Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Sept. 2011 - 11 Sa 198/11

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2011:0922.11SA198.11.0A
bei uns veröffentlicht am22.09.2011

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.02.2011, Az.: 3 Ca 658/10, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten vorliegend im Berufungsverfahren über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch eine fristlose Kündigung vom 03.05.2010 (Bl. 57 d.A.) oder eine zuvor am 15.03.2010 ausgesprochene hilfsweise ordentliche Kündigung (Bl. 14 d.A.).

2

Der 44-jährige, verheiratete, zwei Kindern unterhaltspflichtige Kläger ist seit dem 01.05.2005 auf Basis des Anstellungsvertrages vom 16.11.2004 (Bl. 7-13 d.A.) als Leiter der Patentabteilung der Beklagten in deren Hauptsitz in Ns. mit einem Bruttojahreseinkommen von 124.700,00 EUR zuzüglich Tantieme beschäftigt. Der Kläger ist studierter Physiker.

3

Dem Kläger ist zur Ausübung seiner Tätigkeit Handlungsvollmacht erteilt. Er berichtet direkt an den Vorstand Technik und Entwicklung. Ihm sind in seiner Abteilung zwei Arbeitnehmer unterstellt. Einstellungs- und Entlassungsbefugnis hat der Kläger nicht. An den letzten Betriebsratswahlen hat der Kläger nicht teilgenommen.

4

Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 16.11.2004 enthält in § 12 die Vereinbarung einer beiderseitigen Kündigungsfrist nach Ablauf der Probezeit von sechs Monaten zum Quartalsende.

5

Die Beklagte, die zu den führenden europäischen Anbietern von Haushalts- und Badezimmerprodukten mit den Marken Lh., O. Backgeräte, S. und K.W. zählt, beschäftigt an ihrem Standort Ns. mehr als 10 Arbeitnehmer ohne Hinzurechnung der Auszubildenden.

6

Im Jahre 2008 beabsichtigte das mittlerweile verkaufte Tochterunternehmen der Beklagten K.W. eine Duschabtrennvorrichtung auf den Markt zu bringen. Daher fragte deren Geschäftsführer, Herr Kr., am 31.10.2008 bei dem Kläger telefonisch an, welche Schutzrechte bezüglich eines Duschrollos der Fa. e. bestünden.

7

Mit E-Mail vom 03.11.2008 (Bl. 494 d. A.) teilte der Kläger Herrn Kr. mit, es bestünden beispielsweise bezogen auf ein Eckgetriebe und einen Fallstab Patente zugunsten eines Herrn Os..

8

Nachfolgend wandte sich Frau A. H., Designerin der K.W., mit E-Mail vom 12.01.2009 (Bl. 493 d. A.) wie folgt an den Kläger:

9

"Guten Tag Herr Dr. C.,

vor einiger Zeit hatte Herr Kr. bei Ihnen angefragt, inwieweit das Duschrollo von e. unter Gebrauchsmusterschutz steht.

Wir haben nun einige konkrete Daten, wie das K.W. Duschrollo aussehen kann.

Anbei die Spezifikation bzw. die Gegenüberstellung zu dem Duschrollo, welches bereits von e. im Handel vertrieben wird.

        

Könnten Sie bitte überprüfen, ob wir ein Duschrollo gemäß geänderter Spezifikation in den Handel bringen können.

        

Mit freundlichen Grüßen

A. H."

10

Dieser E-Mail beigefügt war eine Zeichnung des Eckduschrollos, bei dem die beiden Rollen der Duschrollos über Eck mit einem Getriebe verbunden waren.

11

Mit E-Mail vom 29.01.2009 (Bl. 493 d. A.) erwiderte der Kläger (auszugsweise) wie folgt:

12

"Hallo Frau H.,

der einzige Unterschied - außer dem Weglassen der Deckel 8 und 11 - besteht offenbar darin im Eckgetriebe andere Einsatzstücke zu verwenden, nämlich Kegelräder statt Kronräder. Aus meiner Sicht fällt der Vorschlag des Lieferanten trotzdem glatt in den Schutzbereich des erteilten Patentes DE 198 14 391 C 1 von Herrn Os.; denn auf die Art der Zahnräder kommt es bei dem Patent gar nicht an.

        

Um es ganz deutlich zu sagen: Hier besteht die Gefahr geradewegs in eine Patentverletzung zu laufen….

        

Ich spinne mal ein wenige herum: Wäre es denkbar, statt der Zahnräder eine biegsame Welle (z.B. einen Schlauch) einzubauen, der die Kräfte von der einen auf die andere Rollseite überträgt? Damit wäre man erst mal um das Patent von Herrn Os. herum, was nicht heisst, dass es nicht noch andere entgegenstehende Schutzrechte gibt."

13

Am 23.02.2009 bedankte sich Frau H. per E-Mail (Bl. 421 und 422 d. A.) unter dem Betreff "Spezifikation Duschrollo mit Antrieb biegsame Welle", beim Kläger für die Unterstützung bei der Entwicklung. Der E-Mail im Anhang beigefügt war eine Abbildung einer flexiblen Welle, welche das Erstellungsdatum 06.02.2009 trägt.

14

Diese E-Mail leitete der Kläger am gleichen Tage (Bl. 421 d. A.) an den Entwicklungsleiter der Beklagten, Herrn F., weiter, der sie unverzüglich an den Mitarbeiter G. übersandte. Herr G. verfasste unter dem Datum vom 25.02.2009 ein sogenanntes Skizzenheft (Bl. 423, 424 d. A.), das mehrere Varianten der Kraftübertragung von einer auf die andere Rolle vorsah (Bl. 424 d. A.). Unter Variante 1 war eine Bewegungsübertragung mittels Bautenzug erwähnt.

15

Mit Datum vom 17.04.2009 erstellte der Kläger eine schriftliche Erfinderanmeldung nebst Beschreibung entsprechend der Konzernrichtlinie der Beklagten, welche die Pflicht zur unverzüglichen Anmeldung von Erfindungen durch Arbeitnehmer vorsieht. Diese Anmeldung wurde am 21.04.2009 durch Frau B., eine frühere Mitarbeiterin des Klägers, an den damaligen Vorstandsvorsitzender der Beklagten, Herrn Sch., übersandt, der jedoch das Inanspruchnahmeformular ununterschrieben zurückleiten ließ. Weitere Erfinderanmeldungen die Entwicklung eines Eckduschrollos (Duschtrennvorrichtung) betreffend sind im Unternehmen der Beklagten nicht erfolgt.

16

Mit E-Mail vom 11.05.2009 übersandte Herr G. dem Kläger (Bl. 151 d. A.) einige Bilder und Zeichnungen zum Thema Übereckrollo.

17

Am 16.05.2009 meldete der Kläger die Erfindung einer Duschabtrennvorrichtung mittels flexibler Welle zum Patent beim Deutschen Patent- und Markenamt an. Er gab hierbei an, Alleinerfinder zu sein. Mit Datum vom 09.11.2009 erfolgte der Erteilungsbeschluss der Prüfstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes unter dem Aktenzeichen DE 102009021630.8 (Bl. 145 d. A.).

18

Am 30.04.2010 (Bl. 169 bis 182 d. A.) hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat schriftlich zur Kündigung des Klägers wegen der Anmeldung der Duschabtrennvorrichtung zum Patent als Alleinerfinder an. Nachfolgend kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 03.05.2010 (Bl. 57 d. A.), dem Kläger am 05.05.2010 zugegangen, das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos, hilfsweise ordentlich. Hiergegen hat der Kläger mit bei Gericht am 10.05.2010 eingegangenem Schriftsatz Kündigungsschutzklage erhoben.

19

Am 25.03.2010 hat der Kläger gegenüber der Beklagten Ansprüche aus Arbeitnehmererfindung geltend gemacht und die Umschreibung des Patentes bezüglich der Duschabtrennvorrichtung auf seine Person gefordert.

20

Im März 2010 fand zwischen dem Kläger und dem Finanzvorstand der Beklagten, Herrn Dr. Z., nachfolgender E-Mail-Schriftverkehr statt:

21

"Von : Z., Dr. C.-O. [[email protected]]

Gesendet: Mittwoch, 3.März 2010 16:54

An: C., Dr.

Cc: Th., Gg.

Betreff: WG: aktueller Rechtsstreit Fr. / n.

        

Hallo Herr C.,

... hier nun Teil 2: “aktueller Rechtsstreit Fr. / n.“

1. wie Sie unschwer dem Betreff entnehmen können handelt es sich bei meiner Mail „nur“ um die aktuelle Sache; die “Altlast“ mit dem Lizenzvertrag USA habe ich damit natürlich NICHT an mich gezogen und ist folgerichtig unverändert bei Ihnen angesiedelt.

(Ich komme doch nicht im Entferntesten auf die Idee Ihre offenen Themen aus 2008 (!) an mich zu ziehen und selbst lösen zu wollen; dazu fehlt mir jegliches Detailverständnis der Vorgänge, der juristische Hintergrund sowie, viel wichtiger, die grundsätzliche Motivation).

        

2. da Prof. Hs. ebenfalls beim Übertrag Ihrer Akten vom „Lizenzvertrag USA“ von Ihnen offenbar keine Kenntnis von diesem Vorgang erlangt hat, liegt hier ein weiterer Grund vor, weshalb dieser Vorgang unverändert bei Ihnen verblieben ist.

        

Anyway, jetzt hat V. das Thema nachträglich in den Vertragsentwurf eingebracht und wir müssen sehen, was noch zu machen ist.

        

Schöne Grüsse

C. Z. 

22

Von : Z., Dr. C.-O.

Gesendet: Mittwoch, 3.März 2010 17:35

An: C., Dr.

Cc: Th., Gg.

Betreff: AW: K0096; Stielverbinder

        

Hallo Dr. C.,

        

Ich habe da nichts verwechselt; Sie müssen sich auf folgenden Gedankengang einlassen:

        

1. Sie sind als unser Patentanwalt für alle Themen Patente betreffend zuständig.

2. Lediglich den aktuellen Fr. / n. habe ich angesichts der zunehmend negativ erschienene Erfolgsaussichten i.V.m. mit der Streitsumme mich gezogen (siehe meine 2. Mail von heute)

23

Von : C., Dr.

Gesendet: Mittwoch, 3.März 2010 18:00

An: Z., Dr. C.-O.

Betreff: AW: K0096; Stielverbinder

        

Sehr geehrter Herr Dr. Z.,

        

durch bereits im Ansatz falsche Mengenlehren wird weder das Leben einfacher, noch werden objektiv falsche Behauptungen richtig.

        

Tatsache ist u.a., dass ich mich – aus äußerst guten Gründen – ganz explizit und schriftlich gegen die Beauftragung von Prof. Hs. ausgesprochen hatte. Das – und weiteres – passt nicht zu der Tatsache, dass Herr Prof. Hs. offenbart beauftragt ist, Lh. gegenüber Metaform zu vertreten, obwohl ich – der nach Ihren Ausführungen angeblich für „alle Themen Patente betreffend zuständig“ bin – ihn nicht beauftragt habe!

        

Mit freundlichen Grüßen

C.    

24

Von : Z., Dr. C.-O. [[email protected]]

Gesendet: Mittwoch, 3.März 2010 18:08

An: C., Dr.

Cc: Th., Gg.

Betreff: AW: K0096; Stielverbinder

        

Hallo Herr Dr. C.,

        

Da kann ich Sie beruhigen; ich habe Prof. Hs. tatsächlich nicht mit der Übernahme des Falles Metaform beauftragt; wohl aber mit der Beschaffung eines Zweitgutachtens zur patentrechtlichen Situation.

        

Dieser Ball bleibt nach wie vor in Ihrem Spielfeld.

        

Noch einen schönen Abend

C. Z. 

25

Von : C., Dr.

Gesendet: Donnerstag, 4.März 2010 17:02

An: Z., Dr. C.-O.

Betreff: WG: aktueller Rechtsstreit Fr. / n.

        

Sehr geehrter Herr Dr. Z.,

        

anlässlich der gestrigen Diskussion habe ich die Korrespondenz durchgesehen, die hinsichtlich der Forderung von Fr. (!) – also hinsichtlich genau der Angelegenheit, die Sie nach eigenem Bekunden an sich gezogen haben – geführt wurde. Aus dieser Korrespondenz gehen unmittelbar und eindeutig die Vorgänge hervor, die Sie nach Ihren gestrigen Angaben bei Ihren Verhandlungen „nicht mehr auf dem Schirm“ hatten. Dem Vorstand liegen Kopien vor. Meine Schreiben wurden in Abstimmung mit dem Vorstand verschickt. Ich weise insbesondere auf meine Schreiben vom 18.08.2008 und 13.10.2008 sowie auf die Schreiben der Gegenseite vom 15.09.2008 und 22.10.2008 hin. Ich selbst habe Sie in der Sitzung am 07.12.2008 über diese Vorgänge ausführlich informiert; am 08.12.2009 per E-Mail.

        

Außerdem hat der Rechtsanwalt, von dem Sie sich seit November in dieser Sache ausführlich beraten lassen, nachweislich am 02.12.2009 Kopien dieser Schreiben erhalten. Insoweit ist Ihre Behauptung, Herr Hs. habe „beim Übertrag (meiner) Akten“ keine Kenntnis erlangt, schlicht unwahr!

        

Ganz offensichtlich haben Sie vor der Aufnahme der Lizenzverhandlungen weder die wenigen bis dahin ausgetauschten Schreiben gelesen, noch hat Ihnen Ihr externer Berater einen Hinweis auf die „von Ihrem Schirm verschwundenen“ Vorgänge gegeben.

        

Damit ist wohl – auch ohne Mengenlehrenbetrachtungen und Lebensvereinfachungsversuche – zumindest dieser Detailausschnitt der ganzen Angelegenheit eindeutig und abschließend geklärt.

        

Bemerkenswert finde ich Ihr Eingeständnis, dass Ihnen in Bezug auf meine Themen „...jegliches Detailverständnis der Vorgänge und der juristische Hintergrund...“ fehlt. Der oben genannte Vorgang ist – neben anderen – ein sehr illustrativer Beleg für die Richtigkeit dieser Einsicht."

26

Die Beklagte nahm die Äußerungen des Klägers in der E-Mail vom 04.03.2010 zum Anlass unter dem Datum vom 12.03.2010 (Bl. 139 d. A.) den bei ihr gebildeten Betriebsrat zu einer außerordentlichen, hilfsweise fristgerechten Kündigung anzuhören. Nachdem der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung widersprochen hatte, kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 15.03.2010, dem Kläger am 16.03.2010 zugegangen, das Arbeitsverhältnis der Parteien fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30.09.2010. Gegen diese fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung ging der Kläger mit Kündigungsschutzklage vom 18.03.2010, beim Arbeitsgericht Koblenz am gleichen Tag per Fax eingegangen, vor.

27

Mit Teil-Urteil vom 19.08.2010 (Bl. 354 bis 372 d. A.) hat das Arbeitsgericht im hiesigen Verfahren die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 15.03.2010 festgestellt. Dieses Teil-Urteil ist rechtskräftig.

28

Das Arbeitsgericht hat am 04.11.2010 (Bl. 445 bis 458 d. A.) Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin R. und H.. Auf die Vernehmung des Zeugen G. wurde allseits verzichtet.

29

Der Kläger hat erstinstanzlich verkürzt dargestellt vorgetragen,
er habe die Duschabtrennvorrichtung zu Recht als Alleinerfinder zum Patent angemeldet. Die Beklagte habe einen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten durch die Patentanmeldung als Alleinerfinder nicht bewiesen. Die Aussage des Zeugen R. sei insgesamt unergiebig. Die Zeugin H. sei nicht glaubhaft. Gegen ihre Behauptung, schon im Jahre 2008 sei dem Kläger die Erfindung mitgeteilt worden, sprächen insbesondere die E-Mails vom 12.01.2009 und 29.01.2009.

30

Die Anhörung des Betriebsrates zur Kündigung vom 03.05.2010 sei fehlerhaft. Dem Betriebsrat hätte der gesamte E-Mail-Verkehr den Vorgang betreffend vorgelegt werden müssen, insbesondere die E-Mail des Klägers vom 29.01.2009. Darüber hinaus hätte der Betriebsrat darüber informiert werden müssen, dass Herr G. im Auftrag des Klägers und auf Vermittlung von Herrn F. die Machbarkeit einer Idee des Klägers geprüft habe. Die Anhörung des Betriebsrates sei auch erforderlich, da er kein leitender Angestellter sei. Alle Patentangelegenheiten habe er mit dem Vorstand abstimmen müssen. Im Hinblick auf das Personal habe er weder Einstellungs-, noch Entlassungs-, noch Versetzungsbefugnis gehabt.

31

Die Kündigung vom 15.03.2010 sei als ordentliche Kündigung ebenfalls unberechtigt, da der Kläger Herrn Dr. Z. nicht beleidigt habe. Eine Pflichtverletzung läge daher nicht vor. Zumindest hätte es einer vorherigen Abmahnung bedurft. Auch die Anhörung des Betriebsrates zur Kündigung vom 15.03.2010 sei fehlerhaft. Insbesondere da diesem bezüglich der behaupteten Ermahnungen vom 06.11.2009 und 07.05.2009 der tatsächliche Inhalt der zum Anlass genommenen Gespräche nicht mitgeteilt worden sei.

32

Der Kläger beantragte erstinstanzlich,

33

es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 15.03.2010, zugegangen am 16.03.2010, nicht zum 30.09.2010 beendet worden ist,

34

es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 24.03.2010, zugegangen am 24.03.2001, nicht zum 30.09.2010 beendet worden ist,

35

es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung vom 03.05.2010, zugegangen am 05.05.2010, nicht beendet worden ist,

36

es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 03.05.2010, zugegangen am 05.05.2010, nicht zum 31.12.2010 beendet worden ist.

37

Die Beklagte beantragte,

38

Klageabweisung.

39

Die Beklagte hat vorgetragen,
allenfalls sei der Kläger Miterfinder der Duschabtrennvorrichtung, deren Entwicklung Ende 2008/Anfang 2009 durch den Betriebsleiter Märkte der K.W., Herrn R. unter Mithilfe der Designerin der K.W., A. H., und Herrn G. erfolgt sei. Der Kläger habe nur die Anmeldung zum Patent koordiniert. Erfinderische Leistungen habe er keine erbracht.

40

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes des Urteils des Arbeitsgerichtes vom 04.11.2010 sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts vom 17.02.2011 (Bl. 581 bis 597 d. A.) Bezug genommen.

41

Mit Teil-Urteil vom 17.02.2011 hat das Arbeitsgericht Koblenz festgestellt, die fristlose Kündigung vom 03.05.2010 habe das Arbeitsverhältnis nicht unverzüglich mit Zugang beendet, auch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 15.03.2010 sei nicht geeignet gewesen, das Arbeitsverhältnis zu beenden.

42

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die außerordentliche Kündigung vom 03.05.2010 sei unwirksam, habe das Arbeitsverhältnis nicht beendet, da es der Beklagten nicht gelungen sei, nachzuweisen, dem Kläger sei bei der Patentanmeldung ein pflichtwidriges Verhalten zur Last zu legen. Es sei nicht bewiesen, der Kläger habe wider besseres Wissen seine Alleinerfindereigenschaft bei der Patentanmeldung angegeben. Erfinder im Sinne des Patentgesetzes sei derjenige, dessen schöpferischer Tätigkeit die Erfindung entspringe. Nicht notwendig sei, zur berechtigten Anmeldung die Erfindung erstmalig gemacht zu haben. Es liege in der Natur der Sache, dass mehrere vergleichbare Ideen ohne Kenntnis des anderen parallel entwickeln könnten. Erfinder im Sinne des Patentgesetzes sei nach § 6 Satz 3 PatG in diesem Falle jedoch nur der, der die Erfindung zuerst anmelde. Nach Vortrag der Beklagten komme nur Herr R. als Erfinder in Betracht. Der Nachweis, der Kläger habe sich bei Patentanmeldung wissentlich eine Idee eines Anderen (R.) zu eigen gemacht bzw. ihm sei offensichtlich erkennbar gewesen, dass weitere Personen Miterfinder dieser Vorrichtung seien, d. h. einen wesentlichen schöpferischen Beitrag geleistet hätten, sei nicht geführt.

43

Der Zeuge R. so das Arbeitsgericht, habe ausgehend vom Stichtag 29.01.2010 (der E-Mail, in der der Kläger die biegsame Welle gegenüber Frau H. erwähnte) keine definitive Aussage über den Zeitpunkt der Mitteilung der Entwicklung einer Betätigung des Eckrollos durch bewegliche Welle an den Kläger vor dem 29.01.2009 treffen können. Vielmehr habe er den Zeitraum der Mitteilung an den Kläger zwischen November 2008 und Frühjahr 2009 eingeordnet.

44

Die Aussage von Frau H., die behauptet habe, dem Kläger seien schon im November oder Dezember 2008 in einer Vielzahl von Gesprächen alle Entwicklungsvarianten der K.W., so auch die einer beweglichen Welle, mitgeteilt worden, hat das Arbeitsgericht für nicht glaubhaft erachtet. Die Zeugin habe nicht näher einordnen können, in welchem Gespräch eine Erörterung der Lösungsmöglichkeit stattgefunden haben solle. Darüber hinaus habe sie sich nicht an die E-Mail des Klägers vom 29.01.2009 erinnern können. Außerdem spräche der Wortlaut der E-Mail des Klägers vom 29.01.2009 ebenfalls dagegen, es sei schon zuvor die Idee der beweglichen Welle seitens der Entwicklungsabteilung der K.W. an den Kläger herangetragen worden. Die Beweisaufnahme habe daher weder ergeben, der Kläger habe sich eine Idee des Herrn R. zu eigen gemacht, noch in Kenntnis der Miterfindereigenschaft Dritter die Patentanmeldung vorgenommen.

45

Auch die Kündigung vom 15.03.2010 könne als ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beenden. Zwar stelle die im E-Mail-Verkehr mit dem Vorstandsmitglied Dr. Z. gewählte Wortwahl des Klägers eine grundsätzlich zur ordentlichen Kündigung berechtigende Pflichtverletzung dar, die Kündigung verstoße jedoch letztendlich gegen das ultima ratio Prinzip. Es hätte der Beklagte oblegen, zuvor eine Abmahnung auszusprechen.

46

Das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.02.2011 ist der Beklagten am 11.03.2011 (Bl. 616 d. A.) zugestellt worden.

47

Mit bei Gericht am 07.04.2011 per Fax eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte Berufung eingelegt (Bl. 666 d. A.) und diese mit am 11.05.2011 per Fax eingegangenem Schriftsatz (Bl. 680 d. A.) begründet.

48

Die Beklagte trägt vor:

49

Unzutreffend sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, der Beklagten sei der Nachweis eines Pflichtverstoßes im Rahmen der Patentanmeldung durch den Kläger nicht gelungen.

50

Nach Anfrage des Herrn Kr. an den Kläger Ende Oktober 2008 und der E-Mail des Klägers mit Hinweis auf die Schutzrechte des Herrn Os. Anfang November 2008 seien die Techniker der K.W. (darunter Herr R. und Frau H.) durch Herrn Kr. mit der Suche nach Entwicklungslösungen, die nicht die Schutzrechte des Herrn Os. verletzen würden, beauftragt worden. Im November 2008 seien daher nach Recherche bei der K.W. unterschiedliche Möglichkeiten, wie Zahnrad, Kardanwelle aber auch flexible Welle (Dremel) erörtert worden. Ende November, Anfang Dezember 2008 habe Frau H. den Kontakt mit dem Kläger zur patentrechtlichen Abklärung der entwickelnden Lösung in mehreren Telefonaten hergestellt. Im Rahmen dieser Telefonate sei der Kläger über alle drei Lösungsmöglichkeiten, so auch ausdrücklich über den Einsatz einer biegsamen Welle unterrichtet worden.

51

Die Angaben der Zeugin H. seien auch nicht unglaubwürdig. Die Zeugin H. habe im Rahmen ihrer Zeugenaussage die Historie der biegsamen Welle lückenlos und widerspruchsfrei auch im Vergleich zur Aussage des Zeugen R. und den eingereichten Unterlagen dargestellt. Gravierende Erinnerungslücken habe es nicht gegeben. Frau H. habe auch ausreichende Angaben zum Inhalt der mit dem Kläger geführten Telefongespräche im Kalenderjahr 2008 gemacht. Daher sei deren zeitliche Einordnung und mithin auch die Tatsache der Vermittlung der Idee der biegsamen Welle an den Kläger im Jahr 2008 ohne weiteres glaubwürdig möglich. Da Herr R. die Erfindung schon im Jahre 2008 gemacht habe, sei objektiv nicht nachvollziehbar, wieso Herr R. und Frau H. den Kläger, den sie ja ausschließlich zur Abklärung der patentrechtlichen Fragen bereits im November 2008 kontaktiert hätten, nicht auch unmittelbar über alle drei Lösungsmöglichkeiten informieren sollten. Frau H., in Übereinstimmung mit Herrn R., habe mehrfach betont, dem Kläger seien telefonisch alle drei Entwicklungsalternativen vorgestellt worden, jeweils immer und ausschließlich, im Hinblick auf die Verletzung möglicher bestehender Schutzrechte. Dies sei nachvollziehbar auch der einzige Gesprächsinhalt der Telefongespräche mit dem Kläger gewesen. Es sei daher nicht erkennbar, welche sonstigen sogenannten Erinnerungspunkte das Arbeitsgericht fordere. Frau H. sei nach sonstigen Erinnerungspunkten vom Arbeitsgericht auch nicht befragt worden. Nicht zutreffend sei die Annahme, die Glaubwürdigkeit der Zeugin H. werde dadurch erschüttert, dass sie sich nicht habe an die E-Mail vom 29.01.2009 erinnern können. Frau H. habe im Rahmen ihrer Zeugenvernahme bekundet, die Lösungsalternative Zahnrad sei aufgrund bestehender Schutzrechte verworfen worden. Genau dies ergäbe sich jedoch aus der E-Mail des Klägers vom 29.01.2009. Frau H. habe sich sehr wohl an die E-Mail des Klägers erinnern können. Das Gericht habe es auch verabsäumt, der Zeugin die E-Mail vom 29.01.2009 vorzuhalten. Der Nachsatz des Klägers in der E-Mail vom 29.01.2009 sei für Frau H. irrelevant gewesen, weil dieser keine neue Idee beinhaltet habe, vielmehr seien alle Entwicklungsalternativen schon in den gemeinsamen Telefongesprächen im Jahre 2008 durchgesprochen worden.

52

Im Rahmen Betriebsratsanhörung habe die Beklagte mit schriftlicher Anhörung vom 30.04.2010 aus ihrer subjektiven Sicht den gesamten Kündigungssachverhalt hinsichtlich der Patentanmeldung, Verwendung der Erfindung biegsamer Welle, dargestellt. Diese schriftlichen Ausführungen seien auch noch einmal nachfolgend mündlich erläutert worden.

53

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts müsse dem Kläger auch wegen seiner E-Mail vom 04.03.2010 keine Abmahnung ausgesprochen werden. Der ultima ratio Grundsatz sei mit der Kündigung vom 15.03.2010 nicht verletzt.

54

Auch das Arbeitsgericht sei von unangemessener Wortwahl und grundsätzlicher Eignung zur Kündigung ausgegangen. Es habe jedoch unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger nicht rein einzelfallbezogen Herrn Dr. Z. Inkompetenz vorgeworfen, sondern ein generelles und pauschal vernichtetes Urteil über die Kompetenz des Dr. Z. gefällt habe. Dies habe er überlegt getan und damit eine schwerwiegende Ehrverletzung verwirklicht. Der Kläger habe nicht damit rechnen können, ein derartig schwerer Verstoß gegen seine Verhaltenspflichten werde geduldet. Umstände, die annehmen ließen, der Kläger habe annehmen dürfen, sein Verhalten werde von Arbeitgeber als nicht bestandsgefährdend aufgefasst, lägen nicht vor. Da die Beklagte dem Kläger mit den zuvor ausgesprochenen Ermahnungen sein Fehlverhalten auch mehrfach vor Augen geführt habe, sei eine Abmahnung nicht mehr erforderlich.

55

Auch zu dieser Kündigung sei der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden. Insbesondere sei im der gesamte relevante E-Mailverkehr übergeben und die Gründe und die Umstände der Ermahnungen mitgeteilt worden.

56

Letztlich komme es auf die Frage der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung nicht an, der Kläger sei leitender Angestellter.

57

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

58

das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17. Februar 2011 (Aktenzeichen 3 Ca 658/10) wird aufgehoben und die Klage abge-wiesen.

59

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

60

die Berufung zurückzuweisen.

61

Der Kläger trägt vor:

62

Falsch sei die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe bei Anmeldung des Patents einen Vertragsverstoß begangen. Der Kläger habe die Idee der biegsamen Welle erstmals am 29.01.2009 in seiner E-Mail an Frau H. mitgeteilt. Die von der Beklagten aufgestellte Behauptung Herr R. und Frau H. hätten dem Kläger im November 2008 bzw. Dezember 2008 die alternative Lösung einer biegsamen Welle vorgetragen, sei falsch. Telefonate dieses Inhaltes habe es nicht gegeben. Dies belege letztendlich auch die E-Mail von Frau H. vom 12.01.2009, auf die der Kläger am 29.01.2009 geantwortet habe. In der E-Mail vom 12.01.2009 nehme Frau H. Bezug auf eine Anfrage von Herrn Kr. vom 31.10.2008. Telefongespräche im Monat November und Dezember 2008 würden in dieser E-Mail nicht erwähnt. Außerdem sei Gegenstand der E-Mail vom 12.01.2009 von Frau H. die Frage der Umgehung der Schutzrechte des Herrn Os. durch eine Zahnradlösung. Gegen die Behauptung der Beklagten spräche auch das Skizzenheft der Beklagten vom 25.02.2009, das eine Vielzahl von Alternativen aufführe. Daher sei die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichtes zutreffend. Der Vorwurf der Beklagten, das Arbeitsgericht habe der Zeugin H. die E-Mail vom 29.01.2009 nicht vorgelegt, sei nicht nachvollziehbar. Einerseits habe die Beklagte die E-Mail vom 29.01.2009 erst nach dem Termin der Beweisaufnahme zur Akte gereicht, darüber hinaus habe die Zeugin die Existenz einer derartigen E-Mail schon im Beweistermin bestritten.

63

Die Glaubwürdigkeit der Zeugin H. sei auch in Zweifel zu ziehen, da sie sich weder an konkrete Daten etwaiger behaupteter Telefonate erinnern könne noch an das Antwortschreiben des Klägers vom 29.01.2009 auf Ihre E-Mail vom 12.01.2009.

64

Die Aussage des Zeugen R. sei erkennbar wenig ergiebig. Dieser habe den Zeitpunkt der behaupteten Kenntnisvermittlung in die Zeit zwischen November 2008 und Frühjahr 2009 gelegt.

65

Letztlich sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger die von ihm behauptete Erfindung der Duschtrennvorrichtung mit beweglicher Welle schon am 31.10.2008 gemacht habe. An diesem Tag habe er im Rahmen eines privaten Treffens mit den Herren Dr. Fz. und Gz. im Einschlag eines Buches mit dem Namen "Big Business und Big Bang", das er Herrn Dr. Fz. überlassen habe, am Beispiel dieser Entwicklung die Grundzüge des gewerblichen Schutzrechtes erläutert.

66

Da der Kläger kein leitender Angestellter sei, folge die Unwirksamkeit beider Kündigungen aufgrund unzureichender Anhörung des Betriebsrates. Die Beklagte habe den Betriebsrat nicht ausreichend informiert. Der Anhörung zur Kündigung vom 03.05.2010 sei nicht der gesamte E-Mail-Verkehr den Vorgang betreffend, insbesondere nicht die E-Mail des Klägers vom 29.01.2009 beigefügt gewesen. Auch die Anhörung zur Kündigung vom 15.03.2010 habe nicht den gesamten E-Mail-Verkehr enthalten, insbesondere sei der tatsächliche Inhalt der Gespräche die Anlass der Ermahnungen vom 06.11.2009 und 07.05.2009 waren nicht mitgeteilt worden.

67

Die Beklagte erwidert,

68

der neue Tatsachenvortrag des Klägers zur Erfindung der Duschtrennvorrichtung mit biegsamer Welle nach nunmehr insgesamt 1 ½ jähriger Verfahrensdauer eröffne Widersprüche, die diesen unglaubwürdig machten. So sei nicht nachvollziehbar, wieso der Kläger, bei Vorlage der Idee zur biegsamen Welle in ausgereifter Form am 31.10.2008, diese nicht am 03.11.2008 (drei Tage später) Herrn Kr. mitgeteilt habe. In der E-Mail vom 03.11.2008 gehe der Kläger konkret auf bestehende Schutzrechte von Herrn Os. ein und behaupte, weitere Schutzrechte bezüglich besonderer Details (z.B. Eckgetriebe) noch nicht im Einzelnen geprüft zu haben. Wieso der Kläger erst Ende Januar 2009 Frau H. auf diese Idee hingewiesen habe, sei dann ebenfalls nicht nachvollziehbar. Da der Kläger stets darauf hingewiesen habe, Arbeitnehmererfindungen seien unverzüglich zu melden gelte gleiches für den Abgabetermin der Arbeitnehmererfindung am 17.04.2009.

69

Die Beklagte rege an neben dem vom Kläger benannten Dr. Fz. auch den weiteren vom Kläger benannten Gast des Abends Herrn Gz. zu vernehmen.

70

Der Kläger erwidert abschließend wie folgt:

71

Die Tatsache der Erfindung am 31.10.2008 stehe nicht im Widerspruch zur E-Mail vom 03.11.2008, denn der Kläger habe am Beispiel der biegsamen Welle nur die mögliche Umgehung eines Patentes erläutert. Ob eine biegsame Welle patentgeschützt sei, habe der Kläger vorab nicht geprüft. Auf Anfrage des Herrn Kr. habe der Kläger daher nur auf die Patente des Herrn Os. hingewiesen. Als später die K.W. das Projekt weiterverfolgte, habe er dann im Januar auf die Möglichkeit einer biegsamen Welle hingewiesen, nachdem die alternativen Vorschläge der K.W. nach Prüfung weiterhin mit Patenten kollidiert seien.

72

Für den weiteren Sachvortrag der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.09.2011 verwiesen.

Entscheidungsgründe

73

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 513, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden.

74

Die Beklagte hat nach Zustellung des Teil-Urteiles des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.02.2011 am 11.03.2011 innerhalb der Monatsfrist des § 64 Abs. 2 ArbGG Berufung eingelegt und diese auch innerhalb eines weiteren Monats mit Gerichtseingang 11.05.2011 begründet.

I.

75

Die zulässige Berufung ist jedoch nicht begründet. Sie hat in der Sache keinen Erfolg.

76

Das Arbeitsgericht hat in seinem Teil-Urteil vom 17.02.2011 der Klage, soweit sie Gegenstand des Teil-Urteiles war, zu Recht stattgegeben. Die Angriffe der Beklagten gegen das arbeitsgerichtliche Urteil bleiben erfolglos. Weder die außerordentliche Kündigung vom 03.05.2010 noch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 15.03.2010 haben das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst. Dies hat das Arbeitsgericht im Ergebnis und in der Begründung zutreffend festgestellt. Die Berufungskammer folgt den ausführlich und sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt diese hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest.

77

Im Einzelnen:

78

1. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 03.05.2010 war nicht geeignet das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 626 BGB zu beenden.

79

a) Der Kläger hat die Kündigung vom 03.05.2010 mit bei Gericht am 10.05.2010 eingegangener Kündigungsschutzklage fristgerecht innerhalb der Dreiwochenfrist des §§ 4, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG angegriffen, die Kündigung war daher an den Voraussetzungen des § 626 BGB und auch des § 102 BetrVG zu messen.

80

aa) Es kann jedoch offen bleiben, ob die Beklagte ihren Betriebsrat anhören musste, weil der Kläger kein leitender Angestellter i.S.v. § 5 BetrVG ist. Genauso unentschieden bleiben kann, ob die vorsorglich durchgeführte Betriebsratsanhörung gemäß § 102 Abs.1 S.3 BetrVG unwirksam ist, da die Beklagte bewusst den Kläger entlastende Umstände ( z.B. E-Mail vom 29.01.2009) dem Betriebsrat nicht mitgeteilt hat. Der Kündigung liegt schon keine Pflichtverletzung i.S.v. § 626 Abs.1 BGB zugrunde.

81

bb) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden, wenn dem Kündigungsberechtigten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist (vorliegend nach § 12 des Arbeitsvertrages zum 31.12.2010) unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann. Darüber hinaus hat der in diesem Sinne Kündigungsberechtigte die Kündigungsausspruchsfrist des § 626 Abs. 2 BGB einzuhalten.

82

Die Prüfung, ob ein bestimmter Lebenssachverhalt einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellt, erfolgt im Rahmen einer abgestuften Prüfung im Wege zweier systematisch selbständiger Abschnitte (vgl. BAG 26.03.2009 - 2 AZR 953/07 - AP BGB § 626 Nr. 220). Auf erster Stufe ist zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt unter Außerachtlassung der besonderen Umstände des Einzelfalles an sich geeignet sein kann, einen wichtigen Grund abzugeben. Dabei bedarf es dem Grunde nach zur Verwirklichung eines wichtigen Grundes keines schuldhaften Verhaltens. Im Rahmen der Prüfung verhaltensbedingter Gründe wird hier jedoch wegen der notwendigen Interessenabwägung in der Regel nur bei schuldhaftem vorwerfbaren Verhalten ein wichtiger Grund anzunehmen sein (BAG 14.02.1996 - 2 AZR 274/95 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 26; 20.11.1997 - 2 AZR 643/96 - AP KSchG 1969, § 1 Nr. 43). Geht der Arbeitnehmer trotz eines objektiven Vertragsverstoßes von der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens aus, ist Verschulden zu verneinen, wenn ein unvermeidbarer Verbotsirrtum vorlag. Bei vermeidbaren Verbotsirrtum ist grundsätzlich Verschulden anzunehmen und der Grad der Fahrlässigkeit im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen.

83

Spricht der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung aus, trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast für die Kündigungsgründe (vgl. BAG 06.08.1987 - 2 AZR 226/87 - AP BGB § 626 Nr. 97). Vom Kündigungsempfänger geltend gemachte Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe sind vom Kündigenden zu widerlegen (BAG 17.06.2003 - 2 AZR 123/02 - AP ZPO 1977 zu § 543 Nr. 13; 06.09.2007 - 2 AZR 264/06 - NZA 2008, 636; 12.05.2010 - 2 AZR 587/08 - AP Nr 67 zu § 15 KSchG 1969). In diesem Falle hat der Kündigungsempfänger im Rahmen abgestufter Darlegungslast die tatsächlichen Grundlagen der Rechtfertigung oder Entschuldigung substantiiert darzulegen, der Kündigende hierauf entsprechend substantiiert zu erwidern und nötigenfalls Beweis anzubieten (BAG 06.08.1987 - 2 AZR 226/87 - AP BGB § 626 BGB Nr. 97; LAG Rheinland-Pfalz 01.10.2008 - 7 Sa 263/08, zitiert nach juris).

84

Ist auf dieser ersten Stufe festgestellt, dass an sich ein zur Kündigung geeigneter tatsächlicher Grund vorliegt, ist auf zweiter Stufe im Rahmen einer abschließenden Interessenabwägung unter Abwägung des Bestandsinteresses des Kündigungsempfängers und des Beendigungsinteresses des Kündigungserklärenden festzustellen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Kündigungserklärenden zumindest bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar ist, wobei die Umstände der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses der Kündigungserklärende zu beweisen hat (BAG 24.11.1983 - 2 AZR 327/82 - AP BGB § 626 Nr. 76; 26.03.2009 - 2 AZR 953/07 - AP Nr 220 zu § 626 BGB jeweils m. w. N.).

85

Ausgehend von diesen Grundsätzen, die auch das Arbeitsgericht zugrunde gelegt hat, hat das Arbeitsgericht zutreffend angenommen, dem Kläger könne nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kein an sich zur Kündigung geeigneter Fehlverhaltenstatbestand zur Last gelegt werden. Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, ist es der Beklagten im Rahmen der Beweisaufnahme nicht gelungen nachzuweisen, der Kläger habe sich pflichtwidrig als Alleinerfinder geriert. Wie das Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf § 6 Abs. 3 PatG zutreffend dargestellt hat, kommt es für die Frage der Vertragswidrigkeit der Patentanmeldung durch den Kläger letztendlich darauf an, ob die Beklagte nachweisen konnte, der Kläger habe keinen schöpferischen Beitrag zur Erfindung geleistet, sich vielmehr ausschließlich Wissen Dritten zu eigen gemacht, ohne dass eine Doppelerfindung vorliegt. Die im Berufungsverfahren erhobenen Behauptung des Klägers außer acht lassend, er habe schon am 31.10.2008 die hier streitgegenständliche Erfindung gemacht, hätte es der Beklagten oblegen, nachzuweisen, dem Kläger sei schon vor dem 29.01.2009 die Erfindung "bewegliche Welle zum Betrieb der Duschtrennvorrichtung" seitens des von der Beklagten behaupteten Erfinders R. oder durch Frau H. zur Kenntnis gebracht worden. Dies, weil aller spätestens mit E-Mail des Klägers vom 29.01.2009 dieser von seiner Seite die Idee der beweglichen Welle den Mitarbeitern der K.W. mitgeteilt hat, in dem er sie gegenüber Frau H. ins Gespräch brachte.

86

Dass der Kläger in diesem Sinne sich eine Erfindung des Herrn R. von der K.W. zu eigen gemacht hat oder aber in Kenntnis der Miterfindereigenschaft Dritter, insbesondere des Herrn R., das Patent angemeldet hat hat die Beklagte wie das Arbeitsgericht zutreffend in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 17.02.2011 (Bl. 22 bis 28 des Urteils, Bl. 603 bis 607 d. A.) festgestellt hat, nicht bewiesen. Die hier nicht zu treffende Feststellung einer etwaigen Doppelerfindung genügt zum Nachweis einer Pflichtverletzung durch den Kläger aufgrund der Regelung in § 6 PatG nicht.

87

(1) Die Beklagte und Berufungsklägerin hat keine ausreichenden und konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenerhebung oder -feststellung des Arbeitsgerichtes begründen könnten (§ 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO). Derartige Zweifel sind vorliegend nicht in ausreichenden Maße ersichtlich.

88

Gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellung begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.

89

Diese mit der Zivilprozessreform im Jahre 2001 eingeführte Bestimmung bedeutet zwar nicht, dass die Prüfungskompetenz des Berufungsgerichtes bezogen auf die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen nur auf Verfahrensfehler in Form einer Revisionskontrolle beschränkt wären. Es kommt jedoch in § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, das Berufungsgericht grundsätzlich an die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen zu binden. Eine erneute Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht ist nach der Gesetzesformulierung die Ausnahme ("soweit nicht …"). Dies war auch die Absicht des Gesetzgebers (vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung, Bundesdrucksache 14/4722, S. 100). Aus den Gesetzesmaterialien folgt, dass die zwecks Entlastung der Berufungsgerichte vorgesehene grundsätzliche Bindung an die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen sich auf solche Tatsachenfeststellungen bezieht, welche die erste Instanz bereits vollständig und überzeugend getroffen hat.

90

Die Anforderungen an die Voraussetzungen einer erneuten Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht dürfen jedoch im Hinblick auf den Grundgedanken der materiellen Gerechtigkeit nicht überspannt werden. Vernünftige Zweifel liegen daher nicht nur dann vor, wenn die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen verfahrensfehlerhaft erhoben worden sind, sondern auch dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Feststellungen unvollständig oder unrichtig sind (BGH 09.03.2005 - VII ZR 2 66/03 - NJW 2005, 972). Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen können sich aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung (BVerfG 12.06.2003 - 1 BVR 2385/02 - NJW 2003, 2534) dann ergeben, wenn das Berufungsgericht das Ergebnis einer erstinstanzlichen Beweisaufnahme anders würdigt, als das Gericht der Vorinstanz. Konkrete Anhaltspunkte, welche die Bindung des Berufungsgerichtes an die erstinstanzliche getroffenen Feststellungen entfallen lässt, können sich auch ergeben, wenn die Beweiswürdigung nicht den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO genügt, weil sie unvollständig oder in sich widersprüchlich ist oder gegen Denk- und Erfahrungsgesetze verstößt (BGH 12.03.2004 - V ZR 257/03 - NJW 2004, 845).

91

Gemäß § 286 Abs. 1 ZPO ist bei umfassender Würdigung der erhobenen Beweise Ziel der Beweiswürdigung die Beantwortung der Frage, ob eine streitige Behauptung als erwiesen angesehen werden kann, d.h. das Gericht von der Wahrheit der behaupteten Tatsache überzeugt ist. Dies ist der Fall, wenn eine Gewissheit besteht, die Zweifeln schweigen gebietet, ohne sie letztendlich vollständig ausschließen zu können. Weniger als Überzeugung von der Wahrheit reicht für das Bewiesensein dabei nicht aus. Ein bloßes Glauben, Wähnen, für wahrscheinlich halten, berechtigt den Richter nicht zur Bejahung des streitigen Tatbestandsmerkmals. Mehr als subjektive Überzeugung ist jedoch letztendlich nicht gefordert. Absolute Gewissheit ist nicht zu verlangen (vgl. Zöller, Kommentar zum ZPO, 27.Auflage, § 286, Rn. 18 und 19).

92

(2) Gemessen an diesen Anforderungen sind Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung nicht begründet. Die Berufungskammer teilt vielmehr die vom Arbeitsgericht vorgenommene Wertung.

93

Das Arbeitsgericht sah die Aussage des Zeugen R. im Hinblick auf das Beweisthema für unergiebig an, selbst wenn man unterstellt, der Zeuge R. habe den Einsatz einer biegsamen Welle zur Verwendung bei Duschabtrennvorrichtungen im November 2008 (ebenfalls) erfunden.

94

Dies weil der Zeuge R. den Zeitpunkt einer etwaigen Kenntnisvermittlung des Einsatzes einer biegsamen Welle seitens der Mitarbeiter der K.W. an den Kläger in den Zeitraum von November 2008 bis Frühjahr 2009 legte. Dem Zeugen war eine genauere Eingrenzung des Zeitraumes im Rahmen der Beweisaufnahme trotz Nachfrage nicht möglich. Die Behauptung des Zeugen er sei sicher in den Telefonaten sei die erste Information über die biegsame Welle von Mitarbeitern der k.W. ausgegangen und nicht vom Kläger, genügt, so zutreffend das Arbeitsgericht, nicht, um zu beweisen, der Kläger habe eine Erfindung des Herrn R. bzw. der K.W. verwendet. Die E-Mail des Klägers vom 29.01.2010, in der dieser seinerseits die biegsame Welle ansprach war nicht an Herrn R., sondern an Frau H. gerichtet, Die Aussagen des Zeugen R. bezogen sich dagegen ausschließlich auf Telefongespräche. Ein sicherer Schluss, die Kenntnis des Klägers von der biegsamen Welle sei durch die Zeugen R. und H. vor dem 29.01.2009 vermittelt worden, läßt die Aussage des Zeugen R. daher nicht zu. Dieser Würdigung und Bewertung der Zeugenaussage des Zeugen R. schließt sich die Kammer an. Die Beweiswürdigung ist frei von Widersprüchen, verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände sind widerspruchsfrei beachtet worden. Das Arbeitsgericht hat die Aussage vollständig seiner Bewertung zugrunde gelegt und als wahr unterstellt. Allein dem Zeugen war eine konkrete Eingrenzung in zeitlicher Hinsicht nicht möglich.

95

Dass die Feststellungen des Arbeitsgerichtes im Hinblick auf die Aussage des Zeugen R. im Urteil vom 17.02.2010 fehlerhaft oder unvollständig seien, hat die Beklagte im Rahmen der Berufung nicht behauptet. Die Beklagte hat sich letztendlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Bewertung des Arbeitsgerichtes hinsichtlich der Aussage der Zeugin H. zutreffend ist.

96

Aus der Aussage der Zeugin H., so das Arbeitsgericht, könne nicht mit hinreichender Gewissheit geschlossen werden, die Behauptung der Zeugin H., die Alternative biegsame Welle sei dem Kläger schon im Jahre 2008 zugetragen worden, sei objektiv tatsächlich zutreffend. Auch bei Annahme, die Aussage entspräche dem subjektiven Tatsachenerinnerungsstand der Zeugin (subjektive Wahrheit) könne keine (ausreichende) Überzeugung gewonnen werden, die zeitliche Einordnung der Zeugin hinsichtlich der Gespräche sei korrekt. Begründet hat das Arbeitsgericht dies damit, dass die Zeugin sich nicht habe erinnern können, in welchen Gesprächen eine Erörterung der Lösungsmöglichkeit tatsächlich konkret erfolgt sei. Sie habe nur bekundet, jedenfalls im Jahre 2008 sei dies erfolgt. Zweifel an der Erinnerungsfestigkeit der Zeugin seien geboten, da die E-Mail des Klägers vom 29.01.2009, in welcher dieser die Lösungsmöglichkeit mit biegsamer Welle aufweise, der Zeugin nicht mehr erinnerlich gewesen sei. Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht angenommen, auch der Wortlaut der E-Mail des Klägers vom 29.01.2009 stehe der Aussage der Zeugin H., schon in 2008 sei Kenntnisvermittlung erfolgt, entgegen.

97

Die Beklagte und Berufungsklägerin hat in der Berufung vorgetragen, die Aussage des Zeugen H. hinsichtlich der zeitlichen Einordnung der Information des Klägers durch Mitarbeiter der K.W. sei zutreffend. Sowohl die Zeugin H. als auch der Zeuge R. hätten die Historie der Entwicklung übereinstimmend widerspruchsfrei geschildert. Erinnerungslücken seien nicht zu Tage getreten. Die Zeugin H. habe in Übereinstimmung mit dem Zeugen R. mehrfach betont, alle drei Lösungsalternativen, so auch die bewegliche Welle, seien wiederholt Gegenstand von Telefongesprächen wegen der Möglichkeit der Verletzung etwaiger Schutzrechte gewesen. Damit habe die Zeugin auch hinreichend detailliert den Inhalt der Gespräche im Jahre 2008 wieder gegeben. Welche weiteren sonstigen Erinnerungspunkte das Arbeitsgericht verlange, sei nicht nachvollziehbar. Es habe die Zeugin auch in der Verhandlung vom 04.11.2010 nicht zu sonstigen Erinnerungspunkten befragt. Fehlerhaft sei die Behauptung, die Zeugin habe sich nicht an die E-Mail des Klägers vom 29.01.2009 erinnert. Vielmehr habe diese doch geäußert, die Lösungsalternative Zahnrad sei aufgrund bestehender Schutzrechte verworfen worden, was sich allerdings aus der E-Mail des Klägers vom 29.01.2009 ergebe. Dass die Zeugin sich an die E-Mail, die ihr nicht vorgehalten worden sei, nicht erinnert habe, sei nachvollziehbar. Die Erfindung sei zuvor schon von Herrn R. gemacht worden, die E-Mail habe daher nichts Neues enthalten.

98

Da Herr R. die Erfindung im November 2008 entwickelt habe, sei objektiv nicht nachvollziehbar, wieso Herr R. und Frau H. den Kläger, den sie ausschließlich zur Abklärung patenrechtlicher Fragen und unstreitig erstmals im November 2008 kontaktiert hätten, nicht unverzüglich über alle drei gefundenen Lösungsmöglichkeiten informiert haben sollten (vgl. Bl. 718 bis 721 d. A.).

99

Die Einwände der Beklagten sind nicht geeignet, die Tatsachenfeststellungen des Arbeitsgerichtes in Zweifel zu ziehen (§ 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO).

100

Soweit die Beklagte einwendet, der Zeugin hätte im Beweistermin vom 04.11.2010 die E-Mail vom 29.01.2009 vorgehalten werden müssen, weist die Kammer daraufhin, dass dies nicht möglich war, da zu diesem Zeitpunkt die Beklagte, in deren Besitz sich die E-Mail befand, diese noch nicht in das Verfahren eingeführt hatte.

101

Die weitere Behauptung, unzutreffend habe das Arbeitsgericht angenommen, die Zeugin H. habe sich an die E-Mail vom 29.01.2009 nicht erinnert, ist falsch. Nach dem Protokoll der Beweisaufnahme vom 04.11.2010 (S. 10, Bl. 454 d. A.) hat die Zeugin auf Nachfrage geäußert, sie könne sich nicht erinnern, der Kläger habe ihr außer der E-Mail mit der Abbildung noch eine weitere E-Mails geschickt. An eine E-Mail, in der der Kläger die Lösungsmöglichkeit einer biegsamen Welle erwähnt habe, könne sie sich nicht erinnern. Sie könne jedoch nicht ausschießen, auch andere E-Mails seitens des Klägers erhalten zu haben. Auf Seite 12 des Protokolls der Beweisaufnahme vom 04.11.2009 (Bl. 456 d. A.) äußerte die Zeugin dann auf die Nachfrage, ob sie auf ihre E-Mail vom 12.01.2009 eine schriftliche Antwort des Klägers erhalten habe, das wisse sie nicht mehr, sie könne jedoch sagen, dass sie vom Kläger in der Regel telefonisch kontaktiert worden sei. In diesem Zusammenhang hat die Zeugin (Bl. 10 des Terminsprotokolls vom 04.11.2010, 454 d. A.) geäußert, soweit sie sich recht erinnere, habe der Kläger sie Ende Januar angerufen und mitgeteilt, die Lösungsmöglichkeit mit dem Zahnrad verletze ebenfalls Schutzrechte. Entgegen der Behauptung der Beklagten, hat daher die Zeugin sehr wohl in dem Beweistermin erklärt, sich an eine E-Mail des Klägers in Antwort auf ihre E-Mail vom 12.01.2009 nicht erinnern zu können. Sie hat vielmehr dargelegt, dass in der Regel der Kontakt telefonisch verlaufen sein soll. Auch die Mitteilung über die Schutzrechtsverletzung im Hinblick auf den Vorschlag mit ihrer E-Mail vom 12.01.2009 habe sie telefonisch vom Kläger erhalten.

102

Soweit die Beklagte den Schluss zieht, die Aussage der Zeugin, ihr sei vom Kläger vermittelt worden, auch das in der E-Mail vom 12.01.2009 angedachte Zahnradmodell verletzte Schutzrechte, zwinge zu dem Schluss, der Zeugin sei auch die E-Mail vom 29.01.2009 erinnerlich gewesen, ist nicht nachvollziehbar. Denn die Zeugin hat in der Beweisaufnahme behauptet, hierüber telefonisch vom Kläger informiert worden zu sein, was auch nach Vortrag des Klägers tatsächlich der Fall war (vgl. Protokoll der Sitzung vom 19.08.2010, Bl. 3, 348 d. A.).

103

Daraus folgend ist auch der Vorwurf der Beklagten, es sei nicht ersichtlich, welche anderen Erinnerungspunkte das Arbeitsgericht abgefragt habe, nicht nachvollziehbar. Die Zeugin hat insgesamt den Ablauf des Erfindungsgeschehens und der Entwicklung der Duschabtrennvorrichtung ohne konkrete, mit Datum versehene Anhaltspunkte geschildert. Auch den Inhalt etwaiger Gespräche, die die Zeugin behauptet hat, hat sie nur thematisch beschrieben, weder zeitlich konkret eingeordnet, noch hinsichtlich einzelner Gespräche nach Wortlaut oder auch konkretem Ablauf weiter differenziert. Ausgehend hiervon hat das Arbeitsgericht gerade auch im Hinblick auf den (teilweise dokumentierten) E-Mail-Verkehr die Zeugin befragt. Ganz konkret bezog sich das Arbeitsgericht auf eine etwaige E-Mail des Klägers im Januar, in der der Kläger eine biegsame Welle als Lösungsmöglichkeit vorgeschlagen hat. Wie zuvor dargestellt, hat die Zeugin Kenntnis von einer derartigen E-Mail insgesamt verneint.

104

Den Schluss des Arbeitsgerichtes, dass dies ein wesentliches Randfaktum sei, das letztendlich im Hinblick auf die Frage des Bewiesenseins im Sinne obiger Definition ausreichender Wahrscheinlichkeit Einfluss nimmt, teilt die Kammer.

105

Der letzte Hinweis der Beklagten, man müsse allein deswegen annehmen, dem Kläger sei schon im November oder Dezember 2008 Kenntnis von der Verwendbarkeit einer biegsamen Welle vermittelt worden, da doch Herr R. die Erfindung schon im November gemacht habe und die Gespräche mit dem Kläger nur den Sinn gehabt hätten, etwaige Schutzrechtsverletzungen zu vermeiden, ist unter Berücksichtigung des vorgelegten E-Mail-Verkehrs nicht überzeugend. Denn hätte die K.W. schon im Rahmen der telefonischen Gespräche im November oder Anfang Dezember 2008 konkret das Lösungsmodell biegsame Welle an den Kläger ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung etwaiger Schutzrechtsverletzungen herangetragen, so ist nicht nachvollziehbar, wieso unter dem Datum vom 12.01.2009, allein Bezug nehmend auf eine E-Mail vom 03.11.2008 und ohne die Erwähnung etwaiger sonstiger Entwicklungsalternativen, eine Anfrage wegen einer Lösung mit einem Zahnradgetriebe erfolgte. Diese E-Mail legt vielmehr nahe, dass zuvor keine explizite Telefongespräche hinsichtlich patentrechtlicher Fragen bezüglich einzelner Entwicklungsalternativen stattgefunden haben. Dafür spricht ebenfalls, wie auch das Arbeitsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung festgestellt hat, nachfolgend die Formulierung des Klägers in seiner E-Mail vom 29.01.2009.

106

Die Einwände der Beklagten im Berufungsverfahren waren daher nicht geeignet, die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichtes in Frage zu stellen.Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Würdigung, die Zeugin habe nicht glaubhaft vermittelt, dem Kläger sei die Idee der beweglichen Welle schon im November oder Dezember 2008 von den Mitarbeitern der K.W. mitgeteilt worden ist daher in sich widerspruchsfrei, verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze und hat alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände in sich widerspruchsfrei berücksichtigt.

107

Nach § 286 Abs. 1 ZPO muss nach Würdigung etwaiger erhobener Beweise Ziel der Beweiswürdigung die Beantwortung der Beweisfrage als erwiesen sein. Dazu genügt nicht, nur ein Maß der Wahrscheinlichkeit erreicht zu haben, dass im Sinne eines nachvollziehbaren Tatsachenverlaufes möglich erscheint. Vielmehr muss das Gericht von der behaupteten Tatsache mit einer Gewissheit ausgehen, die Zweifeln schweigen gebietet, ohne diese letztendlich vollständig auszuschließen. Weniger als Überzeugung reicht dabei jedoch nicht aus. Ein bloßes Glauben, Wähnen, für wahrscheinlich halten berechtigt nicht zur Annahme des Bewiesenseins etwaiger streitiger Tatbestandsmerkmale.

108

Eine derartige Gewissheit konnte, wie zuvor dargestellt, weder erstinstanzlich durch das Arbeitsgericht noch zweitinstanzlich im Rahmen der Würdigung der Aussagen der Zeugen R. und H. gewonnen werden.

109

Daran ändert auch der Einwand der Beklagten, der neue Vortrag des Klägers zur Erfindung schon am 31.10.2008, erschüttere die Glaubwürdigkeit seines bisherigen Vortrages, nichts. Der bisherige Sachvortrag des Klägers und sein neuer Vortrag stehen nicht in einem wechselseitigen Ausschlussverhältnis. Dies behauptet nicht einmal die Beklagte. Diese meint Widersprüche erkannt zu haben, die die Glaubwürdigkeit zu erschüttern geeignet seien. Der Kläger ist dem tatsächlich entgegen getreten.

110

Ist der Vortrag des Klägers die Erfindung schon am 31.10.2008 gemacht zu haben zutreffend, wäre eine spätere gleiche Entwicklung durch Herrn R. irrelevant. Trifft der neue Vortrag des Klägers zum Erfindungsdatum nicht zu, ist sein bisheriges Vorbringen dennoch entscheidungsrelevant. Dies, weil aller spätestens mit E-Mail des Klägers vom 29.01.2009 dieser von seiner Seite die Idee der beweglichen Welle den Mitarbeitern der K.W. mitgeteilt hat. Auch die E-Mail der Zeugin H. vom 12.01.2009 ist dann wie Zuvor dargestellt weiterhin geeignet den Vortrag des Klägers zu stützen. Selbst im Falle der neue Vortag des Klägers zum Erfindungsdatum sei unzutreffend liegen ausreichende objektive Anhaltspunkte vor, die es verbieten ohne Beweisaufnahme, den bisherigen Sachvortrag des Klägers unberücksichtigt lassend, die Behauptung der Beklagten zur Kenntnisvermittlung noch im Jahre 2008, als zutreffend zu unterstellen.

111

Damit steht fest, es ist der Beklagten nicht gelungen nachzuweisen, der Kläger wäre von den Mitarbeitern der K.W. vor dem 29.01.2009 über die Anwendbarkeit einer biegsamen Welle im Hinblick auf die Entwicklung einer Duschtrennvorrichtung informiert worden. Zutreffend ist auch zugleich die Bewertung des Arbeitsgerichtes (Bl. 27 des Urteils vom 17.02.2011 unter Ziffer 3.1, Bl. 606 d. A.), dass dann auch nicht bewiesen ist, der Kläger habe sich eine etwaige Erfindung des Mitarbeiters R. zu eigen gemacht oder von dieser profitiert, was Miterfindereigenschaft bedingen würde. Dass keine Doppelerfindung vorliegt, hat die Beklagte daher ebenfalls nicht bewiesen.

112

Es bleibt daher bei der Feststellung des Arbeitsgerichtes, dass die Kündigung vom 03.05.2010 als außerordentliche Kündigung nicht geeignet war, das Arbeitsverhältnis der Parteien zu beenden.

113

2. Auch die hilfsweise Kündigung der Beklagten vom 15.03.2010 war nicht geeignet das Arbeitsverhältnis der Parteien zu beenden.

114

Die Kammer verweist gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf die ausführlichen rechtlichen Ausführungen des Arbeitsgerichtes im Urteil vom 17.02.2011 (S. 28 bis 33 d. Urteils, Bl. 607 bis 612 d. A.) und macht sich diese ausdrücklich zu eigen.

115

Im Hinblick auf den Vortrag der Beklagten in der Berufungsbegründung gilt nachfolgendes:

116

Die Beklagte wirft dem Kläger eine besonders schwerwiegende Ehrverletzungen durch die E-Mail vom 04.03.2010 vor, da der Kläger Dr. Z. nicht nur im Einzelfall Inkompetenz vorgeworfen hätte, sondern generell und pauschaliert die Behauptung der Inkompetenz des Dr. Z. aufgestellt habe und dies zuletzt in gut überlegter Form. Darüber hinaus sei die E-Mail des Klägers auch verleumderisch, da entgegen der Behauptung des Klägers die Darstellung des Dr. Z. in seiner E-Mail vom 03.01.2010 hinsichtlich des Informationsflusses bezogen auf den Linzenzvertrag USA zutreffend gewesen sei. Umstände, die das Verhalten des Klägers rechtfertigen oder in einem milderen Licht erscheinen lassen könnten, lägen nicht vor. Da der Kläger schon zuvor zweimal ermahnt worden sei, habe er nicht davon ausgehen dürfen, sein Verhalten werde geduldet.

117

Auch unter Berücksichtigung des nunmehrigen Vortrages der Beklagten kommt eine von der Wertung des Arbeitsgerichts abweichende Bewertung des Sachverhaltes nicht in Betracht.

118

a. Die Kammer teilt die Ansicht, dass eine grobe Beleidigung des Dr. Z. nicht vorliegt.

119

Die Formulierung "Insoweit ist Ihre Behauptung, Herr Hs. habe "beim Übertrag (meiner) Akten" keine Kenntnis erlangt, schlicht unwahr ", stellt keinen Vorwurf der Lüge durch Herrn Dr. Z. dar, sondern enthält, Bezug nehmend auf Absatz 1 der E-Mail und die Schilderung der Abläufe zur Übersendung von Akten, eine unterschiedliche Bewertung der Tatsachenabläufe. Ein Vorwurf bewusster Falschdarstellung zur Täuschung über Geschehensabläufe, somit der Lüge, wird mit dieser Formulierung nicht erhoben.

120

Mit dem letzten Absatz der E-Mail vom 04.03.2010 beginnend mit "Bemerkenswert finde ich…" endend mit "…Einsicht" hat der Kläger Herrn Dr. Z. keine allgemeine Inkompetenz bescheinigt. Die Formulierung "Der obengenannte Vorgang ist - neben anderen - ein sehr illustrativer Beleg für die Richtigkeit, diese Einsicht" steht in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Satz zuvor und der E-Mail des Herrn Dr. Z. vom 03.03.10, wo dieser mitteilte, "Ich komme doch nicht im Entferntesten auf die Idee Ihre offenen Themen aus 2008 (!) an mich zu ziehen und selbst lösen zu wollen; dazu fehlt mir jegliches Detailverständnis der Vorgänge, der juristische Hintergrund sowie, viel wichtiger, die grundsätzliche Motivation". Die Bezugnahme lässt eindeutig erkennen, dass sich die Äußerungen des Klägers auf den eingeschränkten Bereich der patentrechtlichen Fragen bezieht und somit keine allgemeine Unterstellung der Inkompetenz beinhaltet. Patentfragen gehören jedoch unstreitig gerade nicht zum Aufgabengebiet des Dr. Z., da ihm nach eigener Aussage hierfür das juristische Fachverständnis fehlt. Ein allgemeiner Inkompetenzvorwurf an Herrn Dr. Z. kann daher in der E-Mail vom 04.03.2010 nicht gesehen werden.

121

b. Zutreffend hat das Arbeitsgericht jedoch festgestellt, allein aufgrund der polemisierenden Wortwahl des Klägers werde der Rahmen des zulässigen Umgangs mit Vorgesetzten, hier einem Vorstandsmitglied überschritten. Eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung liegt vor.

122

Mit dem Arbeitsgericht, auf dessen Darstellung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes Bezug genommen wird (A II 2. b. bb. (1.), Bl.32 des Urteils), ist jedoch die Kammer der Ansicht, im Falle steuerbaren Fehlverhaltens ist grundsätzlich, in Anwendung des Ultima-ratio-Prinzips als tragendem Grundsatz des Kündigungsrechtes, als milderes Mittel vor der Kündigung der Ausspruch einer Abmahnung erforderlich. Die Kammer schließt sich insoweit zur Frage der Notwendigkeit einer Abmahnung im vorliegenden Fall den Ausführungen des Arbeitsgerichtes im Urteil vom 17.02.2011 (A II 2. b. bb. (2.), Bl. 33 des Urteils) an, § 69 Abs.2 ArbGG.

123

In der Berufung wendet die Beklagte noch ein, unberücksichtigt geblieben sei, dass der Kläger die E-Mail wohlüberlegt verfasst habe. Ein Augenblicksversagen läge nicht vor. Dies müsse sich zu Lasten des Klägers auswirken.

124

Nach Ansicht der Kammer ist jedoch zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass der Inhalt der E-Mail vom Kläger nicht an Dritte herangetragen worden ist.

125

Entscheidender Abwägungsgesichtspunkt im Rahmen der Interessenabwägung ist jedoch, die Behauptung der Beklagten, der Kläger sei für zwei Vorfälle, in denen er sich im Ton vergriffen habe und den gebührenden Respekt vor Vorgesetzten habe vermissen lassen, lediglich ermahnt worden. Hat daher die Beklagte auf zwei Vorfälle, die einen vergleichbaren Fehlverhaltenskreis betreffen, jeweils nur mit Ermahnung, somit mit einem arbeitsrechtlichen Mittel, das im Wesentlichen sanktionslos bleibt, reagiert, war für den Kläger nicht absehbar, die Beklagte werde nunmehr bei einem ähnlichen Verstoß unter Auslassung der Stufe der Abmahnung unmittelbar die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht ziehen.

126

Wenn die Beklagte nach einmaliger Ermahnung im zweiten Falle nicht zur Abmahnung greift, sondern erneut unter Verzicht auf die einer Abmahnung zwingend innewohnende Warnfunktion im Hinblick auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses erneut nur eine Abmahnung erteilt, musste der Kläger nicht davon ausgehen, nunmehr für das E-Mail-Schreiben vom 04.03.2011 gleich mit dem Verlust des Arbeitsplatzes sanktioniert zu werden.

127

Im Ergebnis lässt sich daher feststellen, dass die Berufung der Beklagten insgesamt unbegründet war.

II.

128

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO.

III.

129

Gründe gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG die Revision zuzulassen, lagen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Sept. 2011 - 11 Sa 198/11

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Sept. 2011 - 11 Sa 198/11

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Sept. 2011 - 11 Sa 198/11 zitiert 27 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Betriebsverfassungsgesetz


§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unte

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Zivilprozessordnung - ZPO | § 513 Berufungsgründe


(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. (2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt we

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 102 Mitbestimmung bei Kündigungen


(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. (2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kün

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 4 Anrufung des Arbeitsgerichts


Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung er

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 5 Arbeitnehmer


(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäfti

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 15 Unzulässigkeit der Kündigung


(1) Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Gr

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 13 Außerordentliche, sittenwidrige und sonstige Kündigungen


(1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 un

Patentgesetz - PatG | § 6


Das Recht auf das Patent hat der Erfinder oder sein Rechtsnachfolger. Haben mehrere gemeinsam eine Erfindung gemacht, so steht ihnen das Recht auf das Patent gemeinschaftlich zu. Haben mehrere die Erfindung unabhängig voneinander gemacht, so steht da

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Sept. 2011 - 11 Sa 198/11 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Sept. 2011 - 11 Sa 198/11 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2004 - V ZR 257/03

bei uns veröffentlicht am 12.03.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 257/03 Verkündet am: 12. März 2004 W i l m s, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: j

Bundesarbeitsgericht Urteil, 12. Mai 2010 - 2 AZR 587/08

bei uns veröffentlicht am 12.05.2010

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Teilurteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. April 2007 - 4 Sa 851/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 01. Okt. 2008 - 7 Sa 263/08

bei uns veröffentlicht am 01.10.2008

Tenor 1. Die Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23.04.2008, Az. 1 Ca 2225/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Parteien strei
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Sept. 2011 - 11 Sa 198/11.

Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 25. Juli 2016 - 9 Sa 31/16

bei uns veröffentlicht am 25.07.2016

Tenor 1.Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 09.12.2015, Az. 6 Ca 2280/15 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2.Die Revision wird zugelassen. 1T a t b e s t a n d : 2Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltungsan

Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 16. Nov. 2015 - 9 Sa 832/15

bei uns veröffentlicht am 16.11.2015

Tenor 1.Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 15.06.2015, Az.: 4 Ca 137/15 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zu gelassen. 1T a t b e s t a n d : 2Die Parteien streiten über die Wi

Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 24. März 2014 - 9 Sa 1207/13

bei uns veröffentlicht am 24.03.2014

Tenor 1.Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 04.09.2013, Az. 8 Ca 7883/12 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2.Die Revision wird nicht zugelassen. 1T a t b e s t a n d: 2Die Parteien streiten über einen An

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 24. Mai 2012 - 11 Sa 50/12

bei uns veröffentlicht am 24.05.2012

Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.10.2011, Az. 5 Ca 1228/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten über die

Referenzen

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Das Recht auf das Patent hat der Erfinder oder sein Rechtsnachfolger. Haben mehrere gemeinsam eine Erfindung gemacht, so steht ihnen das Recht auf das Patent gemeinschaftlich zu. Haben mehrere die Erfindung unabhängig voneinander gemacht, so steht das Recht dem zu, der die Erfindung zuerst beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet hat.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden. Stellt das Gericht fest, dass die außerordentliche Kündigung unbegründet ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat auf seinen Antrag das Gericht das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzulegen, zu dem die außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde. Die Vorschriften der §§ 10 bis 12 gelten entsprechend.

(2) Verstößt eine Kündigung gegen die guten Sitten, so finden die Vorschriften des § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 und der §§ 10 bis 12 entsprechende Anwendung.

(3) Im Übrigen finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 auf eine Kündigung, die bereits aus anderen als den in § 1 Abs. 2 und 3 bezeichneten Gründen rechtsunwirksam ist, keine Anwendung.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.

(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist;
2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben;
3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist;
4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden;
5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.

(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Für die in Absatz 1 Satz 3 genannten Beamten und Soldaten gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer

1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Teilurteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. April 2007 - 4 Sa 851/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise mit einer Auslauffrist erklärten außerordentlichen Kündigung.

2

Die 1955 geborene Klägerin ist seit September 1992 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin als Sachbearbeiterin tätig. Seit dem Jahr 2002 ist sie Mitglied des Betriebsrats und war seit Mai 2005 bis Anfang 2010 als stellvertretende Betriebsratsvorsitzende von ihrer Arbeitsleistung freigestellt.

3

Während einer Ortsabwesenheit des Betriebsratsvorsitzenden in der Zeit vom 2. bis 5. März 2006 ging im Betriebsratsbüro ein an diesen adressiertes Schreiben ein. Als Absender war die Beklagte angegeben. Das Schreiben enthielt eine Einladung zur nächsten Sitzung des Wirtschaftsausschusses, dessen Mitglied der Vorsitzende war. Beigefügt waren eine Bilanz des Jahres 2005 und Unterlagen zur Unternehmensplanung für das Jahr 2006. Die Klägerin entnahm den Brief dem Postkorb, in den üblicherweise die für den Betriebsrat bestimmten Sendungen eingelegt werden, öffnete den Umschlag, nahm den Inhalt zur Kenntnis und legte den Umschlag unverschlossen samt Inhalt auf den Schreibtisch des Vorsitzenden.

4

Am 6. März 2006 schilderte dieser den Vorfall einem Vorstandsmitglied der Beklagten. Am 13. März 2006 beantragte die Beklagte beim Betriebsrat die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Klägerin, die am 14. März 2006 erteilt wurde. Mit Schreiben vom 16. März 2006 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos und hilfsweise außerordentlich mit Auslauffrist zum 31. August 2006. Sie hielt der Klägerin vor, das Briefgeheimnis verletzt zu haben.

5

Die Klägerin hat Kündigungsschutzklage erhoben und geltend gemacht, ein wichtiger Grund zur Kündigung liege nicht vor. Sie habe in Abwesenheit des Betriebsratsvorsitzenden prüfen müssen, ob der Brief fristgebundene Unterlagen enthalte, und habe ihn zu diesem Zweck geöffnet. Der Umschlag sei weder zugeklebt noch mit einem Vermerk „vertraulich“ oder „nur vom Empfänger zu öffnen“ versehen gewesen. Als sie sich des Inhalts der Sendung bewusst geworden sei, habe sie die Papiere nicht weiter eingesehen, sondern auf den Schreibtisch des Vorsitzenden gelegt. Auf weitere Kündigungsgründe komme es schon deshalb nicht an, weil die Beklagte den Betriebsrat vor deren Einführung in den Prozess nicht erneut um Zustimmung ersucht habe. Soweit die Beklagte sich auf den Verdacht eines Pflichtverstoßes berufe, fehle es an ihrer - der Klägerin - vorherigen Anhörung.

6

Die Klägerin hat - soweit im vorliegenden Verfahren von Bedeutung - beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 16. März 2006 weder mit sofortiger Wirkung noch mit Auslauffrist zum 31. August 2006 aufgelöst worden ist.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Kündigung sei wegen schwerwiegender Vertragspflichtverletzungen der Klägerin gerechtfertigt. Der an den Betriebsratsvorsitzenden gerichtete Brief sei zugeklebt und an die Privatanschrift adressiert gewesen. Das Öffnen der Sendung stelle eine strafbare Verletzung des Briefgeheimnisses dar. Durch ihre Handlung sei die Klägerin an geheimhaltungsbedürftige und wichtige Geschäftsgeheimnisse gelangt, die für sie als Mitglied der Tarifkommission von höchstem Interesse gewesen seien und von denen sie andernfalls erst viel später Kenntnis erlangt hätte. Erst im Lauf des Kündigungsrechtsstreits sei ihr - der Beklagten - bekannt geworden, dass der inzwischen ausgeschiedene Betriebsratsvorsitzende eine Betriebsratssitzung ohne Wissen der Teilnehmer mit einem Tonaufnahmegerät aufgezeichnet habe. Die Gesprächsmitschnitte seien von Dritten auf einen Datenträger kopiert und dem Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) übergeben worden. Dieser habe daraufhin versucht, den Vorsitzenden zum Rücktritt zu bewegen. Für das Kopieren und Weiterleiten der Daten sei die Klägerin verantwortlich, zumindest sei sie dessen dringend verdächtig. Sie habe ein hinreichendes Motiv. Ihr Ziel sei immer gewesen, den Vorsitzenden aus dem Amt zu drängen und dessen Position einzunehmen. Außerdem habe die Klägerin - wie ihr ebenfalls erst nach Ausspruch der Kündigung bekannt geworden sei - bei der letzten Betriebsratswahl aus eigennützigen Motiven eine Wahlbewerberin unter Vorspiegelung falscher Tatsachen dazu veranlasst, sich weiterhin für ein Betriebsratsamt zur Verfügung zu stellen. Im Fehlverhalten der Klägerin liege nicht nur eine Amtspflichtverletzung. Die Klägerin habe zugleich ihre arbeitsvertraglichen (Neben-)Pflichten erheblich verletzt und dadurch das Vertrauensverhältnis der Parteien unwiederbringlich zerstört. Der Betriebsrat sei im Hinblick auf die im Prozess nachgeschobenen Kündigungsgründe nach § 102 BetrVG und damit in ausreichender Weise beteiligt worden.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage einschließlich eines Weiterbeschäftigungsantrags der Klägerin stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags durch Teilurteil zurückgewiesen. Mit ihrer vom Bundesarbeitsgericht zugelassen Revision begehrt die Beklagte weiterhin, die Kündigungsschutzklage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

10

I. Das angefochtene Berufungsurteil ist nicht deshalb aufzuheben, weil das Landesarbeitsgericht über den Kündigungsschutzantrag nicht hätte durch Teilurteil gemäß § 301 ZPO entscheiden dürfen.

11

1. Zwar war im Zeitpunkt der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Kündigungsschutzantrag auch ein zweitinstanzlich gestellter Auflösungsantrag der Beklagten nach §§ 9, 10 KSchG anhängig und kann über einen solchen Antrag grundsätzlich nur gleichzeitig mit ersterem entschieden werden. Getrennte Entscheidungen einmal über die Wirksamkeit der Kündigung, das andere Mal über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses sind regelmäßig unzulässig (Senat 4. April 1957 - 2 AZR 456/54 - BAGE 4, 90; zum Ausnahmefall eines rechtskräftig gewordenen Teilanerkenntnisurteils über die Sozialwidrigkeit der Kündigung: Senat 29. Januar 1981 - 2 AZR 1055/78 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 35, 30; aA etwa APS/Biebl 3. Aufl. § 9 KSchG Rn. 7; Löwisch/Spinner 9. Aufl. KSchG § 9 Rn. 69). Das Landesarbeitsgericht hat aber mittlerweile den Auflösungsantrag der Beklagten durch Schlussurteil vom 22. November 2007 rechtskräftig abgewiesen. Die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen, der die Senatsrechtsprechung vorbeugen will, bestand damit jedenfalls im Zeitpunkt des Revisionsurteils nicht mehr. Unter dieser Voraussetzung kann ein Mangel des Teilurteils als geheilt angesehen werden.

12

2. Die im Schlussurteil getroffene - stattgebende - Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits weiter zu beschäftigen, hat auf die Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag keinen Einfluss.

13

II. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die außerordentliche Kündigung vom 16. März 2006 weder fristlos, noch unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist aufgelöst worden. Tatsachen, die die Beklagte iSv. § 15 Abs. 1 KSchG, § 626 Abs. 1 BGB zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigten, liegen nach Art und Schwere der in Rede stehenden Pflichtverletzungen nicht vor. Eine verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung mit - notwendiger - Auslauffrist kommt von vorneherein nicht in Betracht.

14

1. Nach § 15 Abs. 1 KSchG ist die Kündigung eines Mitglieds des Betriebsrats unzulässig, wenn nicht Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und die nach § 103 BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist.

15

2. Liegt der wichtige Grund, der dem Arbeitgeber iSv. § 15 Abs. 1 KSchG, § 626 Abs. 1 BGB die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht, in einem Verhalten des Betriebsratsmitglieds, muss dieses sich als Verletzung von Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen. Ist dem Betriebsratsmitglied ausschließlich eine Amtspflichtverletzung vorzuwerfen, ist nur ein Ausschlussverfahren nach § 23 Abs. 1 BetrVG möglich. Eine außerordentliche Kündigung kommt dagegen in Betracht, wenn in dem fraglichen Verhalten zugleich eine Vertragspflichtverletzung zu sehen ist. In solchen Fällen ist an die Berechtigung der fristlosen Entlassung allerdings ein „strengerer“ Maßstab anzulegen als bei einem Arbeitnehmer, der dem Betriebsrat nicht angehört (Senat 5. November 2009 - 2 AZR 487/08 - Rn. 30, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 65 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 64; 23. Oktober 2008 - 2 ABR 59/07 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 58 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 25; jeweils mwN).

16

3. Ein bestimmtes Verhalten ist ausschließlich eine Amtspflichtverletzung, wenn das Betriebsratsmitglied lediglich kollektivrechtliche Pflichten verletzt hat. Verstößt das Betriebsratsmitglied stattdessen gegen eine für alle Arbeitnehmer gleichermaßen geltende vertragliche Pflicht, liegt - zumindest auch - eine Vertragspflichtverletzung vor (Senat 5. November 2009 - 2 AZR 487/08 - Rn. 31, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 65 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 64).

17

4. Kommt danach eine Vertragspflichtverletzung in Betracht, ist für die Beurteilung, ob Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber iSv. § 15 Abs. 1 KSchG aus wichtigem Grund zur Kündigung berechtigen, auf die Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist abzustellen. Ist eine Weiterbeschäftigung bis dahin zumutbar, ist die Kündigung unwirksam. Eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist ist gegenüber dem durch § 15 KSchG besonders geschützten Personenkreis ausgeschlossen(Senat 17. Januar 2008 - 2 AZR 821/06 - Rn. 25 ff., BAGE 125, 267).

18

5. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Öffnen des an den Betriebsratsvorsitzenden gerichteten Briefs kein wichtiger Grund zur Kündigung. Dabei kann offenbleiben, ob das Verhalten der Klägerin - wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat - ausschließlich ihre Amtspflichten berührt, oder ob in der geltend gemachten Verletzung des Briefgeheimnisses zumindest auch eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung liegt. Selbst wenn man - wofür Einiges spricht - von Letzterem ausgeht, ist die fristlose Kündigung nicht berechtigt.

19

a) Ein gemäß § 626 Abs. 1 BGB wichtiger Grund zur Kündigung kann in einer schuldhaften Verletzung von arbeitsvertraglichen Nebenpflichten liegen(Senat 2. März 2006 - 2 AZR 53/05 - Rn. 21, AP BGB § 626 Krankheit Nr. 14 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 16; 3. Juli 2003 - 2 AZR 235/02 - zu II 3 b bb der Gründe, BAGE 107, 36). Zu diesen gehört nach § 241 Abs. 2 BGB die Pflicht des Arbeitnehmers, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers und seiner Vertragspartner Rücksicht zu nehmen. Sie trifft das Betriebsratsmitglied regelmäßig auch während der Zeit einer Freistellung von der Arbeitspflicht (vgl. BAG 16. September 1987 - 5 AZR 254/86 - zu III der Gründe, RzK I 1 Nr. 21). Ein schwerer Verstoß gegen diese Pflicht kann geeignet sein, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen zu zerstören. Ein solcher Verstoß kann in einer vorsätzlichen und dann strafbewehrten (§ 202 StGB) Verletzung des Briefgeheimnisses bezüglich der im Betrieb eingehenden, der aus ihm ausgehenden oder der intern versandten Post liegen.

20

b) Eine in diesem Sinne schwerwiegende Vertragspflichtverletzung der Klägerin ist nicht erkennbar.

21

aa) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin den an den Betriebsratsvorsitzenden gerichteten Brief demjenigen Postkorb entnommen, in welchen üblicherweise die für den Betriebsrat bestimmten Sendungen eingelegt werden. Dass sie aufgrund der Abwesenheit des Vorsitzenden als dessen Stellvertreterin für die Bearbeitung der eingehenden Betriebsratspost zuständig war, wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Das berechtigte die Klägerin zwar nicht ohne Weiteres dazu, einen an den Betriebsratsvorsitzenden persönlich adressierten Brief zu öffnen. Die Klägerin hat aber vortragen, sie sei davon ausgegangen, auch einen solchen Brief öffnen und dessen Inhalt zur Kenntnis nehmen zu dürfen, um sich zu vergewissern, dass kein dringender Handlungsbedarf für den Betriebsrat bestehe. Damit mag sie die Reichweite ihrer Zuständigkeiten als stellvertretende Vorsitzende verkannt haben. Es lässt sich auf der Grundlage ihres Vorbringens dennoch nicht ausschließen, dass sie über die Pflichtwidrigkeit ihres Tuns geirrt hat. Dies ließe - je nach rechtlicher Einordnung - entweder den Vorsatz entfallen oder wäre als - wenn auch vermeidbarer - Verbotsirrtum bei der Gewichtung der Pflichtverletzung zu berücksichtigen und ließe diese in einem milderen Licht erscheinen.

22

bb) Einer Beweisaufnahme zugängliche Tatsachen, die geeignet wären, die Einlassung der Klägerin zu widerlegen, hat die Beklagte, die für das Fehlen von Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründen die Darlegungs- und Beweislast trägt (Senat 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 29, EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 13),nicht vorgetragen. Der Behauptung der Klägerin, die Sendung sei nicht als „persönlich/vertraulich“ gekennzeichnet gewesen, ist sie nicht entgegen getreten. Ihren Darlegungen ist auch nicht zu entnehmen, dass die Klägerin allein aus dem äußeren Erscheinungsbild des Briefs Rückschlüsse auf dessen Inhalt hätte ziehen können. Bestehende Feindseligkeiten zwischen der Klägerin und dem damaligen Betriebsratsvorsitzenden rechtfertigen nicht die Annahme, diese hätte den Brief entgegen ihrer Einlassung als vertraulich angesehen und sich bewusst über das Briefgeheimnis hinweggesetzt. Entsprechendes gilt für die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe ihr Verhalten gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden als „Fehler“ bezeichnet. Diese Äußerung lässt sich - als wahr unterstellt - auch damit erklären, dass die Klägerin in rückschauender Betrachtung ihr Verhalten anders bewertet hat als im Zeitpunkt der Entgegennahme des Briefs.

23

cc) Wollte man danach überhaupt noch eine schuldhafte Pflichtverletzung der Klägerin annehmen, wäre diese jedenfalls nicht so schwerwiegend, dass sie die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der - fiktiven - Kündigungsfrist begründen könnte. Die Beklagte hat nicht behauptet, die Klägerin habe Kenntnisse, die sie durch Einsichtnahme in die Bilanz und Jahresplanung erlangt habe, an Dritte weitergegeben. Ihre Mutmaßung, die Klägerin habe daraus bei Tarifverhandlungen Vorteile gezogen, geht über eine reine Spekulation nicht hinaus.

24

6. Auch die im Lauf des Verfahrens nachgeschobenen Sachverhalte sind nicht geeignet, eine Kündigung aus wichtigem Grund zu rechtfertigen.

25

a) Die Beklagte beruft sich darauf, die Klägerin habe als damalige Vorsitzende des Wahlvorstands einer Wahlbewerberin, die sich von einer Vorschlagsliste habe streichen lassen wollen, die Auskunft gegeben, dass dies „nicht einfach gehe“, sondern weiterer Klärung bedürfe. Die Klägerin habe das Ziel verfolgt, auf diese Weise die Vollständigkeit der betreffenden Vorschlagsliste, auf der sie selbst kandidiert habe, zu sichern. Ob in einem solchen Verhalten ein Verstoß gegen Vorschriften der Wahlordnung oder eine Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten des Wahlvorstands liegt, kann dahinstehen. Es würde sich jedenfalls um eine reine Amtspflichtverletzung handeln. Wegen des ausschließlichen Amtsbezugs des behaupteten Verhaltens besteht kein Grund zu der Annahme, die Klägerin werde ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis künftig nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen oder berechtigten Informationsansprüchen anderer Arbeitnehmer oder der Beklagten nicht nachkommen.

26

b) Die Beklagte hat ihre Behauptung, die Klägerin habe Daten vom Diktiergerät des ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden kopiert und an den NGG-Geschäftsführer weitergegeben, im Hinblick auf dessen Aussage, er habe die Tonaufnahmen jedenfalls nicht von der Klägerin erhalten, in der Revisionsinstanz nicht mehr aufrecht erhalten. Sie stützt die Kündigung insoweit nur noch auf einen entsprechenden, gegen die Klägerin gerichteten dringenden Verdacht. Ein solcher besteht schon nach ihrem eigenen Vortrag nicht.

27

aa) Grundsätzlich kann auch der dringende Verdacht einer erheblichen Verletzung von arbeitsvertraglichen Pflichten einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen (vgl. Senat 12. März 2009 - 2 ABR 24/08 - Rn. 35, EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Arbeitnehmervertreter Nr. 1; 6. November 2003 - 2 AZR 631/02 - zu II 1 a der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 2). Eine Verdachtskündigung kommt aber nur in Betracht, wenn gewichtige, auf objektive Tatsachen gestützte Verdachtsmomente vorliegen und diese geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen bei einem verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zu zerstören. Der Arbeitgeber muss alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben haben (Senat 13. März 2008 - 2 AZR 961/06 - Rn. 15, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 6; 10. Februar 2005 - 2 AZR 189/04 - Rn. 28, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 79 = EzA KSchG § 1 Verdachtskündigung Nr. 3). Ein dringender Verdacht liegt nur vor, wenn bei kritischer Prüfung eine auf Beweistatsachen (Indizien) gestützte große Wahrscheinlichkeit für eine erhebliche Pflichtverletzung gerade dieses Arbeitnehmers besteht (Senat 12. März 2009 - 2 ABR 24/08 - Rn. 35 mwN, aaO). Der entsprechende Verdacht, muss es dem Arbeitgeber unzumutbar machen, mit dem Arbeitnehmer weiter zusammenzuarbeiten.

28

bb) Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Verdachtskündigung ist zu berücksichtigen, dass der ursprüngliche Verdacht durch später bekannt gewordene Umstände, jedenfalls soweit sie bei Kündigungszugang objektiv bereits vorlagen, abgeschwächt oder verstärkt werden kann (Senat 15. Mai 1986 - 2 AZR 397/85 - zu B II 4 b der Gründe, RzK I 8c Nr. 9; 24. Januar 1985 - 2 AZR 317/84 - zu III 4 d bb der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 8 = EzA TVG § 4 Einzelhandel Nr. 2). Würden etwa im Prozess zutage getretene, den Verdacht entkräftende Umstände unberücksichtigt bleiben, hätte der Arbeitgeber ein sehr geringes Prozessrisiko. Er müsste nur nachweisen, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ein dringender Tatverdacht bestand. Das würde der bei der Verdachtskündigung bestehenden Gefahr, dass ein Unschuldiger getroffen wird, nicht ausreichend Rechnung tragen.

29

cc) Danach besteht gegen die Klägerin kein hinreichender Tatverdacht.

30

(1) Als Indiztatsachen für den geltend gemachten Verdacht hat die Beklagte vorgetragen, für die Klägerin habe die Möglichkeit bestanden, unbeobachtet auf die Aktentasche des ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden zuzugreifen; zwischen den beiden Betriebsratsmitgliedern sei ein „Machtkampf“ geführt worden, aus dem sich ein erhebliches Interesse der Klägerin ergeben habe, „Beweismittel“ gegen den Vorsitzenden zu sammeln. Außerdem beruft sich die Beklagte auf die Aussage des NGG-Geschäftsführers, wonach am Tag nach Ausspruch der Kündigung ein Abendessen mit der Klägerin, ihrem Ehemann und dem Freundeskreis der Klägerin aus dem Betriebsrat stattgefunden habe. Dabei sei einer der Betriebsratskollegen aufgesprungen und habe erklärt, der Vorsitzende habe es „gerade nötig“; habe er doch selbst „Dreck am Stecken“. Dieser Kollege habe sodann erklärt, im Besitz zweier CD´s zu sein; auf einer von diesen sei der Inhalt einer vom Vorsitzenden abgehörten Betriebsratssitzung gespeichert, an der auch der NGG-Geschäftsführer teilgenommen habe. Da die Weitergabe der CD´s allein den Zielen der Klägerin gedient habe, könne sich der Vorgang nur so abgespielt haben, dass diese allein oder mit Hilfe von Personen aus ihrem Freundeskreis die Kopien gezogen habe. Zumindest sei davon auszugehen, dass sie die Täter moralisch unterstützt habe. Für eine Mittäterschaft der Klägerin spreche auch der Umstand, dass sie sich zu dem ganzen Vorgang bislang nicht geäußert und nicht mitgeteilt habe, welche Person denn die fraglichen CD´s in Besitz gehabt und dem NGG-Geschäftsführer übergeben habe.

31

(2) Damit hat die Beklagte keine konkreten Tatsachen vorgetragen, aufgrund derer die Klägerin der ihr zur Last gelegten Pflichtverletzung dringend verdächtig wäre. Nachdem der NGG-Geschäftsführer bei seiner Vernehmung - offensichtlich glaubwürdig - erklärt hat, er habe die CD´s nicht von der Klägerin erhalten, ist insoweit nicht nur ein Tatvorwurf gegen diese unbegründet, sondern auch ein entsprechender Verdacht. Was den Verdacht des unberechtigten Kopierens von Tonaufzeichnungen vom Diktiergerät des Betriebsratsvorsitzenden anbelangt, erschöpft sich der Vortrag der Beklagten in der Darstellung einer Möglichkeit für die Klägerin, auf die Aktentasche des Betriebsratsvorsitzenden zuzugreifen, und in Mutmaßungen über deren Verwicklung in den Vorgang. Konkrete Anhaltspunkte für eine aktive Tatbeteiligung der Klägerin ergeben sich daraus nicht. Eine lediglich „moralische“ Unterstützung der wirklichen Täter würde nicht ausreichen, um von einer erheblichen Pflichtverletzung auszugehen. Fehlt es danach an objektiven, den dringenden Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung begründenden Indiztatsachen, kommt es auf eine Weigerung der Klägerin, zu den Vorwürfen näher Stellung zu nehmen, nicht an. Sie allein vermag eine Verdachtskündigung nicht zu rechtfertigen.

32

c) Kann damit schon aus den angeführten Gründen nicht von der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung der Klägerin im Sinne von § 15 Abs. 1 KSchG, § 626 Abs. 1 BGB ausgegangen werden, kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte in Bezug auf die beiden nachgeschobenen Kündigungsgründe erneut eine Zustimmung des Betriebsrats entsprechend § 103 Abs. 1 BetrVG einholen musste, oder ob es ausreichte, diesen nach § 102 BetrVG über den maßgebenden Sachverhalt zu unterrichten. Ebenso kann dahinstehen, ob es einer vorherigen Anhörung des Arbeitnehmers bedarf, bevor der Arbeitgeber einen neuen Verdacht in den Prozess einführen kann.

        

    Kreft    

        

    Eylert    

        

    Berger    

        

        

        

    Ehrenamtlicher Richter Dr. Bartel
ist wegen des Endes seiner Amtszeit
an einer Unterschrift verhindert.
Kreft    

        

    Jan Eulen    

        

        

(1) Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit ist die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder eines Seebetriebsrats innerhalb eines Jahres, die Kündigung eines Mitglieds einer Bordvertretung innerhalb von sechs Monaten, jeweils vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

(2) Die Kündigung eines Mitglieds einer Personalvertretung, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder einer Jugendvertretung ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit der in Satz 1 genannten Personen ist ihre Kündigung innerhalb eines Jahres, vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

(3) Die Kündigung eines Mitglieds eines Wahlvorstands ist vom Zeitpunkt seiner Bestellung an, die Kündigung eines Wahlbewerbers vom Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlags an, jeweils bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes oder nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ist die Kündigung unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht für Mitglieder des Wahlvorstands, wenn dieser durch gerichtliche Entscheidung durch einen anderen Wahlvorstand ersetzt worden ist.

(3a) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Abs. 3, § 17a Nr. 3 Satz 2, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes einlädt oder die Bestellung eines Wahlvorstands nach § 16 Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 4, § 17a Nr. 4, § 63 Abs. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 oder § 116 Abs. 2 Nr. 7 Satz 5 des Betriebsverfassungsgesetzes beantragt, ist vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; der Kündigungsschutz gilt für die ersten sechs in der Einladung oder die ersten drei in der Antragstellung aufgeführten Arbeitnehmer. Wird ein Betriebsrat, eine Jugend- und Auszubildendenvertretung, eine Bordvertretung oder ein Seebetriebsrat nicht gewählt, besteht der Kündigungsschutz nach Satz 1 vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an drei Monate.

(3b) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats oder einer Bordvertretung unternimmt und eine öffentlich beglaubigte Erklärung mit dem Inhalt abgegeben hat, dass er die Absicht hat, einen Betriebsrat oder eine Bordvertretung zu errichten, ist unzulässig, soweit sie aus Gründen erfolgt, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Der Kündigungsschutz gilt von der Abgabe der Erklärung nach Satz 1 bis zum Zeitpunkt der Einladung zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Absatz 3, § 17a Nummer 3 Satz 2, § 115 Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes, längstens jedoch für drei Monate.

(4) Wird der Betrieb stillgelegt, so ist die Kündigung der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen frühestens zum Zeitpunkt der Stillegung zulässig, es sei denn, daß ihre Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt durch zwingende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

(5) Wird eine der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen in einer Betriebsabteilung beschäftigt, die stillgelegt wird, so ist sie in eine andere Betriebsabteilung zu übernehmen. Ist dies aus betrieblichen Gründen nicht möglich, so findet auf ihre Kündigung die Vorschrift des Absatzes 4 über die Kündigung bei Stillegung des Betriebs sinngemäß Anwendung.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23.04.2008, Az. 1 Ca 2225/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer fristlosen Kündigung.

2

Der am … 1972 geborene Kläger war bei dem Beklagten, der ein Unternehmen im Bereich der Industriemontage betreibt, seit dem 04.12.2006 im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung (vgl. Fotokopie des schriftlichen Arbeitsvertrages ohne Datum, Bl. 5 ff. d. A.) und anschließend ab dem 02.01.2007 als Montagehelfer in Vollzeit gegen Zahlung eines Stundenlohnes in Höhe von 8,50 EUR brutto (vgl. Fotokopie des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 02.01.2007, Bl. 11 ff. d. A.) beschäftigt.

3

Am 03.09., 04.09. oder 05.09.2007 erhielt der Kläger ein als "erste Abmahnung" bezeichnetes Schreiben des Beklagten ohne Datum; wegen des Inhaltes dieses Schreibens wird auf Bl. 17 d. A. verwiesen.

4

Der Kläger erkrankte am 10.09.2007 und war arbeitsunfähig. Am gleichen Tag ging ihm ein Schreiben des Beklagten ohne Datum (vgl. Bl. 16 d. A.) zu, in welchem dieser eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklärte.

5

Die hiergegen gerichtete Klage, die des Weiteren Zahlungsforderungen und ein Zeugniserteilungsbegehren umfasst, ist am 24.09.2007 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangen.

6

Der Kläger hat geltend gemacht,

7

es fehle an einem wichtigen Grund für die fristlose Kündigung.

8

Der Vorwurf des Beklagten, der Kläger habe die ihm anvertraute Baukasse zu privaten Zwecken veruntreut, sei unberechtigt. Als der Beklagte im April/Mai 2007 in Urlaub gefahren sei, habe er die Baukasse dem Kläger, der an dem Montageort in Z verblieben sei, mit der Weisung übergeben, notwendiges Werkzeug hiermit zu bezahlen und, soweit Bedarf bestehe, einen Vorschuss zu entnehmen, der anschließend wieder in die Kasse zurückgeführt werden müsse. Nachdem das Postbankkonto des Klägers gepfändet worden sei, habe er einen Vorschuss in Höhe von 200,00 EUR entnommen und später zunächst, wiederum auf Weisung des Beklagten, 130,00 EUR an Herrn Y gezahlt, dem der Beklagte Fahrgelder und Spesen geschuldet habe. Die restlichen 70,00 EUR habe der Kläger nach Zugang des als "erste Abmahnung" bezeichneten Schreibens zurückgezahlt.

9

Entgegen den Ausführungen des Beklagten habe der Kläger im Rahmen der von ihm durchgeführten Montagearbeiten das Kabel im Sicherheitsbereich der X nicht durchbohrt. Dieser Fehler sei vielmehr, aufgrund schwieriger Arbeitsverhältnisse, Herrn W unterlaufen.

10

Des Weiteren habe er auch nicht ein Kabel fehlerhaft verlegt und in einen Schachtzug eingeklemmt; vielmehr sei es der Beklagte gewesen, dem dieser Arbeitsfehler unterlaufen sei.

11

Zudem habe er, der Kläger, am 07.09.2007 nicht mit seinem Verhalten gegenüber dem Beklagten und seiner Arbeitsweise auf der Baustelle in Z geprahlt und geäußert, er werde nun wohl die fristlose Kündigung erhalten. Richtig sei lediglich, dass er zufällig Herrn Y getroffen habe, der ihm irgendwelche Vorgänge aus der Firma erzählt habe, worauf er, der Kläger, lediglich geäußert habe, dass interessiere ihn jetzt nicht, er habe Feierabend.

12

Soweit er einen Teil seiner persönlichen Habe, insbesondere Kleidungsstücke von der Montagebaustelle mit nach Hause genommen habe, beruhe dies darauf, dass die Kleidung habe gewaschen werden müssen und er im Übrigen auf Grund Schmerzen in der Leistengegend davon ausgegangen sei, dass er in der Folgewoche arbeitsunfähig sein werde.

13

Ein Gespräch zwischen dem Kläger und Beklagten sei für den 08.09.2007 nicht vereinbart worden; der Kläger sei zu diesem Zeitpunkt auch nicht zu Hause gewesen.

14

Wegen des weiteren Sachvortrages des Klägers, insbesondere zu den geltend gemachten Zahlungs- und Zeugniserteilungsansprüchen, wird auf alle von ihm erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

15

Der Kläger hat beantragt,

16

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung des Beklagten, zugegangen am 10.09.2007, an diesem Tag beendet wurde, sondern am 15.10.2007 sein Ende gefunden hat,

17

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger

18

a) für den Monat August 2007 1.893,32 EUR brutto abzüglich am 25.09.2007 gezahlter 684,12 EUR netto zu zahlen,

19

b) für den Monat September 2007 1.722,45 EUR brutto zu zahlen,

20

c) für den Monat Oktober 2007 836,00 EUR brutto abzüglich auf die A zu Aktenzeichen 000 übergegangener 312,35 EUR netto zu zahlen,

21

4. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger ein wohlwollendes, qualifiziertes Endzeugnis zu erteilen,

22

5. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger eine Lohnbescheinigung für den Zeitraum 02.01.2007 bis 15.10.2007 sowie einen Sozialversicherungsnachweis für den Zeitraum 02.01.2007 bis 15.10.2007 zu erteilen,

23

6. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger Urlaubsabgeltung für 19 Urlaubstage in Höhe von 1.444,00 EUR brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz des § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

24

7. die hilfsweise erhobene Widerklage abzuweisen.

25

Der Beklagte beantragt,

26

1. die Klage abzuweisen,

27

2. rein hilfsweise widerklagend,

28

den Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen,

29

a) wo und bei welchen Arbeitsstellen er in der Zeit vom 10.09.2007 bis zum 15.10.2007 beschäftigt war und

30

b) welche Einkünfte er aus diesem/diesen Arbeitsverhältnis/en erzielt hat.

31

Der Beklagte hat ausgeführt,

32

ein wichtiger Grund für die sofortige Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sei wegen des Fehlverhaltens des Klägers gegeben.

33

Als im Juni 2007 Konten- und Lohnpfändungen gegen den Kläger ausgebracht worden seien, habe dieser die Ehefrau des Beklagten für seine finanzielle Situation verantwortlich gemacht und diese in unflätigster Weise beschimpft. Des Weiteren habe er auf den jeweiligen Baustellen gegenüber den Kunden des Beklagten wie auch gegenüber diesem selbst ein nicht mehr hinnehmbares Verhalten gezeigt. Hierauf vom Beklagten angesprochen habe der Kläger erklärt, dass sich dieses Verhalten und die Gleichgültigkeit gegenüber irgendwelchen Unannehmlichkeiten für den Beklagten noch verschlimmern würde.

34

Anschließend habe der Kläger den Betriebsablauf noch stärker gestört, Pausenzeiten überschritten und vorsätzlich Arbeitsfehler produziert, so dass die jeweiligen Auftraggeber den Beklagten gefragt hätten, ob der Kläger überhaupt noch Lust habe, zu arbeiten. Andere Kunden hätten den Beklagten gefragt, ob nunmehr der Kläger der Chef sei, zumal er überheblich von den Beklagten gesprochen und Anweisungen nicht eingehalten habe.

35

Im August 2007 habe der Beklagte erfahren, dass der Kläger die ihm anvertraute Baukasse zu privaten Zwecken veruntreut habe. Anschließend sei dem Kläger die schriftliche "erste Abmahnung" am 03.09.2007 übergeben worden.

36

Der Kläger habe zwar den Fehlbetrag der von ihm veruntreuten Baukasse ausgeglichen. Jedoch habe er dann im Sicherheitsbereich der X ein Kabel durchbohrt, so dass erheblicher Schaden zu befürchten sei. Des Weiteren habe der Kläger Kabel fehlerhaft verlegt und im Schachtzug eingeklemmt, was aufgrund vorsätzlichen Handelns erfolgt sein müsse.

37

Am 07.09.2007 habe der Kläger mit seiner Mutter einen Kneipenbummel in C-Stadt gemacht und in einer der besuchten Kneipen mit seinem Verhalten gegenüber dem Beklagten und seiner Arbeitswiese auf der Baustelle in Z geprahlt. Dabei habe er geäußert, dass er "nun wohl die fristlose Kündigung erhalten werde."

38

Von der Baustelle in Z habe der Kläger seine gesamten persönlichen Kleidungsstücke, Utensilien und das Bettzeug mit nach Hause genommen.

39

Obwohl für den 08.09.2007 ein Gespräch zwischen den Parteien im Haus des Klägers vereinbart gewesen sei, habe der Kläger, als der Beklagte gegen 10.00 Uhr an dessen Haus geklingelt habe, nicht geöffnet. An Bewegungen am Fenster sei zu erkennen gewesen, dass der Kläger sich im Hause befunden habe.

40

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages des Beklagten, insbesondere zu den Zahlungsforderungen und dem Zeugniserteilungsanspruch des Klägers sowie der hilfsweise widerklagend geltend gemachten Auskunftsansprüche des Beklagten wird auf die erstinstanzlichen Schriftsätze des Beklagten nebst Anlagen verwiesen.

41

Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Teilurteil vom 23.04.2008 (vgl. Bl. 91 ff. d. A.) festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch fristlose Kündigung am 10.09.2007, sondern am 15.10.2007 sein Ende gefunden hat. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die darlegungsbelastete Beklagte habe ein kündigungsbegründendes Fehlverhalten des Klägers nicht in hinreichend substantiierter Weise vorgetragen. So habe der Beklagte zum Beispiel nicht konkret dargelegt, welche Kabel der Kläger fehlerhaft verlegt habe und weshalb dies vorsätzlich geschehen sei. Wenn die Beklagte des Weiteren behaupte, der Kläger habe mit seinem Verhalten gegenüber dem Beklagten und seiner Arbeitsweise auf der Baustelle in Z im Rahmen eines Kneipengespräches geprahlt, sei auch dies unsubstantiiert. Weder werde vorgetragen, wem gegenüber er diese geäußert haben solle noch mit welchem Verhalten er genau geprahlt habe. Wenn der Beklagte behauptet, der Kläger habe die Haustür, trotz des für den 08.09.2007 vereinbarten Gespräches, nicht geöffnet, sei nicht konkret erkennbar, ob sich der Kläger tatsächlich im Haus befunden habe. Im Übrigen seien weitere Kündigungsgründe durch die ausgesprochene Abmahnung verbraucht worden.

42

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 5 ff. des Urteils vom 23.04.2008 (= Bl. 95 ff. d. A.) verwiesen.

43

Der Beklagte, dem die Entscheidung des Arbeitsgerichts am 30.04.2008 zugestellt worden ist, hat am 13.05.2008 Berufung gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 27.06.2008 sein Rechtsmittel begründet.

44

Der Beklagte vertritt die Auffassung,

45

das Arbeitsgericht habe sein erstinstanzliches Tatsachenvorbringen zu einem wichtigen Grund für die streitgegenständliche Kündigung nicht vollständig rechtlich gewürdigt und insbesondere die benannten Zeugen zu Unrecht nicht vernommen. Im Übrigen wiederholt der Beklagten seinen erstinstanzlichen Sachvortrag und weist ergänzend darauf hin, dass dieser hinreichend substantiiert sei; dies gelte insbesondere auch für die Schilderung der Prahlerei des Klägers in einer Kneipe in V vom 07.09.2007. Aus dem Zusammenhang seines erstinstanzlichen Sachvortrages ergebe sich, dass diese Prahlerei gegenüber dem Zeugen U erfolgt sei und sich darauf bezogen habe, dass der Beklagte festgestellt habe, dass der Kläger Kabel fehlerhaft verlegt, im Schachtzug eingeklemmt und hierbei vorsätzlich gehandelt habe.

46

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 26.06.2008 (Bl. 159 ff. d.A.) verwiesen.

47

Der Beklagte beantragt,

48

das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23.04.2008. mit welchem dieses feststellte, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch fristlose Kündigung am 10.09.2007, sondern am 15.10.2007 sein Ende gefunden hat, abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen.

49

Der Kläger beantragt,

50

die Berufung zurückzuweisen.

51

Der Kläger führt aus,

52

er mache sich die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in dem angefochtenen Teilurteil zu eigen. Im Übrigen sei aber auch darauf hinzuweisen, dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB hinsichtlich eines Großteils der vom Beklagten angeführten Pflichtverletzungen nicht gewahrt sei. Darüber hinaus sei ein Teil der gerügten Fehlverhaltensweisen durch die Abmahnung "verbraucht". Er, der Kläger mache seinen Sachvortrag erster Instanz und die dortigen Beweisanträge zum Vortrag im Berufungsverfahren.

53

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 03.07.2008 (Bl. 169 ff. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

54

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

55

Das Arbeitsgericht Koblenz hat in seinem Teilurteil vom 23.04.2008 zu Recht festgestellt, dass das Beschäftigungsverhältnis durch die am 10.09.2007 zugegangene außerordentliche Kündigung nicht fristlos, sondern erst zum 15.10.2007 beendet worden ist. Die streitgegenständliche außerordentliche Kündigung ist nämlich gemäß §§ 626, 134 BGB nichtig, so dass das Beschäftigungsverhältnis durch die Kraft Umdeutung gegebene ordentliche Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum 15.10.2007 beendet worden ist.

56

Nach § 626 Abs. 1 BGB kann ein Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die fristlose Kündigung kann gemäß § 626 Abs. 2 BGB nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen; die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.

57

Die rechtliche Überprüfung gemäß § 626 Abs. 1 BGB vollzieht sich zweistufig: Zum einen muss ein Grund vorliegen, der ohne Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles überhaupt an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Zum anderen muss dieser Grund im Rahmen einer Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch des Verhältnismäßigkeitsprinzips, zum Überwiegen der berechtigten Interessen des Kündigenden an der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen (vgl. DLW/Dörner, 7. Aufl., D Rdnr. 662 m.w.N.).

58

Beruft sich der Arbeitgeber zur Begründung einer fristlosen Kündigung auf ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers, trägt er als kündigende Partei die Darlegungs- und im Falle des Bestreitens auch die Beweislast. Zur Darlegungslast gehört der konkrete Vortrag des Fehlverhaltens des Arbeitnehmers unter Angabe von Ort, Zeitpunkt und Inhalt der Pflichtwidrigkeit. Fehlt es hieran, ist schon ein generell zur Kündigung geeigneter Sachverhalt (erste Stufe) nicht feststellbar. Eine Beweiserhebung würde, angesichts des auch im Arbeitsgerichtsverfahren geltenden Beibringungsgrundsatzes, zu einer unzulässigen Amtsermittlung durch das Gericht mit der Folge eines Ausforschungsbeweises führen.

59

Gemessen an diesen Rechtsgrundsätzen sind im vorliegenden Fall die rechtlichen Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung aus § 626 Abs. 1 BGB nicht erfüllt. Im Einzelnen:

60

1. Wenn die Beklagte zur Kündigungsbegründung ausführt, der Kläger habe, nachdem ihm gegenüber Lohn- und Kontenpfändungen im Juni 2007 ausgebracht worden seien, die Ehefrau des Beklagten für seine finanzielle Situation verantwortlich gemacht und diese mehrfach in unflätigster Weise beschimpft, ist dieser Sachvortrag, der vom Kläger bestritten worden ist, pauschal und unsubstantiiert. Zeit, Ort und vor allem konkreter Inhalt der Beschimpfungen - wie überhaupt der in diesem Zusammenhang geführten Gespräche werden vom Beklagten nicht dargelegt. Infolgedessen war auch dem zweitinstanzlich wiederholten, aber auf eine Ausforschung abzielenden Beweisantrag des Beklagten nicht stattzugeben.

61

2. Der weitere Vortrag des Beklagten, der Kläger habe in einem zwischen den Parteien geführten Gespräch geäußert, dass sich sein Verhalten und die Gleichgültigkeit gegenüber irgendwelchen Unannehmlichkeiten für den Beklagten noch verschlimmern würden, lässt keinen als wichtigen Kündigungsgrund geeigneten Sachverhalt erkennen. Da bereits ein vorausgegangenes Fehlverhalten vom Beklagten nicht konkret geschildert werden konnte, ist auch nicht erkennbar, worin die demnach vom Kläger angekündigte Gleichgültigkeit und Verschlimmerung ihren Ausgangspunkt und darüber hinaus welchen Inhalt diese haben sollen.

62

3. Auch die weiteren Behauptungen des Beklagten, der Kläger habe Betriebsablaufstörungen verursacht, Pausenzeiten überschritten, vorsätzliche Arbeitsfehler begangen, Fragen von Auftraggebern an den Beklagten verursacht, ob der Kläger noch Lust habe zu arbeiten, Fragen von Kunden verursacht, ob der Kläger nunmehr der Chef sei sowie einen massiven, aggressiven und überheblichen Tonfall gegenüber dem Beklagten nach Erhalt der "ersten Abmahnung" gezeigt, sind pauschal und mangels Angabe von Ort, Zeit und konkretem Inhalt der behaupteten Vorgänge einer Beweisaufnahme nicht zugänglich.

63

4. Im Zusammenhang mit der unstreitigen Entnahme eines Geldbetrages in Höhe von 200,00 EUR aus der dem Kläger im April/Mai 2007 übergebenen Baukasse, ist eine Pflichtwidrigkeit nicht feststellbar. Die Geldentnahme durch den Kläger erfolgte nicht pflichtwidrig, zumal nach seinem unwidersprochenen Sachvortrag zuvor die Entnahme eines Darlehens ("Vorschuss", der wieder in die Kasse eingelegt werden sollte) vereinbart worden war. Der Kläger hat einen Teil dieses Darlehens, nämlich in Höhe von 130,00 EUR entsprechend einer Weisung des Beklagten durch eine unstreitige Zahlung an Herrn Y getilgt und nachdem das Darlehen in dem als "erste Abmahnung" bezeichneten Schreiben des Beklagten ohne Datum erstmals in erkennbarer Weise zurückverlangt und damit vom Beklagten gekündigt war, den restlichen Betrag in Höhe von 70,00 EUR unstreitig an den Beklagten gezahlt. Ein Fehlverhalten ist, trotz der zeitlichen Spanne zwischen Geldentnahme und Rückzahlung der letzten Rate, bei diesem Sachstand mithin nicht erkennbar.

64

5. Die Behauptung des Beklagten, der Kläger habe im Sicherheitsbereich der X ein Kabel durchbohrt ist unsubstantiiert, zumal der Kläger diese Behauptung damit bestritten hat, dass dieser Fehler einem anderen Arbeitnehmer des Beklagten, nämlich Herrn W unterlaufen sei. Der Beklagte hat anschließend nicht dargelegt, aufgrund welcher Umstände, dieser Fehler dem Kläger zurechenbar sein soll.

65

6. Die weitere Behauptung des Beklagten, der Kläger habe ein Kabel vorsätzlich fehlerhaft verlegt und im Schachtzug eingeklemmt, wurde vom Kläger dahingehend bestritten, dass dieser Fehler dem Beklagten unterlaufen sei. Infolgedessen hätte der Beklagte hier substantiiert darlegen müssen, wann und wo der Fehler aufgetreten ist und inwiefern der Kläger hierfür tatsächlich verantwortlich sein soll.

66

7. Der Vortrag des Beklagten, der Kläger habe in einer Kneipe in C-Stadt am 07.09.2007 gegenüber Herrn U mit seinem Verhalten gegenüber dem Beklagten und seiner Arbeitsweise auf der Baustelle in Z geprahlt und geäußert, dass er "nun wohl die fristlose Kündigung erhalten werde", wird vom Kläger zwar auch bestritten, ist aber, gemessen an den oben dargelegten Anforderungen, substantiiert. Des Weiteren ist eine solche Prahlerei ein Sachverhalt, der generell zur fristlosen Kündigung geeignet (erste Stufe) ist.

67

Allerdings ergibt eine Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch des Verhältnismäßigkeitsprinzips, dass die Interessen des Beklagten an der vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses das Interesse des Klägers an der Fortsetzung bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist, unterstellt es wäre tatsächlich zu der streitigen Prahlerei gekommen, nicht überwiegen (zweite Stufe). Dann würde es sich nämlich um eine erstmalige und einmalige Pflichtverletzung des Klägers handeln, ohne dass dies zu einem größeren nachvollziehbaren Schaden beim Beklagten geführt hätte. Diese Pflichtverletzung würde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes lediglich eine Abmahnung rechtfertigen, zumal eine rechtswirksame Abmahnung während des Arbeitsverhältnisses noch nicht erfolgt ist. Der Beklagte hat zwar ein Schreiben ohne Datum als "1. Abmahnung" bezeichnet, jedoch enthält dieses Schreiben nur verschiedene Rügen, aber keine Kündigungsandrohung. Vielmehr wird als Reaktion auf das in dem Abmahnungsschreiben behauptete Fehlverhalten die Streichung der Auslöse ab dem 01.09.2007 angekündigt. Für den Kläger ergab sich mithin aus diesem Schreiben nicht, dass sein Arbeitsverhältnis für den Fall der Wiederholung von Fehlverhaltensweisen gefährdet ist. Mithin liegt eine Abmahnung im Rechtssinn, welche neben Rügen auch eine Kündigungsandrohung enthalten muss, nicht vor. Alles in allem vermag die behauptete Prahlerei mithin eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses, schon gar nicht eine fristlose zu rechtfertigen.

68

8. Unsubstantiiert ist schließlich auch die Behauptung des Beklagten, zwischen den Parteien sei ein klärendes Gespräch für Samstag, den 08.09.2007 gegen 10.00 Uhr im Haus des Klägers vereinbart worden und der Kläger habe dem Beklagten die Haustür, trotz mehrmaligen Klingelns nicht geöffnet, obwohl er sich im Haus befunden habe. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang bereits die Vereinbarung eines solchen Gespräches bestritten, so dass der Beklagte Zeitpunkt, Ort und Inhalt der Vereinbarung substantiiert hätte vortragen müssen. Des Weiteren ist auch nicht erkennbar, dass der Kläger tatsächlich am 08.09.2007 gegen 10.00 Uhr im Haus war und dem Beklagten hätten öffnen können. Inwiefern der Beklagte an Bewegungen am Fenster des Hauses des Klägers hat erkennen wollen, dass der Kläger sich im Haus befunden habe, ist im Einzelnen nicht nachvollziehbar.

69

Mithin fehlt es an einem wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB für die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dass des Weiteren für einen Großteil der vom Beklagten behaupteten Pflichtverletzungen die Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist im Sinn von § 626 Abs. 2 BGB nicht feststellbar ist, beruht ebenfalls auf unzureichendem Sachvortrag des auch insoweit darlegungsbelasteten Beklagten. Angesichts des Fehlens eines wichtigen Grundes bedarf dies jedoch nicht der Vertiefung.

70

Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wurde unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist aus § 622 Abs. 1 BGB zum 15.10.2007 beendet. Die nach § 626 Abs. 1, 139 BGB nichtige fristlose Kündigung ist nämlich gemäß § 140 BGB in eine rechtswirksame ordentliche Kündigung umzudeuten, da anzunehmen ist, dass der Beklagte bei Kenntnis der Nichtigkeit der fristlosen Kündigung eine ordentliche Kündigung gewollt hätte. Die Behauptung von Pflichtverletzungen des Klägers lässt darauf schließen, dass aus Sicht des Beklagten eine zukünftige Zusammenarbeit ausgeschlossen ist und er das Beschäftigungsverhältnis zum frühest möglichen Zeitpunkt beenden will. Im Übrigen haben die Parteien in § 1 Nr. 2 Satz 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 02.01.2007 ausdrücklich vereinbart, dass eine fristlose Kündigung für den Fall ihrer Unwirksamkeit zugleich als fristgemäße Kündigung zum nächst zulässigen Termin gelten soll.

71

Der frühest mögliche Beendigungszeitpunkt ergibt sich aus § 622 Abs. 1 BGB, wobei diese gesetzliche Regelung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfristenregelung aus § 1 Nr. 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 02.01.2007 ("die Kündigungsfrist nach Ablauf der Probezeit beträgt vier Wochen") vorgeht. Denn bei der gesetzlichen Kündigungsfrist handelt es sich um eine Mindestkündigungsfrist, die vertraglich nicht abdingbar ist. Mithin wurde das Beschäftigungsverhältnis durch die Kündigung vom 10.09.2007 mit einer Frist von vier Wochen zum 15.10.2007 beendet.

72

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

73

Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Das Recht auf das Patent hat der Erfinder oder sein Rechtsnachfolger. Haben mehrere gemeinsam eine Erfindung gemacht, so steht ihnen das Recht auf das Patent gemeinschaftlich zu. Haben mehrere die Erfindung unabhängig voneinander gemacht, so steht das Recht dem zu, der die Erfindung zuerst beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet hat.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 257/03 Verkündet am:
12. März 2004
W i l m s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) § 529 Abs. 1 Nr. 1
Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen
des erstinstanzlichen Gerichts begründen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern
ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen
sind.
ZPO (2002) § 529 Abs. 1
Ist eine Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht geboten, so beurteilt sich die
Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht zu einer Wiederholung der erstinstanzlichen
Beweisaufnahme verpflichtet ist, nach denselben Grundsätzen wie aus der Zeit vor Geltung
des Zivilprozeßreformgesetzes.
ZPO (2002) § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3
Wird in der Berufungsbegründung gerügt, das erstinstanzliche Gericht habe Parteivorbringen
übergangen, so ist eine genaue Bezeichnung unter Angabe der Fundstelle in den
Schriftsätzen der Vorinstanz nicht erforderlich.
ZPO (2002) § 529 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1
Auch bei einem Verfahrensfehler des erstinstanzlichen Gerichts obliegt dem Berufungsgericht
nach Maßgabe des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO die tatsächliche Inhaltskontrolle
des erstinstanzlichen Urteils ungeachtet einer entsprechenden Berufungsrüge.
Für schriftsätzlich angekündigtes Vorbringen kommt dem Urteilstatbestand keine negative
Beweiskraft zu.
BGH, Urt. v. 12. März 2004 - V ZR 257/03 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. März 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. August 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte war von der Stadt O. beauftragt, auf einem ehemaligen Kasernengelände gelegene Grundstücke und Wohnungen zu vermarkten. Mit notariellem Vertrag vom 8. Juli 1999 verkaufte sie eine durch Ausbau des Dachgeschosses eines Hauses noch zu errichtende Wohnung zum Preis von 444.000 DM an die Klägerin.
Dem Vertragsschluß vorausgegangen waren Verhandlungen zwischen einer Mitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin Dr. L. , und der Klägerin, die von ihrem Bekannten, dem Zeugen Rechtsanwalt W. , begleitet wur-
de. Nach den Behauptungen der Klägerin erklärte Dr. L. während der Verhandlungen, auf dem der künftigen Dachgeschoßwohnung gegenüber liegenden Grundstück der Beklagten solle ein lediglich zweigeschossiges Gebäude errichtet werden, so daß die Sicht aus der Wohnung auf den Taunus uneingeschränkt erhalten bleibe. Tatsächlich war bereits zu diesem Zeitpunkt der - zwischenzeitlich begonnene - Bau eines viergeschossigen Wohn- und Geschäftshauses durch einen Investor geplant, wovon die Klägerin erst nach Bezug der Wohnung Kenntnis erhielt. Die mehr als zweigeschossige Nachbarbebauung , so hat die Klägerin behauptet, habe zu einem um 20 % geminderten Wert der Wohnung geführt.
Sie verlangt daher Schadensersatz in Höhe von 20 % des Kaufpreises sowie entsprechend geminderter Erwerbskosten und nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auf Zahlung von 47.613,80 Landgericht hat die Klage nach Vernehmung des Zeugen W. und der Zeugin Dr. L. über den Inhalt der Vertragsverhandlungen abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat sich die Klägerin gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts gewandt und insbesondere gerügt, daß das Landgericht die Zeugen nicht gehört habe, die sie zur Erschütterung der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Dr. L. benannt habe. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält die Klage auf der Grundlage der in erster Instanz getroffenen Feststellungen für unbegründet. Die von der Klägerin behaupteten Falschangaben der Zeugin Dr. L. zur zweigeschossigen Bebauung des gegenüberliegenden Grundstücks seien nicht bewiesen. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen, die gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erneute Feststellungen in der Berufungsinstanz gebieten könnten, habe die Klägerin nicht aufgezeigt. Die von dem Eingangsgericht vorgenommene Beweiswürdigung unterliege zwar gewissen Zweifeln, sei im Ergebnis jedoch zutreffend. Soweit die Klägerin das Übergehen erstinstanzlicher Beweisanträge gerügt habe, betreffe dies einen nicht von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel , der gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur dann Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO begründen könne, wenn er nach Maßgabe des § 520 Abs. 3 ZPO in der Berufungsbegründung ordnungsgemäß geltend gemacht worden sei. Diesen Anforderungen entspreche die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge nicht, weil es an einer konkreten Bezeichnung der angebotenen Zeugen und der Angabe des genauen Aktenfundorts der jeweiligen Beweisangebote fehle.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

II.


1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts. Für den Fall, daß - wie die Klägerin behauptet - die für die Beklagte handelnde Zeugin Dr. L. im Rahmen der Vertragsverhandlungen unzutreffende Angaben zu der geplanten Bebauung des gegenüberliegenden Grundstücks gemacht haben sollte, wären die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß erfüllt (vgl. Senat, Urt. v. 20. September 1996, V ZR 173/95, NJW-RR 1997, 144, 145; Urt. v. 26. September 1997, V ZR 29/96, NJW 1998, 302). Die Gewährleistungsvorschriften des hier weiterhin anwendbaren früheren Rechts (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB) sind nicht einschlägig und stehen mithin einer Haftung der Beklagten wegen Verschuldens bei Vertragsschluß nicht entgegen. Der Umstand, daß der gegenwärtige oder zukünftige Eigentümer eines benachbarten Grundstücks zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht den Willen hat, dieses entsprechend den baurechtlichen Möglichkeiten zu bebauen, stellt keine Eigenschaft des veräußerten Objekts, deren Fehlen als Sachmangel qualifiziert werden könnte (BGH, Urt. v. 14. Januar 1993, IX ZR 206/91, NJW 1993, 1323, 1324).
2. Hingegen rügt die Revision mit Erfolg, daß das Berufungsgericht erneute Feststellungen zu dem zwischen den Parteien streitigen Inhalt der Vertragsverhandlungen unter Verletzung des Verfahrensrechts abgelehnt hat. Auch nach neuem Recht unterliegen Berufungsurteile auf entsprechende Verfahrensrüge hinsichtlich der vollständigen Berücksichtigung des Streitstoffs und der Beweisangebote der Überprüfung durch das Revisionsgericht (MünchKomm -ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 546 Rdn. 15). Dies führt vorliegend zu dem Ergebnis, daß sich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an
der Vollständigkeit des von dem Eingangsgericht zugrunde gelegten Sachverhalts , die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO erneute Feststellungen des Berufungsgerichts gebieten, sowohl aus Fehlern der Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Urteil (a), als auch aus dem Übergehen erstinstanzlichen Vorbringens der Klägerin (b) ergeben.

a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO ist das Berufungsgericht an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 100; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann , NJW 2003, 169, 171).
aa) Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind (Hannich /Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 529 Rdn. 21; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 529 Rdn. 8). Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urt. v. 11. Februar 1987, IVb ZR 23/86, NJW 1987, 1557, 1558; Senat, Urt. v. 9. Juli 1999, V ZR 12/98, NJW 1999, 3481, 3482). Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt unter anderem dann vor,
wenn Umständen Indizwirkungen zuerkannt werden, die sie nicht haben können , oder wenn die Ambivalenz von Indiztatsachen nicht erkannt wird (BGH, Urt. v. 22. Januar 1991, VI ZR 97/90, NJW 1991, 1894, 1895; Urt. v. 23. Januar 1997, I ZR 29/94, NJW 1997, 2757, 2759).
(1) Hieran gemessen ist die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil zumindest insoweit fehlerhaft, als es um die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen W. geht. Dessen Bekundungen hat das Gericht erster Instanz vor allem deshalb für unglaubhaft gehalten, weil der Zeuge die angebliche Zusicherung der Zeugin Dr. L. , das gegenüberliegende Grundstück werde nur zweigeschossig bebaut, nicht überprüft und sich insbesondere bei der Stadt O. nicht nach dem Bestand und dem Inhalt eines etwaigen Bebauungsplans erkundigt habe. Diesem Umstand kommt indes die ihm vom Gericht zuerkannte Indizwirkung nicht zu. Es ist nicht ersichtlich , aus welchem Grund für den Zeugen W. , der an den Vertragsverhandlungen nicht als beauftragter Rechtsanwalt, sondern allein wegen seiner Bekanntschaft mit der Klägerin teilgenommen hatte, Anlaß bestehen konnte, Erkundigungen zu den Äußerungen der Zeugin Dr. L. einzuholen. Zudem ist das herangezogene Indiz auch auf Grund seiner Ambivalenz nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen W. in Frage zu stellen. Selbst für die Klägerin gab es nämlich keine Veranlassung, die von der Zeugin Dr. L. erteilten Auskünfte zu überprüfen, wenn sie auf deren Richtigkeit vertraute. Daß die Angaben der Zeugin einen für den Vertragswillen der Klägerin bedeutsamen Punkt betrafen, steht dieser Möglichkeit nicht entgegen. Das Unterbleiben von Nachforschungen läßt deshalb nicht ohne weiteres darauf schließen, daß die Zeugin Dr. L. eine zweigeschossige Nachbarbebauung nicht zugesagt hat. Vielmehr läßt dieser Umstand auch den
Schluß zu, die Klägerin habe sich ebenso wie der Zeuge W. auf eine derartige Zusage verlassen. (2) Geht das Eingangsgericht - wie hier - auf Grund einer fehlerhaften Beweiswürdigung von der Nichterweislichkeit einer entscheidungserheblichen Tatsachenbehauptung aus, so bestehen konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit der getroffenen Feststellungen (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 13, § 529 Rdn. 35). Hierbei genügt es, wenn nur ein tragendes Element der erstinstanzlichen Beweiswürdigung in seiner Aussagekraft geschmälert wird (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 32), weil bereits dann die Unrichtigkeit oder Lückenhaftigkeit der getroffenen Feststellungen als Folge der konkreten Anhaltspunkte nicht ausgeschlossen werden kann (Rimmelspacher , NJW 2002, 1897, 1902). So liegt der Fall auch hier. Ausweislich seiner Ausführungen zur Beweiswürdigung ist das erstinstanzliche Gericht nur deshalb zu dem Ergebnis der Nichterweislichkeit unzutreffender Angaben der Zeugin Dr. L. gelangt, weil es Anlaß gesehen hat, an der Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen W. zumindest zu zweifeln. Können diese Bedenken ausgeräumt werden, so ist es möglich, daß der Tatrichter die Aussage des Zeugen W. als glaubhaft ansieht. Da die Beweiswürdigung dann auch zu einem anderen Ergebnis führen kann, besteht die nicht nur theoretische Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses. In solcher Situation sind erneute oder auch erstmalige (Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 12) neue Tatsachenfeststellungen durch das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO geboten (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 14/6036, S. 123; Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 36; MünchKomm -ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 529 Rdn. 24; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 11).
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts läßt sich weder das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte noch die Erforderlichkeit erneuter Feststellungen mit der Erwägung verneinen, das Ergebnis der erstinstanzlichen Beweiswürdigung unterliege zwar "gewissen Zweifeln", sei aber aus anderen Gründen richtig. Zu dieser Schlußfolgerung konnte das Berufungsgericht nur auf Grund einer eigenständigen Würdigung der in erster Instanz erhobenen Beweise gelangen. Dies stellt jedoch, worauf die Revision zutreffend hinweist, der Sache nach eine erneute Tatsachenfeststellung dar, die aber nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte und das Gebotensein nochmaliger Feststellungen gerade voraussetzt.
cc) Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht deshalb als richtig dar (§ 561 ZPO), weil das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO gebotenen erneuten Tatsachenfeststellung zwar - fehlerhaft - verneint, eine solche aber doch vorgenommen hat. Die Tatsachenfeststellung in dem Berufungsurteil leidet nämlich ebenfalls an einem Verfahrensmangel und kann deshalb keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht stützt seine Auffassung, die von der Klägerin behauptete Zusicherung einer zweigeschossigen Bebauung des Nachbargrundstücks sei nicht erwiesen , darauf, daß beide Zeugen ein persönliches Interesse am Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits hätten. Damit stellt das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit der Zeugen in Frage, was - wie die Revision zu Recht rügt - nur auf Grund deren nochmaliger Vernehmung zulässig gewesen wäre, nachdem das erstinstanzliche Gericht beide Zeugen als glaubwürdig angesehen hat. Es hat sich mit der fehlenden Glaubwürdigkeit der Zeugen W. und Dr. L. nur insoweit befaßt, als es angesichts der sich widersprechenden Aussagen erwogen hat, einer von beiden Zeugen müsse gelogen haben. Zu
einer Aufklärung hat sich das erstinstanzliche Gericht jedoch außer Stande gesehen, seine Bedenken hinsichtlich der Glaubwürdigkeit daher nicht weiterverfolgt und seine weiteren Ausführungen auf die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen beschränkt. Die Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht zu einer Wiederholung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme verpflichtet ist, wenn die Voraussetzungen für eine erneute Tatsachenfeststellung vorliegen, beantwortet sich nach den von der Rechtsprechung zum bisherigen Recht entwickelten Grundsätzen (Musielak/Huber, aaO, § 398 Rdn. 5; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 13). Es verbleibt mithin dabei, daß das Berufungsgericht bei pflichtgemäßer Ausübung des ihm durch §§ 525 Satz 1, 398 Abs. 1 ZPO eingeräumten Ermessens einen bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals vernehmen muß, wenn es dessen Glaubwürdigkeit abweichend vom Erstrichter beurteilen will (vgl. BGH, Urt. v. 29. Oktober 1996, VI ZR 262/95, NJW 1997, 466; Urt. v. 10. März 1998, VI ZR 30/97, NJW 1998, 2222, 2223 m.w.N.).

b) Zweifel an der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ergeben sich zudem daraus, daß das Eingangsgericht die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin nicht berücksichtigt hat, die Zeugin Dr. L. habe auch anderen Interessenten eine lediglich zweigeschossige Bebauung des Nachbargrundstücks zugesagt. Träfe diese Behauptung zu, so wäre sie geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Dr. L. , sie habe die Klägerin ebenso wie alle übrigen Interessenten auf die geplante viergeschossige Bebauung hingewiesen, in Frage zu stellen. Besteht mithin unter Zugrundelegung der von der Klägerin behaupteten Tatsache zumindest die Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses, so ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO eine erneute Tatsachenfeststellung geboten. Entgegen der Auf-
fassung des Berufungsgerichts ist hierfür eine den formalen Anforderungen des Revisionsrechts genügende Berufungsrüge selbst dann nicht Voraussetzung , wenn - wie hier - zugleich auch ein Verfahrensfehler des Erstrichters vorliegt. Insoweit stellt das Berufungsgericht, was die Revision mit Erfolg geltend macht, zum einen zu hohe Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit einer Verfahrensrüge gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO (aa) und verkennt zum anderen auch die Bedeutung des § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO (bb).
aa) Das Berufungsgericht überspannt die inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung, soweit es die Ordnungsmäßigkeit der von der Klägerin gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO erhobenen Berufungsrüge mit der Begründung verneint, es fehle an der erforderlichen namentlichen Benennung der in erster Instanz angebotenen Zeugen und an der Angabe des Aktenfundorts der jeweiligen Beweisangebote.
(1) Wendet sich der Berufungskläger - wie hier - gegen die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil, so greift er, gestützt auf den Berufungsgrund des § 513 Abs. 1 Alt. 2 ZPO, die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen mit dem Ziel einer erneuten Feststellung durch das Berufungsgericht an. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Berufung muß er deshalb gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO die Voraussetzungen darlegen, unter denen nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO die Bindung des Berufungsgerichts an die vom Eingangsgericht getroffenen Feststellungen entfällt (BGH, Beschl. v. 28. Mai 2003, XII ZB 165/02, NJW 2003, 2531, 2532). Dies hat die Klägerin bereits dadurch getan, daß sie die Feststellungen des Erstrichters unter Hinweis auf ein bereits in erster Instanz vorgelegtes Beschwerdeschreiben mehrerer Wohnungseigentümer angegriffen und ihre Behauptung wiederholt hat, die Zeugin Dr.
L. habe auch anderen Interessenten eine lediglich zweigeschossige Be- bauung des Nachbargrundstücks zugesagt. Da dieses Vorbringen die Glaubhaftigkeit der inhaltlich widersprechenden Aussage der Zeugin in Frage stellen kann und in dem mit der Berufung angefochtenen Urteil nicht berücksichtigt worden ist, sind nach der Berufungsbegründung konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an den erstinstanzlich getroffenen Feststellungen mit der Folge gegeben , daß das Berufungsgericht insoweit nicht mehr gebunden ist. Auf die von der Klägerin angebotenen Zeugen wäre es erst angekommen, wenn die vom Berufungsgericht vorzunehmende Prüfung ergeben hätte, daß die Behauptung der Klägerin von der Beklagten wirksam bestritten worden war.
(2) Nichts anderes folgt aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, falls diese Regelung für Angriffe gegen Tatsachenfeststellungen auf Grund von Verfahrensfehlern - zusätzlich - anwendbar sein sollte (befürwortend Fellner, MDR 2003, 721, 722; ablehnend MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 520 Rdn. 40). Hieraus ergeben sich im Ergebnis keine weitergehenden Anforderungen an den notwendigen Inhalt der Berufungsbegründung. Die ohnehin erforderliche Darlegung der in § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO bestimmten Voraussetzungen reicht nämlich im Falle eines Verfahrensmangels auch für die nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO gebotene Darlegung einer entscheidungskausalen Rechtsverletzung aus. Insbesondere muß der Berufungskläger zur Darlegung der Entscheidungserheblichkeit des geltend gemachten Verfahrensfehlers lediglich aufzeigen, daß das Eingangsgericht ohne den Verfahrensverstoß möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre (Musielak /Ball, aaO, § 520 Rdn. 33).
(3) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lassen sich strengere formale Anforderungen an die Berufungsbegründung nicht daraus herleiten, daß ein Revisionskläger, der gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b ZPO ein verfahrensfehlerhaftes Übergehen von Tatsachenbehauptungen oder Beweisangeboten rügen will, diese unter Angabe der Fundstelle in den Schriftsätzen der Vorinstanzen genau bezeichnen muß (vgl. dazu BGHZ 14, 205, 209 f; BAG, ZIP 1983, 605, 606; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 554 Rdn. 13; MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 551 Rdn. 21; Musielak/Ball, aaO, § 551 Rdn. 11). Dieses revisionsrechtliche Erfordernis ist auf das Berufungsverfahren nicht übertragbar (a.A. Musielak/Ball, aaO, § 520 Rdn. 32; Ball, WuM 2002, 296, 299; wohl auch Stackmann, NJW 2003, 169, 171 f). Es findet seine Rechtfertigung in der durch § 559 Abs. 1 ZPO allein für das Revisionsverfahren angeordneten Beschränkung des Prozeßstoffs. Danach kann aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll nicht ersichtliches Parteivorbringen nur über eine Nichtberücksichtigungsrüge zur Beurteilungsgrundlage des Revisionsgerichts werden (vgl. MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 3, 7). Diese Rüge muß so konkret sein, daß keine Zweifel an dem vom Revisionsgericht zugrunde zu legenden Tatsachenstoff verbleiben. Das Berufungsverfahren kennt hingegen keine § 559 Abs. 1 ZPO vergleichbare Bestimmung. Eine entsprechende Anwendung der revisionsrechtlichen Regelung scheitert an den unterschiedlichen Funktionen der Rechtsmittel (Gaier, NJW 2004, 110, 111; a.A. Grunsky, NJW 2002, 800, 801; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901). Anders als im Revisionsverfahren ist das angefochtene Urteil nicht nur auf Rechtsfehler hin zu überprüfen, vielmehr gehört es gemäß § 513 Abs. 1 ZPO zu den Aufgaben der Berufung, das Urteil der Vorinstanz auch auf konkrete Anhaltspunkte für Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit der getroffenen Tatsachenfeststellungen zu prüfen und etwaige Fehler zu beseiti-
gen (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 64; Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 1, 7, 12 f). Fehlt es mithin an einer begrenzenden Regelung, so gelangt mit einem zulässigen Rechtsmittel grundsätzlich der gesamte - wie noch auszuführen sein wird, aus den Akten ersichtliche - Prozeßstoff der ersten Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz (Barth, NJW 2002, 1702, 1703; Gaier, NJW 2004, 110, 112). Damit steht auch der von dem Berufungsgericht zu berücksichtigende Tatsachenstoff fest, weshalb es einer Nichtberücksichtigungsrüge und der für sie geltenden formalen Anforderungen nicht bedarf. bb) Zudem hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, daß die ihm nach Maßgabe des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO obliegende Kontrolle der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage des erstinstanzlichen Urteils im Fall eines - wie hier - zulässigen Rechtsmittels ungeachtet einer entsprechenden Berufungsrüge besteht.
(1) Eine Bindung des Berufungsgerichts an solche Zweifel begründende Umstände, die in der Berufungsbegründung dargelegt sind, folgt insbesondere nicht aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO. Danach müssen zwar konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO in der Berufungsbegründung bezeichnet werden. Auf solche Umstände wird die Überprüfung durch das Berufungsgericht allerdings nicht beschränkt, sondern lediglich eine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels geregelt (§ 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Notwendigkeit einer Rüge läßt sich dem Wortlaut anderer Gesetzesvorschriften ebensowenig entnehmen. Sie entspricht auch nicht dem Willen des Gesetzgebers. Nach den Gesetzesmaterialien hat das Berufungsgericht Zweifeln an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen selbst dann nachzugehen, wenn es sie unabhängig vom Partei-
vortrag auf Grund lediglich bei ihm gerichtskundiger Tatsachen gewonnen hat (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses , BT-Drucks. 14/4722, S. 100). Damit kann und muß das Berufungsgericht erst recht konkrete Anhaltspunkte berücksichtigen, die ihre Grundlage im erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien haben, auch wenn das Übergehen dieses Vortrags von dem Berufungskläger nicht zum Gegenstand einer Berufungsrüge gemacht worden ist (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 529 Rdn. 12). Bemerkt das Berufungsgericht etwa anläßlich der Prüfung sonstiger Berufungsrügen, daß das Eingangsgericht eine für die Beweiswürdigung bedeutsame Tatsache oder ein erhebliches Beweisangebot übergangen hat, dann bestehen auch ohne dahingehende Rüge konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, die das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO zu einer erneuten Tatsachenfeststellung verpflichten (a.A. Rimmelspacher, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, 2003, S. 11, 16).
(2) Dem steht nicht entgegen, daß das erstinstanzliche Gericht hier Parteivorbringen übergangen hat und darin ein Verfahrensfehler in Gestalt der Versagung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder des Verstoßes gegen § 286 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 15. März 2000, VIII ZR 31/99, NJW 2000, 2024, 2026) zu sehen ist. Zwar prüft das Berufungsgericht einen Mangel des Verfahrens - soweit er nicht von Amts wegen berücksichtigt werden muß - gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur dann, wenn er gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO in der Berufungsbegründung gerügt worden ist. Hierdurch wird jedoch die durch § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO geregelte tatsächliche Inhaltskontrolle des Berufungsgerichts entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 520 Rdn. 53, § 529
Rdn. 14, 38; ders., NJW 2002, 1897, 1902; ders., NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 11, 15; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 9, 23; Hinz, NZM 2001, 601, 605; Gehrlein, MDR 2003, 421, 428) nicht eingeschränkt (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 8, § 529 Rdn. 27, 43; Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 529 Rdn. 12; Vorwerk, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 4, 6; Gaier, NJW 2004, 110, 112). Von der Aufgabe des Berufungsgerichts, konkreten Anhaltspunkten ungeachtet einer Berufungsrüge nachzugehen, macht das Gesetz keine Ausnahme, wenn sich - was ohnehin die weitaus praktischste Fallgestaltung darstellen dürfte - konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO aus Verfahrensfehlern des Erstrichters bei der Feststellung des Sachverhalts ergeben. Dies zeigt sich an der Systematik des § 529 ZPO, der mit seinen Absätzen klar zwischen den Aufgaben des Berufungsgerichts bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht trennt (Hannich /Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 8, § 529 Rdn. 27, 43). Für die tatsächliche Inhaltskontrolle ist ausschließlich § 529 Abs. 1 ZPO maßgebend, eine Vermischung mit der in § 529 Abs. 2 ZPO geregelten Rechtsfehlerkontrolle darf mithin selbst dann nicht stattfinden, wenn die fehlerhaften Tatsachenfeststellungen im erstinstanzlichen Urteil auf einem Verfahrensmangel beruhen.
(3) Das Berufungsgericht ist an der Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens nicht deshalb gehindert gewesen, weil dieser Vortrag weder durch eine Darstellung im Tatbestand noch durch eine § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO genügende Bezugnahme (vgl. BGH, Urt. v. 18. Februar 1954, IV ZR 126/53, LM § 295 ZPO Nr. 9) in dem erstinstanzlichen Urteil Erwähnung gefunden hat.
Die auf § 314 ZPO gestützte Annahme, daß nicht erwähnte Angriffsund Verteidigungsmittel, auch tatsächlich unterblieben sind (negative Beweiskraft des Tatbestandes), wäre nur dann gerechtfertigt, wenn das Parteivorbringen in dem Urteilstatbestand vollständig wiedergegeben werden müßte. Nur dann könnte nämlich von dem Fehlen einer Darstellung auf das Fehlen entsprechenden Vortrags geschlossen werden. Eine vollständige Wiedergabe des Parteivorbringens kann aber nicht mehr zu den Funktionen des Urteilstatbestandes zählen, nachdem sich das Gesetz in § 313 Abs. 2 ZPO mit einer "knappen" Darstellung nur des "wesentlichen Inhalts" der vorgebrachten Angriffs - und Verteidigungsmittel begnügt (MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 7; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 7, § 559 Rdn. 17; ders., in Festschrift für Geiß, 2000, S. 3, 20; Fischer, DRiZ 1994, 461, 462 f; Crückeberg, MDR 2003, 199, 200; Gaier, NJW 2004, 110, 111; Rixecker, NJW 2004, 705, 708; a.A. Rimmelspacher, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 11, 13). Dies hängt eng zusammen mit der Aufgabe der ursprünglichen Konzeption des Zivilprozesses als eines rein mündlichen Verfahrens, nach der mündlicher Vortrag weder durch ein Verlesen noch durch eine Bezugnahme auf Schriftsätze ersetzt werden konnte (§ 128 Abs. 3 Satz 1 CPO 1877/§ 137 Abs. 3 Satz 1 CPO 1900). Wurde hiernach ausschließlich das mündlich Vorgetragene zum Prozeßstoff, so konnte dieser nicht durch den Inhalt der Schriftsätze , sondern allein durch den - tunlichst vollständigen - Urteilstatbestand nachgewiesen werden. Insbesondere seit der gänzlichen Aufgabe des Bezugnahmeverbots durch die Neufassung des § 137 Abs. 3 Satz 1 ZPO (RGBl. I 1924, 135) stehen indessen die vorbereitenden Schriftsätze ebenfalls zum Nachweis des Parteivorbringens zur Verfügung. Da mit der Antragstellung und der mündlichen Verhandlung im Zweifel eine Bezugnahme der Parteien auf den Inhalt der zur Vorbereitung vorgelegten Schriftstücke verbunden ist (BGH,
Urt. v. 28. November 2001, IV ZR 309/00, NJW-RR 2002, 381 m.w.N.), ergibt sich der Prozeßstoff auch aus dem Inhalt der Gerichtsakten. Der Bundesgerichtshof hat bereits vor dem Hintergrund dieser Überlegung - wenn auch ohne ausdrückliche Aufgabe der Rechtsprechung zur negativen Beweiskraft - auf entsprechende Revisionsrüge Vorbringen berücksichtigt, das im Tatbestand nicht erwähnt war (BGH, Urt. v. 16. Juni 1992, XI ZR 166/91, NJW 1992, 2148, 2149; Urt. v. 7. Dezember 1995, III ZR 141/93, NJW-RR 1996, 379; vgl. auch Urt. v. 28. November 2001, IV ZR 309/00, aaO). Allein mit dem Hinweis auf die negative Beweiskraft des Urteilstatbestandes kann mithin Parteivorbringen, das sich aus den vorbereitenden Schriftsätzen ergibt, in den Rechtsmittelverfahren nicht unberücksichtigt bleiben. Hingegen bleibt die negative Beweiskraft für solche Angriffs- und Verteidigungsmittel von Bedeutung, die in der mündlichen Verhandlung ohne vorherige Ankündigung in einem vorbereitenden Schriftsatz vorgebracht werden (Ball, in Festschrift für Geiß, 2000, S. 3, 20). Allerdings hat die Rechtsprechung bisher dem Urteilstatbestand auf Grund des § 314 ZPO auch negative Beweiskraft hinsichtlich des mündlichen Parteivorbringens beigelegt. Danach soll der Tatbestand nicht nur Beweis dafür erbringen, daß das, was in ihm als Parteivortrag wiedergegeben wird, tatsächlich vorgetragen worden ist, sondern auch beweisen, daß von den Parteien nichts behauptet worden ist, was nicht aus dem Tatbestand ersichtlich ist (Senat, Urt. v. 25. Mai 1984, V ZR 199/82, NJW 1984, 2463, insoweit in BGHZ 91, 282 nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 27. Mai 1981, IVa ZR 55/80, NJW 1981, 1848; Urt. v. 3. November 1982, IVa ZR 39/81, NJW 1983, 885, 886 m.w.N.; Urt. v. 16. Mai 1990, IV ZR 64/89, NJW-RR 1990, 1269). Dieser bereits vom Reichsgericht (RGZ 4, 418, 420; RG, JW 1887, 38; 1896, 72; 1897, 52, 53) vertretenen Auffassung ist das Bundesverwaltungsgericht beigetreten (BVerwG, Beschl. v. 13. April 1989, 1 B 21/89 m.w.N.). Gleichwohl bedarf es
hier weder einer Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen (§ 132 GVG) noch an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 2 RsprEinhG). Beide Vorlagen setzen voraus, daß die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage für die Entscheidung des konkreten Falles nach Auffassung des vorlegenden Senats erforderlich wird, das vorlegende Gericht also bei Befolgung der abweichenden Ansicht zu einem anderen Ergebnis gelangen würde (BGH, Beschl. v. 15. Februar 2000, XI ZR 10/98, NJW 2000, 1185 zu § 132 GVG; GmS-OGB, BGHZ 88, 353, 357 zu § 2 RsprEinhG). An diesem Erfordernis fehlt es; denn das angefochtene Urteil ist bereits deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit des zugrunde gelegten Sachverhalts aus den bereits erörterten Fehlern der Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil ergeben.

III.


Nach alledem war die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird zunächst die gebotenen Feststellungen zum Inhalt der geführten Vertragsverhandlungen nachholen müssen. Sollte danach von dem Vorliegen der Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs auszugehen sein, wären weitergehende Feststellungen zur Schadenshöhe erforderlich. Da die Klägerin an dem geschlossenen Vertrag festhalten will, wäre als ersatzfähiger Schaden der Betrag anzusetzen, um den die Klägerin die Dachgeschoßwohnung im Vertrauen auf
die Richtigkeit der Angaben der Zeugin Dr. L. zu teuer erworben hat (vgl. Senat, Urt. v. 6. April 2001, V ZR 394/99, NJW 2001, 2875, 2877 m.w.N.).
Wenzel Krüger Klein Gaier RiBGH Dr. Stresemann ist infolge Urlaubsabwesenheit gehindert, zu unterschreiben. Wenzel

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.