Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 257/03 Verkündet am:
12. März 2004
W i l m s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) § 529 Abs. 1 Nr. 1
Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen
des erstinstanzlichen Gerichts begründen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern
ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen
sind.
ZPO (2002) § 529 Abs. 1
Ist eine Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht geboten, so beurteilt sich die
Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht zu einer Wiederholung der erstinstanzlichen
Beweisaufnahme verpflichtet ist, nach denselben Grundsätzen wie aus der Zeit vor Geltung
des Zivilprozeßreformgesetzes.
ZPO (2002) § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3
Wird in der Berufungsbegründung gerügt, das erstinstanzliche Gericht habe Parteivorbringen
übergangen, so ist eine genaue Bezeichnung unter Angabe der Fundstelle in den
Schriftsätzen der Vorinstanz nicht erforderlich.
ZPO (2002) § 529 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1
Auch bei einem Verfahrensfehler des erstinstanzlichen Gerichts obliegt dem Berufungsgericht
nach Maßgabe des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO die tatsächliche Inhaltskontrolle
des erstinstanzlichen Urteils ungeachtet einer entsprechenden Berufungsrüge.
Für schriftsätzlich angekündigtes Vorbringen kommt dem Urteilstatbestand keine negative
Beweiskraft zu.
BGH, Urt. v. 12. März 2004 - V ZR 257/03 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. März 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. August 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte war von der Stadt O. beauftragt, auf einem ehemaligen Kasernengelände gelegene Grundstücke und Wohnungen zu vermarkten. Mit notariellem Vertrag vom 8. Juli 1999 verkaufte sie eine durch Ausbau des Dachgeschosses eines Hauses noch zu errichtende Wohnung zum Preis von 444.000 DM an die Klägerin.
Dem Vertragsschluß vorausgegangen waren Verhandlungen zwischen einer Mitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin Dr. L. , und der Klägerin, die von ihrem Bekannten, dem Zeugen Rechtsanwalt W. , begleitet wur-
de. Nach den Behauptungen der Klägerin erklärte Dr. L. während der Verhandlungen, auf dem der künftigen Dachgeschoßwohnung gegenüber liegenden Grundstück der Beklagten solle ein lediglich zweigeschossiges Gebäude errichtet werden, so daß die Sicht aus der Wohnung auf den Taunus uneingeschränkt erhalten bleibe. Tatsächlich war bereits zu diesem Zeitpunkt der - zwischenzeitlich begonnene - Bau eines viergeschossigen Wohn- und Geschäftshauses durch einen Investor geplant, wovon die Klägerin erst nach Bezug der Wohnung Kenntnis erhielt. Die mehr als zweigeschossige Nachbarbebauung , so hat die Klägerin behauptet, habe zu einem um 20 % geminderten Wert der Wohnung geführt.
Sie verlangt daher Schadensersatz in Höhe von 20 % des Kaufpreises sowie entsprechend geminderter Erwerbskosten und nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auf Zahlung von 47.613,80 Landgericht hat die Klage nach Vernehmung des Zeugen W. und der Zeugin Dr. L. über den Inhalt der Vertragsverhandlungen abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat sich die Klägerin gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts gewandt und insbesondere gerügt, daß das Landgericht die Zeugen nicht gehört habe, die sie zur Erschütterung der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Dr. L. benannt habe. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält die Klage auf der Grundlage der in erster Instanz getroffenen Feststellungen für unbegründet. Die von der Klägerin behaupteten Falschangaben der Zeugin Dr. L. zur zweigeschossigen Bebauung des gegenüberliegenden Grundstücks seien nicht bewiesen. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen, die gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erneute Feststellungen in der Berufungsinstanz gebieten könnten, habe die Klägerin nicht aufgezeigt. Die von dem Eingangsgericht vorgenommene Beweiswürdigung unterliege zwar gewissen Zweifeln, sei im Ergebnis jedoch zutreffend. Soweit die Klägerin das Übergehen erstinstanzlicher Beweisanträge gerügt habe, betreffe dies einen nicht von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel , der gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur dann Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO begründen könne, wenn er nach Maßgabe des § 520 Abs. 3 ZPO in der Berufungsbegründung ordnungsgemäß geltend gemacht worden sei. Diesen Anforderungen entspreche die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge nicht, weil es an einer konkreten Bezeichnung der angebotenen Zeugen und der Angabe des genauen Aktenfundorts der jeweiligen Beweisangebote fehle.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

II.


1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts. Für den Fall, daß - wie die Klägerin behauptet - die für die Beklagte handelnde Zeugin Dr. L. im Rahmen der Vertragsverhandlungen unzutreffende Angaben zu der geplanten Bebauung des gegenüberliegenden Grundstücks gemacht haben sollte, wären die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß erfüllt (vgl. Senat, Urt. v. 20. September 1996, V ZR 173/95, NJW-RR 1997, 144, 145; Urt. v. 26. September 1997, V ZR 29/96, NJW 1998, 302). Die Gewährleistungsvorschriften des hier weiterhin anwendbaren früheren Rechts (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB) sind nicht einschlägig und stehen mithin einer Haftung der Beklagten wegen Verschuldens bei Vertragsschluß nicht entgegen. Der Umstand, daß der gegenwärtige oder zukünftige Eigentümer eines benachbarten Grundstücks zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht den Willen hat, dieses entsprechend den baurechtlichen Möglichkeiten zu bebauen, stellt keine Eigenschaft des veräußerten Objekts, deren Fehlen als Sachmangel qualifiziert werden könnte (BGH, Urt. v. 14. Januar 1993, IX ZR 206/91, NJW 1993, 1323, 1324).
2. Hingegen rügt die Revision mit Erfolg, daß das Berufungsgericht erneute Feststellungen zu dem zwischen den Parteien streitigen Inhalt der Vertragsverhandlungen unter Verletzung des Verfahrensrechts abgelehnt hat. Auch nach neuem Recht unterliegen Berufungsurteile auf entsprechende Verfahrensrüge hinsichtlich der vollständigen Berücksichtigung des Streitstoffs und der Beweisangebote der Überprüfung durch das Revisionsgericht (MünchKomm -ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 546 Rdn. 15). Dies führt vorliegend zu dem Ergebnis, daß sich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an
der Vollständigkeit des von dem Eingangsgericht zugrunde gelegten Sachverhalts , die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO erneute Feststellungen des Berufungsgerichts gebieten, sowohl aus Fehlern der Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Urteil (a), als auch aus dem Übergehen erstinstanzlichen Vorbringens der Klägerin (b) ergeben.

a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO ist das Berufungsgericht an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 100; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann , NJW 2003, 169, 171).
aa) Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind (Hannich /Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 529 Rdn. 21; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 529 Rdn. 8). Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urt. v. 11. Februar 1987, IVb ZR 23/86, NJW 1987, 1557, 1558; Senat, Urt. v. 9. Juli 1999, V ZR 12/98, NJW 1999, 3481, 3482). Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt unter anderem dann vor,
wenn Umständen Indizwirkungen zuerkannt werden, die sie nicht haben können , oder wenn die Ambivalenz von Indiztatsachen nicht erkannt wird (BGH, Urt. v. 22. Januar 1991, VI ZR 97/90, NJW 1991, 1894, 1895; Urt. v. 23. Januar 1997, I ZR 29/94, NJW 1997, 2757, 2759).
(1) Hieran gemessen ist die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil zumindest insoweit fehlerhaft, als es um die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen W. geht. Dessen Bekundungen hat das Gericht erster Instanz vor allem deshalb für unglaubhaft gehalten, weil der Zeuge die angebliche Zusicherung der Zeugin Dr. L. , das gegenüberliegende Grundstück werde nur zweigeschossig bebaut, nicht überprüft und sich insbesondere bei der Stadt O. nicht nach dem Bestand und dem Inhalt eines etwaigen Bebauungsplans erkundigt habe. Diesem Umstand kommt indes die ihm vom Gericht zuerkannte Indizwirkung nicht zu. Es ist nicht ersichtlich , aus welchem Grund für den Zeugen W. , der an den Vertragsverhandlungen nicht als beauftragter Rechtsanwalt, sondern allein wegen seiner Bekanntschaft mit der Klägerin teilgenommen hatte, Anlaß bestehen konnte, Erkundigungen zu den Äußerungen der Zeugin Dr. L. einzuholen. Zudem ist das herangezogene Indiz auch auf Grund seiner Ambivalenz nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen W. in Frage zu stellen. Selbst für die Klägerin gab es nämlich keine Veranlassung, die von der Zeugin Dr. L. erteilten Auskünfte zu überprüfen, wenn sie auf deren Richtigkeit vertraute. Daß die Angaben der Zeugin einen für den Vertragswillen der Klägerin bedeutsamen Punkt betrafen, steht dieser Möglichkeit nicht entgegen. Das Unterbleiben von Nachforschungen läßt deshalb nicht ohne weiteres darauf schließen, daß die Zeugin Dr. L. eine zweigeschossige Nachbarbebauung nicht zugesagt hat. Vielmehr läßt dieser Umstand auch den
Schluß zu, die Klägerin habe sich ebenso wie der Zeuge W. auf eine derartige Zusage verlassen. (2) Geht das Eingangsgericht - wie hier - auf Grund einer fehlerhaften Beweiswürdigung von der Nichterweislichkeit einer entscheidungserheblichen Tatsachenbehauptung aus, so bestehen konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit der getroffenen Feststellungen (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 13, § 529 Rdn. 35). Hierbei genügt es, wenn nur ein tragendes Element der erstinstanzlichen Beweiswürdigung in seiner Aussagekraft geschmälert wird (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 32), weil bereits dann die Unrichtigkeit oder Lückenhaftigkeit der getroffenen Feststellungen als Folge der konkreten Anhaltspunkte nicht ausgeschlossen werden kann (Rimmelspacher , NJW 2002, 1897, 1902). So liegt der Fall auch hier. Ausweislich seiner Ausführungen zur Beweiswürdigung ist das erstinstanzliche Gericht nur deshalb zu dem Ergebnis der Nichterweislichkeit unzutreffender Angaben der Zeugin Dr. L. gelangt, weil es Anlaß gesehen hat, an der Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen W. zumindest zu zweifeln. Können diese Bedenken ausgeräumt werden, so ist es möglich, daß der Tatrichter die Aussage des Zeugen W. als glaubhaft ansieht. Da die Beweiswürdigung dann auch zu einem anderen Ergebnis führen kann, besteht die nicht nur theoretische Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses. In solcher Situation sind erneute oder auch erstmalige (Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 12) neue Tatsachenfeststellungen durch das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO geboten (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 14/6036, S. 123; Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 36; MünchKomm -ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 529 Rdn. 24; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 11).
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts läßt sich weder das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte noch die Erforderlichkeit erneuter Feststellungen mit der Erwägung verneinen, das Ergebnis der erstinstanzlichen Beweiswürdigung unterliege zwar "gewissen Zweifeln", sei aber aus anderen Gründen richtig. Zu dieser Schlußfolgerung konnte das Berufungsgericht nur auf Grund einer eigenständigen Würdigung der in erster Instanz erhobenen Beweise gelangen. Dies stellt jedoch, worauf die Revision zutreffend hinweist, der Sache nach eine erneute Tatsachenfeststellung dar, die aber nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte und das Gebotensein nochmaliger Feststellungen gerade voraussetzt.
cc) Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht deshalb als richtig dar (§ 561 ZPO), weil das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO gebotenen erneuten Tatsachenfeststellung zwar - fehlerhaft - verneint, eine solche aber doch vorgenommen hat. Die Tatsachenfeststellung in dem Berufungsurteil leidet nämlich ebenfalls an einem Verfahrensmangel und kann deshalb keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht stützt seine Auffassung, die von der Klägerin behauptete Zusicherung einer zweigeschossigen Bebauung des Nachbargrundstücks sei nicht erwiesen , darauf, daß beide Zeugen ein persönliches Interesse am Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits hätten. Damit stellt das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit der Zeugen in Frage, was - wie die Revision zu Recht rügt - nur auf Grund deren nochmaliger Vernehmung zulässig gewesen wäre, nachdem das erstinstanzliche Gericht beide Zeugen als glaubwürdig angesehen hat. Es hat sich mit der fehlenden Glaubwürdigkeit der Zeugen W. und Dr. L. nur insoweit befaßt, als es angesichts der sich widersprechenden Aussagen erwogen hat, einer von beiden Zeugen müsse gelogen haben. Zu
einer Aufklärung hat sich das erstinstanzliche Gericht jedoch außer Stande gesehen, seine Bedenken hinsichtlich der Glaubwürdigkeit daher nicht weiterverfolgt und seine weiteren Ausführungen auf die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen beschränkt. Die Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht zu einer Wiederholung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme verpflichtet ist, wenn die Voraussetzungen für eine erneute Tatsachenfeststellung vorliegen, beantwortet sich nach den von der Rechtsprechung zum bisherigen Recht entwickelten Grundsätzen (Musielak/Huber, aaO, § 398 Rdn. 5; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 13). Es verbleibt mithin dabei, daß das Berufungsgericht bei pflichtgemäßer Ausübung des ihm durch §§ 525 Satz 1, 398 Abs. 1 ZPO eingeräumten Ermessens einen bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals vernehmen muß, wenn es dessen Glaubwürdigkeit abweichend vom Erstrichter beurteilen will (vgl. BGH, Urt. v. 29. Oktober 1996, VI ZR 262/95, NJW 1997, 466; Urt. v. 10. März 1998, VI ZR 30/97, NJW 1998, 2222, 2223 m.w.N.).

b) Zweifel an der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ergeben sich zudem daraus, daß das Eingangsgericht die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin nicht berücksichtigt hat, die Zeugin Dr. L. habe auch anderen Interessenten eine lediglich zweigeschossige Bebauung des Nachbargrundstücks zugesagt. Träfe diese Behauptung zu, so wäre sie geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Dr. L. , sie habe die Klägerin ebenso wie alle übrigen Interessenten auf die geplante viergeschossige Bebauung hingewiesen, in Frage zu stellen. Besteht mithin unter Zugrundelegung der von der Klägerin behaupteten Tatsache zumindest die Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses, so ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO eine erneute Tatsachenfeststellung geboten. Entgegen der Auf-
fassung des Berufungsgerichts ist hierfür eine den formalen Anforderungen des Revisionsrechts genügende Berufungsrüge selbst dann nicht Voraussetzung , wenn - wie hier - zugleich auch ein Verfahrensfehler des Erstrichters vorliegt. Insoweit stellt das Berufungsgericht, was die Revision mit Erfolg geltend macht, zum einen zu hohe Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit einer Verfahrensrüge gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO (aa) und verkennt zum anderen auch die Bedeutung des § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO (bb).
aa) Das Berufungsgericht überspannt die inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung, soweit es die Ordnungsmäßigkeit der von der Klägerin gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO erhobenen Berufungsrüge mit der Begründung verneint, es fehle an der erforderlichen namentlichen Benennung der in erster Instanz angebotenen Zeugen und an der Angabe des Aktenfundorts der jeweiligen Beweisangebote.
(1) Wendet sich der Berufungskläger - wie hier - gegen die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil, so greift er, gestützt auf den Berufungsgrund des § 513 Abs. 1 Alt. 2 ZPO, die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen mit dem Ziel einer erneuten Feststellung durch das Berufungsgericht an. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Berufung muß er deshalb gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO die Voraussetzungen darlegen, unter denen nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO die Bindung des Berufungsgerichts an die vom Eingangsgericht getroffenen Feststellungen entfällt (BGH, Beschl. v. 28. Mai 2003, XII ZB 165/02, NJW 2003, 2531, 2532). Dies hat die Klägerin bereits dadurch getan, daß sie die Feststellungen des Erstrichters unter Hinweis auf ein bereits in erster Instanz vorgelegtes Beschwerdeschreiben mehrerer Wohnungseigentümer angegriffen und ihre Behauptung wiederholt hat, die Zeugin Dr.
L. habe auch anderen Interessenten eine lediglich zweigeschossige Be- bauung des Nachbargrundstücks zugesagt. Da dieses Vorbringen die Glaubhaftigkeit der inhaltlich widersprechenden Aussage der Zeugin in Frage stellen kann und in dem mit der Berufung angefochtenen Urteil nicht berücksichtigt worden ist, sind nach der Berufungsbegründung konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an den erstinstanzlich getroffenen Feststellungen mit der Folge gegeben , daß das Berufungsgericht insoweit nicht mehr gebunden ist. Auf die von der Klägerin angebotenen Zeugen wäre es erst angekommen, wenn die vom Berufungsgericht vorzunehmende Prüfung ergeben hätte, daß die Behauptung der Klägerin von der Beklagten wirksam bestritten worden war.
(2) Nichts anderes folgt aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, falls diese Regelung für Angriffe gegen Tatsachenfeststellungen auf Grund von Verfahrensfehlern - zusätzlich - anwendbar sein sollte (befürwortend Fellner, MDR 2003, 721, 722; ablehnend MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 520 Rdn. 40). Hieraus ergeben sich im Ergebnis keine weitergehenden Anforderungen an den notwendigen Inhalt der Berufungsbegründung. Die ohnehin erforderliche Darlegung der in § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO bestimmten Voraussetzungen reicht nämlich im Falle eines Verfahrensmangels auch für die nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO gebotene Darlegung einer entscheidungskausalen Rechtsverletzung aus. Insbesondere muß der Berufungskläger zur Darlegung der Entscheidungserheblichkeit des geltend gemachten Verfahrensfehlers lediglich aufzeigen, daß das Eingangsgericht ohne den Verfahrensverstoß möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre (Musielak /Ball, aaO, § 520 Rdn. 33).
(3) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lassen sich strengere formale Anforderungen an die Berufungsbegründung nicht daraus herleiten, daß ein Revisionskläger, der gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b ZPO ein verfahrensfehlerhaftes Übergehen von Tatsachenbehauptungen oder Beweisangeboten rügen will, diese unter Angabe der Fundstelle in den Schriftsätzen der Vorinstanzen genau bezeichnen muß (vgl. dazu BGHZ 14, 205, 209 f; BAG, ZIP 1983, 605, 606; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 554 Rdn. 13; MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 551 Rdn. 21; Musielak/Ball, aaO, § 551 Rdn. 11). Dieses revisionsrechtliche Erfordernis ist auf das Berufungsverfahren nicht übertragbar (a.A. Musielak/Ball, aaO, § 520 Rdn. 32; Ball, WuM 2002, 296, 299; wohl auch Stackmann, NJW 2003, 169, 171 f). Es findet seine Rechtfertigung in der durch § 559 Abs. 1 ZPO allein für das Revisionsverfahren angeordneten Beschränkung des Prozeßstoffs. Danach kann aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll nicht ersichtliches Parteivorbringen nur über eine Nichtberücksichtigungsrüge zur Beurteilungsgrundlage des Revisionsgerichts werden (vgl. MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 3, 7). Diese Rüge muß so konkret sein, daß keine Zweifel an dem vom Revisionsgericht zugrunde zu legenden Tatsachenstoff verbleiben. Das Berufungsverfahren kennt hingegen keine § 559 Abs. 1 ZPO vergleichbare Bestimmung. Eine entsprechende Anwendung der revisionsrechtlichen Regelung scheitert an den unterschiedlichen Funktionen der Rechtsmittel (Gaier, NJW 2004, 110, 111; a.A. Grunsky, NJW 2002, 800, 801; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901). Anders als im Revisionsverfahren ist das angefochtene Urteil nicht nur auf Rechtsfehler hin zu überprüfen, vielmehr gehört es gemäß § 513 Abs. 1 ZPO zu den Aufgaben der Berufung, das Urteil der Vorinstanz auch auf konkrete Anhaltspunkte für Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit der getroffenen Tatsachenfeststellungen zu prüfen und etwaige Fehler zu beseiti-
gen (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 64; Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 1, 7, 12 f). Fehlt es mithin an einer begrenzenden Regelung, so gelangt mit einem zulässigen Rechtsmittel grundsätzlich der gesamte - wie noch auszuführen sein wird, aus den Akten ersichtliche - Prozeßstoff der ersten Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz (Barth, NJW 2002, 1702, 1703; Gaier, NJW 2004, 110, 112). Damit steht auch der von dem Berufungsgericht zu berücksichtigende Tatsachenstoff fest, weshalb es einer Nichtberücksichtigungsrüge und der für sie geltenden formalen Anforderungen nicht bedarf. bb) Zudem hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, daß die ihm nach Maßgabe des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO obliegende Kontrolle der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage des erstinstanzlichen Urteils im Fall eines - wie hier - zulässigen Rechtsmittels ungeachtet einer entsprechenden Berufungsrüge besteht.
(1) Eine Bindung des Berufungsgerichts an solche Zweifel begründende Umstände, die in der Berufungsbegründung dargelegt sind, folgt insbesondere nicht aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO. Danach müssen zwar konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO in der Berufungsbegründung bezeichnet werden. Auf solche Umstände wird die Überprüfung durch das Berufungsgericht allerdings nicht beschränkt, sondern lediglich eine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels geregelt (§ 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Notwendigkeit einer Rüge läßt sich dem Wortlaut anderer Gesetzesvorschriften ebensowenig entnehmen. Sie entspricht auch nicht dem Willen des Gesetzgebers. Nach den Gesetzesmaterialien hat das Berufungsgericht Zweifeln an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen selbst dann nachzugehen, wenn es sie unabhängig vom Partei-
vortrag auf Grund lediglich bei ihm gerichtskundiger Tatsachen gewonnen hat (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses , BT-Drucks. 14/4722, S. 100). Damit kann und muß das Berufungsgericht erst recht konkrete Anhaltspunkte berücksichtigen, die ihre Grundlage im erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien haben, auch wenn das Übergehen dieses Vortrags von dem Berufungskläger nicht zum Gegenstand einer Berufungsrüge gemacht worden ist (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 529 Rdn. 12). Bemerkt das Berufungsgericht etwa anläßlich der Prüfung sonstiger Berufungsrügen, daß das Eingangsgericht eine für die Beweiswürdigung bedeutsame Tatsache oder ein erhebliches Beweisangebot übergangen hat, dann bestehen auch ohne dahingehende Rüge konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, die das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO zu einer erneuten Tatsachenfeststellung verpflichten (a.A. Rimmelspacher, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, 2003, S. 11, 16).
(2) Dem steht nicht entgegen, daß das erstinstanzliche Gericht hier Parteivorbringen übergangen hat und darin ein Verfahrensfehler in Gestalt der Versagung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder des Verstoßes gegen § 286 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 15. März 2000, VIII ZR 31/99, NJW 2000, 2024, 2026) zu sehen ist. Zwar prüft das Berufungsgericht einen Mangel des Verfahrens - soweit er nicht von Amts wegen berücksichtigt werden muß - gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur dann, wenn er gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO in der Berufungsbegründung gerügt worden ist. Hierdurch wird jedoch die durch § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO geregelte tatsächliche Inhaltskontrolle des Berufungsgerichts entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 520 Rdn. 53, § 529
Rdn. 14, 38; ders., NJW 2002, 1897, 1902; ders., NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 11, 15; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 9, 23; Hinz, NZM 2001, 601, 605; Gehrlein, MDR 2003, 421, 428) nicht eingeschränkt (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 8, § 529 Rdn. 27, 43; Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 529 Rdn. 12; Vorwerk, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 4, 6; Gaier, NJW 2004, 110, 112). Von der Aufgabe des Berufungsgerichts, konkreten Anhaltspunkten ungeachtet einer Berufungsrüge nachzugehen, macht das Gesetz keine Ausnahme, wenn sich - was ohnehin die weitaus praktischste Fallgestaltung darstellen dürfte - konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO aus Verfahrensfehlern des Erstrichters bei der Feststellung des Sachverhalts ergeben. Dies zeigt sich an der Systematik des § 529 ZPO, der mit seinen Absätzen klar zwischen den Aufgaben des Berufungsgerichts bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht trennt (Hannich /Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 8, § 529 Rdn. 27, 43). Für die tatsächliche Inhaltskontrolle ist ausschließlich § 529 Abs. 1 ZPO maßgebend, eine Vermischung mit der in § 529 Abs. 2 ZPO geregelten Rechtsfehlerkontrolle darf mithin selbst dann nicht stattfinden, wenn die fehlerhaften Tatsachenfeststellungen im erstinstanzlichen Urteil auf einem Verfahrensmangel beruhen.
(3) Das Berufungsgericht ist an der Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens nicht deshalb gehindert gewesen, weil dieser Vortrag weder durch eine Darstellung im Tatbestand noch durch eine § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO genügende Bezugnahme (vgl. BGH, Urt. v. 18. Februar 1954, IV ZR 126/53, LM § 295 ZPO Nr. 9) in dem erstinstanzlichen Urteil Erwähnung gefunden hat.
Die auf § 314 ZPO gestützte Annahme, daß nicht erwähnte Angriffsund Verteidigungsmittel, auch tatsächlich unterblieben sind (negative Beweiskraft des Tatbestandes), wäre nur dann gerechtfertigt, wenn das Parteivorbringen in dem Urteilstatbestand vollständig wiedergegeben werden müßte. Nur dann könnte nämlich von dem Fehlen einer Darstellung auf das Fehlen entsprechenden Vortrags geschlossen werden. Eine vollständige Wiedergabe des Parteivorbringens kann aber nicht mehr zu den Funktionen des Urteilstatbestandes zählen, nachdem sich das Gesetz in § 313 Abs. 2 ZPO mit einer "knappen" Darstellung nur des "wesentlichen Inhalts" der vorgebrachten Angriffs - und Verteidigungsmittel begnügt (MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 7; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 7, § 559 Rdn. 17; ders., in Festschrift für Geiß, 2000, S. 3, 20; Fischer, DRiZ 1994, 461, 462 f; Crückeberg, MDR 2003, 199, 200; Gaier, NJW 2004, 110, 111; Rixecker, NJW 2004, 705, 708; a.A. Rimmelspacher, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 11, 13). Dies hängt eng zusammen mit der Aufgabe der ursprünglichen Konzeption des Zivilprozesses als eines rein mündlichen Verfahrens, nach der mündlicher Vortrag weder durch ein Verlesen noch durch eine Bezugnahme auf Schriftsätze ersetzt werden konnte (§ 128 Abs. 3 Satz 1 CPO 1877/§ 137 Abs. 3 Satz 1 CPO 1900). Wurde hiernach ausschließlich das mündlich Vorgetragene zum Prozeßstoff, so konnte dieser nicht durch den Inhalt der Schriftsätze , sondern allein durch den - tunlichst vollständigen - Urteilstatbestand nachgewiesen werden. Insbesondere seit der gänzlichen Aufgabe des Bezugnahmeverbots durch die Neufassung des § 137 Abs. 3 Satz 1 ZPO (RGBl. I 1924, 135) stehen indessen die vorbereitenden Schriftsätze ebenfalls zum Nachweis des Parteivorbringens zur Verfügung. Da mit der Antragstellung und der mündlichen Verhandlung im Zweifel eine Bezugnahme der Parteien auf den Inhalt der zur Vorbereitung vorgelegten Schriftstücke verbunden ist (BGH,
Urt. v. 28. November 2001, IV ZR 309/00, NJW-RR 2002, 381 m.w.N.), ergibt sich der Prozeßstoff auch aus dem Inhalt der Gerichtsakten. Der Bundesgerichtshof hat bereits vor dem Hintergrund dieser Überlegung - wenn auch ohne ausdrückliche Aufgabe der Rechtsprechung zur negativen Beweiskraft - auf entsprechende Revisionsrüge Vorbringen berücksichtigt, das im Tatbestand nicht erwähnt war (BGH, Urt. v. 16. Juni 1992, XI ZR 166/91, NJW 1992, 2148, 2149; Urt. v. 7. Dezember 1995, III ZR 141/93, NJW-RR 1996, 379; vgl. auch Urt. v. 28. November 2001, IV ZR 309/00, aaO). Allein mit dem Hinweis auf die negative Beweiskraft des Urteilstatbestandes kann mithin Parteivorbringen, das sich aus den vorbereitenden Schriftsätzen ergibt, in den Rechtsmittelverfahren nicht unberücksichtigt bleiben. Hingegen bleibt die negative Beweiskraft für solche Angriffs- und Verteidigungsmittel von Bedeutung, die in der mündlichen Verhandlung ohne vorherige Ankündigung in einem vorbereitenden Schriftsatz vorgebracht werden (Ball, in Festschrift für Geiß, 2000, S. 3, 20). Allerdings hat die Rechtsprechung bisher dem Urteilstatbestand auf Grund des § 314 ZPO auch negative Beweiskraft hinsichtlich des mündlichen Parteivorbringens beigelegt. Danach soll der Tatbestand nicht nur Beweis dafür erbringen, daß das, was in ihm als Parteivortrag wiedergegeben wird, tatsächlich vorgetragen worden ist, sondern auch beweisen, daß von den Parteien nichts behauptet worden ist, was nicht aus dem Tatbestand ersichtlich ist (Senat, Urt. v. 25. Mai 1984, V ZR 199/82, NJW 1984, 2463, insoweit in BGHZ 91, 282 nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 27. Mai 1981, IVa ZR 55/80, NJW 1981, 1848; Urt. v. 3. November 1982, IVa ZR 39/81, NJW 1983, 885, 886 m.w.N.; Urt. v. 16. Mai 1990, IV ZR 64/89, NJW-RR 1990, 1269). Dieser bereits vom Reichsgericht (RGZ 4, 418, 420; RG, JW 1887, 38; 1896, 72; 1897, 52, 53) vertretenen Auffassung ist das Bundesverwaltungsgericht beigetreten (BVerwG, Beschl. v. 13. April 1989, 1 B 21/89 m.w.N.). Gleichwohl bedarf es
hier weder einer Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen (§ 132 GVG) noch an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 2 RsprEinhG). Beide Vorlagen setzen voraus, daß die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage für die Entscheidung des konkreten Falles nach Auffassung des vorlegenden Senats erforderlich wird, das vorlegende Gericht also bei Befolgung der abweichenden Ansicht zu einem anderen Ergebnis gelangen würde (BGH, Beschl. v. 15. Februar 2000, XI ZR 10/98, NJW 2000, 1185 zu § 132 GVG; GmS-OGB, BGHZ 88, 353, 357 zu § 2 RsprEinhG). An diesem Erfordernis fehlt es; denn das angefochtene Urteil ist bereits deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit des zugrunde gelegten Sachverhalts aus den bereits erörterten Fehlern der Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil ergeben.

III.


Nach alledem war die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird zunächst die gebotenen Feststellungen zum Inhalt der geführten Vertragsverhandlungen nachholen müssen. Sollte danach von dem Vorliegen der Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs auszugehen sein, wären weitergehende Feststellungen zur Schadenshöhe erforderlich. Da die Klägerin an dem geschlossenen Vertrag festhalten will, wäre als ersatzfähiger Schaden der Betrag anzusetzen, um den die Klägerin die Dachgeschoßwohnung im Vertrauen auf
die Richtigkeit der Angaben der Zeugin Dr. L. zu teuer erworben hat (vgl. Senat, Urt. v. 6. April 2001, V ZR 394/99, NJW 2001, 2875, 2877 m.w.N.).
Wenzel Krüger Klein Gaier RiBGH Dr. Stresemann ist infolge Urlaubsabwesenheit gehindert, zu unterschreiben. Wenzel

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 513 Berufungsgründe


(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. (2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 313 Form und Inhalt des Urteils


(1) Das Urteil enthält:1.die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;2.die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;3.den Tag, an dem die mündliche Ve

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 132


(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate. (2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Sena

Zivilprozessordnung - ZPO | § 295 Verfahrensrügen


(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 314 Beweiskraft des Tatbestandes


Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 525 Allgemeine Verfahrensgrundsätze


Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedar

Zivilprozessordnung - ZPO | § 137 Gang der mündlichen Verhandlung


(1) Die mündliche Verhandlung wird dadurch eingeleitet, dass die Parteien ihre Anträge stellen. (2) Die Vorträge der Parteien sind in freier Rede zu halten; sie haben das Streitverhältnis in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung zu umfassen.

Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes - RsprEinhG | § 2 Zuständigkeit


(1) Der Gemeinsame Senat entscheidet, wenn ein oberster Gerichtshof in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats abweichen will. (2) Sind nach den Gerichtsverfassungs- oder Verfahrensgeset

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Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 165/02
vom
28. Mai 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung nach neuem
Recht gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2-4 i.V. mit § 531 Abs. 2 ZPO.
BGH, Beschluß vom 28. Mai 2003 - XII ZB 165/02 - LG Köln
AG Leverkusen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Mai 2003 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und die Richterin
Dr. VØzina

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluß des Landgerichts Köln vom 15. August 2002 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 1.663

Gründe:

I.

Die Klägerin macht Schadensersatz wegen nicht zurückgegebener Mietgegenstände geltend. Sie überließ dem Beklagten, der bei der Veranstaltung "Rhein in Flammen" vom 5. bis 6. Mai 2000 mehrere Getränkestände betrieb, 10.752 Mehrwegbecher sowie mehrere Transportboxen. Vereinbarungsgemäß sollte die Klägerin diese am Ende der Veranstaltung (zwischen 0.00 Uhr und 1.00 Uhr) an den Ständen abholen. Da die Klägerin zur Abholung nicht erschien, stellte der Beklagte gegen 4.15 Uhr Becher und Boxen zur Abholung bereit und verließ
den Veranstaltungsort. Die Klägerin verlangt Ersatz für nicht zurückgegebene 13 Transportboxen mit 4.180 Bechern. Der Beklagte erkennt lediglich eine Fehlmenge von 763 Bechern an und verlangt im Wege der Widerklage die geleistete Kaution zurück. Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 699,03 nsen verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen, weil die Begründung nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO entsprochen habe. Die Berufung enthalte u.a. die neue Behauptung, die Mitarbeiter der Klägerin seien in der Nacht vom 5. auf den 6. Mai 2000 plötzlich wie vom Erdboden verschwunden gewesen, und benenne dafür einen neuen Zeugen. Zu einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung im Sinne des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO gehöre nicht nur die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel, sondern auch die Bezeichnung von Tatsachen, aufgrund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen seien. Aus der Berufungsbegründung gehe nicht hervor, daß die Verspätung nicht auf Nachlässigkeit beruhe. Der Beklagte sage nicht, was er in den vergangenen zwei Jahren unternommen habe, um zu ermitteln, daß die Mitarbeiter plötzlich wie vom Erdboden verschwunden gewesen seien. Zu solchen Nachforschungen habe Anlaß bestanden. Im übrigen wäre die Berufung auch nicht begründet, wenn der neue Sachvortrag als wahr unterstellt werde. Selbst wenn die Mitarbeiter der Klägerin plötzlich wie vom Erdboden verschwunden gewesen seien, folge daraus noch kein Annahmeverzug der Klägerin. Seinen Angaben zufolge habe der Beklagte den Festplatz schon um 4.15 Uhr verlassen. Nach den Bekundungen des Zeugen W. stehe aber fest, daß die Mitarbeiter der Klägerin ca. 170.000 Becher hätten einsammeln müssen und dies bis 7.00 Uhr morgens gedauert habe. Um 4.15 Uhr habe der Beklagte deshalb noch nicht davon ausgehen dürfen, daß die Mitarbeiter der Klägerin nicht zurückkämen, um die restlichen Becher abzu-
holen. Er habe keinen Anspruch darauf gehabt, daß die Becher von seinen Ständen zuerst eingesammelt würden, sondern habe sich darauf einstellen müssen, daß er zu den Letzten gehöre. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Dem steht nicht entgegen, daß der Wert der "!# $ % $ ' )( geltend gemachten Beschwer 20.000 & nach § 26 Nr. 8 EGZPO nur für die Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO und kann auf die Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluß nicht entsprechend angewendet werden (BGH, Beschluß vom 19. September 2002 - V ZB 31/02 - NJW-RR 2003, 132, 133). Sie ist zulässig nach § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, da sie grundsätzliche Bedeutung hat. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Norm kommt einer Rechtssache dann zu, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, die klärungsbedürftig, klärungsfähig und entscheidungserheblich ist und das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZR 75/02 - NJW 2002, 2957). Die Frage, welche Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO zu stellen sind, ist höchstrichterlich nicht geklärt. An der Entscheidung dieser Frage besteht ein erhebliches Allgemeininteresse.
2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Berufung des Beklagten enthalte keine ausreichende Begründung und sei deshalb unzulässig, hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat unangemessen hohe Anforderungen an eine Begründung für eine zulässige Berufung gestellt.
a) Nach § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung mußte die Berufung die bestimmte Bezeichnung der im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) sowie der neuen Tatsachen , Beweismittel und Beweiseinreden, die die Partei zur Rechtfertigung ihrer Berufung anzuführen hat, enthalten. Die Mindestanforderungen an eine Berufungsbegründung waren in der Rechtsprechung geklärt. Es bestand Einigkeit , daß formularmäßige Sätze und allgemeine Redewendungen nicht genügten (BGH, Urteil vom 24. Januar 2000 - II ZR 172/98 - NJW 2000, 1576). Die Berufung mußte auf den zur Entscheidung stehenden Streitfall zugeschnitten sein und erkennen lassen, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen das angefochtene Urteil unrichtig sei (BGH, Beschluß vom 10. Juli 1990 - XI ZB 5/90 - NJW 90, 2628). Wurden nur Rechtsausführungen angegriffen, dann mußte die eigene Rechtsansicht dargelegt werden (BGH, Urteil vom 5. Oktober 1982 - VIII ZR 224/82 - NJW 84, 177); es reichte nicht aus, die Auffassung des Erstrichters als falsch oder die Anwendung einer bestimmten Vorschrift als irrig zu rügen (BGH, Urteil vom 9. März 1995 - XI ZR 143/94 - NJW 95, 1560). Auf entgegenstehende tatsächliche Feststellungen mußte eingegangen werden (BGH, Beschluß vom 6. März 1997 - VII ZR 26/96 - MDR 97, 682). Daß die Ausführungen in der formell ordnungsgemäßen Berufungsbegründung tatsächlich oder rechtlich neben der Sache lagen, machte die Berufung nicht unzulässig (BGH, Urteil vom 27. Mai 1964 - VIII ZR 174/63 - VersR 64, 949; Zöller /Gummer ZPO 23. Aufl. § 520 Rdn. 34). Weder die Schlüssigkeit noch auch nur die Vertretbarkeit der Begründung waren Zulässigkeitsvoraussetzungen
(BGH, Urteil vom 4. Oktober 1999 - II ZR 361/98 - NJW 99, 3784; Zöller /Gummer aaO).
b) § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO konkretisiert gegenüber § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. die inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsgründe. Die Neufassung trägt der verstärkten Funktionsdifferenzierung zwischen erster und zweiter Instanz Rechnung. Da die Berufung - abweichend von ihrer bisherigen Funktion als vollwertige zweite Tatsacheninstanz - nunmehr in erster Linie ein Instrument zur Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung sein soll, muß sich sinnvollerweise auch der Inhalt der Berufungsbegründung an dieser Zielsetzung orientieren. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 ZPO sind auf das Prüfungsprogramm des § 513 Abs. 1 ZPO i.V. mit § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugeschnitten, § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO auf das des § 513 Abs. 1 ZPO i.V. mit § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 ZPO (Musielak/Ball ZPO 2. Aufl. § 520 Rdn. 29, 30). Da das Berufungsgericht an die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen grundsätzlich gebunden ist (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), muß die Berufung, die den festgestellten Sachverhalt angreifen will, eine Begründung dahin enthalten, warum die Bindung an die festgestellten Tatsachen ausnahmsweise nicht bestehen soll. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 und 4 ZPO regeln diese Anforderungen näher. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO muß der Berufungsführer konkrete Anhaltspunkte bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO muß er, wenn er neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen will, dartun, warum er diese nicht bereits in erster Instanz geltend gemacht hat. Diese Ausrichtung der Begründung am jeweiligen Berufungsangriff bedeutet aber keine qualitative Erhöhung, sondern lediglich eine Präzisierung der Berufungsanforderungen, soweit es die Zulässigkeit der Berufung betrifft. Eine Verschärfung kann weder dem Gesetzestext noch den Materialien ent-
nommen werden. Eher ist das Gegenteil der Fall. Während § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. die "bestimmte Bezeichnung der im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung" verlangte, läßt § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO jetzt die "Bezeichnung der Umstände" genügen, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Nach der Gesetzesbegründung sollen damit die Anforderungen an den Inhalt der Rüge falscher Rechtsanwendung sogar gesenkt werden (BT-Drucks. 14/4722 S. 95). Auch die Kommentare zur Zivilprozeßordnung gehen einhellig nicht von einer Erhöhung der Anforderungen aus. Sie orientieren sich vielmehr ohne nähere Begründung an den Anforderungen, die die Rechtsprechung zu § 519 Abs. 2 Nr. 2 a.F. ZPO aufgestellt hat (MünchKomm-ZPO 2. Aufl. Aktualisierungsband - Rimmelspacher § 520 Rdn. 49 f.; Baumbach/Albers ZPO 61. Aufl. § 520 Rdn. 22 f.; Thomas/Putzo ZPO 24. Aufl. § 520 Rdn. 20 f.; Musielak/Ball ZPO 3. Aufl. § 520 Rdn. 28 f.). Zöller/Gummer (ZPO 23. Aufl. § 520 Rdn. 27 f.) verweist darauf, daß nach der Gesetzesbegründung die Anforderungen an die Rüge falscher Rechtsanwendung gesenkt worden seien. Auch der Senat ist der Auffassung, daß sich die Begründungsanforderungen nicht erhöht haben, soweit es um die Zulässigkeit der Berufung geht.
c) Den danach zu stellenden Anforderungen an eine ausreichende Berufungsbegründung ist der Beklagte gerecht geworden. Mit der Benennung der Zeugin G. hat der Beklagte ein neues Verteidigungsmittel benannt. Er hat dargelegt, warum er die Zeugin nicht bereits in erster Instanz angeboten hat. Er hat ausgeführt, er sei nach der Aussage des Zeugen W. davon ausgegangen, daß die Mitarbeiter der Klägerin durchgehend bis 7.00 Uhr am Festplatz anwesend gewesen seien. Erst nach Einlegung der Berufung habe er von der Zeugin G. erfahren, daß die Mitarbeiter der Klägerin tatsächlich verschwunden gewesen seien und es deshalb zahlreiche Beschwerden auch anderer Teilnehmer gegeben habe. Damit hat der Beklagte konkrete Anhaltspunkte vorgetragen, die
Zweifel an der Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO), und er hat zugleich damit auch vorgetragen, warum das neue Verteidigungsmittel zuzulassen sei (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 i.V. mit § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Das erfüllt die formellen Anforderungen an eine Berufungsbegründung. Ob die Verspätung tatsächlich auf einer Nachlässigkeit des Beklagten beruht oder nicht (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO), ist eine Frage der Begründetheit des Rechtsmittels. Da bereits dieser in ordnungsgemäßer Weise vorgebrachte Berufungsangriff ausreicht, um die Berufung zulässig zu machen, kommt es auf die Ausführungen des Landgerichts zur Frage eines Verstoßes gegen die Anforderungen nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO nicht mehr an. 3. Soweit das Berufungsgericht hilfsweise Ausführungen zur Begründetheit gemacht hat, gelten diese als nicht geschrieben (BGHZ 11, 222, 224), damit Gegenstand und Umfang der Rechtskraft nicht im Ungewissen bleiben. 4. Der angefochtene Beschluß kann daher keinen Bestand haben. Die Sache war an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin: Das Berufungsgericht geht davon aus, nach den Bekundungen des Zeugen W. stehe fest, daß die Mitarbeiter der Klägerin bis gegen 7.00 Uhr morgens Becher eingesammelt haben. Demgegenüber hat der Beklagte die Zeugen B. und G. zum Beweis dafür angeboten, daß die Mitarbeiter der Klägerin in der Nacht verschwunden gewesen seien und es deshalb zu zahlreichen Beschwerden anderer Teilnehmer gekommen sei. Das Landgericht wird die angebotenen Zeugen vernehmen und sich anhand des gewonnenen Beweisergebnisses die Frage vorlegen müssen, ob die Voraussetzungen für einen Annahmeverzug
vorliegen und dem Beklagten die Haftungserleichterungen nach § 300 Abs. 1 BGB zugute kommen. Hahne Sprick Fuchs
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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste.

(2) Die vorstehende Bestimmung ist nicht anzuwenden, wenn Vorschriften verletzt sind, auf deren Befolgung eine Partei wirksam nicht verzichten kann.

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

(1) Die mündliche Verhandlung wird dadurch eingeleitet, dass die Parteien ihre Anträge stellen.

(2) Die Vorträge der Parteien sind in freier Rede zu halten; sie haben das Streitverhältnis in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung zu umfassen.

(3) Eine Bezugnahme auf Dokumente ist zulässig, soweit keine der Parteien widerspricht und das Gericht sie für angemessen hält. Die Vorlesung von Dokumenten findet nur insoweit statt, als es auf ihren wörtlichen Inhalt ankommt.

(4) In Anwaltsprozessen ist neben dem Anwalt auch der Partei selbst auf Antrag das Wort zu gestatten.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 309/00 Verkündet am:
28. November 2001
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Dr. Schlichting, die Richterin Ambrosius
und die Richter Wendt und Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 28. November 2001

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 21. Juni 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der klagende Versicherungsverein macht Amtshaftungsansprüche aus übergegangenem Recht gemäß § 67 VVG in Zusammenhang mit einem Brandschadensfall geltend.
Infolge der Hitzeentwicklung bei dem Brand einer Leichtbaubürobaracke auf der Baustelle eines Fachhochschulgebäudes mußten mehre-

re von der Generalunternehmerin, der ARGE "Laborgebäude FH T.", beauftragte Subunternehmer ihre noch nicht abgenommenen Leistungen an der Fassade erneut erbringen.
Der Kläger wirft der beklagten Stadt vor, ihre Amtspflichten bei der Brandvorsorge und bei dem Löscheinsatz verletzt zu haben. Er verfolgt aus übergegangenem Recht Ansprüche der Subunternehmer, an die er Versicherungsleistungen in Höhe von 500.000 DM erbracht haben will. Dazu behauptet er, als führender Versicherer neben anderen Versicherungsgesellschaften mit der ARGE eine Versicherung über die Deckung von Bauleistungsrisiken abgeschlossen zu haben, in der auch Subunternehmerleistungen mitversichert seien.
Das Landgericht hat die Klage wegen unzureichender Substantiierung des Schadensbetrages als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Klage für zulässig, aber unbegründet gehalten; der Kläger habe den Abschluû eines Bauleistungsversicherungsvertrages nicht schlüssig dargetan.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe sich zur Begründung eines Versicherungsverhältnisses und damit des Forderungsüberganges auf einen mit der G. Versicherungsmakler GmbH als Vertreterin der ARGE abgeschlossenen Rahmenvertrag berufen. Dieser Rahmenvertrag könne nicht als Versicherungsvertrag angesehen werden , da es an den wesentlichen Bestandteilen (Bezeichnung der Vertragsparteien , des konkreten Bauvorhabens und der Versicherungssumme ) fehle.
Das konkretisierende Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, der Rahmenvertrag stelle lediglich ein Angebot an potentielle Versicherungsnehmer zum Abschluû eines Versicherungsvertrages dar, das die ARGE ihm gegenüber sodann mündlich angenommen habe, sei nach §§ 528 Abs. 2, 282 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückzuweisen. Eines gerichtlichen Hinweises habe es im Hinblick auf die anwaltliche Vertretung beider Parteien und die Hinweise der Beklagten auf den unzureichenden Sachvortrag in der Klage- und Berufungserwiderung nicht bedurft.
II. Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die geltend gemachten Ansprüche scheitern nicht an der Feststellung des Berufungsgerichts, es fehle an schlüssigem Sachvortrag zu

dem für einen Forderungsübergang gemäû § 67 VVG erforderlichen Versicherungsverhältnis.
1. Mit Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe insoweit schriftsätzliches Vorbringen des Klägers unter Verstoû gegen § 286 ZPO unbeachtet gelassen.

a) Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung, der Kläger habe den Abschluû eines Bauleistungsversicherungsvertrages mit der ARGE nicht rechtzeitig dargetan, lediglich auf den zunächst vorgelegten Rahmenvertrag abgestellt. Dieser Rahmenvertrag hat auch die Beklagte veranlaût, in der Klageerwiderung die Aktivlegitimation des Klägers mit Nichtwissen zu bestreiten. Dabei hat das Berufungsgericht übersehen, daû der Kläger daraufhin substantiiert vorgetragen hat, die ARGE sei in bezug auf das Bauvorhaben seine Versicherungsnehmerin gewesen. Er hat dazu unter anderem auf die seinem Schriftsatz beigefügte Prämienrechnung vom 21. Juli 1992 verwiesen. Diese Prämienrechnung gibt den wesentlichen Inhalt des behaupteten Versicherungsvertrages wieder. Sie enthält insbesondere die Angaben des Versicherers, des Versicherungsnehmers , der Versicherungssumme, des versicherten Risikos, der Versicherungsdauer und der Erstprämie, die Bestätigung des Deckungsschutzes ab dem 19. Juni 1992, die Regelung des Selbstbehalts sowie die Einbeziehung der beigefügten Versicherungsbedingungen. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Sie hat lediglich im Hinblick auf den Rahmenvertrag die Aktivlegitimation des Klägers weiterhin bestritten.


b) Von dem nicht bestrittenen Vortrag des Klägers ist auszugehen (§ 138 Abs. 3 ZPO), wonach ein Versicherungsverhältnis zwischen ihm und der ARGE mit dem in der Prämienrechnung wiedergegebenen Vertragsinhalt zustande gekommen ist. Denn der zu berücksichtigende unstreitige Sachvortrag ergibt sich aus dem mündlichen Parteivortrag in der Schluûverhandlung vor dem Berufungsgericht, den das Revisionsgericht gemäû §§ 314, 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO aus dem Tatbestand des Berufungsurteils zu entnehmen hat. Soweit darin auf Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen wird (§ 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO), ist davon auszugehen , daû auch deren Inhalt zum Bestandteil der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 27. April 1988 - IVa ZR 302/86 - BGHR ZPO § 561 Abs. 1 Tatbestand 2 m.w.N.; vgl. ferner BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91 - NJW 1992, 2148 unter II 4 b = MDR 1992, 960). Das Berufungsgericht hat in seinem Tatbestand auf die in erster wie in zweiter Instanz gegenseitig gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen. Jedenfalls über diese Bezugnahme ist das Klägervorbringen zu dem gemäû § 286 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigenden Inhalt der Verhandlung geworden.
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist daher aufzuheben, da es von einem anderen Sach- und Streitstand ausgegangen ist als von dem, der sich aus dem Tatbestand des Urteils ergibt, und eine am richtigen Sach- und Streitstand orientierte Beurteilung zu einem anderen Ergebnis geführt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 1988, aaO). Ob die Zurückweisung verspäteten Vorbringens durch das Berufungsgericht und die von ihm verneinte gerichtliche Hinweispflicht einer rechtlichen Nach-

prüfung standgehalten hätten, kann dahinstehen. Die Klage durfte bereits nach dem bisher unstreitigen Sachvortrag zu dem Versicherungsverhältnis nicht wegen unschlüssiger Darlegung eines Forderungsüberganges gemäû § 67 VVG abgewiesen werden.
Die Sache war an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen zu Grund und Höhe des geltend gemachten Amtshaftungsanspruchs nachholen kann. Dabei wird es sich auch mit der im Hinblick auf die weiteren beteiligten Versicherer bestrittenen Aktivlegitimation der Klägerin zu befassen haben (zur gewillkürten Prozeûstandschaft aufgrund einer Führungsklausel vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 - I ZR 49/99 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
Terno Dr. Schlichting Ambrosius
Wendt Felsch

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(1) Der Gemeinsame Senat entscheidet, wenn ein oberster Gerichtshof in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats abweichen will.

(2) Sind nach den Gerichtsverfassungs- oder Verfahrensgesetzen der Große Senat oder die Vereinigten Großen Senate eines obersten Gerichtshofs anzurufen, so entscheidet der Gemeinsame Senat erst, wenn der Große Senat oder die Vereinigten Großen Senate von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats abweichen wollen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 10/98
vom
15. Februar 2000
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Paulusch und die Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Dr. Zugehör und Dr. Ganter
am 15. Februar 2000
die folgende Stellungnahme beschlossen:
Der IX. Zivilsenat ist der Auffassung, daß er zum Vorlagebeschluß des XI. Zivilsenats vom 29. Juni 1999 angehört werden muß, soweit der Große Senat für Zivilsachen die Vorlage für zulässig hält.

Gründe:


I.


Der XI. Zivilsenat hat dem Großen Senat für Zivilsachen mehrere Rechtsfragen vorgelegt, die Bürgschaften und Mithaftungserklärungen finanziell kraß überforderter Personen betreffen. Obwohl der XI. Zivilsenat, wie die Begründung des Vorlagebeschlusses ergibt, in mehreren Rechtsfragen von Entscheidungen des IX. Zivilsenats abweichen will, hat er zuvor keine Anfrage gemäß § 132 Abs. 3 GVG an den für das Bürgschaftsrecht zuständigen IX. Zivilsenat gerichtet. Der XI. Zivilsenat ist offenbar der Ansicht, die Vorlage sei wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 4 GVG) zulässig. Dieses Verfahren entspricht nach Überzeugung des IX. Zivilsenats nicht dem Gesetz. Im
Hinblick auf die Aufgabe, die § 132 Abs. 3 GVG dem Senat zuweist, von dessen Rechtsauffassung der vorlegende Senat abweichen will, ist der IX. Zivilsenat befugt, von sich aus auf die rechtlichen Bedenken gegen die Verfahrensweise des XI. Zivilsenats hinzuweisen (vgl. auch BVerfG, 2. Senat, Beschl. v. 2. Oktober 1997, NJW 1998, 523, in einer verfahrensrechtlich vergleichbaren Situation).

II.


Nach Ansicht des IX. Zivilsenats ist die Vorlage des XI. Zivilsenats jedenfalls in der gegenwärtigen Form unzulässig. Es fehlt bereits daran, daß für keine der vorgelegten Fragen die Entscheidungserheblichkeit im Ausgangsfall dargelegt ist.
1. Die Entscheidungserheblichkeit der gestellten Fragen ist Zulässigkeitsvoraussetzung jeder Vorlage (BGH, Vereinigte Große Senate, Beschl. v. 5. Mai 1994 - VGS 1-4/93, BGHZ 126, 63, 71; Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschl. v. 24. Oktober 1983 - GmS-OGB 1/83, BGHZ 88, 353, 357; BGH, Beschl. v. 7. November 1985 - GSSt 1/85, BGHSt 33, 356, 359; v. 19. Mai 1993 - GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 225). Der Bundesgerichtshof versteht den Begriff der Entscheidungserheblichkeit bei Vorlagen anderer Gerichte - etwa nach §§ 28 Abs. 2 FGG, 79 Abs. 2 GBO, 541 ZPO - in dem Sinne, daß es vom Standpunkt des vorlegenden Gerichts aus für die Entscheidung auf die streitige Rechtsfrage ankommt, sich also aus dem Vorlagebeschluß ergeben muß, daß das vorlegende Gericht bei Befolgung der abwei-
chenden Ansicht zu einem anderen Ergebnis gelangen würde (BGH, Beschl. v. 14. Oktober 1981 - IVb ZB 718/80, BGHZ 82, 34, 36 f; v. 11. Juli 1990 - XII ZB 113/87, BGHZ 112, 127, 129; v. 19. Februar 1992 - VIII ARZ 5/91, BGHZ 117, 217, 221). Die Vereinigten Großen Senate vertreten für die Vorlage nach § 132 GVG keine davon abweichende Auffassung, wie die Bezugnahme auf die oben genannten Entscheidungen im Beschluß vom 5. Mai 1994 belegt (vgl. BGHZ 126, 63, 72).
Das erscheint auch allein sachgerecht. § 132 GVG räumt dem Großen Senat die Befugnis zur Beantwortung streitiger oder grundsätzlich bedeutsamer Rechtsfragen nur ein, soweit deren Beantwortung für die Entscheidung des konkreten Falles nach Auffassung des vorlegenden Senats erforderlich wird. Diese Beschränkung geht mittelbar auch aus § 138 Abs. 1 Satz 3 GVG hervor, der die Bindungswirkung der Entscheidung auf die vorgelegte Sache bezieht. Die Großen Senate können nicht mit dem Ziel angerufen werden, verbindliche Rechtsgutachten zu erteilen. Daher ist es unstatthaft, ihnen Fragen vorzulegen, deren Beantwortung lediglich die Art der Begründung einer Entscheidung, nicht jedoch deren Ergebnis beeinflußt. Auch im Schrifttum wird diese Ansicht nahezu einhellig vertreten (Albers, in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 58. Aufl. § 132 GVG Rdnr. 7; Kissel, GVG 2. Aufl. § 132 Rdnr. 38; Schäfer/ Harms, in Löwe-Rosenberg, StPO u. GVG 24. Aufl. § 132 GVG Rdnr. 41; Schreiber, in Wieczorek/Schütze, ZPO u. Nebengesetze 3. Aufl. § 132 GVG Rdnr. 8; Zöller/Gummer ZPO 21. Aufl. § 132 GVG Rdnr. 4; a.A. Bettermann DVBl. 1982, 954, 955).
2. Im Ausgangsfall begehrt die Klägerin, die für eine Darlehensforderung die Mithaftung übernommen hat, die Feststellung, daß sie der Gläubigerin kei-
ne Zahlungen aus dem Darlehensvertrag schuldet. Das Landgericht hat diesem Antrag stattgegeben, das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Es hat dies - der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des BGH zu EhegattenBürgschaften folgend - damit begründet, daß die Mithaftungsvereinbarung nicht sittenwidrig sei, die Klägerin jedoch nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage die Leistung endgültig verweigern könne (vgl. BGHZ 128, 230, 235 ff; 132, 328, 331 ff; 134, 325, 328 ff). Die Begründung des Vorlagebeschlusses zeigt, daß der XI. Zivilsenat der Revision der Bank nicht stattgeben, sondern die angefochtene Entscheidung im Ergebnis bestätigen will. Er beabsichtigt offenbar lediglich, dies, anders als das Berufungsgericht, damit zu begründen , die Mithaftungsvereinbarung sei wegen Sittenwidrigkeit von Anfang an nichtig gewesen. Alle vom XI. Zivilsenat in diesem Zusammenhang angesprochenen Fragen können auf der Grundlage der von ihm vertretenen Auffassung das Ergebnis der vorgelegten Sache nicht beeinflussen. Sollte der XI. Zivilsenat dies anders sehen, wäre es seine Aufgabe, für jede Frage die Voraussetzungen der Entscheidungserheblichkeit im einzelnen darzulegen.
3. Der dem Vorlagebeschluß möglicherweise zugrundeliegenden Meinung des XI. Zivilsenats, an Zulässigkeitsfragen dürfe die Grundsatzvorlage nicht scheitern, wenn der vorlegende Senat sie aus Zweckmäßigkeitsgründen für geboten halte, kann nicht zugestimmt werden. Die klaren Schranken der gesetzlichen Regelung entsprechen der Aufgabe des Richters, fallbezogen zu entscheiden, und dürfen nicht beiseite geschoben werden. An der langjährigen Rechtsprechung der Großen Senate und der Vereinigten Großen Senate zu den Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Vorlage nach § 132 GVG ist daher festzuhalten.

III.


Gelingt es dem vorlegenden Senat, die Entscheidungserheblichkeit der einen oder anderen Frage darzutun, oder will der Große Senat für Zivilsachen den Begriff, abweichend von der bisherigen Rechtsprechung, in einem weitergehenden Sinne verstehen, so ist doch allein eine Divergenzvorlage nach § 132 Abs. 2 GVG möglich.
1. Sinn und Zweck einer Grundsatzvorlage nach § 132 Abs. 4 GVG bestehen darin, schon im Vorfeld das Entstehen einer Divergenz bei der Fortbildung des Rechts zu verhindern (z.B. Zöller/Gummer, aaO Rdnr. 6). Insbesondere ermöglicht § 132 Abs. 4 GVG die Vorlage, wenn ein anderer Senat seine abweichende Auffassung bereits zum Ausdruck gebracht hat, dies jedoch nur in Form eines obiter dictum geschehen ist, so daß eine Divergenzvorlage nach § 132 Abs. 2 GVG nicht möglich ist (Kissel, aaO § 132 Rdnr. 30; Schäfer/ Harms, aaO § 132 Rdnr. 38; Zöller/Gummer aaO Rdnr. 4). Aus dieser Zielrichtung der Grundsatzvorlage ergibt sich, daß eine solche nicht in Betracht kommt, wenn schon eine Vorlage nach § 132 Abs. 2 GVG geboten ist; diese hat Vorrang vor einer Grundsatzvorlage nach § 132 Abs. 4 GVG (BGH, Beschl. v. 7. November 1985 - GSSt 1/85, aaO; vgl. auch Vorlagebeschl. v. 6. März 1997 - IX ZR 74/95, ZIP 1997, 632, 635). Das gilt hier für alle Fragen, in denen der IX. und der XI. Zivilsenat unterschiedliche Auffassungen vertreten; dies betrifft insbesondere das Problem, unter welchen Voraussetzungen Bürgschaften oder Mithaftungsübernahmen, die den Schuldner finanziell kraß überfordern, gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sind, wenn der Gläubiger ein
berechtigtes Interesse hatte, sich vor Vermögensverlagerungen auf den Bürgen /Mithaftenden zu schützen.
2. In einer erheblichen Anzahl von Punkten, die der Vorlagebeschluß anspricht, besteht zwischen beiden Senaten keine Divergenz, so daß insoweit eine Vorlage nach § 132 Abs. 2 GVG nicht in Betracht kommt. In diesem Umfang scheidet aber auch eine Vorlage nach § 132 Abs. 4 GVG aus. Soweit der IX. und der XI. Zivilsenat sich in der rechtlichen Beurteilung einig sind, bedarf es weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch zur Fortbildung des Rechts der Anrufung des Großen Senats; denn es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß andere Zivilsenate in einem Punkt von der Auffassung abweichen wollen, die der IX. und der XI. Zivilsenat übereinstimmend vertreten (vgl. dazu Kissel, aaO § 132 Rdnr. 34 - 36; MünchKomm/Manfred Wolf aaO § 132 GVG Rdnr. 23 f; Schäfer/Harms, aaO § 132 GVG Rdnr. 34 bis 36; Schreiber, aaO § 132 GVG Rdnr. 8). Schon um festzustellen, welche Fragen beide Senate noch unterschiedlich beurteilen, ist es unabweisbar, eine Stellungnahme des für die Bürgschaft zuständigen Fachsenats einzuholen.
Paulusch Kreft Stodolkowitz Zugehör Ganter

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(1) Der Gemeinsame Senat entscheidet, wenn ein oberster Gerichtshof in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats abweichen will.

(2) Sind nach den Gerichtsverfassungs- oder Verfahrensgesetzen der Große Senat oder die Vereinigten Großen Senate eines obersten Gerichtshofs anzurufen, so entscheidet der Gemeinsame Senat erst, wenn der Große Senat oder die Vereinigten Großen Senate von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats abweichen wollen.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 394/99 Verkündet am:
6. April 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-------------------------------------
BGB §§ 276 Fa, 434, 440 Abs. 1
Verletzt ein Verkäufer seine vorvertraglichen Aufklärungspflichten dadurch, daß er
den Käufer über einen Umstand nicht ordnungsgemäß unterrichtet, der einen
Rechtsmangel darstellt, so werden auf Ersatz des Vertrauensschadens gerichtete
Schadensersatzansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsschluß nicht durch die
Gewährleistungsansprüche wegen des Rechtsmangels ausgeschlossen.
Ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluß kann ausnahmsweise
auf Ersatz des Erfüllungsinteresses gerichtet werden, wenn feststeht,
daß ohne das schädigende Verhalten ein Vertrag zu anderen, für den Geschädigten
günstigeren Bedingungen zustande gekommen wäre. Läßt sich diese Feststellung
nicht treffen, so kann der Geschädigte, der an dem Vertrag festhalten will, als Ersatz
des negativen Interesses verlangen, so gestellt zu werden, als wäre es ihm bei
Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den Kaufvertrag zu einem günstigeren
Preis abzuschließen.
BGH, Urt. v. 6. April 2001 - V ZR 394/99 - OLG Karlsruhe
LG Freiburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Februar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel, die Richterin
Dr. Lambert-Lang und die Richter Tropf, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 13. Zivilsenat in Freiburg - vom 13. Oktober 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 7. September 1993 kauften die Kläger und eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung vom Beklagten zwei gewerblich genutzte Grundstücke zum Preis von 4.950.000 DM. Nach vollständiger Kaufpreiszahlung wurde das Eigentum am 26. April 1994 umgeschrieben. Eine etwa 4.000 m² große Teilfläche eines der Grundstücke war durch Vertrag vom 21. Dezember 1979 an die H. H. KG vermietet, die dort einen Autound Reifenservicebetrieb eingerichtet hatte. Die den Klägern vor Vertragsabschluß vom Makler übergebene Vertragsurkunde bestimmte unter § 3 eine Befristung des Mietverhältnisses bis zum 31. Dezember 1994, wobei der Mieterin
ein "Optionsrecht auf Verlängerung des Mietverhältnisses um einmal fünf Jahre" eingeräumt wurde.
Die Kläger hatten das Grundstück erworben, um dort ein Boardinghouse zu errichten. Im Oktober 1993 verhandelten sie mit der H. H. KG über eine vorzeitige Aufhebung des Mietvertrages. Nach ihrem Vortrag erfuhren die Kläger erst jetzt, daß der Beklagte der Mieterin durch eine Vereinbarung vom Mai 1993 eine weitere Option auf Verlängerung des Vertragsverhältnisses um nochmals fünf Jahre nach dem 31. Dezember 1999 eingeräumt hatte. Unter dem 22./30. Januar 1995 einigten sich die Kläger mit der Mieterin auf einen schriftlichen Nachtrag zum Mietvertrag. Danach wurde eine Hoffläche von etwa 1.000 m² "entmietet" und von den Klägern für den Bau des Boardinghouses genutzt. Außerdem wurde das Mietverhältnis bis zum 31. Dezember 2009 verlängert und der Mietzins reduziert. Die Kläger begannen noch im selben Jahr mit den Bauarbeiten, so daß das Boardinghouse im Oktober 1996 eröffnet werden konnte.
Die Kläger verlangen von dem Beklagten die Zahlung von 300.000 DM als Schadensersatz, weil er mit der Option zur Verlängerung des Mietverhältnisses bis Ende 2004 einen Mangel des Grundstücks arglistig verschwiegen habe. Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgen sie ihr Klageziel weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch aus culpa in contrahendo. Der Beklagte habe zwar seine Pflicht zur Aufklärung über das Bestehen der weiteren Option verletzt, die Differenz zu einem bei pflichtgemäßer Unterrichtung vereinbarten geringeren Kaufpreis könne aber nicht als Schaden geltend gemacht werden. Nach neuerer Rechtsprechung sei nämlich für einen Anspruch , der auf Ersatz des positiven Interesses aus einem nicht zustande gekommenen Vertrag gerichtet werde, der Nachweis erforderlich, daß der günstigere Vertrag tatsächlich abgeschlossen worden wäre. Umstände, die eine solche Feststellung ermöglichen könnten, seien aber nicht geltend gemacht. Der Schadensersatzanspruch könne auch nicht auf einen Rechtsmangel gestützt werden. Da die weitere Option einen behebbaren Mangel darstelle, habe eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gegenüber dem Beklagten erfolgen müssen. Daß diese entbehrlich gewesen sei, weil die Mieterin ohnehin zu keinem Verzicht auf die Option bereit gewesen wäre, habe nicht festgestellt werden können.
Diese Ausführungen halten im entscheidenden Punkt einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

II.


1. Zutreffend hat das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch aus §§ 440 Abs. 1, 326 BGB verneint.
Die weitere Verlängerungsoption zugunsten der H. H. KG als Mieterin, von der die Kläger nach den ihnen zugänglich gemachten Vertragsunterlagen nicht ausgehen konnten, stellt einen Rechtsmangel dar. Die Verpflichtung des Verkäufers aus § 434 BGB, den Kaufgegenstand frei von Rechten Dritter zu verschaffen, erstreckt sich bei einem Grundstückskauf auch auf ein bestehendes Mietverhältnis (Senat, Urt. v. 25. Oktober 1991, V ZR 225/90, NJW-RR 1992, 201, 202; Urt. v. 8. November 1991, V ZR 139/90, NJW 1992, 905; Urt. v. 24. Oktober 1997, V ZR 187/96, NJW 1998, 534). Da die Option auf Verlängerung eines Mietverhältnisses grundsätzlich als behebbarer Rechtsmangel anzusehen ist (vgl. Senat, Urt. v. 2. Oktober 1987, V ZR 105/86, NJW-RR 1988, 79; Urt. v. 24. Oktober 1997, V ZR 187/96, NJW 1998, 534, 535), scheitert ein Schadensersatzanspruch aus §§ 440 Abs. 1, 326 BGB aber daran, daß die Kläger dem Beklagten weder eine Frist zur Beseitigung des Rechtsmangels verbunden mit einer Ablehnungsandrohung gesetzt haben, noch besondere Umstände gegeben sind, die diese Voraussetzung entbehrlich machen. Das Berufungsgericht hat eine offensichtliche Zwecklosigkeit der Fristsetzung nicht feststellen können. Dies ist frei von Rechtsfehlern und wird mit der Revision nicht angegriffen.
2. Mit Recht wendet sich die Revision aber gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß seien nicht erfüllt.

a) Ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluß kann ausnahmsweise auf Ersatz des Erfüllungsinteresses gerichtet werden, wenn ohne das schädigende Verhalten mit einem Dritten oder auch demselben Vertragspartner ein Vertrag zu anderen, für den Geschädigten günstigeren Be-
dingungen zustande gekommen wäre (BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, XII ZR 126/96, NJW 1998, 2900, 2901 m.w.N.). Einen solchen Anspruch haben die Kläger mit dem Vortrag verfolgt, bei Kenntnis des weiteren Optionsrechts wäre ein um 300.000 DM niedrigerer Kaufpreis vereinbart worden. Der Ersatz des Erfüllungsinteresses setzt allerdings - was das Berufungsgericht nicht verkannt hat - die Feststellung voraus, daß der Vertrag ohne das pflichtwidrige Verhalten zu anderen, für den Geschädigten günstigeren Bedingungen geschlossen worden wäre (BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, aaO). Daß das Berufungsgericht diese Feststellung nicht hat treffen können, wird von der Revision hingenommen und läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Nichts spricht dafür, daß sich der Beklagte auf einen um 300.000 DM geringeren Kaufpreis eingelassen hätte. Er hatte kein nachhaltiges Interesse an dem Grundstücksverkauf, war doch die Initiative zu diesem Geschäft nicht von ihm, sondern von dem Makler, den die Kläger beauftragt hatten, ausgegangen. Überdies erklärte der Beklagte, nachdem die Kläger ihn auf die weitere Option angesprochen hatten, sogleich seine Bereitschaft, den Kaufvertrag rückgängig zu machen. Es kann daher offen bleiben, ob ein solcher auf das Erfüllungsinteresse gerichteter Anspruch neben den Vorschriften der Rechtsmängelhaftung (§§ 440 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB) Anwendung finden kann.

b) Das Berufungsgericht hat es jedoch fehlerhaft unterlassen, das Klagebegehren unter dem Gesichtspunkt eines Anspruchs auf Ersatz des Vertrauensschadens zu prüfen. Ein solcher Anspruch ist nicht durch die Vorschriften der §§ 440 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB ausgeschlossen (vgl. BGHZ 65, 246, 253; Senat, Urt. v. 21. Dezember 1984, V ZR 206/83, NJW 1985, 2697, 2698; Urt. v. 17. Mai 1991, V ZR 92/90, NJW 1991, 2700; Urt. v. 11. Oktober 1991, V ZR 159/90, NJW-RR 1992, 91, 92; Urt. v. 17. Juni 1994, V ZR 204/92, NJW
1994, 2947, 2949; Urt. v. 19. November 1999, V ZR 321/98, NJW 2000, 803, 804).
aa) Auch wenn das wegen Verschuldens bei Vertragsschluß zu ersetzende Vertrauensinteresse in bestimmten Fällen wirtschaftlich dem Erfüllungsinteresse entsprechen kann, liegen der Haftung aus culpa in contrahendo und der Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung nach §§ 440 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB die Verletzung unterschiedlicher Rechtspflichten zugrunde (BGH, Urt. v. 6. Juni 2000, XI ZR 235/99, WM 2000, 1840, 1841; vgl. auch BGHZ 142, 51, 62, 64). Der Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluß folgt aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis, das mit der Aufnahme von Vertragsverhandlungen begründet wird, vom tatsächlichen Zustandekommen eines Vertrages und seiner Wirksamkeit weitgehend unabhängig ist und zur verkehrsüblichen Sorgfalt sowie zu loyalem und redlichem Verhalten gegenüber dem Geschäftsgegner verpflichtet (Senat, BGHZ 6, 30, 333; BGHZ 49, 77, 82; 66, 51, 54; BGH, Urt. v. 6. Juni 2000, aaO, 1840 f). Deshalb richtet sich der Anspruch nicht auf ordnungsgemäße Vertragserfüllung, sondern auf den Ausgleich der Nachteile, die durch die Verletzung des bei der Vertragsanbahnung in den Vertragspartner gesetzten Vertrauens entstanden sind (BGHZ 49, 77, 82; 57, 191, 197; BGH, Urt. v. 2. März 1988, VIII ZR 380/86, NJW 1988, 2234, 2236; Urt. v. 6. Juni 2000, aaO, 1841). Der Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo ist nicht durch das Erfüllungsinteresse begrenzt, sondern kann dieses auch übersteigen (BGHZ 49, 77, 82; 57, 191, 193; 69, 53, 56). Dagegen knüpft der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach §§ 440 Abs. 1, 325 ff BGB an die Verletzung von vertraglichen Hauptpflichten an, die erst durch den Vertragsschluß festgelegt werden (vgl. zu § 326 BGB: Senat, Urt. v. 28. November 1956, V ZR 77/55, NJW 1957, 217; BGH, Urt. v.
1. Oktober 1986, VIII ZR 132/85, NJW 1987, 251, 253). Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung gestanden hätte (vgl. BGHZ 99, 182, 197; Senat, Urt. v. 19. September 1980, V ZR 51/78, NJW 1981, 45, 46 f; Urt. v. 21. Januar 2000, V ZR 387/98, NJW 2000, 1256).
bb) Erfüllt - wie hier - ein Lebenssachverhalt die Tatbestandsmerkmale mehrerer Anspruchsgrundlagen, ohne daß einer der Haftungstatbestände nach seinem Sinn und Zweck oder einer ausdrücklichen Regelung den Vorrang beanspruchen kann, so ist ein Fall der Anspruchskonkurrenz gegeben, bei dem sämtliche Rechtsfolgen gleichrangig nebeneinander stehen (vgl. GSZ, BGHZ 13, 88, 95; auch BGHZ 17, 214, 217; 66, 315, 319; 100, 190, 201). Bei einem Zusammentreffen in der geschilderten Weise kommt einem Schadensersatzanspruch aus §§ 440 Abs. 1, 326 Abs.1 BGB gegenüber einem solchen aus culpa in contrahendo kein Vorrang zu. Im Unterschied zu den Regelungen für Sachmängel in den §§ 459 ff BGB (vgl. hierzu Senat, BGHZ 60, 319, 321 ff) handelt es sich bei den Bestimmungen über die Rechtsmängelgewährleistung im Kaufrecht nicht um abschließende Sonderregelungen (vgl. Senat, Urt. v. 21. Dezember 1984, aaO). Für Rechtsmängel verweist § 440 Abs. 1 BGB lediglich pauschal auf die §§ 320 bis 327 BGB; es fehlt nicht nur an Regelungen mit einer den §§ 459 ff BGB vergleichbaren systematischen Geschlossenheit (BGHZ 110, 196, 203), sondern auch an einer § 477 BGB entsprechenden besonderen Verjährungsbestimmung. Überdies kennt die Rechtsmängelhaftung keine dem § 463 Satz 2 BGB (vgl. hierzu Senat BGHZ 60, 319, 321) vergleichbare , einschränkende Sonderregelung des Verschuldens bei Vertragsschluß. § 444 BGB, der den Verkäufer zur Aufklärung über die rechtlichen Verhältnisse der Kaufsache verpflichtet, erfaßt nur die vertraglichen, nicht aber
auch die vorvertraglichen Hinweispflichten (vgl. RGZ 52, 167, 168; Soergel /Huber, BGB, 12. Aufl., § 444 Rdn. 3).
cc) Daß sie dem Beklagten keine Gelegenheit zur Beseitigung des Rechtsmangels gaben, begründet keinen Verstoß der Kläger gegen die ihnen obliegende Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB). Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, die Kläger hätten mit der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß anstelle des Erfüllungsanspruchs aus § 434 BGB gegen das Gebot des eigenen Interesses verstoßen. Überdies läßt sich dem Vortrag des Beklagten nicht hinreichend entnehmen, daß es ihm durch Leistungen, deren Wert hinter den von den Klägern geforderten 300.000 DM zurückbleibt, gelungen wäre, die Mieterin zum Verzicht auf die verlängerte Mietoption zu bewegen.

c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist mit dem Urteil des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 24. Juni 1998 (aaO) keine Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung zum Ersatz des Vertrauensinteresses durch Anpassung eines Vertrages nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo verbunden. Die Entscheidung bestätigt diese vielmehr mit dem Hinweis, die Vorinstanz habe in Übereinstimmung mit der - durch Zitate belegten - ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes einen Anspruch auf Vertragsanpassung unter den gegebenen Umständen in revisionsrechtlich nicht angreifbarer Weise verneint. Auch in der Literatur (vgl. Stoll, JZ 1999, 95 ff; Lorenz , NJW 1999, 1001 f) ist die Entscheidung nicht anders verstanden worden.

d) Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte die Kläger unzutreffend über die mögliche Dauer des mit der
H. H. KG geschlossenen Mietverhältnisses unterrichtet. Mit der Vereinbarung vom 13. Mai/1. Juli 1993 hatten der Beklagte und die Mieterin den bestehenden Mietvertrag um ein Gestaltungsrecht ergänzt, das es der Mieterin erlaubte, bis zum 31. Dezember 1998 durch eine entsprechende Erklärung das Mietverhältnis um weitere fünf Jahre zu verlängern. Diese Vertragsverlängerung ist durch die beiderseitig unterschriebene Urkunde nach § 566 BGB formwirksam vereinbart, weil auf die ursprüngliche Vertragsurkunde Bezug genommen und der im übrigen unveränderte Fortbestand des dort Vereinbarten zum Ausdruck gebracht wird (vgl. BGH, Urt. v. 26. Februar 1992, XII ZR 129/90, NJW 1992, 2283, 2284).
Durch das zumindest fahrlässige Verschweigen der zweiten Verlängerungsoption verletzte der Beklagte schuldhaft seine vorvertraglichen Pflichten. Macht nämlich der Verkäufer oder eine Person, deren er sich zur Erfüllung seiner vorvertraglichen Pflichten bedient, Angaben, die für den Kaufentschluß des anderen Teils von Bedeutung sein können, so müssen diese Angaben richtig sein (BGHZ 74, 103, 110; Senat, Urt. v. 20. November 1987, V ZR 66/86, NJWRR 1988, 458, 459; Urt. v. 26. September 1997, V ZR 29/96, NJW 1998, 302). Dies gilt bei der Unterrichtung über das bestehende Mietverhältnis selbst dann, wenn der Beklagte von der beabsichtigten Umgestaltung des Anwesens durch Errichtung eines Boardinghouses nichts wußte. Bereits im Hinblick auf § 571 Abs. 1 BGB ist die Dauer eines Mietverhältnisses wegen der damit eingeschränkten Verfügungsmöglichkeit des Erwerbers grundsätzlich für dessen Kaufentschluß von Bedeutung.

e) Der Anspruch aus culpa in contrahendo ist regelmäßig auf Ersatz des negativen Interesses gerichtet (BGHZ 114, 87, 94; 142, 51, 62; BGH, Urt. v.
6. Juni 2000, aaO). Danach sind die Kläger so zu stellen, wie sie bei Offenbarung der für ihren Kaufentschluß maßgeblichen Umstände stünden (vgl. Senat, Urt. v. 8. Oktober 1993, V ZR 146/92, NJW-RR 1994, 76, 77). Wenn der Geschädigte , wie hier die Kläger, an dem Vertrag festhalten will, obwohl dieser infolge der Pflichtverletzung zu für ihn ungünstigen Bedingungen zustande gekommen ist, so ist er so zu behandeln, als wäre es ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den Kaufvertrag zu einem günstigeren Preis abzuschließen (BGHZ 69, 53, 58; BGH, Urt. v. 11. Februar 1999, IX ZR 352/97, NJW 1999, 2032, 2034). Schaden ist danach der Betrag, um den die Kläger im Streitfall wegen der fehlenden Mitteilung über das weitere Optionsrecht der Mieterin das Grundstück zu teuer erworben haben (vgl. BGHZ 114, 87, 94; Senat , Urt. v. 10. Juli 1987, V ZR 236/85, NJW-RR 1988, 10, 11; Urt. v. 8. Oktober 1993, aaO; BGH, Urt. v. 1. April 1981, VIII ZR 51/80, NJW 1981, 2050, 2051; Urt. v. 27. September 1988, XI ZR 4/88, NJW-RR 1989, 150, 151; Urt. v. 14. Januar 1993, IX ZR 206/91, NJW 1993, 1323, 1325). Dies erfordert - im Unterschied zur Geltendmachung des Erfüllungsinteresses (vgl. BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, aaO) - nicht den Nachweis, daß sich der Vertragsgegner auf einen Vertragsschluß zu einem niedrigeren Preis eingelassen hätte (vgl. BGHZ 69, 53, 58; 114, 87, 94; BGH, Urt. v. 27. September 1988, aaO; Senat, Urt. v. 26. Januar 1996, V ZR 42/94, NJW-RR 1996, 690). Entscheidend ist allein, wie sich der Getäuschte bei Kenntnis der ihm verheimlichten Umstände verhalten hätte; verbleibende Unklarheiten gehen zu Lasten des aufklärungspflichtigen Verkäufers (vgl. BGHZ 114, 87, 94).
3. Den Betrag, um den sie das Grundstück vom Beklagten zu teuer erwarben , haben die Kläger allerdings bislang nicht dargetan. Sie haben ihren Schaden vielmehr mit den Mieteinnahmen begründet, die ihnen in Höhe von
319.000 DM der Zeit von Januar 1994 bis Dezember 1999 oder - in zweiter Linie - in Höhe von 307.501,49 DM in der Zeit von Januar 2000 bis Dezember 2004 wegen des Nachgebens gegenüber der H. H. KG in der Vereinbarung vom 22./25. Januar 1995 entgangen sein sollen. Diese Aufwendungen sind jedoch nicht zu ersetzen; denn sie unterfallen nicht dem Schutzzweck des Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß. Dessen Grundlage ist enttäuschtes Vertrauen (vgl. Senat, Urt. v. 12. Dezember 1980, V ZR 168/78, NJW 1981, 1035, 1036). Die von den Klägern mit der Mieterin getroffene Vereinbarung beruht jedoch nicht darauf, daß die Kläger weiterhin darauf vertrauten, zutreffend über die Dauer des Mietverhältnisses unterrichtet worden zu sein. Grund war vielmehr der Entschluß der Kläger, trotz der als falsch erkannten Auskunft am Vertrag festzuhalten und das beabsichtigte Boardinghouse auch unter den gegebenen Bedingungen zu errichten. Dem Verschulden des Beklagten zurechenbare Folge des Vertrauens der Kläger war nur der Abschluß des Kaufvertrages, nicht aber die Nachteile, die sich erst aus der Entscheidung der Kläger ergaben, trotz der erkannten längeren Dauer des Mietverhältnisses keine Rückabwicklung des Vertrages zu fordern (vgl. Senat, Urt. v. 12. Dezember 1980, aaO; auch BGH, Urt. v. 2. Juni 1980, VIII ZR 64/79, NJW 1980, 2408, 2410).
Die Kläger können die ihnen angeblich entgangenen Mieteinnahmen auch nicht mit der Begründung als Vertrauensschaden ersetzt verlangen, sie hätten davon ausgehen dürfen, über die Zahlung des vereinbarten Kaufpreises hinaus keine weiteren Investitionen tätigen zu müssen. Zwar kann das Vertrauen des Getäuschten, daß sein Gesamtaufwand für die vorgesehene Verwendung der Kaufsache den Kaufpreis nicht übersteigen werde (vgl. BGHZ 111, 75, 82), geschützt sein. Im vorliegenden Fall bestand für eine solche Annahme
der Kläger indes keine dem Beklagten zurechenbare Grundlage. So behaupten die Kläger selbst nicht, den Beklagten über die von ihnen beabsichtigte Nutzung des Grundstücks informiert zu haben. Der Beklagte wußte aus dem Schreiben des von den Klägern beauftragten Maklers vom 13. Juli 1992 lediglich , daß "ein Investor" an dem Erwerb interessiert war. Waren aber die Pläne der Kläger weder Basis noch Gegenstand der Vertragsverhandlungen, so konnten die Kläger aufgrund des Verhaltens des Beklagten nicht darauf vertrauen , mit dem Kaufpreis sei auch die von ihnen beabsichtigte Ä nderung der Nutzung des Anwesens erkauft.
Selbst wenn sich die Kläger die Ausführungen des Sachverständigen aus dem im ersten Rechtszug eingeholten schriftlichen Gutachten zu eigen gemacht hätten, wäre auch dies kein für die Ermittlung des Vertrauensschadens erheblicher Vortrag. Der Sachverständige hat mit dem "Nachteil ... aus der nicht realisierten Investition" nichts anderes als den Gewinn ermittelt, der den Klägern bei einer verspäteten Fertigstellung des Bauvorhabens entgangen wäre. Dieser ist aber für die Berechnung der - nicht durch eine Verzögerung verursachten - Vermögensnachteile, die die Kläger hier als Schadensersatz geltend machen können, ohne Belang.
4. Damit festgestellt werden kann, ob und ggf. in welchem Umfang den Klägern ein Schaden dadurch entstanden ist, daß sie wegen der unzutreffenden Information über die Dauer des Mietverhältnisses das Grundstück zu teuer erworben haben, werden sie - bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses - vortragen und unter Beweis stellen müssen, welcher Minderwert des Grundstücks sich gegenüber einem Ende 1999 auslaufenden Mietverhältnis mit
der H. H. KG durch die Verlängerungsoption bis Ende 2004 ergibt (vgl. Senat, Urt. v. 10. Juli 1987, aaO; BGH, Urt. v. 27. September 1988 aaO).
Das bisherige Vorbringen der Kläger reicht nicht aus, um den für die Anpassung des Kaufpreises maßgeblichen Minderwert ermitteln zu können. Zwar haben die Kläger im ersten Rechtszug behauptet, durch ein Mietverhältnis von längerer Dauer sei der Verkehrswert eines zu Ausbau- oder Neubauzwecken erworbenen Grundstücks um 10 % gemindert. Die Parteien haben indes die Nutzung des Grundstücks für die Errichtung eines Boardinghouses oder auch nur für eine bauliche Umgestaltung nicht zum Vertragszweck gemacht. Es kann daher nur maßgeblich sein, welche Bedeutung der Geschäftsverkehr gewöhnlich einer Verlängerungsoption, wie sie hier vereinbart wurde, für die Wertermittlung beilegt. Den Absichten einzelner Interessenten, auf die der vom Landgericht beauftragte Sachverständige bei der Erläuterung seines Gutachtens abgestellt hat, kommt unter den hier gegebenen Umständen keine entscheidende Bedeutung zu.

III.


Das Berufungsurteil kann danach mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben; es ist aufzuheben. Da Entscheidungsreife fehlt, muß die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erfolgen.
Das Berufungsgericht hat sich dadurch, daß es nur einen auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Schadensersatzanspruch in Betracht gezogen hat, den Blick auf die Möglichkeit des Ersatzes des Vertrauensschadens ver-
stellt. Bei zutreffender rechtlicher Sicht hätte es - zumal der Beweisbeschluß des Landgerichts vom 12. Februar 1997 eine unerhebliche Behauptung zum Gegenstand hatte - Anlaß gehabt, die Kläger nach § 139 ZPO im Hinblick auf den ihnen etwa entstandenen Schaden zu einem ergänzenden Vortrag anzuhalten. Dies ist ihm durch die Zurückverweisung der Sache (§ 565 ZPO) wieder zu ermöglichen (vgl. Senat, BGHZ 129, 112, 122; Urt. v. 2. Dezember 1994, V ZR 193/93, NJW 1995, 587, 589).
Die Kläger erhalten auf diese Weise auch Gelegenheit, ihren Klageantrag zu überdenken. Da es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, daß auch der geltend gemachte Schadensersatzanspruch zum Gesellschaftsvermögen zählen soll, ist von Mitgläubigerschaft auszugehen (vgl. BGH, Urt. v. 12. Oktober 1995, I ZR 172/93, NJW 1996, 1407, 1409). Die Kläger können daher nach § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB nur Leistung an alle Gläubiger verlangen. Zu diesen dürfte
aber auch die R. straße 1 - Grundstücksverwaltungsgesellschaft mit beschränkter Haftung zählen, die ebenfalls als Gesamtschuldnerin hinsichtlich des Kaufpreises an dem Kaufvertrag mit dem Beklagten beteiligt war.
Wenzel Lambert-Lang Tropf Lemke Gaier