Landessozialgericht NRW Beschluss, 27. Mai 2015 - L 19 AS 778/15 NZB

ECLI:ECLI:DE:LSGNRW:2015:0527.L19AS778.15NZB.00
bei uns veröffentlicht am27.05.2015

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 26.03.2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 183


Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 56 Erinnerung und Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landge

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 145


(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Ur

Abgabenordnung - AO 1977 | § 88 Untersuchungsgrundsatz


(1) Die Finanzbehörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei hat sie alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen. (2) Die Finanzbehörde bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 131


(1) Wird ein Verwaltungsakt oder ein Widerspruchsbescheid, der bereits vollzogen ist, aufgehoben, so kann das Gericht aussprechen, daß und in welcher Weise die Vollziehung des Verwaltungsakts rückgängig zu machen ist. Dies ist nur zulässig, wenn die

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 55 Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütungen und Vorschüsse


(1) Die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung und der Vorschuss hierauf werden auf Antrag des Rechtsanwalts von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt. Ist das Verfahren nicht gerichtlich anhängig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 192


(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass 1. durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mün

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 87


(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 88


(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 102


(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache. (2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länge

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197


(1) Auf Antrag der Beteiligten oder ihrer Bevollmächtigten setzt der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. § 104 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Zivilprozeßordnung findet entsprechende Anwendung.

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(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.

(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten einzulegen.

(2) Die Beschwerde soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Landessozialgericht entscheidet durch Beschluss. Die Zulassung der Berufung bedarf keiner Begründung. Der Ablehnung der Beschwerde soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil rechtskräftig.

(5) Läßt das Landessozialgericht die Berufung zu, wird das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Darauf ist in dem Beschluß hinzuweisen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tenor

Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Januar 2012 werden verworfen.

Außergerichtliche Kosten der Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Kläger, die in Bedarfsgemeinschaft leben, machen einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in der Zeit vom 22.2.2006 bis zum 3.9.2006 geltend. Sie tragen vor, die erste Antragstellung bei der Beklagten - einer Optionskommune - sei zwar erst am 4.9.2006 erfolgt, bereits am 22.2.2006 sei aber bei Bearbeitung des Wohngeldantrages der Klägerin zu 1 beim Wohnungsamt der Beklagten erkennbar geworden, dass die Bedarfsgemeinschaft nicht über ausreichendes Einkommen verfüge und der Lebensunterhalt aus Schonvermögen (vgl § 12 Abs 2 SGB II) bestritten werde. Es sei vom Wohnungsamt lediglich Wohngeld bewilligt worden; weitergehende Hinweise seien nicht erfolgt. Die fehlende Antragstellung beim Träger der Grundsicherung sei entweder nach § 28 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) oder im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu ersetzen. Antrag, Widerspruch und Klage sind ohne Erfolg geblieben (Bescheid der Beklagten vom 14.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.5.2008; Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 8.7.2010). Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat die dagegen gerichtete Berufung der Kläger zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen (Urteil vom 23.11.2011).

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wenden sich die Kläger mit ihren Nichtzulassungsbeschwerden zum Bundessozialgericht (BSG) und machen die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerden sind unzulässig, denn die Kläger haben den von ihnen allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz) nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet bzw dargelegt (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerden waren daher ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG).

4

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 13). Es muss daher anhand des anwendbaren Rechts unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, ggf sogar des Schrifttums, angegeben werden, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt.

5

Ausgehend von diesen Grundsätzen sind Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, die sich vorliegend aus dem Anwendungsbereich des § 28 SGB X ergeben könnten, nicht ausreichend dargelegt. Wegen der zunächst gestellten Frage,

        

 ob die Vorschrift des § 28 Satz 2 SGB X ebenso wie die Vorschrift des § 28 Satz 1 SGB X erfordert, dass die zunächst beantragte Sozialleistung abgelehnt wurde oder zu erstatten ist,

fehlt es an einer ausreichenden Darlegung, weshalb die aufgestellte Rechtsfrage klärungsbedürftig sein sollte. Ihre Beantwortung ergibt sich aus dem Gesetz. Der Wortlaut des § 28 Satz 2 SGB X setzt voraus, dass die zunächst beantragte ("erste") Leistung (hier das Wohngeld) tatsächlich nicht erbracht worden ist ("wenn diese erbracht worden wäre"). Dieses Ergebnis ist in der Literatur und Rechtsprechung nicht in Frage gestellt, wie auch die Kläger einräumen. Weitergehende Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit sind nicht erfolgt.

6

Zudem setzen sich die Beschwerden nicht ausreichend mit der Rechtsprechung des Senats zu § 28 SGB X auseinander. § 28 Satz 2 SGB X gilt danach - wie sich ebenfalls aus dem Wortlaut ergibt - nur in den Fällen des Nachranges der zweiten Leistung(BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 16/09 R - SozR 4-4200 § 37 Nr 3 RdNr 27). Nach § 1 Abs 2 Nr 1 Wohngeldgesetz (WoGG) in der zum Antragszeitpunkt geltenden Fassung(nunmehr § 7 WoGG) ergibt sich aber ein Nachrang von Leistungen nach dem WoGG gegenüber Leistungen nach dem SGB II. Es fehlt an einer Auseinandersetzung mit diesen Vorschriften sowie der zitierten Entscheidung des Senats und ausführlichen Darlegungen dazu, weshalb sich vor diesem Hintergrund gleichwohl noch die Rechtsfrage stellt, ob § 28 Satz 2 SGB X auch in anderen Fällen Anwendung finden könnte.

7

Auch hinsichtlich der zu den Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs formulierten Rechtsfrage,

        

 ob und unter welchen Voraussetzungen eine Wohngeldbehörde bei erkennbarer Bedarfsunterschreitung beim Einkommen und erkennbarer Bestreitung des Lebensunterhalts aus Schonvermögen im Rahmen der Spontanberatung verpflichtet ist, einen Antragsteller auf die Möglichkeit von Leistungen nach dem SGB II trotz bestehendem Schonvermögens im Hinblick auf die Vermögensfreibeträge hinzuweisen,

sind die Darlegungen zur grundsätzlichen Bedeutung nicht ausreichend. Zwar führen die Beschwerden aus, es sei nach der Rechtsprechung des BSG unklar, ob die Wohngeldstelle auch hinsichtlich klar zu Tage tretender Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf Ansprüche nach dem SGB II beraten müsse und auf einem entsprechenden Beratungsmangel ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch beruhen könne. Dies genügt angesichts der zu dieser Problematik bislang ergangenen Rechtsprechung des BSG aber nicht. Diese Rechtsprechung des BSG ist zwar in der Beschwerdebegründung - zumindest teilweise - zitiert. Die Beschwerden zeigen jedoch nicht auf, weshalb die dort aufgestellten Grundsätze zur Beantwortung der von den Klägern aufgeworfenen Frage nicht ausreichen und welche weitergehenden Fragen sich stellen. Ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung (vgl insbesondere BSG SozR 4-1200 § 14 Nr 5 RdNr 17), wonach eine Pflicht zu einer sog "Spontanberatung" durch eine andere Stelle zumindest voraussetzt, dass ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen der sinnvollerweise zu beantragenden Leistung und der eigentlich bearbeiteten Angelegenheit (hier also der Bearbeitung der Wohngeldangelegenheiten) besteht, hätte aufgezeigt werden müssen, aus welchen Vorschriften des WoGG im Einzelnen sich eine solche enge Verbundenheit mit den Angelegenheiten nach dem SGB II ergeben könnte, und welche weitergehenden Rechtsfragen sich in diesem Zusammenhang stellen.

8

Im Übrigen ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein Anlass zur Spontanberatung nur dann vorliegt, wenn sich klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten ergeben, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt würden (vgl etwa BSG aaO RdNr 16 unter Hinweis auf BSGE 92, 34 = SozR 4-3100 § 60 Nr 1; BSG SozR 3-4100 § 110 Nr 2; BSG SozR 3-1200 § 14 Nr 16; BSG SozR 3-1200 § 14 Nr 6). Soweit sich die Kläger dagegen wenden, dass das LSG davon ausgegangen ist, bei der Klägerin zu 1 habe kein für die Wohngeldstelle erkennbarer Beratungsbedarf bestanden, weil sie nicht deutlich gemacht habe, ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten zu können, wenden sie sich gegen die Würdigung des Sachverhalts im Einzelfall, die allein die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht zu begründen vermag. Welche weitergehenden Fragen grundsätzlicher Bedeutung sich in diesem Zusammenhang stellen könnten, wird nicht ersichtlich.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

(1) Die Finanzbehörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei hat sie alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(2) Die Finanzbehörde bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umständen des Einzelfalls sowie nach den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Bei der Entscheidung über Art und Umfang der Ermittlungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden.

(3) Zur Gewährleistung eines zeitnahen und gleichmäßigen Vollzugs der Steuergesetze können die obersten Finanzbehörden für bestimmte oder bestimmbare Fallgruppen Weisungen über Art und Umfang der Ermittlungen und der Verarbeitung von erhobenen oder erfassten Daten erteilen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist. Bei diesen Weisungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden. Die Weisungen dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Weisungen der obersten Finanzbehörden der Länder nach Satz 1 bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesministerium der Finanzen, soweit die Landesfinanzbehörden Steuern im Auftrag des Bundes verwalten.

(4) Das Bundeszentralamt für Steuern und die zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes können auf eine Weiterleitung ihnen zugegangener und zur Weiterleitung an die Landesfinanzbehörden bestimmter Daten an die Landesfinanzbehörden verzichten, soweit sie die Daten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zuordnen können. Nach Satz 1 einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zugeordnete Daten sind unter Beachtung von Weisungen gemäß Absatz 3 des Bundesministeriums der Finanzen weiterzuleiten. Nicht an die Landesfinanzbehörden weitergeleitete Daten sind vom Bundeszentralamt für Steuern für Zwecke von Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b bis zum Ablauf des 15. Jahres nach dem Jahr des Datenzugangs zu speichern. Nach Satz 3 gespeicherte Daten dürfen nur für Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b sowie zur Datenschutzkontrolle verarbeitet werden.

(5) Die Finanzbehörden können zur Beurteilung der Notwendigkeit weiterer Ermittlungen und Prüfungen für eine gleichmäßige und gesetzmäßige Festsetzung von Steuern und Steuervergütungen sowie Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen automationsgestützte Systeme einsetzen (Risikomanagementsysteme). Dabei soll auch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung berücksichtigt werden. Das Risikomanagementsystem muss mindestens folgende Anforderungen erfüllen:

1.
die Gewährleistung, dass durch Zufallsauswahl eine hinreichende Anzahl von Fällen zur umfassenden Prüfung durch Amtsträger ausgewählt wird,
2.
die Prüfung der als prüfungsbedürftig ausgesteuerten Sachverhalte durch Amtsträger,
3.
die Gewährleistung, dass Amtsträger Fälle für eine umfassende Prüfung auswählen können,
4.
die regelmäßige Überprüfung der Risikomanagementsysteme auf ihre Zielerfüllung.
Einzelheiten der Risikomanagementsysteme dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Auf dem Gebiet der von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwalteten Steuern legen die obersten Finanzbehörden der Länder die Einzelheiten der Risikomanagementsysteme zur Gewährleistung eines bundeseinheitlichen Vollzugs der Steuergesetze im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen fest.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. März 2010 geändert. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, auf eine künftige Anfrage der Klägerin schriftlich Auskunft darüber zu erteilen, ob sie die Voraussetzungen für die Tätigkeit einer verantwortlichen Pflegefachkraft in einer ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtung erfüllt. Im Übrigen werden die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 14. Oktober 2008 sowie ihre weitergehende Revision zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen tragen die Klägerin zu zwei Dritteln und die Beklagten zu einem Drittel.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Es ist streitig, ob die Klägerin von den Pflegekassen die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft in einer ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtung nach § 71 Abs 3 SGB XI verlangen kann und ob die Pflegekassen hierüber eine Anerkennungserklärung abzugeben haben.

2

Die Klägerin hat in Bayern eine Ausbildung als Altenpflegerin absolviert und im September 1987 mit staatlicher Anerkennung abgeschlossen. Bis Juli 2002 war sie in diesem Beruf bei verschiedenen Pflegeeinrichtungen tätig, lediglich unterbrochen durch eine dreijährige Familienphase nach der Geburt ihres Kindes (1995 bis 1998). Es folgte bis März 2005 eine Zeit der Arbeitslosigkeit und der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. In dem Zeitraum vom 1.4.2005 bis zum 31.1.2007 ließ sich die Klägerin am Bildungszentrum für Pflegeberufe in München zur "Managerin im Sozial- und Gesundheitsbereich" weiterbilden. Die Maßnahme umfasste 2800 Stunden einschließlich 700 Stunden Berufspraktika, endete mit einer nach den Richtlinien der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) durchgeführten Abschlussprüfung und gilt mit einem am Fachbereich II (Betriebswissenschaften I) absolvierten Anteil von 760 Stunden (zuzüglich Vertiefungsstudien und Praktika) auch als "Weiterbildung zum Pflegemanagement (Pflegedienstleitung)". Anschließend absolvierte die Klägerin zwei Hospitationen in Pflegeeinrichtungen (Februar bis August 2007); sodann war sie für eine kurze Zeit arbeitslos. Zum 1.11.2007 trat sie in die Pflegedienstleitung eines Pflegeheimes ein, ohne dabei gegenüber den Pflegekassen als verantwortliche Pflegefachkraft benannt zu sein. Das Beschäftigungsverhältnis dauerte nur bis zum 29.2.2008. Danach war die Klägerin erneut kurzzeitig arbeitslos. Seit dem 5.5.2008 ist sie als stellvertretende Heimleiterin und stellvertretende Pflegedienstleiterin in einem anderen Pflegeheim beschäftigt.

3

Als der Klägerin der bevorstehende Verlust ihres damaligen Arbeitsplatzes zum 29.2.2008 bekannt wurde, forderte sie mit einem an die "Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände in Bayern" (ARGE) gerichteten Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 4.2.2008 ihre Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft iS des § 71 Abs 3 SGB XI, um sich auf eine solche Stelle bewerben zu können. Die ARGE ließ das Schreiben unbeantwortet, weil dem Prozessbevollmächtigten in einem Parallelverfahren schon zuvor mitgeteilt worden war, dass die Pflegekassenverbände in Bayern der Ansicht sind, die Voraussetzungen des § 71 Abs 3 SGB XI seien nur im Zusammenhang mit der Prüfung des Angebots eines Einrichtungsträgers auf Abschluss eines Versorgungsvertrages nach § 72 SGB XI sowie bei der Prüfung der Fortführung oder Kündigung eines Versorgungsvertrages nach Mitteilung des Einrichtungsträgers über einen Wechsel in der Person der verantwortlichen Pflegekraft festzustellen.

4

Mit ihrer am 29.2.2008 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, § 71 Abs 3 SGB XI gewähre den Pflegefachkräften einen eigenen Anspruch auf eine derartige Anerkennungserklärung durch die Pflegekassenverbände. Die Voraussetzungen seien unabhängig vom Abschluss eines Versorgungsvertrages zu prüfen. Da es in Bayern kein Landesgesetz über die Weiterbildung von Krankenpflegern und Altenpflegern zum Pflegedienstleiter gebe, könne kein Einrichtungsträger anhand von vorgelegten Zeugnissen objektiv prüfen, ob ein Stellenbewerber den Anforderungen für die Tätigkeit als verantwortliche Pflegefachkraft entspreche. Bei ihr komme hinzu, dass sie nur dann die Voraussetzung einer zweijährigen Berufspraxis als ausgebildete Pflegefachkraft erfüllen könne, wenn die dafür maßgebliche Rahmenfrist von fünf Jahren um die Zeit der von ihr absolvierten Weiterbildung (22 Monate) erweitert werde, was wiederum davon abhänge, dass diese von einem privaten Institut angebotene Weiterbildung einem "Weiterbildungslehrgang mit einem nach Bundes- oder Landesrecht anerkannten Abschluss" gleichgestellt werde (§ 71 Abs 3 Satz 2 bis 5 SGB XI). Ohne den förmlichen Nachweis einer Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft durch die Pflegekassenverbände sei sie im Wettbewerb um die entsprechenden Stellen in Pflegediensten und Pflegeheimen gegenüber anderen Bewerbern benachteiligt, bei denen die Voraussetzungen des § 71 Abs 3 SGB XI unzweifelhaft vorliegen bzw durch Urkunden belegt seien. Dies beeinträchtige ihre subjektive Berufswahlfreiheit (Art 12 GG).

5

Das SG hat die auf "Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft für ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen" gerichtete Klage als Feststellungsklage ausgelegt und diese als "jedenfalls unbegründet" abgewiesen (Urteil vom 14.10.2008). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 10.3.2010): Zwar sei ein Feststellungsinteresse bezüglich des Bestehens eines konkreten Rechtsverhältnisses iS des § 55 Abs 1 Nr 1 SGG zu bejahen. Es gehe um die Klarstellung, dass ein bestimmtes, jederzeit eingehbares Beschäftigungsverhältnis der Klägerin zu einem potentiellen Arbeitgeber und Leistungserbringer als verantwortliche Pflegefachkraft dem Abschluss bzw dem Fortbestand eines Versorgungsvertrages nicht entgegenstehe. In der Sache könne das Feststellungsbegehren jedoch keinen Erfolg haben, weil die §§ 71 und 72 SGB XI keine individuellen Ansprüche von Arbeitnehmern, sondern nur die Qualitätsanforderungen an Pflegeeinrichtungen regelten. Ein formelles Anerkennungsverfahren zur Bestätigung der Qualifikation als verantwortliche Pflegefachkraft sehe das Gesetz nicht vor. Das SG habe auch zutreffend erkannt, dass eine Verlängerung der fünfjährigen Rahmenfrist ausscheide, weil es an einer nach Bundes- oder Landesrecht absolvierten Weiterbildung fehle. Da die Klägerin innerhalb der fünfjährigen Rahmenfrist (1.3.2003 bis 29.2.2008) keine zweijährige Berufspraxis als Pflegefachkraft nachweisen könne, scheide auch insoweit die begehrte Anerkennung aus.

6

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 71 Abs 3 SGB XI sowie des Art 12 GG.

7

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Bayerischen LSG vom 10.3.2010 und des SG Augsburg vom 14.10.2008 zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 15.4.2008 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, sie als verantwortliche Pflegefachkraft für ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen anzuerkennen;
hilfsweise
festzustellen, dass sie die Voraussetzungen für die Tätigkeit einer verantwortlichen Pflegefachkraft in einer ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtung zum 1.3.2008 erfüllt hatte;
weiter hilfsweise
festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, auf eine künftige Anfrage schriftlich Auskunft darüber zu erteilen, ob sie die Voraussetzungen für die Tätigkeit einer verantwortlichen Pflegefachkraft in einer ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtung erfüllt.

8

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist nach Maßgabe des zweiten Hilfsantrages begründet. Hingegen ist die Revision bezüglich des Hauptantrages und des ersten Hilfsantrages unbegründet.

10

A. Der Senat nimmt diesen Fall zum Anlass, zunächst grundsätzlich auf Folgendes hinzuweisen: Die Revisionsinstanz dient in erster Linie der Wahrung der Rechtseinheitlichkeit und der Fortbildung des Rechts. Diese Ziele, die vor allem in der Grundsatzrevision deutlich zum Ausdruck kommen, sollen die Verfassungsgebote der Rechtssicherheit und des allgemeinen Gleichheitssatzes verwirklichen (vgl Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, Vor § 160 RdNr 2a mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Die Zulassungsvorschriften sind im öffentlichen Interesse erlassen und unterliegen nicht der Disposition der Beteiligten (Leitherer aaO § 160 RdNr 5a). An diese verfassungsrechtlichen Grundsätze sind auch die jeweils obersten Gerichtshöfe der Länder - hier: Landessozialgerichte - gebunden. Sie erfüllen ihre Rechtsprechungspflicht nicht nur durch auf § 128 SGG gestützte Urteile und sonstige Entscheidungen, sondern im Gesamtkonzept des sozialgerichtlichen Rechtsschutzes auch durch die Mitwirkung bei der Klärung allgemein-interessierender und grundsätzlicher Rechtsfragen - vor allem dann, wenn es dazu noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt. Um einen solchen Fall handelt es sich hier: Die in der Praxis durchaus nicht seltene Frage, ob Gesundheits-, Kranken- oder Altenpfleger/-innen von den Pflegekassen die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft in einer ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtung nach § 71 Abs 3 SGB XI verlangen können und ob die Pflegekassen hierüber eine Anerkennungserklärung abzugeben haben, war bislang noch nicht vom BSG entschieden worden. Die Antwort ist komplex, ergibt sich nicht eindeutig aus dem Gesetz und vermag, wie vorliegender Fall zeigt, von existenzieller Bedeutung zu sein, weil sie fachlich qualifizierte Beschäftigung oder aber Arbeitslosigkeit nach sich ziehen kann. Bei dieser Sachlage hätte es nahe gelegen, wenn das LSG die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung schon von sich aus zugelassen hätte.

11

B. Die von der Klägerin erhobene Klage ist gegen die richtigen Klagegegner gerichtet. Das Rubrum des angefochtenen Urteils des LSG weist insoweit aber eine Ungenauigkeit auf, die im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berichtigen war.

12

1. Die Klage war - rein wörtlich genommen - gegen die ARGE der Pflegekassenverbände in Bayern (Nr 1) und die Landesverbände der Pflegekassen (Nr 2 bis 7) gerichtet, wobei später der AEV (Nr 2) und der VdAK (Nr 7) zum vdek (neue Nr 7) fusionierten. Die Pflegekasse der AOK Bayern, die bis Mitte 2008 rechtsirrig als Landesverband angesehen wurde (s unten Punkt B. 3) und damals als Geschäftsführerin der ARGE fungierte, ist aber - im Gegensatz zu den anderen Landesverbänden der Pflegekassen - in der Klageschrift nicht zusätzlich genannt worden. Das SG hat zu Recht aus diesem missverständlichen Inhalt der Klageschrift den Schluss gezogen, es sollten sämtliche Landesverbände der Pflegekassen als Streitgenossen verklagt werden, nicht aber die ARGE selbst. Demgemäß ist schon im Klageverfahren statt der an sich genannten ARGE deren damalige Geschäftsführerin, die Pflegekasse der AOK Bayern, als Beklagte zu 1. aufgeführt worden. Das ist von allen Beteiligten auch so akzeptiert und im weiteren Verlauf des Rechtsstreits nicht in Frage gestellt worden. Zur Klarstellung der Beklagtenfunktion der Landesverbände der Pflegekassen und ihres Verhältnisses zur ARGE im vorliegenden Verfahren hat es der erkennende Senat - mit Zustimmung aller Beteiligten - für angezeigt erachtet, im Rubrum festzuhalten, dass die Beklagten zu 1. bis 7. "als Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände in Bayern" in Anspruch genommen worden sind.

13

2. Die Beklagtenfunktion der einzelnen Landesverbände der Pflegekassen entspricht auch der materiellen Rechtslage. Eine ARGE hat bisher nur im Zusammenhang mit den Vergütungsvereinbarungen eine eigenständige Funktion (§ 85 Abs 2, § 89 Abs 2 SGB XI) und kann insoweit selbst klagen bzw verklagt werden. Soweit eine ARGE ansonsten Aufgaben im Rechtsverkehr wahrnimmt, handelt sie immer nur im Auftrag der Landesverbände der Pflegekassen (§ 12 Abs 1 Satz 4 SGB XI, § 94 Abs 4, § 88 Abs 1 und 2, § 89 SGB X) und muss das nach außen hin auch so zum Ausdruck bringen (BSGE 101, 6 = SozR 4-3300 § 79 Nr 1, RdNr 22, 23). Im Außenverhältnis zu den Leistungserbringern, zu den Versicherten und zu sonstigen Dritten liegt die Verantwortlichkeit beim Auftraggeber, hier also den Landesverbänden der Pflegekassen in Bayern. Sie mussten im vorliegenden Fall verklagt werden, weil die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft ein Bestandteil des Zulassungsverfahrens (§ 72 SGB XI) ist und nur die Landesverbände selbst, nicht aber die ARGE über den - die Zulassung bewirkenden - Versorgungsvertrag mit einer Pflegeeinrichtung sowie über die Kündigung eines solchen Vertrages zu entscheiden haben (§§ 73, 74 SGB XI, vgl BSGE 101, 6 = SozR 4-3300 § 79 Nr 1, RdNr 16, 17). Im Falle eines Dissenses der Landesverbände muss intern eine Einigung nach Maßgabe des § 81 SGB XI herbeigeführt werden.

14

3. Mit dem Urteil vom 12.6.2008 - B 3 P 2/07 R - hat der erkennende Senat die fehlerhafte Funktion der Pflegekasse der AOK Bayern als Landesverband festgestellt, dies aber zugleich - aus Gründen des Vertrauensschutzes - bis zum 12.6.2008 geduldet (BSGE 101, 6 = SozR 4-3300 § 79 Nr 1, RdNr 17), um die den Landesverbänden der Pflegekassen vorbehaltenen Entscheidungen nach dem SGB XI aus der Zeit bis zum 12.6.2008 nicht allein aus diesem Grunde als rechtswidrig einstufen zu müssen und so zahllosen Verträgen mit Einrichtungsträgern den Boden zu entziehen. In prozessualer Hinsicht hat dies zur Folge, dass es bei reinen Anfechtungsklagen (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) keine Notwendigkeit gibt, für die Zeit ab 13.6.2008 die Pflegekasse der AOK Bayern durch die AOK Bayern zu ersetzen (BSGE 101, 6 = SozR 4-3300 § 79 Nr 1, RdNr 16, 17),weil es dort grundsätzlich auf die Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verwaltungsentscheidung ankommt, an der die Pflegekasse der AOK Bayern beteiligt war. Anders ist es hingegen bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs 1, 4 und 5 SGG), weil dabei grundsätzlich die Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist (vgl Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 54 RdNr 33, 34 mit Rechtsprechungsnachweisen). Deshalb muss bei derartigen Rechtsstreitigkeiten - der materiellen Rechtslage folgend - für die Zeit ab 13.6.2008 die Pflegekasse der AOK Bayern durch die AOK Bayern ersetzt werden, soweit es um die Funktion als Landesverband der Pflegekassen geht. Prozessual handelt sich lediglich um eine Berichtigung des Rubrums iS des § 99 Abs 3 Nr 1 SGG, die auch im Revisionsverfahren ohne Verstoß gegen § 168 SGG(Verbot der Klageänderung, § 99 Abs 1 und 2 SGG) jederzeit möglich ist.

15

4. Zusammengefasst: Klagegegner sind die Landesverbände der Pflegekassen in Bayern (Nr 1 bis 6, Nr 2 entfällt), wobei anstelle der diversen Ersatzkassen, die ihrerseits auf Landesebene die Aufgaben als Landesverbände der Pflegekassen wahrnehmen (§ 52 Abs 1 Satz 1 SGB XI), der vdek (Nr 7) als gemeinsamer Bevollmächtigter mit Abschlussbefugnis nach § 212 Abs 5 SGB V iVm § 52 Abs 1 SGB XI fungiert. Statt der erst- und zweitinstanzlich als Nr 1 aufgeführten Pflegekasse der AOK Bayern ist jedoch die AOK Bayern als Landesverband der Pflegekassen zu führen (vgl BSGE 101, 6 = SozR 4-3300 § 79 Nr 1, RdNr 16, 17). Alle Beklagten sind "als Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände in Bayern (ARGE)" in Anspruch genommen worden. Der Senat geht davon aus, dass diese Zuständigkeitsgrundsätze bei zukünftigen Entscheidungen Beachtung finden.

16

C. Alle Zustellungen (Klageschrift, Ladungen, Urteile) auf Beklagtenseite sind ausschließlich an Frau Z, Justiziarin der AOK Bayern und ihrer Pflegekasse, erfolgt. Dies entspricht der Rechtslage, wonach alle Zustellungen und Mitteilungen des Gerichts an einen Prozessbevollmächtigten zu richten sind, soweit ein Beteiligter der Person eine Prozessvollmacht erteilt hat (§ 73 Abs 6 Satz 5 SGG). Die Pflegekassenverbände in Bayern haben die ARGE zur Erledigung der gemeinsam zu erfüllenden Aufgaben gegründet, deren Geschäfte die AOK Bayern führt. Hier geht es um eine solche gemeinsam zu erfüllende Aufgabe. Daher reicht die Generalvollmacht der AOK Bayern für Frau Z und die anderen Justiziare als Nachweis für die Bevollmächtigung durch die Beklagten zu 1. bis 7. aus. Einzelvollmachten der Beklagten sind also nicht nötig. Die von der Beklagten zu 5. in den Vorinstanzen zusätzlich erteilte Einzelvollmacht ist demgemäß überflüssig.

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D. Hauptantrag auf "Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft":

18

1. Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG). Die Klägerin begehrt eine formelle Erklärung (Bescheinigung) der Beklagten, dass sie die berufliche Qualifikation als verantwortliche Pflegefachkraft erworben hat, sie also im Falle der Einstellung als Pflegedienstleiterin gegenüber den Pflegekassenverbänden als verantwortliche Pflegefachkraft benannt werden kann. Bei dieser "Anerkennungserklärung" handelt es sich um eine Amtshandlung, die in Form eines feststellenden Verwaltungsaktes erfolgen muss, weil es um eine Statusentscheidung geht - vergleichbar der "Zulassung" einer Pflegeeinrichtung zur Versorgung der Versicherten mit ambulanten oder stationären Leistungen der sozialen Pflegeversicherung (§ 72 SGB XI), die ebenfalls einen Status (als zugelassener Leistungserbringer) verleiht.

19

a) Bei Klageerhebung lag allerdings noch kein ablehnender Verwaltungsakt vor, sodass zu jenem Zeitpunkt die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) noch ausschied. Die Beklagten haben, vertreten durch die von der Klägerin allein angeschriebene ARGE, auf den Anerkennungsantrag vom 4.2.2008 trotz Fristsetzung bis zum 11.2.2008 schlichtweg nicht geantwortet und nach Fristablauf ist - am 29.2.2008 - Klage erhoben worden. Bei Klageerhebung fehlte es somit an einer anzugreifenden ablehnenden Verwaltungsentscheidung, weil das bloße Ausbleiben einer Reaktion auf die Fristsetzung in der Gesamtschau der hier gegebenen Umstände nicht als ein "in anderer Weise" (als schriftlich, elektronisch oder mündlich) erlassener Verwaltungsakt (§ 33 Abs 2 SGB X) angesehen werden kann. In Betracht kam bei Klageerhebung also nur eine Untätigkeitsklage (§ 88 SGG). § 88 Abs 1 SGG bestimmt: "Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm gesetzten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären." Vor Ablauf der Wartefrist ist die Untätigkeitsklage grundsätzlich unzulässig. Der Mangel wird aber geheilt, wenn die Frist während des laufenden Verfahrens abläuft. Allerdings braucht die Wartefrist nicht gewahrt zu werden, wenn die Behörde eine Entscheidung über den Antrag eindeutig ablehnt; denn die Wartefrist soll lediglich der Behörde eine angemessene Frist für die Entscheidung einräumen. Bei einer Weigerung, eine Entscheidung zu treffen, macht ein weiteres Zuwarten keinen Sinn (BSGE 72, 118 = SozR 3-7833 § 6 Nr 2; Binder in Lüdtke, SGG, 3. Aufl 2009, § 88 RdNr 10). Ein solcher Ausnahmefall lag hier vor.

20

b) Die Untätigkeitsklage war hier ohne Einhaltung der Wartefrist zulässig, weil die Beklagten durch ihr vorprozessuales Verhalten zu erkennen gegeben hatten, den Anerkennungsantrag der Klägerin vom 4.2.2008 weder bewilligen noch überhaupt bescheiden zu wollen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin wusste aus einem von ihm betriebenen Parallelverfahren, dass die Beklagten es aus prinzipiellen Erwägungen ablehnten, eine Pflegefachkraft förmlich als verantwortliche Pflegefachkraft anzuerkennen (Schreiben vom 26.10.2007 im Verfahren K ). Aufgrund dieser Mitteilung aus dem Parallelverfahren hielten es die Beklagten, vertreten durch die ARGE, für entbehrlich, auf den Anerkennungsantrag der Klägerin und die Fristsetzung bis zum 11.2.2008 zu antworten. Sie hielten an ihrer ablehnenden Grundsatzentscheidung fest, erteilten der Klägerin aber keinen Ablehnungsbescheid, obgleich sie wussten, dass die Klägerin sich zum 1.3.2008 als verantwortliche Pflegefachkraft bewerben wollte, die Angelegenheit also dringlich war. Durch die objektive Verweigerung einer Bescheiderteilung war die erhobene Untätigkeitsklage ohne Einhaltung der Wartefrist zulässig.

21

c) Mit Zustellung der Klageerwiderung vom 15.4.2008 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 19.4.2008 hat sich die Untätigkeitsklage in der Hauptsache erledigt, weil sich der Schriftsatz nicht nur als reine Prozesserklärung darstellt, sondern darüber hinaus als ablehnender Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X zu werten ist. Ein Schriftsatz eines Leistungsträgers im sozialgerichtlichen Verfahren kann ausnahmsweise als Verwaltungsakt verstanden werden, wenn er über die bloße Prozesserklärung hinaus den Willen des Leistungsträgers zur Regelung eines Einzelfalls gegenüber dem anderen Prozessbeteiligten klar erkennen lässt (BSGE 53, 194, 195 = SozR 2200 § 1303 Nr 24; Engelmann in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 31 RdNr 56). Das war hier der Fall. Die Beklagten haben ihre ablehnende Grundsatzentscheidung, die sie nach Eingang des Anerkennungsantrages der Klägerin verwaltungsintern bestätigt hatten, nunmehr gegenüber der Klägerin schriftlich offenbart und ihr damit bekannt gemacht. Der Verwaltungsakt ist in Form des Schriftsatzes vom 15.4.2008 erlassen worden, mit Zustellung dieses Schriftsatzes am 19.4.2008 bekannt gegeben und daher zu diesem Zeitpunkt wirksam geworden (§ 39 SGB X).

22

d) Der Verwaltungsakt stellt eine gemeinsame Entscheidung der Beklagten dar (§ 81 SGB XI) und ist auch von den Beklagten gemeinsam erlassen worden. Dem steht nicht entgegen, dass der Schriftsatz auf Briefpapier der ARGE verfasst worden ist. Auf der Beklagtenseite steht hier nicht die ARGE selbst, sondern stehen ihre Mitglieder als Streitgenossen. Die beklagten Landesverbände der Pflegekassen (Nr 1 bis 6) sowie der beklagte vdek als Bevollmächtigter der Pflegekassen der Ersatzkassen (Nr 7) lassen lediglich die Prozessführung über die ARGE abwickeln, und zwar durch die Justiziare der als Geschäftsführerin der ARGE fungierenden Beklagten zu 1. Der Schriftsatz vom 15.4.2008 - und damit auch der in ihm verkörperte Verwaltungsakt - ist allein den Beklagten und nicht der ARGE zuzurechnen, weil er namens und in Vollmacht der Beklagten angefertigt worden ist.

23

e) Mit dem Erlass des ablehnenden Verwaltungsaktes vom 15.4.2008 hat sich die Untätigkeitsklage in der Hauptsache erledigt. Die Erledigung tritt nicht nur bei Erlass eines stattgegebenen Verwaltungsakts ein (§ 88 Abs 1 Satz 3 SGG), sondern auch bei Erlass eines ablehnenden Bescheids, weil das Rechtsschutzziel einer Untätigkeitsklage nur auf den Erlass der bisher ausgebliebenen Verwaltungsentscheidung gerichtet ist, nicht aber auf einen bestimmten Inhalt. Die Erledigung tritt also bei Erlass eines stattgegebenen wie eines ablehnenden Bescheides gleichermaßen ein (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 88 RdNr 10a, 10b; Binder, aaO, § 88 RdNr 20).

24

f) Aufgrund des Erlasses des ablehnenden Verwaltungsakts und der dadurch eingetretenen Erledigung der Untätigkeitsklage ist das Klagebegehren in eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG)übergegangen. Offen bleiben kann die Frage, ob es sich dabei um eine echte Klageänderung (§ 99 Abs 1 SGG) handelt oder ob diese Umstellung der Klage gemäß § 99 Abs 3 Nr 2 SGG nicht als Klageänderung gilt, weil es nur um eine Erweiterung des Klageantrages bei unveränderten Klagegrund geht(vgl Binder, aaO, § 88 RdNr 20 und Roller in Lüdtke, aaO, § 99 RdNr 4; Leitherer, aaO, § 88 RdNr 12). Selbst bei Annahme einer echten Klageänderung wäre die Umstellung auf die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig, weil sie sachdienlich war und die Beklagten sich zudem auf die geänderte Klage eingelassen haben (§ 99 Abs 1 und 2 SGG).

25

g) Eines zusätzlichen Vorverfahrens (§ 78 SGG) bedurfte es nicht. Die Entbehrlichkeit ergibt sich aus der analogen Anwendung des § 73 Abs 2 Satz 2 SGB XI, wonach bei der Ablehnung eines Versorgungsvertrages durch die Landesverbände der Pflegekassen ohne vorheriges Widerspruchsverfahren unmittelbar geklagt werden kann. In beiden Fällen geht es um die - als Verwaltungsakt zu qualifizierende (BSGE 82, 252 = SozR 3-3300 § 73 Nr 1; Schütze in: Udsching, SGB XI, 3. Aufl 2010, § 73 RdNr 6) -Ablehnung der Zuerkennung eines besonderen Status im Rahmen der sozialen Pflegeversicherung durch die gemeinsam handelnden (§ 81 SGB XI) Landesverbände der Pflegekassen.

26

2. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anerkennungsanspruchs ist § 71 Abs 3 SGB XI idF des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes (PflegeWEG) vom 28.5.2008 (BGBl I 874). Da eine - in die Zukunft wirkende - Statusentscheidung begehrt wird, kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an. Grundsätzlich nicht maßgeblich ist der Zeitpunkt der Antragstellung.

27

Nach § 71 Abs 1 und 2 SGB XI sind ambulante Pflegeeinrichtungen (Pflegedienste) und stationäre Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime) selbstständig wirtschaftende Einrichtungen zur Pflege und Betreuung von pflegebedürftigen Versicherten, die jeweils "unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft" geführt werden müssen. Für die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft iS von § 71 Abs 1 und 2 SGB XI ist neben dem Abschluss einer Ausbildung als Gesundheits- und Krankenpfleger(in), als Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger(in) oder als Altenpfleger(in) eine praktische Berufserfahrung im erlernten Ausbildungsberuf von zwei Jahren innerhalb der letzten fünf Jahre erforderlich(§ 71 Abs 3 Satz 1 SGB XI). Bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, die überwiegend behinderte Menschen pflegen und betreuen, gelten auch nach Landesrecht ausgebildete Heilerziehungspfleger(innen) und Heilerzieher(innen) mit einer praktischen Berufserfahrung von zwei Jahren innerhalb der letzten fünf Jahre als ausgebildete Pflegefachkraft (§ 71 Abs 3 Satz 2 SGB XI). Die Rahmenfrist nach Satz 1 und 2 beginnt fünf Jahre vor dem Tag, zu dem die verantwortliche Pflegefachkraft iS des Abs 1 oder 2 bestellt werden soll (§ 71 Abs 3 Satz 3 SGB XI). Diese Rahmenfrist verlängert sich gemäß § 71 Abs 3 Satz 4 SGB XI um Zeiten, in denen eine Pflegefachkraft wegen der Betreuung oder Erziehung eines Kindes nicht erwerbstätig war (Nr 1), als Pflegeperson nach § 19 SGB XI eine pflegebedürftige Person wenigstens 14 Stunden wöchentlich gepflegt hat (Nr 2) oder an einem betriebswirtschaftlichen oder pflegewissenschaftlichen Studium oder einem sonstigen Weiterbildungslehrgang in der Kranken-, Alten- oder Heilerziehungspflege teilgenommen hat, soweit der Studien- oder Lehrgang mit einem nach Bundes- oder Landesrecht anerkannten Abschluss beendet worden ist (Nr 3). Dabei darf die Rahmenfrist in keinem Fall acht Jahre überschreiten (§ 71 Abs 3 Satz 5 SGB XI). Für die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft ist ferner Voraussetzung, dass eine Weiterbildungsmaßnahme für leitende Funktionen mit einer Mindeststundenzahl, die 460 Stunden nicht unterschreiten soll, erfolgreich durchgeführt wurde (§ 71 Abs 3 Satz 6 SGB XI).

28

3. Eine ausgebildete Pflegefachkraft hat nach dieser - insoweit allein in Betracht kommenden - Vorschrift kein subjektiv-öffentliches Recht gegen die Pflegekassenverbände auf Durchführung eines förmlichen Prüfungsverfahrens, ob sie als verantwortliche Pflegefachkraft anzuerkennen ist, und - falls dies der Fall sein sollte - auf eine entsprechende Anerkennungserklärung (Statusentscheidung), und zwar weder in Form eines Bescheides, eines Attests, einer Bescheinigung oder eines Zertifikats (feststellender Verwaltungsakt).

29

a) Dagegen spricht bereits die Positionierung der Vorschrift im Gesetz. § 71 SGB XI findet sich im 7. Kapitel des SGB XI, das die "Beziehungen der Pflegekassen zu den Leistungserbringern" regelt, und dort wiederum im 2. Abschnitt, der mit "Beziehungen zu den Pflegeeinrichtungen" betitelt ist. Nach § 72 Abs 3 Satz 1 SGB XI dürfen Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die den Anforderungen des § 71 SGB XI genügen (Nr 1), die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten sowie eine in Pflegeeinrichtungen ortsübliche Arbeitsvergütung an ihre Beschäftigten zahlen (Nr 2), sich verpflichteten, nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 113 SGB XI einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln (Nr 3) sowie sich verpflichten, alle Expertenstandards nach § 113a SGB XI anzuwenden (Nr 4). Soweit und solange eine Pflegeeinrichtung diese Voraussetzungen erfüllt, besteht ein Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages. Damit korrespondiert die Regelung des § 74 Abs 1 Satz 1 SGB XI, wonach ein Versorgungsvertrag ua dann gekündigt werden kann, wenn die zugelassene Pflegeeinrichtung nicht nur vorübergehend eine der Voraussetzungen des § 72 Abs 3 Satz 1 SGB XI nicht oder nicht mehr erfüllt. § 71 Abs 3 SGB XI betrifft also eine der sachlichen und personellen Voraussetzungen, die eine Pflegeeinrichtung erfüllen muss, um einen Versorgungsvertrag abschließen zu können(§ 72 SGB XI) oder ihn aufrecht zu erhalten (§ 74 SGB XI). Die Frage der Anerkennung einer ausgebildeten Pflegefachkraft als verantwortliche Pflegefachkraft ist somit nur im Verhältnis einer Pflegeeinrichtung zu den Pflegekassen zu prüfen, und zwar im Zuge eines Zulassungsverfahrens (§ 72 SGB XI) bzw Zulassungsentziehungsverfahrens (§ 74 SGB XI). Ein entsprechendes Prüfverfahren ist im Verhältnis einer ausgebildeten Pflegefachkraft, die als verantwortliche Pflegefachkraft arbeiten möchte, zu den Pflegekassen nach dem Gesetz nicht vorgesehen.

30

b) Selbst im Zulassungsverfahren bzw Zulassungsentziehungsverfahren zwischen Pflegeeinrichtung und Pflegekassen findet keine formelle Anerkennung der vom Einrichtungsträger benannten Pflegefachkraft als verantwortliche Pflegefachkraft statt. Erfüllt die benannte Person die Voraussetzungen des § 71 Abs 3 SGB XI, hat der Einrichtungsträger Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages, soweit auch alle sonstigen Voraussetzungen des § 72 Abs 3 Satz 1 SGB XI gegeben sind. Es geht also bei den Voraussetzungen des § 71 Abs 3 SGB XI lediglich um einen Prüfungsposten unter mehreren anderen. Demgemäß löst er keinen eigenen Anerkennungsanspruch des Einrichtungsträgers für die von ihm als verantwortliche Pflegefachkraft benannte Pflegefachkraft aus, sondern ist nur Teil eines umfangreichen Prüfungsprogramms, das am Schluss zum Abschluss eines Versorgungsvertrags (§ 72 SGB XI) bzw zu dessen Kündigung (oder Fortbestand) führen soll (§ 74 SGB XI). Die Wendung "als verantwortliche Pflegefachkraft anzuerkennen" ist also nicht umfassender zu verstehen als der Begriff "als verantwortliche Pflegefachkraft zu akzeptieren".

31

c) Eine generelle Anerkennung einer ausgebildeten Pflegefachkraft als verantwortliche Pflegefachkraft ist darüber hinaus auch aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen. Die Rahmenfrist von fünf Jahren, innerhalb derer eine praktische Berufserfahrung von zwei Jahren im erlernten Ausbildungsberuf nachzuweisen ist (§ 71 Abs 3 Satz 1 bis 5 SGB XI), ändert sich von Tag zu Tag, weil sie begriffsnotwendig an einen bestimmten Anfangs- und Endzeitpunkt anknüpfen muss. Entsprechendes gilt für die Möglichkeit der Verlängerung der Rahmenfrist auf bis zu acht Jahre nach § 71 Abs 3 Satz 4 und 5 SGB XI. Das Gesetz legt den Endzeitpunkt der Rahmenfrist auf den Vortag des Tages fest, zu dem die Bestellung als verantwortliche Pflegefachkraft erfolgen soll. Dieser Tag kann erst festgelegt werden, wenn eine Bestellung als verantwortliche Pflegefachkraft bereits fest ins Auge gefasst ist, und nach diesem Datum berechnet sich auch der Anfangszeitpunkt der Rahmenfrist. Die Anerkennung könnte also immer nur konkret zeitbezogen ausgesprochen werden. Eine generalisierende Antwort auf die Frage nach der Erfüllung der Voraussetzungen des § 71 Abs 3 SGB XI, um die es bei dieser Statusentscheidung gerade geht, ist also nicht möglich.

32

E. Erster Hilfsantrag (Feststellung der Voraussetzungen für eine Tätigkeit als verantwortliche Pflegefachkraft zum 1.3.2008):

33

1. Richtige Klageart ist eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs 1 Satz 3 SGG. Nach dieser Vorschrift kann mit der Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines zurückgenommenen oder auf anderer Weise erledigten Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Diese Regelung gilt nicht nur - wie nach ihrem Wortlaut zu vermuten wäre - für reine Anfechtungsklagen, sondern auch bei anderen Klagearten, zB bei kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen (vgl Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 131 RdNr 7c) und - in entsprechender Anwendung - sogar bei Klagen, deren primäres Rechtsschutzbegehren nicht auf einen Verwaltungsakt bezogen war (BSG SozR 3-2500 § 207 Nr 1). Bei der Frage, ob zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit, nämlich am 1.3.2008, die Voraussetzungen des § 71 Abs 3 SGB XI für die Tätigkeit der Klägerin als verantwortliche Pflegefachkraft vorgelegen haben, geht es zwar um die Feststellung des Bestehens eines - auf eine verbindliche schriftliche Auskunft gerichteten - konkreten Leistungsanspruchs und dessen Verletzung durch die Beklagten. Es fehlt aber am erforderlichen Feststellungsinteresse (vgl unten Punkt E. 5).

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2. Das aus dem Schreiben an die ARGE vom 4.2.2008 ersichtliche Begehren der Klägerin, das sich auch in ihrem Klagebegehren widerspiegelt, war bei sachgerechter Auslegung nicht auf die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft nach § 71 Abs 3 SGB XI als formelle Statusentscheidung beschränkt. Als "Minus" zu diesem Anspruch auf Erteilung eines feststellenden Verwaltungsakts umfasst das Begehren auch einen Anspruch auf Erteilung einer schriftlichen Auskunft der Beklagten, ob sie die Voraussetzungen für die Tätigkeit als verantwortliche Pflegefachkraft zu einem bestimmten Zeitpunkt als erfüllt ansehen. Dabei geht es um schlichtes Verwaltungshandeln und nicht um die Erteilung eines Verwaltungsakts (Mrozynski, SGB I, 4. Aufl 2010, § 15 RdNr 3). Richtige Klageart hierfür wäre die allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG). Wird allerdings - wie hier (und im Unterschied zum Parallelverfahren K , Schreiben vom 26.10.2007) - selbst die bloße Auskunft über die Erfüllung der Voraussetzungen des § 71 Abs 3 SGB XI für die Tätigkeit als verantwortliche Pflegefachkraft zu einem bestimmten Zeitpunkt verweigert, wie es in dem Schriftsatz der Beklagten vom 15.4.2008 geschehen ist, ist richtige Klageart die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, weil die Verweigerung einer Auskunft als Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X eingestuft wird(Mrozynski, aaO, § 15 RdNr 3).

35

3. Rechtsgrundlage des Auskunftsanspruchs ist § 71 Abs 3 SGB XI in entsprechender Anwendung. Die Vorschrift ist Bestandteil des Regelungssystems zu dem Rechtsverhältnis zwischen dem Einrichtungsträger und den Pflegekassen und gewährt dem Einrichtungsträger einen Anspruch auf Zulassung der Einrichtung (§ 72 SGB XI) mit der von ihm benannten Pflegefachkraft als verantwortlicher Pflegefachkraft, wenn die im Gesetz aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind. Dies ist zwar grundsätzlich nur innerhalb eines Zulassungs- bzw Zulassungsentziehungsverfahrens (§§ 72, 74 SGB XI) zu klären, kann im Einzelfall aber - als Ausfluss des Gebots der gegenseitigen Rücksichtnahme - auch schon im Vorfeld eines solchen Verfahrens zu einem Auskunftsanspruch des Einrichtungsträgers gegenüber den Landesverbänden der Pflegekassen führen, ob eine zur Bestellung als verantwortliche Pflegefachkraft vorgesehene ausgebildete Pflegefachkraft diese Leitungsfunktion zu einem bestimmten Zeitpunkt auch ausüben darf. Dem Einrichtungsträger ist es aus finanziellen Gründen nicht zuzumuten, einen Bewerber erst einstellen zu müssen, um anschließend die Frage seiner Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft klären zu lassen.

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4. Als Reflex aus dieser Regelung ist aber auch ausgebildeten Pflegefachkräften, die sich als verantwortliche Pflegefachkraft bewerben wollen, ein entsprechender Auskunftsanspruch gegenüber den Landesverbänden der Pflegekassen zuzubilligen, wenn Unsicherheiten über ihre Anerkennungsmöglichkeit besteht. Sie sind in gleicher Weise schutzbedürftig wie die Einrichtungsträger. Dabei kann die Unsicherheit über die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft nicht nur darauf beruhen, ob die praktische Berufserfahrung von zwei Jahren innerhalb der Rahmenfrist gegeben ist (etwa bei Arbeitsplatzwechseln und Arbeitslosigkeit), sondern zB auch bei Erwerb der Berufserfahrung im nicht zur Europäischen Union gehörenden Ausland oder nur in Teilzeitstellen (statt Vollzeitbeschäftigungen), bei einem Arbeitsplatzwechsel nach Kündigung des Versorgungsvertrages der früheren Pflegeeinrichtung wegen erheblicher Pflegemängel, bei einer Bewerbung nur um eine Teilzeitbeschäftigung als verantwortliche Pflegefachkraft sowie bei Eintragungen im Führungs- oder im Gesundheitszeugnis, die Zweifel an der Eignung für die Tätigkeit als verantwortliche Pflegefachkraft begründen könnten.

37

In allen solchen Fällen haben die Pflegekassenverbände auf eine entsprechende Anfrage der ausgebildeten Pflegefachkraft eine untereinander abgestimmte (§ 81 SGB XI) Auskunft darüber zu erteilen, ob eine Tätigkeit als verantwortliche Pflegefachkraft in Betracht kommt. Die Auskunft ist schriftlich zu erteilen, weil sie als Beleg im Bewerbungsverfahren dient. Eine mündliche Auskunft wäre insoweit nutzlos.

38

5. An der Feststellung, ob die Voraussetzungen des § 71 Abs 3 SGB XI am 1.3.2008, also dem Zeitpunkt der frühestmöglichen Bestellung der Klägerin zur verantwortlichen Pflegefachkraft in einem neuen Beschäftigungsverhältnis, vorgelegen haben, besteht allerdings heute kein berechtigtes Interesse mehr. Als ein solches berechtigtes Interesse gilt jedes nach der Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigtes Interesse, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art sein kann (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 131 RdNr 10a mit Rechtsprechungsnachweisen). Ein derartiges Interesse ist nicht ersichtlich. Die Klägerin war ab 1.3.2008 zunächst arbeitslos und ist seit dem 5.5.2008 ohne Unterbrechung als stellvertretende Heimleiterin und stellvertretende Pflegedienstleiterin tätig. Angesichts dieses beruflichen Werdegangs ist das damals vorhandene Feststellungsinteresse durch Zeitablauf entfallen. Ein aktuelles Feststellungsinteresse könnte allenfalls dann bejaht werden, wenn geltend gemacht würde, es stehe ein Schadenersatzanspruch im Raum, weil eine Bewerbung der Klägerin als verantwortliche Pflegefachkraft seinerzeit wegen der Unsicherheit des potenziellen Arbeitgebers über die Anerkennung der Klägerin als verantwortliche Pflegefachkraft gescheitert ist, sodass es zu einem Verdienstausfall gekommen sei. Dies hat aber weder das LSG festgestellt noch die Klägerin behauptet.

39

6. Selbst wenn indes ein solches Feststellungsinteresse angenommen würde, müsste die Klage insoweit erfolglos bleiben, weil die Klägerin innerhalb der Rahmenfrist nicht die erforderliche praktische Berufserfahrung von zwei Jahren im erlernten Ausbildungsberuf nachweisen könnte. Eine solche mindestens zweijährige Berufspraxis könnte nur bei einer um 22 Monate erweiterten Rahmenfrist (1.5.2001 - 29.2.2008) als Altenpflegerin nachgewiesen werden (1.5.2001 - 31.7.2002 = 15 Monate, 1.2.2007 - 31.8.2007 = 7 Monate, 1.11.2007 - 29.2.2008 = 4 Monate), wobei die absolvierten Hospitationen der Berufspraxis als Altenpflegerin auch noch gleichgestellt werden müssten. Ob dies zulässig ist, kann hier allerdings offen bleiben. Denn die Rahmenfrist lief ohnehin nur fünf Jahre lang (1.3.2003 - 29.2.2008). Eine Verlängerung der Rahmenfrist um die Zeit der Weiterbildungsmaßnahme, die 22 Monate dauerte (1.4.2005 - 31.1.2007), ist hier ausgeschlossen, weil die Maßnahme nicht mit einem "nach Bundes- oder Landesrecht anerkannten Abschluss" (§ 71 Abs 3 Satz 4 Nr 3 SGB XI) endete. Eine Gleichstellung der absolvierten Weiterbildungsmaßnahme mit einer solchen zu einem staatlich anerkannten Abschluss führenden Weiterbildung scheidet aus, weil der Gesetzgeber innerhalb des § 71 SGB XI selbst zwischen Maßnahmen betriebswirtschaftlicher oder pflegerischer Art mit staatlich anerkanntem Abschluss(§ 71 Abs 3 Satz 4 Nr 3 SGB XI) einerseits und für die Ausübung "leitender Funktionen" geeigneten Weiterbildungsmaßnahmen (§ 71 Abs 3 Satz 6 SGB XI) andererseits unterscheidet und der Ausschluss nicht mit einem staatlichen Abschluss endender privater Weiterbildungsmaßnahmen in § 71 Abs 3 Satz 4 Nr 3 SGB XI nicht verfassungswidrig ist. Die Beschränkung auf Weiterbildungsmaßnahmen mit staatlich anerkanntem Abschluss (§ 71 Abs 3 Satz 4 Nr 3 SGB XI) bei der Bestimmung der Rahmenfrist ist sachgerecht und verletzt die Klägerin nicht in ihrem Grundrecht auf Freiheit der Berufswahl und der Berufsausübung (Art 12 GG), weil es der Gesetzgeber vermeiden wollte, die Prüfung der Frage nach einer in ihrer Dauer angemessenen, inhaltlich geeigneten Weiterbildung im betriebswirtschaftlichen oder pflegerischen Bereich den Pflegekassen und den Einrichtungsträgern aufzuerlegen. Es ist ein sachlicher Grund für die Einschränkung der - hier allein in Betracht kommenden - Berufsausübungsfreiheit der ausgebildeten Pflegefachkräfte, den zur Prüfung aufgerufenen Stellen durch die Eingrenzung auf mit einem nach Bundes- oder Landesrecht anerkannten Abschluss endende Weiterbildungsmaßnahmen klare und jeglichen Zweifel ausräumende Kriterien an die Hand zu geben.

40

F. Zweiter Hilfsantrag (Auskunft über die Erfüllung der Voraussetzungen für eine Tätigkeit als verantwortliche Pflegefachkraft in der Zukunft):

41

1. Richtige Klageart ist hier die Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG. Die grundsätzlich vorrangige allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) scheidet dagegen aus. Es geht um den Fall, dass in Zukunft einmal Unsicherheit darüber auftreten könnte, ob die Klägerin als verantwortliche Pflegefachkraft bestellt werden darf, wobei die Unsicherheit - wie bereits ausgeführt - auf sehr verschiedenen Umständen beruhen kann. Ob eine solche Situation jemals eintreten wird, ist indes völlig ungewiss. Da es also unsicher ist, ob ein solcher Auskunftsanspruch jemals geltend gemacht werden wird, scheidet eine Leistungsklage aus, weil diese nur unter den Voraussetzungen des § 202 SGG iVm § 259 ZPO (Klage auf künftige Leistung) zulässig wäre(Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 54 RdNr 40a mwN). Das Rechtsschutzbedürfnis liegt bei Klagen nach § 259 ZPO in der Besorgnis, dass der Schuldner bei Fälligkeit nicht leisten wird. Dies setzt voraus, dass der Anspruch nicht erst künftig entstehen könnte, sondern seine Grundlage in einem Rechtsverhältnis findet, dessen rechtserzeugende Tatsachen schon eingetreten sind (BSG SozR 3-1500 § 54 Nr 3). Daran fehlt es hier. Ein Feststellungsinteresse ist allerdings zu bejahen, weil durch die Feststellung einer Pflicht zur Erteilung einer schriftlichen Auskunft auf eine entsprechende Anfrage in der Zukunft die von den Beklagten geäußerten grundsätzlichen Zweifel am Bestehen einer solchen Auskunftspflicht schon vorab beseitigt werden können.

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2. Rechtsgrundlage des Anspruchs der Klägerin auf schriftliche Auskunft der Beklagten, ob die Voraussetzungen für eine Tätigkeit als verantwortliche Pflegefachkraft zu einem bestimmten Zeitpunkt vorliegen, ist - wie ausgeführt - § 71 Abs 3 SGB XI in entsprechender Anwendung. Derzeit sind die Tätigkeitsvoraussetzungen erfüllt. Die Klägerin ist als Altenpflegerin mit staatlicher Abschlussprüfung ausgebildete Pflegefachkraft und sie hat im Zuge der Weiterbildung zur "Managerin im Sozial- und Gesundheitsbereich" (1.4.2005 - 31.1.2007) die Zusatzqualifikation für "leitende Funktionen" nach § 71 Abs 3 Satz 6 SGB XI erworben (Weiterbildungsmaßnahme mit einer Mindeststundenzahl, die 460 Stunden nicht unterschreiten soll), weil sie eine 760 Stunden (zuzüglich Vertiefungsstudien und Praktika) umfassende "Weiterbildung zum Pflegemanagement (Pflegedienstleistung)" erfolgreich absolviert hat. Die Klägerin kann derzeit (18.5.2011) auch die praktische Berufserfahrung im erlernten Ausbildungsberuf von zwei Jahren innerhalb der letzten fünf Jahre nachweisen, weil sie innerhalb dieser Rahmenfrist (19.5.2006 - 18.5.2011) überwiegend als Altenpflegerin bzw stellvertretende Pflegedienstleiterin beschäftigt war (1.11.2007 - 29.2.2008 sowie 5.5.2008 bis heute). Die Frage, ob die absolvierten Hospitationen (Februar bis August 2007) der Beschäftigung als Altenpflegerin gleichgestellt werden können, kann auch hier offen bleiben.

43

G. Die Kostentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 155 Abs 1 VwGO und berücksichtigt den Teilerfolg der Klägerin.

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Der Streitwert für das Revisionsverfahren ist mangels anderer Anhaltspunkte auf den Regelstreitwert von 5000 Euro (§ 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 GKG) festzusetzen.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

(1) Wird ein Verwaltungsakt oder ein Widerspruchsbescheid, der bereits vollzogen ist, aufgehoben, so kann das Gericht aussprechen, daß und in welcher Weise die Vollziehung des Verwaltungsakts rückgängig zu machen ist. Dies ist nur zulässig, wenn die Verwaltungsstelle rechtlich dazu in der Lage und diese Frage ohne weiteres in jeder Beziehung spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Hält das Gericht die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten Verwaltungsakts für begründet und diese Frage in jeder Beziehung für spruchreif, so ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen. Im Übrigen gilt Absatz 3 entsprechend.

(3) Hält das Gericht die Unterlassung eines Verwaltungsakts für rechtswidrig, so ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(4) Hält das Gericht eine Wahl im Sinne des § 57b oder eine Wahl zu den Selbstverwaltungsorganen der Kassenärztlichen Vereinigungen oder der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen ganz oder teilweise oder eine Ergänzung der Selbstverwaltungsorgane für ungültig, so spricht es dies im Urteil aus und bestimmt die Folgerungen, die sich aus der Ungültigkeit ergeben.

(5) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54 Abs. 4; Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem seit dem Tag der letzten Veröffentlichung zwei Wochen verstrichen sind.

(2) Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids.

(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

(1) Auf Antrag der Beteiligten oder ihrer Bevollmächtigten setzt der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. § 104 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Zivilprozeßordnung findet entsprechende Anwendung.

(2) Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(1) Die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung und der Vorschuss hierauf werden auf Antrag des Rechtsanwalts von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt. Ist das Verfahren nicht gerichtlich anhängig geworden, erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts, das den Verteidiger bestellt hat.

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen, erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten des Gerichts des Rechtszugs, solange das Verfahren nicht durch rechtskräftige Entscheidung oder in sonstiger Weise beendet ist.

(3) Im Fall der Beiordnung einer Kontaktperson (§ 34a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Landgerichts, in dessen Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt.

(4) Im Fall der Beratungshilfe wird die Vergütung von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des in § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes bestimmten Gerichts festgesetzt.

(5) § 104 Absatz 2 Satz 1 und 2 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Antrag hat die Erklärung zu enthalten, ob und welche Zahlungen der Rechtsanwalt bis zum Tag der Antragstellung erhalten hat. Bei Zahlungen auf eine anzurechnende Gebühr sind diese Zahlungen, der Satz oder der Betrag der Gebühr und bei Wertgebühren auch der zugrunde gelegte Wert anzugeben. Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach der Antragstellung erhalten hat, hat er unverzüglich anzuzeigen.

(6) Der Urkundsbeamte kann vor einer Festsetzung der weiteren Vergütung (§ 50) den Rechtsanwalt auffordern, innerhalb einer Frist von einem Monat bei der Geschäftsstelle des Gerichts, dem der Urkundsbeamte angehört, Anträge auf Festsetzung der Vergütungen, für die ihm noch Ansprüche gegen die Staatskasse zustehen, einzureichen oder sich zu den empfangenen Zahlungen (Absatz 5 Satz 2) zu erklären. Kommt der Rechtsanwalt der Aufforderung nicht nach, erlöschen seine Ansprüche gegen die Staatskasse.

(7) Die Absätze 1 und 5 gelten im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend. An die Stelle des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle tritt die Verwaltungsbehörde.

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

Tenor

Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 30.6.2014 wird zurückgewiesen. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Kosten sind nicht zu erstatten.


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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 59/11
vom
11. September 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ein Kostenfestsetzungsverlangen kann als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein,
wenn der Antragsteller die Festsetzung von Mehrkosten beantragt, die dadurch
entstanden sind, dass er einen oder mehrere gleichartige, aus einem einheitlichen
Lebensvorgang erwachsene Ansprüche gegen eine oder mehrere Personen ohne
sachlichen Grund in getrennten Prozessen verfolgt hat.

b) Gleiches gilt für Erstattungsverlangen in Bezug auf Mehrkosten, die darauf beruhen
, dass mehrere von demselben Prozessbevollmächtigten vertretene Antragsteller
in engem zeitlichem Zusammenhang mit weitgehend gleichlautenden Antragsbegründungen
aus einem weitgehend identischen Lebenssachverhalt ohne
sachlichen Grund in getrennten Prozessen gegen denoder
dieselben Antragsgegner vorgegangen sind.

c) Erweist sich das Kostenfestsetzungsverlangen als rechtsmissbräuchlich, muss
sich der Antragsteller kostenrechtlich so behandeln lassen, als habe er ein einziges
Verfahren geführt.
BGH, Beschluss vom 11. September 2012 - VI ZB 59/11 - KG
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2012 durch
den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Wellner, Pauge und Stöhr und die
Richterin von Pentz

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 2. Zivilsenats des Kammergerichts vom 7. September 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 701,04 €

Gründe:

I.

1
Der Antragsteller hat die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung der Verbreitung der Behauptung in Anspruch genommen , seine Mutter habe mit ihren Kindern A., C., dem Antragsteller und Al. zum Skifahren in Crans Montana geweilt. Das Landgericht hat dem Antrag stattgegeben und der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Die Mutter und die drei Geschwister des Antragstellers haben in jeweils getrennten Verfahren vor dem Landgericht gleichlautende Unterlassungsverfügungen erwirkt.
2
In seinem Kostenfestsetzungsantrag hat der Antragsteller eine Vergütung in Höhe einer 1,3-fachen Verfahrensgebühr gemäß RVG-VV Nr. 3100 nebst Auslagenpauschale, Umsatzsteuer und Gerichtsvollzieherkosten in Höhe von insgesamt 784,03 € zur Festsetzung angemeldet. Die Rechtspflegerin beim Landgericht hat dem Antrag entsprochen. Hiergegen hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde mit der Begründung eingelegt, die Verfolgung der Unterlassungsansprüche der fünf Familienmitglieder in fünf getrennten Verfahren sei rechtsmissbräuchlich und die hierdurch verursachten Mehrkosten nicht notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die einzelnen Antragsteller müssten sich so behandeln lassen, als hätten sie gemeinsam ein Verfahren durchgeführt. In diesem Fall wären Anwaltskosten in Höhe von lediglich 1.650,35 € entstanden , so dass unter Berücksichtigung der - in zwei der weiteren Verfahren geleisteten - Zahlungen der Antragsgegnerin in Höhe von 784,33 € und 783,33 € nur noch der Differenzbetrag in Höhe von 82,99 € festgesetzt werden könne. Die sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der vom Kammergericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr Begehren weiter.

II.

3
Das Beschwerdegericht, dessen Beschluss in AGS 2012, 146 veröffentlich ist, ist der Auffassung, dass der von der Antragsgegnerin erhobene Einwand der rechtsmissbräuchlichen Rechtsverfolgung im Kostenfestsetzungsverfahren keine Berücksichtigung finden könne. Das Kostenfestsetzungsverfahren diene lediglich dazu, die vom Prozessgericht getroffene Kostengrundentschei- dung der Höhe nach auszufüllen und sei deshalb auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und der Beurteilung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten. Die Entscheidung zwischen den Parteien streitiger Tatsachen und komplizierter Rechtsfragen sei in diesem Verfahren nicht vorgesehen. Nach diesen Grundsätzen könne der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren nicht überprüfen, ob das Vorgehen einer Partei gegen mehrere Parteien oder das Vorgehen mehrerer Parteien gegen eine Partei in getrennten Verfahren rechtsmissbräuchlich sei. Bei dieser Frage gehe es nicht um die Ausfüllung einer konkreten Kostengrundentscheidung, sondern um die Kürzung der Erstattungsansprüche aufgrund umfangreicher materiell-rechtlicher Erwägungen, die die Entscheidungsmacht und die Entscheidungsmöglichkeiten des Rechtspflegers überschreite und in die Kompetenz des Prozessrichters gehöre.

III.

4
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
5
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Ihrer Statthaftigkeit steht nicht entgegen , dass dem angefochtenen Beschluss ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zugrunde liegt, in dem die Rechtsbeschwerde wegen des durch § 574 Abs. 1 Satz 2, § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO begrenzten Instanzenzugs auch im Fall ihrer Zulassung ausgeschlossen ist (BGH, Beschluss vom 27. Februar 2003 - I ZB 22/02, BGHZ 154, 102, 103 f.). Diese Begrenzung gilt nicht für das Kostenfestsetzungsverfahren, das als selbständige Folgesache mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestattet ist (BGH, Beschlüsse vom 6. April 2005 - V ZB 25/04, NJW 2005, 2233; vom 19. April 2007 - I ZB 47/06, GRUR 2007, 999 Rn. 8; vom 6. Dezember 2007 - I ZB 16/07, NJW 2008, 2040 Rn. 6).

6
2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist der von der Antragsgegnerin erhobene Einwand, der Antragsteller und seine Angehörigen hätten durch das Erwirken von fünf gleichlautenden und auf dieselbe Berichterstattung gestützten Unterlassungsverfügungen in getrennten Verfahren ungerechtfertigt Mehrkosten verursacht , im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen.
7
a) Es erscheint allerdings fraglich, ob die Erstattungsfähigkeit der durch die getrennte Geltendmachung der Unterlassungsansprüche entstandenen erhöhten Rechtsanwaltsgebühren mit der Begründung verneint werden kann, dass diese Kosten nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewesen seien (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juli 2010 - V ZB 153/09, NJW-RR 2011, 230 Rn. 14 für den Fall einer Anfechtungsklage mehrerer Kläger gegen denselben Beschluss der Wohnungseigentümer ; OLG Köln, JurBüro 2011, 536; OLG Hamburg, MDR 2003, 1381, 1382; OLG Düsseldorf, MDR 1972, 522, 523; Jaspersen/Wache in Vorwerk /Wolf, BeckOK ZPO, § 91 Rn. 119 (Stand: April 2012)). Denn die Ersatzfähigkeit von Rechtsanwaltsgebühren richtet sich nicht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, sondern nach § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 ZPO. Nach dieser Bestimmung sind die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei in allen Prozessen zu erstatten. Die Norm bildet insofern eine Ausnahme, als sie für ihren Anwendungsbereich von der grundsätzlich gebotenen Prüfung der Notwendigkeit entstandener Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung entbindet (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. November 2011 - XII ZB 458/10, NJW 2012, 459 Rn. 35; vom 26. April 2005 - X ZB 17/04, NJW 2005, 2317; vom 27. März 2003 - V ZB 50/02, juris Rn. 6.; vom 4. Februar 2003 - XI ZB 21/02, NJW 2003, 1532, jeweils mwN; BAG, NJW 2005, 1301, 1302; MünchKommZPO/Giebel, 3. Aufl., § 91 Rn. 47; Jaspersen in Vorwerk/Wolf, aaO, § 104 Rn. 22, jeweils mwN). Diese Frage kann indes offen bleiben.
8
b) Denn der Einwand der Antragsgegnerin ist im Kostenfestsetzungsverfahren jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs zu berücksichtigen.
9
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts unterliegt jede Rechtsausübung - auch im Zivilverfahren - dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteten Missbrauchsverbot (BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2007 - V ZB 83/06, BGHZ 172, 218 Rn. 13 f.; vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06, NJW 2007, 2257 Rn. 12 f.; Urteil vom 19. Dezember 2001 - VIII ZR 282/00, BGHZ 149, 311, 323; BVerfG, NJW 2002, 2456, jeweils mwN). Als Ausfluss dieses auch das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatzes ist die Verpflichtung jeder Prozesspartei anerkannt, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann dazu führen, dass das Festsetzungsverlangen als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist und die unter Verstoß gegen Treu und Glauben zur Festsetzung angemeldeten Mehrkosten vom Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren abzusetzen sind (BGH, Beschlüsse vom 31. August 2010 - X ZB 3/09, NJW 2011, 529 Rn. 10; vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06, aaO Rn. 12 ff.; KG, KG-Report 2002, 172, 173; 2000, 414, 415; OLG Stuttgart, OLG-Report 2001, 427 Rn. 12; OLG München, OLG-Report 2001, 105; MünchKommZPO /Giebel, aaO Rn. 41, 48, 110; Musielak/Lackmann, ZPO, 9. Aufl., § 91 Rn. 9; Jaspersen/Wache in Vorwerk/Wolf, aaO, § 91 Rn. 152 (Stand: April 2012); Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl., § 91 Rn. 140; von Eicken/Mathias, Die Kostenfestsetzung, 20. Aufl., Rn. B 362; vgl. auch Senatsurteil vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, AfP 2011, 184).
10
bb) So kann es als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn der Antragsteller die Festsetzung von Mehrkosten beantragt, die dadurch entstanden sind, dass er einen oder mehrere gleichartige, aus einem einheitlichen Lebensvorgang erwachsene Ansprüche gegen eine oder mehrere Personen ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen verfolgt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06, NJW 2007, 2257 Rn. 13; OLG Düsseldorf, JurBüro 1982, 602; 2002, 486; 2011, 648, 649; KG, KG-Report 2002, 172, 173; 2000, 414, 415; OLG München, OLG-Report 2001, 105 f.; OLG Stuttgart, OLGReport 2001, 427, 428). Gleiches gilt für Erstattungsverlangen in Bezug auf Mehrkosten, die darauf beruhen, dass mehrere von demselben Prozessbevollmächtigten vertretene Antragsteller in engem zeitlichem Zusammenhang mit weitgehend gleichlautenden Antragsbegründungen aus einem weitgehend identischen Lebenssachverhalt ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen gegen den- oder dieselben Antragsgegner vorgegangen sind (vgl. OLG Frankfurt am Main, JurBüro 1974, 1599; OLG Stuttgart, OLG-Report 2001, 427, 428; OLG München, OLG-Report 2001, 105 f.; KG, KG-Report 2000, 414, 415; 2002, 172, 173; MünchKommZPO/Giebel, aaO Rn. 110; Musielak/Lackmann, aaO; Jaspersen/Wache in Vorwerk/Wolf, aaO Rn. 119.8 (Stand: April 2012)).
11
cc) Auf der Grundlage der vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob das Festsetzungsverlangen des Antragstellers, soweit es auf die Erstattung der durch die getrennte Rechtsverfolgung entstandenen Mehrkosten gerichtet ist, als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. Zwar stimmten die Gegenstände aller fünf Verfahren nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts inhaltlich überein. Angegriffen war jeweils dieselbe Aussage in einem Halbsatz eines Artikels, deren weitere Verbreitung der Antragsgegnerin in jeweils gleichlautenden Unterlassungsverfügungen verboten wurde. Auch sind sachliche Gründe für eine getrennte Geltendmachung der jeweiligen Unterlassungsansprüche nicht ersichtlich. Insbesondere begründet die Aktenbearbeitung und Abwicklung eines Verfahrens, in dem fünf Antragsteller gleichgerichtete Ansprüche aus einem identischen Lebenssachverhalt gegen eine Antragsgegnerin verfolgen, keine erhöhten Anforderungen , die eine getrennte Rechtsverfolgung als sachgemäß erscheinen lassen könnten (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2005 - I ZR 300/02, NJW-RR 2006, 474, 476). Das Beschwerdegericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - aber keine Feststellungen zum zeitlichen Zusammenhang der Verfahren und zu der Frage getroffen, ob der Antragsteller und seine Angehörigen von denselben Prozessbevollmächtigten vertreten wurden (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juli 2010 - V ZB 153/09, aaO; KG Berlin, KG-Report 2002, 172, 173; OLG München , OLG-Report 2001, 105, 106).
12
3. Der angefochtene Beschluss war aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Sollte sich das Festsetzungsverlangen als rechtsmissbräuchlich erweisen, müsste sich der Antragsteller kostenrechtlich so behandeln lassen, als hätten er und seine Angehörigen als Streitgenossen ein einziges Verfahren geführt (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06, juris Rn. 6 f. (insoweit nicht in NJW 2007, 565 abgedruckt); KG, KG-Report 2000, 414, 416; 2002, 172, 174; OLG München, OLG-Report 2001, 105; MünchKommZPO/Giebel, aaO, § 91 Rn. 110; Jaspersen in Vorwerk/Wolf, aaO, § 104 Rn. 25 (Stand: April 2012)). Er könnte die Kosten der Rechtsverfolgung dann nicht in voller Höhe erstattet verlangen , sondern nur anteilig unter Berücksichtigung der Kosten der Parallelver- fahren, d.h. ihm stände ein Anspruch auf Ersatz von einem Fünftel der bei Führung eines Verfahrens entstandenen (fiktiven) Kosten zu (vgl. KG, KG-Report 2002, 172, 174). Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 11.05.2010 - 27 O 122/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 07.09.2011 - 2 W 123/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 156/06
vom
2. Mai 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Klagt ein Vermieter rückständigen Mietzins nicht gegen die aus Rechtsanwälten
bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein, die seine Vertragspartnerin
ist, sondern gegen die drei Mitglieder dieser Sozietät persönlich als Gesamtschuldner
, so ist es diesen unbenommen, sich im Verfahren jeweils selbst zu
vertreten.
Aus dem Prozessrechtsverhältnis folgt jedoch die Pflicht jeder Partei, die Kosten
ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Obsiegens vom Gegner erstattet
verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten
Belange vereinbaren lässt.
Der Kostenerstattungsanspruch der Beklagten kann daher insgesamt auf den
Betrag beschränkt sein, der sich ergeben hätte, wenn sie einen gemeinsamen
Prozessbevollmächtigten beauftragt hätten. Dies kommt insbesondere in Betracht
, wenn hinsichtlich ihrer Rechtsverteidigung Interessenkonflikte zwischen
ihnen weder bestanden noch zu erwarten waren.
BGH, Beschluss vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Mai 2007 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und die
Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Beklagten zu 1 gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. August 2006 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Wert: bis 900 €

Gründe:


I.

1
Im Hauptsacheverfahren hat die Klägerin von dem Beklagten zu 1 als Gesamtschuldner mit den Beklagten zu 2 und 3 rückständige Miete in Höhe von 18.446,51 € begehrt. Die Beklagten sind als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zusammengeschlossene Rechtsanwälte. Sie haben sich jeweils selbst vertreten und mit nahezu wortgleichen Schriftsätzen auf die Klage erwidert.
2
Am 12. April 2005 haben die Parteien einen Vergleich geschlossen. Danach haben die Kosten des Rechtsstreits zu 54 % die Klägerin und zu 46 % die Beklagten zu tragen.
3
Auf die Kostenfestsetzungsanträge der Beklagten, die insoweit von drei Einzelmandaten ausgingen, hat die Rechtspflegerin beim Landgericht mit Kos- tenfestsetzungsbeschluss vom 30. Januar 2006 Anwaltsgebühren für die Beklagten in Höhe von jeweils 2.604 €, zusammen also 7.812 € festgesetzt.
4
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Beschwerdegericht diesen Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht - Rechtspflegerin - zurückverwiesen. Der Beklagte zu 1 begehrt mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, die Entscheidung des Beschwerdegerichts aufzuheben und die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückzuweisen.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
6
1. Das Oberlandesgericht hat einen Anspruch des Beklagten und seiner Sozien auf Abrechnung von drei Einzelmandaten verneint. Zwar könne bei einer gegen mehrere Rechtsanwälte einer Sozietät gerichteten Klage jeder dieser Anwälte sich selbst vertreten und im Falle des Obsiegens grundsätzlich auch volle Kostenerstattung verlangen. Dieser nach § 91 Abs. 2 ZPO zu beurteilende Erstattungsanspruch finde jedoch seine Grenze in dem Grundsatz von Treu und Glauben und dem Verbot des Rechtsmissbrauchs. Mit Rücksicht darauf könnten auch Rechtsanwälte, die als Streitgenossen verklagt werden, unter Kostengesichtspunkten verpflichtet sein, einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten mit ihrer Vertretung zu beauftragen oder sich zumindest im Rahmen der Kostenerstattung so behandeln zu lassen, als sei dies geschehen. Dies sei hier der Fall, weil die Sozietät Vertragspartner des Mietvertrages sei und bereits deshalb ein Gleichlauf der auf Abweisung der Klage auf rückständigen Mietzins gerich- teten Interessen der Sozien von Anfang an nahe gelegen habe. Auch angesichts der Einheitlichkeit des zugrunde liegenden Sachverhalts habe weder die Gefahr widerstreitender Interessen bestanden noch sei sie zu befürchten gewesen. Auch sonst habe für die Beklagten kein sachlicher Grund vorgelegen, sich jeweils selbst zu vertreten. Dem stehe auch nicht entgegen, dass es der Klägerin freigestanden habe, die Sozietät als Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Anspruch zu nehmen, statt deren Gesellschafter als Gesamtschuldner zu verklagen.
7
2. Die überzeugend begründete Entscheidung des Oberlandesgerichts entspricht einer in Rechtsprechung und Literatur weit verbreiteten Ansicht (vgl. Musielak/Wolst ZPO 5. Aufl. § 91 Rdn. 69; Zöller/Herget ZPO 26. Aufl. § 91 Rdn. 13 "Sozietät"; Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO § 91 Rdn. 43; OLG Düsseldorf , Beschluss vom 6. November 2006 - I-24 W 79/06 - (JURIS); OLG Naumburg , Beschluss vom 11. August 2005 - 12 W 74/05 - (JURIS); OLG Schleswig JurBüro 1988, 1030 f.; OLG Bamberg JurBüro 1985, 1876 f.; KG Berlin MDR 1985, 851; OLG Koblenz VersR 1985, 746; OLG Hamburg MDR 1980, 501; OLG München, Beschluss vom 5. Oktober 1998 - 11 W 2385/98 - AGS 2000, 103; OLG Hamm OLGR 2003, 39 f.; OLG Karlsruhe Justiz 1988, 312 und Beschluss vom 31. August 1994 - 11 W 86/94 - (JURIS); LG Berlin RPfleger 1979, 465; LG Münster MDR 1989, 165 f.; Hessisches LArbG LAGReport 2002, 78 f.; OVG Berlin, Beschluss vom 4. September 1984 - 7 K 1.84 - (JURIS); einschränkend : OLG Nürnberg JurBüro 1981, 763 f.).
8
Sie hält der rechtlichen Überprüfung und den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
9
a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde führt das Recht eines Rechtsanwalts, sich selbst vor Gericht zu vertreten, nicht automatisch zu einem Kostenerstattungsanspruch. Während § 78 Abs. 6 ZPO die anwaltlichen Befugnisse zur Selbstvertretung regelt (zu Einzelheiten Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 78 Rdn. 22), bestimmt sich der Umfang der im Kostenfestsetzungsverfahren zu erstattenden Kosten nach §§ 91, 103 ZPO. Dabei sieht § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO vor, dass dem Rechtsanwalt in eigener Sache die Gebühren und Auslagen zu erstatten sind, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
10
Dies bedeutet jedoch nicht, dass aus dem Recht der anwaltlichen Selbstvertretung zwingend ein entsprechender Kostenerstattungsanspruch folgt (vgl. auch MünchKomm-ZPO/Belz 2. Aufl. § 91 Rdn. 64 zu Rechtsanwälten als GmbH-Geschäftsführern und Vereinsvorständen).
11
Insbesondere ist § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO entgegen dem Vorbringen der Rechtsbeschwerde nicht lex specialis zu § 91 Abs. 1 ZPO. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber eine Kostenerstattung von vornherein nur insoweit vorgesehen, als es sich um notwendige Kosten handelt. Anders ist auch die Regelung für prozessfremde Kosten nicht zu verstehen (dazu Zöller/Herget aaO § 91 Rdn. 7). Für diese Kosten gilt in gleichem Maße, dass sie nicht zu erstatten sind, soweit ihre Verursachung nicht notwendig war.
12
b) Jede Prozesspartei ist verpflichtet, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren läßt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2007 - V ZB 77/06 - zur Veröffentlichung vorgesehen; Zöller/Herget aaO § 91 Rdn. 12). Diese Verpflichtung folgt aus dem Prozessrechtsverhältnis (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juni 2003 - VIII ZB 19/03 - FamRZ 2003, 1461; vgl. auch BVerfG NJW 1990, 3072, 3073).
13
Sie beherrscht als Ausfluss von Treu und Glauben das gesamte Kostenrecht. So wäre es etwa rechtsmißbräuchlich, eine Forderung ohne sachlichen Grund in mehrere Teilbeträge aufzuspalten und in gesonderten Prozessen geltend zu machen. Das muss auch (und erst recht) gelten, wenn ein Rechtsanwalt mit einer eigenen Forderung so verfährt und sich dabei jeweils selbst vertritt. Auch an diesem Beispiel wird deutlich, dass § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO keine Spezialvorschrift darstellt, mit der der Grundsatz des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zugunsten sich selbst vertretender Anwälte durchbrochen werden könnte.
14
Dieses Beispiel zeigt zugleich, dass derartige Erwägungen - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - den Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens nicht sprengen. Denn wenn der Rechtspfleger die Zweckmäßigkeit der Geltendmachung einer Forderung in mehreren Prozessen prüfen muss, ihm also abverlangt wird, bei der Kostenfestsetzung nicht nur die in dem ihm jeweils vorliegenden Verfahren entstandenen Kosten in den Blick zu nehmen, dann wird man ihm eine solche Prüfung erst recht zumuten können, wenn es - wie hier - um die Kosten eines einheitlichen Verfahrens geht.
15
c) Die Argumentation der Rechtsbeschwerde, die Klägerin habe die Erstattungssituation selbst dadurch herbeigeführt, dass sie die Beklagten und nicht die Anwaltssozietät verklagt habe, überzeugt nicht.
16
Auch seit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts Rechts- und Parteifähigkeit zuerkannt wird (BGHZ 146, 341), besteht keine Pflicht, diese und nicht die einzelnen Gesellschafter zu verklagen.
17
Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde insoweit geltend, die Klägerin habe anstelle der Gesellschaft bürgerlichen Rechts deren Gesellschafter nur deshalb verklagt, um diese als sachkundige Zeugen auszuschalten, so dass es befremdlich sei, nunmehr wegen der sich daraus ergebenden Kostenfolge nicht der Klägerin, sondern den Beklagten Rechtsmissbrauch vorzuwerfen.
18
Erstens ist es der Klägerin nämlich nicht zu verwehren, die drei Beklagten persönlich (allein oder neben der GbR) in Anspruch zu nehmen, denn aus einem allein gegen die GbR erstrittenen Titel hätte sie nicht in das Privatvermögen der Gesellschafter vollstrecken können (vgl. Thomas/Putzo ZPO 27. Aufl. § 736 Rdn. 4 m.N.). Zweitens kann ihr nicht vorgehalten werden, auf diese Weise eine sonst mögliche Vernehmung der Gesellschafter als Zeugen vereitelt zu haben, denn auch bei einer allein gegen die GbR gerichteten Klage hätten deren Gesellschafter (als Gesamtvertreter, § 714 BGB) nicht als Zeugen, sondern allenfalls als Partei vernommen werden können (vgl. Wertenbruch NJW 2002, 324, 326; Stein/Jonas/Berger aaO vor § 373 Rdn. 5; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann ZPO 65. Aufl. Übersicht § 373 Rdn. 15).
19
d) Auch der Hinweis der Rechtsbeschwerde, der einheitliche Sachverhalt sei zum Zeitpunkt der Klageerwiderung nicht erkennbar gewesen, vermag nicht zu überzeugen. Soweit sie sich insoweit auf mögliche Ausgleichsansprüche der Gesellschafter untereinander gemäß § 426 BGB beruft, sind diese nicht Gegenstand des zu führenden Rechtsstreits, sondern allenfalls dessen Folge.
20
Sonstige Umstände, die es vorliegend rechtfertigen könnten, einen Interessengegensatz anzunehmen (vgl. dazu OLG Naumburg, Beschluss vom 27. Januar 2005 - 12 W 120/04 - Rpfleger 2005, 482 f.; OLG München, Beschluss vom 5. August 1980 - 11 W 1650/80 - JurBüro 1981, 138 f. und OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Juni 1997 - 10 W 78/97 - MDR 1997, 981) sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil belegen die wortgleiche Rechtsverteidigung aller drei Beklagten in den Vorinstanzen sowie der Umstand , dass sie sich vor dem Bundesgerichtshof - wenn auch in drei gesonder- ten Rechtsbeschwerdeverfahren - von einem gemeinsamen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen, dass Interessenkonflikte nicht vorliegen.
21
e) Schließlich bleibt auch der Einwand der Rechtsbeschwerde ohne Erfolg , die Pflicht zur Bestellung eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten hätte für alle drei Beklagten die Frage aufgeworfen, wer von ihnen sich dann selbst vertreten dürfe und welche beiden anderen ihn kostenpflichtig zu mandatieren gezwungen wären. Hier hätte sich vielmehr angeboten, wie üblich die Sozietät zu mandatieren und nicht eines ihrer Mitglieder. Dann wäre keiner der drei Beklagten bevorteilt oder benachteiligt gewesen, weil sich die Frage, wer jeweils die Schriftsätze fertigt oder vor Gericht auftritt, ebenso wie die Gebührenrechnung nach den auch sonst in dieser Sozietät geltenden Gepflogenheiten gerichtet hätte.
22
3. Das Beschwerdegericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass es nicht selbst in der Sache entscheiden konnte und somit eine Zurückverweisung erfolgen musste. Neben dem Mehrvertretungszuschlag gemäß § 6 Abs. 1 BRAGO (vgl. Hans. OLG Hamburg MDR 1999, 256, OLG Schleswig MDR 2003, 1202 und OLG Düsseldorf MDR 2000, 851 f.) sind nämlich auch noch die von den Beklagten nachträglich geltend gemachten Kostenpositionen in die vom Rechtspfleger des Landgerichts nachzuholende Prüfung einzubeziehen.

III.

23
Der Senat konnte vorliegend seinerseits abschließend über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens gemäß § 97 Abs. 1 ZPO entscheiden. Zwar ist der endgültige Ausgang des Kostenfestsetzungsverfahrens wegen der Zu- rückverweisung an das Landgericht noch offen. Das Rechtsbeschwerdeverfahren selbst ist jedoch abgeschlossen und daher kostenrechtlich erledigt.
Hahne Sprick Fuchs Ahlt Bundesrichterin Frau Dr. Vézina ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Hahne

Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 30.01.2006 - 4 O 244/04 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 16.08.2006 - 11 W 31/06 -

(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 59/11
vom
11. September 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ein Kostenfestsetzungsverlangen kann als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein,
wenn der Antragsteller die Festsetzung von Mehrkosten beantragt, die dadurch
entstanden sind, dass er einen oder mehrere gleichartige, aus einem einheitlichen
Lebensvorgang erwachsene Ansprüche gegen eine oder mehrere Personen ohne
sachlichen Grund in getrennten Prozessen verfolgt hat.

b) Gleiches gilt für Erstattungsverlangen in Bezug auf Mehrkosten, die darauf beruhen
, dass mehrere von demselben Prozessbevollmächtigten vertretene Antragsteller
in engem zeitlichem Zusammenhang mit weitgehend gleichlautenden Antragsbegründungen
aus einem weitgehend identischen Lebenssachverhalt ohne
sachlichen Grund in getrennten Prozessen gegen denoder
dieselben Antragsgegner vorgegangen sind.

c) Erweist sich das Kostenfestsetzungsverlangen als rechtsmissbräuchlich, muss
sich der Antragsteller kostenrechtlich so behandeln lassen, als habe er ein einziges
Verfahren geführt.
BGH, Beschluss vom 11. September 2012 - VI ZB 59/11 - KG
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2012 durch
den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Wellner, Pauge und Stöhr und die
Richterin von Pentz

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 2. Zivilsenats des Kammergerichts vom 7. September 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 701,04 €

Gründe:

I.

1
Der Antragsteller hat die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung der Verbreitung der Behauptung in Anspruch genommen , seine Mutter habe mit ihren Kindern A., C., dem Antragsteller und Al. zum Skifahren in Crans Montana geweilt. Das Landgericht hat dem Antrag stattgegeben und der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Die Mutter und die drei Geschwister des Antragstellers haben in jeweils getrennten Verfahren vor dem Landgericht gleichlautende Unterlassungsverfügungen erwirkt.
2
In seinem Kostenfestsetzungsantrag hat der Antragsteller eine Vergütung in Höhe einer 1,3-fachen Verfahrensgebühr gemäß RVG-VV Nr. 3100 nebst Auslagenpauschale, Umsatzsteuer und Gerichtsvollzieherkosten in Höhe von insgesamt 784,03 € zur Festsetzung angemeldet. Die Rechtspflegerin beim Landgericht hat dem Antrag entsprochen. Hiergegen hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde mit der Begründung eingelegt, die Verfolgung der Unterlassungsansprüche der fünf Familienmitglieder in fünf getrennten Verfahren sei rechtsmissbräuchlich und die hierdurch verursachten Mehrkosten nicht notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die einzelnen Antragsteller müssten sich so behandeln lassen, als hätten sie gemeinsam ein Verfahren durchgeführt. In diesem Fall wären Anwaltskosten in Höhe von lediglich 1.650,35 € entstanden , so dass unter Berücksichtigung der - in zwei der weiteren Verfahren geleisteten - Zahlungen der Antragsgegnerin in Höhe von 784,33 € und 783,33 € nur noch der Differenzbetrag in Höhe von 82,99 € festgesetzt werden könne. Die sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der vom Kammergericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr Begehren weiter.

II.

3
Das Beschwerdegericht, dessen Beschluss in AGS 2012, 146 veröffentlich ist, ist der Auffassung, dass der von der Antragsgegnerin erhobene Einwand der rechtsmissbräuchlichen Rechtsverfolgung im Kostenfestsetzungsverfahren keine Berücksichtigung finden könne. Das Kostenfestsetzungsverfahren diene lediglich dazu, die vom Prozessgericht getroffene Kostengrundentschei- dung der Höhe nach auszufüllen und sei deshalb auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und der Beurteilung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten. Die Entscheidung zwischen den Parteien streitiger Tatsachen und komplizierter Rechtsfragen sei in diesem Verfahren nicht vorgesehen. Nach diesen Grundsätzen könne der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren nicht überprüfen, ob das Vorgehen einer Partei gegen mehrere Parteien oder das Vorgehen mehrerer Parteien gegen eine Partei in getrennten Verfahren rechtsmissbräuchlich sei. Bei dieser Frage gehe es nicht um die Ausfüllung einer konkreten Kostengrundentscheidung, sondern um die Kürzung der Erstattungsansprüche aufgrund umfangreicher materiell-rechtlicher Erwägungen, die die Entscheidungsmacht und die Entscheidungsmöglichkeiten des Rechtspflegers überschreite und in die Kompetenz des Prozessrichters gehöre.

III.

4
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
5
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Ihrer Statthaftigkeit steht nicht entgegen , dass dem angefochtenen Beschluss ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zugrunde liegt, in dem die Rechtsbeschwerde wegen des durch § 574 Abs. 1 Satz 2, § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO begrenzten Instanzenzugs auch im Fall ihrer Zulassung ausgeschlossen ist (BGH, Beschluss vom 27. Februar 2003 - I ZB 22/02, BGHZ 154, 102, 103 f.). Diese Begrenzung gilt nicht für das Kostenfestsetzungsverfahren, das als selbständige Folgesache mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestattet ist (BGH, Beschlüsse vom 6. April 2005 - V ZB 25/04, NJW 2005, 2233; vom 19. April 2007 - I ZB 47/06, GRUR 2007, 999 Rn. 8; vom 6. Dezember 2007 - I ZB 16/07, NJW 2008, 2040 Rn. 6).

6
2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist der von der Antragsgegnerin erhobene Einwand, der Antragsteller und seine Angehörigen hätten durch das Erwirken von fünf gleichlautenden und auf dieselbe Berichterstattung gestützten Unterlassungsverfügungen in getrennten Verfahren ungerechtfertigt Mehrkosten verursacht , im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen.
7
a) Es erscheint allerdings fraglich, ob die Erstattungsfähigkeit der durch die getrennte Geltendmachung der Unterlassungsansprüche entstandenen erhöhten Rechtsanwaltsgebühren mit der Begründung verneint werden kann, dass diese Kosten nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewesen seien (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juli 2010 - V ZB 153/09, NJW-RR 2011, 230 Rn. 14 für den Fall einer Anfechtungsklage mehrerer Kläger gegen denselben Beschluss der Wohnungseigentümer ; OLG Köln, JurBüro 2011, 536; OLG Hamburg, MDR 2003, 1381, 1382; OLG Düsseldorf, MDR 1972, 522, 523; Jaspersen/Wache in Vorwerk /Wolf, BeckOK ZPO, § 91 Rn. 119 (Stand: April 2012)). Denn die Ersatzfähigkeit von Rechtsanwaltsgebühren richtet sich nicht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, sondern nach § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 ZPO. Nach dieser Bestimmung sind die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei in allen Prozessen zu erstatten. Die Norm bildet insofern eine Ausnahme, als sie für ihren Anwendungsbereich von der grundsätzlich gebotenen Prüfung der Notwendigkeit entstandener Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung entbindet (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. November 2011 - XII ZB 458/10, NJW 2012, 459 Rn. 35; vom 26. April 2005 - X ZB 17/04, NJW 2005, 2317; vom 27. März 2003 - V ZB 50/02, juris Rn. 6.; vom 4. Februar 2003 - XI ZB 21/02, NJW 2003, 1532, jeweils mwN; BAG, NJW 2005, 1301, 1302; MünchKommZPO/Giebel, 3. Aufl., § 91 Rn. 47; Jaspersen in Vorwerk/Wolf, aaO, § 104 Rn. 22, jeweils mwN). Diese Frage kann indes offen bleiben.
8
b) Denn der Einwand der Antragsgegnerin ist im Kostenfestsetzungsverfahren jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs zu berücksichtigen.
9
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts unterliegt jede Rechtsausübung - auch im Zivilverfahren - dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteten Missbrauchsverbot (BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2007 - V ZB 83/06, BGHZ 172, 218 Rn. 13 f.; vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06, NJW 2007, 2257 Rn. 12 f.; Urteil vom 19. Dezember 2001 - VIII ZR 282/00, BGHZ 149, 311, 323; BVerfG, NJW 2002, 2456, jeweils mwN). Als Ausfluss dieses auch das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatzes ist die Verpflichtung jeder Prozesspartei anerkannt, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann dazu führen, dass das Festsetzungsverlangen als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist und die unter Verstoß gegen Treu und Glauben zur Festsetzung angemeldeten Mehrkosten vom Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren abzusetzen sind (BGH, Beschlüsse vom 31. August 2010 - X ZB 3/09, NJW 2011, 529 Rn. 10; vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06, aaO Rn. 12 ff.; KG, KG-Report 2002, 172, 173; 2000, 414, 415; OLG Stuttgart, OLG-Report 2001, 427 Rn. 12; OLG München, OLG-Report 2001, 105; MünchKommZPO /Giebel, aaO Rn. 41, 48, 110; Musielak/Lackmann, ZPO, 9. Aufl., § 91 Rn. 9; Jaspersen/Wache in Vorwerk/Wolf, aaO, § 91 Rn. 152 (Stand: April 2012); Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl., § 91 Rn. 140; von Eicken/Mathias, Die Kostenfestsetzung, 20. Aufl., Rn. B 362; vgl. auch Senatsurteil vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10, AfP 2011, 184).
10
bb) So kann es als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn der Antragsteller die Festsetzung von Mehrkosten beantragt, die dadurch entstanden sind, dass er einen oder mehrere gleichartige, aus einem einheitlichen Lebensvorgang erwachsene Ansprüche gegen eine oder mehrere Personen ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen verfolgt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06, NJW 2007, 2257 Rn. 13; OLG Düsseldorf, JurBüro 1982, 602; 2002, 486; 2011, 648, 649; KG, KG-Report 2002, 172, 173; 2000, 414, 415; OLG München, OLG-Report 2001, 105 f.; OLG Stuttgart, OLGReport 2001, 427, 428). Gleiches gilt für Erstattungsverlangen in Bezug auf Mehrkosten, die darauf beruhen, dass mehrere von demselben Prozessbevollmächtigten vertretene Antragsteller in engem zeitlichem Zusammenhang mit weitgehend gleichlautenden Antragsbegründungen aus einem weitgehend identischen Lebenssachverhalt ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen gegen den- oder dieselben Antragsgegner vorgegangen sind (vgl. OLG Frankfurt am Main, JurBüro 1974, 1599; OLG Stuttgart, OLG-Report 2001, 427, 428; OLG München, OLG-Report 2001, 105 f.; KG, KG-Report 2000, 414, 415; 2002, 172, 173; MünchKommZPO/Giebel, aaO Rn. 110; Musielak/Lackmann, aaO; Jaspersen/Wache in Vorwerk/Wolf, aaO Rn. 119.8 (Stand: April 2012)).
11
cc) Auf der Grundlage der vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob das Festsetzungsverlangen des Antragstellers, soweit es auf die Erstattung der durch die getrennte Rechtsverfolgung entstandenen Mehrkosten gerichtet ist, als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. Zwar stimmten die Gegenstände aller fünf Verfahren nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts inhaltlich überein. Angegriffen war jeweils dieselbe Aussage in einem Halbsatz eines Artikels, deren weitere Verbreitung der Antragsgegnerin in jeweils gleichlautenden Unterlassungsverfügungen verboten wurde. Auch sind sachliche Gründe für eine getrennte Geltendmachung der jeweiligen Unterlassungsansprüche nicht ersichtlich. Insbesondere begründet die Aktenbearbeitung und Abwicklung eines Verfahrens, in dem fünf Antragsteller gleichgerichtete Ansprüche aus einem identischen Lebenssachverhalt gegen eine Antragsgegnerin verfolgen, keine erhöhten Anforderungen , die eine getrennte Rechtsverfolgung als sachgemäß erscheinen lassen könnten (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2005 - I ZR 300/02, NJW-RR 2006, 474, 476). Das Beschwerdegericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - aber keine Feststellungen zum zeitlichen Zusammenhang der Verfahren und zu der Frage getroffen, ob der Antragsteller und seine Angehörigen von denselben Prozessbevollmächtigten vertreten wurden (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juli 2010 - V ZB 153/09, aaO; KG Berlin, KG-Report 2002, 172, 173; OLG München , OLG-Report 2001, 105, 106).
12
3. Der angefochtene Beschluss war aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Sollte sich das Festsetzungsverlangen als rechtsmissbräuchlich erweisen, müsste sich der Antragsteller kostenrechtlich so behandeln lassen, als hätten er und seine Angehörigen als Streitgenossen ein einziges Verfahren geführt (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06, juris Rn. 6 f. (insoweit nicht in NJW 2007, 565 abgedruckt); KG, KG-Report 2000, 414, 416; 2002, 172, 174; OLG München, OLG-Report 2001, 105; MünchKommZPO/Giebel, aaO, § 91 Rn. 110; Jaspersen in Vorwerk/Wolf, aaO, § 104 Rn. 25 (Stand: April 2012)). Er könnte die Kosten der Rechtsverfolgung dann nicht in voller Höhe erstattet verlangen , sondern nur anteilig unter Berücksichtigung der Kosten der Parallelver- fahren, d.h. ihm stände ein Anspruch auf Ersatz von einem Fünftel der bei Führung eines Verfahrens entstandenen (fiktiven) Kosten zu (vgl. KG, KG-Report 2002, 172, 174). Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 11.05.2010 - 27 O 122/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 07.09.2011 - 2 W 123/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 156/06
vom
2. Mai 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Klagt ein Vermieter rückständigen Mietzins nicht gegen die aus Rechtsanwälten
bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein, die seine Vertragspartnerin
ist, sondern gegen die drei Mitglieder dieser Sozietät persönlich als Gesamtschuldner
, so ist es diesen unbenommen, sich im Verfahren jeweils selbst zu
vertreten.
Aus dem Prozessrechtsverhältnis folgt jedoch die Pflicht jeder Partei, die Kosten
ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Obsiegens vom Gegner erstattet
verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten
Belange vereinbaren lässt.
Der Kostenerstattungsanspruch der Beklagten kann daher insgesamt auf den
Betrag beschränkt sein, der sich ergeben hätte, wenn sie einen gemeinsamen
Prozessbevollmächtigten beauftragt hätten. Dies kommt insbesondere in Betracht
, wenn hinsichtlich ihrer Rechtsverteidigung Interessenkonflikte zwischen
ihnen weder bestanden noch zu erwarten waren.
BGH, Beschluss vom 2. Mai 2007 - XII ZB 156/06 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Mai 2007 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und die
Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Beklagten zu 1 gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. August 2006 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Wert: bis 900 €

Gründe:


I.

1
Im Hauptsacheverfahren hat die Klägerin von dem Beklagten zu 1 als Gesamtschuldner mit den Beklagten zu 2 und 3 rückständige Miete in Höhe von 18.446,51 € begehrt. Die Beklagten sind als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zusammengeschlossene Rechtsanwälte. Sie haben sich jeweils selbst vertreten und mit nahezu wortgleichen Schriftsätzen auf die Klage erwidert.
2
Am 12. April 2005 haben die Parteien einen Vergleich geschlossen. Danach haben die Kosten des Rechtsstreits zu 54 % die Klägerin und zu 46 % die Beklagten zu tragen.
3
Auf die Kostenfestsetzungsanträge der Beklagten, die insoweit von drei Einzelmandaten ausgingen, hat die Rechtspflegerin beim Landgericht mit Kos- tenfestsetzungsbeschluss vom 30. Januar 2006 Anwaltsgebühren für die Beklagten in Höhe von jeweils 2.604 €, zusammen also 7.812 € festgesetzt.
4
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Beschwerdegericht diesen Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht - Rechtspflegerin - zurückverwiesen. Der Beklagte zu 1 begehrt mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, die Entscheidung des Beschwerdegerichts aufzuheben und die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückzuweisen.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
6
1. Das Oberlandesgericht hat einen Anspruch des Beklagten und seiner Sozien auf Abrechnung von drei Einzelmandaten verneint. Zwar könne bei einer gegen mehrere Rechtsanwälte einer Sozietät gerichteten Klage jeder dieser Anwälte sich selbst vertreten und im Falle des Obsiegens grundsätzlich auch volle Kostenerstattung verlangen. Dieser nach § 91 Abs. 2 ZPO zu beurteilende Erstattungsanspruch finde jedoch seine Grenze in dem Grundsatz von Treu und Glauben und dem Verbot des Rechtsmissbrauchs. Mit Rücksicht darauf könnten auch Rechtsanwälte, die als Streitgenossen verklagt werden, unter Kostengesichtspunkten verpflichtet sein, einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten mit ihrer Vertretung zu beauftragen oder sich zumindest im Rahmen der Kostenerstattung so behandeln zu lassen, als sei dies geschehen. Dies sei hier der Fall, weil die Sozietät Vertragspartner des Mietvertrages sei und bereits deshalb ein Gleichlauf der auf Abweisung der Klage auf rückständigen Mietzins gerich- teten Interessen der Sozien von Anfang an nahe gelegen habe. Auch angesichts der Einheitlichkeit des zugrunde liegenden Sachverhalts habe weder die Gefahr widerstreitender Interessen bestanden noch sei sie zu befürchten gewesen. Auch sonst habe für die Beklagten kein sachlicher Grund vorgelegen, sich jeweils selbst zu vertreten. Dem stehe auch nicht entgegen, dass es der Klägerin freigestanden habe, die Sozietät als Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Anspruch zu nehmen, statt deren Gesellschafter als Gesamtschuldner zu verklagen.
7
2. Die überzeugend begründete Entscheidung des Oberlandesgerichts entspricht einer in Rechtsprechung und Literatur weit verbreiteten Ansicht (vgl. Musielak/Wolst ZPO 5. Aufl. § 91 Rdn. 69; Zöller/Herget ZPO 26. Aufl. § 91 Rdn. 13 "Sozietät"; Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO § 91 Rdn. 43; OLG Düsseldorf , Beschluss vom 6. November 2006 - I-24 W 79/06 - (JURIS); OLG Naumburg , Beschluss vom 11. August 2005 - 12 W 74/05 - (JURIS); OLG Schleswig JurBüro 1988, 1030 f.; OLG Bamberg JurBüro 1985, 1876 f.; KG Berlin MDR 1985, 851; OLG Koblenz VersR 1985, 746; OLG Hamburg MDR 1980, 501; OLG München, Beschluss vom 5. Oktober 1998 - 11 W 2385/98 - AGS 2000, 103; OLG Hamm OLGR 2003, 39 f.; OLG Karlsruhe Justiz 1988, 312 und Beschluss vom 31. August 1994 - 11 W 86/94 - (JURIS); LG Berlin RPfleger 1979, 465; LG Münster MDR 1989, 165 f.; Hessisches LArbG LAGReport 2002, 78 f.; OVG Berlin, Beschluss vom 4. September 1984 - 7 K 1.84 - (JURIS); einschränkend : OLG Nürnberg JurBüro 1981, 763 f.).
8
Sie hält der rechtlichen Überprüfung und den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
9
a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde führt das Recht eines Rechtsanwalts, sich selbst vor Gericht zu vertreten, nicht automatisch zu einem Kostenerstattungsanspruch. Während § 78 Abs. 6 ZPO die anwaltlichen Befugnisse zur Selbstvertretung regelt (zu Einzelheiten Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 78 Rdn. 22), bestimmt sich der Umfang der im Kostenfestsetzungsverfahren zu erstattenden Kosten nach §§ 91, 103 ZPO. Dabei sieht § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO vor, dass dem Rechtsanwalt in eigener Sache die Gebühren und Auslagen zu erstatten sind, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
10
Dies bedeutet jedoch nicht, dass aus dem Recht der anwaltlichen Selbstvertretung zwingend ein entsprechender Kostenerstattungsanspruch folgt (vgl. auch MünchKomm-ZPO/Belz 2. Aufl. § 91 Rdn. 64 zu Rechtsanwälten als GmbH-Geschäftsführern und Vereinsvorständen).
11
Insbesondere ist § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO entgegen dem Vorbringen der Rechtsbeschwerde nicht lex specialis zu § 91 Abs. 1 ZPO. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber eine Kostenerstattung von vornherein nur insoweit vorgesehen, als es sich um notwendige Kosten handelt. Anders ist auch die Regelung für prozessfremde Kosten nicht zu verstehen (dazu Zöller/Herget aaO § 91 Rdn. 7). Für diese Kosten gilt in gleichem Maße, dass sie nicht zu erstatten sind, soweit ihre Verursachung nicht notwendig war.
12
b) Jede Prozesspartei ist verpflichtet, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren läßt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2007 - V ZB 77/06 - zur Veröffentlichung vorgesehen; Zöller/Herget aaO § 91 Rdn. 12). Diese Verpflichtung folgt aus dem Prozessrechtsverhältnis (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juni 2003 - VIII ZB 19/03 - FamRZ 2003, 1461; vgl. auch BVerfG NJW 1990, 3072, 3073).
13
Sie beherrscht als Ausfluss von Treu und Glauben das gesamte Kostenrecht. So wäre es etwa rechtsmißbräuchlich, eine Forderung ohne sachlichen Grund in mehrere Teilbeträge aufzuspalten und in gesonderten Prozessen geltend zu machen. Das muss auch (und erst recht) gelten, wenn ein Rechtsanwalt mit einer eigenen Forderung so verfährt und sich dabei jeweils selbst vertritt. Auch an diesem Beispiel wird deutlich, dass § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO keine Spezialvorschrift darstellt, mit der der Grundsatz des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zugunsten sich selbst vertretender Anwälte durchbrochen werden könnte.
14
Dieses Beispiel zeigt zugleich, dass derartige Erwägungen - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - den Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens nicht sprengen. Denn wenn der Rechtspfleger die Zweckmäßigkeit der Geltendmachung einer Forderung in mehreren Prozessen prüfen muss, ihm also abverlangt wird, bei der Kostenfestsetzung nicht nur die in dem ihm jeweils vorliegenden Verfahren entstandenen Kosten in den Blick zu nehmen, dann wird man ihm eine solche Prüfung erst recht zumuten können, wenn es - wie hier - um die Kosten eines einheitlichen Verfahrens geht.
15
c) Die Argumentation der Rechtsbeschwerde, die Klägerin habe die Erstattungssituation selbst dadurch herbeigeführt, dass sie die Beklagten und nicht die Anwaltssozietät verklagt habe, überzeugt nicht.
16
Auch seit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts Rechts- und Parteifähigkeit zuerkannt wird (BGHZ 146, 341), besteht keine Pflicht, diese und nicht die einzelnen Gesellschafter zu verklagen.
17
Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde insoweit geltend, die Klägerin habe anstelle der Gesellschaft bürgerlichen Rechts deren Gesellschafter nur deshalb verklagt, um diese als sachkundige Zeugen auszuschalten, so dass es befremdlich sei, nunmehr wegen der sich daraus ergebenden Kostenfolge nicht der Klägerin, sondern den Beklagten Rechtsmissbrauch vorzuwerfen.
18
Erstens ist es der Klägerin nämlich nicht zu verwehren, die drei Beklagten persönlich (allein oder neben der GbR) in Anspruch zu nehmen, denn aus einem allein gegen die GbR erstrittenen Titel hätte sie nicht in das Privatvermögen der Gesellschafter vollstrecken können (vgl. Thomas/Putzo ZPO 27. Aufl. § 736 Rdn. 4 m.N.). Zweitens kann ihr nicht vorgehalten werden, auf diese Weise eine sonst mögliche Vernehmung der Gesellschafter als Zeugen vereitelt zu haben, denn auch bei einer allein gegen die GbR gerichteten Klage hätten deren Gesellschafter (als Gesamtvertreter, § 714 BGB) nicht als Zeugen, sondern allenfalls als Partei vernommen werden können (vgl. Wertenbruch NJW 2002, 324, 326; Stein/Jonas/Berger aaO vor § 373 Rdn. 5; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann ZPO 65. Aufl. Übersicht § 373 Rdn. 15).
19
d) Auch der Hinweis der Rechtsbeschwerde, der einheitliche Sachverhalt sei zum Zeitpunkt der Klageerwiderung nicht erkennbar gewesen, vermag nicht zu überzeugen. Soweit sie sich insoweit auf mögliche Ausgleichsansprüche der Gesellschafter untereinander gemäß § 426 BGB beruft, sind diese nicht Gegenstand des zu führenden Rechtsstreits, sondern allenfalls dessen Folge.
20
Sonstige Umstände, die es vorliegend rechtfertigen könnten, einen Interessengegensatz anzunehmen (vgl. dazu OLG Naumburg, Beschluss vom 27. Januar 2005 - 12 W 120/04 - Rpfleger 2005, 482 f.; OLG München, Beschluss vom 5. August 1980 - 11 W 1650/80 - JurBüro 1981, 138 f. und OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Juni 1997 - 10 W 78/97 - MDR 1997, 981) sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Im Gegenteil belegen die wortgleiche Rechtsverteidigung aller drei Beklagten in den Vorinstanzen sowie der Umstand , dass sie sich vor dem Bundesgerichtshof - wenn auch in drei gesonder- ten Rechtsbeschwerdeverfahren - von einem gemeinsamen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen, dass Interessenkonflikte nicht vorliegen.
21
e) Schließlich bleibt auch der Einwand der Rechtsbeschwerde ohne Erfolg , die Pflicht zur Bestellung eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten hätte für alle drei Beklagten die Frage aufgeworfen, wer von ihnen sich dann selbst vertreten dürfe und welche beiden anderen ihn kostenpflichtig zu mandatieren gezwungen wären. Hier hätte sich vielmehr angeboten, wie üblich die Sozietät zu mandatieren und nicht eines ihrer Mitglieder. Dann wäre keiner der drei Beklagten bevorteilt oder benachteiligt gewesen, weil sich die Frage, wer jeweils die Schriftsätze fertigt oder vor Gericht auftritt, ebenso wie die Gebührenrechnung nach den auch sonst in dieser Sozietät geltenden Gepflogenheiten gerichtet hätte.
22
3. Das Beschwerdegericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass es nicht selbst in der Sache entscheiden konnte und somit eine Zurückverweisung erfolgen musste. Neben dem Mehrvertretungszuschlag gemäß § 6 Abs. 1 BRAGO (vgl. Hans. OLG Hamburg MDR 1999, 256, OLG Schleswig MDR 2003, 1202 und OLG Düsseldorf MDR 2000, 851 f.) sind nämlich auch noch die von den Beklagten nachträglich geltend gemachten Kostenpositionen in die vom Rechtspfleger des Landgerichts nachzuholende Prüfung einzubeziehen.

III.

23
Der Senat konnte vorliegend seinerseits abschließend über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens gemäß § 97 Abs. 1 ZPO entscheiden. Zwar ist der endgültige Ausgang des Kostenfestsetzungsverfahrens wegen der Zu- rückverweisung an das Landgericht noch offen. Das Rechtsbeschwerdeverfahren selbst ist jedoch abgeschlossen und daher kostenrechtlich erledigt.
Hahne Sprick Fuchs Ahlt Bundesrichterin Frau Dr. Vézina ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Hahne

Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 30.01.2006 - 4 O 244/04 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 16.08.2006 - 11 W 31/06 -

(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin wird gemäß § 34 Abs. 2 BVerfGG eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 2.500 € (in Worten: zweitausendfünfhundert Euro) auferlegt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein Zivilverfahren in einer dienstvertragsrechtlichen Streitigkeit.

2

1. Die Beschwerdeführerin ist eine Unternehmensberatungsgesellschaft. Sie hatte mit der Beklagten des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagte), einem Bauunternehmen, einen Consulting-Vertrag geschlossen. Gegenstand des Vertrages war die Unterstützung der Beklagten bei der Realisierung ausstehender Werklohnforderungen. Die zwischen den Parteien geschlossene Vereinbarung sah eine Festvergütung in Höhe von maximal 19.000 € sowie im Erfolgsfall eine Beteiligung an den Erlösen vor. Darüber hinaus war die gesonderte Erstattung von Reisekosten und "Auslagen, insbesondere für ausländische Quellen" vereinbart. Nach Kündigung des Vertrages durch die Beklagte erhob die Beschwerdeführerin Klage auf Zahlung von rund 500.000 €, Auskunft und Feststellung. Den bezifferten Zahlungsantrag begründete sie damit, dass es sich hierbei um das Honorar des von ihr eingesetzten Projektleiters S. handele; dieser ist der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin. Die Klage blieb in erster und zweiter Instanz erfolglos. Eine gegen die Nichtzulassung der Revision erhobene Beschwerde wies der Bundesgerichtshof zurück.

3

2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.

II.

4

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der von der Beschwerdeführerin als verletzt gerügten Rechte angezeigt.

5

1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.

6

a) Dies folgt zum einen daraus, dass die Verfassungsbeschwerde mangels Erschöpfung des Rechtswegs nicht dem Grundsatz der Subsidiarität genügt. Vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde muss ein Beschwerdeführer gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG den in der maßgeblichen Prozessordnung vorgesehenen Rechtsweg erschöpfen. Ausnahmen hiervon sind eng zu begrenzen (vgl. BVerfGE 68, 376 <380>). Wird mit der Verfassungsbeschwerde ein Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht, so zählt die Anhörungsrüge an das Fachgericht zum Rechtsweg, von dessen Erschöpfung die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG im Regelfall abhängig ist (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>). Das Bundesverfassungsgericht soll nicht mit einem Gehörsverstoß befasst werden, mit dem sich nicht zuvor die Fachgerichte auseinandersetzen konnten. Liegt ein solcher tatsächlich vor und war er entscheidungserheblich (vgl. § 321a Abs. 1 Nr. 2 ZPO), wird das Fachgericht ihm abhelfen (BVerfGK 11, 368 <372>). Als Endentscheidung, gegen die eine Anfechtungsmöglichkeit nicht gegeben ist, ist der angegriffene Beschluss des Bundesgerichtshofs eine nach § 321a ZPO rügefähige Entscheidung.

7

Hier hat es die Beschwerdeführerin unterlassen, eine Anhörungsrüge zum Bundesgerichtshof zu erheben. Ihre Argumentation, es habe nicht davon ausgegangen werden können, dass sich der Bundesgerichtshof auf eine Anhörungsrüge mit ihrem Vortrag befasst hätte, kann nicht nachvollzogen werden. Denn dass der Bundesgerichtshof - aus welchen Gründen auch immer - nicht von einer Gehörsverletzung durch das Oberlandesgericht ausgegangen ist, bedeutet nicht, dass bei objektiver Betrachtung auch die Korrektur einer dem Bundesgerichtshof unterlaufenen Gehörsverletzung ausgeschlossen wäre. Dafür, dass eine Anhörungsrüge wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit entbehrlich gewesen wäre (vgl. BVerfGE 126, 1 <18>; BVerfGK 7, 115 <116>; 9, 390 <394>; 11, 368 <372>), ist damit nichts ersichtlich. Das Unterlassen der Einlegung des genannten Rechtsbehelfs hat zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde nicht nur in Bezug auf die behauptete Verletzung des grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 103 Abs. 1 GG, deren Heilung § 321a ZPO bezweckt, sondern insgesamt unzulässig ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, NJW 2005, S. 3059 <3059 f.>).

8

b) Darüber hinaus ist die Verfassungsbeschwerde in weiten Teilen auch bereits aufgrund mangelnder Substantiierung unzulässig.

9

aa) Gemäß §§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG ist ein Beschwerdeführer gehalten, den Sachverhalt, aus dem sich die Grundrechtsverletzung ergeben soll, substantiiert und schlüssig darzulegen. Er ist des Weiteren verpflichtet, das angeblich verletzte Grundrecht oder grundrechtsgleiche Recht zu bezeichnen und substantiiert darzutun, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Recht verletzt sein soll (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>). Soweit das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss der Beschwerdeführer anhand dieser Maßstäbe aufzeigen, inwieweit seine Grundrechte durch die angegriffene Maßnahme verletzt sein sollen (vgl. BVerfGE 101, 331 <345 f.>; 102, 147 <164>).

10

bb) Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG rügt, erfüllt die Verfassungsbeschwerde diese Voraussetzungen nicht. Zwar zitiert die Beschwerdeführerin Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Recht auf effektiven Rechtsschutz. Der Sache nach rügt sie unter diesem Obersatz jedoch eine Gehörsverletzung durch den Bundesgerichtshof, da sich dieser "mit den vorgetragenen Nichtzulassungsbeschwerdegründen nicht befasst" und "das klägerseits Vorgetragene nicht verarbeitet" habe. Mit den spezifischen Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts zu der verfassungsrechtlichen Frage, unter welchen Umständen die Versperrung des Zugangs zur Revisionsinstanz eine Verletzung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz darstellen kann (vgl. BVerfGE 74, 228 <234>; BVerfGK 11, 235 <238 f.>; 12, 341 <343 f.>; 14, 238 <242 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 26. April 2010 - 1 BvR 1991/09 -, GRUR 2010, S. 1033; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. Mai 2010 - 1 BvR 2643/07 -, FamRZ 2010, S. 1235 <1236 f.>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 8. Dezember 2010 - 1 BvR 381/10 -, NJW 2011, S. 1276 <1277>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 28. April 2011 - 1 BvR 3007/07 -, NJW 2011, S. 2276 <2277>), setzt sich die Verfassungsbeschwerde hingegen mit keinem Wort auseinander.

11

cc) Soweit die Beschwerdeführerin ausdrücklich Verletzungen ihres Rechts auf rechtliches Gehör rügt, ist die Verfassungsbeschwerde zum Teil ebenfalls nicht hinreichend substantiiert.

12

(1) Dies folgt allerdings noch nicht daraus, dass die Beschwerdeführerin in ihren Rechtsausführungen vollumfänglich auf Schriftsätze aus dem Ausgangsverfahren verwiesen hat. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht nicht die Aufgabe, in Bezug genommene Dokumente und andere Anlagen auf verfassungsrechtlich relevante Tatsachen oder auf verfassungsrechtlich relevanten Vortrag hin zu durchsuchen (vgl. BVerfGE 80, 257 <263>; 83, 216 <228>). Tatsächlich finden sich die Rügen jedoch auch bereits an früherer Stelle im Beschwerdeschriftsatz, so dass ein Rückgriff auf die in Bezug genommenen Schriftsätze entbehrlich ist.

13

(2) Allerdings fehlt es auch insoweit in weiten Teilen an einer Auseinandersetzung mit den einschlägigen verfassungsrechtlichen Maßstäben. So setzt eine Gehörsverletzung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts voraus, dass der nicht zur Kenntnis genommene oder nicht erwogene Tatsachen- oder Rechtsvortrag für die Entscheidung erheblich war (vgl. BVerfGE 21, 191 <194>; 69, 145 <148 f.>; 70, 288 <294>; 96, 205 <216>; stRspr). Dass dies im Hinblick auf die hier erhobenen Rügen der Fall gewesen sein könnte, ergibt sich aus der Verfassungsbeschwerde jedoch nur zum Teil. So wird nicht ersichtlich, warum es auf den Vortrag zur Angemessenheit der abgerechneten Stundensätze angekommen sein könnte, warum es entgegen der Rechtsansicht des Oberlandesgerichts auf den Vortrag zur Anwendbarkeit des Rechtsgedankens des § 628 Abs. 1 BGB angekommen sein könnte, und warum es darauf angekommen sein könnte, welche Anträge im Wege der Stufenklage geltend gemacht werden dürfen.

14

2. Selbst dann, wenn die Beschwerdeführerin von der Möglichkeit der vorherigen Erhebung einer Anhörungsrüge Gebrauch gemacht hätte, wäre die Verfassungsbeschwerde - soweit sie nicht überdies aufgrund mangelnder Substantiierung unzulässig ist - in der Sache ohne Aussicht auf Erfolg gewesen. Denn die gerügten Gehörsverletzungen liegen nicht vor.

15

a) Der Gehörsgrundsatz verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch der von dem Beteiligten vertretenen Rechtsansicht zu folgen (vgl. BVerfGE 64, 1 <12>; 87, 1 <33>). Art. 103 Abs. 1 GG schützt weiterhin auch nicht davor, dass das Vorbringen eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt bleibt, etwa weil es nach Ansicht des Gerichts für die zu treffende Entscheidung unerheblich ist (vgl. BVerfGE 21, 191 <194>; 69, 145 <148 f.>; 70, 288 <294>; 96, 205 <216>; stRspr). Im Übrigen geht das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich davon aus, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen, namentlich nicht bei letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Entscheidungen. Deshalb müssen, damit das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfGE 65, 293 <295>; 70, 288 <293>).

16

b) Nach diesen Maßstäben ist für eine Gehörsverletzung nichts ersichtlich.

17

aa) Die Behauptung, dass das Oberlandesgericht auf entscheidungserhebliche Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht eingegangen wäre, ist unrichtig. So trifft es nicht zu, dass das Oberlandesgericht den Vortrag der Beschwerdeführerin, dass kein Leistungserfolg geschuldet gewesen sei, nicht verarbeitet hätte; tatsächlich wird in der Entscheidung ausgeführt, der Umstand, dass ein Leistungserfolg nicht geschuldet gewesen sei, besage nichts dazu, ob die Vergütung von der Bewirkung eines Erfolgs abhängig gemacht worden sei. Auch den Vortrag, aus der vertraglichen Vereinbarung ergebe sich nicht, dass die Beschwerdeführerin unentgeltlich tätig sein müsse, wenn ein Erfolg nicht eintrete, hat das Oberlandesgericht entgegen der Behauptungen der Verfassungsbeschwerde durchaus berücksichtigt. So hat es ausgeführt, dass hierin eine Verwirklichung des vertraglich übernommenen Risikos liege. Das gleiche gilt für den Vorwurf, es sei Vortrag nicht beachtet worden, wonach im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung Begleitumstände und das Verhalten der Parteien zu berücksichtigen seien. Denn tatsächlich hat sich das Oberlandesgericht eingehend sowohl mit dem vor- als auch dem nachvertraglichen Verhalten der Parteien auseinandergesetzt und dabei insbesondere die erst nachträgliche Abrechnung der Tätigkeit des Projektleiters S. hervorgehoben. Auch ist nicht ersichtlich, dass das Oberlandesgericht im Hinblick auf den Vortrag der Beschwerdeführerin zur Berechtigung der Geltendmachung von Auskunftsansprüchen weitere Ausführungen hätte machen müssen.

18

bb) Ebenso wenig finden sich Anhaltspunkte für eine Gehörsverletzung durch den Bundesgerichtshof. Dafür, dass im Hinblick auf die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde eine besondere Begründungspflicht bestanden hätte, obwohl es sich um eine mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbare Entscheidung handelt, ist nichts ersichtlich.

III.

19

Die Verfassungsbeschwerde ist rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 34 Abs. 2 BVerfGG. Ein Missbrauch liegt unter anderem vor, wenn eine Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. BVerfGK 6, 219; 10, 94 <97>). Von einem Rechtsanwalt, der das Mandat zur Führung eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht annimmt, ist zu verlangen, dass er sich mit der verfassungsrechtlichen Materie auseinandersetzt, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den aufgeworfenen Fragen prüft, die Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Verfassungsbeschwerde eingehend abwägt und sich entsprechend den Ergebnissen seiner Prüfung verhält (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. April 2011 - 1 BvR 791/11 -, juris, Rn. 7). Die vorliegende Verfassungsbeschwerde ist selbst dann, wenn man die fehlende Rechtswegerschöpfung außer Betracht lässt, aus den genannten Gründen in weiten Teilen offensichtlich unzulässig und im Übrigen ersichtlich unbegründet. Das Bundesverfassungsgericht muss nicht hinnehmen, in der Erfüllung seiner Aufgaben durch substanzlose Verfassungsbeschwerden behindert zu werden.

IV.

20

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

21

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten einzulegen.

(2) Die Beschwerde soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Landessozialgericht entscheidet durch Beschluss. Die Zulassung der Berufung bedarf keiner Begründung. Der Ablehnung der Beschwerde soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil rechtskräftig.

(5) Läßt das Landessozialgericht die Berufung zu, wird das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Darauf ist in dem Beschluß hinzuweisen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.