung und Behördenpraxis sei. Die Antragsgegnerin bekämpfe nicht systematisch und kohärent die von Geldspielgeräten und insbesondere von Spielhallen ausgehenden Suchtgefahren. Dies zeige sich daran, dass sie für sieben Bestandsspielhallen in Hamburg-Bergedorf mit insgesamt 56 Geldspielgeräten, die miteinander verbunden seien, eine Erlaubnis zum Weiterbetrieb erteilt habe. Es werde bestritten, dass es sich dabei um einen Härtefall gehandelt habe; ein solcher sei nicht ersichtlich. Die Erteilung sei auch mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren. Das Verfahren nach § 9 Abs. 4 HmbSpielhG sei verfassungswidrig und verletze sie, die Antragstellerin, in ihren Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG. Das Auswahlkriterium der älteren Spielhalle sei ersichtlich willkürlich. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung. Es fehle hier an einem chancengleichen Zugang zu einer beruflichen Tätigkeit. Zwar genüge die Vorschrift noch dem Grundsatz der Wesentlichkeit. Jedoch stelle § 9 Abs. 4 HmbSpielhG eine Berufsregelung dar, die nicht gerechtfertigt sei. Nach der Gesetzesbegründung wolle der Gesetzgeber Familienbetriebe schützen. Fälle, in denen ältere Bestandsspielhallen noch von Unternehmen betrieben würden, bei denen die Spielhallen von einem Familienmitglied auf die nachfolgende Generation übertragen würden, existierten aber tatsächlich kaum noch. Es werde bestritten, dass es sich bei der in Konkurrenz stehenden Spielhalle um einen Familienbetrieb gehandelt habe, der ein Anknüpfen an das Alter des Standortes rechtfertigen könne. Auf den Schutz von Familienbetrieben komme es im Übrigen nach den in § 1 GlüStV bestimmten Zielen nicht an. Damit sei das Auswahlkriterium nicht sachgerecht. Gegen die Auswahl nach dem Alter spreche auch das Kriterium der Amortisationszeit. In der Regel weise eine Spielhalle, die schon länger am Standort bestehe, eine geringere Amortisationszeit als die jüngere Spielhalle auf und dürfte daher gerade nicht auszuwählen sein. Die neu zu treffende Auswahlentscheidung habe die Maßstäbe des Bundesverfassungsgerichts zu berücksichtigen. Dem Verfahrensfehler komme in ihrem Fall die erforderliche Entscheidungserheblichkeit zu, da nicht auszuschließen sei, dass sie ohne diesen die Erlaubnis zum Weiterbetrieb ihrer Spielhalle bis zur Höchstdauer von 15 Jahren erhalten hätte. Sie habe einen Anspruch darauf, auch ohne Erlaubnis den Betrieb ihrer Spielhalle fortzusetzen.

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Ein Anordnungsgrund sei gegeben. Das Risiko, sich ohne Spielhallenerlaubnis und ohne weitere Duldung nach § 284 StGB strafbar zu machen, sei ihr, der Antragstellerin, nicht zuzumuten. Alternativ komme nur eine Schließung bis zur endgültigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Betracht, die ihr wegen der Kostenlast nicht zuzumuten sei.

11

Die Antragstellerin hat sinngemäß beantragt,

12

im Wege einstweiliger Anordnung, vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Erlaubnisantrag in der Hauptsache, festzustellen, dass die Antragstellerin bis zu einer Änderung der Sach- und Rechtslage die Spielhalle X-Straße in Hamburg ab dem 1. Januar 2018 weiter betreiben kann,

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hilfsweise festzustellen, dass das Fehlen einer rechtlichen Erlaubnis die Antragstellerin bis zu einer Änderung der Sach- und Rechtslage nicht daran hindert, ihre Spielhalle X-Straße in Hamburg weiter zu betreiben,

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weiter hilfsweise, die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, für die Zeit ab dem 1. Januar 2018 bis zur Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache für den Betrieb der Spielhalle X-Straße in Hamburg eine einstweilige Erlaubnis zum Weiterbetrieb der Spielhalle zu erteilen,

15

weiter hilfsweise, die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, für die Zeit ab dem 1. Januar 2018 den Betrieb der Spielhalle X-Straße in Hamburg bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache einstweilen zu dulden.

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Die Antragsgegnerin hat beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

18

Sie hat geltend gemacht, die Antragstellerin habe schon keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es werde auf die angefochtenen Bescheide verwiesen. Im Übrigen wiege das Anliegen des HmbSpielhG, die Spielhallendichte im Interesse eines wirksamen Spielerschutzes deutlich zu reduzieren, erheblich schwerer als das Interesse der Antragstellerin, ihre Spielhalle weiter betreiben zu können. Die Antragstellerin verlange eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache.

19

Mit Beschluss vom 8. Januar 2018 hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, gegenüber der Antragstellerin keine Maßnahmen zur Beendigung oder Sanktionierung des Weiterbetriebs der in der X-Straße belegenen Spielhalle zu ergreifen.

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Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht u.a. ausgeführt: Die Antragstellerin besitze den erforderlichen Anordnungsanspruch. Sie habe das Recht, an einem chancengleich ausgestalteten und in jeder Hinsicht verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Verfahren zur Auswahl derjenigen Spielhalle, welche unter mehreren in räumlicher Nähe gelegenen Spielhallen eine Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG erhalte, teilnehmen zu können.

21

Die Abstandsregelung des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG sei zwar sowohl mit Verfassungs- als auch mit Unionsrecht vereinbar. Die Regelung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG, wonach die länger bestehende Spielhalle Vorrang habe, sei aber verfassungswidrig. Die Antragstellerin sei in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1, 3 Abs. 1 GG verletzt. Daraus ergebe sich der zu sichernde Anspruch der Antragstellerin auf eine neue Entscheidung in einem nach rechtmäßigen Kriterien durchzuführenden Auswahlverfahren. Es liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor, da die Anwendung des in Rede stehenden Anciennitätsprinzips dazu führe, dass die Gruppe von Betreibern von älteren Bestandsspielhallen gegenüber der Gruppe von Betreibern von jüngeren Bestandsspielhallen evident ungleich behandelt werde. Das Abstellen allein auf das in § 9 Abs. 4 HmbSpielhG gewählte Auswahlkriterium des Alters des Spielhallenbetriebs rechtfertige die ungleiche Behandlung der Normadressaten nicht. Es fehle dem Kriterium bereits an einer inneren Rechtfertigung. Die Regelungen des HmbSpielhG beruhten auf der Erkenntnis der Sozialschädlichkeit des Spielhallenbetriebs. Daher sei es nicht überzeugend, wenn der Gesetzgeber gerade den Spielhallenbetreiber durch Einräumung eines Vorrangs in der Auswahl „prämiere“, der sein Gewerbe an einem Standort ausübe, an dem das sozialschädliche Verhalten vergleichsweise am längsten praktiziert werde. Es bestehe auch kein sachlicher Anknüpfungspunkt für die Zuerkennung besonderen Bestands- oder Vertrauensschutzes. Das Motiv des Gesetzgebers für das Abstellen auf den älteren Standort, nämlich der Schutz familiengeführter einzelkaufmännischer Spielhallenbetriebe, sei eine bloße Fiktion. Solche Unternehmen stellten eher eine Ausnahme dar. Auch sei sachlich nicht zu begründen, weshalb sie derart privilegiert werden dürften. Weiter lasse sich nicht begründen, weshalb diese Privilegierung in einer relativ großen Zahl von Fällen solchen Betreibern zu Gute komme, die eine derartige Unternehmensgeschichte nicht aufwiesen.

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Dem Anciennitätsprinzip fehle es an jeglicher Verbindung zu den gesetzgeberischen Zielen des HmbSpielhG sowie des GlüStV. Es sei ein formales Kriterium, welches - nicht anders als das Losverfahren - maßgeblich vom Zufall bestimmt werde. Zudem kollidiere das Anciennitätsprinzip als alleiniges Auswahlkriterium mit der grundrechtlich geschützten Position der Spielhallenbetreiber auf bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität. Diesen Aspekt habe das Bundesverfassungsgericht im Sinne eines Optimierungsanspruchs ausdrücklich hervorgehoben. Das Auswahlkriterium werde dem nicht gerecht. So könne ggf. eine Alt-Spielhalle nach verschiedenen Seiten mehr an jüngeren Standorten betriebene Spielhallen verdrängen als dies bei einem von sachlich gerechtfertigten Kriterien bestimmten Auswahlverfahren der Fall wäre.

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Das Auswahlkriterium werde auch der verfassungsrechtlich verlangten Differenzierung der Auswahlentscheidungen nicht gerecht. Die Antragsgegnerin werde mit einer vergleichsweise hohen Zahl in der Auswahl konkurrierender Bewerber konfrontiert. Diese wiesen unterschiedliche ökonomische Kennziffern und Unterschiede in der Erfüllung der normativen Vorgaben an die Bekämpfung oder Vermeidung der Spielsucht auf. Daher sehe sich die Antragsgegnerin bei der zu treffenden Auswahlentscheidung einem in normativer wie empirisch-ökonomischer Hinsicht hochkomplexen Datenbestand gegenüber. Das Bundesverfassungsgericht begründe mit den Schwierigkeiten und der Komplexität der Bewältigung der vielgestaltigen Auswahlkonstellationen anhand sachgerechter Kriterien erhebliche Abstriche an die fundamentale verfassungsrechtliche Forderung des Gesetzesvorbehalts. Gemessen daran sei es „unterkomplex“ und werde den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht ansatzweise gerecht, lediglich auf ein Kriterium abzustellen, das sachlich zudem fragwürdig sei. Dass das Bundesverfassungsgericht es nicht für erforderlich halte, Auswahlkriterien im Gesetz zu regeln, führe zu keiner anderen verfassungsrechtlichen Bewertung. Hier gebe es im HmbSpielhG eine gesetzliche Regelung, die die Auswahl, für die Behörden bindend, selbst und lediglich nach einem Kriterium treffe.

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Es sei zweifelhaft, ob mit dem Anciennitätsprinzip tatsächlich ein transparentes und aus sich heraus plausibles Kriterium gefunden worden sei. Aus den zahlreichen bei der Kammer anhängigen Verfahren ergebe sich die Schwierigkeit, den ältesten Standort überhaupt stichhaltig zu ermitteln. Daher verliere dieses Kriterium in dem Maße an Plausibilität und nähere sich der Willkür an, in dem sich das Alter der konkurrierenden Spielhallenstandorte gleiche. So sei es sachlich nicht begründbar, weshalb z.B. ein Betreiber an einem Standort, an welchem im Februar 1955 ein Spielhallenbetrieb dokumentiert sei, gegenüber einem Betreiber, an dessen Standort dies erst im Jahr 1956 der Fall gewesen sei, privilegiert werden solle. Wegen der auffälligen Defizite an Plausibilität und Transparenz werde der mit dem Anciennitätsprinzip fraglos verbundene Vorzug einer verfahrensökonomischen Bewältigung der Auswahlentscheidung mit nicht hinnehmbaren Abstrichen an eine verfassungsrechtlich tragfähige Begründung „erkauft“. Die Ungleichbehandlung werde von den Spielhallenbetreibern nicht als gerecht empfunden. Im Übrigen werde auf die hessische Praxis verwiesen, in der bestimmte unterschiedlich stark gewichtete Kriterien durch Punkte bewertet würden. Die Antragstellerin könne sich auch auf einen Anordnungsgrund stützen.

25

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin.

26

Die Antragstellerin tritt der Beschwerde entgegen.

II.

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A Mit ihrer Beschwerdebegründung, auf die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO abzustellen ist, hat die Antragsgegnerin die Entscheidung des Verwaltungsgerichts hinreichend in Zweifel gezogen. Sie hat u.a. eingewandt, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei § 9 Abs. 4 HmbSpielhG verfassungsgemäß. Bei einer Vorrangentscheidung zwischen konkurrierenden Spielhallen könnten der Grundsatz des Vertrauens- und Bestandsschutzes und das Anciennitätsprinzip nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigt werden. Die vom Verwaltungsgericht alternativ in Betracht gezogenen ökonomischen Kriterien oder z.B. Aspekte des Jugend- und Spielerschutzes seien für eine Auswahlentscheidung nicht praktikabel. Mit ihrem Vortrag hat die Antragsgegnerin daher die Wertung des Verwaltungsgerichts mit beachtlichen Argumenten ernstlich in Zweifel gezogen.

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B Damit ist das Beschwerdegericht verpflichtet, über die Beschwerde ohne die aus § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO folgende Beschränkung auf die Beschwerdebegründung zu entscheiden. Danach sind die Anträge der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Wesentlichen zulässig, haben aber in der Sache keinen Erfolg.

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1. Die Anträge sind mit Ausnahme des 1. Hilfsantrags zulässig.

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Der Hauptantrag der Antragstellerin und der 2. und 3. Hilfsantrag sind nach §§ 122 Abs. 1, 88 Abs. 1 VwGO dahingehend zu verstehen, dass sie darauf gerichtet sind, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Betrieb ihrer Bestandsspielhalle in der X-Straße in Hamburg nach Ablauf der bis zum 31. Dezember 2017 erfolgten Duldung des Betriebs bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihren Antrag auf Weiterbetrieb vorläufig weiter zu dulden, ohne dass die Antragstellerin die Einleitung eines ordnungsrechtlichen Verfahrens mit dem Ziel der Schließung der Spielhalle oder eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens wegen Betreibens einer Spielhalle ohne die erforderliche Erlaubnis befürchten muss. Dies schließt das (wohl mit dem 2. Hilfsantrag der Sache nach verfolgte) Rechtsschutzziel ein, vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihren Erlaubnisantrag die Spielhalle ohne die erst im Hauptsacheverfahren zu erstreitende Erlaubnis weiter betreiben zu können. Dieses Rechtsschutzziel ist durch eine Sicherungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu erreichen.

31

Der 1. hilfsweise gestellte Antrag, festzustellen, dass das Fehlen einer rechtlichen Erlaubnis die Antragstellerin bis zu einer Änderung der Sach- und Rechtslage nicht daran hindert, ihre Spielhalle am Standort X-Straße in Hamburg weiter zu betreiben, ist vor dem Hintergrund des oben dargestellten Rechtsschutzziels unzulässig. Der Feststellungsantrag wäre in der Hauptsache nach § 43 Abs. 2 VwGO subsidiär gegenüber dem mit der anhängigen Klage verfolgten Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsbegehren.

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2. Der so verstandene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat in der Sache keinen Erfolg. Die Antragstellerin dürfte nicht verlangen können, dass der Antragsgegnerin nach § 123 Abs. 1 VwGO aufgegeben wird, den Weiterbetrieb ihrer Spielhalle am Standort X-Straße in Hamburg vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über ihren Erlaubnisantrag nach dem 1. Januar 2018 zu dulden. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1, Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

33

Das in der Hauptsache (17 K 9168/17) geltend gemachte Begehren, die Antragsgegnerin unter Aufhebung des Bescheids vom 17. Juli 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Oktober 2017 zu verpflichten, ihr die glücksspielrechtliche Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle X-Straße in Hamburg zu erteilen, und den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17. Juli 2017 und den Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2017, soweit der Firma A. GmbH eine Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle X-Straße in Hamburg erteilt wurde, aufzuheben, dürfte keinen Erfolg haben.

34

Sie hat voraussichtlich keinen nach § 123 Abs. 1 VwGO sicherungsbedürftigen Anspruch auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG. Die Antragsgegnerin dürfte zu Recht davon ausgegangen sein, dass der Erteilung einer solchen Erlaubnis ein Versagungstatbestand entgegensteht.

35

Nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG bedarf derjenige, der eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen nach § 1 Absatz 2 HmbSpielhG betreiben will, der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis nach diesem Gesetz gilt zugleich als Erlaubnis nach Artikel 1 § 24 des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (HmbGVBl. 2012 S. 240). Für jeden Spielhallenstandort darf nur ein Unternehmen nach § 1 Absatz 2 HmbSpielhG zugelassen werden (Verbot von Mehrfachkonzessionen, § 2 Abs. 2 Satz 1 HmbSpielhG). Der Abstand zu weiteren Unternehmen nach § 1 Absatz 2 HmbSpielhG soll 500m nicht unterschreiten (Satz 2). Innerhalb der in § 1 Nrn. 1 und 2 der Verordnung über Werbung mit Wechsellicht vom 28. April 1981 (HmbGVBl. S. 91) in der jeweils geltenden Fassung genannten Gebiete soll der Abstand von 100m nicht unterschritten werden (Satz 3). Unternehmen nach § 1 Absatz 2 HmbSpielhG sollen auch nicht in räumlicher Nähe von Einrichtungen eröffnet werden, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern und Jugendlichen aufgesucht werden (Satz 4). Nach § 2 Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielhG ist die Erlaubnis insbesondere zu versagen, wenn der Abstand zu weiteren Unternehmen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG oder zu von Kindern und Jugendlichen aufgesuchten Einrichtungen unterschritten wird.

36

Die Antragstellerin bedarf einer Spielhallenerlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG. Sie betreibt eine Spielhalle, die bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestand und für die zum maßgeblichen Zeitpunkt eine Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden war. Diese galt nach § 9 Abs. 1 Satz 1 HmbSpielhG bis zum 30. Juni 2017 als mit dem HmbSpielhG vereinbar und stellt daher ein Bestandsunternehmen dar (vgl. auch § 9 Abs. 6 Satz 1 HmbSpielhG). Der Weiterbetrieb ist nur mit einer (Weiterbetriebs-) Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG zulässig.

37

Eine solche Weiterbetriebserlaubnis dürfte der Antragstellerin nicht zu erteilen sein. Die Voraussetzungen für eine Versagung der Erlaubnis nach § 2 Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielhG dürften vorliegen. Die Bestandsspielhalle der Antragstellerin verstößt gegen das Abstandsgebot des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG (a). Sie kann nicht wegen des Alters des Standortes ihrer Spielhalle nach der für konkurrierende Bestandsspielhallen geltenden Auswahlregelung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG den Weiterbetrieb beanspruchen (b). Die Voraussetzungen für die Gewährung des Weiterbetriebs unter Abweichung vom Abstandsgebot wegen einer unbilligen Härte nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG liegen nicht vor (c).

38

a) Dem Betrieb der Antragstellerin steht das in § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG geregelte Abstandsgebot von 500m zwischen Spielhallen entgegen. Die Spielhalle liegt ausweislich der Messung vom 31. Januar 2017 in einem Abstand von 338m zur konkurrierenden Bestandsspielhalle der A. GmbH.

39

Die Abstandsregelung des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG ist im Fall der Antragstellerin anwendbar.

40

aa) § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG ist verfassungsgemäß.

41

(1) Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 7. März 2017 (1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 97 ff.) festgestellt, dass das Verbot des Verbundes mehrerer Spielhallen, das Abstandsgebot und die Übergangsregelungen formell mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht zur formellen Verfassungsmäßigkeit des § 25 Abs. 1 und 2 GlüStV sowie zu den Mindestabstandsgeboten in § 2 Abs. 1 Satz 3 Spielhallengesetz Berlin und in § 3 Abs. 2 Nr. 2 Saarländisches Spielhallengesetz sowie zur Reglung des § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV i.V.m. Art. 11 BayAGGlüStV entschieden, dass diese Regelungen dem Recht der Spielhallen im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuzuordnen und sind und daher in die Kompetenz des Landesgesetzgebers fallen. Diesen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts folgt das Beschwerdegericht (vgl. auch OVG Hamburg, Urt. v. 7.2.2018, 4 Bf 217/17, juris Rn. 92 m.w.N.).

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(2) Die Bestimmungen sind auch materiell mit der Verfassung vereinbar.

43

(aa) Das Abstandsgebot des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG ist hinreichend bestimmt und nicht widersprüchlich (siehe dazu unter bb) (1)).

44

(bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind das Verbundverbot, das Abstandsgebot und die Übergangsregelungen mit Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Zur Begründung hat das Bundesverfassungsgericht insbesondere ausgeführt, dass die Regelungen in Berlin und im Saarland zum Verbundverbot und zu den Abstandsgeboten den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG an eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung genügten. Die Regelungen dienten mit der Vermeidung und Abwehr der vom Glücksspiel in Spielhallen ausgehenden Suchtgefahren und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen einem besonders wichtigen Gemeinwohlziel, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen, ihre Familien und die Gemeinschaft führen könne. Mit dem Verbundverbot und dem Abstandsgebot werde das Ziel der Spielsuchtbekämpfung durch eine Beschränkung des insgesamt verfügbaren Spielhallenangebots verfolgt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris, Rn. 131 ff.). Zweck u.a. des Abstandsgebots zu anderen Spielhallen sei die Herbeiführung einer Begrenzung der Spielhallendichte und damit eine Beschränkung des Gesamtangebots an Spielhallen. Diese Einschätzungen der Gesetzgeber seien nicht offensichtlich fehlerhaft. Die Gesetzgeber hätten im Rahmen des ihnen zustehenden und nur in begrenztem Umfang überprüfbaren Einschätzungs- und Prognosespielraums auch davon ausgehen dürfen, dass das Verbundverbot und die Abstandsgebote geeignete und erforderliche Mittel zur Bekämpfung der Spielsucht darstellten. Das Verbundverbot und die Abstandsgebote seien auch angemessen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 142, 148 ff.). Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere der Eingriffe und dem Gewicht und der Dringlichkeit der sie rechtfertigenden Gründe wahrten die gesetzlichen Regelungen unter Berücksichtigung der weiteren einschränkenden Regelungen des Spielhallenrechts insgesamt die Grenze der Zumutbarkeit und belasteten die Betroffenen nicht übermäßig (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 169).

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Das Abstandsgebot ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch konsequent am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 141 ff.). Das Abstandsgebot bewirkt keine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern gegenüber den Betreibern von Spielbanken und von Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind. Die Regelungen sind konsequent am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet, auch wenn Spielhallen, Spielbanken und Gaststätten verschiedenen Regelungen unterworfen sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 122 ff., 141-147; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, BVerwGE 157, 127, juris Nr. 51 ff. m.w.N.). Denn der Betrieb der Spielbanken und von Spielhallen sind in je eigener Weise an den in § 1 GlüStV benannten Zielen, insbesondere der Bekämpfung der Glücksspielsucht und der Begrenzung und Kanalisierung des Spieltriebs ausgerichtet. Diesen Ausführungen schließt sich das Beschwerdegericht an. Die Wertungen sind auf die Bestimmungen des HmbSpielhG - insbesondere hier das Abstandsgebot und Verbundverbot - übertragbar (vgl. auch OVG Hamburg, Urt. v. 7.2.2018, 4 Bf 217/17, juris Rn. 98 ff., Rn. 106 ff. zur Gerätereduzierungspflicht).

46

Gegen die konsequente Verfolgung des gesetzgeberischen Ziels der Regulierung des Automatenspiels zur Glücksspielprävention spricht auch nicht die Behauptung der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe kürzlich eine aus sieben Hallen bestehende Mehrfachspielhalle in Hamburg-Bergedorf nach den Bestimmungen des neuen HmbSpielhG entgegen § 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2 HmbSpielhG zugelassen. Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsätzen vom 17. und vom 22. Mai 2018 dazu ausgeführt, es seien bezogen auf das gesamte Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg für einen Standort sechs Spielhallenerlaubnisse nach der Härteregelung des § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG im Befreiungswege erteilt worden, außerdem für einen weiteren Standort eine Erlaubnis. Die Erlaubnisse seien befristet bis zum 1. März 2019 bzw. bis zum 31. Dezember 2018. Weitere Erlaubnisse im Befreiungswege seien nicht erfolgt. Aus der niedrigen Zahl der zudem zeitnah befristeten Erlaubniserteilungen im Wege der Befreiung von den strengen Anforderungen des HmbSpielhG lässt sich nicht der Schluss ziehen, die Antragsgegnerin erlaube faktisch entgegen den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 2 Abs. 2, 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG in einer maßgeblichen Zahl von Fällen weiterhin Mehrfachspielhallen in Hamburg durch missbräuchliche Anwendung der Härtefallregelung. Aus welchem Grund in den oben genannten Fällen Zweifel an den Voraussetzungen für eine unbillige Härte gegeben sind, wie die Antragstellerin pauschal behauptet, legt diese nicht dar.

47

bb) Das in § 2 Abs. 2 HmbSpielhG normierte Abstandsgebot verstößt auch nicht gegen unionsrechtliche Bestimmungen.

48

Es ist bereits zweifelhaft, ob Art. 56 AEUV hier Anwendung findet. Dagegen spricht, dass der Gewährleistungsgehalt der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit nur dann eröffnet ist, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. Dafür reicht es nicht aus, dass die Antragstellerin, andere Spielhallenbetreiber oder Kunden ihrer Spielhallen theoretisch von dieser unionsrechtlichen Grundfreiheit Gebrauch machen könnten (vgl. i.E. offenlassend: BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, BVerwGE 157, 127, juris Rn. 83 m.w.N.). Bei der Antragstellerin handelt es sich um eine nach deutschem Recht gegründete juristische Person mit Sitz in Deutschland; ihre Spielhalle wird in Deutschland betrieben. Für einen den Anwendungsbereich von Art. 56 AEUV eröffnenden grenzüberschreitenden Sachverhalt hat die Antragstellerin bezogen auf ihren Betrieb auch mit der Beschwerdebegründung nichts vorgetragen. Dass sie oder im Ausland ansässige Betreiber einen grenzüberschreitenden Handel mit Geldspielgeräten oder deren Betrieb in anderen Mitgliedsstaaten bzw. in Deutschland im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urt. v. 30.6.2016, C-464/15, juris) beabsichtigen könnten, lässt sich nicht feststellen. Im Ergebnis kann dies jedoch offenbleiben.

49

Jedenfalls genügt die Regelung den Anforderungen an die Bestimmtheit, Geeignetheit und Kohärenz einer Beschränkung der in Art. 56 AEUV garantierten unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit.

50

(1) Die Einwände der Antragstellerin, bereits die Bestimmtheit der Regelung sei aus unionsrechtlicher Sicht zu beanstanden, überzeugen nicht.

51

Die Antragstellerin macht geltend, die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG i.V.m. § 2 Abs. Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielhG sei für den Anwender nicht klar und in ihren Auswirkungen nicht vorhersehbar, weil nach der erstgenannten Vorschrift der Abstand zu weiteren Unternehmen 500m nicht unterschreiten „solle“, während in der letztgenannten Vorschrift ausgeführt ist, die Erlaubnis „sei“ insbesondere zu versagen, wenn der Abstand zu weiteren Unternehmen „unterschritten werde“. Dies sei widersprüchlich.

52

Anhaltspunkte dafür, dass dieser Vortrag eine Unionsrechtswidrigkeit rechtfertigen könnte, sind nicht ersichtlich.

53

Nach den unionsrechtlichen Maßstäben, die denjenigen zur verfassungsrechtlich geforderten Bestimmtheit entsprechen, müssen gesetzliche Regelungen, damit sie dem Grundsatz der Gleichbehandlung und dem daraus folgenden Transparenzgebot genügen, auf objektiven, nichtdiskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruhen, damit u.a. der Ausübung des Ermessens durch die Behörden hinreichend Grenzen gesetzt werden, die seine missbräuchliche Ausübung verhindern (vgl. EuGH, Urt. v. 22.1.2015, C-463/13, juris, Rn. 38; vgl. auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 4.9.2017, 11 ME 206/17, juris Rn. 31). Das unionsrechtliche Transparenzgebot dient in erster Linie dazu, für die Betroffenen deutlich zu machen, nach welchen Kriterien eine (Auswahl-) Entscheidung getroffen werden wird und soll ferner die Gefahr von Günstlingswirtschaft und Willkür seitens der Behörde ausschließen (vgl. in Bezug auf die Vergabe von Konzessionen: EuGH, Urt. v. 22.6.2017, C-49/16, juris Rn. 43, 46). Diese Anforderungen dürften die hier relevanten Regelungen erfüllen.

54

§ 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 HmbSpielhG ermöglicht seinem Wortlaut nach („soll“) in einzelnen, z.B. durch städtebauliche oder geländebezogene Besonderheiten ausgewiesenen Fällen ein Abweichen von der mindestens einzuhaltenden Entfernung von 500m bzw. 100m zwischen Spielhallen mit der Folge, dass in atypischen Ausnahmefällen von dem Gebot abgewichen werden kann (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 21.1.2016, 4 Bs 90/15, juris Rn. 40). Ein Anwendungsfall dürfte ferner die für Bestandsspielhallen geltende Regelung des § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG sein, die in Härtefällen ein Abweichen von § 2 Abs. 2 Satz 2 und 3 HmbSpielhG ermöglicht. Im Hinblick auf den Regelungsgehalt des § 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 GlüStV, den § 2 Abs. 2 HmbSpielhG umsetzt, ist die Soll-Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG eng auszulegen. Die Reichweite von gebundenen Regelungen und denjenigen, die in atypischen Fällen ein Abweichen von den grundsätzlich geltenden Anforderungen vorsehen („Soll-Regelungen“), lässt sich mithilfe der allgemeinen Auslegungsregelungen bestimmen und ist daher nicht unklar. Auch die Rechtsfolge ist nicht unbestimmt oder nicht vorhersehbar: Liegt ein atypischer Fall vor, der ein Abweichen von dem Abstandsgebot rechtfertigt, steht der Erlaubniserteilung nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG der Versagungsgrund des § 2 Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielhG nicht entgegen.

55

Die Antragstellerin weist weiter darauf hin, auch § 2 Abs. 2 Satz 4 HmbSpielhG sei insoweit widersprüchlich, als die Regelung als Sollvorschrift ausgestaltet sei und andererseits die Erlaubnis nach § 2 Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielhG zwingend zu versagen sei, wenn die räumliche Nähe zu Kinder- und Jugendeinrichtungen bestehe. Zudem habe die Antragsgegnerin Erlaubnisse an konkurrierende Bestandsspielhallen erteilt und dabei das gesetzlich zwingend vorgesehene Ausschlusskriterium des Abstands zu Kinder- und Jugendeinrichtungen in § 2 Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielhG ausdrücklich unberücksichtigt gelassen. Dies ergebe sich aus ihr vorliegenden Schreiben und Bescheiden.

56

Diese Einwände überzeugen bereits aus den oben dargestellten Gründen nicht. Liegt ein Sachverhalt vor, der Anlass gibt, von dem Tatbestandsmerkmal der fehlenden räumlichen Nähe abzuweichen (vgl. dazu auch Bü-Drs. 20/5877, S. 26; Bü-Drs. 20/9859), ist nach der Systematik der Versagungstatbestand des § 2 Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielhG nicht gegeben.

57

Soweit die Antragsgegnerin Betreibern von Bestandsspielhallen, die in räumlicher Nähe zu Kinder- und Jugendeinrichtungen liegen, Erlaubnisse erteilt hat, wird damit keine nicht am Spielerschutz orientierte und damit nicht kohärente Verwaltungspraxis belegt. Es dürfte sich bereits aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 4 HmbSpielhG („eröffnet“) hinreichend deutlich ergeben, dass die Bestimmung für diejenigen (Neu-) Spielhallen gilt, die nicht unter die Regelung des § 9 Abs. 1, 4 und 6 HmbSpielhG fallen. Alt- oder Bestandsspielhallen wurden bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits betrieben und sind keine Spielhallen, für die eine erstmalige Erlaubnis erteilt und damit ein Standort „eröffnet“ wird, der den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 4 HmbSpielhG genügen muss.

58

Auch im Übrigen sind keine Anhaltspunkte für eine fehlende Bestimmtheit oder Transparenz gegeben. Die Erlaubniserteilung nach § 2 HmbSpielhG steht nicht im Ermessen der zuständigen Behörden. In Bezug auf § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG, der eine Ermessensentscheidung vorsieht, besitzen die zuständigen Behörden hinsichtlich der seit dem 1. Juli 2017 notwendigen Entscheidung einen Ermessensspielraum, der ggf. gerichtlich prüfbar ist (vgl. zum GlüStV und auch zum dortigen Landesrecht, auch bzgl. der Auswahlkriterien: OVG Lüneburg, Beschl. v. 4.9.2017, 11 ME 206/17, juris Rn. 31; OVG Münster, Beschl. v. 8.6.2017, 4 B 307/17, juris Rn. 61). Unbestimmte Rechtsbegriffe wie eine „unbillige Härte“ oder das Vorliegen eines atypischen Sachverhalts sind uneingeschränkt juristisch überprüfbar.

59

(2) Das Abstandsgebot wird auch den Anforderungen des Gerichtshofs der Europäischen Union an die staatliche Bekämpfung der Spielsucht im nicht monopolisierten Bereich gerecht.

60

Danach ist die Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit der Unionsrechtsordnung (Art. 56, 49 AEUV) nur dann gerechtfertigt, wenn die restriktive Maßnahme einem zwingenden Grund des Allgemeininteresses wie dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung (einschließlich der Bekämpfung der Spielsucht), der Betrugsvorbeugung oder der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen entspricht und geeignet ist, die Verwirklichung dieses Ziels dadurch zu gewährleisten, dass sie dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten im Glücksspiel in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hier der Fall (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u. a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 124, unter Hinweis auf Rspr. des EuGH). Das Bundesverwaltungsgericht hat ebenfalls in Bezug auf das hinsichtlich der hier relevanten Regelungen inhaltlich identische Spielhallengesetz Berlin ausgeführt, dass dieses nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot unanwendbar wäre. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen lediglich „scheinheilig“ zur Suchtbekämpfung eingeführt worden wären, tatsächlich aber einem anderen – insbesondere fiskalischen – Zweck dienten. Zu ihnen gebe es auch bereichsübergreifend keine gegenläufigen landesgesetzlichen Regelungen oder eine sie konterkarierende Politik, für die zu prüfen wäre, ob sie die Wirksamkeit der für Spielhallen geltenden Einschränkungen beeinträchtigen könnten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 84 ff.; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 17.3.2017, 1 BvR 1415/12 u.a., juris Rn. 141 ff., s.o.). Diesen rechtlichen und tatsächlichen Wertungen folgt das Beschwerdegericht. Sie lassen sich auf die Situation in Hamburg übertragen (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 7.2.2018, 4 Bf 217/17, juris Rn. 106 ff., 149 ff. m.w.N., zum Werbeverbot Rn. 209 f., zum behaupteten Vollzugsdefizit Rn. 114).

61

Soweit die Antragstellerin auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 14. Juni 2017 (C-685/15, juris) verweist, wonach

62

„die Art. 49 und 56 AEUV im Licht des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Verfahrensregelung, nach der in Verwaltungsstrafverfahren das Gericht, das darüber zu entscheiden hat, ob eine die Ausübung einer Grundfreiheit der Europäischen Union wie der Niederlassungsfreiheit oder des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Europäischen Union beschränkende Regelung mit dem Unionsrecht vereinbar ist, bei der Prüfung des Vorliegens von Verwaltungsübertretungen die Umstände der bei ihm anhängigen Rechtssache von Amts wegen zu ermitteln hat, nicht entgegenstehen, sofern diese Regelung nicht zur Folge hat, dass das Gericht an die Stelle der zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats zu treten hat, denen es obliegt, die Beweise vorzulegen, die erforderlich sind, damit das Gericht prüfen kann, ob die Beschränkung gerechtfertigt ist“,

63

ist nicht ersichtlich, inwieweit diese zu einem anderen Sachverhalt ergangene Rechtsprechung auf den hier vorliegenden Fall übertragbar ist, ein Aufklärungsdefizit der Antragsgegnerin belegt und den Schluss rechtfertigt, diese habe die Erforderlichkeit eines Eingriffs in Grundfreiheiten nicht konkret nachgewiesen und sie bekämpfe die von Geldspielgeräten ausgehenden Suchtgefahren nicht systematisch und kohärent.

64

cc) Im Fall der Antragstellerin ist das Mindestabstandsgebot von 500m zu beachten. Anhaltspunkte für eine atypische Lage der Spielhallen, die nach § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG eine Abweichung von dem Abstand von 500m rechtfertigen könnte, sind nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich.

65

b) Der Erteilung einer Erlaubnis zum Weiterbetrieb der Spielhalle der Antragstellerin steht entgegen, dass außer ihr mehrere konkurrierende Bestandsspielhallen den Mindestabstand von 500m nicht einhalten und der konkurrierenden Spielhalle der A. GmbH bei der Auswahl wegen des Alters der Spielhalle Vorrang zukommt.

66

§ 9 Abs. 4 HmbSpielhG bestimmt:

67

„Wird der Mindestabstand nach § 2 Absatz 2 zwischen bestehenden Unternehmen nach § 1 Absatz 2 nicht eingehalten, hat die länger bestehende Spielhalle Vorrang, ansonsten ist die Gewerbeanmeldung maßgeblich.“

68

Bei der Bestimmung handelt es sich um einen Eingriff in die Berufsfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG, da die der Auswahl dienende Anwendung der Vorschrift dazu führt, dass danach „jüngeren“ Bestandsspielhallen keine Weiterbetriebserlaubnis erhalten können.

69

Die Auswahlregelung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG findet hier zu Lasten der Antragstellerin Anwendung. Sie dürfte hinreichend bestimmt (aa) und auch im Übrigen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sein (bb). Bei der Auswahl nach dem Alter des Standortes sind die Spielhallen der Antragstellerin nicht zu berücksichtigen (cc).

70

aa) Die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin kann sich auf gesetzliche Grundlagen stützen, die dem Bestimmtheitsgebot sowie dem Vorbehalt des Gesetzes genügen.

71

(1) Das Bestimmtheitsgebot stellt sicher, dass Regierung und Verwaltung im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und dass die Richter eine wirksame Rechtskontrolle durchführen können. Ferner erlauben es Bestimmtheit und Klarheit der Norm, dass sich die betroffenen Bürger auf mögliche belastende Maßnahmen einstellen können. Der Gesetzgeber ist gehalten, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Welche Anforderungen an die Bestimmtheit gesetzlicher Regelungen zu stellen sind, richtet sich auch nach der Intensität der durch die Regelung oder aufgrund der Regelung erfolgenden Grundrechtseingriffe. Es reicht aus, wenn sich im Wege der Auslegung der einschlägigen Bestimmungen mithilfe der anerkannten Auslegungsregeln feststellen lässt, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die in der Rechtsnorm ausgesprochene Rechtsfolge vorliegen. Verbleibende Ungewissheiten dürfen nicht so weit gehen, dass die Vorhersehbarkeit und Justiziabilität des Handelns der durch die Normen ermächtigten staatlichen Stellen gefährdet ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 125).

72

Der Vorbehalt des Gesetzes erschöpft sich nicht in der Forderung nach einer gesetzlichen Grundlage für Grundrechtseingriffe. Er verlangt vielmehr auch, dass alle wesentlichen Fragen vom Gesetzgeber selbst entschieden und nicht anderen Normgebern überlassen werden, soweit sie gesetzlichen Regelungen zugänglich sind. Wieweit der Gesetzgeber die für den jeweils geschützten Lebensbereich wesentlichen Leitlinien selbst bestimmen muss, lässt sich dabei nur mit Blick auf den Sachbereich und die Eigenart des Regelungsgegenstandes beurteilen. Bei Auswahlentscheidungen muss der Gesetzgeber selbst die Voraussetzungen bestimmen, unter denen der Zugang zu eröffnen oder zu versagen ist, und er muss ein rechtsstaatliches Verfahren bereitstellen, in dem hierüber zu entscheiden ist. Es genügt, dass sich die erforderlichen Vorgaben mit Hilfe allgemeiner Auslegungsgrundsätze erschließen lassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u. a., NVwZ 2027, 1111, juris Rn. 125, 182 ff. m.w.N.; OVG Bautzen, Beschl. v. 22.12.2017, 3 B 320/17, juris Rn. 11).

73

Diese Maßstäbe hat das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf notwendig werdende Auswahlentscheidungen bei Unterschreiten des Abstandsgebots konkretisiert: Fehlen Kriterien für die bei der Entscheidung über die Wiedererteilung nach Ablauf der Übergangsfrist erloschener Erlaubnisse zu treffende Auswahl zwischen bestehenden Spielhallen mit Altgenehmigungen, die zueinander den Mindestabstand von 500m nicht einhalten, würde dies nicht gegen den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes verstoßen. Zwar ist der Entzug der Gewerbeerlaubnis wegen des drohenden völligen oder teilweisen Verlusts der beruflichen Betätigungsmöglichkeit von erheblichem Gewicht. Allerdings ist die Belastung des Eingriffs in die Berufsfreiheit in zweifacher Weise abgemildert, und zwar durch die fünfjährige Übergangsfrist und die Möglichkeit einer Härtefallbefreiung bei der Entscheidung über die Wiedererteilung nach Fristablauf (vgl. zum Saarländischen Glücksspielrecht: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 183 m.w.N.; vgl. auch BayVerfGH, Entscheidung vom 28.6.2013, Vf. 10-VII-12 u.a., NVwZ 2014, S. 141, juris Rn. 88, 96; StGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, juris Rn. 356 ff.). Zudem geht es nur um eine Überleitungsregelung für eine bestimmbare Anzahl von Bestandsspielhallen, nicht um die grundsätzliche und allgemeine Zuordnung unterschiedlicher Grundrechtspositionen für eine unbestimmte Vielzahl von zukünftigen Auswahlentscheidungen.

74

Der Gesetzgeber kann die Bewältigung der vielgestaltigen Auswahlkonstellationen anhand sachgerechter Kriterien den zuständigen Behörden überlassen, da eine ausdrückliche gesetzliche Regelung nur ein geringes Mehr an Bestimmtheit und Rechtsklarheit schaffen könnte. Auch soweit etwa in Innenstädten oder Stadtteilzentren aufgrund der dort bestehenden Gemengelage eine Vielzahl von Konkurrenzsituationen aufgelöst werden muss, erfordert der Vorbehalt des Gesetzes daher jedenfalls derzeit keine ausdrückliche gesetzgeberische Festlegung der maßgeblichen Auswahlparameter (vgl. BVerfG, a.a.O., juris Rn. 185 f.; vgl. in diesem Sinne auch BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, BVerwGE 157, 127, juris Rn. 56, 58). Die ohnehin geforderte Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Positionen der Spielhallenbetreiber gebietet es auch ohne eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung, dass sich die zuständigen Behörden eines Verteilmechanismus bedienen, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem maßgeblichen Gebiet ermöglicht (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 185).

75

(2) Der Eingriff in die Berufsfreiheit durch die Auswahlregelung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG genügt diesen Maßstäben.

76

(a) Die Auswahlentscheidung ist im HmbSpielhG gesetzlich geregelt. Das HmbSpielhG sieht im Hinblick auf die notwendige Auswahl zwischen denjenigen mittelbar und unmittelbar in Zusammenhang stehenden Bestandsspielhallen, die den in § 2 Abs. 2 HmbSpielHG vorgesehenen Abstand unterschreiten, eine Auswahlentscheidung vor, die sich nach dem Alter der Spielhalle, hilfsweise dem der Gewerbeanmeldung oder bei gleichem Alter der Gewerbeanmeldung nach dem Los (§ 9 Abs. 6 Satz 5 HmbSpielhG) bestimmt. Der Gesetzgeber hat damit eine eigenständige Regelung zur Auflösung der Konkurrenzlagen getroffen und davon abgesehen, die Auswahl- oder Konkurrenzentscheidung im Rahmen einer Einzelfallentscheidung über die Erteilung der Erlaubnis oder wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte im Sinne des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV zu regeln bzw. zu treffen (vgl. dazu OVG Lüneburg, Beschl. v. 4.9.2017,11 ME 330/17, juris Rn. 16, 17; vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 22.12.2017, 3 B 320/13, juris Rn. 14).

77

(b) Gegen die Bestimmtheit der Regelung bestehen keine Bedenken. Die Kriterien für die Auswahlentscheidung lassen sich hinreichend deutlich dem Gesetz entnehmen. Geregelt ist der Vorrang der „länger bestehenden Spielhalle“, ansonsten der Spielhalle mit der ältesten Gewerbeanmeldung. Ist eine Klärung des Alters des Standortes wegen gleichlautender Daten nicht möglich, entscheidet das Los. Bereits dem Wortlaut lässt sich entnehmen, dass es auf das Alter des Spielhallenstandortes (bzw. der Gewerbeanmeldung) ankommt, nicht auf dasjenige der vor dem 28. Oktober 2011 erteilten Spielhallenerlaubnis nach § 33i GewO. Dies deckt sich mit der Gesetzesbegründung, die dem Gesetzgeber im Jahr 2012 bei der Beschlussfassung der Regelung vor Augen stand. Dort heißt es:

78

Absatz 4 regelt den Bestandsschutz. Beim Bestandsschutz hat die ältere Spielhalle Vorrang. Maßgeblich ist in erster Linie die Nutzung des Standortes und nicht das Alter der Erlaubnis, weil sonst hierdurch die als Einzelkaufmann geführten Familienbetriebe einen Nachteil hätten.... In zweiter Linie ist bei gleichem Alter, das insbesondere bei neuen Mehrfachkonzessionen sein kann, das Datum der Gewerbeanzeige bzw. ihre Nummerierung maßgeblich. ...“ (Bü-Drs. 20/5877, S. 31).

79

Danach kommt es darauf an, wann der Standort erstmals für stationäres Automatenglücksspiel genutzt wurde. Nach den zur Auslegung heranzuziehenden, hier dokumentierten Zielen des Gesetzgebers soll die an einem älteren Standort gelegene Spielhalle aus Gründen des Bestandsschutzes weiter betrieben werden können, wenn mehrere Bestandsspielhallen bezogen auf alle Richtungen in einem Abstand von jeweils unter 500m bzw. 100m gelegen sind und daher eine Auswahlentscheidung erforderlich ist. Die Entscheidung, welche dieser Spielhallen weiter bestehen bleibt, bestimmt sich nach der Systematik der Regelung des § 9 Abs. 1, 4 HmbSpielhG zunächst danach, welcher Spielhallenstandort der älteste ist. Bestandsspielhallen, die nicht nach § 9 Abs. 4 HmbSpielhG als ältere Spielhalle fortgeführt werden können, kann dennoch bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Weiterbetriebserlaubnis für eine angemessene Zeitdauer aufgrund der Härteregelung des § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG erteilt werden.

80

bb) Die Regelung dürfte, soweit sie eine Differenzierung nach dem Alter des Standortes bzw. der Gewerbeanmeldung vornimmt, nach Art. 12 i.Vm. Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein.

81

(1) Berufsregelungen müssen nicht nur den Anforderungen genügen, die sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergeben, sie müssen vielmehr auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsgemäß sein und insbesondere den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (st.Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.7.2010, 1 BvR 611/07, 1 BvR 21 BvR 2464/07, BVerfGE 126, 400, juris Rn. 83; BVerfG, Beschl. v. 21.6.2011, 1 BvR 2035/07, BVerfGE 129, 49, juris Rn. 64). Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.6.2011, 1 BvR 2035/07, NVwZ 2011, S. 1316, juris Rn. 65 m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich insbesondere aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.6.2011, a.a.O.). Denn dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, zu denen auch die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte freie Berufsausübung zählt, nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.1.2012, 1 BvL 21/11, BVerfGE 130, 131, juris Rn. 41, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 150 m.w.N.).

82

Die Ungleichbehandlung muss sachlich gerechtfertigt sein. Erforderlich dafür ist ein hinreichend gewichtiger Grund für die Differenzierung. Zwar ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich oder ungleich ansehen will. Der Gesetzgeber muss allerdings eine Auswahl sachgerecht treffen. Der Gleichheitssatz ist im Hinblick auf die Auswahl der unter verschiedene Übergangsfristen fallenden Personengruppen oder Sachverhalte verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder anderweitig einleuchtender Grund für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl. zum Maßstab der Ungleichbehandlung: BVerfG, Beschl. v. 29.9.2010, 1 BvR 1789/10, juris 27 m.w.N; Urt. v. 30.7. 2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 151).

83

Wie oben bereits ausgeführt, ist die Schwere des durch die Ungleichbehandlung von Bestandsspielhallen nach Ablauf der Übergangsfrist eintretenden Eingriffs in die Berufsfreiheit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits in zweifacher Hinsicht durch die fünfjährige Übergangsfrist und die Möglichkeit einer Härtefallbefreiung nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG abgemildert. Auch betrifft die Auswahl nur eine kleine Gruppe von Betreibern (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., Rn. 183).

84

Für die Frage, ob nach dem oben dargestellten Maßstab eine Ungleichbehandlung von Alt- bzw. Bestandsspielhallenbetrieben nach ihrem Alter sachlich gerechtfertigt ist, kommt es nicht (allein) auf die Erwägungen des Gesetzgebers an. Für die verfassungsrechtliche Prüfung ist nicht ausschlaggebend, ob die maßgeblichen Gründe für die gesetzliche Neuregelung im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich als solche genannt wurden oder gar den Gesetzesmaterialien zu entnehmen sind. Nicht die subjektive Willkür des Gesetzgebers führt zur Feststellung eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, sondern die objektive Unangemessenheit der Norm im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, die sie regeln soll (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.1.2012, 1 BvL 21/11, BVerfGE 130, 131, juris Rn. 47 m.w.N.).

85

(2) Nach diesem Maßstab fehlt es nicht an hinreichenden und nachvollziehbaren Gründen für eine Auswahl nach dem Alter des Spielhallenstandortes bzw. der Gewerbeanmeldung.

86

Es spricht nichts dagegen, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Auswahlentscheidung u.a. dem Motiv der Fortsetzung des Bestands- und Vertrauensschutzes den Vorzug gab. Bei diesem Kriterium handelt es sich nicht um ein sachwidriges Kriterium.

87

§ 9 Abs. 4 HmbSpielhG ist nach dem Willen des Gesetzgebers als Bestands- bzw. Vertrauensschutzregelung ausgestaltet, die in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht an § 9 Abs. 1 Sätze 1, 2 und 4 HmbSpielhG anknüpft. Dies ist nicht zu beanstanden. Es fehlt nicht an einer Konnexität zwischen dem GlüStV bzw. dem HmbSpielhG und dem Auswahlkriterium.

88

Nach § 9 Abs. 1 HmbSpielhG gelten Unternehmen nach § 1 Abs. 2, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehen und für die bis zum 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden ist, deren Geltungsdauer nicht vor dem 30. Juni 2017 endet, bis zum 30. Juni 2017 als mit diesem Gesetz vereinbar. Spielhallen, für die nach dem 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis erteilt worden ist, gelten bis zum Ablauf des 30. Juni 2013 als mit diesem Gesetz vereinbar. Die für die Erlaubniserteilung zuständige Behörde kann nach Ablauf des in § 9 Abs. 1 Satz 1 oder 2 HmbSpielhG bestimmten Zeitraums eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen dieses Gesetzes für einen angemessenen Zeitraum zulassen, soweit dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist; hierbei sind der Zeitpunkt der Erlaubnis gemäß § 33i GewO sowie der Schutzzweck dieses Gesetzes zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG).

89

Wie diese Regelung, die § 29 Abs. 4 Sätze 2-4 GlüStV ausgestaltet, sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach der Systematik und Zweckrichtung ausweist, hat der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine dem Vertrauen der Betreiber in das Fortbestehen ihrer Rechtsposition im Hinblick auf die Restriktionen des neuen Spielhallenrechts gerecht werdende Regelung Rechnung getragen. Das gleiche Motiv gilt auch, soweit er für den Fall, dass Bestandsunternehmen nach Ablauf der Übergangsfristen ihren Betrieb wegen Verstoßes z.B. gegen die Abstandsregelung des HmbSpielhG nicht fortführen können, bei Vorliegen einer unbilligen Härte die Möglichkeit, eine Erlaubnis unter zeitweiser Befreiung von diesen gesetzlichen Bestimmungen zu erteilen, vorgesehen hat. Insoweit hat der Gesetzgeber die Bestimmung der Auswahlentscheidung, die bei Anwendung der Regelung des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG nach Ablauf der Übergangsfrist in Konkurrenzsituationen notwendig wird, systematisch in die Vertrauens- und Bestandsschutzregelungen des § 9 Abs. 1 HmbSpielhG eingefügt.

90

Damit hat er nicht gegen die Grundsätze des GlüStV verstoßen. Die Vertrauens- und Bestandsschutzregelungen sowohl des GlüStV als auch des HmbSpielhG, an die das Auswahlkriterium anknüpft, sind nicht deshalb sachfremd, weil sie keine Gründe für den Fortbestand einer Spielhalle darstellen, die an § 1 GlüStV und damit an den Belangen der Spielsuchtprävention und des Spielerschutzes orientiert sind. Sie tragen der Tatsache Rechnung, dass die notwendige vollständige Anpassung aller Altbetriebe an die den Gemeinwohlzielen dienenden, deutlich strengeren Regelungen des neuen Spielhallenrechts zu massiven wirtschaftlichen Auswirkungen für diese Betriebe führen kann (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 31). Diese Belange hatte der Gesetzgeber zur Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in das Berufsrecht abzuwägen und in einen Ausgleich zu bringen. Er hat deshalb u.a. Übergangsregelungen geschaffen. Dabei ergibt sich bereits aus der Systematik des GlüStV, dass diese dem Spannungsfeld zwischen dem Erreichen der Ziele des § 1 GlüStV, einerseits in erster Linie und schnellstmöglich den Jugend- und Spielerschutz zu fördern und die negativen Folgen des Glücksspiels zu kanalisieren, und andererseits den durch Art. 12 und Art. 14 GG geschützten Interessen der Betreiber von Alt-Spielhallen Rechnung tragen müssen. Zwar wendet die Antragstellerin zu Recht ein, dass sich § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV, soweit dieser das Alterskriterium nennt, lediglich auf die Entscheidung im Härtewege bezieht. Dies hindert den Gesetzgeber aber nicht, auch bei der Auswahlentscheidung zwischen konkurrierenden Bestandsspielhallen den Aspekten des Bestands- und Vertrauensschutzes Rechnung zu tragen, die ebenfalls Regelungsinhalt des GlüStV sind (vgl. zum Gestaltungsspielraum: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 137). Soweit die Antragstellerin einwendet, das Auswahlkriterium des Alters sei in den Zielen des § 1 GlüStV nicht erwähnt, trifft dies zu. Allerdings widerspricht § 9 Abs. 4 HmbSpielhG diesen Zielen auch nicht. Weder dem GlüStV noch dem HmbSpielhG lässt sich entnehmen, dass das Kriterium des Vertrauensschutzes mit dem Ablauf der Übergangsfristen am 30. Juni 2017 „verbraucht“ oder „verwirkt“ ist. Dagegen spricht bereits die (nachgelagerte) Härteregelung des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV, § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG. Eine generelle Regel des Inhalts, dass die Schutzwürdigkeit des Vertrauens auf den unveränderten Fortbestand einer Gestattung im Verlauf der Zeit eher ab- als zunimmt, lässt sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 (7 C 26.16, 7 C 30/7 C 30/17, juris Rn. 41 ff. u.a. zu Übergangsfristen bei Verkehrsverboten für Fahrzeuge) nicht herleiten; zudem geht es hier nicht um die Bemessung von Übergangsfristen. Zudem widerspricht das Kriterium auch nicht deshalb den Grundsätzen des § 1 GlüStV, weil es den vom Gesetzgeber als mittelfristig zu ändernden Umstand der Häufung von Spielhallen konterkarieren würde. § 9 Abs. 4 HmbSpielhG kommt nur zur Anwendung, weil die den Zielen des § 1 GlüStV Rechnung tragenden strengen materiellen Spielerschutzvorschriften der §§ 25 und 26 GlüStV, § 2 Abs. 2 Sätze 1-3 HmbSpielhG für alle Betriebe gelten und daher an bestimmten Orten abstandsbedingte Konkurrenzlagen entstehen, die aufzulösen sind. Von der Regelung profitiert außerdem lediglich eine geringe Zahl von Bestandsspielhallen.

91

Dem Kriterium des Alters des Spielhallenstandortes steht auch nicht der sich aus der Gesetzesbegründung zu § 9 Abs. 4 HmbSpielhG ergebende Zweck entgegen. Wie oben dargestellt, ist nach der Gesetzesbegründung in erster Linie die Nutzung des Standortes und nicht das Alter der Erlaubnis maßgeblich, weil sonst hierdurch die als Einzelkaufmann geführten Familienbetriebe einen Nachteil hätten (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 31). Diese Erwägungen weisen nicht aus, dass der Gesetzgeber einer nur „fiktiven“ Gruppe von Unternehmen besonderen Vertrauensschutz zu Lasten anderer Bestandsspielhallenbetreiber zuerkennen wollte:

92

Sollte der Gesetzgeber bei der Wahl des Differenzierungskriteriums von einem nicht zutreffenden Sachverhalt ausgegangen sein, weil er eine aus seiner Sicht schützenswerte und zu begünstigende Gruppe von Bestandsspielhallen in den Blick genommen hat, obwohl diese nicht existiert oder zahlenmäßig zu vernachlässigen ist, könnte dies möglicherweise zur Unzulässigkeit des Kriteriums führen. Dies ist hier indes nicht der Fall. Zwar dürften nach der in der sog. „Haufler-Liste“ (Bü-Drs. 20/3423, 20/9316) erfolgten Aufstellung der im Jahr 2012/2013 im Hamburg existierenden Spielhallenbetriebe nur wenige von Einzelkaufleuten betriebene („Familien-“) Betriebe existieren, da im Wesentlichen juristische Personen als Betreiber verzeichnet sind. Allerdings hat der Gesetzgeber, wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, den Bestandsschutz an sich als Auswahlkriterium und außerdem nicht eine Privilegierung von inhabergeführten Familienbetrieben angestrebt. Der weiteren Begründung lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der Anbindung an das Alter des Standortes (und nicht der Erlaubnis) einen Nachteilsausgleich für inhabergeführte Familienbetriebe vorgesehen hat, weil diese aufgrund der personenbezogenen Erlaubnisse nach § 33i GewO bei jedem Generationswechsel eine neue Erlaubnis einholen mussten, während bei juristischen Personen bei ansonsten unverändertem Betrieb keine neue Erlaubnis benötigt wird. Der Gesetzgeber wollte folglich keine Privilegierung von von Einzelkaufleuten geführten (Familien-) Spielhallenbetrieben erreichen, sondern durch das Kriterium des Alters des Standortes (statt der Erlaubnis) die Schlechterstellung einer möglicherweise nur kleinen Gruppe verhindern. Dieses Anliegen ist nachvollziehbar und hält sich im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums.

93

Die Wahl des Anciennitätskriteriums lässt auch nicht den Schluss zu, damit habe der Gesetzgeber der Sache nach an einen „baurechtlichen Bestandschutz“ angeknüpft, für den keine landesrechtliche Gesetzgebungskompetenz gegeben ist. Es besteht keine formelle Verfassungswidrigkeit des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG, weil das Bodenrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG der konkurrierenden Gesetzgebung unterliegt und bundesrechtlich geregelt ist. Das Kriterium wird nicht durch eine zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit bestehende formelle und materielle Baurechtmäßigkeit der Spielhalle und das darauf gegründete Vertrauen bestimmt, sondern durch die erstmalige (legale) Nutzung des Standortes als Spielhalle. Dieses Vertrauen in die gewerberechtliche Nutzbarkeit des Standortes soll unabhängig davon geschützt sein, ob zwischenzeitlich wegen Umbauten neue Baugenehmigungen erteilt wurden.

94

Im Übrigen ist die Frage, inwieweit von einer Regelung Betroffene auf eine bestehende Rechtslage oder bestandskräftige Rechtsposition vertrauen können und ob und welche Übergangsregelungen zur Vermeidung unverhältnismäßiger Eingriffe in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verfassungsrechtlich geboten sind, nicht allein baurechtlich determiniert, sondern ein durch Art. 20 Abs. 3 GG bestimmter allgemeiner verfassungsrechtlicher Grundsatz (vgl. dazu z.B. BVerwG, Urt. v. 28.6.2012, 2 C 13.11, BVerwGE 143, 230, juris Rn. 16 zum § 48 VwVfG/Rückford. Versorgungsbezüge; Urt. v. 16.11.2000, 2 C 23.99, DVBl. 2001, 735, juris Rn. 27 ff. zur beamtenrechtl. Versorgung; Urt. v. 17.1.1980, 3 C 116.79, BVerwGE 59, 284, juris Rn. 35 ff., Beschl. v. 18.5.1982, 1 B 44.82, juris Rn. 2 zum Ausländerrecht; BAG, Urt. v. 21.12.2017, 8 AZR 102/17, juris Rn. 16 ff. zur Verwirkung; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 3.5.2018, OVG 9 N 47.17 zum Beitragsrecht; VGH München, Beschl. v. 21.3.2018, 4 ZB 17.2082 zum Friedhofsrecht).

95

Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die von der Antragsgegnerin benannte, zu §§ 34, 35 BBauG und dem Gebot der Rücksichtnahme ergangene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 10.12.1982, 4 C 28.81, Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 89, juris Rn. 14), wonach sich ein Eigentümer gegen eine später heranrückende, ihn störende Bebauung/Nutzung wenden kann, mit der hier zu beurteilenden Sachlage der über Jahre erfolgten Akkumulation von Spielhallen („Las-Vegas-Effekt“) vergleichbar ist.

96

Offen bleiben kann auch, ob sich das Alterskriterium damit begründen lässt, dass ein polizeirechtlicher oder glücksspielrechtlicher Grundsatz besteht, wonach der Betreiber mit dem jüngeren Standort als polizei- oder glücksspielrechtlicher Verhaltens- bzw. Zustandsstörer in stärkerem Maße zur jetzt unerwünschten Ballung von Spielhallen beigetragen hat und deshalb dem älteren weichen muss.

97

Die Anknüpfung an das Alter der Spielhalle und nicht an das Alter der Erlaubnis ist ebenfalls sachgerecht. Denn auch die Übergangsregelung des § 29 Abs. 4 GlüStV und § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HmbSpielhG als Vertrauensschutzbestimmungen sind nicht betreiber-, sondern spielhallenbezogen konzipiert. Bereits ihrem Wortlaut nach beziehen sich § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV, § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 5 i.V.m. § 1 Abs. 2 HmbSpielhG auf eine bestehende Spielhalle (oder ein ähnliches Unternehmen). Auch im Übrigen ergibt die systematische und teleologische Auslegung der Vorschriften, dass der Bestandsschutz sich objektiv auf die Spielhalle beziehen soll, nicht aber auf betreiberbezogene Voraussetzungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.4.2017, 8 C 16.16, GewArch 2017, 358, juris Rn. 42 ff.; vgl. zum Alter [der Erlaubnis] als Grundsatz des Vertrauensschutzes: OVG Bautzen, Beschl. v. 22.12.2017, 3 B 320/17, juris Rn. 13). Die Tatsache, dass Betreiber, die die Übergangsregelungen in Anspruch nehmen wollten, zugleich über eine vor dem 28. Oktober 2011 erlangte Erlaubnis verfügen mussten, weil es anderenfalls an einem legalen Betrieb fehlen würde, ändert daran nichts.

98

Auch im Übrigen begründet die Tatsache, dass der Gesetzgeber im HmbSpielhG für die Auswahlentscheidung auf das Alter des Standortes und nicht auf das in § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV genannte Kriterium des Alters der Erlaubnis abgestellt hat, keine Sachwidrigkeit. Der Gesetzgeber war nicht gehalten, allein wegen der Regelung in § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV oder sonstiger Wertungen des Glücksspielrechts bezogen auf Spielhallen auf den Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis als allein schutzwürdiges Kriterium zurückzugreifen. § 28 GlüStV ermöglicht es den Ländern, weitergehende Regelungen zu treffen. Mit § 9 Abs. 4 HmbSpielhG hat der Gesetzgeber eine eigenständige Auswahlregelung getroffen. Die Bewertung des Alters der Erlaubnis hat er der Entscheidung über eine Befreiung wegen unbilliger Härte nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG (vgl. auch § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV) vorbehalten.

99

Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber - wie dies der Sache nach auch die Stichtagsregelung und die Übergangsregelungen in § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HmbSpielhG ausweisen - davon ausgeht, dass der Betreiber einer Spielhalle, die seit langem zulässig betrieben wird, generell ein höheres Vertrauen in den Weiterbestand des Betriebes in Anspruch nehmen kann als der Inhaber einer Spielhalle, die erst kürzere Zeit betrieben wird. Sowohl im Hinblick auf wirtschaftliche als auch auf unternehmerische Entscheidungen ist es nicht zwingend oder allein sachlich geboten, auf den Zeitpunkt der dem Bestandsunternehmen zuletzt erteilten Erlaubnis als Auswahlkriterium abzustellen oder eher den „jüngeren“ Betrieb zu privilegieren, weil die Schutzbedürftigkeit mit dem Alter regelmäßig abnehme. Dies ergibt sich aus Folgendem:

100

Das Datum der letzten Erlaubniserteilung sagt über die generelle wirtschaftliche Schutzbedürftigkeit des Betreibers nichts aus. Bereits die Notwendigkeit der Erteilung einer gewerberechtlichen Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle war/ist von vielen unterschiedlichen betreiber- und standortbezogenen Kriterien abhängig. Dies können z.B. der Wechsel des Betreibers, die Änderung der Rechtsform des Betreibers, baurechtlich relevante räumliche Veränderungen der Spielhalle oder Änderungen des Zuschnitts des Angebots innerhalb der Spielhalle sein. Auch besagt das (gegenüber dem Alter des Standortes im Regelfall jüngere) Datum der Erlaubnis des aktuellen Betreibers nicht, dass generell eher schutzwürdige wirtschaftliche Investitionen in die Spielhalle erfolgt sind (die sich möglicherweise noch nicht amortisiert haben). Im Falle eines Unternehmenskaufs oder einer Neuanmietung hat der neue Betreiber typischerweise Investitionen in den Standort bzw. die einzelne Spielhalle getätigt. Gleichermaßen kann jedoch ein Betreiber einer Spielhalle mit einer seit Jahrzehnten geltenden Erlaubnis kurz vor dem Stichtag im Oktober 2011 umfangreiche Investitionen zur Modernisierung seiner Spielhalle oder zur Erhöhung der Attraktivität der Geldspielgeräte vorgenommen haben. Insoweit ist dieses Kriterium in gleicher Weise wie das Alter des Standortes von Zufälligkeiten abhängig und stellt für eine Auswahlentscheidung kein alternativloses, naheliegenderes oder wegen regelhafter Verhaltensweisen typisierbares Merkmal dar. Dass eine Auswahlentscheidung auch an Investitionen und/oder deren Amortisierbarkeit als taugliches Auswahlkriterium anknüpfen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 184), stellt dies nicht in Frage.

101

Das Kriterium des Alters ist wegen seiner Vorhersehbarkeit und objektiven Messbarkeit ein sachgerechtes Kriterium. § 9 Abs. 4 HmbSpielhG ermöglicht der Verwaltung eine rechtssichere, zeitnah umsetzbare Auswahlentscheidung. Der Grundsatz der Rechtssicherheit stellt einen sachlichen Grund für das Auswahlkriterium dar. Zudem ist der Gesetzgeber nicht gehindert, aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität im Rahmen seines Gestaltungsspielraums ein sachgerechtes Auswahlkriterium vorzusehen, das der Verwaltung die Bewältigung von - hier vorliegenden - schwierigen Konkurrenzsituationen möglichst effektiv, zeitnah und anwendungssicher ermöglicht (vgl. zur Bewältigung von Konkurrenzlagen: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2917, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 185).

102

Die Auswahlparameter sind für die Betreiber von Bestandsspielhallen objektiv vorhersehbar und transparent. Ihnen ist es in der Regel für die unternehmerische Einschätzung, ob sie den Standort (nach Ablauf der Übergangsfristen) weiterbetreiben sollen, mit einfachen Mitteln möglich zu klären, ob sie in räumlicher Konkurrenz zu weiteren Spielhallen stehen. Die auf Grund einer parlamentarischen Anfrage des Abgeordneten Haufler erstellte „Haufler-Liste“, eine Aufstellung aller Spielhallenstandorte in Hamburg mit Informationen zu Entfernungen sowie zum Datum der ersten und aktuellen Erlaubniserteilung (Bü-Drs. 20/3423, 20/9316) ermöglicht eine mindestens ungefähre (zeitliche und räumliche) Einordnung des eigenen und - soweit noch existierend - konkurrierender Betriebe. Auch dürften die Bestandsspielhallenbetreiber in der Regel über Unterlagen verfügen oder ihnen dürften (über den Vermieter) Informationsquellen zur Verfügung stehen, um das Alter ihres eigenen Standortes zu ermitteln. Zwar dürfte ihnen nicht in jedem Einzelfall das genaue Alter konkurrierender Spielhallen bekannt sein. Allerdings konnten sich die Betreiber, denen das Auswahlkriterium bereits seit Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 2012 bekannt war, an die Antragsgegnerin wenden, um Auskünfte über das baurechtliche und gewerberechtliche Alter ihrer Spielhalle bzw. des Standortes und das Alter benachbarter Betriebe zu erhalten. Dahinstehen kann, ob den mehrheitlich in Interessenverbänden organisieren Betreibern zudem andere Informationsquellen zur Verfügung standen bzw. stehen. Jedenfalls hat die Antragsgegnerin alle eine Weiterbetriebserlaubnis begehrenden Betreiber von Bestandsspielhallen - wie auch die Antragstellerin -, für die eine Konkurrenzsituation im Sinne des § 9 Abs. 4 HmSpielhG besteht, im Verwaltungsverfahren über die Abstandsmessungen und die Ermittlungen zum Alter der eigenen und konkurrierender Spielhallen unterrichtet. Diese konnten die Messungen bzw. die Lage der Konkurrenzspielhallen überprüfen, Informationen zum Alter einholen und die eigenen Angaben ergänzen (vgl. § 3 HmbSpielhWeiterbetrErlVO).

103

Soweit die Antragstellerin ohne nähere Angaben geltend macht, es sei ihr die Einsicht in Akten des Konkurrenzunternehmens zu Unrecht verweigert worden, lässt sich dies den Sachakten nicht entnehmen. Sie trägt auch nicht vor, dass bei der Bestimmung des Alters eines Standortes generell oder hier konkret Zweifel an der Klärungsfähigkeit oder an den Ermittlungen der Antragsgegnerin zu den Abständen und dem jeweiligen Alter der Spielhallen oder der Erlaubnisse bestehen könnten. Gleiches gilt, soweit die Angaben auf den Informationen der Betreiber bei Antragstellung beruhen. Die Tatsache, dass im Einzelfall Betreiber von Bestandsspielhallen Rechtsstreitigkeiten über die Frage führen, ob sie oder die ausgewählte Konkurrenzspielhalle ihren Betrieb am älteren Standort betreiben, rechtfertigt nicht die Wertung, das Alter sei generell aufwändig zu ermitteln, das Kriterium sei (für den Betreiber) nicht handhabbar oder nicht vorhersehbar und daher als Auswahlkriterium ungeeignet.

104

Es spricht auch nichts dagegen, dass der Gesetzgeber das Auswahlkriterium auch nach verfahrensökonomischen und Praktikabilitätsmerkmalen ausgewählt hat. Die Antragsgegnerin wurde im Dezember 2016 im Hinblick auf die zahlreichen Antragstellungen auch mit einer großen Zahl in der Auswahl konkurrierender Bewerber konfrontiert, die u.a. sehr unterschiedliche ökonomische Kennziffern aufwiesen. Gegenüber diesem komplexen Datenbestand ist das Abstellen auf lediglich ein Kriterium bei der Auswahl nicht „unterkomplex“ und daher sachwidrig. Soweit die einzelnen Betreiber unterschiedliche ökonomische Kennziffern bei Erträgen, der Zahl der Standorte, mietvertraglichen Ausgestaltungen, zur Amortisation/Abschreibung des Inventars sowie zur Zahl der Beschäftigten aufweisen, ist es nicht sachgerecht, auf diese Kriterien für die gesetzliche Regelung eines Auswahlkriteriums abzustellen. Dies gilt zunächst deshalb, weil - wie oben ausgeführt - nach dem Willen des Gesetzgebers die individuellen ökonomischen Folgen der Anpassung eines Bestandsbetriebs an die Restriktionen des neuen Spielhallenrechts für den einzelnen Betreiber nach § 9 Abs. 4 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG im Rahmen einer im Ermessen der Antragsgegnerin stehenden Einzelfallentscheidung zu bewerten sind und insoweit der Weiterbetrieb wegen einer unbilligen Härte erlaubt werden kann. Die Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Situation der konkurrierenden Spielhallen (z.B. Amortisation der Investitionen, rechtliche und wirtschaftliche Bindungen auf Grund von Verträgen) bei der Auswahl wäre zudem nach dem Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG kein vorrangig in Betracht zu ziehendes Unterscheidungskriterium, weil es geeignet wäre, zu einer strukturellen Benachteiligung lediglich regional tätiger kleinerer, eher wirtschaftlich schwächerer Spielhallenunternehmen zu führen. Wirtschaftlich stärkere Großunternehmen dürften generell zu höheren Investitionen in der Lage sein und könnten ggf. regional oder standortbezogen anfallende Verluste einfacher kompensieren.

105

Eine Differenzierung danach, in welchem qualitativen und quantitativen Umfang Spielhallen bzw. ihre Betreiber die normativen Vorgaben an die Bekämpfung/Vermeidung der Spielsucht oder an den Spielerschutz (überobligatorisch) erfüllen und damit den Anforderungen des § 1 GlüStV ggf. in größerem Maße als Konkurrenten Rechnung tragen, liegt als sachgerechtes Kriterium für eine gesetzliche Auswahlregelung ebenfalls nicht nahe. An der Tauglichkeit multipler Faktoren fehlt es zum einen deshalb, weil eine Differenzierung oder Gewichtung im Sinne einer „Bestenauslese“ die Gruppe der in räumlicher Konkurrenz zueinander stehenden, eine (Weiterbetriebs-) Erlaubnis begehrenden Bestandsspielhallen ohne sachlichen oder rechtlichen (s.u.) Grund schlechter stellen würde als die Gruppe anderer eine Erlaubnis begehrender Bestandsspielhallenbetreiber, die wegen ihrer Lage das Abstandsgebot (zufällig) einhalten, oder als Neuantragsteller. Zum anderen dürften diese Kriterien in vielen Fällen zu lediglich marginalen Abweichungen zwischen den konkurrierenden Betrieben führen und in viel stärkerem Maße als das Alter klärungsbedürftig und streitbefangen sein. Anstrengungen „zur Bekämpfung und Vermeidung der Spielsucht“ oder „ ... zur Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV“ als Kriterien stellen ausfüllungsbedürftige, unbestimmte Rechtsbegriffe dar, die anders als das Alterskriterium Raum für im Einzelnen kaum objektiv begründbare Wertungsentscheidungen lassen. Es dürfte zweifelhaft sein, nach welchem Maßstab sich diese über die Bestimmungen des HmbSpielhG hinausgehenden tatsächlichen Bemühungen bemessen könnten und wie der einzelne Spielhallenbetreiber im Verhältnis zu einem potentiellen Konkurrenten seine eigenen (überobligatorischen) personellen und spielhallenbezogenen Bemühungen bewerten und die des Konkurrenten erkennen und bemessen können soll.

106

Außerdem sprechen rechtliche Erwägungen dagegen, die Auswahl unter den das Abstandsgebot unterschreitenden Spielhallen danach zu treffen, ob diese sogenannte „materielle Kriterien“ der §§ 2, 4-6 HmbSpielhG in größerem Umfang oder besser als die Konkurrenten erfüllen, z.B. ob der Spielhallenunternehmer überobligatorischen Aufwand hinsichtlich des Spieler- und Jugendschutzes oder zur Reduzierung der individuellen Gefahr der einzelnen Spielhalle (z.B. Reduzierung der gesetzlich erlaubten Zahl der Geldspielgeräte, elektronische Zugangskontrollen, Erhöhung des Zugangsalters auf 21 Jahre, Teilnahme an einem Zertifizierungsverfahren; bessere Qualifizierung oder Entlohnung der Mitarbeiter) betreibt. Denn ein Spielhallenbetreiber, der in seiner Person die zahlreichen u.a. auf die Verhinderung von Glücksspielsucht ausgerichteten gewerbe- und glückspielrechtlichen Voraussetzungen erfüllt und der eine Spielhalle betreibt, die den spielhallenrechtlichen und z.B. baurechtlichen Anforderungen nach dem HmbSpielhG genügt, ist berechtigt, eine Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG zu erhalten. Das von der Antragstellerin geforderte Auswahlkriterium der „Eliminierung schwarzer Schafe“ ist allein deshalb nicht sachgerecht, weil alle Betreiber mit der Antragstellung nachweisen müssen, dass sie (mit Ausnahme z.B. des Abstandsgebots) die persönlichen und sachlichen Anforderungen an den Betrieb von Spielhallen erfüllen. Eine überobligatorische Erfüllung von einzelnen Anforderungen kann im Rahmen einer Auswahlentscheidung, in der ohnehin lediglich diejenigen Spielhallenbetreiber einzubeziehen sind, die die auch für Bestandsspielhallen geltenden gesetzlichen Anforderungen erfüllen und die damit „auf einer Stufe stehen“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, BVerwGE 157, 127, juris Rn. 55; OVG Bautzen, Beschl. v. 22.12.2017, 3 B 320/17, juris Rn. 18 unter Verweis auf StGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, juris Rn. 339;), nicht verlangt werden. Denn der Spielhallenbetreiber hat, da diesbezügliche gesetzliche („Bonus“-) Bestimmungen im HmbSpielhG fehlen, u.a. das Recht, die gesetzlich zulässige Zahl an Geldspielgeräten voll auszuschöpfen. Die bevorzugte Auswahl zertifizierter Spielhallen kommt auch mangels staatlich anerkannter Zertifizierungsverfahren nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 55). Daraus folgt, dass es nicht sachwidrig ist, wenn bei der Auswahl diejenigen Spielhallen gleich behandelt werden, die die betreiber- bzw. spielhallenbezogenen gesetzlichen Voraussetzungen an den Betrieb erfüllen. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob solche Aspekte in den Fällen, in denen das jeweilige Landesrecht weder eine gesetzliche Regelung für eine Auswahlentscheidung noch für die Anforderungen an eine Fortführung des Betriebes wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte im Sinne des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV getroffen hat oder eine (Abwägungs-) Entscheidung (nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV) vorsieht, bei der Entscheidung über den Fortbetrieb berücksichtigt werden können oder müssen (vgl. dazu OVG Bautzen, Beschl. v. 3.1.2018, 3 B 315/18, juris Rn. 11 ff.; Beschl. v. 22.12.2017, 3 B 320/17, juris Rn. 13 f.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 4.9.2017, 11 ME 330/17, juris Rn. 16 ff.). Gleiches gilt, soweit die dortigen zuständigen Behörden im Rahmen von Verwaltungsvorschriften Auswahlkriterien im Rahmen eines „Punktesystems“ bewerten (vgl. zum „Wägungsschema“: VG Darmstadt, Beschl. v. 17.7.2017, 3 L 3491/17.DA, juris Rn.17).

107

Der Regelung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG fehlt es auch nicht an einer hinreichenden Bestimmtheit oder an einer sachlichen Rechtfertigung, weil das Anciennitätskriterium im Wesentlichen wie ein Los vom Zufall bestimmt wird (vgl. zur fehlenden gesetzlichen Grundlage einer Auswahl durch Los: OVG Lüneburg, Beschl. v. 4.9.2017,11 ME 330/17, NVwZ 2017, 1552, juris Rn. 11 ff., 19). Dieses Kriterium kommt nach dem HmbSpielhG nur zwischen denjenigen Spielhallen bei der Auswahl zur Anwendung, die hinsichtlich der für die Eindämmung der Suchtgefahr relevanten inhaltlichen Kriterien bereits auf einer Stufe stehen und alle weiteren Auswahlmerkmale gleichermaßen erfüllen (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 55).

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Das Anciennitätskriterium ist auch nicht deshalb mit einer Auslosung vergleichbar, weil die Spielhallenbetreiber nicht chancengleich am Verfahren teilnehmen, sondern aufgrund einer zufälligen Lage in Konkurrenz mit einer älteren Spielhalle stehen und daher von vornherein keine Chance auf eine erfolgreiche Teilnahme am Auswahlverfahren haben. Die Lage eines Spielhallenstandortes ist nicht vergleichbar einem Los rein zufällig oder gar willkürlich. Die Wahl eines Standortes für die Eröffnung eines Gewerbebetriebs dieser Art beruht in der Regel auf einer bewussten Entscheidung des (zukünftigen) Betreibers. Dieser wählt, soweit er - wie bei Spielhallen - auf den direkten Kontakt mit Kunden angewiesen ist und ein Angebot für eine Freizeitgestaltung vorhält, den Standort, will er den Betrieb gewinnorientiert betreiben, in der Regel auch nach der Kundennähe, nach Kundenströmen und nach den insoweit zu erwartenden (mittel- und langfristigen) wirtschaftlichen Aussichten aus. Für die Übernahme eines eingeführten Betriebs oder die Neueröffnung eines Betriebes dürfte daher regelmäßig relevant (gewesen) sein, ob der (baurechtlich zulässige) Standort eingeführt ist, von gewachsenen Spielhallen- oder Entertainmentstrukturen profitieren kann (Nähe zu anderen Sport- oder Vergnügungsangeboten) und/oder ob die städtebauliche Umgebung oder die Lage an bestimmten spezifischen Orten (Innenstadt, Nachbarschaft mit Vergnügungsbetrieben, Cafés, Restaurants, Nähe zu Arbeitsstätten oder Lage in Wohngebieten) Kunden erwarten lässt. Die Entscheidung für den Betrieb einer Spielhalle u.a. an einem eingeführten Standort oder in dessen Nähe dürfte sich daher im Falle eines Unternehmenskaufs oder einer Neuanmietung von Gewerberäumen u.a. auf den Kaufpreis oder die Höhe des Mietzinses auswirken.

109

Das Anciennitätskriterium ist auch nicht deshalb ungeeignet, weil es ähnlich einem Losverfahren mit dem Alter der Spielhalle an einen Sachverhalt anknüpft, der sich für den Betreiber als willkürlich und intransparent darstellt. Insoweit verweist das Verwaltungsgericht zwar zu Recht darauf, dass die Auswahl der Spielhallen nach dem Alter dazu führen kann, dass der „Altersunterschied“ lediglich wenige Monate oder auch nur Tage, bei dem Kriterium der Gewerbeanmeldung unter Umständen nur wenige Stunden betragen kann. Diese Tatsache ist einem „stichtagsgebundenen“ Kriterium vergleichbar und als „Härte“ nicht sachwidrig. Es ist dem Gesetzgeber nach Art. 12 Abs. 1 i.V.m. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage oder ähnliche Merkmale einzuführen. Er muss allerdings im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Tatsachen hinreichend würdigen und prüfen, ob sich die gewählte Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung rechtfertigen lässt und nicht willkürlich erscheint (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.3.1996, 7 C 28.95, BVerwGE 101, 39, juris Rn. 15). Dass mit einer Stich(tags)regelung unvermeidlich gewisse Härten einhergehen, wenn diese sachlich gerechtfertigt sind, begegnet im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG keinen Bedenken (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.1.2000, 1 BvR 1398/99, juris Rn. 25; BVerwG, Beschl. v. 24.4.2013, 8 B 81.12, juris Rn. 5). Diese Wertung lässt sich auf das Alter des Standortes als „begrenzendes“ Merkmal übertragen. Jeder zeitbezogenen Grenze oder Bildung von Gruppen ist ein gewisses Maß an Zufälligkeit immanent, das allein deshalb nicht zur Sachwidrigkeit führt. Gleiches würde im Übrigen auch für die von der Antragstellerin genannten Kriterien wie z.B. das Alter der Erlaubnis oder die Höhe der Investitionen gelten.

110

Das Auswahlkriterium des Alters ist auch nicht deshalb als Differenzierungsmerkmal sachwidrig, weil es dem verfassungsrechtlichen Anspruch der Spielhallenbetreiber auf die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität widerspricht. Wie oben bereits ausgeführt, hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 7. März 2017 (1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 185) bestimmt, es gebiete die ohnehin geforderte Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Position der Spielhallenbetreiber auch ohne ausdrückliche gesetzliche Bestimmung, dass die zuständigen Behörden sich eines Verteilmechanismus bedienten, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermögliche. Dahinstehen kann, ob das Verständnis der Antragsgegnerin zutrifft, bei diesen Ausführungen handele es sich lediglich um ein obiter dictum. Den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nicht entnehmen, welcher Verteilmechanismus die bestmögliche Ausschöpfung der Standortkapazität in dem relevanten Gebiet gewährleistet. Dass hier bei der Anwendung des in § 9 Abs. 4 HmbSpielhG genannten Kriteriums die verfassungsrechtlich gebotene Höchstzahl an Weiterbetriebserlaubnissen bei Beachtung der in § 2 Abs. 2 HmbSpielhG bestimmten Mindestabstände unterschritten wird und dass nach einer anderen, den verfassungsrechtlichen Maßstäben möglicherweise stärker Rechnung tragenden Auswahlmethode im Einzelfall oder bezogen auf vergleichbare Räume, in denen Konkurrenzlagen entstanden sind, voraussichtlich eine höhere Zahl von Bestandsspielhallen den Betrieb weiterführen könnte, trägt die Antragstellerin nicht vor. Auch nach Aktenlage ist dafür nichts ersichtlich. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob es - wie die Antragsgegnerin geltend macht - bereits den auf die Reduzierung von Anreizen zum Automatenglücksspiel ausgerichteten Zwecken der §§ 1, 25, 26, 28 und 29 GlüStV widerspricht, bei einer Auswahl zwischen konkurrierenden Spielhallen Verfahren oder Kriterien zur Anwendung zu bringen, die es einer möglichst großen Zahl von Bestandsspielhallen ermöglichen, ihren Betrieb fortzuführen.

111

Durch die praktizierte Erlaubniserteilung für Bestandsspielhallen wird auch nicht der Marktzugang für Neu- oder externe Bewerber ausgeschlossen. Neubewerber, die mit schutzwürdigen Bestandsbetrieben konkurrieren, können sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, so dass sie einen Erlaubnisanspruch - anders als Altbetreiber - nur haben, wenn die von ihnen gewählten Standorte u.a. den verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Mindestabstandserfordernissen des § 2 Abs. 2 und 3 HmbSpielhG genügen. Entsprechende Anträge können Neubewerber nach der hinreichend transparenten Gesetzeslage jederzeit stellen (vgl. dazu auch OVG Münster, Beschl. v. 8.6.2017, 4 B 307/17, NVwZ 2017, 431, juris Rn. 64). Erfüllt ein solcher Bewerber, der eine Erlaubnis aktuell begehrt, u.a. die Anforderungen des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG, hat ihm die Antragsgegnerin eine Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG zu erteilen. Dass geeignete neue, baurechtlich zulässige Standorte im Bereich der Antragsgegnerin nicht existieren, ist nicht ersichtlich. Die Tatsache, dass zwischen Dezember 2012 und September 2013 keine neuen Erlaubnisse erteilt wurden, belegt die Behauptung der Antragstellerin nicht. Soweit Betreiber wegen der Änderungen des Spielhallenrechts oder aus wirtschaftlichen Gründen von Neueröffnungen absehen, ist dies eine gesetzlich intendierte Folge bzw. eine individuelle unternehmerische Entscheidung.

112

cc) Findet die Regelung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG Anwendung, kann die Antragstellerin danach keine Weiterbetriebserlaubnis verlangen. Ihre Spielhalle stellt sich im Verhältnis zur konkurrierenden Spielhalle der A. GmbH als jüngere Spielhalle dar. Die konkurrierende Spielhalle besteht seit 1975, die der Antragstellerin seit 1982. Auf die Lage der konkurrierenden Spielhallen, die jeweilige Entfernung und das Alter der Standorte hat die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Schreiben vom 16. Mai 2017 hingewiesen und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Antragstellerin hat sich zu den von der Antragsgegnerin ermittelten Entfernungswerten und standortbezogenen Daten nicht geäußert.

113

c) Die Antragstellerin kann auch nicht die vorläufige Duldung ihrer Spielhalle verlangen, weil ihr voraussichtlich eine Weiterbetriebserlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG im Wege der Härtefallentscheidung nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG zu erteilen sein wird. Die Voraussetzungen für die beantragte Erteilung einer Befreiung vom Abstandsgebot des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG liegen nicht vor.

114

Nach § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG kann die für die Erlaubniserteilung zuständige Behörde nach Ablauf des in § 9 Abs. 1 Satz 1 oder 2 HmbSpielhG bestimmten Zeitraums eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen dieses Gesetzes über einen angemessenen Zeitraum zulassen, soweit dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist; hierbei sind der Zeitpunkt der Erlaubnis gemäß § 33i GewO sowie der Schutzzweck des HmbSpielhG zu berücksichtigen.

115

Die Antragstellerin hat im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG für die von ihr betriebene Spielhalle am Standort Billstedter Hauptstraße 60, 22111 Hamburg, vorliegen. Die Antragstellerin hat bereits eine Tatbestandsvoraussetzung des § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG, das Vorliegen einer „unbilligen Härte“, nicht glaubhaft gemacht.

116

Nach § 9 Abs. 1 Satz 5 HmbSpielhG kann eine unbillige Härte insbesondere dann vorlie-gen, wenn eine Anpassung des Betriebes an die Anforderungen dieses Gesetzes aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder mit einer wirtschaftlichen Be-triebsführung nicht vereinbar ist. § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG stellt nicht lediglich ergänzend zu den Übergangsregelungen ein Instrument dar, um den Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen des Betroffenen generell Rechnung zu tragen und/oder allge-mein wirtschaftliche Härten der Neuregelung des Spielhallenrechts abzumildern. Für die Erteilung einer Befreiung kommt es nach Sinn und Zweck der Regelung darauf an, ob diese im konkreten Fall zur Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsausübung erforderlich ist (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 21.1.2016, 4 Bs 90/15, juris Rn. 45).

117

Härten, die dem Gesetzeszweck entsprechen und die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Tatbestandes bewusst in Kauf genommen hat, können eine Befreiung aus Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen (vgl. zu §§ 163, 227 AO: BVerfG, Beschl. v. 28.2.2017, 1 BvR 1103/15, juris Rn. 12). Ebenso wenig vermögen typische, den gesetzgeberischen Vorstellungen von einer gesetzlichen Regelung entsprechende Folgen eine sachliche Unbilligkeit zu begründen (vgl. zu § 227 AO: BVerfG, Beschl. v. 3.9.2009, 1 BvR 2539/07, NVwZ 2010, 902, juris Rn. 30 ff.). Ziel der Neuregelungen im GlüStV und im HmbSpielhG ist es, das - im früheren GlüStV zunächst nicht erfasste - gewerbliche Automatenspiel wegen seines hohen Suchtpotenzials und der zu verzeichnenden expansiven Entwicklung zusätzlichen Beschränkungen zu unterwerfen, um die Zahl der Spielhallen zu begrenzen und den Spieler- und Jugendschutz zu gewährleisten (vgl. auch Bü-Drs. 20/5677, S. 24 ff.). Die Abstandsregelung zwischen dient der Vermeidung von Mehrfachkonzessionen bzw. der lokalen Häufung von Spielhallen.

118

Daraus folgt, dass wirtschaftliche Einbußen und sonstige Belastungen, die mit der Schließung von Spielhallen verbunden sind, regelmäßig keine Härte begründen können. Sie folgen aus dem Gesetzeszweck, das Spielhallenangebot zur Spielsuchtbekämpfung ein-schneidend zu verringern. Eine verlustfreie Abwicklung ihrer zu schließenden Spielhallen können die Spielhallenbetreiber nicht verlangen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 189, 193). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts trägt eine fünfjährige Übergangsfrist dem Interesse der Betreiber, eine Amortisierung der in die Spielhallen getätigten Investitionen zu erreichen und dabei einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften, ausreichend Rechnung. Spätestens seit dem in § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV, § 9 Abs. 1 Satz 1 HmbSpielhG genannten Stichtag mussten sich Spielhallenbetreiber auf zu erwartende Schließungen einstellen und durften daher nicht darauf vertrauen, ihre Spielhallen nach Ablauf des gesetzlich festgelegten Übergangszeitraums weiterbetreiben zu können (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 17.11.2017, 11 ME 461/17, juris Rn. 22 ff.; OVG Bautzen, Beschl. v. 5.1.2018, 3 B 315/17, juris Rn. 14 ff.; Beschl. v. 7.12.2017, 3 B 303/17, juris Rn. 18 ff.; OVG Weimar, Beschl. v. 23.3.2018, 3 EO 640/17, juris Rn. 36 ff.). § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielG verlangt daher den Nachweis, dass ein Betreiber zunächst die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten - wie z.B. vertragliche Anpassungen, Nutzungsänderungen, Verkauf von Gegenständen - während der Übergangsfrist nutzt, damit der Betrieb danach den strengeren materiellen Anforderungen des HmbSpielhG entspricht. Erst wenn dies (teilweise) erfolglos bleiben sollte oder wenn selbst nach dem Verstreichen der Übergangsfrist der Betreiber seinen Betrieb an die Neuregelungen nur mit der Folge anpassen könnte, dass die Betriebsführung zu wirtschaftlichen Verlusten führt (vgl. zur Existenzvernichtung: Bü-Drs. 20/5877, S. 31; vgl. zu nicht dargelegten wirtschaftlichen Verlusten: OVG Hamburg, Beschl. v. 21.1.2016, 4 Bs 90/15, juris Rn. 45, 46 ff.), die ein Ausmaß angenommen haben, dass eine Insolvenz drohen kann, kann eine unbillige Härte in Betracht kommen.

119

Es obliegt dem jeweiligen Antragsteller, u.a. substanziell darzulegen, welche konkreten Schritte er in der seit dem Inkrafttreten des HmbSpielhG im Jahr 2012 laufenden Über-gangsfrist bis zur voraussichtlichen Schließung des Gewerbes unternommen hat, um den Eintritt eines Härtefalles abzuwenden. Er muss u.a. glaubhaft machen, inwieweit er die Übergangszeit bis zum 1. Juli 2017 zur Anpassung des Geschäftsbetriebs an die geänderte Rechtslage genutzt und welche konkreten Maßnahmen er unternommen hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., Rn. 190 ff.; Beschl. v. 5.8.2015, 2 BvR 2190/14, WM 2015, 1827; OVG Hamburg, Beschl. v. 21.1.2016, 4 Bs 90/15, juris Rn. 49 m.w.N.; OVG Bautzen, Beschl. v. 5.1.2018, 3 B 315/17, juris Rn. 14 ff.; Beschl. v. 1.3.2018, 3 B 5/18, juris Rn. 12 ff.; OVG Weimar, Beschl. v. 23.3.2018, 3 EO 640/17, juris Rn. 38 f.).

120

Nach diesem Maßstab dürfte die Antragsgegnerin in den Bescheid vom 17. Juli 2017 und in dem Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2017 zu Recht angenommen haben, dass die Antragstellerin die Voraussetzungen einer unbilligen Härte nicht glaubhaft gemacht hat.

121

Sie hat zwar mit ihrem Antrag vom 29. November 2016 beantragt, u.a. von den Abstandsgeboten des § 2 Abs. 2 Sätze 2 und 4 HmbSpielhG befreit zu werden und hat allgemein darauf verwiesen, eine Anpassung ihres Betriebs an die Anforderungen des Gesetzes sei aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht möglich und mit einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht vereinbar. Der Betrieb müsse eventuell schließen, da er sich möglicherweise in einem Abstand von weniger als 500m zu anderen Spielhallen oder in räumlicher Nähe zu Einrichtungen, die ihrer Art nach oder tatsächlich von Kindern und Jugendlichen aufgesucht würden, befinde. Im Übrigen hat sie lediglich vorgetragen, die Gerätereduzierung führe zu einer „proportionalen Umsatzminderung“ bei gleichbleibenden aktuell bestehenden Kosten für Personal und Miete sowie bei einer hohen Steuerlast von 5% des Spieleinsatzes. Diese allgemeinen Angaben lassen keine Schlüsse auf die konkrete wirtschaftliche Situation ihres Unternehmens zu. Auf das Schreiben der Antragsgegnerin vom 16. Mai 2017, mit dem ihr das Ergebnis der Antragsprüfung mitgeteilt und ihr nach § 3 Abs. 2 HmbSpielhWeiterbetrErlVO eine Frist zur Ergänzung ihres Vortrags - auch zu einer Befreiung wegen einer unbilligen Härte - eingeräumt wurde, hat sie nicht reagiert. Weder mit ihrem Widerspruch noch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat die Antragstellerin weitere Angaben gemacht.

III.

122

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Nach dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Ziff. 54.1) ist für das Interesse der Antragstellerin am Weiterbetrieb ihrer Spielhalle ein Wert von 15.000,-- Euro im Hauptsacheverfahren anzunehmen. Dieser Wert ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.

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(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
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3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten des Berufungsverfahrens vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass für sie beim Betrieb ihrer drei Spielhallen Vorschriften des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Hamburg (HmbGVBl. 2012, 505, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.7.2016, HmbGVBl. S. 323) - HmbSpielhG - wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nicht gelten.

2

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betrieb zunächst mit Erlaubnissen der Beklagten nach § 33i GewO eine Spielhalle in der X-straße in 20253 Hamburg mit einer Grundfläche von 174,46 m² (Erlaubnis vom 26. August 2008) sowie zwei in einem Gebäude in der Y-Straße in 22159 Hamburg gelegene Spielhallen mit 142,37 m² Grundfläche und mit 150,32 m² Grundfläche (Erlaubnisse vom 21. Dezember 2010). In zwei Spielhallen waren jeweils zwölf, in der Spielhalle I der Klägerin in der waren elf Gewinnspielgeräte sowie Sichtblenden nach § 3 Abs. 2 der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit (neugefasst durch Bek. v. 27.1.2006, BGBl. I S. 280; zuletzt geänd. durch Art. 4 Abs. 61 des G. v. 18.7.2016, BGBl. I, S. 1666) - SpielV - aufgestellt. Die Bescheide enthalten keine Auflagen oder Hinweise im Hinblick auf die einzuhaltende Sperrzeit oder die Zahl der Geldspielgeräte. Die Spielhalle in der X-straße betreibt die Klägerin seit Juni 2017 mit einer neuen Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG. Die beiden Spielhallen am Standort Y-Straße, für die die Klägerin neue Erlaubnisse nach § 2 HmbSpielhG beantragt hat, über die noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist, werden ebenfalls vorläufig weiterbetrieben.

3

Am 19. Dezember 2012 trat das Hamburgische Spielhallengesetz (HmbSpielhG) in Kraft. Es lautet - soweit hier relevant - auszugsweise wie folgt:

4

㤠4
Anforderungen an die Gestaltung und Einrichtung von Spielhallen und ähnlichen Unternehmen

5

(1) 1Unternehmen nach § 1 Absatz 2 sind von ihrem äußeren Erscheinungsbild so zu gestalten, dass ein Einblick ins Innere der Räumlichkeiten von außen nicht möglich ist. 2Es muss gleichwohl gewährleistet werden, dass Tageslicht in den Aufstellungsbereich der Geldspielautomaten einfällt. 3Ist der Einfall von Tageslicht ortsbedingt nicht möglich, sind Ausnahmen zulässig. 4[…]

6

(2) Als Bezeichnung des Unternehmens im Sinne des § 1 Absatz 2 ist nur das Wort „Spielhalle“ zulässig.

7

(3) 1In Unternehmen nach § 1 Absatz 2 darf je 12 m² Grundfläche höchstens ein Geld- oder Warenspielgerät aufgestellt werden; die Gesamtzahl darf jedoch acht Geräte nicht übersteigen. 2[…] 3Die Geräte sind einzeln in einem Abstand von mindestens 1,5 Metern aufzustellen, getrennt durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von dem am weitesten in den Raum hineinreichenden Gerätebauteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante. 4[…]

8

(4) […]“

9

㤠5
Sperrzeit und Spielverbotstage

10

(1) Die Sperrzeit für Unternehmen nach § 1 Absatz 2 beginnt um 5.00 Uhr und endet um 12.00 Uhr.

11

(2) […]

12

(3) 1In Unternehmen nach § 1 Absatz 2 in den Gebieten gemäß § 1 Nummer 1 der Verordnung über Werbung mit Wechsellicht beginnt die Sperrzeit um 6.00 Uhr und endet um 9.00 Uhr. 2[…]“

13

㤠9
Übergangs- und Schlussbestimmungen

14

(1) 1Unternehmen nach § 1 Absatz 2, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehen und für die bis zum 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33i der Gewerbeordnung erteilt worden ist, deren Geltungsdauer nicht vor dem 30. Juni 2017 endet, gelten bis zum 30. Juni 2017 als mit diesem Gesetz vereinbar. 2[…] 3Die Regelungen des § 4 Absätze 1, 2 und 4 und des § 5 treten sechs Monate nach Inkrafttreten dieses Gesetzes in Kraft. 4[…]

15

(2) 1Wer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes ein Unternehmen nach § 1 Absatz 2 rechtmäßig betreibt und über eine gültige Erlaubnis nach § 33i der Gewerbeordnung verfügt, hat für diesen Betrieb die Zahl der Geräte und Spiele innerhalb von 24 Monaten auf das nach § 4 Absatz 3 zulässige Maß zu reduzieren. 2Unternehmen, die keine Mehrfachkonzession im Sinne des § 1 Absatz 3 erhalten haben, haben die Zahl der Geräte und Spiele bis zum 30. Juni 2017 auf das nach § 4 Absatz 3 zulässige Maß zu reduzieren.

16

(3) […]“

17

Am 20. Juni 2013 hat die Klägerin Klage erhoben.

18

Gleichzeitig beantragte die Klägerin, im Wege einstweiliger Anordnung vorläufig u.a. festzustellen, dass sie nicht verpflichtet sei, zwischen jedem Spielgerät Trennwände in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter aufzustellen, gemessen von dem am weitesten in den Raum hineinreichenden Gerätebauteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante, und dass sie nicht verpflichtet sei, zu gewährleisten, dass Tageslicht in die Räumlichkeiten der Spielhallen einfalle und dass für die von ihr betriebenen Spielhallen die in § 1 der Sperrzeitverordnung geregelte Sperrzeit gelte, hilfsweise, dass die Sperrzeit um 6.00 Uhr beginne und um 9.00 Uhr ende. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 30. September 2013 ab (17 E 2430/13, rechtskräftig, n.v.). Weitere Eilverfahren hatten keinen Erfolg.

19

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin im Wesentlichen vorgetragen: Die Regelungen in den §§ 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 und Satz 3, 5 Abs. 1 HmbSpielhG seien mangels Gesetzgebungskompetenz der Länder bereits aus formellen Gründen verfassungswidrig, da sich das vom Recht der Wirtschaft nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG ausgenommene Recht der Spielhallen auf den Regelungsgegenstand des § 33i GewO beschränke. Darüber hinaus verletzten die Regelungen sie in ihrer Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG und im allgemeinen Gleichheitsgebot nach Art. 3 Abs. 1 GG und seien daher verfassungswidrig. Die Regelungen seien bereits nicht zur Bekämpfung der Spielsucht geeignet, da die Spieler dadurch auf Spielseiten im Internet, Schankräume mit Automaten in der Gastronomie und insbesondere die Automatenspielsäle der Spielbank auswichen, in denen die Aufsichtsmöglichkeiten geringer als in Spielhallen seien. Zudem seien die Eingriffe unangemessen. Insbesondere aufgrund der Reduzierung der höchstens zulässigen Anzahl an Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit und der Ausweitung der gesetzlichen Sperrzeit habe sie mit erheblichen Einnahmeverlusten zu rechnen, die sie zur Schließung ihrer Spielhallen, jedenfalls aber zur Kündigung der Arbeitsverträge langjähriger Mitarbeiter zwängen. Durch die erforderliche Anfertigung neuer Trennwände würden ihr Kosten in Höhe von 17.000,-- Euro entstehen, überdies müssten die Sicherheitskameras samt damit verbundener Elektrik mit erheblichem Kostenaufwand neu installiert werden. Die Pflicht zur Gewährleistung des Tageslichteinfalls und die Pflicht, den Einblick in die Räumlichkeiten zu verhindern, schlössen sich gegenseitig aus.

20

Wenn mit den Regelungen die Spielsucht bekämpft werden solle, sei nicht nachvollziehbar, weshalb entsprechende Vorschriften nicht auch für die Spielbank Hamburg gälten. Es sei daher davon auszugehen, dass die Regelungen allein fiskalischen Zwecken dienten. Deshalb verstießen diese auch gegen das europarechtliche Kohärenzgebot. Es liege eine Ungleichbehandlung vor, da in der Spielbank Hamburg, die auch Automatenglücksspiel anbiete, die Beschränkungen des HmbSpielhG nicht gälten. In den Spielbanken dürfe, anders als in Spielhallen, Alkohol ausgeschenkt werden, sie unterlägen weder dem Rauchverbot noch den in § 13 SpielV u.a. geregelten Einsatz-, Gewinn- und Verlustgrenzen, Spielpausen und Umbuchungszeiten und machten in Hamburg großflächig Werbung.

21

Im Übrigen sei kein sachlicher Grund dafür erkennbar, weshalb ihre Spielhallen in den Hamburger Stadtteilen Hoheluft und Farmsen anderen Sperrzeiten unterliegen sollten als die Spielhallen im Gebiet Reeperbahn sowie weshalb für Unternehmen mit und ohne Mehrfachkonzession nach § 9 Abs. 2 HmbSpielhG andere Übergangsbestimmungen gälten.

22

In der mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 2014 hat die Klägerin ihren ursprünglich angekündigten Antrag, festzustellen, dass sie berechtigt ist, die von ihr betriebenen Spielhallen weiterhin als “Casino Vegas“ zu bezeichnen, hilfsweise, dass sie hierzu bis zum 30. Juni 2017 berechtigt ist, für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich dieser Erledigungserklärung angeschlossen.

23

Die Klägerin hat beantragt,

24

1. festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, die Anzahl der Spielgeräte in den von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg auf jeweils acht Spielgeräte zu reduzieren,

25

2. festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, in den von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg jeweils zwischen jedem Spielgerät Trennwände in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von dem am weitesten in den Raum hineinreichenden Gebäudeteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante, aufzustellen,

26

hilfsweise festzustellen, dass sie bis zum 30. Juni 2017 nicht verpflichtet ist, in den von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg jeweils zwischen jedem Spielgerät Trennwände in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von dem am weitesten in den Raum hineinreichenden Gebäudeteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante, aufzustellen,

27

3. festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, zu gewährleisten, dass Tageslicht in die Räumlichkeiten der von ihr betriebenen Spielhallen in der in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg einfällt,

28

hilfsweise festzustellen, dass sie bis zum 30. Juni 2017 nicht verpflichtet ist, zu gewährleisten, dass Tageslicht in die Räumlichkeiten der von ihr betriebenen Spielhallen in der in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg einfällt,

29

4. festzustellen, dass für die von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg die bisherige Sperrzeit nach § 1 der Sperrzeitverordnung gilt,

30

hilfsweise festzustellen, dass in den von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg jeweils die Sperrfrist um 6 Uhr beginnt und um 9 Uhr endet,

31

hilfsweise festzustellen, dass sie bis zum 30. Juni 2017 berechtigt ist, die von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg weiterhin mit einer Sperrzeit von 5 Uhr bis 6 Uhr zu betreiben.

32

Die Beklagte hat beantragt,

33

die Klage abzuweisen.

34

Zur Begründung hat die Beklagte im Wesentlichen geltend gemacht, sie sei für den Erlass der beanstandeten Regelungen zuständig, da diese zum Recht der Spielhallen im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zählten. Das Recht der Spielhallen beziehe sich auf das gesamte „Spielhallenwesen“ und beziehe auch die Vorschriften der §§ 33c ff. GewO mit ein.

35

Die mit den angegriffenen Regelungen im HmbSpielhG verbundenen Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin nach Art. 12 Abs. 1 GG seien gerechtfertigt. Die Regelungen seien insbesondere zur Bekämpfung der Spielsucht geeignet, erforderlich und auch angemessen. Mildere Mittel seien nicht ersichtlich. Die Geldspielautomaten in Spielhallen wiesen ein hohes Suchtpotenzial auf. Spielsucht berge nicht nur Gefahren für die Betroffenen und ihre Familien, sondern aufgrund der drohenden Verschuldung sowie damit verbundener Folge- und Begleitkriminalität auch für die Gemeinschaft. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes sei durch die Übergangs- und Befreiungsregelungen hinreichend berücksichtigt worden.

36

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG liege schon deshalb nicht vor, weil es sich bei den Spielhallen und der Spielbank Hamburg nicht um wesentlich gleiche Sachverhalte handele. Dies ergebe sich bereits daraus, dass Spielhallen und die Spielbank Hamburg unterschiedlichen Regelungsbereichen angehörten. In Hamburg gebe es zudem hunderte Spielhallen, aber nur eine Spielbank mit drei Dependancen. Im Übrigen sei die Ungleichbehandlung aufgrund der unterschiedlichen Regelungen für Spielhallen einerseits und die Spielbank andererseits gerechtfertigt. Für die unterschiedlichen Sperrzeiten in § 5 Abs. 1 und Abs. 3 HmbSpielhG bestehe ein sachlicher Grund, da Besucher des Amüsierviertels „Reeperbahn“ dieses gezielt wegen des vielfältigen Unterhaltungsangebots aufsuchten und sich der dortigen besonderen finanziellen Gefahren bewusst seien.

37

Mit Urteil vom 10. Dezember 2014, das der Klägerin am 14. Januar 2015 zugestellt wurde, hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt hatten. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung sowie die (Sprung-) Revision zugelassen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt:

38

Die Klage sei als Feststellungsklage zulässig. Die Klägerin sei entgegen der mit ihrem Hauptantrag zu 1 begehrten Feststellung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz HmbSpielhG dazu verpflichtet, die Anzahl der Geld- oder Warenspielgeräte in ihren Spielhallen auf acht Geräte je Spielhalle zu reduzieren. § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Begrenzung der Anzahl der Geld- und Warenspielgeräte bewirke keine Verletzung der Klägerin in ihrer Berufsfreiheit. Die Begrenzung der höchstzulässigen Zahl berühre den Schutzbereich der Berufsfreiheit, und die Regelung greife in Gestalt einer Berufsausübungsregelung in die Berufsfreiheit der Spielhallenbetreiber ein. Diese Regelung sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Sie sei kompetenzmäßig zustande kommen, da die Beklagte über die Gesetzgebungskompetenz zur Festlegung der Höchstzahl von Spielgeräten in Spielhallen verfüge. Die Regelungen unterfielen der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder nach Art. 70 Abs. 1 GG.

39

§ 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz HmbSpielhG diene wichtigen Gemeinwohlzielen. Die Spielsuchtprävention stelle nicht nur ein wichtiges, sondern sogar ein überragend wichtiges Gemeinwohlziel dar, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für ihre Familien und die Gemeinschaft führen könne. § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG genüge den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Die Begrenzung der Zahl der Spielgeräte auf acht Geräte je Spielhalle sei zur Spielsuchtprävention geeignet und erforderlich. Eine Beschränkung, die gleich wirksam sei, die Spielhallenbetreiber hingegen weniger belaste, sei nicht ersichtlich. Die Regelung sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Das Gewicht der mit § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG verfolgten Spielsuchtprävention überwiege das Gewicht der wirtschaftlichen Interessen der Spielhallenbetreiber.

40

Die Klägerin sei durch die Regelung auch nicht im allgemeinen Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1GG verletzt. Es liege im Hinblick auf eine Ungleichbehandlung der Hamburger Spielhallen und der Spielbank kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Die Ungleichbehandlung von Spielhallen und Spielbanken sei trotz der strengen Bindung des Gesetzgebers gerechtfertigt, weil zwischen den Hamburger Spielhallen und der Spielbank Hamburg im Hinblick auf die Regelung in verschiedenen Ordnungsbereichen und durch grundlegend verschiedene Regelungskonzepte Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestünden, die die ungleiche Behandlung rechtfertigten.

41

§ 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG sei auch mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar. Diese Regelung verletze die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit und im Recht zu arbeiten aus Art. 15 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 12. Dezember 2007. Es sei kein Raum für eine Prüfung des in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union entwickelten Kohärenzgebots. Hier sei weder der Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit aus Art. 49 AEUV noch der Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 und Abs. 3 AEUV eröffnet. Die Klägerin sei eine nach deutschem Recht gegründete juristische Person des Privatrechts. Sie habe ihren Sitz in Hamburg und betreibe hier ihre Spielhallen. Es liege daher kein grenzüberschreitender Sachverhalt vor. § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG verstoße auch nicht gegen eine sich aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften ergebende Notifizierungspflicht. Es handele sich bei dieser Regelung des Hamburgischen Spielhallengesetzes nicht um eine nach der Richtlinie 98/34/EU notifizierungspflichtige „technische Vorschrift“.

42

Die Klägerin sei verpflichtet, in ihren Spielhallen zwischen jedem Spielgerät Trennwände in einer Tiefe von mindestens 0,80 m, gemessen von dem am weitesten in den Raum hineinragenden Gebäudeteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante, aufzustellen. Die Beklagte verfüge über die Gesetzgebungskompetenz zum Erlass der Vorschrift und § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG diene wichtigen Gemeinwohlzielen in Gestalt des Spielerschutzes sowie der Spielsuchtprävention. Die Regelung genüge den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

43

Die Klägerin sei entgegen der mit dem Hauptantrag zu 3 begehrten Feststellung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 HmbSpielhG dazu verpflichtet zu gewährleisten, dass Tageslicht in den Aufschlussbereich der Geldspielautomaten in ihren Spielhallen einfalle. Die Regelung sei mit dem Grundgesetz vereinbar.

44

Für die Spielhalle der Klägerin gelte nicht, wie mit dem Hauptantrag zu 4 begehrt, die bisherige Sperrzeit nach § 1 der Sperrzeitverordnung. § 5 Abs. 1 HmbSpielhG verletze die Klägerin nicht in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Beklagte sei zum Erlass des § 5 Abs. 1 HmbSpielhG zuständig. Die Sperrzeitenregelung diene wichtigen Gemeinwohlzielen, da auch mit ihr die Stärkung des Spielerschutzes und der Spielsuchtprävention bezweckt werde. Die Festlegung der Sperrzeiten genüge überdies den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes; dies ergebe sich bereits aus der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Hamburg vom 10. März 2014 (4 Bs 435/13). § 5 HmbSpielhG verletze die Klägerin weder im Hinblick auf die Ungleichbehandlung von Hamburgischen Spielhallen und der Spielbank Hamburg noch im Hinblick auf die Ungleichbehandlung von Spielhallen sowie Schank- und Speisewirtschaften im allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.

45

Auch der erste Hilfsantrag zum Hauptantrag zu 4 sei unbegründet. Die begünstigende Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG verletze die Klägerin nicht im allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, da die Ungleichbehandlung von Spielhallen innerhalb und außerhalb des Vergnügungsviertels Reeperbahn durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei.

46

Auch mit den Hilfsanträgen zu den Hauptanträgen zu 2 und 3 und dem zweiten Hilfsantrag zu 4 sei die zulässige Klage unbegründet.

47

Die Klägerin hat am 28. Januar 2015 gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berufung eingelegt und diese am 16. April 2015 fristgerecht begründet. Sie macht u.a. geltend:

48

Die Regelung zur Reduzierung der Geldspielgeräte in § 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz HmbSpielhG verletze sie in ihrer Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelung finde im GlüStV und im Bundesrecht keine Grundlage. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts verfüge die Beklagte nicht über die Gesetzgebungskompetenz. Diese stehe dem Bund zu, da die Regelung der Anzahl von Geldspielgeräten in Spielhallen dem Geräte- und Aufstellungsrecht unterfalle.

49

Im Übrigen sei § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG materiell verfassungswidrig. Die Regelung sei nicht geeignet, das vom Gesetzgeber benannte Ziel der Suchtprävention zu erreichen. Dass die Gerätereduzierung zu einer Eindämmung pathologischen Spielverhaltens führe, sei nicht nachgewiesen. Folge der Pflicht zur Reduzierung sei es, dass gerade pathologische Spieler in die Automatensäle der Spielbanken, illegale Hinterzimmer oder das Glücksspiel im Internet auswichen, um ihre Spielsucht zu befriedigen. Die Aufsichtsmöglichkeiten in einer Spielbank seien viel geringer als in vergleichbar kleinen Spielhallen. Dies gelte erst recht für das Glücksspiel im Internet, das gänzlich anonym und unkontrolliert stattfinde, oder für illegale Glücksspielangebote. Das Online-Glücksspiel berge eine vielfach höhere Suchtgefahr als das Automatenspiel in Spielhallen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Spieler den Überblick über die eingesetzten Geldmengen verlören, da die Beträge per PayPal abgebucht bzw. mit Pre-Paid-Karten und nicht wie in einer Spielhalle bar gezahlt würden. Fehlerhaft sei auch die Ansicht des Verwaltungsgerichts, die Anreize für den Spieler seien umso geringer, je weniger Geräte je Spielhalle aufgestellt würden. Dagegen spreche die große Zahl der Spielgeräte in der von der Beklagten subventionierten Spielbank. Diese unterliege keinen gesetzlichen Reglementierungen. Dort sei Alkoholausschank erlaubt; es bestehe u.a. die Möglichkeit, in Raucherräumen zu rauchen und an einem EC-Automaten Bargeld zu erhalten. Auch unterliege die Spielbank keinen Werbebeschränkungen und bewerbe ihren Betrieb großflächig.

50

Die Reduzierung der Geräte sei auch nicht zumutbar und erforderlich. Der Bundesgesetzgeber habe durch die SpielV den Betreibern bereits erhebliche Einschränkungen für den Betrieb auferlegt. Deren Auswirkungen hätte der Gesetzgeber zunächst bewerten müssen, bevor er massivere Maßnahmen wie die Gerätereduzierung ergreife. Den Betreibern von Spielhallen sei es u.a. durch die im Jahr 2018 in Kraft tretenden und bereits wirksamen Vorgaben der SpielV insbesondere nicht möglich, ihre Preise zu erhöhen und das Spiel durch Erhöhung der Gewinngrenzen für die Spieler attraktiver zu gestalten. Sie, die Klägerin, habe im Vertrauen auf die nach § 3 Abs. 2 SpielV zulässige Anzahl von 12 bzw. 24 Geräten mit langfristig laufenden Mietverträgen entsprechend große Flächen angemietet. Die Reduzierung habe erhebliche negative Auswirkungen auf die Rentabilität von Betrieben wie denen der Klägerin, da die Umsatzeinbußen bei gleichbleibenden Kosten für Personal und Miete nicht ausgeglichen werden könnten. Bei einer Reduzierung der Geldspielgeräte auf acht Geräte verfüge sie über überzählige Flächen, die sie nicht wirtschaftlich nutzen könne, für die aber Kosten entstünden. Die in § 9 Abs. 2 HmbSpielhG geregelten Übergangsfristen seien nicht ausreichend, um dem Grundsatz des Vertrauensschutzes Rechnung zu tragen.

51

Die Reduzierung sei auch deshalb unverhältnismäßig, weil der Gesetzgeber einerseits den Betrieb von Spielhallen mit der Begründung der Spielsuchtprävention stark reglementiere, aber gleichzeitig seine Gesetzgebung nicht konsequent an diesem Ziel ausrichte, sondern das spielsuchtgefährdende Automatenspiel in der Spielbank weitgehend unregle-mentiert zulasse. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. März 2017 beschäftige sich nicht mit der möglichen Unionsrechtswidrigkeit der angegriffenen Regelungen. Sie führe lediglich aus, dass die Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit nur dann gerechtfertigt sei, wenn die betreffenden Maßnahmen dazu beitrügen, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Gefahren des Glücksspiels in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen. Warum die angegriffenen Regelungen dem Erfordernis der Kohärenz genügten, begründe das Gericht nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seien ein Monopol und der damit verbundene Ausschluss anderer Anbieter nur verfassungsgemäß, wenn diese Beschränkungen konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft ausgerichtet seien. Die Ermahnung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 7. März 2017 (juris), die Bekämpfung der Spielsucht nicht durch eine Ausweitung des Automatenspiels zu konterkarieren, hindere die Beklagte nicht, aus fiskalischen Gründen weitere Spielbank-Dependancen zu eröffnen. Zudem habe die Beklagte einem Wettbewerber in Bergedorf für einen aus sieben Hallen bestehenden Spielhallenkomplex und eine Einzelspielhalle Erlaubnisse erteilt. Dies spreche gegen eine kohärente und konsequente Bekämpfung der Spielsucht.

52

Die Gerätereduzierung sei auch als sogenannter „additiver Grundrechtseingriff“ unverhältnismäßig. Die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts u.a. zum Abstandsgebot sei insoweit auf die Gerätereduzierung nicht anwendbar. Sie, die Klägerin, erleide nicht nur durch die Verminderung der Zahl der Geldspielgeräte, sondern auch durch die Sperrzeit von sieben Stunden erhebliche Umsatzeinbußen. Die verbleibenden Geräte würden während der verkürzten Öffnungszeiten häufiger bespielt und Spieler, für die kein freies Gerät verfügbar sei, würden eine andere Spielhalle aufsuchen oder andere Glücksspielformate, zum Beispiel im Internet, wählen. Sei zu der verfügbaren Zeit kein Spielgerät frei, ändere der Spieler nicht seine Gewohnheiten oder Spielzeiten. Daher habe die Gerätereduzierung keine Verlagerung des Spielverhaltens auf andere Zeiten bewirkt und damit nicht zu einer gleichbleibenden Auslastung der verbleibenden Spielgeräte geführt. Das betriebswirtschaftliche Ergebnis für die Monate Januar bis November 2016 habe ………. Euro betragen, das vorläufige Ergebnis für die Monate Januar bis November 2017 nur ……… Euro. Es sei in der Einzelspielhalle in der X-Straße um ca. 1/3 gesunken. Die Kosten für Raummiete, Personal und Strom seien gleich geblieben. Dies sei für sie existenzgefährdend.

53

Es existierten weniger einschneidende Beschränkungen wie zum Beispiel die Einführung einer Spielerkarte, wie Zugangskontrollen für Spielhallen, eine Sperrdatei oder die Erhöhung des Zutrittsalters auf 21 Jahre, das in den klägerischen Spielhallen bereits gelte.

54

§ 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG verstoße auch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Es liege eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Hamburger Spielhallen und der Spielbank Hamburg vor. Diese sei auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass Spielhallen und die Spielbank unterschiedlichen Ordnungs- und Regelungsbereichen unterfielen. Hier handele es sich um Landesrecht und damit um den gleichen Gesetzgeber. Zudem würden die Anforderungen an die Geldspielgeräte (z.B. Spielpausen, Speicherung von Geldbeträgen in Einsatz- und Gewinnspeichern, Verbot des Punktespiels) durch die Änderung der SpielV vom 11. November 2014 weiterhin verschärft. All diese Restriktionen gälten für eine Spielbank nicht. Auch könne die Beklagte aus fiskalischen Gründen weitere Spielbank-Dependancen eröffnen, was gesetzlich möglich sei. Dort könnten ein oder mehrere Gerät(e) mit unbegrenzten Geldbeträgen ohne Spielpausen bespielt werden. Es seien dort 136 Geräte aufgestellt. Auch Einlasskontrollen in der Spielbank könnten nicht gewährleisten, dass an den zahlreichen in der Spielbank aufgestellten Geräten ohne Spielpausen und ohne Gewinn- und Verlustbegrenzung gespielt werde. Die für Spielbanken bestehende Sperrdatei können nicht verhindern, dass Gelegenheitsspieler, die erst an der Spielsucht zu erkranken drohten und an die sich das Hamburgische Spielhallengesetz in erster Linie richte, an den in der Spielbank aufgestellten Spielautomaten spielten. Auch die Selbst- und Fremdsperren hätten keinen präventiven Charakter. Dem Gesetzgeber gehe es mit der Gerätereduzierung zudem darum, die Spielanreize an einem Ort zu reduzieren. Daher sei die Erwägung unerheblich, dass es mehr Spielhallen als Spielbankenstandorte gebe.

55

Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 7. März 2017 seien auf ihren Fall nicht übertragbar, weil die dort entschiedenen Fälle Inhaber von sehr großen Verbundspielhallen betroffen hätten. Die Gefahr eines „Las-Vegas-Effekts“, den das Bundesverfassungsgericht u.a. hinsichtlich des Abstandsgebots benenne, trete bei ihrer Einzelspielhalle bzw. ihrer Doppelspielhalle nicht auf. Die Ausführungen zu den Gemeinwohlzwecken bezüglich der Gerätereduzierung seien nicht näher begründet worden; dies gelte auch für die Unterschiede zu Spielbanken. Es spreche nichts dagegen, in verbleibenden Einzelspielhallen entsprechend der SpielV weiterhin zwölf Geräte aufzustellen, wie dies in den meisten Bundesländern weiter erlaubt sei.

56

Auch § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, da er sie, die Klägerin, ebenfalls in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG verletze. Es fehle der Beklagten an der Gesetzgebungskompetenz. Zudem seien die in der SpielV vorgesehenen Sichtblenden zum Spielerschutz gleich wirksam und weniger eingriffsintensiv, da sie das Bespielen mehrerer Geräte ebenfalls einschränkten. Die nun verlangten Sichtblenden führten dazu, dass der einzelne Spieler in seinem Spiel weniger beobachtet werden könne und die Aufsichtsmöglichkeiten eingeschränkter seien. Der mit dem Besuch der Spielhalle verbundene soziale Kontakt trete in den Hintergrund. Der Spielerschutz werde durch die neuen Sichtblenden eher verringert als erhöht. Die Ungleichbehandlung zwischen Spielhallen und der Spielbank sei auch hinsichtlich dieser Verpflichtung nicht gerechtfertigt.

57

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts gelte für ihre Spielhallen die bisher nach § 1 der Sperrzeitverordnung bestimmte Sperrzeit von 5.00 bis 6.00 Uhr. Die Sperrzeitregelung sei nicht geeignet, die Spielsucht wirksam zu bekämpfen. In Gaststätten und Imbissen sei es weiterhin möglich, die in den Schankräumen aufgestellten Automaten auch während der Sperrzeit zu betreiben. Gleiches gelte für Wettbüros, die teilweise auch Spielautomaten aufgestellt hätten. Zudem hielten sich dann potentielle Spieler vermehrt im offenen Spielbetrieb des Internets auf oder in unkontrollierten Spiele-Cafés sowie in Hinterzimmern. Die Sperrzeitverordnung sei auch nicht geeignet, die Spielsucht wirksam zu bekämpfen. Es liege nahe, dass durch die Reduzierung der Öffnungszeiten der Spielhallen mehr Besucher in die Hamburger Spielbank getrieben würden. Der Gesetzeszweck sei lediglich vorgeschoben und die Geeignetheit der Sperrzeit zur Spielsuchtbekämpfung sei aus diesem Grund fraglich. Aus der immensen Bewerbung der Hamburger Spielbank könne der Schluss gezogen werden, dass das HmbSpielhG lediglich fiskalischen Zwecken diene. Außerdem sei die Sperrzeitregelung unverhältnismäßig. Die Mitarbeiter der Klägerin, die gezwungen seien, um 5:00 Uhr morgens die Hallen abzuschließen, würden einem erhöhten Unfallrisiko ausgesetzt. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass gerade der Zeitpunkt der Schließung einer Halle in den frühen Morgenstunden eine erhöhte Gefahr von Raubüberfällen in sich berge. In der bisherigen Sperrzeit habe die Halle zwar abgeschlossen werden müssen, das Schließen erfolge aber von innen und die Mitarbeiter blieben während der Sperrzeit in der Halle und reinigten diese. Der Gesetzeszweck, den Spieler zu veranlassen, einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen zu ziehen sowie die Möglichkeit der Erholung zu nutzen, könne auch durch mildere Mittel wie eine kürzere Sperrzeit zur Nachtzeit erreicht werden. Nach dem Glücksspielstaatsvertrag sei es ausreichend, wenn die Sperrzeit lediglich drei Stunden betrage. Außerdem gehe der Gesetzgeber, wie sich u.a. aus § 26 Abs. 2 GlüStV und § 5 Abs. 3 HmbSpielhG ergebe, selbst davon aus, dass eine kürzere Sperrzeit ausreichend sei.

58

§ 5 HmbSpielhG sei im Hinblick auf die kürzeren Sperrzeiten in den Dependancen der Hamburger Spielbank wegen Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Auch bestehe eine Ungleichbehandlung der Spielhallen gegenüber den Schank- und Speisewirtschaften. Wenn der Spieler durch die verlängerten Sperrzeiten gezwungen werden solle, einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen zu ziehen sowie die Möglichkeit der Erholung zu nutzen, sei nicht ersichtlich, warum dies dann in Schank- und Speisewirtschaften, in denen der Spieler durch den Alkohol enthemmter sei, nicht gelte. Mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Sperrzeiten beschäftige sich der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. März 2017 nicht.

59

Auch der Hilfsantrag sei begründet, soweit die Sperrzeit in den Spielhallen um 6:00 Uhr beginne und um 9:00 Uhr ende. Die in § 5 Abs. 1 HmbSpielhG festgelegte längere Sperrzeit für Spielhallen und die kürzere Sperrzeit für Spielhallen auf der Reeperbahn und am Steindamm stellten einen nicht gerechtfertigten Eingriff in ihr Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG dar. Die unterschiedlichen Standorte rechtfertigten die Ungleichbehandlung nicht. Personen, die der Spielsucht verfallen seien, seien gerade in dem Gebiet Reeperbahn in einem größeren Ausmaß gefährdet als in anderen Gebieten.

60

Die Klägerin beantragt,

61

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 10. Dezember 2014 teilweise zu ändern und

62

1. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Anzahl der Spielgeräte in den von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und Y-Straße in 22159 Hamburg auf jeweils acht Spielgeräte zu reduzieren,

63

2. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, in den von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und Y-Straße in 22159 Hamburg jeweils zwischen jedem Spielgerät Sichtblenden in einer Tiefe von mindestens 0,80 m, gemessen von dem am weitesten in den raumhineinragenden Gerätebauteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante, aufzustellen,

64

3. festzustellen, dass für die von der Klägerin betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und Y-Straße in 22159 Hamburg die bisherige Sperrzeit von 5:00 Uhr bis 6:00 Uhr nach § 1 der Sperrzeitverordnung gilt,

65

hilfsweise festzustellen, dass bei den von der Klägerin betriebenen Spielhallen jeweils die Sperrzeit um 6:00 Uhr beginnt und um 9:00 Uhr endet.

66

Die Beklagte beantragt,

67

die Berufung zurückzuweisen.

68

Sie macht u.a. geltend, das Verwaltungsgericht gehe zu Recht von der Gesetzgebungskompetenz der Freien und Hansestadt Hamburg aus. Das Recht der Spielhallen aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG beziehe sich auf das gesamte Spielhallenwesen. Die Höchstzahl der zulässigen Spielgeräte sei nicht bereits durch § 3 Abs. 2 SpielV bundesrechtlich abschließend geregelt. Die Regelungen verletzten die Klägerin nicht in ihrem Recht auf freie Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 GG. Soweit die Klägerin meine, gerade pathologische Spieler würden auf Automatensäle der Spielbanken, illegale Hinterzimmer und das Glücksspiel im Internet ausweichen, seien dazu keine Untersuchungen bekannt. Es werde auch von den Anbietern nicht mehr bestritten, dass Geldgewinnspiel und Glücksspiel um Geld zu pathologischen Verhaltensweisen führen könne. Dieses Verhalten sei nicht auf eine einzige Ursache zurückzuführen. Es sei als unwiderlegbar anzunehmen, dass Angebote eine Nachfrage nach sich zögen. Wo große Nachfrage herrsche, sei auch die Gefahr, pathologische Verhaltensweisen zu entwickeln, entsprechend größer. Die Regelung verletze Art. 3 Abs. 1 GG nicht. Eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der gewerblichen Spielhallen und der Spielbank Hamburg liege nicht vor. Der Spielbank Hamburg mit drei Dependancen mit insgesamt 381 Geldspielautomaten hätten im Jahr 2014 ca. 378 Spielhallen mit insgesamt ca. 4040 Geldspielgeräten gegenübergestanden. Heute seien es 321 Spielhallen. Wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebe, sei die Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern gegenüber den Betreibern von Spielbanken und Gaststätten mit Geldspielgeräten gerechtfertigt, selbst wenn wegen der erheblichen Beeinträchtigung des Grundrechts der Berufsfreiheit ein über eine bloße Willkürkontrolle hinausgehender Verhältnismäßigkeitsmaßstab zugrunde gelegt werde.

69

Die Pflicht zur Einzelaufstellung der Geldspielgeräte, verbunden mit den erforderlichen Sichtblenden, diene dem Spielerschutz. Früher sei das Spiel an mehreren Geldspielgeräten unproblematisch möglich gewesen. Dies werde nun sehr erschwert. Die Automatiktaste sei erst ab November 2014 nach § 13 Nr. 7 Satz 3 SpielV bei neuen Geldspielgeräten verboten. Für alte Geräte gälten Übergangsfristen. Die Regelung sei verhältnismäßig. Die Erwerbsinteressen der Klägerin träten dahinter deutlich zurück.

70

Soweit die Klägerin u.a. gegen die Sperrzeitregelung und die Gerätereduzierung einwende, sie könne Umsatzrückgänge, die sie dadurch erfahren habe, aufgrund der Beschränkung der Geldspielgeräte nicht ausgleichen, und die Sperrzeitregelung werde für sie ruinöse Folgen haben, sei dies nicht durch Zahlen belegt und insgesamt wenig aussagekräftig. Es sei damit zu rechnen, dass die Kunden die Spielhallen auch zu Zeiten außerhalb der Spitzenzeiten aufsuchten und dass so die acht Geldspielgeräte stärker ausgelastet seien. Zudem sei der Klägerin spätestens seit Inkrafttreten des HmbSpielhG bekannt gewesen, dass sie die Zahl der Geldspielgeräte innerhalb der in § 9 Abs. 2 HmbSpielhG geregelten Fristen zu reduzieren habe. Sie habe bis zum 30. Juni 2017 und damit hinreichend Zeit gehabt, sich auf die aktuelle Rechtslage einzustellen, indem sie zum Beispiel kurze Laufzeiten der Miet- bzw. Leasingverträge für die Spielgeräte vereinbart hätte. Auch habe sie die Anzahl der Geräte gegebenenfalls auch sukzessive reduzieren können.

71

Im Übrigen sei nicht erkennbar, aus welchen Gründen das Unionsrecht hier Anwendung finde. Es fehle an einer Darlegung, weshalb hier die Dienstleistungsfreiheit verletzt sein könne. Die Klägerin habe ihren Sitz nicht im europäischen Ausland und damit fehle nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das grenzüberschreitende Moment. Unabhängig davon liege ein Verstoß gegen Unionsrecht nicht vor. Selbst wenn man einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit durch die Regelungen des HmbSpielhG annehme, sei dieser hier aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Die Regelung sei nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzverbot unanwendbar. Das Kohärenzverbot verlange weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung. Eine alle Glücksspielsektoren überspannende und zwischen Bund und Ländern koordinierte Gesamtkohärenz sei nicht erforderlich.

72

Soweit die Klägerin die Werbepraxis beanstandete, sei zu berücksichtigen, dass alle Landeslottogesellschaften gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 1 GlüStV über eine Werbeerlaubnis verfügten. Für den Bereich der Sportwetten sehe der Glückspielstaatsvertrag in den §§ 4a ff. GlüStV ein striktes Regulierungssystem vor. Dieses werde in Hamburg durch das Ausführungsgesetz zum GlüStV ergänzt. Eine Inkohärenz ergebe sich auch nicht im Vergleich zum Online-Glücksspiel oder den Spielbanken. Die Spielbanken unterlägen einem strikten ordnungsrechtlichen Maßstab. Die unterschiedliche Regelung im Vergleich zu Spielhallen sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Online-Glücksspiel sei strikt reguliert. Es bestehe gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV ein Totalverbot, von dem nur für Lotterien, Sportwetten und Pferdewetten in § 4 Abs. 5 GlüStV Ausnahmen zulässig seien. Die Aufsichtsbehörden gingen auch gegen unerlaubte Glücksspiele im Internet vor. Dass wegen der Vielzahl der Angebote der Schwarzmarkt nicht vollständig beseitigt werden könne, stelle im Übrigen nach der Rechtsprechung des EuGH keinen Verstoß gegen unionsrechtliche Verpflichtungen dar.

73

Die von der Klägerin angeführten Verbundspielhallen im Bezirk Bergedorf seien im Rahmen eines Härtefallantrages nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG genehmigt worden. Im Übrigen gebe es im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg durchaus noch Standorte, an denen neue Spielhallen eröffnet werden könnten.

74

Mit Beschluss vom 16. Februar 2016 hat das Berufungsgericht das Verfahren entsprechend § 94 VwGO im Hinblick auf anhängige Verfassungsbeschwerden bei dem Bundesverfassungsgericht (1 BvR 1314/12 u.a.) ausgesetzt. Mit Beschluss vom 26. September 2017 ist der Aussetzungsbeschluss aufgehoben worden, nachdem das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerden mit Beschluss vom 7. März 2017 (juris) entschieden hatte.

75

Die Sachakten der Beklagten und die Prozessakten der Verfahren 4 Bf 217/17 und 4 Bs 121/17 haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

76

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

77

Das auf Grund mündlicher Verhandlung vom 10. Dezember 2014 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts ist nicht zu ändern. Die Klage der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

78

I. Die von der Klägerin erhobene negative Feststellungsklage ist zulässig.

79

Die Feststellungsklage der Klägerin ist hinsichtlich der Hauptanträge zu 1-3 und des Hilfsantrags nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig.

80

Soweit sie sich dagegen wendet, dass ihre Spielhallen den in Kraft getretenen und nun mit der für den Standort X-Straße erteilten Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG verbundenen betriebsbezogenen Einschränkungen unterliegen, ist die Klägerin an einem gegenwärtigen, feststellungsfähigen Rechtsverhältnis beteiligt. § 43 Abs. 2 VwGO greift insoweit nicht ein, da die Vorschriften bußgeldbewehrt sind und der Klägerin nicht zuzumuten ist, etwaige Sanktionen abzuwarten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, BVerwGE 157, 127, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 15 m.w.N.; OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 11). Soweit sich die Klägerin gegen erst künftig eintretende, mit dem Erlöschen ihrer Spielhallenerlaubnisse bezüglich des Standortes Y-Straße und dem Erfordernis einer neuen Erlaubnis verbundene Beschränkungen wendet, ist die Klage als vorbeugende Feststellungsklage zulässig. Zwar ist über ihre Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen für diesen Standort noch nicht rechtskräftig entschieden worden. Gegenwärtig duldet die Beklagte den Weiterbetrieb. Welchen rechtlichen Anforderungen die Klägerin im Hinblick auf die künftige Erteilung einer Erlaubnis unterliegen wird, ist aber bereits jetzt sachlich und zeitlich hinreichend überschaubar. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist deshalb auch insoweit gegeben (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.11.1989, 2 C 23.88, NJW 1990, 1866, juris Rn. 17). Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an den von ihr mit den Hauptanträgen und dem Hilfsantrag von ihr begehrten Feststellungen ergibt sich aus ihrem Interesse, Klarheit über die Rechtslage zu erzielen, um wirtschaftliche Dispositionen für ihre Betriebe treffen zu können (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 15; OVG Saarlouis, Urt. v. 5.7.2017, 1 A 51/15, juris Rn. 128 f.).

81

II. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin ist verpflichtet, die von ihr beanstandeten Vorschriften einzuhalten. Die Bestimmungen des § 4 Abs. 3 Satz 1, des § 4 Abs. 3 Satz 3 und des § 5 Abs. 1 und 3 HmbSpielhG sind formell und materiell verfassungsgemäß und stehen mit Unionsrecht im Einklang (1. bis 3.). Sie sind auch nicht wegen Verstoßes gegen die Notifizierungspflicht unanwendbar (4.).

82

1. Die Klägerin kann nicht verlangen, die Pflicht zur Reduzierung der Geldspielgeräte nicht einhalten zu müssen, weil sie durch die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz HmbSpielhG anderenfalls in ihren geschützten Rechtspositionen verletzt wird.

83

a) Der mit den Anforderungen an die Gerätereduzierung verbundene Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechte der Klägerin ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

84

aa) Der Eingriff in die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG ist formell und materiell verfassungsgemäß.

85

Bei der Bestimmung, dass die Gesamtzahl der Geld- oder Warenspielgeräte in einem Unternehmen nach § 1 Abs. 2 HmbSpielhG acht Geräte nicht übersteigen darf (§ 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG), handelt es sich um einen Eingriff in eine Berufsfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG. Denn derjenige, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes ein Unternehmen nach § 1 Absatz 2 HmbSpielhG rechtmäßig betreibt und über eine gültige Erlaubnis nach § 33i GewO oder nach § 2 HmbSpielhG verfügt, hat für diesen Betrieb die Zahl der Geräte und Spiele innerhalb einer bestimmten Frist, spätestens ab 1. Juli 2017, auf das nach § 4 Absatz 3 HmbSpielhG zulässige Maß zu reduzieren (§ 9 Abs. 2 HmbSpielhG) bzw. darf nur maximal acht Geräte betreiben. Die Regelung stellt keinen Eingriff in die Berufswahlfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG dar, weil die Betroffenen durch die hier relevanten Regelungen des HmbSpielhG weder an der Berufswahl noch daran gehindert sind, jederzeit an einem geeigneten Ort innerhalb Hamburgs eine neue Spielhalle zu eröffnen (vgl. zum Maßstab: OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 29 m.w.N.; vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 36 ff.).

86

Dieser Berufsregelung unterfällt die Klägerin. Die Beklagte erteilte ihr zuletzt in den Jahren 2008 und 2010 für die von ihr betriebenen Spielhallen eine Erlaubnis nach § 33 i GewO bzw. im Juni 2017 eine neue Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG.

87

Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die in kompetenzmäßiger Hinsicht den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.3.1992, 1 BvR 298/86, BVerfGE 86, 28, juris Rn. 46 ff.). Sie müssen zudem auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist (stRspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.1.2016, 1 BvL 6/13, NJW 2016, 700, juris Rn. 47 m.w.N.). Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Einschränkungen der Berufsfreiheit stehen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Daher müssen die Eingriffe zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet sein und dürfen nicht weiter gehen, als es die Gemeinwohlbelange erfordern (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.1.2002, 1 BvR 1236/99, BVerfGE 104, 357, juris Rn. 34). Die Eingriffsmittel dürfen zudem nicht übermäßig belastend sein, so dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 95 m.w.N.). Wirkt eine auf die Berufsausübung zielende Regelung auf die Berufswahl zurück, weil sie in ihren Wirkungen einer Regelung der Berufswahl nahe kommt, ist ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung an den Anforderungen an Regelungen betreffend die Berufswahl zu messen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 5.8.2015, 2 BvR 2190/14, WM 2015, 1827, juris Rn. 28 m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 35 m.w.N.)

88

Die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und weiterer negativer Begleiterscheinungen des Spiel- und Wettbetriebs stellt ein legitimes Ziel für die Berufsfreiheit einschränkende Regelungen dar (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12, NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 122; Beschl. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 98 f.). Es gelten insofern allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der das Berufungsgericht folgt, besondere Anforderungen, sofern der Staat zugleich auf Teilen des Spielmarktes selbst wirtschaftend tätig ist. So verlangt ein beim Staat monopolisiertes Sportwettenangebot eine konsequente Ausgestaltung der Maßnahmen zur Vermeidung und Abwehr von Spielsucht und problematischem Spielverhalten (BVerfG, Beschl. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 126), da fiskalische Erwägungen des Staates solche Einschränkungen der Berufsfreiheit nicht tragen können. In einer Konfliktlage mit staatlicher Beteiligung am Spiel- und Wettmarkt ist eine Ausrichtung der staatlichen Maßnahmen auf die Bekämpfung der Spielsucht erforderlich. Dabei sind andere Glücksspielformen insbesondere dann einzubeziehen, wenn der Gesetzgeber - wie hier - (auch) eigene fiskalische Interessen verfolgt und die Glücksspielformen potentiell in Konkurrenz zueinander stehen. Die suchtpräventiv ausgerichtete staatliche Regulierung in einem Glücksspielsegment darf nicht durch die fiskalische Ausrichtung der Regulierung in einem anderen konterkariert werden. Dies gilt insbesondere dort, wo die Regulierung privater Angebote und staatliche Monopole zusammentreffen, wie dies u.a. bei der Regulierung von Spielhallen einerseits und Spielbanken andererseits der Fall sein kann. Unterschiedliche Regelungen verschiedener Glücksspielformen sind jedoch zulässig, sofern der Gesetzgeber eine angemessene Suchtprävention nicht außer Acht lässt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 3.7.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 122 ff.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 51 f.).

89

Nach den Anforderungen des Gerichtshofs der Europäischen Union an die staatliche Bekämpfung der Spielsucht ist im nicht monopolisierten Bereich die Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit der Unionsrechtsordnung nur dann gerechtfertigt, wenn die restriktive Maßnahme einem zwingenden Grund des Allgemeininteresses wie dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung (einschließlich der Bekämpfung der Spielsucht), der Betrugsvorbeugung oder der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen entspricht und geeignet ist, die Verwirklichung dieses Ziels dadurch zu gewährleisten, dass sie dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten im Glücksspiel in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (vgl. EuGH, Urt. v. 21.10.1999, C-67/98, Rn. 36 f.; Urt. v. 6.11.2003, C-243/01, Rn. 67; Urt. v. 6.3.2007, C-338/04 u.a., Rn. 52 f.; Urt. v. 8.9.2010, C-46/08, Rn. 55, 64 f.; Urt. v. 8.9.2010, C-316/07 u.a., Rn. 88; Urt. v. 30.4.2014, C-390/12, Rn. 43; vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 122-124).

90

Diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG.

91

(1) § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG, der in die Berufsfreiheit eingreift, ist nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, 70 GG formell verfassungsgemäß. Die hier streitgegenständliche Regelung ist nicht kompetenzwidrig zustande gekommen. Die Beklagte war für den Erlass der Regelung nach Art. 70 Abs. 1 GG zuständig.

92

Die Bestimmung zur Reduzierung der allgemeinen Gerätehöchstzahl je Spielhalle unterfällt der Gesetzgebungskompetenz der Länder. Sie ist eine gewerberechtliche Anforderung und dem Recht der Spielhallen nach Art. 70, 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuzuordnen. Der Kompetenztitel für das Recht der Spielhallen ermächtigt die Länder zur Regelung sämtlicher Voraussetzungen für die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebs einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte, dem Zweck der Regelungen und der Systematik. Die Regelung der höchstzulässigen Gerätezahl ist eine gewerberechtliche Anforderung und stellt auf die spezifische Gefährlichkeit von Spielhallen ab (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 97 ff., zur gleichlautenden Berliner Regelung: Rn. 112; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, BVerwGE 157, 127, juris Rn. 19 ff., 33; ausführl. zu § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG: OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, juris Rn. 72 ff.).

93

Von der der Beklagten zugewiesenen Gesetzgebungskompetenz hat diese u.a. mit § 28 Satz 1 und 2 des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (v. 15.12.2011, HmbGVBl. 240, in Kraft getreten zum 1.7.2012) - GlüStV - und § 4 HmbSpielhG Gebrauch gemacht.

94

(2) Bedenken gegen die materielle Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG bestehen nicht. Der sich aus der Regelung ergebende Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ist materiell verfassungsgemäß.

95

Der Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Klägerin ist durch ein Gemeinwohlziel legitimiert.

96

Für die Beschränkung der Zahl der Geldspielgeräte nach § 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz HmbSpielhG sprechen vernünftige Gründe des Gemeinwohls. Die auf die Senkung der Zahl der Geldspielgeräte zielende Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG soll unter anderem das Entstehen von Glücksspielsucht verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung schaffen. Das HmbSpielhG, das den GlüStV in Bezug auf Spielhallen umsetzt bzw. konkretisiert, dient nach der Begründung des Gesetzentwurfs dem Ziel, Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen, dass das Angebot im Sinne der Bekämpfung der Spielsucht ausgestaltet ist, dass der Spielerschutz verbessert und der Jugendschutz eingehalten wird (vgl. BüDrs. 20/3228, S. 6, 7). Spielsucht kann schwerwiegende Folgen nicht nur für den Betroffenen und seine Familie haben. Sie birgt wegen der drohenden Verschuldung des Betroffenen und seiner Familie sowie wegen der mit der Sucht nicht selten verbundenen Folge- und Begleitkriminalität auch Gefahren für die Gemeinschaft (vgl. Bü-Drs. 20/3228, S. 7, 8, Bü-Drs. 20/5877, S. 24, 25 m.w.N.; vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 99 f.). Nach dem Drogen- und Suchtbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung (vom Mai 2013, Nr. 5 - Pathologisches Glücksspiel - S. 43 ff.) ist der Geldspielgerätemarkt der wirtschaftlich bedeutendste und umsatzstärkste Sektor des deutschen regulierten Glücksspielmarkts. Automatenglücksspiel weist das höchste Suchtpotential auf. Für Spieler, die an Geldspielautomaten spielen, ergibt sich gegenüber Spielern, die dieses Glücksspiel nicht betreiben, ein deutlich erhöhtes Risiko, ein problematisches Spielverhalten zu entwickeln. Automatenglücksspiele können nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung zu krankhaftem Suchtverhalten führen (vgl. Zusammenfassung bei Pagenkopf, Der neue Glücksspielstaatsvertrag, NJW 2012, 2918, 2921 m.w.N.; Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Internetverweis zu www.spielen-mit-verantwortung.de; vgl. Meyer, Stellungnahme zu dem Entwurf der 6. VO zur Änd. der SpielV, Stand 8.2.2012, S. 6; vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 100, BVerwG, Urt. v. 5.4.2017, 8 C 16.16, SächsVBl. 2017, 322, juris Rn. 35; StGH BW, Urt. v. 17.6.2016, 15/13, 1 VB 15/13, juris Rn. 329 f.). Die angestrebten Ziele der Suchtbekämpfung sind solche des Gemeinwohls, die Eingriffe in die Berufsfreiheit in Bezug auf den Betrieb von Spielhallen rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 133; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 38 m.w.N.; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, NVwZ-RR 2014, 317 [LS], juris Rn. 16; ausf. Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 36 m.w.N.). Ein derart wichtiges Gemeinwohlziel vermag selbst eine objektive Berufswahlbeschränkung zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1954/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 98 ff.; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 50).

97

Der Landesgesetzgeber war auch nicht gehindert, das Ziel der Bekämpfung der Glücksspielsucht zum Gegenstand seiner gesetzgeberischen Vorhaben im Rahmen des GlüStV und des HmbspielhG zu machen, obwohl - worauf die Klägerin hinweist – auch bundesrechtliche Regelungen wie die SpielV existieren, die ebenfalls an diesem Zweck und Ziel ausgerichtet sind. Diese „verbrauchen“ nicht verfassungsrechtlich legitime Schutzzwecke im Rahmen der Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 38).

98

Die Regelung ist auch konsequent am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet, auch wenn Spielhallen, Spielbanken und Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind, unterschiedlichen Regelungen unterworfen sind.

99

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nicht verlangt, dass der Gesetzgeber die durch das Spielen an Spielautomaten hervorgerufenen Suchtgefahren gleichzeitig auch bezogen auf andere Aufstellorte wie Spielbanken und Gaststätten mit gleichen Mitteln bekämpft (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 51 ff. m.w.N.). U.a. für das Verbundverbot und das Abstandsgebot (vgl. auch § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG) hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die dort relevanten Vorschriften u.a. des Berliner und des Saarländischen Spielhallengesetzes sowie die in diesen Ländern für Spielbanken und Gaststätten geltenden Vorschriften konsequent und kohärent an dem Ziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht ausgerichtet sind.

100

Das Bundesverfassungsgericht hat dazu im Beschluss vom 7. März 2017 ausgeführt:

101

„… Das Verbundverbot und die Abstandsgebote sind konsequent am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet, auch wenn Spielhallen, Spielbanken und Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind, unterschiedlichen Regelungen unterworfen sind. Bei der Regulierung der Geldspielgeräte in Gaststätten sind keine gesteigerten fiskalischen Interessen auf Seiten der Länder erkennbar.

102

Mit dem in die Regelungen nicht einbezogenen Betrieb der Spielbanken sind allerdings gesteigerte fiskalische Interessen der Länder verbunden, weil ihnen nach Landesgesetz wesentliche Anteile an der Betreibergesellschaft gehören (vgl. § 5 Abs. 3 SpielbG-Saar) und sie Bruttospielertrag und Gewinn der Spielbanken abschöpfen (vgl. § 14 Abs. 1, § 15 SpielbG-Saar; § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 2 bis 5 SpBG Bln). Insofern ist nicht ausgeschlossen, dass das Verbundverbot und die weiteren Beschränkungen in den neuen Spielhallengesetzen indirekt auch fiskalische Interessen der Länder durch Verlagerung auf das Angebot der Spielbanken fördern. Insoweit besteht ein Konkurrenzverhältnis zwischen den - hier regulierten - Spielhallen und den - auch mit fiskalischen Interessen betriebenen - Spielbanken, die in Berlin und im Saarland Dependancen oder Zweigniederlassungen betreiben, in denen ausschließlich und losgelöst von den übrigen Glücksspielangeboten der Spielbanken vergleichbares Glücksspiel an Automaten beziehungsweise Geräten angeboten wird. Diese sind durch die ausdrückliche Ausnahme in § 33h Nr. 1 GewO von der Anwendbarkeit der spielhallenbezogenen Regelungen der Gewerbeordnung ausgenommen. Demgegenüber wird der Entstehung von Mehrfachspielhallen, die wegen des großflächigen Angebots und der größeren Zahl an verfügbaren Spielgeräten in die Nähe der Automatensäle von Spielbanken heranrücken, mit den angegriffenen Regelungen entgegengewirkt.

103

Dennoch liegt hierin keine Inkonsequenz in Bezug auf das von den Gesetzgebern verfolgte Ziel der Bekämpfung der Glücksspielsucht, da der Betrieb der Spielbanken und die Erlaubnis zur Aufstellung von Spielautomaten in eigener Weise an den in § 1 GlüStV benannten Zielen, insbesondere der Bekämpfung der Glücksspielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV) und der Begrenzung und Kanalisierung des Spieltriebs (§ 1 Nr. 2 GlüStV), ausgerichtet sind. Für Spielbanken sind umfangreiche Spielerschutzvorschriften vorgesehen. […..] Dementsprechend sieht § 20 Abs. 1 GlüStV zur Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV eine Begrenzung der Anzahl der Spielbanken in den Ländern vor. Damit sind auch der Zulassung von Zweigniederlassungen beziehungsweise Dependancen Grenzen gesetzt. …. So ist das Spiel in Spielbanken aufgrund der begrenzten Zahl der Standorte (…) aus dem Alltag herausgehoben, während das Spiel in Spielhallen schon aufgrund der großen Verfügbarkeit und der wesentlich zahlreicheren Standorte Bestandteil des alltäglichen Lebens ist. Dieser Unterschied wird auch bei einer Reduzierung des Bestands an Spielhallenstandorten aufgrund der Abstandsgebote nach Ablauf der Übergangsfristen grundsätzlich fortbestehen. Nach den vorliegenden Untersuchungen fällt die vom kleinen Spiel an Spielautomaten in Spielbanken ausgehende Suchtproblematik sehr viel geringer aus als beim Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen (vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2013, Ergebnisbericht, 2014, S. 189; Haß/Lang, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland. Ergebnisse des Surveys 2015 und Trends - Forschungsbericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 2016, S. 102; Meyer u.a., Pathologisches Glücksspielen und Epidemiologie: Entstehung, Komorbidität, Remission und Behandlung - Endbericht, S. 68). …

104

… Im Übrigen widerspricht das Angebot des Automatenspiels in Spielbanken in Berlin und im Saarland - soweit ersichtlich - auch in seiner tatsächlichen Ausgestaltung nicht den Zielen der Bekämpfung der Spielsucht und der Kanalisierung des Spieltriebs und orientiert sich nicht an fiskalischen Interessen der Länder. Die Zahl der Zweigniederlassungen ist in beiden Ländern leicht gesunken, während die Zahl der Spielhallen und gerade der Mehrfachspielhallen in den letzten zehn Jahren sprunghaft angestiegen ist. Auch bei Berücksichtigung der "Ausdünnung" des Spielhallenmarktes durch Verbundverbot und Abstandsgebot nach Ablauf der Übergangsfristen zum 31. Juli 2016 beziehungsweise zum 30. Juni 2017 dürfte die absolute Zahl der Spielautomaten in Spielbanken erheblich geringer bleiben als die Zahl der Spielgeräte in Spielhallen.

105

Zur konsequenten Regulierung der Spielbanken und insbesondere des Automatenspiels mit dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht haben die Landesbehörden jedoch auch in Zukunft dafür Sorge zu tragen, dass die Reduzierung der Zahl der Spielhallen nicht durch eine Ausweitung des Automatenspiels und eine Vermehrung der Standorte von Spielbanken und ihren Dependancen konterkariert wird“ (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 141 – 147).

106

Diesem Verständnis der Reichweite des Kohärenzgebots schließt sich das Berufungsgericht vollumfänglich an. Die rechtlichen und tatsächlichen Wertungen des Bundesverfassungsgerichts lassen sich auf die Frage der Vereinbarkeit der hier beanstandeten Regelung der Gerätehöchstzahlen für Spielhallen in Hamburg mit dem unions- und verfassungsrechtlich geprägten Kohärenzgebot bei einer Konkurrenzsituation zwischen Spielhallen und Spielbanken übertragen. Weder ist ersichtlich, dass die Pflicht zur Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte innerhalb einer Spielhalle mittelbar fiskalischen Zwecken, nämlich einer Begünstigung des Angebots der Spielbank, dienen soll, noch dass die teilweise – so gegenüber § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG - großzügigeren Regelungen des Automatenspiels in Spielbanken in ihrer Gesamtheit im Bereich der Beklagten nicht konsequent am Ziel der Glücksspielsuchtprävention ausgerichtet sind:

107

Eine Inkonsequenz in Bezug auf das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel der Bekämpfung der Glücksspielsucht ist nicht zu erkennen. Es besteht bereits in der Spielbank und ihren Dependancen ein deutlich geringeres Angebot an Geldspielgeräten und eine geringere Verfügbarkeit der Geräte als in Spielhallen. In Hamburg standen vor dem Inkrafttreten des HmbSpielhG einer Spielbank mit drei Dependancen und insgesamt ca. 382 Geldspielgeräten (vgl. BÜ-Drs. 20/10218 v. 10.12.2013; davon 4 Mehrplatzgeräte) 389 Spielhallen mit jeweils bis zu 12 Geldspielgeräten (entspricht ca. 4.000-4.500 Geldspielgeräten; vgl. Bü-Drs. 20/3423 v. 9.3.2012, sog.“ Haufler-Liste“; am 1.6.2017 347 Spielhallen [vgl. Bü-Drs. 21/9517]) und heute 321 Spielhallen gegenüber. Es ergibt sich auch bei einer Reduzierung der Geldspielgeräte nach § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbspielhG um bis zu 1/3 innerhalb der einzelnen Spielhalle weiterhin eine größere Verfügbarkeit von konkreten Spielgelegenheiten an Automaten auf Grund der deutlich höheren Zahl an Spielhallen im Verhältnis zu Spielbanken. Konkrete Anhaltspunkte für die von der Klägerin behauptete Vergrößerung des Angebots an Spielbank-Dependancen (und damit der Zahl der dort befindlichen Geldspielgeräte) trägt diese nicht vor und solche sind auch nicht ersichtlich. Die nach § 2 Abs. 1 Satz 4 des Gesetzes über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank (v. 24.5.1976, HmbGVBl. S. 139, zuletzt geänd. durch G. v. 18.10.2017, HmbGVBl. S. 336) - HmbSpielbG - mögliche Zahl von bis zu sechs Spielbank-Dependancen wurde bisher nicht ausgeschöpft; zudem wurden zwei Dependancen nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten vor einiger Zeit geschlossen. Dass die Beklagte trotz der sich aus dem GlüStV ergebenden, auch für Spielbanken ergebenden Verpflichtungen zur Spielsuchtprävention beabsichtigen könnte, weitere Spielbank-Dependancen zu genehmigen, ist nicht ersichtlich.

108

Anhaltspunkte für eine durch fiskalische Absichten des Gesetzgebers motivierte Gesetzgebungstätigkeit zum Nachteil der Spielhallen mit dem Ziel, Spielbanken zu begünstigen, ergeben sich auch im Übrigen nicht. Die im Gesetzgebungsverfahren angestellten Erwägungen des Gesetzgebers und seine Sachaufklärung (vgl. Protokoll der Anhörung in der öffentlichen Sitzung des Gesundheitsausschusses [Ausschuss-Prot. Nr. 20/9 und 20/10] und des Ausschusses für Wirtschaft, Innovation und Medien [Ausschuss-Prot. 20/15 und 20/15] v. 27.4.2012/14.5.2012) weisen solche Motive nicht aus (vgl. bereits OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, a.a.O., juris Rn. 43).

109

Des weiteres existiert auch in Hamburg trotz unterschiedlicher Regelungen für Spielbanken, die ebenfalls an § 1 GlüStV gebunden sind, ein vergleichbar hohes Schutzniveau wie in Spielhallen bezogen auf die Gefahren von Spielsucht (s.u., S. 36 ff.).

110

Gegen die konsequente Verfolgung des gesetzgeberischen Ziels der Regulierung des Automatenspiels zur Glücksspielprävention spricht auch nicht die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe kürzlich mehrere Mehrfachspielhallen und eine Einzelspielhalle in Hamburg-Bergedorf nach den Bestimmungen des neuen HmbSpielhG entgegen § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmSpielhG zugelassen. Nach der von der Klägerin nicht bestrittenen Auskunft der Beklagten handelt es sich dabei um Genehmigungen u.a. für Mehrfachspielhallen nach der Härteregelung des § 9 Abs.1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG, die ausnahmsweise bei Vorliegen der Voraussetzungen ein zeitweises Weiterführen nach früherer Rechtslage genehmigter Betriebe auf Grund einer im Ermessen stehenden Einzelfallentscheidung der Beklagten ermöglicht. Daraus lässt sich nicht der Schluss ziehen, die Beklagte erlaube entgegen der gesetzlichen Bestimmungen des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG weiterhin Mehrfachspielhallen in Hamburg.

111

Die Unverhältnismäßigkeit der die Berufsausübung regelnden Vorschrift lässt sich nicht feststellen. Die Regelung über die Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte nach § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG ist zur Erreichung des Gemeinwohlziels geeignet, erforderlich und angemessen.

112

Dem Gesetzgeber kommt bei der Regelung der Berufsfreiheit insbesondere auf dem Gebiet der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Wirtschaftsordnung eine weite Gestaltungsfreiheit zu. Auch in Bezug auf die Eignung und Erforderlichkeit des gewählten Mittels zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele verbleibt ihm ein weiter Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum, der erst dann überschritten ist, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen so fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für derartige Maßnahmen abgeben können (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.8.2013, 1 BvR 2402/12, 1 BvR 21 BvR 2684/12, juris Rn. 23 ff. [Entgeltbindung für Privatkliniken], m.w.N.; BVerfG, Beschl. v. 12.12.2006, 1 BvR 2576/04, BVerfGE 117, 163, juris Rn. 64). Für die Eignung reicht es aus, wenn durch die Berufsausübungsregelung der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Es genügt mithin bereits die Möglichkeit einer Zweckerreichung (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 114; zu Sportwetten: BVerfG, Beschl. v. 14.10.2008, 1 BvR 928/08, NVwZ 2008, 1338, juris Rn. 44).

113

Nach diesem Maßstab ist die Regelung über die Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte zur Erreichung der Spielsuchtprävention geeignet. Nach den Motiven des Gesetzgebers zu § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 28) soll die Reduzierung der Zahl der Spielgeräte innerhalb einer Spielhalle von maximal zwölf auf acht die Anreize zu übermäßigem Spielen innerhalb der Spielhalle reduzieren und der Suchtprävention und damit dem Gesundheitsschutz potenzieller und aktiver Spieler und dem Schutz vor wirtschaftlichen Auswirkungen der Spielsucht dienen, indem der Anreiz zu übermäßigem Spielen reduziert wird (vgl. in diesem Sinne auch BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 163 ff.; Beschl. v. 27.3.1987, 1 BvR 850/86, NVwZ 1987, 1067; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 67; Urt. v. 16.12.2016, 8 C 7.15, juris Rn. 16 ff.; OVG Hamburg, Beschl. v. 4.8.2017, 4 Bs 121/17, n.v.). Dass die Maßnahme nicht in jedem Einzelfall den gewünschten Erfolg vollständig herbeiführt, ist unerheblich. Vielmehr ist es ausreichend, dass mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg der Spielsuchtprävention - wie hier - gefördert werden kann.

114

Gegen die Eignung spricht auch nicht der Einwand der Klägerin, potenzielle Spieler wanderten bei einer Verminderung des Geräteangebots auf alternative Angebote in Gaststätten, Wettbüros, Internet-Casinos, „Hinterzimmern“ oder unkontrollierten Spiele-Cafés ab. Aus diesem Vortrag ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber seinen Einschätzungsspielraum überschritten haben könnte. Die Beklagte weist im Übrigen zu Recht darauf hin, dass das Online-Glücksspiel nach dem GlüStV stark reguliert ist. Es besteht ein Totalverbot, von dem nur nach § 4 Abs. 5 GlüStV Ausnahmen für Lotterien, Sportwetten und Pferdewetten zulässig sind. Bei den illegalen Spiele-Cafés handelt es sich auch nach dem – bisher nicht durch tatsächliche Nachweise belegten - Vorbringen der Klägerin nicht um genehmigte Spielhallen, sondern um unzulässige Formen des Glücksspiels. Die Eignung einer Regelung zur Bekämpfung von Spielsucht entfällt aber nicht bereits deshalb, weil illegale Formen von Suchtgefahren nicht vollständig ausgeschlossen und unterbunden werden können (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 114). Dass hier ein normatives Vollzugsdefizit vorliegen könnte, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht vorgetragen (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 151; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.16, a.a.O., juris Rn. 47; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, 1 B 5/13, juris Rn. 154).

115

Die Regelung ist erforderlich. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit seiner Einschätzung, die Senkung der höchstzulässigen Zahl der Geldspielgeräte von maximal zwölf auf acht Geräte könne die Anreize zu übermäßigem Spielen reduzieren (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 28), weil sich dann weniger Geräte in den Spielhallen befinden, die den Spieler dazu verleiten könnten, sein Spiel fortzusetzen, seinen Einschätzungsspielraum überschritten hat. Er war nicht gehindert, außer der mit dem Verbundverbot und dem Abstandsgebot (§ 2 Abs. 2 HmbSpielhG) bezweckten Reduzierung der Zahl und Dichte der Spielhallen auch eine Reduzierung der Angebots innerhalb der einzelnen Spielhalle zur Erreichung der Glücksspielsuchtprävention für notwendig zu halten. Der Gesetzgeber durfte zudem davon ausgehen, dass die von der Klägerin vorgeschlagenen bzw. die nach der SpielV ab November 2018 vorgesehenen oder schon wirksamen verschärften gerätebezogenen Anforderungen zur Bekämpfung der Glücksspielsucht nicht gleichermaßen präventiv wirken (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, BVerwGE 157, 127, juris Rn. 165; vgl. zur Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte als gewerberechtliche Anforderung: BVerfG, Beschl. v. 17.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 112).

116

Soweit die Klägerin beanstandet, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verhältnismäßigkeit der Gerätereduzierung sei auf ihren Fall nicht anwendbar, weil dieses bei seinen im Wesentlichen zur Erforderlichkeit des Abstandsgebots und des Verbundverbots ergangenen Erwägungen die (bis zu sieben) Mehrfachspielhallen (an bis zu elf Standorten) der dortigen Beschwerdeführerinnen und den durch diese eintretenden „Las-Vegas“-Effekt im Blick gehabt habe und seine Erwägungen für Einzelspielhallen oder „kleine“ Doppelspielhallen“ wie ihre und für die Pflicht zur Gerätereduzierung nicht gälten, spricht dies nicht gegen die Erforderlichkeit der hier streitigen Regelung. Die Wertung des Gesetzgebers ist nicht zu beanstanden, auch eine geringere Zahl von Geldspielgeräten reduziere innerhalb der einzelnen Spielhalle den Anreiz weiterzuspielen, weil auch von mehr Geldspielgeräten wegen ihrer gemeinsamen Verfügbarkeit innerhalb eines Raumes bzw. einer Spielhalle ein zusätzlicher oder höherer Anreiz ausgeht als von einer niedrigeren Anzahl (vgl. zur Erforderlichkeit der Gerätereduzierung: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12, a.a.O., juris Rn. 165; Beschl. v. 27.3.1987, 1 BvR 850/86 u.a., NVwZ 1987, 1067; StGH BaWü, Urt. v. 17.6.2014, 15/13, 1 VB 15/13, juris Rn. 334; vgl. zur Gerätereduzierungspflicht bezogen auf eine Einzelspielhalle: BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 7.15, juris Rn. 16; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 13.13, juris Rn. 59).

117

Im Übrigen ergibt sich weder aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts noch aus der des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Verhältnismäßigkeit der für jeden Betreiber einer Spielhalle (vgl. § 1 Abs. 2 HmbSpiehG) geltenden Pflicht zur Gerätereduzierung für Betreiber von Einzelspielhallen anders zu bewerten sein könnte als für Betreiber von (größeren) Verbundspielhallen.

118

Der Vortrag der Klägerin, der Gesetzgeber habe als mildere Maßnahme zunächst die Effektivität von bereits in Kraft befindlichen restriktiven Maßnahmen des HmbSpielG und der SpielV evaluieren müssen und habe die Spielhallenbetreiber (wie bei Spielbanken) zur Einlasskontrolle, zur Führung einer Sperrdatei, zum Einbau von technischen Geräten zur Alterskontrolle oder zu einer Heraufsetzung des Mindestalters als mildere Maßnahme verpflichten können, stellt die Erforderlichkeit der Maßnahme ebenfalls nicht in Frage. Dass es zur Eindämmung der Spielsucht und zur Suchtprävention weitere (technische und Überwachungs-) Maßnahmen geben kann, die der Gesetzgeber den Spielhallenbetreibern hätte ersatzweise oder ergänzend aufgeben können, um (gefährdete oder pathologische) Spieler vor sich selbst zu schützen, ändert nichts an der Erforderlichkeit der Einschränkung der Zahl der Geldspielgeräte. Dass in den Vorschlägen der Klägerin ein gleich wirksames Mittel wie der Verknappung des Angebots an Geräten liegt, lässt sich zudem nicht feststellen (vgl. zu den Grenzen des Prognosespielraums des Gesetzgebers: BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 11; vgl. zur Spielerkarte: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 153).

119

Die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG ist auch angemessen und damit verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Einschränkungen der Spielhallenbetreiber stehen nicht außer Verhältnis zum erstrebten Ziel:

120

Trifft der Gesetzgeber Regelungen, die in die Berufsfreiheit eingreifen, so muss bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt sein (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07, BVerfGE 121, 317, juris Rn. 117). Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit ist eine generalisierende Betrachtungsweise geboten, die auf den betroffenen Wirtschaftszweig generell abstellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.8.2013, 1 BvR 2402/12, 1 BvR 21 BvR 2684/12, NVwR-RR 2013, 985, juris Rn. 28 m.w.N.).

121

Nach diesem Maßstab sind die Anforderungen an die Reduzierung der Geldspielgeräte angemessen. Das wegen der schweren Folgen der Spielsucht und des hohen Suchtpotenzials des gewerblichen Automatenspiels hohe Gewicht des Spielerschutzes und der Spielsuchtprävention überwiegt das Gewicht des wirtschaftlichen Interesses der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Reduzierung der Geldspielgeräte verschont zu bleiben. Aufgrund der Einschätzung in der Suchtwissenschaft und -beratungspraxis, dass die Reduzierung der Verfügbarkeit von Spielmöglichkeiten eine besonders wirksame Maßnahme zur Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspielsucht darstellt, durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass gerade auch die Reduzierung der Höchstzahl an Geldspielgeräten in den einzelnen Spielhallen einen gewichtigen Beitrag zur Erreichung der verfolgten Ziele leisten wird. Zwar führt die Regelung dazu, dass sich die für den wirtschaftliche Ertrag einer Spielhalle bedeutsame höchstens zulässige Geräteanzahl um bis zu einem Drittel verringern kann, und sie gehört damit zu den Neuregelungen, die Spielhallenbetreiber am stärksten betreffen. Daher liegt es nahe, dass sich die Reduzierung der Höchstzahl der Geldspielgeräte negativ auf die Rentabilität von Spielhallen auswirkt. Eine bestimmte Rentabilität gewährleistet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz jedoch nicht. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass mit einer Zahl von acht Geldspielgeräten der Betrieb einer Spielhalle generell wirtschaftlich unmöglich gemacht würde (vgl. zur Verhältnismäßigkeit der Gesamtheit der Neuregelungen des Berliner Spielhallengesetzes: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 156 f., 166; BVerwG Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 67; vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5.13, juris Rn. 186). Der Betreiber kann außerdem Geld- oder Warenspielgeräte durch andere Geräte - etwa Unterhaltungsspielgeräte - ersetzen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.3.1987, 1 BvR 850/86, NVwZ 1987, 1067; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, 1 B 5.17, juris Rn. 186) und insoweit weitere Umsätze generieren. Dies gilt auch für den Fall eines Betriebs mit Einzelkonzession.

122

Dass ein Betrieb mit bis zu acht Geldspielgeräten pro Spielhalle generell nicht rentabel möglich ist, hat die Klägerin im Übrigen nicht konkret dargelegt. Dies gilt auch, soweit sie exemplarisch auf die sich für ihr aus drei Spielhallen bestehendes Unternehmen ergebenden wirtschaftlichen Auswirkungen der Neuregelung verweist. Dahinstehen kann, ob die Vermutung der Klägerin zutreffend ist, dass Spieler ihr Spielverhalten und ihre Spielzeiten nicht umstellen und daher die verbleibenden acht Geräte im Rahmen der durch die SpielV vorgegebenen technischen Möglichkeiten (Spielpausen u.a.) nicht über die gesamte Öffnungszeit der Spielhallen voll auslasten werden. Denn gegenwärtig ist nach den für ihren Betrieb dargelegten wirtschaftlichen Daten für eine „erdrosselnde Wirkung“ u.a. der Reduzierungspflicht nichts ersichtlich. Aus dem am 10. Januar 2018 vorgelegten „Vorjahresvergleich November 2017“ der O. Treuhand GmbH vom 9. Januar 2018, der u.a. die Zeiträume Januar - November 2017 mit denen des Vorjahreszeitraums vergleicht, ergibt sich zwar, dass sich die Umsatzerlöse bezogen auf beide Spielhallenstandorte im Jahr 2017 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 17,76 % vermindert haben. Dass dies allein auf die Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte zurückzuführen ist, lässt sich daraus nicht schließen. Denn die Klägerin hat die Regelung in ihren Betrieben erst seit 1. Juli 2017 einzuhalten. Zudem stellen sich die Umsatzrückgänge an beiden Standorten sehr unterschiedlich dar (-10,27 % [ ] bzw. -27,44 % [ ]); dies dürfte eher gegen einen allein durch die Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte verursachten Umsatzrückgang sprechen. Die Kosten haben sich dagegen nur um 6,91 % ermäßigt. Das „vorläufige Ergebnis“ ergibt aber trotz einer Reduzierung zum Vergleichszeitraum um 76,83 % für den Zeitraum Januar - November 2017 einen Betrag von ……… Euro. Daher ist nicht ersichtlich, dass gegenwärtig der Betrieb der Klägerin und auch die Mehrheit der Betriebe nicht rentabel betrieben werden können.

123

Auch die Übergangsfristen für Bestandsspielhallen, nach denen Inhaber von Einzelkonzessionen die Zahl der Geldspielgeräte nach § 9 Abs. 2 HmbSpielhG bis zum 30. Juni 2017 auf das nach § 4 Abs. 3 HmbSpielhG zulässige Maß von maximal acht Geldspielgeräten zu reduzieren hatten und die die Beklagte auch den Inhabern von Mehrfachkonzessionen eingeräumt hat (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, NordÖR 2015, 489, juris), sind mit Art. 12 GG vereinbar.

124

Dahinstehen kann, ob die Übergangsvorschriften einen Eingriff in die Berufsfreiheit darstellen. Denn die Zahl der in einer Spielhalle zulässigen Geldspielgeräte war nicht in den der Klägerin nach § 33i GewO erteilten Erlaubnissen festgelegt. Diese enthielten lediglich einen Hinweis auf die SpielV. Allerdings mussten die Betreiber unabhängig von der Frage der Erteilung einer neuen Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG (ggf. im Wege einer Härtefallentscheidung nach § 9 Abs.1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG) die Zahl der Geldspielgeräte zum 30. Juni 2017 reduzieren.

125

Jedenfalls sind die - unterstellten - Eingriffe in die Berufsfreiheit aber gerechtfertigt. Sie sind mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes vereinbar. Eine möglichweise bestehende unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes vereinbar, wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010, 1 BvR 1627/09, BVerfGE 127, 31, juris Rn. 79 f., m.w.N.). Dabei kann es aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten sein, Übergangsregelungen zur Anpassung der Rechtslage an die vorgefundene – als regelungsbedürftig erachtete – Situation zu erlassen. Bei der Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse kommt dem Gesetzgeber allerdings ein breiter Gestaltungsspielraum zu. Zwischen dem sofortigen und übergangslosen Inkraftsetzen des neuen Rechts und dem ungeschmälerten Fortbestand bereits in der Vergangenheit begründeter subjektiver Rechtspositionen sind vielfache Abstufungen denkbar. Der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt nur, ob der Gesetzgeber bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe unter Berücksichtigung aller Umstände die Grenze der Zumutbarkeit überschritten hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.6.2010, 1 BvR 2011/07, 1 BvR 21 BvR 2959/07, BVerfGE 126, 112, juris Rn. 126; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, NordÖR 2014, 317 [LS], juris Rn. 23; OVG Saarlouis, Beschl. v. 14.3.2014, 1 B 102/14, juris Rn. 25).

126

Diese Grenze ist hier nicht überschritten, soweit die Beklagte eine Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte innerhalb von 4 ½ Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes verlangte. Wie bereits ausgeführt, dient das HmbSpielhG u.a. dem Ziel, alle Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen und dass der Spielerschutz verbessert wird (vgl. Bü-Drs. 20/5823, S. 23 ff.). Um den Zielen des Gesetzes während der Zeitdauer des (möglicherweise verlängerten) Bestandsschutzes der Erlaubnisse nach § 33i GewO angemessen Rechnung zu tragen, bedarf es aus Sicht des Gesetzgebers bereits zeitnah bzw. mittelfristig der schrittweisen Umsetzung der verschärften Anforderungen des HmbSpielhG an die Ausgestaltung und den Betrieb der Spielhallen (vgl. zu den Übergangsfristen des § 29 GlüStV: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 187 m.w.N., 191 [zur Reduzierung der Geldspielgeräte], 196; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris 72 ff.). Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verleiht weder im Hinblick auf die vorherige Rechtslage noch auf die vorhandene Betriebserlaubnis nach § 33i GewO ein uneingeschränktes Recht auf Amortisierung getätigter Investitionen. Betreiber können nicht darauf vertrauen, dass eine günstige (hier zuvor in § 3 SpielV geregelte) Rechtslage unverändert bleibt. Das Vertrauen war im Übrigen auch durch die gesetzliche Möglichkeit beschränkt, nachträgliche Auflagen zum Schutz der Allgemeinheit oder der Gäste zu erlassen (vgl. § 33i Abs. 1 Satz 2 GewO; vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 189, 191 m.w.N.). Für den Fall über den Übergangszeitraum hinaus bestehender Härten hat der Gesetzgeber zudem die Möglichkeit von Einzelfallregelungen vorgesehen (§ 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG).

127

bb) Die Klägerin wird durch § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG auch nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.

128

Ungeachtet der Anforderungen, die sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergeben, können Berufsübungsregelungen nur dann Bestand haben, wenn sie auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsgemäß sind und insbesondere den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07, BVerfGE 121, 317, juris Rn. 149).

129

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.7.2010, 1 BvR 611/07, 1 BvR 21 BvR 2464/07, BVerfGE 126, 400, juris Rn. 83; BVerfG, Beschl. v. 21.6.2011, 1 BvR 2035/07, BVerfGE 129, 49, juris Rn. 64). Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfG, a.a.O.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich unter anderem aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.9.2013, 1 BvR 924/12, juris Rn. 11; Beschl. v. 21.6.2011, a.a.O., juris Rn. 65). Für die vorliegend zu beurteilende Differenzierung zwischen Spielhallen und Spielbanken sowie zwischen Spielhallen und Gaststätten ist bei der Prüfung anhand des Gleichheitssatzes von einer strengeren Bindung des Gesetzgebers auszugehen, weil sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten - hier in Gestalt der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten freien Berufsausübung - nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.1.2012, 1 BvL 21/11, BVerfGE 130, 131, juris Rn. 41; Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 150).

130

Daran gemessen ist die unterschiedliche Regelung der Zahl der Geldspielgeräte für Spielhallen und Spielbanken (1) sowie bezogen auf Gaststätten (2) nicht verfassungswidrig.

131

(1) Dahinstehen kann, ob es für die Prüfung des Gleichbehandlungsgebots aus Art. 3 Abs. 1 GG an gleichen Sachverhalten bereits deshalb fehlt, weil die Spielbank Hamburg mit ihren vier über das Stadtgebiet verteilten Standorten (Hauptsitz Esplanade, Dependancen Reeperbahn, Mundsburg, Steindamm) und einem Angebot von insgesamt 381 Geldspielgeräten (vgl. www.spielbank-hamburg.de) ein deutlich schmaleres und nur mit in der Regel weiteren Anfahrten oder Wegen verfügbares Angebot an Spielgelegenheiten vorhält, während Spielhallen örtlich leichter erreichbar und zugänglich sind. Die Tatsache, dass § 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz HmbSpielhG in der Spielbank Hamburg nicht gilt und es auch an einer auf Spielbanken anwendbaren vergleichbaren Regelung fehlt, begründet jedenfalls keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung.

132

Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass Spielhallenbetreiber gegenüber den Betreibern von Spielbanken hinsichtlich der zulässigen Zahl der Geldspielgeräte (Esplanade: 136, Reeperbahn: 90, Mundsburg: 79, Steindamm: 76, jeweils zzgl. „Jackpots“, abgerufen am 6.2.2018, vgl. www.spielbank-hamburg.de) und auch im Übrigen in Bezug auf die äußere und technische Ausgestaltung der Geldspielgeräte ungleich behandelt werden. Die Zahl der Geräte ist nicht beschränkt; zudem gelten hinsichtlich des ebenfalls angebotenen Automatenspiels („Kleines Spiel“, „Slot-Machines“) für Spielbanken Erleichterungen, da dieses nicht an die für Spielhallen geltenden zahlenmäßigen und sonstigen Beschränkungen z.B. durch technische Anforderungen bei der Höhe des Einsatzes, der Länge des Spiels und der Höhe des Gewinns (§ 33h Nr. 1 GewO) gebunden ist und außerdem in Spielbanken u.a. die Möglichkeit besteht, an EC-Geldautomaten Bargeld zu erhalten und Getränke zu konsumieren. Werbung für das Glücksspiel in Spielbanken wird in § 2 Abs. 2 i.V.m. § 5 GlüStV weniger stark beschränkt als diejenige für Spielhallen nach § 4 Abs. 1 HmbSpielhG.

133

Diese Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern ist aber gerechtfertigt. Ein hinreichender Sachgrund für die unterschiedliche Behandlung u.a. von Geldspielgeräten in Spielhallen und Spielbanken liegt zum einen in dem unterschiedlichen Gefährdungspotenzial beider Typen von Spielstätten wegen ihrer bloßen Zahl und Lage (vgl. in diesem Sinne: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12, a.a.O., juris Rn. 174, 144 ff.; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 77 f.). Zwar geht es hier, worauf die Klägerin hinweist, um den Vergleich der rechtlichen Bestimmungen für Geldspielgeräte in Spielhallen bzw. Spielbanken und nicht um die Dichte der Spielhallen bzw. Spielbanken. Auch Geldspielgeräte in Spielhallen sind aber wegen der hohen Verbreitung von Spielhallen im Stadtgebiet deutlich schneller und einfacher verfügbar. Die Zahl der Spielhallen ist gesetzlich nicht limitiert; bei Vorliegen der Voraussetzungen besteht ein Anspruch auf die Erlaubnis. Demgegenüber bedarf die Errichtung und der Betrieb einer öffentlichen Spielbank in Hamburg einer befristet erteilten Konzessionierung durch die zuständige Behörde und die Zahl der Spielbank (eine) bzw. ihrer Dependancen (bis zu sechs) ist gesetzlich beschränkt (§ 2 Abs. 1 Satz 3, 4 HmbSpielbG, § 1 der Verordnung über die Spielordnung für die öffentliche Spielbank in Hamburg – SpielO – v. 19.12.2006, HmbGVBl. S. 605, 637, zuletzt geändert durch VO v. 26.8.2016, HmbGVBl. S. 139). Die Zulassung einer Spielbank in Hamburg darf sich zudem nicht an fiskalischen Interessen, sondern sie hat sich allein an den Zielen und Schutzbestimmungen des § 1 HmbSpielbG zu orientieren, die § 1 GlüStV entsprechen. Die Zahl der Geldspielgeräte in Spielhallen ist gegenwärtig um ein Vielfaches höher als die Zahl in Spielbanken (s.o.). Auch nach einer Reduzierung des Bestandes an Spielhallenstandorten wird die Zahl der verfügbaren Geldspielgeräte in Spielhallen diejenige in Spielbanken weit übertreffen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 144).

134

Die für Spielbanken bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen sehen zum anderen generelle Zugangsbeschränkungen und andere Restriktionen für das Automatenspiel auch für Erwachsene zum Schutz vor den Gefahren des Glücksspiels vor, die bewirken, dass für das Glücksspiel in Spielbanken bei einer Gesamtbetrachtung kein geringeres Schutzniveau als in Spielhallen gilt. Es sind zahlreiche Sicherungssysteme vorgesehen, die dem Spielerschutz dienen. Sowohl Spielhallen als auch Spielbanken müssen zwar gleichermaßen den Jugendschutz gewährleisten, indem sie Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, die Teilnahme am Spiel verbieten (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 1 HmbSpielhG bzw. § 5 Nr. 1a HmbSpielO). Der Zugang zum Automatenspiel in Spielhallen ist aber für Erwachsene generell unbeschränkt möglich. Der Zugang zur Spielbank ist nur mit einer Eintrittskarte gestattet, welche allein gegen Vorlage eines Lichtbildausweises ausgegeben werden darf (§ 6 Nr. 1, 4, 5 HmbSpielO). Liegen die Voraussetzungen eines Spielverbots vor, muss die Spielbank die Zutrittsberechtigung verweigern oder entziehen (§ 7 Abs. 1, 2 HmbSpielO). Spielbanken sind nach § 2 Abs. 2 i.V.m. §§ 8, 23 GlüStV verpflichtet, zum Schutz der Spieler und zur Bekämpfung der Glücksspielsucht Spielverbote auszusprechen. Nur sie sind gesetzlich verpflichtet, eine (eigene) Sperrdatei zu führen (§ 8 Abs. 2 GlüStV, § 4 HmbSpielO) und dort registrierte Selbst- und Fremdsperren, die ein Spielverbot begründen, umzusetzen. Auch müssen sie an einem länderübergreifenden Sperrsystem teilnehmen (vgl. § 23 GlüStV). Zudem hat die Spielbank zur Überwachung des ordnungsgemäßen Spiels den Spielverlauf elektronisch zu erfassen und aufzuzeichnen (§ 6 Abs. 2b Satz 1 HmbSpielO). Das Spielverbot für Personen, bei denen Anlass besteht anzunehmen, dass ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Teilnahme am Glücksspiel nicht entsprechen (§ 8 Abs. 2 GlüStV, § 5 Nr. 1c HmbSpielO), vermag zwar nicht der Entstehung der Spielsucht entgegen zu wirken. Es kann aber ihre Folgen für die Betroffenen und ihre Familien mildern. Die Möglichkeit der Selbstsperre nach § 5 Nr. 1 b HmbSpielO kann bereits der Entstehung der Spielsucht entgegenwirken; zudem unterstützt sie sowohl gefährdete Personen bei der Bekämpfung einer entstehenden Abhängigkeit wie auch süchtige Spieler in ihrem Bemühen um Abstinenz. Auch bei anderen Glückspielveranstaltern in Deutschland oder in der Europäischen Union bestehende Sperren hat die Spielbank Hamburg zu speichern (§§ 4, 5 Nr. 1c HmbSpielO) und in Form von Spielverboten gegenüber dem einzelnen Besucher durchzusetzen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/14, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 61 m.w.N.).

135

Den oben beschriebenen örtlich und persönlich weitreichenden Zugangsbeschränkungen und Spielverboten vergleichbare Sperren existieren für Spielhallen nicht. Daher besteht u.a. mit dem Sperrsystem nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts, der das Berufungsgericht folgt, bei Spielbanken ein ebenfalls dem Spielerschutz Rechnung tragendes (mindestens gleichwertiges) Äquivalent wie bei Spielhallen, das konsequent am Ziel der Bekämpfung der Glücksspielsucht ausgerichtet ist (vgl. zur Berliner Regelung: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 170 ff., 143; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 77 f.; vgl. dazu ausführlich OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/14, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 61 m.w.N.; vgl. VerfG Berlin, Beschl. v. 20.6.2014, 96/13, NVwZ-RR 2014, 825, juris Rn. 62).

136

Im Übrigen dürfen Spielbanken und gewerbliches Glücksspiel wegen unterschiedlicher ordnungsrechtlicher Ziele auch unterschiedlich geregelt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 78; Beschl. v. 24.8.2001, 6 B 47.01, GewArch 2001, 476, juris Rn. 8).

137

(2) Das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG ist auch nicht dadurch verletzt, dass die Anforderungen an das Automatenspiel in Gaststätten hinter den für Spielhallen geltenden Einschränkungen zurückbleiben.

138

Die Beklagte hat bislang keine Regelungen über das Automatenspiel in Gaststätten erlassen. Aufgrund der fortgeltenden bundesrechtlichen SpielV dürfen in Gaststätten höchstens drei, ab dem 10. November 2019 höchstens zwei Geldspielgeräte aufgestellt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV, Art. 5 der 6. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 4. November 2014, BGBl. I S. 1678). Allerdings sind für sie weder ein Mindestabstand noch ein Sichtschutz zwischen den Geräten vorgeschrieben. Für Gaststätten gilt grundsätzlich lediglich eine Sperrzeit zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr (vgl. § 6 Abs. 1 der Gaststättenverordnung vom 10. September 1971, GVBl. S. 1778, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.12.2005, GVBl. S. 754). Die Einhaltung des Verbots der Teilnahme von Minderjährigen am öffentlichen Glücksspiel (§ 6 Abs. 2 JuSchG, § 2 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 3 GlüStV) ist durch ständige Aufsicht sicherzustellen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 SpielV). Der Zutritt zu Gaststätten ist jedoch für Minderjährige, anders als der Zutritt zu Spielhallen, nicht generell verboten (vgl. § 4 Abs. 1 JuSchG), sodass sie das Automatenspiel Erwachsener dort zumindest beobachten können. Gaststätten mit Geldspielautomaten unterliegen den Anforderungen der §§ 5 bis 7 GlüStV an Werbung für Glücksspiel und sind ebenfalls zur Erstellung eines Sozialkonzeptes, Schulung von Personal und Bereithaltung von spielrelevanten Informationen verpflichtet.

139

Damit ist der gewährleistete Schutz vor Spielsucht im Bereich des gewerblichen Automatenspiels in Gaststätten bislang geringer als in Spielhallen, obwohl Spielautomaten in Gaststätten ebenfalls im unmittelbaren Lebensumfeld potenzieller Spieler leicht zugänglich sind. Vom Spielangebot in Spielhallen und in Gaststätten gehen jedoch unterschiedliche Gefahren aus, die es rechtfertigen, dass der Landesgesetzgeber zunächst strengere Beschränkungen für Spielhallen eingeführt hat (vgl. VerfG Berlin, Beschl. v. 20.6.2014, 96/13, NVwZ-RR 2014, 825, juris Rn. 61 f.). Die deutlich geringere Anzahl von drei, künftig höchstens zwei zulässigen Spielgeräten in Gaststätten gegenüber acht Geräten in Spielhallen verringert den suchtgefährdenden Spielanreiz, der nach Einschätzung des Gesetzgebers mit einem vielfältigen Spielangebot verbunden ist. In Gaststätten sehen sich Spieler anders als in Spielhallen regelmäßig einer Sozialkontrolle durch nicht spielende Gäste ausgesetzt. Regelungsunterschiede sind auch deshalb gerechtfertigt, weil Gaststätten ihr Gepräge durch das Verabreichen von Getränken und Speisen erhalten und nur gelegentlich dem Automatenspiel der Besucher dienen, während Spielhallen regelmäßig allein um des Spiels Willen aufgesucht werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 175; BVerfG, Beschl. v. 1.3.1997, 2 BvR 1599/89 u.a., NVwZ 1997, 573, juris Rn. 53; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 80; Beschl. v. 14. 1.1991, 1 B 174.90, Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5, juris Rn. 5; OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 (LS), juris Rn. 63; OVG Saarlouis, Urt. v. 5.7.2017, 1 A 51/15, juris Rn. 231 zur Sperrzeitregelung).

140

cc) Die Klägerin wird durch die angegriffene Einschränkung für den Betrieb von Spielhallen auch nicht in ihrer Eigentumsfreiheit verletzt. Es ist bereits fraglich, ob der Schutzbereich des Eigentumsrechts eröffnet ist und ob die hier streitige Regelung in diesen eingreift. Als gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen einer durch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Rechtsposition der Klägerin sind die gerätebezogenen Anforderungen an Spielhallen jedenfalls verhältnismäßig.

141

Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG schützt den konkreten Bestand in der Hand der einzelnen Eigentümer gegenüber Maßnahmen der öffentlichen Gewalt. Im Falle einer verfassungsgemäßen Enteignung tritt an die Stelle der Bestandsgarantie eine Wertgarantie, die sich auf Gewährung einer vom Gesetzgeber dem Grunde nach zu bestimmenden Entschädigung richtet.

142

Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. Dieser ist nicht gänzlich frei: Er muss die Freiheitssphäre der Einzelnen mit dem Wohl der Allgemeinheit in ein ausgewogenes Verhältnis bringen, das nicht nur Orientierungspunkt, sondern auch Grenze für die Beschränkung des Eigentums ist. Zugleich muss das zulässige Ausmaß einer Sozialbindung auch vom Eigentum selbst her bestimmt werden (vgl. BVerfG, Urt. v. 6.12.2016, 1 BvR 2821/11, 2 BvR 321/12, 1456/12, NJW 2017, 217, juris Rn. 216 ff. m.w.N.).

143

Nach diesem Maßstab kommt der Reduzierungsverpflichtung keine enteignende Wirkung zu. Eine Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG setzt eine staatliche Güterbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand oder eines sonst Enteignungsbegünstigten voraus (vgl. BVerfG, Urt. v. 6.12.2016, a.a.O., juris Rn. 246), die hier nicht anzunehmen ist. Die den Betreibern - wie der Klägerin - nach § 33i GewO erteilten unbefristeten Alterlaubnisse, die nach § 9 Abs. 1 HmbSpielhG mit Ablauf des 30. Juni 2017 ihre Wirksamkeit verloren haben, ohne dass sie nach § 49 HmbVwVfG widerrufen oder aufgehoben wurden, und die vorübergehend noch als fortbestehend gelten, genießen keinen eigentumsgrundrechtlichen Schutz hinsichtlich der zulässigen Zahl der Geldspielgeräte. Dies gilt hier bereits deshalb, weil in den der Klägerin erteilten Erlaubnissen die höchstzulässige Zahl der Geldspielgeräte nicht geregelt war, sondern diese nur einen Hinweis auf die SpielV enthielten.

144

Im Übrigen schützt Art. 14 Abs. 1 GG nicht die öffentliche Genehmigung als solche, sondern nur die aufgrund der Genehmigung geschaffenen privaten Vermögenspositionen (vgl. BVerfG, Urt. v. 6.12.2016, 1 BvR 2821/11 u.a., NJW 2017, 217, juris Rn. 232). Das Nutzungsrecht an den einzelnen Spielgeräten wird nicht durch die Erlaubnis zum Spielhallenbetrieb vermittelt. Die in der Spielhalle aufgestellten (im Eigentum des Betreibers stehenden) Spielgeräte können bei einem Entzug der Erlaubnis an anderen Orten aufgestellt werden. Zwar mag die Herabsetzung der Anzahl der in Hamburger Spielhallen höchstens zulässigen Geräte den Markt für diese Produkte verringern. Derartige Beeinträchtigungen künftiger Chancen und Verdienstmöglichkeiten sind jedoch eigentumsrechtlich nicht geschützt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.3.1987, 1 BvR 850/86 u.a., NVwZ 1987, 1067; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 73).

145

Die Spielhallenbetreibern nach § 9 Abs. 2 HmbSpielhG bzw. von der Beklagten tatsächlich eingeräumte Umsetzungsfrist von 4 1/2 Jahren für die Reduzierung der Zahl der Spielgeräte ist auch nicht deshalb verfassungsrechtlich zu beanstanden, weil sie für eine Vollamortisation aller Geräte möglicherweise zu kurz ist. Art. 14 Abs. 1 GG und das Gebot des Vertrauensschutzes verlangen keine Regelung, die eine Vollamortisation ermöglicht (s.o., vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 73 m.w.N.). Außerdem sind die Betriebsmittel - ggf. an anderen Standorten - anderweitig nutzbar. Auch können die Betreiber vorrangig bereits abgeschriebene Spielgeräte entfernen und ggf. noch nicht abgeschriebene Geräte anderweitig, etwa durch Verkauf, verwerten. Geräteleasing- oder Gerätemietverträge können sie anpassen.

146

Auch mit Blick auf den möglicherweise bestehenden eigentumsrechtlichen Schutz von vorgenommenen Investitionen und Dispositionen, die Betreiber im Vertrauen auf die nach § 33i GewO unbefristet erteilten Alterlaubnisse vorgenommen haben, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG. Selbst wenn der Schutzbereich des Grundrechts eröffnet und ein Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes anzunehmen sein sollte (zweifelnd BVerfG, Urt. v. 6.12.2016, 1 BvR 2821/11 u.a., NJW 2017, 217, juris Rn. 240), wäre die Regelung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG verhältnismäßig. Sie dient der Erreichung wichtiger Gemeinwohlziele und ist daher eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung. Die Regelung ist auch angemessen. Wie bereits ausgeführt, bestand für die Bestandsspielhallen der Klägerin eine 4 ½-jährige Übergangsfrist vom Inkrafttreten des Spielhallengesetzes im Dezember 2012 bis zum Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 30. Juni 2017 mit der Möglichkeit eines Weiterbetriebs im Fall von Härtegründen nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5, Abs. 4 HmbSpielhG. Der Betrieb bestehender (Alt-) Spielhallen wurde zudem durch die Beklagte bis zum 31. Dezember 2017 geduldet. Auf die zukünftige Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte konnten sich die Betreiber daher seit längerem einstellen (vgl. zur 5- bzw. 2-jährigen Berliner Umsetzungsregelung: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, a.a.O., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 178 ff., 214; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 67). Im Hinblick auf die zukünftige Rechtslage konnten sie so langfristig unternehmerische Entscheidungen zum Weiterbetrieb der einzelnen Spielhallen oder zu einem Standortwechsel, zur Reduzierung der laufenden Kosten für Raummiete, Kauf, Leasing oder Miete der Geldspielgeräte, zu dem Abbau und Transport der Spielgeräte und zum Abbau oder der Umsetzung von Personal treffen. Der Entscheidung, das Verfahren zum Weiterbetrieb der Spielhallen trotz der Gewissheit zu betreiben, die jeweilige Spielhalle z.B. wegen des Abstandsgebots schließen bzw. in der verbleibenden Spielhalle Geldspielgeräte reduzieren zu müssen, standen bzw. stehen alternative Möglichkeiten zur Bewältigung der Übergangsphase und der Neuregelungen gegenüber, unter denen jeder Betreiber die aus seiner Sicht günstigste wählen kann (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 4.8.2017, 4 Bs 121/17, n.v.). Für eine generelle „erdrosselnde“ Wirkung der Regelung für alle Spielhallenbetriebe ist im Übrigen auch nach den von der Klägerin vorgelegten aktuellen Umsätzen und Ergebnissen nichts ersichtlich (s.o.).

147

b) Die § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG normierte Pflicht zur Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte genügt – insbesondere im Hinblick auf das Fehlen entsprechend strenger Regelungen für Spielbanken – den Anforderungen der in Art. 56 AEUV garantierten unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit an die Geeignetheit und Kohärenz einer Beschränkung.

148

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht allerdings Zweifel an der Anwendbarkeit von Art. 56 AEUV geäußert. Der Gewährleistungsgehalt der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit ist nur dann eröffnet, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. Dafür reicht es nicht aus, dass die Klägerin oder Kunden ihrer Spielhallen hypothetisch von einer unionsrechtlichen Grundfreiheit Gebrauch machen könnten (vgl. i.E. offenlassend: BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 83 m.w.N.). Bei der Klägerin handelt es sich um eine nach deutschem Recht gegründete juristische Person mit Sitz in Deutschland; ihre Spielhallen werden in Deutschland betrieben. Für einen den Anwendungsbereich von Art. 56 AEUV eröffnenden grenzüberschreitenden Sachverhalt hat die Klägerin nichts vorgetragen.

149

Ob der Anwendungsbereich des Art. 56 AEUV eröffnet ist, kann aber offenbleiben. Ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit ist nicht ersichtlich.

150

Das Bundesverwaltungsgericht hat in der vorstehend genannten Entscheidung in Bezug auf das hinsichtlich der hier relevanten Regelungen inhaltlich identische Spielhallengesetz Berlin ausgeführt, dass dieses, selbst wenn unterstellt würde, dass die dortige Klägerin oder ihre Kunden durch die angegriffenen Regelungen in der Wahrnehmung einer unionsrechtlichen Grundfreiheit beschränkt würden, nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot unanwendbar wäre. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen lediglich ‚scheinheilig‘ zur Suchtbekämpfung eingeführt worden wären, tatsächlich aber einem anderen – insbesondere fiskalischen – Zweck dienten. Zu ihnen gebe es auch bereichsübergreifend keine gegenläufigen landesgesetzlichen Regelungen oder eine sie konterkarierende Politik, für die zu prüfen wäre, ob sie die Wirksamkeit der für Spielhallen geltenden Einschränkungen beeinträchtigen könnten. Das Berufungsgericht habe festgestellt, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung der Gewerbeordnung betrieben werden dürften. Da sich nach dem Berufungsurteil Ausweichbewegungen von Spielern von Spielhallen zu Gaststätten in Berlin nicht feststellen ließen und Spielbanken sich in der Anzahl ihrer Außenstellen und der Zugangsreglementierung von Spielhallen wesentlich unterschieden, sei eine Expansionspolitik des Landes Berlin in einem Sektor mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial, die der Zielsetzung der für Spielhallen geschaffenen Regelungen zuwiderliefe, in keiner Weise erkennbar (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 84 ff.; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 17.3.2017, 1 BvR 1415/12 u.a., juris Rn. 141 ff., s.o.). Diesen rechtlichen und tatsächlichen Wertungen folgt das Berufungsgericht. Sie lassen sich, wie oben ausgeführt, auf die Situation in Hamburg übertragen. Anhaltspunkte dafür, dass im Bereich der Beklagten andere Verhältnisse bestimmend sind, hat die Klägerin nicht vorgetragen und dies ist auch nicht ersichtlich.

151

2. Der Antrag festzustellen, dass die Klägerin berechtigt ist, die Anforderungen des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG in ihren Spielhallen nicht einzuhalten, hat keinen Erfolg.

152

Die Klägerin ist nicht berechtigt, in ihren Spielhallen die Aufstellung und Ausgestaltung der Geldspielgeräte in der in § 3 Abs. 2 SpielV geregelten Weise beizubehalten. Die Neuregelung des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG, wonach die Geräte in einem Abstand von 1,5 m einzeln und getrennt durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 m, gemessen von dem am weitesten in den Raum hineinreichenden Gerätebauteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante, aufzustellen sind, findet auf die Betriebe die Klägerin Anwendung.

153

a) Der mit den Anforderungen an die Aufstellung und Ausgestaltung von Geldspielgeräten verbundene Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen der Klägerin ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

154

aa) Die Klägerin wird durch die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG nicht in ihrem Recht auf freie Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt.

155

Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, wie oben ausgeführt, nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt (BVerfG, Beschl. v. 25.3.1992, 1 BvR 298/86, BVerfGE 86, 28, juris Rn. 46 ff.).

156

(1) Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, 70 GG formell verfassungsgemäß. Die hier streitgegenständlichen Regelungen sind nicht kompetenzwidrig zustande gekommen. Die Beklagte war für den Erlass der die Aufstellung und äußeren Ausgestaltung der Geldspielgeräte mit Sichtblenden betreffenden Regelung nach Art. 70 Abs. 1 GG zuständig (vgl. zur gleichlautenden Berliner Regelung: BVerfG, Beschl. v. 31.3.2017, 1 BvR 8/13, NVwZ 2017, 1128, juris Rn. 5, 6; Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 112; vgl. ausführlich OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, NordÖR 2015, 489, 4 Bs 14/15, juris Rn. 71 ff.).

157

(2) Bedenken gegen die materielle Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG bestehen nicht. Der sich aus der Regelung ergebende Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ist materiell verfassungsgemäß.

158

Der Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin ist durch ein Gemeinwohlziel legitimiert.

159

Für die Beschränkung des gleichzeitigen Spielens an mehreren Geldspielgeräten durch die in § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG angeordneten Maßnahmen sprechen vernünftige Gründe des Gemeinwohls. Das HmbSpielhG dient, wie oben bereits ausgeführt, u.a. dem Ziel, Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen, und der Bekämpfung der Spielsucht. Diese angestrebten Ziele sind solche des Gemeinwohls, die Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit in Bezug auf den Betrieb von Spielhallen rechtfertigen können (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, NVwZ-RR 2014, 317 [LS], juris Rn. 16; ausf. Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 36 m.w.N.). Auch die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG soll unter anderem das Entstehen von Glücksspielsucht verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung schaffen.

160

Die Unverhältnismäßigkeit der die Berufsausübung regelnden Vorschrift lässt sich nicht feststellen. Die Regelung die Einzelaufstellung und Ausstattung der Geldspielgeräte mit Sichtblenden nach § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG ist zur Erreichung des Gemeinwohlziels geeignet, erforderlich und angemessen.

161

Der Gesetzgeber besitzt bei der Regelung der Berufsfreiheit einen Einschätzungs- und Prognosespielraum auch bei der Beurteilung der Bedrohungslage für das Gemeinschaftsgut, zu dessen Schutz er im konkreten Fall tätig wird (vgl. zu den Grenzen: BVerfG, Beschl. v. 20.8.2013, 1 BvR 2402/12, 1 BvR 21 BvR 2684/12, NVwZ-RR 2013, 985, juris Rn. 24). Für die Eignung einer vom Gesetzgeber gewählten Maßnahme reicht es aus, dass der durch die Berufsausübungsregelung gewünschte Erfolg gefördert wird.

162

Nach diesem Maßstab ist, wie das Berufungsgericht bereits im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes ausgeführt hat (Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, NordÖR 2015, 489, juris Rn. 94), die Regelung über die Aufstellung und Ausgestaltung der Geldspielgeräte zur Erreichung der Spielsuchtprävention geeignet. Mit der Bestimmung, dass die Spielgeräte einzeln unter Wahrung der jeweiligen Abstände von 1,5 m und durch Sichtblenden getrennt aufzustellen sind, soll der Spieler an der Bedienung zweier (oder mehrerer) Geldspielgeräte gehindert werden (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 28). Anderenfalls kann sich die Gefahr erhöhen, dass Spieler ihre Einsätze an parallel bespielten Geldspielgeräten vervielfachen und in noch stärkerem Maße zu einem Weiterspielen veranlasst werden. Dem Spieler ist es durch die dem Betreiber aufgegebene Aufstellung und Ausstattung der Geldspielgeräte schwerer möglich, an mehreren Geldspielgeräten gleichzeitig zu spielen (vgl. zu dieser Gefährlichkeit: BVerfG, Beschl. v. 31.3.2017, 1 BvR 8/13, NVwZ 2017, 1128, juris Rn. 6 a.E.; vgl. auch Meyer, Stellungnahme zu dem Entwurf der 6. VO zur Änd d. SpielV, Stand 8.2.2012, S. S. 14 ff.). Dass die Maßnahme - wenn z.B. ein Spieler, wie die Klägerin einwendet, sich durch die Sichtblende abzuschirmen sucht und durch die Spielhallenaufsicht nicht sichtbar ist - in nicht jedem Einzelfall den gewünschten Erfolg vollständig herbeiführt, ist unerheblich. Vielmehr ist es ausreichend, dass mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg der Spielsuchtprävention - wie hier - gefördert werden kann.

163

Die Regelung ist erforderlich. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit seiner Einschätzung, die nach § 3 Abs. 2 SpielV bisher vorgeschriebenen Abstände (mindestens 1 m), die Möglichkeit der Aufstellung in Zweiergruppen und die Sichtblenden seien zum Spielerschutz und zur Glückspielprävention nicht gleich wirksam und die Umgehung des Zwecks der Sichtblende solle durch die Anpassung von deren Tiefe verhindert werden (Bü-Drs. 20/5877, S. 28; vgl. auch Bü-Prot. 20/9, 20/14, Seite 24), seinen Beurteilungsspielraum überschritten hat.

164

Die Regelung des § 4 Abs. 4 Satz 3 HmbSpielhG ist auch angemessen und damit verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Einschränkungen der Spielhallenbetreiber stehen nicht außer Verhältnis zum erstrebten Ziel:

165

Nach dem oben dargelegten Maßstab sind die Anforderungen an die Aufstellung und Ausgestaltung der Geldspielgeräte angemessen. Das wegen der schweren Folgen der Spielsucht und des hohen Suchtpotenzials des gewerblichen Automatenspiels hohe Gewicht des Spielerschutzes und der Spielsuchtprävention überwiegt das Gewicht des wirtschaftlichen Interesses der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Einzelaufstellung und Anbringung der Sichtblenden verschont zu bleiben. Zwar ist davon auszugehen, dass die Spielhallenbetreiber in der überwiegenden Zahl der Fälle ihre Geldspielgeräte mit neuen Sichtblenden versehen müssen, da deren Tiefe sich nach der Regelung des § 3 Abs. 2 SpielV anders bemaß. Zudem werden einzelne Geräte erstmalig mit diesen Sichtblenden ausgestattet werden müssen, da sie früher in Zweiergruppen aufgestellt werden konnten. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die mit der gesetzlichen Verpflichtung einhergehende finanzielle Belastung, die die Klägerin für ihre Betriebe mit 17.000,-- Euro beziffert, die Spielhallenbetreiber unverhältnismäßig belastet, zumal es sich im Wesentlichen um einmalige Investitionen handelt (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, NordÖR 2015, 498, juris Rn. 94; in diesem Sinne auch VerfG Berlin, Beschl. v. 20.6.2014, 96/13, NVwZ-RR 2014, 825, juris Rn. 59). Zur Unverhältnismäßigkeit der einmaligen Belastung hat die Klägerin auch nichts Näheres vorgetragen.

166

Die Regelung zur Einzelaufstellung und Ausgestaltung der Geldspielgeräte ist auch angesichts der Verpflichtung, diese mit Inkrafttreten des Gesetzes am 19. Dezember 2012 zu befolgen, verhältnismäßig im engeren Sinne.

167

Durch die Wirksamkeit der Regelung mit dem Inkrafttreten des HmbSpielhG (§ 9 Abs. 6 Satz 1 HmbSpielhG) wird zeitnah ein besserer Schutz vor den durch Glücksspiel verursachten Gefahren erreicht, während andere Regelungen erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft treten oder wirksam werden. Dies ist im Vergleich zu einem vollständigen Verzicht auf eine zeitnahe Umsetzung des neuen Rechts effektiver (vgl. OVG Saarlouis, Beschl. v. 10.2.2014, 1 B 476/13, juris Rn. 36 f.).

168

Allerdings stellte die unmittelbare Wirksamkeit der Pflicht zur Einzelaufstellung und der Ausgestaltung der Spielgeräte auch für bereits bestehende Spielhallen möglicherweise eine sog. unechte Rückwirkung oder Rückanknüpfung dar, die den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes genügen muss (vgl. zu § 29 GlüStV bzw. vergleichbarer Landesregelung: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 178 ff., 188 f., 214; BVerwG, Urt. v. 16.12. 2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 63 ff.; BayVerfGH, Entsch. v. 28.6.2013, NVwZ 2014, 141, juris Rn. 93; StGH BaWü, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, NVwZ 2014, 1162 [LS], juris 441; VGH München, Beschl. v. 8.4.2014, 22 CS 14.224, juris Rn. 12; OVG Saarlouis, Beschl. v. 10.2.2014, 1 B 476/13, juris Rn. 57; OVG Lüneburg, Beschl. v. 7.1.2014, 7 ME 90/13, juris Rn. 36). Den Betreibern bestehender Spielhallen blieb ihre vor Inkrafttreten der Neuregelung erteilte gewerberechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO zwar uneingeschränkt bis zum 30. Juni 2017 erhalten. Sie konnten den bisherigen Betrieb fortzuführen, mussten aber zeitlich gestaffelt die z.T. neue Investitionen erfordernden Anforderungen des neuen Spielhallenrechts wie die Aufstellungs- und Gestaltungsanforderungen sowie die Sperrzeitregelungen erfüllen.

169

Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes vereinbar. Der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt nur, ob der Gesetzgeber bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe unter Berücksichtigung aller Umstände die Grenze der Zumutbarkeit überschritten hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.6.2010, 1 BvR 2011/07, 1 BvR 21 BvR 2959/07, BVerfGE 126, 112, juris Rn. 126; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, NordÖR 2014, 317 [LS], juris Rn. 23; OVG Saarlouis, Beschl. v. 14.3.2014, 1 B 102/14, juris Rn. 25).

170

Diese Grenze ist hier nicht überschritten. Wie bereits ausgeführt, dient das HmbSpielhG u.a. dem Ziel, alle Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen und dass der Spielerschutz verbessert wird (vgl. Bü-Drs. 20/5823, S. 23 ff.). Um den Zielen des Gesetzes während der Zeitdauer des Bestandsschutzes der Erlaubnisse nach § 33i GewO angemessen Rechnung zu tragen, bedurfte es aus Sicht des Gesetzgebers bereits zeitnah der schrittweisen Umsetzung der verschärften Anforderungen des HmbSpielhG an die Ausgestaltung und den Betrieb der Spielhallen. Dass die Einhaltung der Anforderungen des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG ohne Übergangsfrist verlangt wird, führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit. Die Einzelaufstellung in einem Abstand von 1,5 m ist in der Regel ohne weitere Investitionen möglich; solche fallen nur für die neuen Sichtblenden und ggf. ihre Installation an. Dass diese aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar sein könnten, ist nicht ersichtlich.

171

bb) Die Klägerin wird durch § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG nicht in ihren Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. 3 Abs. 1 GG verletzt.

172

Die Tatsache, dass § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG in der Spielbank Hamburg nicht gilt und es auch an einer auf Spielbanken anwendbaren vergleichbaren Regelung fehlt, begründet keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Dieser Unterschied ist aufgrund der für Spielhallen bzw. für Spielbanken geltenden, grundlegend verschiedenen, aber gleichermaßen an der Vermeidung von Glücksspielsucht orientierten Regelungskonzepte zur Sicherung des Spielerschutzes gerechtfertigt. Dahinstehen kann, wie oben ausgeführt, ob ungleiche Sachverhalte bereits deshalb vorliegen, weil die Spielbank Hamburg mit ihren vier über das Stadtgebiet verteilten Standorten ein deutlich schmaleres Angebot an Spielgelegenheiten vorhält, während Spielhallen und damit die einzelnen Geldspielgeräte örtlich leichter erreichbar und zugänglich sind. Jedenfalls besteht u.a. mit dem Sperrsystem ein dem Spielerschutz und der Gefahr der Glücksspielsucht effektiv Rechnung tragendes Instrument in Spielbanken (s.o.; vgl. dazu ausführlich OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/14, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 61 m.w.N.; vgl. VerfG Berlin, Beschl. v. 20.6.2014, 96/13, NVwZ-RR 2014, 825, juris Rn. 62).

173

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich auch nicht, soweit die Pflicht aus § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG für in Gaststätten aufgestellte Glücksspielgeräte nicht gilt. Wie oben ausgeführt, rechtfertigen sachliche Gründe die unterschiedliche Regelung.

174

b) Zur Vereinbarkeit des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG mit Art. 56 AEUV wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

175

3. Die Klägerin ist entgegen ihrem (Haupt-) Antrag nicht berechtigt, in ihren Spielhallen nur eine Sperrzeit von 5.00 Uhr bis 6.00 Uhr einzuhalten. Die Sperrzeitregelung des § 5 Abs. 1 HmbSpielhG findet auf die Betriebe der Klägerin Anwendung (a). Auch der Hilfsantrag hat keinen Erfolg (b).

176

Vor dem Inkrafttreten der Sperrzeitregelung in § 5 Abs. 1 und 3 HmbSpielG hatte § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung über die Sperrzeit im Gaststätten- und Vergnügungsgewerbe in der bis zum 19. Juli 2013 gültigen Fassung (SperrzeitVO v. 2.12.2003, HmbGVBl. S. 553, in Kraft getreten zum 1.1.2004) für Spielhallen eine Sperrzeit von 5.00 bis 6.00 Uhr bestimmt. Die Regelung wurde aufgehoben. Nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 HmbSpielhG beginnt die Sperrzeit für Spielhallen um 5.00 Uhr und endet um 12.00 Uhr. Eine Ausnahme eröffnet lediglich § 5 Abs. 3 HmbSpielhG für Spielhallen, die in dem Bereich des Vergnügungsviertels „Reeperbahn“ nach § 1 Nr. 1 der WechsellichtVO liegen (Sperrzeit von 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr). Dazu gehören die Spielhallen der Klägerin nicht. Sie hat in ihren Betrieben die Sperrzeit von 5.00 Uhr bis 12.00 Uhr einzuhalten.

177

a) Die Klägerin wird durch die Ausdehnung der Sperrzeit für den Betrieb ihrer Spielhallen auf die Zeit von 5.00 Uhr bis 12.00 Uhr nach § 5 Abs. 1 HmbSpielhG nicht in geschützten Rechtspositionen verletzt.

178

aa) Eine Verletzung verfassungsrechtlich geschützter Rechtsgüter liegt nicht vor.

179

(1) Der Eingriff in die Berufsfreiheit der Klägerin aus Art. 12 GG ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

180

Die Sperrzeitregelung greift in das Grundrecht der Klägerin auf Berufsfreiheit ein. Eine Einschränkung der Berufswahlfreiheit ist nicht gegeben, weil die Klägerin durch die Neuregelung des Spielhallenrechts in Hamburg nicht gehindert ist, ihre Tätigkeit als Spielhallenbetreiberin aufzunehmen oder fortzuführen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 10.3.2014, 4 Bs 435/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 29 m.w.N.). Die Sperrzeitregelungen in § 5 HmbSpielhG betreffen die Maßgaben dieser Tätigkeit.

181

Der mit der beanstandeten Sperrzeitregelung verbundene Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

182

Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt (BVerfG, Beschl. v. 25.3.1992, 1 BvR 298/86, BVerfGE 86, 28, juris Rn. 46 ff.). Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Einschränkungen der Berufsfreiheit stehen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit.

183

(a) Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist formell verfassungsgemäß. Die hier streitgegenständlichen Regelungen sind nicht kompetenzwidrig zustande gekommen.

184

Der Landesgesetzgeber ist zum Erlass der von der Klägerin beanstandeten Sperrzeitregelungen in § 5 Abs. 1 und 3 HmbSpielhG zuständig, da es sich um Normen handelt, die im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zum Recht der Spielhallen zählen. Das Recht der Spielhallen erfasst jedenfalls den Regelungsgegenstand des § 33i GewO und damit die Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle. Mit diesem Betrieb ist die Regelung der Betriebszeit untrennbar verbunden (vgl. ausführl. OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, juris Rn. 34; vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 19, 33).

185

(b) Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist materiell verfassungsgemäß.

186

Er ist durch ein Gemeinwohlziel legitimiert.

187

Für die Beschränkung der Betriebszeiten von früher 23 Stunden (6 Uhr bis 5 Uhr) auf 17 bzw. 21 Stunden (von 12.00 Uhr bis 5.00 Uhr bzw. 9.00 Uhr bis 6.00 Uhr) sprechen vernünftige Gründe des Gemeinwohls. Sie soll u. a. das Entstehen von Glücksspielsucht verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung schaffen, durch ein begrenztes Glücksspielangebot den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen lenken, den Jugend- und Spielerschutz gewährleisten und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abwehren (§ 1 Satz 1 GlüStV). Nach den Vorgaben des § 26 Abs. 2 GlüStV wird das zeitliche Angebot der Spielhallen durch Sperrzeiten von mindestens drei Stunden begrenzt (vgl. auch Bü-Drs. 20/3734, S. 84 [zu § 26 Abs. 2 GlüStV]). Nach § 28 Satz 1 und 2 GlüStV können die Länder weitergehende Bestimmungen erlassen. Das HmbSpielhG, das den GlüStV in Bezug auf Spielhallen umsetzt bzw. konkretisiert, dient nach der Begründung des Gesetzentwurfs dem Ziel, Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen, dass das Angebot im Sinne der Bekämpfung der Spielsucht ausgestaltet ist, dass der Spielerschutz verbessert und der Jugendschutz eingehalten wird (vgl. BüDrs. 20/3228, S. 6, 7). Die mit dem GlüStV und den die Sperrzeiten bestimmenden Ausführungsgesetzen der Länder angestrebten Ziele sind solche des Gemeinwohls, die Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit in Bezug auf den Betrieb von Spielhallen rechtfertigen können (s. oben m.w.N.).

188

Die geltend gemachte Unverhältnismäßigkeit der die Berufsausübung regelnden Vorschrift lässt sich nicht feststellen. Die Beschränkung der Betriebszeit für Spielhallen in § 5 Abs. 1 HmbSpielhG ist zur Erreichung des Gemeinwohlziels geeignet, erforderlich und angemessen.

189

Dem Gesetzgeber kommt bei der Regelung der Berufsfreiheit eine weite Gestaltungsfreiheit zu. Auch in Bezug auf die Eignung und Erforderlichkeit des gewählten Mittels zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele verbleibt ihm ein weiter Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum, der erst dann überschritten ist, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen so fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für derartige Maßnahmen abgeben können.

190

Davon ist nach diesem verfassungsrechtlichen Maßstab nicht auszugehen. Die Sperrzeitregelung in § 5 HmbSpielhG ist, wie das Berufungsgericht bereits im Beschluss vom 4. März 2014 (4 Bs 328/13, a.a.O., juris Rn. 39 ff.) ausgeführt hat, ein geeignetes Mittel, um die Spielsucht einzudämmen und den Spielerschutz zu verbessern. Das Ziel, das Glücksspiel in Spielhallen zu reglementieren, wird durch die drei oder sieben Stunden langen Sperrzeiten konkretisiert. Bereits eine Sperrzeit von drei Stunden, aber umso mehr eine Sperrzeit von sieben Stunden ist zur Rechtfertigung des Gemeinwohlziels geeignet. Aus den Erwägungen des Gesetzgebers zu § 26 Abs. 2 GlüStV, solche Sperrzeiten (von mindestens drei Stunden) seien auch deshalb sinnvoll, weil viele pathologische Spieler über extrem lange Zeiträume in den Spielhallen verweilten und dieses dauerhafte Spielen mit einer allgemeinen Sperrzeit nachhaltig unterbrochen werden könne (vgl. Bü-Drs. 20/3734, S. 83, 84), ergibt sich seine Einschätzung, dass bereits eine Mindestsperrzeit von drei Stunden geeignet ist, den vorgenannten Zielen des GlüStV Rechnung zu tragen. Die gleichen Erwägungen sind für den Gesetzgeber nach der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 5 HmbSpielhG auch für die Regelung der Sperrzeiten von 5.00 Uhr bis 12.00 Uhr bzw. 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr bestimmend gewesen. In der Gesetzesbegründung ist ausgeführt, durch das zwangsweise Ende des Spiels um 5.00 Uhr bzw. 6.00 Uhr im Bereich der Reeperbahn und der Möglichkeit des Weiterspielens erst um 12.00 Uhr bzw. um 9.00 Uhr könne die Spielerin bzw. der Spieler, insbesondere die Vielspielerinnen und Vielspieler und die pathologischen Spielerinnen und Spieler einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen ziehen und die Möglichkeit zur Erholung nutzen (vgl. Bü-Drs. 20/3288, S. 11; 20/5877, S. 29).

191

Die zwangsweisen Ruhe- oder Unterbrechungszeiten, die den Anreiz zum Weiterspielen hemmen oder unterbrechen sollen, sind mindestens förderlich, um das Gemeinwohlziel, u.a. die Spielsuchtprävention, zu erreichen. Die Reduzierung der Öffnungszeiten von Spielhallen in einem städtischen Bereich auf 21 Stunden/Tag und im übrigen Stadtgebiet auf 17 Stunden/Tag ist geeignet, (potenzielle) Spieler davon abzuhalten, das Glücksspiel an Geldspielautomaten zeitlich uneingeschränkt zu beginnen oder fortzusetzen (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 69 m.w.N.; OVG Saarlouis, Urt. v. 5.7.2017, 1 A 51/15, juris Rn. 223 ff.). Zudem ist die Sperrzeitregelung auch geeignet, der Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen zu dienen, die anderenfalls auf dem Weg zur Schule negativen Vorbildern, nämlich Menschen, die schon in den frühen Morgenstunden Spielhallen aufsuchen, ausgesetzt wären (vgl. VGH München, Beschl. v. 7.5.2013, 10 NE 13.226, juris Rn. 26).

192

Die Einwände der Klägerin gegen die Geeignetheit des Gesetzes zur Spielsuchtprävention und zum Spielerschutz überzeugen nicht. Sie macht auch insoweit geltend, dass potenzielle Spieler u.a. bei einer Ausweitung der Sperrzeit für Spielhallen und der Verminderung des Geräteangebots auf alternative Angebote in Gaststätten, Wettbüros, Internet-Casinos, „Hinterzimmern“ oder unkontrollierten Spiele-Cafés auswichen. Aus diesem Vortrag ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber seinen Einschätzungsspielraum überschritten haben könnte (s.o.). Die Erwägungen und Einschätzungen des Gesetzgebers, durch die Verlängerung der Sperrzeiten auf mindestens drei Stunden werde die Möglichkeit zu spielen eingeschränkt bzw. längeres (dauerhaftes) Spielen unterbrochen, und dies diene der Eindämmung der Spielsucht, sind nicht offensichtlich fehlsam. Eines messbaren Erfolgs bedarf es für die Geeignetheit einer gesetzlichen Maßnahme nicht. An der Geeignetheit der Sperrzeitregelungen zur Eindämmung der Spielsucht durch Verknappung des Angebots ändert es nichts, wenn insbesondere gefährdete und pathologische Spieler zur Befriedigung ihrer Sucht als Reaktion auf die zeitweise Schließung der Spielhallen andere Möglichkeiten (möglicherweise auch in einem benachbarten Bundesland) zum - auch illegalen – Glücksspiel suchen oder ihr Spielverhalten anpassen (vgl. dazu auch BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, a.a.O., juris Rn. 114). Nicht nur gefährdete und pathologische Spieler, sondern auch potenzielle (Erst-) Spieler sollen davon abgehalten werden, das Glücksspiel in Spielhallen überhaupt erst jederzeit beginnen und gegebenenfalls kaum unterbrechen zu müssen. Eine zeitweise Schließung der Spielhallen ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen (vgl. bereits OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 41).

193

Im Übrigen würden illegale Spiele-Cafés denselben rechtlichen Vorschriften wie Spielhallen unterliegen, sofern sie die Voraussetzungen eines Unternehmens nach § 1 Abs. 2 HmbSpielhG erfüllen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 81). Dass solche illegalen Glücksspielangebote von der Beklagten geduldet werden, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht vorgetragen.

194

Der Grundrechtseingriff ist auch erforderlich, weil derselbe Zweck nicht durch ein Mittel erreicht werden kann, das den Spielhallenbetreiber als Grundrechtsträger weniger beein-trächtigt. Der Gesetzgeber verfügt bei der Einschätzung der Erforderlichkeit ebenfalls über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum. Für eine Überschreitung dieses Spielraums ist nichts ersichtlich. Hier hat der Gesetzgeber angenommen, dass über die nach § 26 Abs. 2 GlüStV mindestens einzuhaltende Sperrzeit von drei Stunden für fast das gesamte Stadtgebiet nach § 28 Abs. 1 Satz 2 GlüStV weitere vier Stunden notwendig sind, um Spieler zu einer nachhaltigen Spielunterbrechung anzuhalten. Dass hier nach den dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und Erfahrungen alternative Beschränkungen die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen aber weniger belasten (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, a.a.O., juris Rn. 116), ist nicht ersichtlich. Die bisherigen Regelungen insbesondere der SpielV haben eine erhebliche Zunahme des Automatenspiels nicht verhindern können. Der Hinweis der Klägerin auf die in § 26 Abs. 2 GlüStV bestimmte Sperrzeit von mindestens drei Stunden lässt nicht den Schluss zu, der Gesetzgeber habe als milderes Mittel nur eine Sperrzeit von dieser Länge für erforderlich halten dürfen, weil sie gleich wirksam ist wie eine mehr als doppelt so lange Sperrzeit.

195

Die angegriffene Regelung des § 5 HmbSpielhG ist angemessen und damit verhältnismäßig im engeren Sinne.

196

Trifft der Gesetzgeber Regelungen, die in die Freiheit der Berufsausübung eingreifen, so muss bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt sein (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 117).

197

Nach diesem Maßstab ist im Hinblick auf die vom Gesetzgeber verfolgten Ziele die Be-schränkung der Betriebszeiten der Spielhallenbetreiber für die Dauer von drei bzw. sieben Stunden angemessen. Anhaltspunkte für eine systematische Existenzgefährdung oder -vernichtung von Spielhallenbetrieben durch die Berufsausübungsregelung sind – wie oben bereits ausgeführt - nicht ersichtlich. Die Klägerin hat im Übrigen zwar geltend gemacht, sie habe seit Juni 2013 massive Umsatzeinbußen hinnehmen müssen und ihr drohe der Verlust der Existenz, weil ihre Spielhallen am Vormittag sehr gut besucht seien. Konkrete auf dem Inkrafttreten der Sperrzeitregelung nach § 5 Abs. 1 HmbSpielhG beruhende Gewinneinbußen hat sie aber nicht dargelegt. Wie oben ausgeführt, handelt es sich u.a. bei der Bekämpfung der Spielsucht und bei der Spielsuchtprävention mindestens um vernünftige Gemeinwohlbelange. Angesichts der erheblichen gesellschaftlichen und persönlichen Folgen der Spielsucht (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 320, juris Rn. 99) ist das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel als besonders schutzwürdig anzusehen und rechtfertigt insoweit die Einschränkung der wirtschaftlichen Interessen des Spielhallenbetreibers.

198

Der nicht näher konkretisierte Einwand der Klägerin, in Folge der durch das HmbSpielhG geänderten Sperrzeiten sei generell vermehrt mit Einbrüchen und Überfällen zu rechnen, vermag die fehlende Angemessenheit der Einschränkung der Berufsausübung nicht zu begründen. Sie macht geltend, es habe in der Vergangenheit vor Einführung der „Putzstunde“ zwischen 5.00 Uhr und 6.00 Uhr Einbrüche und Überfälle auf Spielhallen gegeben. Diese Vortrag lässt ohne nähere Begründung nicht den Schluss zu, wegen der siebenstündigen Sperrzeit sei dies generell nun wieder oder öfter zu erwarten, weil die Mitarbeiter - anders als bei einer einstündigen Sperrzeit - nicht in der Spielhalle blieben und diese während der Sperrzeit von außen verschlossen werde. Auch legt die Klägerin nicht dar, aus welchen Gründen der Gefahr von Überfällen und Einbrüchen nicht durch Tresore oder durch andere finanziell vertretbare personelle oder technische Sicherungsmöglichkeiten vorgebeugt werden kann.

199

Die von der Klägerin hier angegriffenen Regelungen des HmbSpielhG greifen bei einer Gesamtbetrachtung (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 27.3.2012, 2 BvR 2258/09, BVerfGE 130, 372, juris Rn. 59) auch kumulativ nicht unverhältnismäßig in ihre Berufsfreiheit ein. Bloße Vermutungen reichen zur Annahme eines durch Kumulation verschiedener Maßnahmen unverhältnismäßigen "additiven" Grundrechtseingriffs, den die Klägerin hier geltend macht, nicht aus (vgl. zur Gesamtheit der Berliner Regelungen: BVerfG, Beschl. v. 3.4.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 156 ff.; zum additiven Grundrechtseingriff: Beschl. v. 13.9.2005, 2 BvF 2/03, BVerfGE 114, 196, juris Rn. 236 f.; zum Berliner SpielhG: BVerwG Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 50, 71). Dass die hier streitigen Regelungen selbst bei Berücksichtigung der Höhe der Vergnügungsteuer und bauplanungsrechtlicher Einschränkungen zu einer wirtschaftlichen „Erdrosselung“ der Spielhallenunternehmen (oder von solchen mit Einzelkonzession oder von kleinen Betrieben) führen und dass Spielhallen in den weniger attraktiven Außenbereichen der Stadt zudem nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten, hat die Klägerin nicht vorgetragen und solches ist auch vor dem Hintergrund des von ihr vorgelegten „Vorjahresvergleichs“ nicht ersichtlich (s.o.). Im Übrigen wiegt der Hauptzweck der Bekämpfung und Verhinderung der Glücksspielsucht besonders schwer, da es sich um die Bekämpfung eines besonders wichtigen Gemeinschaftsziels handelt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass auch die mit der Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte und der Öffnungszeiten von Spielhallen einhergehende Angebotsreduzierung einen gewichtigen Beitrag zur Erreichung der verfolgten Ziele, u.a. der Vorbeugung von Spielsucht in einem möglichst frühen Stadium, leisten wird. Daher ist auch eine deutliche Begrenzung der Einnahmemöglichkeiten durch den Betrieb von Spielhallen zugunsten der konsequenten Verfolgung des überragend wichtigen Gemeinwohlziels der Suchtprävention und -bekämpfung hinzunehmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 159).

200

Die Regelung ist auch, soweit sie die Umsetzung sechs Monate nach Inkrafttreten des HmbSpielhG verlangt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 HmbSpielhG), mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Insoweit ist auf die obigen Erwägungen zum Vertrauensschutz zu verweisen.

201

(2) Ungeachtet der Anforderungen, die sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergeben, können Berufsausübungsregelungen nur dann Bestand haben, wenn sie auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsgemäß sind und insbesondere den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten.

202

Daran gemessen ist die Regelung der unterschiedlichen Sperr- bzw. Öffnungszeiten für Spielhallen und Spielbanken (a) sowie bezogen auf Gaststätten (b) nicht verfassungswidrig.

203

(a) Die unterschiedlichen gesetzlich erlaubten Öffnungszeiten von Spielhallen und Spielbanken führen nicht zu einer „wirtschaftlichen Wettbewerbsverzerrung“ und insoweit nicht zu einem Verstoß gegen die durch Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG geschützte gleichberechtigte Teilhabe am Wettbewerb. Die unterschiedliche Sperrzeitregelung für Spielhallen in § 5 Abs. 1 HmbSpielhG und für Spielbanken nach der HmbSpielO begründet keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung im Sinne einer „Wettbewerbsverzerrung“ zu Lasten der Spielhallenbetreiber. Art. 3 Abs. 1 GG verlangt nicht die vollständige Anpassung der für Spielhallen geltenden Betriebszeiten an die der Spielbanken.

204

Der Spielbank Hamburg mit ihren Dependancen ist nach § 10 Abs. 2 und 3 HmbSpielO die Möglichkeit eingeräumt, wie folgt zu öffnen:

205

Hauptsitz Esplanade:

        

12.00 bis 5.00 Uhr

Dependance Steindamm:

        

 8.00 bis 2.00 Uhr

Dependance Reeperbahn:

        

 8.00 bis 6.00 Uhr

Dependance Mundsburg-Center:

        

10.00 bis 1.00 Uhr

206

Eine Ungleichbehandlung besteht nicht, soweit die Sperrzeiten für Spielhallen nach § 5 Abs. 1 HmbSpielhG im Stadtgebiet den nach der HmbSpielO möglichen Öffnungszeiten der Spielbank Esplanade, die ebenfalls von 12.00 Uhr bis 05.00 Uhr öffnen darf, entsprechen. Die Betriebszeiten des zentralen Spielbank-Hauptstandorts mit den meisten Geld-spielautomaten (136 Geräte; vgl. Bü-Drs. 20/10218, S. 1) führen daher nicht zu einer „Wettbewerbsverzerrung“ zu Lasten der Spielhallenbetreiber im gesamten Stadtgebiet und begründen keinen Wettbewerbsvorteil für Spielbanken.

207

Die unterschiedliche gesetzliche Regelung der Sperrzeiten der Spielbanken-Depen-dancen im Verhältnis zu den in den dortigen Stadtvierteln befindlichen Spielhallen sowie die bezogen auf zwei Spielbank-Standorte etwas kürzeren Sperrzeiten (zwei bzw. sechs Stunden) sind durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Zum einen sind, wie oben bereits ausgeführt, der Angebotsumfang und die Erreichbarkeit von Spielbanken und Spielhallen unterschiedlich. Zum anderen bilden die verschiedenen Regelungen zum Spielerschutz in Spielbanken ein gleichwertiges Schutzniveau zur Spielsuchtbekämpfung (s.o.; vgl. zu den Regelungen; BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 174, 142; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 77; vgl. auch: BayVerfGH, Urt. v. 28.6.2013, 10-VII-12 u.a., NVwZ 2014, 141, juris Rn. 118 f.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 7.1.2014, 7 ME 90/13, juris Rn. 28 zum Abstandsgebot; KG Berlin, Beschl. v. 2.7.2013, 3 Ws 622/12 u.a., juris Rn. 9).

208

(b) Die Tatsache, dass auch in Gaststätten gegenwärtig noch bis zu drei Automatenspielgeräte aufgestellt werden dürfen und dass für diese weiterhin eine Sperrzeit nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SperrzeitVO von 5.00 Uhr bis 6.00 Uhr gilt, führt ebenfalls nicht zu einer Ungleichbehandlung. Die Unterschiede zwischen Gaststätten und Spielhallen rechtfertigen auch in Ansehung der Eindämmung der Spielsucht eine unterschiedliche Regelung der Sperrzeiten, weil, wie oben bereits ausgeführt, beide gewerberechtlichen Angebote Unterschiede aufweisen.

209

bb) Soweit die Klägerin auch insoweit einwendet, das HmbSpielhG verletze das europarechtliche Gebot der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV und sei zur Eindämmung der Spielsucht nicht geeignet, weil es tatsächlich nicht konsequent und folgerichtig am Ziel der Spielsuchtbekämpfung orientiert sei, sondern ausschließlich die gewerblichen Automatenspielbetriebe und nicht die Spielbanken reglementiere, und die wahre Absicht des Gesetzgebers sei es, die Spielbanken aus fiskalischen Gründen zu fördern, ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen (vgl. S. 27, 36, 42).

210

Eine Inkonsequenz und fehlende Kohärenz ist auch nicht festzustellen, soweit die Klägerin einwendet, die Hamburger Spielbank werbe großflächig auf Bussen des Hamburger Verkehrsverbunds. Sollte die Klägerin auch mit diesem Einwand begründen wollen, die Regelung des § 5 HmbSpielhG und andere das Automatenglücksspiel in Spielhallen beschränkende Regelungen seien tatsächlich nicht auf die Eindämmung der Spielsucht und Spielsuchtprävention gerichtet, sondern auf die Umlenkung des Spielerinteresses auf das Spiel in Spielbanken, überzeugt dies nicht. Auch die Hamburger Spielbank unterliegt, wie oben ausgeführt, gemäß § 2 Abs. 2 GlüStV der Regelung des § 5 GlüStV, wonach Art und Umfang der Werbung für öffentliches Glücksspiel an den Zielen des § 1 GlüStV auszurichten ist. Mit diesen Zielen unvereinbar ist eine Werbung, von der in auffälliger Weise ein Aufforderungs- und Anreizcharakter zum Spielen ausgeht (vgl. zu § 5 GlüStV a.F. BVerfG, Beschl. v. 14.10.2008, 1 BvR 928/08, juris Rn. 47; vgl. auch BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris 136; BVerwG, Urt. v. 20.6.2013, 8 C 17.12, juris Rn. 44 ff.; VG Berlin, Urt. v. 1.3.2013, 4 K 336.12, juris Rn. 183; Hecker/Ruttig, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 5 Rn. 39). Eine bloße Imagebewerbung, die nicht auffällig und im Alltag gegenwärtig ist, ist nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.3.2007, 1 BvR 2228/02, juris Rn. 63; vgl. zu den Grenzen: BVerwG, Urt. v. 20.6.2013, 8 C 17.12, juris Rn. 47 m.w.N.). Dass diese rechtlichen Grenzen tatsächlich nicht eingehalten werden, legt die Klägerin nicht konkret dar.

211

b) Auch der zulässige Hilfsantrag hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klägerin ist nicht berechtigt, in ihren Spielhallen nur eine Sperrzeit von 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr einzuhalten.

212

§ 5 Abs. 1 HmbSpielhG ist nicht wegen Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig, soweit nach § 5 Abs. 1 und 3 HmbSpielhG Spielhallenbetriebe in unterschiedlichen Bereichen des Stadtgebiets verschiedene Sperrzeiten einhalten müssen.

213

Das von der generellen Regelung einer Sperrzeit von sieben Stunden ausgenommene Gebiet, das durch die WechsellichtVO vom 28. April 1981 (Anlage 1 HmbGVBl. S. 91) räumlich bestimmt und begrenzt wird, bezieht sich im Wesentlichen auf Grundstücke an der Reeperbahn, begrenzte Teile der von ihr abgehenden Davidstraße, den Spielbuden-platz, auf Grundstücke am Hans-Albers-Platz, die Herbertstraße sowie auf Teile der eben-falls von der Reeperbahn abgehenden Straße Große Freiheit. Es weist in seinem Dienstleistungsangebot und hinsichtlich dessen Dichte gemessen an den Verhältnissen im sonstigen Stadtgebiet und in anderen bahnhofsnahen Bereichen derartige Unterschiede und Besonderheiten auf, dass der Gesetzgeber für die dort gelegenen Betriebe in § 5 Abs. 3 HmbSpielhG eine andere Regelung der Sperrzeiten treffen durfte.

214

Das Berufungsgericht hat bereits im Beschluss vom 4. März 2014 (4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris) ausgeführt, dass es für die Frage, ob nach dem oben dargestellten Maßstab eine Ungleichbehandlung von in verschiedenen Stadtteilen gelegenen Spielhallenbetrieben sachlich gerechtfertigt ist, nicht (allein) auf die Erwägungen des Gesetzgebers ankommt. Für die verfassungsrechtliche Prüfung ist nicht ausschlaggebend, ob die maßgeblichen Gründe für die gesetzliche Neuregelung im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich als solche genannt wurden oder gar den Gesetzesmaterialien zu entnehmen sind. Nicht die subjektive Willkür des Gesetzgebers führt zur Feststellung eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, sondern die objektive Unangemessenheit der Norm im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, die sie regeln soll (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.1.2012, 1 BvL 21/11, BVerfGE 130, 131, juris Rn. 47 m.w.N.). Nach diesem Maßstab bestehen sowohl nach der Einschätzung des Gesetzgebers als auch objektiv sachliche Gründe für eine unterschiedliche Regelung der Sperrzeiten.

215

Zur weiteren Begründung verweist das Berufungsgericht auf seine Erwägungen im Beschluss vom 4. März 2014 (4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 67 ff.), an denen es auch in diesem Berufungsverfahren festhält:

216

„Die vom Gesetzgeber zur Regelung der unterschiedlichen Sperrzeiten angestellten Erwägungen sind sachgerecht. Bei seiner Entscheidung, unterschiedliche Sperrzeitregelungen in Bezug auf bestimmte Stadtgebiete festzulegen, hat der Gesetzgeber entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht allein auf den Aspekt der Suchtprävention und den Spielerschutz abgestellt, sondern auf weitere Ziele des § 1 GlüStV.

217

Die Gesetzesbegründung zu § 5 HmbSpielhG nimmt auf § 2 Abs. 2 HmbSpielhG Bezug, soweit dort in Satz 3 für die im Bereich der WechsellichtVO vom 28. April 1981 gelegenen Betriebe eine diese begünstigende Sonderregelung (bezüglich des Abstandsgebots) getroffen worden ist. Aus der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 2 ergeben sich Erwägungen für eine unterschiedliche Behandlung der Spielhallenbetreiber in bestimmten räumlich begrenzten Bereichen der Stadt. In der Begründung des ersten Gesetzentwurfs (Bü-Drs. 20/3228, S. 9) ist zu § 2 Abs. 2 Satz 3 HmbSpielhG ausgeführt, diese Ausnahmen berücksichtigten die Metropolsituation Hamburgs. Um Hamburg als weltoffener Stadt gerecht zu werden, solle in den Amüsiervierteln der Stadt eine dichtere Spielhallenansiedlung möglich sein. Der spätere Gesetzesentwurf des HmbSpielhG, der Gegenstand der Zustimmung durch die Bürgerschaft war, führt aber weitere Gründe für eine Sonderregelung an: § 2 Abs. 2 Satz 3 berücksichtige die tatsächliche Konzentration der Nachfrage und des Angebots in speziellen „Amüsiervierteln“ der Stadt, wie ihr auch schon mit den speziellen baurechtlichen Nutzungsregelungen Rechnung getragen werde, und wirke damit auch dem Ausweichen auf illegale „Hinterzimmerangebote“ entgegen. Besucher suchten diese Gebiete, anders als ihre alltägliche Umgebung, gezielt auf und erwarteten ein enges und vielfältiges Unterhaltungs- und Amüsierangebot. Sie seien sich, wenn sie diese Viertel aufsuchten, in der Regel der Risiken der Amüsierbetriebe und der damit verbundenen finanziellen Gefahren bewusst. Zudem bestehe in diesen Gebieten ein durchgängiges Zutrittsverbot für Jugendliche in nahezu allen einschlägigen Etablissements (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 26). Diese Erwägungen gelten auch für die Regelung unterschiedlicher Sperrzeiten in § 5 Abs. 1 und 3 HmbSpielhG. Der Gesetzgeber hat durch die Bezugnahme auf das durch die WechsellichtVO begrenzte Gebiet zum Ausdruck gebracht, dass dort den Spielhallenbetrieb einschränkende Regelungen (wie die Abstandsregelung für Spielhallen und die Sperrzeit, § 2 Abs. 2 und § 5 HmbSpielhG) zwar der Eindämmung der Spielsucht und dem Spielerschutz dienen sollen, dass aber in Teilen des Vergnügungs-viertels „Reeperbahn“ Erleichterungen oder Ausnahmen wegen der hinsichtlich eines Amüsierviertels geltenden Besonderheiten zulässig, aber insbesondere wegen der Notwendigkeit eines kanalisierten legalen Glückspielangebots und zur Verhinderung illegalen Glücksspiels erforderlich sind. Im Unterschied zu § 2 Abs. 2 Satz 3 HmbSpielhG, der auf die Anlagen 1 (Reeperbahn u.a. / St. Pauli) und 2 (Steindamm zwischen Steintorplatz und Kreuzung Stralsunderstraße und Kreuzweg) der WechsellichtVO Bezug nimmt, hat der Gesetzgeber zudem bezüglich der Sperrzeitregelung die räumliche Reichweite der Ausnahme in § 5 Abs. 3 HmbSpielhG enger gefasst und auf das Gebiet der Anlage 1 der WechsellichtVO und damit ausschließlich auf die Reeperbahn und wenige angrenzende Straßenzüge begrenzt.

218

Diese vom Gesetzgeber angenommenen Gründe sind sachgerecht und rechtfertigen eine unterschiedliche Behandlung der in dem räumlich beschränkten „Amüsierviertel Reeperbahn“ liegenden Spielhallenbetriebe und derjenigen im übrigen Stadtgebiet. Der Gesetzgeber hat zu Recht angenommen, dass in dem als „Amüsierviertel“ weit über die Grenzen Hamburgs und Deutschlands hinaus bekannten Teil St. Paulis, der allein deshalb das Ziel zahlreicher Touristen ist, bereits in Bezug auf die Besucher und deren Erwartung und Nachfrage besondere Umstände gelten, die eine großzügigere Sperrzeitregelung rechtfertigen. In diesem Stadtviertel finden sich gehäuft Gaststätten, Restaurants, Bars, Clubs, Geschäfte und andere Betriebe des Unterhaltungsgewerbes, und hier geht ein Besucher von einem umfassenden, nicht an „normale Öffnungszeiten“ gebundenen Unterhaltungsangebot auch noch nach dem üblichen Schluss von Theater- und Showveranstaltungen aus. Das Angebot der „Reeperbahn“ und der angrenzenden Straßen richtet sich an auswärtige und einheimische Besucher, die in diesem Gebiet insbesondere wegen seines (weltweiten) Rufs als „Amüsierviertel“ im Unterschied zum sonstigen Stadtgebiet und auch zum bahnhofsnahen Stadtviertel am Steindamm ein zeitlich nicht oder kaum eingeschränktes vielfältiges Unterhaltungs- und Dienstleistungsangebot für Erwachsene erwarten. Diese Besucher und auch solche, die aus dem Umland Hamburgs oder aus entfernter liegenden Stadtvierteln kommen, sind in der Regel nicht durch reguläre Arbeitszeiten gebunden und/oder halten sich oft mehrere Tage in der Stadt auf.

219

Auch die Annahme des Gesetzgebers, Besucher suchten diese Stadtgebiete im Unterschied zu ihrer alltäglichen Umgebung gezielt auf und seien sich in der Regel dabei der Risiken der Amüsierbetriebe und der damit verbundenen finanziellen Gefahren bewusst (Bü-Drs. 20/5877, S. 26), rechtfertigt ein längeres Angebot an Unterhaltung in Spielhallen in diesem Gebiet. Zwar bringt die Antragstellerin dagegen vor, gerade das Vergnügungsviertel „Reeperbahn“ wirke wegen der Einbettung in eine von Alkohol und Sex geprägte Umgebung enthemmend und begünstige pathologisches Spielverhalten. Soweit der Gesetzgeber in diesen Gebieten von einem weniger großen Schutzbedarf der Spieler ausgeht, hält sich diese Wertung aber im Rahmen seines Einschätzungsspielraums (vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., juris Rn. 159). Während die Spielhallen im Wohngebiet, in der Nähe des Arbeitsplatzes oder anderer Freizeitgestaltung eines Spielers in der Regel mit dessen Lebensumfeld verbunden und schnell erreichbar sind, stellt das gezielte (Auf-) Suchen von Unterhaltung in einem Vergnügungsviertel wie der „Reeperbahn“ ein anderes Verhaltensmuster dar, das das Vorverständnis des Besuchers von dem u.a. mit Glücksspiel verbundenen Risiko prägt. Dass dennoch einzelne Besucher den „Versuchungen“ eines Vergnügungsviertels erliegen und deshalb ein unkontrolliertes Spielverhalten entwickeln, stellt die grundsätzliche Annahme nicht in Frage.

220

Der Gesetzgeber hat zudem, ohne dass dies zu beanstanden wäre, bei der Sperrzeitregelung von 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr nicht nur den Spielerschutz und die Eindämmung der Spielsucht bei der Bestimmung der unterschiedlichen Sperrzeitregelungen im Blick gehabt, sondern es für notwendig gehalten, in dem „Amüsierviertel Reeperbahn“ ein gegenüber dem restlichen Stadtgebiet zeitlich weitergehendes, aber räumlich begrenztes verdichtetes Angebot des öffentlichen legalen Automatenglücksspiels zur Kanalisierung der Spielleidenschaft vorzusehen und hat damit einem anderen maßgeblichen Ziel des GlüStV Rechnung getragen. Nach § 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV entspricht es dem gesetzgeberischen Interesse, den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung durch ein begrenztes, eine geeignete Alternative zum nicht erlaubten Glücksspiel darstellendes Glücksspielangebot in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken sowie der Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten entgegenzuwirken. Örtlich und zeitlich beschränkte Regelungen u.a. zu Gunsten der im Vergnügungsviertel „Reeperbahn“ gelegenen Betriebe sollen diesen Zwecken in Abwägung mit dem Ziel der Eindämmung der Spielsucht und der Verknappung des Angebots Rechnung tragen. Die Annahme des Gesetzgebers, ein sowohl zahlenmäßig als auch zeitlich erweitertes Angebot an Spielhallen berücksichtige die tatsächliche Konzentration der Nachfrage und des Angebots in diesem Gebiet und wirke dem Ausweichen in illegale „Hinterzimmerangebote“ entgegen, ist nicht zu beanstanden und rechtfertigt eine Differenzierung. Die Gefahr eines „illegalen Glücksspielmarktes“ ist in traditionellen Vergnügungsvierteln wie der „Reeperbahn“, in denen die Möglichkeiten legaler und illegaler Geschäftstätigkeiten oft auch räumlich nah beieinander liegen, auch im Fall einer verstärkten Kontrolle und Überwachung durch Polizei- und Ordnungsbehörden jedenfalls gegenüber dem übrigen Stadtgebiet erhöht.

221

Zwar weist die Antragstellerin sinngemäß darauf hin, dass Touristen oder diejenigen Spieler, die im Umfeld der durch die Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 3 HmbSpielhG begünstigten Spielstätten im Bereich der Reeperbahn oder der Nebenstraßen wohnen, vor den Nachteilen und Gefahren des Glücksspiels in Spielhallen nicht in gleicher Weise geschützt sind wie Spieler im übrigen Stadtgebiet, die die ab 5.00 Uhr geschlossenen Spielhallen erst ab 12.00 Uhr wieder besuchen können. Diese Tatsache stellt aber die Rechtfertigung einer unterschiedlichen Sperrzeitregelung für die in einem räumlich eng begrenzten Gebiet vorhandenen Spielhallen nicht in Frage. Die Möglichkeit, dass Besucher oder im Amüsierviertel oder auch in anderen Gebieten St. Paulis lebende Spieler wegen der räumlichen Nähe die im Vergnügungsviertel gelegenen Spielhallen mit für sie günstigeren Öffnungszeiten ohne größeren zeitlichen Aufwand besuchen können, ist ein zwangsläufiger Effekt einer ortsbezogenen Regelung. Allerdings betrifft diese Ausnahmeregelung in § 5 Abs. 3 HmbSpielhG nur einen kleinen Bereich des Stadtteils St. Pauli und zudem nur eine vergleichsweise kleine Gruppe von möglichen Spielern im Verhältnis zum übrigen Stadtgebiet. Der in anderen Stadtteilen und auch im übrigen Bereich des Stadtteils St. Pauli für die Dauer von sieben Stunden in stärkerem Maße gewährleistete Schutz vor den Gefahren der Spielsucht muss für diese (potenziellen) Spieler hier zeitweise zur Erreichung des im Vergnügungsviertel ebenfalls verfolgten Ziels, legales öffentliches Automatenglückspiel zur Verhinderung eines Glücksspielschwarzmarktes an 21 Stunden täglich anzubieten, zurücktreten. Diese zur Erreichung mehrerer Ziele des GlüStV notwendige Abwägung begegnet keinen Bedenken.“

222

4. Die von der Klägerin beanstandeten Regelungen sind auch nicht wegen Verstoßes gegen die Notifizierungspflicht unanwendbar.

223

§ 4 Abs. 3 Satz 1 und 3 und § 5 Abs. 1 HmbSpielhG sind nicht wegen eines Verstoßes gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht der Richtlinie 98/34/EG vom 22. Juni 1998 (ABl. L 204 S. 37, in der Fassung der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des HmbSpielhG gegebenen Änderungen durch die Richtlinie 98/48/EG vom 20.07.1998, ABl. L 217 S. 18 und die Richtlinie 2006/96/EG vom 20.11.2006, ABl. L 363 S. 81) unanwendbar.

224

Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 98/34/EG müssen die Mitgliedstaaten der Kommission den Entwurf einer technischen Vorschrift übermitteln und die Kommission über die Gründe der Festlegung der technischen Vorschrift unterrichten. Der Entwurf darf nach Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 98/34/EG nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung bei der Kommission angenommen werden. Ein Verstoß gegen die Notifizierungspflicht führt zur Unanwendbarkeit der jeweiligen technischen Vorschrift (vgl. zuletzt EuGH, Urt. v. 4.2.2016, C-336/14, NVwZ 2016, 369). Der Entwurf des HmbSpielhG ist der Kommission nicht übermittelt worden.

225

Die hier angegriffenen Vorschriften des Gesetzes unterlagen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 87 ff.), der das Berufungsgericht folgt, nicht der Informationspflicht aus Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/34/EG, da sie keine „technischen Vorschriften“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 1 der Richtlinie darstellen. Sie wären unter den vier Kategorien von Maßnahmen, die der Begriff „technische Vorschrift“ umfasst (vgl. zuletzt EuGH, Urt. v. 13.10.2016, C-303/15, ZfWG 2016, 430, juris Rn. 18 m.w.N.), allenfalls den „sonstigen Vorschriften“ im Sinne von Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG zuzuordnen. Der Europäische Gerichtshof sieht nationale Vorschriften, die bestimmte Verwendungsmöglichkeiten eines Erzeugnisses nach seinem Inverkehrbringen einschränken, nur dann als notifizierungspflichtige „sonstige Vorschriften“ nach Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG an, wenn sie auf das Erzeugnis selbst bezogen sind und dessen Zusammensetzung, Art oder Vermarktung wesentlich beeinflussen können (EuGH, Urt. v. 19.7.2012, C-213/11 u.a., NVwZ-RR 2012, 717, juris Rn. 27 ff., 35; Urt. v. 13.10.2016, C-303/15, juris Rn. 20 ff., 29). Ob die Größe des Marktes für das Erzeugnis durch diesem nicht selbst anhaftende Anforderungen beeinflusst wird, ist dagegen für die Notifizierungspflicht unerheblich (vgl. EuGH, Urt. v. 21.4.2005, C-267/03, Rn. 95). Die Verwendungsbeschränkung muss sich demnach auf jedes Exemplar des betreffenden Erzeugnisses beziehen und ihm dadurch kraft seiner Beschaffenheit im weiteren Lebenszyklus anhaften. Dies wird auch daran deutlich, dass eine nationale Verwendungsbeschränkung nur dann als „sonstige Vorschrift“ mitteilungspflichtig ist, wenn sie die Nutzungskanäle für das betreffende Erzeugnis verringert (vgl. EuGH, Urt. v. 11.6.2015, C-98/14, ZfWG 2015, 336, juris Rn. 99; Urt. v. 13.10.2016, C-303/15, a.a.O., juris Rn. 26). Das ist dann der Fall, wenn in einem bestimmten Nutzungskanal kein Exemplar des betreffenden Erzeugnisses mehr verwendet werden darf (vgl. zum Verbot der Verwendung von Spielautomaten außerhalb von Spielcasinos: EuGH, Urt. v. 11.6.2015, C-98/14, ZfWG 2015, 336, Rn. 99).

226

Eine geplante nationale Regelung ist dagegen nicht nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie mitteilungspflichtig, wenn sie den potenziellen Einsatzbereich eines Erzeugnisses lediglich bestimmten Bedingungen unterwirft und ihn damit in einer Weise beschränkt, die nicht für jedes einzelne Exemplar zum Tragen kommt. Die Verringerung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen oder sonstige der hier streitgegenständlichen Anforderungen an die Aufstellung der Geräte sowie an den Betrieb von Spielhallen haften nicht dem Erzeugnis der Spielautomaten als solches an und verringern nicht ihre Nutzungskanäle. Sie führen vielmehr u.a. zu einer verringerten Dichte an Geldspielgeräten innerhalb dieser Spielstätten und verringern die Größe des Marktes für Spielautomaten und möglicherweise auch deren Wert. Dies ist für die Frage der Notifizierungspflicht irrelevant (EuGH, Urt. v. 21.4.2005, C-267/03, Rn. 95). Auch nach vollständiger Umsetzung der angegriffenen Regelungen bleibt die Verwendung von Spielgeräten in Spielhallen zulässig, selbst wenn einige Betreiber zur Wahl eines anderen Standortes veranlasst werden und in einer Spielhalle nur eine geringere Zahl von Geräten aufgestellt werden darf (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 86 ff.; vgl. zu § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG: OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, NordÖR 2015, 489, juris Rn. 104; vgl. OVG Saarlouis, Urt. v. 5.7.2017, 1 A 51/15, juris Rn. 159 ff., 169 ff.).

227

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten des Berufungsverfahrens vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass für sie beim Betrieb ihrer drei Spielhallen Vorschriften des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Hamburg (HmbGVBl. 2012, 505, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.7.2016, HmbGVBl. S. 323) - HmbSpielhG - wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nicht gelten.

2

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betrieb zunächst mit Erlaubnissen der Beklagten nach § 33i GewO eine Spielhalle in der X-straße in 20253 Hamburg mit einer Grundfläche von 174,46 m² (Erlaubnis vom 26. August 2008) sowie zwei in einem Gebäude in der Y-Straße in 22159 Hamburg gelegene Spielhallen mit 142,37 m² Grundfläche und mit 150,32 m² Grundfläche (Erlaubnisse vom 21. Dezember 2010). In zwei Spielhallen waren jeweils zwölf, in der Spielhalle I der Klägerin in der waren elf Gewinnspielgeräte sowie Sichtblenden nach § 3 Abs. 2 der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit (neugefasst durch Bek. v. 27.1.2006, BGBl. I S. 280; zuletzt geänd. durch Art. 4 Abs. 61 des G. v. 18.7.2016, BGBl. I, S. 1666) - SpielV - aufgestellt. Die Bescheide enthalten keine Auflagen oder Hinweise im Hinblick auf die einzuhaltende Sperrzeit oder die Zahl der Geldspielgeräte. Die Spielhalle in der X-straße betreibt die Klägerin seit Juni 2017 mit einer neuen Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG. Die beiden Spielhallen am Standort Y-Straße, für die die Klägerin neue Erlaubnisse nach § 2 HmbSpielhG beantragt hat, über die noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist, werden ebenfalls vorläufig weiterbetrieben.

3

Am 19. Dezember 2012 trat das Hamburgische Spielhallengesetz (HmbSpielhG) in Kraft. Es lautet - soweit hier relevant - auszugsweise wie folgt:

4

㤠4
Anforderungen an die Gestaltung und Einrichtung von Spielhallen und ähnlichen Unternehmen

5

(1) 1Unternehmen nach § 1 Absatz 2 sind von ihrem äußeren Erscheinungsbild so zu gestalten, dass ein Einblick ins Innere der Räumlichkeiten von außen nicht möglich ist. 2Es muss gleichwohl gewährleistet werden, dass Tageslicht in den Aufstellungsbereich der Geldspielautomaten einfällt. 3Ist der Einfall von Tageslicht ortsbedingt nicht möglich, sind Ausnahmen zulässig. 4[…]

6

(2) Als Bezeichnung des Unternehmens im Sinne des § 1 Absatz 2 ist nur das Wort „Spielhalle“ zulässig.

7

(3) 1In Unternehmen nach § 1 Absatz 2 darf je 12 m² Grundfläche höchstens ein Geld- oder Warenspielgerät aufgestellt werden; die Gesamtzahl darf jedoch acht Geräte nicht übersteigen. 2[…] 3Die Geräte sind einzeln in einem Abstand von mindestens 1,5 Metern aufzustellen, getrennt durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von dem am weitesten in den Raum hineinreichenden Gerätebauteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante. 4[…]

8

(4) […]“

9

㤠5
Sperrzeit und Spielverbotstage

10

(1) Die Sperrzeit für Unternehmen nach § 1 Absatz 2 beginnt um 5.00 Uhr und endet um 12.00 Uhr.

11

(2) […]

12

(3) 1In Unternehmen nach § 1 Absatz 2 in den Gebieten gemäß § 1 Nummer 1 der Verordnung über Werbung mit Wechsellicht beginnt die Sperrzeit um 6.00 Uhr und endet um 9.00 Uhr. 2[…]“

13

㤠9
Übergangs- und Schlussbestimmungen

14

(1) 1Unternehmen nach § 1 Absatz 2, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehen und für die bis zum 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33i der Gewerbeordnung erteilt worden ist, deren Geltungsdauer nicht vor dem 30. Juni 2017 endet, gelten bis zum 30. Juni 2017 als mit diesem Gesetz vereinbar. 2[…] 3Die Regelungen des § 4 Absätze 1, 2 und 4 und des § 5 treten sechs Monate nach Inkrafttreten dieses Gesetzes in Kraft. 4[…]

15

(2) 1Wer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes ein Unternehmen nach § 1 Absatz 2 rechtmäßig betreibt und über eine gültige Erlaubnis nach § 33i der Gewerbeordnung verfügt, hat für diesen Betrieb die Zahl der Geräte und Spiele innerhalb von 24 Monaten auf das nach § 4 Absatz 3 zulässige Maß zu reduzieren. 2Unternehmen, die keine Mehrfachkonzession im Sinne des § 1 Absatz 3 erhalten haben, haben die Zahl der Geräte und Spiele bis zum 30. Juni 2017 auf das nach § 4 Absatz 3 zulässige Maß zu reduzieren.

16

(3) […]“

17

Am 20. Juni 2013 hat die Klägerin Klage erhoben.

18

Gleichzeitig beantragte die Klägerin, im Wege einstweiliger Anordnung vorläufig u.a. festzustellen, dass sie nicht verpflichtet sei, zwischen jedem Spielgerät Trennwände in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter aufzustellen, gemessen von dem am weitesten in den Raum hineinreichenden Gerätebauteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante, und dass sie nicht verpflichtet sei, zu gewährleisten, dass Tageslicht in die Räumlichkeiten der Spielhallen einfalle und dass für die von ihr betriebenen Spielhallen die in § 1 der Sperrzeitverordnung geregelte Sperrzeit gelte, hilfsweise, dass die Sperrzeit um 6.00 Uhr beginne und um 9.00 Uhr ende. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 30. September 2013 ab (17 E 2430/13, rechtskräftig, n.v.). Weitere Eilverfahren hatten keinen Erfolg.

19

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin im Wesentlichen vorgetragen: Die Regelungen in den §§ 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 und Satz 3, 5 Abs. 1 HmbSpielhG seien mangels Gesetzgebungskompetenz der Länder bereits aus formellen Gründen verfassungswidrig, da sich das vom Recht der Wirtschaft nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG ausgenommene Recht der Spielhallen auf den Regelungsgegenstand des § 33i GewO beschränke. Darüber hinaus verletzten die Regelungen sie in ihrer Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG und im allgemeinen Gleichheitsgebot nach Art. 3 Abs. 1 GG und seien daher verfassungswidrig. Die Regelungen seien bereits nicht zur Bekämpfung der Spielsucht geeignet, da die Spieler dadurch auf Spielseiten im Internet, Schankräume mit Automaten in der Gastronomie und insbesondere die Automatenspielsäle der Spielbank auswichen, in denen die Aufsichtsmöglichkeiten geringer als in Spielhallen seien. Zudem seien die Eingriffe unangemessen. Insbesondere aufgrund der Reduzierung der höchstens zulässigen Anzahl an Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit und der Ausweitung der gesetzlichen Sperrzeit habe sie mit erheblichen Einnahmeverlusten zu rechnen, die sie zur Schließung ihrer Spielhallen, jedenfalls aber zur Kündigung der Arbeitsverträge langjähriger Mitarbeiter zwängen. Durch die erforderliche Anfertigung neuer Trennwände würden ihr Kosten in Höhe von 17.000,-- Euro entstehen, überdies müssten die Sicherheitskameras samt damit verbundener Elektrik mit erheblichem Kostenaufwand neu installiert werden. Die Pflicht zur Gewährleistung des Tageslichteinfalls und die Pflicht, den Einblick in die Räumlichkeiten zu verhindern, schlössen sich gegenseitig aus.

20

Wenn mit den Regelungen die Spielsucht bekämpft werden solle, sei nicht nachvollziehbar, weshalb entsprechende Vorschriften nicht auch für die Spielbank Hamburg gälten. Es sei daher davon auszugehen, dass die Regelungen allein fiskalischen Zwecken dienten. Deshalb verstießen diese auch gegen das europarechtliche Kohärenzgebot. Es liege eine Ungleichbehandlung vor, da in der Spielbank Hamburg, die auch Automatenglücksspiel anbiete, die Beschränkungen des HmbSpielhG nicht gälten. In den Spielbanken dürfe, anders als in Spielhallen, Alkohol ausgeschenkt werden, sie unterlägen weder dem Rauchverbot noch den in § 13 SpielV u.a. geregelten Einsatz-, Gewinn- und Verlustgrenzen, Spielpausen und Umbuchungszeiten und machten in Hamburg großflächig Werbung.

21

Im Übrigen sei kein sachlicher Grund dafür erkennbar, weshalb ihre Spielhallen in den Hamburger Stadtteilen Hoheluft und Farmsen anderen Sperrzeiten unterliegen sollten als die Spielhallen im Gebiet Reeperbahn sowie weshalb für Unternehmen mit und ohne Mehrfachkonzession nach § 9 Abs. 2 HmbSpielhG andere Übergangsbestimmungen gälten.

22

In der mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 2014 hat die Klägerin ihren ursprünglich angekündigten Antrag, festzustellen, dass sie berechtigt ist, die von ihr betriebenen Spielhallen weiterhin als “Casino Vegas“ zu bezeichnen, hilfsweise, dass sie hierzu bis zum 30. Juni 2017 berechtigt ist, für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich dieser Erledigungserklärung angeschlossen.

23

Die Klägerin hat beantragt,

24

1. festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, die Anzahl der Spielgeräte in den von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg auf jeweils acht Spielgeräte zu reduzieren,

25

2. festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, in den von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg jeweils zwischen jedem Spielgerät Trennwände in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von dem am weitesten in den Raum hineinreichenden Gebäudeteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante, aufzustellen,

26

hilfsweise festzustellen, dass sie bis zum 30. Juni 2017 nicht verpflichtet ist, in den von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg jeweils zwischen jedem Spielgerät Trennwände in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von dem am weitesten in den Raum hineinreichenden Gebäudeteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante, aufzustellen,

27

3. festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, zu gewährleisten, dass Tageslicht in die Räumlichkeiten der von ihr betriebenen Spielhallen in der in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg einfällt,

28

hilfsweise festzustellen, dass sie bis zum 30. Juni 2017 nicht verpflichtet ist, zu gewährleisten, dass Tageslicht in die Räumlichkeiten der von ihr betriebenen Spielhallen in der in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg einfällt,

29

4. festzustellen, dass für die von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg die bisherige Sperrzeit nach § 1 der Sperrzeitverordnung gilt,

30

hilfsweise festzustellen, dass in den von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg jeweils die Sperrfrist um 6 Uhr beginnt und um 9 Uhr endet,

31

hilfsweise festzustellen, dass sie bis zum 30. Juni 2017 berechtigt ist, die von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg weiterhin mit einer Sperrzeit von 5 Uhr bis 6 Uhr zu betreiben.

32

Die Beklagte hat beantragt,

33

die Klage abzuweisen.

34

Zur Begründung hat die Beklagte im Wesentlichen geltend gemacht, sie sei für den Erlass der beanstandeten Regelungen zuständig, da diese zum Recht der Spielhallen im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zählten. Das Recht der Spielhallen beziehe sich auf das gesamte „Spielhallenwesen“ und beziehe auch die Vorschriften der §§ 33c ff. GewO mit ein.

35

Die mit den angegriffenen Regelungen im HmbSpielhG verbundenen Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin nach Art. 12 Abs. 1 GG seien gerechtfertigt. Die Regelungen seien insbesondere zur Bekämpfung der Spielsucht geeignet, erforderlich und auch angemessen. Mildere Mittel seien nicht ersichtlich. Die Geldspielautomaten in Spielhallen wiesen ein hohes Suchtpotenzial auf. Spielsucht berge nicht nur Gefahren für die Betroffenen und ihre Familien, sondern aufgrund der drohenden Verschuldung sowie damit verbundener Folge- und Begleitkriminalität auch für die Gemeinschaft. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes sei durch die Übergangs- und Befreiungsregelungen hinreichend berücksichtigt worden.

36

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG liege schon deshalb nicht vor, weil es sich bei den Spielhallen und der Spielbank Hamburg nicht um wesentlich gleiche Sachverhalte handele. Dies ergebe sich bereits daraus, dass Spielhallen und die Spielbank Hamburg unterschiedlichen Regelungsbereichen angehörten. In Hamburg gebe es zudem hunderte Spielhallen, aber nur eine Spielbank mit drei Dependancen. Im Übrigen sei die Ungleichbehandlung aufgrund der unterschiedlichen Regelungen für Spielhallen einerseits und die Spielbank andererseits gerechtfertigt. Für die unterschiedlichen Sperrzeiten in § 5 Abs. 1 und Abs. 3 HmbSpielhG bestehe ein sachlicher Grund, da Besucher des Amüsierviertels „Reeperbahn“ dieses gezielt wegen des vielfältigen Unterhaltungsangebots aufsuchten und sich der dortigen besonderen finanziellen Gefahren bewusst seien.

37

Mit Urteil vom 10. Dezember 2014, das der Klägerin am 14. Januar 2015 zugestellt wurde, hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt hatten. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung sowie die (Sprung-) Revision zugelassen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt:

38

Die Klage sei als Feststellungsklage zulässig. Die Klägerin sei entgegen der mit ihrem Hauptantrag zu 1 begehrten Feststellung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz HmbSpielhG dazu verpflichtet, die Anzahl der Geld- oder Warenspielgeräte in ihren Spielhallen auf acht Geräte je Spielhalle zu reduzieren. § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Begrenzung der Anzahl der Geld- und Warenspielgeräte bewirke keine Verletzung der Klägerin in ihrer Berufsfreiheit. Die Begrenzung der höchstzulässigen Zahl berühre den Schutzbereich der Berufsfreiheit, und die Regelung greife in Gestalt einer Berufsausübungsregelung in die Berufsfreiheit der Spielhallenbetreiber ein. Diese Regelung sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Sie sei kompetenzmäßig zustande kommen, da die Beklagte über die Gesetzgebungskompetenz zur Festlegung der Höchstzahl von Spielgeräten in Spielhallen verfüge. Die Regelungen unterfielen der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder nach Art. 70 Abs. 1 GG.

39

§ 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz HmbSpielhG diene wichtigen Gemeinwohlzielen. Die Spielsuchtprävention stelle nicht nur ein wichtiges, sondern sogar ein überragend wichtiges Gemeinwohlziel dar, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für ihre Familien und die Gemeinschaft führen könne. § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG genüge den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Die Begrenzung der Zahl der Spielgeräte auf acht Geräte je Spielhalle sei zur Spielsuchtprävention geeignet und erforderlich. Eine Beschränkung, die gleich wirksam sei, die Spielhallenbetreiber hingegen weniger belaste, sei nicht ersichtlich. Die Regelung sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Das Gewicht der mit § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG verfolgten Spielsuchtprävention überwiege das Gewicht der wirtschaftlichen Interessen der Spielhallenbetreiber.

40

Die Klägerin sei durch die Regelung auch nicht im allgemeinen Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1GG verletzt. Es liege im Hinblick auf eine Ungleichbehandlung der Hamburger Spielhallen und der Spielbank kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Die Ungleichbehandlung von Spielhallen und Spielbanken sei trotz der strengen Bindung des Gesetzgebers gerechtfertigt, weil zwischen den Hamburger Spielhallen und der Spielbank Hamburg im Hinblick auf die Regelung in verschiedenen Ordnungsbereichen und durch grundlegend verschiedene Regelungskonzepte Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestünden, die die ungleiche Behandlung rechtfertigten.

41

§ 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG sei auch mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar. Diese Regelung verletze die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit und im Recht zu arbeiten aus Art. 15 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 12. Dezember 2007. Es sei kein Raum für eine Prüfung des in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union entwickelten Kohärenzgebots. Hier sei weder der Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit aus Art. 49 AEUV noch der Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 und Abs. 3 AEUV eröffnet. Die Klägerin sei eine nach deutschem Recht gegründete juristische Person des Privatrechts. Sie habe ihren Sitz in Hamburg und betreibe hier ihre Spielhallen. Es liege daher kein grenzüberschreitender Sachverhalt vor. § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG verstoße auch nicht gegen eine sich aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften ergebende Notifizierungspflicht. Es handele sich bei dieser Regelung des Hamburgischen Spielhallengesetzes nicht um eine nach der Richtlinie 98/34/EU notifizierungspflichtige „technische Vorschrift“.

42

Die Klägerin sei verpflichtet, in ihren Spielhallen zwischen jedem Spielgerät Trennwände in einer Tiefe von mindestens 0,80 m, gemessen von dem am weitesten in den Raum hineinragenden Gebäudeteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante, aufzustellen. Die Beklagte verfüge über die Gesetzgebungskompetenz zum Erlass der Vorschrift und § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG diene wichtigen Gemeinwohlzielen in Gestalt des Spielerschutzes sowie der Spielsuchtprävention. Die Regelung genüge den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

43

Die Klägerin sei entgegen der mit dem Hauptantrag zu 3 begehrten Feststellung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 HmbSpielhG dazu verpflichtet zu gewährleisten, dass Tageslicht in den Aufschlussbereich der Geldspielautomaten in ihren Spielhallen einfalle. Die Regelung sei mit dem Grundgesetz vereinbar.

44

Für die Spielhalle der Klägerin gelte nicht, wie mit dem Hauptantrag zu 4 begehrt, die bisherige Sperrzeit nach § 1 der Sperrzeitverordnung. § 5 Abs. 1 HmbSpielhG verletze die Klägerin nicht in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Beklagte sei zum Erlass des § 5 Abs. 1 HmbSpielhG zuständig. Die Sperrzeitenregelung diene wichtigen Gemeinwohlzielen, da auch mit ihr die Stärkung des Spielerschutzes und der Spielsuchtprävention bezweckt werde. Die Festlegung der Sperrzeiten genüge überdies den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes; dies ergebe sich bereits aus der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Hamburg vom 10. März 2014 (4 Bs 435/13). § 5 HmbSpielhG verletze die Klägerin weder im Hinblick auf die Ungleichbehandlung von Hamburgischen Spielhallen und der Spielbank Hamburg noch im Hinblick auf die Ungleichbehandlung von Spielhallen sowie Schank- und Speisewirtschaften im allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.

45

Auch der erste Hilfsantrag zum Hauptantrag zu 4 sei unbegründet. Die begünstigende Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG verletze die Klägerin nicht im allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, da die Ungleichbehandlung von Spielhallen innerhalb und außerhalb des Vergnügungsviertels Reeperbahn durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei.

46

Auch mit den Hilfsanträgen zu den Hauptanträgen zu 2 und 3 und dem zweiten Hilfsantrag zu 4 sei die zulässige Klage unbegründet.

47

Die Klägerin hat am 28. Januar 2015 gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berufung eingelegt und diese am 16. April 2015 fristgerecht begründet. Sie macht u.a. geltend:

48

Die Regelung zur Reduzierung der Geldspielgeräte in § 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz HmbSpielhG verletze sie in ihrer Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelung finde im GlüStV und im Bundesrecht keine Grundlage. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts verfüge die Beklagte nicht über die Gesetzgebungskompetenz. Diese stehe dem Bund zu, da die Regelung der Anzahl von Geldspielgeräten in Spielhallen dem Geräte- und Aufstellungsrecht unterfalle.

49

Im Übrigen sei § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG materiell verfassungswidrig. Die Regelung sei nicht geeignet, das vom Gesetzgeber benannte Ziel der Suchtprävention zu erreichen. Dass die Gerätereduzierung zu einer Eindämmung pathologischen Spielverhaltens führe, sei nicht nachgewiesen. Folge der Pflicht zur Reduzierung sei es, dass gerade pathologische Spieler in die Automatensäle der Spielbanken, illegale Hinterzimmer oder das Glücksspiel im Internet auswichen, um ihre Spielsucht zu befriedigen. Die Aufsichtsmöglichkeiten in einer Spielbank seien viel geringer als in vergleichbar kleinen Spielhallen. Dies gelte erst recht für das Glücksspiel im Internet, das gänzlich anonym und unkontrolliert stattfinde, oder für illegale Glücksspielangebote. Das Online-Glücksspiel berge eine vielfach höhere Suchtgefahr als das Automatenspiel in Spielhallen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Spieler den Überblick über die eingesetzten Geldmengen verlören, da die Beträge per PayPal abgebucht bzw. mit Pre-Paid-Karten und nicht wie in einer Spielhalle bar gezahlt würden. Fehlerhaft sei auch die Ansicht des Verwaltungsgerichts, die Anreize für den Spieler seien umso geringer, je weniger Geräte je Spielhalle aufgestellt würden. Dagegen spreche die große Zahl der Spielgeräte in der von der Beklagten subventionierten Spielbank. Diese unterliege keinen gesetzlichen Reglementierungen. Dort sei Alkoholausschank erlaubt; es bestehe u.a. die Möglichkeit, in Raucherräumen zu rauchen und an einem EC-Automaten Bargeld zu erhalten. Auch unterliege die Spielbank keinen Werbebeschränkungen und bewerbe ihren Betrieb großflächig.

50

Die Reduzierung der Geräte sei auch nicht zumutbar und erforderlich. Der Bundesgesetzgeber habe durch die SpielV den Betreibern bereits erhebliche Einschränkungen für den Betrieb auferlegt. Deren Auswirkungen hätte der Gesetzgeber zunächst bewerten müssen, bevor er massivere Maßnahmen wie die Gerätereduzierung ergreife. Den Betreibern von Spielhallen sei es u.a. durch die im Jahr 2018 in Kraft tretenden und bereits wirksamen Vorgaben der SpielV insbesondere nicht möglich, ihre Preise zu erhöhen und das Spiel durch Erhöhung der Gewinngrenzen für die Spieler attraktiver zu gestalten. Sie, die Klägerin, habe im Vertrauen auf die nach § 3 Abs. 2 SpielV zulässige Anzahl von 12 bzw. 24 Geräten mit langfristig laufenden Mietverträgen entsprechend große Flächen angemietet. Die Reduzierung habe erhebliche negative Auswirkungen auf die Rentabilität von Betrieben wie denen der Klägerin, da die Umsatzeinbußen bei gleichbleibenden Kosten für Personal und Miete nicht ausgeglichen werden könnten. Bei einer Reduzierung der Geldspielgeräte auf acht Geräte verfüge sie über überzählige Flächen, die sie nicht wirtschaftlich nutzen könne, für die aber Kosten entstünden. Die in § 9 Abs. 2 HmbSpielhG geregelten Übergangsfristen seien nicht ausreichend, um dem Grundsatz des Vertrauensschutzes Rechnung zu tragen.

51

Die Reduzierung sei auch deshalb unverhältnismäßig, weil der Gesetzgeber einerseits den Betrieb von Spielhallen mit der Begründung der Spielsuchtprävention stark reglementiere, aber gleichzeitig seine Gesetzgebung nicht konsequent an diesem Ziel ausrichte, sondern das spielsuchtgefährdende Automatenspiel in der Spielbank weitgehend unregle-mentiert zulasse. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. März 2017 beschäftige sich nicht mit der möglichen Unionsrechtswidrigkeit der angegriffenen Regelungen. Sie führe lediglich aus, dass die Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit nur dann gerechtfertigt sei, wenn die betreffenden Maßnahmen dazu beitrügen, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Gefahren des Glücksspiels in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen. Warum die angegriffenen Regelungen dem Erfordernis der Kohärenz genügten, begründe das Gericht nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seien ein Monopol und der damit verbundene Ausschluss anderer Anbieter nur verfassungsgemäß, wenn diese Beschränkungen konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft ausgerichtet seien. Die Ermahnung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 7. März 2017 (juris), die Bekämpfung der Spielsucht nicht durch eine Ausweitung des Automatenspiels zu konterkarieren, hindere die Beklagte nicht, aus fiskalischen Gründen weitere Spielbank-Dependancen zu eröffnen. Zudem habe die Beklagte einem Wettbewerber in Bergedorf für einen aus sieben Hallen bestehenden Spielhallenkomplex und eine Einzelspielhalle Erlaubnisse erteilt. Dies spreche gegen eine kohärente und konsequente Bekämpfung der Spielsucht.

52

Die Gerätereduzierung sei auch als sogenannter „additiver Grundrechtseingriff“ unverhältnismäßig. Die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts u.a. zum Abstandsgebot sei insoweit auf die Gerätereduzierung nicht anwendbar. Sie, die Klägerin, erleide nicht nur durch die Verminderung der Zahl der Geldspielgeräte, sondern auch durch die Sperrzeit von sieben Stunden erhebliche Umsatzeinbußen. Die verbleibenden Geräte würden während der verkürzten Öffnungszeiten häufiger bespielt und Spieler, für die kein freies Gerät verfügbar sei, würden eine andere Spielhalle aufsuchen oder andere Glücksspielformate, zum Beispiel im Internet, wählen. Sei zu der verfügbaren Zeit kein Spielgerät frei, ändere der Spieler nicht seine Gewohnheiten oder Spielzeiten. Daher habe die Gerätereduzierung keine Verlagerung des Spielverhaltens auf andere Zeiten bewirkt und damit nicht zu einer gleichbleibenden Auslastung der verbleibenden Spielgeräte geführt. Das betriebswirtschaftliche Ergebnis für die Monate Januar bis November 2016 habe ………. Euro betragen, das vorläufige Ergebnis für die Monate Januar bis November 2017 nur ……… Euro. Es sei in der Einzelspielhalle in der X-Straße um ca. 1/3 gesunken. Die Kosten für Raummiete, Personal und Strom seien gleich geblieben. Dies sei für sie existenzgefährdend.

53

Es existierten weniger einschneidende Beschränkungen wie zum Beispiel die Einführung einer Spielerkarte, wie Zugangskontrollen für Spielhallen, eine Sperrdatei oder die Erhöhung des Zutrittsalters auf 21 Jahre, das in den klägerischen Spielhallen bereits gelte.

54

§ 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG verstoße auch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Es liege eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Hamburger Spielhallen und der Spielbank Hamburg vor. Diese sei auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass Spielhallen und die Spielbank unterschiedlichen Ordnungs- und Regelungsbereichen unterfielen. Hier handele es sich um Landesrecht und damit um den gleichen Gesetzgeber. Zudem würden die Anforderungen an die Geldspielgeräte (z.B. Spielpausen, Speicherung von Geldbeträgen in Einsatz- und Gewinnspeichern, Verbot des Punktespiels) durch die Änderung der SpielV vom 11. November 2014 weiterhin verschärft. All diese Restriktionen gälten für eine Spielbank nicht. Auch könne die Beklagte aus fiskalischen Gründen weitere Spielbank-Dependancen eröffnen, was gesetzlich möglich sei. Dort könnten ein oder mehrere Gerät(e) mit unbegrenzten Geldbeträgen ohne Spielpausen bespielt werden. Es seien dort 136 Geräte aufgestellt. Auch Einlasskontrollen in der Spielbank könnten nicht gewährleisten, dass an den zahlreichen in der Spielbank aufgestellten Geräten ohne Spielpausen und ohne Gewinn- und Verlustbegrenzung gespielt werde. Die für Spielbanken bestehende Sperrdatei können nicht verhindern, dass Gelegenheitsspieler, die erst an der Spielsucht zu erkranken drohten und an die sich das Hamburgische Spielhallengesetz in erster Linie richte, an den in der Spielbank aufgestellten Spielautomaten spielten. Auch die Selbst- und Fremdsperren hätten keinen präventiven Charakter. Dem Gesetzgeber gehe es mit der Gerätereduzierung zudem darum, die Spielanreize an einem Ort zu reduzieren. Daher sei die Erwägung unerheblich, dass es mehr Spielhallen als Spielbankenstandorte gebe.

55

Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 7. März 2017 seien auf ihren Fall nicht übertragbar, weil die dort entschiedenen Fälle Inhaber von sehr großen Verbundspielhallen betroffen hätten. Die Gefahr eines „Las-Vegas-Effekts“, den das Bundesverfassungsgericht u.a. hinsichtlich des Abstandsgebots benenne, trete bei ihrer Einzelspielhalle bzw. ihrer Doppelspielhalle nicht auf. Die Ausführungen zu den Gemeinwohlzwecken bezüglich der Gerätereduzierung seien nicht näher begründet worden; dies gelte auch für die Unterschiede zu Spielbanken. Es spreche nichts dagegen, in verbleibenden Einzelspielhallen entsprechend der SpielV weiterhin zwölf Geräte aufzustellen, wie dies in den meisten Bundesländern weiter erlaubt sei.

56

Auch § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, da er sie, die Klägerin, ebenfalls in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG verletze. Es fehle der Beklagten an der Gesetzgebungskompetenz. Zudem seien die in der SpielV vorgesehenen Sichtblenden zum Spielerschutz gleich wirksam und weniger eingriffsintensiv, da sie das Bespielen mehrerer Geräte ebenfalls einschränkten. Die nun verlangten Sichtblenden führten dazu, dass der einzelne Spieler in seinem Spiel weniger beobachtet werden könne und die Aufsichtsmöglichkeiten eingeschränkter seien. Der mit dem Besuch der Spielhalle verbundene soziale Kontakt trete in den Hintergrund. Der Spielerschutz werde durch die neuen Sichtblenden eher verringert als erhöht. Die Ungleichbehandlung zwischen Spielhallen und der Spielbank sei auch hinsichtlich dieser Verpflichtung nicht gerechtfertigt.

57

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts gelte für ihre Spielhallen die bisher nach § 1 der Sperrzeitverordnung bestimmte Sperrzeit von 5.00 bis 6.00 Uhr. Die Sperrzeitregelung sei nicht geeignet, die Spielsucht wirksam zu bekämpfen. In Gaststätten und Imbissen sei es weiterhin möglich, die in den Schankräumen aufgestellten Automaten auch während der Sperrzeit zu betreiben. Gleiches gelte für Wettbüros, die teilweise auch Spielautomaten aufgestellt hätten. Zudem hielten sich dann potentielle Spieler vermehrt im offenen Spielbetrieb des Internets auf oder in unkontrollierten Spiele-Cafés sowie in Hinterzimmern. Die Sperrzeitverordnung sei auch nicht geeignet, die Spielsucht wirksam zu bekämpfen. Es liege nahe, dass durch die Reduzierung der Öffnungszeiten der Spielhallen mehr Besucher in die Hamburger Spielbank getrieben würden. Der Gesetzeszweck sei lediglich vorgeschoben und die Geeignetheit der Sperrzeit zur Spielsuchtbekämpfung sei aus diesem Grund fraglich. Aus der immensen Bewerbung der Hamburger Spielbank könne der Schluss gezogen werden, dass das HmbSpielhG lediglich fiskalischen Zwecken diene. Außerdem sei die Sperrzeitregelung unverhältnismäßig. Die Mitarbeiter der Klägerin, die gezwungen seien, um 5:00 Uhr morgens die Hallen abzuschließen, würden einem erhöhten Unfallrisiko ausgesetzt. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass gerade der Zeitpunkt der Schließung einer Halle in den frühen Morgenstunden eine erhöhte Gefahr von Raubüberfällen in sich berge. In der bisherigen Sperrzeit habe die Halle zwar abgeschlossen werden müssen, das Schließen erfolge aber von innen und die Mitarbeiter blieben während der Sperrzeit in der Halle und reinigten diese. Der Gesetzeszweck, den Spieler zu veranlassen, einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen zu ziehen sowie die Möglichkeit der Erholung zu nutzen, könne auch durch mildere Mittel wie eine kürzere Sperrzeit zur Nachtzeit erreicht werden. Nach dem Glücksspielstaatsvertrag sei es ausreichend, wenn die Sperrzeit lediglich drei Stunden betrage. Außerdem gehe der Gesetzgeber, wie sich u.a. aus § 26 Abs. 2 GlüStV und § 5 Abs. 3 HmbSpielhG ergebe, selbst davon aus, dass eine kürzere Sperrzeit ausreichend sei.

58

§ 5 HmbSpielhG sei im Hinblick auf die kürzeren Sperrzeiten in den Dependancen der Hamburger Spielbank wegen Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Auch bestehe eine Ungleichbehandlung der Spielhallen gegenüber den Schank- und Speisewirtschaften. Wenn der Spieler durch die verlängerten Sperrzeiten gezwungen werden solle, einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen zu ziehen sowie die Möglichkeit der Erholung zu nutzen, sei nicht ersichtlich, warum dies dann in Schank- und Speisewirtschaften, in denen der Spieler durch den Alkohol enthemmter sei, nicht gelte. Mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Sperrzeiten beschäftige sich der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. März 2017 nicht.

59

Auch der Hilfsantrag sei begründet, soweit die Sperrzeit in den Spielhallen um 6:00 Uhr beginne und um 9:00 Uhr ende. Die in § 5 Abs. 1 HmbSpielhG festgelegte längere Sperrzeit für Spielhallen und die kürzere Sperrzeit für Spielhallen auf der Reeperbahn und am Steindamm stellten einen nicht gerechtfertigten Eingriff in ihr Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG dar. Die unterschiedlichen Standorte rechtfertigten die Ungleichbehandlung nicht. Personen, die der Spielsucht verfallen seien, seien gerade in dem Gebiet Reeperbahn in einem größeren Ausmaß gefährdet als in anderen Gebieten.

60

Die Klägerin beantragt,

61

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 10. Dezember 2014 teilweise zu ändern und

62

1. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Anzahl der Spielgeräte in den von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und Y-Straße in 22159 Hamburg auf jeweils acht Spielgeräte zu reduzieren,

63

2. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, in den von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und Y-Straße in 22159 Hamburg jeweils zwischen jedem Spielgerät Sichtblenden in einer Tiefe von mindestens 0,80 m, gemessen von dem am weitesten in den raumhineinragenden Gerätebauteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante, aufzustellen,

64

3. festzustellen, dass für die von der Klägerin betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und Y-Straße in 22159 Hamburg die bisherige Sperrzeit von 5:00 Uhr bis 6:00 Uhr nach § 1 der Sperrzeitverordnung gilt,

65

hilfsweise festzustellen, dass bei den von der Klägerin betriebenen Spielhallen jeweils die Sperrzeit um 6:00 Uhr beginnt und um 9:00 Uhr endet.

66

Die Beklagte beantragt,

67

die Berufung zurückzuweisen.

68

Sie macht u.a. geltend, das Verwaltungsgericht gehe zu Recht von der Gesetzgebungskompetenz der Freien und Hansestadt Hamburg aus. Das Recht der Spielhallen aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG beziehe sich auf das gesamte Spielhallenwesen. Die Höchstzahl der zulässigen Spielgeräte sei nicht bereits durch § 3 Abs. 2 SpielV bundesrechtlich abschließend geregelt. Die Regelungen verletzten die Klägerin nicht in ihrem Recht auf freie Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 GG. Soweit die Klägerin meine, gerade pathologische Spieler würden auf Automatensäle der Spielbanken, illegale Hinterzimmer und das Glücksspiel im Internet ausweichen, seien dazu keine Untersuchungen bekannt. Es werde auch von den Anbietern nicht mehr bestritten, dass Geldgewinnspiel und Glücksspiel um Geld zu pathologischen Verhaltensweisen führen könne. Dieses Verhalten sei nicht auf eine einzige Ursache zurückzuführen. Es sei als unwiderlegbar anzunehmen, dass Angebote eine Nachfrage nach sich zögen. Wo große Nachfrage herrsche, sei auch die Gefahr, pathologische Verhaltensweisen zu entwickeln, entsprechend größer. Die Regelung verletze Art. 3 Abs. 1 GG nicht. Eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der gewerblichen Spielhallen und der Spielbank Hamburg liege nicht vor. Der Spielbank Hamburg mit drei Dependancen mit insgesamt 381 Geldspielautomaten hätten im Jahr 2014 ca. 378 Spielhallen mit insgesamt ca. 4040 Geldspielgeräten gegenübergestanden. Heute seien es 321 Spielhallen. Wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebe, sei die Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern gegenüber den Betreibern von Spielbanken und Gaststätten mit Geldspielgeräten gerechtfertigt, selbst wenn wegen der erheblichen Beeinträchtigung des Grundrechts der Berufsfreiheit ein über eine bloße Willkürkontrolle hinausgehender Verhältnismäßigkeitsmaßstab zugrunde gelegt werde.

69

Die Pflicht zur Einzelaufstellung der Geldspielgeräte, verbunden mit den erforderlichen Sichtblenden, diene dem Spielerschutz. Früher sei das Spiel an mehreren Geldspielgeräten unproblematisch möglich gewesen. Dies werde nun sehr erschwert. Die Automatiktaste sei erst ab November 2014 nach § 13 Nr. 7 Satz 3 SpielV bei neuen Geldspielgeräten verboten. Für alte Geräte gälten Übergangsfristen. Die Regelung sei verhältnismäßig. Die Erwerbsinteressen der Klägerin träten dahinter deutlich zurück.

70

Soweit die Klägerin u.a. gegen die Sperrzeitregelung und die Gerätereduzierung einwende, sie könne Umsatzrückgänge, die sie dadurch erfahren habe, aufgrund der Beschränkung der Geldspielgeräte nicht ausgleichen, und die Sperrzeitregelung werde für sie ruinöse Folgen haben, sei dies nicht durch Zahlen belegt und insgesamt wenig aussagekräftig. Es sei damit zu rechnen, dass die Kunden die Spielhallen auch zu Zeiten außerhalb der Spitzenzeiten aufsuchten und dass so die acht Geldspielgeräte stärker ausgelastet seien. Zudem sei der Klägerin spätestens seit Inkrafttreten des HmbSpielhG bekannt gewesen, dass sie die Zahl der Geldspielgeräte innerhalb der in § 9 Abs. 2 HmbSpielhG geregelten Fristen zu reduzieren habe. Sie habe bis zum 30. Juni 2017 und damit hinreichend Zeit gehabt, sich auf die aktuelle Rechtslage einzustellen, indem sie zum Beispiel kurze Laufzeiten der Miet- bzw. Leasingverträge für die Spielgeräte vereinbart hätte. Auch habe sie die Anzahl der Geräte gegebenenfalls auch sukzessive reduzieren können.

71

Im Übrigen sei nicht erkennbar, aus welchen Gründen das Unionsrecht hier Anwendung finde. Es fehle an einer Darlegung, weshalb hier die Dienstleistungsfreiheit verletzt sein könne. Die Klägerin habe ihren Sitz nicht im europäischen Ausland und damit fehle nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das grenzüberschreitende Moment. Unabhängig davon liege ein Verstoß gegen Unionsrecht nicht vor. Selbst wenn man einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit durch die Regelungen des HmbSpielhG annehme, sei dieser hier aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Die Regelung sei nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzverbot unanwendbar. Das Kohärenzverbot verlange weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung. Eine alle Glücksspielsektoren überspannende und zwischen Bund und Ländern koordinierte Gesamtkohärenz sei nicht erforderlich.

72

Soweit die Klägerin die Werbepraxis beanstandete, sei zu berücksichtigen, dass alle Landeslottogesellschaften gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 1 GlüStV über eine Werbeerlaubnis verfügten. Für den Bereich der Sportwetten sehe der Glückspielstaatsvertrag in den §§ 4a ff. GlüStV ein striktes Regulierungssystem vor. Dieses werde in Hamburg durch das Ausführungsgesetz zum GlüStV ergänzt. Eine Inkohärenz ergebe sich auch nicht im Vergleich zum Online-Glücksspiel oder den Spielbanken. Die Spielbanken unterlägen einem strikten ordnungsrechtlichen Maßstab. Die unterschiedliche Regelung im Vergleich zu Spielhallen sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Online-Glücksspiel sei strikt reguliert. Es bestehe gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV ein Totalverbot, von dem nur für Lotterien, Sportwetten und Pferdewetten in § 4 Abs. 5 GlüStV Ausnahmen zulässig seien. Die Aufsichtsbehörden gingen auch gegen unerlaubte Glücksspiele im Internet vor. Dass wegen der Vielzahl der Angebote der Schwarzmarkt nicht vollständig beseitigt werden könne, stelle im Übrigen nach der Rechtsprechung des EuGH keinen Verstoß gegen unionsrechtliche Verpflichtungen dar.

73

Die von der Klägerin angeführten Verbundspielhallen im Bezirk Bergedorf seien im Rahmen eines Härtefallantrages nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG genehmigt worden. Im Übrigen gebe es im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg durchaus noch Standorte, an denen neue Spielhallen eröffnet werden könnten.

74

Mit Beschluss vom 16. Februar 2016 hat das Berufungsgericht das Verfahren entsprechend § 94 VwGO im Hinblick auf anhängige Verfassungsbeschwerden bei dem Bundesverfassungsgericht (1 BvR 1314/12 u.a.) ausgesetzt. Mit Beschluss vom 26. September 2017 ist der Aussetzungsbeschluss aufgehoben worden, nachdem das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerden mit Beschluss vom 7. März 2017 (juris) entschieden hatte.

75

Die Sachakten der Beklagten und die Prozessakten der Verfahren 4 Bf 217/17 und 4 Bs 121/17 haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

76

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

77

Das auf Grund mündlicher Verhandlung vom 10. Dezember 2014 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts ist nicht zu ändern. Die Klage der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

78

I. Die von der Klägerin erhobene negative Feststellungsklage ist zulässig.

79

Die Feststellungsklage der Klägerin ist hinsichtlich der Hauptanträge zu 1-3 und des Hilfsantrags nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig.

80

Soweit sie sich dagegen wendet, dass ihre Spielhallen den in Kraft getretenen und nun mit der für den Standort X-Straße erteilten Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG verbundenen betriebsbezogenen Einschränkungen unterliegen, ist die Klägerin an einem gegenwärtigen, feststellungsfähigen Rechtsverhältnis beteiligt. § 43 Abs. 2 VwGO greift insoweit nicht ein, da die Vorschriften bußgeldbewehrt sind und der Klägerin nicht zuzumuten ist, etwaige Sanktionen abzuwarten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, BVerwGE 157, 127, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 15 m.w.N.; OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 11). Soweit sich die Klägerin gegen erst künftig eintretende, mit dem Erlöschen ihrer Spielhallenerlaubnisse bezüglich des Standortes Y-Straße und dem Erfordernis einer neuen Erlaubnis verbundene Beschränkungen wendet, ist die Klage als vorbeugende Feststellungsklage zulässig. Zwar ist über ihre Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen für diesen Standort noch nicht rechtskräftig entschieden worden. Gegenwärtig duldet die Beklagte den Weiterbetrieb. Welchen rechtlichen Anforderungen die Klägerin im Hinblick auf die künftige Erteilung einer Erlaubnis unterliegen wird, ist aber bereits jetzt sachlich und zeitlich hinreichend überschaubar. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist deshalb auch insoweit gegeben (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.11.1989, 2 C 23.88, NJW 1990, 1866, juris Rn. 17). Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an den von ihr mit den Hauptanträgen und dem Hilfsantrag von ihr begehrten Feststellungen ergibt sich aus ihrem Interesse, Klarheit über die Rechtslage zu erzielen, um wirtschaftliche Dispositionen für ihre Betriebe treffen zu können (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 15; OVG Saarlouis, Urt. v. 5.7.2017, 1 A 51/15, juris Rn. 128 f.).

81

II. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin ist verpflichtet, die von ihr beanstandeten Vorschriften einzuhalten. Die Bestimmungen des § 4 Abs. 3 Satz 1, des § 4 Abs. 3 Satz 3 und des § 5 Abs. 1 und 3 HmbSpielhG sind formell und materiell verfassungsgemäß und stehen mit Unionsrecht im Einklang (1. bis 3.). Sie sind auch nicht wegen Verstoßes gegen die Notifizierungspflicht unanwendbar (4.).

82

1. Die Klägerin kann nicht verlangen, die Pflicht zur Reduzierung der Geldspielgeräte nicht einhalten zu müssen, weil sie durch die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz HmbSpielhG anderenfalls in ihren geschützten Rechtspositionen verletzt wird.

83

a) Der mit den Anforderungen an die Gerätereduzierung verbundene Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechte der Klägerin ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

84

aa) Der Eingriff in die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG ist formell und materiell verfassungsgemäß.

85

Bei der Bestimmung, dass die Gesamtzahl der Geld- oder Warenspielgeräte in einem Unternehmen nach § 1 Abs. 2 HmbSpielhG acht Geräte nicht übersteigen darf (§ 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG), handelt es sich um einen Eingriff in eine Berufsfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG. Denn derjenige, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes ein Unternehmen nach § 1 Absatz 2 HmbSpielhG rechtmäßig betreibt und über eine gültige Erlaubnis nach § 33i GewO oder nach § 2 HmbSpielhG verfügt, hat für diesen Betrieb die Zahl der Geräte und Spiele innerhalb einer bestimmten Frist, spätestens ab 1. Juli 2017, auf das nach § 4 Absatz 3 HmbSpielhG zulässige Maß zu reduzieren (§ 9 Abs. 2 HmbSpielhG) bzw. darf nur maximal acht Geräte betreiben. Die Regelung stellt keinen Eingriff in die Berufswahlfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG dar, weil die Betroffenen durch die hier relevanten Regelungen des HmbSpielhG weder an der Berufswahl noch daran gehindert sind, jederzeit an einem geeigneten Ort innerhalb Hamburgs eine neue Spielhalle zu eröffnen (vgl. zum Maßstab: OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 29 m.w.N.; vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 36 ff.).

86

Dieser Berufsregelung unterfällt die Klägerin. Die Beklagte erteilte ihr zuletzt in den Jahren 2008 und 2010 für die von ihr betriebenen Spielhallen eine Erlaubnis nach § 33 i GewO bzw. im Juni 2017 eine neue Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG.

87

Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die in kompetenzmäßiger Hinsicht den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.3.1992, 1 BvR 298/86, BVerfGE 86, 28, juris Rn. 46 ff.). Sie müssen zudem auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist (stRspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.1.2016, 1 BvL 6/13, NJW 2016, 700, juris Rn. 47 m.w.N.). Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Einschränkungen der Berufsfreiheit stehen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Daher müssen die Eingriffe zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet sein und dürfen nicht weiter gehen, als es die Gemeinwohlbelange erfordern (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.1.2002, 1 BvR 1236/99, BVerfGE 104, 357, juris Rn. 34). Die Eingriffsmittel dürfen zudem nicht übermäßig belastend sein, so dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 95 m.w.N.). Wirkt eine auf die Berufsausübung zielende Regelung auf die Berufswahl zurück, weil sie in ihren Wirkungen einer Regelung der Berufswahl nahe kommt, ist ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung an den Anforderungen an Regelungen betreffend die Berufswahl zu messen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 5.8.2015, 2 BvR 2190/14, WM 2015, 1827, juris Rn. 28 m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 35 m.w.N.)

88

Die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und weiterer negativer Begleiterscheinungen des Spiel- und Wettbetriebs stellt ein legitimes Ziel für die Berufsfreiheit einschränkende Regelungen dar (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12, NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 122; Beschl. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 98 f.). Es gelten insofern allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der das Berufungsgericht folgt, besondere Anforderungen, sofern der Staat zugleich auf Teilen des Spielmarktes selbst wirtschaftend tätig ist. So verlangt ein beim Staat monopolisiertes Sportwettenangebot eine konsequente Ausgestaltung der Maßnahmen zur Vermeidung und Abwehr von Spielsucht und problematischem Spielverhalten (BVerfG, Beschl. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 126), da fiskalische Erwägungen des Staates solche Einschränkungen der Berufsfreiheit nicht tragen können. In einer Konfliktlage mit staatlicher Beteiligung am Spiel- und Wettmarkt ist eine Ausrichtung der staatlichen Maßnahmen auf die Bekämpfung der Spielsucht erforderlich. Dabei sind andere Glücksspielformen insbesondere dann einzubeziehen, wenn der Gesetzgeber - wie hier - (auch) eigene fiskalische Interessen verfolgt und die Glücksspielformen potentiell in Konkurrenz zueinander stehen. Die suchtpräventiv ausgerichtete staatliche Regulierung in einem Glücksspielsegment darf nicht durch die fiskalische Ausrichtung der Regulierung in einem anderen konterkariert werden. Dies gilt insbesondere dort, wo die Regulierung privater Angebote und staatliche Monopole zusammentreffen, wie dies u.a. bei der Regulierung von Spielhallen einerseits und Spielbanken andererseits der Fall sein kann. Unterschiedliche Regelungen verschiedener Glücksspielformen sind jedoch zulässig, sofern der Gesetzgeber eine angemessene Suchtprävention nicht außer Acht lässt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 3.7.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 122 ff.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 51 f.).

89

Nach den Anforderungen des Gerichtshofs der Europäischen Union an die staatliche Bekämpfung der Spielsucht ist im nicht monopolisierten Bereich die Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit der Unionsrechtsordnung nur dann gerechtfertigt, wenn die restriktive Maßnahme einem zwingenden Grund des Allgemeininteresses wie dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung (einschließlich der Bekämpfung der Spielsucht), der Betrugsvorbeugung oder der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen entspricht und geeignet ist, die Verwirklichung dieses Ziels dadurch zu gewährleisten, dass sie dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten im Glücksspiel in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (vgl. EuGH, Urt. v. 21.10.1999, C-67/98, Rn. 36 f.; Urt. v. 6.11.2003, C-243/01, Rn. 67; Urt. v. 6.3.2007, C-338/04 u.a., Rn. 52 f.; Urt. v. 8.9.2010, C-46/08, Rn. 55, 64 f.; Urt. v. 8.9.2010, C-316/07 u.a., Rn. 88; Urt. v. 30.4.2014, C-390/12, Rn. 43; vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 122-124).

90

Diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG.

91

(1) § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG, der in die Berufsfreiheit eingreift, ist nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, 70 GG formell verfassungsgemäß. Die hier streitgegenständliche Regelung ist nicht kompetenzwidrig zustande gekommen. Die Beklagte war für den Erlass der Regelung nach Art. 70 Abs. 1 GG zuständig.

92

Die Bestimmung zur Reduzierung der allgemeinen Gerätehöchstzahl je Spielhalle unterfällt der Gesetzgebungskompetenz der Länder. Sie ist eine gewerberechtliche Anforderung und dem Recht der Spielhallen nach Art. 70, 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuzuordnen. Der Kompetenztitel für das Recht der Spielhallen ermächtigt die Länder zur Regelung sämtlicher Voraussetzungen für die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebs einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte, dem Zweck der Regelungen und der Systematik. Die Regelung der höchstzulässigen Gerätezahl ist eine gewerberechtliche Anforderung und stellt auf die spezifische Gefährlichkeit von Spielhallen ab (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 97 ff., zur gleichlautenden Berliner Regelung: Rn. 112; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, BVerwGE 157, 127, juris Rn. 19 ff., 33; ausführl. zu § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG: OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, juris Rn. 72 ff.).

93

Von der der Beklagten zugewiesenen Gesetzgebungskompetenz hat diese u.a. mit § 28 Satz 1 und 2 des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (v. 15.12.2011, HmbGVBl. 240, in Kraft getreten zum 1.7.2012) - GlüStV - und § 4 HmbSpielhG Gebrauch gemacht.

94

(2) Bedenken gegen die materielle Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG bestehen nicht. Der sich aus der Regelung ergebende Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ist materiell verfassungsgemäß.

95

Der Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Klägerin ist durch ein Gemeinwohlziel legitimiert.

96

Für die Beschränkung der Zahl der Geldspielgeräte nach § 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz HmbSpielhG sprechen vernünftige Gründe des Gemeinwohls. Die auf die Senkung der Zahl der Geldspielgeräte zielende Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG soll unter anderem das Entstehen von Glücksspielsucht verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung schaffen. Das HmbSpielhG, das den GlüStV in Bezug auf Spielhallen umsetzt bzw. konkretisiert, dient nach der Begründung des Gesetzentwurfs dem Ziel, Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen, dass das Angebot im Sinne der Bekämpfung der Spielsucht ausgestaltet ist, dass der Spielerschutz verbessert und der Jugendschutz eingehalten wird (vgl. BüDrs. 20/3228, S. 6, 7). Spielsucht kann schwerwiegende Folgen nicht nur für den Betroffenen und seine Familie haben. Sie birgt wegen der drohenden Verschuldung des Betroffenen und seiner Familie sowie wegen der mit der Sucht nicht selten verbundenen Folge- und Begleitkriminalität auch Gefahren für die Gemeinschaft (vgl. Bü-Drs. 20/3228, S. 7, 8, Bü-Drs. 20/5877, S. 24, 25 m.w.N.; vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 99 f.). Nach dem Drogen- und Suchtbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung (vom Mai 2013, Nr. 5 - Pathologisches Glücksspiel - S. 43 ff.) ist der Geldspielgerätemarkt der wirtschaftlich bedeutendste und umsatzstärkste Sektor des deutschen regulierten Glücksspielmarkts. Automatenglücksspiel weist das höchste Suchtpotential auf. Für Spieler, die an Geldspielautomaten spielen, ergibt sich gegenüber Spielern, die dieses Glücksspiel nicht betreiben, ein deutlich erhöhtes Risiko, ein problematisches Spielverhalten zu entwickeln. Automatenglücksspiele können nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung zu krankhaftem Suchtverhalten führen (vgl. Zusammenfassung bei Pagenkopf, Der neue Glücksspielstaatsvertrag, NJW 2012, 2918, 2921 m.w.N.; Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Internetverweis zu www.spielen-mit-verantwortung.de; vgl. Meyer, Stellungnahme zu dem Entwurf der 6. VO zur Änd. der SpielV, Stand 8.2.2012, S. 6; vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 100, BVerwG, Urt. v. 5.4.2017, 8 C 16.16, SächsVBl. 2017, 322, juris Rn. 35; StGH BW, Urt. v. 17.6.2016, 15/13, 1 VB 15/13, juris Rn. 329 f.). Die angestrebten Ziele der Suchtbekämpfung sind solche des Gemeinwohls, die Eingriffe in die Berufsfreiheit in Bezug auf den Betrieb von Spielhallen rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 133; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 38 m.w.N.; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, NVwZ-RR 2014, 317 [LS], juris Rn. 16; ausf. Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 36 m.w.N.). Ein derart wichtiges Gemeinwohlziel vermag selbst eine objektive Berufswahlbeschränkung zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1954/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 98 ff.; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 50).

97

Der Landesgesetzgeber war auch nicht gehindert, das Ziel der Bekämpfung der Glücksspielsucht zum Gegenstand seiner gesetzgeberischen Vorhaben im Rahmen des GlüStV und des HmbspielhG zu machen, obwohl - worauf die Klägerin hinweist – auch bundesrechtliche Regelungen wie die SpielV existieren, die ebenfalls an diesem Zweck und Ziel ausgerichtet sind. Diese „verbrauchen“ nicht verfassungsrechtlich legitime Schutzzwecke im Rahmen der Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 38).

98

Die Regelung ist auch konsequent am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet, auch wenn Spielhallen, Spielbanken und Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind, unterschiedlichen Regelungen unterworfen sind.

99

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nicht verlangt, dass der Gesetzgeber die durch das Spielen an Spielautomaten hervorgerufenen Suchtgefahren gleichzeitig auch bezogen auf andere Aufstellorte wie Spielbanken und Gaststätten mit gleichen Mitteln bekämpft (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 51 ff. m.w.N.). U.a. für das Verbundverbot und das Abstandsgebot (vgl. auch § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG) hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die dort relevanten Vorschriften u.a. des Berliner und des Saarländischen Spielhallengesetzes sowie die in diesen Ländern für Spielbanken und Gaststätten geltenden Vorschriften konsequent und kohärent an dem Ziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht ausgerichtet sind.

100

Das Bundesverfassungsgericht hat dazu im Beschluss vom 7. März 2017 ausgeführt:

101

„… Das Verbundverbot und die Abstandsgebote sind konsequent am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet, auch wenn Spielhallen, Spielbanken und Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind, unterschiedlichen Regelungen unterworfen sind. Bei der Regulierung der Geldspielgeräte in Gaststätten sind keine gesteigerten fiskalischen Interessen auf Seiten der Länder erkennbar.

102

Mit dem in die Regelungen nicht einbezogenen Betrieb der Spielbanken sind allerdings gesteigerte fiskalische Interessen der Länder verbunden, weil ihnen nach Landesgesetz wesentliche Anteile an der Betreibergesellschaft gehören (vgl. § 5 Abs. 3 SpielbG-Saar) und sie Bruttospielertrag und Gewinn der Spielbanken abschöpfen (vgl. § 14 Abs. 1, § 15 SpielbG-Saar; § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 2 bis 5 SpBG Bln). Insofern ist nicht ausgeschlossen, dass das Verbundverbot und die weiteren Beschränkungen in den neuen Spielhallengesetzen indirekt auch fiskalische Interessen der Länder durch Verlagerung auf das Angebot der Spielbanken fördern. Insoweit besteht ein Konkurrenzverhältnis zwischen den - hier regulierten - Spielhallen und den - auch mit fiskalischen Interessen betriebenen - Spielbanken, die in Berlin und im Saarland Dependancen oder Zweigniederlassungen betreiben, in denen ausschließlich und losgelöst von den übrigen Glücksspielangeboten der Spielbanken vergleichbares Glücksspiel an Automaten beziehungsweise Geräten angeboten wird. Diese sind durch die ausdrückliche Ausnahme in § 33h Nr. 1 GewO von der Anwendbarkeit der spielhallenbezogenen Regelungen der Gewerbeordnung ausgenommen. Demgegenüber wird der Entstehung von Mehrfachspielhallen, die wegen des großflächigen Angebots und der größeren Zahl an verfügbaren Spielgeräten in die Nähe der Automatensäle von Spielbanken heranrücken, mit den angegriffenen Regelungen entgegengewirkt.

103

Dennoch liegt hierin keine Inkonsequenz in Bezug auf das von den Gesetzgebern verfolgte Ziel der Bekämpfung der Glücksspielsucht, da der Betrieb der Spielbanken und die Erlaubnis zur Aufstellung von Spielautomaten in eigener Weise an den in § 1 GlüStV benannten Zielen, insbesondere der Bekämpfung der Glücksspielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV) und der Begrenzung und Kanalisierung des Spieltriebs (§ 1 Nr. 2 GlüStV), ausgerichtet sind. Für Spielbanken sind umfangreiche Spielerschutzvorschriften vorgesehen. […..] Dementsprechend sieht § 20 Abs. 1 GlüStV zur Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV eine Begrenzung der Anzahl der Spielbanken in den Ländern vor. Damit sind auch der Zulassung von Zweigniederlassungen beziehungsweise Dependancen Grenzen gesetzt. …. So ist das Spiel in Spielbanken aufgrund der begrenzten Zahl der Standorte (…) aus dem Alltag herausgehoben, während das Spiel in Spielhallen schon aufgrund der großen Verfügbarkeit und der wesentlich zahlreicheren Standorte Bestandteil des alltäglichen Lebens ist. Dieser Unterschied wird auch bei einer Reduzierung des Bestands an Spielhallenstandorten aufgrund der Abstandsgebote nach Ablauf der Übergangsfristen grundsätzlich fortbestehen. Nach den vorliegenden Untersuchungen fällt die vom kleinen Spiel an Spielautomaten in Spielbanken ausgehende Suchtproblematik sehr viel geringer aus als beim Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen (vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2013, Ergebnisbericht, 2014, S. 189; Haß/Lang, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland. Ergebnisse des Surveys 2015 und Trends - Forschungsbericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 2016, S. 102; Meyer u.a., Pathologisches Glücksspielen und Epidemiologie: Entstehung, Komorbidität, Remission und Behandlung - Endbericht, S. 68). …

104

… Im Übrigen widerspricht das Angebot des Automatenspiels in Spielbanken in Berlin und im Saarland - soweit ersichtlich - auch in seiner tatsächlichen Ausgestaltung nicht den Zielen der Bekämpfung der Spielsucht und der Kanalisierung des Spieltriebs und orientiert sich nicht an fiskalischen Interessen der Länder. Die Zahl der Zweigniederlassungen ist in beiden Ländern leicht gesunken, während die Zahl der Spielhallen und gerade der Mehrfachspielhallen in den letzten zehn Jahren sprunghaft angestiegen ist. Auch bei Berücksichtigung der "Ausdünnung" des Spielhallenmarktes durch Verbundverbot und Abstandsgebot nach Ablauf der Übergangsfristen zum 31. Juli 2016 beziehungsweise zum 30. Juni 2017 dürfte die absolute Zahl der Spielautomaten in Spielbanken erheblich geringer bleiben als die Zahl der Spielgeräte in Spielhallen.

105

Zur konsequenten Regulierung der Spielbanken und insbesondere des Automatenspiels mit dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht haben die Landesbehörden jedoch auch in Zukunft dafür Sorge zu tragen, dass die Reduzierung der Zahl der Spielhallen nicht durch eine Ausweitung des Automatenspiels und eine Vermehrung der Standorte von Spielbanken und ihren Dependancen konterkariert wird“ (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 141 – 147).

106

Diesem Verständnis der Reichweite des Kohärenzgebots schließt sich das Berufungsgericht vollumfänglich an. Die rechtlichen und tatsächlichen Wertungen des Bundesverfassungsgerichts lassen sich auf die Frage der Vereinbarkeit der hier beanstandeten Regelung der Gerätehöchstzahlen für Spielhallen in Hamburg mit dem unions- und verfassungsrechtlich geprägten Kohärenzgebot bei einer Konkurrenzsituation zwischen Spielhallen und Spielbanken übertragen. Weder ist ersichtlich, dass die Pflicht zur Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte innerhalb einer Spielhalle mittelbar fiskalischen Zwecken, nämlich einer Begünstigung des Angebots der Spielbank, dienen soll, noch dass die teilweise – so gegenüber § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG - großzügigeren Regelungen des Automatenspiels in Spielbanken in ihrer Gesamtheit im Bereich der Beklagten nicht konsequent am Ziel der Glücksspielsuchtprävention ausgerichtet sind:

107

Eine Inkonsequenz in Bezug auf das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel der Bekämpfung der Glücksspielsucht ist nicht zu erkennen. Es besteht bereits in der Spielbank und ihren Dependancen ein deutlich geringeres Angebot an Geldspielgeräten und eine geringere Verfügbarkeit der Geräte als in Spielhallen. In Hamburg standen vor dem Inkrafttreten des HmbSpielhG einer Spielbank mit drei Dependancen und insgesamt ca. 382 Geldspielgeräten (vgl. BÜ-Drs. 20/10218 v. 10.12.2013; davon 4 Mehrplatzgeräte) 389 Spielhallen mit jeweils bis zu 12 Geldspielgeräten (entspricht ca. 4.000-4.500 Geldspielgeräten; vgl. Bü-Drs. 20/3423 v. 9.3.2012, sog.“ Haufler-Liste“; am 1.6.2017 347 Spielhallen [vgl. Bü-Drs. 21/9517]) und heute 321 Spielhallen gegenüber. Es ergibt sich auch bei einer Reduzierung der Geldspielgeräte nach § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbspielhG um bis zu 1/3 innerhalb der einzelnen Spielhalle weiterhin eine größere Verfügbarkeit von konkreten Spielgelegenheiten an Automaten auf Grund der deutlich höheren Zahl an Spielhallen im Verhältnis zu Spielbanken. Konkrete Anhaltspunkte für die von der Klägerin behauptete Vergrößerung des Angebots an Spielbank-Dependancen (und damit der Zahl der dort befindlichen Geldspielgeräte) trägt diese nicht vor und solche sind auch nicht ersichtlich. Die nach § 2 Abs. 1 Satz 4 des Gesetzes über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank (v. 24.5.1976, HmbGVBl. S. 139, zuletzt geänd. durch G. v. 18.10.2017, HmbGVBl. S. 336) - HmbSpielbG - mögliche Zahl von bis zu sechs Spielbank-Dependancen wurde bisher nicht ausgeschöpft; zudem wurden zwei Dependancen nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten vor einiger Zeit geschlossen. Dass die Beklagte trotz der sich aus dem GlüStV ergebenden, auch für Spielbanken ergebenden Verpflichtungen zur Spielsuchtprävention beabsichtigen könnte, weitere Spielbank-Dependancen zu genehmigen, ist nicht ersichtlich.

108

Anhaltspunkte für eine durch fiskalische Absichten des Gesetzgebers motivierte Gesetzgebungstätigkeit zum Nachteil der Spielhallen mit dem Ziel, Spielbanken zu begünstigen, ergeben sich auch im Übrigen nicht. Die im Gesetzgebungsverfahren angestellten Erwägungen des Gesetzgebers und seine Sachaufklärung (vgl. Protokoll der Anhörung in der öffentlichen Sitzung des Gesundheitsausschusses [Ausschuss-Prot. Nr. 20/9 und 20/10] und des Ausschusses für Wirtschaft, Innovation und Medien [Ausschuss-Prot. 20/15 und 20/15] v. 27.4.2012/14.5.2012) weisen solche Motive nicht aus (vgl. bereits OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, a.a.O., juris Rn. 43).

109

Des weiteres existiert auch in Hamburg trotz unterschiedlicher Regelungen für Spielbanken, die ebenfalls an § 1 GlüStV gebunden sind, ein vergleichbar hohes Schutzniveau wie in Spielhallen bezogen auf die Gefahren von Spielsucht (s.u., S. 36 ff.).

110

Gegen die konsequente Verfolgung des gesetzgeberischen Ziels der Regulierung des Automatenspiels zur Glücksspielprävention spricht auch nicht die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe kürzlich mehrere Mehrfachspielhallen und eine Einzelspielhalle in Hamburg-Bergedorf nach den Bestimmungen des neuen HmbSpielhG entgegen § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmSpielhG zugelassen. Nach der von der Klägerin nicht bestrittenen Auskunft der Beklagten handelt es sich dabei um Genehmigungen u.a. für Mehrfachspielhallen nach der Härteregelung des § 9 Abs.1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG, die ausnahmsweise bei Vorliegen der Voraussetzungen ein zeitweises Weiterführen nach früherer Rechtslage genehmigter Betriebe auf Grund einer im Ermessen stehenden Einzelfallentscheidung der Beklagten ermöglicht. Daraus lässt sich nicht der Schluss ziehen, die Beklagte erlaube entgegen der gesetzlichen Bestimmungen des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG weiterhin Mehrfachspielhallen in Hamburg.

111

Die Unverhältnismäßigkeit der die Berufsausübung regelnden Vorschrift lässt sich nicht feststellen. Die Regelung über die Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte nach § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG ist zur Erreichung des Gemeinwohlziels geeignet, erforderlich und angemessen.

112

Dem Gesetzgeber kommt bei der Regelung der Berufsfreiheit insbesondere auf dem Gebiet der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Wirtschaftsordnung eine weite Gestaltungsfreiheit zu. Auch in Bezug auf die Eignung und Erforderlichkeit des gewählten Mittels zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele verbleibt ihm ein weiter Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum, der erst dann überschritten ist, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen so fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für derartige Maßnahmen abgeben können (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.8.2013, 1 BvR 2402/12, 1 BvR 21 BvR 2684/12, juris Rn. 23 ff. [Entgeltbindung für Privatkliniken], m.w.N.; BVerfG, Beschl. v. 12.12.2006, 1 BvR 2576/04, BVerfGE 117, 163, juris Rn. 64). Für die Eignung reicht es aus, wenn durch die Berufsausübungsregelung der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Es genügt mithin bereits die Möglichkeit einer Zweckerreichung (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 114; zu Sportwetten: BVerfG, Beschl. v. 14.10.2008, 1 BvR 928/08, NVwZ 2008, 1338, juris Rn. 44).

113

Nach diesem Maßstab ist die Regelung über die Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte zur Erreichung der Spielsuchtprävention geeignet. Nach den Motiven des Gesetzgebers zu § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 28) soll die Reduzierung der Zahl der Spielgeräte innerhalb einer Spielhalle von maximal zwölf auf acht die Anreize zu übermäßigem Spielen innerhalb der Spielhalle reduzieren und der Suchtprävention und damit dem Gesundheitsschutz potenzieller und aktiver Spieler und dem Schutz vor wirtschaftlichen Auswirkungen der Spielsucht dienen, indem der Anreiz zu übermäßigem Spielen reduziert wird (vgl. in diesem Sinne auch BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 163 ff.; Beschl. v. 27.3.1987, 1 BvR 850/86, NVwZ 1987, 1067; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 67; Urt. v. 16.12.2016, 8 C 7.15, juris Rn. 16 ff.; OVG Hamburg, Beschl. v. 4.8.2017, 4 Bs 121/17, n.v.). Dass die Maßnahme nicht in jedem Einzelfall den gewünschten Erfolg vollständig herbeiführt, ist unerheblich. Vielmehr ist es ausreichend, dass mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg der Spielsuchtprävention - wie hier - gefördert werden kann.

114

Gegen die Eignung spricht auch nicht der Einwand der Klägerin, potenzielle Spieler wanderten bei einer Verminderung des Geräteangebots auf alternative Angebote in Gaststätten, Wettbüros, Internet-Casinos, „Hinterzimmern“ oder unkontrollierten Spiele-Cafés ab. Aus diesem Vortrag ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber seinen Einschätzungsspielraum überschritten haben könnte. Die Beklagte weist im Übrigen zu Recht darauf hin, dass das Online-Glücksspiel nach dem GlüStV stark reguliert ist. Es besteht ein Totalverbot, von dem nur nach § 4 Abs. 5 GlüStV Ausnahmen für Lotterien, Sportwetten und Pferdewetten zulässig sind. Bei den illegalen Spiele-Cafés handelt es sich auch nach dem – bisher nicht durch tatsächliche Nachweise belegten - Vorbringen der Klägerin nicht um genehmigte Spielhallen, sondern um unzulässige Formen des Glücksspiels. Die Eignung einer Regelung zur Bekämpfung von Spielsucht entfällt aber nicht bereits deshalb, weil illegale Formen von Suchtgefahren nicht vollständig ausgeschlossen und unterbunden werden können (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 114). Dass hier ein normatives Vollzugsdefizit vorliegen könnte, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht vorgetragen (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 151; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.16, a.a.O., juris Rn. 47; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, 1 B 5/13, juris Rn. 154).

115

Die Regelung ist erforderlich. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit seiner Einschätzung, die Senkung der höchstzulässigen Zahl der Geldspielgeräte von maximal zwölf auf acht Geräte könne die Anreize zu übermäßigem Spielen reduzieren (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 28), weil sich dann weniger Geräte in den Spielhallen befinden, die den Spieler dazu verleiten könnten, sein Spiel fortzusetzen, seinen Einschätzungsspielraum überschritten hat. Er war nicht gehindert, außer der mit dem Verbundverbot und dem Abstandsgebot (§ 2 Abs. 2 HmbSpielhG) bezweckten Reduzierung der Zahl und Dichte der Spielhallen auch eine Reduzierung der Angebots innerhalb der einzelnen Spielhalle zur Erreichung der Glücksspielsuchtprävention für notwendig zu halten. Der Gesetzgeber durfte zudem davon ausgehen, dass die von der Klägerin vorgeschlagenen bzw. die nach der SpielV ab November 2018 vorgesehenen oder schon wirksamen verschärften gerätebezogenen Anforderungen zur Bekämpfung der Glücksspielsucht nicht gleichermaßen präventiv wirken (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, BVerwGE 157, 127, juris Rn. 165; vgl. zur Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte als gewerberechtliche Anforderung: BVerfG, Beschl. v. 17.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 112).

116

Soweit die Klägerin beanstandet, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verhältnismäßigkeit der Gerätereduzierung sei auf ihren Fall nicht anwendbar, weil dieses bei seinen im Wesentlichen zur Erforderlichkeit des Abstandsgebots und des Verbundverbots ergangenen Erwägungen die (bis zu sieben) Mehrfachspielhallen (an bis zu elf Standorten) der dortigen Beschwerdeführerinnen und den durch diese eintretenden „Las-Vegas“-Effekt im Blick gehabt habe und seine Erwägungen für Einzelspielhallen oder „kleine“ Doppelspielhallen“ wie ihre und für die Pflicht zur Gerätereduzierung nicht gälten, spricht dies nicht gegen die Erforderlichkeit der hier streitigen Regelung. Die Wertung des Gesetzgebers ist nicht zu beanstanden, auch eine geringere Zahl von Geldspielgeräten reduziere innerhalb der einzelnen Spielhalle den Anreiz weiterzuspielen, weil auch von mehr Geldspielgeräten wegen ihrer gemeinsamen Verfügbarkeit innerhalb eines Raumes bzw. einer Spielhalle ein zusätzlicher oder höherer Anreiz ausgeht als von einer niedrigeren Anzahl (vgl. zur Erforderlichkeit der Gerätereduzierung: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12, a.a.O., juris Rn. 165; Beschl. v. 27.3.1987, 1 BvR 850/86 u.a., NVwZ 1987, 1067; StGH BaWü, Urt. v. 17.6.2014, 15/13, 1 VB 15/13, juris Rn. 334; vgl. zur Gerätereduzierungspflicht bezogen auf eine Einzelspielhalle: BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 7.15, juris Rn. 16; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 13.13, juris Rn. 59).

117

Im Übrigen ergibt sich weder aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts noch aus der des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Verhältnismäßigkeit der für jeden Betreiber einer Spielhalle (vgl. § 1 Abs. 2 HmbSpiehG) geltenden Pflicht zur Gerätereduzierung für Betreiber von Einzelspielhallen anders zu bewerten sein könnte als für Betreiber von (größeren) Verbundspielhallen.

118

Der Vortrag der Klägerin, der Gesetzgeber habe als mildere Maßnahme zunächst die Effektivität von bereits in Kraft befindlichen restriktiven Maßnahmen des HmbSpielG und der SpielV evaluieren müssen und habe die Spielhallenbetreiber (wie bei Spielbanken) zur Einlasskontrolle, zur Führung einer Sperrdatei, zum Einbau von technischen Geräten zur Alterskontrolle oder zu einer Heraufsetzung des Mindestalters als mildere Maßnahme verpflichten können, stellt die Erforderlichkeit der Maßnahme ebenfalls nicht in Frage. Dass es zur Eindämmung der Spielsucht und zur Suchtprävention weitere (technische und Überwachungs-) Maßnahmen geben kann, die der Gesetzgeber den Spielhallenbetreibern hätte ersatzweise oder ergänzend aufgeben können, um (gefährdete oder pathologische) Spieler vor sich selbst zu schützen, ändert nichts an der Erforderlichkeit der Einschränkung der Zahl der Geldspielgeräte. Dass in den Vorschlägen der Klägerin ein gleich wirksames Mittel wie der Verknappung des Angebots an Geräten liegt, lässt sich zudem nicht feststellen (vgl. zu den Grenzen des Prognosespielraums des Gesetzgebers: BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 11; vgl. zur Spielerkarte: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 153).

119

Die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG ist auch angemessen und damit verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Einschränkungen der Spielhallenbetreiber stehen nicht außer Verhältnis zum erstrebten Ziel:

120

Trifft der Gesetzgeber Regelungen, die in die Berufsfreiheit eingreifen, so muss bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt sein (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07, BVerfGE 121, 317, juris Rn. 117). Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit ist eine generalisierende Betrachtungsweise geboten, die auf den betroffenen Wirtschaftszweig generell abstellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.8.2013, 1 BvR 2402/12, 1 BvR 21 BvR 2684/12, NVwR-RR 2013, 985, juris Rn. 28 m.w.N.).

121

Nach diesem Maßstab sind die Anforderungen an die Reduzierung der Geldspielgeräte angemessen. Das wegen der schweren Folgen der Spielsucht und des hohen Suchtpotenzials des gewerblichen Automatenspiels hohe Gewicht des Spielerschutzes und der Spielsuchtprävention überwiegt das Gewicht des wirtschaftlichen Interesses der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Reduzierung der Geldspielgeräte verschont zu bleiben. Aufgrund der Einschätzung in der Suchtwissenschaft und -beratungspraxis, dass die Reduzierung der Verfügbarkeit von Spielmöglichkeiten eine besonders wirksame Maßnahme zur Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspielsucht darstellt, durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass gerade auch die Reduzierung der Höchstzahl an Geldspielgeräten in den einzelnen Spielhallen einen gewichtigen Beitrag zur Erreichung der verfolgten Ziele leisten wird. Zwar führt die Regelung dazu, dass sich die für den wirtschaftliche Ertrag einer Spielhalle bedeutsame höchstens zulässige Geräteanzahl um bis zu einem Drittel verringern kann, und sie gehört damit zu den Neuregelungen, die Spielhallenbetreiber am stärksten betreffen. Daher liegt es nahe, dass sich die Reduzierung der Höchstzahl der Geldspielgeräte negativ auf die Rentabilität von Spielhallen auswirkt. Eine bestimmte Rentabilität gewährleistet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz jedoch nicht. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass mit einer Zahl von acht Geldspielgeräten der Betrieb einer Spielhalle generell wirtschaftlich unmöglich gemacht würde (vgl. zur Verhältnismäßigkeit der Gesamtheit der Neuregelungen des Berliner Spielhallengesetzes: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 156 f., 166; BVerwG Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 67; vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5.13, juris Rn. 186). Der Betreiber kann außerdem Geld- oder Warenspielgeräte durch andere Geräte - etwa Unterhaltungsspielgeräte - ersetzen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.3.1987, 1 BvR 850/86, NVwZ 1987, 1067; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, 1 B 5.17, juris Rn. 186) und insoweit weitere Umsätze generieren. Dies gilt auch für den Fall eines Betriebs mit Einzelkonzession.

122

Dass ein Betrieb mit bis zu acht Geldspielgeräten pro Spielhalle generell nicht rentabel möglich ist, hat die Klägerin im Übrigen nicht konkret dargelegt. Dies gilt auch, soweit sie exemplarisch auf die sich für ihr aus drei Spielhallen bestehendes Unternehmen ergebenden wirtschaftlichen Auswirkungen der Neuregelung verweist. Dahinstehen kann, ob die Vermutung der Klägerin zutreffend ist, dass Spieler ihr Spielverhalten und ihre Spielzeiten nicht umstellen und daher die verbleibenden acht Geräte im Rahmen der durch die SpielV vorgegebenen technischen Möglichkeiten (Spielpausen u.a.) nicht über die gesamte Öffnungszeit der Spielhallen voll auslasten werden. Denn gegenwärtig ist nach den für ihren Betrieb dargelegten wirtschaftlichen Daten für eine „erdrosselnde Wirkung“ u.a. der Reduzierungspflicht nichts ersichtlich. Aus dem am 10. Januar 2018 vorgelegten „Vorjahresvergleich November 2017“ der O. Treuhand GmbH vom 9. Januar 2018, der u.a. die Zeiträume Januar - November 2017 mit denen des Vorjahreszeitraums vergleicht, ergibt sich zwar, dass sich die Umsatzerlöse bezogen auf beide Spielhallenstandorte im Jahr 2017 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 17,76 % vermindert haben. Dass dies allein auf die Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte zurückzuführen ist, lässt sich daraus nicht schließen. Denn die Klägerin hat die Regelung in ihren Betrieben erst seit 1. Juli 2017 einzuhalten. Zudem stellen sich die Umsatzrückgänge an beiden Standorten sehr unterschiedlich dar (-10,27 % [ ] bzw. -27,44 % [ ]); dies dürfte eher gegen einen allein durch die Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte verursachten Umsatzrückgang sprechen. Die Kosten haben sich dagegen nur um 6,91 % ermäßigt. Das „vorläufige Ergebnis“ ergibt aber trotz einer Reduzierung zum Vergleichszeitraum um 76,83 % für den Zeitraum Januar - November 2017 einen Betrag von ……… Euro. Daher ist nicht ersichtlich, dass gegenwärtig der Betrieb der Klägerin und auch die Mehrheit der Betriebe nicht rentabel betrieben werden können.

123

Auch die Übergangsfristen für Bestandsspielhallen, nach denen Inhaber von Einzelkonzessionen die Zahl der Geldspielgeräte nach § 9 Abs. 2 HmbSpielhG bis zum 30. Juni 2017 auf das nach § 4 Abs. 3 HmbSpielhG zulässige Maß von maximal acht Geldspielgeräten zu reduzieren hatten und die die Beklagte auch den Inhabern von Mehrfachkonzessionen eingeräumt hat (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, NordÖR 2015, 489, juris), sind mit Art. 12 GG vereinbar.

124

Dahinstehen kann, ob die Übergangsvorschriften einen Eingriff in die Berufsfreiheit darstellen. Denn die Zahl der in einer Spielhalle zulässigen Geldspielgeräte war nicht in den der Klägerin nach § 33i GewO erteilten Erlaubnissen festgelegt. Diese enthielten lediglich einen Hinweis auf die SpielV. Allerdings mussten die Betreiber unabhängig von der Frage der Erteilung einer neuen Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG (ggf. im Wege einer Härtefallentscheidung nach § 9 Abs.1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG) die Zahl der Geldspielgeräte zum 30. Juni 2017 reduzieren.

125

Jedenfalls sind die - unterstellten - Eingriffe in die Berufsfreiheit aber gerechtfertigt. Sie sind mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes vereinbar. Eine möglichweise bestehende unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes vereinbar, wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010, 1 BvR 1627/09, BVerfGE 127, 31, juris Rn. 79 f., m.w.N.). Dabei kann es aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten sein, Übergangsregelungen zur Anpassung der Rechtslage an die vorgefundene – als regelungsbedürftig erachtete – Situation zu erlassen. Bei der Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse kommt dem Gesetzgeber allerdings ein breiter Gestaltungsspielraum zu. Zwischen dem sofortigen und übergangslosen Inkraftsetzen des neuen Rechts und dem ungeschmälerten Fortbestand bereits in der Vergangenheit begründeter subjektiver Rechtspositionen sind vielfache Abstufungen denkbar. Der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt nur, ob der Gesetzgeber bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe unter Berücksichtigung aller Umstände die Grenze der Zumutbarkeit überschritten hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.6.2010, 1 BvR 2011/07, 1 BvR 21 BvR 2959/07, BVerfGE 126, 112, juris Rn. 126; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, NordÖR 2014, 317 [LS], juris Rn. 23; OVG Saarlouis, Beschl. v. 14.3.2014, 1 B 102/14, juris Rn. 25).

126

Diese Grenze ist hier nicht überschritten, soweit die Beklagte eine Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte innerhalb von 4 ½ Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes verlangte. Wie bereits ausgeführt, dient das HmbSpielhG u.a. dem Ziel, alle Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen und dass der Spielerschutz verbessert wird (vgl. Bü-Drs. 20/5823, S. 23 ff.). Um den Zielen des Gesetzes während der Zeitdauer des (möglicherweise verlängerten) Bestandsschutzes der Erlaubnisse nach § 33i GewO angemessen Rechnung zu tragen, bedarf es aus Sicht des Gesetzgebers bereits zeitnah bzw. mittelfristig der schrittweisen Umsetzung der verschärften Anforderungen des HmbSpielhG an die Ausgestaltung und den Betrieb der Spielhallen (vgl. zu den Übergangsfristen des § 29 GlüStV: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 187 m.w.N., 191 [zur Reduzierung der Geldspielgeräte], 196; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris 72 ff.). Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verleiht weder im Hinblick auf die vorherige Rechtslage noch auf die vorhandene Betriebserlaubnis nach § 33i GewO ein uneingeschränktes Recht auf Amortisierung getätigter Investitionen. Betreiber können nicht darauf vertrauen, dass eine günstige (hier zuvor in § 3 SpielV geregelte) Rechtslage unverändert bleibt. Das Vertrauen war im Übrigen auch durch die gesetzliche Möglichkeit beschränkt, nachträgliche Auflagen zum Schutz der Allgemeinheit oder der Gäste zu erlassen (vgl. § 33i Abs. 1 Satz 2 GewO; vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 189, 191 m.w.N.). Für den Fall über den Übergangszeitraum hinaus bestehender Härten hat der Gesetzgeber zudem die Möglichkeit von Einzelfallregelungen vorgesehen (§ 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG).

127

bb) Die Klägerin wird durch § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG auch nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.

128

Ungeachtet der Anforderungen, die sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergeben, können Berufsübungsregelungen nur dann Bestand haben, wenn sie auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsgemäß sind und insbesondere den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07, BVerfGE 121, 317, juris Rn. 149).

129

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.7.2010, 1 BvR 611/07, 1 BvR 21 BvR 2464/07, BVerfGE 126, 400, juris Rn. 83; BVerfG, Beschl. v. 21.6.2011, 1 BvR 2035/07, BVerfGE 129, 49, juris Rn. 64). Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfG, a.a.O.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich unter anderem aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.9.2013, 1 BvR 924/12, juris Rn. 11; Beschl. v. 21.6.2011, a.a.O., juris Rn. 65). Für die vorliegend zu beurteilende Differenzierung zwischen Spielhallen und Spielbanken sowie zwischen Spielhallen und Gaststätten ist bei der Prüfung anhand des Gleichheitssatzes von einer strengeren Bindung des Gesetzgebers auszugehen, weil sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten - hier in Gestalt der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten freien Berufsausübung - nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.1.2012, 1 BvL 21/11, BVerfGE 130, 131, juris Rn. 41; Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 150).

130

Daran gemessen ist die unterschiedliche Regelung der Zahl der Geldspielgeräte für Spielhallen und Spielbanken (1) sowie bezogen auf Gaststätten (2) nicht verfassungswidrig.

131

(1) Dahinstehen kann, ob es für die Prüfung des Gleichbehandlungsgebots aus Art. 3 Abs. 1 GG an gleichen Sachverhalten bereits deshalb fehlt, weil die Spielbank Hamburg mit ihren vier über das Stadtgebiet verteilten Standorten (Hauptsitz Esplanade, Dependancen Reeperbahn, Mundsburg, Steindamm) und einem Angebot von insgesamt 381 Geldspielgeräten (vgl. www.spielbank-hamburg.de) ein deutlich schmaleres und nur mit in der Regel weiteren Anfahrten oder Wegen verfügbares Angebot an Spielgelegenheiten vorhält, während Spielhallen örtlich leichter erreichbar und zugänglich sind. Die Tatsache, dass § 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz HmbSpielhG in der Spielbank Hamburg nicht gilt und es auch an einer auf Spielbanken anwendbaren vergleichbaren Regelung fehlt, begründet jedenfalls keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung.

132

Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass Spielhallenbetreiber gegenüber den Betreibern von Spielbanken hinsichtlich der zulässigen Zahl der Geldspielgeräte (Esplanade: 136, Reeperbahn: 90, Mundsburg: 79, Steindamm: 76, jeweils zzgl. „Jackpots“, abgerufen am 6.2.2018, vgl. www.spielbank-hamburg.de) und auch im Übrigen in Bezug auf die äußere und technische Ausgestaltung der Geldspielgeräte ungleich behandelt werden. Die Zahl der Geräte ist nicht beschränkt; zudem gelten hinsichtlich des ebenfalls angebotenen Automatenspiels („Kleines Spiel“, „Slot-Machines“) für Spielbanken Erleichterungen, da dieses nicht an die für Spielhallen geltenden zahlenmäßigen und sonstigen Beschränkungen z.B. durch technische Anforderungen bei der Höhe des Einsatzes, der Länge des Spiels und der Höhe des Gewinns (§ 33h Nr. 1 GewO) gebunden ist und außerdem in Spielbanken u.a. die Möglichkeit besteht, an EC-Geldautomaten Bargeld zu erhalten und Getränke zu konsumieren. Werbung für das Glücksspiel in Spielbanken wird in § 2 Abs. 2 i.V.m. § 5 GlüStV weniger stark beschränkt als diejenige für Spielhallen nach § 4 Abs. 1 HmbSpielhG.

133

Diese Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern ist aber gerechtfertigt. Ein hinreichender Sachgrund für die unterschiedliche Behandlung u.a. von Geldspielgeräten in Spielhallen und Spielbanken liegt zum einen in dem unterschiedlichen Gefährdungspotenzial beider Typen von Spielstätten wegen ihrer bloßen Zahl und Lage (vgl. in diesem Sinne: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12, a.a.O., juris Rn. 174, 144 ff.; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 77 f.). Zwar geht es hier, worauf die Klägerin hinweist, um den Vergleich der rechtlichen Bestimmungen für Geldspielgeräte in Spielhallen bzw. Spielbanken und nicht um die Dichte der Spielhallen bzw. Spielbanken. Auch Geldspielgeräte in Spielhallen sind aber wegen der hohen Verbreitung von Spielhallen im Stadtgebiet deutlich schneller und einfacher verfügbar. Die Zahl der Spielhallen ist gesetzlich nicht limitiert; bei Vorliegen der Voraussetzungen besteht ein Anspruch auf die Erlaubnis. Demgegenüber bedarf die Errichtung und der Betrieb einer öffentlichen Spielbank in Hamburg einer befristet erteilten Konzessionierung durch die zuständige Behörde und die Zahl der Spielbank (eine) bzw. ihrer Dependancen (bis zu sechs) ist gesetzlich beschränkt (§ 2 Abs. 1 Satz 3, 4 HmbSpielbG, § 1 der Verordnung über die Spielordnung für die öffentliche Spielbank in Hamburg – SpielO – v. 19.12.2006, HmbGVBl. S. 605, 637, zuletzt geändert durch VO v. 26.8.2016, HmbGVBl. S. 139). Die Zulassung einer Spielbank in Hamburg darf sich zudem nicht an fiskalischen Interessen, sondern sie hat sich allein an den Zielen und Schutzbestimmungen des § 1 HmbSpielbG zu orientieren, die § 1 GlüStV entsprechen. Die Zahl der Geldspielgeräte in Spielhallen ist gegenwärtig um ein Vielfaches höher als die Zahl in Spielbanken (s.o.). Auch nach einer Reduzierung des Bestandes an Spielhallenstandorten wird die Zahl der verfügbaren Geldspielgeräte in Spielhallen diejenige in Spielbanken weit übertreffen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 144).

134

Die für Spielbanken bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen sehen zum anderen generelle Zugangsbeschränkungen und andere Restriktionen für das Automatenspiel auch für Erwachsene zum Schutz vor den Gefahren des Glücksspiels vor, die bewirken, dass für das Glücksspiel in Spielbanken bei einer Gesamtbetrachtung kein geringeres Schutzniveau als in Spielhallen gilt. Es sind zahlreiche Sicherungssysteme vorgesehen, die dem Spielerschutz dienen. Sowohl Spielhallen als auch Spielbanken müssen zwar gleichermaßen den Jugendschutz gewährleisten, indem sie Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, die Teilnahme am Spiel verbieten (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 1 HmbSpielhG bzw. § 5 Nr. 1a HmbSpielO). Der Zugang zum Automatenspiel in Spielhallen ist aber für Erwachsene generell unbeschränkt möglich. Der Zugang zur Spielbank ist nur mit einer Eintrittskarte gestattet, welche allein gegen Vorlage eines Lichtbildausweises ausgegeben werden darf (§ 6 Nr. 1, 4, 5 HmbSpielO). Liegen die Voraussetzungen eines Spielverbots vor, muss die Spielbank die Zutrittsberechtigung verweigern oder entziehen (§ 7 Abs. 1, 2 HmbSpielO). Spielbanken sind nach § 2 Abs. 2 i.V.m. §§ 8, 23 GlüStV verpflichtet, zum Schutz der Spieler und zur Bekämpfung der Glücksspielsucht Spielverbote auszusprechen. Nur sie sind gesetzlich verpflichtet, eine (eigene) Sperrdatei zu führen (§ 8 Abs. 2 GlüStV, § 4 HmbSpielO) und dort registrierte Selbst- und Fremdsperren, die ein Spielverbot begründen, umzusetzen. Auch müssen sie an einem länderübergreifenden Sperrsystem teilnehmen (vgl. § 23 GlüStV). Zudem hat die Spielbank zur Überwachung des ordnungsgemäßen Spiels den Spielverlauf elektronisch zu erfassen und aufzuzeichnen (§ 6 Abs. 2b Satz 1 HmbSpielO). Das Spielverbot für Personen, bei denen Anlass besteht anzunehmen, dass ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Teilnahme am Glücksspiel nicht entsprechen (§ 8 Abs. 2 GlüStV, § 5 Nr. 1c HmbSpielO), vermag zwar nicht der Entstehung der Spielsucht entgegen zu wirken. Es kann aber ihre Folgen für die Betroffenen und ihre Familien mildern. Die Möglichkeit der Selbstsperre nach § 5 Nr. 1 b HmbSpielO kann bereits der Entstehung der Spielsucht entgegenwirken; zudem unterstützt sie sowohl gefährdete Personen bei der Bekämpfung einer entstehenden Abhängigkeit wie auch süchtige Spieler in ihrem Bemühen um Abstinenz. Auch bei anderen Glückspielveranstaltern in Deutschland oder in der Europäischen Union bestehende Sperren hat die Spielbank Hamburg zu speichern (§§ 4, 5 Nr. 1c HmbSpielO) und in Form von Spielverboten gegenüber dem einzelnen Besucher durchzusetzen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/14, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 61 m.w.N.).

135

Den oben beschriebenen örtlich und persönlich weitreichenden Zugangsbeschränkungen und Spielverboten vergleichbare Sperren existieren für Spielhallen nicht. Daher besteht u.a. mit dem Sperrsystem nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts, der das Berufungsgericht folgt, bei Spielbanken ein ebenfalls dem Spielerschutz Rechnung tragendes (mindestens gleichwertiges) Äquivalent wie bei Spielhallen, das konsequent am Ziel der Bekämpfung der Glücksspielsucht ausgerichtet ist (vgl. zur Berliner Regelung: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 170 ff., 143; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 77 f.; vgl. dazu ausführlich OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/14, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 61 m.w.N.; vgl. VerfG Berlin, Beschl. v. 20.6.2014, 96/13, NVwZ-RR 2014, 825, juris Rn. 62).

136

Im Übrigen dürfen Spielbanken und gewerbliches Glücksspiel wegen unterschiedlicher ordnungsrechtlicher Ziele auch unterschiedlich geregelt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 78; Beschl. v. 24.8.2001, 6 B 47.01, GewArch 2001, 476, juris Rn. 8).

137

(2) Das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG ist auch nicht dadurch verletzt, dass die Anforderungen an das Automatenspiel in Gaststätten hinter den für Spielhallen geltenden Einschränkungen zurückbleiben.

138

Die Beklagte hat bislang keine Regelungen über das Automatenspiel in Gaststätten erlassen. Aufgrund der fortgeltenden bundesrechtlichen SpielV dürfen in Gaststätten höchstens drei, ab dem 10. November 2019 höchstens zwei Geldspielgeräte aufgestellt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV, Art. 5 der 6. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 4. November 2014, BGBl. I S. 1678). Allerdings sind für sie weder ein Mindestabstand noch ein Sichtschutz zwischen den Geräten vorgeschrieben. Für Gaststätten gilt grundsätzlich lediglich eine Sperrzeit zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr (vgl. § 6 Abs. 1 der Gaststättenverordnung vom 10. September 1971, GVBl. S. 1778, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.12.2005, GVBl. S. 754). Die Einhaltung des Verbots der Teilnahme von Minderjährigen am öffentlichen Glücksspiel (§ 6 Abs. 2 JuSchG, § 2 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 3 GlüStV) ist durch ständige Aufsicht sicherzustellen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 SpielV). Der Zutritt zu Gaststätten ist jedoch für Minderjährige, anders als der Zutritt zu Spielhallen, nicht generell verboten (vgl. § 4 Abs. 1 JuSchG), sodass sie das Automatenspiel Erwachsener dort zumindest beobachten können. Gaststätten mit Geldspielautomaten unterliegen den Anforderungen der §§ 5 bis 7 GlüStV an Werbung für Glücksspiel und sind ebenfalls zur Erstellung eines Sozialkonzeptes, Schulung von Personal und Bereithaltung von spielrelevanten Informationen verpflichtet.

139

Damit ist der gewährleistete Schutz vor Spielsucht im Bereich des gewerblichen Automatenspiels in Gaststätten bislang geringer als in Spielhallen, obwohl Spielautomaten in Gaststätten ebenfalls im unmittelbaren Lebensumfeld potenzieller Spieler leicht zugänglich sind. Vom Spielangebot in Spielhallen und in Gaststätten gehen jedoch unterschiedliche Gefahren aus, die es rechtfertigen, dass der Landesgesetzgeber zunächst strengere Beschränkungen für Spielhallen eingeführt hat (vgl. VerfG Berlin, Beschl. v. 20.6.2014, 96/13, NVwZ-RR 2014, 825, juris Rn. 61 f.). Die deutlich geringere Anzahl von drei, künftig höchstens zwei zulässigen Spielgeräten in Gaststätten gegenüber acht Geräten in Spielhallen verringert den suchtgefährdenden Spielanreiz, der nach Einschätzung des Gesetzgebers mit einem vielfältigen Spielangebot verbunden ist. In Gaststätten sehen sich Spieler anders als in Spielhallen regelmäßig einer Sozialkontrolle durch nicht spielende Gäste ausgesetzt. Regelungsunterschiede sind auch deshalb gerechtfertigt, weil Gaststätten ihr Gepräge durch das Verabreichen von Getränken und Speisen erhalten und nur gelegentlich dem Automatenspiel der Besucher dienen, während Spielhallen regelmäßig allein um des Spiels Willen aufgesucht werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 175; BVerfG, Beschl. v. 1.3.1997, 2 BvR 1599/89 u.a., NVwZ 1997, 573, juris Rn. 53; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 80; Beschl. v. 14. 1.1991, 1 B 174.90, Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5, juris Rn. 5; OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 (LS), juris Rn. 63; OVG Saarlouis, Urt. v. 5.7.2017, 1 A 51/15, juris Rn. 231 zur Sperrzeitregelung).

140

cc) Die Klägerin wird durch die angegriffene Einschränkung für den Betrieb von Spielhallen auch nicht in ihrer Eigentumsfreiheit verletzt. Es ist bereits fraglich, ob der Schutzbereich des Eigentumsrechts eröffnet ist und ob die hier streitige Regelung in diesen eingreift. Als gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen einer durch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Rechtsposition der Klägerin sind die gerätebezogenen Anforderungen an Spielhallen jedenfalls verhältnismäßig.

141

Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG schützt den konkreten Bestand in der Hand der einzelnen Eigentümer gegenüber Maßnahmen der öffentlichen Gewalt. Im Falle einer verfassungsgemäßen Enteignung tritt an die Stelle der Bestandsgarantie eine Wertgarantie, die sich auf Gewährung einer vom Gesetzgeber dem Grunde nach zu bestimmenden Entschädigung richtet.

142

Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. Dieser ist nicht gänzlich frei: Er muss die Freiheitssphäre der Einzelnen mit dem Wohl der Allgemeinheit in ein ausgewogenes Verhältnis bringen, das nicht nur Orientierungspunkt, sondern auch Grenze für die Beschränkung des Eigentums ist. Zugleich muss das zulässige Ausmaß einer Sozialbindung auch vom Eigentum selbst her bestimmt werden (vgl. BVerfG, Urt. v. 6.12.2016, 1 BvR 2821/11, 2 BvR 321/12, 1456/12, NJW 2017, 217, juris Rn. 216 ff. m.w.N.).

143

Nach diesem Maßstab kommt der Reduzierungsverpflichtung keine enteignende Wirkung zu. Eine Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG setzt eine staatliche Güterbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand oder eines sonst Enteignungsbegünstigten voraus (vgl. BVerfG, Urt. v. 6.12.2016, a.a.O., juris Rn. 246), die hier nicht anzunehmen ist. Die den Betreibern - wie der Klägerin - nach § 33i GewO erteilten unbefristeten Alterlaubnisse, die nach § 9 Abs. 1 HmbSpielhG mit Ablauf des 30. Juni 2017 ihre Wirksamkeit verloren haben, ohne dass sie nach § 49 HmbVwVfG widerrufen oder aufgehoben wurden, und die vorübergehend noch als fortbestehend gelten, genießen keinen eigentumsgrundrechtlichen Schutz hinsichtlich der zulässigen Zahl der Geldspielgeräte. Dies gilt hier bereits deshalb, weil in den der Klägerin erteilten Erlaubnissen die höchstzulässige Zahl der Geldspielgeräte nicht geregelt war, sondern diese nur einen Hinweis auf die SpielV enthielten.

144

Im Übrigen schützt Art. 14 Abs. 1 GG nicht die öffentliche Genehmigung als solche, sondern nur die aufgrund der Genehmigung geschaffenen privaten Vermögenspositionen (vgl. BVerfG, Urt. v. 6.12.2016, 1 BvR 2821/11 u.a., NJW 2017, 217, juris Rn. 232). Das Nutzungsrecht an den einzelnen Spielgeräten wird nicht durch die Erlaubnis zum Spielhallenbetrieb vermittelt. Die in der Spielhalle aufgestellten (im Eigentum des Betreibers stehenden) Spielgeräte können bei einem Entzug der Erlaubnis an anderen Orten aufgestellt werden. Zwar mag die Herabsetzung der Anzahl der in Hamburger Spielhallen höchstens zulässigen Geräte den Markt für diese Produkte verringern. Derartige Beeinträchtigungen künftiger Chancen und Verdienstmöglichkeiten sind jedoch eigentumsrechtlich nicht geschützt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.3.1987, 1 BvR 850/86 u.a., NVwZ 1987, 1067; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 73).

145

Die Spielhallenbetreibern nach § 9 Abs. 2 HmbSpielhG bzw. von der Beklagten tatsächlich eingeräumte Umsetzungsfrist von 4 1/2 Jahren für die Reduzierung der Zahl der Spielgeräte ist auch nicht deshalb verfassungsrechtlich zu beanstanden, weil sie für eine Vollamortisation aller Geräte möglicherweise zu kurz ist. Art. 14 Abs. 1 GG und das Gebot des Vertrauensschutzes verlangen keine Regelung, die eine Vollamortisation ermöglicht (s.o., vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 73 m.w.N.). Außerdem sind die Betriebsmittel - ggf. an anderen Standorten - anderweitig nutzbar. Auch können die Betreiber vorrangig bereits abgeschriebene Spielgeräte entfernen und ggf. noch nicht abgeschriebene Geräte anderweitig, etwa durch Verkauf, verwerten. Geräteleasing- oder Gerätemietverträge können sie anpassen.

146

Auch mit Blick auf den möglicherweise bestehenden eigentumsrechtlichen Schutz von vorgenommenen Investitionen und Dispositionen, die Betreiber im Vertrauen auf die nach § 33i GewO unbefristet erteilten Alterlaubnisse vorgenommen haben, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG. Selbst wenn der Schutzbereich des Grundrechts eröffnet und ein Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes anzunehmen sein sollte (zweifelnd BVerfG, Urt. v. 6.12.2016, 1 BvR 2821/11 u.a., NJW 2017, 217, juris Rn. 240), wäre die Regelung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG verhältnismäßig. Sie dient der Erreichung wichtiger Gemeinwohlziele und ist daher eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung. Die Regelung ist auch angemessen. Wie bereits ausgeführt, bestand für die Bestandsspielhallen der Klägerin eine 4 ½-jährige Übergangsfrist vom Inkrafttreten des Spielhallengesetzes im Dezember 2012 bis zum Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 30. Juni 2017 mit der Möglichkeit eines Weiterbetriebs im Fall von Härtegründen nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5, Abs. 4 HmbSpielhG. Der Betrieb bestehender (Alt-) Spielhallen wurde zudem durch die Beklagte bis zum 31. Dezember 2017 geduldet. Auf die zukünftige Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte konnten sich die Betreiber daher seit längerem einstellen (vgl. zur 5- bzw. 2-jährigen Berliner Umsetzungsregelung: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, a.a.O., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 178 ff., 214; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 67). Im Hinblick auf die zukünftige Rechtslage konnten sie so langfristig unternehmerische Entscheidungen zum Weiterbetrieb der einzelnen Spielhallen oder zu einem Standortwechsel, zur Reduzierung der laufenden Kosten für Raummiete, Kauf, Leasing oder Miete der Geldspielgeräte, zu dem Abbau und Transport der Spielgeräte und zum Abbau oder der Umsetzung von Personal treffen. Der Entscheidung, das Verfahren zum Weiterbetrieb der Spielhallen trotz der Gewissheit zu betreiben, die jeweilige Spielhalle z.B. wegen des Abstandsgebots schließen bzw. in der verbleibenden Spielhalle Geldspielgeräte reduzieren zu müssen, standen bzw. stehen alternative Möglichkeiten zur Bewältigung der Übergangsphase und der Neuregelungen gegenüber, unter denen jeder Betreiber die aus seiner Sicht günstigste wählen kann (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 4.8.2017, 4 Bs 121/17, n.v.). Für eine generelle „erdrosselnde“ Wirkung der Regelung für alle Spielhallenbetriebe ist im Übrigen auch nach den von der Klägerin vorgelegten aktuellen Umsätzen und Ergebnissen nichts ersichtlich (s.o.).

147

b) Die § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG normierte Pflicht zur Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte genügt – insbesondere im Hinblick auf das Fehlen entsprechend strenger Regelungen für Spielbanken – den Anforderungen der in Art. 56 AEUV garantierten unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit an die Geeignetheit und Kohärenz einer Beschränkung.

148

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht allerdings Zweifel an der Anwendbarkeit von Art. 56 AEUV geäußert. Der Gewährleistungsgehalt der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit ist nur dann eröffnet, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. Dafür reicht es nicht aus, dass die Klägerin oder Kunden ihrer Spielhallen hypothetisch von einer unionsrechtlichen Grundfreiheit Gebrauch machen könnten (vgl. i.E. offenlassend: BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 83 m.w.N.). Bei der Klägerin handelt es sich um eine nach deutschem Recht gegründete juristische Person mit Sitz in Deutschland; ihre Spielhallen werden in Deutschland betrieben. Für einen den Anwendungsbereich von Art. 56 AEUV eröffnenden grenzüberschreitenden Sachverhalt hat die Klägerin nichts vorgetragen.

149

Ob der Anwendungsbereich des Art. 56 AEUV eröffnet ist, kann aber offenbleiben. Ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit ist nicht ersichtlich.

150

Das Bundesverwaltungsgericht hat in der vorstehend genannten Entscheidung in Bezug auf das hinsichtlich der hier relevanten Regelungen inhaltlich identische Spielhallengesetz Berlin ausgeführt, dass dieses, selbst wenn unterstellt würde, dass die dortige Klägerin oder ihre Kunden durch die angegriffenen Regelungen in der Wahrnehmung einer unionsrechtlichen Grundfreiheit beschränkt würden, nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot unanwendbar wäre. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen lediglich ‚scheinheilig‘ zur Suchtbekämpfung eingeführt worden wären, tatsächlich aber einem anderen – insbesondere fiskalischen – Zweck dienten. Zu ihnen gebe es auch bereichsübergreifend keine gegenläufigen landesgesetzlichen Regelungen oder eine sie konterkarierende Politik, für die zu prüfen wäre, ob sie die Wirksamkeit der für Spielhallen geltenden Einschränkungen beeinträchtigen könnten. Das Berufungsgericht habe festgestellt, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung der Gewerbeordnung betrieben werden dürften. Da sich nach dem Berufungsurteil Ausweichbewegungen von Spielern von Spielhallen zu Gaststätten in Berlin nicht feststellen ließen und Spielbanken sich in der Anzahl ihrer Außenstellen und der Zugangsreglementierung von Spielhallen wesentlich unterschieden, sei eine Expansionspolitik des Landes Berlin in einem Sektor mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial, die der Zielsetzung der für Spielhallen geschaffenen Regelungen zuwiderliefe, in keiner Weise erkennbar (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 84 ff.; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 17.3.2017, 1 BvR 1415/12 u.a., juris Rn. 141 ff., s.o.). Diesen rechtlichen und tatsächlichen Wertungen folgt das Berufungsgericht. Sie lassen sich, wie oben ausgeführt, auf die Situation in Hamburg übertragen. Anhaltspunkte dafür, dass im Bereich der Beklagten andere Verhältnisse bestimmend sind, hat die Klägerin nicht vorgetragen und dies ist auch nicht ersichtlich.

151

2. Der Antrag festzustellen, dass die Klägerin berechtigt ist, die Anforderungen des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG in ihren Spielhallen nicht einzuhalten, hat keinen Erfolg.

152

Die Klägerin ist nicht berechtigt, in ihren Spielhallen die Aufstellung und Ausgestaltung der Geldspielgeräte in der in § 3 Abs. 2 SpielV geregelten Weise beizubehalten. Die Neuregelung des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG, wonach die Geräte in einem Abstand von 1,5 m einzeln und getrennt durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 m, gemessen von dem am weitesten in den Raum hineinreichenden Gerätebauteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante, aufzustellen sind, findet auf die Betriebe die Klägerin Anwendung.

153

a) Der mit den Anforderungen an die Aufstellung und Ausgestaltung von Geldspielgeräten verbundene Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen der Klägerin ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

154

aa) Die Klägerin wird durch die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG nicht in ihrem Recht auf freie Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt.

155

Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, wie oben ausgeführt, nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt (BVerfG, Beschl. v. 25.3.1992, 1 BvR 298/86, BVerfGE 86, 28, juris Rn. 46 ff.).

156

(1) Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, 70 GG formell verfassungsgemäß. Die hier streitgegenständlichen Regelungen sind nicht kompetenzwidrig zustande gekommen. Die Beklagte war für den Erlass der die Aufstellung und äußeren Ausgestaltung der Geldspielgeräte mit Sichtblenden betreffenden Regelung nach Art. 70 Abs. 1 GG zuständig (vgl. zur gleichlautenden Berliner Regelung: BVerfG, Beschl. v. 31.3.2017, 1 BvR 8/13, NVwZ 2017, 1128, juris Rn. 5, 6; Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 112; vgl. ausführlich OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, NordÖR 2015, 489, 4 Bs 14/15, juris Rn. 71 ff.).

157

(2) Bedenken gegen die materielle Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG bestehen nicht. Der sich aus der Regelung ergebende Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ist materiell verfassungsgemäß.

158

Der Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin ist durch ein Gemeinwohlziel legitimiert.

159

Für die Beschränkung des gleichzeitigen Spielens an mehreren Geldspielgeräten durch die in § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG angeordneten Maßnahmen sprechen vernünftige Gründe des Gemeinwohls. Das HmbSpielhG dient, wie oben bereits ausgeführt, u.a. dem Ziel, Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen, und der Bekämpfung der Spielsucht. Diese angestrebten Ziele sind solche des Gemeinwohls, die Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit in Bezug auf den Betrieb von Spielhallen rechtfertigen können (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, NVwZ-RR 2014, 317 [LS], juris Rn. 16; ausf. Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 36 m.w.N.). Auch die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG soll unter anderem das Entstehen von Glücksspielsucht verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung schaffen.

160

Die Unverhältnismäßigkeit der die Berufsausübung regelnden Vorschrift lässt sich nicht feststellen. Die Regelung die Einzelaufstellung und Ausstattung der Geldspielgeräte mit Sichtblenden nach § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG ist zur Erreichung des Gemeinwohlziels geeignet, erforderlich und angemessen.

161

Der Gesetzgeber besitzt bei der Regelung der Berufsfreiheit einen Einschätzungs- und Prognosespielraum auch bei der Beurteilung der Bedrohungslage für das Gemeinschaftsgut, zu dessen Schutz er im konkreten Fall tätig wird (vgl. zu den Grenzen: BVerfG, Beschl. v. 20.8.2013, 1 BvR 2402/12, 1 BvR 21 BvR 2684/12, NVwZ-RR 2013, 985, juris Rn. 24). Für die Eignung einer vom Gesetzgeber gewählten Maßnahme reicht es aus, dass der durch die Berufsausübungsregelung gewünschte Erfolg gefördert wird.

162

Nach diesem Maßstab ist, wie das Berufungsgericht bereits im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes ausgeführt hat (Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, NordÖR 2015, 489, juris Rn. 94), die Regelung über die Aufstellung und Ausgestaltung der Geldspielgeräte zur Erreichung der Spielsuchtprävention geeignet. Mit der Bestimmung, dass die Spielgeräte einzeln unter Wahrung der jeweiligen Abstände von 1,5 m und durch Sichtblenden getrennt aufzustellen sind, soll der Spieler an der Bedienung zweier (oder mehrerer) Geldspielgeräte gehindert werden (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 28). Anderenfalls kann sich die Gefahr erhöhen, dass Spieler ihre Einsätze an parallel bespielten Geldspielgeräten vervielfachen und in noch stärkerem Maße zu einem Weiterspielen veranlasst werden. Dem Spieler ist es durch die dem Betreiber aufgegebene Aufstellung und Ausstattung der Geldspielgeräte schwerer möglich, an mehreren Geldspielgeräten gleichzeitig zu spielen (vgl. zu dieser Gefährlichkeit: BVerfG, Beschl. v. 31.3.2017, 1 BvR 8/13, NVwZ 2017, 1128, juris Rn. 6 a.E.; vgl. auch Meyer, Stellungnahme zu dem Entwurf der 6. VO zur Änd d. SpielV, Stand 8.2.2012, S. S. 14 ff.). Dass die Maßnahme - wenn z.B. ein Spieler, wie die Klägerin einwendet, sich durch die Sichtblende abzuschirmen sucht und durch die Spielhallenaufsicht nicht sichtbar ist - in nicht jedem Einzelfall den gewünschten Erfolg vollständig herbeiführt, ist unerheblich. Vielmehr ist es ausreichend, dass mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg der Spielsuchtprävention - wie hier - gefördert werden kann.

163

Die Regelung ist erforderlich. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit seiner Einschätzung, die nach § 3 Abs. 2 SpielV bisher vorgeschriebenen Abstände (mindestens 1 m), die Möglichkeit der Aufstellung in Zweiergruppen und die Sichtblenden seien zum Spielerschutz und zur Glückspielprävention nicht gleich wirksam und die Umgehung des Zwecks der Sichtblende solle durch die Anpassung von deren Tiefe verhindert werden (Bü-Drs. 20/5877, S. 28; vgl. auch Bü-Prot. 20/9, 20/14, Seite 24), seinen Beurteilungsspielraum überschritten hat.

164

Die Regelung des § 4 Abs. 4 Satz 3 HmbSpielhG ist auch angemessen und damit verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Einschränkungen der Spielhallenbetreiber stehen nicht außer Verhältnis zum erstrebten Ziel:

165

Nach dem oben dargelegten Maßstab sind die Anforderungen an die Aufstellung und Ausgestaltung der Geldspielgeräte angemessen. Das wegen der schweren Folgen der Spielsucht und des hohen Suchtpotenzials des gewerblichen Automatenspiels hohe Gewicht des Spielerschutzes und der Spielsuchtprävention überwiegt das Gewicht des wirtschaftlichen Interesses der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Einzelaufstellung und Anbringung der Sichtblenden verschont zu bleiben. Zwar ist davon auszugehen, dass die Spielhallenbetreiber in der überwiegenden Zahl der Fälle ihre Geldspielgeräte mit neuen Sichtblenden versehen müssen, da deren Tiefe sich nach der Regelung des § 3 Abs. 2 SpielV anders bemaß. Zudem werden einzelne Geräte erstmalig mit diesen Sichtblenden ausgestattet werden müssen, da sie früher in Zweiergruppen aufgestellt werden konnten. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die mit der gesetzlichen Verpflichtung einhergehende finanzielle Belastung, die die Klägerin für ihre Betriebe mit 17.000,-- Euro beziffert, die Spielhallenbetreiber unverhältnismäßig belastet, zumal es sich im Wesentlichen um einmalige Investitionen handelt (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, NordÖR 2015, 498, juris Rn. 94; in diesem Sinne auch VerfG Berlin, Beschl. v. 20.6.2014, 96/13, NVwZ-RR 2014, 825, juris Rn. 59). Zur Unverhältnismäßigkeit der einmaligen Belastung hat die Klägerin auch nichts Näheres vorgetragen.

166

Die Regelung zur Einzelaufstellung und Ausgestaltung der Geldspielgeräte ist auch angesichts der Verpflichtung, diese mit Inkrafttreten des Gesetzes am 19. Dezember 2012 zu befolgen, verhältnismäßig im engeren Sinne.

167

Durch die Wirksamkeit der Regelung mit dem Inkrafttreten des HmbSpielhG (§ 9 Abs. 6 Satz 1 HmbSpielhG) wird zeitnah ein besserer Schutz vor den durch Glücksspiel verursachten Gefahren erreicht, während andere Regelungen erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft treten oder wirksam werden. Dies ist im Vergleich zu einem vollständigen Verzicht auf eine zeitnahe Umsetzung des neuen Rechts effektiver (vgl. OVG Saarlouis, Beschl. v. 10.2.2014, 1 B 476/13, juris Rn. 36 f.).

168

Allerdings stellte die unmittelbare Wirksamkeit der Pflicht zur Einzelaufstellung und der Ausgestaltung der Spielgeräte auch für bereits bestehende Spielhallen möglicherweise eine sog. unechte Rückwirkung oder Rückanknüpfung dar, die den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes genügen muss (vgl. zu § 29 GlüStV bzw. vergleichbarer Landesregelung: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 178 ff., 188 f., 214; BVerwG, Urt. v. 16.12. 2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 63 ff.; BayVerfGH, Entsch. v. 28.6.2013, NVwZ 2014, 141, juris Rn. 93; StGH BaWü, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, NVwZ 2014, 1162 [LS], juris 441; VGH München, Beschl. v. 8.4.2014, 22 CS 14.224, juris Rn. 12; OVG Saarlouis, Beschl. v. 10.2.2014, 1 B 476/13, juris Rn. 57; OVG Lüneburg, Beschl. v. 7.1.2014, 7 ME 90/13, juris Rn. 36). Den Betreibern bestehender Spielhallen blieb ihre vor Inkrafttreten der Neuregelung erteilte gewerberechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO zwar uneingeschränkt bis zum 30. Juni 2017 erhalten. Sie konnten den bisherigen Betrieb fortzuführen, mussten aber zeitlich gestaffelt die z.T. neue Investitionen erfordernden Anforderungen des neuen Spielhallenrechts wie die Aufstellungs- und Gestaltungsanforderungen sowie die Sperrzeitregelungen erfüllen.

169

Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes vereinbar. Der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt nur, ob der Gesetzgeber bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe unter Berücksichtigung aller Umstände die Grenze der Zumutbarkeit überschritten hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.6.2010, 1 BvR 2011/07, 1 BvR 21 BvR 2959/07, BVerfGE 126, 112, juris Rn. 126; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, NordÖR 2014, 317 [LS], juris Rn. 23; OVG Saarlouis, Beschl. v. 14.3.2014, 1 B 102/14, juris Rn. 25).

170

Diese Grenze ist hier nicht überschritten. Wie bereits ausgeführt, dient das HmbSpielhG u.a. dem Ziel, alle Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen und dass der Spielerschutz verbessert wird (vgl. Bü-Drs. 20/5823, S. 23 ff.). Um den Zielen des Gesetzes während der Zeitdauer des Bestandsschutzes der Erlaubnisse nach § 33i GewO angemessen Rechnung zu tragen, bedurfte es aus Sicht des Gesetzgebers bereits zeitnah der schrittweisen Umsetzung der verschärften Anforderungen des HmbSpielhG an die Ausgestaltung und den Betrieb der Spielhallen. Dass die Einhaltung der Anforderungen des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG ohne Übergangsfrist verlangt wird, führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit. Die Einzelaufstellung in einem Abstand von 1,5 m ist in der Regel ohne weitere Investitionen möglich; solche fallen nur für die neuen Sichtblenden und ggf. ihre Installation an. Dass diese aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar sein könnten, ist nicht ersichtlich.

171

bb) Die Klägerin wird durch § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG nicht in ihren Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. 3 Abs. 1 GG verletzt.

172

Die Tatsache, dass § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG in der Spielbank Hamburg nicht gilt und es auch an einer auf Spielbanken anwendbaren vergleichbaren Regelung fehlt, begründet keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Dieser Unterschied ist aufgrund der für Spielhallen bzw. für Spielbanken geltenden, grundlegend verschiedenen, aber gleichermaßen an der Vermeidung von Glücksspielsucht orientierten Regelungskonzepte zur Sicherung des Spielerschutzes gerechtfertigt. Dahinstehen kann, wie oben ausgeführt, ob ungleiche Sachverhalte bereits deshalb vorliegen, weil die Spielbank Hamburg mit ihren vier über das Stadtgebiet verteilten Standorten ein deutlich schmaleres Angebot an Spielgelegenheiten vorhält, während Spielhallen und damit die einzelnen Geldspielgeräte örtlich leichter erreichbar und zugänglich sind. Jedenfalls besteht u.a. mit dem Sperrsystem ein dem Spielerschutz und der Gefahr der Glücksspielsucht effektiv Rechnung tragendes Instrument in Spielbanken (s.o.; vgl. dazu ausführlich OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/14, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 61 m.w.N.; vgl. VerfG Berlin, Beschl. v. 20.6.2014, 96/13, NVwZ-RR 2014, 825, juris Rn. 62).

173

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich auch nicht, soweit die Pflicht aus § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG für in Gaststätten aufgestellte Glücksspielgeräte nicht gilt. Wie oben ausgeführt, rechtfertigen sachliche Gründe die unterschiedliche Regelung.

174

b) Zur Vereinbarkeit des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG mit Art. 56 AEUV wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

175

3. Die Klägerin ist entgegen ihrem (Haupt-) Antrag nicht berechtigt, in ihren Spielhallen nur eine Sperrzeit von 5.00 Uhr bis 6.00 Uhr einzuhalten. Die Sperrzeitregelung des § 5 Abs. 1 HmbSpielhG findet auf die Betriebe der Klägerin Anwendung (a). Auch der Hilfsantrag hat keinen Erfolg (b).

176

Vor dem Inkrafttreten der Sperrzeitregelung in § 5 Abs. 1 und 3 HmbSpielG hatte § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung über die Sperrzeit im Gaststätten- und Vergnügungsgewerbe in der bis zum 19. Juli 2013 gültigen Fassung (SperrzeitVO v. 2.12.2003, HmbGVBl. S. 553, in Kraft getreten zum 1.1.2004) für Spielhallen eine Sperrzeit von 5.00 bis 6.00 Uhr bestimmt. Die Regelung wurde aufgehoben. Nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 HmbSpielhG beginnt die Sperrzeit für Spielhallen um 5.00 Uhr und endet um 12.00 Uhr. Eine Ausnahme eröffnet lediglich § 5 Abs. 3 HmbSpielhG für Spielhallen, die in dem Bereich des Vergnügungsviertels „Reeperbahn“ nach § 1 Nr. 1 der WechsellichtVO liegen (Sperrzeit von 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr). Dazu gehören die Spielhallen der Klägerin nicht. Sie hat in ihren Betrieben die Sperrzeit von 5.00 Uhr bis 12.00 Uhr einzuhalten.

177

a) Die Klägerin wird durch die Ausdehnung der Sperrzeit für den Betrieb ihrer Spielhallen auf die Zeit von 5.00 Uhr bis 12.00 Uhr nach § 5 Abs. 1 HmbSpielhG nicht in geschützten Rechtspositionen verletzt.

178

aa) Eine Verletzung verfassungsrechtlich geschützter Rechtsgüter liegt nicht vor.

179

(1) Der Eingriff in die Berufsfreiheit der Klägerin aus Art. 12 GG ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

180

Die Sperrzeitregelung greift in das Grundrecht der Klägerin auf Berufsfreiheit ein. Eine Einschränkung der Berufswahlfreiheit ist nicht gegeben, weil die Klägerin durch die Neuregelung des Spielhallenrechts in Hamburg nicht gehindert ist, ihre Tätigkeit als Spielhallenbetreiberin aufzunehmen oder fortzuführen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 10.3.2014, 4 Bs 435/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 29 m.w.N.). Die Sperrzeitregelungen in § 5 HmbSpielhG betreffen die Maßgaben dieser Tätigkeit.

181

Der mit der beanstandeten Sperrzeitregelung verbundene Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

182

Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt (BVerfG, Beschl. v. 25.3.1992, 1 BvR 298/86, BVerfGE 86, 28, juris Rn. 46 ff.). Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Einschränkungen der Berufsfreiheit stehen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit.

183

(a) Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist formell verfassungsgemäß. Die hier streitgegenständlichen Regelungen sind nicht kompetenzwidrig zustande gekommen.

184

Der Landesgesetzgeber ist zum Erlass der von der Klägerin beanstandeten Sperrzeitregelungen in § 5 Abs. 1 und 3 HmbSpielhG zuständig, da es sich um Normen handelt, die im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zum Recht der Spielhallen zählen. Das Recht der Spielhallen erfasst jedenfalls den Regelungsgegenstand des § 33i GewO und damit die Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle. Mit diesem Betrieb ist die Regelung der Betriebszeit untrennbar verbunden (vgl. ausführl. OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, juris Rn. 34; vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 19, 33).

185

(b) Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist materiell verfassungsgemäß.

186

Er ist durch ein Gemeinwohlziel legitimiert.

187

Für die Beschränkung der Betriebszeiten von früher 23 Stunden (6 Uhr bis 5 Uhr) auf 17 bzw. 21 Stunden (von 12.00 Uhr bis 5.00 Uhr bzw. 9.00 Uhr bis 6.00 Uhr) sprechen vernünftige Gründe des Gemeinwohls. Sie soll u. a. das Entstehen von Glücksspielsucht verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung schaffen, durch ein begrenztes Glücksspielangebot den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen lenken, den Jugend- und Spielerschutz gewährleisten und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abwehren (§ 1 Satz 1 GlüStV). Nach den Vorgaben des § 26 Abs. 2 GlüStV wird das zeitliche Angebot der Spielhallen durch Sperrzeiten von mindestens drei Stunden begrenzt (vgl. auch Bü-Drs. 20/3734, S. 84 [zu § 26 Abs. 2 GlüStV]). Nach § 28 Satz 1 und 2 GlüStV können die Länder weitergehende Bestimmungen erlassen. Das HmbSpielhG, das den GlüStV in Bezug auf Spielhallen umsetzt bzw. konkretisiert, dient nach der Begründung des Gesetzentwurfs dem Ziel, Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen, dass das Angebot im Sinne der Bekämpfung der Spielsucht ausgestaltet ist, dass der Spielerschutz verbessert und der Jugendschutz eingehalten wird (vgl. BüDrs. 20/3228, S. 6, 7). Die mit dem GlüStV und den die Sperrzeiten bestimmenden Ausführungsgesetzen der Länder angestrebten Ziele sind solche des Gemeinwohls, die Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit in Bezug auf den Betrieb von Spielhallen rechtfertigen können (s. oben m.w.N.).

188

Die geltend gemachte Unverhältnismäßigkeit der die Berufsausübung regelnden Vorschrift lässt sich nicht feststellen. Die Beschränkung der Betriebszeit für Spielhallen in § 5 Abs. 1 HmbSpielhG ist zur Erreichung des Gemeinwohlziels geeignet, erforderlich und angemessen.

189

Dem Gesetzgeber kommt bei der Regelung der Berufsfreiheit eine weite Gestaltungsfreiheit zu. Auch in Bezug auf die Eignung und Erforderlichkeit des gewählten Mittels zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele verbleibt ihm ein weiter Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum, der erst dann überschritten ist, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen so fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für derartige Maßnahmen abgeben können.

190

Davon ist nach diesem verfassungsrechtlichen Maßstab nicht auszugehen. Die Sperrzeitregelung in § 5 HmbSpielhG ist, wie das Berufungsgericht bereits im Beschluss vom 4. März 2014 (4 Bs 328/13, a.a.O., juris Rn. 39 ff.) ausgeführt hat, ein geeignetes Mittel, um die Spielsucht einzudämmen und den Spielerschutz zu verbessern. Das Ziel, das Glücksspiel in Spielhallen zu reglementieren, wird durch die drei oder sieben Stunden langen Sperrzeiten konkretisiert. Bereits eine Sperrzeit von drei Stunden, aber umso mehr eine Sperrzeit von sieben Stunden ist zur Rechtfertigung des Gemeinwohlziels geeignet. Aus den Erwägungen des Gesetzgebers zu § 26 Abs. 2 GlüStV, solche Sperrzeiten (von mindestens drei Stunden) seien auch deshalb sinnvoll, weil viele pathologische Spieler über extrem lange Zeiträume in den Spielhallen verweilten und dieses dauerhafte Spielen mit einer allgemeinen Sperrzeit nachhaltig unterbrochen werden könne (vgl. Bü-Drs. 20/3734, S. 83, 84), ergibt sich seine Einschätzung, dass bereits eine Mindestsperrzeit von drei Stunden geeignet ist, den vorgenannten Zielen des GlüStV Rechnung zu tragen. Die gleichen Erwägungen sind für den Gesetzgeber nach der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 5 HmbSpielhG auch für die Regelung der Sperrzeiten von 5.00 Uhr bis 12.00 Uhr bzw. 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr bestimmend gewesen. In der Gesetzesbegründung ist ausgeführt, durch das zwangsweise Ende des Spiels um 5.00 Uhr bzw. 6.00 Uhr im Bereich der Reeperbahn und der Möglichkeit des Weiterspielens erst um 12.00 Uhr bzw. um 9.00 Uhr könne die Spielerin bzw. der Spieler, insbesondere die Vielspielerinnen und Vielspieler und die pathologischen Spielerinnen und Spieler einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen ziehen und die Möglichkeit zur Erholung nutzen (vgl. Bü-Drs. 20/3288, S. 11; 20/5877, S. 29).

191

Die zwangsweisen Ruhe- oder Unterbrechungszeiten, die den Anreiz zum Weiterspielen hemmen oder unterbrechen sollen, sind mindestens förderlich, um das Gemeinwohlziel, u.a. die Spielsuchtprävention, zu erreichen. Die Reduzierung der Öffnungszeiten von Spielhallen in einem städtischen Bereich auf 21 Stunden/Tag und im übrigen Stadtgebiet auf 17 Stunden/Tag ist geeignet, (potenzielle) Spieler davon abzuhalten, das Glücksspiel an Geldspielautomaten zeitlich uneingeschränkt zu beginnen oder fortzusetzen (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 69 m.w.N.; OVG Saarlouis, Urt. v. 5.7.2017, 1 A 51/15, juris Rn. 223 ff.). Zudem ist die Sperrzeitregelung auch geeignet, der Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen zu dienen, die anderenfalls auf dem Weg zur Schule negativen Vorbildern, nämlich Menschen, die schon in den frühen Morgenstunden Spielhallen aufsuchen, ausgesetzt wären (vgl. VGH München, Beschl. v. 7.5.2013, 10 NE 13.226, juris Rn. 26).

192

Die Einwände der Klägerin gegen die Geeignetheit des Gesetzes zur Spielsuchtprävention und zum Spielerschutz überzeugen nicht. Sie macht auch insoweit geltend, dass potenzielle Spieler u.a. bei einer Ausweitung der Sperrzeit für Spielhallen und der Verminderung des Geräteangebots auf alternative Angebote in Gaststätten, Wettbüros, Internet-Casinos, „Hinterzimmern“ oder unkontrollierten Spiele-Cafés auswichen. Aus diesem Vortrag ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber seinen Einschätzungsspielraum überschritten haben könnte (s.o.). Die Erwägungen und Einschätzungen des Gesetzgebers, durch die Verlängerung der Sperrzeiten auf mindestens drei Stunden werde die Möglichkeit zu spielen eingeschränkt bzw. längeres (dauerhaftes) Spielen unterbrochen, und dies diene der Eindämmung der Spielsucht, sind nicht offensichtlich fehlsam. Eines messbaren Erfolgs bedarf es für die Geeignetheit einer gesetzlichen Maßnahme nicht. An der Geeignetheit der Sperrzeitregelungen zur Eindämmung der Spielsucht durch Verknappung des Angebots ändert es nichts, wenn insbesondere gefährdete und pathologische Spieler zur Befriedigung ihrer Sucht als Reaktion auf die zeitweise Schließung der Spielhallen andere Möglichkeiten (möglicherweise auch in einem benachbarten Bundesland) zum - auch illegalen – Glücksspiel suchen oder ihr Spielverhalten anpassen (vgl. dazu auch BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, a.a.O., juris Rn. 114). Nicht nur gefährdete und pathologische Spieler, sondern auch potenzielle (Erst-) Spieler sollen davon abgehalten werden, das Glücksspiel in Spielhallen überhaupt erst jederzeit beginnen und gegebenenfalls kaum unterbrechen zu müssen. Eine zeitweise Schließung der Spielhallen ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen (vgl. bereits OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 41).

193

Im Übrigen würden illegale Spiele-Cafés denselben rechtlichen Vorschriften wie Spielhallen unterliegen, sofern sie die Voraussetzungen eines Unternehmens nach § 1 Abs. 2 HmbSpielhG erfüllen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 81). Dass solche illegalen Glücksspielangebote von der Beklagten geduldet werden, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht vorgetragen.

194

Der Grundrechtseingriff ist auch erforderlich, weil derselbe Zweck nicht durch ein Mittel erreicht werden kann, das den Spielhallenbetreiber als Grundrechtsträger weniger beein-trächtigt. Der Gesetzgeber verfügt bei der Einschätzung der Erforderlichkeit ebenfalls über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum. Für eine Überschreitung dieses Spielraums ist nichts ersichtlich. Hier hat der Gesetzgeber angenommen, dass über die nach § 26 Abs. 2 GlüStV mindestens einzuhaltende Sperrzeit von drei Stunden für fast das gesamte Stadtgebiet nach § 28 Abs. 1 Satz 2 GlüStV weitere vier Stunden notwendig sind, um Spieler zu einer nachhaltigen Spielunterbrechung anzuhalten. Dass hier nach den dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und Erfahrungen alternative Beschränkungen die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen aber weniger belasten (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, a.a.O., juris Rn. 116), ist nicht ersichtlich. Die bisherigen Regelungen insbesondere der SpielV haben eine erhebliche Zunahme des Automatenspiels nicht verhindern können. Der Hinweis der Klägerin auf die in § 26 Abs. 2 GlüStV bestimmte Sperrzeit von mindestens drei Stunden lässt nicht den Schluss zu, der Gesetzgeber habe als milderes Mittel nur eine Sperrzeit von dieser Länge für erforderlich halten dürfen, weil sie gleich wirksam ist wie eine mehr als doppelt so lange Sperrzeit.

195

Die angegriffene Regelung des § 5 HmbSpielhG ist angemessen und damit verhältnismäßig im engeren Sinne.

196

Trifft der Gesetzgeber Regelungen, die in die Freiheit der Berufsausübung eingreifen, so muss bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt sein (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 117).

197

Nach diesem Maßstab ist im Hinblick auf die vom Gesetzgeber verfolgten Ziele die Be-schränkung der Betriebszeiten der Spielhallenbetreiber für die Dauer von drei bzw. sieben Stunden angemessen. Anhaltspunkte für eine systematische Existenzgefährdung oder -vernichtung von Spielhallenbetrieben durch die Berufsausübungsregelung sind – wie oben bereits ausgeführt - nicht ersichtlich. Die Klägerin hat im Übrigen zwar geltend gemacht, sie habe seit Juni 2013 massive Umsatzeinbußen hinnehmen müssen und ihr drohe der Verlust der Existenz, weil ihre Spielhallen am Vormittag sehr gut besucht seien. Konkrete auf dem Inkrafttreten der Sperrzeitregelung nach § 5 Abs. 1 HmbSpielhG beruhende Gewinneinbußen hat sie aber nicht dargelegt. Wie oben ausgeführt, handelt es sich u.a. bei der Bekämpfung der Spielsucht und bei der Spielsuchtprävention mindestens um vernünftige Gemeinwohlbelange. Angesichts der erheblichen gesellschaftlichen und persönlichen Folgen der Spielsucht (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 320, juris Rn. 99) ist das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel als besonders schutzwürdig anzusehen und rechtfertigt insoweit die Einschränkung der wirtschaftlichen Interessen des Spielhallenbetreibers.

198

Der nicht näher konkretisierte Einwand der Klägerin, in Folge der durch das HmbSpielhG geänderten Sperrzeiten sei generell vermehrt mit Einbrüchen und Überfällen zu rechnen, vermag die fehlende Angemessenheit der Einschränkung der Berufsausübung nicht zu begründen. Sie macht geltend, es habe in der Vergangenheit vor Einführung der „Putzstunde“ zwischen 5.00 Uhr und 6.00 Uhr Einbrüche und Überfälle auf Spielhallen gegeben. Diese Vortrag lässt ohne nähere Begründung nicht den Schluss zu, wegen der siebenstündigen Sperrzeit sei dies generell nun wieder oder öfter zu erwarten, weil die Mitarbeiter - anders als bei einer einstündigen Sperrzeit - nicht in der Spielhalle blieben und diese während der Sperrzeit von außen verschlossen werde. Auch legt die Klägerin nicht dar, aus welchen Gründen der Gefahr von Überfällen und Einbrüchen nicht durch Tresore oder durch andere finanziell vertretbare personelle oder technische Sicherungsmöglichkeiten vorgebeugt werden kann.

199

Die von der Klägerin hier angegriffenen Regelungen des HmbSpielhG greifen bei einer Gesamtbetrachtung (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 27.3.2012, 2 BvR 2258/09, BVerfGE 130, 372, juris Rn. 59) auch kumulativ nicht unverhältnismäßig in ihre Berufsfreiheit ein. Bloße Vermutungen reichen zur Annahme eines durch Kumulation verschiedener Maßnahmen unverhältnismäßigen "additiven" Grundrechtseingriffs, den die Klägerin hier geltend macht, nicht aus (vgl. zur Gesamtheit der Berliner Regelungen: BVerfG, Beschl. v. 3.4.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 156 ff.; zum additiven Grundrechtseingriff: Beschl. v. 13.9.2005, 2 BvF 2/03, BVerfGE 114, 196, juris Rn. 236 f.; zum Berliner SpielhG: BVerwG Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 50, 71). Dass die hier streitigen Regelungen selbst bei Berücksichtigung der Höhe der Vergnügungsteuer und bauplanungsrechtlicher Einschränkungen zu einer wirtschaftlichen „Erdrosselung“ der Spielhallenunternehmen (oder von solchen mit Einzelkonzession oder von kleinen Betrieben) führen und dass Spielhallen in den weniger attraktiven Außenbereichen der Stadt zudem nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten, hat die Klägerin nicht vorgetragen und solches ist auch vor dem Hintergrund des von ihr vorgelegten „Vorjahresvergleichs“ nicht ersichtlich (s.o.). Im Übrigen wiegt der Hauptzweck der Bekämpfung und Verhinderung der Glücksspielsucht besonders schwer, da es sich um die Bekämpfung eines besonders wichtigen Gemeinschaftsziels handelt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass auch die mit der Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte und der Öffnungszeiten von Spielhallen einhergehende Angebotsreduzierung einen gewichtigen Beitrag zur Erreichung der verfolgten Ziele, u.a. der Vorbeugung von Spielsucht in einem möglichst frühen Stadium, leisten wird. Daher ist auch eine deutliche Begrenzung der Einnahmemöglichkeiten durch den Betrieb von Spielhallen zugunsten der konsequenten Verfolgung des überragend wichtigen Gemeinwohlziels der Suchtprävention und -bekämpfung hinzunehmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 159).

200

Die Regelung ist auch, soweit sie die Umsetzung sechs Monate nach Inkrafttreten des HmbSpielhG verlangt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 HmbSpielhG), mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Insoweit ist auf die obigen Erwägungen zum Vertrauensschutz zu verweisen.

201

(2) Ungeachtet der Anforderungen, die sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergeben, können Berufsausübungsregelungen nur dann Bestand haben, wenn sie auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsgemäß sind und insbesondere den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten.

202

Daran gemessen ist die Regelung der unterschiedlichen Sperr- bzw. Öffnungszeiten für Spielhallen und Spielbanken (a) sowie bezogen auf Gaststätten (b) nicht verfassungswidrig.

203

(a) Die unterschiedlichen gesetzlich erlaubten Öffnungszeiten von Spielhallen und Spielbanken führen nicht zu einer „wirtschaftlichen Wettbewerbsverzerrung“ und insoweit nicht zu einem Verstoß gegen die durch Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG geschützte gleichberechtigte Teilhabe am Wettbewerb. Die unterschiedliche Sperrzeitregelung für Spielhallen in § 5 Abs. 1 HmbSpielhG und für Spielbanken nach der HmbSpielO begründet keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung im Sinne einer „Wettbewerbsverzerrung“ zu Lasten der Spielhallenbetreiber. Art. 3 Abs. 1 GG verlangt nicht die vollständige Anpassung der für Spielhallen geltenden Betriebszeiten an die der Spielbanken.

204

Der Spielbank Hamburg mit ihren Dependancen ist nach § 10 Abs. 2 und 3 HmbSpielO die Möglichkeit eingeräumt, wie folgt zu öffnen:

205

Hauptsitz Esplanade:

        

12.00 bis 5.00 Uhr

Dependance Steindamm:

        

 8.00 bis 2.00 Uhr

Dependance Reeperbahn:

        

 8.00 bis 6.00 Uhr

Dependance Mundsburg-Center:

        

10.00 bis 1.00 Uhr

206

Eine Ungleichbehandlung besteht nicht, soweit die Sperrzeiten für Spielhallen nach § 5 Abs. 1 HmbSpielhG im Stadtgebiet den nach der HmbSpielO möglichen Öffnungszeiten der Spielbank Esplanade, die ebenfalls von 12.00 Uhr bis 05.00 Uhr öffnen darf, entsprechen. Die Betriebszeiten des zentralen Spielbank-Hauptstandorts mit den meisten Geld-spielautomaten (136 Geräte; vgl. Bü-Drs. 20/10218, S. 1) führen daher nicht zu einer „Wettbewerbsverzerrung“ zu Lasten der Spielhallenbetreiber im gesamten Stadtgebiet und begründen keinen Wettbewerbsvorteil für Spielbanken.

207

Die unterschiedliche gesetzliche Regelung der Sperrzeiten der Spielbanken-Depen-dancen im Verhältnis zu den in den dortigen Stadtvierteln befindlichen Spielhallen sowie die bezogen auf zwei Spielbank-Standorte etwas kürzeren Sperrzeiten (zwei bzw. sechs Stunden) sind durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Zum einen sind, wie oben bereits ausgeführt, der Angebotsumfang und die Erreichbarkeit von Spielbanken und Spielhallen unterschiedlich. Zum anderen bilden die verschiedenen Regelungen zum Spielerschutz in Spielbanken ein gleichwertiges Schutzniveau zur Spielsuchtbekämpfung (s.o.; vgl. zu den Regelungen; BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 174, 142; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 77; vgl. auch: BayVerfGH, Urt. v. 28.6.2013, 10-VII-12 u.a., NVwZ 2014, 141, juris Rn. 118 f.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 7.1.2014, 7 ME 90/13, juris Rn. 28 zum Abstandsgebot; KG Berlin, Beschl. v. 2.7.2013, 3 Ws 622/12 u.a., juris Rn. 9).

208

(b) Die Tatsache, dass auch in Gaststätten gegenwärtig noch bis zu drei Automatenspielgeräte aufgestellt werden dürfen und dass für diese weiterhin eine Sperrzeit nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SperrzeitVO von 5.00 Uhr bis 6.00 Uhr gilt, führt ebenfalls nicht zu einer Ungleichbehandlung. Die Unterschiede zwischen Gaststätten und Spielhallen rechtfertigen auch in Ansehung der Eindämmung der Spielsucht eine unterschiedliche Regelung der Sperrzeiten, weil, wie oben bereits ausgeführt, beide gewerberechtlichen Angebote Unterschiede aufweisen.

209

bb) Soweit die Klägerin auch insoweit einwendet, das HmbSpielhG verletze das europarechtliche Gebot der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV und sei zur Eindämmung der Spielsucht nicht geeignet, weil es tatsächlich nicht konsequent und folgerichtig am Ziel der Spielsuchtbekämpfung orientiert sei, sondern ausschließlich die gewerblichen Automatenspielbetriebe und nicht die Spielbanken reglementiere, und die wahre Absicht des Gesetzgebers sei es, die Spielbanken aus fiskalischen Gründen zu fördern, ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen (vgl. S. 27, 36, 42).

210

Eine Inkonsequenz und fehlende Kohärenz ist auch nicht festzustellen, soweit die Klägerin einwendet, die Hamburger Spielbank werbe großflächig auf Bussen des Hamburger Verkehrsverbunds. Sollte die Klägerin auch mit diesem Einwand begründen wollen, die Regelung des § 5 HmbSpielhG und andere das Automatenglücksspiel in Spielhallen beschränkende Regelungen seien tatsächlich nicht auf die Eindämmung der Spielsucht und Spielsuchtprävention gerichtet, sondern auf die Umlenkung des Spielerinteresses auf das Spiel in Spielbanken, überzeugt dies nicht. Auch die Hamburger Spielbank unterliegt, wie oben ausgeführt, gemäß § 2 Abs. 2 GlüStV der Regelung des § 5 GlüStV, wonach Art und Umfang der Werbung für öffentliches Glücksspiel an den Zielen des § 1 GlüStV auszurichten ist. Mit diesen Zielen unvereinbar ist eine Werbung, von der in auffälliger Weise ein Aufforderungs- und Anreizcharakter zum Spielen ausgeht (vgl. zu § 5 GlüStV a.F. BVerfG, Beschl. v. 14.10.2008, 1 BvR 928/08, juris Rn. 47; vgl. auch BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris 136; BVerwG, Urt. v. 20.6.2013, 8 C 17.12, juris Rn. 44 ff.; VG Berlin, Urt. v. 1.3.2013, 4 K 336.12, juris Rn. 183; Hecker/Ruttig, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 5 Rn. 39). Eine bloße Imagebewerbung, die nicht auffällig und im Alltag gegenwärtig ist, ist nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.3.2007, 1 BvR 2228/02, juris Rn. 63; vgl. zu den Grenzen: BVerwG, Urt. v. 20.6.2013, 8 C 17.12, juris Rn. 47 m.w.N.). Dass diese rechtlichen Grenzen tatsächlich nicht eingehalten werden, legt die Klägerin nicht konkret dar.

211

b) Auch der zulässige Hilfsantrag hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klägerin ist nicht berechtigt, in ihren Spielhallen nur eine Sperrzeit von 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr einzuhalten.

212

§ 5 Abs. 1 HmbSpielhG ist nicht wegen Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig, soweit nach § 5 Abs. 1 und 3 HmbSpielhG Spielhallenbetriebe in unterschiedlichen Bereichen des Stadtgebiets verschiedene Sperrzeiten einhalten müssen.

213

Das von der generellen Regelung einer Sperrzeit von sieben Stunden ausgenommene Gebiet, das durch die WechsellichtVO vom 28. April 1981 (Anlage 1 HmbGVBl. S. 91) räumlich bestimmt und begrenzt wird, bezieht sich im Wesentlichen auf Grundstücke an der Reeperbahn, begrenzte Teile der von ihr abgehenden Davidstraße, den Spielbuden-platz, auf Grundstücke am Hans-Albers-Platz, die Herbertstraße sowie auf Teile der eben-falls von der Reeperbahn abgehenden Straße Große Freiheit. Es weist in seinem Dienstleistungsangebot und hinsichtlich dessen Dichte gemessen an den Verhältnissen im sonstigen Stadtgebiet und in anderen bahnhofsnahen Bereichen derartige Unterschiede und Besonderheiten auf, dass der Gesetzgeber für die dort gelegenen Betriebe in § 5 Abs. 3 HmbSpielhG eine andere Regelung der Sperrzeiten treffen durfte.

214

Das Berufungsgericht hat bereits im Beschluss vom 4. März 2014 (4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris) ausgeführt, dass es für die Frage, ob nach dem oben dargestellten Maßstab eine Ungleichbehandlung von in verschiedenen Stadtteilen gelegenen Spielhallenbetrieben sachlich gerechtfertigt ist, nicht (allein) auf die Erwägungen des Gesetzgebers ankommt. Für die verfassungsrechtliche Prüfung ist nicht ausschlaggebend, ob die maßgeblichen Gründe für die gesetzliche Neuregelung im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich als solche genannt wurden oder gar den Gesetzesmaterialien zu entnehmen sind. Nicht die subjektive Willkür des Gesetzgebers führt zur Feststellung eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, sondern die objektive Unangemessenheit der Norm im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, die sie regeln soll (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.1.2012, 1 BvL 21/11, BVerfGE 130, 131, juris Rn. 47 m.w.N.). Nach diesem Maßstab bestehen sowohl nach der Einschätzung des Gesetzgebers als auch objektiv sachliche Gründe für eine unterschiedliche Regelung der Sperrzeiten.

215

Zur weiteren Begründung verweist das Berufungsgericht auf seine Erwägungen im Beschluss vom 4. März 2014 (4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 67 ff.), an denen es auch in diesem Berufungsverfahren festhält:

216

„Die vom Gesetzgeber zur Regelung der unterschiedlichen Sperrzeiten angestellten Erwägungen sind sachgerecht. Bei seiner Entscheidung, unterschiedliche Sperrzeitregelungen in Bezug auf bestimmte Stadtgebiete festzulegen, hat der Gesetzgeber entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht allein auf den Aspekt der Suchtprävention und den Spielerschutz abgestellt, sondern auf weitere Ziele des § 1 GlüStV.

217

Die Gesetzesbegründung zu § 5 HmbSpielhG nimmt auf § 2 Abs. 2 HmbSpielhG Bezug, soweit dort in Satz 3 für die im Bereich der WechsellichtVO vom 28. April 1981 gelegenen Betriebe eine diese begünstigende Sonderregelung (bezüglich des Abstandsgebots) getroffen worden ist. Aus der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 2 ergeben sich Erwägungen für eine unterschiedliche Behandlung der Spielhallenbetreiber in bestimmten räumlich begrenzten Bereichen der Stadt. In der Begründung des ersten Gesetzentwurfs (Bü-Drs. 20/3228, S. 9) ist zu § 2 Abs. 2 Satz 3 HmbSpielhG ausgeführt, diese Ausnahmen berücksichtigten die Metropolsituation Hamburgs. Um Hamburg als weltoffener Stadt gerecht zu werden, solle in den Amüsiervierteln der Stadt eine dichtere Spielhallenansiedlung möglich sein. Der spätere Gesetzesentwurf des HmbSpielhG, der Gegenstand der Zustimmung durch die Bürgerschaft war, führt aber weitere Gründe für eine Sonderregelung an: § 2 Abs. 2 Satz 3 berücksichtige die tatsächliche Konzentration der Nachfrage und des Angebots in speziellen „Amüsiervierteln“ der Stadt, wie ihr auch schon mit den speziellen baurechtlichen Nutzungsregelungen Rechnung getragen werde, und wirke damit auch dem Ausweichen auf illegale „Hinterzimmerangebote“ entgegen. Besucher suchten diese Gebiete, anders als ihre alltägliche Umgebung, gezielt auf und erwarteten ein enges und vielfältiges Unterhaltungs- und Amüsierangebot. Sie seien sich, wenn sie diese Viertel aufsuchten, in der Regel der Risiken der Amüsierbetriebe und der damit verbundenen finanziellen Gefahren bewusst. Zudem bestehe in diesen Gebieten ein durchgängiges Zutrittsverbot für Jugendliche in nahezu allen einschlägigen Etablissements (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 26). Diese Erwägungen gelten auch für die Regelung unterschiedlicher Sperrzeiten in § 5 Abs. 1 und 3 HmbSpielhG. Der Gesetzgeber hat durch die Bezugnahme auf das durch die WechsellichtVO begrenzte Gebiet zum Ausdruck gebracht, dass dort den Spielhallenbetrieb einschränkende Regelungen (wie die Abstandsregelung für Spielhallen und die Sperrzeit, § 2 Abs. 2 und § 5 HmbSpielhG) zwar der Eindämmung der Spielsucht und dem Spielerschutz dienen sollen, dass aber in Teilen des Vergnügungs-viertels „Reeperbahn“ Erleichterungen oder Ausnahmen wegen der hinsichtlich eines Amüsierviertels geltenden Besonderheiten zulässig, aber insbesondere wegen der Notwendigkeit eines kanalisierten legalen Glückspielangebots und zur Verhinderung illegalen Glücksspiels erforderlich sind. Im Unterschied zu § 2 Abs. 2 Satz 3 HmbSpielhG, der auf die Anlagen 1 (Reeperbahn u.a. / St. Pauli) und 2 (Steindamm zwischen Steintorplatz und Kreuzung Stralsunderstraße und Kreuzweg) der WechsellichtVO Bezug nimmt, hat der Gesetzgeber zudem bezüglich der Sperrzeitregelung die räumliche Reichweite der Ausnahme in § 5 Abs. 3 HmbSpielhG enger gefasst und auf das Gebiet der Anlage 1 der WechsellichtVO und damit ausschließlich auf die Reeperbahn und wenige angrenzende Straßenzüge begrenzt.

218

Diese vom Gesetzgeber angenommenen Gründe sind sachgerecht und rechtfertigen eine unterschiedliche Behandlung der in dem räumlich beschränkten „Amüsierviertel Reeperbahn“ liegenden Spielhallenbetriebe und derjenigen im übrigen Stadtgebiet. Der Gesetzgeber hat zu Recht angenommen, dass in dem als „Amüsierviertel“ weit über die Grenzen Hamburgs und Deutschlands hinaus bekannten Teil St. Paulis, der allein deshalb das Ziel zahlreicher Touristen ist, bereits in Bezug auf die Besucher und deren Erwartung und Nachfrage besondere Umstände gelten, die eine großzügigere Sperrzeitregelung rechtfertigen. In diesem Stadtviertel finden sich gehäuft Gaststätten, Restaurants, Bars, Clubs, Geschäfte und andere Betriebe des Unterhaltungsgewerbes, und hier geht ein Besucher von einem umfassenden, nicht an „normale Öffnungszeiten“ gebundenen Unterhaltungsangebot auch noch nach dem üblichen Schluss von Theater- und Showveranstaltungen aus. Das Angebot der „Reeperbahn“ und der angrenzenden Straßen richtet sich an auswärtige und einheimische Besucher, die in diesem Gebiet insbesondere wegen seines (weltweiten) Rufs als „Amüsierviertel“ im Unterschied zum sonstigen Stadtgebiet und auch zum bahnhofsnahen Stadtviertel am Steindamm ein zeitlich nicht oder kaum eingeschränktes vielfältiges Unterhaltungs- und Dienstleistungsangebot für Erwachsene erwarten. Diese Besucher und auch solche, die aus dem Umland Hamburgs oder aus entfernter liegenden Stadtvierteln kommen, sind in der Regel nicht durch reguläre Arbeitszeiten gebunden und/oder halten sich oft mehrere Tage in der Stadt auf.

219

Auch die Annahme des Gesetzgebers, Besucher suchten diese Stadtgebiete im Unterschied zu ihrer alltäglichen Umgebung gezielt auf und seien sich in der Regel dabei der Risiken der Amüsierbetriebe und der damit verbundenen finanziellen Gefahren bewusst (Bü-Drs. 20/5877, S. 26), rechtfertigt ein längeres Angebot an Unterhaltung in Spielhallen in diesem Gebiet. Zwar bringt die Antragstellerin dagegen vor, gerade das Vergnügungsviertel „Reeperbahn“ wirke wegen der Einbettung in eine von Alkohol und Sex geprägte Umgebung enthemmend und begünstige pathologisches Spielverhalten. Soweit der Gesetzgeber in diesen Gebieten von einem weniger großen Schutzbedarf der Spieler ausgeht, hält sich diese Wertung aber im Rahmen seines Einschätzungsspielraums (vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., juris Rn. 159). Während die Spielhallen im Wohngebiet, in der Nähe des Arbeitsplatzes oder anderer Freizeitgestaltung eines Spielers in der Regel mit dessen Lebensumfeld verbunden und schnell erreichbar sind, stellt das gezielte (Auf-) Suchen von Unterhaltung in einem Vergnügungsviertel wie der „Reeperbahn“ ein anderes Verhaltensmuster dar, das das Vorverständnis des Besuchers von dem u.a. mit Glücksspiel verbundenen Risiko prägt. Dass dennoch einzelne Besucher den „Versuchungen“ eines Vergnügungsviertels erliegen und deshalb ein unkontrolliertes Spielverhalten entwickeln, stellt die grundsätzliche Annahme nicht in Frage.

220

Der Gesetzgeber hat zudem, ohne dass dies zu beanstanden wäre, bei der Sperrzeitregelung von 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr nicht nur den Spielerschutz und die Eindämmung der Spielsucht bei der Bestimmung der unterschiedlichen Sperrzeitregelungen im Blick gehabt, sondern es für notwendig gehalten, in dem „Amüsierviertel Reeperbahn“ ein gegenüber dem restlichen Stadtgebiet zeitlich weitergehendes, aber räumlich begrenztes verdichtetes Angebot des öffentlichen legalen Automatenglücksspiels zur Kanalisierung der Spielleidenschaft vorzusehen und hat damit einem anderen maßgeblichen Ziel des GlüStV Rechnung getragen. Nach § 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV entspricht es dem gesetzgeberischen Interesse, den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung durch ein begrenztes, eine geeignete Alternative zum nicht erlaubten Glücksspiel darstellendes Glücksspielangebot in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken sowie der Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten entgegenzuwirken. Örtlich und zeitlich beschränkte Regelungen u.a. zu Gunsten der im Vergnügungsviertel „Reeperbahn“ gelegenen Betriebe sollen diesen Zwecken in Abwägung mit dem Ziel der Eindämmung der Spielsucht und der Verknappung des Angebots Rechnung tragen. Die Annahme des Gesetzgebers, ein sowohl zahlenmäßig als auch zeitlich erweitertes Angebot an Spielhallen berücksichtige die tatsächliche Konzentration der Nachfrage und des Angebots in diesem Gebiet und wirke dem Ausweichen in illegale „Hinterzimmerangebote“ entgegen, ist nicht zu beanstanden und rechtfertigt eine Differenzierung. Die Gefahr eines „illegalen Glücksspielmarktes“ ist in traditionellen Vergnügungsvierteln wie der „Reeperbahn“, in denen die Möglichkeiten legaler und illegaler Geschäftstätigkeiten oft auch räumlich nah beieinander liegen, auch im Fall einer verstärkten Kontrolle und Überwachung durch Polizei- und Ordnungsbehörden jedenfalls gegenüber dem übrigen Stadtgebiet erhöht.

221

Zwar weist die Antragstellerin sinngemäß darauf hin, dass Touristen oder diejenigen Spieler, die im Umfeld der durch die Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 3 HmbSpielhG begünstigten Spielstätten im Bereich der Reeperbahn oder der Nebenstraßen wohnen, vor den Nachteilen und Gefahren des Glücksspiels in Spielhallen nicht in gleicher Weise geschützt sind wie Spieler im übrigen Stadtgebiet, die die ab 5.00 Uhr geschlossenen Spielhallen erst ab 12.00 Uhr wieder besuchen können. Diese Tatsache stellt aber die Rechtfertigung einer unterschiedlichen Sperrzeitregelung für die in einem räumlich eng begrenzten Gebiet vorhandenen Spielhallen nicht in Frage. Die Möglichkeit, dass Besucher oder im Amüsierviertel oder auch in anderen Gebieten St. Paulis lebende Spieler wegen der räumlichen Nähe die im Vergnügungsviertel gelegenen Spielhallen mit für sie günstigeren Öffnungszeiten ohne größeren zeitlichen Aufwand besuchen können, ist ein zwangsläufiger Effekt einer ortsbezogenen Regelung. Allerdings betrifft diese Ausnahmeregelung in § 5 Abs. 3 HmbSpielhG nur einen kleinen Bereich des Stadtteils St. Pauli und zudem nur eine vergleichsweise kleine Gruppe von möglichen Spielern im Verhältnis zum übrigen Stadtgebiet. Der in anderen Stadtteilen und auch im übrigen Bereich des Stadtteils St. Pauli für die Dauer von sieben Stunden in stärkerem Maße gewährleistete Schutz vor den Gefahren der Spielsucht muss für diese (potenziellen) Spieler hier zeitweise zur Erreichung des im Vergnügungsviertel ebenfalls verfolgten Ziels, legales öffentliches Automatenglückspiel zur Verhinderung eines Glücksspielschwarzmarktes an 21 Stunden täglich anzubieten, zurücktreten. Diese zur Erreichung mehrerer Ziele des GlüStV notwendige Abwägung begegnet keinen Bedenken.“

222

4. Die von der Klägerin beanstandeten Regelungen sind auch nicht wegen Verstoßes gegen die Notifizierungspflicht unanwendbar.

223

§ 4 Abs. 3 Satz 1 und 3 und § 5 Abs. 1 HmbSpielhG sind nicht wegen eines Verstoßes gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht der Richtlinie 98/34/EG vom 22. Juni 1998 (ABl. L 204 S. 37, in der Fassung der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des HmbSpielhG gegebenen Änderungen durch die Richtlinie 98/48/EG vom 20.07.1998, ABl. L 217 S. 18 und die Richtlinie 2006/96/EG vom 20.11.2006, ABl. L 363 S. 81) unanwendbar.

224

Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 98/34/EG müssen die Mitgliedstaaten der Kommission den Entwurf einer technischen Vorschrift übermitteln und die Kommission über die Gründe der Festlegung der technischen Vorschrift unterrichten. Der Entwurf darf nach Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 98/34/EG nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung bei der Kommission angenommen werden. Ein Verstoß gegen die Notifizierungspflicht führt zur Unanwendbarkeit der jeweiligen technischen Vorschrift (vgl. zuletzt EuGH, Urt. v. 4.2.2016, C-336/14, NVwZ 2016, 369). Der Entwurf des HmbSpielhG ist der Kommission nicht übermittelt worden.

225

Die hier angegriffenen Vorschriften des Gesetzes unterlagen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 87 ff.), der das Berufungsgericht folgt, nicht der Informationspflicht aus Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/34/EG, da sie keine „technischen Vorschriften“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 1 der Richtlinie darstellen. Sie wären unter den vier Kategorien von Maßnahmen, die der Begriff „technische Vorschrift“ umfasst (vgl. zuletzt EuGH, Urt. v. 13.10.2016, C-303/15, ZfWG 2016, 430, juris Rn. 18 m.w.N.), allenfalls den „sonstigen Vorschriften“ im Sinne von Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG zuzuordnen. Der Europäische Gerichtshof sieht nationale Vorschriften, die bestimmte Verwendungsmöglichkeiten eines Erzeugnisses nach seinem Inverkehrbringen einschränken, nur dann als notifizierungspflichtige „sonstige Vorschriften“ nach Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG an, wenn sie auf das Erzeugnis selbst bezogen sind und dessen Zusammensetzung, Art oder Vermarktung wesentlich beeinflussen können (EuGH, Urt. v. 19.7.2012, C-213/11 u.a., NVwZ-RR 2012, 717, juris Rn. 27 ff., 35; Urt. v. 13.10.2016, C-303/15, juris Rn. 20 ff., 29). Ob die Größe des Marktes für das Erzeugnis durch diesem nicht selbst anhaftende Anforderungen beeinflusst wird, ist dagegen für die Notifizierungspflicht unerheblich (vgl. EuGH, Urt. v. 21.4.2005, C-267/03, Rn. 95). Die Verwendungsbeschränkung muss sich demnach auf jedes Exemplar des betreffenden Erzeugnisses beziehen und ihm dadurch kraft seiner Beschaffenheit im weiteren Lebenszyklus anhaften. Dies wird auch daran deutlich, dass eine nationale Verwendungsbeschränkung nur dann als „sonstige Vorschrift“ mitteilungspflichtig ist, wenn sie die Nutzungskanäle für das betreffende Erzeugnis verringert (vgl. EuGH, Urt. v. 11.6.2015, C-98/14, ZfWG 2015, 336, juris Rn. 99; Urt. v. 13.10.2016, C-303/15, a.a.O., juris Rn. 26). Das ist dann der Fall, wenn in einem bestimmten Nutzungskanal kein Exemplar des betreffenden Erzeugnisses mehr verwendet werden darf (vgl. zum Verbot der Verwendung von Spielautomaten außerhalb von Spielcasinos: EuGH, Urt. v. 11.6.2015, C-98/14, ZfWG 2015, 336, Rn. 99).

226

Eine geplante nationale Regelung ist dagegen nicht nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie mitteilungspflichtig, wenn sie den potenziellen Einsatzbereich eines Erzeugnisses lediglich bestimmten Bedingungen unterwirft und ihn damit in einer Weise beschränkt, die nicht für jedes einzelne Exemplar zum Tragen kommt. Die Verringerung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen oder sonstige der hier streitgegenständlichen Anforderungen an die Aufstellung der Geräte sowie an den Betrieb von Spielhallen haften nicht dem Erzeugnis der Spielautomaten als solches an und verringern nicht ihre Nutzungskanäle. Sie führen vielmehr u.a. zu einer verringerten Dichte an Geldspielgeräten innerhalb dieser Spielstätten und verringern die Größe des Marktes für Spielautomaten und möglicherweise auch deren Wert. Dies ist für die Frage der Notifizierungspflicht irrelevant (EuGH, Urt. v. 21.4.2005, C-267/03, Rn. 95). Auch nach vollständiger Umsetzung der angegriffenen Regelungen bleibt die Verwendung von Spielgeräten in Spielhallen zulässig, selbst wenn einige Betreiber zur Wahl eines anderen Standortes veranlasst werden und in einer Spielhalle nur eine geringere Zahl von Geräten aufgestellt werden darf (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 86 ff.; vgl. zu § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG: OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, NordÖR 2015, 489, juris Rn. 104; vgl. OVG Saarlouis, Urt. v. 5.7.2017, 1 A 51/15, juris Rn. 159 ff., 169 ff.).

227

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 13. März 2015 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt im Eilverfahren die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihr vorläufig zwei Spielhallenerlaubnisse zu erteilen.

2

Die Antragstellerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betreibt zwei Spielhallen in der L.-Straße X in Hamburg. Ursprünglich hatte sie dort eine im Jahr 2007 übernommene Spielhalle mit einer Grundfläche von 153,78 m² betrieben. Hierfür hatte ihr die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 17. August 2007 eine unbefristete Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt. Nach Durchführung von Um- und Ausbaumaßnahmen beantragte die Antragstellerin unter dem 23. September 2011 jeweils eine Erlaubnis nach § 33i GewO für den Betrieb zweier Spielhallen im gleichen Gebäude, nämlich einer 144,61 m² großen Spielhalle (Halle 1) und einer 72,30 m² großen Spielhalle (Halle 2). Die dafür erforderliche Baugenehmigung war der Antragstellerin am 7. Januar 2010 erteilt worden. Mit zwei Bescheiden vom 1. November 2011 erteilte die Antragsgegnerin jeweils eine Erlaubnis gemäß § 33i GewO. Die die Halle 1 betreffende Erlaubnis ersetzte die Antragsgegnerin später durch eine Erlaubnis vom 7. Februar 2012.

3

Mit ihrem im Juni 2013 anhängig gemachten Eilantrag begehrte die Antragstellerin die vorläufige Feststellung, dass die beiden Spielhallen einstweilen als mit §§ 24, 25 des Glücksspielstaatsvertrags (Art. 1 des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland; durch Art. 1 § 2 des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Glücksspielwesens vom 29.6.2012, HmbGVBl. 2012, S 235, mit Gesetzeskraft veröffentlicht; im Folgenden: GlüStV) vereinbar gelten und keiner glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Hamburg (Hamburgisches Spielhallengesetz – HmbSpielhG – vom 4.12.2012, HmbGVBl. 2012, S. 505) bedürfen. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag mit Beschluss vom 10. September 2013 ab. Die Beschwerde der Antragstellerin hatte keinen Erfolg (OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, juris).

4

Im April bzw. Juni 2014 beantragte die Antragstellerin die Erteilung einer Erlaubnis nach § 24 GlüStV und § 2 HmbSpielhG für den Betrieb ihrer Spielhallen; ggf. sei sie nach § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG zu befreien. Die Antragsgegnerin vermaß daraufhin den Abstand zwischen den Spielhallen der Antragstellerin und dem nächsten Spielhallenstandort in der L.-Straße Y (2 Spielhallen). Der Fußweg beträgt 449,74 m. Mit Verfügung vom 31. Juli 2014 lehnte die Beklagte die Anträge der Antragstellerin ab.

5

Gegen die Bescheide legte die Antragstellerin Widerspruch ein. Am 13. Februar 2015 erhob sie Untätigkeitsklage mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide die beantragten Spielhallenerlaubnisse zu erteilen, hilfsweise sie unter Beachtung des Gerichts neu zu bescheiden (2 K 817/15). Mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Über die Klage ist noch nicht entschieden worden.

6

Bereits im Februar 2015 hat die Antragstellerin beantragt, die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihr bis zum Abschluss des Hauptverfahrens zwei vorläufige Spielhallenerlaubnisse zu erteilen, und hat u.a. geltend gemacht, sie habe nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts im Juni 2014 die Spielhallen geschlossen. Da sie den Mietvertrag bis zum Jahr 2017 abgeschlossen habe, müsse sie monatliche Mietzahlungen in Höhe von 6.500 Euro aufbringen. Die Investitionen in den Ausbau von ca. 350.000 Euro, die sie im Vertrauen auf die alte Rechtslage gemacht habe, hätten sich bisher nicht amortisiert.

7

Mit Beschluss vom 13. März 2015 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Antragstellerin bedürfe seit dem 1. Juli 2013 einer Erlaubnis nach § 24 GlüStV bzw. § 2 Abs. 1 HmbSpielhG. Ein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HmbSpielhG bestehe nicht. Der Erlaubnis stehe jedenfalls nach § 2 Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielhG das Gebot des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG entgegen. Die nächste Spielhalle sei ca. 449 m entfernt und eine Ausnahme von dem Abstandsgebot sei sowohl im Hinblick auf den Umfang der Unterschreitung um 50m als auch bezogen auf die geographischen Gegebenheiten nicht anzunehmen. Die Antragstellerin habe auch keinen Anspruch auf eine Befreiung nach § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielhG von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielhG. Es fehle bereits an dem Tatbestandsmerkmal einer „unbilligen Härte“. Notwendig seien im Einzelfall besondere Umstände, die die Pflicht zur Einhaltung der Regelungen des HmbSpielhG schlechterdings unerträglich erscheinen ließen. Gesichtspunkte wie die Fortführung der bereits seit dem Jahr 2007 betriebenen Spielhalle an diesem Standort und der Zeitpunkt der Antragstellung im September 2011 sowie die getätigten Investitionen stellten keine unvermeidbare Härte dar. Die Versagung der Erlaubnisse führe hier auch nicht zur Existenzvernichtung, da die Antragstellerin an zahlreichen Standorten Spielhallen betreibe.

II.

A

8

Die Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

9

Mit ihrer Beschwerdebegründung, auf die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO abzustellen ist, hat die Antragstellerin die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ernsthaft in Zweifel gezogen. Sie hat eingewandt, § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG sei als Erlaubnisvoraussetzung nicht anwendbar, weil es an der Gesetzgebungszuständigkeit der Antragsgegnerin fehle und darüber hinaus das Verbot der Mehrfachkonzession und die Abstandsregelung materiell verfassungswidrig seien. Zudem setze § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielhG nicht den drohenden wirtschaftlichen Ruin voraus. Mit diesem Vortrag hat die Antragstellerin u.a. die Wertung des Verwaltungsgerichts, von der Verfassungskonformität des § 2 HmbSpielhG sei auszugehen und eine unbillige Härte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielhG verlange eine drohende Existenzvernichtung, mit beachtlichen Argumenten ernstlich in Zweifel gezogen.

10

Die hiernach grundsätzlich zulässige vollständige Überprüfung der Sach- und Rechtslage durch das Beschwerdegericht führt im Ergebnis zu keiner Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zwei vorläufige Spielhallenerlaubnisse zu erteilen, abgelehnt.

11

Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nach § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 920 ZPO nicht glaubhaft gemacht. Sie hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie einen Anspruch auf die vorläufige Erteilung der begehrten Erlaubnisse nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG zum Betrieb ihrer Spielhallen am Standort L.-Straße X in Hamburg hat. Es fehlt an den Erteilungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 4 und 6 HmbSpielhG (1). Der Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf Befreiung von diesen Anforderungen nach § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG (2).

12

1. Nach § 2 Abs. 5 Nr. 4 bzw. Nr. 6 HmbSpielhG ist die Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG insbesondere u.a. dann zu versagen, wenn der Abstand zu weiteren Unternehmen gemäß Abs. 2 Satz 2 von 500 m unterschritten wird oder wenn das Unternehmen nach § 1 Abs. 2 in einem baulichen Verbund, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex, mit einem oder mehreren Unternehmen steht. Diese in § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG geregelten Anforderungen an das Mindestabstandsgebot und das Verbot der Mehrfachkonzession sind anzuwenden (a). Die Voraussetzungen, unter denen nach den genannten Regelungen die Erlaubnis zu versagen ist, liegen vor (b).

13

a) Die Antragstellerin wird durch die Regelungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG voraussichtlich nicht in ihrem Recht auf freie Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt.

14

Bei der Bestimmung zum Mindestabstand und bei dem Verbot der Mehrfachkonzession zwischen Spielhallen handelt es sich um Eingriffe in eine Berufsausübungsfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG. Denn derjenige, der eine Spielhalle betreiben will, bedarf der Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielHG und dessen Unternehmen muss (ggf. nach Ablauf einer in § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielG geregelten Übergangsfrist) u.a. die Anforderungen des § 2 Abs. 2 HmbSpielG erfüllen. Die Regelung stellt keinen Eingriff in die Berufswahlfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG dar, weil die Betroffenen durch die hier relevanten Regelungen des HmbSpielhG weder an der Berufswahl noch daran gehindert sind, jederzeit an einem geeigneten Ort eine neue Spielhalle zu eröffnen (vgl. zum Maßstab: OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 29 m.w.N.).

15

Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt (BVerfG, Beschl. v. 25.3.1992, 1 BvR 298/86, BVerfGE 86, 28, juris Rn. 46 ff.). Sie müssen zudem auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.12.1999, 1 BvR 1904/95 u.a., BVerfGE 101, 331, juris Rn. 70). Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Einschränkungen der Berufsfreiheit stehen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Daher müssen die Eingriffe zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet sein und dürfen nicht weiter gehen, als es die Gemeinwohlbelange erfordern (vgl. BVerfG Beschl. v. 16.1.2002, 1 BvR 1236/99, BVerfGE 104, 357, juris Rn. 34). Die Eingriffsmittel dürfen zudem nicht übermäßig belastend sein, so dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. BVerfG, Urt. v, 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 95 m.w.N.).

16

aa) Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, 70 GG formell verfassungsgemäß. Die hier streitgegenständlichen Regelungen sind nicht kompetenzwidrig zustande gekommen. Die Antragsgegnerin war für den Erlass der Regelung nach Art. 70 Abs. 1 GG zuständig.

17

Das Recht der Spielhallen fällt in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder (Art. 70 Abs. 1 GG). Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung u.a. auf das Recht der Wirtschaft ohne das Recht der Spielhallen. Die Frage, ob zu dem in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder fallenden „Recht der Spielhallen“ nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG auch Regelungen zum Mindestabstandsgebot und zum Verbot der Mehrfachkonzession zählen, oder ob für diese im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit für das „Recht der Wirtschaft“ der Bund zuständig (geblieben) ist, ist umstritten. Gegen die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für die hier maßgeblichen Vorschriften bestehen keine Bedenken.

18

Das Grundgesetz bestimmt den Begriff „Recht der Spielhallen“ nicht. Aus dem Wortlaut des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG lassen sich eine Beschränkung auf die Maßgaben der Spielhallenerlaubnis und damit Anhaltspunkte für die Auslegung, das Recht der Spielhallen sei durch die Regelung des § 33i GewO bestimmt, nicht entnehmen. Wie das Beschwerdegericht bereits festgestellt hat, lässt sich auch der Entstehungsgeschichte der Neuregelung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG eine Beschränkung des Rechts der Spielhallen allein auf den Regelungsgegenstand des § 33i GewO nicht entnehmen (vgl. ausführl. OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, NordÖR 2015, 489, juris Rn. 75 ff.). Auch Sinn und Zweck der Neuregelung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG sprechen gegen die Beschränkung des Rechts der Spielhallen auf den engen Regelungsbereich des § 33i GewO (OVG Hamburg, a.a.O., Rn. 83). Mit der Zuweisung des Kompetenztitel „Rechts der Spielhallen“ sollte der Landesgesetzgeber die Kompetenz erhalten, solche Vorschriften zu erlassen, die jedenfalls spielhallenbezogen sind und die örtlichen und räumlichen Gegebenheiten von Spielhallen betreffen. Dies trifft auf die hier relevanten Regelungen zu. Sie dienen gerade der Abwehr spielhallenstandortbezogener Gefahren (vgl. in diesem Sinne: StGH, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, juris Rn. 309 ff., 352 ff; BayVerfGH, Beschl. v. 28.6.2013, Vf 10-VII-12, NVwZ 2014, 141, juris Rn. 48 ff., VGH Mannheim, Beschl. v. 13.7.2015, 6 S 679/15, NVwZ-RR 2015, 737, juris Rn. 20; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5.13, juris Rn. 115 m.w.N.; OVG Koblenz, Urt. v. 26.8.2014, 6 A 10098/14, juris Rn. 19).

19

Der Einwand der Antragstellerin, das Verbot der Mehrfachkonzession und die Abstandregelung hätten zwar vordergründig Spielhallen zum Gegenstand, tatsächlich handele es sich aber um abstrakte Gefahrenabwehrregelungen, die kompetenzrechtlich jeweils der Stammmaterie, dem unter Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG fallenden gewerblichen Geräte- und Aufstellungsrecht (§§ 33c, d, e GewO) zuzuordnen seien, überzeugt nicht. § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG dient der Beseitigung von Anreizen für ein problematisches Spielverhalten, die sich aus der räumlichen Dichte und Nähe von Spielhallen (auch zu Kinder- und Jugendeinrichtungen) und damit aus einem hohen und einfach zu erreichenden Angebot an Gewinngeldspielgeräten ergeben. Mit dem Ansatz, die abstrakten Gefahren, die primär von Geldspielgeräten ausgingen, gingen damit zwangsläufig von den Spielhallen aus, die diese Geräte der Öffentlichkeit zugänglich machten, lässt sich eine fehlende Zuständigkeit der Länder nicht begründen. Dass die erlaubnispflichtige Aufstellung von Geldspielgeräten und deren technische Beschaffenheit aus Gründen gleicher Anforderungen im gesamten Bundesgebiet bundesrechtlich geregelt werden sollen (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, juris Rn. 78, 81), lässt die Zuständigkeit der Länder zur Eindämmung der u.U. örtlich unterschiedlich einzuschätzenden, abstrakten Gefahren, die von der räumlichen Lage von Spielhallen und insbesondere ihrer Dichte ausgehen, unberührt.

20

Auch der Hinweis der Antragstellerin u.a. auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz (BVerfG, Beschl. v. 3.7.2012, 2 PBvU 1/11, BVerfGE 132, 1, juris), wonach die Gesetzgebungskompetenz für den Luftverkehr als Annex die Befugnis umfasst, Regelungen zur Abwehr sich aus dem Luftverkehr ergebender Gefahren zu treffen, rechtfertigt keine andere Wertung. Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Annex-Kompetenz zu automatenbezogenen bundesrechtlichen Regelungen, sondern um Regelungen, die den sich aus den örtlichen Besonderheiten ergebenden, von der Lage und Dichte der Spielhallen ausgehenden standortbezogenen Gefahren entgegenwirken sollen. Für solche besteht die Gesetzgebungskompetenz der Länder (vgl. in diesem Sinne auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5. 13, juris Rn. 138; VGH Mannheim, Beschl. v. 13.7.2015, 6 S 679/15, Rn. 20, 21).

21

Auch aus dem Hinweis der Antragstellerin auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Oktober 1984 (1 C 47.82, Buchholz 451.20 § 33i GewO Nr. 3, juris Rn. 17), die die im dortigen Fall relevanten, auf die konkrete Spielhalle zu beziehenden Anforderungen an den Versagungsgrund des § 33i Abs. 2 Nr. 3 GewO betrifft, ergibt sich nicht, inwieweit die dortigen Ausführungen gegen eine Zuständigkeit der Länder für abstrakte, mit der Lage von Spielhallen zusammenhängende Gefahren sprechen sollten.

22

Soweit die Antragstellerin darauf hinweist, die Spielverordnung (SpielV) sei zwischenzeitlich novelliert worden und der Bundesverordnungsgeber regele weiterhin in §§ 1 und 2 SpielV die Aufstellung von Geldspielgeräten in Spielhallen generell und ohne weitergehende räumlich-örtliche Beschränkung, dies müssten die Länder respektieren, spricht auch dies nicht gegen die Gesetzgebungszuständigkeit der Antragsgegnerin. Dass der Bundesverordnungsgeber bei der letzten Änderung der SpielV auf eine räumliche Beschränkung der Spielhallen und der Zahl von Geldspielgeräten in einem Gebäude verzichtet hat, hindert angesichts der Kompetenzverlagerung die Länder nicht, diesbezügliche Regelungen im Hinblick auf spielhallenbezogene Gefahren zu erlassen. Zudem lässt Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG, da einzelne Länder von der Kompetenz zur Regelung des Rechts der Spielhallen keinen Gebrauch gemacht haben, weiter Raum für den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 SpielV (vgl. auch OVG Berlin- Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5.13, juris Rn. 139; Beschl. v. 29.10.2014, OVG 1 S 30.13, GewArch 2015, 46 [LS], juris Rn. 62).

23

Dem Abstandsgebot und dem Verbot von Mehrfachkonzessionen fehlt auch eine städtebauliche Zielsetzung. Sie verfolgen vielmehr das ausschließliche Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen (vgl. hierzu eingehend StGH BW, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, juris Rn. 309, 351, 391 ff.); BayVerfGH, Entsch. v. 28.6.2013, NVwZ 2014, 141, juris Rn. 82; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, juris Rn. 14 m.w.N.; OVG Koblenz, Urt. v. 26.8.2014, 6 A 10098/14, juris Rn. 19; OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.4.2014, 7 ME 121/13, juris Rn. 43; VGH Mannheim, Beschl. v. 4.4.2014, 6 S 1795/13, juris Rn. 7 ff.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 7.1.2014, ZfWG 2014, 115, juris Rn. 22).

24

bb) Bedenken gegen die materielle Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG bestehen nicht. Der sich aus den Regelungen ergebende Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ist materiell verfassungsgemäß.

25

(1) Der Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin ist durch ein Gemeinwohlziel legitimiert.

26

Für die Beschränkung des Angebots an Spielhallen durch das Abstandsgebot und das Verbot von Mehrfachspielhallen nach § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielG sprechen vernünftige Gründe des Gemeinwohls. Das HmbSpielhG dient u.a. dem Ziel, Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen, und der Bekämpfung der Spielsucht. Diese angestrebten Ziele sind solche des Gemeinwohls, die Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit in Bezug auf den Betrieb von Spielhallen rechtfertigen können (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, NVwZ-RR 2014, 317 [LS], juris Rn. 16; ausf. Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 36 m.w.N.). Die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG soll unter anderem die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtprävention schaffen, indem die Dichte von und Mindestabstände zwischen Spielhallenstandorten bestimmt werden.

27

(2) Die Unverhältnismäßigkeit der die Berufsausübung regelnden Vorschrift lässt sich nicht feststellen. Das Abstandsgebot und das Verbot von Mehrfachspielhallen sind zur Erreichung des Gemeinwohlziels geeignet, erforderlich und angemessen.

28

Der Gesetzgeber besitzt bei der Regelung der Berufsfreiheit einen Einschätzungs- und Prognosespielraum auch bei der Beurteilung der Bedrohungslage für das Gemeinschaftsgut, zu dessen Schutz er im konkreten Fall tätig wird (vgl. zu den Grenzen: BVerfG, Beschl. v. 20.8.2013, 1 BvR 2402/12, 1 BvR2684/12, juris Rn. 24). Für die Eignung einer vom Gesetzgeber gewählten Maßnahme reicht es aus, dass der durch die Berufsausübungsregelung gewünschte Erfolg gefördert wird.

29

Nach diesem Maßstab sind die obengenannten Regelungen zur Erreichung der Spielsuchtprävention und des Jugendschutzes geeignet. Mit der Bestimmung, dass der Abstand u.a. zwischen Spielhallen 500 m nicht unterschreiten soll und dass an jedem Spielhallenstandort nur ein Unternehmen nach § 1 Abs. 2 zugelassen wird, soll in Zukunft die Zahl der vorhandenen Spielhallen reduziert und ihr Abstand vergrößert werden. Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 2 HmbSpielhG, die der Willensbildung des Gesetzgebers bei dem Beschlussfassung des Gesetzes zu Grunde lag, hat er angenommen, dass die Zahl der Konzessionen im Jahr 2010 noch einmal gestiegen ist und dass durch sog. Mehrfachkonzessionen neben den bereits bestehenden weitere größere Spielhallenkomplexe entstanden sind. Zudem ist er davon ausgegangen, dass mehrere Erlaubnisse für einen Standort auf Grund des massiven Angebots an Geldspielgeräten in engem räumlichen Verbund ein wesentliches Element zur Steigerung der Spielsucht darstellen (vgl. zu § 2 Abs. 2 Satz 1: Bü-Drs. 20/ 3228, S. 8, Bü-Drs. 20/5877, S. 26). Zur Abstandsregelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG, die das Verbot der Mehrfachkonzession ergänzt, heißt es in der Gesetzesbegründung, die Zulassung von Spielhallen innerhalb kurzer Wegstrecken erhöhe das Angebot von die Spielsucht fördernden Geldspielgeräten und leiste der übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs Vorschub. Durch das Verlassen der Spielhalle verbunden mit einem längeren Fußweg bestehe die Möglichkeit, dass die Spielerin oder der Spieler das Spiel abbreche. Die Spieler sollten sich nach dem Verlassen der Spielhalle so weit von ihrer Atmosphäre gelöst haben, dass ein selbständiger neuer Entschluss zum Betreten einer weiteren Spielhalle erforderlich sei (Bü-Drs. 20/5877, S. 26).

30

Dass diese Maßnahmen – z.B. wenn ein Spieler, wie die Antragstellerin einwendet, beschließt, die Distanz zwischen Spielhallen mit dem PKW oder öffentlichen Verkehrsmitteln zu überwinden und in einer anderen Spielhalle weiterzuspielen - in nicht jedem Einzelfall den gewünschten Erfolg vollständig herbeiführen, ist für die generelle Geeignetheit der Maßnahmen unerheblich. Auch spricht die Behauptung der Antragstellerin, das – vom Gesetzgeber bei der Schaffung der Abstandsregelung unterstellte - Wechseln der Spielhalle sei, anders als bei Gaststättenbesuchen, bei modernen Spielhallen kein typisches Spielerverhalten und ein pathologischer Spieler spiele nur in einer Spielhalle und breche das Spiel dort endgültig ab, wenn die Sperrzeit erreicht sei oder er kein Geld mehr habe, nicht gegen die Geeignetheit der Maßnahmen für den Gesundheitsschutz. Vielmehr ist es ausreichend, dass mit Hilfe der Reduzierung der Zahl der Spielhallen der gewünschte Erfolg der Spielsuchtprävention, die gerade auch potenzielle Spieler erreichen will - wie hier - gefördert werden kann.

31

Auch der Hinweis, in bestimmten Bereichen der Stadt („Reeperbahn“) lasse der Gesetzgeber schon einen Abstand zwischen Spielhallen von 100 m Fußweg ausreichen, um den Spieler vor sich selbst zu schützen, stellt die Geeignetheit der Abstandsregelung zur Suchtprävention im übrigen Stadtgebiet nicht in Frage. In bestimmten „Amüsiervierteln“ hat sich der Gesetzgeber neben dem Spielerschutz an weiteren Zielen des GlStV orientiert wie u.a. an der Notwendigkeit eines kanalisierten legalen Glücksspielangebots (vgl. zu § 2 Abs. 2 Satz 3 HmbSpielG: Bü-Drs. 20/5877, S. 26). Diese Erwägungen sind sachgerecht und rechtfertigen eine höhere Spielhallendichte in abgegrenzten Bereichen der Stadt (vgl. dazu ausführlich: OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 68 f.).

32

Die Regelungen sind erforderlich. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit seiner Einschätzung, es seien in der Vergangenheit aufgrund von Mehrfachkonzessionen neben den bereits bestehenden Spielhallen große Spielhallenkomplexe mit einem massiven Angebot an Geldspielgeräten entstanden, die Zahl der Personen mit pathologischem Glücksspielverhalten oder gefährdete Spieler bezogen auf das Automatenglücksspiel habe zugenommen und Abstände zwischen den Spielhallen führten zu einer effektiveren Suchtprävention (Bü-Drs. 20/5877, S. 25, 26; vgl. auch BÜ-Prot. 20/9, 20/14, Seite 24), seinen Beurteilungsspielraum überschritten hat. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Einschätzung des Gesetzgebers, ein großzügig bemessener Abstand von 500 m zwischen den Spielhallen könne eher zur Aufgabe des Spiels führen, fehlsam sein könnte (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5/13, Rn. 152 ff.). Dass andere in gleicher Weise wirksame, aber weniger einschneidende Möglichkeiten zur Verknappung des Spielhallenangebots bestehen, ist nicht ersichtlich.

33

Die Regelungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG sind auch angemessen und damit verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Einschränkungen der Spielhallenbetreiber stehen nicht außer Verhältnis zum erstrebten Ziel:

34

Trifft der Gesetzgeber Regelungen, die in die Freiheit der Berufsausübung eingreifen, so muss bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt sein (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008,1 BvR 3262/07, BVerfGE 121, 317, juris Rn. 117). Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit ist eine generalisierende Betrachtungsweise geboten, die auf den betroffenen Wirtschaftszweig generell abstellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.8.2013, 1 BvR 2402/12, 1 BvR 21 BvR 2684/12, NVwR-RR 2013, 985, juris Rn. 28 m.w.N.).

35

Nach diesem Maßstab sind das Gebot von größeren Abständen zwischen Spielhallen und das Verbot der Mehrfachkonzession verhältnismäßig. Zwar weist die Antragstellerin zu Recht darauf hin, dass nun faktisch für eine Strecke von 1000 m ein Ansiedlungsverbot bestehe. Das wegen der schweren Folgen der Spielsucht und des hohen Suchtpotenzials des gewerblichen Automatenspiels hohe Gewicht des Spielerschutzes und der Spielsuchtprävention überwiegt aber das Gewicht des wirtschaftlichen Interesses der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Einhaltung der neuen Erlaubnisanforderungen verschont zu bleiben. Sollte sich wegen der Abstandsregelungen und des Verbots der Mehrfachkonzession eine bisher an einem bestimmten Ort erlaubte berufliche Tätigkeit nicht realisieren lassen, ist dies nicht unverhältnismäßig. Es steht der Berufsgruppe der Spielhallenbetreiber trotz des Verbots der Mehrfachkonzession und der Abstandsregelung offen, Spielhallen mit Einzelkonzessionen oder solche jenseits der Ballungszentren zu betreiben (vgl. auch OVG Berlin- Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5.13, juris Rn. 165).

36

b) Der Erteilung der Erlaubnisse für die beiden Spielhallen der Antragstellerin steht § 2 Abs. 5 Nr. 6 und 4 HmbSpielhG entgegen.

37

aa) Nach § 2 Abs. 5 Nr. 6 HmbSpielhG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn ein Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 2 HmbSpielG in einem baulichen Verbund mit einem anderen Unternehmen steht. Dies ist hier der Fall. Die beiden Spielhallen der Antragstellerin befinden sich in einem Gebäude. Für jeden Spielhallenstandort darf aber nach § 2 Abs. 2 Satz 1 HmbSpielhG nur ein Unternehmen zugelassen werden.

38

bb) Weiter steht der Erteilung von Erlaubnissen für jede der beiden Spielhallen § 2 Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielG entgegen, da hier der zur nächstgelegenen Spielhalle einzuhaltende Abstand unterschritten wird und von diesem nicht ausnahmsweise abgewichen werden kann.

39

Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG soll der Abstand zu weiteren Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen 500 m nicht unterschreiten. Der fußläufige Abstand zu der nächsten „älteren“ Doppelspielhalle (L.-Straße Y) beträgt hier nach den von der Antragstellerin nicht bestrittenen Messungen der Antragsgegnerin lediglich ca. 449 m.

40

Ein Sachverhalt, der es rechtfertigen könnte, ausnahmsweise von der regelhaft zu erfüllen Voraussetzung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielG abzusehen, liegt nicht vor. Dafür wäre es erforderlich, dass gemessen an den Zielen des Glückspielstaatsvertrages bzw. des HmbSpielhG hier ein atypischer Fall vorliegt, der eine Unterschreitung des Abstands von 500 m rechtfertigt. Die bloße Tatsache, dass hier die notwendige Entfernung zur nächsten Spielhalle um ca. 50 m unterschritten wird, rechtfertigt für sich genommen keine Ausnahme. Jedenfalls bei einer Unterschreitung des Fußwegs um ca. 10% ist nicht von einer so geringfügigen Abweichung von der vom Gesetzgeber für notwendig befundenen Entfernung auszugehen, dass damit der Zweck der Abstandsregelung, den Spieler nach dem Verlassen einer Spielhalle durch die Überwindung einer längeren Wegstrecke vom Weiterspielen abzuhalten, in gleicher Weise eintreten kann.

41

Im Übrigen hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass hier die geographischen Gegebenheiten eine Ausnahme rechtfertigen. Anhaltspunkte dafür, dass wegen der Lage der beiden Spielhallenstandorte mit jeweils zwei Spielhallen zueinander ausnahmsweise auch bei einer kürzeren Entfernung als 500 m derselbe Effekt des „Sich-Lösens“ von dem „Spielhallenfluidum“ eintreten kann, hat die Antragstellerin nicht nachvollziehbar dargelegt. Die beiden Spielhallenstandorte befinden sich an unterschiedlichen Straßenseiten der großzügig bebauten, stark befahrenen L.er Chaussee, die durch Ampelanlagen unterbrochen wird und von der Querstraßen abgehen. Sichtkontakt zum jeweils anderen Spielhallenstandort besteht zwar nicht. Entgegen der Bewertung der Antragstellerin stellt diese Lage allerdings keine Besonderheit dar. Dass über eine Entfernung von 449 m Fußweg zu einer nächstgelegenen Spielhalle kein Sichtkontakt besteht, ist eher die Regel. Lagen in Ballungszentren von (Groß-) Städten sind dadurch gekennzeichnet, dass von größeren Verbindungsstraßen, die oft nur mithilfe von Ampeln sicher überquert werden können, zahlreiche kleinere Nebenstraßen abzweigen, an denen – ebenso wie an den Hauptstraßen - jeweils Spielhallen liegen. Sichtkontakt besteht meist allein wegen der Anordnung der Straßen zueinander und insbesondere wegen der z.T. hohen und dichten Bebauung nicht.

42

Die Antragstellerin weist weiter darauf hin, es sei die Regel, dass ein Spieler auf derselben Straßenseite weitergehe, an der die Spielhalle gelegen sei, die er verlasse. Hier sehe er die nächste Spielstätte in der L.er Chaussee Nr. ... erst dann, wenn ihm ein problemloser Wechsel der Straßenseite an der Ampelanlage T.- Straße nicht mehr möglich sei und er daher die nächste Kreuzung benutzen müsse. Dafür benötige er einen Fußweg von 501 m. Aber auch das Warten und Überqueren der Straße an dieser Ampelanlage führe zu einem ausreichenden „Abkühlen“ des Spielers, da er mehr Zeit benötige als für den Fußweg über 501 m auf derselben Straßenseite. Damit legt die Antragstellerin bereits nicht nachvollziehbar dar, inwieweit sich aus der Tatsache, dass der Spieler zunächst die gleiche Straßenseite benutzt, eine um 50 m längere Wegstrecke ergibt als nach der Messung der Antragsgegnerin. Zudem liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die - unterstellte - Tatsache, dass ein Spieler mangels Blickkontakts möglicherweise nicht die erste mögliche Gelegenheit, eine Straße zu überqueren, nutzt, sondern eine spätere, ein regelhaft auftretendes Verhalten darstellt und damit einen atypischen Sachverhalt begründen kann. Soweit die Antragstellerin auf die Wartezeit an einer Ampel hinweist, legt sie damit nicht nachvollziehbar dar, dass diese regelmäßig von einer Dauer ist, die dem „Abkühlungs“-Effekt eines um 50 m längeren Fußwegs entspricht.

43

2. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG liegen hier nicht vor.

44

Nach § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG kann die für die Erlaubniserteilung zuständige Behörde nach Ablauf des in § 9 Abs. 1 Satz 1 oder 2 HmbSpielhG bestimmten Zeitraums eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen dieses Gesetzes über einen angemessenen Zeitraum zulassen, soweit dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist; hierbei sind der Zeitpunkt der Erlaubnis gemäß § 33i GewO sowie der Schutzzweck des HmbSpielhG zu berücksichtigen. Die Antragstellerin hat im vorliegenden Fall nicht glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG für die beiden von ihr betriebenen Spielhallen vorliegen. Die Voraussetzungen einer „unbilligen Härte“ dürften hier nicht gegeben sein.

45

Nach § 9 Abs. 1 Satz 5 HmbSpielhG kann eine unbillige Härte insbesondere dann vorliegen, wenn eine Anpassung des Betriebes an die Anforderungen dieses Gesetzes aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder mit einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht vereinbar ist. Anders als es die Antragstellerin annimmt, stellte die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielhG nicht lediglich ergänzend zu den Übergangsregelungen ein Instrument dar, um den Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen des Betroffenen generell Rechnung zu tragen und/oder allgemein wirtschaftliche Härten der Neuregelung des Spielhallenrechts abzumildern. Für die Erteilung einer Befreiung kommt es nach Sinn und Zweck der Regelung darauf an, ob diese im konkreten Fall zur Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsausübung erforderlich ist. § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG entspricht seinem Wortlaut nach der Übergangsregelung des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlStV. Nach der zu § 29 Abs. 4 GlStV gegebenen Begründung tragen die Übergangsfrist von 5 Jahren in Satz 2 sowie die Möglichkeit, gemäß Satz 4 nach Ablauf der Frist im Einzelfall eine Befreiung von einzelnen materiellen Anforderungen zuzulassen, dem Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen der Betreiber in Abwägung mit den in §§ 24 und 25 verfolgten Allgemeinwohlinteressen angemessen Rechnung. Mittels einer Befreiung könne im individuellen Fall der notwendige Verhältnismäßigkeitsausgleich herbeigeführt werden. Dabei sei die Befreiung auf den Zeitraum zu beschränken, der erforderlich sei, um unzumutbaren Belastungen Rechnung zu tragen, ohne aber die in den §§ 24 und 25 verfolgten Allgemeinwohlinteressen auf Dauer hintanzustellen. Durch die Befreiungsregelung und die Anknüpfung an den Zeitpunkt der Erlaubniserteilung könne beispielsweise bei Spielhallenkomplexen ein stufenweiser Rückbau erreicht werden (vgl. BÜ-Drs. 20/3734, S. 86, 87). Insoweit wird hier differenziert zwischen den für alle unter § 29 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlStV, § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielhG fallenden Betriebsinhaber geltenden Übergangsregelungen und der weitergehenden Möglichkeit, im Einzelfall für den konkreten Betrieb zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit der neuen Anforderungen bei unzumutbaren Belastungen eine Befreiung für einen angemessenen Zeitraum zu erteilen. Soweit der hamburgische Gesetzgeber die Voraussetzung einer unbilligen Härte in § 9 Abs. 1 Satz 5 HmbSpielhG näher ausgestaltet hat, hat er in seiner Begründung darauf verwiesen, mittels der Befreiung könne im individuellen Fall die Verhältnismäßigkeit der Anforderung berücksichtigt werden. Insbesondere kleine Familienunternehmen sollten vor einer Vernichtung der Existenz geschützt werden (BÜ-Drs. 20/5877, S. 31). Offenbleiben kann, ob die letztgenannte Begründung des Gesetzgebers Anlass gibt, die Regelung des Satzes 5 trotz des weiter gefassten Wortlauts in dem Sinne eng auszulegen, dass eine Existenzvernichtung oder der wirtschaftliche Ruin des Betriebs zu erwarten sein muss. Zumindest verlangt § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielG für eine unbillige Härte, dass selbst nach dem Verstreichen der Übergangsfrist der Betreiber, dessen Vertrauen schutzwürdig ist, seinen Betrieb an die Neuregelungen nur mit der Folge anpassen könnte, dass die Betriebsführung zu wirtschaftlichen Verlusten führt.

46

Daran gemessen, hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass diese Voraussetzungen hier bezogen auf den Standort in der L.-Straße X vorliegen:

47

Zwar weist sie zu Recht darauf hin, dass der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis und das Vertrauen des Betreibers in den Bestand der alten Rechtslage bei der Bewertung nach § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG zu berücksichtigen sind. Zum Zeitpunkt der Erteilung der hier maßgeblichen Erlaubnisse vom 1. November 2011 konnte sie aber kein Vertrauen in den unveränderten Fortbestand ihrer Erlaubnisse nach der GewO mehr haben, da mit dem 28. Oktober 2011 Neuregelungen des Spielhallenrechts zu erwarten waren (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt: OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, a.a.O., juris Rn. Rn. 8, 24 f.). Die Antragstellerin kann auch nicht verlangen, dass zu ihren Gunsten berücksichtigt wird, dass sie schon im Jahr 2007 an diesem Standort eine Spielhalle betrieben hat und, wäre sie weiter im Besitz der ihr damals erteilten Erlaubnis geblieben, bis zum bis 30. Juni 2017 nach § 9 Abs. 1 Satz 1 HmbSpielhG ihren Betrieb hätte weiterführen können. Die Antragstellerin hat sich aus wirtschaftlichen Gründen entschieden, die im Jahr 2007 erworbene Spielhalle zu schließen und an dem Standort zwei neue Betriebe zu errichten. Sie hat nicht allein deshalb neue Erlaubnisse beantragen müssen, weil sie die 153,78 m² große frühere Spielhalle im Jahr 2010/2011 lediglich modernisiert und in zwei Spielhallen aufgeteilt hat (vgl. zur raumbezogenen Erlaubnis: BVerwG, Urt. v. 23.11.2005, 6 C 8.05, Buchholz 451.20 § 33c GewO Nr. 6, juris Rn. 6). Vielmehr hat sie die gesamte Fläche um mehr als 50 m² vergrößert und diese - wohl im Hinblick auf eine optimale wirtschaftliche Ausnutzung der Regelung des § 3 Abs. 2 SpielV (pro 12 m² ein Spielgerät, 12 Geräte max.) – auf zwei Hallen aufgeteilt. Insoweit bestand nach der Modernisierung und dem massiven Umbau der früheren Spielhalle weder ein räumlicher noch ein gerätebezogener Bezug zu der im Jahr 2007 genehmigten Spielhalle.

48

Auch ihr Vortrag, sie habe im Hinblick auf den Umbau in den Jahren 2010/2011 hohe Investitionen zu einem Zeitpunkt erbracht, als sie noch auf die alte Rechtslage habe vertrauen dürfen, begründet keine unbillige Härte. Zwar ist zu Gunsten der der Antragstellerin zu berücksichtigen, dass sie zum Zeitpunkt ihres Antrages auf Erteilung der Spielhallenerlaubnisse am 24. September 2011 von der geplanten Neuregelung des Spielhallenrechts und insbesondere der Verschärfung der Anforderungen an die Erteilung einer Erlaubnis noch nichts wissen konnte, da nach der Regelung des § 29 Abs. 4 Satz 2und 3 GlStV und des § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielhG erst mit dem Stichtag des 28. Oktober 2011 das Vertrauen in die Fortdauer der alten Rechtslage erschüttert war (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, juris Rn. 25 m.w.N.). Daher kann ihr nicht vorgeworfen werden, sie habe sich trotz Kenntnis von der Neuregelung des Spielhallenrechts eine Erlaubnis „auf Vorrat“ beschaffen wollen (vgl. zur Berücksichtigung dieser Sachverhalte zu Gunsten des Betreibers: OVG Weimar, Beschl. v. 8.4.2015, 3 EO 775/13, GewArch 2015, 511 [LS], juris Rn. 7). Auch hat sie nachgewiesen, dass sie im Hinblick auf die ihr im Jahr 2010 erteilte Baugenehmigung vor dem Stichtag bereits hohe Investitionen in den Ausbau der beiden Spielhallen getätigt hatte. Allein dies rechtfertigt aber allein nicht die Annahme einer unbilligen Härte. Diese dürfte u.a. allenfalls dann gegeben sein, wenn der einzelne Betrieb auch nach dem Ablauf der für eine verhältnismäßige Anpassung aus Sicht des Gesetzgebers erforderlichen, aber auch ausreichenden Übergangszeit von 5 bzw. maximal 1,8 Jahren Verluste erwirtschaftet.

49

Dafür hat die Antragstellerin keine konkreten Anhaltspunkte oder Nachweise dargelegt. Soweit sie darauf hinweist, im Vertrauen auf den Weiterbetrieb habe sie bei der Übernahme der Spielhalle im Jahr 2007 einen Mietvertrag über eine Zeitdauer von 10 Jahren abgeschlossen und müsse daher trotz Schließung der Hallen im Juni 2014 weiterhin monatlich 6.500,- Euro zahlen, sind insoweit keine wirtschaftlichen Verluste des Betriebs dargelegt. Die Antragstellerin durfte bei ordnungsgemäßer Betriebsführung spätestens zum Zeitpunkt der Erlaubnis am 1. November 2011, die auf geplante strengere Regelungen des Spielhallenrechts hinweist, nicht mehr von einem dauerhaften Betrieb der Spielhallen unter den alten rechtlichen Rahmenbedingungen der GewO ausgehen und war - trotz der Inanspruchnahme einstweiligen Rechtschutzes in Bezug auf die Übergangsregelung – gehalten, sich auf die neue Rechtslage einzustellen und ihren Betrieb anzupassen. Sie hat nicht dargelegt, inwieweit sie die Übergangszeit bis zum 30. Juni 2013 bzw. den weiteren Zeitraum bis zur Schließung und danach zur Vorbereitung und Anpassung ihres Geschäftsbetriebes auf bzw. an die geänderte Rechtslage genutzt und welche konkreten Maßnahmen sie unternommen hat (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 5.8.2015, 2 BvR 2190/14, WM 2015, 1827, juris Rn. 26). Die Antragstellerin hat bereits nicht nachgewiesen, dass und inwieweit sie mit der Vermieterin z.B. eine Vereinbarung über die Aufhebung des Mietvertrages oder die Reduzierung der Miethöhe zu erreichen versucht hat. Auch hat sie nicht dargelegt, dass sie bei Aufrechterhaltung des Mietvertrags die gemieteten Räume nicht anderweitig gewerblich nutzen oder untervermieten kann (vgl. dazu auch VGH Mannheim, Beschl. v. 13.7.2015, 6 S 679/15, NVwZ-RR 2015, 737 [LS], juris Rn. 34).

50

Dass die wirtschaftliche Lage der Antragstellerin wegen der Investitionen in Höhe von ca. 350.000,- Euro derart prekär ist, dass die Anpassung des Betriebs wegen der insoweit bestehenden Verluste nicht möglich ist, hat sie ebenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt. Die Antragstellerin war wegen der Erteilung der Erlaubnis für den Betrieb der beiden Spielhallen zum 1. November 2011 in der Lage, die Übergangsfrist für die nach dem Stichtag erteilte Erlaubnis maximal auszunutzen und ihre Investitionen zu amortisieren. In welchem Umfang ihr dies (nicht) gelungen ist, legt sie nicht substantiiert dar. Zwar hat sie auf die bilanzrechtlichen / steuerlichen Abschreibungsfristen und –werte hingewiesen und geltend gemacht, innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr und 8 Monaten lasse sich eine solche Investitionssumme naturgemäß nicht amortisieren. Sie hat aber nicht anhand von Unternehmensergebnissen (Umsätzen/Erträgen) für den hier maßgeblichen Standort nachgewiesen, dass sie die Investitionen nicht (auch) durch Erträge kompensiert hat. Auch hat die Antragstellerin lediglich darauf hingewiesen, anders als es das Verwaltungsgericht annehme, bezögen sich ihre getätigten Investitionen nicht auf Geldspielgeräte, sondern auf ortsbezogene Einbauten und seien daher „verloren“. Insoweit mag zwar einiges dafür sprechen, dass sie die zur Erneuerung (oder Erweiterung) z.B. des Bodens, der Elektrik und der Sanitäreinrichtungen eingebrachten Einbauten nicht veräußern oder an anderen Standorten weiterverwerten kann. Dies ändert aber nichts daran, dass die Antragstellerin, die an zahlreichen Standorten in Hamburg und im Bundesgebiet Spielhallen betreibt, einzelne der (nach den vorgelegten Rechnungen erfolgten) Einbauten wie z.B. die Videoanlage, Leuchten, den Tresor oder die Thekeneinrichtung ausbauen und an einem anderen Standort weiterverwenden oder an Dritte veräußern kann.

B

51

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes bestimmt sich nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Das Beschwerdegericht hat sich an Nr. 54.1 des Streitweitkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert und für jede der Spielhallen einen Wert von 15.000,- Euro für das Hauptsacheverfahren zu Grunde gelegt. Für das Eilverfahren ist dieser Wert zu halbieren.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten des Berufungsverfahrens vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass für sie beim Betrieb ihrer drei Spielhallen Vorschriften des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Hamburg (HmbGVBl. 2012, 505, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.7.2016, HmbGVBl. S. 323) - HmbSpielhG - wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nicht gelten.

2

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betrieb zunächst mit Erlaubnissen der Beklagten nach § 33i GewO eine Spielhalle in der X-straße in 20253 Hamburg mit einer Grundfläche von 174,46 m² (Erlaubnis vom 26. August 2008) sowie zwei in einem Gebäude in der Y-Straße in 22159 Hamburg gelegene Spielhallen mit 142,37 m² Grundfläche und mit 150,32 m² Grundfläche (Erlaubnisse vom 21. Dezember 2010). In zwei Spielhallen waren jeweils zwölf, in der Spielhalle I der Klägerin in der waren elf Gewinnspielgeräte sowie Sichtblenden nach § 3 Abs. 2 der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit (neugefasst durch Bek. v. 27.1.2006, BGBl. I S. 280; zuletzt geänd. durch Art. 4 Abs. 61 des G. v. 18.7.2016, BGBl. I, S. 1666) - SpielV - aufgestellt. Die Bescheide enthalten keine Auflagen oder Hinweise im Hinblick auf die einzuhaltende Sperrzeit oder die Zahl der Geldspielgeräte. Die Spielhalle in der X-straße betreibt die Klägerin seit Juni 2017 mit einer neuen Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG. Die beiden Spielhallen am Standort Y-Straße, für die die Klägerin neue Erlaubnisse nach § 2 HmbSpielhG beantragt hat, über die noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist, werden ebenfalls vorläufig weiterbetrieben.

3

Am 19. Dezember 2012 trat das Hamburgische Spielhallengesetz (HmbSpielhG) in Kraft. Es lautet - soweit hier relevant - auszugsweise wie folgt:

4

㤠4
Anforderungen an die Gestaltung und Einrichtung von Spielhallen und ähnlichen Unternehmen

5

(1) 1Unternehmen nach § 1 Absatz 2 sind von ihrem äußeren Erscheinungsbild so zu gestalten, dass ein Einblick ins Innere der Räumlichkeiten von außen nicht möglich ist. 2Es muss gleichwohl gewährleistet werden, dass Tageslicht in den Aufstellungsbereich der Geldspielautomaten einfällt. 3Ist der Einfall von Tageslicht ortsbedingt nicht möglich, sind Ausnahmen zulässig. 4[…]

6

(2) Als Bezeichnung des Unternehmens im Sinne des § 1 Absatz 2 ist nur das Wort „Spielhalle“ zulässig.

7

(3) 1In Unternehmen nach § 1 Absatz 2 darf je 12 m² Grundfläche höchstens ein Geld- oder Warenspielgerät aufgestellt werden; die Gesamtzahl darf jedoch acht Geräte nicht übersteigen. 2[…] 3Die Geräte sind einzeln in einem Abstand von mindestens 1,5 Metern aufzustellen, getrennt durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von dem am weitesten in den Raum hineinreichenden Gerätebauteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante. 4[…]

8

(4) […]“

9

㤠5
Sperrzeit und Spielverbotstage

10

(1) Die Sperrzeit für Unternehmen nach § 1 Absatz 2 beginnt um 5.00 Uhr und endet um 12.00 Uhr.

11

(2) […]

12

(3) 1In Unternehmen nach § 1 Absatz 2 in den Gebieten gemäß § 1 Nummer 1 der Verordnung über Werbung mit Wechsellicht beginnt die Sperrzeit um 6.00 Uhr und endet um 9.00 Uhr. 2[…]“

13

㤠9
Übergangs- und Schlussbestimmungen

14

(1) 1Unternehmen nach § 1 Absatz 2, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehen und für die bis zum 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33i der Gewerbeordnung erteilt worden ist, deren Geltungsdauer nicht vor dem 30. Juni 2017 endet, gelten bis zum 30. Juni 2017 als mit diesem Gesetz vereinbar. 2[…] 3Die Regelungen des § 4 Absätze 1, 2 und 4 und des § 5 treten sechs Monate nach Inkrafttreten dieses Gesetzes in Kraft. 4[…]

15

(2) 1Wer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes ein Unternehmen nach § 1 Absatz 2 rechtmäßig betreibt und über eine gültige Erlaubnis nach § 33i der Gewerbeordnung verfügt, hat für diesen Betrieb die Zahl der Geräte und Spiele innerhalb von 24 Monaten auf das nach § 4 Absatz 3 zulässige Maß zu reduzieren. 2Unternehmen, die keine Mehrfachkonzession im Sinne des § 1 Absatz 3 erhalten haben, haben die Zahl der Geräte und Spiele bis zum 30. Juni 2017 auf das nach § 4 Absatz 3 zulässige Maß zu reduzieren.

16

(3) […]“

17

Am 20. Juni 2013 hat die Klägerin Klage erhoben.

18

Gleichzeitig beantragte die Klägerin, im Wege einstweiliger Anordnung vorläufig u.a. festzustellen, dass sie nicht verpflichtet sei, zwischen jedem Spielgerät Trennwände in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter aufzustellen, gemessen von dem am weitesten in den Raum hineinreichenden Gerätebauteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante, und dass sie nicht verpflichtet sei, zu gewährleisten, dass Tageslicht in die Räumlichkeiten der Spielhallen einfalle und dass für die von ihr betriebenen Spielhallen die in § 1 der Sperrzeitverordnung geregelte Sperrzeit gelte, hilfsweise, dass die Sperrzeit um 6.00 Uhr beginne und um 9.00 Uhr ende. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 30. September 2013 ab (17 E 2430/13, rechtskräftig, n.v.). Weitere Eilverfahren hatten keinen Erfolg.

19

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin im Wesentlichen vorgetragen: Die Regelungen in den §§ 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 und Satz 3, 5 Abs. 1 HmbSpielhG seien mangels Gesetzgebungskompetenz der Länder bereits aus formellen Gründen verfassungswidrig, da sich das vom Recht der Wirtschaft nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG ausgenommene Recht der Spielhallen auf den Regelungsgegenstand des § 33i GewO beschränke. Darüber hinaus verletzten die Regelungen sie in ihrer Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG und im allgemeinen Gleichheitsgebot nach Art. 3 Abs. 1 GG und seien daher verfassungswidrig. Die Regelungen seien bereits nicht zur Bekämpfung der Spielsucht geeignet, da die Spieler dadurch auf Spielseiten im Internet, Schankräume mit Automaten in der Gastronomie und insbesondere die Automatenspielsäle der Spielbank auswichen, in denen die Aufsichtsmöglichkeiten geringer als in Spielhallen seien. Zudem seien die Eingriffe unangemessen. Insbesondere aufgrund der Reduzierung der höchstens zulässigen Anzahl an Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit und der Ausweitung der gesetzlichen Sperrzeit habe sie mit erheblichen Einnahmeverlusten zu rechnen, die sie zur Schließung ihrer Spielhallen, jedenfalls aber zur Kündigung der Arbeitsverträge langjähriger Mitarbeiter zwängen. Durch die erforderliche Anfertigung neuer Trennwände würden ihr Kosten in Höhe von 17.000,-- Euro entstehen, überdies müssten die Sicherheitskameras samt damit verbundener Elektrik mit erheblichem Kostenaufwand neu installiert werden. Die Pflicht zur Gewährleistung des Tageslichteinfalls und die Pflicht, den Einblick in die Räumlichkeiten zu verhindern, schlössen sich gegenseitig aus.

20

Wenn mit den Regelungen die Spielsucht bekämpft werden solle, sei nicht nachvollziehbar, weshalb entsprechende Vorschriften nicht auch für die Spielbank Hamburg gälten. Es sei daher davon auszugehen, dass die Regelungen allein fiskalischen Zwecken dienten. Deshalb verstießen diese auch gegen das europarechtliche Kohärenzgebot. Es liege eine Ungleichbehandlung vor, da in der Spielbank Hamburg, die auch Automatenglücksspiel anbiete, die Beschränkungen des HmbSpielhG nicht gälten. In den Spielbanken dürfe, anders als in Spielhallen, Alkohol ausgeschenkt werden, sie unterlägen weder dem Rauchverbot noch den in § 13 SpielV u.a. geregelten Einsatz-, Gewinn- und Verlustgrenzen, Spielpausen und Umbuchungszeiten und machten in Hamburg großflächig Werbung.

21

Im Übrigen sei kein sachlicher Grund dafür erkennbar, weshalb ihre Spielhallen in den Hamburger Stadtteilen Hoheluft und Farmsen anderen Sperrzeiten unterliegen sollten als die Spielhallen im Gebiet Reeperbahn sowie weshalb für Unternehmen mit und ohne Mehrfachkonzession nach § 9 Abs. 2 HmbSpielhG andere Übergangsbestimmungen gälten.

22

In der mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 2014 hat die Klägerin ihren ursprünglich angekündigten Antrag, festzustellen, dass sie berechtigt ist, die von ihr betriebenen Spielhallen weiterhin als “Casino Vegas“ zu bezeichnen, hilfsweise, dass sie hierzu bis zum 30. Juni 2017 berechtigt ist, für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich dieser Erledigungserklärung angeschlossen.

23

Die Klägerin hat beantragt,

24

1. festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, die Anzahl der Spielgeräte in den von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg auf jeweils acht Spielgeräte zu reduzieren,

25

2. festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, in den von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg jeweils zwischen jedem Spielgerät Trennwände in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von dem am weitesten in den Raum hineinreichenden Gebäudeteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante, aufzustellen,

26

hilfsweise festzustellen, dass sie bis zum 30. Juni 2017 nicht verpflichtet ist, in den von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg jeweils zwischen jedem Spielgerät Trennwände in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von dem am weitesten in den Raum hineinreichenden Gebäudeteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante, aufzustellen,

27

3. festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, zu gewährleisten, dass Tageslicht in die Räumlichkeiten der von ihr betriebenen Spielhallen in der in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg einfällt,

28

hilfsweise festzustellen, dass sie bis zum 30. Juni 2017 nicht verpflichtet ist, zu gewährleisten, dass Tageslicht in die Räumlichkeiten der von ihr betriebenen Spielhallen in der in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg einfällt,

29

4. festzustellen, dass für die von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg die bisherige Sperrzeit nach § 1 der Sperrzeitverordnung gilt,

30

hilfsweise festzustellen, dass in den von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg jeweils die Sperrfrist um 6 Uhr beginnt und um 9 Uhr endet,

31

hilfsweise festzustellen, dass sie bis zum 30. Juni 2017 berechtigt ist, die von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und in der Y-Straße in 22159 Hamburg weiterhin mit einer Sperrzeit von 5 Uhr bis 6 Uhr zu betreiben.

32

Die Beklagte hat beantragt,

33

die Klage abzuweisen.

34

Zur Begründung hat die Beklagte im Wesentlichen geltend gemacht, sie sei für den Erlass der beanstandeten Regelungen zuständig, da diese zum Recht der Spielhallen im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zählten. Das Recht der Spielhallen beziehe sich auf das gesamte „Spielhallenwesen“ und beziehe auch die Vorschriften der §§ 33c ff. GewO mit ein.

35

Die mit den angegriffenen Regelungen im HmbSpielhG verbundenen Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin nach Art. 12 Abs. 1 GG seien gerechtfertigt. Die Regelungen seien insbesondere zur Bekämpfung der Spielsucht geeignet, erforderlich und auch angemessen. Mildere Mittel seien nicht ersichtlich. Die Geldspielautomaten in Spielhallen wiesen ein hohes Suchtpotenzial auf. Spielsucht berge nicht nur Gefahren für die Betroffenen und ihre Familien, sondern aufgrund der drohenden Verschuldung sowie damit verbundener Folge- und Begleitkriminalität auch für die Gemeinschaft. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes sei durch die Übergangs- und Befreiungsregelungen hinreichend berücksichtigt worden.

36

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG liege schon deshalb nicht vor, weil es sich bei den Spielhallen und der Spielbank Hamburg nicht um wesentlich gleiche Sachverhalte handele. Dies ergebe sich bereits daraus, dass Spielhallen und die Spielbank Hamburg unterschiedlichen Regelungsbereichen angehörten. In Hamburg gebe es zudem hunderte Spielhallen, aber nur eine Spielbank mit drei Dependancen. Im Übrigen sei die Ungleichbehandlung aufgrund der unterschiedlichen Regelungen für Spielhallen einerseits und die Spielbank andererseits gerechtfertigt. Für die unterschiedlichen Sperrzeiten in § 5 Abs. 1 und Abs. 3 HmbSpielhG bestehe ein sachlicher Grund, da Besucher des Amüsierviertels „Reeperbahn“ dieses gezielt wegen des vielfältigen Unterhaltungsangebots aufsuchten und sich der dortigen besonderen finanziellen Gefahren bewusst seien.

37

Mit Urteil vom 10. Dezember 2014, das der Klägerin am 14. Januar 2015 zugestellt wurde, hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt hatten. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung sowie die (Sprung-) Revision zugelassen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt:

38

Die Klage sei als Feststellungsklage zulässig. Die Klägerin sei entgegen der mit ihrem Hauptantrag zu 1 begehrten Feststellung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz HmbSpielhG dazu verpflichtet, die Anzahl der Geld- oder Warenspielgeräte in ihren Spielhallen auf acht Geräte je Spielhalle zu reduzieren. § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Begrenzung der Anzahl der Geld- und Warenspielgeräte bewirke keine Verletzung der Klägerin in ihrer Berufsfreiheit. Die Begrenzung der höchstzulässigen Zahl berühre den Schutzbereich der Berufsfreiheit, und die Regelung greife in Gestalt einer Berufsausübungsregelung in die Berufsfreiheit der Spielhallenbetreiber ein. Diese Regelung sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Sie sei kompetenzmäßig zustande kommen, da die Beklagte über die Gesetzgebungskompetenz zur Festlegung der Höchstzahl von Spielgeräten in Spielhallen verfüge. Die Regelungen unterfielen der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder nach Art. 70 Abs. 1 GG.

39

§ 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz HmbSpielhG diene wichtigen Gemeinwohlzielen. Die Spielsuchtprävention stelle nicht nur ein wichtiges, sondern sogar ein überragend wichtiges Gemeinwohlziel dar, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für ihre Familien und die Gemeinschaft führen könne. § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG genüge den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Die Begrenzung der Zahl der Spielgeräte auf acht Geräte je Spielhalle sei zur Spielsuchtprävention geeignet und erforderlich. Eine Beschränkung, die gleich wirksam sei, die Spielhallenbetreiber hingegen weniger belaste, sei nicht ersichtlich. Die Regelung sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Das Gewicht der mit § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG verfolgten Spielsuchtprävention überwiege das Gewicht der wirtschaftlichen Interessen der Spielhallenbetreiber.

40

Die Klägerin sei durch die Regelung auch nicht im allgemeinen Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1GG verletzt. Es liege im Hinblick auf eine Ungleichbehandlung der Hamburger Spielhallen und der Spielbank kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Die Ungleichbehandlung von Spielhallen und Spielbanken sei trotz der strengen Bindung des Gesetzgebers gerechtfertigt, weil zwischen den Hamburger Spielhallen und der Spielbank Hamburg im Hinblick auf die Regelung in verschiedenen Ordnungsbereichen und durch grundlegend verschiedene Regelungskonzepte Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestünden, die die ungleiche Behandlung rechtfertigten.

41

§ 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG sei auch mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar. Diese Regelung verletze die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit und im Recht zu arbeiten aus Art. 15 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 12. Dezember 2007. Es sei kein Raum für eine Prüfung des in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union entwickelten Kohärenzgebots. Hier sei weder der Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit aus Art. 49 AEUV noch der Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 und Abs. 3 AEUV eröffnet. Die Klägerin sei eine nach deutschem Recht gegründete juristische Person des Privatrechts. Sie habe ihren Sitz in Hamburg und betreibe hier ihre Spielhallen. Es liege daher kein grenzüberschreitender Sachverhalt vor. § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG verstoße auch nicht gegen eine sich aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften ergebende Notifizierungspflicht. Es handele sich bei dieser Regelung des Hamburgischen Spielhallengesetzes nicht um eine nach der Richtlinie 98/34/EU notifizierungspflichtige „technische Vorschrift“.

42

Die Klägerin sei verpflichtet, in ihren Spielhallen zwischen jedem Spielgerät Trennwände in einer Tiefe von mindestens 0,80 m, gemessen von dem am weitesten in den Raum hineinragenden Gebäudeteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante, aufzustellen. Die Beklagte verfüge über die Gesetzgebungskompetenz zum Erlass der Vorschrift und § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG diene wichtigen Gemeinwohlzielen in Gestalt des Spielerschutzes sowie der Spielsuchtprävention. Die Regelung genüge den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

43

Die Klägerin sei entgegen der mit dem Hauptantrag zu 3 begehrten Feststellung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 HmbSpielhG dazu verpflichtet zu gewährleisten, dass Tageslicht in den Aufschlussbereich der Geldspielautomaten in ihren Spielhallen einfalle. Die Regelung sei mit dem Grundgesetz vereinbar.

44

Für die Spielhalle der Klägerin gelte nicht, wie mit dem Hauptantrag zu 4 begehrt, die bisherige Sperrzeit nach § 1 der Sperrzeitverordnung. § 5 Abs. 1 HmbSpielhG verletze die Klägerin nicht in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Beklagte sei zum Erlass des § 5 Abs. 1 HmbSpielhG zuständig. Die Sperrzeitenregelung diene wichtigen Gemeinwohlzielen, da auch mit ihr die Stärkung des Spielerschutzes und der Spielsuchtprävention bezweckt werde. Die Festlegung der Sperrzeiten genüge überdies den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes; dies ergebe sich bereits aus der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Hamburg vom 10. März 2014 (4 Bs 435/13). § 5 HmbSpielhG verletze die Klägerin weder im Hinblick auf die Ungleichbehandlung von Hamburgischen Spielhallen und der Spielbank Hamburg noch im Hinblick auf die Ungleichbehandlung von Spielhallen sowie Schank- und Speisewirtschaften im allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.

45

Auch der erste Hilfsantrag zum Hauptantrag zu 4 sei unbegründet. Die begünstigende Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG verletze die Klägerin nicht im allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, da die Ungleichbehandlung von Spielhallen innerhalb und außerhalb des Vergnügungsviertels Reeperbahn durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei.

46

Auch mit den Hilfsanträgen zu den Hauptanträgen zu 2 und 3 und dem zweiten Hilfsantrag zu 4 sei die zulässige Klage unbegründet.

47

Die Klägerin hat am 28. Januar 2015 gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berufung eingelegt und diese am 16. April 2015 fristgerecht begründet. Sie macht u.a. geltend:

48

Die Regelung zur Reduzierung der Geldspielgeräte in § 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz HmbSpielhG verletze sie in ihrer Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelung finde im GlüStV und im Bundesrecht keine Grundlage. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts verfüge die Beklagte nicht über die Gesetzgebungskompetenz. Diese stehe dem Bund zu, da die Regelung der Anzahl von Geldspielgeräten in Spielhallen dem Geräte- und Aufstellungsrecht unterfalle.

49

Im Übrigen sei § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG materiell verfassungswidrig. Die Regelung sei nicht geeignet, das vom Gesetzgeber benannte Ziel der Suchtprävention zu erreichen. Dass die Gerätereduzierung zu einer Eindämmung pathologischen Spielverhaltens führe, sei nicht nachgewiesen. Folge der Pflicht zur Reduzierung sei es, dass gerade pathologische Spieler in die Automatensäle der Spielbanken, illegale Hinterzimmer oder das Glücksspiel im Internet auswichen, um ihre Spielsucht zu befriedigen. Die Aufsichtsmöglichkeiten in einer Spielbank seien viel geringer als in vergleichbar kleinen Spielhallen. Dies gelte erst recht für das Glücksspiel im Internet, das gänzlich anonym und unkontrolliert stattfinde, oder für illegale Glücksspielangebote. Das Online-Glücksspiel berge eine vielfach höhere Suchtgefahr als das Automatenspiel in Spielhallen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Spieler den Überblick über die eingesetzten Geldmengen verlören, da die Beträge per PayPal abgebucht bzw. mit Pre-Paid-Karten und nicht wie in einer Spielhalle bar gezahlt würden. Fehlerhaft sei auch die Ansicht des Verwaltungsgerichts, die Anreize für den Spieler seien umso geringer, je weniger Geräte je Spielhalle aufgestellt würden. Dagegen spreche die große Zahl der Spielgeräte in der von der Beklagten subventionierten Spielbank. Diese unterliege keinen gesetzlichen Reglementierungen. Dort sei Alkoholausschank erlaubt; es bestehe u.a. die Möglichkeit, in Raucherräumen zu rauchen und an einem EC-Automaten Bargeld zu erhalten. Auch unterliege die Spielbank keinen Werbebeschränkungen und bewerbe ihren Betrieb großflächig.

50

Die Reduzierung der Geräte sei auch nicht zumutbar und erforderlich. Der Bundesgesetzgeber habe durch die SpielV den Betreibern bereits erhebliche Einschränkungen für den Betrieb auferlegt. Deren Auswirkungen hätte der Gesetzgeber zunächst bewerten müssen, bevor er massivere Maßnahmen wie die Gerätereduzierung ergreife. Den Betreibern von Spielhallen sei es u.a. durch die im Jahr 2018 in Kraft tretenden und bereits wirksamen Vorgaben der SpielV insbesondere nicht möglich, ihre Preise zu erhöhen und das Spiel durch Erhöhung der Gewinngrenzen für die Spieler attraktiver zu gestalten. Sie, die Klägerin, habe im Vertrauen auf die nach § 3 Abs. 2 SpielV zulässige Anzahl von 12 bzw. 24 Geräten mit langfristig laufenden Mietverträgen entsprechend große Flächen angemietet. Die Reduzierung habe erhebliche negative Auswirkungen auf die Rentabilität von Betrieben wie denen der Klägerin, da die Umsatzeinbußen bei gleichbleibenden Kosten für Personal und Miete nicht ausgeglichen werden könnten. Bei einer Reduzierung der Geldspielgeräte auf acht Geräte verfüge sie über überzählige Flächen, die sie nicht wirtschaftlich nutzen könne, für die aber Kosten entstünden. Die in § 9 Abs. 2 HmbSpielhG geregelten Übergangsfristen seien nicht ausreichend, um dem Grundsatz des Vertrauensschutzes Rechnung zu tragen.

51

Die Reduzierung sei auch deshalb unverhältnismäßig, weil der Gesetzgeber einerseits den Betrieb von Spielhallen mit der Begründung der Spielsuchtprävention stark reglementiere, aber gleichzeitig seine Gesetzgebung nicht konsequent an diesem Ziel ausrichte, sondern das spielsuchtgefährdende Automatenspiel in der Spielbank weitgehend unregle-mentiert zulasse. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. März 2017 beschäftige sich nicht mit der möglichen Unionsrechtswidrigkeit der angegriffenen Regelungen. Sie führe lediglich aus, dass die Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit nur dann gerechtfertigt sei, wenn die betreffenden Maßnahmen dazu beitrügen, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Gefahren des Glücksspiels in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen. Warum die angegriffenen Regelungen dem Erfordernis der Kohärenz genügten, begründe das Gericht nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seien ein Monopol und der damit verbundene Ausschluss anderer Anbieter nur verfassungsgemäß, wenn diese Beschränkungen konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft ausgerichtet seien. Die Ermahnung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 7. März 2017 (juris), die Bekämpfung der Spielsucht nicht durch eine Ausweitung des Automatenspiels zu konterkarieren, hindere die Beklagte nicht, aus fiskalischen Gründen weitere Spielbank-Dependancen zu eröffnen. Zudem habe die Beklagte einem Wettbewerber in Bergedorf für einen aus sieben Hallen bestehenden Spielhallenkomplex und eine Einzelspielhalle Erlaubnisse erteilt. Dies spreche gegen eine kohärente und konsequente Bekämpfung der Spielsucht.

52

Die Gerätereduzierung sei auch als sogenannter „additiver Grundrechtseingriff“ unverhältnismäßig. Die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts u.a. zum Abstandsgebot sei insoweit auf die Gerätereduzierung nicht anwendbar. Sie, die Klägerin, erleide nicht nur durch die Verminderung der Zahl der Geldspielgeräte, sondern auch durch die Sperrzeit von sieben Stunden erhebliche Umsatzeinbußen. Die verbleibenden Geräte würden während der verkürzten Öffnungszeiten häufiger bespielt und Spieler, für die kein freies Gerät verfügbar sei, würden eine andere Spielhalle aufsuchen oder andere Glücksspielformate, zum Beispiel im Internet, wählen. Sei zu der verfügbaren Zeit kein Spielgerät frei, ändere der Spieler nicht seine Gewohnheiten oder Spielzeiten. Daher habe die Gerätereduzierung keine Verlagerung des Spielverhaltens auf andere Zeiten bewirkt und damit nicht zu einer gleichbleibenden Auslastung der verbleibenden Spielgeräte geführt. Das betriebswirtschaftliche Ergebnis für die Monate Januar bis November 2016 habe ………. Euro betragen, das vorläufige Ergebnis für die Monate Januar bis November 2017 nur ……… Euro. Es sei in der Einzelspielhalle in der X-Straße um ca. 1/3 gesunken. Die Kosten für Raummiete, Personal und Strom seien gleich geblieben. Dies sei für sie existenzgefährdend.

53

Es existierten weniger einschneidende Beschränkungen wie zum Beispiel die Einführung einer Spielerkarte, wie Zugangskontrollen für Spielhallen, eine Sperrdatei oder die Erhöhung des Zutrittsalters auf 21 Jahre, das in den klägerischen Spielhallen bereits gelte.

54

§ 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG verstoße auch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Es liege eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Hamburger Spielhallen und der Spielbank Hamburg vor. Diese sei auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass Spielhallen und die Spielbank unterschiedlichen Ordnungs- und Regelungsbereichen unterfielen. Hier handele es sich um Landesrecht und damit um den gleichen Gesetzgeber. Zudem würden die Anforderungen an die Geldspielgeräte (z.B. Spielpausen, Speicherung von Geldbeträgen in Einsatz- und Gewinnspeichern, Verbot des Punktespiels) durch die Änderung der SpielV vom 11. November 2014 weiterhin verschärft. All diese Restriktionen gälten für eine Spielbank nicht. Auch könne die Beklagte aus fiskalischen Gründen weitere Spielbank-Dependancen eröffnen, was gesetzlich möglich sei. Dort könnten ein oder mehrere Gerät(e) mit unbegrenzten Geldbeträgen ohne Spielpausen bespielt werden. Es seien dort 136 Geräte aufgestellt. Auch Einlasskontrollen in der Spielbank könnten nicht gewährleisten, dass an den zahlreichen in der Spielbank aufgestellten Geräten ohne Spielpausen und ohne Gewinn- und Verlustbegrenzung gespielt werde. Die für Spielbanken bestehende Sperrdatei können nicht verhindern, dass Gelegenheitsspieler, die erst an der Spielsucht zu erkranken drohten und an die sich das Hamburgische Spielhallengesetz in erster Linie richte, an den in der Spielbank aufgestellten Spielautomaten spielten. Auch die Selbst- und Fremdsperren hätten keinen präventiven Charakter. Dem Gesetzgeber gehe es mit der Gerätereduzierung zudem darum, die Spielanreize an einem Ort zu reduzieren. Daher sei die Erwägung unerheblich, dass es mehr Spielhallen als Spielbankenstandorte gebe.

55

Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 7. März 2017 seien auf ihren Fall nicht übertragbar, weil die dort entschiedenen Fälle Inhaber von sehr großen Verbundspielhallen betroffen hätten. Die Gefahr eines „Las-Vegas-Effekts“, den das Bundesverfassungsgericht u.a. hinsichtlich des Abstandsgebots benenne, trete bei ihrer Einzelspielhalle bzw. ihrer Doppelspielhalle nicht auf. Die Ausführungen zu den Gemeinwohlzwecken bezüglich der Gerätereduzierung seien nicht näher begründet worden; dies gelte auch für die Unterschiede zu Spielbanken. Es spreche nichts dagegen, in verbleibenden Einzelspielhallen entsprechend der SpielV weiterhin zwölf Geräte aufzustellen, wie dies in den meisten Bundesländern weiter erlaubt sei.

56

Auch § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, da er sie, die Klägerin, ebenfalls in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG verletze. Es fehle der Beklagten an der Gesetzgebungskompetenz. Zudem seien die in der SpielV vorgesehenen Sichtblenden zum Spielerschutz gleich wirksam und weniger eingriffsintensiv, da sie das Bespielen mehrerer Geräte ebenfalls einschränkten. Die nun verlangten Sichtblenden führten dazu, dass der einzelne Spieler in seinem Spiel weniger beobachtet werden könne und die Aufsichtsmöglichkeiten eingeschränkter seien. Der mit dem Besuch der Spielhalle verbundene soziale Kontakt trete in den Hintergrund. Der Spielerschutz werde durch die neuen Sichtblenden eher verringert als erhöht. Die Ungleichbehandlung zwischen Spielhallen und der Spielbank sei auch hinsichtlich dieser Verpflichtung nicht gerechtfertigt.

57

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts gelte für ihre Spielhallen die bisher nach § 1 der Sperrzeitverordnung bestimmte Sperrzeit von 5.00 bis 6.00 Uhr. Die Sperrzeitregelung sei nicht geeignet, die Spielsucht wirksam zu bekämpfen. In Gaststätten und Imbissen sei es weiterhin möglich, die in den Schankräumen aufgestellten Automaten auch während der Sperrzeit zu betreiben. Gleiches gelte für Wettbüros, die teilweise auch Spielautomaten aufgestellt hätten. Zudem hielten sich dann potentielle Spieler vermehrt im offenen Spielbetrieb des Internets auf oder in unkontrollierten Spiele-Cafés sowie in Hinterzimmern. Die Sperrzeitverordnung sei auch nicht geeignet, die Spielsucht wirksam zu bekämpfen. Es liege nahe, dass durch die Reduzierung der Öffnungszeiten der Spielhallen mehr Besucher in die Hamburger Spielbank getrieben würden. Der Gesetzeszweck sei lediglich vorgeschoben und die Geeignetheit der Sperrzeit zur Spielsuchtbekämpfung sei aus diesem Grund fraglich. Aus der immensen Bewerbung der Hamburger Spielbank könne der Schluss gezogen werden, dass das HmbSpielhG lediglich fiskalischen Zwecken diene. Außerdem sei die Sperrzeitregelung unverhältnismäßig. Die Mitarbeiter der Klägerin, die gezwungen seien, um 5:00 Uhr morgens die Hallen abzuschließen, würden einem erhöhten Unfallrisiko ausgesetzt. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass gerade der Zeitpunkt der Schließung einer Halle in den frühen Morgenstunden eine erhöhte Gefahr von Raubüberfällen in sich berge. In der bisherigen Sperrzeit habe die Halle zwar abgeschlossen werden müssen, das Schließen erfolge aber von innen und die Mitarbeiter blieben während der Sperrzeit in der Halle und reinigten diese. Der Gesetzeszweck, den Spieler zu veranlassen, einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen zu ziehen sowie die Möglichkeit der Erholung zu nutzen, könne auch durch mildere Mittel wie eine kürzere Sperrzeit zur Nachtzeit erreicht werden. Nach dem Glücksspielstaatsvertrag sei es ausreichend, wenn die Sperrzeit lediglich drei Stunden betrage. Außerdem gehe der Gesetzgeber, wie sich u.a. aus § 26 Abs. 2 GlüStV und § 5 Abs. 3 HmbSpielhG ergebe, selbst davon aus, dass eine kürzere Sperrzeit ausreichend sei.

58

§ 5 HmbSpielhG sei im Hinblick auf die kürzeren Sperrzeiten in den Dependancen der Hamburger Spielbank wegen Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Auch bestehe eine Ungleichbehandlung der Spielhallen gegenüber den Schank- und Speisewirtschaften. Wenn der Spieler durch die verlängerten Sperrzeiten gezwungen werden solle, einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen zu ziehen sowie die Möglichkeit der Erholung zu nutzen, sei nicht ersichtlich, warum dies dann in Schank- und Speisewirtschaften, in denen der Spieler durch den Alkohol enthemmter sei, nicht gelte. Mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Sperrzeiten beschäftige sich der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. März 2017 nicht.

59

Auch der Hilfsantrag sei begründet, soweit die Sperrzeit in den Spielhallen um 6:00 Uhr beginne und um 9:00 Uhr ende. Die in § 5 Abs. 1 HmbSpielhG festgelegte längere Sperrzeit für Spielhallen und die kürzere Sperrzeit für Spielhallen auf der Reeperbahn und am Steindamm stellten einen nicht gerechtfertigten Eingriff in ihr Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG dar. Die unterschiedlichen Standorte rechtfertigten die Ungleichbehandlung nicht. Personen, die der Spielsucht verfallen seien, seien gerade in dem Gebiet Reeperbahn in einem größeren Ausmaß gefährdet als in anderen Gebieten.

60

Die Klägerin beantragt,

61

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 10. Dezember 2014 teilweise zu ändern und

62

1. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Anzahl der Spielgeräte in den von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und Y-Straße in 22159 Hamburg auf jeweils acht Spielgeräte zu reduzieren,

63

2. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, in den von ihr betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und Y-Straße in 22159 Hamburg jeweils zwischen jedem Spielgerät Sichtblenden in einer Tiefe von mindestens 0,80 m, gemessen von dem am weitesten in den raumhineinragenden Gerätebauteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante, aufzustellen,

64

3. festzustellen, dass für die von der Klägerin betriebenen Spielhallen in der X-Straße in 20253 Hamburg und Y-Straße in 22159 Hamburg die bisherige Sperrzeit von 5:00 Uhr bis 6:00 Uhr nach § 1 der Sperrzeitverordnung gilt,

65

hilfsweise festzustellen, dass bei den von der Klägerin betriebenen Spielhallen jeweils die Sperrzeit um 6:00 Uhr beginnt und um 9:00 Uhr endet.

66

Die Beklagte beantragt,

67

die Berufung zurückzuweisen.

68

Sie macht u.a. geltend, das Verwaltungsgericht gehe zu Recht von der Gesetzgebungskompetenz der Freien und Hansestadt Hamburg aus. Das Recht der Spielhallen aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG beziehe sich auf das gesamte Spielhallenwesen. Die Höchstzahl der zulässigen Spielgeräte sei nicht bereits durch § 3 Abs. 2 SpielV bundesrechtlich abschließend geregelt. Die Regelungen verletzten die Klägerin nicht in ihrem Recht auf freie Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 GG. Soweit die Klägerin meine, gerade pathologische Spieler würden auf Automatensäle der Spielbanken, illegale Hinterzimmer und das Glücksspiel im Internet ausweichen, seien dazu keine Untersuchungen bekannt. Es werde auch von den Anbietern nicht mehr bestritten, dass Geldgewinnspiel und Glücksspiel um Geld zu pathologischen Verhaltensweisen führen könne. Dieses Verhalten sei nicht auf eine einzige Ursache zurückzuführen. Es sei als unwiderlegbar anzunehmen, dass Angebote eine Nachfrage nach sich zögen. Wo große Nachfrage herrsche, sei auch die Gefahr, pathologische Verhaltensweisen zu entwickeln, entsprechend größer. Die Regelung verletze Art. 3 Abs. 1 GG nicht. Eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der gewerblichen Spielhallen und der Spielbank Hamburg liege nicht vor. Der Spielbank Hamburg mit drei Dependancen mit insgesamt 381 Geldspielautomaten hätten im Jahr 2014 ca. 378 Spielhallen mit insgesamt ca. 4040 Geldspielgeräten gegenübergestanden. Heute seien es 321 Spielhallen. Wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebe, sei die Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern gegenüber den Betreibern von Spielbanken und Gaststätten mit Geldspielgeräten gerechtfertigt, selbst wenn wegen der erheblichen Beeinträchtigung des Grundrechts der Berufsfreiheit ein über eine bloße Willkürkontrolle hinausgehender Verhältnismäßigkeitsmaßstab zugrunde gelegt werde.

69

Die Pflicht zur Einzelaufstellung der Geldspielgeräte, verbunden mit den erforderlichen Sichtblenden, diene dem Spielerschutz. Früher sei das Spiel an mehreren Geldspielgeräten unproblematisch möglich gewesen. Dies werde nun sehr erschwert. Die Automatiktaste sei erst ab November 2014 nach § 13 Nr. 7 Satz 3 SpielV bei neuen Geldspielgeräten verboten. Für alte Geräte gälten Übergangsfristen. Die Regelung sei verhältnismäßig. Die Erwerbsinteressen der Klägerin träten dahinter deutlich zurück.

70

Soweit die Klägerin u.a. gegen die Sperrzeitregelung und die Gerätereduzierung einwende, sie könne Umsatzrückgänge, die sie dadurch erfahren habe, aufgrund der Beschränkung der Geldspielgeräte nicht ausgleichen, und die Sperrzeitregelung werde für sie ruinöse Folgen haben, sei dies nicht durch Zahlen belegt und insgesamt wenig aussagekräftig. Es sei damit zu rechnen, dass die Kunden die Spielhallen auch zu Zeiten außerhalb der Spitzenzeiten aufsuchten und dass so die acht Geldspielgeräte stärker ausgelastet seien. Zudem sei der Klägerin spätestens seit Inkrafttreten des HmbSpielhG bekannt gewesen, dass sie die Zahl der Geldspielgeräte innerhalb der in § 9 Abs. 2 HmbSpielhG geregelten Fristen zu reduzieren habe. Sie habe bis zum 30. Juni 2017 und damit hinreichend Zeit gehabt, sich auf die aktuelle Rechtslage einzustellen, indem sie zum Beispiel kurze Laufzeiten der Miet- bzw. Leasingverträge für die Spielgeräte vereinbart hätte. Auch habe sie die Anzahl der Geräte gegebenenfalls auch sukzessive reduzieren können.

71

Im Übrigen sei nicht erkennbar, aus welchen Gründen das Unionsrecht hier Anwendung finde. Es fehle an einer Darlegung, weshalb hier die Dienstleistungsfreiheit verletzt sein könne. Die Klägerin habe ihren Sitz nicht im europäischen Ausland und damit fehle nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das grenzüberschreitende Moment. Unabhängig davon liege ein Verstoß gegen Unionsrecht nicht vor. Selbst wenn man einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit durch die Regelungen des HmbSpielhG annehme, sei dieser hier aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Die Regelung sei nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzverbot unanwendbar. Das Kohärenzverbot verlange weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung. Eine alle Glücksspielsektoren überspannende und zwischen Bund und Ländern koordinierte Gesamtkohärenz sei nicht erforderlich.

72

Soweit die Klägerin die Werbepraxis beanstandete, sei zu berücksichtigen, dass alle Landeslottogesellschaften gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 1 GlüStV über eine Werbeerlaubnis verfügten. Für den Bereich der Sportwetten sehe der Glückspielstaatsvertrag in den §§ 4a ff. GlüStV ein striktes Regulierungssystem vor. Dieses werde in Hamburg durch das Ausführungsgesetz zum GlüStV ergänzt. Eine Inkohärenz ergebe sich auch nicht im Vergleich zum Online-Glücksspiel oder den Spielbanken. Die Spielbanken unterlägen einem strikten ordnungsrechtlichen Maßstab. Die unterschiedliche Regelung im Vergleich zu Spielhallen sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Online-Glücksspiel sei strikt reguliert. Es bestehe gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV ein Totalverbot, von dem nur für Lotterien, Sportwetten und Pferdewetten in § 4 Abs. 5 GlüStV Ausnahmen zulässig seien. Die Aufsichtsbehörden gingen auch gegen unerlaubte Glücksspiele im Internet vor. Dass wegen der Vielzahl der Angebote der Schwarzmarkt nicht vollständig beseitigt werden könne, stelle im Übrigen nach der Rechtsprechung des EuGH keinen Verstoß gegen unionsrechtliche Verpflichtungen dar.

73

Die von der Klägerin angeführten Verbundspielhallen im Bezirk Bergedorf seien im Rahmen eines Härtefallantrages nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG genehmigt worden. Im Übrigen gebe es im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg durchaus noch Standorte, an denen neue Spielhallen eröffnet werden könnten.

74

Mit Beschluss vom 16. Februar 2016 hat das Berufungsgericht das Verfahren entsprechend § 94 VwGO im Hinblick auf anhängige Verfassungsbeschwerden bei dem Bundesverfassungsgericht (1 BvR 1314/12 u.a.) ausgesetzt. Mit Beschluss vom 26. September 2017 ist der Aussetzungsbeschluss aufgehoben worden, nachdem das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerden mit Beschluss vom 7. März 2017 (juris) entschieden hatte.

75

Die Sachakten der Beklagten und die Prozessakten der Verfahren 4 Bf 217/17 und 4 Bs 121/17 haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

76

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

77

Das auf Grund mündlicher Verhandlung vom 10. Dezember 2014 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts ist nicht zu ändern. Die Klage der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

78

I. Die von der Klägerin erhobene negative Feststellungsklage ist zulässig.

79

Die Feststellungsklage der Klägerin ist hinsichtlich der Hauptanträge zu 1-3 und des Hilfsantrags nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig.

80

Soweit sie sich dagegen wendet, dass ihre Spielhallen den in Kraft getretenen und nun mit der für den Standort X-Straße erteilten Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG verbundenen betriebsbezogenen Einschränkungen unterliegen, ist die Klägerin an einem gegenwärtigen, feststellungsfähigen Rechtsverhältnis beteiligt. § 43 Abs. 2 VwGO greift insoweit nicht ein, da die Vorschriften bußgeldbewehrt sind und der Klägerin nicht zuzumuten ist, etwaige Sanktionen abzuwarten (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, BVerwGE 157, 127, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 15 m.w.N.; OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 11). Soweit sich die Klägerin gegen erst künftig eintretende, mit dem Erlöschen ihrer Spielhallenerlaubnisse bezüglich des Standortes Y-Straße und dem Erfordernis einer neuen Erlaubnis verbundene Beschränkungen wendet, ist die Klage als vorbeugende Feststellungsklage zulässig. Zwar ist über ihre Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen für diesen Standort noch nicht rechtskräftig entschieden worden. Gegenwärtig duldet die Beklagte den Weiterbetrieb. Welchen rechtlichen Anforderungen die Klägerin im Hinblick auf die künftige Erteilung einer Erlaubnis unterliegen wird, ist aber bereits jetzt sachlich und zeitlich hinreichend überschaubar. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist deshalb auch insoweit gegeben (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.11.1989, 2 C 23.88, NJW 1990, 1866, juris Rn. 17). Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an den von ihr mit den Hauptanträgen und dem Hilfsantrag von ihr begehrten Feststellungen ergibt sich aus ihrem Interesse, Klarheit über die Rechtslage zu erzielen, um wirtschaftliche Dispositionen für ihre Betriebe treffen zu können (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 15; OVG Saarlouis, Urt. v. 5.7.2017, 1 A 51/15, juris Rn. 128 f.).

81

II. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin ist verpflichtet, die von ihr beanstandeten Vorschriften einzuhalten. Die Bestimmungen des § 4 Abs. 3 Satz 1, des § 4 Abs. 3 Satz 3 und des § 5 Abs. 1 und 3 HmbSpielhG sind formell und materiell verfassungsgemäß und stehen mit Unionsrecht im Einklang (1. bis 3.). Sie sind auch nicht wegen Verstoßes gegen die Notifizierungspflicht unanwendbar (4.).

82

1. Die Klägerin kann nicht verlangen, die Pflicht zur Reduzierung der Geldspielgeräte nicht einhalten zu müssen, weil sie durch die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz HmbSpielhG anderenfalls in ihren geschützten Rechtspositionen verletzt wird.

83

a) Der mit den Anforderungen an die Gerätereduzierung verbundene Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechte der Klägerin ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

84

aa) Der Eingriff in die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG ist formell und materiell verfassungsgemäß.

85

Bei der Bestimmung, dass die Gesamtzahl der Geld- oder Warenspielgeräte in einem Unternehmen nach § 1 Abs. 2 HmbSpielhG acht Geräte nicht übersteigen darf (§ 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG), handelt es sich um einen Eingriff in eine Berufsfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG. Denn derjenige, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes ein Unternehmen nach § 1 Absatz 2 HmbSpielhG rechtmäßig betreibt und über eine gültige Erlaubnis nach § 33i GewO oder nach § 2 HmbSpielhG verfügt, hat für diesen Betrieb die Zahl der Geräte und Spiele innerhalb einer bestimmten Frist, spätestens ab 1. Juli 2017, auf das nach § 4 Absatz 3 HmbSpielhG zulässige Maß zu reduzieren (§ 9 Abs. 2 HmbSpielhG) bzw. darf nur maximal acht Geräte betreiben. Die Regelung stellt keinen Eingriff in die Berufswahlfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG dar, weil die Betroffenen durch die hier relevanten Regelungen des HmbSpielhG weder an der Berufswahl noch daran gehindert sind, jederzeit an einem geeigneten Ort innerhalb Hamburgs eine neue Spielhalle zu eröffnen (vgl. zum Maßstab: OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 29 m.w.N.; vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 36 ff.).

86

Dieser Berufsregelung unterfällt die Klägerin. Die Beklagte erteilte ihr zuletzt in den Jahren 2008 und 2010 für die von ihr betriebenen Spielhallen eine Erlaubnis nach § 33 i GewO bzw. im Juni 2017 eine neue Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG.

87

Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die in kompetenzmäßiger Hinsicht den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.3.1992, 1 BvR 298/86, BVerfGE 86, 28, juris Rn. 46 ff.). Sie müssen zudem auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist (stRspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.1.2016, 1 BvL 6/13, NJW 2016, 700, juris Rn. 47 m.w.N.). Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Einschränkungen der Berufsfreiheit stehen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Daher müssen die Eingriffe zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet sein und dürfen nicht weiter gehen, als es die Gemeinwohlbelange erfordern (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.1.2002, 1 BvR 1236/99, BVerfGE 104, 357, juris Rn. 34). Die Eingriffsmittel dürfen zudem nicht übermäßig belastend sein, so dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 95 m.w.N.). Wirkt eine auf die Berufsausübung zielende Regelung auf die Berufswahl zurück, weil sie in ihren Wirkungen einer Regelung der Berufswahl nahe kommt, ist ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung an den Anforderungen an Regelungen betreffend die Berufswahl zu messen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 5.8.2015, 2 BvR 2190/14, WM 2015, 1827, juris Rn. 28 m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 35 m.w.N.)

88

Die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und weiterer negativer Begleiterscheinungen des Spiel- und Wettbetriebs stellt ein legitimes Ziel für die Berufsfreiheit einschränkende Regelungen dar (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12, NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 122; Beschl. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 98 f.). Es gelten insofern allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der das Berufungsgericht folgt, besondere Anforderungen, sofern der Staat zugleich auf Teilen des Spielmarktes selbst wirtschaftend tätig ist. So verlangt ein beim Staat monopolisiertes Sportwettenangebot eine konsequente Ausgestaltung der Maßnahmen zur Vermeidung und Abwehr von Spielsucht und problematischem Spielverhalten (BVerfG, Beschl. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 126), da fiskalische Erwägungen des Staates solche Einschränkungen der Berufsfreiheit nicht tragen können. In einer Konfliktlage mit staatlicher Beteiligung am Spiel- und Wettmarkt ist eine Ausrichtung der staatlichen Maßnahmen auf die Bekämpfung der Spielsucht erforderlich. Dabei sind andere Glücksspielformen insbesondere dann einzubeziehen, wenn der Gesetzgeber - wie hier - (auch) eigene fiskalische Interessen verfolgt und die Glücksspielformen potentiell in Konkurrenz zueinander stehen. Die suchtpräventiv ausgerichtete staatliche Regulierung in einem Glücksspielsegment darf nicht durch die fiskalische Ausrichtung der Regulierung in einem anderen konterkariert werden. Dies gilt insbesondere dort, wo die Regulierung privater Angebote und staatliche Monopole zusammentreffen, wie dies u.a. bei der Regulierung von Spielhallen einerseits und Spielbanken andererseits der Fall sein kann. Unterschiedliche Regelungen verschiedener Glücksspielformen sind jedoch zulässig, sofern der Gesetzgeber eine angemessene Suchtprävention nicht außer Acht lässt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 3.7.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 122 ff.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 51 f.).

89

Nach den Anforderungen des Gerichtshofs der Europäischen Union an die staatliche Bekämpfung der Spielsucht ist im nicht monopolisierten Bereich die Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit der Unionsrechtsordnung nur dann gerechtfertigt, wenn die restriktive Maßnahme einem zwingenden Grund des Allgemeininteresses wie dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung (einschließlich der Bekämpfung der Spielsucht), der Betrugsvorbeugung oder der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen entspricht und geeignet ist, die Verwirklichung dieses Ziels dadurch zu gewährleisten, dass sie dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten im Glücksspiel in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (vgl. EuGH, Urt. v. 21.10.1999, C-67/98, Rn. 36 f.; Urt. v. 6.11.2003, C-243/01, Rn. 67; Urt. v. 6.3.2007, C-338/04 u.a., Rn. 52 f.; Urt. v. 8.9.2010, C-46/08, Rn. 55, 64 f.; Urt. v. 8.9.2010, C-316/07 u.a., Rn. 88; Urt. v. 30.4.2014, C-390/12, Rn. 43; vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 122-124).

90

Diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG.

91

(1) § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG, der in die Berufsfreiheit eingreift, ist nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, 70 GG formell verfassungsgemäß. Die hier streitgegenständliche Regelung ist nicht kompetenzwidrig zustande gekommen. Die Beklagte war für den Erlass der Regelung nach Art. 70 Abs. 1 GG zuständig.

92

Die Bestimmung zur Reduzierung der allgemeinen Gerätehöchstzahl je Spielhalle unterfällt der Gesetzgebungskompetenz der Länder. Sie ist eine gewerberechtliche Anforderung und dem Recht der Spielhallen nach Art. 70, 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuzuordnen. Der Kompetenztitel für das Recht der Spielhallen ermächtigt die Länder zur Regelung sämtlicher Voraussetzungen für die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebs einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte, dem Zweck der Regelungen und der Systematik. Die Regelung der höchstzulässigen Gerätezahl ist eine gewerberechtliche Anforderung und stellt auf die spezifische Gefährlichkeit von Spielhallen ab (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 97 ff., zur gleichlautenden Berliner Regelung: Rn. 112; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, BVerwGE 157, 127, juris Rn. 19 ff., 33; ausführl. zu § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG: OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, juris Rn. 72 ff.).

93

Von der der Beklagten zugewiesenen Gesetzgebungskompetenz hat diese u.a. mit § 28 Satz 1 und 2 des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (v. 15.12.2011, HmbGVBl. 240, in Kraft getreten zum 1.7.2012) - GlüStV - und § 4 HmbSpielhG Gebrauch gemacht.

94

(2) Bedenken gegen die materielle Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG bestehen nicht. Der sich aus der Regelung ergebende Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ist materiell verfassungsgemäß.

95

Der Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Klägerin ist durch ein Gemeinwohlziel legitimiert.

96

Für die Beschränkung der Zahl der Geldspielgeräte nach § 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz HmbSpielhG sprechen vernünftige Gründe des Gemeinwohls. Die auf die Senkung der Zahl der Geldspielgeräte zielende Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG soll unter anderem das Entstehen von Glücksspielsucht verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung schaffen. Das HmbSpielhG, das den GlüStV in Bezug auf Spielhallen umsetzt bzw. konkretisiert, dient nach der Begründung des Gesetzentwurfs dem Ziel, Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen, dass das Angebot im Sinne der Bekämpfung der Spielsucht ausgestaltet ist, dass der Spielerschutz verbessert und der Jugendschutz eingehalten wird (vgl. BüDrs. 20/3228, S. 6, 7). Spielsucht kann schwerwiegende Folgen nicht nur für den Betroffenen und seine Familie haben. Sie birgt wegen der drohenden Verschuldung des Betroffenen und seiner Familie sowie wegen der mit der Sucht nicht selten verbundenen Folge- und Begleitkriminalität auch Gefahren für die Gemeinschaft (vgl. Bü-Drs. 20/3228, S. 7, 8, Bü-Drs. 20/5877, S. 24, 25 m.w.N.; vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 99 f.). Nach dem Drogen- und Suchtbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung (vom Mai 2013, Nr. 5 - Pathologisches Glücksspiel - S. 43 ff.) ist der Geldspielgerätemarkt der wirtschaftlich bedeutendste und umsatzstärkste Sektor des deutschen regulierten Glücksspielmarkts. Automatenglücksspiel weist das höchste Suchtpotential auf. Für Spieler, die an Geldspielautomaten spielen, ergibt sich gegenüber Spielern, die dieses Glücksspiel nicht betreiben, ein deutlich erhöhtes Risiko, ein problematisches Spielverhalten zu entwickeln. Automatenglücksspiele können nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung zu krankhaftem Suchtverhalten führen (vgl. Zusammenfassung bei Pagenkopf, Der neue Glücksspielstaatsvertrag, NJW 2012, 2918, 2921 m.w.N.; Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Internetverweis zu www.spielen-mit-verantwortung.de; vgl. Meyer, Stellungnahme zu dem Entwurf der 6. VO zur Änd. der SpielV, Stand 8.2.2012, S. 6; vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 100, BVerwG, Urt. v. 5.4.2017, 8 C 16.16, SächsVBl. 2017, 322, juris Rn. 35; StGH BW, Urt. v. 17.6.2016, 15/13, 1 VB 15/13, juris Rn. 329 f.). Die angestrebten Ziele der Suchtbekämpfung sind solche des Gemeinwohls, die Eingriffe in die Berufsfreiheit in Bezug auf den Betrieb von Spielhallen rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 133; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 38 m.w.N.; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, NVwZ-RR 2014, 317 [LS], juris Rn. 16; ausf. Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 36 m.w.N.). Ein derart wichtiges Gemeinwohlziel vermag selbst eine objektive Berufswahlbeschränkung zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1954/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 98 ff.; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 50).

97

Der Landesgesetzgeber war auch nicht gehindert, das Ziel der Bekämpfung der Glücksspielsucht zum Gegenstand seiner gesetzgeberischen Vorhaben im Rahmen des GlüStV und des HmbspielhG zu machen, obwohl - worauf die Klägerin hinweist – auch bundesrechtliche Regelungen wie die SpielV existieren, die ebenfalls an diesem Zweck und Ziel ausgerichtet sind. Diese „verbrauchen“ nicht verfassungsrechtlich legitime Schutzzwecke im Rahmen der Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 38).

98

Die Regelung ist auch konsequent am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet, auch wenn Spielhallen, Spielbanken und Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind, unterschiedlichen Regelungen unterworfen sind.

99

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nicht verlangt, dass der Gesetzgeber die durch das Spielen an Spielautomaten hervorgerufenen Suchtgefahren gleichzeitig auch bezogen auf andere Aufstellorte wie Spielbanken und Gaststätten mit gleichen Mitteln bekämpft (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 51 ff. m.w.N.). U.a. für das Verbundverbot und das Abstandsgebot (vgl. auch § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG) hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die dort relevanten Vorschriften u.a. des Berliner und des Saarländischen Spielhallengesetzes sowie die in diesen Ländern für Spielbanken und Gaststätten geltenden Vorschriften konsequent und kohärent an dem Ziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht ausgerichtet sind.

100

Das Bundesverfassungsgericht hat dazu im Beschluss vom 7. März 2017 ausgeführt:

101

„… Das Verbundverbot und die Abstandsgebote sind konsequent am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet, auch wenn Spielhallen, Spielbanken und Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind, unterschiedlichen Regelungen unterworfen sind. Bei der Regulierung der Geldspielgeräte in Gaststätten sind keine gesteigerten fiskalischen Interessen auf Seiten der Länder erkennbar.

102

Mit dem in die Regelungen nicht einbezogenen Betrieb der Spielbanken sind allerdings gesteigerte fiskalische Interessen der Länder verbunden, weil ihnen nach Landesgesetz wesentliche Anteile an der Betreibergesellschaft gehören (vgl. § 5 Abs. 3 SpielbG-Saar) und sie Bruttospielertrag und Gewinn der Spielbanken abschöpfen (vgl. § 14 Abs. 1, § 15 SpielbG-Saar; § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 2 bis 5 SpBG Bln). Insofern ist nicht ausgeschlossen, dass das Verbundverbot und die weiteren Beschränkungen in den neuen Spielhallengesetzen indirekt auch fiskalische Interessen der Länder durch Verlagerung auf das Angebot der Spielbanken fördern. Insoweit besteht ein Konkurrenzverhältnis zwischen den - hier regulierten - Spielhallen und den - auch mit fiskalischen Interessen betriebenen - Spielbanken, die in Berlin und im Saarland Dependancen oder Zweigniederlassungen betreiben, in denen ausschließlich und losgelöst von den übrigen Glücksspielangeboten der Spielbanken vergleichbares Glücksspiel an Automaten beziehungsweise Geräten angeboten wird. Diese sind durch die ausdrückliche Ausnahme in § 33h Nr. 1 GewO von der Anwendbarkeit der spielhallenbezogenen Regelungen der Gewerbeordnung ausgenommen. Demgegenüber wird der Entstehung von Mehrfachspielhallen, die wegen des großflächigen Angebots und der größeren Zahl an verfügbaren Spielgeräten in die Nähe der Automatensäle von Spielbanken heranrücken, mit den angegriffenen Regelungen entgegengewirkt.

103

Dennoch liegt hierin keine Inkonsequenz in Bezug auf das von den Gesetzgebern verfolgte Ziel der Bekämpfung der Glücksspielsucht, da der Betrieb der Spielbanken und die Erlaubnis zur Aufstellung von Spielautomaten in eigener Weise an den in § 1 GlüStV benannten Zielen, insbesondere der Bekämpfung der Glücksspielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV) und der Begrenzung und Kanalisierung des Spieltriebs (§ 1 Nr. 2 GlüStV), ausgerichtet sind. Für Spielbanken sind umfangreiche Spielerschutzvorschriften vorgesehen. […..] Dementsprechend sieht § 20 Abs. 1 GlüStV zur Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV eine Begrenzung der Anzahl der Spielbanken in den Ländern vor. Damit sind auch der Zulassung von Zweigniederlassungen beziehungsweise Dependancen Grenzen gesetzt. …. So ist das Spiel in Spielbanken aufgrund der begrenzten Zahl der Standorte (…) aus dem Alltag herausgehoben, während das Spiel in Spielhallen schon aufgrund der großen Verfügbarkeit und der wesentlich zahlreicheren Standorte Bestandteil des alltäglichen Lebens ist. Dieser Unterschied wird auch bei einer Reduzierung des Bestands an Spielhallenstandorten aufgrund der Abstandsgebote nach Ablauf der Übergangsfristen grundsätzlich fortbestehen. Nach den vorliegenden Untersuchungen fällt die vom kleinen Spiel an Spielautomaten in Spielbanken ausgehende Suchtproblematik sehr viel geringer aus als beim Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen (vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2013, Ergebnisbericht, 2014, S. 189; Haß/Lang, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland. Ergebnisse des Surveys 2015 und Trends - Forschungsbericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 2016, S. 102; Meyer u.a., Pathologisches Glücksspielen und Epidemiologie: Entstehung, Komorbidität, Remission und Behandlung - Endbericht, S. 68). …

104

… Im Übrigen widerspricht das Angebot des Automatenspiels in Spielbanken in Berlin und im Saarland - soweit ersichtlich - auch in seiner tatsächlichen Ausgestaltung nicht den Zielen der Bekämpfung der Spielsucht und der Kanalisierung des Spieltriebs und orientiert sich nicht an fiskalischen Interessen der Länder. Die Zahl der Zweigniederlassungen ist in beiden Ländern leicht gesunken, während die Zahl der Spielhallen und gerade der Mehrfachspielhallen in den letzten zehn Jahren sprunghaft angestiegen ist. Auch bei Berücksichtigung der "Ausdünnung" des Spielhallenmarktes durch Verbundverbot und Abstandsgebot nach Ablauf der Übergangsfristen zum 31. Juli 2016 beziehungsweise zum 30. Juni 2017 dürfte die absolute Zahl der Spielautomaten in Spielbanken erheblich geringer bleiben als die Zahl der Spielgeräte in Spielhallen.

105

Zur konsequenten Regulierung der Spielbanken und insbesondere des Automatenspiels mit dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht haben die Landesbehörden jedoch auch in Zukunft dafür Sorge zu tragen, dass die Reduzierung der Zahl der Spielhallen nicht durch eine Ausweitung des Automatenspiels und eine Vermehrung der Standorte von Spielbanken und ihren Dependancen konterkariert wird“ (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 141 – 147).

106

Diesem Verständnis der Reichweite des Kohärenzgebots schließt sich das Berufungsgericht vollumfänglich an. Die rechtlichen und tatsächlichen Wertungen des Bundesverfassungsgerichts lassen sich auf die Frage der Vereinbarkeit der hier beanstandeten Regelung der Gerätehöchstzahlen für Spielhallen in Hamburg mit dem unions- und verfassungsrechtlich geprägten Kohärenzgebot bei einer Konkurrenzsituation zwischen Spielhallen und Spielbanken übertragen. Weder ist ersichtlich, dass die Pflicht zur Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte innerhalb einer Spielhalle mittelbar fiskalischen Zwecken, nämlich einer Begünstigung des Angebots der Spielbank, dienen soll, noch dass die teilweise – so gegenüber § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG - großzügigeren Regelungen des Automatenspiels in Spielbanken in ihrer Gesamtheit im Bereich der Beklagten nicht konsequent am Ziel der Glücksspielsuchtprävention ausgerichtet sind:

107

Eine Inkonsequenz in Bezug auf das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel der Bekämpfung der Glücksspielsucht ist nicht zu erkennen. Es besteht bereits in der Spielbank und ihren Dependancen ein deutlich geringeres Angebot an Geldspielgeräten und eine geringere Verfügbarkeit der Geräte als in Spielhallen. In Hamburg standen vor dem Inkrafttreten des HmbSpielhG einer Spielbank mit drei Dependancen und insgesamt ca. 382 Geldspielgeräten (vgl. BÜ-Drs. 20/10218 v. 10.12.2013; davon 4 Mehrplatzgeräte) 389 Spielhallen mit jeweils bis zu 12 Geldspielgeräten (entspricht ca. 4.000-4.500 Geldspielgeräten; vgl. Bü-Drs. 20/3423 v. 9.3.2012, sog.“ Haufler-Liste“; am 1.6.2017 347 Spielhallen [vgl. Bü-Drs. 21/9517]) und heute 321 Spielhallen gegenüber. Es ergibt sich auch bei einer Reduzierung der Geldspielgeräte nach § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbspielhG um bis zu 1/3 innerhalb der einzelnen Spielhalle weiterhin eine größere Verfügbarkeit von konkreten Spielgelegenheiten an Automaten auf Grund der deutlich höheren Zahl an Spielhallen im Verhältnis zu Spielbanken. Konkrete Anhaltspunkte für die von der Klägerin behauptete Vergrößerung des Angebots an Spielbank-Dependancen (und damit der Zahl der dort befindlichen Geldspielgeräte) trägt diese nicht vor und solche sind auch nicht ersichtlich. Die nach § 2 Abs. 1 Satz 4 des Gesetzes über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank (v. 24.5.1976, HmbGVBl. S. 139, zuletzt geänd. durch G. v. 18.10.2017, HmbGVBl. S. 336) - HmbSpielbG - mögliche Zahl von bis zu sechs Spielbank-Dependancen wurde bisher nicht ausgeschöpft; zudem wurden zwei Dependancen nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten vor einiger Zeit geschlossen. Dass die Beklagte trotz der sich aus dem GlüStV ergebenden, auch für Spielbanken ergebenden Verpflichtungen zur Spielsuchtprävention beabsichtigen könnte, weitere Spielbank-Dependancen zu genehmigen, ist nicht ersichtlich.

108

Anhaltspunkte für eine durch fiskalische Absichten des Gesetzgebers motivierte Gesetzgebungstätigkeit zum Nachteil der Spielhallen mit dem Ziel, Spielbanken zu begünstigen, ergeben sich auch im Übrigen nicht. Die im Gesetzgebungsverfahren angestellten Erwägungen des Gesetzgebers und seine Sachaufklärung (vgl. Protokoll der Anhörung in der öffentlichen Sitzung des Gesundheitsausschusses [Ausschuss-Prot. Nr. 20/9 und 20/10] und des Ausschusses für Wirtschaft, Innovation und Medien [Ausschuss-Prot. 20/15 und 20/15] v. 27.4.2012/14.5.2012) weisen solche Motive nicht aus (vgl. bereits OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, a.a.O., juris Rn. 43).

109

Des weiteres existiert auch in Hamburg trotz unterschiedlicher Regelungen für Spielbanken, die ebenfalls an § 1 GlüStV gebunden sind, ein vergleichbar hohes Schutzniveau wie in Spielhallen bezogen auf die Gefahren von Spielsucht (s.u., S. 36 ff.).

110

Gegen die konsequente Verfolgung des gesetzgeberischen Ziels der Regulierung des Automatenspiels zur Glücksspielprävention spricht auch nicht die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe kürzlich mehrere Mehrfachspielhallen und eine Einzelspielhalle in Hamburg-Bergedorf nach den Bestimmungen des neuen HmbSpielhG entgegen § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmSpielhG zugelassen. Nach der von der Klägerin nicht bestrittenen Auskunft der Beklagten handelt es sich dabei um Genehmigungen u.a. für Mehrfachspielhallen nach der Härteregelung des § 9 Abs.1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG, die ausnahmsweise bei Vorliegen der Voraussetzungen ein zeitweises Weiterführen nach früherer Rechtslage genehmigter Betriebe auf Grund einer im Ermessen stehenden Einzelfallentscheidung der Beklagten ermöglicht. Daraus lässt sich nicht der Schluss ziehen, die Beklagte erlaube entgegen der gesetzlichen Bestimmungen des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG weiterhin Mehrfachspielhallen in Hamburg.

111

Die Unverhältnismäßigkeit der die Berufsausübung regelnden Vorschrift lässt sich nicht feststellen. Die Regelung über die Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte nach § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG ist zur Erreichung des Gemeinwohlziels geeignet, erforderlich und angemessen.

112

Dem Gesetzgeber kommt bei der Regelung der Berufsfreiheit insbesondere auf dem Gebiet der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Wirtschaftsordnung eine weite Gestaltungsfreiheit zu. Auch in Bezug auf die Eignung und Erforderlichkeit des gewählten Mittels zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele verbleibt ihm ein weiter Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum, der erst dann überschritten ist, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen so fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für derartige Maßnahmen abgeben können (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.8.2013, 1 BvR 2402/12, 1 BvR 21 BvR 2684/12, juris Rn. 23 ff. [Entgeltbindung für Privatkliniken], m.w.N.; BVerfG, Beschl. v. 12.12.2006, 1 BvR 2576/04, BVerfGE 117, 163, juris Rn. 64). Für die Eignung reicht es aus, wenn durch die Berufsausübungsregelung der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Es genügt mithin bereits die Möglichkeit einer Zweckerreichung (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 114; zu Sportwetten: BVerfG, Beschl. v. 14.10.2008, 1 BvR 928/08, NVwZ 2008, 1338, juris Rn. 44).

113

Nach diesem Maßstab ist die Regelung über die Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte zur Erreichung der Spielsuchtprävention geeignet. Nach den Motiven des Gesetzgebers zu § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 28) soll die Reduzierung der Zahl der Spielgeräte innerhalb einer Spielhalle von maximal zwölf auf acht die Anreize zu übermäßigem Spielen innerhalb der Spielhalle reduzieren und der Suchtprävention und damit dem Gesundheitsschutz potenzieller und aktiver Spieler und dem Schutz vor wirtschaftlichen Auswirkungen der Spielsucht dienen, indem der Anreiz zu übermäßigem Spielen reduziert wird (vgl. in diesem Sinne auch BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 163 ff.; Beschl. v. 27.3.1987, 1 BvR 850/86, NVwZ 1987, 1067; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 67; Urt. v. 16.12.2016, 8 C 7.15, juris Rn. 16 ff.; OVG Hamburg, Beschl. v. 4.8.2017, 4 Bs 121/17, n.v.). Dass die Maßnahme nicht in jedem Einzelfall den gewünschten Erfolg vollständig herbeiführt, ist unerheblich. Vielmehr ist es ausreichend, dass mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg der Spielsuchtprävention - wie hier - gefördert werden kann.

114

Gegen die Eignung spricht auch nicht der Einwand der Klägerin, potenzielle Spieler wanderten bei einer Verminderung des Geräteangebots auf alternative Angebote in Gaststätten, Wettbüros, Internet-Casinos, „Hinterzimmern“ oder unkontrollierten Spiele-Cafés ab. Aus diesem Vortrag ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber seinen Einschätzungsspielraum überschritten haben könnte. Die Beklagte weist im Übrigen zu Recht darauf hin, dass das Online-Glücksspiel nach dem GlüStV stark reguliert ist. Es besteht ein Totalverbot, von dem nur nach § 4 Abs. 5 GlüStV Ausnahmen für Lotterien, Sportwetten und Pferdewetten zulässig sind. Bei den illegalen Spiele-Cafés handelt es sich auch nach dem – bisher nicht durch tatsächliche Nachweise belegten - Vorbringen der Klägerin nicht um genehmigte Spielhallen, sondern um unzulässige Formen des Glücksspiels. Die Eignung einer Regelung zur Bekämpfung von Spielsucht entfällt aber nicht bereits deshalb, weil illegale Formen von Suchtgefahren nicht vollständig ausgeschlossen und unterbunden werden können (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 114). Dass hier ein normatives Vollzugsdefizit vorliegen könnte, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht vorgetragen (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 151; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.16, a.a.O., juris Rn. 47; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, 1 B 5/13, juris Rn. 154).

115

Die Regelung ist erforderlich. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit seiner Einschätzung, die Senkung der höchstzulässigen Zahl der Geldspielgeräte von maximal zwölf auf acht Geräte könne die Anreize zu übermäßigem Spielen reduzieren (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 28), weil sich dann weniger Geräte in den Spielhallen befinden, die den Spieler dazu verleiten könnten, sein Spiel fortzusetzen, seinen Einschätzungsspielraum überschritten hat. Er war nicht gehindert, außer der mit dem Verbundverbot und dem Abstandsgebot (§ 2 Abs. 2 HmbSpielhG) bezweckten Reduzierung der Zahl und Dichte der Spielhallen auch eine Reduzierung der Angebots innerhalb der einzelnen Spielhalle zur Erreichung der Glücksspielsuchtprävention für notwendig zu halten. Der Gesetzgeber durfte zudem davon ausgehen, dass die von der Klägerin vorgeschlagenen bzw. die nach der SpielV ab November 2018 vorgesehenen oder schon wirksamen verschärften gerätebezogenen Anforderungen zur Bekämpfung der Glücksspielsucht nicht gleichermaßen präventiv wirken (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, BVerwGE 157, 127, juris Rn. 165; vgl. zur Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte als gewerberechtliche Anforderung: BVerfG, Beschl. v. 17.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 112).

116

Soweit die Klägerin beanstandet, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verhältnismäßigkeit der Gerätereduzierung sei auf ihren Fall nicht anwendbar, weil dieses bei seinen im Wesentlichen zur Erforderlichkeit des Abstandsgebots und des Verbundverbots ergangenen Erwägungen die (bis zu sieben) Mehrfachspielhallen (an bis zu elf Standorten) der dortigen Beschwerdeführerinnen und den durch diese eintretenden „Las-Vegas“-Effekt im Blick gehabt habe und seine Erwägungen für Einzelspielhallen oder „kleine“ Doppelspielhallen“ wie ihre und für die Pflicht zur Gerätereduzierung nicht gälten, spricht dies nicht gegen die Erforderlichkeit der hier streitigen Regelung. Die Wertung des Gesetzgebers ist nicht zu beanstanden, auch eine geringere Zahl von Geldspielgeräten reduziere innerhalb der einzelnen Spielhalle den Anreiz weiterzuspielen, weil auch von mehr Geldspielgeräten wegen ihrer gemeinsamen Verfügbarkeit innerhalb eines Raumes bzw. einer Spielhalle ein zusätzlicher oder höherer Anreiz ausgeht als von einer niedrigeren Anzahl (vgl. zur Erforderlichkeit der Gerätereduzierung: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12, a.a.O., juris Rn. 165; Beschl. v. 27.3.1987, 1 BvR 850/86 u.a., NVwZ 1987, 1067; StGH BaWü, Urt. v. 17.6.2014, 15/13, 1 VB 15/13, juris Rn. 334; vgl. zur Gerätereduzierungspflicht bezogen auf eine Einzelspielhalle: BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 7.15, juris Rn. 16; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 13.13, juris Rn. 59).

117

Im Übrigen ergibt sich weder aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts noch aus der des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Verhältnismäßigkeit der für jeden Betreiber einer Spielhalle (vgl. § 1 Abs. 2 HmbSpiehG) geltenden Pflicht zur Gerätereduzierung für Betreiber von Einzelspielhallen anders zu bewerten sein könnte als für Betreiber von (größeren) Verbundspielhallen.

118

Der Vortrag der Klägerin, der Gesetzgeber habe als mildere Maßnahme zunächst die Effektivität von bereits in Kraft befindlichen restriktiven Maßnahmen des HmbSpielG und der SpielV evaluieren müssen und habe die Spielhallenbetreiber (wie bei Spielbanken) zur Einlasskontrolle, zur Führung einer Sperrdatei, zum Einbau von technischen Geräten zur Alterskontrolle oder zu einer Heraufsetzung des Mindestalters als mildere Maßnahme verpflichten können, stellt die Erforderlichkeit der Maßnahme ebenfalls nicht in Frage. Dass es zur Eindämmung der Spielsucht und zur Suchtprävention weitere (technische und Überwachungs-) Maßnahmen geben kann, die der Gesetzgeber den Spielhallenbetreibern hätte ersatzweise oder ergänzend aufgeben können, um (gefährdete oder pathologische) Spieler vor sich selbst zu schützen, ändert nichts an der Erforderlichkeit der Einschränkung der Zahl der Geldspielgeräte. Dass in den Vorschlägen der Klägerin ein gleich wirksames Mittel wie der Verknappung des Angebots an Geräten liegt, lässt sich zudem nicht feststellen (vgl. zu den Grenzen des Prognosespielraums des Gesetzgebers: BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 11; vgl. zur Spielerkarte: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 153).

119

Die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG ist auch angemessen und damit verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Einschränkungen der Spielhallenbetreiber stehen nicht außer Verhältnis zum erstrebten Ziel:

120

Trifft der Gesetzgeber Regelungen, die in die Berufsfreiheit eingreifen, so muss bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt sein (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07, BVerfGE 121, 317, juris Rn. 117). Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit ist eine generalisierende Betrachtungsweise geboten, die auf den betroffenen Wirtschaftszweig generell abstellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.8.2013, 1 BvR 2402/12, 1 BvR 21 BvR 2684/12, NVwR-RR 2013, 985, juris Rn. 28 m.w.N.).

121

Nach diesem Maßstab sind die Anforderungen an die Reduzierung der Geldspielgeräte angemessen. Das wegen der schweren Folgen der Spielsucht und des hohen Suchtpotenzials des gewerblichen Automatenspiels hohe Gewicht des Spielerschutzes und der Spielsuchtprävention überwiegt das Gewicht des wirtschaftlichen Interesses der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Reduzierung der Geldspielgeräte verschont zu bleiben. Aufgrund der Einschätzung in der Suchtwissenschaft und -beratungspraxis, dass die Reduzierung der Verfügbarkeit von Spielmöglichkeiten eine besonders wirksame Maßnahme zur Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspielsucht darstellt, durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass gerade auch die Reduzierung der Höchstzahl an Geldspielgeräten in den einzelnen Spielhallen einen gewichtigen Beitrag zur Erreichung der verfolgten Ziele leisten wird. Zwar führt die Regelung dazu, dass sich die für den wirtschaftliche Ertrag einer Spielhalle bedeutsame höchstens zulässige Geräteanzahl um bis zu einem Drittel verringern kann, und sie gehört damit zu den Neuregelungen, die Spielhallenbetreiber am stärksten betreffen. Daher liegt es nahe, dass sich die Reduzierung der Höchstzahl der Geldspielgeräte negativ auf die Rentabilität von Spielhallen auswirkt. Eine bestimmte Rentabilität gewährleistet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz jedoch nicht. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass mit einer Zahl von acht Geldspielgeräten der Betrieb einer Spielhalle generell wirtschaftlich unmöglich gemacht würde (vgl. zur Verhältnismäßigkeit der Gesamtheit der Neuregelungen des Berliner Spielhallengesetzes: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 156 f., 166; BVerwG Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 67; vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5.13, juris Rn. 186). Der Betreiber kann außerdem Geld- oder Warenspielgeräte durch andere Geräte - etwa Unterhaltungsspielgeräte - ersetzen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.3.1987, 1 BvR 850/86, NVwZ 1987, 1067; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, 1 B 5.17, juris Rn. 186) und insoweit weitere Umsätze generieren. Dies gilt auch für den Fall eines Betriebs mit Einzelkonzession.

122

Dass ein Betrieb mit bis zu acht Geldspielgeräten pro Spielhalle generell nicht rentabel möglich ist, hat die Klägerin im Übrigen nicht konkret dargelegt. Dies gilt auch, soweit sie exemplarisch auf die sich für ihr aus drei Spielhallen bestehendes Unternehmen ergebenden wirtschaftlichen Auswirkungen der Neuregelung verweist. Dahinstehen kann, ob die Vermutung der Klägerin zutreffend ist, dass Spieler ihr Spielverhalten und ihre Spielzeiten nicht umstellen und daher die verbleibenden acht Geräte im Rahmen der durch die SpielV vorgegebenen technischen Möglichkeiten (Spielpausen u.a.) nicht über die gesamte Öffnungszeit der Spielhallen voll auslasten werden. Denn gegenwärtig ist nach den für ihren Betrieb dargelegten wirtschaftlichen Daten für eine „erdrosselnde Wirkung“ u.a. der Reduzierungspflicht nichts ersichtlich. Aus dem am 10. Januar 2018 vorgelegten „Vorjahresvergleich November 2017“ der O. Treuhand GmbH vom 9. Januar 2018, der u.a. die Zeiträume Januar - November 2017 mit denen des Vorjahreszeitraums vergleicht, ergibt sich zwar, dass sich die Umsatzerlöse bezogen auf beide Spielhallenstandorte im Jahr 2017 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 17,76 % vermindert haben. Dass dies allein auf die Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte zurückzuführen ist, lässt sich daraus nicht schließen. Denn die Klägerin hat die Regelung in ihren Betrieben erst seit 1. Juli 2017 einzuhalten. Zudem stellen sich die Umsatzrückgänge an beiden Standorten sehr unterschiedlich dar (-10,27 % [ ] bzw. -27,44 % [ ]); dies dürfte eher gegen einen allein durch die Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte verursachten Umsatzrückgang sprechen. Die Kosten haben sich dagegen nur um 6,91 % ermäßigt. Das „vorläufige Ergebnis“ ergibt aber trotz einer Reduzierung zum Vergleichszeitraum um 76,83 % für den Zeitraum Januar - November 2017 einen Betrag von ……… Euro. Daher ist nicht ersichtlich, dass gegenwärtig der Betrieb der Klägerin und auch die Mehrheit der Betriebe nicht rentabel betrieben werden können.

123

Auch die Übergangsfristen für Bestandsspielhallen, nach denen Inhaber von Einzelkonzessionen die Zahl der Geldspielgeräte nach § 9 Abs. 2 HmbSpielhG bis zum 30. Juni 2017 auf das nach § 4 Abs. 3 HmbSpielhG zulässige Maß von maximal acht Geldspielgeräten zu reduzieren hatten und die die Beklagte auch den Inhabern von Mehrfachkonzessionen eingeräumt hat (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, NordÖR 2015, 489, juris), sind mit Art. 12 GG vereinbar.

124

Dahinstehen kann, ob die Übergangsvorschriften einen Eingriff in die Berufsfreiheit darstellen. Denn die Zahl der in einer Spielhalle zulässigen Geldspielgeräte war nicht in den der Klägerin nach § 33i GewO erteilten Erlaubnissen festgelegt. Diese enthielten lediglich einen Hinweis auf die SpielV. Allerdings mussten die Betreiber unabhängig von der Frage der Erteilung einer neuen Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG (ggf. im Wege einer Härtefallentscheidung nach § 9 Abs.1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG) die Zahl der Geldspielgeräte zum 30. Juni 2017 reduzieren.

125

Jedenfalls sind die - unterstellten - Eingriffe in die Berufsfreiheit aber gerechtfertigt. Sie sind mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes vereinbar. Eine möglichweise bestehende unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes vereinbar, wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010, 1 BvR 1627/09, BVerfGE 127, 31, juris Rn. 79 f., m.w.N.). Dabei kann es aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten sein, Übergangsregelungen zur Anpassung der Rechtslage an die vorgefundene – als regelungsbedürftig erachtete – Situation zu erlassen. Bei der Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse kommt dem Gesetzgeber allerdings ein breiter Gestaltungsspielraum zu. Zwischen dem sofortigen und übergangslosen Inkraftsetzen des neuen Rechts und dem ungeschmälerten Fortbestand bereits in der Vergangenheit begründeter subjektiver Rechtspositionen sind vielfache Abstufungen denkbar. Der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt nur, ob der Gesetzgeber bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe unter Berücksichtigung aller Umstände die Grenze der Zumutbarkeit überschritten hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.6.2010, 1 BvR 2011/07, 1 BvR 21 BvR 2959/07, BVerfGE 126, 112, juris Rn. 126; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, NordÖR 2014, 317 [LS], juris Rn. 23; OVG Saarlouis, Beschl. v. 14.3.2014, 1 B 102/14, juris Rn. 25).

126

Diese Grenze ist hier nicht überschritten, soweit die Beklagte eine Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte innerhalb von 4 ½ Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes verlangte. Wie bereits ausgeführt, dient das HmbSpielhG u.a. dem Ziel, alle Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen und dass der Spielerschutz verbessert wird (vgl. Bü-Drs. 20/5823, S. 23 ff.). Um den Zielen des Gesetzes während der Zeitdauer des (möglicherweise verlängerten) Bestandsschutzes der Erlaubnisse nach § 33i GewO angemessen Rechnung zu tragen, bedarf es aus Sicht des Gesetzgebers bereits zeitnah bzw. mittelfristig der schrittweisen Umsetzung der verschärften Anforderungen des HmbSpielhG an die Ausgestaltung und den Betrieb der Spielhallen (vgl. zu den Übergangsfristen des § 29 GlüStV: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 187 m.w.N., 191 [zur Reduzierung der Geldspielgeräte], 196; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris 72 ff.). Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verleiht weder im Hinblick auf die vorherige Rechtslage noch auf die vorhandene Betriebserlaubnis nach § 33i GewO ein uneingeschränktes Recht auf Amortisierung getätigter Investitionen. Betreiber können nicht darauf vertrauen, dass eine günstige (hier zuvor in § 3 SpielV geregelte) Rechtslage unverändert bleibt. Das Vertrauen war im Übrigen auch durch die gesetzliche Möglichkeit beschränkt, nachträgliche Auflagen zum Schutz der Allgemeinheit oder der Gäste zu erlassen (vgl. § 33i Abs. 1 Satz 2 GewO; vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 189, 191 m.w.N.). Für den Fall über den Übergangszeitraum hinaus bestehender Härten hat der Gesetzgeber zudem die Möglichkeit von Einzelfallregelungen vorgesehen (§ 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG).

127

bb) Die Klägerin wird durch § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG auch nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.

128

Ungeachtet der Anforderungen, die sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergeben, können Berufsübungsregelungen nur dann Bestand haben, wenn sie auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsgemäß sind und insbesondere den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07, BVerfGE 121, 317, juris Rn. 149).

129

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.7.2010, 1 BvR 611/07, 1 BvR 21 BvR 2464/07, BVerfGE 126, 400, juris Rn. 83; BVerfG, Beschl. v. 21.6.2011, 1 BvR 2035/07, BVerfGE 129, 49, juris Rn. 64). Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfG, a.a.O.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich unter anderem aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.9.2013, 1 BvR 924/12, juris Rn. 11; Beschl. v. 21.6.2011, a.a.O., juris Rn. 65). Für die vorliegend zu beurteilende Differenzierung zwischen Spielhallen und Spielbanken sowie zwischen Spielhallen und Gaststätten ist bei der Prüfung anhand des Gleichheitssatzes von einer strengeren Bindung des Gesetzgebers auszugehen, weil sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten - hier in Gestalt der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten freien Berufsausübung - nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.1.2012, 1 BvL 21/11, BVerfGE 130, 131, juris Rn. 41; Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 150).

130

Daran gemessen ist die unterschiedliche Regelung der Zahl der Geldspielgeräte für Spielhallen und Spielbanken (1) sowie bezogen auf Gaststätten (2) nicht verfassungswidrig.

131

(1) Dahinstehen kann, ob es für die Prüfung des Gleichbehandlungsgebots aus Art. 3 Abs. 1 GG an gleichen Sachverhalten bereits deshalb fehlt, weil die Spielbank Hamburg mit ihren vier über das Stadtgebiet verteilten Standorten (Hauptsitz Esplanade, Dependancen Reeperbahn, Mundsburg, Steindamm) und einem Angebot von insgesamt 381 Geldspielgeräten (vgl. www.spielbank-hamburg.de) ein deutlich schmaleres und nur mit in der Regel weiteren Anfahrten oder Wegen verfügbares Angebot an Spielgelegenheiten vorhält, während Spielhallen örtlich leichter erreichbar und zugänglich sind. Die Tatsache, dass § 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz HmbSpielhG in der Spielbank Hamburg nicht gilt und es auch an einer auf Spielbanken anwendbaren vergleichbaren Regelung fehlt, begründet jedenfalls keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung.

132

Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass Spielhallenbetreiber gegenüber den Betreibern von Spielbanken hinsichtlich der zulässigen Zahl der Geldspielgeräte (Esplanade: 136, Reeperbahn: 90, Mundsburg: 79, Steindamm: 76, jeweils zzgl. „Jackpots“, abgerufen am 6.2.2018, vgl. www.spielbank-hamburg.de) und auch im Übrigen in Bezug auf die äußere und technische Ausgestaltung der Geldspielgeräte ungleich behandelt werden. Die Zahl der Geräte ist nicht beschränkt; zudem gelten hinsichtlich des ebenfalls angebotenen Automatenspiels („Kleines Spiel“, „Slot-Machines“) für Spielbanken Erleichterungen, da dieses nicht an die für Spielhallen geltenden zahlenmäßigen und sonstigen Beschränkungen z.B. durch technische Anforderungen bei der Höhe des Einsatzes, der Länge des Spiels und der Höhe des Gewinns (§ 33h Nr. 1 GewO) gebunden ist und außerdem in Spielbanken u.a. die Möglichkeit besteht, an EC-Geldautomaten Bargeld zu erhalten und Getränke zu konsumieren. Werbung für das Glücksspiel in Spielbanken wird in § 2 Abs. 2 i.V.m. § 5 GlüStV weniger stark beschränkt als diejenige für Spielhallen nach § 4 Abs. 1 HmbSpielhG.

133

Diese Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern ist aber gerechtfertigt. Ein hinreichender Sachgrund für die unterschiedliche Behandlung u.a. von Geldspielgeräten in Spielhallen und Spielbanken liegt zum einen in dem unterschiedlichen Gefährdungspotenzial beider Typen von Spielstätten wegen ihrer bloßen Zahl und Lage (vgl. in diesem Sinne: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12, a.a.O., juris Rn. 174, 144 ff.; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 77 f.). Zwar geht es hier, worauf die Klägerin hinweist, um den Vergleich der rechtlichen Bestimmungen für Geldspielgeräte in Spielhallen bzw. Spielbanken und nicht um die Dichte der Spielhallen bzw. Spielbanken. Auch Geldspielgeräte in Spielhallen sind aber wegen der hohen Verbreitung von Spielhallen im Stadtgebiet deutlich schneller und einfacher verfügbar. Die Zahl der Spielhallen ist gesetzlich nicht limitiert; bei Vorliegen der Voraussetzungen besteht ein Anspruch auf die Erlaubnis. Demgegenüber bedarf die Errichtung und der Betrieb einer öffentlichen Spielbank in Hamburg einer befristet erteilten Konzessionierung durch die zuständige Behörde und die Zahl der Spielbank (eine) bzw. ihrer Dependancen (bis zu sechs) ist gesetzlich beschränkt (§ 2 Abs. 1 Satz 3, 4 HmbSpielbG, § 1 der Verordnung über die Spielordnung für die öffentliche Spielbank in Hamburg – SpielO – v. 19.12.2006, HmbGVBl. S. 605, 637, zuletzt geändert durch VO v. 26.8.2016, HmbGVBl. S. 139). Die Zulassung einer Spielbank in Hamburg darf sich zudem nicht an fiskalischen Interessen, sondern sie hat sich allein an den Zielen und Schutzbestimmungen des § 1 HmbSpielbG zu orientieren, die § 1 GlüStV entsprechen. Die Zahl der Geldspielgeräte in Spielhallen ist gegenwärtig um ein Vielfaches höher als die Zahl in Spielbanken (s.o.). Auch nach einer Reduzierung des Bestandes an Spielhallenstandorten wird die Zahl der verfügbaren Geldspielgeräte in Spielhallen diejenige in Spielbanken weit übertreffen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 144).

134

Die für Spielbanken bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen sehen zum anderen generelle Zugangsbeschränkungen und andere Restriktionen für das Automatenspiel auch für Erwachsene zum Schutz vor den Gefahren des Glücksspiels vor, die bewirken, dass für das Glücksspiel in Spielbanken bei einer Gesamtbetrachtung kein geringeres Schutzniveau als in Spielhallen gilt. Es sind zahlreiche Sicherungssysteme vorgesehen, die dem Spielerschutz dienen. Sowohl Spielhallen als auch Spielbanken müssen zwar gleichermaßen den Jugendschutz gewährleisten, indem sie Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, die Teilnahme am Spiel verbieten (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 1 HmbSpielhG bzw. § 5 Nr. 1a HmbSpielO). Der Zugang zum Automatenspiel in Spielhallen ist aber für Erwachsene generell unbeschränkt möglich. Der Zugang zur Spielbank ist nur mit einer Eintrittskarte gestattet, welche allein gegen Vorlage eines Lichtbildausweises ausgegeben werden darf (§ 6 Nr. 1, 4, 5 HmbSpielO). Liegen die Voraussetzungen eines Spielverbots vor, muss die Spielbank die Zutrittsberechtigung verweigern oder entziehen (§ 7 Abs. 1, 2 HmbSpielO). Spielbanken sind nach § 2 Abs. 2 i.V.m. §§ 8, 23 GlüStV verpflichtet, zum Schutz der Spieler und zur Bekämpfung der Glücksspielsucht Spielverbote auszusprechen. Nur sie sind gesetzlich verpflichtet, eine (eigene) Sperrdatei zu führen (§ 8 Abs. 2 GlüStV, § 4 HmbSpielO) und dort registrierte Selbst- und Fremdsperren, die ein Spielverbot begründen, umzusetzen. Auch müssen sie an einem länderübergreifenden Sperrsystem teilnehmen (vgl. § 23 GlüStV). Zudem hat die Spielbank zur Überwachung des ordnungsgemäßen Spiels den Spielverlauf elektronisch zu erfassen und aufzuzeichnen (§ 6 Abs. 2b Satz 1 HmbSpielO). Das Spielverbot für Personen, bei denen Anlass besteht anzunehmen, dass ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Teilnahme am Glücksspiel nicht entsprechen (§ 8 Abs. 2 GlüStV, § 5 Nr. 1c HmbSpielO), vermag zwar nicht der Entstehung der Spielsucht entgegen zu wirken. Es kann aber ihre Folgen für die Betroffenen und ihre Familien mildern. Die Möglichkeit der Selbstsperre nach § 5 Nr. 1 b HmbSpielO kann bereits der Entstehung der Spielsucht entgegenwirken; zudem unterstützt sie sowohl gefährdete Personen bei der Bekämpfung einer entstehenden Abhängigkeit wie auch süchtige Spieler in ihrem Bemühen um Abstinenz. Auch bei anderen Glückspielveranstaltern in Deutschland oder in der Europäischen Union bestehende Sperren hat die Spielbank Hamburg zu speichern (§§ 4, 5 Nr. 1c HmbSpielO) und in Form von Spielverboten gegenüber dem einzelnen Besucher durchzusetzen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/14, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 61 m.w.N.).

135

Den oben beschriebenen örtlich und persönlich weitreichenden Zugangsbeschränkungen und Spielverboten vergleichbare Sperren existieren für Spielhallen nicht. Daher besteht u.a. mit dem Sperrsystem nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts, der das Berufungsgericht folgt, bei Spielbanken ein ebenfalls dem Spielerschutz Rechnung tragendes (mindestens gleichwertiges) Äquivalent wie bei Spielhallen, das konsequent am Ziel der Bekämpfung der Glücksspielsucht ausgerichtet ist (vgl. zur Berliner Regelung: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 170 ff., 143; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 77 f.; vgl. dazu ausführlich OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/14, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 61 m.w.N.; vgl. VerfG Berlin, Beschl. v. 20.6.2014, 96/13, NVwZ-RR 2014, 825, juris Rn. 62).

136

Im Übrigen dürfen Spielbanken und gewerbliches Glücksspiel wegen unterschiedlicher ordnungsrechtlicher Ziele auch unterschiedlich geregelt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 78; Beschl. v. 24.8.2001, 6 B 47.01, GewArch 2001, 476, juris Rn. 8).

137

(2) Das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG ist auch nicht dadurch verletzt, dass die Anforderungen an das Automatenspiel in Gaststätten hinter den für Spielhallen geltenden Einschränkungen zurückbleiben.

138

Die Beklagte hat bislang keine Regelungen über das Automatenspiel in Gaststätten erlassen. Aufgrund der fortgeltenden bundesrechtlichen SpielV dürfen in Gaststätten höchstens drei, ab dem 10. November 2019 höchstens zwei Geldspielgeräte aufgestellt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV, Art. 5 der 6. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 4. November 2014, BGBl. I S. 1678). Allerdings sind für sie weder ein Mindestabstand noch ein Sichtschutz zwischen den Geräten vorgeschrieben. Für Gaststätten gilt grundsätzlich lediglich eine Sperrzeit zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr (vgl. § 6 Abs. 1 der Gaststättenverordnung vom 10. September 1971, GVBl. S. 1778, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.12.2005, GVBl. S. 754). Die Einhaltung des Verbots der Teilnahme von Minderjährigen am öffentlichen Glücksspiel (§ 6 Abs. 2 JuSchG, § 2 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 3 GlüStV) ist durch ständige Aufsicht sicherzustellen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 SpielV). Der Zutritt zu Gaststätten ist jedoch für Minderjährige, anders als der Zutritt zu Spielhallen, nicht generell verboten (vgl. § 4 Abs. 1 JuSchG), sodass sie das Automatenspiel Erwachsener dort zumindest beobachten können. Gaststätten mit Geldspielautomaten unterliegen den Anforderungen der §§ 5 bis 7 GlüStV an Werbung für Glücksspiel und sind ebenfalls zur Erstellung eines Sozialkonzeptes, Schulung von Personal und Bereithaltung von spielrelevanten Informationen verpflichtet.

139

Damit ist der gewährleistete Schutz vor Spielsucht im Bereich des gewerblichen Automatenspiels in Gaststätten bislang geringer als in Spielhallen, obwohl Spielautomaten in Gaststätten ebenfalls im unmittelbaren Lebensumfeld potenzieller Spieler leicht zugänglich sind. Vom Spielangebot in Spielhallen und in Gaststätten gehen jedoch unterschiedliche Gefahren aus, die es rechtfertigen, dass der Landesgesetzgeber zunächst strengere Beschränkungen für Spielhallen eingeführt hat (vgl. VerfG Berlin, Beschl. v. 20.6.2014, 96/13, NVwZ-RR 2014, 825, juris Rn. 61 f.). Die deutlich geringere Anzahl von drei, künftig höchstens zwei zulässigen Spielgeräten in Gaststätten gegenüber acht Geräten in Spielhallen verringert den suchtgefährdenden Spielanreiz, der nach Einschätzung des Gesetzgebers mit einem vielfältigen Spielangebot verbunden ist. In Gaststätten sehen sich Spieler anders als in Spielhallen regelmäßig einer Sozialkontrolle durch nicht spielende Gäste ausgesetzt. Regelungsunterschiede sind auch deshalb gerechtfertigt, weil Gaststätten ihr Gepräge durch das Verabreichen von Getränken und Speisen erhalten und nur gelegentlich dem Automatenspiel der Besucher dienen, während Spielhallen regelmäßig allein um des Spiels Willen aufgesucht werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 175; BVerfG, Beschl. v. 1.3.1997, 2 BvR 1599/89 u.a., NVwZ 1997, 573, juris Rn. 53; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 80; Beschl. v. 14. 1.1991, 1 B 174.90, Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5, juris Rn. 5; OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 (LS), juris Rn. 63; OVG Saarlouis, Urt. v. 5.7.2017, 1 A 51/15, juris Rn. 231 zur Sperrzeitregelung).

140

cc) Die Klägerin wird durch die angegriffene Einschränkung für den Betrieb von Spielhallen auch nicht in ihrer Eigentumsfreiheit verletzt. Es ist bereits fraglich, ob der Schutzbereich des Eigentumsrechts eröffnet ist und ob die hier streitige Regelung in diesen eingreift. Als gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen einer durch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Rechtsposition der Klägerin sind die gerätebezogenen Anforderungen an Spielhallen jedenfalls verhältnismäßig.

141

Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG schützt den konkreten Bestand in der Hand der einzelnen Eigentümer gegenüber Maßnahmen der öffentlichen Gewalt. Im Falle einer verfassungsgemäßen Enteignung tritt an die Stelle der Bestandsgarantie eine Wertgarantie, die sich auf Gewährung einer vom Gesetzgeber dem Grunde nach zu bestimmenden Entschädigung richtet.

142

Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. Dieser ist nicht gänzlich frei: Er muss die Freiheitssphäre der Einzelnen mit dem Wohl der Allgemeinheit in ein ausgewogenes Verhältnis bringen, das nicht nur Orientierungspunkt, sondern auch Grenze für die Beschränkung des Eigentums ist. Zugleich muss das zulässige Ausmaß einer Sozialbindung auch vom Eigentum selbst her bestimmt werden (vgl. BVerfG, Urt. v. 6.12.2016, 1 BvR 2821/11, 2 BvR 321/12, 1456/12, NJW 2017, 217, juris Rn. 216 ff. m.w.N.).

143

Nach diesem Maßstab kommt der Reduzierungsverpflichtung keine enteignende Wirkung zu. Eine Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG setzt eine staatliche Güterbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand oder eines sonst Enteignungsbegünstigten voraus (vgl. BVerfG, Urt. v. 6.12.2016, a.a.O., juris Rn. 246), die hier nicht anzunehmen ist. Die den Betreibern - wie der Klägerin - nach § 33i GewO erteilten unbefristeten Alterlaubnisse, die nach § 9 Abs. 1 HmbSpielhG mit Ablauf des 30. Juni 2017 ihre Wirksamkeit verloren haben, ohne dass sie nach § 49 HmbVwVfG widerrufen oder aufgehoben wurden, und die vorübergehend noch als fortbestehend gelten, genießen keinen eigentumsgrundrechtlichen Schutz hinsichtlich der zulässigen Zahl der Geldspielgeräte. Dies gilt hier bereits deshalb, weil in den der Klägerin erteilten Erlaubnissen die höchstzulässige Zahl der Geldspielgeräte nicht geregelt war, sondern diese nur einen Hinweis auf die SpielV enthielten.

144

Im Übrigen schützt Art. 14 Abs. 1 GG nicht die öffentliche Genehmigung als solche, sondern nur die aufgrund der Genehmigung geschaffenen privaten Vermögenspositionen (vgl. BVerfG, Urt. v. 6.12.2016, 1 BvR 2821/11 u.a., NJW 2017, 217, juris Rn. 232). Das Nutzungsrecht an den einzelnen Spielgeräten wird nicht durch die Erlaubnis zum Spielhallenbetrieb vermittelt. Die in der Spielhalle aufgestellten (im Eigentum des Betreibers stehenden) Spielgeräte können bei einem Entzug der Erlaubnis an anderen Orten aufgestellt werden. Zwar mag die Herabsetzung der Anzahl der in Hamburger Spielhallen höchstens zulässigen Geräte den Markt für diese Produkte verringern. Derartige Beeinträchtigungen künftiger Chancen und Verdienstmöglichkeiten sind jedoch eigentumsrechtlich nicht geschützt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.3.1987, 1 BvR 850/86 u.a., NVwZ 1987, 1067; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 73).

145

Die Spielhallenbetreibern nach § 9 Abs. 2 HmbSpielhG bzw. von der Beklagten tatsächlich eingeräumte Umsetzungsfrist von 4 1/2 Jahren für die Reduzierung der Zahl der Spielgeräte ist auch nicht deshalb verfassungsrechtlich zu beanstanden, weil sie für eine Vollamortisation aller Geräte möglicherweise zu kurz ist. Art. 14 Abs. 1 GG und das Gebot des Vertrauensschutzes verlangen keine Regelung, die eine Vollamortisation ermöglicht (s.o., vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 73 m.w.N.). Außerdem sind die Betriebsmittel - ggf. an anderen Standorten - anderweitig nutzbar. Auch können die Betreiber vorrangig bereits abgeschriebene Spielgeräte entfernen und ggf. noch nicht abgeschriebene Geräte anderweitig, etwa durch Verkauf, verwerten. Geräteleasing- oder Gerätemietverträge können sie anpassen.

146

Auch mit Blick auf den möglicherweise bestehenden eigentumsrechtlichen Schutz von vorgenommenen Investitionen und Dispositionen, die Betreiber im Vertrauen auf die nach § 33i GewO unbefristet erteilten Alterlaubnisse vorgenommen haben, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG. Selbst wenn der Schutzbereich des Grundrechts eröffnet und ein Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes anzunehmen sein sollte (zweifelnd BVerfG, Urt. v. 6.12.2016, 1 BvR 2821/11 u.a., NJW 2017, 217, juris Rn. 240), wäre die Regelung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG verhältnismäßig. Sie dient der Erreichung wichtiger Gemeinwohlziele und ist daher eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung. Die Regelung ist auch angemessen. Wie bereits ausgeführt, bestand für die Bestandsspielhallen der Klägerin eine 4 ½-jährige Übergangsfrist vom Inkrafttreten des Spielhallengesetzes im Dezember 2012 bis zum Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 30. Juni 2017 mit der Möglichkeit eines Weiterbetriebs im Fall von Härtegründen nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5, Abs. 4 HmbSpielhG. Der Betrieb bestehender (Alt-) Spielhallen wurde zudem durch die Beklagte bis zum 31. Dezember 2017 geduldet. Auf die zukünftige Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte konnten sich die Betreiber daher seit längerem einstellen (vgl. zur 5- bzw. 2-jährigen Berliner Umsetzungsregelung: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, a.a.O., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 178 ff., 214; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 67). Im Hinblick auf die zukünftige Rechtslage konnten sie so langfristig unternehmerische Entscheidungen zum Weiterbetrieb der einzelnen Spielhallen oder zu einem Standortwechsel, zur Reduzierung der laufenden Kosten für Raummiete, Kauf, Leasing oder Miete der Geldspielgeräte, zu dem Abbau und Transport der Spielgeräte und zum Abbau oder der Umsetzung von Personal treffen. Der Entscheidung, das Verfahren zum Weiterbetrieb der Spielhallen trotz der Gewissheit zu betreiben, die jeweilige Spielhalle z.B. wegen des Abstandsgebots schließen bzw. in der verbleibenden Spielhalle Geldspielgeräte reduzieren zu müssen, standen bzw. stehen alternative Möglichkeiten zur Bewältigung der Übergangsphase und der Neuregelungen gegenüber, unter denen jeder Betreiber die aus seiner Sicht günstigste wählen kann (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 4.8.2017, 4 Bs 121/17, n.v.). Für eine generelle „erdrosselnde“ Wirkung der Regelung für alle Spielhallenbetriebe ist im Übrigen auch nach den von der Klägerin vorgelegten aktuellen Umsätzen und Ergebnissen nichts ersichtlich (s.o.).

147

b) Die § 4 Abs. 3 Satz 1 HmbSpielhG normierte Pflicht zur Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte genügt – insbesondere im Hinblick auf das Fehlen entsprechend strenger Regelungen für Spielbanken – den Anforderungen der in Art. 56 AEUV garantierten unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit an die Geeignetheit und Kohärenz einer Beschränkung.

148

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht allerdings Zweifel an der Anwendbarkeit von Art. 56 AEUV geäußert. Der Gewährleistungsgehalt der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit ist nur dann eröffnet, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. Dafür reicht es nicht aus, dass die Klägerin oder Kunden ihrer Spielhallen hypothetisch von einer unionsrechtlichen Grundfreiheit Gebrauch machen könnten (vgl. i.E. offenlassend: BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 83 m.w.N.). Bei der Klägerin handelt es sich um eine nach deutschem Recht gegründete juristische Person mit Sitz in Deutschland; ihre Spielhallen werden in Deutschland betrieben. Für einen den Anwendungsbereich von Art. 56 AEUV eröffnenden grenzüberschreitenden Sachverhalt hat die Klägerin nichts vorgetragen.

149

Ob der Anwendungsbereich des Art. 56 AEUV eröffnet ist, kann aber offenbleiben. Ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit ist nicht ersichtlich.

150

Das Bundesverwaltungsgericht hat in der vorstehend genannten Entscheidung in Bezug auf das hinsichtlich der hier relevanten Regelungen inhaltlich identische Spielhallengesetz Berlin ausgeführt, dass dieses, selbst wenn unterstellt würde, dass die dortige Klägerin oder ihre Kunden durch die angegriffenen Regelungen in der Wahrnehmung einer unionsrechtlichen Grundfreiheit beschränkt würden, nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot unanwendbar wäre. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen lediglich ‚scheinheilig‘ zur Suchtbekämpfung eingeführt worden wären, tatsächlich aber einem anderen – insbesondere fiskalischen – Zweck dienten. Zu ihnen gebe es auch bereichsübergreifend keine gegenläufigen landesgesetzlichen Regelungen oder eine sie konterkarierende Politik, für die zu prüfen wäre, ob sie die Wirksamkeit der für Spielhallen geltenden Einschränkungen beeinträchtigen könnten. Das Berufungsgericht habe festgestellt, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung der Gewerbeordnung betrieben werden dürften. Da sich nach dem Berufungsurteil Ausweichbewegungen von Spielern von Spielhallen zu Gaststätten in Berlin nicht feststellen ließen und Spielbanken sich in der Anzahl ihrer Außenstellen und der Zugangsreglementierung von Spielhallen wesentlich unterschieden, sei eine Expansionspolitik des Landes Berlin in einem Sektor mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial, die der Zielsetzung der für Spielhallen geschaffenen Regelungen zuwiderliefe, in keiner Weise erkennbar (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 84 ff.; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 17.3.2017, 1 BvR 1415/12 u.a., juris Rn. 141 ff., s.o.). Diesen rechtlichen und tatsächlichen Wertungen folgt das Berufungsgericht. Sie lassen sich, wie oben ausgeführt, auf die Situation in Hamburg übertragen. Anhaltspunkte dafür, dass im Bereich der Beklagten andere Verhältnisse bestimmend sind, hat die Klägerin nicht vorgetragen und dies ist auch nicht ersichtlich.

151

2. Der Antrag festzustellen, dass die Klägerin berechtigt ist, die Anforderungen des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG in ihren Spielhallen nicht einzuhalten, hat keinen Erfolg.

152

Die Klägerin ist nicht berechtigt, in ihren Spielhallen die Aufstellung und Ausgestaltung der Geldspielgeräte in der in § 3 Abs. 2 SpielV geregelten Weise beizubehalten. Die Neuregelung des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG, wonach die Geräte in einem Abstand von 1,5 m einzeln und getrennt durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 m, gemessen von dem am weitesten in den Raum hineinreichenden Gerätebauteil in Höhe mindestens der Geräteoberkante, aufzustellen sind, findet auf die Betriebe die Klägerin Anwendung.

153

a) Der mit den Anforderungen an die Aufstellung und Ausgestaltung von Geldspielgeräten verbundene Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen der Klägerin ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

154

aa) Die Klägerin wird durch die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG nicht in ihrem Recht auf freie Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt.

155

Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, wie oben ausgeführt, nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt (BVerfG, Beschl. v. 25.3.1992, 1 BvR 298/86, BVerfGE 86, 28, juris Rn. 46 ff.).

156

(1) Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, 70 GG formell verfassungsgemäß. Die hier streitgegenständlichen Regelungen sind nicht kompetenzwidrig zustande gekommen. Die Beklagte war für den Erlass der die Aufstellung und äußeren Ausgestaltung der Geldspielgeräte mit Sichtblenden betreffenden Regelung nach Art. 70 Abs. 1 GG zuständig (vgl. zur gleichlautenden Berliner Regelung: BVerfG, Beschl. v. 31.3.2017, 1 BvR 8/13, NVwZ 2017, 1128, juris Rn. 5, 6; Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 112; vgl. ausführlich OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, NordÖR 2015, 489, 4 Bs 14/15, juris Rn. 71 ff.).

157

(2) Bedenken gegen die materielle Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG bestehen nicht. Der sich aus der Regelung ergebende Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ist materiell verfassungsgemäß.

158

Der Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin ist durch ein Gemeinwohlziel legitimiert.

159

Für die Beschränkung des gleichzeitigen Spielens an mehreren Geldspielgeräten durch die in § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG angeordneten Maßnahmen sprechen vernünftige Gründe des Gemeinwohls. Das HmbSpielhG dient, wie oben bereits ausgeführt, u.a. dem Ziel, Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen, und der Bekämpfung der Spielsucht. Diese angestrebten Ziele sind solche des Gemeinwohls, die Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit in Bezug auf den Betrieb von Spielhallen rechtfertigen können (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, NVwZ-RR 2014, 317 [LS], juris Rn. 16; ausf. Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 36 m.w.N.). Auch die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG soll unter anderem das Entstehen von Glücksspielsucht verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung schaffen.

160

Die Unverhältnismäßigkeit der die Berufsausübung regelnden Vorschrift lässt sich nicht feststellen. Die Regelung die Einzelaufstellung und Ausstattung der Geldspielgeräte mit Sichtblenden nach § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG ist zur Erreichung des Gemeinwohlziels geeignet, erforderlich und angemessen.

161

Der Gesetzgeber besitzt bei der Regelung der Berufsfreiheit einen Einschätzungs- und Prognosespielraum auch bei der Beurteilung der Bedrohungslage für das Gemeinschaftsgut, zu dessen Schutz er im konkreten Fall tätig wird (vgl. zu den Grenzen: BVerfG, Beschl. v. 20.8.2013, 1 BvR 2402/12, 1 BvR 21 BvR 2684/12, NVwZ-RR 2013, 985, juris Rn. 24). Für die Eignung einer vom Gesetzgeber gewählten Maßnahme reicht es aus, dass der durch die Berufsausübungsregelung gewünschte Erfolg gefördert wird.

162

Nach diesem Maßstab ist, wie das Berufungsgericht bereits im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes ausgeführt hat (Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, NordÖR 2015, 489, juris Rn. 94), die Regelung über die Aufstellung und Ausgestaltung der Geldspielgeräte zur Erreichung der Spielsuchtprävention geeignet. Mit der Bestimmung, dass die Spielgeräte einzeln unter Wahrung der jeweiligen Abstände von 1,5 m und durch Sichtblenden getrennt aufzustellen sind, soll der Spieler an der Bedienung zweier (oder mehrerer) Geldspielgeräte gehindert werden (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 28). Anderenfalls kann sich die Gefahr erhöhen, dass Spieler ihre Einsätze an parallel bespielten Geldspielgeräten vervielfachen und in noch stärkerem Maße zu einem Weiterspielen veranlasst werden. Dem Spieler ist es durch die dem Betreiber aufgegebene Aufstellung und Ausstattung der Geldspielgeräte schwerer möglich, an mehreren Geldspielgeräten gleichzeitig zu spielen (vgl. zu dieser Gefährlichkeit: BVerfG, Beschl. v. 31.3.2017, 1 BvR 8/13, NVwZ 2017, 1128, juris Rn. 6 a.E.; vgl. auch Meyer, Stellungnahme zu dem Entwurf der 6. VO zur Änd d. SpielV, Stand 8.2.2012, S. S. 14 ff.). Dass die Maßnahme - wenn z.B. ein Spieler, wie die Klägerin einwendet, sich durch die Sichtblende abzuschirmen sucht und durch die Spielhallenaufsicht nicht sichtbar ist - in nicht jedem Einzelfall den gewünschten Erfolg vollständig herbeiführt, ist unerheblich. Vielmehr ist es ausreichend, dass mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg der Spielsuchtprävention - wie hier - gefördert werden kann.

163

Die Regelung ist erforderlich. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit seiner Einschätzung, die nach § 3 Abs. 2 SpielV bisher vorgeschriebenen Abstände (mindestens 1 m), die Möglichkeit der Aufstellung in Zweiergruppen und die Sichtblenden seien zum Spielerschutz und zur Glückspielprävention nicht gleich wirksam und die Umgehung des Zwecks der Sichtblende solle durch die Anpassung von deren Tiefe verhindert werden (Bü-Drs. 20/5877, S. 28; vgl. auch Bü-Prot. 20/9, 20/14, Seite 24), seinen Beurteilungsspielraum überschritten hat.

164

Die Regelung des § 4 Abs. 4 Satz 3 HmbSpielhG ist auch angemessen und damit verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Einschränkungen der Spielhallenbetreiber stehen nicht außer Verhältnis zum erstrebten Ziel:

165

Nach dem oben dargelegten Maßstab sind die Anforderungen an die Aufstellung und Ausgestaltung der Geldspielgeräte angemessen. Das wegen der schweren Folgen der Spielsucht und des hohen Suchtpotenzials des gewerblichen Automatenspiels hohe Gewicht des Spielerschutzes und der Spielsuchtprävention überwiegt das Gewicht des wirtschaftlichen Interesses der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Einzelaufstellung und Anbringung der Sichtblenden verschont zu bleiben. Zwar ist davon auszugehen, dass die Spielhallenbetreiber in der überwiegenden Zahl der Fälle ihre Geldspielgeräte mit neuen Sichtblenden versehen müssen, da deren Tiefe sich nach der Regelung des § 3 Abs. 2 SpielV anders bemaß. Zudem werden einzelne Geräte erstmalig mit diesen Sichtblenden ausgestattet werden müssen, da sie früher in Zweiergruppen aufgestellt werden konnten. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die mit der gesetzlichen Verpflichtung einhergehende finanzielle Belastung, die die Klägerin für ihre Betriebe mit 17.000,-- Euro beziffert, die Spielhallenbetreiber unverhältnismäßig belastet, zumal es sich im Wesentlichen um einmalige Investitionen handelt (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, NordÖR 2015, 498, juris Rn. 94; in diesem Sinne auch VerfG Berlin, Beschl. v. 20.6.2014, 96/13, NVwZ-RR 2014, 825, juris Rn. 59). Zur Unverhältnismäßigkeit der einmaligen Belastung hat die Klägerin auch nichts Näheres vorgetragen.

166

Die Regelung zur Einzelaufstellung und Ausgestaltung der Geldspielgeräte ist auch angesichts der Verpflichtung, diese mit Inkrafttreten des Gesetzes am 19. Dezember 2012 zu befolgen, verhältnismäßig im engeren Sinne.

167

Durch die Wirksamkeit der Regelung mit dem Inkrafttreten des HmbSpielhG (§ 9 Abs. 6 Satz 1 HmbSpielhG) wird zeitnah ein besserer Schutz vor den durch Glücksspiel verursachten Gefahren erreicht, während andere Regelungen erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft treten oder wirksam werden. Dies ist im Vergleich zu einem vollständigen Verzicht auf eine zeitnahe Umsetzung des neuen Rechts effektiver (vgl. OVG Saarlouis, Beschl. v. 10.2.2014, 1 B 476/13, juris Rn. 36 f.).

168

Allerdings stellte die unmittelbare Wirksamkeit der Pflicht zur Einzelaufstellung und der Ausgestaltung der Spielgeräte auch für bereits bestehende Spielhallen möglicherweise eine sog. unechte Rückwirkung oder Rückanknüpfung dar, die den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes genügen muss (vgl. zu § 29 GlüStV bzw. vergleichbarer Landesregelung: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 178 ff., 188 f., 214; BVerwG, Urt. v. 16.12. 2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 63 ff.; BayVerfGH, Entsch. v. 28.6.2013, NVwZ 2014, 141, juris Rn. 93; StGH BaWü, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, NVwZ 2014, 1162 [LS], juris 441; VGH München, Beschl. v. 8.4.2014, 22 CS 14.224, juris Rn. 12; OVG Saarlouis, Beschl. v. 10.2.2014, 1 B 476/13, juris Rn. 57; OVG Lüneburg, Beschl. v. 7.1.2014, 7 ME 90/13, juris Rn. 36). Den Betreibern bestehender Spielhallen blieb ihre vor Inkrafttreten der Neuregelung erteilte gewerberechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO zwar uneingeschränkt bis zum 30. Juni 2017 erhalten. Sie konnten den bisherigen Betrieb fortzuführen, mussten aber zeitlich gestaffelt die z.T. neue Investitionen erfordernden Anforderungen des neuen Spielhallenrechts wie die Aufstellungs- und Gestaltungsanforderungen sowie die Sperrzeitregelungen erfüllen.

169

Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes vereinbar. Der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt nur, ob der Gesetzgeber bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe unter Berücksichtigung aller Umstände die Grenze der Zumutbarkeit überschritten hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.6.2010, 1 BvR 2011/07, 1 BvR 21 BvR 2959/07, BVerfGE 126, 112, juris Rn. 126; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, NordÖR 2014, 317 [LS], juris Rn. 23; OVG Saarlouis, Beschl. v. 14.3.2014, 1 B 102/14, juris Rn. 25).

170

Diese Grenze ist hier nicht überschritten. Wie bereits ausgeführt, dient das HmbSpielhG u.a. dem Ziel, alle Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen und dass der Spielerschutz verbessert wird (vgl. Bü-Drs. 20/5823, S. 23 ff.). Um den Zielen des Gesetzes während der Zeitdauer des Bestandsschutzes der Erlaubnisse nach § 33i GewO angemessen Rechnung zu tragen, bedurfte es aus Sicht des Gesetzgebers bereits zeitnah der schrittweisen Umsetzung der verschärften Anforderungen des HmbSpielhG an die Ausgestaltung und den Betrieb der Spielhallen. Dass die Einhaltung der Anforderungen des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG ohne Übergangsfrist verlangt wird, führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit. Die Einzelaufstellung in einem Abstand von 1,5 m ist in der Regel ohne weitere Investitionen möglich; solche fallen nur für die neuen Sichtblenden und ggf. ihre Installation an. Dass diese aus wirtschaftlichen Gründen unzumutbar sein könnten, ist nicht ersichtlich.

171

bb) Die Klägerin wird durch § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG nicht in ihren Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. 3 Abs. 1 GG verletzt.

172

Die Tatsache, dass § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG in der Spielbank Hamburg nicht gilt und es auch an einer auf Spielbanken anwendbaren vergleichbaren Regelung fehlt, begründet keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Dieser Unterschied ist aufgrund der für Spielhallen bzw. für Spielbanken geltenden, grundlegend verschiedenen, aber gleichermaßen an der Vermeidung von Glücksspielsucht orientierten Regelungskonzepte zur Sicherung des Spielerschutzes gerechtfertigt. Dahinstehen kann, wie oben ausgeführt, ob ungleiche Sachverhalte bereits deshalb vorliegen, weil die Spielbank Hamburg mit ihren vier über das Stadtgebiet verteilten Standorten ein deutlich schmaleres Angebot an Spielgelegenheiten vorhält, während Spielhallen und damit die einzelnen Geldspielgeräte örtlich leichter erreichbar und zugänglich sind. Jedenfalls besteht u.a. mit dem Sperrsystem ein dem Spielerschutz und der Gefahr der Glücksspielsucht effektiv Rechnung tragendes Instrument in Spielbanken (s.o.; vgl. dazu ausführlich OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/14, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 61 m.w.N.; vgl. VerfG Berlin, Beschl. v. 20.6.2014, 96/13, NVwZ-RR 2014, 825, juris Rn. 62).

173

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich auch nicht, soweit die Pflicht aus § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG für in Gaststätten aufgestellte Glücksspielgeräte nicht gilt. Wie oben ausgeführt, rechtfertigen sachliche Gründe die unterschiedliche Regelung.

174

b) Zur Vereinbarkeit des § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG mit Art. 56 AEUV wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

175

3. Die Klägerin ist entgegen ihrem (Haupt-) Antrag nicht berechtigt, in ihren Spielhallen nur eine Sperrzeit von 5.00 Uhr bis 6.00 Uhr einzuhalten. Die Sperrzeitregelung des § 5 Abs. 1 HmbSpielhG findet auf die Betriebe der Klägerin Anwendung (a). Auch der Hilfsantrag hat keinen Erfolg (b).

176

Vor dem Inkrafttreten der Sperrzeitregelung in § 5 Abs. 1 und 3 HmbSpielG hatte § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung über die Sperrzeit im Gaststätten- und Vergnügungsgewerbe in der bis zum 19. Juli 2013 gültigen Fassung (SperrzeitVO v. 2.12.2003, HmbGVBl. S. 553, in Kraft getreten zum 1.1.2004) für Spielhallen eine Sperrzeit von 5.00 bis 6.00 Uhr bestimmt. Die Regelung wurde aufgehoben. Nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 HmbSpielhG beginnt die Sperrzeit für Spielhallen um 5.00 Uhr und endet um 12.00 Uhr. Eine Ausnahme eröffnet lediglich § 5 Abs. 3 HmbSpielhG für Spielhallen, die in dem Bereich des Vergnügungsviertels „Reeperbahn“ nach § 1 Nr. 1 der WechsellichtVO liegen (Sperrzeit von 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr). Dazu gehören die Spielhallen der Klägerin nicht. Sie hat in ihren Betrieben die Sperrzeit von 5.00 Uhr bis 12.00 Uhr einzuhalten.

177

a) Die Klägerin wird durch die Ausdehnung der Sperrzeit für den Betrieb ihrer Spielhallen auf die Zeit von 5.00 Uhr bis 12.00 Uhr nach § 5 Abs. 1 HmbSpielhG nicht in geschützten Rechtspositionen verletzt.

178

aa) Eine Verletzung verfassungsrechtlich geschützter Rechtsgüter liegt nicht vor.

179

(1) Der Eingriff in die Berufsfreiheit der Klägerin aus Art. 12 GG ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

180

Die Sperrzeitregelung greift in das Grundrecht der Klägerin auf Berufsfreiheit ein. Eine Einschränkung der Berufswahlfreiheit ist nicht gegeben, weil die Klägerin durch die Neuregelung des Spielhallenrechts in Hamburg nicht gehindert ist, ihre Tätigkeit als Spielhallenbetreiberin aufzunehmen oder fortzuführen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 10.3.2014, 4 Bs 435/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 29 m.w.N.). Die Sperrzeitregelungen in § 5 HmbSpielhG betreffen die Maßgaben dieser Tätigkeit.

181

Der mit der beanstandeten Sperrzeitregelung verbundene Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

182

Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt (BVerfG, Beschl. v. 25.3.1992, 1 BvR 298/86, BVerfGE 86, 28, juris Rn. 46 ff.). Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Einschränkungen der Berufsfreiheit stehen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit.

183

(a) Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist formell verfassungsgemäß. Die hier streitgegenständlichen Regelungen sind nicht kompetenzwidrig zustande gekommen.

184

Der Landesgesetzgeber ist zum Erlass der von der Klägerin beanstandeten Sperrzeitregelungen in § 5 Abs. 1 und 3 HmbSpielhG zuständig, da es sich um Normen handelt, die im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zum Recht der Spielhallen zählen. Das Recht der Spielhallen erfasst jedenfalls den Regelungsgegenstand des § 33i GewO und damit die Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle. Mit diesem Betrieb ist die Regelung der Betriebszeit untrennbar verbunden (vgl. ausführl. OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, juris Rn. 34; vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 19, 33).

185

(b) Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist materiell verfassungsgemäß.

186

Er ist durch ein Gemeinwohlziel legitimiert.

187

Für die Beschränkung der Betriebszeiten von früher 23 Stunden (6 Uhr bis 5 Uhr) auf 17 bzw. 21 Stunden (von 12.00 Uhr bis 5.00 Uhr bzw. 9.00 Uhr bis 6.00 Uhr) sprechen vernünftige Gründe des Gemeinwohls. Sie soll u. a. das Entstehen von Glücksspielsucht verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung schaffen, durch ein begrenztes Glücksspielangebot den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen lenken, den Jugend- und Spielerschutz gewährleisten und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abwehren (§ 1 Satz 1 GlüStV). Nach den Vorgaben des § 26 Abs. 2 GlüStV wird das zeitliche Angebot der Spielhallen durch Sperrzeiten von mindestens drei Stunden begrenzt (vgl. auch Bü-Drs. 20/3734, S. 84 [zu § 26 Abs. 2 GlüStV]). Nach § 28 Satz 1 und 2 GlüStV können die Länder weitergehende Bestimmungen erlassen. Das HmbSpielhG, das den GlüStV in Bezug auf Spielhallen umsetzt bzw. konkretisiert, dient nach der Begründung des Gesetzentwurfs dem Ziel, Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen, dass das Angebot im Sinne der Bekämpfung der Spielsucht ausgestaltet ist, dass der Spielerschutz verbessert und der Jugendschutz eingehalten wird (vgl. BüDrs. 20/3228, S. 6, 7). Die mit dem GlüStV und den die Sperrzeiten bestimmenden Ausführungsgesetzen der Länder angestrebten Ziele sind solche des Gemeinwohls, die Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit in Bezug auf den Betrieb von Spielhallen rechtfertigen können (s. oben m.w.N.).

188

Die geltend gemachte Unverhältnismäßigkeit der die Berufsausübung regelnden Vorschrift lässt sich nicht feststellen. Die Beschränkung der Betriebszeit für Spielhallen in § 5 Abs. 1 HmbSpielhG ist zur Erreichung des Gemeinwohlziels geeignet, erforderlich und angemessen.

189

Dem Gesetzgeber kommt bei der Regelung der Berufsfreiheit eine weite Gestaltungsfreiheit zu. Auch in Bezug auf die Eignung und Erforderlichkeit des gewählten Mittels zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele verbleibt ihm ein weiter Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum, der erst dann überschritten ist, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen so fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für derartige Maßnahmen abgeben können.

190

Davon ist nach diesem verfassungsrechtlichen Maßstab nicht auszugehen. Die Sperrzeitregelung in § 5 HmbSpielhG ist, wie das Berufungsgericht bereits im Beschluss vom 4. März 2014 (4 Bs 328/13, a.a.O., juris Rn. 39 ff.) ausgeführt hat, ein geeignetes Mittel, um die Spielsucht einzudämmen und den Spielerschutz zu verbessern. Das Ziel, das Glücksspiel in Spielhallen zu reglementieren, wird durch die drei oder sieben Stunden langen Sperrzeiten konkretisiert. Bereits eine Sperrzeit von drei Stunden, aber umso mehr eine Sperrzeit von sieben Stunden ist zur Rechtfertigung des Gemeinwohlziels geeignet. Aus den Erwägungen des Gesetzgebers zu § 26 Abs. 2 GlüStV, solche Sperrzeiten (von mindestens drei Stunden) seien auch deshalb sinnvoll, weil viele pathologische Spieler über extrem lange Zeiträume in den Spielhallen verweilten und dieses dauerhafte Spielen mit einer allgemeinen Sperrzeit nachhaltig unterbrochen werden könne (vgl. Bü-Drs. 20/3734, S. 83, 84), ergibt sich seine Einschätzung, dass bereits eine Mindestsperrzeit von drei Stunden geeignet ist, den vorgenannten Zielen des GlüStV Rechnung zu tragen. Die gleichen Erwägungen sind für den Gesetzgeber nach der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 5 HmbSpielhG auch für die Regelung der Sperrzeiten von 5.00 Uhr bis 12.00 Uhr bzw. 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr bestimmend gewesen. In der Gesetzesbegründung ist ausgeführt, durch das zwangsweise Ende des Spiels um 5.00 Uhr bzw. 6.00 Uhr im Bereich der Reeperbahn und der Möglichkeit des Weiterspielens erst um 12.00 Uhr bzw. um 9.00 Uhr könne die Spielerin bzw. der Spieler, insbesondere die Vielspielerinnen und Vielspieler und die pathologischen Spielerinnen und Spieler einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen ziehen und die Möglichkeit zur Erholung nutzen (vgl. Bü-Drs. 20/3288, S. 11; 20/5877, S. 29).

191

Die zwangsweisen Ruhe- oder Unterbrechungszeiten, die den Anreiz zum Weiterspielen hemmen oder unterbrechen sollen, sind mindestens förderlich, um das Gemeinwohlziel, u.a. die Spielsuchtprävention, zu erreichen. Die Reduzierung der Öffnungszeiten von Spielhallen in einem städtischen Bereich auf 21 Stunden/Tag und im übrigen Stadtgebiet auf 17 Stunden/Tag ist geeignet, (potenzielle) Spieler davon abzuhalten, das Glücksspiel an Geldspielautomaten zeitlich uneingeschränkt zu beginnen oder fortzusetzen (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 69 m.w.N.; OVG Saarlouis, Urt. v. 5.7.2017, 1 A 51/15, juris Rn. 223 ff.). Zudem ist die Sperrzeitregelung auch geeignet, der Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen zu dienen, die anderenfalls auf dem Weg zur Schule negativen Vorbildern, nämlich Menschen, die schon in den frühen Morgenstunden Spielhallen aufsuchen, ausgesetzt wären (vgl. VGH München, Beschl. v. 7.5.2013, 10 NE 13.226, juris Rn. 26).

192

Die Einwände der Klägerin gegen die Geeignetheit des Gesetzes zur Spielsuchtprävention und zum Spielerschutz überzeugen nicht. Sie macht auch insoweit geltend, dass potenzielle Spieler u.a. bei einer Ausweitung der Sperrzeit für Spielhallen und der Verminderung des Geräteangebots auf alternative Angebote in Gaststätten, Wettbüros, Internet-Casinos, „Hinterzimmern“ oder unkontrollierten Spiele-Cafés auswichen. Aus diesem Vortrag ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber seinen Einschätzungsspielraum überschritten haben könnte (s.o.). Die Erwägungen und Einschätzungen des Gesetzgebers, durch die Verlängerung der Sperrzeiten auf mindestens drei Stunden werde die Möglichkeit zu spielen eingeschränkt bzw. längeres (dauerhaftes) Spielen unterbrochen, und dies diene der Eindämmung der Spielsucht, sind nicht offensichtlich fehlsam. Eines messbaren Erfolgs bedarf es für die Geeignetheit einer gesetzlichen Maßnahme nicht. An der Geeignetheit der Sperrzeitregelungen zur Eindämmung der Spielsucht durch Verknappung des Angebots ändert es nichts, wenn insbesondere gefährdete und pathologische Spieler zur Befriedigung ihrer Sucht als Reaktion auf die zeitweise Schließung der Spielhallen andere Möglichkeiten (möglicherweise auch in einem benachbarten Bundesland) zum - auch illegalen – Glücksspiel suchen oder ihr Spielverhalten anpassen (vgl. dazu auch BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, a.a.O., juris Rn. 114). Nicht nur gefährdete und pathologische Spieler, sondern auch potenzielle (Erst-) Spieler sollen davon abgehalten werden, das Glücksspiel in Spielhallen überhaupt erst jederzeit beginnen und gegebenenfalls kaum unterbrechen zu müssen. Eine zeitweise Schließung der Spielhallen ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen (vgl. bereits OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 41).

193

Im Übrigen würden illegale Spiele-Cafés denselben rechtlichen Vorschriften wie Spielhallen unterliegen, sofern sie die Voraussetzungen eines Unternehmens nach § 1 Abs. 2 HmbSpielhG erfüllen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 81). Dass solche illegalen Glücksspielangebote von der Beklagten geduldet werden, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht vorgetragen.

194

Der Grundrechtseingriff ist auch erforderlich, weil derselbe Zweck nicht durch ein Mittel erreicht werden kann, das den Spielhallenbetreiber als Grundrechtsträger weniger beein-trächtigt. Der Gesetzgeber verfügt bei der Einschätzung der Erforderlichkeit ebenfalls über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum. Für eine Überschreitung dieses Spielraums ist nichts ersichtlich. Hier hat der Gesetzgeber angenommen, dass über die nach § 26 Abs. 2 GlüStV mindestens einzuhaltende Sperrzeit von drei Stunden für fast das gesamte Stadtgebiet nach § 28 Abs. 1 Satz 2 GlüStV weitere vier Stunden notwendig sind, um Spieler zu einer nachhaltigen Spielunterbrechung anzuhalten. Dass hier nach den dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und Erfahrungen alternative Beschränkungen die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen aber weniger belasten (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, a.a.O., juris Rn. 116), ist nicht ersichtlich. Die bisherigen Regelungen insbesondere der SpielV haben eine erhebliche Zunahme des Automatenspiels nicht verhindern können. Der Hinweis der Klägerin auf die in § 26 Abs. 2 GlüStV bestimmte Sperrzeit von mindestens drei Stunden lässt nicht den Schluss zu, der Gesetzgeber habe als milderes Mittel nur eine Sperrzeit von dieser Länge für erforderlich halten dürfen, weil sie gleich wirksam ist wie eine mehr als doppelt so lange Sperrzeit.

195

Die angegriffene Regelung des § 5 HmbSpielhG ist angemessen und damit verhältnismäßig im engeren Sinne.

196

Trifft der Gesetzgeber Regelungen, die in die Freiheit der Berufsausübung eingreifen, so muss bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt sein (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 117).

197

Nach diesem Maßstab ist im Hinblick auf die vom Gesetzgeber verfolgten Ziele die Be-schränkung der Betriebszeiten der Spielhallenbetreiber für die Dauer von drei bzw. sieben Stunden angemessen. Anhaltspunkte für eine systematische Existenzgefährdung oder -vernichtung von Spielhallenbetrieben durch die Berufsausübungsregelung sind – wie oben bereits ausgeführt - nicht ersichtlich. Die Klägerin hat im Übrigen zwar geltend gemacht, sie habe seit Juni 2013 massive Umsatzeinbußen hinnehmen müssen und ihr drohe der Verlust der Existenz, weil ihre Spielhallen am Vormittag sehr gut besucht seien. Konkrete auf dem Inkrafttreten der Sperrzeitregelung nach § 5 Abs. 1 HmbSpielhG beruhende Gewinneinbußen hat sie aber nicht dargelegt. Wie oben ausgeführt, handelt es sich u.a. bei der Bekämpfung der Spielsucht und bei der Spielsuchtprävention mindestens um vernünftige Gemeinwohlbelange. Angesichts der erheblichen gesellschaftlichen und persönlichen Folgen der Spielsucht (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 320, juris Rn. 99) ist das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel als besonders schutzwürdig anzusehen und rechtfertigt insoweit die Einschränkung der wirtschaftlichen Interessen des Spielhallenbetreibers.

198

Der nicht näher konkretisierte Einwand der Klägerin, in Folge der durch das HmbSpielhG geänderten Sperrzeiten sei generell vermehrt mit Einbrüchen und Überfällen zu rechnen, vermag die fehlende Angemessenheit der Einschränkung der Berufsausübung nicht zu begründen. Sie macht geltend, es habe in der Vergangenheit vor Einführung der „Putzstunde“ zwischen 5.00 Uhr und 6.00 Uhr Einbrüche und Überfälle auf Spielhallen gegeben. Diese Vortrag lässt ohne nähere Begründung nicht den Schluss zu, wegen der siebenstündigen Sperrzeit sei dies generell nun wieder oder öfter zu erwarten, weil die Mitarbeiter - anders als bei einer einstündigen Sperrzeit - nicht in der Spielhalle blieben und diese während der Sperrzeit von außen verschlossen werde. Auch legt die Klägerin nicht dar, aus welchen Gründen der Gefahr von Überfällen und Einbrüchen nicht durch Tresore oder durch andere finanziell vertretbare personelle oder technische Sicherungsmöglichkeiten vorgebeugt werden kann.

199

Die von der Klägerin hier angegriffenen Regelungen des HmbSpielhG greifen bei einer Gesamtbetrachtung (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 27.3.2012, 2 BvR 2258/09, BVerfGE 130, 372, juris Rn. 59) auch kumulativ nicht unverhältnismäßig in ihre Berufsfreiheit ein. Bloße Vermutungen reichen zur Annahme eines durch Kumulation verschiedener Maßnahmen unverhältnismäßigen "additiven" Grundrechtseingriffs, den die Klägerin hier geltend macht, nicht aus (vgl. zur Gesamtheit der Berliner Regelungen: BVerfG, Beschl. v. 3.4.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 156 ff.; zum additiven Grundrechtseingriff: Beschl. v. 13.9.2005, 2 BvF 2/03, BVerfGE 114, 196, juris Rn. 236 f.; zum Berliner SpielhG: BVerwG Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 50, 71). Dass die hier streitigen Regelungen selbst bei Berücksichtigung der Höhe der Vergnügungsteuer und bauplanungsrechtlicher Einschränkungen zu einer wirtschaftlichen „Erdrosselung“ der Spielhallenunternehmen (oder von solchen mit Einzelkonzession oder von kleinen Betrieben) führen und dass Spielhallen in den weniger attraktiven Außenbereichen der Stadt zudem nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten, hat die Klägerin nicht vorgetragen und solches ist auch vor dem Hintergrund des von ihr vorgelegten „Vorjahresvergleichs“ nicht ersichtlich (s.o.). Im Übrigen wiegt der Hauptzweck der Bekämpfung und Verhinderung der Glücksspielsucht besonders schwer, da es sich um die Bekämpfung eines besonders wichtigen Gemeinschaftsziels handelt. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass auch die mit der Reduzierung der Zahl der Geldspielgeräte und der Öffnungszeiten von Spielhallen einhergehende Angebotsreduzierung einen gewichtigen Beitrag zur Erreichung der verfolgten Ziele, u.a. der Vorbeugung von Spielsucht in einem möglichst frühen Stadium, leisten wird. Daher ist auch eine deutliche Begrenzung der Einnahmemöglichkeiten durch den Betrieb von Spielhallen zugunsten der konsequenten Verfolgung des überragend wichtigen Gemeinwohlziels der Suchtprävention und -bekämpfung hinzunehmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 159).

200

Die Regelung ist auch, soweit sie die Umsetzung sechs Monate nach Inkrafttreten des HmbSpielhG verlangt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 HmbSpielhG), mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Insoweit ist auf die obigen Erwägungen zum Vertrauensschutz zu verweisen.

201

(2) Ungeachtet der Anforderungen, die sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergeben, können Berufsausübungsregelungen nur dann Bestand haben, wenn sie auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsgemäß sind und insbesondere den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten.

202

Daran gemessen ist die Regelung der unterschiedlichen Sperr- bzw. Öffnungszeiten für Spielhallen und Spielbanken (a) sowie bezogen auf Gaststätten (b) nicht verfassungswidrig.

203

(a) Die unterschiedlichen gesetzlich erlaubten Öffnungszeiten von Spielhallen und Spielbanken führen nicht zu einer „wirtschaftlichen Wettbewerbsverzerrung“ und insoweit nicht zu einem Verstoß gegen die durch Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG geschützte gleichberechtigte Teilhabe am Wettbewerb. Die unterschiedliche Sperrzeitregelung für Spielhallen in § 5 Abs. 1 HmbSpielhG und für Spielbanken nach der HmbSpielO begründet keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung im Sinne einer „Wettbewerbsverzerrung“ zu Lasten der Spielhallenbetreiber. Art. 3 Abs. 1 GG verlangt nicht die vollständige Anpassung der für Spielhallen geltenden Betriebszeiten an die der Spielbanken.

204

Der Spielbank Hamburg mit ihren Dependancen ist nach § 10 Abs. 2 und 3 HmbSpielO die Möglichkeit eingeräumt, wie folgt zu öffnen:

205

Hauptsitz Esplanade:

        

12.00 bis 5.00 Uhr

Dependance Steindamm:

        

 8.00 bis 2.00 Uhr

Dependance Reeperbahn:

        

 8.00 bis 6.00 Uhr

Dependance Mundsburg-Center:

        

10.00 bis 1.00 Uhr

206

Eine Ungleichbehandlung besteht nicht, soweit die Sperrzeiten für Spielhallen nach § 5 Abs. 1 HmbSpielhG im Stadtgebiet den nach der HmbSpielO möglichen Öffnungszeiten der Spielbank Esplanade, die ebenfalls von 12.00 Uhr bis 05.00 Uhr öffnen darf, entsprechen. Die Betriebszeiten des zentralen Spielbank-Hauptstandorts mit den meisten Geld-spielautomaten (136 Geräte; vgl. Bü-Drs. 20/10218, S. 1) führen daher nicht zu einer „Wettbewerbsverzerrung“ zu Lasten der Spielhallenbetreiber im gesamten Stadtgebiet und begründen keinen Wettbewerbsvorteil für Spielbanken.

207

Die unterschiedliche gesetzliche Regelung der Sperrzeiten der Spielbanken-Depen-dancen im Verhältnis zu den in den dortigen Stadtvierteln befindlichen Spielhallen sowie die bezogen auf zwei Spielbank-Standorte etwas kürzeren Sperrzeiten (zwei bzw. sechs Stunden) sind durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Zum einen sind, wie oben bereits ausgeführt, der Angebotsumfang und die Erreichbarkeit von Spielbanken und Spielhallen unterschiedlich. Zum anderen bilden die verschiedenen Regelungen zum Spielerschutz in Spielbanken ein gleichwertiges Schutzniveau zur Spielsuchtbekämpfung (s.o.; vgl. zu den Regelungen; BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 174, 142; BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 77; vgl. auch: BayVerfGH, Urt. v. 28.6.2013, 10-VII-12 u.a., NVwZ 2014, 141, juris Rn. 118 f.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 7.1.2014, 7 ME 90/13, juris Rn. 28 zum Abstandsgebot; KG Berlin, Beschl. v. 2.7.2013, 3 Ws 622/12 u.a., juris Rn. 9).

208

(b) Die Tatsache, dass auch in Gaststätten gegenwärtig noch bis zu drei Automatenspielgeräte aufgestellt werden dürfen und dass für diese weiterhin eine Sperrzeit nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SperrzeitVO von 5.00 Uhr bis 6.00 Uhr gilt, führt ebenfalls nicht zu einer Ungleichbehandlung. Die Unterschiede zwischen Gaststätten und Spielhallen rechtfertigen auch in Ansehung der Eindämmung der Spielsucht eine unterschiedliche Regelung der Sperrzeiten, weil, wie oben bereits ausgeführt, beide gewerberechtlichen Angebote Unterschiede aufweisen.

209

bb) Soweit die Klägerin auch insoweit einwendet, das HmbSpielhG verletze das europarechtliche Gebot der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV und sei zur Eindämmung der Spielsucht nicht geeignet, weil es tatsächlich nicht konsequent und folgerichtig am Ziel der Spielsuchtbekämpfung orientiert sei, sondern ausschließlich die gewerblichen Automatenspielbetriebe und nicht die Spielbanken reglementiere, und die wahre Absicht des Gesetzgebers sei es, die Spielbanken aus fiskalischen Gründen zu fördern, ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen (vgl. S. 27, 36, 42).

210

Eine Inkonsequenz und fehlende Kohärenz ist auch nicht festzustellen, soweit die Klägerin einwendet, die Hamburger Spielbank werbe großflächig auf Bussen des Hamburger Verkehrsverbunds. Sollte die Klägerin auch mit diesem Einwand begründen wollen, die Regelung des § 5 HmbSpielhG und andere das Automatenglücksspiel in Spielhallen beschränkende Regelungen seien tatsächlich nicht auf die Eindämmung der Spielsucht und Spielsuchtprävention gerichtet, sondern auf die Umlenkung des Spielerinteresses auf das Spiel in Spielbanken, überzeugt dies nicht. Auch die Hamburger Spielbank unterliegt, wie oben ausgeführt, gemäß § 2 Abs. 2 GlüStV der Regelung des § 5 GlüStV, wonach Art und Umfang der Werbung für öffentliches Glücksspiel an den Zielen des § 1 GlüStV auszurichten ist. Mit diesen Zielen unvereinbar ist eine Werbung, von der in auffälliger Weise ein Aufforderungs- und Anreizcharakter zum Spielen ausgeht (vgl. zu § 5 GlüStV a.F. BVerfG, Beschl. v. 14.10.2008, 1 BvR 928/08, juris Rn. 47; vgl. auch BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, BVerfGE 115, 276, juris 136; BVerwG, Urt. v. 20.6.2013, 8 C 17.12, juris Rn. 44 ff.; VG Berlin, Urt. v. 1.3.2013, 4 K 336.12, juris Rn. 183; Hecker/Ruttig, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 5 Rn. 39). Eine bloße Imagebewerbung, die nicht auffällig und im Alltag gegenwärtig ist, ist nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.3.2007, 1 BvR 2228/02, juris Rn. 63; vgl. zu den Grenzen: BVerwG, Urt. v. 20.6.2013, 8 C 17.12, juris Rn. 47 m.w.N.). Dass diese rechtlichen Grenzen tatsächlich nicht eingehalten werden, legt die Klägerin nicht konkret dar.

211

b) Auch der zulässige Hilfsantrag hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klägerin ist nicht berechtigt, in ihren Spielhallen nur eine Sperrzeit von 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr einzuhalten.

212

§ 5 Abs. 1 HmbSpielhG ist nicht wegen Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig, soweit nach § 5 Abs. 1 und 3 HmbSpielhG Spielhallenbetriebe in unterschiedlichen Bereichen des Stadtgebiets verschiedene Sperrzeiten einhalten müssen.

213

Das von der generellen Regelung einer Sperrzeit von sieben Stunden ausgenommene Gebiet, das durch die WechsellichtVO vom 28. April 1981 (Anlage 1 HmbGVBl. S. 91) räumlich bestimmt und begrenzt wird, bezieht sich im Wesentlichen auf Grundstücke an der Reeperbahn, begrenzte Teile der von ihr abgehenden Davidstraße, den Spielbuden-platz, auf Grundstücke am Hans-Albers-Platz, die Herbertstraße sowie auf Teile der eben-falls von der Reeperbahn abgehenden Straße Große Freiheit. Es weist in seinem Dienstleistungsangebot und hinsichtlich dessen Dichte gemessen an den Verhältnissen im sonstigen Stadtgebiet und in anderen bahnhofsnahen Bereichen derartige Unterschiede und Besonderheiten auf, dass der Gesetzgeber für die dort gelegenen Betriebe in § 5 Abs. 3 HmbSpielhG eine andere Regelung der Sperrzeiten treffen durfte.

214

Das Berufungsgericht hat bereits im Beschluss vom 4. März 2014 (4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris) ausgeführt, dass es für die Frage, ob nach dem oben dargestellten Maßstab eine Ungleichbehandlung von in verschiedenen Stadtteilen gelegenen Spielhallenbetrieben sachlich gerechtfertigt ist, nicht (allein) auf die Erwägungen des Gesetzgebers ankommt. Für die verfassungsrechtliche Prüfung ist nicht ausschlaggebend, ob die maßgeblichen Gründe für die gesetzliche Neuregelung im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich als solche genannt wurden oder gar den Gesetzesmaterialien zu entnehmen sind. Nicht die subjektive Willkür des Gesetzgebers führt zur Feststellung eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, sondern die objektive Unangemessenheit der Norm im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, die sie regeln soll (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.1.2012, 1 BvL 21/11, BVerfGE 130, 131, juris Rn. 47 m.w.N.). Nach diesem Maßstab bestehen sowohl nach der Einschätzung des Gesetzgebers als auch objektiv sachliche Gründe für eine unterschiedliche Regelung der Sperrzeiten.

215

Zur weiteren Begründung verweist das Berufungsgericht auf seine Erwägungen im Beschluss vom 4. März 2014 (4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 67 ff.), an denen es auch in diesem Berufungsverfahren festhält:

216

„Die vom Gesetzgeber zur Regelung der unterschiedlichen Sperrzeiten angestellten Erwägungen sind sachgerecht. Bei seiner Entscheidung, unterschiedliche Sperrzeitregelungen in Bezug auf bestimmte Stadtgebiete festzulegen, hat der Gesetzgeber entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht allein auf den Aspekt der Suchtprävention und den Spielerschutz abgestellt, sondern auf weitere Ziele des § 1 GlüStV.

217

Die Gesetzesbegründung zu § 5 HmbSpielhG nimmt auf § 2 Abs. 2 HmbSpielhG Bezug, soweit dort in Satz 3 für die im Bereich der WechsellichtVO vom 28. April 1981 gelegenen Betriebe eine diese begünstigende Sonderregelung (bezüglich des Abstandsgebots) getroffen worden ist. Aus der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 2 ergeben sich Erwägungen für eine unterschiedliche Behandlung der Spielhallenbetreiber in bestimmten räumlich begrenzten Bereichen der Stadt. In der Begründung des ersten Gesetzentwurfs (Bü-Drs. 20/3228, S. 9) ist zu § 2 Abs. 2 Satz 3 HmbSpielhG ausgeführt, diese Ausnahmen berücksichtigten die Metropolsituation Hamburgs. Um Hamburg als weltoffener Stadt gerecht zu werden, solle in den Amüsiervierteln der Stadt eine dichtere Spielhallenansiedlung möglich sein. Der spätere Gesetzesentwurf des HmbSpielhG, der Gegenstand der Zustimmung durch die Bürgerschaft war, führt aber weitere Gründe für eine Sonderregelung an: § 2 Abs. 2 Satz 3 berücksichtige die tatsächliche Konzentration der Nachfrage und des Angebots in speziellen „Amüsiervierteln“ der Stadt, wie ihr auch schon mit den speziellen baurechtlichen Nutzungsregelungen Rechnung getragen werde, und wirke damit auch dem Ausweichen auf illegale „Hinterzimmerangebote“ entgegen. Besucher suchten diese Gebiete, anders als ihre alltägliche Umgebung, gezielt auf und erwarteten ein enges und vielfältiges Unterhaltungs- und Amüsierangebot. Sie seien sich, wenn sie diese Viertel aufsuchten, in der Regel der Risiken der Amüsierbetriebe und der damit verbundenen finanziellen Gefahren bewusst. Zudem bestehe in diesen Gebieten ein durchgängiges Zutrittsverbot für Jugendliche in nahezu allen einschlägigen Etablissements (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 26). Diese Erwägungen gelten auch für die Regelung unterschiedlicher Sperrzeiten in § 5 Abs. 1 und 3 HmbSpielhG. Der Gesetzgeber hat durch die Bezugnahme auf das durch die WechsellichtVO begrenzte Gebiet zum Ausdruck gebracht, dass dort den Spielhallenbetrieb einschränkende Regelungen (wie die Abstandsregelung für Spielhallen und die Sperrzeit, § 2 Abs. 2 und § 5 HmbSpielhG) zwar der Eindämmung der Spielsucht und dem Spielerschutz dienen sollen, dass aber in Teilen des Vergnügungs-viertels „Reeperbahn“ Erleichterungen oder Ausnahmen wegen der hinsichtlich eines Amüsierviertels geltenden Besonderheiten zulässig, aber insbesondere wegen der Notwendigkeit eines kanalisierten legalen Glückspielangebots und zur Verhinderung illegalen Glücksspiels erforderlich sind. Im Unterschied zu § 2 Abs. 2 Satz 3 HmbSpielhG, der auf die Anlagen 1 (Reeperbahn u.a. / St. Pauli) und 2 (Steindamm zwischen Steintorplatz und Kreuzung Stralsunderstraße und Kreuzweg) der WechsellichtVO Bezug nimmt, hat der Gesetzgeber zudem bezüglich der Sperrzeitregelung die räumliche Reichweite der Ausnahme in § 5 Abs. 3 HmbSpielhG enger gefasst und auf das Gebiet der Anlage 1 der WechsellichtVO und damit ausschließlich auf die Reeperbahn und wenige angrenzende Straßenzüge begrenzt.

218

Diese vom Gesetzgeber angenommenen Gründe sind sachgerecht und rechtfertigen eine unterschiedliche Behandlung der in dem räumlich beschränkten „Amüsierviertel Reeperbahn“ liegenden Spielhallenbetriebe und derjenigen im übrigen Stadtgebiet. Der Gesetzgeber hat zu Recht angenommen, dass in dem als „Amüsierviertel“ weit über die Grenzen Hamburgs und Deutschlands hinaus bekannten Teil St. Paulis, der allein deshalb das Ziel zahlreicher Touristen ist, bereits in Bezug auf die Besucher und deren Erwartung und Nachfrage besondere Umstände gelten, die eine großzügigere Sperrzeitregelung rechtfertigen. In diesem Stadtviertel finden sich gehäuft Gaststätten, Restaurants, Bars, Clubs, Geschäfte und andere Betriebe des Unterhaltungsgewerbes, und hier geht ein Besucher von einem umfassenden, nicht an „normale Öffnungszeiten“ gebundenen Unterhaltungsangebot auch noch nach dem üblichen Schluss von Theater- und Showveranstaltungen aus. Das Angebot der „Reeperbahn“ und der angrenzenden Straßen richtet sich an auswärtige und einheimische Besucher, die in diesem Gebiet insbesondere wegen seines (weltweiten) Rufs als „Amüsierviertel“ im Unterschied zum sonstigen Stadtgebiet und auch zum bahnhofsnahen Stadtviertel am Steindamm ein zeitlich nicht oder kaum eingeschränktes vielfältiges Unterhaltungs- und Dienstleistungsangebot für Erwachsene erwarten. Diese Besucher und auch solche, die aus dem Umland Hamburgs oder aus entfernter liegenden Stadtvierteln kommen, sind in der Regel nicht durch reguläre Arbeitszeiten gebunden und/oder halten sich oft mehrere Tage in der Stadt auf.

219

Auch die Annahme des Gesetzgebers, Besucher suchten diese Stadtgebiete im Unterschied zu ihrer alltäglichen Umgebung gezielt auf und seien sich in der Regel dabei der Risiken der Amüsierbetriebe und der damit verbundenen finanziellen Gefahren bewusst (Bü-Drs. 20/5877, S. 26), rechtfertigt ein längeres Angebot an Unterhaltung in Spielhallen in diesem Gebiet. Zwar bringt die Antragstellerin dagegen vor, gerade das Vergnügungsviertel „Reeperbahn“ wirke wegen der Einbettung in eine von Alkohol und Sex geprägte Umgebung enthemmend und begünstige pathologisches Spielverhalten. Soweit der Gesetzgeber in diesen Gebieten von einem weniger großen Schutzbedarf der Spieler ausgeht, hält sich diese Wertung aber im Rahmen seines Einschätzungsspielraums (vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., juris Rn. 159). Während die Spielhallen im Wohngebiet, in der Nähe des Arbeitsplatzes oder anderer Freizeitgestaltung eines Spielers in der Regel mit dessen Lebensumfeld verbunden und schnell erreichbar sind, stellt das gezielte (Auf-) Suchen von Unterhaltung in einem Vergnügungsviertel wie der „Reeperbahn“ ein anderes Verhaltensmuster dar, das das Vorverständnis des Besuchers von dem u.a. mit Glücksspiel verbundenen Risiko prägt. Dass dennoch einzelne Besucher den „Versuchungen“ eines Vergnügungsviertels erliegen und deshalb ein unkontrolliertes Spielverhalten entwickeln, stellt die grundsätzliche Annahme nicht in Frage.

220

Der Gesetzgeber hat zudem, ohne dass dies zu beanstanden wäre, bei der Sperrzeitregelung von 6.00 Uhr bis 9.00 Uhr nicht nur den Spielerschutz und die Eindämmung der Spielsucht bei der Bestimmung der unterschiedlichen Sperrzeitregelungen im Blick gehabt, sondern es für notwendig gehalten, in dem „Amüsierviertel Reeperbahn“ ein gegenüber dem restlichen Stadtgebiet zeitlich weitergehendes, aber räumlich begrenztes verdichtetes Angebot des öffentlichen legalen Automatenglücksspiels zur Kanalisierung der Spielleidenschaft vorzusehen und hat damit einem anderen maßgeblichen Ziel des GlüStV Rechnung getragen. Nach § 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV entspricht es dem gesetzgeberischen Interesse, den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung durch ein begrenztes, eine geeignete Alternative zum nicht erlaubten Glücksspiel darstellendes Glücksspielangebot in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken sowie der Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten entgegenzuwirken. Örtlich und zeitlich beschränkte Regelungen u.a. zu Gunsten der im Vergnügungsviertel „Reeperbahn“ gelegenen Betriebe sollen diesen Zwecken in Abwägung mit dem Ziel der Eindämmung der Spielsucht und der Verknappung des Angebots Rechnung tragen. Die Annahme des Gesetzgebers, ein sowohl zahlenmäßig als auch zeitlich erweitertes Angebot an Spielhallen berücksichtige die tatsächliche Konzentration der Nachfrage und des Angebots in diesem Gebiet und wirke dem Ausweichen in illegale „Hinterzimmerangebote“ entgegen, ist nicht zu beanstanden und rechtfertigt eine Differenzierung. Die Gefahr eines „illegalen Glücksspielmarktes“ ist in traditionellen Vergnügungsvierteln wie der „Reeperbahn“, in denen die Möglichkeiten legaler und illegaler Geschäftstätigkeiten oft auch räumlich nah beieinander liegen, auch im Fall einer verstärkten Kontrolle und Überwachung durch Polizei- und Ordnungsbehörden jedenfalls gegenüber dem übrigen Stadtgebiet erhöht.

221

Zwar weist die Antragstellerin sinngemäß darauf hin, dass Touristen oder diejenigen Spieler, die im Umfeld der durch die Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 3 HmbSpielhG begünstigten Spielstätten im Bereich der Reeperbahn oder der Nebenstraßen wohnen, vor den Nachteilen und Gefahren des Glücksspiels in Spielhallen nicht in gleicher Weise geschützt sind wie Spieler im übrigen Stadtgebiet, die die ab 5.00 Uhr geschlossenen Spielhallen erst ab 12.00 Uhr wieder besuchen können. Diese Tatsache stellt aber die Rechtfertigung einer unterschiedlichen Sperrzeitregelung für die in einem räumlich eng begrenzten Gebiet vorhandenen Spielhallen nicht in Frage. Die Möglichkeit, dass Besucher oder im Amüsierviertel oder auch in anderen Gebieten St. Paulis lebende Spieler wegen der räumlichen Nähe die im Vergnügungsviertel gelegenen Spielhallen mit für sie günstigeren Öffnungszeiten ohne größeren zeitlichen Aufwand besuchen können, ist ein zwangsläufiger Effekt einer ortsbezogenen Regelung. Allerdings betrifft diese Ausnahmeregelung in § 5 Abs. 3 HmbSpielhG nur einen kleinen Bereich des Stadtteils St. Pauli und zudem nur eine vergleichsweise kleine Gruppe von möglichen Spielern im Verhältnis zum übrigen Stadtgebiet. Der in anderen Stadtteilen und auch im übrigen Bereich des Stadtteils St. Pauli für die Dauer von sieben Stunden in stärkerem Maße gewährleistete Schutz vor den Gefahren der Spielsucht muss für diese (potenziellen) Spieler hier zeitweise zur Erreichung des im Vergnügungsviertel ebenfalls verfolgten Ziels, legales öffentliches Automatenglückspiel zur Verhinderung eines Glücksspielschwarzmarktes an 21 Stunden täglich anzubieten, zurücktreten. Diese zur Erreichung mehrerer Ziele des GlüStV notwendige Abwägung begegnet keinen Bedenken.“

222

4. Die von der Klägerin beanstandeten Regelungen sind auch nicht wegen Verstoßes gegen die Notifizierungspflicht unanwendbar.

223

§ 4 Abs. 3 Satz 1 und 3 und § 5 Abs. 1 HmbSpielhG sind nicht wegen eines Verstoßes gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht der Richtlinie 98/34/EG vom 22. Juni 1998 (ABl. L 204 S. 37, in der Fassung der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des HmbSpielhG gegebenen Änderungen durch die Richtlinie 98/48/EG vom 20.07.1998, ABl. L 217 S. 18 und die Richtlinie 2006/96/EG vom 20.11.2006, ABl. L 363 S. 81) unanwendbar.

224

Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 98/34/EG müssen die Mitgliedstaaten der Kommission den Entwurf einer technischen Vorschrift übermitteln und die Kommission über die Gründe der Festlegung der technischen Vorschrift unterrichten. Der Entwurf darf nach Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 98/34/EG nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung bei der Kommission angenommen werden. Ein Verstoß gegen die Notifizierungspflicht führt zur Unanwendbarkeit der jeweiligen technischen Vorschrift (vgl. zuletzt EuGH, Urt. v. 4.2.2016, C-336/14, NVwZ 2016, 369). Der Entwurf des HmbSpielhG ist der Kommission nicht übermittelt worden.

225

Die hier angegriffenen Vorschriften des Gesetzes unterlagen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 87 ff.), der das Berufungsgericht folgt, nicht der Informationspflicht aus Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/34/EG, da sie keine „technischen Vorschriften“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 1 der Richtlinie darstellen. Sie wären unter den vier Kategorien von Maßnahmen, die der Begriff „technische Vorschrift“ umfasst (vgl. zuletzt EuGH, Urt. v. 13.10.2016, C-303/15, ZfWG 2016, 430, juris Rn. 18 m.w.N.), allenfalls den „sonstigen Vorschriften“ im Sinne von Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG zuzuordnen. Der Europäische Gerichtshof sieht nationale Vorschriften, die bestimmte Verwendungsmöglichkeiten eines Erzeugnisses nach seinem Inverkehrbringen einschränken, nur dann als notifizierungspflichtige „sonstige Vorschriften“ nach Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG an, wenn sie auf das Erzeugnis selbst bezogen sind und dessen Zusammensetzung, Art oder Vermarktung wesentlich beeinflussen können (EuGH, Urt. v. 19.7.2012, C-213/11 u.a., NVwZ-RR 2012, 717, juris Rn. 27 ff., 35; Urt. v. 13.10.2016, C-303/15, juris Rn. 20 ff., 29). Ob die Größe des Marktes für das Erzeugnis durch diesem nicht selbst anhaftende Anforderungen beeinflusst wird, ist dagegen für die Notifizierungspflicht unerheblich (vgl. EuGH, Urt. v. 21.4.2005, C-267/03, Rn. 95). Die Verwendungsbeschränkung muss sich demnach auf jedes Exemplar des betreffenden Erzeugnisses beziehen und ihm dadurch kraft seiner Beschaffenheit im weiteren Lebenszyklus anhaften. Dies wird auch daran deutlich, dass eine nationale Verwendungsbeschränkung nur dann als „sonstige Vorschrift“ mitteilungspflichtig ist, wenn sie die Nutzungskanäle für das betreffende Erzeugnis verringert (vgl. EuGH, Urt. v. 11.6.2015, C-98/14, ZfWG 2015, 336, juris Rn. 99; Urt. v. 13.10.2016, C-303/15, a.a.O., juris Rn. 26). Das ist dann der Fall, wenn in einem bestimmten Nutzungskanal kein Exemplar des betreffenden Erzeugnisses mehr verwendet werden darf (vgl. zum Verbot der Verwendung von Spielautomaten außerhalb von Spielcasinos: EuGH, Urt. v. 11.6.2015, C-98/14, ZfWG 2015, 336, Rn. 99).

226

Eine geplante nationale Regelung ist dagegen nicht nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie mitteilungspflichtig, wenn sie den potenziellen Einsatzbereich eines Erzeugnisses lediglich bestimmten Bedingungen unterwirft und ihn damit in einer Weise beschränkt, die nicht für jedes einzelne Exemplar zum Tragen kommt. Die Verringerung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen oder sonstige der hier streitgegenständlichen Anforderungen an die Aufstellung der Geräte sowie an den Betrieb von Spielhallen haften nicht dem Erzeugnis der Spielautomaten als solches an und verringern nicht ihre Nutzungskanäle. Sie führen vielmehr u.a. zu einer verringerten Dichte an Geldspielgeräten innerhalb dieser Spielstätten und verringern die Größe des Marktes für Spielautomaten und möglicherweise auch deren Wert. Dies ist für die Frage der Notifizierungspflicht irrelevant (EuGH, Urt. v. 21.4.2005, C-267/03, Rn. 95). Auch nach vollständiger Umsetzung der angegriffenen Regelungen bleibt die Verwendung von Spielgeräten in Spielhallen zulässig, selbst wenn einige Betreiber zur Wahl eines anderen Standortes veranlasst werden und in einer Spielhalle nur eine geringere Zahl von Geräten aufgestellt werden darf (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, NVwZ 2017, 791, juris Rn. 86 ff.; vgl. zu § 4 Abs. 3 Satz 3 HmbSpielhG: OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, NordÖR 2015, 489, juris Rn. 104; vgl. OVG Saarlouis, Urt. v. 5.7.2017, 1 A 51/15, juris Rn. 159 ff., 169 ff.).

227

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betraf ein finanzgerichtliches Verfahren zur Erbschaftsteuer für eingetragene Lebenspartner.

I.

2

Die Beschwerdeführerin ist Erbin ihrer am 28. Februar 2002 verstorbenen eingetragenen Lebenspartnerin. Das zuständige Finanzamt hatte - ausgehend von einem steuerpflichtigen Erwerb im Sinne des Erbschaftsteuergesetzes in Höhe von 58.500 € - die Erbschaftsteuer auf letztlich 12.040 € festgesetzt. Das von der Beschwerdeführerin mit dem Ziel der Gleichbehandlung mit erbenden Ehegatten betriebene gerichtliche Verfahren war erfolglos geblieben.

3

Mit Beschluss vom 21. Juli 2010 hat der Senat § 16 Abs. 1, § 17, § 15 Abs. 1 und § 19 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 (BGBl I S. 378) mit Art. 3 Abs. 1 GG für unvereinbar erklärt, soweit diese eingetragene Lebenspartner betreffen, und die von der Beschwerdeführerin angegriffene Entscheidung des Bundesfinanzhofs aufgehoben. Für die Schlechterstellung der eingetragenen Lebenspartner gegenüber den Ehegatten bestünden keine Unterschiede, die eine solche Benachteiligung der Lebenspartner im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz rechtfertigen könnten.

4

Die Beschwerdeführerin hat beantragt, den Gegenstandswert auf 45.000 € festzusetzen.

II.

5

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG. Bei der von ihm daher nach billigem Ermessen vorzunehmenden Bestimmung des Gegenstandswerts hat der Senat die in den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1989 (BVerfGE 79, 357 <361 f.> sowie 365 <366 ff.>) entwickelten Gesichtspunkte berücksichtigt:

6

Die subjektive Bedeutung des Verfassungsbeschwerdeverfahrens bemisst sich für die Beschwerdeführerin nach den wirtschaftlichen Folgen der Erbschaftsteuerfestsetzung und damit auf 12.040 €. Dieser Wert trägt der objektiven Bedeutung der Sache allerdings nicht ausreichend Rechnung und bedarf deshalb einer angemessenen Erhöhung. Zwar betrifft die Entscheidung des Senats angesichts der geringen Zahl der Lebenspartnerschaften und des Umstands, dass von der Unvereinbarkeitserklärung nur der Zeitraum ab Einführung der Lebenspartnerschaft bis zum Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008 betroffen ist, lediglich eine geringe Anzahl von Erbfällen und nur noch außer Kraft getretenes Recht. Für die erfassten Altfälle kann die Entscheidung je nach Größe der Erbschaft im Einzelfall jedoch erhebliche finanzielle Auswirkungen haben. Vor allem aber hat die Verfassungsbeschwerde zu einer Klärung der verfassungsrechtlichen Frage von allgemeiner Bedeutung geführt, inwieweit im Recht der Erbschaftsteuer eine Differenzierung zwischen Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern zulässig ist. Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit rechtfertigen hingegen keine weitere Erhöhung des Gegenstandswerts.

Tenor

1. § 18b Absatz 3 Satz 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz in der Fassung des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (12. BAföGÄndG) vom 22. Mai 1990 (Bundesgesetzblatt I Seite 936) ist in dieser und den nachfolgenden Fassungen mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit er den großen Teilerlass der Rückforderung von Förderungsdarlehen davon abhängig macht, dass Auszubildende die Ausbildung vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer mit Bestehen der Abschlussprüfung beenden, obwohl in dem betreffenden Studiengang die gesetzlich festgelegte Mindeststudienzeit weniger als vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer endet.

2. Der Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 28. Juni 2002 - IV 11 - 02 9 97 883 1/58 - in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Bundesverwaltungsamts vom 5. November 2002 - IV 11 - 02 9 97 883 1/58 -, das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 15. Oktober 2004 - 25 K 10483/02 - und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 2. Juli 2007 - 4 A 4838/04 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen werden aufgehoben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Köln zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen.

4. ...

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich zum einen dagegen, dass Studierende der Humanmedizin in den neuen Ländern für eine geringere Förderungshöchstdauer Ausbildungsförderung nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) erhalten konnten als Studierende der Humanmedizin in den alten Ländern. Zum anderen betrifft sie die Voraussetzungen für einen sogenannten "großen Teilerlass" der als Darlehen gewährten Ausbildungsförderung nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG, die infolge der unterschiedlichen Förderungshöchstdauer in den neuen Ländern anders als in den alten nicht zu erfüllen waren. Die Regelung wurde später mit einer Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2012 abgeschafft.

I.

2

1. Die bedürftigkeitsabhängige Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz wird grundsätzlich für die Dauer der Ausbildung geleistet. Bei Studiengängen, d.h. bei der Ausbildung an Hochschulen (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG), wird die Förderung allerdings grundsätzlich begrenzt durch die normativ vorgegebene Förderungshöchstdauer (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 1 BAföG). Die Studienförderung wird zur Hälfte als unverzinsliches Darlehen erbracht, wobei die zurückzuzahlende Darlehenssumme für Ausbildungsabschnitte, die nach dem 28. Februar 2001 beginnen, auf 10.000 Euro begrenzt ist (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 2 Satz 1 BAföG). Die erste Darlehensrate ist fünf Jahre nach dem Ende der Förderungshöchstdauer zu leisten (vgl. § 18 Abs. 3 Satz 3 BAföG).

3

2. § 18b BAföG sieht Möglichkeiten vor, das Darlehen bei erfolgreichem Studienabschluss teilweise zu erlassen. Neben einem leistungsabhängigen Teilerlass (vgl. § 18b Abs. 2 BAföG) kommt nach § 18b Abs. 3 BAföG ein studiendauerabhängiger Teilerlass bei Beendigung des Studiums vor Ablauf der Förderungshöchstdauer in Betracht. Das Gesetz unterscheidet hier zwischen einem großen (Satz 1) und einem kleinen Teilerlass (Satz 2).

4

a) In der hier maßgeblichen Fassung des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (12. BAföGÄndG) vom 22. Mai 1990 (BGBl I S. 936) lautet § 18b Abs. 3 BAföG:

5

§ 18b

6

Teilerlass des Darlehens

7

8

(3) Beendet der Auszubildende die Ausbildung vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer mit dem Bestehen der Abschlußprüfung oder, wenn eine solche nicht vorgesehen ist, nach den Ausbildungsvorschriften planmäßig, so werden auf seinen Antrag 5.000 DM des Darlehens erlassen. Beträgt der in Satz 1 genannte Zeitraum nur zwei Monate, werden 2.000 DM erlassen. Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides nach § 18 Abs. 5a zu stellen.

...

9

Mit Wirkung zum 1. Oktober 2002 sind durch das Gesetz zur Reform und Verbesserung der Ausbildungsförderung - Ausbildungsförderungsreformgesetz (AföRG) vom 19. März 2001 (BGBl I S. 390) an die Stelle der Beträge von 5.000 DM und 2.000 DM Beträge von 2.560 Euro und 1.025 Euro getreten. Durch das Dreiundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (23. BAföGÄndG) vom 24. Oktober 2010 (BGBl I S. 1422) sind die Regelungen über den Darlehensteilerlass mit einer Übergangszeit für bereits im Studium stehende BAföG-Empfänger abgeschafft worden. Einen Teilerlass können nunmehr nur noch solche Auszubildenden erhalten, die ihre Abschlussprüfung bis zum 31. Dezember 2012 bestehen oder ihre Ausbildung bis zu diesem Zeitpunkt planmäßig beenden.

10

b) Der Teilerlass des Darlehens bei vorzeitiger Beendigung des Studiums ist seit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (2. BAföGÄndG) vom 31. Juli 1974 (BGBl I S. 1649) im Bundesausbildungsförderungsgesetz geregelt. Ursprünglich war ein Teilerlass von 2.000 DM für jedes Semester vorgesehen, um das ein Auszubildender seine Ausbildung vor dem Ende der Förderungshöchstdauer abschloss. Nach der Begründung des entsprechenden Gesetzentwurfs sollte damit ein Anreiz geschaffen werden, dass der Auszubildende seine Ausbildung in der Mindeststudienzeit, also vor Ablauf der Förderungshöchstdauer beendete (vgl. BTDrucks 7/2098, S. 20 zu Nr. 16). Dies war möglich, weil die Förderungshöchstdauer damals die Mindeststudienzeit um ein bis zwei Semester überstieg, um mindestens ein Semester zur freieren Studiengestaltung bereitzustellen (siehe dazu unten 3. a). Bei einem Abschluss des Studiums innerhalb der Mindeststudienzeit wurde das Studium mithin in der Regel mindestens ein Semester vor dem Ablauf der Förderungshöchstdauer beendet.

11

Durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (6. BAföGÄndG) vom 16. Juli 1979 (BGBl I S. 1037) wurden die Möglichkeiten, einen Teilerlass des Darlehens zu erreichen, dahingehend erweitert, dass hierfür schon ein Abschluss der Ausbildung vier Monate vor dem Ablauf der Förderungshöchstdauer genügte. Dadurch sollten ungerechtfertigte Härten vermieden werden, gleichzeitig aber ein Anreiz zur vorzeitigen Beendigung des Studiums erhalten bleiben (vgl. BTDrucks 8/2868, S. 23). Zur Milderung von Härten bei Verfehlung des Stichtags, insbesondere wegen nicht vom Auszubildenden zu vertretender Verzögerungen im Prüfungsablauf (vgl. BTDrucks 11/1315, S. 12 zu Nr. 9 Buchtstabe b), führte das Elfte Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (11. BAföGÄndG) vom 21. Juni 1988 (BGBl I S. 829) schließlich den kleinen Teilerlass ein, der auf einen Abschluss der Ausbildung zwei Monate vor Ablauf der Förderungshöchstdauer abstellte.

12

3. a) Die Förderungshöchstdauer wurde zunächst in einer vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft beziehungsweise Bildung und Forschung erlassenen Rechtsverordnung über die Förderungshöchstdauer für den Besuch von höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen (FörderungshöchstdauerV) geregelt. In ihrer ursprünglichen Fassung vom 9. November 1972 (BGBl I S. 2076) setzte sie für die einzelnen Ausbildungs- und Studiengänge jeweils eine bestimmte Anzahl an vollen Semestern als Förderungshöchstdauer fest. Dabei orientierte sie sich an den landesrechtlichen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen, die damals noch überwiegend eine Mindestausbildungsdauer vorschrieben. Die Förderungshöchstdauer wurde dabei grundsätzlich so bemessen, dass dem Auszubildenden über die Mindestausbildungsdauer hinaus noch ein Semester zur Ablegung des Examens, soweit dies nach den Ausbildungsbestimmungen erforderlich war, und ein weiteres Semester zur freieren Studiengestaltung zur Verfügung stand (vgl. BRDrucks 483/72, S. 2 der Begründung zu §§ 4 und 5).

13

Als die landesrechtlichen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen aufgrund der Vorgaben des Hochschulrahmengesetzes (HRG) vom 26. Januar 1976 (BGBl I S. 185) dazu übergingen, anstelle von Mindeststudienzeiten Regelstudienzeiten festzusetzen, änderten sich seit Mitte der 1980er Jahre auch die Prinzipien der Bemessung der Förderungshöchstdauer. Die Förderungshöchstdauerverordnung glich zunächst bei neuen Studiengängen, nach und nach aber auch bei herkömmlichen Studiengängen die Förderungshöchstdauer an die Regelstudienzeit an (vgl. im Einzelnen hierzu BRDrucks 238/85, S. 9 f., BRDrucks 249/88, S. 11 f., BRDrucks 610/92, S. 22 und BRDrucks 236/94, S. 13).

14

Auch die durch das Achtzehnte Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (18. BAföGÄndG) vom 17. Juli 1996 (BGBl I S. 1006) mit Wirkung zum 1. August 1996 eingeführte bundesgesetzliche Regelung der Förderungshöchstdauer in § 15a BAföG orientierte sich nach der Begründung des Gesetzentwurfs an den Regelstudienzeiten (vgl. BRDrucks 886/95, S. 35). Seit dem 1. April 2001 (Fassung des Ausbildungsförderungsreformgesetzes , vgl. oben 2. a) ordnet § 15a Abs. 1 Satz 1 BAföG ausdrücklich an, dass die Förderungshöchstdauer der Regelstudienzeit im Sinne von § 10 Abs. 2 HRG oder einer vergleichbaren Festsetzung entspricht.

15

b) Für Studiengänge in den neuen Ländern galt das Prinzip der Bemessung der Förderungshöchstdauer nach der Regelstudienzeit bereits seit der Wiedervereinigung uneingeschränkt. Der durch Anlage I Kapitel XVI Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 3 Buchstabe b und Nr. 5 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 in Verbindung mit Art. 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl II S. 885, 1132) zum 1. Januar 1991 eingeführte § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV sah vor:

16

§ 9

17

Vorläufige Förderungshöchstdauer bei nicht genannten Ausbildungen

18

19

(2) Die Förderungshöchstdauer für die Ausbildung an Hochschulen in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und in dem Teil des Landes Berlin, in dem die Verordnung bisher nicht galt, bestimmt sich nach der vom zuständigen Fachministerium in den Studienplänen für die jeweilige Fachrichtung festgelegten Regelstudienzeit.

20

c) Im Studiengang Humanmedizin wurde die Förderungshöchstdauer ausgehend von den unter a) dargestellten Bemessungsprinzipien unter Berücksichtigung der bundesrechtlichen Vorgaben des ärztlichen Berufsrechts festgesetzt.

21

aa) Das ärztliche Berufsrecht sieht seit den 1970er Jahren eine Mindeststudienzeit von sechs Jahren oder zwölf Semestern vor, die aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Koordinierung auch in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gilt (vgl. zuletzt Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen ). Eine Approbation als Arzt erhält nur, wer nach einem Studium der Humanmedizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren die Ärztliche Prüfung bestanden hat (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Bundesärzteordnung, § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Approbationsordnung für Ärzte<ÄApprO>).

22

Die Approbationsordnung für Ärzte normiert seit Ende der 1970er Jahre auch die Regelstudienzeit für das Studium der Humanmedizin. Sie beträgt nach § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO sechs Jahre und drei Monate, d.h. zwölf Semester und den Prüfungszeitraum, und setzt sich aus der Mindeststudienzeit und der maximal notwendigen Zeit für die Ablegung des letzten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung zusammen, der nach § 16 Abs. 1 Satz 2 ÄApprO jährlich in den Monaten April bis Juni und Oktober bis Dezember stattfindet (vgl. auch BRDrucks 6/78, S. 34, 41 f.).

23

Diese bundesrechtlichen Vorgaben galten auch für Studierende der Humanmedizin in den neuen Ländern, die sich ab 1992 oder ab 1991 immatrikulierten und das Physikum bis zum 31. Dezember 1994 bestanden (vgl. § 14a Abs. 4 BÄO i.d.F. der Anlage I Kapitel X Sachgebiet D Abschnitt II Nr. 1 Buchstabe h des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 i.V.m. Art. 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 ). Dementsprechend setzte auch die Friedrich-Schiller-Universität Jena, an der der Beschwerdeführer studiert hat, in § 1 Satz 2 ihrer Studienordnung für den Vorklinischen Studienabschnitt des Studienganges Humanmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena vom 28. September 1993 (Amtsblatt des Thüringer Kultusministeriums und des Thüringer Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Nr. 9/1994, S. 336) die Regelstudienzeit auf sechs Jahre und drei Monate fest.

24

bb) Die Förderungshöchstdauer im Studiengang Humanmedizin wurde im Hinblick auf die im ärztlichen Berufsrecht vorgegebene Mindest- und Regelstudienzeit vor dem Hintergrund der sich wandelnden Bemessungsprinzipien mehrfach geändert.

25

Für Studierende, die ihr Studium der Humanmedizin nach dem 1. Januar 1970 aufgenommen hatten, galt zunächst eine Förderungshöchstdauer von dreizehn Semestern (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 38 und 39 FörderungshöchstdauerV i.d.F. vom 9. November 1972 ). Sie setzte sich aus der Mindeststudienzeit von sechs Jahren und einem weiteren Semester zur Absolvierung von Examina und zur freieren Studiengestaltung zusammen (vgl. BRDrucks 483/72, S. 2 der Begründung zu §§ 4 und 5). Vor dem Hintergrund der Änderung des § 16 Abs. 1 Satz 2 ÄApprO, wonach der Dritte Abschnitt der Ärztlichen Prüfung erst innerhalb der ersten drei Monate des dreizehnten Fachsemesters abgelegt werden konnte, wurde die Förderungshöchstdauer Mitte 1979 rückwirkend zum 1. August 1974 auf vierzehn Semester erhöht (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 38 i.d.F. der Dritten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Förderungshöchstdauer für den Besuch von Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen <3. FörderungshöchstdauerVÄndV> vom 25. Mai 1979 ). Nach der Begründung des Verordnungsgebers sollte auch Studierenden der Humanmedizin durch die Anhebung der Förderungshöchstdauer ein über die Mindeststudienzeit hinaus gehendes Fachsemester ermöglicht werden (vgl. BRDrucks 17/79, S. 23).

26

§ 5 Abs. 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV in der Fassung der Achten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Förderungshöchstdauer für den Besuch von höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen (8. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV) vom 11. Juli 1988 (BGBl I S. 1029) setzte die Förderungshöchstdauer wieder herab, um sie an die in der Approbationsordnung für Ärzte geregelte Regelstudienzeit "anzugleichen" (vgl. BRDrucks 249/88, S. 15). Die Vorschrift, die für alle Studierenden der Humanmedizin galt, die ihr Studium nach dem 1. Oktober 1986 aufgenommen hatten (vgl. § 11b Abs. 3 FörderungshöchstdauerV i.d.F. der 8. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV), lautet:

27

§ 5

28

Förderungshöchstdauer an wissenschaftlichen Hochschulen

29

(1) Die Förderungshöchstdauer für die Ausbildung an wissenschaftlichen Hochschulen beträgt für den

30

Studiengang

Semester

63. Medizin

13

31

32

Die Zehnte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Förderungshöchstdauer für den Besuch von höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen (10. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV) vom 13. Juni 1994 (BGBl I S. 1257) änderte § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV erneut und setzte die Förderungshöchstdauer nunmehr auf die Regelstudienzeit von zwölf Semestern und drei Monaten herab. Zugleich führte sie eine Übergangsregelung in § 11d FörderungshöchstdauerV ein. Diese Vorschrift lautet:

33

§ 11d

34

Übergangsvorschrift 1994

35

In einem Studiengang, dessen Förderungshöchstdauer durch die Zehnte Verordnung zur Änderung dieser Verordnung vom 13. Juni 1994 (BGBl. I S. 1257) gekürzt wird, gilt für Auszubildende, die vor dem 1. Oktober 1994 das vierte Fachsemester vollendet haben, die bisherige Förderungshöchstdauer weiter.

36

In den neuen Ländern war die vollständige Anpassung der Förderungshöchstdauer an die bundesrechtlich vorgegebene Regelstudienzeit allerdings durch § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV schon früher erfolgt (siehe oben b).

37

Die der Regelstudienzeit entsprechende Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten wurde auch als besondere Regelung in § 15a Abs. 2 Nr. 3 BAföG in der seit dem 1. August 1996 geltenden Fassung des 18. BAföGÄndG (siehe dazu oben a) aufgenommen. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:

38

§ 15a

39

Förderungshöchstdauer

40

41

(2) Abweichend von Absatz 1 beträgt die Förderungshöchstdauer für die Universitätsstudiengänge

42

3. Medizin, mit Ausnahme von Zahn- und Tiermedizin,

12 Semester

und 3 Monate.

43

Nach Maßgabe von § 15a Abs. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 4 Satz 2 BAföG in der Fassung des 18. BAföGÄndG galt allerdings die FörderungshöchstdauerV für solche Studierenden weiter, die vor dem 1. Oktober 1996 das vierte Fachsemester beendet hatten.

44

Die allgemeine Verweisung auf die Regelstudienstudienzeit in § 15a Abs. 1 Satz 1 BAföG in der seit dem 1. April 2001 geltenden Fassung des Ausbildungsförderungsreformgesetz (AföRG) (vgl. oben 2. a) machte diese Regelung schließlich entbehrlich.

45

4. Was die Möglichkeiten anbetrifft, einen großen Teilerlass nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG zu erhalten, stellt sich die Rechtslage für Studierende der Humanmedizin damit wie folgt dar: Studierenden, die ihr Studium in den neuen Ländern nach den Vorschriften der Approbationsordnung für Ärzte durchführten und abschlossen (siehe dazu 3. c) aa), war es von vornherein objektiv unmöglich, einen großen Teilerlass nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG zu erreichen. Sie konnten ihr Studium nicht vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer abschließen, da die Förderungshöchstdauer gemäß § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV in der seit dem 1. Januar 1991 geltenden Fassung entsprechend der Regelstudienzeit nach § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO zwölf Semester und drei Monate betrug und eine Mindeststudienzeit von zwölf Semestern zu absolvieren war. Für Studierende der Humanmedizin, die ab dem Sommersemester 1993 ihr Studium in den alten Ländern aufgenommen hatten, gilt das gleiche (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV i.d.F. der 10. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV). Wer allerdings, wie bei einem Studienbeginn im Wintersemester 1992/1993 oder früher, am 1. Oktober 1994 sein viertes Fachsemester in den alten Ländern vollendet hatte, konnte bei einem Abschluss des Studiums vor Ablauf des zweiten Monats nach dem Ende des zwölften Semesters einen großen Teilerlass erhalten, da für ihn eine Förderungshöchstdauer von dreizehn Semestern galt (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV i.d.F. der 8. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV i.V.m. § 11d FörderungshöchstdauerV i.d.F. der 10. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV).

II.

46

Der Beschwerdeführer begann im Wintersemester 1991/1992 ein Medizinstudium an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und schloss es am 27. Oktober 1997 erfolgreich mit dem Bestehen des Dritten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung ab. Während des Studiums erhielt er Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, die ihm zur Hälfte als unverzinsliches Darlehen gewährt wurde.

47

Bereits Ende 1994 erließ das Studentenwerk Erfurt einen Leistungs- und Rückforderungsbescheid, der als Ende der Förderungshöchstdauer September 1997 nannte. Auf den Widerspruch des Beschwerdeführers erging Anfang 1995 zunächst ein korrigierter Leistungsbescheid, in dem als Ende der Förderungshöchstdauer nunmehr der Dezember 1997 genannt war. Im April 1995 wurde sodann ein Abhilfebescheid hinsichtlich der angefochtenen Rückzahlungsverpflichtung erlassen, der zugleich die Förderungshöchstdauer auf sechs Jahre und drei Monate festlegte. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Beschwerdeführer hiergegen Klage und begehrte die Festsetzung des Endes der Förderungshöchstdauer auf März 1998, d.h. auf das Ende des dreizehnten Fachsemesters. Das Verwaltungsgericht Weimar wies die Klage als unzulässig ab, weil die angefochtenen Bescheide hinsichtlich der Förderungshöchstdauer keine Regelung im Sinne eines Verwaltungsakts enthielten. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung blieb ohne Erfolg, wenngleich das Thüringer Oberverwaltungsgericht der Auffassung des Verwaltungsgerichts zum Nichtvorliegen eines Verwaltungsaktes widersprach.

48

Am 17. Juni 2002 erließ das Bundesverwaltungsamt einen Feststellungs- und Rückzahlungsbescheid nach § 18 Abs. 5a BAföG, in dem es das Ende der Förderungshöchstdauer auf den letzten Tag des Monats Dezember 1997 festlegte und die Höhe der Darlehensschuld festsetzte. Mit zwei weiteren Bescheiden vom 28. Juni 2002 gewährte das Bundesverwaltungsamt dem Beschwerdeführer einen leistungsabhängigen Teilerlass sowie einen kleinen Teilerlass (1022,58 Euro = 2.000 DM), weil der Beschwerdeführer das Studium zwei Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer abgeschlossen habe. Der Beschwerdeführer hatte danach noch insgesamt 4.904,13 Euro zurückzuzahlen. Diese Summe würde sich bei vorzeitiger Rückzahlung auf 3.996,87 Euro reduzieren.

49

Mit seinem gegen den Feststellungs- und Rückzahlungsbescheid einerseits und den Bescheid über die Gewährung eines kleinen Teilerlasses andererseits gerichteten Widerspruch machte der Beschwerdeführer geltend, das Ende der Förderungshöchstdauer müsse auf den letzten Tag des Monats März 1998 festgesetzt werden. Darüber hinaus sei ihm anstelle des kleinen Teilerlasses ein großer Teilerlass (2.556,46 Euro = 5.000 DM) zu gewähren. Seine nach Zurückweisung des Widerspruchs durch zwei separate Widerspruchsbescheide erhobenen Klagen auf die Festsetzung des Endes der Förderungshöchstdauer auf März 1998 einerseits und auf die Gewährung eines großen Teilerlasses nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG andererseits wies das Verwaltungsgericht Köln als unbegründet ab. Es könne offen bleiben, ob das Bundesverwaltungsamt an die zuvor vom Studentenwerk Erfurt verfügte Festsetzung der Förderungshöchstdauer gebunden sei. Auch wenn man dies zugunsten des Beschwerdeführers nicht annähme, habe es die Förderungshöchstdauer nach § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV zutreffend festgesetzt. § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es sei ein sachlicher Gesichtspunkt, dass der Verordnungsgeber mit der Regelung des § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV den besonderen Verhältnissen an den Hochschulen in den neuen Ländern habe Rechnung tragen wollen. Unterschiede bei der Förderung in den alten und neuen Ländern seien für eine Übergangszeit hinzunehmen. Aufgrund des Gestaltungsspielraums des Verordnungsgebers bei der Regelung sozialer Vergünstigungen verstoße es nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Bemessung der Förderungshöchstdauer nach § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV dazu führe, dass ein großer Teilerlass nicht erreichbar sei. Die normative Bestimmung einer Förderungshöchstdauer, die auf studienorganisatorische Besonderheiten keine Rücksicht nehme, verstoße nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen nicht dadurch gegen den Gleichheitssatz, dass für Absolventen bestimmter Studiengänge ein Teilerlass nicht erreichbar sei. Entscheidend sei, dass die Förderungshöchstdauer so festgelegt werde, dass ein Abschluss der geförderten Ausbildung regelmäßig möglich sei. Der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebiete hingegen nicht, für die Rückzahlung Regelungen vorzusehen, die es in jedem Studiengang ermöglichten, grundsätzlich alle denkbaren Vergünstigungen - wie alle Varianten des leistungsabhängigen Teilerlasses oder des studiendauerabhängigen Teilerlasses - ausschöpfen zu können.

50

Die Anträge auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen als unbegründet ab. Zur Begründung führte es unter anderem aus, es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen. § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV verstoße auch nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil - abweichend vom Regelungssystem in den alten Ländern - nicht gewährleistet gewesen sei, dass jedem Auszubildenden beim Besuch einer wissenschaftlichen Hochschule im Beitrittsgebiet über die Mindestausbildungsdauer hinaus generell ein weiteres Semester zur freien Verfügung gestanden habe. Die insoweit gegebene unterschiedliche Behandlung der Auszubildenden im Beitrittsgebiet und in den alten Ländern rechtfertige sich mit Blick auf die besondere Situation, die bei Abschluss des Einigungsvertrages für das Inkraftsetzen der Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes im Beitrittsgebiet zum 1. Januar 1991 in Rechnung zu stellen gewesen sei. Die Anwendung dieser Vorschriften einschließlich der Normen über die Förderungshöchstdauer sei nämlich zunächst im Rahmen eines andersartigen, noch maßgeblich durch die ehemalige Deutsche Demokratische Republik geprägten Bildungssystems erfolgt, dessen Angleichung an die Bedingungen in den alten Ländern nur im Laufe eines längerwährenden Prozesses zu erwarten gewesen sei. Diese besondere Lage habe es ausgeschlossen, die Regelungen der Förderungshöchstdauerverordnung für die alten Länder auf das Beitrittsgebiet zum 1. Januar 1991 zu übertragen. Mit der Anknüpfung an die Regelstudienzeit in § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV sei eine Bestimmung getroffen worden, die diese Besonderheiten berücksichtigte und deren im Einzelfall nachteiligen Folgen die Auszubildenden für eine Übergangszeit hinzunehmen hätten.

III.

51

Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer unmittelbar gegen den Feststellungs- und Rückzahlungsbescheid und den Bescheid über die Gewährung eines kleinen Teilerlasses sowie die hierzu ergangenen Widerspruchsbescheide und gerichtlichen Entscheidungen. Mittelbar richtet er sich gegen § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV sowie § 15a Abs. 2 Nr. 3 BAföG in der seit dem 1. August 1996 geltenden Fassung. Er rügt eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG. Studierende der Humanmedizin würden im Verhältnis zu Studierenden anderer Studienrichtungen, zum Beispiel Jurastudenten, in nicht gerechtfertigter Weise dadurch ungleich behandelt, dass bei ihnen ein großer Teilerlass von vornherein nicht möglich sei. Zudem dürfe die Förderungshöchstdauer nicht unterschiedlich in den neuen und alten Ländern geregelt werden, da das Medizinstudium in Detailfragen bundeseinheitlich geregelt sei. Die vom Verwaltungsgericht und vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen Gründe studienorganisatorischer Art und die angeführten Besonderheiten an den Hochschulen in den neuen Ländern hätten mit der Frage der Förderungshöchstdauer und der Möglichkeit eines großen Teilerlasses nichts zu tun. Es liege deshalb auch eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern vor, für die bei einem Studienbeginn zum Wintersemester 1991/1992 eine Förderungshöchstdauer von dreizehn Semestern gegolten habe und für die ein großer Teilerlass objektiv möglich gewesen sei.

IV.

52

Zu der Verfassungsbeschwerde haben sich der für das Ausbildungsförderungsrecht zuständige 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts, der Marburger Bund, der NAV Virchow-Bund, das Deutsche Studentenwerk und der Wissenschaftsrat geäußert.

53

1. Der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts, der nach eigenen Angaben bislang nicht mit der durch die Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Problematik befasst war, ist der Auffassung, dass der Beschwerdeführer durch die Versagung des großen Teilerlasses in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt sei. Er verweist auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts  , wonach bei der Festlegung der Förderungshöchstdauer zu gewährleisten sei, dass regelmäßig ein Semester zur freieren Verfügung des Auszubildenden stehe (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1983 - BVerwG 5 C 50.81 -, juris Rn. 8; BVerwGE 88, 151 <155 f.>; BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1995 - BVerwG 11 C 26.94 -, juris Rn. 22). Es liege nahe, dass es dann grundsätzlich auch möglich sein müsse, zumindest in diesem Verfügungssemester eine Ausbildung vier Monate vor Ablauf der Förderungshöchstdauer zu beenden. Es liege in jedem Fall auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung, eine Förderungshöchstdauer zu verlangen, die den Auszubildenden so viel zeitlichen Spielraum für die Ausbildung lasse, dass sie objektiv in allen Studiengängen die Voraussetzungen für den großen Teilerlass erreichen könnten. Hierfür spreche neben dem Wortlaut der Regelung auch ihr für alle Studiengänge gleichermaßen geltender Sinn, einen finanziellen Anreiz für eine zügige Durchführung der Ausbildung zu setzen. Im Ergebnis sei auch die unterschiedliche Behandlung von Studierenden nach dem Standort der Hochschule mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Für Studiengänge, für die bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Ausbildungsförderungsrechts im Beitrittsgebiet kraft Bundesrechts an ostdeutschen und westdeutschen Hochschulen dieselben Ausbildungs- und Prüfungsregelungen galten, habe kein tragfähiger Grund für die ungleiche Behandlung in Bezug auf die Förderungshöchstdauer bestanden.

54

2. Der Marburger Bund hält die Verfassungsbeschwerde ebenfalls für begründet. Es liege ein zweifacher Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sowohl im Hinblick auf die Ungleichbehandlung zwischen den Studierenden der Humanmedizin der alten und der neuen Länder durch § 9 FörderungshöchstdauerV als auch zwischen den Studierenden der Humanmedizin und denen anderer Studiengänge vor. Etwaige organisatorische Besonderheiten in den neuen Ländern hätten eher zu einer Verlängerung der Förderungshöchstdauer führen müssen. Nach einer Mitgliederbefragung habe es zwischen den Studienbedingungen im Beitrittsgebiet und in den alten Ländern keine Unterschiede gegeben, so dass ein Studienabschluss jeweils grundsätzlich in derselben Zeit erreichbar gewesen sei. Der Ausschluss von der Möglichkeit, einen großen Teilerlass zu erhalten, sei nicht mit dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zu rechtfertigen. Die Grenzen zulässiger Typisierung und Pauschalierung seien überschritten, zumal mit dem Kreis der Studierenden der Humanmedizin an den ostdeutschen Universitäten keine zahlenmäßig kleine Gruppe betroffen sei. Der NAV Virchow-Bund folgt in der Sache gleichfalls der Argumentation des Beschwerdeführers.

55

3. Das Deutsche Studentenwerk und der Wissenschaftsrat nehmen in ihren Äußerungen Bezug auf die vom Wissenschaftsrat veröffentlichten Studien zur "Entwicklung der Fachstudiendauer an Universitäten von 1990 bis 1998" (Drs. 4770-01 vom 15. Februar 2001, S. 80 ff. und Anhang I, S. 118 f.) beziehungsweise "von 1999 bis 2003" (Drs. 6825/05 vom 29. August 2005, S. 100 und Anhang I, S. 170). Aus ihnen geht hervor, dass die mittlere Fachstudiendauer im Studienfach Humanmedizin an den meisten Universitäten in den neuen Ländern im Jahre 1998 deutlich und im Jahre 2003 geringfügig niedriger war als an den Universitäten in den alten Ländern. Als Gründe gälten die völlige Neukonzeption der Studiengänge in den neuen Ländern nach der Wende, in denen die Studien- und Prüfungsordnungen realitätsnäher gewesen seien als die über Jahre hinweg nicht evaluierten Ordnungen in den alten Ländern. Letztlich sei auch die Betreuungsrelation besser gewesen als in den alten Ländern.

B.

56

Die Verfassungsbeschwerde ist überwiegend zulässig.

I.

57

Die Verfassungsbeschwerde ist allerdings unzulässig, soweit der Beschwerdeführer als selbstständigen Beschwerdegegenstand die Festsetzung der Förderungshöchstdauer und die hierzu ergangenen Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen sowie mittelbar die Vorschriften des § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV und des § 15a Abs. 2 Nr. 3 BAföG in der vom 1. August 1996 bis zum 31. März 2001 geltenden Fassung angreift, aus denen sich die für den Beschwerdeführer festgesetzte Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten ergibt.

58

Es kann dahinstehen, ob dem Beschwerdeführer insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, als die Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten und ihr Ende im Dezember 1997 bereits durch die Bescheide des Studentenwerkes Erfurt von Ende 1994 bzw. Anfang 1995 bestandskräftig festgestellt worden und das Bundesverwaltungsamt bei Erlass des hier angefochtenen Feststellungs- und Rückzahlungsbescheides vom 17. Juni 2002 an diese Festsetzungen mit der Folge gebunden gewesen wäre, dass die in den Ausgangsverfahren begehrte Festsetzung des Endes der Förderungshöchstdauer auf März 1998 nicht in Betracht käme.

59

Jedenfalls ist der Beschwerdeführer nicht beschwerdebefugt, weil er durch die Förderungshöchstdauer als solche nicht in seinen Grundrechten verletzt sein kann. Für den Beschwerdeführer galt zwar eine niedrigere Förderungshöchstdauer als für Studierende der Humanmedizin in den alten Ländern. Hinsichtlich der primären Rechtswirkung der Förderungshöchstdauer, die Gewährung von Ausbildungsförderung zeitlich zu begrenzen (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 1 BAföG), ist dem Beschwerdeführer selbst jedoch kein Nachteil entstanden. Er hat sein Studium innerhalb der für ihn maßgeblichen Förderungshöchstdauer abgeschlossen und für dessen gesamte Dauer Ausbildungsförderung erhalten. § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV und die darauf gestützten Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen enthalten damit keine unmittelbare verfassungsrechtliche Beschwer für den Beschwerdeführer.

60

Allerdings wirken sich die Vorschriften zur Förderungshöchstdauer indirekt nachteilig für den Beschwerdeführer aus, weil die Gewährung eines großen Teilerlasses nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG auch von der für ihn geltenden Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten abhängt. Doch ist eine Verfassungsbeschwerde nur gegen denjenigen Akt öffentlicher Gewalt zulässig, der die geltend gemachte Grundrechtsverletzung bewirkt (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. August 2010 - 1 BvR 2393/08 u.a. -, juris Rn. 19, 30). Das ist hier die Versagung des Teilerlasses.

II.

61

Zulässig ist die Verfassungsbeschwerde, soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Versagung eines großen Teilerlasses und die hierzu ergangenen Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen richtet. Er hat insoweit den Anforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG entsprechend hinreichend substantiiert die Möglichkeit einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG aufgezeigt. Sinngemäß richtet sich seine Verfassungsbeschwerde ausweislich ihrer Begründung mittelbar gegen § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in der Fassung des 12. BAföGÄndG in Verbindung mit den für den Beschwerdeführer einschlägigen Vorschriften zur Förderungs-höchstdauer einerseits und zur Mindeststudienzeit andererseits. Der Beschwer-deführer hat diese Vorschrift zwar nicht ausdrücklich als Gegenstand der Verfassungsbeschwerde bezeichnet. Doch sind seine Ausführungen entsprechend auszulegen (vgl. BVerfGE 68, 1 <68 f.>).

C.

62

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet. Der Beschwerdeführer wird durch § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in der Fassung des 12. BAföGÄndG in Verbindung mit den einschlägigen Vorschriften zur Förderungshöchstdauer (§ 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO) einerseits und zur Mindeststudienzeit (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO, § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ÄApprO) andererseits und durch die daraus folgende Versagung eines großen Teilerlasses in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, weil es ihm als Studierendem der Humanmedizin in den neuen Ländern von vornherein objektiv unmöglich war, in den Genuss eines großen Teilerlasses zu kommen.

I.

63

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>; stRspr). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 126, 400 <416> m.w.N.). Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Ausschluss (vgl. BVerfGE 93, 386 <396>; 105, 73 <110 ff., 133>), bei dem eine Begünstigung dem einem Personenkreis gewährt, dem anderen aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 110, 412 <431>; 112, 164 <174>; 126, 400 <416> m.w.N.).

64

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 122, 1 <23>; 126, 400 <416> m.w.N.). Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht nur, dass die Ungleichbehandlung an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpft, sondern verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>). Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 55, 72 <88>; 88, 87 <97>; 93, 386 <397>; 99, 367 <389>; 105, 73 <110>; 107, 27 <46>; 110, 412 <432>).

65

Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <348 f.>; 107, 27 <46>; 126, 400 <416> m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>) oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich auch aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>). Im Übrigen hängt das Maß der Bindung unter anderem davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Kriterien zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 12. Oktober 2010 - 1 BvL 14/09 -, juris Rn. 45).

II.

66

§ 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in der Fassung des 12. BAföGÄndG in Verbindung mit den einschlägigen Vorschriften zur Förderungshöchstdauer (hier § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO) einerseits und zur Mindeststudienzeit (hier § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO, § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ÄApprO) andererseits und die darauf beruhende Versagung eines großen Teilerlasses für den Beschwerdeführer sind selbst bei Anlegung eines großzügigen Prüfungsmaßstabes mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.

67

1. Der Beschwerdeführer wird als Student der Humanmedizin in den neuen Ländern zum einen gegenüber Studierenden der Humanmedizin, die im Wintersemester 1992/1993 oder früher ihr Studium in den alten Ländern aufgenommen und im Sommersemester 1994 ihr viertes Fachsemester vollendet haben, ungleich behandelt. Während für letztere nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV in der Fassung der 8. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV in Verbindung mit § 11d FörderungshöchstdauerV in der Fassung der 10. BAföG- FörderungshöchstdauerVÄndV eine Förderungshöchstdauer von dreizehn Semester galt und sie damit bei einem Abschluss des Studiums vor Ablauf des zweiten Monats nach dem Ablauf der Mindeststudienzeit von zwölf Semestern einen großen Teilerlass erhalten konnten, war dies dem Beschwerdeführer nicht möglich. Denn er konnte sein Studium wegen der bundesrechtlich vorgegebenen Mindeststudienzeit von zwölf Semestern einerseits und der für Studierende in den neuen Ländern geltenden, der Regelstudienzeit entsprechenden Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten andererseits nicht vier Monate vor dem Ablauf der Förderungshöchstdauer beenden. Zum anderen liegt eine Ungleichbehandlung gegenüber Studierenden anderer Studiengänge vor, in denen entweder gar keine Mindeststudienzeit gilt oder Mindeststudienzeit und Förderungshöchstdauer so bemessen sind, dass ein Abschluss des Studiums vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer möglich bleibt.

68

2. Tragfähige Gründe für die Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlungen sind nicht erkennbar. Sie ergeben sich weder aus den Materialien zum Bundesausbildungsförderungsgesetz noch aus der Begründung der Förderungshöchstdauerverordnung. Auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren ist hierzu nichts vorgetragen worden.

69

a) Für die Ungleichbehandlung gegenüber Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern bestehen keine tragfähigen Sachgründe. Zwar durfte der Gesetzgeber bei der Gewährung von Leistungen einen Spielraum in Anspruch nehmen. Doch erlaubt ihm dieser nicht, Studierende in den neuen Ländern ohne sachangemessene Gründe von einer Begünstigung auszuschließen. Dabei kann dahinstehen, ob im Studiengang Humanmedizin in den neuen Ländern in den 1990er Jahren Studienbedingungen geherrscht haben, die einen schnelleren Studienabschluss als an Universitäten in den alten Ländern ermöglich haben, und es deshalb ungeachtet der bundeseinheitlich vorgegebenen Studieninhalte verfassungsrechtlich zulässig war, die Förderungshöchstdauer in den neuen Ländern übergangsweise niedriger festzusetzen als in den alten Ländern. Zwar darf der Gesetzgeber insbesondere auch zur Bewältigung der Folgen der Deutschen Einheit Regeln treffen, mit denen auch Härten einhergehen können. Doch ließe sich damit allenfalls rechtfertigen, Studierende der Humanmedizin in den neuen Ländern für eine kürzere Dauer zu fördern, weil sie ihr Studium früher abschließen konnten als Studierende der Humanmedizin in den alten Ländern. Nicht zu rechtfertigen wäre es jedoch, deshalb keinen großen Teilerlass für den Darlehensteil bereits ausgezahlter Förderung zu gewähren. Der Sinn und Zweck des § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG, Anreize für einen möglichst raschen Studienabschluss vor dem Ende der Förderungshöchstdauer zu setzen (vgl. oben A. I. 2. b), besteht gegenüber Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern ebenso wie in den alten Ländern. Die Mindeststudienzeit von zwölf Semestern, die einem schnellen Studienabschluss Grenzen setzt, gilt kraft bundesgesetzlicher Anordnung für alle Studierenden der Humanmedizin. Es ist deshalb kein Grund ersichtlich, warum Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern die Begünstigung eines großen Teilerlasses von vornherein versagt blieb, während sie Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern nach der Wiedervereinigung noch übergangsweise offen stand.

70

b) Die Ungleichbehandlung sowohl gegenüber Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern als auch gegenüber Studierenden anderer Fachrichtungen lässt sich nicht mit der Befugnis des Gesetzgebers rechtfertigen, bei der Ordnung von Massenerscheinungen typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen. Die Voraussetzungen dafür liegen hier nicht vor.

71

aa) Der Gesetzgeber ist zwar von Verfassungs wegen nicht gehalten, sämtliche studienorganisatorischen Besonderheiten zu berücksichtigen und zu überprüfen, ob es nach den individuellen Studienbedingungen eines jeden Studierenden in jedem Studiengang und an jeder Universität möglich ist, das Studium vier Monate vor Ablauf der Förderungshöchstdauer zu beenden. Er muss die Verwaltung auch nicht zu einer entsprechenden umfangreichen Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung individueller Härten verpflichten. Generelle Hinderungsgründe, die sich wie hier die bindenden Mindeststudienzeiten aus Rechtsvorschriften ergeben, müssen aber in einer Regelung über die Gewährung eines studiendauerabhängigen Teilerlasses berücksichtigt werden.

72

Die unzureichende Berücksichtigung gesetzlicher Mindeststudienzeiten und ihres Verhältnisses zur Förderungshöchstdauer kann gesamte Studiengänge und damit eine große Anzahl von Studierenden von der Möglichkeit eines großen Teilerlasses ausschließen. Gerade die hier betroffene Gruppe der Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern ist zahlenmäßig nicht unbedeutend. So schlossen beispielsweise im Jahre 1998 insgesamt 1088 deutsche Erstabsolventen ihr Medizinstudium an Universitäten in den neuen Ländern ab (vgl. Wissenschaftsrat, Entwicklung der Fachstudiendauer an Universitäten von 1990 bis 1998, Drs. 4770-01 vom 15. Februar 2001, Anhang I, S. 118). Geht man entsprechend der Stellungnahme des Deutschen Studentenwerks für das Jahr 1997 davon aus, dass 17 % der Studierenden der Humanmedizin Leistungen nach dem BAföG erhalten haben, waren allein im Jahre 1998 ca. 185 Studierende von dem Begünstigungsausschluss betroffen. Seit Inkrafttreten von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 FörderungshöchstdauerV in der Fassung der 10. BAföG-FörderungshöchstdauerVÄndV gilt im Übrigen für alle Studierenden der Humanmedizin im gesamten Bundesgebiet eine Förderungshöchstdauer von zwölf Semestern und drei Monaten, so dass seitdem kein Studierender der Humanmedizin mehr von einem großen Teilerlass profitieren kann.

73

bb) Der Ausschluss größerer Gruppen von Studierenden von der Chance eines großen Teilerlasses wegen studiengangsbezogener Mindeststudienzeiten ist ohne unzumutbaren Aufwand vermeidbar, indem die Regeln über Teilerlass, Förderungshöchstdauer und Mindeststudienzeit aufeinander abgestimmt werden. Es sind keine verwaltungspraktischen Hindernisse oder sonstige Gründe ersichtlich, die diesen Ausschluss geböten. Er hat seine Ursache vielmehr in der fehlenden Abstimmung derjenigen Regeln, die für den großen Teilerlass von Bedeutung sind. Dies lässt sich nicht mit Typisierungs- und Pauschalierungserwägungen rechtfertigen. So gewährleistete die ursprüngliche Konzeption des studiendauerabhängigen Teilerlasses unter Berücksichtigung der früheren Bemessungsprinzipien der Förderungshöchstdauer, dass Mindeststudienzeiten einem Teilerlass nicht entgegenstanden. Da die Förderungshöchstdauer bis Mitte der 1980er Jahre die Mindeststudienzeit immer um mindestens ein Semester überstieg (vgl. oben A. I. 3. a), war ein Teilerlass, der in Höhe von 2.000 DM für jedes Semester gewährt wurde, um das ein Auszubildender seine Ausbildung vor dem Ende der Förderungshöchstdauer beendete (vgl. oben A. I. 2. b), in jedem Studiengang objektiv möglich. Dies hat sich jedoch geändert, weil sich die Förderungshöchstdauer mehr und mehr an der Regelstudienzeit orientierte. In Studiengängen, in denen die Förderungshöchstdauer nunmehr der Regelstudienzeit entsprach und diese sich aus der bisherigen Mindeststudienzeit und der notwendigen Examenszeit zusammensetzte, wie dies im Studium der Humanmedizin der Fall ist (vgl. BRDrucks 6/78, S. 34, 41 f., und oben A. I. 3. c) aa), war damit ein Abschluss des Studiums ein volles Semester vor dem Ende der Förderungshöchstdauer nicht mehr möglich. Die Verkürzung des für einen großen Teilerlass notwendigen Zeitraums zwischen dem erfolgreichen Abschluss des Studiums und dem Ende der Förderungshöchstdauer von einem Semester, d.h. sechs Monaten, auf vier Monate war nicht auf die gewandelte Förderungshöchstdauer abgestimmt und hat, wie der vorliegende Fall zeigt, die Problematik, dass Mindeststudienzeiten einem Studienabschluss vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer entgegenstehen können, nicht beseitigt.

74

c) Die Benachteiligung gegenüber Studierenden anderer Studiengänge ist nicht durch andere Sachgründe gerechtfertigt. Zwar zeichnet sich der Studiengang Humanmedizin durch die höchste Förderungshöchstdauer von allen universitären Studiengängen aus. Dies ist jedoch dem außergewöhnlichen Umfang des Studiums und der gesetzlich bestimmten und auch europarechtlich vorgegebenen Mindeststudienzeit geschuldet. Die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dienen primär dazu, einen erfolgreichen Studienabschluss zu gewährleisten und werden deshalb für die gesamte erforderliche Dauer des Studiums gezahlt. Die Studienwahl selbst ist frei. Es ist damit nicht durch einen tragfähigen Sachgrund gerechtfertigt, wenn Studierenden ein großer Teilerlass deshalb versagt wird, weil sie sich in gesetzlich gebilligter Weise für ein umfangreiches Studium entschieden haben.

75

Im Übrigen besteht aus Sicht der Geförderten bei langer Studien- und Förderungsdauer ein größeres Bedürfnis für einen großen Teilerlass, da die zurückzuzahlende Darlehenssumme in der Regel höher ausfällt als bei kürzeren Studiengängen. Dies gilt in besonderem Maße für solche Studierenden, die, wie der Beschwerdeführer, ihr Studium vor dem 28. Februar 2001 abgeschlossen haben und für die deshalb die Begrenzung der zurückzuzahlenden Darlehenssumme auf 10.000 Euro nach § 17 Abs. 2 Satz 1 BAföG nicht eingreift. Der große Teilerlass, der anders als der leistungsabhängige Teilerlass nach § 18b Abs. 2 BAföG nicht in Form eines prozentualen Anteils der gesamten Darlehenssumme, sondern in Ge-stalt eines fixen Betrages gewährt wird, wirkt sich zudem bei langer Förderungsdauer und damit hoher Darlehenssumme im Verhältnis geringfügiger aus als bei kürzerer Förderungsdauer.

76

Aufgrund der langen Studien- und Förderungsdauer im Studiengang Humanmedizin entsprechen Anreize zur zügigen Beendigung des Studiums auch in besonderem Maße dem Sinn und Zweck des § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser Zweck für Studierende der Humanmedizin in den neuen Ländern und ab Sommersemester 1993 auch für Studierende der Humanmedizin in den alten Ländern als verfehlt anzusehen wäre und sie deshalb gegenüber Studierenden anderer Fachrichtungen schlechter gestellt werden dürften.

77

d) Die Gewährung eines kleinen Teilerlasses nach § 18b Abs. 3 Satz 2 BAföG, den der Beschwerdeführer erhalten hat, kompensiert nicht die Versagung eines großen Teilerlasses. Dass Studierende der Humanmedizin wie andere Studierende in den Genuss eines kleinen Teilerlasses kommen können, rechtfertigt es nicht, ihnen die Begünstigung eines großen Teilerlasses vorzuenthalten, dessen Voraussetzungen andere Studierende erfüllen können.

D.

I.

78

1. a) § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in der Fassung des 12. BAföGÄndG ist für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG zu erklären. Eine verfassungskonforme Auslegung scheidet wegen der strikten tatbestandlichen Voraussetzungen für einen großen Teilerlass aus. In entsprechender Anwendung von § 78 Satz 2 BVerfGG ist die Rechtsfolge der Unvereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG auch für die späteren Fassungen des § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG (Fassungen des Ausbildungsförderungsreformgesetzes und des 23. BAföGÄndG, vgl. oben A. I. 2. a) auszusprechen, weil dies im Interesse der Rechtsklarheit geboten ist.

79

b) Der festgestellte Verfassungsverstoß beschränkt sich auf die Fälle, in denen § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in Verbindung mit den Vorschriften zur Mindeststudienzeit einerseits und zur Förderungshöchstdauer andererseits dazu führt, dass Studierenden in ihrem Studiengang ein großer Teilerlass von vornherein objektiv unmöglich ist, weil sie ihr Studium nicht mindestens vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer beenden können. In entsprechender Anwendung von § 78 Satz 2 BVerfGG wird die Unvereinbarkeit auch über die der Verfassungsbeschwerde zugrunde liegende Fallkonstellation eines Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern hinaus erklärt, weil dies im Interesse der Rechtsklarheit geboten ist (vgl. BVerfGE 19, 206 <225 f.>; 40, 296 <328 f.>; 45, 104 <119, 139>). Sie führt nicht nur im konkreten Fall in Verbindung mit der sich aus § 9 Abs. 2 FörderungshöchstdauerV und § 1 Abs. 2 Satz 2 ÄApprO ergebenden Förderungshöchstdauer einerseits und der sich aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO und § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ÄApprO ergebenden Mindeststudienzeit andererseits zu einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG bei Studierenden der Humanmedizin in den neuen Ländern. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt darüber hinaus bei Studierenden der Humanmedizin in den alten Ländern ab Sommersemester 1993 gegenüber Studierenden in solchen Studiengängen vor, die die Voraussetzungen des großen Teilerlasses nach Maßgabe der für sie geltenden Mindeststudienzeiten und Förderungshöchstdauer grundsätzlich erfüllen können. Ein entsprechender Gleichheitsverstoß gilt auch für alle anderen Studiengänge, in denen Mindeststudienzeiten vorgeschrieben sind und eine Förderungshöchstdauer gilt, die um weniger als vier Monate über der Mindeststudienzeit liegt.

80

2. a) Als Folge der Unvereinbarkeitserklärung dürfen Gerichte und Verwaltungsbehörden § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit nicht mehr anwenden; laufende Verfahren sind auszusetzen (vgl. BVerfGE 73, 40 <101>; 105, 73 <134>; 126, 400 <431>).

81

b) Die Unvereinbarkeitserklärung hat weiterhin zur Folge, dass der Gesetzgeber zur rückwirkenden, gleichheitsgerechten Neuregelung für den gesamten Zeitraum verpflichtet ist, auf den sich die Unvereinbarkeitserklärung bezieht (vgl. BVerfGE 87, 153 <178>; 99, 280 <298>; 105, 73 <134>; 107, 27 <58>; 110, 94 <138>). Dies bedeutet, dass die Neuregelung unabhängig vom Zeitpunkt des Studienabschlusses alle noch nicht bestands- oder rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erfassen muss, die die Gewährung eines großen Teilerlasses zum Gegenstand haben und einen Studiengang betreffen, in dem wegen Rechtsvorschriften zu Mindeststudienzeiten und zur Förderungshöchstdauer die Voraussetzungen des § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG von vornherein nicht erfüllbar waren. Wie der Gesetzgeber den festgestellten Gleichheitsverstoß beseitigt, steht in seinem Ermessen. Die vollständige Abschaffung des Teilerlasses für Studierende, die ihr Studium nach dem 31. Dezember 2012 abschließen, ist nicht Gegenstand dieser Entscheidung und bleibt hiervon unberührt.

82

Bestands- oder rechtskräftig abgeschlossene Verfahren können demgegenüber von der rückwirkenden Neuregelung ausgenommen werden (vgl. BVerfGE 87, 153 <178>; 99, 280 <298>; 107, 27 <58>; 120, 125 <167>). Es bleibt dem Gesetzgeber zwar unbenommen, die Wirkung der vorliegenden Entscheidung auch auf bestandskräftige Bescheide zu erstrecken; von Verfassungs wegen verpflichtet ist er hierzu jedoch nicht (vgl. BVerfGE 104, 126 <150>; 115, 259 <276>).

83

c) Die Neuregelung hat bis zum 31. Dezember 2011 zu erfolgen. Es besteht keine Veranlassung, dem Gesetzgeber eine längere Frist zur Nachbesserung einzuräumen und während dieses Zeitraums die Fortgeltung der verfassungswidrigen Rechtslage anzuordnen. Seit Ende der 1970er Jahre wird über die Angemessenheit der Teilerlassregelung bei frühzeitiger Beendigung der Ausbildung diskutiert (vgl. BTDrucks 8/2868, S. 23; BTDrucks 11/1315, S. 12 zu Nr. 9 Buchtstabe b). Wie die Begründung des Gesetzentwurfs zum 23. BAföGÄndG zeigt, hatte der Gesetzgeber die Unstimmigkeiten von § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG auch bereits erkannt (vgl. BTDrucks 17/1551, S. 28 f. zu Nummer 13). Eine geordnete Finanz- und Haushaltsplanung ist durch die erforderliche Neuregelung ebenfalls nicht gefährdet.

II.

84

1. Die zur Versagung eines großen Teilerlasses ergangenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsamtes, des Verwaltungsgerichts Köln und des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Sie beruhen auf der mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbaren Rechtslage in Verbindung mit § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln und der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen sind aufzuheben; die Sache ist an das Verwaltungsgericht Köln zurückzuverweisen (vgl. § 95 Abs. 2 BVerfGG).

85

2. Demgegenüber haben die allein zur Förderungshöchstdauer ergangenen Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen Bestand, da die Verfassungsbeschwerde insoweit unzulässig ist (vgl. B. I.). Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde zurückzuweisen.

III.

86

Die Kostenentscheidung beruht auf § 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG. Die volle Erstattung der Auslagen des Beschwerdeführers ist angemessen, weil dieser sein wesentliches Verfahrensziel erreicht hat (vgl. BVerfGE 79, 372 <378>; 104, 220 <238>). Die Auslagen sind dem Beschwerdeführer zu gleichen Teilen vom Land Nordrhein-Westfalen und vom Bund zu erstatten, weil die aufgehobenen Entscheidungen von Gerichten des Landes Nordrhein-Westfalen getroffen worden sind, der Grund der Aufhebung aber in der Verfassungswidrigkeit einer bundesrechtlichen Vorschrift liegt (vgl. BVerfGE 101, 106 <132>).

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

1. § 2 Absatz 4 des Hamburgischen Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens in der Öffentlichkeit (Hamburgisches Passivraucherschutzgesetz - HmbPSchG) vom 11. Juli 2007 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 211), zuletzt geändert am 15. Dezember 2009 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 506), ist mit Artikel 12 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit die Vorschrift Gaststätten, die zubereitete Speisen anbieten oder über eine entsprechende Erlaubnis nach § 3 des Gaststättengesetzes in der Fassung vom 20. November 1998 (Bundesgesetzblatt I Seite 3418), zuletzt geändert am 7. September 2007 (Bundesgesetzblatt I Seite 2246 <2257>), verfügen, von der Möglichkeit ausnimmt, abgeschlossene Räume einzurichten, in denen das Rauchen gestattet ist.

2. Bis zu einer Neuregelung gilt die Vorschrift mit der Maßgabe fort, dass sie auch auf Gaststätten anzuwenden ist, die zubereitete Speisen anbieten oder über eine entsprechende Erlaubnis nach § 3 des Gaststättengesetzes in der Fassung vom 20. November 1998 (Bundesgesetzblatt I Seite 3418), zuletzt geändert am 7. September 2007 (Bundesgesetzblatt I Seite 2246 <2257>), verfügen.

Gründe

A.

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob es mit Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, dass das Hamburgische Passivraucherschutzgesetz als Ausnahme von dem generell in Gaststätten geltenden Rauchverbot die Einrichtung von Raucherräumen für Schankwirtschaften erlaubt, diese Begünstigung jedoch Speisewirtschaften vorenthält.

I.

2

1. a) Durch § 2 Abs. 1 des Hamburgischen Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens in der Öffentlichkeit (Hamburgisches Passivraucherschutzgesetz - HmbPSchG) vom 11. Juli 2007 (GVBl S. 211), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes vom 15. Dezember 2009 (GVBl S. 506), wird das Rauchen in Gaststätten sowie in zahlreichen anderen öffentlich zugänglichen Einrichtungen verboten. Die Vorschrift lautet auszugsweise:

3

§ 2

4

Rauchverbot

5

(1) Das Rauchen ist nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 verboten in

6

1. bis 8 ...

7

9. Einrichtungen, in denen Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden (Gaststätten), einschließlich Gaststätten, die in der Betriebsart Diskothek geführt werden.

8

10. bis 12. ...

9

(2) bis (8) ...

10

Vom Rauchverbot ausgenommen sind Gaststätten mit nur einem Gastraum und einer Gastfläche von weniger als 75 m 2 , die keine zubereiteten Speisen anbieten und nicht über eine entsprechende gaststättenrechtliche Erlaubnis verfügen (§ 2 Abs. 5 HmbPSchG).

11

§ 2 Abs. 4 HmbPSchG erlaubt für Gaststätten, in denen keine zubereiteten Speisen angeboten werden und die nicht über eine entsprechende gaststättenrechtliche Erlaubnis verfügen, die Einrichtung von Raucherräumen. Die Vorschrift lautet:

12

(4) In Gaststätten gemäß Absatz 1 Nummer 9, die keine zubereiteten Speisen anbieten und nicht über eine entsprechende Erlaubnis nach § 3 des Gaststättengesetzes in der Fassung vom 20. November 1998 (BGBl. I S. 3419), zuletzt geändert am 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246, 2257), verfügen, können abgeschlossene Räume eingerichtet werden, in denen das Rauchen gestattet ist. Voraussetzung hierfür ist, dass

13

1. diese Räume baulich so wirksam abgetrennt werden, dass eine Gefährdung anderer durch Passivrauchen ausgeschlossen wird und die Raucherräume belüftet werden,

14

2. der Zutritt Personen unter 18 Jahren verwehrt ist und

15

3. diese Räume nicht größer sind als die übrige Gastfläche.

16

In ähnlicher Weise wie § 2 Abs. 4 HmbPSchG erlaubt § 2 Abs. 3 HmbPSchG, dass in anderen Einrichtungen, für die grundsätzlich das Rauchverbot gilt (z.B. Behörden, Krankenhäusern, Wohneinrichtungen, Hochschulen, Sporthallen und Justizvollzugsanstalten), Raucherräume eingerichtet werden. Zu den Voraussetzungen gehört auch hier, dass "in diesen Räumen keine zubereiteten Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden" (§ 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 HmbPSchG).

17

Die Betreibenden von Gaststätten sind verantwortlich für die Einhaltung des Verbots und müssen, wenn ihnen ein Verstoß bekannt wird, die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um weitere Verstöße zu verhindern (§ 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 HmbPSchG). Wer dieser Pflicht nicht nachkommt, handelt ordnungswidrig (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 HmbPSchG).

18

b) Eine vergleichbare Regelung zur Zulassung von Raucherräumen in Gaststätten findet sich in anderen Ländern nicht. Während in Bayern und im Saarland ein striktes Rauchverbot in Gaststätten gilt und damit die Einrichtung von Raucherräumen dort ohnehin unzulässig ist, lassen alle anderen Länder das Rauchen in gesonderten Räumen unter besonderen Voraussetzungen zu, ohne danach zu unterscheiden, ob in den jeweiligen Gaststätten zubereitete Speisen angeboten werden oder nicht.

19

2. Bereits in seiner ursprünglichen Fassung vom 11. Juli 2007 (GVBl S. 211) sah das Hamburgische Passivraucherschutzgesetz als Ausnahme vom geltenden Rauchverbot die Möglichkeit vor, in Gaststätten und verschiedenen anderen Einrichtungen Raucherräume zu schaffen. Voraussetzung war, dass diese Räume baulich so wirksam abgetrennt wurden, dass eine Gefährdung anderer durch Passivrauchen ausgeschlossen war und dass die Raucherräume belüftet und ausdrücklich gekennzeichnet waren (§ 2 Abs. 3 HmbPSchG a.F.). Zwischen Speise- und Schankwirtschaften wurde dabei nicht differenziert. Eine Ausnahmeregelung für getränkegeprägte Kleingastronomie enthielt das Gesetz damals noch nicht.

20

Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 30. Juli 2008 (BVerfGE 121, 317) Regelungen der Länder Baden-Württemberg und Berlin über Rauchverbote in Gaststätten für mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt hatte, weil sie die getränkegeprägte Kleingastronomie unverhältnismäßig belasteten, befasste sich der Landesgesetzgeber mit hiernach gebotenen Anpassungen des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes. Zwischen den damaligen Regierungsfraktionen bestanden zunächst unterschiedliche Vorstellungen über eine Neuregelung: Während in der CDU-Fraktion mehrheitlich weitgehende Ausnahmetatbestände vom Rauchverbot in Gaststätten befürwortet wurden, trat die Grün-Alternative Liste (GAL) für ein striktes Rauchverbot ohne Ausnahmen ein. Unter dem 25. November 2009 legten die Regierungsfraktionen der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg schließlich den gemeinsamen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes vor (Drucks 19/4713), der in der Folgezeit zu der hier gegenständlichen Gesetzesfassung führte. Zur Begründung des Gesetzantrags wird knapp auf die Notwendigkeit einer Anpassung des Gesetzes an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts verwiesen. Weiter heißt es, dem generellen Ziel des Schutzes vor den Gefahren des Passivrauchens solle unverändert Rechnung getragen werden, es sollten aber auch die Interessen der Gastronomie Berücksichtigung finden.

II.

21

1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: die Klägerin) betreibt eine Gaststätte auf einem in Hamburg an der Autobahn A 7 gelegenen Autohof. Neben einer Gaststube mit einer Fläche von 70 m 2 umfasst die Gaststätte noch einen 33 m 2 großen "Clubraum". Für diese Gaststätte ist die Klägerin im Besitz einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft mit dem Ausschank von Getränken aller Art und der Abgabe von Speisen.

22

Im Juni 2010 beantragte sie beim zuständigen Bezirksamt eine Ausnahmegenehmigung vom Rauchverbot, um den Clubraum als Raucherraum auszuweisen. 80 % ihrer Gäste seien Lkw-Fahrer; diese seien fast alle Raucher. Schon bei Einführung der ursprünglichen Fassung des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes sei es für ihre Gaststätte zu Umsatzeinbußen von bis zu 20 % gekommen. Das nun eingeführte komplette Rauchverbot in Speisewirtschaften bedrohe ihre wirtschaftliche Existenz. Es seien Umsatzeinbußen von etwa 60 % zu erwarten. Die Kundschaft der Lkw-Fahrer würde fast komplett wegbrechen. Dies werde dadurch begünstigt, dass die umliegenden Länder die Einrichtung von Raucherräumen erlaubten und die Lkw-Fahrer sehr mobil seien.

23

Das Bezirksamt lehnte den Erlass einer Ausnahmegenehmigung ab; die gesetzliche Regelung gelte ausnahmslos, eine Ausnahme für Speisewirtschaften sei nicht vorgesehen. Nachdem auch der Widerspruch der Klägerin ohne Erfolg blieb, begehrt die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht festzustellen, dass sie berechtigt sei, einen bestimmten näher bezeichneten Raum ihrer Gaststätte als Raucherraum auszuweisen und zu betreiben.

24

2. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 2 Abs. 4 HmbPSchG mit Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, soweit nach dieser Regelung Gaststätten, die zubereitete Speisen anbieten oder über eine entsprechende Erlaubnis nach § 3 des Gaststättengesetzes (GastG) verfügen, anders als Schankwirtschaften (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GastG) keine abgeschlossenen Räume einrichten dürfen, in denen das Rauchen gestattet ist.

25

Die Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 4 HmbPSchG sei entscheidungserheblich. Wenn die Vorschrift verfassungsgemäß sei, sei die Klage abzuweisen; denn in der Gaststätte der Klägerin würde dann das Rauchverbot absolut gelten, und die Klägerin dürfte keinen Raucherraum betreiben. Wenn die Vorschrift verfassungswidrig sei, bestehe für sie dagegen zumindest die Chance, eine für sie günstigere Regelung durch den Gesetzgeber und damit einen Erfolg der Feststellungsklage zu erreichen. Die Feststellungsklage sei zulässig und bis auf die Tatsache, dass die Klägerin eine Speise- und keine Schankwirtschaft betreibe, begründet. Es bestehe keine Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung. Der eindeutige Wortlaut der Vorschrift schließe eine Interpretation dahingehend aus, dass auch in Speisewirtschaften abgeschlossene Raucherräume eingerichtet werden dürften. Zwar würde die Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs. 4 HmbPSchG nicht unmittelbar dazu führen, dass die Klägerin einen abgeschlossenen Raucherraum einrichten dürfte. Für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage genüge in den Fällen eines gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses jedoch bereits die Chance, eine günstigere Regelung zu erreichen.

26

Seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs. 4 HmbPSchG begründet das Verwaltungsgericht unter Verweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juli 2008 (BVerfGE 121, 317). Das Rauchverbot in Gaststätten greife in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin ein. Dieser Eingriff sei nicht gerechtfertigt; denn die Ausgestaltung der Ausnahme vom Rauchverbot gemäß § 2 Abs. 4 HmbPSchG verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil im Hinblick auf diese Ausnahme Speisewirtschaften ohne sachliche Rechtfertigung anders als Schankwirtschaften behandelt würden.

III.

27

Zu der Vorlage haben das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, das Statistische Bundesamt, das Deutsche Krebsforschungszentrum und namens des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA Bundesverband) dessen Landesverband Hamburg Stellung genommen. Der Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung, die Bürgerschaft und der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg sowie die Beteiligten des Ausgangsverfahrens haben von Stellungnahmen abgesehen.

28

1. Der Präsident des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts teilt mit, dass das Gericht mit den im Aussetzungs- und Vorlagebeschluss aufgeworfenen Fragen zur Verfassungswidrigkeit des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes bisher nicht befasst gewesen sei.

29

2. Das Statistische Bundesamt teilt mit, dass sich seit 2007 die Umsätze in der getränkegeprägten Gastronomie (Schankwirtschaften, Diskotheken und Tanzlokale, Bars, Vergnügungslokale, sonstige getränkegeprägte Gastronomie) deutlich schlechter als in der speisengeprägten Gastronomie (Restaurants mit herkömmlicher Bedienung, Restaurants mit Selbstbedienung, Imbissstuben, Cafés, Eissalons) entwickelt hätten. Die Umsätze in beiden Wirtschaftszweigen seien bezogen auf das Basisjahr 2005 gesunken, und zwar verstärkt seit Januar 2007. Zu diesem Zeitpunkt sei der Mehrwertsteuersatz erhöht worden. In der getränkegeprägten Gastronomie seien die Umsätze seit Januar 2007 stärker zurückgegangen als in der speisengeprägten Gastronomie; so seien etwa im August 2010 bei den realen Umsatzmesszahlen im Vergleich zu 2005 für die getränkegeprägte Gastronomie nur noch 76,0 % gegenüber 85,6 % für die speisengeprägte Gastronomie erreicht worden. Erst im Laufe des Jahres 2009 habe sich der Trend in beiden Bereichen mit zuletzt 77,1 % beziehungsweise 86,6 % im September 2011 stabilisiert.

30

Zu der Frage, ob es bei der Umsatzentwicklung Unterschiede zwischen kleinen Einraumgaststätten und größeren Gaststätten gebe, konnte das Statistische Bundesamt keine Aussagen treffen. Wegen der verschiedenen Regelungen in den einzelnen Ländern und der unterschiedlichen Zeitpunkte deren In- und Außerkrafttretens sah sich das Statistische Bundesamt zudem nicht in der Lage abzuschätzen, inwieweit landesspezifische Regelungen zum Rauchverbot für die beschriebene Entwicklung ursächlich waren. Damit unterscheide sich die Lage von derjenigen zum Zeitpunkt der Anfrage des Bundesverfassungsgerichts in dem der Entscheidung des Senats vom 30. Juli 2008 (BVerfGE 121, 317) zugrunde liegenden Verfahren. Bei der für dieses Verfahren abgegebenen Stellungnahme sei es für einen bestimmten Zeitraum im Jahr 2007 möglich gewesen, die Länder eindeutig in solche mit gleichartigen Passivraucherschutzgesetzen und solche gänzlich ohne entsprechende Regelungen einzuteilen.

31

3. Das Deutsche Krebsforschungszentrum teilt mit, dass es aus wissenschaftlicher Sicht keinen Unterschied mache, ob die Schadstoffe, die im Tabakrauch enthalten seien, in einer Schankwirtschaft oder in einem Speiserestaurant eingeatmet würden. Sie seien in jedem Fall gesundheitsschädlich und krebserregend, insbesondere für die Beschäftigten. Der "Kompromiss", in Speisegaststätten das Rauchen zu verbieten und es in Getränkegaststätten zuzulassen, gehe auf ein Positionspapier der Tabakindustrie aus dem Jahr 2005 zurück. Er widerspreche den Erkenntnissen der Krebsforschung und dem Vorrang des Gesundheitsschutzes vor wirtschaftlichen Erwägungen.

32

4. Für den DEHOGA Bundesverband hat sich dessen Landesverband Hamburg geäußert. Er differenziert in seiner Stellungnahme zwischen drei Typen von Gaststätten: (1.) reinen Schankwirtschaften, (2.) Speisewirtschaften, die getränkeorientiert seien, aber auch einfache Speisen oder eine kleine Speisekarte anböten, und (3.) Restaurants, bei denen das Speisenangebot deutlich im Vordergrund stehe.

33

Es gebe in Hamburg nur relativ wenige Gaststätten, die völlig auf die Abgabe von Speisen verzichteten; allenfalls handele es sich um 60 bis 80 Betriebe. Solche Betriebe, die schon immer auf die Abgabe von Speisen verzichtet hätten, dürften nur in geringem Umfang von der gesetzlichen Neuregelung betroffen sein. Etwas anders stelle sich die Situation für solche Gaststätten dar, bei denen erst in Reaktion auf die gesetzliche Neuregelung die Abgabe von Speisen eingestellt worden sei. Hier sei der Speisenumsatz ersatzlos weggefallen, ohne dass in nennenswertem Umfang neue Gäste, nämlich rauchende Gäste und deren Begleitung, hätten gewonnen werden können.

34

Die Betreibenden getränkeorientierter Speisewirtschaften klagten regelmäßig darüber, dass ihr Umsatz nach der Novellierung des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes drastisch zurückgegangen sei. Teils werde über Umsatzrückgänge von 30 % bis 50 % berichtet. Dies werde in erster Linie auf das Rauchverbot zurückgeführt. Für Gruppen mit rauchenden Gästen sei es unattraktiver geworden, solche Gaststätten aufzusuchen; denn die Notwendigkeit, zum Rauchen die Gaststätte zu verlassen, werde als Störung des kommunikativen Miteinanders empfunden. Die Verweildauer der Gäste habe sich erheblich verkürzt. Außerdem wichen Gäste in den Außenbezirken Hamburgs auf Gaststätten in den benachbarten Ländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen aus.

35

Bei "klassischen" Restaurants seien die Klagen über Umsatzrückgänge weniger ausgeprägt. Zwar werde auch dort immer wieder mitgeteilt, dass sich die Aufenthaltsdauer der Gäste gerade in der kälteren Jahreszeit verkürzt habe, vereinzelt werde allerdings auch berichtet, dass es einen Zuwachs an Gästen gebe, die den rauchfreien Essensgenuss zu schätzen wüssten.

B.

36

Die Vorlage ist zulässig. Insbesondere hat das vorlegende Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs. 4 HmbPSchG unter Hinweis auf die Ausführungen des Senats in seinem Urteil vom 30. Juli 2008 zu einem gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss bei der Zulassung von Raucherräumen (dort für Diskotheken; vgl. BVerfGE 121, 317 <368 ff.>) hinreichend dargelegt. Auf dieser Grundlage sind dem Vorlagebeschluss auch die - gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG erforderlichen - hinreichenden Darlegungen zur Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage zu entnehmen. Ist das vorlegende Gericht - wie hier - der Überzeugung, dass die zur Prüfung gestellte Norm das in Art. 3 Abs. 1 GG verbürgte Grundrecht oder einen speziellen Gleichheitssatz verletzt, reicht es für die Feststellung der Entscheidungserheblichkeit aus, dass die Verfassungswidrigerklärung der Norm der im Ausgangsverfahren klagenden Partei die Chance offen hält, eine für sie günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen (vgl. BVerfGE 121, 108 <115> m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall; denn der Gesetzgeber kann den vom vorlegenden Gericht angenommenen Gleichheitsverstoß zwar auf verschiedenen Wegen heilen, sich hierbei aber auch für die Möglichkeit entscheiden, die Begünstigung in Gestalt der Zulassung von Raucherräumen auf Speisegaststätten zu erstrecken. In diesem Fall hätte die Klägerin nach der hier maßgeblichen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts im Ausgangsverfahren Erfolg.

C.

37

§ 2 Abs. 4 HmbPSchG ist mit Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG insoweit unvereinbar, als die Norm solche Gaststätten, die zubereitete Speisen anbieten oder über eine entsprechende Erlaubnis verfügen, von der Möglichkeit ausnimmt, abgeschlossene Räume einzurichten, in denen das Rauchen gestattet ist.

I.

38

Die maßgebliche Vorschrift (§ 2 Abs. 4 HmbPSchG) ist nicht umfassend, sondern nur im Rahmen der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Rechtsfrage (§ 81 BVerfGG) auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen (vgl. BVerfGE 126, 331 <354>). Dies betrifft die Frage, ob Betreibende von Speisewirtschaften (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 GastG) anders als Betreibende von Schankwirtschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GastG) von der Möglichkeit ausgeschlossen werden dürfen, in entsprechend der gesetzlichen Regelung ausgestatteten Nebenräumen ihrer Gaststätten das Rauchen zu gestatten. Es wird also weder die Frage nach der grundsätzlichen Zulässigkeit eines Rauchverbots in Gaststätten aufgeworfen (vgl. dazu BVerfGE 121, 317 <344, 356>), noch ist mit Blick auf eine etwa übermäßige Belastung einer bestimmten Gastronomiesparte über die Notwendigkeit eines weiteren Ausnahmetatbestandes vom gesetzlichen Rauchverbot zu befinden (vgl. dazu BVerfGE 121, 317 <359 ff.>). Ausweislich der Vorlagefrage geht es vielmehr allein darum, ob der Klägerin ein gesetzlich geregelter Ausnahmetatbestand - nämlich die Möglichkeit, einen Raucherraum einzurichten - in verfassungswidriger Weise vorenthalten wird. Diese Konstellation entspricht im Ansatz derjenigen, über die der Senat bereits hinsichtlich des Ausschlusses von Diskotheken von der ansonsten erlaubten Einrichtung von Raucherräumen durch die ursprüngliche Fassung von § 7 Abs. 2 Satz 2 des Landesnichtraucherschutzgesetzes Baden-Württemberg entschieden hat (BVerfGE 121, 317<368 ff.>). Auch im vorliegenden Fall liegt eine Beschränkung der freien Berufsausübung durch ein Rauchverbot vor, von dem eine Ausnahme vorgesehen ist, deren Ausschluss für bestimmte Gastronomiebetriebe den Anforderungen aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG standhalten muss (vgl. BVerfGE 25, 236 <251>; 121, 317 <369>).

39

1. a) Da für eine Speisewirtschaft, wie sie von der Klägerin betrieben wird, die Einrichtung eines Raucherraums durch § 2 Abs. 4 HmbPSchG nicht zugelassen ist, gibt es für solche Gaststätten keine Ausnahme von dem in § 2 Abs. 1 Nr. 9 HmbPSchG normierten Rauchverbot. Ungeachtet seiner vornehmlichen Adressierung an die Besucher einer Gaststätte greift dieses Rauchverbot in die Berufsausübungsfreiheit der Gaststättenbetreibenden ein (vgl. BVerfGE 121, 317 <344 ff.>). Die Freiheit der Berufsausübung wird durch Art. 12 Abs. 1 GG umfassend geschützt (vgl. BVerfGE 85, 248 <256>) und erstreckt sich auch auf das Recht, Art und Qualität der am Markt angebotenen Güter und Leistungen selbst festzulegen (vgl. BVerfGE 106, 275 <299>) und damit den Kreis der angesprochenen Interessenten selbst auszuwählen. Unter diesem Gesichtspunkt beeinträchtigt das Rauchverbot die freie Berufsausübung derjenigen, die Gaststätten betreiben; denn ihnen wird die Möglichkeit genommen, selbst darüber zu bestimmen, ob in ihren Lokalen den Gästen das Rauchen gestattet oder untersagt ist. Damit können sie nur noch in den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen darüber entscheiden, ob die Leistungen und Dienste ihres Gaststättenbetriebs auch solchen Gästen angeboten werden sollen, die diese zusammen mit dem Rauchen von Tabak in Anspruch nehmen möchten. Den Gaststättenbetreibenden wird es nicht nur erheblich erschwert, rauchende Gäste mit ihren Angeboten zu erreichen, sondern sie werden regelmäßig daran gehindert, ihre Leistungen an Gäste zu erbringen, die auf das Rauchen in der Gaststätte nicht verzichten wollen (so BVerfGE 121, 317 <345>).

40

b) Berufsausübungsregelungen müssen nicht nur den Anforderungen genügen, die sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergeben, sie müssen vielmehr auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsgemäß sein und insbesondere den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten (vgl. BVerfGE 25, 236 <251>; 121, 317 <369>).

41

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 126, 400 <416>; 127, 263 <280>; stRspr). Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, NVwZ 2011, S. 1316 <1317> m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich insbesondere aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011, a.a.O.); denn dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, zu denen auch die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte freie Berufsausübung zählt, nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 121, 317 <370> m.w.N.).

42

2. Bei Anwendung dieser Maßstäbe auf die verfassungsrechtliche Prüfung des § 2 Abs. 4 HmbPSchG ist diese Norm mit Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar.

43

a) Für die vorliegend zu beurteilende Differenzierung zwischen Schank- und Speisewirtschaften ist bei der Prüfung anhand des Gleichheitssatzes von einer strengeren Bindung des Gesetzgebers auszugehen, weil sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten - hier in Gestalt der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten freien Berufsausübung - nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 121, 317 <370>). Aufgrund der differenzierenden Regelung in § 2 Abs. 4 Satz 1 HmbPSchG sind die Betreibenden von Speisewirtschaften im Unterschied zu denjenigen, die Schankwirtschaften betreiben, daran gehindert, gesonderte Nebenräume einzurichten, um dort ihren Gästen das Rauchen zu gestatten und damit eine Ausnahme vom ansonsten geltenden Rauchverbot in Gaststätten für sich zu nutzen. Dies hat zur Folge, dass Betreibende von Speisewirtschaften nicht in freier Ausübung ihres Berufs das Angebot ihrer Gaststätten auch für rauchende Gäste attraktiv gestalten können. Es liegt nahe, dass dies erhebliche wirtschaftliche Nachteile insbesondere für eher getränkegeprägte Speisegaststätten nach sich zieht, bei denen die Gäste auf Speisen zwar nicht verzichten wollen, solche Lokale aber vorrangig aus anderen Gründen - wie etwa auf der Suche nach Geselligkeit und zur Kommunikation - aufsuchen.

44

b) Diese Ungleichbehandlung ist sachlich nicht gerechtfertigt. Es fehlt an einem hinreichend gewichtigen Grund für die Differenzierung.

45

aa) Als Differenzierungsgrund genügt es nicht bereits, dass die in § 2 Abs. 4 Satz 1 HmbPSchG vorgenommene Unterscheidung das Ergebnis eines politischen Kompromisses zwischen den damaligen Regierungsfraktionen in der Hamburgischen Bürgerschaft ist. Die Notwendigkeit, sich durch einen politischen Kompromiss eine parlamentarische Mehrheit zu sichern, prägt Politik. Sie kann für sich allein genommen die mit schwerwiegenden Nachteilen für die Ausübung eines Freiheitsrechts verbundene Ungleichbehandlung verschiedener Normadressaten freilich nicht rechtfertigen. Auch wenn der Gesetzgeber im demokratischen Staat regelmäßig auf politische Kompromisse angewiesen ist, gilt doch auch für ihn gemäß Art. 1 Abs. 3 GG die Bindung an die Grundrechte. Dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist mithin nicht allein schon wegen des Vorliegens eines politischen Kompromisses Genüge getan, er setzt vielmehr seinerseits der Möglichkeit eines Kompromisses inhaltliche Grenzen.

46

bb) Sachliche Gesichtspunkte, mit denen sich die Unterscheidung zwischen Schank- und Speisewirtschaften bei der Zulassung von Raucherräumen rechtfertigen lässt, sind nicht erkennbar  . 

47

Für die verfassungsrechtliche Prüfung ist allerdings nicht ausschlaggebend, ob die maßgeblichen Gründe für die gesetzliche Neuregelung im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich als solche genannt wurden oder gar den Gesetzesmaterialien zu entnehmen sind. Nicht die subjektive Willkür des Gesetzgebers führt zur Feststellung eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, sondern die objektive Unangemessenheit der Norm im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, die sie regeln soll (vgl. BVerfGE 51, 1 <26 f.>; 93, 386 <400> m.w.N.). Auf dieser Grundlage ist kein hinreichend gewichtiger Grund für die Differenzierung auszumachen.

48

(1) So lässt sich die unterschiedliche Behandlung nicht durch Gründe des Gesundheitsschutzes rechtfertigen.

49

(a) Dies gilt zunächst im Hinblick auf den Schutz der Gesundheit des Gaststättenpersonals, ungeachtet der Frage, ob und inwieweit ein Landesgesetzgeber dieses Ziel zum Gegenstand eines Nichtraucherschutzgesetzes machen kann, ohne dadurch gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes zu verstoßen (vgl. dazu BVerfGE 121, 317 <347 f.>). Insoweit fehlt es bereits an dem erforderlichen hinreichenden Zusammenhang zwischen dem Regelungsziel und den vom Gesetzgeber gewählten Differenzierungsmerkmalen (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011, a.a.O., S. 1316 f. m.w.N.). Im vorliegenden Fall lässt sich ein solcher Zusammenhang zwischen dem Schutz des Gaststättenpersonals und der Differenzierung zwischen Speise- und Schankgaststätten nicht erkennen, denn nicht nur in Speise-, sondern auch in Schankwirtschaften sind Angestellte beschäftigt, die die Gäste in dort zulässigen Raucherräumen bedienen und hierbei den Gefahren des Passivrauchens ausgesetzt werden. Weder in den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens noch anderweitig lassen sich Nachweise dafür finden, dass das Gaststättenpersonal in Raucherräumen von Speisewirtschaften regelmäßig in stärkerem Maße dem Tabakrauch ausgesetzt sein könnte als in Raucherräumen von Schankwirtschaften. Nicht von der Hand zu weisen ist zudem die Überlegung des vorlegenden Gerichts, dass ein etwa beabsichtigter Schutz des Gaststättenpersonals effektiver und zugleich für die Betreibenden von Gaststätten weniger belastend zu erreichen ist, wenn die Zulassung von Raucherräumen davon abhängig gemacht wird, dass sich die Gäste dort selbst bedienen.

50

(b) Die Differenzierung kann ferner nicht mit dem Schutz der Gesundheit der Gäste gerechtfertigt werden. Gäste sind in den Schutz der gesetzlichen Regelung schon nicht einbezogen, soweit sie ihre eigene Gesundheit dadurch gefährden können, dass sie selbst rauchen. Ihnen wird kein Schutz vor Selbstgefährdung aufgedrängt (vgl. BVerfGE 59, 275 <278 f.>; 121, 317 <359>). Vielmehr wird nach § 1 Abs. 1 HmbPSchG mit dem Hamburgischen Passivraucherschutzgesetz ausdrücklich nur das Ziel verfolgt, die Bevölkerung vor den gesundheitlichen Gefahren durch Passivrauchen in öffentlichen Einrichtungen zu schützen. Dieses begrenzte Schutzziel rechtfertigt indessen die Ungleichbehandlung von Schank- und Speisewirtschaften nicht.

51

(aa) Die Erwägung eines erhöhten Schutzbedürfnisses für Gäste in Speisewirtschaften wegen einer angenommenen zusätzlichen Belastung der Nahrung durch Tabakrauch wurde zwar bei einer Anhörung im Ausschuss für Gesundheit und Verbraucherschutz der Hamburgischen Bürgerschaft von einer Auskunftsperson vorgebracht (vgl. Ausschuss-Drucks 19/8, S. 17), im Gesetzgebungsverfahren spielte dieses Schutzziel als Grund für die hier zu beurteilende Differenzierung jedoch ersichtlich keine Rolle. So erklärte der Präses der damaligen Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz in einer späteren Ausschusssitzung, es sei "aus gesundheitspolitischer Sicht völlig irrelevant ..., ob man beim Rauchen was isst oder nicht". Dies sei "eine Geschmacksfrage, aber keine gesundheitspolitische Frage". Beim Essen zu rauchen sei nicht mehr oder weniger schädlich als beim Trinken zu rauchen (vgl. Ausschuss-Drucks 19/9, S. 12). Es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Annahme eines erhöhten Schutzbedürfnisses auf belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen würde. So hat das Deutsche Krebsforschungszentrum in seiner Stellungnahme zum vorliegenden Verfahren ausgeführt, es ergebe aus wissenschaftlicher Sicht keinen Unterschied, ob die Aufnahme der Schadstoffe, die im Tabakrauch enthalten seien, in einer Schankwirtschaft oder in einem Speiserestaurant erfolge.

52

Aber selbst wenn unterstellt wird, dass die Verbindung von Essen und Passivrauchen zu einer besonderen Schadstoffbelastung der nichtrauchenden Gäste führt, ergibt sich daraus keine Rechtfertigung, den Betreibenden von Speisewirtschaften die für andere Gaststätten bestehende Möglichkeit vorzuenthalten, Raucherräume einzurichten. Ist das Rauchen nur noch in vollständig abgetrennten Nebenräumen erlaubt, so entfällt das an die besondere Betriebsart anknüpfende Argument der gesteigerten Gefährdung durch Passivrauchen, weil sich die Gäste zum Essen in Nichtraucherbereichen aufhalten können. Eine Gefährdung der Gäste in den Nichtraucherbereichen kann durch strikte Einhaltung der Vorgaben des § 2 Abs. 4 Satz 2 HmbPSchG verhindert werden. Danach sind Raucherräume baulich so wirksam abzutrennen, dass eine Gefährdung anderer durch Passivrauchen ausgeschlossen wird (vgl. BVerfGE 121, 317 <371 f.>).

53

(bb) Schließlich lässt sich die unterschiedliche Behandlung von Schank- und Speisegaststätten nicht damit rechtfertigen, dass durch den Ausschluss von Raucherräumen in der letztgenannten Gastronomiesparte eine größere Anzahl von Menschen den Gefahren des Passivrauchens entzogen wird. Zwar geht mit jeder Verringerung der Möglichkeiten zu rauchen zwangsläufig auch die Zahl der durch Passivrauchen gesundheitlich Gefährdeten zurück. Auch darf der Gesetzgeber der Prävention dieser Gesundheitsgefahr durchaus Raum geben  . Diese Erwägung kann hier jedoch keinen hinreichend gewichtigen, sachlich vertretbaren Differenzierungsgrund liefern; denn es fehlt insoweit wiederum an dem notwendigen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung. Anhaltspunkte dafür, dass das in Speisewirtschaften offerierte gastronomische Angebot im Vergleich zu Schankwirtschaften zu einer weiteren Erhöhung der mit dem Passivrauchen verbundenen Gesundheitsgefahren führt, liegen nicht vor (vgl. oben ). Wenn der Ausschluss der Speisewirtschaften von der gesetzlichen Begünstigung dazu dienen sollte, die Anzahl der Gelegenheiten zum Rauchen gering zu halten, erschiene die Differenzierung daher geradezu willkürlich; denn es würde an ein Unterscheidungsmerkmal angeknüpft, das in keinerlei Zusammenhang mit einem solchen Regelungsziel des Gesetzgebers steht.

54

(2) Eine etwaige unterschiedliche wirtschaftliche Betroffenheit von Speise- und Schankwirtschaften durch ein Rauchverbot scheidet ebenfalls als tauglicher Differenzierungsgrund aus.

55

Aus Sicht des Gesetzgebers spielten die wirtschaftlichen Auswirkungen des Rauchverbots offenkundig bei der Formulierung der Vorschrift keine Rolle. Im Gesetzgebungsverfahren wurde ersichtlich davon ausgegangen, dass keine ausreichenden "belastbaren Zahlen … über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Rauchverbotes in der Gastronomie in Deutschland" vorliegen (Abg. Harald Krüger, PlProt 19/42, S. 2622). Eine Differenzierung zwischen Schank- und Speisewirtschaften wegen unterschiedlicher wirtschaftlicher Belastung durch das Rauchverbot scheitert bereits an einer hinreichenden Tatsachengrundlage. Für den - allein von der Regelung betroffenen - Bereich derjenigen Gaststätten, die über die baulichen Möglichkeiten zur Einrichtung eines Nebenraums für rauchende Gäste verfügen, lässt sich nicht feststellen, dass reine Schankwirtschaften typischerweise in erheblichem Umfang wirtschaftlich stärker durch ein Rauchverbot belastet würden als Gaststätten, in denen auch zubereitete Speisen angeboten werden oder angeboten werden dürfen.

56

Zwar hatte das Statistische Bundesamt in seiner Stellungnahme zu dem durch Urteil vom 30. Juli 2008 abgeschlossenen Verfahren ausgeführt, dass die landesgesetzlichen Rauchverbote wahrscheinlich zu stärkeren Umsatzrückgängen im Bereich der getränkegeprägten Gastronomie geführt hätten (vgl. BVerfGE 121, 317 <339>). Für das vorliegende Verfahren konnte es seine damalige - ohnehin als bloße "Momentaufnahme" bezeichnete - Feststellung jedoch nicht bestätigen. So führt das Statistische Bundesamt zwar aus, dass die Umsätze der getränke- und der speisengeprägten Gastronomie seit Januar 2007 zurückgegangen seien und die Umsatzentwicklung der getränkegeprägten Gastronomie schlechter sei als die der speisengeprägten. Es konnte aber keine Aussage darüber treffen, inwieweit dies durch landesgesetzliche Regelungen zum Rauchverbot verursacht worden sei. Zudem war der im Jahr 2008 getroffenen Einschätzung nicht zu entnehmen, ob die vermutete besondere wirtschaftliche Betroffenheit der getränkegeprägten Gastronomie nicht im Wesentlichen durch die Besonderheiten und spezifischen Belastungen der getränkegeprägten Kleingastronomie verursacht war. Dafür spricht, dass die Nichtraucherschutzgesetze der seinerzeit bei der Auswertung berücksichtigten Bundesländer (Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hessen) bereits damals die Einrichtung von Raucherräumen für Schank- und Speisewirtschaften erlaubten, aber noch keine Ausnahmeregelung für Einraumgaststätten enthielten, bei denen solche Nebenräume nicht geschaffen werden konnten. Deshalb erscheint es nicht fernliegend, dass die damals für Schankwirtschaften erfassten Umsatzrückgänge vor allem auf solche Gaststätten zurückgehen, die von vornherein nicht die Möglichkeit hatten, Raucherräume einzurichten und mithin vom Rauchverbot wirtschaftlich besonders nachteilig betroffen waren. Dementsprechend findet sich im Urteil des Senats vom 30. Juli 2008 auch nicht die Feststellung einer generell stärkeren Belastung der Schankwirtschaften im Vergleich zu den Speisewirtschaften. Vielmehr hat der Senat spezifische Auswirkungen nur für eine bestimmte Gruppe von Schankwirtschaften zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und besondere wirtschaftliche Nachteile allein für die getränkegeprägte Kleingastronomie bejaht (BVerfGE 121, 317 <363>), die namentlich durch "Eckkneipen" (BVerfG, a.a.O., S. 358) oder "Einraumkneipen" (BVerfG, a.a.O., S. 364) repräsentiert wird. Maßgebend für die vom Senat getroffene Unterscheidung war ausdrücklich nicht allein die Ausrichtung solcher Gaststätten als Schankwirtschaften, sondern - neben der geringeren Zahl von Sitzplätzen - die besondere Gästestruktur, die gegenüber anderen Gastronomiesparten durch eine vergleichsweise hohe Zahl von rauchenden Gästen gekennzeichnet ist (BVerfG, a.a.O., S. 363) und mithin bei einem Rauchverbot existenzbedrohliche Umsatzrückgänge befürchten lässt (BVerfG, a.a.O., S. 365). Es war bereits damals nicht und ist heute noch weniger zu erkennen, dass über diesen speziellen Gaststättentypus hinaus, der in besonderer Weise durch rauchende Stammgäste geprägt wird, Schankwirtschaften im Vergleich mit Speisewirtschaften allgemein von einem Rauchverbot in einem solchen Maße wirtschaftlich stärker betroffen wären, dass dies den völligen Begünstigungsausschluss aller Speisewirtschaften rechtfertigen könnte.

57

In den Materialien zum Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes finden sich zwar Hinweise, die darauf hindeuten, dass sich der Gesetzgeber bei der von ihm vorgenommenen Differenzierung zwischen Schank- und Speisewirtschaften an dem Urteil des Senats vom 30. Juli 2008 (BVerfGE 121, 317) orientieren wollte. So berief sich der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion vor der Hamburgischen Bürgerschaft darauf, dass das Bundesverfassungsgericht "Unterscheidungen der Gastronomiearten in Speisegaststätten und getränkegeprägt" für zulässig gehalten habe, dass "innerhalb der Gruppe jedoch keine Ungleichbehandlungen passieren" dürften (Abg. Harald Krüger, PlProt. 19/42, S. 2622 <2623>). Ähnlich äußerten sich Abgeordnete des Koalitionspartners GAL im Ausschuss für Gesundheit und Verbraucherschutz (vgl. Drucks. 19/4768, S. 3). Hieraus kann sich jedoch ein hinreichender Grund für die unterschiedliche Behandlung beider Gastronomiesparten in § 2 Abs. 4 HmbPSchG schon deshalb nicht ergeben, weil in dem zitierten Urteil das gastronomische Angebot keineswegs generell als geeignetes Differenzierungskriterium bei der Zulassung von Ausnahmen vom Rauchverbot in Gaststätten genannt wird. Der Senat hatte vielmehr das Merkmal des "vorwiegend an Getränken und weniger an Speisen ausgerichtete(n) Angebot(s)" lediglich als eines von mehreren Merkmalen herangezogen, um mit der getränkegeprägten Kleingastronomie den vom Rauchverbot besonders belasteten Typus von Gaststätten zu kennzeichnen (vgl. BVerfGE 121, 317 <363 f.>; oben <2>). Allein in diesem Zusammenhang wurde das unterschiedliche gastronomische Angebot im Folgenden bei der Darstellung der Gestaltungsmöglichkeiten des Gesetzgebers (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 375) und der Formulierung der Zwischenregelung (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 377) wieder aufgenommen.

II.

58

Die in § 2 Abs. 4 Satz 1 HmbPSchG bestimmte Unterscheidung zwischen Schank- und Speisewirtschaften ist eine Berufsausübungsregelung, die als gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Die Verfassungswidrigkeit der Norm führt hier jedoch nicht zu ihrer Nichtigkeit. Es ist lediglich die Unvereinbarkeit der gegenwärtigen Regelung mit dem Grundgesetz festzustellen, weil dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten für die Neuregelung zur Verfügung stehen (vgl. BVerfGE 121, 317 <373 f.> m.w.N.). Es bleibt dem Gesetzgeber überlassen, ob er den festgestellten Gleichheitsverstoß durch eine Ausdehnung der Begünstigung des § 2 Abs. 4 HmbPSchG auf Speisewirtschaften, durch eine nach sachgerechten Kriterien differenzierende Vorschrift oder durch eine grundlegend anders konzipierte Verbotsregelung (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 374) ausräumen will.

III.

59

Mit Blick auf die Berufsfreiheit der Betreibenden von Speisewirtschaften besteht für den Zeitraum bis zu einer gesetzlichen Neuregelung zur Vermeidung weiterer erheblicher wirtschaftlicher Nachteile ein Bedürfnis nach einer Zwischenregelung durch das Bundesverfassungsgericht auf Grundlage des § 35 BVerfGG (vgl. BVerfGE 48, 127 <184>; 84, 9 <21>; 121, 317 <376>). Hierzu wird in Anlehnung an das bisherige Regelungskonzept des Gesetzgebers (vgl. dazu BVerfGE 121, 317 <376>) die geltende Ausnahme vom Rauchverbot durch die Zulassung von Raucherräumen auf solche Gaststätten erstreckt, die zubereitete Speisen anbieten oder über eine entsprechende Erlaubnis nach dem Gaststättengesetz verfügen. Auch für Speisewirtschaften können hiernach unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 Satz 2 HmbPSchG abgeschlossene Raucherräume eingerichtet werden.

Gründe

I.

1

1. Mit Art. 1 Nr. 1 des am 1. März 2010 in Kraft getretenen Gesetzes zur Abwehr alkoholbeeinflusster Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung während der Nachtzeit und zum Schutz vor alkoholbedingten Gesundheitsgefahren (Alkoholverkaufsverbotsgesetz) wurde in das Gesetz über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg (LadÖG BW) folgender § 3a eingefügt:

2

§ 3a

3

Verkauf alkoholischer Getränke

4

(1) In Verkaufsstellen dürfen alkoholische Getränke in der Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr nicht verkauft werden. Hofläden sowie Verkaufsstellen von landwirtschaftlichen Genossenschaften, von landwirtschaftlichen Betrieben und auf Verkehrsflughäfen innerhalb der Terminals dürfen alkoholische Getränke abweichend von Satz 1 verkaufen.

5

(2) § 3 Abs. 4 gilt entsprechend.

6

(3) Auf Antrag der Gemeinden können die Regierungspräsidien örtlich und zeitlich beschränkte Ausnahmen vom Verbot nach Absatz 1 zulassen, wenn dabei die mit dem Gesetz verfolgten öffentlichen Belange gewahrt bleiben. Das Nähere wird durch Verwaltungsvorschrift der Landesregierung bestimmt.

7

Nach der Begründung des zugrunde liegenden Gesetzentwurfs der Landesregierung dient das Alkoholverkaufsverbotsgesetz dem Ziel, alkoholbeeinflussten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im öffentlichen Raum während der Nachtzeit entgegenzutreten sowie Gesundheitsgefahren zu begegnen, die mit einem übermäßigen Alkoholkonsum infolge des auch in den Nachtstunden jederzeit möglichen Erwerbs von Alkohol in Verkaufsstellen verbunden sind (vgl. LTDrucks. 14/4850, S. 1).

8

2. Die Beschwerdeführerin betreibt in Baden-Württemberg eine Tankstelle, die sie ebenso wie den zugehörigen "Tankshop" gepachtet hat. Im "Tankshop" verkauft sie im Namen der Verpächterin als selbständige Handelsvertreterin Agenturwaren, unter anderem auch alkoholische Getränke. Seit Inkrafttreten des Alkoholverkaufsverbotsgesetzes hat sie ihren eigenen Angaben zufolge deutliche Umsatzeinbußen in diesem Warensegment hinnehmen müssen. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt sie die Verletzung ihres Grundrechts auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG.

II.

9

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht erfüllt sind. Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu; denn die für den vorliegenden Fall maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (zu Art. 12 Abs. 1 GG: vgl. etwa BVerfGE 115, 276 <300 ff.>; hinsichtlich der Maßstäbe für die Bindung des Gesetzgebers an Art. 3 Abs. 1 GG und die Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht: vgl. etwa BVerfGE 101, 239 <269>; 122, 151 <174>). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Verfassungsrechte angezeigt; denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Die angegriffene Bestimmung des Alkoholverkaufsverbotsgesetzes verletzt die Beschwerdeführerin nicht in Verfassungsrechten.

10

1. Das durch Art. 1 Abs. 1 des Alkoholverkaufsverbotsgesetzes mit Einfügung des § 3a LadÖG BW angeordnete zeitlich begrenzte Verbot des Alkoholverkaufs verstößt nicht gegen die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit der Berufsausübung der Beschwerdeführerin.

11

a) Die freie Berufsausübung wird durch Art. 12 Abs. 1 GG umfassend geschützt (vgl. BVerfGE 85, 248 <256>). Der Schutz erstreckt sich auch auf das Recht, Art und Qualität der am Markt angebotenen Güter und Leistungen selbst festzulegen (vgl. BVerfGE 106, 275 <299>), den Kreis der angesprochenen Interessenten selbst auszuwählen (vgl. BVerfGE 121, 317 <345>) und damit insgesamt über die Umstände ihres Angebots selbst zu befinden. Das Verkaufsverbot nach § 3a LadÖG BW stellt hiernach einen Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit dar; denn der Beschwerdeführerin wird die Möglichkeit genommen, innerhalb der gesetzlich zulässigen Ladenöffnungszeiten selbst darüber zu entscheiden, zu welchen Zeiten sie alkoholische Getränke verkaufen will.

12

b) Ein Eingriff in die Berufsfreiheit bedarf gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG stets einer gesetzlichen Grundlage (vgl. BVerfGE 15, 226 <231>; 82, 209 <224>), die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Normen genügt. Die eingreifende Vorschrift muss kompetenzgemäß erlassen worden sein, durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (vgl. BVerfGE 95, 193 <214>). Daran gemessen ist die angegriffene gesetzliche Regelung nicht zu beanstanden.

13

aa) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin entspricht die Regelung der Kompetenzordnung der Verfassung. Eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 70 Abs. 2 i.V.m. Art. 73 GG) ist nicht gegeben. Der Bundesgesetzgeber hat auch nicht von einer ihm zustehenden konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz in der Weise Gebrauch gemacht, dass dem Bundesland Baden-Württemberg der Erlass des Alkoholverkaufsverbotsgesetzes verwehrt wäre (Art. 72 Abs. 1 GG). Das zeitlich begrenzte Verbot des Verkaufs alkoholischer Getränke stellt sich als Regelung zur Gefahrenabwehr dar. Nach der erklärten Zielsetzung des Landesgesetzgebers ebenso wie nach seinem objektiven Regelungsgehalt soll in erster Linie dem Alkoholmissbrauch und den mit diesem verbundenen Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung begegnet werden. Daneben dient die Regelung durch die bezweckte Verhinderung übermäßigen Alkoholgenusses auch dem Gesundheitsschutz. Während das Gefahrenabwehrrecht in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder fällt, hat der Bund im Bereich des Lebensmittelrechts mit dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch Regelungen auf der Grundlage des Art. 74 Abs. 1 Nr. 20 GG getroffen, denen auch alkoholische Getränke unterfallen. Indes hat der Bund mit dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch von seiner Kompetenz nicht in einer Weise Gebrauch gemacht, die landesrechtliche Regelungen zur Bekämpfung der besonderen Gesundheitsgefahren ausschließt, die infolge von Alkoholmissbrauch entstehen. Zutreffend wird in den Gesetzesmaterialien vielmehr darauf hingewiesen, dass das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - insbesondere angesichts der ihm zugrunde liegenden europarechtlichen Vorgaben - nur der Abwehr von Gefahren bei "bestimmungsgemäßen Gebrauch" eines Lebensmittels dienen soll (vgl. LTDrucks. 14/4850, S. 9).

14

bb) Die angegriffene Regelung des Alkoholverkaufsverbotsgesetzes trägt auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung.

15

(1) Das Alkoholverkaufsverbotsgesetz untersagt für den Zeitraum von 22 Uhr bis 5 Uhr den Verkauf von Alkoholika und regelt damit lediglich die Modalitäten der Berufsausübung. Diese Berufsausübungsregelung hat auch nicht etwa aufgrund ihrer Intensität eine Rückwirkung auf die Freiheit der Berufswahl. Sie berührt zwar - weil mit dem nächtlichen Alkoholverkaufsverbot erhebliche Umsatzeinbußen für die betroffenen Verkaufsstellen verbunden sein können - die Ebene der Rentabilität einer beruflichen Tätigkeit. Da das Verbot aber nur einen Teil des Warensortiments und diesen auch nur für einen auf mehrere Nachtstunden begrenzten Zeitraum betrifft, sind Bedrohungen der wirtschaftlichen Existenz der Betreiber von Verkaufsstellen nicht dessen typische Folge.

16

Demgegenüber stellen die Eindämmung der mit Alkoholmissbrauch verbundenen Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung wie die Eindämmung der Gesundheitsgefahren gewichtige Gemeinwohlziele dar. Dabei ist insbesondere die Annahme des Gesetzgebers, dass die jederzeitige Möglichkeit des Erwerbs alkoholischer Getränke Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung schafft, weil Personen mit problematischem Trinkverhalten durch die uneingeschränkte Konsummöglichkeit vermehrt zu Straftaten und Ordnungswidrigkeiten neigen, angesichts seines Einschätzungsspielraums aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

17

Der Umstand, dass durch zahlreiche Präventionsmaßnahmen und Kampagnen bereits Erfolge erzielt werden konnten, stellt die Legitimität einer Gesetzgebung, die auf eine weitergehende Eindämmung des Alkoholmissbrauchs abzielt, nicht in Frage. Auch weist der Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung für 2009 nicht nur darauf hin, dass nach einer Erhebung der Anteil der Jugendlichen, die in den letzten 30 Tagen mindestens ein Mal Rauschtrinken (sog. "binge drinking") praktiziert hätten, immer noch bei 20,4 % liege. Der Bericht zeigt vielmehr auch auf, dass das unter dem Schlagwort "Komasaufen" bekanntgewordene problematische Trinkverhalten keineswegs rückläufig ist. So habe sich die Zahl der alkoholbedingten Krankenhauseinweisungen von Kindern und Jugendlichen in den letzten fünf Jahren verdoppelt.

18

(2) Die angegriffenen Regelungen sind auch zur Zweckerreichung geeignet, weil mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann (vgl. BVerfGE 63, 88 <115>; 67, 157 <175>; 96, 10 <23>; 103, 293 <307>; 115, 276 <308>). Dem Gesetzgeber kommt auch insoweit ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu (vgl. BVerfGE 25, 1 <17, 19 f.>; 77, 84 <106 f.>; 115, 276 <308>). Ihm obliegt es, unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will (vgl. BVerfGE 103, 293 <307>; 115, 276 <308>). Wird der Gesetzgeber zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig, so belässt ihm die Verfassung bei der Prognose und Einschätzung der in den Blick genommenen Gefährdung einen Beurteilungsspielraum, der vom Bundesverfassungsgericht bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung zu beachten ist. Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen sein können (vgl. BVerfGE 77, 84 <106>; 110, 141 <157 f.>; 117, 163 <183>).

19

Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die Annahme des Gesetzgebers, dass die tageszeitliche Einschränkung der Erwerbsmöglichkeiten zu einer Verringerung der mit einem missbräuchlichen Konsumverhalten einhergehenden Gefahren führt, nicht zu beanstanden. Zwar ist nicht auszuschließen, dass es in einem gewissen Umfang zu einer verstärkten Bevorratung in dem Zeitraum vor Geltung des Verkaufsverbots ab 22 Uhr kommen kann. Dies stellt jedoch die Einschätzung des Gesetzgebers nicht grundsätzlich in Frage. So erscheint insbesondere die Annahme naheliegend, dass die Entscheidung zum Erwerb weiterer Alkoholika gerade bei jungen Menschen oftmals erst nach bereits begonnenem Konsum spontan sowie stimmungs- und bedürfnisorientiert erfolgt und daher durch eine Begrenzung der zeitlichen Verfügbarkeit auch die Entstehung von Szenetreffs und der vermehrte Alkoholkonsum an solchen Orten eingedämmt werden können.

20

Die Eignung des Eingriffs wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass § 3a Abs. 3 LadÖG BW Ausnahmen insbesondere für Märkte und Volksfeste ermöglicht und trinkbereite Personen diese anstelle anderer Verkaufsstellen zum Erwerb von Alkoholika nutzen können. Zwar mag es zutreffen, dass in Ermangelung einer Erwerbsmöglichkeit an den nicht privilegierten Verkaufsstellen eine örtliche Verlagerung des Alkoholerwerbs eintritt. Indes zeichnen sich die durch die Ausnahmeregelung privilegierten Verkaufsstellen gerade dadurch aus, dass aufgrund der typischerweise erhöhten Präsenz von Ordnungskräften und der regelmäßig dichteren sozialen Kontrolle zumindest die Begleiterscheinungen übermäßigen Alkoholkonsums nicht in gleichem Maße auftreten wie beim vergleichsweise anonymen Verkauf in nicht privilegierten Verkaufsstellen wie Tankstellen, Supermärkten und Kiosken. Soweit es sich um den Alkoholerwerb bei Weinproben, in Gaststätten und auf Volksfesten, Märkten und ähnlichem handelt, kommt hinzu, dass dort der Konsum regelmäßig unmittelbar vor Ort erfolgt und bereits deshalb die Herausbildung von Szenetreffs im Umfeld nicht naheliegt.

21

(3) Ebenso wie bei der Frage der Geeignetheit verfügt der Gesetzgeber auch bei der Einschätzung der Erforderlichkeit über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfGE 102, 197 <218>; 115, 276 <309>). Infolge dieser Einschätzungsprärogative können Maßnahmen, die der Gesetzgeber zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts wie der Abwendung der Gefahren, die mit der jederzeitigen Verfügbarkeit alkoholischer Getränke verbunden sind, für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn nach den dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, zwar die gleiche Wirksamkeit versprechen, indessen die Betroffenen weniger belasten (vgl. BVerfGE 25, 1 <12, 19 f.>; 40, 196 <223>; 77, 84 <106>; 115, 276 <309>).

22

Derartige mildere Mittel sind vorliegend nicht ersichtlich, insbesondere fehlt es den von der Beschwerdeführerin vorgeschlagenen Maßnahmen an einer vergleichbaren Wirksamkeit. Eine Beschränkung des Verkaufsverbots auf bestimmte Arten alkoholischer Getränke etwa anhand ihres Alkoholgehalts ist ersichtlich weniger wirksam als ein striktes, auch Getränke mit niedrigem Alkoholgehalt umfassendes Verkaufsverbot. Der Landesgesetzgeber konnte aufgrund der ihm zugänglichen und in der Gesetzesbegründung dargelegten Informationen zur Verteilung des Umsatzes mit alkoholischen Getränken im Zeitraum zwischen 22 Uhr und 24 Uhr sowie der Einsatzstatistik der Polizei und der Daten zur Einlieferung von Personen mit Alkoholintoxikationen in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ferner davon ausgehen, dass ein etwa erst ab 24 Uhr geltendes Alkoholverkaufsverbot nicht in gleichem Maße wirksam wäre. Dasselbe gilt für ein einzelfallbezogenes Vorgehen auf der Grundlage des Polizeirechts, das voraussetzt, dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bereits eingetreten ist. Maßnahmen nach dem Jugendschutzgesetz wiederum erfassen mit Kindern und Jugendlichen nur einen Teil der Konsumenten, auf deren problematischen Alkoholkonsum das Alkoholverkaufsverbotsgesetz Einfluss nehmen soll. Lokal begrenzte Alkoholkonsumverbote in Form von Polizeiverordnungen sind ebenfalls nicht in gleichem Maße wirksam, weil sie bei fortbestehender Erwerbsmöglichkeit an anderen Verkaufsstellen zu einer örtlichen Problemverlagerung führen können, die bei der Verbindung von Alkoholkonsum und Teilnahme am Straßenverkehr zudem mit weiteren Gefährdungen verbunden ist.

23

(4) Der Eingriff in der Berufsfreiheit ist schließlich auch nicht übermäßig belastend und der Beschwerdeführerin nicht unzumutbar. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist (vgl. BVerfGE 113, 167 <260>).

24

Die angegriffene Regelung des § 3a LadÖG BW steht in einem angemessenen Verhältnis zu den grundrechtlich geschützten Belangen der Beschwerdeführerin. Das zeitlich begrenzte nächtliche Alkoholverkaufsverbot dient dem Schutz hochrangiger Gemeinschaftsgüter. Auf der anderen Seite beschränken sich die Auswirkungen des Eingriffs, der auf der Ebene der Berufsausübung verbleibt, auf eine Verringerung des Umsatzes aus dem Betrieb namentlich von "Tankstellenshops", wobei nach Angaben der Beschwerdeführerin der Umsatz der Tankstellenshops in Baden-Württemberg nach Inkrafttreten des Alkoholverkaufsverbotsgesetzes um rund 3 % hinter der Umsatzentwicklung solcher Verkaufsstellen im restlichen Bundesgebiet zurückgeblieben ist.

25

(5) Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Nichtraucherschutz (vgl. BVerfGE 121, 317 <362 ff.>). Soweit dort im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung die folgerichtige Umsetzung eines gewählten Schutzkonzepts hinsichtlich identischer Gefährdungen gefordert wird, ist bereits die Ausgangssituation nicht mit der vorliegenden vergleichbar. In der benannten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass Gefahreneinschätzungen nicht schlüssig seien, wenn identischen Gefährdungen in demselben Gesetz unterschiedliches Gewicht beigemessen werde (vgl. BVerfGE 121, 317 <362 f.> unter Bezugnahme auf BVerfGE 107, 186 <197>). Im Falle des Alkoholverkaufsverbotsgesetzes hat der Landesgesetzgeber Ausnahmen vom nächtlichen Verkaufsverbot für bestimmte privilegierte Verkaufsstellen vorgesehen, weil er diesen gerade kein identisches Gefährdungspotential beimaß. Die Annahme des Landesgesetzgebers, dass mit dem nächtlichen Alkoholverkauf an privilegierten Verkaufsstellen keine vergleichbare Gefährdung verbunden ist, ist auch nicht zu beanstanden. Sämtlichen privilegierten Verkaufsstellen ist gemein, dass regelmäßig nicht nur der Erwerb, sondern gerade der Konsum der alkoholischen Getränke in einem Umfeld stattfindet, das durch einen höheren Grad an sozialer Kontrolle und teilweise auch der Kontrolle durch anwesende Ordnungskräfte gekennzeichnet ist. Demgegenüber findet beim Erwerb von Alkoholika in Tankstellen und Supermärkten der nachfolgende Konsum häufig an Örtlichkeiten im öffentlichen Raum an so genannten Szenetreffs statt, an denen sich die Konsumenten gerade keiner derartigen Kontrolle ausgesetzt fühlen. Die Annahme, dass dies die Hemmschwelle zur Begehung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten senkt, erscheint nicht fehlsam. Die Differenzierung des Gesetzgebers anhand dieses Maßstabs ist ohne weiteres nachvollziehbar für die Verkaufsstellen auf Verkehrsflughäfen innerhalb der Terminals wie auch für die durch § 3a Abs. 3 LadÖG BW eröffnete Möglichkeit der Zulassung von örtlich und zeitlich beschränkten Ausnahmen etwa für Volksfeste. Hinsichtlich der vom Verkaufsverbot ausgenommenen Hofläden sowie Verkaufsstellen von landwirtschaftlichen Genossenschaften und Betrieben erklärt sich die Ausnahmeregelung aus der im Gesetzgebungsverfahren zutage getretenen Erwägung, dass es insbesondere Weinbaubetrieben und Winzergenossenschaften im Anschluss an regelmäßig abends stattfindende Probeverköstigungen ermöglicht werden soll, die so beworbenen Produkte zur Mitnahme zu verkaufen. Bei typisierender Betrachtungsweise konnte der Landesgesetzgeber davon ausgehen, dass nicht nur aufgrund des angesprochenen Abnehmerkreises, sondern auch aufgrund der besonderen Form der Verköstigung eine Gefahr der Bildung von Szenetreffs durch einen nachfolgenden gemeinsamen Konsum der erworbenen Produkte im öffentlichen Raum nicht naheliegt.

26

Aufgrund der unterschiedlichen Begleitumstände des Konsums erscheint das gewählte Schutzkonzept des Landesgesetzgebers auch nicht insoweit widersprüchlich, als er mit der Verordnung der Landesregierung zur Ausführung des Gaststättengesetzes (Gaststättenverordnung - GastVO) die Sperrzeiten für Gaststätten nach § 9 GastVO auf 5 Uhr bis 6 Uhr an Wochenenden (zuvor: 3 Uhr bis 6 Uhr) und von 3 Uhr bis 6 Uhr unter der Woche (zuvor: 2 Uhr bis 6 Uhr) verkürzt hat. Dass das nächtliche Verkaufsverbot für Alkohol Teil eines Gesamtkonzepts zur Eindämmung des Alkoholmissbrauchs ist, zeigt sich auch an dem mit Art. 2 des Alkoholverkaufsverbotsgesetzes eingeführten § 2 des Landesgaststättengesetzes (LGastG), der ein ausdrückliches Verbot von Angebotsformen regelt, die Alkoholmissbrauch oder übermäßigen Alkoholkonsum fördern.

27

2. Das angegriffene Alkoholverkaufsverbot verletzt die Beschwerdeführerin auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 116, 164 <180>). Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will. Der Gesetzgeber muss allerdings eine Auswahl sachgerecht treffen (vgl. BVerfGE 53, 313 <329>; 75, 108 <157>). Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder anderweitig einleuchtender Grund für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl. BVerfGE 55, 114 <128>; stRspr). Ein sachlicher Grund für die vorgenommene Differenzierung von privilegierten und nicht privilegierten Verkaufsstellen liegt aber gerade in dem nachvollziehbar begründeten unterschiedlichen Potential der Verkaufsstellen, zur Bildung von Szenetreffs und missbräuchlichem Alkoholkonsum und den mit diesem verbundenen gefährlichen Begleiterscheinungen beizutragen.

28

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

1. § 2 Absatz 4 des Hamburgischen Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens in der Öffentlichkeit (Hamburgisches Passivraucherschutzgesetz - HmbPSchG) vom 11. Juli 2007 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 211), zuletzt geändert am 15. Dezember 2009 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 506), ist mit Artikel 12 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit die Vorschrift Gaststätten, die zubereitete Speisen anbieten oder über eine entsprechende Erlaubnis nach § 3 des Gaststättengesetzes in der Fassung vom 20. November 1998 (Bundesgesetzblatt I Seite 3418), zuletzt geändert am 7. September 2007 (Bundesgesetzblatt I Seite 2246 <2257>), verfügen, von der Möglichkeit ausnimmt, abgeschlossene Räume einzurichten, in denen das Rauchen gestattet ist.

2. Bis zu einer Neuregelung gilt die Vorschrift mit der Maßgabe fort, dass sie auch auf Gaststätten anzuwenden ist, die zubereitete Speisen anbieten oder über eine entsprechende Erlaubnis nach § 3 des Gaststättengesetzes in der Fassung vom 20. November 1998 (Bundesgesetzblatt I Seite 3418), zuletzt geändert am 7. September 2007 (Bundesgesetzblatt I Seite 2246 <2257>), verfügen.

Gründe

A.

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob es mit Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, dass das Hamburgische Passivraucherschutzgesetz als Ausnahme von dem generell in Gaststätten geltenden Rauchverbot die Einrichtung von Raucherräumen für Schankwirtschaften erlaubt, diese Begünstigung jedoch Speisewirtschaften vorenthält.

I.

2

1. a) Durch § 2 Abs. 1 des Hamburgischen Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens in der Öffentlichkeit (Hamburgisches Passivraucherschutzgesetz - HmbPSchG) vom 11. Juli 2007 (GVBl S. 211), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes vom 15. Dezember 2009 (GVBl S. 506), wird das Rauchen in Gaststätten sowie in zahlreichen anderen öffentlich zugänglichen Einrichtungen verboten. Die Vorschrift lautet auszugsweise:

3

§ 2

4

Rauchverbot

5

(1) Das Rauchen ist nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 verboten in

6

1. bis 8 ...

7

9. Einrichtungen, in denen Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden (Gaststätten), einschließlich Gaststätten, die in der Betriebsart Diskothek geführt werden.

8

10. bis 12. ...

9

(2) bis (8) ...

10

Vom Rauchverbot ausgenommen sind Gaststätten mit nur einem Gastraum und einer Gastfläche von weniger als 75 m 2 , die keine zubereiteten Speisen anbieten und nicht über eine entsprechende gaststättenrechtliche Erlaubnis verfügen (§ 2 Abs. 5 HmbPSchG).

11

§ 2 Abs. 4 HmbPSchG erlaubt für Gaststätten, in denen keine zubereiteten Speisen angeboten werden und die nicht über eine entsprechende gaststättenrechtliche Erlaubnis verfügen, die Einrichtung von Raucherräumen. Die Vorschrift lautet:

12

(4) In Gaststätten gemäß Absatz 1 Nummer 9, die keine zubereiteten Speisen anbieten und nicht über eine entsprechende Erlaubnis nach § 3 des Gaststättengesetzes in der Fassung vom 20. November 1998 (BGBl. I S. 3419), zuletzt geändert am 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246, 2257), verfügen, können abgeschlossene Räume eingerichtet werden, in denen das Rauchen gestattet ist. Voraussetzung hierfür ist, dass

13

1. diese Räume baulich so wirksam abgetrennt werden, dass eine Gefährdung anderer durch Passivrauchen ausgeschlossen wird und die Raucherräume belüftet werden,

14

2. der Zutritt Personen unter 18 Jahren verwehrt ist und

15

3. diese Räume nicht größer sind als die übrige Gastfläche.

16

In ähnlicher Weise wie § 2 Abs. 4 HmbPSchG erlaubt § 2 Abs. 3 HmbPSchG, dass in anderen Einrichtungen, für die grundsätzlich das Rauchverbot gilt (z.B. Behörden, Krankenhäusern, Wohneinrichtungen, Hochschulen, Sporthallen und Justizvollzugsanstalten), Raucherräume eingerichtet werden. Zu den Voraussetzungen gehört auch hier, dass "in diesen Räumen keine zubereiteten Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden" (§ 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 HmbPSchG).

17

Die Betreibenden von Gaststätten sind verantwortlich für die Einhaltung des Verbots und müssen, wenn ihnen ein Verstoß bekannt wird, die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um weitere Verstöße zu verhindern (§ 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 HmbPSchG). Wer dieser Pflicht nicht nachkommt, handelt ordnungswidrig (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 HmbPSchG).

18

b) Eine vergleichbare Regelung zur Zulassung von Raucherräumen in Gaststätten findet sich in anderen Ländern nicht. Während in Bayern und im Saarland ein striktes Rauchverbot in Gaststätten gilt und damit die Einrichtung von Raucherräumen dort ohnehin unzulässig ist, lassen alle anderen Länder das Rauchen in gesonderten Räumen unter besonderen Voraussetzungen zu, ohne danach zu unterscheiden, ob in den jeweiligen Gaststätten zubereitete Speisen angeboten werden oder nicht.

19

2. Bereits in seiner ursprünglichen Fassung vom 11. Juli 2007 (GVBl S. 211) sah das Hamburgische Passivraucherschutzgesetz als Ausnahme vom geltenden Rauchverbot die Möglichkeit vor, in Gaststätten und verschiedenen anderen Einrichtungen Raucherräume zu schaffen. Voraussetzung war, dass diese Räume baulich so wirksam abgetrennt wurden, dass eine Gefährdung anderer durch Passivrauchen ausgeschlossen war und dass die Raucherräume belüftet und ausdrücklich gekennzeichnet waren (§ 2 Abs. 3 HmbPSchG a.F.). Zwischen Speise- und Schankwirtschaften wurde dabei nicht differenziert. Eine Ausnahmeregelung für getränkegeprägte Kleingastronomie enthielt das Gesetz damals noch nicht.

20

Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 30. Juli 2008 (BVerfGE 121, 317) Regelungen der Länder Baden-Württemberg und Berlin über Rauchverbote in Gaststätten für mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt hatte, weil sie die getränkegeprägte Kleingastronomie unverhältnismäßig belasteten, befasste sich der Landesgesetzgeber mit hiernach gebotenen Anpassungen des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes. Zwischen den damaligen Regierungsfraktionen bestanden zunächst unterschiedliche Vorstellungen über eine Neuregelung: Während in der CDU-Fraktion mehrheitlich weitgehende Ausnahmetatbestände vom Rauchverbot in Gaststätten befürwortet wurden, trat die Grün-Alternative Liste (GAL) für ein striktes Rauchverbot ohne Ausnahmen ein. Unter dem 25. November 2009 legten die Regierungsfraktionen der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg schließlich den gemeinsamen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes vor (Drucks 19/4713), der in der Folgezeit zu der hier gegenständlichen Gesetzesfassung führte. Zur Begründung des Gesetzantrags wird knapp auf die Notwendigkeit einer Anpassung des Gesetzes an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts verwiesen. Weiter heißt es, dem generellen Ziel des Schutzes vor den Gefahren des Passivrauchens solle unverändert Rechnung getragen werden, es sollten aber auch die Interessen der Gastronomie Berücksichtigung finden.

II.

21

1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: die Klägerin) betreibt eine Gaststätte auf einem in Hamburg an der Autobahn A 7 gelegenen Autohof. Neben einer Gaststube mit einer Fläche von 70 m 2 umfasst die Gaststätte noch einen 33 m 2 großen "Clubraum". Für diese Gaststätte ist die Klägerin im Besitz einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft mit dem Ausschank von Getränken aller Art und der Abgabe von Speisen.

22

Im Juni 2010 beantragte sie beim zuständigen Bezirksamt eine Ausnahmegenehmigung vom Rauchverbot, um den Clubraum als Raucherraum auszuweisen. 80 % ihrer Gäste seien Lkw-Fahrer; diese seien fast alle Raucher. Schon bei Einführung der ursprünglichen Fassung des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes sei es für ihre Gaststätte zu Umsatzeinbußen von bis zu 20 % gekommen. Das nun eingeführte komplette Rauchverbot in Speisewirtschaften bedrohe ihre wirtschaftliche Existenz. Es seien Umsatzeinbußen von etwa 60 % zu erwarten. Die Kundschaft der Lkw-Fahrer würde fast komplett wegbrechen. Dies werde dadurch begünstigt, dass die umliegenden Länder die Einrichtung von Raucherräumen erlaubten und die Lkw-Fahrer sehr mobil seien.

23

Das Bezirksamt lehnte den Erlass einer Ausnahmegenehmigung ab; die gesetzliche Regelung gelte ausnahmslos, eine Ausnahme für Speisewirtschaften sei nicht vorgesehen. Nachdem auch der Widerspruch der Klägerin ohne Erfolg blieb, begehrt die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht festzustellen, dass sie berechtigt sei, einen bestimmten näher bezeichneten Raum ihrer Gaststätte als Raucherraum auszuweisen und zu betreiben.

24

2. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 2 Abs. 4 HmbPSchG mit Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, soweit nach dieser Regelung Gaststätten, die zubereitete Speisen anbieten oder über eine entsprechende Erlaubnis nach § 3 des Gaststättengesetzes (GastG) verfügen, anders als Schankwirtschaften (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GastG) keine abgeschlossenen Räume einrichten dürfen, in denen das Rauchen gestattet ist.

25

Die Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 4 HmbPSchG sei entscheidungserheblich. Wenn die Vorschrift verfassungsgemäß sei, sei die Klage abzuweisen; denn in der Gaststätte der Klägerin würde dann das Rauchverbot absolut gelten, und die Klägerin dürfte keinen Raucherraum betreiben. Wenn die Vorschrift verfassungswidrig sei, bestehe für sie dagegen zumindest die Chance, eine für sie günstigere Regelung durch den Gesetzgeber und damit einen Erfolg der Feststellungsklage zu erreichen. Die Feststellungsklage sei zulässig und bis auf die Tatsache, dass die Klägerin eine Speise- und keine Schankwirtschaft betreibe, begründet. Es bestehe keine Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung. Der eindeutige Wortlaut der Vorschrift schließe eine Interpretation dahingehend aus, dass auch in Speisewirtschaften abgeschlossene Raucherräume eingerichtet werden dürften. Zwar würde die Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs. 4 HmbPSchG nicht unmittelbar dazu führen, dass die Klägerin einen abgeschlossenen Raucherraum einrichten dürfte. Für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage genüge in den Fällen eines gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses jedoch bereits die Chance, eine günstigere Regelung zu erreichen.

26

Seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs. 4 HmbPSchG begründet das Verwaltungsgericht unter Verweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juli 2008 (BVerfGE 121, 317). Das Rauchverbot in Gaststätten greife in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin ein. Dieser Eingriff sei nicht gerechtfertigt; denn die Ausgestaltung der Ausnahme vom Rauchverbot gemäß § 2 Abs. 4 HmbPSchG verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil im Hinblick auf diese Ausnahme Speisewirtschaften ohne sachliche Rechtfertigung anders als Schankwirtschaften behandelt würden.

III.

27

Zu der Vorlage haben das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, das Statistische Bundesamt, das Deutsche Krebsforschungszentrum und namens des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA Bundesverband) dessen Landesverband Hamburg Stellung genommen. Der Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung, die Bürgerschaft und der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg sowie die Beteiligten des Ausgangsverfahrens haben von Stellungnahmen abgesehen.

28

1. Der Präsident des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts teilt mit, dass das Gericht mit den im Aussetzungs- und Vorlagebeschluss aufgeworfenen Fragen zur Verfassungswidrigkeit des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes bisher nicht befasst gewesen sei.

29

2. Das Statistische Bundesamt teilt mit, dass sich seit 2007 die Umsätze in der getränkegeprägten Gastronomie (Schankwirtschaften, Diskotheken und Tanzlokale, Bars, Vergnügungslokale, sonstige getränkegeprägte Gastronomie) deutlich schlechter als in der speisengeprägten Gastronomie (Restaurants mit herkömmlicher Bedienung, Restaurants mit Selbstbedienung, Imbissstuben, Cafés, Eissalons) entwickelt hätten. Die Umsätze in beiden Wirtschaftszweigen seien bezogen auf das Basisjahr 2005 gesunken, und zwar verstärkt seit Januar 2007. Zu diesem Zeitpunkt sei der Mehrwertsteuersatz erhöht worden. In der getränkegeprägten Gastronomie seien die Umsätze seit Januar 2007 stärker zurückgegangen als in der speisengeprägten Gastronomie; so seien etwa im August 2010 bei den realen Umsatzmesszahlen im Vergleich zu 2005 für die getränkegeprägte Gastronomie nur noch 76,0 % gegenüber 85,6 % für die speisengeprägte Gastronomie erreicht worden. Erst im Laufe des Jahres 2009 habe sich der Trend in beiden Bereichen mit zuletzt 77,1 % beziehungsweise 86,6 % im September 2011 stabilisiert.

30

Zu der Frage, ob es bei der Umsatzentwicklung Unterschiede zwischen kleinen Einraumgaststätten und größeren Gaststätten gebe, konnte das Statistische Bundesamt keine Aussagen treffen. Wegen der verschiedenen Regelungen in den einzelnen Ländern und der unterschiedlichen Zeitpunkte deren In- und Außerkrafttretens sah sich das Statistische Bundesamt zudem nicht in der Lage abzuschätzen, inwieweit landesspezifische Regelungen zum Rauchverbot für die beschriebene Entwicklung ursächlich waren. Damit unterscheide sich die Lage von derjenigen zum Zeitpunkt der Anfrage des Bundesverfassungsgerichts in dem der Entscheidung des Senats vom 30. Juli 2008 (BVerfGE 121, 317) zugrunde liegenden Verfahren. Bei der für dieses Verfahren abgegebenen Stellungnahme sei es für einen bestimmten Zeitraum im Jahr 2007 möglich gewesen, die Länder eindeutig in solche mit gleichartigen Passivraucherschutzgesetzen und solche gänzlich ohne entsprechende Regelungen einzuteilen.

31

3. Das Deutsche Krebsforschungszentrum teilt mit, dass es aus wissenschaftlicher Sicht keinen Unterschied mache, ob die Schadstoffe, die im Tabakrauch enthalten seien, in einer Schankwirtschaft oder in einem Speiserestaurant eingeatmet würden. Sie seien in jedem Fall gesundheitsschädlich und krebserregend, insbesondere für die Beschäftigten. Der "Kompromiss", in Speisegaststätten das Rauchen zu verbieten und es in Getränkegaststätten zuzulassen, gehe auf ein Positionspapier der Tabakindustrie aus dem Jahr 2005 zurück. Er widerspreche den Erkenntnissen der Krebsforschung und dem Vorrang des Gesundheitsschutzes vor wirtschaftlichen Erwägungen.

32

4. Für den DEHOGA Bundesverband hat sich dessen Landesverband Hamburg geäußert. Er differenziert in seiner Stellungnahme zwischen drei Typen von Gaststätten: (1.) reinen Schankwirtschaften, (2.) Speisewirtschaften, die getränkeorientiert seien, aber auch einfache Speisen oder eine kleine Speisekarte anböten, und (3.) Restaurants, bei denen das Speisenangebot deutlich im Vordergrund stehe.

33

Es gebe in Hamburg nur relativ wenige Gaststätten, die völlig auf die Abgabe von Speisen verzichteten; allenfalls handele es sich um 60 bis 80 Betriebe. Solche Betriebe, die schon immer auf die Abgabe von Speisen verzichtet hätten, dürften nur in geringem Umfang von der gesetzlichen Neuregelung betroffen sein. Etwas anders stelle sich die Situation für solche Gaststätten dar, bei denen erst in Reaktion auf die gesetzliche Neuregelung die Abgabe von Speisen eingestellt worden sei. Hier sei der Speisenumsatz ersatzlos weggefallen, ohne dass in nennenswertem Umfang neue Gäste, nämlich rauchende Gäste und deren Begleitung, hätten gewonnen werden können.

34

Die Betreibenden getränkeorientierter Speisewirtschaften klagten regelmäßig darüber, dass ihr Umsatz nach der Novellierung des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes drastisch zurückgegangen sei. Teils werde über Umsatzrückgänge von 30 % bis 50 % berichtet. Dies werde in erster Linie auf das Rauchverbot zurückgeführt. Für Gruppen mit rauchenden Gästen sei es unattraktiver geworden, solche Gaststätten aufzusuchen; denn die Notwendigkeit, zum Rauchen die Gaststätte zu verlassen, werde als Störung des kommunikativen Miteinanders empfunden. Die Verweildauer der Gäste habe sich erheblich verkürzt. Außerdem wichen Gäste in den Außenbezirken Hamburgs auf Gaststätten in den benachbarten Ländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen aus.

35

Bei "klassischen" Restaurants seien die Klagen über Umsatzrückgänge weniger ausgeprägt. Zwar werde auch dort immer wieder mitgeteilt, dass sich die Aufenthaltsdauer der Gäste gerade in der kälteren Jahreszeit verkürzt habe, vereinzelt werde allerdings auch berichtet, dass es einen Zuwachs an Gästen gebe, die den rauchfreien Essensgenuss zu schätzen wüssten.

B.

36

Die Vorlage ist zulässig. Insbesondere hat das vorlegende Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs. 4 HmbPSchG unter Hinweis auf die Ausführungen des Senats in seinem Urteil vom 30. Juli 2008 zu einem gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss bei der Zulassung von Raucherräumen (dort für Diskotheken; vgl. BVerfGE 121, 317 <368 ff.>) hinreichend dargelegt. Auf dieser Grundlage sind dem Vorlagebeschluss auch die - gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG erforderlichen - hinreichenden Darlegungen zur Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage zu entnehmen. Ist das vorlegende Gericht - wie hier - der Überzeugung, dass die zur Prüfung gestellte Norm das in Art. 3 Abs. 1 GG verbürgte Grundrecht oder einen speziellen Gleichheitssatz verletzt, reicht es für die Feststellung der Entscheidungserheblichkeit aus, dass die Verfassungswidrigerklärung der Norm der im Ausgangsverfahren klagenden Partei die Chance offen hält, eine für sie günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen (vgl. BVerfGE 121, 108 <115> m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall; denn der Gesetzgeber kann den vom vorlegenden Gericht angenommenen Gleichheitsverstoß zwar auf verschiedenen Wegen heilen, sich hierbei aber auch für die Möglichkeit entscheiden, die Begünstigung in Gestalt der Zulassung von Raucherräumen auf Speisegaststätten zu erstrecken. In diesem Fall hätte die Klägerin nach der hier maßgeblichen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts im Ausgangsverfahren Erfolg.

C.

37

§ 2 Abs. 4 HmbPSchG ist mit Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG insoweit unvereinbar, als die Norm solche Gaststätten, die zubereitete Speisen anbieten oder über eine entsprechende Erlaubnis verfügen, von der Möglichkeit ausnimmt, abgeschlossene Räume einzurichten, in denen das Rauchen gestattet ist.

I.

38

Die maßgebliche Vorschrift (§ 2 Abs. 4 HmbPSchG) ist nicht umfassend, sondern nur im Rahmen der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Rechtsfrage (§ 81 BVerfGG) auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen (vgl. BVerfGE 126, 331 <354>). Dies betrifft die Frage, ob Betreibende von Speisewirtschaften (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 GastG) anders als Betreibende von Schankwirtschaften (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GastG) von der Möglichkeit ausgeschlossen werden dürfen, in entsprechend der gesetzlichen Regelung ausgestatteten Nebenräumen ihrer Gaststätten das Rauchen zu gestatten. Es wird also weder die Frage nach der grundsätzlichen Zulässigkeit eines Rauchverbots in Gaststätten aufgeworfen (vgl. dazu BVerfGE 121, 317 <344, 356>), noch ist mit Blick auf eine etwa übermäßige Belastung einer bestimmten Gastronomiesparte über die Notwendigkeit eines weiteren Ausnahmetatbestandes vom gesetzlichen Rauchverbot zu befinden (vgl. dazu BVerfGE 121, 317 <359 ff.>). Ausweislich der Vorlagefrage geht es vielmehr allein darum, ob der Klägerin ein gesetzlich geregelter Ausnahmetatbestand - nämlich die Möglichkeit, einen Raucherraum einzurichten - in verfassungswidriger Weise vorenthalten wird. Diese Konstellation entspricht im Ansatz derjenigen, über die der Senat bereits hinsichtlich des Ausschlusses von Diskotheken von der ansonsten erlaubten Einrichtung von Raucherräumen durch die ursprüngliche Fassung von § 7 Abs. 2 Satz 2 des Landesnichtraucherschutzgesetzes Baden-Württemberg entschieden hat (BVerfGE 121, 317<368 ff.>). Auch im vorliegenden Fall liegt eine Beschränkung der freien Berufsausübung durch ein Rauchverbot vor, von dem eine Ausnahme vorgesehen ist, deren Ausschluss für bestimmte Gastronomiebetriebe den Anforderungen aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG standhalten muss (vgl. BVerfGE 25, 236 <251>; 121, 317 <369>).

39

1. a) Da für eine Speisewirtschaft, wie sie von der Klägerin betrieben wird, die Einrichtung eines Raucherraums durch § 2 Abs. 4 HmbPSchG nicht zugelassen ist, gibt es für solche Gaststätten keine Ausnahme von dem in § 2 Abs. 1 Nr. 9 HmbPSchG normierten Rauchverbot. Ungeachtet seiner vornehmlichen Adressierung an die Besucher einer Gaststätte greift dieses Rauchverbot in die Berufsausübungsfreiheit der Gaststättenbetreibenden ein (vgl. BVerfGE 121, 317 <344 ff.>). Die Freiheit der Berufsausübung wird durch Art. 12 Abs. 1 GG umfassend geschützt (vgl. BVerfGE 85, 248 <256>) und erstreckt sich auch auf das Recht, Art und Qualität der am Markt angebotenen Güter und Leistungen selbst festzulegen (vgl. BVerfGE 106, 275 <299>) und damit den Kreis der angesprochenen Interessenten selbst auszuwählen. Unter diesem Gesichtspunkt beeinträchtigt das Rauchverbot die freie Berufsausübung derjenigen, die Gaststätten betreiben; denn ihnen wird die Möglichkeit genommen, selbst darüber zu bestimmen, ob in ihren Lokalen den Gästen das Rauchen gestattet oder untersagt ist. Damit können sie nur noch in den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen darüber entscheiden, ob die Leistungen und Dienste ihres Gaststättenbetriebs auch solchen Gästen angeboten werden sollen, die diese zusammen mit dem Rauchen von Tabak in Anspruch nehmen möchten. Den Gaststättenbetreibenden wird es nicht nur erheblich erschwert, rauchende Gäste mit ihren Angeboten zu erreichen, sondern sie werden regelmäßig daran gehindert, ihre Leistungen an Gäste zu erbringen, die auf das Rauchen in der Gaststätte nicht verzichten wollen (so BVerfGE 121, 317 <345>).

40

b) Berufsausübungsregelungen müssen nicht nur den Anforderungen genügen, die sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergeben, sie müssen vielmehr auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsgemäß sein und insbesondere den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten (vgl. BVerfGE 25, 236 <251>; 121, 317 <369>).

41

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 126, 400 <416>; 127, 263 <280>; stRspr). Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 -, NVwZ 2011, S. 1316 <1317> m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich insbesondere aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011, a.a.O.); denn dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, zu denen auch die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte freie Berufsausübung zählt, nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 121, 317 <370> m.w.N.).

42

2. Bei Anwendung dieser Maßstäbe auf die verfassungsrechtliche Prüfung des § 2 Abs. 4 HmbPSchG ist diese Norm mit Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar.

43

a) Für die vorliegend zu beurteilende Differenzierung zwischen Schank- und Speisewirtschaften ist bei der Prüfung anhand des Gleichheitssatzes von einer strengeren Bindung des Gesetzgebers auszugehen, weil sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten - hier in Gestalt der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten freien Berufsausübung - nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfGE 121, 317 <370>). Aufgrund der differenzierenden Regelung in § 2 Abs. 4 Satz 1 HmbPSchG sind die Betreibenden von Speisewirtschaften im Unterschied zu denjenigen, die Schankwirtschaften betreiben, daran gehindert, gesonderte Nebenräume einzurichten, um dort ihren Gästen das Rauchen zu gestatten und damit eine Ausnahme vom ansonsten geltenden Rauchverbot in Gaststätten für sich zu nutzen. Dies hat zur Folge, dass Betreibende von Speisewirtschaften nicht in freier Ausübung ihres Berufs das Angebot ihrer Gaststätten auch für rauchende Gäste attraktiv gestalten können. Es liegt nahe, dass dies erhebliche wirtschaftliche Nachteile insbesondere für eher getränkegeprägte Speisegaststätten nach sich zieht, bei denen die Gäste auf Speisen zwar nicht verzichten wollen, solche Lokale aber vorrangig aus anderen Gründen - wie etwa auf der Suche nach Geselligkeit und zur Kommunikation - aufsuchen.

44

b) Diese Ungleichbehandlung ist sachlich nicht gerechtfertigt. Es fehlt an einem hinreichend gewichtigen Grund für die Differenzierung.

45

aa) Als Differenzierungsgrund genügt es nicht bereits, dass die in § 2 Abs. 4 Satz 1 HmbPSchG vorgenommene Unterscheidung das Ergebnis eines politischen Kompromisses zwischen den damaligen Regierungsfraktionen in der Hamburgischen Bürgerschaft ist. Die Notwendigkeit, sich durch einen politischen Kompromiss eine parlamentarische Mehrheit zu sichern, prägt Politik. Sie kann für sich allein genommen die mit schwerwiegenden Nachteilen für die Ausübung eines Freiheitsrechts verbundene Ungleichbehandlung verschiedener Normadressaten freilich nicht rechtfertigen. Auch wenn der Gesetzgeber im demokratischen Staat regelmäßig auf politische Kompromisse angewiesen ist, gilt doch auch für ihn gemäß Art. 1 Abs. 3 GG die Bindung an die Grundrechte. Dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist mithin nicht allein schon wegen des Vorliegens eines politischen Kompromisses Genüge getan, er setzt vielmehr seinerseits der Möglichkeit eines Kompromisses inhaltliche Grenzen.

46

bb) Sachliche Gesichtspunkte, mit denen sich die Unterscheidung zwischen Schank- und Speisewirtschaften bei der Zulassung von Raucherräumen rechtfertigen lässt, sind nicht erkennbar  . 

47

Für die verfassungsrechtliche Prüfung ist allerdings nicht ausschlaggebend, ob die maßgeblichen Gründe für die gesetzliche Neuregelung im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich als solche genannt wurden oder gar den Gesetzesmaterialien zu entnehmen sind. Nicht die subjektive Willkür des Gesetzgebers führt zur Feststellung eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, sondern die objektive Unangemessenheit der Norm im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, die sie regeln soll (vgl. BVerfGE 51, 1 <26 f.>; 93, 386 <400> m.w.N.). Auf dieser Grundlage ist kein hinreichend gewichtiger Grund für die Differenzierung auszumachen.

48

(1) So lässt sich die unterschiedliche Behandlung nicht durch Gründe des Gesundheitsschutzes rechtfertigen.

49

(a) Dies gilt zunächst im Hinblick auf den Schutz der Gesundheit des Gaststättenpersonals, ungeachtet der Frage, ob und inwieweit ein Landesgesetzgeber dieses Ziel zum Gegenstand eines Nichtraucherschutzgesetzes machen kann, ohne dadurch gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes zu verstoßen (vgl. dazu BVerfGE 121, 317 <347 f.>). Insoweit fehlt es bereits an dem erforderlichen hinreichenden Zusammenhang zwischen dem Regelungsziel und den vom Gesetzgeber gewählten Differenzierungsmerkmalen (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juni 2011, a.a.O., S. 1316 f. m.w.N.). Im vorliegenden Fall lässt sich ein solcher Zusammenhang zwischen dem Schutz des Gaststättenpersonals und der Differenzierung zwischen Speise- und Schankgaststätten nicht erkennen, denn nicht nur in Speise-, sondern auch in Schankwirtschaften sind Angestellte beschäftigt, die die Gäste in dort zulässigen Raucherräumen bedienen und hierbei den Gefahren des Passivrauchens ausgesetzt werden. Weder in den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens noch anderweitig lassen sich Nachweise dafür finden, dass das Gaststättenpersonal in Raucherräumen von Speisewirtschaften regelmäßig in stärkerem Maße dem Tabakrauch ausgesetzt sein könnte als in Raucherräumen von Schankwirtschaften. Nicht von der Hand zu weisen ist zudem die Überlegung des vorlegenden Gerichts, dass ein etwa beabsichtigter Schutz des Gaststättenpersonals effektiver und zugleich für die Betreibenden von Gaststätten weniger belastend zu erreichen ist, wenn die Zulassung von Raucherräumen davon abhängig gemacht wird, dass sich die Gäste dort selbst bedienen.

50

(b) Die Differenzierung kann ferner nicht mit dem Schutz der Gesundheit der Gäste gerechtfertigt werden. Gäste sind in den Schutz der gesetzlichen Regelung schon nicht einbezogen, soweit sie ihre eigene Gesundheit dadurch gefährden können, dass sie selbst rauchen. Ihnen wird kein Schutz vor Selbstgefährdung aufgedrängt (vgl. BVerfGE 59, 275 <278 f.>; 121, 317 <359>). Vielmehr wird nach § 1 Abs. 1 HmbPSchG mit dem Hamburgischen Passivraucherschutzgesetz ausdrücklich nur das Ziel verfolgt, die Bevölkerung vor den gesundheitlichen Gefahren durch Passivrauchen in öffentlichen Einrichtungen zu schützen. Dieses begrenzte Schutzziel rechtfertigt indessen die Ungleichbehandlung von Schank- und Speisewirtschaften nicht.

51

(aa) Die Erwägung eines erhöhten Schutzbedürfnisses für Gäste in Speisewirtschaften wegen einer angenommenen zusätzlichen Belastung der Nahrung durch Tabakrauch wurde zwar bei einer Anhörung im Ausschuss für Gesundheit und Verbraucherschutz der Hamburgischen Bürgerschaft von einer Auskunftsperson vorgebracht (vgl. Ausschuss-Drucks 19/8, S. 17), im Gesetzgebungsverfahren spielte dieses Schutzziel als Grund für die hier zu beurteilende Differenzierung jedoch ersichtlich keine Rolle. So erklärte der Präses der damaligen Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz in einer späteren Ausschusssitzung, es sei "aus gesundheitspolitischer Sicht völlig irrelevant ..., ob man beim Rauchen was isst oder nicht". Dies sei "eine Geschmacksfrage, aber keine gesundheitspolitische Frage". Beim Essen zu rauchen sei nicht mehr oder weniger schädlich als beim Trinken zu rauchen (vgl. Ausschuss-Drucks 19/9, S. 12). Es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Annahme eines erhöhten Schutzbedürfnisses auf belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen würde. So hat das Deutsche Krebsforschungszentrum in seiner Stellungnahme zum vorliegenden Verfahren ausgeführt, es ergebe aus wissenschaftlicher Sicht keinen Unterschied, ob die Aufnahme der Schadstoffe, die im Tabakrauch enthalten seien, in einer Schankwirtschaft oder in einem Speiserestaurant erfolge.

52

Aber selbst wenn unterstellt wird, dass die Verbindung von Essen und Passivrauchen zu einer besonderen Schadstoffbelastung der nichtrauchenden Gäste führt, ergibt sich daraus keine Rechtfertigung, den Betreibenden von Speisewirtschaften die für andere Gaststätten bestehende Möglichkeit vorzuenthalten, Raucherräume einzurichten. Ist das Rauchen nur noch in vollständig abgetrennten Nebenräumen erlaubt, so entfällt das an die besondere Betriebsart anknüpfende Argument der gesteigerten Gefährdung durch Passivrauchen, weil sich die Gäste zum Essen in Nichtraucherbereichen aufhalten können. Eine Gefährdung der Gäste in den Nichtraucherbereichen kann durch strikte Einhaltung der Vorgaben des § 2 Abs. 4 Satz 2 HmbPSchG verhindert werden. Danach sind Raucherräume baulich so wirksam abzutrennen, dass eine Gefährdung anderer durch Passivrauchen ausgeschlossen wird (vgl. BVerfGE 121, 317 <371 f.>).

53

(bb) Schließlich lässt sich die unterschiedliche Behandlung von Schank- und Speisegaststätten nicht damit rechtfertigen, dass durch den Ausschluss von Raucherräumen in der letztgenannten Gastronomiesparte eine größere Anzahl von Menschen den Gefahren des Passivrauchens entzogen wird. Zwar geht mit jeder Verringerung der Möglichkeiten zu rauchen zwangsläufig auch die Zahl der durch Passivrauchen gesundheitlich Gefährdeten zurück. Auch darf der Gesetzgeber der Prävention dieser Gesundheitsgefahr durchaus Raum geben  . Diese Erwägung kann hier jedoch keinen hinreichend gewichtigen, sachlich vertretbaren Differenzierungsgrund liefern; denn es fehlt insoweit wiederum an dem notwendigen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung. Anhaltspunkte dafür, dass das in Speisewirtschaften offerierte gastronomische Angebot im Vergleich zu Schankwirtschaften zu einer weiteren Erhöhung der mit dem Passivrauchen verbundenen Gesundheitsgefahren führt, liegen nicht vor (vgl. oben ). Wenn der Ausschluss der Speisewirtschaften von der gesetzlichen Begünstigung dazu dienen sollte, die Anzahl der Gelegenheiten zum Rauchen gering zu halten, erschiene die Differenzierung daher geradezu willkürlich; denn es würde an ein Unterscheidungsmerkmal angeknüpft, das in keinerlei Zusammenhang mit einem solchen Regelungsziel des Gesetzgebers steht.

54

(2) Eine etwaige unterschiedliche wirtschaftliche Betroffenheit von Speise- und Schankwirtschaften durch ein Rauchverbot scheidet ebenfalls als tauglicher Differenzierungsgrund aus.

55

Aus Sicht des Gesetzgebers spielten die wirtschaftlichen Auswirkungen des Rauchverbots offenkundig bei der Formulierung der Vorschrift keine Rolle. Im Gesetzgebungsverfahren wurde ersichtlich davon ausgegangen, dass keine ausreichenden "belastbaren Zahlen … über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Rauchverbotes in der Gastronomie in Deutschland" vorliegen (Abg. Harald Krüger, PlProt 19/42, S. 2622). Eine Differenzierung zwischen Schank- und Speisewirtschaften wegen unterschiedlicher wirtschaftlicher Belastung durch das Rauchverbot scheitert bereits an einer hinreichenden Tatsachengrundlage. Für den - allein von der Regelung betroffenen - Bereich derjenigen Gaststätten, die über die baulichen Möglichkeiten zur Einrichtung eines Nebenraums für rauchende Gäste verfügen, lässt sich nicht feststellen, dass reine Schankwirtschaften typischerweise in erheblichem Umfang wirtschaftlich stärker durch ein Rauchverbot belastet würden als Gaststätten, in denen auch zubereitete Speisen angeboten werden oder angeboten werden dürfen.

56

Zwar hatte das Statistische Bundesamt in seiner Stellungnahme zu dem durch Urteil vom 30. Juli 2008 abgeschlossenen Verfahren ausgeführt, dass die landesgesetzlichen Rauchverbote wahrscheinlich zu stärkeren Umsatzrückgängen im Bereich der getränkegeprägten Gastronomie geführt hätten (vgl. BVerfGE 121, 317 <339>). Für das vorliegende Verfahren konnte es seine damalige - ohnehin als bloße "Momentaufnahme" bezeichnete - Feststellung jedoch nicht bestätigen. So führt das Statistische Bundesamt zwar aus, dass die Umsätze der getränke- und der speisengeprägten Gastronomie seit Januar 2007 zurückgegangen seien und die Umsatzentwicklung der getränkegeprägten Gastronomie schlechter sei als die der speisengeprägten. Es konnte aber keine Aussage darüber treffen, inwieweit dies durch landesgesetzliche Regelungen zum Rauchverbot verursacht worden sei. Zudem war der im Jahr 2008 getroffenen Einschätzung nicht zu entnehmen, ob die vermutete besondere wirtschaftliche Betroffenheit der getränkegeprägten Gastronomie nicht im Wesentlichen durch die Besonderheiten und spezifischen Belastungen der getränkegeprägten Kleingastronomie verursacht war. Dafür spricht, dass die Nichtraucherschutzgesetze der seinerzeit bei der Auswertung berücksichtigten Bundesländer (Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hessen) bereits damals die Einrichtung von Raucherräumen für Schank- und Speisewirtschaften erlaubten, aber noch keine Ausnahmeregelung für Einraumgaststätten enthielten, bei denen solche Nebenräume nicht geschaffen werden konnten. Deshalb erscheint es nicht fernliegend, dass die damals für Schankwirtschaften erfassten Umsatzrückgänge vor allem auf solche Gaststätten zurückgehen, die von vornherein nicht die Möglichkeit hatten, Raucherräume einzurichten und mithin vom Rauchverbot wirtschaftlich besonders nachteilig betroffen waren. Dementsprechend findet sich im Urteil des Senats vom 30. Juli 2008 auch nicht die Feststellung einer generell stärkeren Belastung der Schankwirtschaften im Vergleich zu den Speisewirtschaften. Vielmehr hat der Senat spezifische Auswirkungen nur für eine bestimmte Gruppe von Schankwirtschaften zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und besondere wirtschaftliche Nachteile allein für die getränkegeprägte Kleingastronomie bejaht (BVerfGE 121, 317 <363>), die namentlich durch "Eckkneipen" (BVerfG, a.a.O., S. 358) oder "Einraumkneipen" (BVerfG, a.a.O., S. 364) repräsentiert wird. Maßgebend für die vom Senat getroffene Unterscheidung war ausdrücklich nicht allein die Ausrichtung solcher Gaststätten als Schankwirtschaften, sondern - neben der geringeren Zahl von Sitzplätzen - die besondere Gästestruktur, die gegenüber anderen Gastronomiesparten durch eine vergleichsweise hohe Zahl von rauchenden Gästen gekennzeichnet ist (BVerfG, a.a.O., S. 363) und mithin bei einem Rauchverbot existenzbedrohliche Umsatzrückgänge befürchten lässt (BVerfG, a.a.O., S. 365). Es war bereits damals nicht und ist heute noch weniger zu erkennen, dass über diesen speziellen Gaststättentypus hinaus, der in besonderer Weise durch rauchende Stammgäste geprägt wird, Schankwirtschaften im Vergleich mit Speisewirtschaften allgemein von einem Rauchverbot in einem solchen Maße wirtschaftlich stärker betroffen wären, dass dies den völligen Begünstigungsausschluss aller Speisewirtschaften rechtfertigen könnte.

57

In den Materialien zum Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes finden sich zwar Hinweise, die darauf hindeuten, dass sich der Gesetzgeber bei der von ihm vorgenommenen Differenzierung zwischen Schank- und Speisewirtschaften an dem Urteil des Senats vom 30. Juli 2008 (BVerfGE 121, 317) orientieren wollte. So berief sich der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion vor der Hamburgischen Bürgerschaft darauf, dass das Bundesverfassungsgericht "Unterscheidungen der Gastronomiearten in Speisegaststätten und getränkegeprägt" für zulässig gehalten habe, dass "innerhalb der Gruppe jedoch keine Ungleichbehandlungen passieren" dürften (Abg. Harald Krüger, PlProt. 19/42, S. 2622 <2623>). Ähnlich äußerten sich Abgeordnete des Koalitionspartners GAL im Ausschuss für Gesundheit und Verbraucherschutz (vgl. Drucks. 19/4768, S. 3). Hieraus kann sich jedoch ein hinreichender Grund für die unterschiedliche Behandlung beider Gastronomiesparten in § 2 Abs. 4 HmbPSchG schon deshalb nicht ergeben, weil in dem zitierten Urteil das gastronomische Angebot keineswegs generell als geeignetes Differenzierungskriterium bei der Zulassung von Ausnahmen vom Rauchverbot in Gaststätten genannt wird. Der Senat hatte vielmehr das Merkmal des "vorwiegend an Getränken und weniger an Speisen ausgerichtete(n) Angebot(s)" lediglich als eines von mehreren Merkmalen herangezogen, um mit der getränkegeprägten Kleingastronomie den vom Rauchverbot besonders belasteten Typus von Gaststätten zu kennzeichnen (vgl. BVerfGE 121, 317 <363 f.>; oben <2>). Allein in diesem Zusammenhang wurde das unterschiedliche gastronomische Angebot im Folgenden bei der Darstellung der Gestaltungsmöglichkeiten des Gesetzgebers (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 375) und der Formulierung der Zwischenregelung (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 377) wieder aufgenommen.

II.

58

Die in § 2 Abs. 4 Satz 1 HmbPSchG bestimmte Unterscheidung zwischen Schank- und Speisewirtschaften ist eine Berufsausübungsregelung, die als gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Die Verfassungswidrigkeit der Norm führt hier jedoch nicht zu ihrer Nichtigkeit. Es ist lediglich die Unvereinbarkeit der gegenwärtigen Regelung mit dem Grundgesetz festzustellen, weil dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten für die Neuregelung zur Verfügung stehen (vgl. BVerfGE 121, 317 <373 f.> m.w.N.). Es bleibt dem Gesetzgeber überlassen, ob er den festgestellten Gleichheitsverstoß durch eine Ausdehnung der Begünstigung des § 2 Abs. 4 HmbPSchG auf Speisewirtschaften, durch eine nach sachgerechten Kriterien differenzierende Vorschrift oder durch eine grundlegend anders konzipierte Verbotsregelung (vgl. BVerfG, a.a.O., S. 374) ausräumen will.

III.

59

Mit Blick auf die Berufsfreiheit der Betreibenden von Speisewirtschaften besteht für den Zeitraum bis zu einer gesetzlichen Neuregelung zur Vermeidung weiterer erheblicher wirtschaftlicher Nachteile ein Bedürfnis nach einer Zwischenregelung durch das Bundesverfassungsgericht auf Grundlage des § 35 BVerfGG (vgl. BVerfGE 48, 127 <184>; 84, 9 <21>; 121, 317 <376>). Hierzu wird in Anlehnung an das bisherige Regelungskonzept des Gesetzgebers (vgl. dazu BVerfGE 121, 317 <376>) die geltende Ausnahme vom Rauchverbot durch die Zulassung von Raucherräumen auf solche Gaststätten erstreckt, die zubereitete Speisen anbieten oder über eine entsprechende Erlaubnis nach dem Gaststättengesetz verfügen. Auch für Speisewirtschaften können hiernach unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 Satz 2 HmbPSchG abgeschlossene Raucherräume eingerichtet werden.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 8. Dezember 2016 - 8 Sa 540/16 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen über den 31. August 2007 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht sowie über Zahlungs- und Beschäftigungsansprüche.

2

Der Kläger war seit 1984 als Angestellter bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt, zuletzt im Betrieb Kundenniederlassung Spezial in S (im Folgenden KNL S).

3

Zum 1. September 2007 ging der Betrieb KNL S der Beklagten im Wege des Betriebsübergangs iSv. § 613a BGB auf die V C S GmbH (im Folgenden VCS) über, eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Beklagten. Hierüber war der Kläger durch Unterrichtungsschreiben der VCS vom 26. Juli 2007 informiert worden. Mit Urteil vom 26. Mai 2011 (- 8 AZR 18/10 -) hat der Senat zu einem wortgleichen Unterrichtungsschreiben der VCS, ebenfalls vom 26. Juli 2007, aber ein anderes Arbeitsverhältnis betreffend, entschieden, dass die Unterrichtung fehlerhaft war, da sie den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB nicht entsprach.

4

Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die VCS zunächst nicht und arbeitete nach dem Betriebsübergang für die VCS.

5

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 3. Juni 2015 widersprach der Kläger gegenüber der Beklagten dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses von dieser auf die VCS, bot seine Arbeitsleistung an und machte Ansprüche auf Annahmeverzugslohn geltend.

6

Mit seiner Klage hat der Kläger ua. die Feststellung begehrt, dass zwischen den Parteien über den 31. August 2007 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht. Er hat die Auffassung vertreten, aufgrund der fehlerhaften Unterrichtung vom 26. Juli 2007 habe die Frist für den Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die VCS nicht zu laufen begonnen. Er habe sein Widerspruchsrecht auch nicht verwirkt.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass zwischen den Parteien über den 31. August 2007 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 20.809,72 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Februar 2016 zu zahlen;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Arbeitsbedingungen mit Tätigkeiten der Entgeltgruppe T 7, Gruppenstufe 4 des Entgeltrahmentarifvertrags der D AG (ERTV) als Referent zu beschäftigen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und dies insbesondere damit begründet, der Kläger habe sein Widerspruchsrecht verwirkt. Er habe trotz - teils wiederholter - Änderung seiner Arbeitszeit, seines Arbeitsortes, seiner Tätigkeit und seiner Vergütung fast acht Jahre lang für die VCS gearbeitet, ohne von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen. Vor diesem Hintergrund habe sie darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die VCS endgültig akzeptiert habe.

9

Das Arbeitsgericht hat den Klageanträgen überwiegend stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts - unter Zurückweisung der Berufung des Klägers - teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist insgesamt unbegründet. Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht über den 31. August 2007 hinaus kein Arbeitsverhältnis. Folglich hat der Kläger gegen die Beklagte auch weder einen Anspruch auf Beschäftigung noch auf Annahmeverzugslohn.

11

A. Der Klageantrag zu 1. ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist infolge des Betriebsübergangs am 1. September 2007 gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB von der Beklagten auf die VCS übergegangen. Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die VCS mit Schreiben vom 3. Juni 2015 nicht wirksam widersprochen. Das Widerspruchsrecht des Klägers war - wie das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat - zu diesem Zeitpunkt bereits verwirkt.

12

I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Monatsfrist für die Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht in Lauf gesetzt wurde. Die einmonatige Widerspruchsfrist nach dieser Vorschrift wird nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung in Lauf gesetzt (BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14 - Rn. 27 mwN, BAGE 153, 296). Das Unterrichtungsschreiben der VCS vom 26. Juli 2007 entspricht - wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat - indes nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB, da es das Haftungssystem nach § 613a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB nicht zutreffend wiedergibt, weil jeglicher Hinweis auf die Begrenzung der Haftung der Beklagten nach § 613a Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BGB und auf die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten und der VCS fehlt(vgl. BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 18/10 - Rn. 23 ff.).

13

II. Die Annahme des Berufungsgerichts, das Widerspruchsrecht des Klägers sei zum Zeitpunkt seiner Ausübung durch den Kläger bereits verwirkt gewesen, hält einer revisionsrechtlichen Kontrolle im Ergebnis stand.

14

1. Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers nach § 613a Abs. 6 BGB kann verwirkt(§ 242 BGB)sein.

15

a) Das Widerspruchsrecht ist ein Gestaltungsrecht, dessen Ausübung bewirkt, dass die Rechtsfolgen des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht eintreten(st. Rspr., vgl. BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14 - Rn. 19 mwN, BAGE 153, 296). Es kann, wie jedes Recht, nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeübt werden und deshalb verwirkt werden (st. Rspr., vgl. BAG 24. August 2017 - 8 AZR 265/16 - Rn. 16 ff.; 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12 - Rn. 25 mwN).

16

b) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit ihr wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes und trägt dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit Rechnung. Die Verwirkung verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner bereits dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger seine Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, sodass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (vgl. BAG 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12 - Rn. 26).

17

c) Zeit- und Umstandsmoment beeinflussen sich wechselseitig; beide Elemente sind - bildhaft ausgedrückt - im Sinne „kommunizierender Röhren“ miteinander verbunden (vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09 - Rn. 30). Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände sind, die eine Geltendmachung für den Gegner unzumutbar machen, desto schneller kann ein Anspruch oder Recht verwirken (BAG 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - Rn. 27). Umgekehrt gilt, je mehr Zeit seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs verstrichen ist und je länger der Arbeitnehmer bereits für den neuen Inhaber gearbeitet hat, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment (BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09 - aaO). Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (vgl. BAG 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12 - Rn. 27 mwN).

18

d) Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt grundsätzlich den Tatsachengerichten. Allerdings unterliegt der revisionsrechtlichen Überprüfung, ob das Tatsachengericht die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet sowie alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und ob die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. BAG 17. Oktober 2013 - 8 AZR 974/12 - Rn. 28; 11. November 2010 - 8 AZR 185/09 - Rn. 25; 20. Mai 2010 - 8 AZR 734/08 - Rn. 24).

19

2. Danach hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen, das Widerspruchsrecht des Klägers sei zum Zeitpunkt seiner Ausübung durch den Kläger mit Schreiben vom 3. Juni 2015 bereits verwirkt gewesen. Dies folgt daraus, dass die VCS den Kläger durch Unterrichtungsschreiben vom 26. Juli 2007 im Rahmen einer Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB - unstreitig - über den mit dem Betriebsübergang verbundenen Übergang seines Arbeitsverhältnisses unter Mitteilung des geplanten Zeitpunkts sowie des Gegenstands des Betriebsübergangs und des Betriebsübernehmers in Textform in Kenntnis gesetzt und über sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB belehrt hatte und der Kläger in Kenntnis dieser Umstände ab dem Betriebsübergang am 1. September 2007 mehr als sieben Jahre für die VCS gearbeitet hat, ohne von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen.

20

a) Wurde der Arbeitnehmer zwar nicht ordnungsgemäß iSv. § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet, aber im Rahmen einer Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB von dem bisherigen Arbeitgeber und/oder dem neuen Inhaber über den mit dem Betriebsübergang verbundenen Übergang seines Arbeitsverhältnisses unter Mitteilung des Zeitpunkts oder des geplanten Zeitpunkts sowie des Gegenstands des Betriebsübergangs und des Betriebsübernehmers (grundlegende Informationen) in Textform in Kenntnis gesetzt und über sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB belehrt, führt eine widerspruchslose Weiterarbeit bei dem neuen Inhaber über einen Zeitraum von sieben Jahren regelmäßig zur Verwirkung des Widerspruchsrechts.

21

aa) Zwar stellt die bloße widerspruchslose Weiterarbeit des Arbeitnehmers beim neuen Inhaber nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats allein keinen Sachverhalt dar, durch den das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment verwirklicht werden könnte (st. Rspr., vgl. etwa BAG 15. März 2012 - 8 AZR 700/10 - Rn. 36; 26. Mai 2011 - 8 AZR 18/10 - Rn. 32). Hieran hält der Senat fest. Ohne das Hinzutreten weiterer Umstände gibt der Arbeitnehmer durch das Erbringen der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung für den neuen Inhaber noch nicht zu erkennen, dass er an der Vertragsbeziehung mit dem bisherigen Arbeitgeber nicht mehr festhalten will und sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben wird.

22

bb) Eine andere Bewertung ist jedoch dann geboten, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen einer Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB von den dort genannten Personen, dh. von zumindest einer der dort genannten Personen, über den mit dem Betriebsübergang verbundenen Übergang seines Arbeitsverhältnisses unter Mitteilung des Zeitpunkts oder des geplanten Zeitpunkts sowie des Gegenstands des Betriebsübergangs und des Betriebsübernehmers in Textform in Kenntnis gesetzt und über sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB belehrt wurde.

23

In einem solchen Fall liegen besondere Umstände vor, die es rechtfertigen können, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Wurde der Arbeitnehmer im Rahmen einer Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB über den Übergang seines Arbeitsverhältnisses unter Angabe der unter Rn. 20 angeführten grundlegenden Informationen einschließlich seines Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB unterrichtet, geht seine widerspruchslose Weiterarbeit für den neuen Inhaber über ein bloßes Unterlassen hinaus, das ein Umstandsmoment nicht zu begründen vermag(vgl. BGH 14. Januar 2010 - VII ZR 213/07 - Rn. 25; 14. November 2002 - VII ZR 23/02 - zu II 2 der Gründe).

24

Der Arbeitnehmer kann einer solchen Unterrichtung nicht nur hinreichend deutlich entnehmen, dass sein vormaliger Arbeitgeber infolge dieses Betriebsübergangs seine Position als „sein Arbeitgeber“ kraft Gesetzes an den neuen Inhaber abgibt oder abgegeben hat und dass sich der Erwerber mit dem Betriebsübergang als sein „neuer Arbeitgeber“ sieht. Mit der Belehrung über sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB wird dem Arbeitnehmer zudem vor Augen gehalten, dass und wie er den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit dem vormaligen Arbeitgeber aus dessen Sicht und aus Sicht des neuen Inhabers herbeiführen kann und - sofern er sich dazu entscheidet - auch muss. Arbeitet der Arbeitnehmer beim neuen Inhaber in Kenntnis dieser Umstände weiter, hat seine widerspruchslose Weiterarbeit eine andere Qualität als die eines schlichten Untätigbleibens. Sie stellt dann ein Umstandsmoment dar, das zur Verwirkung führen kann.

25

cc) Die widerspruchslose Weiterarbeit des Arbeitnehmers, der über den Übergang seines Arbeitsverhältnisses unter Angabe der unter Rn. 20 angeführten grundlegenden Informationen einschließlich seines Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB unterrichtet wurde, ist allerdings kein Umstandsmoment von einem solchen Gewicht, dass an das Zeitmoment nur geringe Anforderungen zu stellen wären. Mit der Weiterarbeit erfüllt der Arbeitnehmer lediglich die ihm unverändert - nunmehr gegenüber dem neuen Inhaber - obliegenden Vertragspflichten. Er gibt damit zwar zu erkennen, dass er den neuen Inhaber als seinen Arbeitgeber ansieht. Dies entspricht allerdings nur der im Zeitpunkt der Tätigkeit bestehenden objektiven Rechtslage. Die widerspruchslose Weiterarbeit für den neuen Inhaber rechtfertigt es deshalb erst dann, die späte Ausübung des Widerspruchsrechts als mit Treu und Glauben (§ 242 BGB)unvereinbar und für den vormaligen Arbeitgeber als unzumutbar anzusehen, wenn sie über einen erheblichen Zeitraum erfolgt. Diesen Zeitraum, der frühestens mit dem Betriebsübergang beginnt, erachtet der Senat unter Berücksichtigung der wechselseitigen schutzwürdigen Interessen mit sieben Jahren als angemessen.

26

(1) Zur Bestimmung des angemessenen Zeitraums kann auf der einen Seite nicht auf die in § 195 BGB bestimmte regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren abgestellt werden. Die Regelung in § 195 BGB betrifft allein Ansprüche iSv. § 194 Abs. 1 BGB, also das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen; sie ist auf das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB nicht anwendbar. Das Widerspruchsrecht ist kein Anspruch, sondern ein Gestaltungsrecht, dessen Ausübung bewirkt, dass die Rechtsfolgen des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht eintreten(st. Rspr., BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14 - Rn. 19 mwN, BAGE 153, 296; vgl. auch EuGH 16. Dezember 1992 - C-132/91, C-138/91 und C-139/91 - [Katsikas ua.] Rn. 30 mwN) und das als solches nicht der Verjährung unterliegt (zur Unverjährbarkeit von Gestaltungsrechten vgl. etwa BGH 28. Januar 1994 - V ZR 90/92 - zu II 4 a der Gründe, BGHZ 125, 41).

27

(2) Zur Bestimmung des für die Verwirklichung des Zeitmoments angemessenen Zeitraums kann aber - auf der anderen Seite - ebenso wenig auf die in § 121 Abs. 2 BGB bestimmte Frist von zehn Jahren abgestellt werden. Zwar betrifft die Regelung in § 121 Abs. 2 BGB ebenfalls die Ausübung eines Gestaltungsrechts, nämlich des Rechts, eine abgegebene Willenserklärung anzufechten, und normiert hierfür eine Höchstfrist, die durch das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) zum Zwecke der Harmonisierung mit dem neuen Verjährungsrecht von 30 auf zehn Jahre herabgesetzt wurde. Während nach § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB die Anfechtung in den Fällen der §§ 119, 120 BGB unverzüglich erfolgen muss, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat, ist nach § 121 Abs. 2 BGB die Anfechtung auch bei Unkenntnis vom Anfechtungsgrund ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre vergangen sind. Anders als in den Fällen des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB bedarf der Arbeitnehmer zur wirksamen Ausübung seines Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB indes keines Grundes. Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers nach § 613a Abs. 6 BGB ist von Gesetzes wegen nicht an einen Grund und deswegen auch nicht an eine Begründung gebunden(vgl. etwa BAG 25. Juni 2009 - 8 AZR 336/08 - Rn. 42; 24. Juli 2008 - 8 AZR 755/07 - Rn. 37). Das Widerspruchsrecht muss zudem nur in dem - hier nicht vorliegenden - Fall, dass der Arbeitnehmer ordnungsgemäß iSv. § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet wurde, innerhalb der in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB bestimmten Frist ausgeübt werden.

28

(3) Die in §§ 195, 121 Abs. 2 BGB bestimmten Fristen können jedoch als Orientierungshilfe zur Bestimmung des für die Annahme der Verwirkung erforderlichen Zeitraums der widerspruchslosen Weiterarbeit bei dem neuen Inhaber herangezogen werden. Vor dem Hintergrund, dass es sich beim Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB um ein Gestaltungsrecht handelt, das nicht der Verjährung unterliegt, und dass in der widerspruchslosen Weiterarbeit beim neuen Inhaber ein Umstandsmoment nur dann liegt, wenn der Arbeitnehmer über den Übergang seines Arbeitsverhältnisses unter Angabe der grundlegenden Informationen einschließlich seines Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB unterrichtet wurde, er mithin über das Bestehen seines Gestaltungsrechts in Kenntnis gesetzt wurde und in Kenntnis dieses Umstands weitergearbeitet hat, muss der Zeitraum allerdings deutlich mehr als drei Jahre und deutlich weniger als zehn Jahre betragen. Der Senat erachtet insoweit einen Zeitraum von sieben Jahren als angemessen. Wurde der Arbeitnehmer im Rahmen einer Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB unter Angabe der grundlegenden Informationen über den Übergang seines Arbeitsverhältnisses sowie über sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB unterrichtet, ist ein Zeitraum der Weiterarbeit bei dem neuen Inhaber von sieben Jahren regelmäßig geeignet, bei dem bisherigen Arbeitgeber ein schutzwürdiges Vertrauen dahin zu begründen, dass der Arbeitnehmer den neuen Inhaber endgültig als seinen Arbeitgeber akzeptiert hat und sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben wird.

29

(4) Der für die Erfüllung des Zeitmoments maßgebliche Zeitraum der widerspruchslosen Weiterarbeit beim neuen Inhaber beginnt frühestens mit dem Betriebsübergang. Insoweit wirkt sich aus, dass in der widerspruchslosen Weiterarbeit des Arbeitnehmers bei dem neuen Inhaber erst nach einem Betriebsübergang und dem Ablauf der gesetzlichen Überlegungsfrist nach § 613a Abs. 6 BGB überhaupt ein Umstandsmoment liegen kann. Wurde der Arbeitnehmer über einen geplanten Betriebsübergang unterrichtet und ist die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB von einem Monat nach Zugang der Unterrichtung zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bereits abgelaufen, beginnt der für die Verwirkung maßgebliche Zeitraum deshalb erst mit dem Betriebsübergang. In allen anderen Fällen, in denen die Frist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB erst nach dem Betriebsübergang abläuft, ist demzufolge der Zeitpunkt des Ablaufs dieser Frist maßgeblich.

30

dd) Für die Annahme der Verwirkung kommt es nicht darauf an, ob der bisherige Arbeitgeber Kenntnis von der langjährigen Tätigkeit des Arbeitnehmers für den neuen Inhaber hat. Dies hat der Senat bereits mit Urteilen vom 23. Juli 2009 (- 8 AZR 357/08 - Rn. 48 f.) und vom 2. April 2009 (- 8 AZR 220/07 - Rn. 33 ff.) entschieden. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

31

ee) Der Annahme einer regelmäßigen Verwirkung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB unter den genannten Voraussetzungen nach siebenjähriger widerspruchsloser Weiterarbeit für den neuen Inhaber steht nicht entgegen, dass § 613a Abs. 6 BGB für den Fall, dass der Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß iSv. § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet wurde, keine zeitliche Höchstgrenze für die Ausübung des Widerspruchsrechts vorsieht. Hieraus kann nicht gefolgert werden, dass das Widerspruchsrecht schrankenlos gewährleistet wäre (vgl. BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14 - Rn. 36, BAGE 153, 296) und deshalb nicht verwirken könnte. Der Gesetzgeber hat in § 613a BGB - anders als in anderen Gesetzen(zB § 77 Abs. 4 Satz 3 BetrVG, § 4 Abs. 4 Satz 2 TVG, § 3 Satz 3 MiLoG) - die Verwirkung nicht ausgeschlossen.

32

ff) Durch eine regelmäßige Verwirkung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB unter den angeführten Voraussetzungen nach einer siebenjährigen widerspruchslosen Weiterarbeit für den neuen Inhaber wird der Arbeitnehmer auch regelmäßig nicht unverhältnismäßig in seinem durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes eingeschränkt.

33

(1) Das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB trägt den grundrechtlichen Wertungen des Art. 12 Abs. 1 GG Rechnung, der dem Arbeitnehmer die freie Wahl des Arbeitsplatzes und damit auch die freie Wahl des Vertragspartners garantiert. Der Arbeitnehmer soll nicht verpflichtet werden, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt hat (BT-Drs. 14/7760 S. 20 unter Hinweis auf BAG 22. April 1993 - 2 AZR 50/92 -; vgl. auch BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14 - Rn. 17, BAGE 153, 296; 24. April 2014 - 8 AZR 369/13 - Rn. 18, BAGE 148, 90). Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantiert neben der freien Wahl des Berufs auch die freie Wahl des Arbeitsplatzes. Dazu zählt bei abhängig Beschäftigten auch die Wahl des Vertragspartners. Ebenso wie die freie Berufswahl sich nicht in der Entscheidung zur Aufnahme eines Berufs erschöpft, sondern auch die Fortsetzung und Beendigung eines Berufs umfasst, bezieht sich die freie Arbeitsplatzwahl neben der Entscheidung für eine konkrete Beschäftigung auch auf den Willen des Einzelnen, diese beizubehalten oder aufzugeben (st. Rspr., vgl. etwa BVerfG 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 - Rn. 69 mwN, BVerfGE 128, 157; 15. Juli 1998 - 1 BvR 1554/89 ua. - zu C III 1 a der Gründe, BVerfGE 98, 365; 24. April 1991 - 1 BvR 1341/90 - zu C III 1 der Gründe, BVerfGE 84, 133).

34

(2) Das Grundrecht des Arbeitnehmers aus Art. 12 Abs. 1 GG gebietet indes kein zeitlich unbegrenztes Widerspruchsrecht und steht auch der Annahme einer Verwirkung(§ 242 BGB) im Einzelfall nicht entgegen. Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes und trägt dem - auch nach § 613a Abs. 6 BGB grundsätzlich geschützten(vgl. hierzu BAG 19. November 2015 - 8 AZR 773/14 - Rn. 20, BAGE 153, 296) - Bedürfnis von bisherigem Arbeitgeber und neuem Inhaber nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit Rechnung. Vor diesem Hintergrund wird der Arbeitnehmer durch eine Verwirkung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB unter den angeführten Voraussetzungen nach einer siebenjährigen widerspruchslosen Weiterarbeit für den neuen Inhaber regelmäßig nicht unverhältnismäßig in seinem durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes eingeschränkt. Er hat vielmehr regelmäßig ausreichend Zeit, sich mit allen Gegebenheiten beim neuen Inhaber vertraut zu machen und die Risiken abzuwägen, die mit der Ausübung des Widerspruchsrechts für ihn verbunden sind. Wird das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB wirksam ausgeübt, hat dies zur Folge, dass der Arbeitnehmer den alten Vertragspartner behält, zugleich aber auch das Risiko einer betriebsbedingten Kündigung eingeht, wenn bei diesem wegen des Betriebsübergangs kein Bedarf an seiner Arbeit mehr besteht(vgl. BT-Drs. 14/7760 S. 20; BVerfG 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 - Rn. 73, BVerfGE 128, 157). Die Abwägung dieser Risiken ist nach § 613a Abs. 6 BGB der privatautonomen Entscheidung des Arbeitnehmers vorbehalten(vgl. BVerfG 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 - Rn. 92, aaO).

35

b) Danach war das Widerspruchsrecht des Klägers zum Zeitpunkt seiner Ausübung durch den Kläger mit Schreiben vom 3. Juni 2015 verwirkt.

36

aa) Die VCS hatte den Kläger mit Schreiben vom 26. Juli 2007 - unstreitig - unter Angabe der unter Rn. 20 angeführten grundlegenden Informationen über den Betriebsübergang unterrichtet und ihn über sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB informiert. Der Betriebsübergang von der Beklagten auf die VCS hat zum 1. September 2007 stattgefunden. Damit lief die für die Verwirkung maßgebliche Regelfrist von sieben Jahren mit Ablauf des 31. August 2014 ab. Der Kläger hat allerdings erst mit Schreiben vom 3. Juni 2015 dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die VCS widersprochen.

37

bb) Im vorliegenden Verfahren sind auch keine Umstände vorgetragen oder sonst ersichtlich, die ausnahmsweise ein Abweichen von der Regelfrist von sieben Jahren oder sonst eine andere Beurteilung gebieten könnten.

38

(1) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ist die für die Erfüllung des Zeitmoments maßgebliche Regelfrist von sieben Jahren nicht mit Bekanntwerden des Urteils des Senats vom 26. Mai 2011 (- 8 AZR 18/10 -) erneut angelaufen. Mit diesem Urteil hat der Senat zwar zu einem wortgleichen Unterrichtungsschreiben der VCS, ebenfalls vom 26. Juli 2007, aber ein anderes Arbeitsverhältnis betreffend entschieden, dass die Unterrichtung fehlerhaft war, da sie den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB nicht entsprach. Hieraus folgte allerdings nur, dass die Arbeitnehmer - wie auch hier der Kläger - nicht gehalten waren, innerhalb der in § 613a Abs. 6 BGB bestimmten Monatsfrist dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den neuen Inhaber zu widersprechen.

39

(2) Der Beklagten ist es vor dem Hintergrund des Urteils des Senats vom 26. Mai 2011 (- 8 AZR 18/10 -) auch nicht nach § 242 BGB verwehrt, sich auf die Verwirkung des Widerspruchsrechts des Klägers zu berufen. Die Beklagte war - entgegen der Rechtsauffassung des Klägers - trotz der durch dieses Urteil vermittelten Erkenntnis, dass die Unterrichtung der Beschäftigten vom 26. Juli 2007 nicht ordnungsgemäß iSv. § 613a Abs. 5 BGB war, nicht verpflichtet, die Arbeitnehmer erneut zu unterrichten. Der Arbeitgeber ist zwar berechtigt, Fehler in der Unterrichtung zu korrigieren und die Beschäftigten ergänzend zu unterrichten (BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - Rn. 21, BAGE 131, 258), verpflichtet im Rechtssinne ist er hierzu aber nicht. Unterrichtet er die Beschäftigten daher nicht erneut, bleibt es dabei, dass diese von ihrem Widerspruchsrecht grundsätzlich bis zur Grenze der unzulässigen Rechtsausübung nach § 242 BGB, zu der - wie unter Rn. 16 ausgeführt - auch die Verwirkung zählt, Gebrauch machen können.

40

III. Da nach alledem das Widerspruchsrecht des Klägers zum Zeitpunkt seiner Ausübung durch den Kläger bereits verwirkt war, verbleibt es dabei, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers infolge des Betriebsübergangs am 1. September 2007 gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB von der Beklagten auf die VCS übergegangen ist und damit nicht mit der Beklagten über den 31. August 2007 hinaus fortbestand.

41

B. Aus diesem Grund ist die Beklagte dem Kläger gegenüber - wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat - auch weder zur Beschäftigung noch zur Zahlung von Annahmeverzugslohn verpflichtet.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Roloff    

        

        

        

    Volz    

        

    Leitz    

                 

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Rechtsstreit betrifft die Grabberechtigung an einem Familiengrab auf dem Friedhof des Beklagten.

Der Kläger, dem für das Grab am 18. Oktober 2002 eine Graburkunde als Nutzungsberechtigter ausgestellt worden war, wendet sich im Wege der Anfechtungsklage dagegen, dass der Beklagte eine für dasselbe Grab am 11. Februar 2015 „für die Erbengemeinschaft nach R. W.“ ausgestellte Graburkunde durch Bescheid vom 23. August 2016 mit Wirkung ab dem Bekanntgabetag zurückgenommen hat.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 4. September 2017 ab. Der Kläger sei zwar klagebefugt, da er durch den angegriffenen Bescheid möglicherweise in eigenen Rechten verletzt sein könnte. Der Rücknahmebescheid sei aber formell und materiell rechtmäßig. Richtigerweise sei nicht die „Erbengemeinschaft nach R. W.“ (der u.a. auch der Kläger angehöre), sondern der Kläger grabnutzungsberechtigt. Da die übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft der Verleihung des Grabnutzungsrechts widersprochen hätten, fehle es an der dafür erforderlichen, zumindest konkludenten Antragstellung. Auch könne ein solches Nutzungsrecht nach § 9 Abs. 2 der Friedhofssatzung (FS) nur an natürliche Personen und nicht an eine Gesamthandsgemeinschaft verliehen werden. Grabnutzungsberechtigt sei der Kläger selbst, da das ursprünglich von R. W. 1971 für die Dauer von 25 Jahren erworbene Nutzungsrecht mangels Verlängerung Ende 1996 erloschen sei und der Kläger nach dem Tod seines Vaters im Oktober 2002 eine neues Grabnutzungsrecht an der Grabstätte erworben habe; in der Entrichtung der dazu festgesetzten Gebühren liege eine konkludente nachträgliche Antragstellung. Dem für die Bestattung von R. W. an dessen Erbengemeinschaft ergangenen Friedhofsgebührenbescheid vom 19. November 2013 hätten die anderen Mitglieder der Erbengemeinschaft fristgerecht widersprochen, so dass durch diesen Bescheid das Grabnutzungsrecht des Klägers nicht beseitigt worden sei. Die Rücknahme der zugunsten der Erbengemeinschaft am 11. Februar 2015 ausgestellten Graburkunde sei innerhalb der Frist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG erfolgt, da der Beklagte erst nach nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund eines Schreibens (dreier Mitglieder) der Erbengemeinschaft festgestellt habe, dass der Kläger laut Graburkunde vom 18. Oktober 2002 Grabnutzungsberechtigter sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Beklagte tritt der Berufung entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 14. Dezember 2016 hat keinen Erfolg, da der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht vorliegt.

An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Solche Zweifel sind nur gegeben, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642). Dies ist hier nicht der Fall.

a) Der Kläger trägt vor, zum Zeitpunkt des Todes von R. W. am 4. Juli 2012 habe zu dessen Gunsten ein Grabnutzungsrecht bestanden, das auf die Erbengemeinschaft übergegangen sei. Das Nutzungsrecht des R. W. habe entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht schon 1996 geendet, da die Bestattungen von zwei weiteren Verwandten in dem Familiengrab in den Jahren 1980 und 1993 erneut Ruhefristen von jeweils 25 Jahren ausgelöst hätten; die erforderlichen Anträge habe R. W., der im ersten Fall auch weiter die Grabgebühren gezahlt habe, zumindest konkludent gestellt. Da R. W. somit bis zu seinem Tod am 4. Juli 2012 Grabnutzungsberechtigter geblieben sei, habe dieses Recht weder 1993 auf den Vater des Klägers noch nach dessen Tod am 1. Oktober 2002 auf den Kläger übergehen können. Für die auf diesen am 18. Oktober 2012 ausgestellte Graburkunde fehle es dagegen an dem erforderlichen Antrag; das rein faktische Verhalten des Klägers stelle keinen nachträglichen Antrag dar, da dem Schweigen kein Erklärungsgehalt beizumessen sei. Das Grabnutzungsrecht sei nach dem Tod von R. W. im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB) auf die Erbengemeinschaft übergegangen. Die damals geltende Friedhofssatzung habe vorgesehen, dass bei Vorhandensein mehrerer Verwandter oder Verschwägerter gleichen Grades durch deren übereinstimmende Erklärung festgelegt werde, auf wen die Berechtigung übergehen solle; bei Nichteinigung habe die Gemeinde jeweils den Ältesten zum Berechtigten bestimmen müssen. Von diesem Recht habe der Beklagte keinen Gebrauch gemacht; Ältester der Mitglieder der Erbengemeinschaft sei auch nicht der Kläger, sondern seine Schwester. Die Ende 2015 erlassene Nachfolgesatzung sehe bei Fehlen von engeren Angehörigen den Übergang des Grabnutzungsrechts auf den Haupterben vor; wenn dieser wie hier (bei Erbanteilen von je einem Viertel) fehle, müsse die endgültige Klärung der Berechtigung der Erbauseinandersetzung überlassen werden. Das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass ein Grabnutzungsrecht grundsätzlich vererblich sei, so dass Inhaber auch eine Erbengemeinschaft sein könne. Unabhängig davon sei jedenfalls die Rücknahmefrist des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG nicht eingehalten, da der Beklagte spätestens bei der Vergabe des Grabnutzungsrechts an die Erbengemeinschaft am 11. Februar 2015 Kenntnis von den die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen erlangt habe.

b) Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung darzutun. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass das Grabnutzungsrecht nicht auf die Erbengemeinschaft übergehen konnte (nachfolgend aa), sondern beim Kläger verblieben ist (nachfolgend bb), und dass der Rücknahme des Bescheids vom 11. Februar 2015 auch nicht der Ablauf der gesetzlichen Ausschlussfrist entgegenstand (nachfolgend cc).

aa) Bei den in der Friedhofssatzung des Beklagten vorgesehenen Familiengräbern handelt es sich um sog. Wahlgräber, durch deren Überlassung zwar kein Eigentum erworben wird, der Berechtigte aber ein für einen längeren Zeitraum bestimmtes subjektiv-öffentliches Sondernutzungsrecht an der ausgewählten Grabstelle für sich und seine Angehörigen bzw. Rechtsnachfolger erhält (BayVGH, B.v 30.4.2008 – 4 B 05.3396 – juris Rn. 25 m.w.N.; U.v. 5.12.1990 – 4 B 87.2014 – VGH 44, 7/9 = BayVBl 1991, 465 m.w.N.; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 11. Aufl. 2016, S. 270 m.w.N.; Klingshirn/Drescher/Thimet, Bestattungsrecht in Bayern, Stand Okt. 2015, Kap. B 15 Rn. 13 ff.). Die Verleihung einer solchen Rechtsposition erfolgt in der Regel durch Erteilung einer auf eine bestimmte Person ausgestellten Graburkunde; sie setzt als mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt einen zumindest konkludenten Antrag des Erwerbers voraus, der gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG auch erst nachträglich gestellt werden kann (vgl. BayVGH, U.v. 7.6.1989 – 4 B 86.02596 – BayVBl 1990, 152 f.; Gaedke, a.a.O., 273 f.; Klingshirn/Drescher/Thimet, a.a.O., Rn. 2). Die Verlängerung des Grabnutzungsrechts wird üblicherweise ebenfalls von einer Antragstellung sowie von der zusätzlichen Bedingung einer vorherigen Bezahlung der Friedhofsgebühr abhängig gemacht (BayVGH, U.v. 5.12.1990, a.a.O., m.w.N.).

Da das Wahlbzw. Familiengrab als personengebundenes, hoheitlich verliehenes Sondernutzungsrecht nicht vermögensrechtlicher Art nicht durch ein bloßes Rechtsgeschäft übertragen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 3.9.2012 – 4 ZB 11.2075 – BayVBl 2013, 280 Rn. 8), kann darin auch keine unmittelbar der erbrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB) unterliegende Rechtsposition gesehen werden (Gaedke, a.a.O., S. 277; VG Magdeburg, U.v. 18.10.2013 – 9 A 155/12 – juris Rn. 21). Es obliegt vielmehr dem Friedhofsträger, durch entsprechende Satzungsbestimmungen festzulegen, ob und an wen das Grabrecht im Falle des Todes des bisherigen Inhabers übergeht, wobei allerdings stets zu berücksichtigen ist, dass auch der Rechtsnachfolger dem Erwerb des – mit einer Reihe von Pflichten verbundenen – Nutzungsrechts in irgendeiner Form zustimmen muss (Gaedke, a.a.O., S. 278 m.w.N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen konnte im vorliegenden Fall nach dem Tod des R. W. schon deshalb kein Übergang der Grabberechtigung an dem streitgegenständlichen Familiengrab auf die „Erbengemeinschaft nach R. W.“ stattfinden, weil in der Friedhofssatzung eine entsprechende Anwendung der erbrechtlichen Vorschriften einschließlich derjenigen über die Erbengemeinschaft (§§ 2032 ff. BGB) zu keinem Zeitpunkt vorgesehen war. Nach der beim Tod des R. W. geltenden Fassung der Satzung waren vielmehr, wie im Zulassungsantrag eingeräumt wird, bei Fehlen einer entsprechenden Erklärung des Verstorbenen der Ehegatte, die Nachkommen oder sonstige Verwandte bzw. Verschwägerte als Rechtsnachfolger vorgesehen (§ 9 Abs. 4 FS), wobei unter mehreren gleichrangigen Verwandten oder Verschwägerten bei fehlender Einigung der Beklagte den jeweils ältesten als Berechtigten zu bestimmen hatte (§ 9 Abs. 4 Satz 6 FS) und ein danach Berechtigter im Falle eines Verzichts als nicht vorhanden anzusehen war (§ 9 Abs. 4 Satz 7 FS). Aus diesen Regelungen ergab sich zum einen, dass immer nur eine einzelne Person und nicht auch eine Personengesamtheit als Rechtsnachfolger in Betracht kam, und zum anderen, dass niemand gegen seinen Willen zum neuen Inhaber des Familiengrabs erklärt werden konnte. Die mit Ausstellung der Graburkunde am 11. Februar 2015 (noch vor Inkrafttreten der Nachfolgesatzung) getroffene Regelung zur Rechtsnachfolge, wonach „die Erbengemeinschaft nach R. W.“ entgegen dem erklärten Willen von drei ihrer vier Mitglieder neuer Rechtsinhaber sei, wäre demzufolge selbst dann objektiv rechtswidrig gewesen, wenn R. W. tatsächlich zum Zeitpunkt seines Todes noch immer Inhaber des ihm 1971 verliehenen Grabnutzungsrechts gewesen wäre.

bb) Tatsächlich war dies jedoch nicht der Fall, wie das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil zutreffend dargelegt hat. Das mit Graburkunde vom 29. Dezember 1971 für die Dauer von 25 Jahren verliehene Recht endete, da den Akten weder ein Verlängerungsantrag des R. W. noch eine irgendwie verlautbarte Verlängerungsentscheidung des Friedhofsträgers zu entnehmen ist, mit Ablauf des 29. Dezember 1996. Allein der Umstand, dass in der Zwischenzeit zwei weitere Personen in dem Familiengrab bestattet wurden und damit jeweils neue Ruhezeiten zu laufen begannen, konnte ebenso wenig wie die (zumindest anfängliche) Zahlung der jährlich anfallenden Grabgebühren durch R. W. zu einer Verlängerung des in der ursprünglichen Graburkunde festgelegten Nutzungszeitraums führen. Erst mit der Ausstellung einer neuen Graburkunde auf den Kläger am 18. Oktober 2002 für den Nutzungszeitraum von 2002 bis 2027 wurde für die Grabstätte, für die es in der Zwischenzeit keinen bescheidsmäßig bestimmten Inhaber mehr gegeben hatte, ein neuer Nutzungsberechtigter verbindlich festgelegt.

Ob dieser – im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Bestattung des Vaters des Klägers getroffenen – Behördenentscheidung ein entsprechender Antrag des Klägers vorausgegangen war, kann hier offenbleiben. In der widerspruchslosen Entgegennahme der auf seinen Namen ausgestellten Graburkunde und in der gleichzeitigen Zahlung der mit Bescheid vom 18. Oktober 2002 geforderten Gebühren für die Nutzungszeitverlängerung bis 2027 lag jedenfalls ein tatsächliches Verhalten, das nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) nur als nachträglich gestellter Antrag auf Verleihung der betreffenden Rechtsposition verstanden werden konnte.

cc) Da der Tod des R. W. am 4. Juli 2012 somit an der zu diesem Zeitpunkt bestandskräftig festgestellten Rechtsinhaberschaft des Klägers nichts zu ändern vermochte, war die auf die „Erbengemeinschaft nach R. W.“ ausgestellte Graburkunde vom 11. Februar 2015 auch aus diesem (weiteren) Grund rechtswidrig, so dass sie nach Art. 48 BayVwVfG zurückgenommen werden konnte.

Die mit Bescheid vom 23. August 2016 erfolgte Rücknahme der – zumindest auch einen rechtlichen Vorteil begründenden – Graburkunde scheiterte auch nicht an der Versäumung der Jahresfrist des Art. 48 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG. Die genannte Frist beginnt erst zu laufen, wenn dem nach der behördeninternen Geschäftsverteilung zuständigen Amtswalter alle für die Rücknahme erheblichen Tatsachen vollständig und zweifelsfrei bekannt sind (BVerwG [GS], B.v. 19.12.1984 – GrSen 1/84 u.a. – BVerwGE 70, 356/364 f.). Hierzu gehört neben der bloßen (Er-)Kenntnis der Rechtswidrigkeit des früheren Bescheids auch die Kenntnis aller für einen möglichen Vertrauensschutz und für die zu treffende Ermessensentscheidung wesentlichen Umstände (BVerwG, a.a.O., 362 ff.). Nach dieser vom Gesetzgeber ausdrücklich gebilligten Auslegung (vgl. BT-Drs. 10/6283 S. 5) beginnt der Fristlauf erst dann, wenn die Behörde ohne weitere Sachaufklärung objektiv in der Lage ist, unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens über die Rücknahme des Verwaltungsakts zu entscheiden (BVerwG a.a.O.); dies setzt – sofern dadurch weitere entscheidungserhebliche Tatsachen ermittelt werden können – auch eine Anhörung des Betroffenen voraus (BVerwG, B.v. 4.12.2008 – 2 B 60/08 – juris Rn. 7; U.v. 24.1.2001 – 8 C 8/00 – BVerwGE 112, 360/364 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob der Beklagte bei der Erteilung der Graburkunde an die Erbengemeinschaft am 11. Februar 2015 noch ohne jeden Zweifel von der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung ausging, obwohl drei der vier Mitglieder bereits mit Schreiben vom 22. November 2013 Widerspruch gegen den an die Erbengemeinschaft ergangenen Gebührenbescheid vom 19. November 2013 eingelegt hatten. Über den Widerspruch wurde offensichtlich in der Folgezeit und wohl bis heute nicht entschieden; eine auch nur vorläufige rechtliche Bewertung der darin vorgebrachten Einwände durch den Beklagten lässt sich den Akten nicht entnehmen. Die Abbuchung der laufenden Grabgebühren aufgrund des vom Kläger erteilten Lastschriftmandats für das gemeinschaftliche Konto der Erbengemeinschaft wurde ersichtlich erst Anfang 2016 durch die übrigen Mitglieder unterbunden (Bl. 22 der Akten). Erst aufgrund dieser nachträglich eingetretenen Störung des Benutzungsverhältnisses und der dadurch ausgelösten weiteren Korrespondenz mit Mitgliedern der Erbengemeinschaft sowie mit der Ehefrau und dem Bevollmächtigten des Klägers hat der Beklagte – entgegen der von ihr selbst kurz zuvor ausgestellten Graburkunde – auf den Fortbestand der alleinigen Nutzungsberechtigung des Klägers verwiesen und damit zu erkennen gegeben, dass auch nach seiner Auffassung das auf die Erbengemeinschaft ausgestellte Dokument von Anfang an unrichtig war. Diese in schriftlicher Form erfolgten rechtlichen Hinweise wurden zwar nicht ausdrücklich als Anhörungsschreiben im Sinne des Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG gekennzeichnet; der Kläger konnte daraus aber entnehmen, dass an der Verleihung des Grabnutzungsrechts an die Erbengemeinschaft nunmehr nicht länger festgehalten werden sollte. Der Rücknahmebescheid vom 23. August 2016 erging damit in jedem Falle noch innerhalb eines Jahres, nachdem die Behörde aufgrund nochmaliger bzw. genauerer Befassung mit den vorangegangenen Verwaltungsvorgängen zu einer Änderung ihrer rechtlichen Einschätzung gelangt war.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 47, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 13. März 2015 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt im Eilverfahren die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihr vorläufig zwei Spielhallenerlaubnisse zu erteilen.

2

Die Antragstellerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betreibt zwei Spielhallen in der L.-Straße X in Hamburg. Ursprünglich hatte sie dort eine im Jahr 2007 übernommene Spielhalle mit einer Grundfläche von 153,78 m² betrieben. Hierfür hatte ihr die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 17. August 2007 eine unbefristete Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt. Nach Durchführung von Um- und Ausbaumaßnahmen beantragte die Antragstellerin unter dem 23. September 2011 jeweils eine Erlaubnis nach § 33i GewO für den Betrieb zweier Spielhallen im gleichen Gebäude, nämlich einer 144,61 m² großen Spielhalle (Halle 1) und einer 72,30 m² großen Spielhalle (Halle 2). Die dafür erforderliche Baugenehmigung war der Antragstellerin am 7. Januar 2010 erteilt worden. Mit zwei Bescheiden vom 1. November 2011 erteilte die Antragsgegnerin jeweils eine Erlaubnis gemäß § 33i GewO. Die die Halle 1 betreffende Erlaubnis ersetzte die Antragsgegnerin später durch eine Erlaubnis vom 7. Februar 2012.

3

Mit ihrem im Juni 2013 anhängig gemachten Eilantrag begehrte die Antragstellerin die vorläufige Feststellung, dass die beiden Spielhallen einstweilen als mit §§ 24, 25 des Glücksspielstaatsvertrags (Art. 1 des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland; durch Art. 1 § 2 des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Glücksspielwesens vom 29.6.2012, HmbGVBl. 2012, S 235, mit Gesetzeskraft veröffentlicht; im Folgenden: GlüStV) vereinbar gelten und keiner glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Hamburg (Hamburgisches Spielhallengesetz – HmbSpielhG – vom 4.12.2012, HmbGVBl. 2012, S. 505) bedürfen. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag mit Beschluss vom 10. September 2013 ab. Die Beschwerde der Antragstellerin hatte keinen Erfolg (OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, juris).

4

Im April bzw. Juni 2014 beantragte die Antragstellerin die Erteilung einer Erlaubnis nach § 24 GlüStV und § 2 HmbSpielhG für den Betrieb ihrer Spielhallen; ggf. sei sie nach § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG zu befreien. Die Antragsgegnerin vermaß daraufhin den Abstand zwischen den Spielhallen der Antragstellerin und dem nächsten Spielhallenstandort in der L.-Straße Y (2 Spielhallen). Der Fußweg beträgt 449,74 m. Mit Verfügung vom 31. Juli 2014 lehnte die Beklagte die Anträge der Antragstellerin ab.

5

Gegen die Bescheide legte die Antragstellerin Widerspruch ein. Am 13. Februar 2015 erhob sie Untätigkeitsklage mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide die beantragten Spielhallenerlaubnisse zu erteilen, hilfsweise sie unter Beachtung des Gerichts neu zu bescheiden (2 K 817/15). Mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Über die Klage ist noch nicht entschieden worden.

6

Bereits im Februar 2015 hat die Antragstellerin beantragt, die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihr bis zum Abschluss des Hauptverfahrens zwei vorläufige Spielhallenerlaubnisse zu erteilen, und hat u.a. geltend gemacht, sie habe nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts im Juni 2014 die Spielhallen geschlossen. Da sie den Mietvertrag bis zum Jahr 2017 abgeschlossen habe, müsse sie monatliche Mietzahlungen in Höhe von 6.500 Euro aufbringen. Die Investitionen in den Ausbau von ca. 350.000 Euro, die sie im Vertrauen auf die alte Rechtslage gemacht habe, hätten sich bisher nicht amortisiert.

7

Mit Beschluss vom 13. März 2015 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Antragstellerin bedürfe seit dem 1. Juli 2013 einer Erlaubnis nach § 24 GlüStV bzw. § 2 Abs. 1 HmbSpielhG. Ein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HmbSpielhG bestehe nicht. Der Erlaubnis stehe jedenfalls nach § 2 Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielhG das Gebot des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG entgegen. Die nächste Spielhalle sei ca. 449 m entfernt und eine Ausnahme von dem Abstandsgebot sei sowohl im Hinblick auf den Umfang der Unterschreitung um 50m als auch bezogen auf die geographischen Gegebenheiten nicht anzunehmen. Die Antragstellerin habe auch keinen Anspruch auf eine Befreiung nach § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielhG von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielhG. Es fehle bereits an dem Tatbestandsmerkmal einer „unbilligen Härte“. Notwendig seien im Einzelfall besondere Umstände, die die Pflicht zur Einhaltung der Regelungen des HmbSpielhG schlechterdings unerträglich erscheinen ließen. Gesichtspunkte wie die Fortführung der bereits seit dem Jahr 2007 betriebenen Spielhalle an diesem Standort und der Zeitpunkt der Antragstellung im September 2011 sowie die getätigten Investitionen stellten keine unvermeidbare Härte dar. Die Versagung der Erlaubnisse führe hier auch nicht zur Existenzvernichtung, da die Antragstellerin an zahlreichen Standorten Spielhallen betreibe.

II.

A

8

Die Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

9

Mit ihrer Beschwerdebegründung, auf die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO abzustellen ist, hat die Antragstellerin die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ernsthaft in Zweifel gezogen. Sie hat eingewandt, § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG sei als Erlaubnisvoraussetzung nicht anwendbar, weil es an der Gesetzgebungszuständigkeit der Antragsgegnerin fehle und darüber hinaus das Verbot der Mehrfachkonzession und die Abstandsregelung materiell verfassungswidrig seien. Zudem setze § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielhG nicht den drohenden wirtschaftlichen Ruin voraus. Mit diesem Vortrag hat die Antragstellerin u.a. die Wertung des Verwaltungsgerichts, von der Verfassungskonformität des § 2 HmbSpielhG sei auszugehen und eine unbillige Härte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielhG verlange eine drohende Existenzvernichtung, mit beachtlichen Argumenten ernstlich in Zweifel gezogen.

10

Die hiernach grundsätzlich zulässige vollständige Überprüfung der Sach- und Rechtslage durch das Beschwerdegericht führt im Ergebnis zu keiner Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zwei vorläufige Spielhallenerlaubnisse zu erteilen, abgelehnt.

11

Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nach § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 920 ZPO nicht glaubhaft gemacht. Sie hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie einen Anspruch auf die vorläufige Erteilung der begehrten Erlaubnisse nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG zum Betrieb ihrer Spielhallen am Standort L.-Straße X in Hamburg hat. Es fehlt an den Erteilungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 4 und 6 HmbSpielhG (1). Der Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf Befreiung von diesen Anforderungen nach § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG (2).

12

1. Nach § 2 Abs. 5 Nr. 4 bzw. Nr. 6 HmbSpielhG ist die Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG insbesondere u.a. dann zu versagen, wenn der Abstand zu weiteren Unternehmen gemäß Abs. 2 Satz 2 von 500 m unterschritten wird oder wenn das Unternehmen nach § 1 Abs. 2 in einem baulichen Verbund, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex, mit einem oder mehreren Unternehmen steht. Diese in § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG geregelten Anforderungen an das Mindestabstandsgebot und das Verbot der Mehrfachkonzession sind anzuwenden (a). Die Voraussetzungen, unter denen nach den genannten Regelungen die Erlaubnis zu versagen ist, liegen vor (b).

13

a) Die Antragstellerin wird durch die Regelungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG voraussichtlich nicht in ihrem Recht auf freie Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt.

14

Bei der Bestimmung zum Mindestabstand und bei dem Verbot der Mehrfachkonzession zwischen Spielhallen handelt es sich um Eingriffe in eine Berufsausübungsfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG. Denn derjenige, der eine Spielhalle betreiben will, bedarf der Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielHG und dessen Unternehmen muss (ggf. nach Ablauf einer in § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielG geregelten Übergangsfrist) u.a. die Anforderungen des § 2 Abs. 2 HmbSpielG erfüllen. Die Regelung stellt keinen Eingriff in die Berufswahlfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG dar, weil die Betroffenen durch die hier relevanten Regelungen des HmbSpielhG weder an der Berufswahl noch daran gehindert sind, jederzeit an einem geeigneten Ort eine neue Spielhalle zu eröffnen (vgl. zum Maßstab: OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 29 m.w.N.).

15

Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt (BVerfG, Beschl. v. 25.3.1992, 1 BvR 298/86, BVerfGE 86, 28, juris Rn. 46 ff.). Sie müssen zudem auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.12.1999, 1 BvR 1904/95 u.a., BVerfGE 101, 331, juris Rn. 70). Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Einschränkungen der Berufsfreiheit stehen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Daher müssen die Eingriffe zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet sein und dürfen nicht weiter gehen, als es die Gemeinwohlbelange erfordern (vgl. BVerfG Beschl. v. 16.1.2002, 1 BvR 1236/99, BVerfGE 104, 357, juris Rn. 34). Die Eingriffsmittel dürfen zudem nicht übermäßig belastend sein, so dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. BVerfG, Urt. v, 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 95 m.w.N.).

16

aa) Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, 70 GG formell verfassungsgemäß. Die hier streitgegenständlichen Regelungen sind nicht kompetenzwidrig zustande gekommen. Die Antragsgegnerin war für den Erlass der Regelung nach Art. 70 Abs. 1 GG zuständig.

17

Das Recht der Spielhallen fällt in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder (Art. 70 Abs. 1 GG). Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung u.a. auf das Recht der Wirtschaft ohne das Recht der Spielhallen. Die Frage, ob zu dem in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder fallenden „Recht der Spielhallen“ nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG auch Regelungen zum Mindestabstandsgebot und zum Verbot der Mehrfachkonzession zählen, oder ob für diese im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit für das „Recht der Wirtschaft“ der Bund zuständig (geblieben) ist, ist umstritten. Gegen die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für die hier maßgeblichen Vorschriften bestehen keine Bedenken.

18

Das Grundgesetz bestimmt den Begriff „Recht der Spielhallen“ nicht. Aus dem Wortlaut des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG lassen sich eine Beschränkung auf die Maßgaben der Spielhallenerlaubnis und damit Anhaltspunkte für die Auslegung, das Recht der Spielhallen sei durch die Regelung des § 33i GewO bestimmt, nicht entnehmen. Wie das Beschwerdegericht bereits festgestellt hat, lässt sich auch der Entstehungsgeschichte der Neuregelung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG eine Beschränkung des Rechts der Spielhallen allein auf den Regelungsgegenstand des § 33i GewO nicht entnehmen (vgl. ausführl. OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, NordÖR 2015, 489, juris Rn. 75 ff.). Auch Sinn und Zweck der Neuregelung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG sprechen gegen die Beschränkung des Rechts der Spielhallen auf den engen Regelungsbereich des § 33i GewO (OVG Hamburg, a.a.O., Rn. 83). Mit der Zuweisung des Kompetenztitel „Rechts der Spielhallen“ sollte der Landesgesetzgeber die Kompetenz erhalten, solche Vorschriften zu erlassen, die jedenfalls spielhallenbezogen sind und die örtlichen und räumlichen Gegebenheiten von Spielhallen betreffen. Dies trifft auf die hier relevanten Regelungen zu. Sie dienen gerade der Abwehr spielhallenstandortbezogener Gefahren (vgl. in diesem Sinne: StGH, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, juris Rn. 309 ff., 352 ff; BayVerfGH, Beschl. v. 28.6.2013, Vf 10-VII-12, NVwZ 2014, 141, juris Rn. 48 ff., VGH Mannheim, Beschl. v. 13.7.2015, 6 S 679/15, NVwZ-RR 2015, 737, juris Rn. 20; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5.13, juris Rn. 115 m.w.N.; OVG Koblenz, Urt. v. 26.8.2014, 6 A 10098/14, juris Rn. 19).

19

Der Einwand der Antragstellerin, das Verbot der Mehrfachkonzession und die Abstandregelung hätten zwar vordergründig Spielhallen zum Gegenstand, tatsächlich handele es sich aber um abstrakte Gefahrenabwehrregelungen, die kompetenzrechtlich jeweils der Stammmaterie, dem unter Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG fallenden gewerblichen Geräte- und Aufstellungsrecht (§§ 33c, d, e GewO) zuzuordnen seien, überzeugt nicht. § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG dient der Beseitigung von Anreizen für ein problematisches Spielverhalten, die sich aus der räumlichen Dichte und Nähe von Spielhallen (auch zu Kinder- und Jugendeinrichtungen) und damit aus einem hohen und einfach zu erreichenden Angebot an Gewinngeldspielgeräten ergeben. Mit dem Ansatz, die abstrakten Gefahren, die primär von Geldspielgeräten ausgingen, gingen damit zwangsläufig von den Spielhallen aus, die diese Geräte der Öffentlichkeit zugänglich machten, lässt sich eine fehlende Zuständigkeit der Länder nicht begründen. Dass die erlaubnispflichtige Aufstellung von Geldspielgeräten und deren technische Beschaffenheit aus Gründen gleicher Anforderungen im gesamten Bundesgebiet bundesrechtlich geregelt werden sollen (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, juris Rn. 78, 81), lässt die Zuständigkeit der Länder zur Eindämmung der u.U. örtlich unterschiedlich einzuschätzenden, abstrakten Gefahren, die von der räumlichen Lage von Spielhallen und insbesondere ihrer Dichte ausgehen, unberührt.

20

Auch der Hinweis der Antragstellerin u.a. auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz (BVerfG, Beschl. v. 3.7.2012, 2 PBvU 1/11, BVerfGE 132, 1, juris), wonach die Gesetzgebungskompetenz für den Luftverkehr als Annex die Befugnis umfasst, Regelungen zur Abwehr sich aus dem Luftverkehr ergebender Gefahren zu treffen, rechtfertigt keine andere Wertung. Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Annex-Kompetenz zu automatenbezogenen bundesrechtlichen Regelungen, sondern um Regelungen, die den sich aus den örtlichen Besonderheiten ergebenden, von der Lage und Dichte der Spielhallen ausgehenden standortbezogenen Gefahren entgegenwirken sollen. Für solche besteht die Gesetzgebungskompetenz der Länder (vgl. in diesem Sinne auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5. 13, juris Rn. 138; VGH Mannheim, Beschl. v. 13.7.2015, 6 S 679/15, Rn. 20, 21).

21

Auch aus dem Hinweis der Antragstellerin auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Oktober 1984 (1 C 47.82, Buchholz 451.20 § 33i GewO Nr. 3, juris Rn. 17), die die im dortigen Fall relevanten, auf die konkrete Spielhalle zu beziehenden Anforderungen an den Versagungsgrund des § 33i Abs. 2 Nr. 3 GewO betrifft, ergibt sich nicht, inwieweit die dortigen Ausführungen gegen eine Zuständigkeit der Länder für abstrakte, mit der Lage von Spielhallen zusammenhängende Gefahren sprechen sollten.

22

Soweit die Antragstellerin darauf hinweist, die Spielverordnung (SpielV) sei zwischenzeitlich novelliert worden und der Bundesverordnungsgeber regele weiterhin in §§ 1 und 2 SpielV die Aufstellung von Geldspielgeräten in Spielhallen generell und ohne weitergehende räumlich-örtliche Beschränkung, dies müssten die Länder respektieren, spricht auch dies nicht gegen die Gesetzgebungszuständigkeit der Antragsgegnerin. Dass der Bundesverordnungsgeber bei der letzten Änderung der SpielV auf eine räumliche Beschränkung der Spielhallen und der Zahl von Geldspielgeräten in einem Gebäude verzichtet hat, hindert angesichts der Kompetenzverlagerung die Länder nicht, diesbezügliche Regelungen im Hinblick auf spielhallenbezogene Gefahren zu erlassen. Zudem lässt Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG, da einzelne Länder von der Kompetenz zur Regelung des Rechts der Spielhallen keinen Gebrauch gemacht haben, weiter Raum für den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 SpielV (vgl. auch OVG Berlin- Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5.13, juris Rn. 139; Beschl. v. 29.10.2014, OVG 1 S 30.13, GewArch 2015, 46 [LS], juris Rn. 62).

23

Dem Abstandsgebot und dem Verbot von Mehrfachkonzessionen fehlt auch eine städtebauliche Zielsetzung. Sie verfolgen vielmehr das ausschließliche Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen (vgl. hierzu eingehend StGH BW, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, juris Rn. 309, 351, 391 ff.); BayVerfGH, Entsch. v. 28.6.2013, NVwZ 2014, 141, juris Rn. 82; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, juris Rn. 14 m.w.N.; OVG Koblenz, Urt. v. 26.8.2014, 6 A 10098/14, juris Rn. 19; OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.4.2014, 7 ME 121/13, juris Rn. 43; VGH Mannheim, Beschl. v. 4.4.2014, 6 S 1795/13, juris Rn. 7 ff.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 7.1.2014, ZfWG 2014, 115, juris Rn. 22).

24

bb) Bedenken gegen die materielle Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG bestehen nicht. Der sich aus den Regelungen ergebende Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ist materiell verfassungsgemäß.

25

(1) Der Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin ist durch ein Gemeinwohlziel legitimiert.

26

Für die Beschränkung des Angebots an Spielhallen durch das Abstandsgebot und das Verbot von Mehrfachspielhallen nach § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielG sprechen vernünftige Gründe des Gemeinwohls. Das HmbSpielhG dient u.a. dem Ziel, Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen, und der Bekämpfung der Spielsucht. Diese angestrebten Ziele sind solche des Gemeinwohls, die Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit in Bezug auf den Betrieb von Spielhallen rechtfertigen können (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, NVwZ-RR 2014, 317 [LS], juris Rn. 16; ausf. Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 36 m.w.N.). Die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG soll unter anderem die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtprävention schaffen, indem die Dichte von und Mindestabstände zwischen Spielhallenstandorten bestimmt werden.

27

(2) Die Unverhältnismäßigkeit der die Berufsausübung regelnden Vorschrift lässt sich nicht feststellen. Das Abstandsgebot und das Verbot von Mehrfachspielhallen sind zur Erreichung des Gemeinwohlziels geeignet, erforderlich und angemessen.

28

Der Gesetzgeber besitzt bei der Regelung der Berufsfreiheit einen Einschätzungs- und Prognosespielraum auch bei der Beurteilung der Bedrohungslage für das Gemeinschaftsgut, zu dessen Schutz er im konkreten Fall tätig wird (vgl. zu den Grenzen: BVerfG, Beschl. v. 20.8.2013, 1 BvR 2402/12, 1 BvR2684/12, juris Rn. 24). Für die Eignung einer vom Gesetzgeber gewählten Maßnahme reicht es aus, dass der durch die Berufsausübungsregelung gewünschte Erfolg gefördert wird.

29

Nach diesem Maßstab sind die obengenannten Regelungen zur Erreichung der Spielsuchtprävention und des Jugendschutzes geeignet. Mit der Bestimmung, dass der Abstand u.a. zwischen Spielhallen 500 m nicht unterschreiten soll und dass an jedem Spielhallenstandort nur ein Unternehmen nach § 1 Abs. 2 zugelassen wird, soll in Zukunft die Zahl der vorhandenen Spielhallen reduziert und ihr Abstand vergrößert werden. Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 2 HmbSpielhG, die der Willensbildung des Gesetzgebers bei dem Beschlussfassung des Gesetzes zu Grunde lag, hat er angenommen, dass die Zahl der Konzessionen im Jahr 2010 noch einmal gestiegen ist und dass durch sog. Mehrfachkonzessionen neben den bereits bestehenden weitere größere Spielhallenkomplexe entstanden sind. Zudem ist er davon ausgegangen, dass mehrere Erlaubnisse für einen Standort auf Grund des massiven Angebots an Geldspielgeräten in engem räumlichen Verbund ein wesentliches Element zur Steigerung der Spielsucht darstellen (vgl. zu § 2 Abs. 2 Satz 1: Bü-Drs. 20/ 3228, S. 8, Bü-Drs. 20/5877, S. 26). Zur Abstandsregelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG, die das Verbot der Mehrfachkonzession ergänzt, heißt es in der Gesetzesbegründung, die Zulassung von Spielhallen innerhalb kurzer Wegstrecken erhöhe das Angebot von die Spielsucht fördernden Geldspielgeräten und leiste der übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs Vorschub. Durch das Verlassen der Spielhalle verbunden mit einem längeren Fußweg bestehe die Möglichkeit, dass die Spielerin oder der Spieler das Spiel abbreche. Die Spieler sollten sich nach dem Verlassen der Spielhalle so weit von ihrer Atmosphäre gelöst haben, dass ein selbständiger neuer Entschluss zum Betreten einer weiteren Spielhalle erforderlich sei (Bü-Drs. 20/5877, S. 26).

30

Dass diese Maßnahmen – z.B. wenn ein Spieler, wie die Antragstellerin einwendet, beschließt, die Distanz zwischen Spielhallen mit dem PKW oder öffentlichen Verkehrsmitteln zu überwinden und in einer anderen Spielhalle weiterzuspielen - in nicht jedem Einzelfall den gewünschten Erfolg vollständig herbeiführen, ist für die generelle Geeignetheit der Maßnahmen unerheblich. Auch spricht die Behauptung der Antragstellerin, das – vom Gesetzgeber bei der Schaffung der Abstandsregelung unterstellte - Wechseln der Spielhalle sei, anders als bei Gaststättenbesuchen, bei modernen Spielhallen kein typisches Spielerverhalten und ein pathologischer Spieler spiele nur in einer Spielhalle und breche das Spiel dort endgültig ab, wenn die Sperrzeit erreicht sei oder er kein Geld mehr habe, nicht gegen die Geeignetheit der Maßnahmen für den Gesundheitsschutz. Vielmehr ist es ausreichend, dass mit Hilfe der Reduzierung der Zahl der Spielhallen der gewünschte Erfolg der Spielsuchtprävention, die gerade auch potenzielle Spieler erreichen will - wie hier - gefördert werden kann.

31

Auch der Hinweis, in bestimmten Bereichen der Stadt („Reeperbahn“) lasse der Gesetzgeber schon einen Abstand zwischen Spielhallen von 100 m Fußweg ausreichen, um den Spieler vor sich selbst zu schützen, stellt die Geeignetheit der Abstandsregelung zur Suchtprävention im übrigen Stadtgebiet nicht in Frage. In bestimmten „Amüsiervierteln“ hat sich der Gesetzgeber neben dem Spielerschutz an weiteren Zielen des GlStV orientiert wie u.a. an der Notwendigkeit eines kanalisierten legalen Glücksspielangebots (vgl. zu § 2 Abs. 2 Satz 3 HmbSpielG: Bü-Drs. 20/5877, S. 26). Diese Erwägungen sind sachgerecht und rechtfertigen eine höhere Spielhallendichte in abgegrenzten Bereichen der Stadt (vgl. dazu ausführlich: OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 68 f.).

32

Die Regelungen sind erforderlich. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit seiner Einschätzung, es seien in der Vergangenheit aufgrund von Mehrfachkonzessionen neben den bereits bestehenden Spielhallen große Spielhallenkomplexe mit einem massiven Angebot an Geldspielgeräten entstanden, die Zahl der Personen mit pathologischem Glücksspielverhalten oder gefährdete Spieler bezogen auf das Automatenglücksspiel habe zugenommen und Abstände zwischen den Spielhallen führten zu einer effektiveren Suchtprävention (Bü-Drs. 20/5877, S. 25, 26; vgl. auch BÜ-Prot. 20/9, 20/14, Seite 24), seinen Beurteilungsspielraum überschritten hat. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Einschätzung des Gesetzgebers, ein großzügig bemessener Abstand von 500 m zwischen den Spielhallen könne eher zur Aufgabe des Spiels führen, fehlsam sein könnte (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5/13, Rn. 152 ff.). Dass andere in gleicher Weise wirksame, aber weniger einschneidende Möglichkeiten zur Verknappung des Spielhallenangebots bestehen, ist nicht ersichtlich.

33

Die Regelungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG sind auch angemessen und damit verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Einschränkungen der Spielhallenbetreiber stehen nicht außer Verhältnis zum erstrebten Ziel:

34

Trifft der Gesetzgeber Regelungen, die in die Freiheit der Berufsausübung eingreifen, so muss bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt sein (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008,1 BvR 3262/07, BVerfGE 121, 317, juris Rn. 117). Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit ist eine generalisierende Betrachtungsweise geboten, die auf den betroffenen Wirtschaftszweig generell abstellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.8.2013, 1 BvR 2402/12, 1 BvR 21 BvR 2684/12, NVwR-RR 2013, 985, juris Rn. 28 m.w.N.).

35

Nach diesem Maßstab sind das Gebot von größeren Abständen zwischen Spielhallen und das Verbot der Mehrfachkonzession verhältnismäßig. Zwar weist die Antragstellerin zu Recht darauf hin, dass nun faktisch für eine Strecke von 1000 m ein Ansiedlungsverbot bestehe. Das wegen der schweren Folgen der Spielsucht und des hohen Suchtpotenzials des gewerblichen Automatenspiels hohe Gewicht des Spielerschutzes und der Spielsuchtprävention überwiegt aber das Gewicht des wirtschaftlichen Interesses der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Einhaltung der neuen Erlaubnisanforderungen verschont zu bleiben. Sollte sich wegen der Abstandsregelungen und des Verbots der Mehrfachkonzession eine bisher an einem bestimmten Ort erlaubte berufliche Tätigkeit nicht realisieren lassen, ist dies nicht unverhältnismäßig. Es steht der Berufsgruppe der Spielhallenbetreiber trotz des Verbots der Mehrfachkonzession und der Abstandsregelung offen, Spielhallen mit Einzelkonzessionen oder solche jenseits der Ballungszentren zu betreiben (vgl. auch OVG Berlin- Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5.13, juris Rn. 165).

36

b) Der Erteilung der Erlaubnisse für die beiden Spielhallen der Antragstellerin steht § 2 Abs. 5 Nr. 6 und 4 HmbSpielhG entgegen.

37

aa) Nach § 2 Abs. 5 Nr. 6 HmbSpielhG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn ein Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 2 HmbSpielG in einem baulichen Verbund mit einem anderen Unternehmen steht. Dies ist hier der Fall. Die beiden Spielhallen der Antragstellerin befinden sich in einem Gebäude. Für jeden Spielhallenstandort darf aber nach § 2 Abs. 2 Satz 1 HmbSpielhG nur ein Unternehmen zugelassen werden.

38

bb) Weiter steht der Erteilung von Erlaubnissen für jede der beiden Spielhallen § 2 Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielG entgegen, da hier der zur nächstgelegenen Spielhalle einzuhaltende Abstand unterschritten wird und von diesem nicht ausnahmsweise abgewichen werden kann.

39

Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG soll der Abstand zu weiteren Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen 500 m nicht unterschreiten. Der fußläufige Abstand zu der nächsten „älteren“ Doppelspielhalle (L.-Straße Y) beträgt hier nach den von der Antragstellerin nicht bestrittenen Messungen der Antragsgegnerin lediglich ca. 449 m.

40

Ein Sachverhalt, der es rechtfertigen könnte, ausnahmsweise von der regelhaft zu erfüllen Voraussetzung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielG abzusehen, liegt nicht vor. Dafür wäre es erforderlich, dass gemessen an den Zielen des Glückspielstaatsvertrages bzw. des HmbSpielhG hier ein atypischer Fall vorliegt, der eine Unterschreitung des Abstands von 500 m rechtfertigt. Die bloße Tatsache, dass hier die notwendige Entfernung zur nächsten Spielhalle um ca. 50 m unterschritten wird, rechtfertigt für sich genommen keine Ausnahme. Jedenfalls bei einer Unterschreitung des Fußwegs um ca. 10% ist nicht von einer so geringfügigen Abweichung von der vom Gesetzgeber für notwendig befundenen Entfernung auszugehen, dass damit der Zweck der Abstandsregelung, den Spieler nach dem Verlassen einer Spielhalle durch die Überwindung einer längeren Wegstrecke vom Weiterspielen abzuhalten, in gleicher Weise eintreten kann.

41

Im Übrigen hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass hier die geographischen Gegebenheiten eine Ausnahme rechtfertigen. Anhaltspunkte dafür, dass wegen der Lage der beiden Spielhallenstandorte mit jeweils zwei Spielhallen zueinander ausnahmsweise auch bei einer kürzeren Entfernung als 500 m derselbe Effekt des „Sich-Lösens“ von dem „Spielhallenfluidum“ eintreten kann, hat die Antragstellerin nicht nachvollziehbar dargelegt. Die beiden Spielhallenstandorte befinden sich an unterschiedlichen Straßenseiten der großzügig bebauten, stark befahrenen L.er Chaussee, die durch Ampelanlagen unterbrochen wird und von der Querstraßen abgehen. Sichtkontakt zum jeweils anderen Spielhallenstandort besteht zwar nicht. Entgegen der Bewertung der Antragstellerin stellt diese Lage allerdings keine Besonderheit dar. Dass über eine Entfernung von 449 m Fußweg zu einer nächstgelegenen Spielhalle kein Sichtkontakt besteht, ist eher die Regel. Lagen in Ballungszentren von (Groß-) Städten sind dadurch gekennzeichnet, dass von größeren Verbindungsstraßen, die oft nur mithilfe von Ampeln sicher überquert werden können, zahlreiche kleinere Nebenstraßen abzweigen, an denen – ebenso wie an den Hauptstraßen - jeweils Spielhallen liegen. Sichtkontakt besteht meist allein wegen der Anordnung der Straßen zueinander und insbesondere wegen der z.T. hohen und dichten Bebauung nicht.

42

Die Antragstellerin weist weiter darauf hin, es sei die Regel, dass ein Spieler auf derselben Straßenseite weitergehe, an der die Spielhalle gelegen sei, die er verlasse. Hier sehe er die nächste Spielstätte in der L.er Chaussee Nr. ... erst dann, wenn ihm ein problemloser Wechsel der Straßenseite an der Ampelanlage T.- Straße nicht mehr möglich sei und er daher die nächste Kreuzung benutzen müsse. Dafür benötige er einen Fußweg von 501 m. Aber auch das Warten und Überqueren der Straße an dieser Ampelanlage führe zu einem ausreichenden „Abkühlen“ des Spielers, da er mehr Zeit benötige als für den Fußweg über 501 m auf derselben Straßenseite. Damit legt die Antragstellerin bereits nicht nachvollziehbar dar, inwieweit sich aus der Tatsache, dass der Spieler zunächst die gleiche Straßenseite benutzt, eine um 50 m längere Wegstrecke ergibt als nach der Messung der Antragsgegnerin. Zudem liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die - unterstellte - Tatsache, dass ein Spieler mangels Blickkontakts möglicherweise nicht die erste mögliche Gelegenheit, eine Straße zu überqueren, nutzt, sondern eine spätere, ein regelhaft auftretendes Verhalten darstellt und damit einen atypischen Sachverhalt begründen kann. Soweit die Antragstellerin auf die Wartezeit an einer Ampel hinweist, legt sie damit nicht nachvollziehbar dar, dass diese regelmäßig von einer Dauer ist, die dem „Abkühlungs“-Effekt eines um 50 m längeren Fußwegs entspricht.

43

2. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG liegen hier nicht vor.

44

Nach § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG kann die für die Erlaubniserteilung zuständige Behörde nach Ablauf des in § 9 Abs. 1 Satz 1 oder 2 HmbSpielhG bestimmten Zeitraums eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen dieses Gesetzes über einen angemessenen Zeitraum zulassen, soweit dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist; hierbei sind der Zeitpunkt der Erlaubnis gemäß § 33i GewO sowie der Schutzzweck des HmbSpielhG zu berücksichtigen. Die Antragstellerin hat im vorliegenden Fall nicht glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG für die beiden von ihr betriebenen Spielhallen vorliegen. Die Voraussetzungen einer „unbilligen Härte“ dürften hier nicht gegeben sein.

45

Nach § 9 Abs. 1 Satz 5 HmbSpielhG kann eine unbillige Härte insbesondere dann vorliegen, wenn eine Anpassung des Betriebes an die Anforderungen dieses Gesetzes aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder mit einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht vereinbar ist. Anders als es die Antragstellerin annimmt, stellte die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielhG nicht lediglich ergänzend zu den Übergangsregelungen ein Instrument dar, um den Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen des Betroffenen generell Rechnung zu tragen und/oder allgemein wirtschaftliche Härten der Neuregelung des Spielhallenrechts abzumildern. Für die Erteilung einer Befreiung kommt es nach Sinn und Zweck der Regelung darauf an, ob diese im konkreten Fall zur Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsausübung erforderlich ist. § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG entspricht seinem Wortlaut nach der Übergangsregelung des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlStV. Nach der zu § 29 Abs. 4 GlStV gegebenen Begründung tragen die Übergangsfrist von 5 Jahren in Satz 2 sowie die Möglichkeit, gemäß Satz 4 nach Ablauf der Frist im Einzelfall eine Befreiung von einzelnen materiellen Anforderungen zuzulassen, dem Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen der Betreiber in Abwägung mit den in §§ 24 und 25 verfolgten Allgemeinwohlinteressen angemessen Rechnung. Mittels einer Befreiung könne im individuellen Fall der notwendige Verhältnismäßigkeitsausgleich herbeigeführt werden. Dabei sei die Befreiung auf den Zeitraum zu beschränken, der erforderlich sei, um unzumutbaren Belastungen Rechnung zu tragen, ohne aber die in den §§ 24 und 25 verfolgten Allgemeinwohlinteressen auf Dauer hintanzustellen. Durch die Befreiungsregelung und die Anknüpfung an den Zeitpunkt der Erlaubniserteilung könne beispielsweise bei Spielhallenkomplexen ein stufenweiser Rückbau erreicht werden (vgl. BÜ-Drs. 20/3734, S. 86, 87). Insoweit wird hier differenziert zwischen den für alle unter § 29 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlStV, § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielhG fallenden Betriebsinhaber geltenden Übergangsregelungen und der weitergehenden Möglichkeit, im Einzelfall für den konkreten Betrieb zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit der neuen Anforderungen bei unzumutbaren Belastungen eine Befreiung für einen angemessenen Zeitraum zu erteilen. Soweit der hamburgische Gesetzgeber die Voraussetzung einer unbilligen Härte in § 9 Abs. 1 Satz 5 HmbSpielhG näher ausgestaltet hat, hat er in seiner Begründung darauf verwiesen, mittels der Befreiung könne im individuellen Fall die Verhältnismäßigkeit der Anforderung berücksichtigt werden. Insbesondere kleine Familienunternehmen sollten vor einer Vernichtung der Existenz geschützt werden (BÜ-Drs. 20/5877, S. 31). Offenbleiben kann, ob die letztgenannte Begründung des Gesetzgebers Anlass gibt, die Regelung des Satzes 5 trotz des weiter gefassten Wortlauts in dem Sinne eng auszulegen, dass eine Existenzvernichtung oder der wirtschaftliche Ruin des Betriebs zu erwarten sein muss. Zumindest verlangt § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielG für eine unbillige Härte, dass selbst nach dem Verstreichen der Übergangsfrist der Betreiber, dessen Vertrauen schutzwürdig ist, seinen Betrieb an die Neuregelungen nur mit der Folge anpassen könnte, dass die Betriebsführung zu wirtschaftlichen Verlusten führt.

46

Daran gemessen, hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass diese Voraussetzungen hier bezogen auf den Standort in der L.-Straße X vorliegen:

47

Zwar weist sie zu Recht darauf hin, dass der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis und das Vertrauen des Betreibers in den Bestand der alten Rechtslage bei der Bewertung nach § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG zu berücksichtigen sind. Zum Zeitpunkt der Erteilung der hier maßgeblichen Erlaubnisse vom 1. November 2011 konnte sie aber kein Vertrauen in den unveränderten Fortbestand ihrer Erlaubnisse nach der GewO mehr haben, da mit dem 28. Oktober 2011 Neuregelungen des Spielhallenrechts zu erwarten waren (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt: OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, a.a.O., juris Rn. Rn. 8, 24 f.). Die Antragstellerin kann auch nicht verlangen, dass zu ihren Gunsten berücksichtigt wird, dass sie schon im Jahr 2007 an diesem Standort eine Spielhalle betrieben hat und, wäre sie weiter im Besitz der ihr damals erteilten Erlaubnis geblieben, bis zum bis 30. Juni 2017 nach § 9 Abs. 1 Satz 1 HmbSpielhG ihren Betrieb hätte weiterführen können. Die Antragstellerin hat sich aus wirtschaftlichen Gründen entschieden, die im Jahr 2007 erworbene Spielhalle zu schließen und an dem Standort zwei neue Betriebe zu errichten. Sie hat nicht allein deshalb neue Erlaubnisse beantragen müssen, weil sie die 153,78 m² große frühere Spielhalle im Jahr 2010/2011 lediglich modernisiert und in zwei Spielhallen aufgeteilt hat (vgl. zur raumbezogenen Erlaubnis: BVerwG, Urt. v. 23.11.2005, 6 C 8.05, Buchholz 451.20 § 33c GewO Nr. 6, juris Rn. 6). Vielmehr hat sie die gesamte Fläche um mehr als 50 m² vergrößert und diese - wohl im Hinblick auf eine optimale wirtschaftliche Ausnutzung der Regelung des § 3 Abs. 2 SpielV (pro 12 m² ein Spielgerät, 12 Geräte max.) – auf zwei Hallen aufgeteilt. Insoweit bestand nach der Modernisierung und dem massiven Umbau der früheren Spielhalle weder ein räumlicher noch ein gerätebezogener Bezug zu der im Jahr 2007 genehmigten Spielhalle.

48

Auch ihr Vortrag, sie habe im Hinblick auf den Umbau in den Jahren 2010/2011 hohe Investitionen zu einem Zeitpunkt erbracht, als sie noch auf die alte Rechtslage habe vertrauen dürfen, begründet keine unbillige Härte. Zwar ist zu Gunsten der der Antragstellerin zu berücksichtigen, dass sie zum Zeitpunkt ihres Antrages auf Erteilung der Spielhallenerlaubnisse am 24. September 2011 von der geplanten Neuregelung des Spielhallenrechts und insbesondere der Verschärfung der Anforderungen an die Erteilung einer Erlaubnis noch nichts wissen konnte, da nach der Regelung des § 29 Abs. 4 Satz 2und 3 GlStV und des § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielhG erst mit dem Stichtag des 28. Oktober 2011 das Vertrauen in die Fortdauer der alten Rechtslage erschüttert war (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, juris Rn. 25 m.w.N.). Daher kann ihr nicht vorgeworfen werden, sie habe sich trotz Kenntnis von der Neuregelung des Spielhallenrechts eine Erlaubnis „auf Vorrat“ beschaffen wollen (vgl. zur Berücksichtigung dieser Sachverhalte zu Gunsten des Betreibers: OVG Weimar, Beschl. v. 8.4.2015, 3 EO 775/13, GewArch 2015, 511 [LS], juris Rn. 7). Auch hat sie nachgewiesen, dass sie im Hinblick auf die ihr im Jahr 2010 erteilte Baugenehmigung vor dem Stichtag bereits hohe Investitionen in den Ausbau der beiden Spielhallen getätigt hatte. Allein dies rechtfertigt aber allein nicht die Annahme einer unbilligen Härte. Diese dürfte u.a. allenfalls dann gegeben sein, wenn der einzelne Betrieb auch nach dem Ablauf der für eine verhältnismäßige Anpassung aus Sicht des Gesetzgebers erforderlichen, aber auch ausreichenden Übergangszeit von 5 bzw. maximal 1,8 Jahren Verluste erwirtschaftet.

49

Dafür hat die Antragstellerin keine konkreten Anhaltspunkte oder Nachweise dargelegt. Soweit sie darauf hinweist, im Vertrauen auf den Weiterbetrieb habe sie bei der Übernahme der Spielhalle im Jahr 2007 einen Mietvertrag über eine Zeitdauer von 10 Jahren abgeschlossen und müsse daher trotz Schließung der Hallen im Juni 2014 weiterhin monatlich 6.500,- Euro zahlen, sind insoweit keine wirtschaftlichen Verluste des Betriebs dargelegt. Die Antragstellerin durfte bei ordnungsgemäßer Betriebsführung spätestens zum Zeitpunkt der Erlaubnis am 1. November 2011, die auf geplante strengere Regelungen des Spielhallenrechts hinweist, nicht mehr von einem dauerhaften Betrieb der Spielhallen unter den alten rechtlichen Rahmenbedingungen der GewO ausgehen und war - trotz der Inanspruchnahme einstweiligen Rechtschutzes in Bezug auf die Übergangsregelung – gehalten, sich auf die neue Rechtslage einzustellen und ihren Betrieb anzupassen. Sie hat nicht dargelegt, inwieweit sie die Übergangszeit bis zum 30. Juni 2013 bzw. den weiteren Zeitraum bis zur Schließung und danach zur Vorbereitung und Anpassung ihres Geschäftsbetriebes auf bzw. an die geänderte Rechtslage genutzt und welche konkreten Maßnahmen sie unternommen hat (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 5.8.2015, 2 BvR 2190/14, WM 2015, 1827, juris Rn. 26). Die Antragstellerin hat bereits nicht nachgewiesen, dass und inwieweit sie mit der Vermieterin z.B. eine Vereinbarung über die Aufhebung des Mietvertrages oder die Reduzierung der Miethöhe zu erreichen versucht hat. Auch hat sie nicht dargelegt, dass sie bei Aufrechterhaltung des Mietvertrags die gemieteten Räume nicht anderweitig gewerblich nutzen oder untervermieten kann (vgl. dazu auch VGH Mannheim, Beschl. v. 13.7.2015, 6 S 679/15, NVwZ-RR 2015, 737 [LS], juris Rn. 34).

50

Dass die wirtschaftliche Lage der Antragstellerin wegen der Investitionen in Höhe von ca. 350.000,- Euro derart prekär ist, dass die Anpassung des Betriebs wegen der insoweit bestehenden Verluste nicht möglich ist, hat sie ebenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt. Die Antragstellerin war wegen der Erteilung der Erlaubnis für den Betrieb der beiden Spielhallen zum 1. November 2011 in der Lage, die Übergangsfrist für die nach dem Stichtag erteilte Erlaubnis maximal auszunutzen und ihre Investitionen zu amortisieren. In welchem Umfang ihr dies (nicht) gelungen ist, legt sie nicht substantiiert dar. Zwar hat sie auf die bilanzrechtlichen / steuerlichen Abschreibungsfristen und –werte hingewiesen und geltend gemacht, innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr und 8 Monaten lasse sich eine solche Investitionssumme naturgemäß nicht amortisieren. Sie hat aber nicht anhand von Unternehmensergebnissen (Umsätzen/Erträgen) für den hier maßgeblichen Standort nachgewiesen, dass sie die Investitionen nicht (auch) durch Erträge kompensiert hat. Auch hat die Antragstellerin lediglich darauf hingewiesen, anders als es das Verwaltungsgericht annehme, bezögen sich ihre getätigten Investitionen nicht auf Geldspielgeräte, sondern auf ortsbezogene Einbauten und seien daher „verloren“. Insoweit mag zwar einiges dafür sprechen, dass sie die zur Erneuerung (oder Erweiterung) z.B. des Bodens, der Elektrik und der Sanitäreinrichtungen eingebrachten Einbauten nicht veräußern oder an anderen Standorten weiterverwerten kann. Dies ändert aber nichts daran, dass die Antragstellerin, die an zahlreichen Standorten in Hamburg und im Bundesgebiet Spielhallen betreibt, einzelne der (nach den vorgelegten Rechnungen erfolgten) Einbauten wie z.B. die Videoanlage, Leuchten, den Tresor oder die Thekeneinrichtung ausbauen und an einem anderen Standort weiterverwenden oder an Dritte veräußern kann.

B

51

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes bestimmt sich nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Das Beschwerdegericht hat sich an Nr. 54.1 des Streitweitkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert und für jede der Spielhallen einen Wert von 15.000,- Euro für das Hauptsacheverfahren zu Grunde gelegt. Für das Eilverfahren ist dieser Wert zu halbieren.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob die in § 10a GewStG geregelte Mindestbesteuerung des Gewerbeertrages in Fällen der endgültigen Verhinderung von Verlustverrechnungen eine Billigkeitsmaßnahme gebietet.

I.

2

1. Auslöser des Ausgangsverfahrens war die Änderung der Verrechenbarkeit von Verlustvorträgen gemäß § 10a GewStG durch das Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23. Dezember 2003 (BGBl I S. 2922). Die Vorschrift führte - in paralleler Ausgestaltung der Verlustabzugsbeschränkung nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfeh- lung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl I S. 2840) - eine gewerbesteuerliche Mindestbesteuerung ein, indem sie die Verrechenbarkeit von Verlustvorträgen zunächst auf 1 Mio. Euro und hinsichtlich des übersteigenden Gewerbeertrages in einem Erhebungszeitraum auf 60 % des Gewerbeertrages begrenzte.

3

§ 10a Sätze 1 und 2 GewStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23. Dezember 2003 (BGBl I S. 2922) lauten:

1Der maßgebende Gewerbeertrag wird bis zu einem Betrag in Höhe von 1 Million Euro um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind.2Der 1 Million Euro übersteigende maßgebende Gewerbeertrag ist bis zu 60 vom Hundert um nach Satz 1 nicht berücksichtigte Fehlbeträge der vorangegangenen Erhebungszeiträume zu kürzen.

4

2. Die Beschwerdeführerin ist eine Personengesellschaft, die sich in Liquidation befindet. Sie wurde im Jahr 1997 als Projektgesellschaft zur Durchführung und Finanzierung eines einzigen Projekts (Erwerb und Vermietung einer Müllverbrennungsanlage) gegründet. Nach gewerbesteuerlichen Verlusten fiel erst im Jahr 2008, dem letzten Jahr ihrer Geschäftstätigkeit, aufgrund des planmäßigen Ausscheidens eines Gesellschafters ein Gewinn von circa 140 Mio. Euro an (sogenannter Exitgewinn). Zwar standen diesem Gewinn festgestellte Gewerbeverluste in Höhe von circa 110 Mio. Euro gegenüber. Diese Verluste wurden jedoch aufgrund der Mindestbesteuerung gemäß § 10a GewStG nur teilweise zur Verrechnung zugelassen. Hiervon ausgehend setzte die Gemeinde die Gewerbesteuer für 2008 auf circa 4,67 Mio. Euro fest. Ohne die Mindestbesteuerung hätte die Gewerbesteuerfestsetzung nur circa 2,51 Mio. Euro betragen. Der Rechtsstreit gegen die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages ist noch anhängig.

5

In der Folgezeit beantragte die Beschwerdeführerin bei der Gemeinde, die Gewerbesteuer im Wege einer Billigkeitsmaßnahme wegen des Vorliegens eines Härtefalles um circa 2,16 Mio. Euro niedriger festzusetzen. Die Gemeinde lehnte diesen Antrag ab. Der hiergegen erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht statt und verpflichtete die Gemeinde, die begehrte Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO zu gewähren. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, eine zum Erlass verpflichtende unbillige Härte liege immer dann vor, wenn die Mindestbesteuerung - wie hier - zu einer endgültigen Belastung führe (sogenannter Definitivverlust), zu welcher der Steuerpflichtige nicht durch eigenes Verhalten beigetragen habe.

6

3. Durch das angegriffene Revisionsurteil vom 19. Februar 2015 (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2015 - 9 C 10/14 - BVerwGE 151, 255) änderte das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichtes und wies die Klage ab. Die Festsetzung einer Steuer sei nur dann aus sachlichen Gründen unbillig, wenn sie zwar dem Wortlaut des Gesetzes entspreche, aber den Wertungen des Gesetzes zuwiderlaufe. Dies sei hier nicht der Fall, denn dem Gesetzgeber sei bei Einführung der Mindestbesteuerung - nicht zuletzt aufgrund von Sachverständigenanhörungen - das Problem etwaiger Definitivverluste - das heißt der endgültige Untergang ungenutzter Verlustvorträge - durchaus bekannt gewesen. Er habe diese aber bewusst in Kauf genommen und auf Ausnahmeregelungen verzichtet. Die Gewährung eines Billigkeitserlasses käme bei dieser Sachlage einer strukturellen Gesetzeskorrektur gleich, die aber nicht Sinn einer Härtefallregelung im Einzelfall sei. Ob die Mindestbesteuerung in ihrer gegenwärtigen Form als verfassungsgemäß anzusehen sei, ließ das Bundesverwaltungsgericht offen. Denn diese Frage sei nicht in dem vorliegenden Rechtsstreit, sondern im finanzgerichtlichen Verfahren gegen den Gewerbesteuermessbescheid zu klären.

II.

7

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin insbesondere die Verletzung des Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Sie beruft sich vor allem darauf, dass die Versagung der Billigkeitsmaßnahme Art. 3 Abs. 1 GG verletze, soweit durch die Mindestbesteuerung nach § 10a Satz 2 GewStG tatsächlich realisierte Verluste nach Beendigung des Projekts und ihrer Liquidation endgültig ungenutzt untergingen. Es verstoße gegen das objektive Nettoprinzip, wenn - wie in ihrem Fall - betriebliche operative Aufwendungen in Höhe von circa 25 Mio. Euro von einer steuerlichen Geltendmachung ausgeschlossen würden. Diese verfassungswidrige Definitivbesteuerung sei durch die Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme zu beseitigen.

III.

8

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ihr kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Wahrung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Es ist nicht erkennbar, dass die Versagung einer Billigkeitsmaßnahme durch die angegriffene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten - namentlich in Art. 3 Abs. 1 GG - verletzt.

9

1. Steuern können nach § 163 AO niedriger festgesetzt oder nach § 227 AO ganz oder teilweise erlassen werden, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Der Zweck der §§ 163, 227 AO liegt darin, sachlichen und persönlichen Besonderheiten des Einzelfalles, die der Gesetzgeber in der Besteuerungsnorm nicht berücksichtigt hat, durch eine nicht den Steuerbescheid selbst ändernde Korrektur des Steuerbetrages insoweit Rechnung zu tragen, als sie die steuerliche Belastung als unbillig erscheinen lassen (vgl. z.B. BFH, Urteile vom 20. September 2012 - IV R 29/10 -, BFHE 238, 518 und vom 17. April 2013 - X R 6/11 -, BFH/NV 2013, S. 1537).

10

2. Die verfassungsrechtliche Bedeutung der Möglichkeit einer Billigkeitsmaßnahme und deren Verhältnis zur Verfassungsmäßigkeit des zugrunde liegenden Steuergesetzes ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (vgl. BVerfGE 48, 102 <114 ff.>, sowie zuletzt BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. Mai 2015 - 1 BvR 741/14 -, juris Rn. 9 ff. m.w.N.).

11

Die Frage, ob im Einzelfall von der Möglichkeit, den Gesetzesvollzug im Wege von Billigkeitsmaßnahmen zu suspendieren, in einem der Wirkkraft der Grundrechte (insbesondere aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG) ausreichend Rechnung tragenden Maße Gebrauch gemacht worden ist, ist der verfassungsgerichtlichen Prüfung nicht schlechthin entzogen (vgl. BVerfGE 48, 102 <114>). Eine Billigkeitsmaßnahme kann geboten sein, wenn ein Gesetz, das in seinen generalisierenden Wirkungen verfassungsgemäß ist, bei der Steuerfestsetzung im Einzelfall zu Grundrechtsverstößen führt. Mit Billigkeitsmaßnahmen darf jedoch nicht die Geltung des ganzen Gesetzes unterlaufen werden. Müssten notwendige Billigkeitsmaßnahmen ein derartiges Ausmaß erreichen, dass sie die allgemeine Geltung des Gesetzes aufhöben, wäre das Gesetz als solches verfassungswidrig (vgl. BVerfGE 48, 102 <116>).

12

Die Frage nach der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes und der auf seiner Grundlage ergangenen Steuerbescheide ist kein Gegenstand des Billigkeitsverfahrens (vgl. BVerfGE 48, 102 <117>), mag auch die Möglichkeit einer individuellen Billigkeitsmaßnahme zur Vermeidung unbilliger Härten dazu beitragen können, die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zu bestätigen. Billigkeitsmaßnahmen dürfen nicht die einem gesetzlichen Steuertatbestand innewohnende Wertung des Gesetzgebers generell durchbrechen oder korrigieren, sondern nur einem ungewollten Überhang des gesetzlichen Steuertatbestandes abhelfen (vgl. BVerfGE 48, 102 <116>; 99, 246 <267>; 99, 268 <272>; 99, 273 <279>). Typische, den gesetzgeberischen Vorstellungen von einer gesetzlichen Regelung entsprechende Folgen vermögen keine sachliche Unbilligkeit zu begründen (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 3. September 2009 - 1 BvR 2539/07 -, NVwZ 2010, S. 902 <904>). Härten, die dem Besteuerungszweck entsprechen und die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Tatbestandes bewusst in Kauf genommen hat, können einen Billigkeitserlass nicht rechtfertigen, sondern sind gegebenenfalls durch Korrektur des Gesetzes zu beheben (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Dezember 1994 - 2 BvR 89/91 -, NVwZ 1995, S. 989 <990>).

13

Fragen der abstrakt-generellen Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes sind dabei von jenen zu unterscheiden, welche die Unbilligkeit im konkret-individuellen Einzelfall betreffen. Nur letztere sind im fachgerichtlichen Billigkeitsverfahren zu beantworten. Gegenstand der den Billigkeitsantrag betreffenden Verfassungsbeschwerde ist daher allein die Frage, ob die Entscheidung hierüber die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten verletzt (vgl. BVerfGE 48, 102 <117 f.>). Um die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes durch Verfassungsbeschwerde geltend machen zu können, muss die steuerpflichtige Person demgegenüber im Ausgangsverfahren gegen den jeweiligen Steuerbescheid vorgegangen sein (vgl. BVerfGE 48, 102 <118>).

14

3. Gemessen an diesen Grundsätzen ist nicht erkennbar, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Grundrechte der Beschwerdeführerin verletzt.

15

Die Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts, dass eine Billigkeitsmaßnahme ausscheide, weil die Steuerfestsetzung den Wertungen des Gesetzes nicht zuwiderlaufe, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

16

Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts war es das primäre Ziel der Änderung des § 10a GewStG durch das Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23. Dezember 2003 (BGBl I S. 2922), die Gewerbesteuereinnahmen zeitlich "zu verstetigen", indem die Verrechenbarkeit von Verlustvorträgen in einem Erhebungszeitraum der Höhe nach begrenzt wurde (BTDrucks 15/1517, S. 7, 12, 19). Der Gesetzgeber habe bei der Ausgestaltung des Tatbestandes bewusst in Kauf genommen, dass diese zeitliche Streckung in bestimmten Konstellationen zu einem endgültigen Untergang der vorgetragenen Verluste und damit zu einer Definitivbesteuerung führen kann, insbesondere bei Projektgesellschaften. Dabei handelt es sich um eine für das Bundesverfassungsgericht zunächst grundsätzlich maßgebliche Auslegung des einfachen Rechts. Dass dieses auf die Gesetzesmaterialien und auch auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gestützte Verständnis der Regelung über die Verlustabzugsbeschränkung in § 10a Sätze 1 und 2 GewStG unhaltbar wäre, ist nicht erkennbar.

17

Ausgehend hiervon ist auch der weitergehende Schluss des Bundesverwaltungsgerichts von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass hier eine Billigkeitsmaßnahme ausscheidet, weil sie nicht eine den Wertungen des Gesetzes widersprechende, atypische Härte eines Einzelfalls beträfe, sondern eine vom Gesetz bewusst in Kauf genommene Härte korrigierte. Diese Annahme entspricht den Grundsätzen über die verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer Billigkeitsmaßnahme und ihrer Grenzen.

18

4. Die Frage, ob § 10a GewStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23. Dezember 2003 (BGBl I S. 2922) verfassungsgemäß ist, ist nicht Gegenstand des steuerrechtlichen Verfahrens über die Billigkeitsmaßnahme und damit hier auch nicht der verfassungsgerichtlichen Kontrolle.

19

5. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

20

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 13. März 2015 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt im Eilverfahren die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihr vorläufig zwei Spielhallenerlaubnisse zu erteilen.

2

Die Antragstellerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betreibt zwei Spielhallen in der L.-Straße X in Hamburg. Ursprünglich hatte sie dort eine im Jahr 2007 übernommene Spielhalle mit einer Grundfläche von 153,78 m² betrieben. Hierfür hatte ihr die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 17. August 2007 eine unbefristete Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt. Nach Durchführung von Um- und Ausbaumaßnahmen beantragte die Antragstellerin unter dem 23. September 2011 jeweils eine Erlaubnis nach § 33i GewO für den Betrieb zweier Spielhallen im gleichen Gebäude, nämlich einer 144,61 m² großen Spielhalle (Halle 1) und einer 72,30 m² großen Spielhalle (Halle 2). Die dafür erforderliche Baugenehmigung war der Antragstellerin am 7. Januar 2010 erteilt worden. Mit zwei Bescheiden vom 1. November 2011 erteilte die Antragsgegnerin jeweils eine Erlaubnis gemäß § 33i GewO. Die die Halle 1 betreffende Erlaubnis ersetzte die Antragsgegnerin später durch eine Erlaubnis vom 7. Februar 2012.

3

Mit ihrem im Juni 2013 anhängig gemachten Eilantrag begehrte die Antragstellerin die vorläufige Feststellung, dass die beiden Spielhallen einstweilen als mit §§ 24, 25 des Glücksspielstaatsvertrags (Art. 1 des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland; durch Art. 1 § 2 des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Glücksspielwesens vom 29.6.2012, HmbGVBl. 2012, S 235, mit Gesetzeskraft veröffentlicht; im Folgenden: GlüStV) vereinbar gelten und keiner glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Hamburg (Hamburgisches Spielhallengesetz – HmbSpielhG – vom 4.12.2012, HmbGVBl. 2012, S. 505) bedürfen. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag mit Beschluss vom 10. September 2013 ab. Die Beschwerde der Antragstellerin hatte keinen Erfolg (OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, juris).

4

Im April bzw. Juni 2014 beantragte die Antragstellerin die Erteilung einer Erlaubnis nach § 24 GlüStV und § 2 HmbSpielhG für den Betrieb ihrer Spielhallen; ggf. sei sie nach § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG zu befreien. Die Antragsgegnerin vermaß daraufhin den Abstand zwischen den Spielhallen der Antragstellerin und dem nächsten Spielhallenstandort in der L.-Straße Y (2 Spielhallen). Der Fußweg beträgt 449,74 m. Mit Verfügung vom 31. Juli 2014 lehnte die Beklagte die Anträge der Antragstellerin ab.

5

Gegen die Bescheide legte die Antragstellerin Widerspruch ein. Am 13. Februar 2015 erhob sie Untätigkeitsklage mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide die beantragten Spielhallenerlaubnisse zu erteilen, hilfsweise sie unter Beachtung des Gerichts neu zu bescheiden (2 K 817/15). Mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Über die Klage ist noch nicht entschieden worden.

6

Bereits im Februar 2015 hat die Antragstellerin beantragt, die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihr bis zum Abschluss des Hauptverfahrens zwei vorläufige Spielhallenerlaubnisse zu erteilen, und hat u.a. geltend gemacht, sie habe nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts im Juni 2014 die Spielhallen geschlossen. Da sie den Mietvertrag bis zum Jahr 2017 abgeschlossen habe, müsse sie monatliche Mietzahlungen in Höhe von 6.500 Euro aufbringen. Die Investitionen in den Ausbau von ca. 350.000 Euro, die sie im Vertrauen auf die alte Rechtslage gemacht habe, hätten sich bisher nicht amortisiert.

7

Mit Beschluss vom 13. März 2015 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Antragstellerin bedürfe seit dem 1. Juli 2013 einer Erlaubnis nach § 24 GlüStV bzw. § 2 Abs. 1 HmbSpielhG. Ein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HmbSpielhG bestehe nicht. Der Erlaubnis stehe jedenfalls nach § 2 Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielhG das Gebot des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG entgegen. Die nächste Spielhalle sei ca. 449 m entfernt und eine Ausnahme von dem Abstandsgebot sei sowohl im Hinblick auf den Umfang der Unterschreitung um 50m als auch bezogen auf die geographischen Gegebenheiten nicht anzunehmen. Die Antragstellerin habe auch keinen Anspruch auf eine Befreiung nach § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielhG von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielhG. Es fehle bereits an dem Tatbestandsmerkmal einer „unbilligen Härte“. Notwendig seien im Einzelfall besondere Umstände, die die Pflicht zur Einhaltung der Regelungen des HmbSpielhG schlechterdings unerträglich erscheinen ließen. Gesichtspunkte wie die Fortführung der bereits seit dem Jahr 2007 betriebenen Spielhalle an diesem Standort und der Zeitpunkt der Antragstellung im September 2011 sowie die getätigten Investitionen stellten keine unvermeidbare Härte dar. Die Versagung der Erlaubnisse führe hier auch nicht zur Existenzvernichtung, da die Antragstellerin an zahlreichen Standorten Spielhallen betreibe.

II.

A

8

Die Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

9

Mit ihrer Beschwerdebegründung, auf die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO abzustellen ist, hat die Antragstellerin die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ernsthaft in Zweifel gezogen. Sie hat eingewandt, § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG sei als Erlaubnisvoraussetzung nicht anwendbar, weil es an der Gesetzgebungszuständigkeit der Antragsgegnerin fehle und darüber hinaus das Verbot der Mehrfachkonzession und die Abstandsregelung materiell verfassungswidrig seien. Zudem setze § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielhG nicht den drohenden wirtschaftlichen Ruin voraus. Mit diesem Vortrag hat die Antragstellerin u.a. die Wertung des Verwaltungsgerichts, von der Verfassungskonformität des § 2 HmbSpielhG sei auszugehen und eine unbillige Härte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielhG verlange eine drohende Existenzvernichtung, mit beachtlichen Argumenten ernstlich in Zweifel gezogen.

10

Die hiernach grundsätzlich zulässige vollständige Überprüfung der Sach- und Rechtslage durch das Beschwerdegericht führt im Ergebnis zu keiner Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zwei vorläufige Spielhallenerlaubnisse zu erteilen, abgelehnt.

11

Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nach § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 920 ZPO nicht glaubhaft gemacht. Sie hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie einen Anspruch auf die vorläufige Erteilung der begehrten Erlaubnisse nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG zum Betrieb ihrer Spielhallen am Standort L.-Straße X in Hamburg hat. Es fehlt an den Erteilungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 4 und 6 HmbSpielhG (1). Der Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf Befreiung von diesen Anforderungen nach § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG (2).

12

1. Nach § 2 Abs. 5 Nr. 4 bzw. Nr. 6 HmbSpielhG ist die Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG insbesondere u.a. dann zu versagen, wenn der Abstand zu weiteren Unternehmen gemäß Abs. 2 Satz 2 von 500 m unterschritten wird oder wenn das Unternehmen nach § 1 Abs. 2 in einem baulichen Verbund, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex, mit einem oder mehreren Unternehmen steht. Diese in § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG geregelten Anforderungen an das Mindestabstandsgebot und das Verbot der Mehrfachkonzession sind anzuwenden (a). Die Voraussetzungen, unter denen nach den genannten Regelungen die Erlaubnis zu versagen ist, liegen vor (b).

13

a) Die Antragstellerin wird durch die Regelungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG voraussichtlich nicht in ihrem Recht auf freie Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt.

14

Bei der Bestimmung zum Mindestabstand und bei dem Verbot der Mehrfachkonzession zwischen Spielhallen handelt es sich um Eingriffe in eine Berufsausübungsfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG. Denn derjenige, der eine Spielhalle betreiben will, bedarf der Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielHG und dessen Unternehmen muss (ggf. nach Ablauf einer in § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielG geregelten Übergangsfrist) u.a. die Anforderungen des § 2 Abs. 2 HmbSpielG erfüllen. Die Regelung stellt keinen Eingriff in die Berufswahlfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG dar, weil die Betroffenen durch die hier relevanten Regelungen des HmbSpielhG weder an der Berufswahl noch daran gehindert sind, jederzeit an einem geeigneten Ort eine neue Spielhalle zu eröffnen (vgl. zum Maßstab: OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 29 m.w.N.).

15

Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt (BVerfG, Beschl. v. 25.3.1992, 1 BvR 298/86, BVerfGE 86, 28, juris Rn. 46 ff.). Sie müssen zudem auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.12.1999, 1 BvR 1904/95 u.a., BVerfGE 101, 331, juris Rn. 70). Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Einschränkungen der Berufsfreiheit stehen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Daher müssen die Eingriffe zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet sein und dürfen nicht weiter gehen, als es die Gemeinwohlbelange erfordern (vgl. BVerfG Beschl. v. 16.1.2002, 1 BvR 1236/99, BVerfGE 104, 357, juris Rn. 34). Die Eingriffsmittel dürfen zudem nicht übermäßig belastend sein, so dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. BVerfG, Urt. v, 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 95 m.w.N.).

16

aa) Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, 70 GG formell verfassungsgemäß. Die hier streitgegenständlichen Regelungen sind nicht kompetenzwidrig zustande gekommen. Die Antragsgegnerin war für den Erlass der Regelung nach Art. 70 Abs. 1 GG zuständig.

17

Das Recht der Spielhallen fällt in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder (Art. 70 Abs. 1 GG). Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung u.a. auf das Recht der Wirtschaft ohne das Recht der Spielhallen. Die Frage, ob zu dem in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder fallenden „Recht der Spielhallen“ nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG auch Regelungen zum Mindestabstandsgebot und zum Verbot der Mehrfachkonzession zählen, oder ob für diese im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit für das „Recht der Wirtschaft“ der Bund zuständig (geblieben) ist, ist umstritten. Gegen die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für die hier maßgeblichen Vorschriften bestehen keine Bedenken.

18

Das Grundgesetz bestimmt den Begriff „Recht der Spielhallen“ nicht. Aus dem Wortlaut des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG lassen sich eine Beschränkung auf die Maßgaben der Spielhallenerlaubnis und damit Anhaltspunkte für die Auslegung, das Recht der Spielhallen sei durch die Regelung des § 33i GewO bestimmt, nicht entnehmen. Wie das Beschwerdegericht bereits festgestellt hat, lässt sich auch der Entstehungsgeschichte der Neuregelung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG eine Beschränkung des Rechts der Spielhallen allein auf den Regelungsgegenstand des § 33i GewO nicht entnehmen (vgl. ausführl. OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, NordÖR 2015, 489, juris Rn. 75 ff.). Auch Sinn und Zweck der Neuregelung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG sprechen gegen die Beschränkung des Rechts der Spielhallen auf den engen Regelungsbereich des § 33i GewO (OVG Hamburg, a.a.O., Rn. 83). Mit der Zuweisung des Kompetenztitel „Rechts der Spielhallen“ sollte der Landesgesetzgeber die Kompetenz erhalten, solche Vorschriften zu erlassen, die jedenfalls spielhallenbezogen sind und die örtlichen und räumlichen Gegebenheiten von Spielhallen betreffen. Dies trifft auf die hier relevanten Regelungen zu. Sie dienen gerade der Abwehr spielhallenstandortbezogener Gefahren (vgl. in diesem Sinne: StGH, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, juris Rn. 309 ff., 352 ff; BayVerfGH, Beschl. v. 28.6.2013, Vf 10-VII-12, NVwZ 2014, 141, juris Rn. 48 ff., VGH Mannheim, Beschl. v. 13.7.2015, 6 S 679/15, NVwZ-RR 2015, 737, juris Rn. 20; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5.13, juris Rn. 115 m.w.N.; OVG Koblenz, Urt. v. 26.8.2014, 6 A 10098/14, juris Rn. 19).

19

Der Einwand der Antragstellerin, das Verbot der Mehrfachkonzession und die Abstandregelung hätten zwar vordergründig Spielhallen zum Gegenstand, tatsächlich handele es sich aber um abstrakte Gefahrenabwehrregelungen, die kompetenzrechtlich jeweils der Stammmaterie, dem unter Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG fallenden gewerblichen Geräte- und Aufstellungsrecht (§§ 33c, d, e GewO) zuzuordnen seien, überzeugt nicht. § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG dient der Beseitigung von Anreizen für ein problematisches Spielverhalten, die sich aus der räumlichen Dichte und Nähe von Spielhallen (auch zu Kinder- und Jugendeinrichtungen) und damit aus einem hohen und einfach zu erreichenden Angebot an Gewinngeldspielgeräten ergeben. Mit dem Ansatz, die abstrakten Gefahren, die primär von Geldspielgeräten ausgingen, gingen damit zwangsläufig von den Spielhallen aus, die diese Geräte der Öffentlichkeit zugänglich machten, lässt sich eine fehlende Zuständigkeit der Länder nicht begründen. Dass die erlaubnispflichtige Aufstellung von Geldspielgeräten und deren technische Beschaffenheit aus Gründen gleicher Anforderungen im gesamten Bundesgebiet bundesrechtlich geregelt werden sollen (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, juris Rn. 78, 81), lässt die Zuständigkeit der Länder zur Eindämmung der u.U. örtlich unterschiedlich einzuschätzenden, abstrakten Gefahren, die von der räumlichen Lage von Spielhallen und insbesondere ihrer Dichte ausgehen, unberührt.

20

Auch der Hinweis der Antragstellerin u.a. auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz (BVerfG, Beschl. v. 3.7.2012, 2 PBvU 1/11, BVerfGE 132, 1, juris), wonach die Gesetzgebungskompetenz für den Luftverkehr als Annex die Befugnis umfasst, Regelungen zur Abwehr sich aus dem Luftverkehr ergebender Gefahren zu treffen, rechtfertigt keine andere Wertung. Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Annex-Kompetenz zu automatenbezogenen bundesrechtlichen Regelungen, sondern um Regelungen, die den sich aus den örtlichen Besonderheiten ergebenden, von der Lage und Dichte der Spielhallen ausgehenden standortbezogenen Gefahren entgegenwirken sollen. Für solche besteht die Gesetzgebungskompetenz der Länder (vgl. in diesem Sinne auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5. 13, juris Rn. 138; VGH Mannheim, Beschl. v. 13.7.2015, 6 S 679/15, Rn. 20, 21).

21

Auch aus dem Hinweis der Antragstellerin auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Oktober 1984 (1 C 47.82, Buchholz 451.20 § 33i GewO Nr. 3, juris Rn. 17), die die im dortigen Fall relevanten, auf die konkrete Spielhalle zu beziehenden Anforderungen an den Versagungsgrund des § 33i Abs. 2 Nr. 3 GewO betrifft, ergibt sich nicht, inwieweit die dortigen Ausführungen gegen eine Zuständigkeit der Länder für abstrakte, mit der Lage von Spielhallen zusammenhängende Gefahren sprechen sollten.

22

Soweit die Antragstellerin darauf hinweist, die Spielverordnung (SpielV) sei zwischenzeitlich novelliert worden und der Bundesverordnungsgeber regele weiterhin in §§ 1 und 2 SpielV die Aufstellung von Geldspielgeräten in Spielhallen generell und ohne weitergehende räumlich-örtliche Beschränkung, dies müssten die Länder respektieren, spricht auch dies nicht gegen die Gesetzgebungszuständigkeit der Antragsgegnerin. Dass der Bundesverordnungsgeber bei der letzten Änderung der SpielV auf eine räumliche Beschränkung der Spielhallen und der Zahl von Geldspielgeräten in einem Gebäude verzichtet hat, hindert angesichts der Kompetenzverlagerung die Länder nicht, diesbezügliche Regelungen im Hinblick auf spielhallenbezogene Gefahren zu erlassen. Zudem lässt Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG, da einzelne Länder von der Kompetenz zur Regelung des Rechts der Spielhallen keinen Gebrauch gemacht haben, weiter Raum für den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 SpielV (vgl. auch OVG Berlin- Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5.13, juris Rn. 139; Beschl. v. 29.10.2014, OVG 1 S 30.13, GewArch 2015, 46 [LS], juris Rn. 62).

23

Dem Abstandsgebot und dem Verbot von Mehrfachkonzessionen fehlt auch eine städtebauliche Zielsetzung. Sie verfolgen vielmehr das ausschließliche Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen (vgl. hierzu eingehend StGH BW, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, juris Rn. 309, 351, 391 ff.); BayVerfGH, Entsch. v. 28.6.2013, NVwZ 2014, 141, juris Rn. 82; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, juris Rn. 14 m.w.N.; OVG Koblenz, Urt. v. 26.8.2014, 6 A 10098/14, juris Rn. 19; OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.4.2014, 7 ME 121/13, juris Rn. 43; VGH Mannheim, Beschl. v. 4.4.2014, 6 S 1795/13, juris Rn. 7 ff.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 7.1.2014, ZfWG 2014, 115, juris Rn. 22).

24

bb) Bedenken gegen die materielle Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG bestehen nicht. Der sich aus den Regelungen ergebende Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ist materiell verfassungsgemäß.

25

(1) Der Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin ist durch ein Gemeinwohlziel legitimiert.

26

Für die Beschränkung des Angebots an Spielhallen durch das Abstandsgebot und das Verbot von Mehrfachspielhallen nach § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielG sprechen vernünftige Gründe des Gemeinwohls. Das HmbSpielhG dient u.a. dem Ziel, Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen, und der Bekämpfung der Spielsucht. Diese angestrebten Ziele sind solche des Gemeinwohls, die Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit in Bezug auf den Betrieb von Spielhallen rechtfertigen können (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, NVwZ-RR 2014, 317 [LS], juris Rn. 16; ausf. Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 36 m.w.N.). Die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG soll unter anderem die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtprävention schaffen, indem die Dichte von und Mindestabstände zwischen Spielhallenstandorten bestimmt werden.

27

(2) Die Unverhältnismäßigkeit der die Berufsausübung regelnden Vorschrift lässt sich nicht feststellen. Das Abstandsgebot und das Verbot von Mehrfachspielhallen sind zur Erreichung des Gemeinwohlziels geeignet, erforderlich und angemessen.

28

Der Gesetzgeber besitzt bei der Regelung der Berufsfreiheit einen Einschätzungs- und Prognosespielraum auch bei der Beurteilung der Bedrohungslage für das Gemeinschaftsgut, zu dessen Schutz er im konkreten Fall tätig wird (vgl. zu den Grenzen: BVerfG, Beschl. v. 20.8.2013, 1 BvR 2402/12, 1 BvR2684/12, juris Rn. 24). Für die Eignung einer vom Gesetzgeber gewählten Maßnahme reicht es aus, dass der durch die Berufsausübungsregelung gewünschte Erfolg gefördert wird.

29

Nach diesem Maßstab sind die obengenannten Regelungen zur Erreichung der Spielsuchtprävention und des Jugendschutzes geeignet. Mit der Bestimmung, dass der Abstand u.a. zwischen Spielhallen 500 m nicht unterschreiten soll und dass an jedem Spielhallenstandort nur ein Unternehmen nach § 1 Abs. 2 zugelassen wird, soll in Zukunft die Zahl der vorhandenen Spielhallen reduziert und ihr Abstand vergrößert werden. Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 2 HmbSpielhG, die der Willensbildung des Gesetzgebers bei dem Beschlussfassung des Gesetzes zu Grunde lag, hat er angenommen, dass die Zahl der Konzessionen im Jahr 2010 noch einmal gestiegen ist und dass durch sog. Mehrfachkonzessionen neben den bereits bestehenden weitere größere Spielhallenkomplexe entstanden sind. Zudem ist er davon ausgegangen, dass mehrere Erlaubnisse für einen Standort auf Grund des massiven Angebots an Geldspielgeräten in engem räumlichen Verbund ein wesentliches Element zur Steigerung der Spielsucht darstellen (vgl. zu § 2 Abs. 2 Satz 1: Bü-Drs. 20/ 3228, S. 8, Bü-Drs. 20/5877, S. 26). Zur Abstandsregelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG, die das Verbot der Mehrfachkonzession ergänzt, heißt es in der Gesetzesbegründung, die Zulassung von Spielhallen innerhalb kurzer Wegstrecken erhöhe das Angebot von die Spielsucht fördernden Geldspielgeräten und leiste der übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs Vorschub. Durch das Verlassen der Spielhalle verbunden mit einem längeren Fußweg bestehe die Möglichkeit, dass die Spielerin oder der Spieler das Spiel abbreche. Die Spieler sollten sich nach dem Verlassen der Spielhalle so weit von ihrer Atmosphäre gelöst haben, dass ein selbständiger neuer Entschluss zum Betreten einer weiteren Spielhalle erforderlich sei (Bü-Drs. 20/5877, S. 26).

30

Dass diese Maßnahmen – z.B. wenn ein Spieler, wie die Antragstellerin einwendet, beschließt, die Distanz zwischen Spielhallen mit dem PKW oder öffentlichen Verkehrsmitteln zu überwinden und in einer anderen Spielhalle weiterzuspielen - in nicht jedem Einzelfall den gewünschten Erfolg vollständig herbeiführen, ist für die generelle Geeignetheit der Maßnahmen unerheblich. Auch spricht die Behauptung der Antragstellerin, das – vom Gesetzgeber bei der Schaffung der Abstandsregelung unterstellte - Wechseln der Spielhalle sei, anders als bei Gaststättenbesuchen, bei modernen Spielhallen kein typisches Spielerverhalten und ein pathologischer Spieler spiele nur in einer Spielhalle und breche das Spiel dort endgültig ab, wenn die Sperrzeit erreicht sei oder er kein Geld mehr habe, nicht gegen die Geeignetheit der Maßnahmen für den Gesundheitsschutz. Vielmehr ist es ausreichend, dass mit Hilfe der Reduzierung der Zahl der Spielhallen der gewünschte Erfolg der Spielsuchtprävention, die gerade auch potenzielle Spieler erreichen will - wie hier - gefördert werden kann.

31

Auch der Hinweis, in bestimmten Bereichen der Stadt („Reeperbahn“) lasse der Gesetzgeber schon einen Abstand zwischen Spielhallen von 100 m Fußweg ausreichen, um den Spieler vor sich selbst zu schützen, stellt die Geeignetheit der Abstandsregelung zur Suchtprävention im übrigen Stadtgebiet nicht in Frage. In bestimmten „Amüsiervierteln“ hat sich der Gesetzgeber neben dem Spielerschutz an weiteren Zielen des GlStV orientiert wie u.a. an der Notwendigkeit eines kanalisierten legalen Glücksspielangebots (vgl. zu § 2 Abs. 2 Satz 3 HmbSpielG: Bü-Drs. 20/5877, S. 26). Diese Erwägungen sind sachgerecht und rechtfertigen eine höhere Spielhallendichte in abgegrenzten Bereichen der Stadt (vgl. dazu ausführlich: OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 68 f.).

32

Die Regelungen sind erforderlich. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit seiner Einschätzung, es seien in der Vergangenheit aufgrund von Mehrfachkonzessionen neben den bereits bestehenden Spielhallen große Spielhallenkomplexe mit einem massiven Angebot an Geldspielgeräten entstanden, die Zahl der Personen mit pathologischem Glücksspielverhalten oder gefährdete Spieler bezogen auf das Automatenglücksspiel habe zugenommen und Abstände zwischen den Spielhallen führten zu einer effektiveren Suchtprävention (Bü-Drs. 20/5877, S. 25, 26; vgl. auch BÜ-Prot. 20/9, 20/14, Seite 24), seinen Beurteilungsspielraum überschritten hat. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Einschätzung des Gesetzgebers, ein großzügig bemessener Abstand von 500 m zwischen den Spielhallen könne eher zur Aufgabe des Spiels führen, fehlsam sein könnte (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5/13, Rn. 152 ff.). Dass andere in gleicher Weise wirksame, aber weniger einschneidende Möglichkeiten zur Verknappung des Spielhallenangebots bestehen, ist nicht ersichtlich.

33

Die Regelungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG sind auch angemessen und damit verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Einschränkungen der Spielhallenbetreiber stehen nicht außer Verhältnis zum erstrebten Ziel:

34

Trifft der Gesetzgeber Regelungen, die in die Freiheit der Berufsausübung eingreifen, so muss bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt sein (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008,1 BvR 3262/07, BVerfGE 121, 317, juris Rn. 117). Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit ist eine generalisierende Betrachtungsweise geboten, die auf den betroffenen Wirtschaftszweig generell abstellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.8.2013, 1 BvR 2402/12, 1 BvR 21 BvR 2684/12, NVwR-RR 2013, 985, juris Rn. 28 m.w.N.).

35

Nach diesem Maßstab sind das Gebot von größeren Abständen zwischen Spielhallen und das Verbot der Mehrfachkonzession verhältnismäßig. Zwar weist die Antragstellerin zu Recht darauf hin, dass nun faktisch für eine Strecke von 1000 m ein Ansiedlungsverbot bestehe. Das wegen der schweren Folgen der Spielsucht und des hohen Suchtpotenzials des gewerblichen Automatenspiels hohe Gewicht des Spielerschutzes und der Spielsuchtprävention überwiegt aber das Gewicht des wirtschaftlichen Interesses der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Einhaltung der neuen Erlaubnisanforderungen verschont zu bleiben. Sollte sich wegen der Abstandsregelungen und des Verbots der Mehrfachkonzession eine bisher an einem bestimmten Ort erlaubte berufliche Tätigkeit nicht realisieren lassen, ist dies nicht unverhältnismäßig. Es steht der Berufsgruppe der Spielhallenbetreiber trotz des Verbots der Mehrfachkonzession und der Abstandsregelung offen, Spielhallen mit Einzelkonzessionen oder solche jenseits der Ballungszentren zu betreiben (vgl. auch OVG Berlin- Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5.13, juris Rn. 165).

36

b) Der Erteilung der Erlaubnisse für die beiden Spielhallen der Antragstellerin steht § 2 Abs. 5 Nr. 6 und 4 HmbSpielhG entgegen.

37

aa) Nach § 2 Abs. 5 Nr. 6 HmbSpielhG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn ein Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 2 HmbSpielG in einem baulichen Verbund mit einem anderen Unternehmen steht. Dies ist hier der Fall. Die beiden Spielhallen der Antragstellerin befinden sich in einem Gebäude. Für jeden Spielhallenstandort darf aber nach § 2 Abs. 2 Satz 1 HmbSpielhG nur ein Unternehmen zugelassen werden.

38

bb) Weiter steht der Erteilung von Erlaubnissen für jede der beiden Spielhallen § 2 Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielG entgegen, da hier der zur nächstgelegenen Spielhalle einzuhaltende Abstand unterschritten wird und von diesem nicht ausnahmsweise abgewichen werden kann.

39

Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG soll der Abstand zu weiteren Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen 500 m nicht unterschreiten. Der fußläufige Abstand zu der nächsten „älteren“ Doppelspielhalle (L.-Straße Y) beträgt hier nach den von der Antragstellerin nicht bestrittenen Messungen der Antragsgegnerin lediglich ca. 449 m.

40

Ein Sachverhalt, der es rechtfertigen könnte, ausnahmsweise von der regelhaft zu erfüllen Voraussetzung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielG abzusehen, liegt nicht vor. Dafür wäre es erforderlich, dass gemessen an den Zielen des Glückspielstaatsvertrages bzw. des HmbSpielhG hier ein atypischer Fall vorliegt, der eine Unterschreitung des Abstands von 500 m rechtfertigt. Die bloße Tatsache, dass hier die notwendige Entfernung zur nächsten Spielhalle um ca. 50 m unterschritten wird, rechtfertigt für sich genommen keine Ausnahme. Jedenfalls bei einer Unterschreitung des Fußwegs um ca. 10% ist nicht von einer so geringfügigen Abweichung von der vom Gesetzgeber für notwendig befundenen Entfernung auszugehen, dass damit der Zweck der Abstandsregelung, den Spieler nach dem Verlassen einer Spielhalle durch die Überwindung einer längeren Wegstrecke vom Weiterspielen abzuhalten, in gleicher Weise eintreten kann.

41

Im Übrigen hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass hier die geographischen Gegebenheiten eine Ausnahme rechtfertigen. Anhaltspunkte dafür, dass wegen der Lage der beiden Spielhallenstandorte mit jeweils zwei Spielhallen zueinander ausnahmsweise auch bei einer kürzeren Entfernung als 500 m derselbe Effekt des „Sich-Lösens“ von dem „Spielhallenfluidum“ eintreten kann, hat die Antragstellerin nicht nachvollziehbar dargelegt. Die beiden Spielhallenstandorte befinden sich an unterschiedlichen Straßenseiten der großzügig bebauten, stark befahrenen L.er Chaussee, die durch Ampelanlagen unterbrochen wird und von der Querstraßen abgehen. Sichtkontakt zum jeweils anderen Spielhallenstandort besteht zwar nicht. Entgegen der Bewertung der Antragstellerin stellt diese Lage allerdings keine Besonderheit dar. Dass über eine Entfernung von 449 m Fußweg zu einer nächstgelegenen Spielhalle kein Sichtkontakt besteht, ist eher die Regel. Lagen in Ballungszentren von (Groß-) Städten sind dadurch gekennzeichnet, dass von größeren Verbindungsstraßen, die oft nur mithilfe von Ampeln sicher überquert werden können, zahlreiche kleinere Nebenstraßen abzweigen, an denen – ebenso wie an den Hauptstraßen - jeweils Spielhallen liegen. Sichtkontakt besteht meist allein wegen der Anordnung der Straßen zueinander und insbesondere wegen der z.T. hohen und dichten Bebauung nicht.

42

Die Antragstellerin weist weiter darauf hin, es sei die Regel, dass ein Spieler auf derselben Straßenseite weitergehe, an der die Spielhalle gelegen sei, die er verlasse. Hier sehe er die nächste Spielstätte in der L.er Chaussee Nr. ... erst dann, wenn ihm ein problemloser Wechsel der Straßenseite an der Ampelanlage T.- Straße nicht mehr möglich sei und er daher die nächste Kreuzung benutzen müsse. Dafür benötige er einen Fußweg von 501 m. Aber auch das Warten und Überqueren der Straße an dieser Ampelanlage führe zu einem ausreichenden „Abkühlen“ des Spielers, da er mehr Zeit benötige als für den Fußweg über 501 m auf derselben Straßenseite. Damit legt die Antragstellerin bereits nicht nachvollziehbar dar, inwieweit sich aus der Tatsache, dass der Spieler zunächst die gleiche Straßenseite benutzt, eine um 50 m längere Wegstrecke ergibt als nach der Messung der Antragsgegnerin. Zudem liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die - unterstellte - Tatsache, dass ein Spieler mangels Blickkontakts möglicherweise nicht die erste mögliche Gelegenheit, eine Straße zu überqueren, nutzt, sondern eine spätere, ein regelhaft auftretendes Verhalten darstellt und damit einen atypischen Sachverhalt begründen kann. Soweit die Antragstellerin auf die Wartezeit an einer Ampel hinweist, legt sie damit nicht nachvollziehbar dar, dass diese regelmäßig von einer Dauer ist, die dem „Abkühlungs“-Effekt eines um 50 m längeren Fußwegs entspricht.

43

2. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG liegen hier nicht vor.

44

Nach § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG kann die für die Erlaubniserteilung zuständige Behörde nach Ablauf des in § 9 Abs. 1 Satz 1 oder 2 HmbSpielhG bestimmten Zeitraums eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen dieses Gesetzes über einen angemessenen Zeitraum zulassen, soweit dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist; hierbei sind der Zeitpunkt der Erlaubnis gemäß § 33i GewO sowie der Schutzzweck des HmbSpielhG zu berücksichtigen. Die Antragstellerin hat im vorliegenden Fall nicht glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG für die beiden von ihr betriebenen Spielhallen vorliegen. Die Voraussetzungen einer „unbilligen Härte“ dürften hier nicht gegeben sein.

45

Nach § 9 Abs. 1 Satz 5 HmbSpielhG kann eine unbillige Härte insbesondere dann vorliegen, wenn eine Anpassung des Betriebes an die Anforderungen dieses Gesetzes aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder mit einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht vereinbar ist. Anders als es die Antragstellerin annimmt, stellte die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielhG nicht lediglich ergänzend zu den Übergangsregelungen ein Instrument dar, um den Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen des Betroffenen generell Rechnung zu tragen und/oder allgemein wirtschaftliche Härten der Neuregelung des Spielhallenrechts abzumildern. Für die Erteilung einer Befreiung kommt es nach Sinn und Zweck der Regelung darauf an, ob diese im konkreten Fall zur Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsausübung erforderlich ist. § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG entspricht seinem Wortlaut nach der Übergangsregelung des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlStV. Nach der zu § 29 Abs. 4 GlStV gegebenen Begründung tragen die Übergangsfrist von 5 Jahren in Satz 2 sowie die Möglichkeit, gemäß Satz 4 nach Ablauf der Frist im Einzelfall eine Befreiung von einzelnen materiellen Anforderungen zuzulassen, dem Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen der Betreiber in Abwägung mit den in §§ 24 und 25 verfolgten Allgemeinwohlinteressen angemessen Rechnung. Mittels einer Befreiung könne im individuellen Fall der notwendige Verhältnismäßigkeitsausgleich herbeigeführt werden. Dabei sei die Befreiung auf den Zeitraum zu beschränken, der erforderlich sei, um unzumutbaren Belastungen Rechnung zu tragen, ohne aber die in den §§ 24 und 25 verfolgten Allgemeinwohlinteressen auf Dauer hintanzustellen. Durch die Befreiungsregelung und die Anknüpfung an den Zeitpunkt der Erlaubniserteilung könne beispielsweise bei Spielhallenkomplexen ein stufenweiser Rückbau erreicht werden (vgl. BÜ-Drs. 20/3734, S. 86, 87). Insoweit wird hier differenziert zwischen den für alle unter § 29 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlStV, § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielhG fallenden Betriebsinhaber geltenden Übergangsregelungen und der weitergehenden Möglichkeit, im Einzelfall für den konkreten Betrieb zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit der neuen Anforderungen bei unzumutbaren Belastungen eine Befreiung für einen angemessenen Zeitraum zu erteilen. Soweit der hamburgische Gesetzgeber die Voraussetzung einer unbilligen Härte in § 9 Abs. 1 Satz 5 HmbSpielhG näher ausgestaltet hat, hat er in seiner Begründung darauf verwiesen, mittels der Befreiung könne im individuellen Fall die Verhältnismäßigkeit der Anforderung berücksichtigt werden. Insbesondere kleine Familienunternehmen sollten vor einer Vernichtung der Existenz geschützt werden (BÜ-Drs. 20/5877, S. 31). Offenbleiben kann, ob die letztgenannte Begründung des Gesetzgebers Anlass gibt, die Regelung des Satzes 5 trotz des weiter gefassten Wortlauts in dem Sinne eng auszulegen, dass eine Existenzvernichtung oder der wirtschaftliche Ruin des Betriebs zu erwarten sein muss. Zumindest verlangt § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielG für eine unbillige Härte, dass selbst nach dem Verstreichen der Übergangsfrist der Betreiber, dessen Vertrauen schutzwürdig ist, seinen Betrieb an die Neuregelungen nur mit der Folge anpassen könnte, dass die Betriebsführung zu wirtschaftlichen Verlusten führt.

46

Daran gemessen, hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass diese Voraussetzungen hier bezogen auf den Standort in der L.-Straße X vorliegen:

47

Zwar weist sie zu Recht darauf hin, dass der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis und das Vertrauen des Betreibers in den Bestand der alten Rechtslage bei der Bewertung nach § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG zu berücksichtigen sind. Zum Zeitpunkt der Erteilung der hier maßgeblichen Erlaubnisse vom 1. November 2011 konnte sie aber kein Vertrauen in den unveränderten Fortbestand ihrer Erlaubnisse nach der GewO mehr haben, da mit dem 28. Oktober 2011 Neuregelungen des Spielhallenrechts zu erwarten waren (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt: OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, a.a.O., juris Rn. Rn. 8, 24 f.). Die Antragstellerin kann auch nicht verlangen, dass zu ihren Gunsten berücksichtigt wird, dass sie schon im Jahr 2007 an diesem Standort eine Spielhalle betrieben hat und, wäre sie weiter im Besitz der ihr damals erteilten Erlaubnis geblieben, bis zum bis 30. Juni 2017 nach § 9 Abs. 1 Satz 1 HmbSpielhG ihren Betrieb hätte weiterführen können. Die Antragstellerin hat sich aus wirtschaftlichen Gründen entschieden, die im Jahr 2007 erworbene Spielhalle zu schließen und an dem Standort zwei neue Betriebe zu errichten. Sie hat nicht allein deshalb neue Erlaubnisse beantragen müssen, weil sie die 153,78 m² große frühere Spielhalle im Jahr 2010/2011 lediglich modernisiert und in zwei Spielhallen aufgeteilt hat (vgl. zur raumbezogenen Erlaubnis: BVerwG, Urt. v. 23.11.2005, 6 C 8.05, Buchholz 451.20 § 33c GewO Nr. 6, juris Rn. 6). Vielmehr hat sie die gesamte Fläche um mehr als 50 m² vergrößert und diese - wohl im Hinblick auf eine optimale wirtschaftliche Ausnutzung der Regelung des § 3 Abs. 2 SpielV (pro 12 m² ein Spielgerät, 12 Geräte max.) – auf zwei Hallen aufgeteilt. Insoweit bestand nach der Modernisierung und dem massiven Umbau der früheren Spielhalle weder ein räumlicher noch ein gerätebezogener Bezug zu der im Jahr 2007 genehmigten Spielhalle.

48

Auch ihr Vortrag, sie habe im Hinblick auf den Umbau in den Jahren 2010/2011 hohe Investitionen zu einem Zeitpunkt erbracht, als sie noch auf die alte Rechtslage habe vertrauen dürfen, begründet keine unbillige Härte. Zwar ist zu Gunsten der der Antragstellerin zu berücksichtigen, dass sie zum Zeitpunkt ihres Antrages auf Erteilung der Spielhallenerlaubnisse am 24. September 2011 von der geplanten Neuregelung des Spielhallenrechts und insbesondere der Verschärfung der Anforderungen an die Erteilung einer Erlaubnis noch nichts wissen konnte, da nach der Regelung des § 29 Abs. 4 Satz 2und 3 GlStV und des § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielhG erst mit dem Stichtag des 28. Oktober 2011 das Vertrauen in die Fortdauer der alten Rechtslage erschüttert war (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, juris Rn. 25 m.w.N.). Daher kann ihr nicht vorgeworfen werden, sie habe sich trotz Kenntnis von der Neuregelung des Spielhallenrechts eine Erlaubnis „auf Vorrat“ beschaffen wollen (vgl. zur Berücksichtigung dieser Sachverhalte zu Gunsten des Betreibers: OVG Weimar, Beschl. v. 8.4.2015, 3 EO 775/13, GewArch 2015, 511 [LS], juris Rn. 7). Auch hat sie nachgewiesen, dass sie im Hinblick auf die ihr im Jahr 2010 erteilte Baugenehmigung vor dem Stichtag bereits hohe Investitionen in den Ausbau der beiden Spielhallen getätigt hatte. Allein dies rechtfertigt aber allein nicht die Annahme einer unbilligen Härte. Diese dürfte u.a. allenfalls dann gegeben sein, wenn der einzelne Betrieb auch nach dem Ablauf der für eine verhältnismäßige Anpassung aus Sicht des Gesetzgebers erforderlichen, aber auch ausreichenden Übergangszeit von 5 bzw. maximal 1,8 Jahren Verluste erwirtschaftet.

49

Dafür hat die Antragstellerin keine konkreten Anhaltspunkte oder Nachweise dargelegt. Soweit sie darauf hinweist, im Vertrauen auf den Weiterbetrieb habe sie bei der Übernahme der Spielhalle im Jahr 2007 einen Mietvertrag über eine Zeitdauer von 10 Jahren abgeschlossen und müsse daher trotz Schließung der Hallen im Juni 2014 weiterhin monatlich 6.500,- Euro zahlen, sind insoweit keine wirtschaftlichen Verluste des Betriebs dargelegt. Die Antragstellerin durfte bei ordnungsgemäßer Betriebsführung spätestens zum Zeitpunkt der Erlaubnis am 1. November 2011, die auf geplante strengere Regelungen des Spielhallenrechts hinweist, nicht mehr von einem dauerhaften Betrieb der Spielhallen unter den alten rechtlichen Rahmenbedingungen der GewO ausgehen und war - trotz der Inanspruchnahme einstweiligen Rechtschutzes in Bezug auf die Übergangsregelung – gehalten, sich auf die neue Rechtslage einzustellen und ihren Betrieb anzupassen. Sie hat nicht dargelegt, inwieweit sie die Übergangszeit bis zum 30. Juni 2013 bzw. den weiteren Zeitraum bis zur Schließung und danach zur Vorbereitung und Anpassung ihres Geschäftsbetriebes auf bzw. an die geänderte Rechtslage genutzt und welche konkreten Maßnahmen sie unternommen hat (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 5.8.2015, 2 BvR 2190/14, WM 2015, 1827, juris Rn. 26). Die Antragstellerin hat bereits nicht nachgewiesen, dass und inwieweit sie mit der Vermieterin z.B. eine Vereinbarung über die Aufhebung des Mietvertrages oder die Reduzierung der Miethöhe zu erreichen versucht hat. Auch hat sie nicht dargelegt, dass sie bei Aufrechterhaltung des Mietvertrags die gemieteten Räume nicht anderweitig gewerblich nutzen oder untervermieten kann (vgl. dazu auch VGH Mannheim, Beschl. v. 13.7.2015, 6 S 679/15, NVwZ-RR 2015, 737 [LS], juris Rn. 34).

50

Dass die wirtschaftliche Lage der Antragstellerin wegen der Investitionen in Höhe von ca. 350.000,- Euro derart prekär ist, dass die Anpassung des Betriebs wegen der insoweit bestehenden Verluste nicht möglich ist, hat sie ebenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt. Die Antragstellerin war wegen der Erteilung der Erlaubnis für den Betrieb der beiden Spielhallen zum 1. November 2011 in der Lage, die Übergangsfrist für die nach dem Stichtag erteilte Erlaubnis maximal auszunutzen und ihre Investitionen zu amortisieren. In welchem Umfang ihr dies (nicht) gelungen ist, legt sie nicht substantiiert dar. Zwar hat sie auf die bilanzrechtlichen / steuerlichen Abschreibungsfristen und –werte hingewiesen und geltend gemacht, innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr und 8 Monaten lasse sich eine solche Investitionssumme naturgemäß nicht amortisieren. Sie hat aber nicht anhand von Unternehmensergebnissen (Umsätzen/Erträgen) für den hier maßgeblichen Standort nachgewiesen, dass sie die Investitionen nicht (auch) durch Erträge kompensiert hat. Auch hat die Antragstellerin lediglich darauf hingewiesen, anders als es das Verwaltungsgericht annehme, bezögen sich ihre getätigten Investitionen nicht auf Geldspielgeräte, sondern auf ortsbezogene Einbauten und seien daher „verloren“. Insoweit mag zwar einiges dafür sprechen, dass sie die zur Erneuerung (oder Erweiterung) z.B. des Bodens, der Elektrik und der Sanitäreinrichtungen eingebrachten Einbauten nicht veräußern oder an anderen Standorten weiterverwerten kann. Dies ändert aber nichts daran, dass die Antragstellerin, die an zahlreichen Standorten in Hamburg und im Bundesgebiet Spielhallen betreibt, einzelne der (nach den vorgelegten Rechnungen erfolgten) Einbauten wie z.B. die Videoanlage, Leuchten, den Tresor oder die Thekeneinrichtung ausbauen und an einem anderen Standort weiterverwenden oder an Dritte veräußern kann.

B

51

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes bestimmt sich nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Das Beschwerdegericht hat sich an Nr. 54.1 des Streitweitkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert und für jede der Spielhallen einen Wert von 15.000,- Euro für das Hauptsacheverfahren zu Grunde gelegt. Für das Eilverfahren ist dieser Wert zu halbieren.

Gründe

1

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betrifft - wie die ihm zugrunde liegende Verfassungsbeschwerde - glücksspielrechtliche Vorschriften. Mit dem Antrag will die Beschwerdeführerin erreichen, den Betrieb von vier Spielhallen vorläufig aufrechtzuerhalten.

I.

2

Die Antragstellerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betreibt seit 2012 vier Spielhallen in Heidelberg. Am 30. Juni 2013 liefen ihre Spielhallenerlaubnisse aus. Den Antrag auf Erteilung von vier Erlaubnissen nach § 41 des baden-württembergischen Landesglücksspielgesetzes (im Folgenden: LGlüG) lehnte die Stadt Heidelberg mit Bescheid vom 11. Juni 2013 ab. Entgegen § 42 Abs. 1 LGlüG lägen zwei Spielhallen weniger als 500 Meter voneinander entfernt. Außerdem befänden sich die Spielhallen entgegen § 42 Abs. 2 LGlüG in einem Gebäude unmittelbar nebeneinander. § 42 Abs. 1 und Abs. 2 LGlüG lautet:

Anforderungen an die Errichtung von Spielhallen

(1) Spielhallen müssen einen Abstand von mindestens 500 m Luftlinie, gemessen von Eingangstür zu Eingangstür, untereinander haben.

(2) Die Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex untergebracht ist, ist ausgeschlossen.

3

§ 42 Abs. 1 und Abs. 2 LGlüG geht auf § 25 Abs. 1 und Abs. 2 Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) vom 15. Dezember 2011 (verkündet als Art. 1 des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 ) zurück. Dieser bestimmt:

Beschränkungen von Spielhallen

(1) Zwischen Spielhallen ist ein Mindestabstand einzuhalten (Verbot von Mehrfachkonzessionen). Das Nähere regeln die Ausführungsbestimmungen der Länder.

(2) Die Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex untergebracht ist, ist ausgeschlossen.

4

1. Am 30. Juni 2013 erhob die Antragstellerin Verfassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, mit der sie sich unter anderem unmittelbar gegen § 42 Abs. 1 und Abs. 2 LGlüG sowie § 25 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV wandte. Der Staatsgerichtshof erkannte mit Urteil vom 17. Juni 2014 für Recht, dass § 42 Abs. 2 LGlüG in Verbindung mit § 25 Abs. 2 GlüStV mit der Landesverfassung vereinbar und damit gültig seien und wies die Verfassungsbeschwerde insoweit als unbegründet zurück. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Abstandsgebot des § 42 Abs. 1 LGlüG beziehungsweise § 25 Abs. 1 GlüStV richtete, verwarf er diese als unzulässig, weil die Beschwerdeführerin nicht vorgetragen hatte, ob sich im Umkreis von 500 m weitere Spielhallen oder Einrichtungen zum Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen befanden.

5

Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2014 erhob die Antragstellerin gegen das Urteil des Staatsgerichtshofs Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht.

6

2. Mit vier gleichlautenden Bescheiden vom 9. Oktober 2013 untersagte die Stadt Heidelberg den Betrieb der vier Spielhallen gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO, weil die Spielhallen ohne Erlaubnis betrieben würden. Gegen die Untersagungsanordnungen erhob die Antragstellerin Widerspruch.

7

Die Stadt Heidelberg ordnete sodann am 18. September 2014 die sofortige Vollziehung der Betriebsuntersagungen vom 9. Oktober 2013 an. Den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Widersprüche gegen die Betriebsuntersagungen nach § 80 Abs. 5 VwGO wieder herzustellen, lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 6. März 2015 ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 13. Juli 2015 zurück (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Juli 2015 - 6 S 679/15 -, juris).

8

Mit Schriftsatz vom 22. Juli 2015 beantragte die Antragstellerin beim Bundesverfassungsgericht, der Stadt Heidelberg im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, die Untersagungsanordnungen vom 9. Oktober 2013 zwangsweise durchzusetzen.

II.

9

Die Antragstellerin rügt eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 70 ff. GG sowie eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Die beantragte Anordnung diene der Sicherung des bundesverfassungsgerichtlichen Hauptsacheverfahrens. Die Voraussetzungen gemäß § 32 Abs. 1 BVerfGG lägen vor.

10

1. Die Verfassungsbeschwerde sei weder unzulässig noch (offensichtlich) unbegründet. § 42 Abs. 1 und Abs. 2 LGlüG sowie § 25 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV seien wegen Verletzung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Wirtschaft ohne das Recht der Spielhallen" verfassungswidrig und verletzten die Antragstellerin in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG und aus Art. 2 Abs. 1 GG.

11

2. Die Folgenabwägung falle zugunsten der Antragstellerin aus.

12

a) Bei einem Vollzug der Betriebsuntersagungen drohe ein endgültiger Ausschluss der Antragstellerin von der grundrechtlich geschützten Gewerbetätigkeit. Durch eidesstattliche Versicherung sei glaubhaft gemacht, dass die Insolvenz des Unternehmens unausweichlich sei, weswegen umfassendere Darlegungen oder eine Vorlage entsprechender Verträge nicht erforderlich seien. Eine anderweitige gewerbliche Nutzung der gemieteten Räume biete sich nicht an, gewährleiste jedenfalls nicht Einnahmen, die es der Antragstellerin ermöglichten, ihren umfangreichen Verpflichtungen aus der Finanzierung der erheblichen Anfangsinvestitionen für die Inbetriebnahme der Spielhallen und aus dem langfristigen Mietvertrag nachzukommen. Eine Umnutzung würde zudem einen nicht unerheblichen Investitionsbedarf beinhalten, ohne dass die Antragstellerin auf eine gesicherte Finanzierung zurückgreifen könnte. Der Betrieb der vier Spielhallen mache bei wirtschaftlicher Betrachtung die gesamte gewerbliche Betätigung der Antragstellerin aus.

13

b) Der Vollzug der Betriebsuntersagungen komme einem vorläufigen Berufsverbot jedenfalls nahe. Vorläufige Berufsverbote seien nur unter strengen Voraussetzungen zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft. Die Betriebsuntersagungen dienten jedoch nicht der Abwehr konkreter Gefahren, sondern der Umsetzung von Standortbeschränkungen für die Ansiedlung von Spielhallen, die die Abwehr abstrakter Gefahren bezweckten, die mit dem gewerblichen Gewinnspiel verbunden sein könnten.

14

c) Demgegenüber habe das Interesse der Allgemeinheit an einem zeitnahen Wirksamwerden der mit dem Glücksspielstaatsvertrag beziehungsweise dem Landesglücksspielgesetz zur Eindämmung der Spielsucht vorgenommenen Rechtsänderungen kein hohes Gewicht. Dies folge bereits daraus, dass die landesrechtliche "Eindämmungs-Gesetzgebung" für die quantitativ weit überwiegende Anzahl der Betreiber von Spielhallen nach den insoweit anzuwendenden Übergangsregelungen (vgl. § 51 Abs. 4 LGlüG, § 29 Abs. 4 GlüStV) erst im Sommer 2017 wirksam werde. Außerdem sei es seit Jahrzehnten zulässig gewesen, eine Spielhalle ohne Einhaltung eines Mindestabstands zu anderen Spielhallen oder auch im selben Gebäude zu betreiben. Dass es sich bei den neuen Verbots- und Beschränkungsregelungen um unaufschiebbare Maßnahmen handele, die im Interesse des gemeinen Wohls zur Abwehr konkreter Gefahren zeitnah umgesetzt werden müssten, sei nicht ersichtlich.

III.

15

1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, das in der Hauptsache zu verfolgende Begehren erweist sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfGE 132, 195 <232>; 134, 135 <137>; stRspr).

16

Bei offenem Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber später Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde jedoch der Erfolg versagt bliebe (vgl. BVerfGE 131, 47 <55>; 132, 195 <232>; stRspr). Wegen der meist weittragenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren auslöst, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfGE 131, 47 <55>; 132, 195 <232>; stRspr).

17

Die Folgenabwägung gemäß § 32 BVerfGG stützt sich auf eine bloße Einschätzung der Entscheidungswirkungen (BVerfGE 94, 166<217>). Hierbei legt das Bundesverfassungsgericht in aller Regel die Tatsachenfeststellungen und Tatsachenwürdigungen zugrunde, wie sie in den angegriffenen Entscheidungen vorgenommen worden sind (vgl. BVerfGE 34, 211 <216>; 36, 37 <40>; BVerfGK 16, 410 <415>).

18

2. Nach diesen Maßstäben ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht angezeigt.

19

a) Die Verfassungsbeschwerde erscheint zwar weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet.

20

b) Die gebotene Folgenabwägung führt gleichwohl nicht zum Erlass der einstweiligen Anordnung. Die Antragstellerin hat einen unter den gegebenen Umständen hinreichend schweren und das Vollzugsinteresse deutlich überwiegenden Nachteil nicht dargelegt.

21

aa) Erginge die einstweilige Anordnung, hätte die Verfassungsbeschwerde aber keinen Erfolg, würden die vom Landesgesetzgeber mit § 42 Abs. 1 und Abs. 2 LGlüG verfolgten Belange einstweilen nicht verwirklicht. Wendet sich der Antragsteller, wie hier, gegen den Vollzug eines Gesetzes, wird eine Aussetzung regelmäßig für die Gesamtheit der betroffenen Normadressaten und nicht nur für den Beschwerdeführer vorzunehmen sein (vgl. etwa BVerfGE 12, 276 <280>; 14, 153 f.; 29, 120 <125>; 43, 47 <51 f.>; 83, 162 <170 f.>; 91, 320 <326 f.>). Das Bundesverfassungsgericht darf von seiner Befugnis, den Vollzug eines Gesetzes auszusetzen, allerdings nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch machen, weil dies einen erheblichen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers darstellt (vgl. BVerfGE 122, 374 <384>; 131, 47 <61>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 13. Mai 2015 - 1 BvQ 9/15 -, NJW 2015, S. 1815 <1816>; stRspr). Schon wenn die jeweiligen Nachteile der abzuwägenden Folgenkonstellation einander in etwa gleichgewichtig gegenüberstehen, verbietet es die gegenüber der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers notwendige Zurückhaltung des Gerichts daher, das angegriffene Gesetz auszusetzen, bevor geklärt ist, ob es vor der Verfassung Bestand hat (vgl. BVerfGE 104, 51 <60>; 106, 369 <376>; 108, 45 <51>; BVerfGK 6, 178 <181>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 13. Mai 2015 - 1 BvQ 9/15 -, NJW 2015, S. 1815 <1816>).

22

Bei der hier in Rede stehenden Verhinderung der Spiel- und Wettsucht (vgl. § 1 Nr. 1 und Nr. 3 GlüStV; Erläuterungen zu §§ 24 bis 26 des Glücksspielstaatsvertrags, Landtag von Baden-Württemberg, Drucks. 15/1570, S. 41) handelt es sich zudem um ein überragend wichtiges Gemeinwohlziel. Spielsucht kann zu schwerwiegenden Folgen nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für ihre Familien und für die Gemeinschaft führen (vgl. BVerfGE 102, 197 <216>; 115, 276 <304 f.>). Erginge die einstweilige Anordnung, so würde die Verwirklichung dieses aus der Sicht des Gesetzgebers überragenden Zieles bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde unterbunden.

23

bb) Erginge die einstweilige Anordnung nicht, erwiese sich die Verfassungsbeschwerde später aber als begründet, entstünden der Antragstellerin durch den Vollzug der Betriebsuntersagungen zwar erhebliche wirtschaftliche Nachteile. Sie wäre bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde an dem Betrieb der vier Spielhallen gehindert und somit in ihrer Berufsfreiheit empfindlich beeinträchtigt.

24

Die Schutzwürdigkeit der Antragstellerin wird allerdings dadurch eingeschränkt, dass sie nicht substantiiert dargetan hat, dass sie die Nachteile, die ihr durch den Vollzug der Betriebsuntersagungen entstehen, nicht hätte vermeiden können (vgl. BVerfGE 55, 1 <4 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 21. April 1994 - 1 BvR 2132/93 -, juris, Rn. 19). Insoweit hätte es zumindest nachprüfbarer und konkreter Darlegungen bedurft (vgl. BVerfGE 106, 351 <357>; BVerfGK 7, 188 <192>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. September 1999 - 2 BvR 1646/98 -, NVwZ-RR 2000, S. 16), dass die mit § 42 Abs. 1 und Abs. 2 LGlüG verbundenen Rechtsfolgen für sie nicht vermeidbar waren. Das war nicht der Fall.

25

Der Glücksspielstaatsvertrag, auf den § 42 Abs. 1 und Abs. 2 LGlüG zurückgeht, wurde bereits am 15. Dezember 2011 geschlossen. Ein Entwurf, der - jedenfalls soweit er hier relevant ist - mit der endgültigen Fassung übereinstimmt, lag bereits am 18. November 2011 vor (vgl. Landtag von Baden-Württemberg, Drucks. 15/849, S. 1). Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrags stammt vom 17. April 2012 und wurde am selben Tag beim Landtag eingebracht. Die entsprechende Drucksache datiert vom 25. April 2012 (vgl. Landtag von Baden-Württemberg, Drucks. 15/1570, S. 1).

26

Die Baugenehmigung für die Umgestaltung der hier in Rede stehenden Spielhallen der Antragstellerin wurde erst am 26. April 2012 erteilt, zu einem Zeitpunkt also, zu dem diese damit rechnen musste, dass sich die Rechtslage ändern würde. Die Spielhallenerlaubnisse gemäß § 33i GewO hat die Antragstellerin sogar erst am 30. Mai 2012 beantragt und mit Bescheiden der Stadt Heidelberg vom 28. Juni 2012 erhalten. Diese wurden zudem mit der Begründung bis zum 30. Juni 2013 befristet, dass zum 1. Juli 2012 der Glücksspielstaatsvertrag in Kraft treten werde, der für die Antragstellerin eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2013 vorsehe. Danach seien Mehrfachkonzessionen nicht mehr möglich und müssten Mindestabstände eingehalten werden. Die Antragstellerin durfte daher jedenfalls im Zeitpunkt der Erlaubniserteilung nicht mehr von einem dauerhaften Bestand der Spielhallen ausgehen und hätte sich auf die neue Rechtslage einstellen müssen. Dass die Rechtslage vor Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags vom 15. Dezember 2011 mehrere Jahre unverändert bestanden hatte, vermag hieran nichts zu ändern. Die Antragstellerin hat im Übrigen nicht dargelegt, ob und inwieweit sie den Übergangszeitraum zur Vorbereitung und Anpassung ihres Geschäftsbetriebs auf beziehungsweise an die veränderte Rechtslage genutzt und welche konkreten Maßnahmen sie unternommen hat.

27

Hinzukommt, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin zwar eidesstattlich versichert hat, diese könnte nach Schließung der Spielhallen Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen und die Gesellschaft müsse dann Insolvenz anmelden. Die Antragstellerin verhält sich allerdings nicht dazu, ob sich die laufenden Kosten für Raummiete, Leasing und Miete von Spielgeräten sowie Personal im Falle einer Betriebsschließung nicht deutlich und kurzfristig reduzieren lassen. Auch äußert sie sich nicht zur ihrer Liquiditätssituation. Diesbezügliche Ausführungen wären jedoch deshalb angezeigt gewesen, weil der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 13. Juli 2015 das Fehlen entsprechender Angaben bemängelt hatte (vgl. VGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 34). Auch wenn die Antragstellerin mit Blick auf die eidesstattliche Versicherung umfassendere Darlegungen nicht für erforderlich hält, wären diese Angaben notwendig gewesen, um dem Bundesverfassungsgericht eine Nachprüfung eventueller Nachteile für die Antragstellerin im Sinne einer Plausibilitätskontrolle zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 106, 351 <357>; BVerfGK 7, 188 <192>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. September 1999 - 2 BvR 1646/98 -, NVwZ-RR 2000, S. 16).

28

Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein präventives Berufsverbot oder eine in ihren Wirkungen einer Regelung der Berufswahl nahe kommende vorläufige Berufsausübungsregelung nur unter strengen Voraussetzungen und nur zur Abwehr konkreter Gefahren für überragend wichtige Gemeinschaftsgüter sowie unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft ist (vgl. BVerfGE 35, 263 <274>; 44, 105 <117 ff.>; BVerfGK 2, 89 <94>; 16, 320 <323 ff.>; 18, 180 <185>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. Oktober 2003 - 1 BvR 2025/03 -, NVwZ 2004, S. 93 <94>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. April 2007 - 1 BvR 2403/06 -, juris, Rn. 9; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 8. April 2010 - 1 BvR 2709/09 -, NJW 2010, S. 2268 <2268>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2011 - 1 BvR 1611/11 -, NVwZ 2012, S. 104 <105>), führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die von der Antragstellerin angefochtenen Untersagungsverfügungen nur den Betrieb der konkreten vier Spielhallen, nicht aber ihre gesamte gewerbliche Betätigung als Spielhallenbetreiberin betreffen. Auch hat sie nicht substantiiert geltend gemacht, dass sie versucht hätte, andere Standorte für Spielhallen zu finden, ihr dies aber wegen des Abstands- und des Verbundverbots nach § 42 Abs. 1 und Abs. 2 LGlüG unmöglich gewesen sei (vgl. VGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 29 f.). Die Behauptung, die Realisierbarkeit anderer gewerblicher Betätigungsmöglichkeiten zeichne sich nicht konkret ab, reicht insoweit nicht.

29

cc) Vor diesem Hintergrund kann ein deutliches Überwiegen der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe nicht festgestellt werden.

30

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 13. März 2015 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt im Eilverfahren die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihr vorläufig zwei Spielhallenerlaubnisse zu erteilen.

2

Die Antragstellerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betreibt zwei Spielhallen in der L.-Straße X in Hamburg. Ursprünglich hatte sie dort eine im Jahr 2007 übernommene Spielhalle mit einer Grundfläche von 153,78 m² betrieben. Hierfür hatte ihr die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 17. August 2007 eine unbefristete Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt. Nach Durchführung von Um- und Ausbaumaßnahmen beantragte die Antragstellerin unter dem 23. September 2011 jeweils eine Erlaubnis nach § 33i GewO für den Betrieb zweier Spielhallen im gleichen Gebäude, nämlich einer 144,61 m² großen Spielhalle (Halle 1) und einer 72,30 m² großen Spielhalle (Halle 2). Die dafür erforderliche Baugenehmigung war der Antragstellerin am 7. Januar 2010 erteilt worden. Mit zwei Bescheiden vom 1. November 2011 erteilte die Antragsgegnerin jeweils eine Erlaubnis gemäß § 33i GewO. Die die Halle 1 betreffende Erlaubnis ersetzte die Antragsgegnerin später durch eine Erlaubnis vom 7. Februar 2012.

3

Mit ihrem im Juni 2013 anhängig gemachten Eilantrag begehrte die Antragstellerin die vorläufige Feststellung, dass die beiden Spielhallen einstweilen als mit §§ 24, 25 des Glücksspielstaatsvertrags (Art. 1 des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland; durch Art. 1 § 2 des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Glücksspielwesens vom 29.6.2012, HmbGVBl. 2012, S 235, mit Gesetzeskraft veröffentlicht; im Folgenden: GlüStV) vereinbar gelten und keiner glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Hamburg (Hamburgisches Spielhallengesetz – HmbSpielhG – vom 4.12.2012, HmbGVBl. 2012, S. 505) bedürfen. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag mit Beschluss vom 10. September 2013 ab. Die Beschwerde der Antragstellerin hatte keinen Erfolg (OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, juris).

4

Im April bzw. Juni 2014 beantragte die Antragstellerin die Erteilung einer Erlaubnis nach § 24 GlüStV und § 2 HmbSpielhG für den Betrieb ihrer Spielhallen; ggf. sei sie nach § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG zu befreien. Die Antragsgegnerin vermaß daraufhin den Abstand zwischen den Spielhallen der Antragstellerin und dem nächsten Spielhallenstandort in der L.-Straße Y (2 Spielhallen). Der Fußweg beträgt 449,74 m. Mit Verfügung vom 31. Juli 2014 lehnte die Beklagte die Anträge der Antragstellerin ab.

5

Gegen die Bescheide legte die Antragstellerin Widerspruch ein. Am 13. Februar 2015 erhob sie Untätigkeitsklage mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide die beantragten Spielhallenerlaubnisse zu erteilen, hilfsweise sie unter Beachtung des Gerichts neu zu bescheiden (2 K 817/15). Mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Über die Klage ist noch nicht entschieden worden.

6

Bereits im Februar 2015 hat die Antragstellerin beantragt, die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihr bis zum Abschluss des Hauptverfahrens zwei vorläufige Spielhallenerlaubnisse zu erteilen, und hat u.a. geltend gemacht, sie habe nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts im Juni 2014 die Spielhallen geschlossen. Da sie den Mietvertrag bis zum Jahr 2017 abgeschlossen habe, müsse sie monatliche Mietzahlungen in Höhe von 6.500 Euro aufbringen. Die Investitionen in den Ausbau von ca. 350.000 Euro, die sie im Vertrauen auf die alte Rechtslage gemacht habe, hätten sich bisher nicht amortisiert.

7

Mit Beschluss vom 13. März 2015 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Antragstellerin bedürfe seit dem 1. Juli 2013 einer Erlaubnis nach § 24 GlüStV bzw. § 2 Abs. 1 HmbSpielhG. Ein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HmbSpielhG bestehe nicht. Der Erlaubnis stehe jedenfalls nach § 2 Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielhG das Gebot des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG entgegen. Die nächste Spielhalle sei ca. 449 m entfernt und eine Ausnahme von dem Abstandsgebot sei sowohl im Hinblick auf den Umfang der Unterschreitung um 50m als auch bezogen auf die geographischen Gegebenheiten nicht anzunehmen. Die Antragstellerin habe auch keinen Anspruch auf eine Befreiung nach § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielhG von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielhG. Es fehle bereits an dem Tatbestandsmerkmal einer „unbilligen Härte“. Notwendig seien im Einzelfall besondere Umstände, die die Pflicht zur Einhaltung der Regelungen des HmbSpielhG schlechterdings unerträglich erscheinen ließen. Gesichtspunkte wie die Fortführung der bereits seit dem Jahr 2007 betriebenen Spielhalle an diesem Standort und der Zeitpunkt der Antragstellung im September 2011 sowie die getätigten Investitionen stellten keine unvermeidbare Härte dar. Die Versagung der Erlaubnisse führe hier auch nicht zur Existenzvernichtung, da die Antragstellerin an zahlreichen Standorten Spielhallen betreibe.

II.

A

8

Die Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

9

Mit ihrer Beschwerdebegründung, auf die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO abzustellen ist, hat die Antragstellerin die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ernsthaft in Zweifel gezogen. Sie hat eingewandt, § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG sei als Erlaubnisvoraussetzung nicht anwendbar, weil es an der Gesetzgebungszuständigkeit der Antragsgegnerin fehle und darüber hinaus das Verbot der Mehrfachkonzession und die Abstandsregelung materiell verfassungswidrig seien. Zudem setze § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielhG nicht den drohenden wirtschaftlichen Ruin voraus. Mit diesem Vortrag hat die Antragstellerin u.a. die Wertung des Verwaltungsgerichts, von der Verfassungskonformität des § 2 HmbSpielhG sei auszugehen und eine unbillige Härte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielhG verlange eine drohende Existenzvernichtung, mit beachtlichen Argumenten ernstlich in Zweifel gezogen.

10

Die hiernach grundsätzlich zulässige vollständige Überprüfung der Sach- und Rechtslage durch das Beschwerdegericht führt im Ergebnis zu keiner Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zwei vorläufige Spielhallenerlaubnisse zu erteilen, abgelehnt.

11

Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nach § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 920 ZPO nicht glaubhaft gemacht. Sie hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie einen Anspruch auf die vorläufige Erteilung der begehrten Erlaubnisse nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG zum Betrieb ihrer Spielhallen am Standort L.-Straße X in Hamburg hat. Es fehlt an den Erteilungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 4 und 6 HmbSpielhG (1). Der Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf Befreiung von diesen Anforderungen nach § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG (2).

12

1. Nach § 2 Abs. 5 Nr. 4 bzw. Nr. 6 HmbSpielhG ist die Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG insbesondere u.a. dann zu versagen, wenn der Abstand zu weiteren Unternehmen gemäß Abs. 2 Satz 2 von 500 m unterschritten wird oder wenn das Unternehmen nach § 1 Abs. 2 in einem baulichen Verbund, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex, mit einem oder mehreren Unternehmen steht. Diese in § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG geregelten Anforderungen an das Mindestabstandsgebot und das Verbot der Mehrfachkonzession sind anzuwenden (a). Die Voraussetzungen, unter denen nach den genannten Regelungen die Erlaubnis zu versagen ist, liegen vor (b).

13

a) Die Antragstellerin wird durch die Regelungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG voraussichtlich nicht in ihrem Recht auf freie Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt.

14

Bei der Bestimmung zum Mindestabstand und bei dem Verbot der Mehrfachkonzession zwischen Spielhallen handelt es sich um Eingriffe in eine Berufsausübungsfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG. Denn derjenige, der eine Spielhalle betreiben will, bedarf der Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielHG und dessen Unternehmen muss (ggf. nach Ablauf einer in § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielG geregelten Übergangsfrist) u.a. die Anforderungen des § 2 Abs. 2 HmbSpielG erfüllen. Die Regelung stellt keinen Eingriff in die Berufswahlfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG dar, weil die Betroffenen durch die hier relevanten Regelungen des HmbSpielhG weder an der Berufswahl noch daran gehindert sind, jederzeit an einem geeigneten Ort eine neue Spielhalle zu eröffnen (vgl. zum Maßstab: OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 29 m.w.N.).

15

Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt (BVerfG, Beschl. v. 25.3.1992, 1 BvR 298/86, BVerfGE 86, 28, juris Rn. 46 ff.). Sie müssen zudem auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.12.1999, 1 BvR 1904/95 u.a., BVerfGE 101, 331, juris Rn. 70). Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Einschränkungen der Berufsfreiheit stehen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Daher müssen die Eingriffe zur Erreichung des Eingriffsziels geeignet sein und dürfen nicht weiter gehen, als es die Gemeinwohlbelange erfordern (vgl. BVerfG Beschl. v. 16.1.2002, 1 BvR 1236/99, BVerfGE 104, 357, juris Rn. 34). Die Eingriffsmittel dürfen zudem nicht übermäßig belastend sein, so dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. BVerfG, Urt. v, 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 95 m.w.N.).

16

aa) Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, 70 GG formell verfassungsgemäß. Die hier streitgegenständlichen Regelungen sind nicht kompetenzwidrig zustande gekommen. Die Antragsgegnerin war für den Erlass der Regelung nach Art. 70 Abs. 1 GG zuständig.

17

Das Recht der Spielhallen fällt in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder (Art. 70 Abs. 1 GG). Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung u.a. auf das Recht der Wirtschaft ohne das Recht der Spielhallen. Die Frage, ob zu dem in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder fallenden „Recht der Spielhallen“ nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG auch Regelungen zum Mindestabstandsgebot und zum Verbot der Mehrfachkonzession zählen, oder ob für diese im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit für das „Recht der Wirtschaft“ der Bund zuständig (geblieben) ist, ist umstritten. Gegen die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für die hier maßgeblichen Vorschriften bestehen keine Bedenken.

18

Das Grundgesetz bestimmt den Begriff „Recht der Spielhallen“ nicht. Aus dem Wortlaut des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG lassen sich eine Beschränkung auf die Maßgaben der Spielhallenerlaubnis und damit Anhaltspunkte für die Auslegung, das Recht der Spielhallen sei durch die Regelung des § 33i GewO bestimmt, nicht entnehmen. Wie das Beschwerdegericht bereits festgestellt hat, lässt sich auch der Entstehungsgeschichte der Neuregelung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG eine Beschränkung des Rechts der Spielhallen allein auf den Regelungsgegenstand des § 33i GewO nicht entnehmen (vgl. ausführl. OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, 4 Bs 14/15, NordÖR 2015, 489, juris Rn. 75 ff.). Auch Sinn und Zweck der Neuregelung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG sprechen gegen die Beschränkung des Rechts der Spielhallen auf den engen Regelungsbereich des § 33i GewO (OVG Hamburg, a.a.O., Rn. 83). Mit der Zuweisung des Kompetenztitel „Rechts der Spielhallen“ sollte der Landesgesetzgeber die Kompetenz erhalten, solche Vorschriften zu erlassen, die jedenfalls spielhallenbezogen sind und die örtlichen und räumlichen Gegebenheiten von Spielhallen betreffen. Dies trifft auf die hier relevanten Regelungen zu. Sie dienen gerade der Abwehr spielhallenstandortbezogener Gefahren (vgl. in diesem Sinne: StGH, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, juris Rn. 309 ff., 352 ff; BayVerfGH, Beschl. v. 28.6.2013, Vf 10-VII-12, NVwZ 2014, 141, juris Rn. 48 ff., VGH Mannheim, Beschl. v. 13.7.2015, 6 S 679/15, NVwZ-RR 2015, 737, juris Rn. 20; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5.13, juris Rn. 115 m.w.N.; OVG Koblenz, Urt. v. 26.8.2014, 6 A 10098/14, juris Rn. 19).

19

Der Einwand der Antragstellerin, das Verbot der Mehrfachkonzession und die Abstandregelung hätten zwar vordergründig Spielhallen zum Gegenstand, tatsächlich handele es sich aber um abstrakte Gefahrenabwehrregelungen, die kompetenzrechtlich jeweils der Stammmaterie, dem unter Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG fallenden gewerblichen Geräte- und Aufstellungsrecht (§§ 33c, d, e GewO) zuzuordnen seien, überzeugt nicht. § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG dient der Beseitigung von Anreizen für ein problematisches Spielverhalten, die sich aus der räumlichen Dichte und Nähe von Spielhallen (auch zu Kinder- und Jugendeinrichtungen) und damit aus einem hohen und einfach zu erreichenden Angebot an Gewinngeldspielgeräten ergeben. Mit dem Ansatz, die abstrakten Gefahren, die primär von Geldspielgeräten ausgingen, gingen damit zwangsläufig von den Spielhallen aus, die diese Geräte der Öffentlichkeit zugänglich machten, lässt sich eine fehlende Zuständigkeit der Länder nicht begründen. Dass die erlaubnispflichtige Aufstellung von Geldspielgeräten und deren technische Beschaffenheit aus Gründen gleicher Anforderungen im gesamten Bundesgebiet bundesrechtlich geregelt werden sollen (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 19.5.2015, juris Rn. 78, 81), lässt die Zuständigkeit der Länder zur Eindämmung der u.U. örtlich unterschiedlich einzuschätzenden, abstrakten Gefahren, die von der räumlichen Lage von Spielhallen und insbesondere ihrer Dichte ausgehen, unberührt.

20

Auch der Hinweis der Antragstellerin u.a. auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz (BVerfG, Beschl. v. 3.7.2012, 2 PBvU 1/11, BVerfGE 132, 1, juris), wonach die Gesetzgebungskompetenz für den Luftverkehr als Annex die Befugnis umfasst, Regelungen zur Abwehr sich aus dem Luftverkehr ergebender Gefahren zu treffen, rechtfertigt keine andere Wertung. Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Annex-Kompetenz zu automatenbezogenen bundesrechtlichen Regelungen, sondern um Regelungen, die den sich aus den örtlichen Besonderheiten ergebenden, von der Lage und Dichte der Spielhallen ausgehenden standortbezogenen Gefahren entgegenwirken sollen. Für solche besteht die Gesetzgebungskompetenz der Länder (vgl. in diesem Sinne auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5. 13, juris Rn. 138; VGH Mannheim, Beschl. v. 13.7.2015, 6 S 679/15, Rn. 20, 21).

21

Auch aus dem Hinweis der Antragstellerin auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Oktober 1984 (1 C 47.82, Buchholz 451.20 § 33i GewO Nr. 3, juris Rn. 17), die die im dortigen Fall relevanten, auf die konkrete Spielhalle zu beziehenden Anforderungen an den Versagungsgrund des § 33i Abs. 2 Nr. 3 GewO betrifft, ergibt sich nicht, inwieweit die dortigen Ausführungen gegen eine Zuständigkeit der Länder für abstrakte, mit der Lage von Spielhallen zusammenhängende Gefahren sprechen sollten.

22

Soweit die Antragstellerin darauf hinweist, die Spielverordnung (SpielV) sei zwischenzeitlich novelliert worden und der Bundesverordnungsgeber regele weiterhin in §§ 1 und 2 SpielV die Aufstellung von Geldspielgeräten in Spielhallen generell und ohne weitergehende räumlich-örtliche Beschränkung, dies müssten die Länder respektieren, spricht auch dies nicht gegen die Gesetzgebungszuständigkeit der Antragsgegnerin. Dass der Bundesverordnungsgeber bei der letzten Änderung der SpielV auf eine räumliche Beschränkung der Spielhallen und der Zahl von Geldspielgeräten in einem Gebäude verzichtet hat, hindert angesichts der Kompetenzverlagerung die Länder nicht, diesbezügliche Regelungen im Hinblick auf spielhallenbezogene Gefahren zu erlassen. Zudem lässt Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG, da einzelne Länder von der Kompetenz zur Regelung des Rechts der Spielhallen keinen Gebrauch gemacht haben, weiter Raum für den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 SpielV (vgl. auch OVG Berlin- Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5.13, juris Rn. 139; Beschl. v. 29.10.2014, OVG 1 S 30.13, GewArch 2015, 46 [LS], juris Rn. 62).

23

Dem Abstandsgebot und dem Verbot von Mehrfachkonzessionen fehlt auch eine städtebauliche Zielsetzung. Sie verfolgen vielmehr das ausschließliche Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen (vgl. hierzu eingehend StGH BW, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, juris Rn. 309, 351, 391 ff.); BayVerfGH, Entsch. v. 28.6.2013, NVwZ 2014, 141, juris Rn. 82; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, juris Rn. 14 m.w.N.; OVG Koblenz, Urt. v. 26.8.2014, 6 A 10098/14, juris Rn. 19; OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.4.2014, 7 ME 121/13, juris Rn. 43; VGH Mannheim, Beschl. v. 4.4.2014, 6 S 1795/13, juris Rn. 7 ff.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 7.1.2014, ZfWG 2014, 115, juris Rn. 22).

24

bb) Bedenken gegen die materielle Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG bestehen nicht. Der sich aus den Regelungen ergebende Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ist materiell verfassungsgemäß.

25

(1) Der Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin ist durch ein Gemeinwohlziel legitimiert.

26

Für die Beschränkung des Angebots an Spielhallen durch das Abstandsgebot und das Verbot von Mehrfachspielhallen nach § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielG sprechen vernünftige Gründe des Gemeinwohls. Das HmbSpielhG dient u.a. dem Ziel, Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen, und der Bekämpfung der Spielsucht. Diese angestrebten Ziele sind solche des Gemeinwohls, die Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit in Bezug auf den Betrieb von Spielhallen rechtfertigen können (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, NVwZ-RR 2014, 317 [LS], juris Rn. 16; ausf. Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 36 m.w.N.). Die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG soll unter anderem die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtprävention schaffen, indem die Dichte von und Mindestabstände zwischen Spielhallenstandorten bestimmt werden.

27

(2) Die Unverhältnismäßigkeit der die Berufsausübung regelnden Vorschrift lässt sich nicht feststellen. Das Abstandsgebot und das Verbot von Mehrfachspielhallen sind zur Erreichung des Gemeinwohlziels geeignet, erforderlich und angemessen.

28

Der Gesetzgeber besitzt bei der Regelung der Berufsfreiheit einen Einschätzungs- und Prognosespielraum auch bei der Beurteilung der Bedrohungslage für das Gemeinschaftsgut, zu dessen Schutz er im konkreten Fall tätig wird (vgl. zu den Grenzen: BVerfG, Beschl. v. 20.8.2013, 1 BvR 2402/12, 1 BvR2684/12, juris Rn. 24). Für die Eignung einer vom Gesetzgeber gewählten Maßnahme reicht es aus, dass der durch die Berufsausübungsregelung gewünschte Erfolg gefördert wird.

29

Nach diesem Maßstab sind die obengenannten Regelungen zur Erreichung der Spielsuchtprävention und des Jugendschutzes geeignet. Mit der Bestimmung, dass der Abstand u.a. zwischen Spielhallen 500 m nicht unterschreiten soll und dass an jedem Spielhallenstandort nur ein Unternehmen nach § 1 Abs. 2 zugelassen wird, soll in Zukunft die Zahl der vorhandenen Spielhallen reduziert und ihr Abstand vergrößert werden. Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 2 HmbSpielhG, die der Willensbildung des Gesetzgebers bei dem Beschlussfassung des Gesetzes zu Grunde lag, hat er angenommen, dass die Zahl der Konzessionen im Jahr 2010 noch einmal gestiegen ist und dass durch sog. Mehrfachkonzessionen neben den bereits bestehenden weitere größere Spielhallenkomplexe entstanden sind. Zudem ist er davon ausgegangen, dass mehrere Erlaubnisse für einen Standort auf Grund des massiven Angebots an Geldspielgeräten in engem räumlichen Verbund ein wesentliches Element zur Steigerung der Spielsucht darstellen (vgl. zu § 2 Abs. 2 Satz 1: Bü-Drs. 20/ 3228, S. 8, Bü-Drs. 20/5877, S. 26). Zur Abstandsregelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG, die das Verbot der Mehrfachkonzession ergänzt, heißt es in der Gesetzesbegründung, die Zulassung von Spielhallen innerhalb kurzer Wegstrecken erhöhe das Angebot von die Spielsucht fördernden Geldspielgeräten und leiste der übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs Vorschub. Durch das Verlassen der Spielhalle verbunden mit einem längeren Fußweg bestehe die Möglichkeit, dass die Spielerin oder der Spieler das Spiel abbreche. Die Spieler sollten sich nach dem Verlassen der Spielhalle so weit von ihrer Atmosphäre gelöst haben, dass ein selbständiger neuer Entschluss zum Betreten einer weiteren Spielhalle erforderlich sei (Bü-Drs. 20/5877, S. 26).

30

Dass diese Maßnahmen – z.B. wenn ein Spieler, wie die Antragstellerin einwendet, beschließt, die Distanz zwischen Spielhallen mit dem PKW oder öffentlichen Verkehrsmitteln zu überwinden und in einer anderen Spielhalle weiterzuspielen - in nicht jedem Einzelfall den gewünschten Erfolg vollständig herbeiführen, ist für die generelle Geeignetheit der Maßnahmen unerheblich. Auch spricht die Behauptung der Antragstellerin, das – vom Gesetzgeber bei der Schaffung der Abstandsregelung unterstellte - Wechseln der Spielhalle sei, anders als bei Gaststättenbesuchen, bei modernen Spielhallen kein typisches Spielerverhalten und ein pathologischer Spieler spiele nur in einer Spielhalle und breche das Spiel dort endgültig ab, wenn die Sperrzeit erreicht sei oder er kein Geld mehr habe, nicht gegen die Geeignetheit der Maßnahmen für den Gesundheitsschutz. Vielmehr ist es ausreichend, dass mit Hilfe der Reduzierung der Zahl der Spielhallen der gewünschte Erfolg der Spielsuchtprävention, die gerade auch potenzielle Spieler erreichen will - wie hier - gefördert werden kann.

31

Auch der Hinweis, in bestimmten Bereichen der Stadt („Reeperbahn“) lasse der Gesetzgeber schon einen Abstand zwischen Spielhallen von 100 m Fußweg ausreichen, um den Spieler vor sich selbst zu schützen, stellt die Geeignetheit der Abstandsregelung zur Suchtprävention im übrigen Stadtgebiet nicht in Frage. In bestimmten „Amüsiervierteln“ hat sich der Gesetzgeber neben dem Spielerschutz an weiteren Zielen des GlStV orientiert wie u.a. an der Notwendigkeit eines kanalisierten legalen Glücksspielangebots (vgl. zu § 2 Abs. 2 Satz 3 HmbSpielG: Bü-Drs. 20/5877, S. 26). Diese Erwägungen sind sachgerecht und rechtfertigen eine höhere Spielhallendichte in abgegrenzten Bereichen der Stadt (vgl. dazu ausführlich: OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, NordÖR 2014, 368 [LS], juris Rn. 68 f.).

32

Die Regelungen sind erforderlich. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit seiner Einschätzung, es seien in der Vergangenheit aufgrund von Mehrfachkonzessionen neben den bereits bestehenden Spielhallen große Spielhallenkomplexe mit einem massiven Angebot an Geldspielgeräten entstanden, die Zahl der Personen mit pathologischem Glücksspielverhalten oder gefährdete Spieler bezogen auf das Automatenglücksspiel habe zugenommen und Abstände zwischen den Spielhallen führten zu einer effektiveren Suchtprävention (Bü-Drs. 20/5877, S. 25, 26; vgl. auch BÜ-Prot. 20/9, 20/14, Seite 24), seinen Beurteilungsspielraum überschritten hat. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Einschätzung des Gesetzgebers, ein großzügig bemessener Abstand von 500 m zwischen den Spielhallen könne eher zur Aufgabe des Spiels führen, fehlsam sein könnte (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5/13, Rn. 152 ff.). Dass andere in gleicher Weise wirksame, aber weniger einschneidende Möglichkeiten zur Verknappung des Spielhallenangebots bestehen, ist nicht ersichtlich.

33

Die Regelungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG sind auch angemessen und damit verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Einschränkungen der Spielhallenbetreiber stehen nicht außer Verhältnis zum erstrebten Ziel:

34

Trifft der Gesetzgeber Regelungen, die in die Freiheit der Berufsausübung eingreifen, so muss bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt sein (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008,1 BvR 3262/07, BVerfGE 121, 317, juris Rn. 117). Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit ist eine generalisierende Betrachtungsweise geboten, die auf den betroffenen Wirtschaftszweig generell abstellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.8.2013, 1 BvR 2402/12, 1 BvR 21 BvR 2684/12, NVwR-RR 2013, 985, juris Rn. 28 m.w.N.).

35

Nach diesem Maßstab sind das Gebot von größeren Abständen zwischen Spielhallen und das Verbot der Mehrfachkonzession verhältnismäßig. Zwar weist die Antragstellerin zu Recht darauf hin, dass nun faktisch für eine Strecke von 1000 m ein Ansiedlungsverbot bestehe. Das wegen der schweren Folgen der Spielsucht und des hohen Suchtpotenzials des gewerblichen Automatenspiels hohe Gewicht des Spielerschutzes und der Spielsuchtprävention überwiegt aber das Gewicht des wirtschaftlichen Interesses der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Einhaltung der neuen Erlaubnisanforderungen verschont zu bleiben. Sollte sich wegen der Abstandsregelungen und des Verbots der Mehrfachkonzession eine bisher an einem bestimmten Ort erlaubte berufliche Tätigkeit nicht realisieren lassen, ist dies nicht unverhältnismäßig. Es steht der Berufsgruppe der Spielhallenbetreiber trotz des Verbots der Mehrfachkonzession und der Abstandsregelung offen, Spielhallen mit Einzelkonzessionen oder solche jenseits der Ballungszentren zu betreiben (vgl. auch OVG Berlin- Brandenburg, Urt. v. 11.6.2015, OVG 1 B 5.13, juris Rn. 165).

36

b) Der Erteilung der Erlaubnisse für die beiden Spielhallen der Antragstellerin steht § 2 Abs. 5 Nr. 6 und 4 HmbSpielhG entgegen.

37

aa) Nach § 2 Abs. 5 Nr. 6 HmbSpielhG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn ein Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 2 HmbSpielG in einem baulichen Verbund mit einem anderen Unternehmen steht. Dies ist hier der Fall. Die beiden Spielhallen der Antragstellerin befinden sich in einem Gebäude. Für jeden Spielhallenstandort darf aber nach § 2 Abs. 2 Satz 1 HmbSpielhG nur ein Unternehmen zugelassen werden.

38

bb) Weiter steht der Erteilung von Erlaubnissen für jede der beiden Spielhallen § 2 Abs. 5 Nr. 4 HmbSpielG entgegen, da hier der zur nächstgelegenen Spielhalle einzuhaltende Abstand unterschritten wird und von diesem nicht ausnahmsweise abgewichen werden kann.

39

Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG soll der Abstand zu weiteren Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen 500 m nicht unterschreiten. Der fußläufige Abstand zu der nächsten „älteren“ Doppelspielhalle (L.-Straße Y) beträgt hier nach den von der Antragstellerin nicht bestrittenen Messungen der Antragsgegnerin lediglich ca. 449 m.

40

Ein Sachverhalt, der es rechtfertigen könnte, ausnahmsweise von der regelhaft zu erfüllen Voraussetzung des § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielG abzusehen, liegt nicht vor. Dafür wäre es erforderlich, dass gemessen an den Zielen des Glückspielstaatsvertrages bzw. des HmbSpielhG hier ein atypischer Fall vorliegt, der eine Unterschreitung des Abstands von 500 m rechtfertigt. Die bloße Tatsache, dass hier die notwendige Entfernung zur nächsten Spielhalle um ca. 50 m unterschritten wird, rechtfertigt für sich genommen keine Ausnahme. Jedenfalls bei einer Unterschreitung des Fußwegs um ca. 10% ist nicht von einer so geringfügigen Abweichung von der vom Gesetzgeber für notwendig befundenen Entfernung auszugehen, dass damit der Zweck der Abstandsregelung, den Spieler nach dem Verlassen einer Spielhalle durch die Überwindung einer längeren Wegstrecke vom Weiterspielen abzuhalten, in gleicher Weise eintreten kann.

41

Im Übrigen hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass hier die geographischen Gegebenheiten eine Ausnahme rechtfertigen. Anhaltspunkte dafür, dass wegen der Lage der beiden Spielhallenstandorte mit jeweils zwei Spielhallen zueinander ausnahmsweise auch bei einer kürzeren Entfernung als 500 m derselbe Effekt des „Sich-Lösens“ von dem „Spielhallenfluidum“ eintreten kann, hat die Antragstellerin nicht nachvollziehbar dargelegt. Die beiden Spielhallenstandorte befinden sich an unterschiedlichen Straßenseiten der großzügig bebauten, stark befahrenen L.er Chaussee, die durch Ampelanlagen unterbrochen wird und von der Querstraßen abgehen. Sichtkontakt zum jeweils anderen Spielhallenstandort besteht zwar nicht. Entgegen der Bewertung der Antragstellerin stellt diese Lage allerdings keine Besonderheit dar. Dass über eine Entfernung von 449 m Fußweg zu einer nächstgelegenen Spielhalle kein Sichtkontakt besteht, ist eher die Regel. Lagen in Ballungszentren von (Groß-) Städten sind dadurch gekennzeichnet, dass von größeren Verbindungsstraßen, die oft nur mithilfe von Ampeln sicher überquert werden können, zahlreiche kleinere Nebenstraßen abzweigen, an denen – ebenso wie an den Hauptstraßen - jeweils Spielhallen liegen. Sichtkontakt besteht meist allein wegen der Anordnung der Straßen zueinander und insbesondere wegen der z.T. hohen und dichten Bebauung nicht.

42

Die Antragstellerin weist weiter darauf hin, es sei die Regel, dass ein Spieler auf derselben Straßenseite weitergehe, an der die Spielhalle gelegen sei, die er verlasse. Hier sehe er die nächste Spielstätte in der L.er Chaussee Nr. ... erst dann, wenn ihm ein problemloser Wechsel der Straßenseite an der Ampelanlage T.- Straße nicht mehr möglich sei und er daher die nächste Kreuzung benutzen müsse. Dafür benötige er einen Fußweg von 501 m. Aber auch das Warten und Überqueren der Straße an dieser Ampelanlage führe zu einem ausreichenden „Abkühlen“ des Spielers, da er mehr Zeit benötige als für den Fußweg über 501 m auf derselben Straßenseite. Damit legt die Antragstellerin bereits nicht nachvollziehbar dar, inwieweit sich aus der Tatsache, dass der Spieler zunächst die gleiche Straßenseite benutzt, eine um 50 m längere Wegstrecke ergibt als nach der Messung der Antragsgegnerin. Zudem liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die - unterstellte - Tatsache, dass ein Spieler mangels Blickkontakts möglicherweise nicht die erste mögliche Gelegenheit, eine Straße zu überqueren, nutzt, sondern eine spätere, ein regelhaft auftretendes Verhalten darstellt und damit einen atypischen Sachverhalt begründen kann. Soweit die Antragstellerin auf die Wartezeit an einer Ampel hinweist, legt sie damit nicht nachvollziehbar dar, dass diese regelmäßig von einer Dauer ist, die dem „Abkühlungs“-Effekt eines um 50 m längeren Fußwegs entspricht.

43

2. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG liegen hier nicht vor.

44

Nach § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG kann die für die Erlaubniserteilung zuständige Behörde nach Ablauf des in § 9 Abs. 1 Satz 1 oder 2 HmbSpielhG bestimmten Zeitraums eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen dieses Gesetzes über einen angemessenen Zeitraum zulassen, soweit dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist; hierbei sind der Zeitpunkt der Erlaubnis gemäß § 33i GewO sowie der Schutzzweck des HmbSpielhG zu berücksichtigen. Die Antragstellerin hat im vorliegenden Fall nicht glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 HmbSpielhG für die beiden von ihr betriebenen Spielhallen vorliegen. Die Voraussetzungen einer „unbilligen Härte“ dürften hier nicht gegeben sein.

45

Nach § 9 Abs. 1 Satz 5 HmbSpielhG kann eine unbillige Härte insbesondere dann vorliegen, wenn eine Anpassung des Betriebes an die Anforderungen dieses Gesetzes aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder mit einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht vereinbar ist. Anders als es die Antragstellerin annimmt, stellte die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielhG nicht lediglich ergänzend zu den Übergangsregelungen ein Instrument dar, um den Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen des Betroffenen generell Rechnung zu tragen und/oder allgemein wirtschaftliche Härten der Neuregelung des Spielhallenrechts abzumildern. Für die Erteilung einer Befreiung kommt es nach Sinn und Zweck der Regelung darauf an, ob diese im konkreten Fall zur Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsausübung erforderlich ist. § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG entspricht seinem Wortlaut nach der Übergangsregelung des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlStV. Nach der zu § 29 Abs. 4 GlStV gegebenen Begründung tragen die Übergangsfrist von 5 Jahren in Satz 2 sowie die Möglichkeit, gemäß Satz 4 nach Ablauf der Frist im Einzelfall eine Befreiung von einzelnen materiellen Anforderungen zuzulassen, dem Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen der Betreiber in Abwägung mit den in §§ 24 und 25 verfolgten Allgemeinwohlinteressen angemessen Rechnung. Mittels einer Befreiung könne im individuellen Fall der notwendige Verhältnismäßigkeitsausgleich herbeigeführt werden. Dabei sei die Befreiung auf den Zeitraum zu beschränken, der erforderlich sei, um unzumutbaren Belastungen Rechnung zu tragen, ohne aber die in den §§ 24 und 25 verfolgten Allgemeinwohlinteressen auf Dauer hintanzustellen. Durch die Befreiungsregelung und die Anknüpfung an den Zeitpunkt der Erlaubniserteilung könne beispielsweise bei Spielhallenkomplexen ein stufenweiser Rückbau erreicht werden (vgl. BÜ-Drs. 20/3734, S. 86, 87). Insoweit wird hier differenziert zwischen den für alle unter § 29 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlStV, § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielhG fallenden Betriebsinhaber geltenden Übergangsregelungen und der weitergehenden Möglichkeit, im Einzelfall für den konkreten Betrieb zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit der neuen Anforderungen bei unzumutbaren Belastungen eine Befreiung für einen angemessenen Zeitraum zu erteilen. Soweit der hamburgische Gesetzgeber die Voraussetzung einer unbilligen Härte in § 9 Abs. 1 Satz 5 HmbSpielhG näher ausgestaltet hat, hat er in seiner Begründung darauf verwiesen, mittels der Befreiung könne im individuellen Fall die Verhältnismäßigkeit der Anforderung berücksichtigt werden. Insbesondere kleine Familienunternehmen sollten vor einer Vernichtung der Existenz geschützt werden (BÜ-Drs. 20/5877, S. 31). Offenbleiben kann, ob die letztgenannte Begründung des Gesetzgebers Anlass gibt, die Regelung des Satzes 5 trotz des weiter gefassten Wortlauts in dem Sinne eng auszulegen, dass eine Existenzvernichtung oder der wirtschaftliche Ruin des Betriebs zu erwarten sein muss. Zumindest verlangt § 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 HmbSpielG für eine unbillige Härte, dass selbst nach dem Verstreichen der Übergangsfrist der Betreiber, dessen Vertrauen schutzwürdig ist, seinen Betrieb an die Neuregelungen nur mit der Folge anpassen könnte, dass die Betriebsführung zu wirtschaftlichen Verlusten führt.

46

Daran gemessen, hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass diese Voraussetzungen hier bezogen auf den Standort in der L.-Straße X vorliegen:

47

Zwar weist sie zu Recht darauf hin, dass der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis und das Vertrauen des Betreibers in den Bestand der alten Rechtslage bei der Bewertung nach § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG zu berücksichtigen sind. Zum Zeitpunkt der Erteilung der hier maßgeblichen Erlaubnisse vom 1. November 2011 konnte sie aber kein Vertrauen in den unveränderten Fortbestand ihrer Erlaubnisse nach der GewO mehr haben, da mit dem 28. Oktober 2011 Neuregelungen des Spielhallenrechts zu erwarten waren (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt: OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, a.a.O., juris Rn. Rn. 8, 24 f.). Die Antragstellerin kann auch nicht verlangen, dass zu ihren Gunsten berücksichtigt wird, dass sie schon im Jahr 2007 an diesem Standort eine Spielhalle betrieben hat und, wäre sie weiter im Besitz der ihr damals erteilten Erlaubnis geblieben, bis zum bis 30. Juni 2017 nach § 9 Abs. 1 Satz 1 HmbSpielhG ihren Betrieb hätte weiterführen können. Die Antragstellerin hat sich aus wirtschaftlichen Gründen entschieden, die im Jahr 2007 erworbene Spielhalle zu schließen und an dem Standort zwei neue Betriebe zu errichten. Sie hat nicht allein deshalb neue Erlaubnisse beantragen müssen, weil sie die 153,78 m² große frühere Spielhalle im Jahr 2010/2011 lediglich modernisiert und in zwei Spielhallen aufgeteilt hat (vgl. zur raumbezogenen Erlaubnis: BVerwG, Urt. v. 23.11.2005, 6 C 8.05, Buchholz 451.20 § 33c GewO Nr. 6, juris Rn. 6). Vielmehr hat sie die gesamte Fläche um mehr als 50 m² vergrößert und diese - wohl im Hinblick auf eine optimale wirtschaftliche Ausnutzung der Regelung des § 3 Abs. 2 SpielV (pro 12 m² ein Spielgerät, 12 Geräte max.) – auf zwei Hallen aufgeteilt. Insoweit bestand nach der Modernisierung und dem massiven Umbau der früheren Spielhalle weder ein räumlicher noch ein gerätebezogener Bezug zu der im Jahr 2007 genehmigten Spielhalle.

48

Auch ihr Vortrag, sie habe im Hinblick auf den Umbau in den Jahren 2010/2011 hohe Investitionen zu einem Zeitpunkt erbracht, als sie noch auf die alte Rechtslage habe vertrauen dürfen, begründet keine unbillige Härte. Zwar ist zu Gunsten der der Antragstellerin zu berücksichtigen, dass sie zum Zeitpunkt ihres Antrages auf Erteilung der Spielhallenerlaubnisse am 24. September 2011 von der geplanten Neuregelung des Spielhallenrechts und insbesondere der Verschärfung der Anforderungen an die Erteilung einer Erlaubnis noch nichts wissen konnte, da nach der Regelung des § 29 Abs. 4 Satz 2und 3 GlStV und des § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielhG erst mit dem Stichtag des 28. Oktober 2011 das Vertrauen in die Fortdauer der alten Rechtslage erschüttert war (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, juris Rn. 25 m.w.N.). Daher kann ihr nicht vorgeworfen werden, sie habe sich trotz Kenntnis von der Neuregelung des Spielhallenrechts eine Erlaubnis „auf Vorrat“ beschaffen wollen (vgl. zur Berücksichtigung dieser Sachverhalte zu Gunsten des Betreibers: OVG Weimar, Beschl. v. 8.4.2015, 3 EO 775/13, GewArch 2015, 511 [LS], juris Rn. 7). Auch hat sie nachgewiesen, dass sie im Hinblick auf die ihr im Jahr 2010 erteilte Baugenehmigung vor dem Stichtag bereits hohe Investitionen in den Ausbau der beiden Spielhallen getätigt hatte. Allein dies rechtfertigt aber allein nicht die Annahme einer unbilligen Härte. Diese dürfte u.a. allenfalls dann gegeben sein, wenn der einzelne Betrieb auch nach dem Ablauf der für eine verhältnismäßige Anpassung aus Sicht des Gesetzgebers erforderlichen, aber auch ausreichenden Übergangszeit von 5 bzw. maximal 1,8 Jahren Verluste erwirtschaftet.

49

Dafür hat die Antragstellerin keine konkreten Anhaltspunkte oder Nachweise dargelegt. Soweit sie darauf hinweist, im Vertrauen auf den Weiterbetrieb habe sie bei der Übernahme der Spielhalle im Jahr 2007 einen Mietvertrag über eine Zeitdauer von 10 Jahren abgeschlossen und müsse daher trotz Schließung der Hallen im Juni 2014 weiterhin monatlich 6.500,- Euro zahlen, sind insoweit keine wirtschaftlichen Verluste des Betriebs dargelegt. Die Antragstellerin durfte bei ordnungsgemäßer Betriebsführung spätestens zum Zeitpunkt der Erlaubnis am 1. November 2011, die auf geplante strengere Regelungen des Spielhallenrechts hinweist, nicht mehr von einem dauerhaften Betrieb der Spielhallen unter den alten rechtlichen Rahmenbedingungen der GewO ausgehen und war - trotz der Inanspruchnahme einstweiligen Rechtschutzes in Bezug auf die Übergangsregelung – gehalten, sich auf die neue Rechtslage einzustellen und ihren Betrieb anzupassen. Sie hat nicht dargelegt, inwieweit sie die Übergangszeit bis zum 30. Juni 2013 bzw. den weiteren Zeitraum bis zur Schließung und danach zur Vorbereitung und Anpassung ihres Geschäftsbetriebes auf bzw. an die geänderte Rechtslage genutzt und welche konkreten Maßnahmen sie unternommen hat (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 5.8.2015, 2 BvR 2190/14, WM 2015, 1827, juris Rn. 26). Die Antragstellerin hat bereits nicht nachgewiesen, dass und inwieweit sie mit der Vermieterin z.B. eine Vereinbarung über die Aufhebung des Mietvertrages oder die Reduzierung der Miethöhe zu erreichen versucht hat. Auch hat sie nicht dargelegt, dass sie bei Aufrechterhaltung des Mietvertrags die gemieteten Räume nicht anderweitig gewerblich nutzen oder untervermieten kann (vgl. dazu auch VGH Mannheim, Beschl. v. 13.7.2015, 6 S 679/15, NVwZ-RR 2015, 737 [LS], juris Rn. 34).

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Dass die wirtschaftliche Lage der Antragstellerin wegen der Investitionen in Höhe von ca. 350.000,- Euro derart prekär ist, dass die Anpassung des Betriebs wegen der insoweit bestehenden Verluste nicht möglich ist, hat sie ebenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt. Die Antragstellerin war wegen der Erteilung der Erlaubnis für den Betrieb der beiden Spielhallen zum 1. November 2011 in der Lage, die Übergangsfrist für die nach dem Stichtag erteilte Erlaubnis maximal auszunutzen und ihre Investitionen zu amortisieren. In welchem Umfang ihr dies (nicht) gelungen ist, legt sie nicht substantiiert dar. Zwar hat sie auf die bilanzrechtlichen / steuerlichen Abschreibungsfristen und –werte hingewiesen und geltend gemacht, innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr und 8 Monaten lasse sich eine solche Investitionssumme naturgemäß nicht amortisieren. Sie hat aber nicht anhand von Unternehmensergebnissen (Umsätzen/Erträgen) für den hier maßgeblichen Standort nachgewiesen, dass sie die Investitionen nicht (auch) durch Erträge kompensiert hat. Auch hat die Antragstellerin lediglich darauf hingewiesen, anders als es das Verwaltungsgericht annehme, bezögen sich ihre getätigten Investitionen nicht auf Geldspielgeräte, sondern auf ortsbezogene Einbauten und seien daher „verloren“. Insoweit mag zwar einiges dafür sprechen, dass sie die zur Erneuerung (oder Erweiterung) z.B. des Bodens, der Elektrik und der Sanitäreinrichtungen eingebrachten Einbauten nicht veräußern oder an anderen Standorten weiterverwerten kann. Dies ändert aber nichts daran, dass die Antragstellerin, die an zahlreichen Standorten in Hamburg und im Bundesgebiet Spielhallen betreibt, einzelne der (nach den vorgelegten Rechnungen erfolgten) Einbauten wie z.B. die Videoanlage, Leuchten, den Tresor oder die Thekeneinrichtung ausbauen und an einem anderen Standort weiterverwenden oder an Dritte veräußern kann.

B

51

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes bestimmt sich nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Das Beschwerdegericht hat sich an Nr. 54.1 des Streitweitkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert und für jede der Spielhallen einen Wert von 15.000,- Euro für das Hauptsacheverfahren zu Grunde gelegt. Für das Eilverfahren ist dieser Wert zu halbieren.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.