Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 28. Feb. 2017 - 1 BvR 1103/15

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2017:rk20170228.1bvr110315
bei uns veröffentlicht am28.02.2017

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob die in § 10a GewStG geregelte Mindestbesteuerung des Gewerbeertrages in Fällen der endgültigen Verhinderung von Verlustverrechnungen eine Billigkeitsmaßnahme gebietet.

I.

2

1. Auslöser des Ausgangsverfahrens war die Änderung der Verrechenbarkeit von Verlustvorträgen gemäß § 10a GewStG durch das Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23. Dezember 2003 (BGBl I S. 2922). Die Vorschrift führte - in paralleler Ausgestaltung der Verlustabzugsbeschränkung nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfeh- lung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl I S. 2840) - eine gewerbesteuerliche Mindestbesteuerung ein, indem sie die Verrechenbarkeit von Verlustvorträgen zunächst auf 1 Mio. Euro und hinsichtlich des übersteigenden Gewerbeertrages in einem Erhebungszeitraum auf 60 % des Gewerbeertrages begrenzte.

3

§ 10a Sätze 1 und 2 GewStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23. Dezember 2003 (BGBl I S. 2922) lauten:

1Der maßgebende Gewerbeertrag wird bis zu einem Betrag in Höhe von 1 Million Euro um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind.2Der 1 Million Euro übersteigende maßgebende Gewerbeertrag ist bis zu 60 vom Hundert um nach Satz 1 nicht berücksichtigte Fehlbeträge der vorangegangenen Erhebungszeiträume zu kürzen.

4

2. Die Beschwerdeführerin ist eine Personengesellschaft, die sich in Liquidation befindet. Sie wurde im Jahr 1997 als Projektgesellschaft zur Durchführung und Finanzierung eines einzigen Projekts (Erwerb und Vermietung einer Müllverbrennungsanlage) gegründet. Nach gewerbesteuerlichen Verlusten fiel erst im Jahr 2008, dem letzten Jahr ihrer Geschäftstätigkeit, aufgrund des planmäßigen Ausscheidens eines Gesellschafters ein Gewinn von circa 140 Mio. Euro an (sogenannter Exitgewinn). Zwar standen diesem Gewinn festgestellte Gewerbeverluste in Höhe von circa 110 Mio. Euro gegenüber. Diese Verluste wurden jedoch aufgrund der Mindestbesteuerung gemäß § 10a GewStG nur teilweise zur Verrechnung zugelassen. Hiervon ausgehend setzte die Gemeinde die Gewerbesteuer für 2008 auf circa 4,67 Mio. Euro fest. Ohne die Mindestbesteuerung hätte die Gewerbesteuerfestsetzung nur circa 2,51 Mio. Euro betragen. Der Rechtsstreit gegen die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages ist noch anhängig.

5

In der Folgezeit beantragte die Beschwerdeführerin bei der Gemeinde, die Gewerbesteuer im Wege einer Billigkeitsmaßnahme wegen des Vorliegens eines Härtefalles um circa 2,16 Mio. Euro niedriger festzusetzen. Die Gemeinde lehnte diesen Antrag ab. Der hiergegen erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht statt und verpflichtete die Gemeinde, die begehrte Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO zu gewähren. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, eine zum Erlass verpflichtende unbillige Härte liege immer dann vor, wenn die Mindestbesteuerung - wie hier - zu einer endgültigen Belastung führe (sogenannter Definitivverlust), zu welcher der Steuerpflichtige nicht durch eigenes Verhalten beigetragen habe.

6

3. Durch das angegriffene Revisionsurteil vom 19. Februar 2015 (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2015 - 9 C 10/14 - BVerwGE 151, 255) änderte das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichtes und wies die Klage ab. Die Festsetzung einer Steuer sei nur dann aus sachlichen Gründen unbillig, wenn sie zwar dem Wortlaut des Gesetzes entspreche, aber den Wertungen des Gesetzes zuwiderlaufe. Dies sei hier nicht der Fall, denn dem Gesetzgeber sei bei Einführung der Mindestbesteuerung - nicht zuletzt aufgrund von Sachverständigenanhörungen - das Problem etwaiger Definitivverluste - das heißt der endgültige Untergang ungenutzter Verlustvorträge - durchaus bekannt gewesen. Er habe diese aber bewusst in Kauf genommen und auf Ausnahmeregelungen verzichtet. Die Gewährung eines Billigkeitserlasses käme bei dieser Sachlage einer strukturellen Gesetzeskorrektur gleich, die aber nicht Sinn einer Härtefallregelung im Einzelfall sei. Ob die Mindestbesteuerung in ihrer gegenwärtigen Form als verfassungsgemäß anzusehen sei, ließ das Bundesverwaltungsgericht offen. Denn diese Frage sei nicht in dem vorliegenden Rechtsstreit, sondern im finanzgerichtlichen Verfahren gegen den Gewerbesteuermessbescheid zu klären.

II.

7

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin insbesondere die Verletzung des Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Sie beruft sich vor allem darauf, dass die Versagung der Billigkeitsmaßnahme Art. 3 Abs. 1 GG verletze, soweit durch die Mindestbesteuerung nach § 10a Satz 2 GewStG tatsächlich realisierte Verluste nach Beendigung des Projekts und ihrer Liquidation endgültig ungenutzt untergingen. Es verstoße gegen das objektive Nettoprinzip, wenn - wie in ihrem Fall - betriebliche operative Aufwendungen in Höhe von circa 25 Mio. Euro von einer steuerlichen Geltendmachung ausgeschlossen würden. Diese verfassungswidrige Definitivbesteuerung sei durch die Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme zu beseitigen.

III.

8

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ihr kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Wahrung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Es ist nicht erkennbar, dass die Versagung einer Billigkeitsmaßnahme durch die angegriffene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten - namentlich in Art. 3 Abs. 1 GG - verletzt.

9

1. Steuern können nach § 163 AO niedriger festgesetzt oder nach § 227 AO ganz oder teilweise erlassen werden, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Der Zweck der §§ 163, 227 AO liegt darin, sachlichen und persönlichen Besonderheiten des Einzelfalles, die der Gesetzgeber in der Besteuerungsnorm nicht berücksichtigt hat, durch eine nicht den Steuerbescheid selbst ändernde Korrektur des Steuerbetrages insoweit Rechnung zu tragen, als sie die steuerliche Belastung als unbillig erscheinen lassen (vgl. z.B. BFH, Urteile vom 20. September 2012 - IV R 29/10 -, BFHE 238, 518 und vom 17. April 2013 - X R 6/11 -, BFH/NV 2013, S. 1537).

10

2. Die verfassungsrechtliche Bedeutung der Möglichkeit einer Billigkeitsmaßnahme und deren Verhältnis zur Verfassungsmäßigkeit des zugrunde liegenden Steuergesetzes ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (vgl. BVerfGE 48, 102 <114 ff.>, sowie zuletzt BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. Mai 2015 - 1 BvR 741/14 -, juris Rn. 9 ff. m.w.N.).

11

Die Frage, ob im Einzelfall von der Möglichkeit, den Gesetzesvollzug im Wege von Billigkeitsmaßnahmen zu suspendieren, in einem der Wirkkraft der Grundrechte (insbesondere aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG) ausreichend Rechnung tragenden Maße Gebrauch gemacht worden ist, ist der verfassungsgerichtlichen Prüfung nicht schlechthin entzogen (vgl. BVerfGE 48, 102 <114>). Eine Billigkeitsmaßnahme kann geboten sein, wenn ein Gesetz, das in seinen generalisierenden Wirkungen verfassungsgemäß ist, bei der Steuerfestsetzung im Einzelfall zu Grundrechtsverstößen führt. Mit Billigkeitsmaßnahmen darf jedoch nicht die Geltung des ganzen Gesetzes unterlaufen werden. Müssten notwendige Billigkeitsmaßnahmen ein derartiges Ausmaß erreichen, dass sie die allgemeine Geltung des Gesetzes aufhöben, wäre das Gesetz als solches verfassungswidrig (vgl. BVerfGE 48, 102 <116>).

12

Die Frage nach der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes und der auf seiner Grundlage ergangenen Steuerbescheide ist kein Gegenstand des Billigkeitsverfahrens (vgl. BVerfGE 48, 102 <117>), mag auch die Möglichkeit einer individuellen Billigkeitsmaßnahme zur Vermeidung unbilliger Härten dazu beitragen können, die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zu bestätigen. Billigkeitsmaßnahmen dürfen nicht die einem gesetzlichen Steuertatbestand innewohnende Wertung des Gesetzgebers generell durchbrechen oder korrigieren, sondern nur einem ungewollten Überhang des gesetzlichen Steuertatbestandes abhelfen (vgl. BVerfGE 48, 102 <116>; 99, 246 <267>; 99, 268 <272>; 99, 273 <279>). Typische, den gesetzgeberischen Vorstellungen von einer gesetzlichen Regelung entsprechende Folgen vermögen keine sachliche Unbilligkeit zu begründen (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 3. September 2009 - 1 BvR 2539/07 -, NVwZ 2010, S. 902 <904>). Härten, die dem Besteuerungszweck entsprechen und die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Tatbestandes bewusst in Kauf genommen hat, können einen Billigkeitserlass nicht rechtfertigen, sondern sind gegebenenfalls durch Korrektur des Gesetzes zu beheben (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Dezember 1994 - 2 BvR 89/91 -, NVwZ 1995, S. 989 <990>).

13

Fragen der abstrakt-generellen Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes sind dabei von jenen zu unterscheiden, welche die Unbilligkeit im konkret-individuellen Einzelfall betreffen. Nur letztere sind im fachgerichtlichen Billigkeitsverfahren zu beantworten. Gegenstand der den Billigkeitsantrag betreffenden Verfassungsbeschwerde ist daher allein die Frage, ob die Entscheidung hierüber die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten verletzt (vgl. BVerfGE 48, 102 <117 f.>). Um die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes durch Verfassungsbeschwerde geltend machen zu können, muss die steuerpflichtige Person demgegenüber im Ausgangsverfahren gegen den jeweiligen Steuerbescheid vorgegangen sein (vgl. BVerfGE 48, 102 <118>).

14

3. Gemessen an diesen Grundsätzen ist nicht erkennbar, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Grundrechte der Beschwerdeführerin verletzt.

15

Die Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts, dass eine Billigkeitsmaßnahme ausscheide, weil die Steuerfestsetzung den Wertungen des Gesetzes nicht zuwiderlaufe, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

16

Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts war es das primäre Ziel der Änderung des § 10a GewStG durch das Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23. Dezember 2003 (BGBl I S. 2922), die Gewerbesteuereinnahmen zeitlich "zu verstetigen", indem die Verrechenbarkeit von Verlustvorträgen in einem Erhebungszeitraum der Höhe nach begrenzt wurde (BTDrucks 15/1517, S. 7, 12, 19). Der Gesetzgeber habe bei der Ausgestaltung des Tatbestandes bewusst in Kauf genommen, dass diese zeitliche Streckung in bestimmten Konstellationen zu einem endgültigen Untergang der vorgetragenen Verluste und damit zu einer Definitivbesteuerung führen kann, insbesondere bei Projektgesellschaften. Dabei handelt es sich um eine für das Bundesverfassungsgericht zunächst grundsätzlich maßgebliche Auslegung des einfachen Rechts. Dass dieses auf die Gesetzesmaterialien und auch auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gestützte Verständnis der Regelung über die Verlustabzugsbeschränkung in § 10a Sätze 1 und 2 GewStG unhaltbar wäre, ist nicht erkennbar.

17

Ausgehend hiervon ist auch der weitergehende Schluss des Bundesverwaltungsgerichts von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass hier eine Billigkeitsmaßnahme ausscheidet, weil sie nicht eine den Wertungen des Gesetzes widersprechende, atypische Härte eines Einzelfalls beträfe, sondern eine vom Gesetz bewusst in Kauf genommene Härte korrigierte. Diese Annahme entspricht den Grundsätzen über die verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer Billigkeitsmaßnahme und ihrer Grenzen.

18

4. Die Frage, ob § 10a GewStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23. Dezember 2003 (BGBl I S. 2922) verfassungsgemäß ist, ist nicht Gegenstand des steuerrechtlichen Verfahrens über die Billigkeitsmaßnahme und damit hier auch nicht der verfassungsgerichtlichen Kontrolle.

19

5. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

20

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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1.
einer Körperschaft unmittelbar oder
2.
einer Mitunternehmerschaft, soweit an dieser eine Körperschaft unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt ist,
zuzurechnen ist.11Auf die Fehlbeträge ist § 8d des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden, wenn ein fortführungsgebundener Verlustvortrag nach § 8d des Körperschaftsteuergesetzes gesondert festgestellt worden ist.12Unterbleibt eine Feststellung nach § 8d Absatz 1 Satz 8 des Körperschaftsteuergesetzes, weil keine nicht genutzten Verluste nach § 8c Absatz 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes vorliegen, ist auf Antrag auf die Fehlbeträge § 8d des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; für die Form und die Frist dieses Antrags gilt § 8d Absatz 1 Satz 5 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend.

(1)1Negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, sind bis zu einem Betrag von 10 000 000 Euro, bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, bis zu einem Betrag von 20 000 000 Euro vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustrücktrag).2Soweit ein Ausgleich der negativen Einkünfte nach Satz 1 nicht möglich ist, sind diese vom Gesamtbetrag der Einkünfte des zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen.3Dabei wird der Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums und des zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums um die Begünstigungsbeträge nach § 34a Absatz 3 Satz 1 gemindert.4Ist für den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder den zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraum bereits ein Steuerbescheid erlassen worden, so ist er insoweit zu ändern, als der Verlustrücktrag zu gewähren oder zu berichtigen ist.5Das gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist; die Festsetzungsfrist endet insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem die negativen Einkünfte nicht ausgeglichen werden.6Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist von der Anwendung des Verlustrücktrags nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt abzusehen.

(2)1Nicht ausgeglichene negative Einkünfte, die nicht nach Absatz 1 abgezogen worden sind, sind in den folgenden Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Million Euro unbeschränkt, darüber hinaus bis zu 60 Prozent des 1 Million Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustvortrag).2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, tritt an die Stelle des Betrags von 1 Million Euro ein Betrag von 2 Millionen Euro.3Der Abzug ist nur insoweit zulässig, als die Verluste nicht nach Absatz 1 abgezogen worden sind und in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen nicht nach Satz 1 und 2 abgezogen werden konnten.

(3) (weggefallen)

(4)1Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag ist gesondert festzustellen.2Verbleibender Verlustvortrag sind die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um die nach Absatz 1 abgezogenen und die nach Absatz 2 abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag.3Zuständig für die Feststellung ist das für die Besteuerung zuständige Finanzamt.4Bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags sind die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt worden sind; § 171 Absatz 10, § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und § 351 Absatz 2 der Abgabenordnung sowie § 42 der Finanzgerichtsordnung gelten entsprechend.5Die Besteuerungsgrundlagen dürfen bei der Feststellung nur insoweit abweichend von Satz 4 berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerbescheide ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt.6Die Feststellungsfrist endet nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen ist; § 181 Absatz 5 der Abgabenordnung ist nur anzuwenden, wenn die zuständige Finanzbehörde die Feststellung des Verlustvortrags pflichtwidrig unterlassen hat.

1Der maßgebende Gewerbeertrag wird bis zu einem Betrag in Höhe von 1 Million Euro um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind.2Der 1 Million Euro übersteigende maßgebende Gewerbeertrag ist bis zu 60 Prozent um nach Satz 1 nicht berücksichtigte Fehlbeträge der vorangegangenen Erhebungszeiträume zu kürzen.3Im Fall des § 2 Abs. 2 Satz 2 kann die Organgesellschaft den maßgebenden Gewerbeertrag nicht um Fehlbeträge kürzen, die sich vor dem rechtswirksamen Abschluss des Gewinnabführungsvertrags ergeben haben.4Bei einer Mitunternehmerschaft ist der sich für die Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende Fehlbetrag den Mitunternehmern entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen.5Für den Abzug der den Mitunternehmern zugerechneten Fehlbeträge nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 ist der sich für die Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende maßgebende Gewerbeertrag sowie der Höchstbetrag nach Satz 1 den Mitunternehmern entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag für das Abzugsjahr ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen.6Die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge ist gesondert festzustellen.7Vortragsfähige Fehlbeträge sind die nach der Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrags nach Satz 1 und 2 zum Schluss des Erhebungszeitraums verbleibenden Fehlbeträge.8Im Fall des § 2 Abs. 5 kann der andere Unternehmer den maßgebenden Gewerbeertrag nicht um die Fehlbeträge kürzen, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags des übergegangenen Unternehmens ergeben haben.9§ 8 Abs. 8 und 9 Satz 5 bis 8 des Körperschaftsteuergesetzes ist entsprechend anzuwenden.10Auf die Fehlbeträge ist § 8c des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; dies gilt auch für den Fehlbetrag einer Mitunternehmerschaft, soweit dieser

1.
einer Körperschaft unmittelbar oder
2.
einer Mitunternehmerschaft, soweit an dieser eine Körperschaft unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt ist,
zuzurechnen ist.11Auf die Fehlbeträge ist § 8d des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden, wenn ein fortführungsgebundener Verlustvortrag nach § 8d des Körperschaftsteuergesetzes gesondert festgestellt worden ist.12Unterbleibt eine Feststellung nach § 8d Absatz 1 Satz 8 des Körperschaftsteuergesetzes, weil keine nicht genutzten Verluste nach § 8c Absatz 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes vorliegen, ist auf Antrag auf die Fehlbeträge § 8d des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; für die Form und die Frist dieses Antrags gilt § 8d Absatz 1 Satz 5 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt den Erlass von Gewerbesteuer für das Jahr 2008 in Höhe von 2 160 774 €.

2

Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 7. November 1997 als Leasing-Projektgesellschaft zur Finanzierung eines einzigen Projekts (Erwerb und Vermietung einer Müllverbrennungsanlage) gegründet. Investorin war eine Familienstiftung, die mit der Klägerin einen atypischen stillen Gesellschaftsvertrag schloss und eine Einlage in Höhe von 438 Mio. DM in die stille Gesellschaft leistete. Das Leasing- und Finanzierungskonzept sah eine feste Laufzeit bis zum 31. März 2008 vor. Nach abschreibungsbedingten Verlusten in den Anfangsjahren fiel erst beim planmäßigen Ausscheiden des stillen Gesellschafters im Jahr 2008 ein Gewinn aus Gewerbebetrieb (sog. Exitgewinn) in Höhe von 139 831 991 € an. Diesem Gewinn standen festgestellte Gewerbeverluste in Höhe von 110 134 400 € gegenüber; von ihnen waren aufgrund der sogenannten Mindestbesteuerung gemäß § 10a GewStG - einer Regelung, die erst im Jahre 2004, also während der Laufzeit der o.g. Verträge eingeführt worden war - nur 84 412 278 € anrechenbar. Hiervon ausgehend setzte das zuständige Finanzamt den Gewerbesteuermessbetrag 2008 auf 1 945 671 € und - auf dieser Grundlage - die Beklagte mit Bescheid vom 12. Januar 2010 die Gewerbesteuer 2008 auf 4 669 610,40 € fest. Ohne die Mindestbesteuerung hätte die Gewerbesteuer nur 2 508 836 € betragen.

3

Die Klägerin legte Anfang Januar 2010 Einspruch gegen den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2008 ein. Der Einspruch wurde unter Bezugnahme auf ein Parallelverfahren, das ebenfalls eine Projektgesellschaft betraf, zunächst ruhend gestellt. In dem Parallelverfahren hielt der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 20. September 2012 (IV R 36/10 - BFHE 238, 429) die Begrenzung des Verlustabzugs gemäß § 10a GewStG (Mindestbesteuerung) für verfassungsgemäß, wies aber zugleich darauf hin, dass verbleibende Härtefälle in Bezug auf etwaige Definitiveffekte (endgültiger Ausschluss der Möglichkeit der Verlustverrechnung) durch flankierende Billigkeitsmaßnahmen aufgefangen werden könnten. Hierauf gestützt entschloss sich die Klägerin, ihr Begehren zunächst über einen Billigkeitsantrag weiterzuverfolgen; der Einspruch gegen den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2008 ist bis heute unbeschieden geblieben.

4

Unter dem 3. April 2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten einen Erlass der Gewerbesteuer 2008 in Höhe von 2 160 774 € wegen des Vorliegens eines Härtefalls; der Betrag entspricht dem durch die Mindestbesteuerung verursachten Differenzbetrag. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 4. Juli 2013 mit der Begründung ab, Raum für eine Billigkeitsmaßnahme nach den §§ 163, 227 AO bleibe nur, sofern Nachteile für den Steuerpflichtigen über das Maß der Nachteile hinausgingen, die bereits im Besteuerungszweck selbst enthalten seien. Solche Nachteile seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

5

Das Verwaltungsgericht hat der hiergegen gerichteten Klage stattgegeben. In Höhe der Differenz von 2 160 774 € sei bei der Klägerin durch die Mindestbesteuerung gemäß § 10a GewStG eine unzumutbare Definitivbelastung ausgelöst worden, die im Wege einer Billigkeitsentscheidung zu korrigieren sei. Ein Billigkeitserlass sei in Fällen einer Definitivbelastung stets vorzunehmen, es sei denn, der Steuerpflichtige habe durch eigenes Verhalten dazu beigetragen, dass der positive Gewerbeertrag entstanden sei. Dies gelte auch für zeitlich begrenzt angelegte Projektgesellschaften. Von dem Steuerpflichtigen könne nicht verlangt werden, bestehende Verträge nachträglich abzuändern, um den positiven Gewerbeertrag zu vermeiden.

6

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrevision der Beklagten. Diese macht geltend, der Eintritt einer Definitivbelastung, der einen (mittelbaren) Eingriff in das objektive Nettoprinzip darstelle, sei grundsätzlich durch die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe gerade bei § 10a GewStG diesen Fall im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens berücksichtigt. Zu einer unbilligen Härte könne deshalb nur das Vorliegen weiterer besonderer und im Einzelfall zu prüfender Umstände führen. Der Klägerin sei nach Einführung des § 10a GewStG eine Anpassung ihrer Leasing- und Finanzierungsstruktur möglich gewesen.

7

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 30. Januar 2014 zu ändern und die Klage abzuweisen,

8

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf das Urteil des Verwaltungsgerichts.

10

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält die Revision für begründet. Eine abweichende Festsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 163 AO müsse hier ausscheiden, denn der Gesetzgeber habe die Mindestbesteuerung in Kenntnis der Tatsache, dass diese unter Umständen zu einem endgültigen Wegfall nicht genutzter Verlustvorträge führen könne, zunächst ins Einkommensteuergesetz und anschließend ins Gewerbesteuergesetz übernommen.

Entscheidungsgründe

11

1. Die Sprungrevision der Beklagten ist zulässig. Die Beklagte hat das vom Verwaltungsgericht zugelassene Rechtsmittel ordnungsgemäß eingelegt, insbesondere die schriftliche Zustimmungserklärung der Klägerin zur Einlegung der Sprungrevision frist- und formgerecht vorgelegt (§ 134 Abs. 1 Satz 1 und 3, § 139 VwGO). Die Übermittlung der Zustimmungserklärung an das Gericht per Telefax genügt, unabhängig davon, ob der Revisionskläger die Zustimmungserklärung seinerseits per Telefax oder auf andere Weise empfangen hat. Denn es besteht kein Grund, diesen Übermittlungsweg nicht für die Zustimmungserklärung des Gegners und deren Weiterleitung zuzulassen, nachdem auch die Einlegung der Revision selbst per Telefax zulässig ist (stRspr zu § 161 Abs. 1 SGG, vgl. BSG, Urteile vom 19. März 1997 - 6 RKa 36/95 - NZS 1998, 152, vom 22. April 1998 - B 9 SB 7/97 R - juris Rn. 17 f., vom 13. März 2001 - B 3 KR 12/00 R - BSGE 88, 1 <2 f.>, vom 7. Juli 2011 - B 14 AS 153/10 R - BSGE 108, 289 Rn. 13 und vom 12. Juli 2012 - B 3 KR 18/11 R - BSGE 111, 200 Rn. 8). Soweit der 2. und der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hierzu eine gegenteilige Auffassung vertreten hatten (vgl. Beschlüsse vom 25. August 2005 - 6 C 20.04 - Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 52 Rn. 14 ff., vom 18. Januar 2006 - 6 C 21.05 - Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 53 Rn. 5 ff. und vom 18. September 2008 - 2 C 125.07 - juris Rn. 1, 9), haben sie auf Anfrage des erkennenden Senats mitgeteilt, dass sie daran nicht festhalten.

12

2. Die Revision ist auch begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

13

Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Persönliche Unbilligkeitsgründe sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Festsetzung einer Steuer ist aus sachlichen Gründen unbillig, wenn sie zwar dem Wortlaut des Gesetzes entspricht, aber den Wertungen des Gesetzes zuwiderläuft. Das setzt voraus, dass der Gesetzgeber die Grundlagen für die Steuerfestsetzung anders als tatsächlich geschehen geregelt hätte, wenn er die zu beurteilende Frage als regelungsbedürftig erkannt hätte (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 8. Juli 1987 - 1 BvR 623/86 - juris Rn. 5 und vom 13. Dezember 1994 - 2 BvR 89/91 - NVwZ 1995, 989 <990>; BFH, Urteile vom 24. September 1987 - V R 76/78 - BFHE 151, 221 <224>, vom 21. Oktober 2009 - I R 112/08 - juris Rn. 9 und vom 4. Juni 2014 - I R 21/13 - BFHE 246, 130 Rn. 10; BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1982 - 8 C 90.81 - Buchholz 401.0 § 163 AO Nr. 1 S. 3 f.). Auch wenn demnach Härten, die der Gesetzgeber bei der Regelung des gesetzlichen Tatbestands bedacht und in Kauf genommen hat, grundsätzlich keine Billigkeitsmaßnahme rechtfertigen, so ist eine derartige Maßnahme gleichwohl geboten, wenn ohne die begehrte Billigkeitsmaßnahme das Verhalten des Gesetzgebers aus verfassungsrechtlichen Gründen zu beanstanden wäre. Dies ist der Fall, wenn ein Gesetz, das in seinen generalisierenden Wirkungen verfassungsgemäß ist, bei der Steuerfestsetzung im Einzelfall zu Grundrechtsverstößen führt (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 8. Juli 1987 - 1 BvR 623/86 - juris Rn. 5 und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2539/07 - NVwZ 2010, 902 <904>; BFH, Urteile vom 27. Mai 2004 - IV R 55/02 - juris Rn. 16, vom 20. September 2012 - IV R 29/10 - BFHE 238, 518 Rn. 21 und vom 17. April 2013 - II R 13/11 - juris Rn. 17). Allgemeine Folgen eines verfassungsgemäßen Gesetzes, die den gesetzgeberischen Planvorstellungen entsprechen und die der Gesetzgeber ersichtlich in Kauf genommen hat, vermögen einen Billigkeitserlass allerdings nicht zu rechtfertigen. Denn Billigkeitsmaßnahmen dürfen nicht die einem gesetzlichen Steuertatbestand innewohnende Wertung des Gesetzgebers generell durchbrechen oder korrigieren, sondern nur einem ungewollten Überhang des gesetzlichen Steuertatbestandes abhelfen. Mit verfassungsrechtlich gebotenen Billigkeitsmaßnahmen darf also nicht die Geltung des ganzen Gesetzes unterlaufen werden. Wenn solche Maßnahmen ein derartiges Ausmaß erreichen müssten, dass sie die allgemeine Geltung des Gesetzes aufhöben, wäre das Gesetz als solches verfassungswidrig (BVerfG, Beschluss vom 5. April 1978 - 1 BvR 117/73 - BVerfGE 48, 102 <116>; Kammerbeschluss vom 3. September 2009 - 1 BvR 2539/07 - NVwZ 2010, 902 <904>).

14

Hiervon ausgehend scheidet ein Billigkeitserlass im vorliegenden Fall aus. Die festgesetzte Steuer entspricht nicht nur dem Wortlaut des Gesetzes - hier: den Regelungen zur Mindestbesteuerung nach § 10a GewStG - (a), sondern auch dessen Wertungen, denn der Gesetzgeber hat die von der Klägerin beanstandete Rechtsfolge - den Eintritt eines Definitiveffekts - bei der gebotenen objektiven Betrachtung bewusst in Kauf genommen (b). Billigkeitsmaßnahmen sind auch weder allgemein oder speziell bei Projektgesellschaften zur Vermeidung von Definitiveffekten (c) noch wegen des Fehlens einer Übergangsregelung (d) aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten; denn gegebenenfalls erforderliche Korrekturen kämen angesichts der Komplexität der geregelten Materie einer strukturellen Gesetzesänderung gleich.

15

a) Die Beklagte hat mit Bescheid vom 12. Januar 2010 die von der Klägerin für das Jahr 2008 zu entrichtende Gewerbesteuer unter Anwendung der Regelungen des § 10a Satz 1 und 2 GewStG (sog. Mindestbesteuerung) zutreffend in Höhe von 4 669 610,40 € festgesetzt. Nach § 10a Satz 1 und 2 GewStG wird der maßgebende Gewerbeertrag bis zu einem Betrag in Höhe von 1 Mio. € um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Der 1 Mio. € übersteigende maßgebende Gewerbeertrag ist bis zu 60 % um nicht berücksichtigte Fehlbeträge der vorangegangenen Erhebungszeiträume zu kürzen. Zweck der Bestimmung ist eine "Verstetigung" der Einnahmen (vgl. BT-Drs. 15/1518 S. 13). In der Regel führt die Vorschrift, da eine Verlustanrechnung zeitlich unbegrenzt möglich bleibt, lediglich zu einer zeitlichen Streckung des Verlustausgleichs. Aufgrund verschiedener Umstände, etwa im Falle der Beendigung des Unternehmens durch Insolvenz oder Liquidation sowie bei Veränderung der Unternehmer- oder der Unternehmensidentität, kann es aber auch zu einem endgültigen Verfall eines nicht genutzten Verlustvortrags kommen, einer sogenannten Definitivbelastung (vgl. Güroff, GewStG, 8. Aufl. 2014, § 10a Rn. 114; Heuermann, FR 2012, 435 <440>; Fischer, FR 2007, 281 <283 ff.> und Schaumburg/Schaumburg, StuW 2013, 61 <65 f.>). Hiervon typischerweise betroffen sind Start-up-Unternehmen mit Anlaufverlusten, zeitlich begrenzt bestehende Projektgesellschaften (wie die Klägerin) und Unternehmen mit stark schwankenden Einkommen (vgl. zu weiteren Beispielen BFH, Beschluss vom 26. Februar 2014 - I R 59/12 - BFHE 246, 27 Rn. 26).

16

b) Die Besteuerung der Klägerin widerspricht hinsichtlich des bei ihr eingetretenen Definitivverlusts nicht den Wertungen des Gesetzes. Denn der Gesetzgeber hat die Regelungen zur Mindestbesteuerung in Kenntnis der Tatsache, dass es in verschiedenen Fallkonstellationen, u.a. bei Leasing-Objektgesellschaften wie der Klägerin, zu solchen Definitivverlusten kommen kann, zunächst durch das Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2840) ins Einkommensteuergesetz (§ 10d EStG) und unmittelbar danach durch das Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2922) ins Gewerbesteuergesetz (§ 10a GewStG) übernommen. Dabei hat er keine Vorsorge gegen den Eintritt von Definitivverlusten getroffen.

17

aa) Der Eintritt von Definitivverlusten war zwar nicht als Gesetzgebungsziel beabsichtigt. Vielmehr hat die Bundesregierung im Rahmen der parallel erfolgten Einführung der Mindestbesteuerung in das Einkommensteuergesetz ausdrücklich erklärt, der Gesetzeszweck einer Verstetigung des Steueraufkommens werde "mit der für die Unternehmen am wenigsten belastenden Maßnahme erreicht. Dabei gehen die Verlustvorträge nämlich nicht verloren, ihr Abzug wird lediglich zeitlich gestreckt" (BT-Drs. 15/1665 S. 4).

18

bb) Maßgebend für die Auslegung von Gesetzen ist aber nicht die subjektive Vorstellung eines am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten, sondern der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen. Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut der Vorschrift (stRpr, vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 22 BvR 2155/11 - BVerfGE 133, 168 Rn. 66).

19

Hiervon ausgehend unterliegt es keinem Zweifel, dass Definitivverluste, wie sie bei der Klägerin aufgrund der planmäßigen Beendigung ihrer Projektgesellschaft entstanden sind, nicht ausgeschlossen werden sollten. Zwar zielt § 10a GewStG - wie aufgezeigt - unmittelbar (nur) auf die zeitlich gestreckte Anrechnung von Verlusten. Die Bestimmung ordnet den etwa eintretenden endgültigen Ausschluss der Verlustnutzungsmöglichkeit nicht selbst an; dieser ergibt sich vielmehr aus hinzutretenden Umständen oder im Zusammenspiel mit anderen Normen (vgl. Desens, FR 2011, 745 <749>). Da der Gesetzgeber aber weder in § 10a GewStG selbst noch in einem anderen Regelungszusammenhang Ausnahmen für solche möglicherweise eintretenden Fälle einer Definitivbelastung vorgesehen hat, kann dem Gewerbesteuerrecht bei der gebotenen objektiven Betrachtung keine Wertung dahin entnommen werden, dass ein endgültiger Wegfall von Verlustvorträgen - stets oder jedenfalls für Projektgesellschaften wie die Klägerin - vermieden werden soll.

20

cc) Dass der Gesetzgeber bei Einführung der Mindestbesteuerung die Problematik etwaiger Definitivverluste kannte, zeigt das Gesetzgebungsverfahren (im Ergebnis ebenso BFH, Beschluss vom 26. Februar 2014 - I R 59/12 - BFHE 246, 27 Rn. 33):

21

Bereits der Regierungsentwurf eines Gesetzes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen - Steuervergünstigungsabbaugesetz - vom 20. November 2002 hatte sowohl eine Mindestbesteuerung im Einkommen- als auch im Gewerbesteuerrecht vorgesehen (vgl. Art. 1 Nr. 11 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Änderung des § 10d Abs. 2 Satz 2 EStG sowie Art. 5 Nr. 4 zur Änderung des § 10a Satz 1 GewStG, BR-Drs. 866/02 S. 4 und 20). Der Bundesrat lehnte den Gesetzentwurf mit Beschluss vom 20. Dezember 2002 ab (BR-Drs. 866/02 ). Der federführende Finanzausschuss führte am 15. Januar 2003 eine öffentliche Anhörung durch (vgl. Bericht des Finanzausschusses, BT-Drs. 15/481 S. 3 f.), bei der die Sachverständigen im Wesentlichen die negativen Auswirkungen einer Mindestbesteuerung auf die Liquidität und die Eigenkapitalbasis hervorhoben, daneben aber auch die Gefahr von Definitivverlusten, etwa bei Projektgesellschaften ansprachen (vgl. Finanzausschuss, Protokoll Nr. 7 zur BT-Drs. 15/119 S. 22 f., 27, 34 und 64). Das Gesetz wurde schließlich - nach Einschaltung des Vermittlungsausschusses - am 16. Mai 2003 ohne Regelungen zur Mindestbesteuerung erlassen (BGBl. I S. 660). In einer "Protokollerklärung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz" hielt die Bundesregierung allerdings fest, dass sie bestimmte Maßnahmen, darunter die Neugestaltung des geltenden Verlustverrechnungssystems (§ 2 Abs. 3 und § 10d EStG, § 10a GewStG), spätestens bis zum 1. Januar 2004 abschließen wolle (vgl. Rödder/Schumacher, DStR 2003, 817 <818 f.>).

22

Der die vorgenannte Protokollerklärung umsetzende Gesetzentwurf der Bundesregierung begründete die Einführung der Mindestbesteuerung mit dem erheblichen Verlustvortragspotenzial der Unternehmen, das diese vor sich herschöben und der erwünschten Verstetigung der Staatseinnahmen (BT-Drs. 15/1518 S. 13). Der Entwurf sah zunächst einen Sockelbetrag von 100 000 € und einen hälftigen Abzug des Restbetrags vor (BT-Drs. 15/1518 S. 5). Eine zweite öffentliche Anhörung durch den federführenden Finanzausschuss, die am 26. September 2003 stattfand (vgl. BT-Drs. 15/1684), ergab ein ähnliches Bild wie die bereits im Januar 2003 durchgeführte Anhörung: Die meisten Sachverständigen kritisierten die Mindestbesteuerung aus steuersystematischen Gründen, wobei noch deutlicher als in der früheren Anhörung die Gefahr von Definitivverlusten, insbesondere für Projektgesellschaften, hervorgehoben wurde (Finanzausschuss, Protokoll Nr. 15/30 zu BT-Drs. 15/1518 S. 16 f., S. 39 ff.). Nach erneuter Ablehnung durch den Bundesrat führte erst die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zur Anhebung des Sockelbetrags auf 1 Mio. € sowie zur Änderung des Prozentwertes für den Abzug des Restbetrags von 50 auf 60 % (BT-Drs. 15/2243 S. 2).

23

Die Entstehungsgeschichte des § 10a GewStG verlief hierzu parallel: Die vorgesehene Regelung sollte ebenfalls der Verstetigung der Steuereinnahmen dienen. Auch hier sah der Regierungsentwurf zunächst einen Sockelbetrag von 100 000 € und einen hälftigen Abzug des Restbetrags vor (BT-Drs. 15/1517 S. 7, 12, 19). Die Anhebung des Sockelbetrags auf 1 Mio. € sowie die Änderung des Prozentwertes für den Abzug des Restbetrags von 50 auf 60 % waren - wie bei § 10d Abs. 2 Satz 2 EStG - erst in der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses enthalten (BT-Drs. 15/2248 S. 2).

24

dd) Dem Gesetzgeber war die Problematik eintretender Definitivverluste somit bekannt. Er hat sich jedoch damit begnügt, ihr allein durch die vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagenen Änderungen zu begegnen. Diese bewirken zwar, dass weniger Unternehmen von der Regelung erfasst werden. Hinsichtlich der übrigen Unternehmen, die die im Gesetz genannten Schwellenwerte überschreiten, ändert die vorgenommene Erhöhung der Werte aber nichts an der im Gesetz angelegten Möglichkeit eines endgültigen Untergangs von Verlustvorträgen. Da der Gesetzgeber insoweit keine Ausnahmen, etwa für bestimmte Branchen oder für Anfangsverluste, In-Gang-Setzungs-Verluste oder bei einzelnen Zweckgesellschaften für die Verluste aus einer bestimmten Besteuerungsart (vgl. Finanzausschuss, Protokoll Nr. 7 zur BT-Drs. 15/119 S. 34) vorgesehen hat, hat er die Möglichkeit von Definitivverlusten bewusst in Kauf genommen. Damit muss eine Billigkeitsentscheidung, die allein darauf gestützt wird, dass ein solcher Definitivverlust eintritt, grundsätzlich ausscheiden. Denn die Gewährung eines Billigkeitserlasses käme bei dieser Sachlage einer strukturellen Gesetzeskorrektur außerhalb der gesetzgeberischen Planvorstellung gleich, die gerade nicht Sinn einer Härtefallregelung im Einzelfall ist (ebenso BFH, Beschluss vom 26. Februar 2014 - I R 59/12 - BFHE 246, 27 Rn. 38 m.w.N.).

25

c) Die Billigkeitsmaßnahme ist auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten, um in Einzelfällen aus der unerlässlichen Typisierung resultierende Härten zu mildern, um die Regelung also insgesamt als verfassungsmäßig erscheinen zu lassen (vgl. zu diesem Ansatz BVerfG, Beschluss vom 5. April 1978 - 1 BvR 117/73 - BVerfGE 48, 102 <114>). Selbst wenn man unterstellt, dass der Eintritt von Definitiveffekten verfassungswidrig ist, kann angesichts der Komplexität der hierdurch aufgeworfenen Fragen und der Vielzahl denkbarer Korrekturmöglichkeiten die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes nicht durch Verwaltungsentscheidung im Einzelfall vermieden werden.

26

Dagegen spricht bereits, dass das Gesetz keine Kriterien dafür enthält, wann überhaupt eine verfassungsrechtlich nicht mehr hinzunehmende Definitivbelastung vorliegt (vgl. Desens, FR 2011, 745 <750 f.> und Farle/Schmitt, DB 2012, 1746 Fn. 5 und S. 1747). Des Weiteren wäre zu entscheiden, ob sämtliche Fälle einer - noch näher zu definierenden - Definitivbelastung von den Wirkungen der Regelung ausgenommen werden sollen (so etwa Desens, a.a.O.) oder ob Differenzierungen sinnvoll sind, etwa danach, ob der endgültige Wegfall der Verlustvorträge durch den eigenen Willensentschluss des Steuerpflichtigen veranlasst worden und daher weniger schützenswert ist (vgl. zu dieser Unterscheidung etwa BFH, Urteil vom 20. September 2012 - IV R 29/10 - BFHE 238, 518 Rn. 28). In diesem Zusammenhang wäre weiter zu überlegen, ob hierzu Liquidationsfälle wie der vorliegende zählen sollen. Ebenso könnte man - ausgehend von den Sachverständigenanhörungen (s.o.) - auch an Ausnahmen für bestimmte Branchen oder für bestimmte Verlustarten denken oder Sachverhalte aussparen, in denen die Definitivwirkung auf ein Zusammenspiel der Mindestbesteuerung mit einer Regelung zurückzuführen ist, die einen Missbrauch verhindern soll. Schließlich wäre die Frage zu beantworten, in welchem Veranlagungs- oder Erhebungszeitraum der infolge des Definitiveffekts nicht mehr vortragsfähige Verlust zu berücksichtigen ist. In Betracht kämen sowohl das Jahr des Eintritts des Definitiveffekts als auch das frühere Jahr (die früheren Jahre) einer Steuerfestsetzung infolge der Mindestbesteuerung; auch hier sind allerdings Differenzierungen denkbar, etwa danach, auf welche Gründe der Effekt zurückzuführen ist (vgl. zu den vorstehenden Erwägungen BFH, Beschluss vom 26. Februar 2014 - I R 59/12 - BFHE 246, 27 Rn. 41 f.).

27

Es liegt auf der Hand, dass die aufgeworfenen Fragen nicht die Verwaltungsbehörde im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung im Einzelfall, sondern allein der Gesetzgeber beantworten kann. Denn er muss - bei unterstellter Verfassungswidrigkeit von Definitiveffekten - ein in sich stimmiges Gesamtkonzept zur Mindestbesteuerung entwickeln. Ließe man die von der Klägerin begehrte Korrektur für Projektgesellschaften zu, bestünde die naheliegende Gefahr, dass es angesichts der Vielzahl anderer betroffener Fallgruppen zu verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Ungleichbehandlungen im Gesetzesvollzug käme (so auch BFH, Urteile vom 20. September 2012 - IV R 36/10 - BFHE 238, 429 Rn. 56 und vom 26. Februar 2014 - I R 59/12 - BFHE 246, 27 Rn. 33). Steht wie im vorliegenden Fall eine „normierungsbedürftige Gruppenausnahme“ in Rede, muss ein Steuerdispens ausscheiden (Isensee, in: FS Flume, 1978, S. 129 <146>).

28

d) Aus den vorgenannten Gründen kommt eine Billigkeitsentscheidung auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Fehlens einer Übergangsvorschrift in Betracht.

29

Die Klägerin sieht eine besondere Härte darin, dass sie - anders als neu zu gründende Projektgesellschaften - bei Einführung der Mindestbesteuerung im Jahre 2004 aufgrund der feststehenden Leasing- und Finanzierungsstruktur nicht auf die geänderte Rechtslage habe reagieren können. Angesichts der zuvor geschilderten Vielzahl an "Korrekturmöglichkeiten" einerseits und der Gefahr von Gleichheitsverstößen durch die Herausnahme bestimmter Fallgruppen andererseits ergibt sich auch unter diesem Aspekt, selbst wenn man die Richtigkeit des klägerischen Vortrags bezüglich fehlender Reaktionsmöglichkeiten unterstellt, kein Ansatz für eine verfassungsrechtlich gebotene Billigkeitsentscheidung. Denn ebenso wie der nachträglich über Billigkeitsmaßnahmen bewirkte generelle Ausschluss von Definitivverlusten wäre auch die Schaffung einer Übergangsregelung für bestimmte schon bestehende Projektgesellschaften angesichts der Vielfalt denkbarer Differenzierungsmöglichkeiten eine mit dem Charakter einer Billigkeitsentscheidung nicht zu vereinbarende strukturelle Gesetzeskorrektur.

30

Hiervon abgesehen musste der Gesetzgeber aber auch keine Übergangsregelung vorsehen. Zwar darf der Steuerpflichtige im Hinblick auf die Gewährleistungsfunktion der Rechtsordnung grundsätzlich darauf vertrauen, dass die zum Zeitpunkt des Abschlusses eines steuerrelevanten Geschäftsvorgangs geltende Steuerrechtslage nicht ohne hinreichend gewichtigen Rechtfertigungsgrund rückwirkend geändert wird. Um einen dahingehenden Vertrauensschutz auslösen zu können, bedarf ein Geschäftsvorgang eines erkennbaren und belegbaren gesteigerten Grades der Abgeschlossenheit. Die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, genießt dagegen keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (stRspr, vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 - BVerfGE 132, 302 Rn. 45, 54, 71 m.w.N.). Unter Berücksichtigung dessen hat der Bundesfinanzhof bereits entschieden, dass die Anwendung des § 10a GewStG auf bestehende Gesellschaften, auch in Bezug auf bisher nicht ausgeglichene Verluste, die vor dem Inkrafttreten der Neuregelung entstanden sind, keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet. Das Vertrauen in den Fortbestand einer bestimmten Ausgestaltung einer Verlustabzugsregelung müsse schon angesichts der Ungewissheit, ob und wann es tatsächlich zur Möglichkeit einer Verlustverrechnung kommt, gegenüber dem Änderungsinteresse des Gesetzgebers zurücktreten. Denn es fehle an einer rechtlichen Verfestigung der wirtschaftlichen Position der Verlustausgleichsmöglichkeit im Augenblick der Gesetzesänderung (BFH, Urteil vom 22. August 2012 - I R 9/11 - BFHE 238, 419 Rn. 11 m.w.N.). Dem schließt sich der Senat an.

31

3. Der Umstand, dass der 1. Senat des Bundesfinanzhofs eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dazu eingeholt hat, ob § 10a GewStG mit dem Grundgesetz vereinbar ist (Vorlagebeschluss vom 26. Februar 2014 - I R 59/12 - BFHE 246, 27), gibt dem erkennenden Senat keinen Anlass, den vorliegenden Rechtsstreit entsprechend § 94 VwGO bis zum Abschluss des verfassungsgerichtlichen Verfahrens auszusetzen.

32

Der hier anhängige Rechtsstreit betrifft ausschließlich die Frage, ob die festgesetzte Steuer aus Gründen der Billigkeit zu erlassen ist. Die Entscheidung dieses Rechtsstreits hängt nicht von der Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Steuernorm ab. Die Frage der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes und mithin des auf seiner Grundlage ergangenen Steuerbescheides ist - von den Fällen sich aus unerlässlichen Typisierungen ergebender Billigkeitsmaßnahmen in Einzelfällen abgesehen (vgl. oben unter 2 c) - keine Frage der Billigkeit. Will der von einer Steuerfestsetzung Betroffene die Verfassungswidrigkeit der zugrunde liegenden gesetzlichen Bestimmungen geltend machen, so muss er gegen den Steuerbescheid vorgehen. Allein im Rahmen eines solchen Verfahrens könnte das Bundesverfassungsgericht das Gesetz für mit dem Grundgesetz unvereinbar oder nichtig erklären (stRpr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. April 1978 - 1 BvR 117/73 - BVerfGE 48, 102 <114> und Kammerbeschluss vom 8. Juli 1987 - 1 BvR 623/86 - juris Rn. 3; zur Zweigleisigkeit des Steuerfestsetzungs- und des Erlassverfahrens auch BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1982 - 8 C 90.81 - Buchholz 401.0 § 163 AO Nr. 1 S. 2 f. und Loose, in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Stand November 2014, § 163 Rn. 21 m.w.N.) . Der Klägerin steht dieser Weg im Übrigen noch offen, da ihr Einspruch gegen den Gewerbesteuermessbetrag bislang nicht beschieden wurde.

33

4. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 RsprEinhG für die Einleitung eines Vorlegungsverfahrens an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes gemäß §§ 11 ff. RsprEinhG sind nicht gegeben. Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20. September 2012 (IV R 36/10 - BFHE 238, 429), beruht nicht auf der unterschiedlichen Beantwortung einer identischen Rechtsfrage im Sinne von § 2 Abs. 1 RsprEinhG.

34

Nach § 2 Abs. 1 RsprEinhG muss sich die Rechtsfrage auf der Grundlage von Vorschriften stellen, die in ihrem Regelungsgehalt gänzlich übereinstimmen und nach denselben Prinzipien auszulegen sind (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschlüsse vom 6. Februar 1973 - GmS-OGB 1/72 - BVerwGE 41, 363 <365> und vom 12. März 1987 - GmS-OGB 6/86 - BVerwGE 77, 370 <373>). Darüber hinaus muss die Rechtsfrage sowohl für den erkennenden Senat in der anhängigen Sache als auch für den divergierenden Senat in der bereits entschiedenen Sache entscheidungserheblich sein (vgl. BAG, Urteil vom 7. Dezember 2005 - 5 AZR 254/05 - juris Rn. 34; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2002 - II ZR 331/00 - NJW 2002, 1207 <1208>; vgl. auch Pietzner, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Anh. § 11 RsprEinhG Rn. 13, Stand Januar 2000).

35

An der letztgenannten Voraussetzung fehlt es hier. Der Bundesfinanzhof hat zwar seine Entscheidung auf die Annahme gestützt, dass besondere Härten, die allein von der durch die Verluststreckung ausgelösten Definitivbelastung herrühren, durch Billigkeitsmaßnahmen - gemeint sind solche nach §§ 163, 227 AO - vermieden werden könnten; die Möglichkeit von Billigkeitsmaßnahmen in besonderen Einzelfällen flankiere die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers (Urteil vom 20. September 2012 - IV R 36/10 - BFHE 238, 429 Rn. 57). Demgegenüber hat der Bundesfinanzhof aber nicht entscheidungstragend darauf abgestellt, dass Definitivbelastungen, die durch die Regelungen zur Mindestbesteuerung entstehen, entweder in allen Fällen überhaupt oder jedenfalls in allen Fällen, in denen eine Projektgesellschaft betroffen ist, durch Billigkeitsmaßnahmen vermieden werden müssen. Gegen eine derartige grundsätzliche Festlegung des Bundesfinanzhofs, die hier auf eine Abweichung in einer Rechtsfrage i.S.d. § 2 Abs. 1 RsprEinhG führen würde, spricht nicht nur der Hinweis auf "besondere Härten" bzw. auf die "Möglichkeit von Billigkeitsmaßnahmen in besonderen Einzelfällen", sondern vor allem der weitere Kontext, in dem die o.g. Aussage steht. Der Bundesfinanzhof erläutert nämlich, es sei nicht zu erkennen, dass "eine Definitivbelastung in allen verbleibenden denkbaren Einzelfällen hätte ausgeschlossen werden können, ohne das System der Mindestbesteuerung insgesamt aufzugeben und ohne zugleich weitere Verletzungen des Gleichheitssatzes zu bewirken" (Urteil vom 20. September 2012 - IV R 36/10 - BFHE 238, 429 Rn. 56). In diesem Zusammenhang erwähnt er ausdrücklich die Fallgruppe, in der die Ursache für die Definitivbelastung darin liegt, dass "ein positiver Gewerbeertrag nur im letzten Jahr der werbenden Tätigkeit entsteht", der Sache nach also die Fallgruppe der Projektgesellschaft. Dieser Fallgruppe stellt er solche Unternehmen gegenüber, in denen es trotz gleichförmiger Ergebnisentwicklung zu einer Definitivbelastung kommt und wendet sich gegen eine Ungleichbehandlung beider Fallgruppen.

36

Dies berücksichtigend kann der Bundesfinanzhof folglich weder gemeint haben, dass generell in allen verbleibenden Einzelfällen einer Definitivbelastung noch dass für sämtliche Projektgesellschaften Billigkeitsmaßnahmen gewährt werden müssen. Vielmehr wollte der Bundesfinanzhof solche Maßnahmen offenbar - im Einklang mit der Rechtsauffassung des erkennenden Senats - auf besonders gelagerte Härtefälle beschränken.

37

Eine Abweichung von zwei weiteren unter demselben Datum ergangenen Urteilen des Bundesfinanzhofs, die sich gleichfalls zu Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Mindestbesteuerung äußern (Urteile vom 20. September 2012 - IV R 29/10 - BFHE 238, 518 Rn. 27 f. sowie - IV R 60/11 - juris Rn. 22 f.), scheidet ebenso mangels Entscheidungserheblichkeit aus; dort war die Unbilligkeit schon aus anderen Gründen verneint worden.

38

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

1Der maßgebende Gewerbeertrag wird bis zu einem Betrag in Höhe von 1 Million Euro um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind.2Der 1 Million Euro übersteigende maßgebende Gewerbeertrag ist bis zu 60 Prozent um nach Satz 1 nicht berücksichtigte Fehlbeträge der vorangegangenen Erhebungszeiträume zu kürzen.3Im Fall des § 2 Abs. 2 Satz 2 kann die Organgesellschaft den maßgebenden Gewerbeertrag nicht um Fehlbeträge kürzen, die sich vor dem rechtswirksamen Abschluss des Gewinnabführungsvertrags ergeben haben.4Bei einer Mitunternehmerschaft ist der sich für die Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende Fehlbetrag den Mitunternehmern entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen.5Für den Abzug der den Mitunternehmern zugerechneten Fehlbeträge nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 ist der sich für die Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende maßgebende Gewerbeertrag sowie der Höchstbetrag nach Satz 1 den Mitunternehmern entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag für das Abzugsjahr ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen.6Die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge ist gesondert festzustellen.7Vortragsfähige Fehlbeträge sind die nach der Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrags nach Satz 1 und 2 zum Schluss des Erhebungszeitraums verbleibenden Fehlbeträge.8Im Fall des § 2 Abs. 5 kann der andere Unternehmer den maßgebenden Gewerbeertrag nicht um die Fehlbeträge kürzen, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags des übergegangenen Unternehmens ergeben haben.9§ 8 Abs. 8 und 9 Satz 5 bis 8 des Körperschaftsteuergesetzes ist entsprechend anzuwenden.10Auf die Fehlbeträge ist § 8c des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; dies gilt auch für den Fehlbetrag einer Mitunternehmerschaft, soweit dieser

1.
einer Körperschaft unmittelbar oder
2.
einer Mitunternehmerschaft, soweit an dieser eine Körperschaft unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt ist,
zuzurechnen ist.11Auf die Fehlbeträge ist § 8d des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden, wenn ein fortführungsgebundener Verlustvortrag nach § 8d des Körperschaftsteuergesetzes gesondert festgestellt worden ist.12Unterbleibt eine Feststellung nach § 8d Absatz 1 Satz 8 des Körperschaftsteuergesetzes, weil keine nicht genutzten Verluste nach § 8c Absatz 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes vorliegen, ist auf Antrag auf die Fehlbeträge § 8d des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; für die Form und die Frist dieses Antrags gilt § 8d Absatz 1 Satz 5 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend.

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die mit notariellem Vertrag vom 16. September 1999 errichtet wurde und ein bestimmtes Grundstück in Berlin entwickeln sollte. Nachdem sich dieses Projekt nicht durchführen ließ, wurde "der Erwerb, die Entwicklung, die Vermietung, die Verwaltung und die Veräußerung von Immobilien jeder Art" zum Zweck der Klägerin erklärt; der Gesellschaftsvertrag wurde mit Vereinbarung vom 13. Februar 2002 entsprechend neu gefasst. In diesem Zusammenhang kam es auch zum Wechsel von Gesellschaftern. Komplementärin war von Anfang an eine nicht an Kapital, Vermögen und Ergebnis beteiligte GmbH. Neben der C-AG trat am 13. Februar 2002 die A-Bank der Klägerin als Kommanditistin bei. Diese wandelte ihre Kapitaleinlage mit Vereinbarung vom 23. Dezember 2002 in ein Mezzanine-Darlehen um und verkaufte gleichzeitig ihren Gesellschaftsanteil an die C-AG. Mit Beschluss vom 22. Dezember 2004 wurde die Klägerin aufgelöst; Liquidatorin ist die C-AG.

2

Mit Kaufvertrag vom 26. Oktober 2001 erwarb die Klägerin das Grundstück X. Sie plante, die aufstehenden Gebäude zu modernisieren und das Objekt anschließend zu verkaufen.

3

Nachdem sich Ende 2003 das Scheitern des Plans abgezeichnet hatte, schloss die Klägerin am 17. Februar 2004 einen Aufhebungsvertrag, durch den der Grundstückskauf mit sofortiger Wirkung rückabgewickelt wurde. Danach verfügte sie nicht mehr über Aktivvermögen. Um die Insolvenz zu vermeiden, bat die Klägerin mit Schreiben vom 20. Februar 2004 die A-Bank als Gläubigerin um einen Forderungsverzicht. Am 2. Juli 2004 verzichtete die A-Bank (mit Besserungsabrede) auf sämtliche Forderungen gegen die Klägerin. Außerdem verzichteten weitere Gläubiger, darunter die C-AG, auf ihre Forderungen. Die Klägerin buchte die Verbindlichkeiten im Erhebungszeitraum 2004 gewinnerhöhend aus. Hierdurch ergab sich für 2004 ein Jahresüberschuss von 1.862.924 €.

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) stellte zum 31. Dezember 2003 einen vortragsfähigen Gewerbeverlust in Höhe von 2.656.561 € fest. Für das Streitjahr 2004 ging das FA von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 1.862.924 € aus. Davon zog es einen Gewerbeverlust in Höhe von 1.517.754 € ab. Diesen Betrag ermittelte das FA nach § 10a Sätze 1 und 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2922, BStBl I 2004, 20) in der Weise, dass es den festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust bis zur Höhe von 1 Mio. € in voller Höhe sowie von dem übersteigenden Betrag (862.924 €) 60 % (= 517.754 €) berücksichtigte. Danach verblieb ein gerundeter Gewerbeertrag von 345.100 €, woraus sich ein Gewerbesteuermessbetrag von 14.830 € und eine festgesetzte Gewerbesteuer für 2004 in Höhe von 60.803 € ergaben. Außerdem stellte das FA den vortragsfähigen Gewerbeverlust zum 31. Dezember 2004 mit 1.138.807 € fest.

5

Gegen die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2004 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31. Dezember 2004 legte die Klägerin Einspruch ein und rügte einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot. Gleichzeitig beantragte sie sinngemäß, die Gewerbesteuer für 2004 gemäß § 163 der Abgabenordnung (AO) auf 0 € festzusetzen bzw. nach § 227 AO zu erlassen.

6

Das FA lehnte eine Billigkeitsmaßnahme ab. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein.

7

Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und der Gewerbesteuer stehe im Einklang mit der Regelung des § 10a GewStG. Eine Billigkeitsfestsetzung nach § 163 AO komme nicht in Betracht. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 31. März 2004 X R 25/03 (BFH/NV 2004, 1212), das die Nichtberücksichtigung von Verlusten nach § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) betreffe, sei die Erhebung einer Steuer unbillig, wenn sie im Einzelfall nach dem Zweck des zugrunde liegenden Gesetzes nicht zu rechtfertigen sei und dessen Wertungen zuwiderlaufe. Der Gesetzgeber habe die mit der Beschränkung des Verlustabzugs verbundenen Härten ersichtlich in Kauf genommen, so dass eine Billigkeitsmaßnahme die generelle Geltungsanordnung des Steuergesetzes unterlaufen würde. Die Grundsätze des BFH-Urteils in BFH/NV 2004, 1212 ließen sich auf die Neuregelung des § 10a GewStG zum 1. Januar 2004 und die damit verbundene Einführung der Mindestbesteuerung übertragen.

8

Mit der daraufhin erhobenen Klage begehrte die Klägerin, den Gewerbesteuermessbetrag bzw. die Gewerbesteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 163 AO auf 0 € festzusetzen oder die Gewerbesteuer nach § 227 AO zu erlassen. Das Finanzgericht (FG) hob die Einspruchsentscheidung auf und verpflichtete das FA, den Antrag der Klägerin auf Billigkeitsfestsetzung nach § 163 Satz 1 AO bzw. Billigkeitserlass nach § 227 AO bezüglich des Gewerbesteuermessbetrags 2004 und der Gewerbesteuer 2004 neu zu bescheiden. Das FA habe bei seiner Ermessensentscheidung nicht hinreichend berücksichtigt, dass im Streitfall bereits am Ende des Erhebungszeitraums 2004 und damit auch bei der Wirksamkeit des Gewerbesteuermess- und Gewerbesteuerbescheids 2004 erkennbar gewesen sei, dass der Verlustausgleich von gerundet 345.100 € aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen sein werde. Die Beteiligten seien übereinstimmend davon ausgegangen, dass die Klägerin ihre Tätigkeit nicht mehr aufnehmen werde und eine Entstehung von künftigen Gewinnen ausgeschlossen sei. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2010, 1576 veröffentlicht.

9

Dagegen richtet sich die Revision des FA. Der Umstand, dass die Klägerin die wirtschaftliche Tätigkeit beendet habe und der Gewerbeverlust endgültig untergehe, könne zwar im Rahmen der Billigkeitsentscheidung in Betracht gezogen werden. Aufgrund der Gesetzesfassung des § 10a GewStG sei davon auszugehen, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspreche, dass ein vortragsfähiger Gewerbeverlust bei Beendigung eines Unternehmens nicht mehr genutzt werden könne und dass es ggf. im Jahr der Beendigung der gewerblichen Tätigkeit aufgrund der Mindestbesteuerung zur Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrags und von Gewerbesteuer kommen könne. Der Gesetzgeber habe von seiner weitgehenden Befugnis zur Vereinfachung und Typisierung Gebrauch gemacht und keine Sonderregelung für den Fall eines endgültigen Untergangs des bei Anwendung der Mindestbesteuerung verbleibenden Verlustvortrags vorgesehen. Zwar treffe es zu, dass im vorliegenden Fall bei Aufgabe des Gewerbebetriebs im Ergebnis ein wirtschaftlich nicht entstandener Totalgewinn versteuert werden müsse. Der Gesetzgeber sei jedoch nicht verpflichtet, einseitig zu Gunsten des Nettoprinzips den Wertungswiderspruch zwischen dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung und dem Grundsatz des Nettoprinzips zu lösen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 22. Juli 1991  1 BvR 313/88, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1992, 423). Der Grundsatz der Rechtssicherheit müsse der Forderung nach Gerechtigkeit im Einzelfall allenfalls dann weichen, wenn ihm angesichts der Besonderheiten des vom Gesetzgeber geregelten Sachverhalts jede Tauglichkeit abzusprechen wäre. Das sei vorliegend nicht der Fall.

10

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

12

Im Streitfall führe die Mindestbesteuerung endgültig zum Ausschluss des Verlustausgleichs. Dies habe bereits im Verlustabzugsjahr festgestanden, denn der Gewinn erhöhende Forderungsverzicht seitens der Gläubiger sei gerade zu dem Zweck erfolgt, der Klägerin die geordnete Liquidation zu ermöglichen. Mindestbesteuerung und Ausschluss des Verlustabzugs stünden damit im ursächlichen Zusammenhang. Der BFH habe an der Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG verfassungsrechtliche Zweifel geäußert, wenn die spätere Verlustverrechnung endgültig ausgeschlossen sei (BFH-Beschluss vom 26. August 2010 I B 49/10, BFHE 230, 445, BStBl II 2011, 826). Solche Bedenken äußere auch das Hessische FG im Hinblick auf § 10a Satz 2 GewStG, wenn dessen Anwendung gegen das objektive Nettoprinzip verstoße (Beschluss vom 26. Juli 2010  8 V 938/10, EFG 2010, 1811). Diese Erwägungen müssten auch im Billigkeitsverfahren gelten. Vorliegend komme verschärfend hinzu, dass der steuerbelastete Ertrag nicht auf einem erwirtschafteten Gewinn, sondern auf einem reinen Buchgewinn beruhe.

13

Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten.

14

Es führt aus, § 227 AO stelle keine Ermächtigung zur Korrektur des Gesetzes dar. Die Billigkeitsmaßnahme dürfe nicht auf Erwägungen gestützt werden, die die vorgesehene Besteuerung allgemein oder für bestimmte Fallgruppen außer Kraft setzen würde. Ein Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit sei nur insoweit durch die Vorschrift gedeckt, wie angenommen werden könne, der Gesetzgeber würde die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage --hätte er sie geregelt-- im Sinne des vorgesehenen Erlasses entscheiden (vgl. BFH-Urteil vom 23. März 1998 II R 41/96, BFHE 185, 270, BStBl II 1998, 396).

15

Der Umstand, dass im Streitfall eine volle Verrechnung der festgestellten Fehlbeträge unterbleibe, sei unmittelbare Folge der Änderung des § 10a GewStG. Es sei nicht Sache der Finanzverwaltung, diese gesetzgeberische Folge mittels Billigkeitsregelungen zu unterlaufen. Die Besteuerung widerspreche auch nicht dem Willen des Gesetzgebers. Dieser sei sich bei der Abfassung des Gesetzes bewusst gewesen, dass es im Einzelfall zur nicht vollständigen Verrechnung festgestellter Fehlbeträge kommen könne (BTDrucks 15/481, S. 5, rechte Spalte, zweiter Absatz). Die Anhebung des Sockelbetrags in der endgültig Gesetz gewordenen Fassung und die Diskussion um den Prozentsatz einer möglichen Verlustverrechnung zeigten, dass dem Gesetzgeber die Wirkung der Einschränkungen bewusst gewesen sei; eine Regelungslücke liege deshalb nicht vor.

16

Eine Billigkeitsmaßnahme sei nicht von Verfassungs wegen geboten. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet, den Wertungswiderspruch zwischen dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung und dem Nettoprinzip einseitig zu Gunsten des Nettoprinzips zu lösen (BVerfG-Beschluss in HFR 1992, 423). In Fällen, in denen ein Fehlbetrag nicht vollständig verrechenbar sei, könne ein Verfassungsverstoß nicht einseitig auf das Gebot des objektiven Nettoprinzips gestützt werden.

Entscheidungsgründe

17

II. Die Revision des FA ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Klage abgewiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass das FA die Voraussetzungen der §§ 163 Satz 1, 227 AO ermessensfehlerhaft verneint habe, weil es nicht hinreichend berücksichtigt habe, dass die Klägerin ihre wirtschaftliche Tätigkeit beendet habe und damit der vortragsfähige Gewerbeverlust endgültig untergehe.

18

1. Nach § 163 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuern unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Nach § 227 AO können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre.

19

a) Der Zweck der §§ 163, 227 AO liegt darin, sachlichen und persönlichen Besonderheiten des Einzelfalles, die der Gesetzgeber in der Besteuerungsnorm nicht berücksichtigt hat, durch eine nicht den Steuerbescheid selbst ändernde Korrektur des Steuerbetrags insoweit Rechnung zu tragen, als sie die steuerliche Belastung als unbillig erscheinen lassen (BFH-Urteile vom 26. Mai 1994 IV R 51/93, BFHE 174, 482, BStBl II 1994, 833, unter 1. der Gründe; vom 4. Juli 1972 VII R 103/69, BFHE 106, 268, BStBl II 1972, 806).

20

b) Die Erlassentscheidung ist eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung (§ 5 AO), die gemäß § 102 FGO i.V.m. § 121 FGO grundsätzlich nur eingeschränkter gerichtlicher Nachprüfung unterliegt (Beschluss des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603). Stellt das Gericht eine Ermessensüberschreitung oder einen Ermessensfehler fest, ist es grundsätzlich auf die Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung beschränkt. Nur wenn der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeengt ist, dass nur eine Entscheidung als ermessensgerecht in Betracht kommt (sog. Ermessensreduzierung auf Null), ist es befugt, seine Entscheidung an die Stelle der Ermessensentscheidung der Verwaltungsbehörde zu setzen und eine Verpflichtung zum Erlass auszusprechen (BFH-Urteile vom 6. September 2011 VIII R 55/10, BFH/NV 2012, 269, unter II.1. der Gründe, m.w.N.; vom 26. Oktober 1994 X R 104/92, BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297, unter II.2. der Gründe, m.w.N.).

21

c) Sachlich unbillig ist die Festsetzung einer Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer als unbillig erscheint. So verhält es sich, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage --wenn er sie als regelungsbedürftig erkannt hätte-- im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 174, 482, BStBl II 1994, 833, unter 2. der Gründe, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 12. September 2007 X B 18/03, BFH/NV 2008, 102, unter II.5.b der Gründe, m.w.N.). Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt dagegen keine Billigkeitsmaßnahme (BFH-Urteile vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865, unter II.2. der Gründe; vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, jeweils m.w.N.). Bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit von generalisierenden und typisierenden Normen des Steuerrechts fällt allerdings die Möglichkeit des Steuererlasses zur Milderung unbilliger Härten besonders ins Gewicht (BVerfG-Beschluss vom 5. April 1978  1 BvR 117/73, BVerfGE 48, 102; BFH-Urteile vom 6. Februar 1976 III R 24/71, BFHE 118, 151; in BFHE 185, 270, BStBl II 1998, 396; vom 27. Mai 2004 IV R 55/02, BFH/NV 2004, 1555). Deshalb ist im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen, ob die vom Gesetzgeber gewählte Typisierung gerade deshalb für zulässig erachtet wird, weil im Zusammenhang mit der Anwendung des typisierenden Gesetzes auftretende Härten durch Billigkeitsmaßnahmen beseitigt werden können. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Gesetzgeber Zahl und Intensität der von der typisierenden Regelung nachteilig betroffenen Fälle mit zumutbarem Aufwand nicht ermitteln kann. Die Billigkeitsmaßnahme erweist sich in diesem Zusammenhang als eine flankierende Maßnahme zur Typisierung (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 2012 IV R 36/10, BFHE 234, 542).

22

d) Die Billigkeitsprüfung muss sich je nach Fallgestaltung nicht nur auf allgemeine Rechtsgrundsätze und verfassungsmäßige Wertungen erstrecken; sie verlangt vielmehr eine Gesamtbeurteilung aller Normen, die für die Verwirklichung des in Frage stehenden Steueranspruchs im konkreten Fall maßgeblich sind (BFH-Urteil in BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297, unter II.4. der Gründe, m.w.N.). In eine solche Würdigung müssen nicht nur die Vorschriften einbezogen werden, aus denen der Anspruch dem Grunde und der Höhe nach hergeleitet wird, sondern auch die Regelungen, die im zu entscheidenden Fall für die Konkretisierung des materiellen Rechts und seine verfahrensrechtliche Durchsetzung sorgen. Nur auf diese Weise lassen sich Wertungswidersprüche aufdecken und im Billigkeitswege beseitigen, die bei isolierter Betrachtungsweise als typischer Nebeneffekt der Anwendung einzelner steuerrechtlicher Normen hinnehmbar erscheinen, insgesamt aber in ihrem Zusammenwirken in einem atypischen Einzelfall eine Rechtslage herbeiführen, welche die Durchsetzung des Steueranspruchs als sachlich unbillig erscheinen lässt (BFH-Urteil in BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297, unter II.4. der Gründe).

23

e) Grundsätzlich kann im Rahmen der Prüfung, ob eine sachliche Unbilligkeit vorliegt, die Richtigkeit eines unanfechtbar gewordenen Steuerbescheids nicht mehr untersucht werden. Eine Ausnahme hat die Rechtsprechung für die Einwendungen zugelassen, die sich im konkreten Steuerrechtsverhältnis aus den Grundsätzen von Treu und Glauben ergeben (BFH-Urteile vom 31. Oktober 1990 I R 3/86, BFHE 163, 478, BStBl II 1991, 610, unter II.B.3. der Gründe; vom 10. Juni 1975 VIII R 50/72, BFHE 116, 103, BStBl II 1975, 789). Die Verdrängung gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben kann jedoch nur in Betracht kommen, wenn das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maß schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten (BFH-Urteile in BFHE 163, 478, BStBl II 1991, 610, unter II.B.3.a der Gründe; vom 5. Februar 1980 VII R 101/77, BFHE 130, 90, unter 2. der Gründe).

24

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen war dem FA nicht aufzugeben, eine erneute Prüfung der Billigkeitsgründe vorzunehmen. Selbst wenn das FA die Bedeutung der endgültigen Nichtverwertbarkeit der Verluste und der dadurch eintretenden Verletzung des objektiven Nettoprinzips nicht ausreichend bei seinen Ermessenserwägungen berücksichtigt haben sollte, wie das FG meint, konnte doch keine andere Entscheidung als die vom FA getroffene ergehen, da eine Unbilligkeit im Streitfall nicht vorlag.

25

a) Der Antrag der Klägerin auf Erlass einer Billigkeitsmaßnahme ist allerdings nicht bereits deshalb zurückzuweisen, weil sie davon abgesehen hat, Klage auch gegen die Festsetzungsverwaltungsakte zu erheben. Sie durfte sich darauf beschränken, nur die Entscheidung des FA über die beantragten Billigkeitsmaßnahmen mit der Klage anzugreifen.

26

Zwar kann sich ein Steuerpflichtiger grundsätzlich nicht auf die sachliche Unbilligkeit einer Steuerfestsetzung berufen, wenn er zuvor nicht alle Rechtsmittel gegen die Steuerfestsetzung ausgeschöpft hat. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH können bestandskräftig festgesetzte Steuern im Billigkeitsverfahren u.a. nur dann sachlich überprüft werden, wenn es dem Steuerpflichtigen nicht möglich oder nicht zumutbar war, sich gegen die Fehlerhaftigkeit der Festsetzung rechtzeitig zu wehren (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 30. April 1981 VI R 169/78, BFHE 133, 255, BStB1 II 1981, 611; vom 11. August 1987 VII R 121/84, BFHE 150, 502, BStB1 II 1988, 512; vom 29. Mai 2008 V R 45/06, BFH/NV 2008, 1889).

27

Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht, wenn der Steuerpflichtige sich darauf beruft, von einer von ihm grundsätzlich als verfassungskonform angesehenen typisierenden Norm unverhältnismäßig nachteilig betroffen zu sein. Hält der Steuerpflichtige die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers in Bezug auf die in Frage stehende Norm für gegeben, sieht er die Besteuerung aber in seinem Einzelfall als unbillig an, weil er von der Typisierung unverhältnismäßig nachteilig betroffen wird, ist ihm die Anfechtung der Steuerfestsetzung nicht zuzumuten. Er kann sich vielmehr darauf beschränken, lediglich eine Billigkeitsmaßnahme zu beantragen.

28

b) Im Streitfall kann offenbleiben, in welchen Fällen allgemein die Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrags trotz vortragsfähiger Verluste mindestens in Höhe des Gewerbeertrags zu einer auch durch die allgemeine Typisierungsbefugnis nicht mehr gedeckten unverhältnismäßigen Belastung eines einzelnen Steuerpflichtigen durch § 10a Sätze 1 und 2 GewStG führen kann und inwieweit die fehlende Möglichkeit zur künftigen Verrechnung gestreckter vortragsfähiger Verluste wegen der Einstellung der werbenden Tätigkeit auf Besonderheiten des Gewerbesteuerrechts beruht, die eine unverhältnismäßige Belastung des Steuerpflichtigen ausgeschlossen erscheinen lassen. Die Festsetzungen eines Gewerbesteuermessbetrags und der Gewerbesteuer gegenüber der Klägerin sind nämlich bereits deshalb nicht unbillig, weil die Klägerin durch ihr eigenes Verhalten dazu beigetragen hat, dass ein Gewerbeertrag entstanden ist, der nach § 10a Sätze 1 und 2 GewStG nicht vollständig mit vortragsfähigen Verlusten verrechnet werden konnte.

29

Der positive Gewerbeertrag im streitigen Erhebungszeitraum beruht ausschließlich darauf, dass Gläubiger der Klägerin auf ihre Forderungen gegenüber der Klägerin verzichtet haben. Der Verzicht wurde auf Betreiben der Klägerin erklärt, obwohl die Forderungen angesichts der Mittellosigkeit der Klägerin ohnehin schon wertlos geworden waren. Wäre der Verzicht nicht erklärt worden, hätte die Klägerin künftig keinen Gewinn mehr erzielt. Auch der Ausfall von gegen die Klägerin gerichteten Forderungen in einem Insolvenzverfahren hätte keine Gewinnauswirkung gehabt. Weder für den streitigen Erhebungszeitraum noch für spätere Erhebungszeiträume wären danach Gewerbesteuermessbeträge festzusetzen gewesen.

30

Anhaltspunkte dafür, dass es ohne Initiative der Klägerin zu dem Forderungsverzicht hätte kommen können, sind nicht ersichtlich. Die Klägerin hat deshalb selbst die Ursache für das Eintreten der Mindestbesteuerung gesetzt, obwohl sie die Besteuerungsfolgen kennen musste. Unter diesem Aspekt kann die Besteuerung nicht als unbillig angesehen werden.

31

3. Die Ablehnung einer Billigkeitsmaßnahme durch das FA ist danach im Streitfall nicht zu beanstanden. Das FG ist von anderen Maßstäben ausgegangen. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Beide gehören der Landeskirche in A an. In den Streitjahren 2000 und 2001 bezog der Kläger u.a. Einkünfte aus der Überlassung von Aktienoptionen, die der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) als Arbeitslohn in Höhe von 1.008.523 DM (2000) und 2.647.525 DM (2001) besteuerte. Das FA berechnete die anteilige Einkommensteuer für diese Einkünfte nach der Fünftelregelung gemäß § 34 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG). Dabei berücksichtigte es Kirchensteuer in Höhe von 34.288 DM (2000) und 97.144 DM (2001) als Sonderausgaben.

2

Mit Schreiben vom 8. Juli 2002 stellte der Steuerberater der Kläger beim Oberkirchenrat den Antrag auf Erlass der auf die außerordentlichen Einkünfte entfallenden Kirchensteuer. Diesem Antrag wurde durch Bescheid vom 11. Juli 2002 in Höhe von 8.685,83 € (2000) und 22.944,22 € (2001) entsprochen und den Klägern Kirchensteuer in Höhe von insgesamt 31.630,05 € erstattet.

3

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 erklärten die Kläger, sie hätten in diesem Jahr Kirchensteuer in Höhe von 630 € gezahlt und ihnen sei Kirchensteuer in Höhe von 31.630 € erstattet worden. Sie wiesen indes nicht darauf hin, dass ihnen zusätzlich durch den Einkommensteuerbescheid für 2001 Kirchensteuer in Höhe von 4.395,63 € erstattet worden war. Das FA errechnete eine Kirchensteuer-Gesamterstattung von 36.025 €. Da eine vollständige Verrechnung der erstatteten Kirchensteuer mit der gezahlten Kirchensteuer nicht erfolgen konnte, kam es zu einem sog. "Erstattungsüberhang" in Höhe von 35.395 €, von dem 31.630 € auf dem Erlass des Oberkirchenrats beruhten. Dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 11. Juli 2002 (BStBl I 2002, 667) entsprechend kürzte das FA gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) in den Änderungsbescheiden für 2000 und 2001 vom 23. April 2004 die als Sonderausgaben berücksichtigte Kirchensteuer um 8.055,83 € (2000) und 27.339,80 € (2001), was zu einer Nachzahlung von Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer in Höhe von insgesamt 65.994,83 € führte.

4

Nachdem das FA nicht bereit war, diese Steuerfestsetzungen zu ändern, stellten die Kläger den Antrag, die Steuernachzahlungsbeträge wegen sachlicher Unbilligkeit gemäß § 227 AO zu erlassen. Zur Begründung führten sie aus, aufgrund der zeitlichen Abläufe --das BMF-Schreiben stamme ebenso wie die Erlassbescheide des Oberkirchenrats vom 11. Juli 2002-- hätte ihr Steuerberater nicht wissen können, dass nach der Verwaltungsauffassung ein Fall des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO gegeben sei. Vielmehr habe er davon ausgehen können, dass sich das FA der Äußerung der Oberfinanzdirektion B (OFD) gegenüber den ihr nachgeordneten Behörden in der Niederschrift zur Einkommensteuer-Dienstbesprechung I/99, S. 35 ff., unter TOP 10 (nicht veröffentlicht) --Niederschrift-- entsprechend verhalten würde. Diese Niederschrift sehe vor, dass bei der Erstattung von Kirchensteuer aus Praktikabilitätsgründen am Grundsatz der Verrechnung im Erstattungsjahr festgehalten werde. Ergebe sich durch die Verrechnung der Erstattung mit den in diesem Jahr geleisteten Zahlungen ein Negativsaldo (Erstattung ist höher als die geleisteten Kirchensteuerzahlungen), wirke sich das bei fortbestehender Kirchensteuerpflicht zugunsten des Steuerpflichtigen aus, weil der Negativsaldo unberücksichtigt bleibe. Die vom Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 26. Juni 1996 X R 73/94 (BFHE 181, 144, BStBl II 1996, 646) gemachte Einschränkung, dass dieses Verfahren nur zulässig sei, solange sich dadurch keine ungerechtfertigten Vorteile ergäben, habe die Finanzverwaltung erst mit dem BMF-Schreiben in BStBl I 2002, 667 nachvollzogen. Zum Zeitpunkt der Änderung der Verwaltungsübung sei der vorliegende Sachverhalt jedoch bereits abgeschlossen gewesen.

5

Das FA lehnte den Erlassantrag ab und wies auch den Einspruch der Kläger zurück, da weder ein Fall der persönlichen noch der sachlichen Billigkeit vorliege. Nachteile, welche schon im Besteuerungszweck enthalten seien und die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des gesetzlichen Tatbestandes bewusst in Kauf genommen habe, könnten einen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen. Das Argument, ein Erlass sei aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten, könne ebenfalls nicht überzeugen. Die mit BMF-Schreiben in BStBl I 2002, 667 getroffene Regelung sei für das FA bindend.

6

Im Klageverfahren betonten die Kläger, sie hätten bei der Stellung des Erlassantrages am 8. Juli 2002 darauf vertraut, das FA werde aufgrund der in der Niederschrift enthaltenen Weisung der OFD im Falle eines Kirchensteuer-Erstattungsüberhangs von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO keinen Gebrauch machen. Zum Beweis hierfür wurde ihr Steuerberater vernommen. Dieser sagte aus, er habe die Kenntnis der entsprechenden Verwaltungshandhabung nicht aus einer schriftlichen Veröffentlichung der OFD gewonnen, sie sei ihm aber als tatsächliche Verwaltungspraxis aus seiner früheren Tätigkeit bei der Finanzverwaltung, aus Gesprächen mit Kollegen sowie aus mehreren eigenen ähnlichen, wenn auch betragsmäßig "kleineren" Fällen bekannt gewesen.

7

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1402 veröffentlichten Urteil zum Teil stattgegeben. Das FA sei ermessensfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Kläger trotz einer für sie günstigen Weisung der OFD keinen Anspruch auf einen Billigkeitserlass gehabt hätten. Die Kläger könnten jedoch nur den Erlass des Betrages beanspruchen, der die erstattete Kirchensteuer übersteige. Den weitergehenden Erlassantrag der Kläger habe das FA in rechtlich nicht zu beanstandender Weise abgelehnt.

8

Seine Revision begründet das FA damit, dass das Urteil sowohl auf Verfahrensfehlern beruhe als auch gegen die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zum Vertrauensschutz verstoße. Das FG habe im Streitfall zu Unrecht das Vorliegen vertrauensbegründender Umstände unterstellt und Vertrauensschutz gewährt, obwohl die Kenntnis der vertrauensbegründenden Umstände nicht vorhanden gewesen sei.

9

Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Die Kläger haben weder einen Antrag gestellt noch zum Vorbringen des FA Stellung genommen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision des FA ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Klage abgewiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

12

1. Das FA hat zutreffend entschieden, dass den Klägern aus Billigkeitsgründen kein Teilerlass ihrer Steuerschuld zu gewähren sei.

13

a) Nach § 163 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuern unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Nach § 227 AO können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre.

14

Der Zweck der §§ 163, 227 AO liegt darin, sachlichen und persönlichen Besonderheiten des Einzelfalles, die der Gesetzgeber in der Besteuerungsnorm nicht berücksichtigt hat, durch eine nicht den Steuerbescheid selbst ändernde Korrektur des Steuerbetrages insoweit Rechnung zu tragen, als sie die steuerliche Belastung als unbillig erscheinen lassen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 26. Mai 1994 IV R 51/93, BFHE 174, 482, BStBl II 1994, 833, unter 1. der Gründe; vom 4. Juli 1972 VII R 103/69, BFHE 106, 268, BStBl II 1972, 806, und vom 20. September 2012 IV R 29/10, BFHE 238, 518). Sachlich unbillig ist die Festsetzung einer Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer als unbillig erscheint. So verhält es sich, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage --wenn er sie als regelungsbedürftig erkannt hätte-- im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 174, 482, BStBl II 1994, 833, unter 2. der Gründe, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 12. September 2007 X B 18/03, BFH/NV 2008, 102, unter II.5.b der Gründe, m.w.N.). Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt dagegen keine Billigkeitsmaßnahme (BFH-Urteile vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865, unter II.2. der Gründe; vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, jeweils m.w.N.). Die Billigkeitsprüfung muss sich je nach Fallgestaltung nicht nur auf allgemeine Rechtsgrundsätze und verfassungsmäßige Wertungen erstrecken; sie verlangt vielmehr eine Gesamtbeurteilung aller Normen, die für die Verwirklichung des in Frage stehenden Steueranspruchs im konkreten Fall maßgeblich sind (Senatsurteil vom 26. Oktober 1994 X R 104/92, BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297, m.w.N.).

15

Die Erlassentscheidung ist eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung (§ 5 AO), die gemäß § 102 FGO i.V.m. § 121 FGO grundsätzlich nur eingeschränkter gerichtlicher Nachprüfung unterliegt (Beschluss des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603). Stellt das Gericht eine Ermessensüberschreitung oder einen Ermessensfehler fest, ist es grundsätzlich auf die Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung beschränkt. Nur wenn der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeengt ist, dass nur eine Entscheidung als ermessensgerecht in Betracht kommt (sog. Ermessensreduzierung auf Null), ist es befugt, seine Entscheidung an die Stelle der Ermessensentscheidung der Verwaltungsbehörde zu setzen und eine Verpflichtung zum Erlass auszusprechen (BFH-Urteile vom 6. September 2011 VIII R 55/10, BFH/NV 2012, 269, m.w.N.; in BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297, m.w.N.).

16

b) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat das FA im Streitfall das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Billigkeitsmaßnahme ermessensgerecht verneint, so dass das FG die Klage hätte abweisen müssen.

17

aa) Die Besteuerung der Kläger verstößt nicht gegen die materiell-rechtlichen Wertungen des Einkommensteuerrechts, wie das FG zu Recht ausgeführt hat.

18

(1) Nach § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG beträgt die für außerordentliche Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer das Fünffache des Unterschiedsbetrages zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte. Der aus dieser Art der Berechnung resultierende Vorteil ist umso größer, je geringer die nicht begünstigten Einkünfte sind (s.a. BFH-Urteil vom 22. September 2009 IX R 93/07, BFHE 226, 510, BStBl II 2010, 1032). Eine Erhöhung der nicht begünstigten Einkünfte oder der Wegfall oder die Minderung von Abzugsbeträgen oder --wie im Streitfall-- von Sonderausgaben bewirkt dementsprechend eine Minderung dieser Begünstigung und damit einen starken Anstieg der Steuerprogression (vgl. BFH-Urteile vom 28. April 2010 III R 86/07, BFHE 230, 294, BStBl II 2011, 259, und vom 19. April 2012 III R 50/08, BFH/NV 2012, 1429).

19

Obwohl die Steuernachzahlungen im Streitfall die erstatteten Kirchensteuerbeträge bei weitem übersteigen, führt dies bei den Klägern nicht zu einer untragbaren oder unbilligen Belastung. Zum einen ist die Besteuerung der außerordentlichen Einkünfte des Klägers nach § 34 Abs. 1 EStG trotz Rücktrags der erstatteten Kirchensteuer für die Kläger vorteilhafter als eine Besteuerung sämtlicher Einkünfte mit dem normalen Steuertarif (s.a. BFH-Urteil in BFHE 230, 294, BStBl II 2011, 259). Zum anderen wurde durch die Änderungsbescheide vom 23. April 2004 genau die Einkommensteuer festgesetzt, die sich auch ergeben hätte, wenn die Kirchensteuer von Beginn an um die Erlassbeträge ermäßigt gewesen wäre. Dass die Kläger eine geringere Steuerbelastung gehabt hätten, wenn sie den Erlassantrag nicht gestellt hätten, kann keine Unbilligkeit begründen.

20

(2) Da für die Beurteilung, ob eine Ermessensentscheidung rechtmäßig war, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgebend ist (hier die Einspruchsentscheidung vom 16. März 2006), kommt dem Umstand keine Bedeutung zu, dass ab 2012 gemäß § 10 Abs. 4b des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1. November 2011 (BGBl I 2011, 2131) ein Erstattungsüberhang bei der Kirchensteuer nicht (mehr) in das Jahr der Zahlung zurückgetragen wird, sondern im Jahr der Erstattung dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen ist.

21

bb) Das FA hat es zu Recht abgelehnt, den Klägern aus Billigkeitsgründen aufgrund von Vertrauensschutz die Steuern zu erlassen.

22

(1) Die Verdrängung gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben kann nur in besonders liegenden Fällen in Betracht kommen, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maß schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssen (z.B. BFH-Urteile vom 5. Februar 1980 VII R 101/77, BFHE 130, 90, 95; vom 31. Oktober 1990 I R 3/86, BFHE 163, 478, BStBl II 1991, 610). In diesem Zusammenhang verlangt der Grundsatz von Treu und Glauben einen Vertrauenstatbestand, aufgrund dessen der Steuerpflichtige disponiert hat (BFH-Urteile vom 26. April 1995 XI R 81/93, BFHE 178, 4, BStBl II 1995, 754; vom 10. April 1991 XI R 25/89, BFH/NV 1991, 720; in BFHE 163, 478, BStBl II 1991, 610, m.w.N.). Der Vertrauenstatbestand besteht in einer bestimmten Position oder einem bestimmten Verhalten des einen Teils, aufgrund dessen der andere bei objektiver Beurteilung annehmen konnte, jener werde an seiner Position oder seinem Verhalten konsequent und auf Dauer festhalten (z.B. BFH-Urteil in BFHE 163, 478, BStBl II 1991, 610; in BFHE 178, 4, BStBl II 1995, 754). Ein schützenswertes nachhaltiges Vertrauen in den Fortbestand der früheren Rechtsauffassung ist demzufolge nur dann und solange gegeben, als der Steuerpflichtige nicht mit einer Änderung rechnen oder ihm zumindest Zweifel hätten kommen müssen (BFH-Urteil vom 23. Februar 1979 III R 16/78, BFHE 127, 476, BStBl II 1979, 455).

23

(2) Im Streitfall fehlt es an einem diesen Grundsätzen entsprechenden Vertrauenstatbestand, auf den die Kläger sich hätten stützen können und der ursächlich für ihre Disposition --die Beantragung des Teilerlasses der Kirchensteuer 2000 und 2001-- war.

24

(a) Das Vertrauen der Kläger konnte sich nicht aus der OFD-Niederschrift ergeben, da der Steuerberater der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausgesagt hat, dass er den konkreten Wortlaut der Niederschrift nicht gekannt habe. Damit ist es unerheblich, ob die Niederschrift als Billigkeits- oder Übergangsmaßnahme zu verstehen war oder ob sie nicht vielmehr angesichts ihres ausdrücklichen Wortlauts als Praktikabilitätsmaßnahme angesehen werden musste.

25

(b) Der Vertrauenstatbestand, auf den die Kläger ihre Disposition gründeten, war eine (regional begrenzte) Verwaltungspraxis, die jedoch mit einer seit dem Jahr 1996 bestehenden BFH-Rechtsprechung nicht übereinstimmte. Bereits mit Urteil in BFHE 181, 144, BStBl II 1996, 646 hatte der erkennende Senat die Auffassung abgelehnt, wonach erstattete Sonderausgaben stets nur mit gleichartigen Sonderausgaben im Jahr der Erstattung verrechnet werden könnten, sofern der Rückforderungsanspruch nicht schon im Zahlungsjahr feststehe. Dadurch würden ungerechtfertigte Steuervorteile entstehen, falls gleichartige Sonderausgaben im Erstattungsjahr nicht anfielen. Der Steuerpflichtige würde steuerlich entlastet, obwohl er wegen der Erstattung der Kirchensteuer wirtschaftlich nicht endgültig belastet sei. Es sei nicht vertretbar, den Sonderausgabenabzug lediglich dann zu versagen, wenn bereits im Zahlungszeitpunkt abgesehen werden könne, dass die Aufwendungen in einem späteren Veranlagungsjahr zurückgezahlt würden. In Fortführung dieses Urteils entschied der erkennende Senat bereits zwei Jahre später, dass in dem Fall, in dem im Jahr der Erstattung an den Steuerpflichtigen eine Kompensation mit gleichartigen Aufwendungen nicht möglich sei, der Sonderausgabenabzug des Jahres der Verausgabung um die nachträgliche Erstattung gemindert werden müsse. Ein bereits bestandskräftiger Bescheid sei nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern (Senatsurteil vom 28. Mai 1998 X R 7/96, BFHE 186, 521, BStBl II 1999, 95).

26

Ein berechtigtes Vertrauen auf einen Fortbestand der Verwaltungspraxis in dem OFD-Bezirk konnte sich bei den Klägern infolgedessen wegen entgegenstehender gefestigter BFH-Rechtsprechung nicht bilden.

27

(c) Selbst wenn den Klägern dahingehend gefolgt würde, dass im Zeitpunkt der Antragsstellung des Kirchensteuererlasses am 8. Juli 2002 die Rechtslage trotz der BFH-Rechtsprechung noch nicht geklärt gewesen sei, weil zu diesem Zeitpunkt das BMF-Schreiben vom 11. Juli 2002 noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden war, würde dennoch eine ausreichende Vertrauensbasis für eine Disposition der Kläger fehlen, die eine Billigkeitsmaßnahme hätte rechtfertigen können. Der BFH hat bereits mehrfach entschieden, dass bei einer noch nicht geklärten Rechtslage kein entsprechender Vertrauenstatbestand vorliegt (vgl. z.B. Urteile vom 18. Februar 1982 IV R 85/79, BFHE 135, 311, BStBl II 1982, 397; vom 10. Juni 2008 VIII R 79/05, BFHE 222, 320, BStBl II 2008, 863, und vom 14. Juli 2009 VIII R 10/07, BFH/NV 2009, 1815, jeweils m.w.N.).

28

(d) Ein Vertrauenstatbestand konnte sich auch nicht dadurch bilden, dass im OFD-Bezirk die Steuerbescheide des Zahlungsjahres bei einem Kirchensteuer-Erstattungsüberhang jahrelang von der Finanzverwaltung nicht geändert wurden, da ein "Verwaltungsunterlassen" keine Grundlage für eine Billigkeitsmaßnahme sein kann (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 865).

29

cc) Ebenso zu Recht hat das FA entschieden, dass die Kläger die abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen auch nicht unter Hinweis darauf erreichen können, dass im OFD-Bezirk bei anderen Steuerpflichtigen selbst nach Veröffentlichung des BMF-Schreibens in BStBl I 2002, 667 ein Kirchensteuerüberhang im Erstattungsjahr nicht in das Zahlungsjahr zurückgetragen worden sei. Unabhängig davon, dass diese Verfahrensweise nicht belegt ist, vermittelt nach ständiger BFH-Rechtsprechung bereits Art. 3 des Grundgesetzes keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis (z.B. Entscheidungen vom 26. September 2007 V B 8/06, BFHE 219, 245, BStBl II 2008, 405; vom 13. Februar 2007 II B 32/06, BFH/NV 2007, 966; vom 11. Januar 2006 II R 12/04, BStBl II 2006, 615, m.w.N.; vom 18. Juli 2002 V B 112/01, BFHE 199, 77, BStBl II 2003, 675). Umso weniger kann ein rechtswidriges Verwaltungshandeln die Grundlage für eine Billigkeitsmaßnahme bilden.

30

2. Da die Revision des FA bereits mit der Sachrüge Erfolg hat, kommt es auf die erhobenen Verfahrensrügen nicht mehr an (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 2011 X R 65/09, BFHE 235, 304, BStBl II 2012, 345).

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

1Der maßgebende Gewerbeertrag wird bis zu einem Betrag in Höhe von 1 Million Euro um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind.2Der 1 Million Euro übersteigende maßgebende Gewerbeertrag ist bis zu 60 Prozent um nach Satz 1 nicht berücksichtigte Fehlbeträge der vorangegangenen Erhebungszeiträume zu kürzen.3Im Fall des § 2 Abs. 2 Satz 2 kann die Organgesellschaft den maßgebenden Gewerbeertrag nicht um Fehlbeträge kürzen, die sich vor dem rechtswirksamen Abschluss des Gewinnabführungsvertrags ergeben haben.4Bei einer Mitunternehmerschaft ist der sich für die Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende Fehlbetrag den Mitunternehmern entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen.5Für den Abzug der den Mitunternehmern zugerechneten Fehlbeträge nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 ist der sich für die Mitunternehmerschaft insgesamt ergebende maßgebende Gewerbeertrag sowie der Höchstbetrag nach Satz 1 den Mitunternehmern entsprechend dem sich aus dem Gesellschaftsvertrag für das Abzugsjahr ergebenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen.6Die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge ist gesondert festzustellen.7Vortragsfähige Fehlbeträge sind die nach der Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrags nach Satz 1 und 2 zum Schluss des Erhebungszeitraums verbleibenden Fehlbeträge.8Im Fall des § 2 Abs. 5 kann der andere Unternehmer den maßgebenden Gewerbeertrag nicht um die Fehlbeträge kürzen, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags des übergegangenen Unternehmens ergeben haben.9§ 8 Abs. 8 und 9 Satz 5 bis 8 des Körperschaftsteuergesetzes ist entsprechend anzuwenden.10Auf die Fehlbeträge ist § 8c des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; dies gilt auch für den Fehlbetrag einer Mitunternehmerschaft, soweit dieser

1.
einer Körperschaft unmittelbar oder
2.
einer Mitunternehmerschaft, soweit an dieser eine Körperschaft unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt ist,
zuzurechnen ist.11Auf die Fehlbeträge ist § 8d des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden, wenn ein fortführungsgebundener Verlustvortrag nach § 8d des Körperschaftsteuergesetzes gesondert festgestellt worden ist.12Unterbleibt eine Feststellung nach § 8d Absatz 1 Satz 8 des Körperschaftsteuergesetzes, weil keine nicht genutzten Verluste nach § 8c Absatz 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes vorliegen, ist auf Antrag auf die Fehlbeträge § 8d des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden; für die Form und die Frist dieses Antrags gilt § 8d Absatz 1 Satz 5 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend.

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.

(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.

(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.