Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 01. März 2017 - 5 Sa 65/16

bei uns veröffentlicht am01.03.2017

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 24. Juni 2016 – 10 Ca 40/16 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die vorzeitige Beendigung ihres befristeten Arbeitsverhältnisses durch eine ordentliche Kündigung und Abwicklungsvereinbarungen.

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Der am XX.XXX 1962 geborene, verheiratete und gegenüber einem minderjährigen Kind unterhaltspflichtige Kläger war seit dem 15. April 2015 als Handwerkskoordinator aufgrund eines bis zum 14. April 2016 befristeten Arbeitsvertrages zu einer monatlichen Vergütung von 2.835,00 € brutto in der Filiale Hamburg-X der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis unterlag der ordentlichen Kündigung (§ 2 Abs. 1 Befristeter Anstellungsvertrag, Anlage zum Sitzungsprotokoll des Landesarbeitsgerichts vom 01. März 2017 – Bl. 106 d.A.).

3

Am 12. Januar 2016 unterzeichneten der örtliche Marktleiter der Beklagten und der Kläger folgende Vereinbarung (Anlage K 2 – Bl. 30 d.A.):

4

„Vereinbarung zwischen … [den Parteien]

5

Die Parteien sind sich über folgende Punkte einig:

6
Das Arbeitsverhältnis wird zum 29.02.2016 durch Arbeitgeberkündigung aus betriebsbedingten Gründen enden.
7
… [Der Kläger] wird ab dem 01.02.2016 unter Anrechnung von Resturlaub und eventuell angefallener Überstunden freigestellt.
8
Der Mitarbeiter erhält für das Jahr 2016 das anteilige Urlaubsgeld (2/12) gemäß Tarifvertrag sowie die anteilige Sonderzuwendung gemäß Tarifvertrag (2/12).
9
Der Mitarbeiter erhält ein wohlwollendes Arbeitgeberzeugnis.
10
Aufgrund dieser Zusagen verzichtet der Mitarbeiter auf eine Kündigungsschutzklage.“
11

Mit Schreiben vom 19. Januar 2016 (Anlage K 1 – Bl. 4 d.A.), dem Kläger am 20. Januar 2016 übergeben, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien „aus betriebsbedingten Gründen fristgerecht zum 29. Februar 2016, bzw. zum nächstmöglichen Termin“.

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Ebenfalls am 20. Januar 2016, nachdem der Kläger das Kündigungsschreiben erhalten hatte, unterzeichneten die Parteien außerdem einen Abwicklungsvertrag (Anlage 1 der Beklagten – Bl. 17 d.A.):

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„Abwicklungsvertrag

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Zur Vermeidung eines Arbeitsgerichtsprozesses zwischen … [den Parteien] wird folgendes vereinbart:

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1. Beendigung

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Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der ausgesprochenen fristgerechten betriebsbedingten Kündigung vom 19.01.2016 zum 29.02.2016 enden wird.

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2. Gehaltszahlung

18

Das Gehalt wird bis zum Austritt ordnungsgemäß abgerechnet. Der Mitarbeiter erhält für das Jahr 2016 das anteilige (2/12) Urlaubsgeld und die anteilige (2/12) Sonderzuwendung gemäß Tarifvertrag.

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3. Freistellung

20

Der Mitarbeiter wird ab 01.02.2016 bis zu seinem Ausscheiden freigestellt. Die Freistellung erfolgt unter Anrechnung von sämtlicher Resturlaubsansprüche und eventuell angefallener Überstunden.

21

4. Betriebsgeheimnisse

22

23

5. Zeugnis

24

Der Mitarbeiter wird bis zu seinem Ausscheiden ein qualifiziertes Zeugnis erhalten. Das Zeugnis wird sich auf Führung und Leistung erstrecken und im Sinne der Rechtsprechung vom Wohlwollen des Arbeitgebers getragen sein.

25

6. Erledigung aller Ansprüche

26

Mit der Erfüllung der sich aus den Ziffern 2 bis 5 ergebenden Verpflichtungen sind alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner am 29.02.2016 eintretenden Beendigung abgegolten, gleich welchen Rechtsgrundes, ob bekannt oder unbekannt.

27

Eventuell bestehende unverfallbare Anwartschaften aus der betrieblichen Altersvorsorge/Direktversicherung sind davon ausgenommen.“

28

Frühestens gegen Ende Januar 2016 oder frühestens nach dem im Abwicklungsvertrag vereinbarten vorgezogenen Beendigungstermin des 29. Februar 2016, der genaue Zeitpunkt ist zwischen den Parteien streitig, schrieb die Beklagte die Stelle eines Handwerkskoordinators für ihren Baumarkt in Hamburg-X im Internet aus (Anlage K 3 – Bl. 31 d.A.), die bisher der Kläger innehatte.

29

Mit Wirkung vom 01. Februar 2016 stellte die Beklagte den Kläger unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeitspflicht frei. Außerdem erteilte sie ihm ein Zeugnis mit einer guten Leistungs- und Verhaltensbeurteilung (unbezifferte Anlage zum zweitinstanzlichen Schriftsatz der Beklagten vom 24. November 2016 – Bl. 98 d.A.).

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Mit zweitinstanzlichem Schriftsatz vom 11. Oktober 2016 (Bl. 84 d.A.) erklärte der Kläger vorsorglich die Anfechtung der Vereinbarung vom 12. Januar 2016 und des Abwicklungsvertrages vom „19.“ [richtig: 20.] Januar 2016 „wegen Täuschung“.

31

Der Kläger hat vorgetragen, der Abwicklungsvertrag und die Kündigung seien unwirksam. Er fühle sich hintergangen und getäuscht, weil das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen habe beendet werden sollen, womit er sich bei Unterzeichnung der Vereinbarung vom 12. Januar 2016 und des Abwicklungsvertrages vom 20. Januar 2016 zunächst abgefunden habe. Die Stellenausschreibung zeige aber, dass seine Position nicht aus betrieblichen Gründen habe wegfallen sollen, sondern vielmehr habe er ausgetauscht werden sollen, ohne dass jemals über Gründe für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gesprochen worden sei. Der Klageverzicht bedeute seine unangemessene Benachteiligung, weil eine kompensierende Gegenleistung der Beklagten fehle. Das wohlwollende Zeugnis und auch zusätzlich die Freistellung seien keine angemessene Gegenleistung für den Klageverzicht. Mit der Zeugniserteilung erfülle die Beklagte lediglich seinen Anspruch aus § 109 Abs. 1 GewO, sodass allein die Freistellung als angemessene Kompensation in Betracht zu ziehen wäre, was nicht der Fall sei. Die Freistellung sei nicht erfolgt, um ihm eine Kompensation für den Klageverzicht zu gewähren, sondern um das eigene Interesse der Beklagten an einem ungestörten Betriebsfrieden zu realisieren, nachdem die Beklagte ihn über die angeblich erforderliche betriebsbedingte Beendigung vor Ablauf der Befristung getäuscht habe.

32

Mit der am 03. Februar 2016 bei der Gemeinsamen Annahmestelle des Amtsgerichts Hamburg eingegangenen, durch Schriftsatz vom 08. März 2016 (Bl. 20 d.A.) erweiterten, durch Schriftsatz vom 14. April 2016 (Bl. 25 d.A.) teilweise für erledigt erklärten und in der Sitzung des Arbeitsgerichts vom 24. Juni 2016 (Bl. 50 [51] d.A.) teilweise zurückgenommenen Klage hat der Kläger zuletzt beantragt

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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristgerechte Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 19. Januar 2016 zum 29. Februar 2016 nicht aufgelöst worden ist.

34

Die Beklagte hat nach Erhebung einer Widerklage durch Schriftsatz vom 01. März 2016 (Bl. 15 d.A.) und deren spätere Erledigterklärung, der sich der Kläger angeschlossen hat, unter Anschluss an die Erledigungserklärungen des Klägers jeweils in der Sitzung des Arbeitsgerichts vom 24. Juni 2016 (Bl. 50 [51] d.A.) zuletzt nur noch beantragt,

35

die Klage abzuweisen.

36

Die Beklagte hat entgegnet, der Abwicklungsvertrag sei wirksam. Die Parteien hätten keinen Klageverzicht vereinbart, sodass es von Rechts wegen keiner Kompensation bedurft habe. Unbeschadet dessen habe der Kläger eine einmonatige bezahlte Freistellung erlangt, was einem Bruttomonatsgehalt und damit der doppelten Summe entspreche, die herkömmlicher Weise von den Arbeitsgerichten zur Erledigung einer Bestandsstreitigkeit nach zweijähriger Beschäftigungsdauer vorgeschlagen werde. Der Kläger sei nie hintergangen oder getäuscht worden. Ihm sei nie erklärt worden, dass seine Position als Handwerkskoordinator aus betrieblichen Gründen wegfallen solle. Vielmehr habe es im Dezember 2015 Kundenbeschwerden über ihn gegeben. Außerdem habe er Sonderanfertigungen bestellt, die bei der Kundschaft nicht hätten verwendet werden können, als Sonderanfertigungen von dem Lieferanten aber auch nicht mehr zurückgenommen und deshalb als Schadensbetrag von ihr abgeschrieben worden seien.

37

Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Urteil vom 24. Juni 2016 – 10 Ca 40/16 – (Bl. 53 d.A.) die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Kläger habe auf sein Recht, die Kündigung der Beklagten vom 19. Januar 2016 mittels Kündigungsschutzklage auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen zu lassen, durch den Abwicklungsvertrag vom 20. Januar 2016 wirksam verzichtet.

38

Der Klageverzicht folge aus der Auslegung des Abwicklungsvertrages (§§ 157, 133 BGB). Er ergebe sich aus dessen Eingangssatz, wonach die nachfolgenden Regelungen „zur Vermeidung eines Arbeitsgerichtsprozesses“ zwischen den Parteien vereinbart worden seien, und aus der Bezeichnung als „Abwicklungsvertrag“. Bei einem Abwicklungsvertrag erfolge die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch den Vertrag an sich, sondern durch einen anderen Beendigungstatbestand. So hätten die Parteien die Vereinbarung vom 20. Januar 2016 nicht nur als Abwicklungsvertrag bezeichnet, sondern bezögen sich darüber hinaus explizit auf die Kündigung der Beklagten vom 19. Januar 2016 als den konkreten anderen Beendigungstatbestand. Der Umstand, dass die Parteien in der vorangegangenen Vereinbarung vom 12. Januar 2016 einen Klageverzicht ausdrücklich aufgeführt hätten, der im Abwicklungsvertrag vom 20. Januar 2016 aber fehle, sei nicht als Indiz dafür anzusehen, dass die Parteien einen Klageverzicht nicht (mehr) hätten vereinbaren wollen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass das Risiko habe reduziert werden sollen, dass der ausdrücklich erklärte und als Allgemeine Geschäftsbedingung zu bewertende Klageverzicht wegen fehlender ausreichender Kompensation unwirksam sein könnte. Zu diesem Zweck sei der ausdrückliche Klagverzicht gestrichen worden und sodann in Gestalt der Eingangsformulierung „zur Vermeidung eines Arbeitsgerichtsprozesses“ in den Abwicklungsvertrag aufgenommen worden.

39

Der vereinbarte Klagverzicht sei nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Der Abwicklungsvertrag vom 20. Januar 2016 enthalte in Gestalt der darin geregelten Freistellung des Klägers für die Dauer von einem Monat unter Fortzahlung der Vergütung eine angemessene Kompensation für den Klageverzicht. Es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte durch die Vertragsgestaltung missbräuchlich ihre eigenen Interessen auf Kosten des Klägers durchzusetzen versucht hätte. Vielmehr habe sie durch die vereinbarte Freistellung die Belange des Klägers ausreichend berücksichtigt. Hierbei sei im Rahmen einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Interessen insbesondere zu beachten, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien ohnehin aufgrund der vereinbarten Befristung unabhängig von der Wirksamkeit der arbeitgeberseitigen Kündigung mit Ablauf des 15. April 2016 beendet worden wäre. Das typischerweise beim Arbeitnehmer vorhandene Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und an der Überprüfung der Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses dürfte vor diesem Hintergrund beim Kläger bei Abschluss der Abwicklungsvereinbarung gegenüber der Situation bei Kündigung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses deutlich reduziert gewesen sein. Auf der anderen Seite dürfte im Fall der Kündigung eines ohnehin sechs Wochen später aufgrund Befristung endenden Arbeitsverhältnisses auch der Arbeitgeber typischerweise ein weniger stark ausgeprägtes Interesse an einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Vermeidung eines Kündigungsschutzprozesses haben, sodass auch aus diesem Grund nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Beklagte durch die Vertragsgestaltung ihre Interessen rechtsmissbräuchlich gegenüber dem Kläger durchgesetzt hätte. Bei der Prüfung, ob die einmonatige Freistellung des Klägers einen ausreichenden Ausgleich für den vereinbarten Klageverzicht darstelle, sei zudem die erst zehn Monate umfassende Betriebszugehörigkeit des Klägers zu berücksichtigen.

40

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

41

Gegen dieses am 26. Juli 2016 (Bl. 66 d.A.) ihm zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 25. August 2016 (Bl. 74 d.A.) beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Auf den am 12. September 2016 (Bl. 78 d.A.) beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Antrag ist die Berufungsbegründungsfrist bis zum 26. Oktober 2016 verlängert worden (Bl. 79 d.A.). Die Berufungsbegründung ist am 14. Oktober 2016 (Bl. 84 d.A.) beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

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Der Kläger hält das arbeitsgerichtliche Urteil für unzutreffend und trägt vor, der Abwicklungsvertrag vom 20. Januar 2016 enthalte keinen Klageverzicht. Das Arbeitsgericht übersehe, dass die Geschäftsgrundlage für ihn bei Abschluss der Vereinbarung vom 12. Januar 2016 und des Abwicklungsvertrages jeweils die betriebsbedingten Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewesen seien. Ihm gegenüber sei behauptet worden, dass eine betriebsbedingte Kündigung erforderlich sei, obwohl er tatsächlich lediglich gegen einen anderen Handwerkskoordinator habe ausgetauscht werden sollen, wie die vor Erhebung der Kündigungsschutzklage veröffentlichte Stellenausschreibung der Beklagten zeige. Diese Geschäftsgrundlage sei im Hinblick auf die Täuschung der Beklagten entfallen. Die Beklagte habe ihn lediglich gegen einen anderen Mitarbeiter austauschen wollen. Verhaltens- oder personenbezogene Kündigungsgründe lägen nicht vor. Zu diesem Ergebnis gelange er auch bei Annahme eines wirksamen Klageverzichts. Denn die Vereinbarung und der Abwicklungsvertrag als Allgemeine Geschäftsbedingungen benachteiligten ihn unangemessen, weil er für den Klageverzicht keine angemessene Kompensation erhalte. Die von der Beklagten veranlasste Freistellung genüge dafür nicht, weil die Beklagte lediglich Unruhe beim Personal ihrer Filiale habe vermeiden wollen. Bei der Prüfung der Angemessenheit der Kompensation sei auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte in unzulässiger Art und Weise angeblich betriebsbedingte Beendigungsgründe vorgeschoben habe. Zu seinen Gunsten sei auch zu berücksichtigen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung bereits zum 15. April 2016 habe enden sollen. Im Hinblick auf die ohnehin sehr kurze Frist bis dahin sei eine vorgreifliche Kündigung unter Hinweis auf vorgeschobene Gründe als unlautere Maßnahme zu werten. Die Beklagte hätte das Arbeitsverhältnis planmäßig zum Befristungsende auslaufen lassen können, da sie seine Stelle als Handwerkskoordinator ohnehin nicht kurzfristig anderweitig hätte besetzen können. Schließlich könne die Unterzeichnung des Abwicklungsvertrages die Unwirksamkeit der Klageverzichtserklärung in der Vereinbarung vom 12. Januar 2016 nicht heilen. Ein Klageverzicht vor Ausspruch einer Kündigung sei unwirksam.

43

Der Kläger beantragt,

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1. das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 24. Juni 2016 – 10 Ca 40/16 – abzuändern,

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2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristgerechte Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 19. Januar 2016 zum 29. Februar 2016 nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 14. April 2016 fortbestanden hat.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und erwidert auf die Berufungsbegründung, der Abwicklungsvertrag vom 20. Januar 2016 enthalte keinen Klageverzicht, weil er nur „zur Vermeidung eines Arbeitsgerichtsprozesses“ geschlossen worden sei, sodass dessen Vermeidung lediglich Motiv, nicht jedoch Gegenstand ihres durch Auslegung zu ermittelnden Anspruchs darauf gewesen sei, dass der Kläger von einer Klage absehe. Der Abwicklungsvertrag sei nicht wirksam angefochten. Nicht einmal der Kläger behaupte eine arglistige Täuschung (§ 123 BGB). Im ersten Gespräch am 12. Januar 2016 sei der Kläger über Kundenbeschwerden und mangelhafte Leistung unterrichtet worden und ihm in diesem Zusammenhang der Ausspruch einer fristgerechten Kündigung vorgeschlagen worden. Im zweiten Gespräch am 20. Januar 2016 seien ihre Vertreter gar nicht auf die Idee gekommen, der Kläger könne von anderen Beweggründen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgehen. Da der Kläger nicht nachgefragt habe, ob die Stelle möglicherweise neu besetzt werde, habe sie andererseits auch keine dahingehende Offenbarungspflicht getroffen. Ihre Vertreter hätten bis zur Unterzeichnung des Abwicklungsvertrages am 20. Januar 2016 nicht gewusst, ob oder wann die Stelle des Klägers neu besetzt werde und hätten sich hierüber auch keine Gedanken gemacht. Die vom Kläger vorgelegte Stellenausschreibung sei von ihrer K. Zentrale ohne Kenntnis der beiden Vertreter geschaltet worden und dies frühestens nach dem 29. Februar 2016, möglicherweise erst ab Ende April 2016. Sollte in dem Abwicklungsvertrag ein Klageverzicht zu sehen sein, scheitere dieser nicht als unangemessene Allgemeine Geschäftsbedingung. Als Kompensation habe der Kläger nicht nur einen erheblichen finanziellen Ausgleich erfahren, sondern ein Zeugnis, das er aufgrund seiner unzufriedenstellenden Leistungen nicht hätte beanspruchen können. Auch die vereinbarte Kündigungsfrist von einem Monat sei unberührt geblieben.

49

Hinsichtlich des ergänzenden Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung vom 11. Oktober 2016 (Bl. 84 d.A.), auf die Berufungsbeantwortung vom 24. November 2016 (Bl. 95 d.A.) und auf den Schriftsatz des Klägers vom 20. Februar 2017 (Bl. 100 d.A.) verwiesen. Wegen des Sachvortrags der Parteien und der von ihnen überreichten Unterlagen, ihrer Beweisantritte und ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Sitzungsprotokolle Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 und 3 ArbGG).

Entscheidungsgründe

A.

50

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.

51

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt sowie begründet worden (§ 64 Abs. 1, 2 und 6, § 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 519 Abs. 1 und 2, § 520 Abs. 1 und 3, § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

52

II. Die Berufung ist unbegründet, weil die Kündigungsschutzklage bereits unzulässig ist. Ihr fehlt das erforderliche Rechtsschutzinteresse, weil der Kläger auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vom 19. Januar 2016 im Abwicklungsvertrag vom 20. Januar 2016 wirksam verzichtet hat. Den wirksamen Klageverzicht hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Das weitere Vorbringen der Parteien in der Berufungsinstanz, insbesondere die erstmals in der Berufungsinstanz erfolgte Anfechtung des Abwicklungsvertrages, rechtfertigt kein anderes Ergebnis.

53

1. Die Kündigungsschutzklage ist unzulässig, weil das erforderliche Rechtsschutzinteresse fehlt. Der Abschluss eines wirksamen Abwicklungsvertrages, der die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch eine Kündigung regelt, lässt das Rechtsschutzinteresse für eine gleichwohl erhobene Kündigungsschutzklage regelmäßig entfallen (vgl. Gaul, BB 2003, S. 2457; vgl. auch: BAG, Urteil vom 24. September 2015 – 2 AZR 347/14 –, Rn. 11, juris).

54

a) Mit einem Abwicklungsvertrag vereinbaren die Parteien nach Ausspruch einer Kündigung die Bedingungen, zu denen der Arbeitnehmer ausscheidet. Er ist in der Regel gekennzeichnet durch den (vertraglichen) Verzicht des Arbeitnehmers auf Kündigungsschutz gegen Zahlung einer Abfindung. Mit solchen nach geltendem Recht unbedenklich zulässigen Abwicklungsverträgen „erkauft“ sich der Arbeitgeber die von ihm angestrebte Planungssicherheit. Gegenstand des Vertrags ist die Hinnahme der Kündigung unter Verzicht auf die Inanspruchnahme des staatlichen Rechtsschutzes (BAG, Urteil vom 15. Februar 2005 – 9 AZR 116/04 –, Rn. 52, juris). Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird damit nicht durch den Abwicklungsvertrag, sondern durch einen anderen Tatbestand bewirkt. Ein Aufhebungsvertrag dagegen ist eine Vereinbarung über das vorzeitige Ausscheiden eines Arbeitnehmers aus einem Dauerarbeitsverhältnis. Er führt selbst zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses (BAG, Urteil vom 25. April 2007 – 6 AZR 622/06 –, Rn. 21, juris).

55

b) Die Parteien haben keinen Aufhebungsvertrag, sondern einen Abwicklungsvertrag geschlossen, der die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch eine Kündigung regelt.

56

aa) Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern (§ 157 BGB). Dabei ist der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften (§ 133 BGB). Ausgehend vom Wortlaut der Klausel ist der objektive Bedeutungsgehalt der Erklärung zu ermitteln. Maßgebend ist der allgemeine Sprachgebrauch unter Berücksichtigung des vertraglichen Regelungszusammenhangs. In die Auslegung einzubeziehen sind auch die Begleitumstände der Erklärung, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind auch der von den Arbeitsvertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die Interessenlage der Beteiligten (BAG, Urteil vom 25. April 2007 – 6 AZR 622/06 –, Rn. 22, m.w.N.).

57

bb) Nach seinem Wortlaut ist der Abwicklungsvertrag vom 20. Januar 2016 nach seinem Eingangssatz „zur Vermeidung eines Arbeitsgerichtsprozesses“ zwischen den Parteien geschlossen worden. Ferner regelt Ziff. 1 Abwicklungsvertrag, dass sich die Parteien darüber einig sind, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der ausgesprochenen fristgerechten betriebsbedingten Kündigung vom 19. Januar 2016 zum 29. Februar 2016 enden wird. Diese Formulierungen stellen klar, dass maßgebender Beendigungstatbestand nicht der Abwicklungsvertrag selbst ist, sondern die während des Personalgesprächs am 20. Januar 2016 unstreitig dem Kläger zuvor übergebene ordentliche Kündigung der Beklagten vom 19. Januar 2016.

58

cc) Maßgebend ist der Abwicklungsvertrag vom 20. Januar 2016 und nicht die ähnlich lautende Vereinbarung der Parteien vom 12. Januar 2016, in der es heißt: „Aufgrund dieser Zusagen verzichtet der Mitarbeiter auf eine Kündigungsschutzklage“. Zwar ist diese Vereinbarung nicht ausdrücklich durch eine Regelung im Abwicklungsvertrag aufgehoben, wohl aber bei nahezu gleichem Inhalt durch den späteren Abschluss des Abwicklungsvertrages nach der Zeit-Kollisionsregel überholt worden. Entgegen der Auffassung der Beklagten enthält der Abwicklungsvertrag auch einen Klageverzicht des Klägers, obwohl der Abwicklungsvertrag die ausdrückliche Formulierung der Vereinbarung vom 12. Januar 2016 eines Verzichts nicht übernommen hat. Die etwas abgeschwächte Formulierung „zur Vermeidung eines Arbeitsgerichtsprozesses“ im Abwicklungsvertrag meint unter Berücksichtigung eines objektiven Empfängerhorizonts inhaltlich das gleiche und ist für beide Parteien erkennbar gewesen.

59

2. Der Abwicklungsvertrag vom 20. Januar 2016 ist wirksam. Er genügt der erforderlichen Schriftform, verstößt nicht gegen das auf ihn anwendbare Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und ist nicht durch Anfechtung entfallen; Gleiches gilt für seine Geschäftsgrundlage.

60

a) Der Abwicklungsvertrag vom 20. Januar 2016 ist nicht wegen Formmangels nichtig (§ 125 Satz 1 BGB). Er bedarf der Schriftform und ist von den Parteien schriftlich geschlossen worden.

61

aa) Ein Abwicklungsvertrag bedarf der Schriftform. Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (§ 623 BGB). Dies gilt auch für Klageverzichtsvereinbarungen, die im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Ausspruch einer Kündigung getroffen werden. Solche Vereinbarungen sind Auflösungsverträge im Sinne von § 623 BGB (BAG, Urteil vom 19. April 2007 – 2 AZR 208/06 –, Rn. 25, juris). Die Parteien haben mit dem Abwicklungsvertrag vom 28. Januar 2014 eine Klageverzichtsvereinbarung getroffen (soeben zu A II 2 a der Gründe).

62

bb) Die Parteien haben den Abwicklungsvertrag schriftlich geschlossen.

63

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden (§ 126 Abs. 1 BGB). Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet (§ 126 Abs. 2 BGB).

64

(2) Die Parteien haben den Abwicklungsvertrag vom 20. Januar 2016 schriftlich geschlossen, weil ein hierzu berufener Vertreter der Beklagten und der Kläger selbst ihn offensichtlich auf derselben Urkunde eigenhändig unterzeichnet haben (vgl. Anlage 1 der Beklagten – Bl. 17 d.A.). Dies wird von den Parteien nicht in Abrede gestellt.

65

b) Der Abwicklungsvertrag vom 20. Januar 2016 verstößt nicht gegen das auf ihn anwendbare Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Dies hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

66

aa) Die Vorschrift des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf den Abwicklungsvertrag der Parteien und den darin enthaltenen Klageverzicht anwendbar.

67

(1) Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB findet § 307 BGB bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese – soweit der Verbraucher auf ihre Formulierung keinen Einfluss nehmen konnte – nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind. Verträge zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Bezug auf das Arbeitsverhältnis sind Verbraucherverträge im Sinne von § 310 Abs. 3 BGB. Dies gilt für Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über die Bedingungen der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gleichermaßen. Der Arbeitnehmer handelt auch insoweit als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB (BAG, Urteil vom 24. September 2015 – 2 AZR 347/14 –, Rn. 13, juris).

68

(2) Da Verbrauchervertrag, ist die Wirksamkeit des Abwicklungsvertrags der Parteien gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB anhand von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu beurteilen, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich bei den in ihr enthaltenen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB handelt. Der Abwicklungsvertrag ist zur zumindest einmaligen Verwendung von der Beklagten vorformuliert worden. Der Kläger hat auf seinen Inhalt keinen Einfluss nehmen können.

69

(3) Die Überprüfung des im Abwicklungsvertrags enthaltenen Klageverzichts am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob es sich bei dem Verzicht um eine Haupt- oder Nebenabrede des Abwicklungsvertrags handelt, schiede eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann aus, wenn in der Verzichtsabrede keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung läge. Mit einem – wie hier – vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärten Klageverzicht ist eine solche Abweichung von Rechtsvorschriften jedoch verbunden. Abgewichen wird von § 4 Satz 1 KSchG. Nach diesen Bestimmungen sollen dem Arbeitnehmer drei Wochen Zeit für die Überlegung zur Verfügung stehen, ob er Kündigungsschutzklage erheben will (BAG, Urteil vom 24. September 2015 – 2 AZR 347/14 –, Rn. 15, juris).

70

bb) Ein vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärter formularmäßiger Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist ohne eine ihn kompensierende Gegenleistung des Arbeitgebers wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Eine unangemessene Benachteiligung in diesem Sinne liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer in einer vorformulierten Erklärung ohne jegliche Gegenleistung auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet hat. Eine unangemessene Benachteiligung ist mit einem solchen Verzicht vielmehr auch dann verbunden, wenn der Arbeitnehmer für seinen Verzicht keine angemessene Kompensation erhält (BAG, Urteil vom 24. September 2015 – 2 AZR 347/14 –, Rn. 16, juris).

71

(1) Der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage vor Ablauf der Klagefrist schränkt die Rechte des Arbeitnehmers nach dem Kündigungsschutzgesetz erheblich ein. § 4 Satz 1 und § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG sind das Ergebnis einer Abwägung zwischen den gegenläufigen grundrechtlichen Positionen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelungen sind ein Ausgleich zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers an einem effektiven Bestandsschutz bei unwirksamer Kündigung und dem Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Gewissheit darüber, ob die Kündigung gerichtlich angegriffen wird oder er mit ihrer Rechtsbeständigkeit rechnen kann. Verglichen mit der gesetzlich eingeräumten dreiwöchigen Frist zur Klageerhebung stellt der vorzeitige Verzicht auf das Recht, den Schutz vor einer ungerechtfertigten Kündigung gerichtlich geltend machen zu können, eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtsposition des Arbeitnehmers dar. In ihm liegt für sich genommen eine unangemessene Benachteiligung (BAG, Urteil vom 24. September 2015 – 2 AZR 347/14 –, Rn. 17, juris).

72

(2) Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kann allerdings zu verneinen sein, wenn dem Arbeitnehmer an anderer Stelle vertraglich ein Vorteil gewährt wird. Dabei müssen Vor- und Nachteile in einem inneren Zusammenhang stehen. Der gewährte Vorteil muss das durch die benachteiligende Vertragsbestimmung beeinträchtigte Interesse stärken. Er muss außerdem von einem solchen Gewicht sein, dass er einen angemessenen Ausgleich für die Beeinträchtigung darstellt. Insofern bedarf es einer Abwägung zwischen dem vereinbarten Nachteil einerseits und dem gewährten Vorteil andererseits (BAG, Urteil vom 24. September 2015 – 2 AZR 347/14 –, Rn. 18, juris).

73

(3) Die Prüfung der Unangemessenheit einer Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Frage gerichtet, ob der Verwender durch seine Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Zur Beurteilung bedarf es einer umfassenden Würdigung u. a. der auf beiden Seiten anzuerkennenden, typischerweise berührten Interessen. Auch die Angemessenheit einer Kompensation ist damit grundsätzlich nach einem generellen und typisierenden, vom Einzelfall losgelösten Maßstab zu prüfen. Bei Verbraucherverträgen sind gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ggf. außerdem die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 24. September 2015 – 2 AZR 347/14 –, Rn. 19, juris).

74

cc) Vorliegend haben die Parteien im Abwicklungsvertrag vom 20. Januar 2016 – aus der Sicht des Klägers – den Nachteil vereinbart, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht erst durch die arbeitsvertragliche Zeitbefristung mit Ablauf des 14. April 2016 endet (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Anstellungsvertrag, § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG), sondern bereits zuvor durch die „betriebsbedingte“ Kündigung der Beklagten vom 19. Januar 2016 mit Ablauf des 29. Februar 2016, mithin anderthalb Monate früher. Die vorzeitige Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses durch eine ordentliche Kündigung ist möglich, weil die Parteien dies einzelvertraglich vereinbart haben (§ 2 Abs. 1 Satz 4 Anstellungsvertrag, § 15 Abs. 3 TzBfG). Außerdem hat der Kläger darauf verzichtet, gegen die Kündigung bei den Gerichten für Arbeitssachen Kündigungsschutzklage zu erheben (soeben zu A II 1 b cc der Gründe). Demgegenüber haben die Parteien zugunsten des Klägers den Vorteil vereinbart, dass dieser mit Wirkung vom 01. Februar 2016 bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 29. Februar 2016 unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen und Überstunden freigestellt ist.

75

Die weiteren Regelungen im Abwicklungsvertrag vom 20. Januar 2016 stellen weder Vor- noch Nachteile für den Kläger dar, weil sie ohnehin bestehende gesetzliche oder tarifliche Ansprüche des Klägers oder der Beklagten wiederholen, etwa die ordnungsgemäße Gehaltsabrechnung unter Berücksichtigung von Urlaubsgeld und Sonderzuwendung gemäß Tarifvertrag (Ziff. 2), die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses ohne Regelung eines bestimmten Zeugnisinhalts (Ziff. 5) einerseits und die Verpflichtung zur Geheimhaltung und Herausgabe von Unterlagen der Beklagten (Ziff. 4) andererseits. Der Umstand, dass die Beklagte dem Kläger in Erfüllung von Ziff. 5 Anstellungsvertrag ein Zeugnis mit einer „guten“ Leistungs- und Verhaltensbeurteilung erteilt hat (unbezifferte Anlage zur Berufungsbeantwortung der Beklagten – Bl. 98 d.A.), obwohl nach ihrer Auffassung verhaltensbedingte Gründe zur vorzeitigen Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses geführt haben sollen, stellt schon deshalb keinen Vorteil dar, weil der Kläger nach dem Abwicklungsvertrag vom 20. Januar 2016 hierauf keinen Anspruch gehabt hätte. Deshalb kann dahinstehen, ob die Vereinbarung in einem Abwicklungsvertrag, ein Zeugnis mit überdurchschnittlicher Beurteilung zu erteilen, überhaupt einen Vorteil für den Arbeitnehmer darstellen kann (verneinend: BAG, Urteil vom 24. September 2015 – 2 AZR 347/14 –, Rn. 24, juris).

76

dd) Entgegen der Auffassung des Klägers führt die Abwägung der Vor- und Nachteile der Regelungen im Abwicklungsvertrag vom 20. Januar 2016 zu dem Ergebnis, dass die Beklagte als Verwenderin der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht versucht hat, ihre eigenen Interessen auf Kosten des Klägers durchzusetzen, sondern dem Kläger einen angemessenen Ausgleich der beiderseitigen Interessen zugestanden hat. Dies hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

77

Dabei sind zunächst die Rahmenbedingungen des Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Abwicklungsvertrages hat die Betriebszugehörigkeit des Klägers lediglich etwa neun Monate betragen (15. April 2015 bis 20. Januar 2016) und das Arbeitsverhältnis hätte aufgrund wirksamer Zeitbefristung (§ 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG) ohnehin mit Ablauf des 14. April 2016 geendet (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Anstellungsvertrag).

78

Die allein vom Willen der Beklagten abhängige und rechtlich mögliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Befristungsende um einen Zeitraum von lediglich anderthalb Monaten durch eine befristungsrechtlich zulässige Kündigung vorzuziehen (§ 15 Abs. 3 TzBfG), für die nach abgelaufener Wartezeit (§ 1 Abs. 1 KSchG) allerdings Kündigungsgründe erforderlich gewesen wären (§ 1 Abs. 2, § 23 Abs. 1 KSchG), stellt zwar einen Nachteil für den Kläger dar. Dieser Nachteil wird aber durch den im Abwicklungsvertrag eingeräumten Vorteil, für einen Monat vom 01. bis 29. Februar 2016 von der Arbeitspflicht unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt zu sein (Ziff. 2 Abwicklungsvertrag), angemessen ausgeglichen. Der Freistellungszeitraum ist durch die Anrechnung restlicher Urlaubsansprüche des Klägers nicht nennenswert verkürzt worden. Dabei ist der Klageverzicht als eher weniger gewichtiger Nachteil zu berücksichtigen, weil die arbeitsgerichtliche Überprüfung der Kündigung der Beklagten vom 19. Januar 2016 allenfalls Vergütungsansprüche für anderthalb Monate vom 01. März 2016 bis 14. April 2016 betroffen hätte und nicht ersichtlich ist, dass Kündigungsgründe unter keinem denkbaren Gesichtspunkt bestanden hätten, sodass sich die Realisierung dieser Vergütungsansprüche für den Kläger keineswegs als gewiss, sondern lediglich als möglich dargestellt hat. Die Vorstellung des Klägers, die Kündigung sei ausschließlich aus betriebsbedingten Gründen erfolgt, ist hierfür unbeachtlich (sogleich zu A II 2 c bb der Gründe). Vielmehr stellt sich die Bezeichnung als „betriebsbedingte“ Kündigung im Abwicklungsvertrag als für den Kläger vorteilhaft dar, weil dieser Kündigungsgrund im Gegensatz zu verhaltensbedingten Kündigungsgründen sozialrechtlich geeignet ist, ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld zu vermeiden (§ 159 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III).

79

c) Der Abwicklungsvertrag vom 20. Januar 2016 ist durch die erst in der Berufungsinstanz erklärte Anfechtung des Klägers vom 11. Oktober 2016 nicht wegen arglistiger Täuschung entfallen (§ 142 Abs. 1 BGB). Der Kläger ist beim Abschluss des Abwicklungsvertrages nicht arglistig getäuscht worden.

80

aa) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten (§ 123 Abs. 1 BGB). Eine arglistige Täuschung setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn hierdurch zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst hat. Dabei muss sich die Täuschung auf objektiv nachprüfbare Tatsachen beziehen. Die Äußerung subjektiver Werturteile genügt nicht (BAG, Urteil vom 12. Mai 2011 – 2 AZR 479/09 – Rn. 41). Eine Täuschung kann auch in dem Verschweigen von Tatsachen bestehen, sofern der Erklärende zu deren Offenbarung verpflichtet war. Das subjektive Merkmal „Arglist“ liegt vor, wenn der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim Erklärungsgegner entstehen oder aufrechterhalten werden; Fahrlässigkeit – auch grobe Fahrlässigkeit – genügt insoweit nicht. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Anfechtende; dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen (BAG, Urteil vom 11. Juli 2012 – 2 AZR 42/11 –, Rn. 22).

81

bb) Der Kläger stützt die angebliche arglistige Täuschung der Beklagten beim Abschluss des Abwicklungsvertrages darauf, dass ihm wohl am 12. Januar 2016, spätestens am 20. Januar 2016 eröffnet worden bzw. ihm gegenüber ein Hinweis darauf erfolgt sei, dass das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen beendet werden solle, obwohl die Beklagte etwa eine Woche nach Ausspruch der Kündigung vom 19. Januar 2016 seine Stelle als Handwerkskoordinator im Baumarkt Hamburg-X im Internet zur Nachbesetzung unbefristet in Vollzeit ausgeschrieben habe. Seine Position habe also nicht aus betrieblichen Gründen wegfallen sollen, sondern er habe lediglich gegen einen anderen Arbeitnehmer ausgetauscht werden sollen.

82

Mit diesem – von der Beklagten bestrittenen – Vortrag hat der hierfür darlegungsbelastete Kläger eine arglistige Täuschung schon nicht schlüssig behauptet. Hierzu wäre zunächst die Darstellung erforderlich gewesen, wer und wann und mit welchen, ggf. sinngemäßen Worten dem Kläger erklärt haben soll, dass seine Stelle als Handwerkskoordinator im X-Baumarkt wegfalle und nicht nachbesetzt werde. Demgegenüber ist der Vortrag des Klägers hinsichtlich eines möglichen Erklärenden, dieser wird vom Kläger nicht benannt, und hinsichtlich des konkreten Inhalts der angeblichen Erklärung, diese bezieht sich lediglich auf „betriebliche“ Gründe, in entscheidenden Punkten zu ungenau. Darüber hinaus hat der Kläger nicht vorgetragen, dass zum Zeitpunkt der angeblichen Erklärung bei für eine solche Entscheidung zuständigen Mitarbeitern der Beklagten bereits die subjektive Vorstellung bestanden hätte, die bisher vom Kläger besetzte Stelle nicht entfallen zu lassen, sondern nachzubesetzen. Der Vortrag des Klägers ist hinsichtlich des Zeitpunkts der angeblichen Erklärung, dieser wird nicht ausdrücklich benannt, und hinsichtlich des Zeitpunkts der subjektiven Vorstellung über die Nachbesetzung, dieser wird überhaupt nicht benannt, wiederum zu ungenau. Vielmehr räumt sogar der Kläger selbst ein, dass er die Stellenanzeige im Internet erst etwa eine Woche nach Kündigungszugang vom 20. Januar 2016 entdeckt habe, sodass nicht ersichtlich ist, dass eine Nachbesetzungsentscheidung bereits am 20. Januar 2016, dem Tag des Abschlusses der Abwicklungsvertrages, bereits getroffen gewesen sei. Eine solche Schlussfolgerung ist möglich, nicht aber zwingend. Die Beklagte hätte eine solche Entscheidung ebenso gut erst nach Abschluss des Abwicklungsvertrages treffen können.

83

Da bereits der Sachvortrag des Klägers zur angeblichen arglistigen Täuschung durch die Beklagte unzureichend ist, hat es einer Beweisaufnahme nicht bedurft, die im Übrigen auch deshalb hätte unterbleiben müssen, weil der Kläger keinerlei Beweismittel für seine von der Beklagten bestrittenen Behauptungen benannt hat.

84

d) Für den Abwicklungsvertrag vom 20. Januar 2016 ist die Geschäftsgrundlage nicht entfallen.

85

aa) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (§ 313 Abs. 1 BGB). Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen (§ 313 Abs. 2 BGB).

86

bb) Vorliegend hat der hierfür darlegungsbelastete Kläger schon nicht vorgetragen, dass es wesentliche Vorstellungen beider Parteien gegeben hätte, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind und sich später als falsch herausgestellt haben. Die Behauptung des Klägers, dass der Abwicklungsvertrag nur deshalb geschlossen worden sei, weil die Beklagte beabsichtigt habe, seine Stelle als Handwerkskoordinator im X-er Baumarkt wegfallen zu lassen und nicht nachzubesetzen, wird von der Beklagten bestritten. Der Kläger hätte seine Behauptung in verschiedene Richtungen weiter konkretisieren müssen. Es gelten die Ausführungen zum unzureichenden Vortrag des Klägers bei der arglistigen Täuschung entsprechend (soeben zu A II 2 c bb der Gründe).

87

3. Das Rechtsschutzinteresse für die vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage ist entfallen, weil er durch den Abschluss des wirksamen Abwicklungsvertrages sein Einverständnis mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt hat. Der Kläger verhielte sich widersprüchlich (§ 242 BGB), wenn er gleichwohl die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 19. Januar 2016 arbeitsgerichtlich überprüfen lassen wollte.

B.

88

I. Die Kosten seiner ohne Erfolg eingelegten Berufung hat der Kläger zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

89

II. Gegen dieses Urteil ist die Revision an das Bundesarbeitsgericht nicht zuzulassen, weil ein erforderlicher Zulassungsgrund nicht ersichtlich ist (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ArbGG).

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

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Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 14 Zulässigkeit der Befristung


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Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 4 Anrufung des Arbeitsgerichts


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Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 15 Ende des befristeten Arbeitsvertrages


(1) Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit. (2) Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitn

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 623 Schriftform der Kündigung


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Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 13 Außerordentliche, sittenwidrige und sonstige Kündigungen


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Gewerbeordnung - GewO | § 109 Zeugnis


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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 68 Prozent und die Beklagte zu 32 Prozent.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 4.200,- festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung der Beklagten vom 19. Januar 2016.

2

Der Kläger war seit 15. April 2015 bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, aufgrund eines bis zum 15. April 2016 befristeten Vertrages im Baumarkt Hamburg-... zu einem monatlichen Bruttoverdienst in Höhe von € 2.800,- beschäftigt.

3

Am 12. Januar 2016 konfrontierte die Beklagte den Kläger mit der Tatsache, dass sie das Arbeitsverhältnis beenden wolle. Im Rahmen dieses Gesprächs unterzeichnete der Kläger eine Vereinbarung, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Arbeitgeberkündigung zum 29. Februar 2016 nebst Freistellung und Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage vorsah. Mit Schreiben vom 19. Januar 2016, das dem Kläger am 20. Januar 2016 übergeben wurde, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis sodann fristgemäß zum 29. Februar 2016. Die Parteien schlossen zudem am gleichen Tag einen weiteren, als „Abwicklungsvertrag“ bezeichneten Vertrag, der folgenden Wortlaut aufweist:

4

„Zur Vermeidung eines Arbeitsgerichtsprozesses zwischen
(…)
wird folgendes vereinbart:

5

1. Beendigung

6

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der ausgesprochenen fristgerechten betriebsbedingten Kündigung vom 19.01.2016 zum 29.02.2016 enden wird.

7

2. Gehaltszahlung

8

Das Gehalt wird bis zum Austritt ordnungsgemäß abgerechnet. Der Mitarbeiter erhält für das Jahr 2016 das anteilige (2/12) Urlaubsgeld und die anteilige (2/12) Sonderzuwendung gemäß Tarifvertrag.

9

3. Freistellung

10

Der Mitarbeiter wird ab 01.02.2016 bis zu seinem Ausscheiden freigestellt. Die Freistellung erfolgt unter Anrechnung von sämtlicher Resturlaubsansprüche und eventuell angefallener Überstunden.

11

4. Betriebsgeheimnisse

(..)

12

5. Zeugnis

13

Der Mitarbeiter wird bis zu seinem Ausscheiden ein qualifiziertes Zeugnis erhalten. Das Zeugnis wird sich auf Führung und Leistung erstrecken und im Sinne der Rechtsprechung vom Wohlwollen des Arbeitgebers getragen sein.

14

6. Erledigung aller Ansprüche

15

Mit der Erfüllung der sich aus den Ziffern 2 bis 5 ergebenden Verpflichtungen sind alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner am 29.02.2016 eintretenden Beendigung abgegolten, gleich welchen Rechtsgrundes, ob bekannt oder unbekannt.

16

Eventuell bestehende unverfallbare Anwartschaften aus der betrieblichen Altersvorsorge/Direktversicherung sind davon ausgenommen.

17

In der Folge stellte die Beklagte den Kläger von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung frei.

18

Der Kläger behauptet, er habe eine Woche nach Ausspruch der Kündigung im Internet entdeckt, dass exakt für seine Position im Baumarkt der Beklagten in Hamburg-... eine Stellenausschreibung als Handwerkskoordinator erfolgt sei. Hierdurch fühle sich der Kläger hintergangen und getäuscht, da der Kündigung keine betrieblichen Gründe zugrunde gelegen hätten, sondern er vielmehr ausgetauscht worden sei. Der Kläger ist der Auffassung, dass sowohl die Abwicklungsvereinbarung als auch die Kündigung unwirksam seien. Der vorliegende Klagverzicht enthalte eine unangemessene Benachteiligung des Klägers, weil eine kompensierende Gegenleistung der Beklagten fehle. Das wohlwollende Zeugnis sowie die Freistellung stellten keine angemessene Gegenleistung für den Klagverzicht dar, zumal das Arbeitsverhältnis der Parteien unabhängig von Kündigung und Vereinbarung lediglich noch bis zum 15. April 2016 bestanden hätte.

19

Mit seiner Klage vom 1. Februar 2016, der Beklagten zugestellt am 15. Februar 2016, wendet sich der Kläger gegen die Kündigung vom 19. Januar 2016 und begehrt Weiterbeschäftigung. Mit Klagerweiterung vom 8. März 2016 hat der Kläger eine auf Zahlung des Monatsbruttoverdienstes für Februar 2016 in Höhe von € 2.835,- sowie eine auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses gerichtete Klage erhoben. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 1. März 2106 eine auf Herausgabe eines dem Kläger überlassenen Mobiltelefons gerichtete Widerklage erhoben. Nach erfolgter Zahlung des Monatslohns für Februar 2016, der Erteilung eines Zwischenzeugnisses und Herausgabe des Mobiltelefons haben die Parteien die Klagerweiterung sowie die Widerklage übereinstimmend für erledigt erklärt. Nach erfolgter Rücknahme des Weiterbeschäftigungsantrags in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 24. Juni 2016 beantragt der Kläger,

20

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristgerechte Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 19. Januar 2016 zum 29. Februar 2016 nicht aufgelöst worden ist.

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Vereinbarung vom 20. Januar 2016 wirksam sei, da dem Kläger nicht das Recht genommen worden sei, gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung zu klagen. Außerdem habe er durch die Vereinbarung eine einmonatige bezahlte Freistellung erlangt. Hintergrund der Kündigung der Beklagten seien Kundenbeschwerden über den Kläger im Dezember 2015. Zudem habe der Kläger Sonderanfertigungen bestellt, die bei den Kunden nicht habe verwendet werden können, jedoch als Sonderanfertigungen vom Lieferanten nicht zurückgenommen worden seien. Vor diesem Hintergrund habe die Beklagte dem Kläger die fristgerechte Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 29. Februar 20216 gegen bezahlte Freistellung und Erteilung eines wohlwollenden Zeugnisses angeboten. Hiermit habe sich der Kläger einverstanden erklärt und die Vereinbarung am 12. Januar 2016 unterzeichnet. Im Rahmen eines weiteren Gesprächs am 20. Januar 2016 sei dem Kläger die Kündigung übergeben worden. Sodann habe man ihm die erste Vereinbarung nebst zweiter Vereinbarung vorgelegt und gemeinsam deren Inhalte verglichen. Im weiteren Verlauf habe der Kläger auch die zweite Vereinbarung unterschrieben.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien und ihrer Beweisangebote wird gemäß §§ 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO, 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG ergänzend auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

25

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat auf sein Recht, die Kündigung der Beklagten vom 19. Januar 2016 mittels Kündigungsschutzklage auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen zu lassen, wirksam durch die als „Abwicklungsvereinbarung“ überschriebene Vereinbarung der Parteien vom 20. Januar 2016 verzichtet.

26

1. Die Vereinbarung der Parteien vom 20. Januar 2016 enthält einen Verzicht des Klägers auf Erhebung der Kündigungsschutzklage im Hinblick auf die Kündigung der Beklagten vom 19. Januar 2016. Ein solcher ist in der Vereinbarung - anders als noch in der ersten Vereinbarung der Parteien vom 12. Januar 2016 - zwar nicht ausdrücklich und wortwörtlich enthalten. Jedoch folgt ein Klagverzicht aus der Auslegung des Vertrages gemäß §§ 157, 133 BGB. Nach dieser Vorschrift sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn zu haften. Aufgehend vom Wortlaut ist der objektive Bedeutungsgehalt der Erklärung zu ermitteln. Die Grundsätze sind auch auf die Frage anzuwenden, ob eine Vereinbarung einen Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage enthält. Zwar muss die Ernsthaftigkeit eines solchen Klagverzichts wegen seiner weitreichenden Bedeutung in Gestalt der gemäß §§ 4, 7 KSchG fingierten Wirksamkeit der Kündigung eindeutig erkennbar sein. Eine solche eindeutige Erkennbarkeit der Ernsthaftigkeit des Klagverzichts steht jedoch der Umstand, dass sich ein Klagverzicht einer Vereinbarung nicht explizit und ausdrücklich, sondern erst in Folge einer Auslegung gemäß §§ 157, 133 BGB - eindeutig - ergibt, nicht entgegen.

27

Dass die Parteien mit der Vereinbarung vom 20. Januar 2016 jedenfalls auch einen Klagverzicht vereinbart haben, folgt im Rahmen der danach vorzunehmenden Auslegung der Vereinbarung zum einen aus dem Eingangssatz der Vereinbarung, wonach die nachfolgenden Regelungen „zur Vermeidung eines Arbeitsgerichtsprozesses“ zwischen den Parteien vereinbart werden. Zum anderen wird dieses Verständnis der Vereinbarung dadurch gestützt, dass die Parteien diese explizit als „Abwicklungsvertrag“ bezeichnet haben. Ein Abwicklungsvertrag ist in der Regel gekennzeichnet durch den vertraglichen Verzicht des Arbeitnehmers auf Kündigungsschutz im Austausch gegen bestimmte begünstigende Leistungen des Arbeitgebers wie beispielsweise die Zahlung einer Abfindung. In Abgrenzung zum Aufhebungsvertrag erfolgt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei einem Abwicklungsvertrag nicht durch die Vereinbarung an sich, sondern durch einen anderen Beendigungstatbestand. Im Einklang hiermit bezeichnen die Parteien im Streitfall die Vereinbarung vom 20. Januar 2016 auch nicht nur als Abwicklungsvertrag, sondern beziehen sich darüber hinaus in Ziffer 1 der Vereinbarung explizit auf einen konkreten anderen Beendigungstatbestand, wenn sie darin davon sprechen, dass sie sich darüber einig sind, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 19. Januar 2016 zum 29. Februar 2016 enden wird. Schließlich wertet die Kammer auch den Umstand, dass die Parteien noch in der ersten Vereinbarung den Klagverzicht explizit aufgeführt und den entsprechenden Passus aus der zweiten - hier maßgeblichen - Vereinbarung gestrichen haben, nicht als Indiz dafür, dass die Parteien einen Klagverzicht nicht (mehr) vereinbaren wollten. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass der Wortlaut der Vereinbarung deshalb geändert wurde, um das Risiko zu reduzieren, dass der - ausdrücklich erklärte und als allgemeine Geschäftsbedingung zu bewertende - Klagverzicht wegen fehlender ausreichender Kompensation (siehe dazu sogleich unten unter Ziffer 2) unwirksam sein könnte. Zu diesem Zweck erfolgte die Streichung des ausdrücklichen Klagverzichts, der sodann in anderer Form, nämlich in Gestalt der bereits erwähnten Eingangsformulierung „zur Vermeidung eines Arbeitsgerichtsprozesses“ in die Vereinbarung aufgenommen wurde. Im Einklang mit der vorstehenden Auslegung der Vereinbarung steht auch die Auffassung des durch einen Klagverzicht ausschließlich belasteten Klägers, wonach die Vereinbarung vom 20. Januar 2016 einen, wenn seiner Auffassung nach auch unwirksamen, Klagverzicht enthält.

28

2. Der danach von den Parteien im Rahmen des Abwicklungsvertrages vereinbarte Klagverzicht hält auch einer Prüfung anhand der §§ 305 ff. BGB stand. Er ist nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Zur Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf eine Abwicklungsvereinbarung sowie einen darin enthaltenen Klagverzicht führt das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 24. September 2015 (2 AZR 347/14, Rn 12 ff., juris) folgendes aus:

29

„Die Vorschrift des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Abwicklungsvereinbarung der Parteien und den darin enthaltenen Klageverzicht anwendbar.

30

a) Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB findet § 307 BGB bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese - soweit der Verbraucher auf ihre Formulierung keinen Einfluss nehmen konnte - nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind. Verträge zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Bezug auf das Arbeitsverhältnis sind Verbraucherverträge iSv. § 310 Abs. 3 Eingangshalbs. BGB (für Arbeitsverträge vgl. BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14). Dies gilt für Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über die Bedingungen der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gleichermaßen. Der Arbeitnehmer handelt auch insoweit als Verbraucher iSd. § 13 BGB.

31

b) Da Verbrauchervertrag, ist die Wirksamkeit der Abwicklungsvereinbarung der Parteien gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB anhand von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu beurteilen, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich bei den in ihr enthaltenen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB handelt. Die Vereinbarung wurde zur zumindest einmaligen Verwendung von der Beklagten vorformuliert. Der Kläger konnte auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen.

32

c) Die Überprüfung des in der Vereinbarung enthaltenen Klageverzichts am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob es sich bei dem Verzicht um eine Haupt- oder Nebenabrede des Abwicklungsvertrags handelt, schiede eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann aus, wenn in der Verzichtsabrede keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung läge(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 20 mwN). Mit einem - wie hier - vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärten Klageverzicht ist eine solche Abweichung von Rechtsvorschriften jedoch verbunden (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21 mwN). Abgewichen wird von § 4 Satz 1 ggf. iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Nach diesen Bestimmungen sollen dem Arbeitnehmer drei Wochen Zeit für die Überlegung zur Verfügung stehen, ob er Kündigungsschutzklage erheben will (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - aaO; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 30 - 32, BAGE 124, 59).

33

2. Ein vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärter formularmäßiger Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist ohne eine ihn kompensierende Gegenleistung des Arbeitgebers wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 22, 24; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 37, BAGE 124, 59). Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer in einer vorformulierten Erklärung ohne jegliche Gegenleistung auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet hat. Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist mit einem solchen Verzicht vielmehr auch dann verbunden, wenn der Arbeitnehmer für seinen Verzicht keineangemessene Kompensation erhält.

34

a) Der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage vor Ablauf der Klagefrist schränkt die Rechte des Arbeitnehmers nach dem Kündigungsschutzgesetz erheblich ein. § 4 Satz 1 und § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes sind das Ergebnis einer Abwägung zwischen den gegenläufigen grundrechtlichen Positionen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelungen sind ein Ausgleich zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers an einem effektiven Bestandsschutz bei unwirksamer Kündigung und dem Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Gewissheit darüber, ob die Kündigung gerichtlich angegriffen wird oder er mit ihrer Rechtsbeständigkeit rechnen kann (vgl. BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21; 28. Januar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 31, BAGE 133, 149). Verglichen mit der gesetzlich eingeräumten dreiwöchigen Frist zur Klageerhebung stellt der vorzeitige Verzicht auf das Recht, den Schutz vor einer ungerechtfertigten Kündigung gerichtlich geltend machen zu können, eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtsposition des Arbeitnehmers dar. In ihm liegt für sich genommen eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

35

b) Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kann allerdings zu verneinen sein, wenn dem Arbeitnehmer an anderer Stelle vertraglich ein Vorteil gewährt wird. Dabei müssen Vor- und Nachteile in einem inneren Zusammenhang stehen (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 45, BAGE 143, 62; BGH 29. November 2002 - V ZR 105/02 - zu II 4 b der Gründe, BGHZ 153, 93). Der gewährte Vorteil muss das durch die benachteiligende Vertragsbestimmung beeinträchtigte Interesse stärken. Er muss außerdem von einem solchen Gewicht sein, dass er einen angemessenen Ausgleich für die Beeinträchtigung darstellt (MüKo-BGB/Wurmnest 6. Aufl. § 307 Rn. 36; Däubler/Bonin/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 95; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 151). Insofern bedarf es einer Abwägung zwischen dem vereinbarten Nachteil einerseits und dem gewährten Vorteil andererseits (aA Worzalla SAE 2009, 31, 34).

36

Die Bedenken gegen das Erfordernis einer solchen Abwägung, sie sei angesichts der potentiell zu berücksichtigenden Faktoren nicht praktikabel (vgl. Krets FS Bauer S. 601, 608) oder laufe darauf hinaus, den „Preis“ eines Arbeitnehmers zu bestimmen (so Rolfs FS Reuter S. 825, 835), greifen nicht durch. Die Angemessenheit eines für eine Benachteiligung gewährten Ausgleichs kann anders nicht festgestellt werden. Die Prüfung der Unangemessenheit einer Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Frage gerichtet, ob der Verwender durch seine Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen(BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 14, BAGE 129, 121; BGH 17. September 2009 - III ZR 207/08 - Rn. 18). Zur Beurteilung bedarf es einer umfassenden Würdigung ua. der auf beiden Seiten anzuerkennenden, typischerweise berührten Interessen (BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - aaO; BGH 24. März 2010 - VIII ZR 178/08 - Rn. 26, BGHZ 185, 96). Auch die Angemessenheit einer Kompensation ist damit grundsätzlich nach einem generellen und typisierenden, vom Einzelfall losgelösten Maßstab zu prüfen. Bei Verbraucherverträgen sind gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ggf. außerdem die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.“

37

Aufgrund der vorstehenden höchstrichterlichen Ausführungen, der sich die erkennende Kammer nach eigener Prüfung anschließt, ist im Streitfall entscheidend, ob die Abwicklungsvereinbarung der Parteien eine angemessene Kompensation für den Klagverzicht aufweist. Dies ist nach Auffassung der Kammer in Gestalt der in der Vereinbarung unter Ziffer 2 geregelten Freistellung des Klägers für die Dauer von einem Monat unter Fortzahlung der Vergütung der Fall. Es ist aufgrund der zugunsten des Klägers ausgesprochenen Freistellung nicht ersichtlich, dass die Beklagte durch die vorliegende Vertragsgestaltung missbräuchlich ihre eigenen Interessen auf Kosten des Klägers durchzusetzen versucht hätte. Vielmehr hat sie in Form der vereinbarten Freistellung die klägerischen Belange in einem ausreichenden Ausmaß berücksichtigt. Hierbei ist im Rahmen einer umfassenden Würdigung der auf beiden Seiten typischerweise berührten Interessen im Streitfall insbesondere zu beachten, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien ohnehin aufgrund der vereinbarten Befristung unabhängig von der Wirksamkeit der arbeitgeberseitigen Kündigung mit Ablauf des 15. April 2016 beendet worden wäre. Das typischerweise beim Arbeitnehmer vorhandene Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und an der Überprüfung der Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses dürfte vor diesem Hintergrund beim Kläger bei Abschluss der Abwicklungsvereinbarung gegenüber der Situation bei Kündigung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses deutlich reduziert gewesen sein. Auf der anderen Seite dürfte im Fall der Kündigung eines ohnehin sechs Wochen später aufgrund Befristung endenden Arbeitsverhältnisses auch der Arbeitgeber typischerweise ein weniger stark ausgeprägtes Interesse an einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Vermeidung eines Kündigungsschutzprozesses haben, so dass auch aus diesem Grund im Streitfall nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Beklagte im Rahmen der vorliegenden Vertragsgestaltung ihre Interessen rechtsmissbräuchlich gegenüber dem Kläger durchgesetzt hat. Bei der Prüfung, ob die im Abwicklungsvertrag enthaltene Freistellung des Klägers für die Dauer eines Monats einen ausreichenden Ausgleich für den vereinbarten Klagverzicht darstellt, ist zudem der Umstand der erst zehn Monate umfassenden Betriebszugehörigkeit des Klägers zu berücksichtigen. Auch dieser Umstand trägt die Einschätzung der Kammer, dass die in der Vereinbarung enthaltene Freistellung des Klägers unter Fortzahlung der Vergütung für die Dauer eines Monats eine angemessene und ausreichende Kompensation für den Klagverzicht darstellt.

38

3. Aufgrund des wirksam durch Vertrag vom 20. Januar 2016 vereinbarten Verzichts auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage steht die arbeitgeberseitige Kündigung vom 19. Januar 2016 einer Überprüfung durch die Gerichte nicht (mehr) offen, so dass die Klage abzuweisen war.

II.

39

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 91a Abs. 1 Satz 1 und 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Im Rahmen einer einheitlich zu treffenden Kostenentscheidung waren die Kosten des Rechtsstreits nach einem Gebührenstreitwert in Höhe von € 10.485,- den Parteien unter Berücksichtigung des Obsiegens bzw. Unterliegens in der Hauptsache, des zurückgenommenen Teils der Klage (Weiterbeschäftigungsklage) sowie im Hinblick auf die übereinstimmend für erledigt erklärten Teil der Klage und der Widerklage unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen aufzuerlegen. Im Rahmen der nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO nach billigem Ermessen zu treffenden Entscheidung ist die Kammer davon ausgegangen, dass der Kläger die auf die Widerklage entfallenden Kosten zu tragen hat, da er voraussichtlich in der Hauptsache unterlegen wäre, wenn er das ihm von der Beklagten überlassene Mobiltelefon nicht an diese herausgegeben hätte. Demgegenüber waren der Beklagten die Kosten im Hinblick auf die übereinstimmend für erledigt erklärte Zahlungsklage sowie auf die auf Erteilung eines Zwischenzeugnisse gerichtete Klage aufzuerlegen, da insoweit die Beklagte voraussichtlich unterlegen wäre, wenn sie diese klagweise geltend gemachten Ansprüche nicht erfüllt hätte. Unter Berücksichtigung des auf die Kündigungsschutzklage entfallenden Streitwerts von € 4.200,-, einem Streitwert für die auf vorläufige Weiterbeschäftigung gerichtete Klage in Höhe von € 2.800,-, des Streitwerts der Zahlungsklage in Höhe von € 2.835,- und des Streitwerts für die auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses gerichtete Klage in Höhe von 500,- sowie der mit € 150,- zu bewertenden Widerklage führt die Berücksichtigung der jeweiligen Obsiegens- und Unterliegensanteil zu der tenorierten Kostenquote.

40

Der gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzende Streitwert folgt aus § 42 Abs. 2 Satz 1 und entspricht der Höhe nach den zugunsten des Klägers allenfalls noch bestehenden Vergütungsansprüche bis zum Ablauf der Befristung am 15. April 2016.

41

Eine gesonderte Zulassung der Berufung war mangels Vorliegens der in § 64 Abs. 3 ArbGG genannten Voraussetzungen nicht veranlasst. Hiervon unberührt bleibt die Zulässigkeit der Berufung nach § 64 Abs. 2 ArbGG.

(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.

(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.

(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 68 Prozent und die Beklagte zu 32 Prozent.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 4.200,- festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung der Beklagten vom 19. Januar 2016.

2

Der Kläger war seit 15. April 2015 bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, aufgrund eines bis zum 15. April 2016 befristeten Vertrages im Baumarkt Hamburg-... zu einem monatlichen Bruttoverdienst in Höhe von € 2.800,- beschäftigt.

3

Am 12. Januar 2016 konfrontierte die Beklagte den Kläger mit der Tatsache, dass sie das Arbeitsverhältnis beenden wolle. Im Rahmen dieses Gesprächs unterzeichnete der Kläger eine Vereinbarung, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Arbeitgeberkündigung zum 29. Februar 2016 nebst Freistellung und Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage vorsah. Mit Schreiben vom 19. Januar 2016, das dem Kläger am 20. Januar 2016 übergeben wurde, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis sodann fristgemäß zum 29. Februar 2016. Die Parteien schlossen zudem am gleichen Tag einen weiteren, als „Abwicklungsvertrag“ bezeichneten Vertrag, der folgenden Wortlaut aufweist:

4

„Zur Vermeidung eines Arbeitsgerichtsprozesses zwischen
(…)
wird folgendes vereinbart:

5

1. Beendigung

6

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der ausgesprochenen fristgerechten betriebsbedingten Kündigung vom 19.01.2016 zum 29.02.2016 enden wird.

7

2. Gehaltszahlung

8

Das Gehalt wird bis zum Austritt ordnungsgemäß abgerechnet. Der Mitarbeiter erhält für das Jahr 2016 das anteilige (2/12) Urlaubsgeld und die anteilige (2/12) Sonderzuwendung gemäß Tarifvertrag.

9

3. Freistellung

10

Der Mitarbeiter wird ab 01.02.2016 bis zu seinem Ausscheiden freigestellt. Die Freistellung erfolgt unter Anrechnung von sämtlicher Resturlaubsansprüche und eventuell angefallener Überstunden.

11

4. Betriebsgeheimnisse

(..)

12

5. Zeugnis

13

Der Mitarbeiter wird bis zu seinem Ausscheiden ein qualifiziertes Zeugnis erhalten. Das Zeugnis wird sich auf Führung und Leistung erstrecken und im Sinne der Rechtsprechung vom Wohlwollen des Arbeitgebers getragen sein.

14

6. Erledigung aller Ansprüche

15

Mit der Erfüllung der sich aus den Ziffern 2 bis 5 ergebenden Verpflichtungen sind alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner am 29.02.2016 eintretenden Beendigung abgegolten, gleich welchen Rechtsgrundes, ob bekannt oder unbekannt.

16

Eventuell bestehende unverfallbare Anwartschaften aus der betrieblichen Altersvorsorge/Direktversicherung sind davon ausgenommen.

17

In der Folge stellte die Beklagte den Kläger von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung frei.

18

Der Kläger behauptet, er habe eine Woche nach Ausspruch der Kündigung im Internet entdeckt, dass exakt für seine Position im Baumarkt der Beklagten in Hamburg-... eine Stellenausschreibung als Handwerkskoordinator erfolgt sei. Hierdurch fühle sich der Kläger hintergangen und getäuscht, da der Kündigung keine betrieblichen Gründe zugrunde gelegen hätten, sondern er vielmehr ausgetauscht worden sei. Der Kläger ist der Auffassung, dass sowohl die Abwicklungsvereinbarung als auch die Kündigung unwirksam seien. Der vorliegende Klagverzicht enthalte eine unangemessene Benachteiligung des Klägers, weil eine kompensierende Gegenleistung der Beklagten fehle. Das wohlwollende Zeugnis sowie die Freistellung stellten keine angemessene Gegenleistung für den Klagverzicht dar, zumal das Arbeitsverhältnis der Parteien unabhängig von Kündigung und Vereinbarung lediglich noch bis zum 15. April 2016 bestanden hätte.

19

Mit seiner Klage vom 1. Februar 2016, der Beklagten zugestellt am 15. Februar 2016, wendet sich der Kläger gegen die Kündigung vom 19. Januar 2016 und begehrt Weiterbeschäftigung. Mit Klagerweiterung vom 8. März 2016 hat der Kläger eine auf Zahlung des Monatsbruttoverdienstes für Februar 2016 in Höhe von € 2.835,- sowie eine auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses gerichtete Klage erhoben. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 1. März 2106 eine auf Herausgabe eines dem Kläger überlassenen Mobiltelefons gerichtete Widerklage erhoben. Nach erfolgter Zahlung des Monatslohns für Februar 2016, der Erteilung eines Zwischenzeugnisses und Herausgabe des Mobiltelefons haben die Parteien die Klagerweiterung sowie die Widerklage übereinstimmend für erledigt erklärt. Nach erfolgter Rücknahme des Weiterbeschäftigungsantrags in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 24. Juni 2016 beantragt der Kläger,

20

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristgerechte Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 19. Januar 2016 zum 29. Februar 2016 nicht aufgelöst worden ist.

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Vereinbarung vom 20. Januar 2016 wirksam sei, da dem Kläger nicht das Recht genommen worden sei, gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung zu klagen. Außerdem habe er durch die Vereinbarung eine einmonatige bezahlte Freistellung erlangt. Hintergrund der Kündigung der Beklagten seien Kundenbeschwerden über den Kläger im Dezember 2015. Zudem habe der Kläger Sonderanfertigungen bestellt, die bei den Kunden nicht habe verwendet werden können, jedoch als Sonderanfertigungen vom Lieferanten nicht zurückgenommen worden seien. Vor diesem Hintergrund habe die Beklagte dem Kläger die fristgerechte Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 29. Februar 20216 gegen bezahlte Freistellung und Erteilung eines wohlwollenden Zeugnisses angeboten. Hiermit habe sich der Kläger einverstanden erklärt und die Vereinbarung am 12. Januar 2016 unterzeichnet. Im Rahmen eines weiteren Gesprächs am 20. Januar 2016 sei dem Kläger die Kündigung übergeben worden. Sodann habe man ihm die erste Vereinbarung nebst zweiter Vereinbarung vorgelegt und gemeinsam deren Inhalte verglichen. Im weiteren Verlauf habe der Kläger auch die zweite Vereinbarung unterschrieben.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien und ihrer Beweisangebote wird gemäß §§ 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO, 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG ergänzend auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

25

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat auf sein Recht, die Kündigung der Beklagten vom 19. Januar 2016 mittels Kündigungsschutzklage auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen zu lassen, wirksam durch die als „Abwicklungsvereinbarung“ überschriebene Vereinbarung der Parteien vom 20. Januar 2016 verzichtet.

26

1. Die Vereinbarung der Parteien vom 20. Januar 2016 enthält einen Verzicht des Klägers auf Erhebung der Kündigungsschutzklage im Hinblick auf die Kündigung der Beklagten vom 19. Januar 2016. Ein solcher ist in der Vereinbarung - anders als noch in der ersten Vereinbarung der Parteien vom 12. Januar 2016 - zwar nicht ausdrücklich und wortwörtlich enthalten. Jedoch folgt ein Klagverzicht aus der Auslegung des Vertrages gemäß §§ 157, 133 BGB. Nach dieser Vorschrift sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn zu haften. Aufgehend vom Wortlaut ist der objektive Bedeutungsgehalt der Erklärung zu ermitteln. Die Grundsätze sind auch auf die Frage anzuwenden, ob eine Vereinbarung einen Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage enthält. Zwar muss die Ernsthaftigkeit eines solchen Klagverzichts wegen seiner weitreichenden Bedeutung in Gestalt der gemäß §§ 4, 7 KSchG fingierten Wirksamkeit der Kündigung eindeutig erkennbar sein. Eine solche eindeutige Erkennbarkeit der Ernsthaftigkeit des Klagverzichts steht jedoch der Umstand, dass sich ein Klagverzicht einer Vereinbarung nicht explizit und ausdrücklich, sondern erst in Folge einer Auslegung gemäß §§ 157, 133 BGB - eindeutig - ergibt, nicht entgegen.

27

Dass die Parteien mit der Vereinbarung vom 20. Januar 2016 jedenfalls auch einen Klagverzicht vereinbart haben, folgt im Rahmen der danach vorzunehmenden Auslegung der Vereinbarung zum einen aus dem Eingangssatz der Vereinbarung, wonach die nachfolgenden Regelungen „zur Vermeidung eines Arbeitsgerichtsprozesses“ zwischen den Parteien vereinbart werden. Zum anderen wird dieses Verständnis der Vereinbarung dadurch gestützt, dass die Parteien diese explizit als „Abwicklungsvertrag“ bezeichnet haben. Ein Abwicklungsvertrag ist in der Regel gekennzeichnet durch den vertraglichen Verzicht des Arbeitnehmers auf Kündigungsschutz im Austausch gegen bestimmte begünstigende Leistungen des Arbeitgebers wie beispielsweise die Zahlung einer Abfindung. In Abgrenzung zum Aufhebungsvertrag erfolgt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei einem Abwicklungsvertrag nicht durch die Vereinbarung an sich, sondern durch einen anderen Beendigungstatbestand. Im Einklang hiermit bezeichnen die Parteien im Streitfall die Vereinbarung vom 20. Januar 2016 auch nicht nur als Abwicklungsvertrag, sondern beziehen sich darüber hinaus in Ziffer 1 der Vereinbarung explizit auf einen konkreten anderen Beendigungstatbestand, wenn sie darin davon sprechen, dass sie sich darüber einig sind, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 19. Januar 2016 zum 29. Februar 2016 enden wird. Schließlich wertet die Kammer auch den Umstand, dass die Parteien noch in der ersten Vereinbarung den Klagverzicht explizit aufgeführt und den entsprechenden Passus aus der zweiten - hier maßgeblichen - Vereinbarung gestrichen haben, nicht als Indiz dafür, dass die Parteien einen Klagverzicht nicht (mehr) vereinbaren wollten. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass der Wortlaut der Vereinbarung deshalb geändert wurde, um das Risiko zu reduzieren, dass der - ausdrücklich erklärte und als allgemeine Geschäftsbedingung zu bewertende - Klagverzicht wegen fehlender ausreichender Kompensation (siehe dazu sogleich unten unter Ziffer 2) unwirksam sein könnte. Zu diesem Zweck erfolgte die Streichung des ausdrücklichen Klagverzichts, der sodann in anderer Form, nämlich in Gestalt der bereits erwähnten Eingangsformulierung „zur Vermeidung eines Arbeitsgerichtsprozesses“ in die Vereinbarung aufgenommen wurde. Im Einklang mit der vorstehenden Auslegung der Vereinbarung steht auch die Auffassung des durch einen Klagverzicht ausschließlich belasteten Klägers, wonach die Vereinbarung vom 20. Januar 2016 einen, wenn seiner Auffassung nach auch unwirksamen, Klagverzicht enthält.

28

2. Der danach von den Parteien im Rahmen des Abwicklungsvertrages vereinbarte Klagverzicht hält auch einer Prüfung anhand der §§ 305 ff. BGB stand. Er ist nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Zur Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf eine Abwicklungsvereinbarung sowie einen darin enthaltenen Klagverzicht führt das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 24. September 2015 (2 AZR 347/14, Rn 12 ff., juris) folgendes aus:

29

„Die Vorschrift des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Abwicklungsvereinbarung der Parteien und den darin enthaltenen Klageverzicht anwendbar.

30

a) Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB findet § 307 BGB bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese - soweit der Verbraucher auf ihre Formulierung keinen Einfluss nehmen konnte - nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind. Verträge zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Bezug auf das Arbeitsverhältnis sind Verbraucherverträge iSv. § 310 Abs. 3 Eingangshalbs. BGB (für Arbeitsverträge vgl. BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14). Dies gilt für Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über die Bedingungen der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gleichermaßen. Der Arbeitnehmer handelt auch insoweit als Verbraucher iSd. § 13 BGB.

31

b) Da Verbrauchervertrag, ist die Wirksamkeit der Abwicklungsvereinbarung der Parteien gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB anhand von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu beurteilen, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich bei den in ihr enthaltenen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB handelt. Die Vereinbarung wurde zur zumindest einmaligen Verwendung von der Beklagten vorformuliert. Der Kläger konnte auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen.

32

c) Die Überprüfung des in der Vereinbarung enthaltenen Klageverzichts am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob es sich bei dem Verzicht um eine Haupt- oder Nebenabrede des Abwicklungsvertrags handelt, schiede eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann aus, wenn in der Verzichtsabrede keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung läge(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 20 mwN). Mit einem - wie hier - vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärten Klageverzicht ist eine solche Abweichung von Rechtsvorschriften jedoch verbunden (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21 mwN). Abgewichen wird von § 4 Satz 1 ggf. iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Nach diesen Bestimmungen sollen dem Arbeitnehmer drei Wochen Zeit für die Überlegung zur Verfügung stehen, ob er Kündigungsschutzklage erheben will (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - aaO; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 30 - 32, BAGE 124, 59).

33

2. Ein vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärter formularmäßiger Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist ohne eine ihn kompensierende Gegenleistung des Arbeitgebers wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 22, 24; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 37, BAGE 124, 59). Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer in einer vorformulierten Erklärung ohne jegliche Gegenleistung auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet hat. Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist mit einem solchen Verzicht vielmehr auch dann verbunden, wenn der Arbeitnehmer für seinen Verzicht keineangemessene Kompensation erhält.

34

a) Der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage vor Ablauf der Klagefrist schränkt die Rechte des Arbeitnehmers nach dem Kündigungsschutzgesetz erheblich ein. § 4 Satz 1 und § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes sind das Ergebnis einer Abwägung zwischen den gegenläufigen grundrechtlichen Positionen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelungen sind ein Ausgleich zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers an einem effektiven Bestandsschutz bei unwirksamer Kündigung und dem Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Gewissheit darüber, ob die Kündigung gerichtlich angegriffen wird oder er mit ihrer Rechtsbeständigkeit rechnen kann (vgl. BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21; 28. Januar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 31, BAGE 133, 149). Verglichen mit der gesetzlich eingeräumten dreiwöchigen Frist zur Klageerhebung stellt der vorzeitige Verzicht auf das Recht, den Schutz vor einer ungerechtfertigten Kündigung gerichtlich geltend machen zu können, eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtsposition des Arbeitnehmers dar. In ihm liegt für sich genommen eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

35

b) Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kann allerdings zu verneinen sein, wenn dem Arbeitnehmer an anderer Stelle vertraglich ein Vorteil gewährt wird. Dabei müssen Vor- und Nachteile in einem inneren Zusammenhang stehen (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 45, BAGE 143, 62; BGH 29. November 2002 - V ZR 105/02 - zu II 4 b der Gründe, BGHZ 153, 93). Der gewährte Vorteil muss das durch die benachteiligende Vertragsbestimmung beeinträchtigte Interesse stärken. Er muss außerdem von einem solchen Gewicht sein, dass er einen angemessenen Ausgleich für die Beeinträchtigung darstellt (MüKo-BGB/Wurmnest 6. Aufl. § 307 Rn. 36; Däubler/Bonin/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 95; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 151). Insofern bedarf es einer Abwägung zwischen dem vereinbarten Nachteil einerseits und dem gewährten Vorteil andererseits (aA Worzalla SAE 2009, 31, 34).

36

Die Bedenken gegen das Erfordernis einer solchen Abwägung, sie sei angesichts der potentiell zu berücksichtigenden Faktoren nicht praktikabel (vgl. Krets FS Bauer S. 601, 608) oder laufe darauf hinaus, den „Preis“ eines Arbeitnehmers zu bestimmen (so Rolfs FS Reuter S. 825, 835), greifen nicht durch. Die Angemessenheit eines für eine Benachteiligung gewährten Ausgleichs kann anders nicht festgestellt werden. Die Prüfung der Unangemessenheit einer Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Frage gerichtet, ob der Verwender durch seine Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen(BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 14, BAGE 129, 121; BGH 17. September 2009 - III ZR 207/08 - Rn. 18). Zur Beurteilung bedarf es einer umfassenden Würdigung ua. der auf beiden Seiten anzuerkennenden, typischerweise berührten Interessen (BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - aaO; BGH 24. März 2010 - VIII ZR 178/08 - Rn. 26, BGHZ 185, 96). Auch die Angemessenheit einer Kompensation ist damit grundsätzlich nach einem generellen und typisierenden, vom Einzelfall losgelösten Maßstab zu prüfen. Bei Verbraucherverträgen sind gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ggf. außerdem die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.“

37

Aufgrund der vorstehenden höchstrichterlichen Ausführungen, der sich die erkennende Kammer nach eigener Prüfung anschließt, ist im Streitfall entscheidend, ob die Abwicklungsvereinbarung der Parteien eine angemessene Kompensation für den Klagverzicht aufweist. Dies ist nach Auffassung der Kammer in Gestalt der in der Vereinbarung unter Ziffer 2 geregelten Freistellung des Klägers für die Dauer von einem Monat unter Fortzahlung der Vergütung der Fall. Es ist aufgrund der zugunsten des Klägers ausgesprochenen Freistellung nicht ersichtlich, dass die Beklagte durch die vorliegende Vertragsgestaltung missbräuchlich ihre eigenen Interessen auf Kosten des Klägers durchzusetzen versucht hätte. Vielmehr hat sie in Form der vereinbarten Freistellung die klägerischen Belange in einem ausreichenden Ausmaß berücksichtigt. Hierbei ist im Rahmen einer umfassenden Würdigung der auf beiden Seiten typischerweise berührten Interessen im Streitfall insbesondere zu beachten, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien ohnehin aufgrund der vereinbarten Befristung unabhängig von der Wirksamkeit der arbeitgeberseitigen Kündigung mit Ablauf des 15. April 2016 beendet worden wäre. Das typischerweise beim Arbeitnehmer vorhandene Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und an der Überprüfung der Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses dürfte vor diesem Hintergrund beim Kläger bei Abschluss der Abwicklungsvereinbarung gegenüber der Situation bei Kündigung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses deutlich reduziert gewesen sein. Auf der anderen Seite dürfte im Fall der Kündigung eines ohnehin sechs Wochen später aufgrund Befristung endenden Arbeitsverhältnisses auch der Arbeitgeber typischerweise ein weniger stark ausgeprägtes Interesse an einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Vermeidung eines Kündigungsschutzprozesses haben, so dass auch aus diesem Grund im Streitfall nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Beklagte im Rahmen der vorliegenden Vertragsgestaltung ihre Interessen rechtsmissbräuchlich gegenüber dem Kläger durchgesetzt hat. Bei der Prüfung, ob die im Abwicklungsvertrag enthaltene Freistellung des Klägers für die Dauer eines Monats einen ausreichenden Ausgleich für den vereinbarten Klagverzicht darstellt, ist zudem der Umstand der erst zehn Monate umfassenden Betriebszugehörigkeit des Klägers zu berücksichtigen. Auch dieser Umstand trägt die Einschätzung der Kammer, dass die in der Vereinbarung enthaltene Freistellung des Klägers unter Fortzahlung der Vergütung für die Dauer eines Monats eine angemessene und ausreichende Kompensation für den Klagverzicht darstellt.

38

3. Aufgrund des wirksam durch Vertrag vom 20. Januar 2016 vereinbarten Verzichts auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage steht die arbeitgeberseitige Kündigung vom 19. Januar 2016 einer Überprüfung durch die Gerichte nicht (mehr) offen, so dass die Klage abzuweisen war.

II.

39

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 91a Abs. 1 Satz 1 und 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Im Rahmen einer einheitlich zu treffenden Kostenentscheidung waren die Kosten des Rechtsstreits nach einem Gebührenstreitwert in Höhe von € 10.485,- den Parteien unter Berücksichtigung des Obsiegens bzw. Unterliegens in der Hauptsache, des zurückgenommenen Teils der Klage (Weiterbeschäftigungsklage) sowie im Hinblick auf die übereinstimmend für erledigt erklärten Teil der Klage und der Widerklage unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen aufzuerlegen. Im Rahmen der nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO nach billigem Ermessen zu treffenden Entscheidung ist die Kammer davon ausgegangen, dass der Kläger die auf die Widerklage entfallenden Kosten zu tragen hat, da er voraussichtlich in der Hauptsache unterlegen wäre, wenn er das ihm von der Beklagten überlassene Mobiltelefon nicht an diese herausgegeben hätte. Demgegenüber waren der Beklagten die Kosten im Hinblick auf die übereinstimmend für erledigt erklärte Zahlungsklage sowie auf die auf Erteilung eines Zwischenzeugnisse gerichtete Klage aufzuerlegen, da insoweit die Beklagte voraussichtlich unterlegen wäre, wenn sie diese klagweise geltend gemachten Ansprüche nicht erfüllt hätte. Unter Berücksichtigung des auf die Kündigungsschutzklage entfallenden Streitwerts von € 4.200,-, einem Streitwert für die auf vorläufige Weiterbeschäftigung gerichtete Klage in Höhe von € 2.800,-, des Streitwerts der Zahlungsklage in Höhe von € 2.835,- und des Streitwerts für die auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses gerichtete Klage in Höhe von 500,- sowie der mit € 150,- zu bewertenden Widerklage führt die Berücksichtigung der jeweiligen Obsiegens- und Unterliegensanteil zu der tenorierten Kostenquote.

40

Der gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzende Streitwert folgt aus § 42 Abs. 2 Satz 1 und entspricht der Höhe nach den zugunsten des Klägers allenfalls noch bestehenden Vergütungsansprüche bis zum Ablauf der Befristung am 15. April 2016.

41

Eine gesonderte Zulassung der Berufung war mangels Vorliegens der in § 64 Abs. 3 ArbGG genannten Voraussetzungen nicht veranlasst. Hiervon unberührt bleibt die Zulässigkeit der Berufung nach § 64 Abs. 2 ArbGG.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 68 Prozent und die Beklagte zu 32 Prozent.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 4.200,- festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung der Beklagten vom 19. Januar 2016.

2

Der Kläger war seit 15. April 2015 bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, aufgrund eines bis zum 15. April 2016 befristeten Vertrages im Baumarkt Hamburg-... zu einem monatlichen Bruttoverdienst in Höhe von € 2.800,- beschäftigt.

3

Am 12. Januar 2016 konfrontierte die Beklagte den Kläger mit der Tatsache, dass sie das Arbeitsverhältnis beenden wolle. Im Rahmen dieses Gesprächs unterzeichnete der Kläger eine Vereinbarung, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Arbeitgeberkündigung zum 29. Februar 2016 nebst Freistellung und Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage vorsah. Mit Schreiben vom 19. Januar 2016, das dem Kläger am 20. Januar 2016 übergeben wurde, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis sodann fristgemäß zum 29. Februar 2016. Die Parteien schlossen zudem am gleichen Tag einen weiteren, als „Abwicklungsvertrag“ bezeichneten Vertrag, der folgenden Wortlaut aufweist:

4

„Zur Vermeidung eines Arbeitsgerichtsprozesses zwischen
(…)
wird folgendes vereinbart:

5

1. Beendigung

6

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der ausgesprochenen fristgerechten betriebsbedingten Kündigung vom 19.01.2016 zum 29.02.2016 enden wird.

7

2. Gehaltszahlung

8

Das Gehalt wird bis zum Austritt ordnungsgemäß abgerechnet. Der Mitarbeiter erhält für das Jahr 2016 das anteilige (2/12) Urlaubsgeld und die anteilige (2/12) Sonderzuwendung gemäß Tarifvertrag.

9

3. Freistellung

10

Der Mitarbeiter wird ab 01.02.2016 bis zu seinem Ausscheiden freigestellt. Die Freistellung erfolgt unter Anrechnung von sämtlicher Resturlaubsansprüche und eventuell angefallener Überstunden.

11

4. Betriebsgeheimnisse

(..)

12

5. Zeugnis

13

Der Mitarbeiter wird bis zu seinem Ausscheiden ein qualifiziertes Zeugnis erhalten. Das Zeugnis wird sich auf Führung und Leistung erstrecken und im Sinne der Rechtsprechung vom Wohlwollen des Arbeitgebers getragen sein.

14

6. Erledigung aller Ansprüche

15

Mit der Erfüllung der sich aus den Ziffern 2 bis 5 ergebenden Verpflichtungen sind alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner am 29.02.2016 eintretenden Beendigung abgegolten, gleich welchen Rechtsgrundes, ob bekannt oder unbekannt.

16

Eventuell bestehende unverfallbare Anwartschaften aus der betrieblichen Altersvorsorge/Direktversicherung sind davon ausgenommen.

17

In der Folge stellte die Beklagte den Kläger von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung frei.

18

Der Kläger behauptet, er habe eine Woche nach Ausspruch der Kündigung im Internet entdeckt, dass exakt für seine Position im Baumarkt der Beklagten in Hamburg-... eine Stellenausschreibung als Handwerkskoordinator erfolgt sei. Hierdurch fühle sich der Kläger hintergangen und getäuscht, da der Kündigung keine betrieblichen Gründe zugrunde gelegen hätten, sondern er vielmehr ausgetauscht worden sei. Der Kläger ist der Auffassung, dass sowohl die Abwicklungsvereinbarung als auch die Kündigung unwirksam seien. Der vorliegende Klagverzicht enthalte eine unangemessene Benachteiligung des Klägers, weil eine kompensierende Gegenleistung der Beklagten fehle. Das wohlwollende Zeugnis sowie die Freistellung stellten keine angemessene Gegenleistung für den Klagverzicht dar, zumal das Arbeitsverhältnis der Parteien unabhängig von Kündigung und Vereinbarung lediglich noch bis zum 15. April 2016 bestanden hätte.

19

Mit seiner Klage vom 1. Februar 2016, der Beklagten zugestellt am 15. Februar 2016, wendet sich der Kläger gegen die Kündigung vom 19. Januar 2016 und begehrt Weiterbeschäftigung. Mit Klagerweiterung vom 8. März 2016 hat der Kläger eine auf Zahlung des Monatsbruttoverdienstes für Februar 2016 in Höhe von € 2.835,- sowie eine auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses gerichtete Klage erhoben. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 1. März 2106 eine auf Herausgabe eines dem Kläger überlassenen Mobiltelefons gerichtete Widerklage erhoben. Nach erfolgter Zahlung des Monatslohns für Februar 2016, der Erteilung eines Zwischenzeugnisses und Herausgabe des Mobiltelefons haben die Parteien die Klagerweiterung sowie die Widerklage übereinstimmend für erledigt erklärt. Nach erfolgter Rücknahme des Weiterbeschäftigungsantrags in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 24. Juni 2016 beantragt der Kläger,

20

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristgerechte Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 19. Januar 2016 zum 29. Februar 2016 nicht aufgelöst worden ist.

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Vereinbarung vom 20. Januar 2016 wirksam sei, da dem Kläger nicht das Recht genommen worden sei, gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung zu klagen. Außerdem habe er durch die Vereinbarung eine einmonatige bezahlte Freistellung erlangt. Hintergrund der Kündigung der Beklagten seien Kundenbeschwerden über den Kläger im Dezember 2015. Zudem habe der Kläger Sonderanfertigungen bestellt, die bei den Kunden nicht habe verwendet werden können, jedoch als Sonderanfertigungen vom Lieferanten nicht zurückgenommen worden seien. Vor diesem Hintergrund habe die Beklagte dem Kläger die fristgerechte Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 29. Februar 20216 gegen bezahlte Freistellung und Erteilung eines wohlwollenden Zeugnisses angeboten. Hiermit habe sich der Kläger einverstanden erklärt und die Vereinbarung am 12. Januar 2016 unterzeichnet. Im Rahmen eines weiteren Gesprächs am 20. Januar 2016 sei dem Kläger die Kündigung übergeben worden. Sodann habe man ihm die erste Vereinbarung nebst zweiter Vereinbarung vorgelegt und gemeinsam deren Inhalte verglichen. Im weiteren Verlauf habe der Kläger auch die zweite Vereinbarung unterschrieben.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien und ihrer Beweisangebote wird gemäß §§ 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO, 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG ergänzend auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

25

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat auf sein Recht, die Kündigung der Beklagten vom 19. Januar 2016 mittels Kündigungsschutzklage auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen zu lassen, wirksam durch die als „Abwicklungsvereinbarung“ überschriebene Vereinbarung der Parteien vom 20. Januar 2016 verzichtet.

26

1. Die Vereinbarung der Parteien vom 20. Januar 2016 enthält einen Verzicht des Klägers auf Erhebung der Kündigungsschutzklage im Hinblick auf die Kündigung der Beklagten vom 19. Januar 2016. Ein solcher ist in der Vereinbarung - anders als noch in der ersten Vereinbarung der Parteien vom 12. Januar 2016 - zwar nicht ausdrücklich und wortwörtlich enthalten. Jedoch folgt ein Klagverzicht aus der Auslegung des Vertrages gemäß §§ 157, 133 BGB. Nach dieser Vorschrift sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn zu haften. Aufgehend vom Wortlaut ist der objektive Bedeutungsgehalt der Erklärung zu ermitteln. Die Grundsätze sind auch auf die Frage anzuwenden, ob eine Vereinbarung einen Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage enthält. Zwar muss die Ernsthaftigkeit eines solchen Klagverzichts wegen seiner weitreichenden Bedeutung in Gestalt der gemäß §§ 4, 7 KSchG fingierten Wirksamkeit der Kündigung eindeutig erkennbar sein. Eine solche eindeutige Erkennbarkeit der Ernsthaftigkeit des Klagverzichts steht jedoch der Umstand, dass sich ein Klagverzicht einer Vereinbarung nicht explizit und ausdrücklich, sondern erst in Folge einer Auslegung gemäß §§ 157, 133 BGB - eindeutig - ergibt, nicht entgegen.

27

Dass die Parteien mit der Vereinbarung vom 20. Januar 2016 jedenfalls auch einen Klagverzicht vereinbart haben, folgt im Rahmen der danach vorzunehmenden Auslegung der Vereinbarung zum einen aus dem Eingangssatz der Vereinbarung, wonach die nachfolgenden Regelungen „zur Vermeidung eines Arbeitsgerichtsprozesses“ zwischen den Parteien vereinbart werden. Zum anderen wird dieses Verständnis der Vereinbarung dadurch gestützt, dass die Parteien diese explizit als „Abwicklungsvertrag“ bezeichnet haben. Ein Abwicklungsvertrag ist in der Regel gekennzeichnet durch den vertraglichen Verzicht des Arbeitnehmers auf Kündigungsschutz im Austausch gegen bestimmte begünstigende Leistungen des Arbeitgebers wie beispielsweise die Zahlung einer Abfindung. In Abgrenzung zum Aufhebungsvertrag erfolgt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei einem Abwicklungsvertrag nicht durch die Vereinbarung an sich, sondern durch einen anderen Beendigungstatbestand. Im Einklang hiermit bezeichnen die Parteien im Streitfall die Vereinbarung vom 20. Januar 2016 auch nicht nur als Abwicklungsvertrag, sondern beziehen sich darüber hinaus in Ziffer 1 der Vereinbarung explizit auf einen konkreten anderen Beendigungstatbestand, wenn sie darin davon sprechen, dass sie sich darüber einig sind, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 19. Januar 2016 zum 29. Februar 2016 enden wird. Schließlich wertet die Kammer auch den Umstand, dass die Parteien noch in der ersten Vereinbarung den Klagverzicht explizit aufgeführt und den entsprechenden Passus aus der zweiten - hier maßgeblichen - Vereinbarung gestrichen haben, nicht als Indiz dafür, dass die Parteien einen Klagverzicht nicht (mehr) vereinbaren wollten. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass der Wortlaut der Vereinbarung deshalb geändert wurde, um das Risiko zu reduzieren, dass der - ausdrücklich erklärte und als allgemeine Geschäftsbedingung zu bewertende - Klagverzicht wegen fehlender ausreichender Kompensation (siehe dazu sogleich unten unter Ziffer 2) unwirksam sein könnte. Zu diesem Zweck erfolgte die Streichung des ausdrücklichen Klagverzichts, der sodann in anderer Form, nämlich in Gestalt der bereits erwähnten Eingangsformulierung „zur Vermeidung eines Arbeitsgerichtsprozesses“ in die Vereinbarung aufgenommen wurde. Im Einklang mit der vorstehenden Auslegung der Vereinbarung steht auch die Auffassung des durch einen Klagverzicht ausschließlich belasteten Klägers, wonach die Vereinbarung vom 20. Januar 2016 einen, wenn seiner Auffassung nach auch unwirksamen, Klagverzicht enthält.

28

2. Der danach von den Parteien im Rahmen des Abwicklungsvertrages vereinbarte Klagverzicht hält auch einer Prüfung anhand der §§ 305 ff. BGB stand. Er ist nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Zur Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf eine Abwicklungsvereinbarung sowie einen darin enthaltenen Klagverzicht führt das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 24. September 2015 (2 AZR 347/14, Rn 12 ff., juris) folgendes aus:

29

„Die Vorschrift des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Abwicklungsvereinbarung der Parteien und den darin enthaltenen Klageverzicht anwendbar.

30

a) Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB findet § 307 BGB bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese - soweit der Verbraucher auf ihre Formulierung keinen Einfluss nehmen konnte - nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind. Verträge zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Bezug auf das Arbeitsverhältnis sind Verbraucherverträge iSv. § 310 Abs. 3 Eingangshalbs. BGB (für Arbeitsverträge vgl. BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14). Dies gilt für Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über die Bedingungen der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gleichermaßen. Der Arbeitnehmer handelt auch insoweit als Verbraucher iSd. § 13 BGB.

31

b) Da Verbrauchervertrag, ist die Wirksamkeit der Abwicklungsvereinbarung der Parteien gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB anhand von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu beurteilen, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich bei den in ihr enthaltenen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB handelt. Die Vereinbarung wurde zur zumindest einmaligen Verwendung von der Beklagten vorformuliert. Der Kläger konnte auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen.

32

c) Die Überprüfung des in der Vereinbarung enthaltenen Klageverzichts am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob es sich bei dem Verzicht um eine Haupt- oder Nebenabrede des Abwicklungsvertrags handelt, schiede eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann aus, wenn in der Verzichtsabrede keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung läge(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 20 mwN). Mit einem - wie hier - vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärten Klageverzicht ist eine solche Abweichung von Rechtsvorschriften jedoch verbunden (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21 mwN). Abgewichen wird von § 4 Satz 1 ggf. iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Nach diesen Bestimmungen sollen dem Arbeitnehmer drei Wochen Zeit für die Überlegung zur Verfügung stehen, ob er Kündigungsschutzklage erheben will (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - aaO; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 30 - 32, BAGE 124, 59).

33

2. Ein vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärter formularmäßiger Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist ohne eine ihn kompensierende Gegenleistung des Arbeitgebers wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 22, 24; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 37, BAGE 124, 59). Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer in einer vorformulierten Erklärung ohne jegliche Gegenleistung auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet hat. Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist mit einem solchen Verzicht vielmehr auch dann verbunden, wenn der Arbeitnehmer für seinen Verzicht keineangemessene Kompensation erhält.

34

a) Der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage vor Ablauf der Klagefrist schränkt die Rechte des Arbeitnehmers nach dem Kündigungsschutzgesetz erheblich ein. § 4 Satz 1 und § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes sind das Ergebnis einer Abwägung zwischen den gegenläufigen grundrechtlichen Positionen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelungen sind ein Ausgleich zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers an einem effektiven Bestandsschutz bei unwirksamer Kündigung und dem Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Gewissheit darüber, ob die Kündigung gerichtlich angegriffen wird oder er mit ihrer Rechtsbeständigkeit rechnen kann (vgl. BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21; 28. Januar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 31, BAGE 133, 149). Verglichen mit der gesetzlich eingeräumten dreiwöchigen Frist zur Klageerhebung stellt der vorzeitige Verzicht auf das Recht, den Schutz vor einer ungerechtfertigten Kündigung gerichtlich geltend machen zu können, eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtsposition des Arbeitnehmers dar. In ihm liegt für sich genommen eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

35

b) Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kann allerdings zu verneinen sein, wenn dem Arbeitnehmer an anderer Stelle vertraglich ein Vorteil gewährt wird. Dabei müssen Vor- und Nachteile in einem inneren Zusammenhang stehen (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 45, BAGE 143, 62; BGH 29. November 2002 - V ZR 105/02 - zu II 4 b der Gründe, BGHZ 153, 93). Der gewährte Vorteil muss das durch die benachteiligende Vertragsbestimmung beeinträchtigte Interesse stärken. Er muss außerdem von einem solchen Gewicht sein, dass er einen angemessenen Ausgleich für die Beeinträchtigung darstellt (MüKo-BGB/Wurmnest 6. Aufl. § 307 Rn. 36; Däubler/Bonin/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 95; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 151). Insofern bedarf es einer Abwägung zwischen dem vereinbarten Nachteil einerseits und dem gewährten Vorteil andererseits (aA Worzalla SAE 2009, 31, 34).

36

Die Bedenken gegen das Erfordernis einer solchen Abwägung, sie sei angesichts der potentiell zu berücksichtigenden Faktoren nicht praktikabel (vgl. Krets FS Bauer S. 601, 608) oder laufe darauf hinaus, den „Preis“ eines Arbeitnehmers zu bestimmen (so Rolfs FS Reuter S. 825, 835), greifen nicht durch. Die Angemessenheit eines für eine Benachteiligung gewährten Ausgleichs kann anders nicht festgestellt werden. Die Prüfung der Unangemessenheit einer Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Frage gerichtet, ob der Verwender durch seine Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen(BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 14, BAGE 129, 121; BGH 17. September 2009 - III ZR 207/08 - Rn. 18). Zur Beurteilung bedarf es einer umfassenden Würdigung ua. der auf beiden Seiten anzuerkennenden, typischerweise berührten Interessen (BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - aaO; BGH 24. März 2010 - VIII ZR 178/08 - Rn. 26, BGHZ 185, 96). Auch die Angemessenheit einer Kompensation ist damit grundsätzlich nach einem generellen und typisierenden, vom Einzelfall losgelösten Maßstab zu prüfen. Bei Verbraucherverträgen sind gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ggf. außerdem die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.“

37

Aufgrund der vorstehenden höchstrichterlichen Ausführungen, der sich die erkennende Kammer nach eigener Prüfung anschließt, ist im Streitfall entscheidend, ob die Abwicklungsvereinbarung der Parteien eine angemessene Kompensation für den Klagverzicht aufweist. Dies ist nach Auffassung der Kammer in Gestalt der in der Vereinbarung unter Ziffer 2 geregelten Freistellung des Klägers für die Dauer von einem Monat unter Fortzahlung der Vergütung der Fall. Es ist aufgrund der zugunsten des Klägers ausgesprochenen Freistellung nicht ersichtlich, dass die Beklagte durch die vorliegende Vertragsgestaltung missbräuchlich ihre eigenen Interessen auf Kosten des Klägers durchzusetzen versucht hätte. Vielmehr hat sie in Form der vereinbarten Freistellung die klägerischen Belange in einem ausreichenden Ausmaß berücksichtigt. Hierbei ist im Rahmen einer umfassenden Würdigung der auf beiden Seiten typischerweise berührten Interessen im Streitfall insbesondere zu beachten, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien ohnehin aufgrund der vereinbarten Befristung unabhängig von der Wirksamkeit der arbeitgeberseitigen Kündigung mit Ablauf des 15. April 2016 beendet worden wäre. Das typischerweise beim Arbeitnehmer vorhandene Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und an der Überprüfung der Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses dürfte vor diesem Hintergrund beim Kläger bei Abschluss der Abwicklungsvereinbarung gegenüber der Situation bei Kündigung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses deutlich reduziert gewesen sein. Auf der anderen Seite dürfte im Fall der Kündigung eines ohnehin sechs Wochen später aufgrund Befristung endenden Arbeitsverhältnisses auch der Arbeitgeber typischerweise ein weniger stark ausgeprägtes Interesse an einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Vermeidung eines Kündigungsschutzprozesses haben, so dass auch aus diesem Grund im Streitfall nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Beklagte im Rahmen der vorliegenden Vertragsgestaltung ihre Interessen rechtsmissbräuchlich gegenüber dem Kläger durchgesetzt hat. Bei der Prüfung, ob die im Abwicklungsvertrag enthaltene Freistellung des Klägers für die Dauer eines Monats einen ausreichenden Ausgleich für den vereinbarten Klagverzicht darstellt, ist zudem der Umstand der erst zehn Monate umfassenden Betriebszugehörigkeit des Klägers zu berücksichtigen. Auch dieser Umstand trägt die Einschätzung der Kammer, dass die in der Vereinbarung enthaltene Freistellung des Klägers unter Fortzahlung der Vergütung für die Dauer eines Monats eine angemessene und ausreichende Kompensation für den Klagverzicht darstellt.

38

3. Aufgrund des wirksam durch Vertrag vom 20. Januar 2016 vereinbarten Verzichts auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage steht die arbeitgeberseitige Kündigung vom 19. Januar 2016 einer Überprüfung durch die Gerichte nicht (mehr) offen, so dass die Klage abzuweisen war.

II.

39

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 91a Abs. 1 Satz 1 und 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Im Rahmen einer einheitlich zu treffenden Kostenentscheidung waren die Kosten des Rechtsstreits nach einem Gebührenstreitwert in Höhe von € 10.485,- den Parteien unter Berücksichtigung des Obsiegens bzw. Unterliegens in der Hauptsache, des zurückgenommenen Teils der Klage (Weiterbeschäftigungsklage) sowie im Hinblick auf die übereinstimmend für erledigt erklärten Teil der Klage und der Widerklage unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen aufzuerlegen. Im Rahmen der nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO nach billigem Ermessen zu treffenden Entscheidung ist die Kammer davon ausgegangen, dass der Kläger die auf die Widerklage entfallenden Kosten zu tragen hat, da er voraussichtlich in der Hauptsache unterlegen wäre, wenn er das ihm von der Beklagten überlassene Mobiltelefon nicht an diese herausgegeben hätte. Demgegenüber waren der Beklagten die Kosten im Hinblick auf die übereinstimmend für erledigt erklärte Zahlungsklage sowie auf die auf Erteilung eines Zwischenzeugnisse gerichtete Klage aufzuerlegen, da insoweit die Beklagte voraussichtlich unterlegen wäre, wenn sie diese klagweise geltend gemachten Ansprüche nicht erfüllt hätte. Unter Berücksichtigung des auf die Kündigungsschutzklage entfallenden Streitwerts von € 4.200,-, einem Streitwert für die auf vorläufige Weiterbeschäftigung gerichtete Klage in Höhe von € 2.800,-, des Streitwerts der Zahlungsklage in Höhe von € 2.835,- und des Streitwerts für die auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses gerichtete Klage in Höhe von 500,- sowie der mit € 150,- zu bewertenden Widerklage führt die Berücksichtigung der jeweiligen Obsiegens- und Unterliegensanteil zu der tenorierten Kostenquote.

40

Der gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzende Streitwert folgt aus § 42 Abs. 2 Satz 1 und entspricht der Höhe nach den zugunsten des Klägers allenfalls noch bestehenden Vergütungsansprüche bis zum Ablauf der Befristung am 15. April 2016.

41

Eine gesonderte Zulassung der Berufung war mangels Vorliegens der in § 64 Abs. 3 ArbGG genannten Voraussetzungen nicht veranlasst. Hiervon unberührt bleibt die Zulässigkeit der Berufung nach § 64 Abs. 2 ArbGG.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 27. März 2014 - 5 Sa 1099/13 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 6. September 2013 - 1 Ca 65/13 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 nicht aufgelöst worden ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung.

2

Der einem Schwerbehinderten gleichgestellte Kläger war bei der Beklagten seit März 2002 als Fleischer beschäftigt.

3

Nach längerer Erkrankung und erfolgreicher Wiedereingliederung nahm der Kläger am 1. März 2013 seine Arbeit wieder auf. Zuvor hatten er und der Geschäftsführer der Beklagten mehrere Gespräche über eine mögliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt. Deren genauer Inhalt ist zwischen den Parteien streitig geblieben.

4

Am 5. März 2013 übergab der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger ein auf den 28. Februar 2013 datiertes Kündigungsschreiben. Darin hieß es, die Beklagte kündige das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgerecht zum 30. Juni 2013. Zugleich überreichte der Geschäftsführer dem Kläger eine ebenfalls auf den 28. Februar 2013 datierte Abwicklungsvereinbarung, die beide Seiten unterschrieben. Sie lautete auszugsweise:

        

„…    

        

1.    

Arbeitgeberin und Arbeitnehmer sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche und fristgemäße Kündigung vom 28.02.2013 aus betrieblichen Gründen zum 30. Juni 2013 sein Ende finden wird.

        

2.    

Die Arbeitgeberin verpflichtet sich, dem Arbeitnehmer mit Ablauf der Kündigungsfrist ein qualifiziertes Endzeugnis mit guter Leistungs- und Führungsbewertung zu erteilen.

        

3.    

Der Arbeitnehmer bestätigt, dass er diese Erklärung freiwillig unter reiflicher Überlegung geschlossen hat. Er verzichtet hiermit ausdrücklich auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage. Die Arbeitgeberin weist darauf hin, dass sie über etwaige Nachteile beim Bezug von Arbeitslosengeld nicht belehrt hat und hierüber nur die für den Arbeitnehmer zuständige Arbeitsagentur Auskunft erteilen kann.

        

4.    

Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle gegenseitigen Ansprüche aus und im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleich aus welchem Rechtsgrund - ob bekannt oder unbekannt - erledigt.

        

…“    

        
5

Mit Schreiben vom 14. März 2013 erklärte der Kläger „die Anfechtung/den Widerruf“ der Abwicklungsvereinbarung.

6

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat behauptet, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihn über den Inhalt des Abwicklungsvertrags getäuscht. Er habe erklärt, darin seien eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2013, die Zahlung einer Abfindung in Höhe eines Monatsgehalts und die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses ohne sozialversicherungsrechtliche Nachteile vorgesehen gewesen. Hierauf habe er, der Kläger, vertraut und die Vereinbarung unterschrieben, ohne sie zu lesen. Der Kläger hat gemeint, die Vereinbarung sei zudem deshalb unwirksam, weil sie ihn unangemessen benachteilige.

7

Der Kläger hat sinngemäß beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 nicht aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Abwicklungsvereinbarung sei wirksam. Sie sei mit dem Einverständnis des Klägers getroffen worden. Dieser habe selbst Zweifel gehabt, ob er aufgrund seines gesundheitlichen Zustands seine Arbeitsleistung künftig werde erbringen können. Eine unangemessene Benachteiligung des Klägers liege nicht vor. Das vereinbarte Zeugnis stelle die Gegenleistung für den Klageverzicht dar.

9

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat auf sein Recht zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht wirksam verzichtet (I.). Die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 ist gem. § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig (II.).

11

I. Der Verzicht des Klägers auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gem. Ziff. 3 Satz 2 der Abwicklungsvereinbarung der Parteien steht der Zulässigkeit und Begründetheit seiner Kündigungsschutzklage nicht entgegen. Der Klageverzicht ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Abwicklungsvereinbarung auch aufgrund der vom Kläger erklärten Anfechtung gem. § 142 Abs. 1 BGB nichtig ist.

12

1. Die Vorschrift des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Abwicklungsvereinbarung der Parteien und den darin enthaltenen Klageverzicht anwendbar.

13

a) Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB findet § 307 BGB bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese - soweit der Verbraucher auf ihre Formulierung keinen Einfluss nehmen konnte - nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind. Verträge zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Bezug auf das Arbeitsverhältnis sind Verbraucherverträge iSv. § 310 Abs. 3 Eingangshalbs. BGB (für Arbeitsverträge vgl. BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14). Dies gilt für Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über die Bedingungen der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gleichermaßen. Der Arbeitnehmer handelt auch insoweit als Verbraucher iSd. § 13 BGB.

14

b) Da Verbrauchervertrag, ist die Wirksamkeit der Abwicklungsvereinbarung der Parteien gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB anhand von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu beurteilen, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich bei den in ihr enthaltenen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB handelt. Die Vereinbarung wurde zur zumindest einmaligen Verwendung von der Beklagten vorformuliert. Der Kläger konnte auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen.

15

c) Die Überprüfung des in der Vereinbarung enthaltenen Klageverzichts am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob es sich bei dem Verzicht um eine Haupt- oder Nebenabrede des Abwicklungsvertrags handelt, schiede eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann aus, wenn in der Verzichtsabrede keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung läge(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 20 mwN). Mit einem - wie hier - vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärten Klageverzicht ist eine solche Abweichung von Rechtsvorschriften jedoch verbunden (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21 mwN). Abgewichen wird von § 4 Satz 1 ggf. iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Nach diesen Bestimmungen sollen dem Arbeitnehmer drei Wochen Zeit für die Überlegung zur Verfügung stehen, ob er Kündigungsschutzklage erheben will (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - aaO; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 30 - 32, BAGE 124, 59).

16

2. Ein vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärter formularmäßiger Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist ohne eine ihn kompensierende Gegenleistung des Arbeitgebers wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 22, 24; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 37, BAGE 124, 59). Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer in einer vorformulierten Erklärung ohne jegliche Gegenleistung auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet hat. Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist mit einem solchen Verzicht vielmehr auch dann verbunden, wenn der Arbeitnehmer für seinen Verzicht keineangemessene Kompensation erhält.

17

a) Der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage vor Ablauf der Klagefrist schränkt die Rechte des Arbeitnehmers nach dem Kündigungsschutzgesetz erheblich ein. § 4 Satz 1 und § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes sind das Ergebnis einer Abwägung zwischen den gegenläufigen grundrechtlichen Positionen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelungen sind ein Ausgleich zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers an einem effektiven Bestandsschutz bei unwirksamer Kündigung und dem Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Gewissheit darüber, ob die Kündigung gerichtlich angegriffen wird oder er mit ihrer Rechtsbeständigkeit rechnen kann (vgl. BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21; 28. Januar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 31, BAGE 133, 149). Verglichen mit der gesetzlich eingeräumten dreiwöchigen Frist zur Klageerhebung stellt der vorzeitige Verzicht auf das Recht, den Schutz vor einer ungerechtfertigten Kündigung gerichtlich geltend machen zu können, eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtsposition des Arbeitnehmers dar. In ihm liegt für sich genommen eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

18

b) Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kann allerdings zu verneinen sein, wenn dem Arbeitnehmer an anderer Stelle vertraglich ein Vorteil gewährt wird. Dabei müssen Vor- und Nachteile in einem inneren Zusammenhang stehen (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 45, BAGE 143, 62; BGH 29. November 2002 - V ZR 105/02 - zu II 4 b der Gründe, BGHZ 153, 93). Der gewährte Vorteil muss das durch die benachteiligende Vertragsbestimmung beeinträchtigte Interesse stärken. Er muss außerdem von einem solchen Gewicht sein, dass er einen angemessenen Ausgleich für die Beeinträchtigung darstellt (MüKo-BGB/Wurmnest 6. Aufl. § 307 Rn. 36; Däubler/Bonin/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 95; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 151). Insofern bedarf es einer Abwägung zwischen dem vereinbarten Nachteil einerseits und dem gewährten Vorteil andererseits (aA Worzalla SAE 2009, 31, 34).

19

c) Die Bedenken gegen das Erfordernis einer solchen Abwägung, sie sei angesichts der potentiell zu berücksichtigenden Faktoren nicht praktikabel (vgl. Krets FS Bauer S. 601, 608) oder laufe darauf hinaus, den „Preis“ eines Arbeitnehmers zu bestimmen (so Rolfs FS Reuter S. 825, 835), greifen nicht durch. Die Angemessenheit eines für eine Benachteiligung gewährten Ausgleichs kann anders nicht festgestellt werden. Die Prüfung der Unangemessenheit einer Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Frage gerichtet, ob der Verwender durch seine Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen(BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 14, BAGE 129, 121; BGH 17. September 2009 - III ZR 207/08 - Rn. 18). Zur Beurteilung bedarf es einer umfassenden Würdigung ua. der auf beiden Seiten anzuerkennenden, typischerweise berührten Interessen (BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - aaO; BGH 24. März 2010 - VIII ZR 178/08 - Rn. 26, BGHZ 185, 96). Auch die Angemessenheit einer Kompensation ist damit grundsätzlich nach einem generellen und typisierenden, vom Einzelfall losgelösten Maßstab zu prüfen. Bei Verbraucherverträgen sind gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ggf. außerdem die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

20

3. Im Streitfall fehlt es an einer angemessenen Kompensation für den Klageverzicht in Ziff. 3 Satz 2 der Abwicklungsvereinbarung. Die Beklagte hat dem Kläger im Zusammenhang mit seinem Verzicht keinen Vorteil gewährt, der als angemessener Ausgleich für die damit verbundene Benachteiligung angesehen werden könnte.

21

a) Die Beklagte hat geltend gemacht, die von ihr eingegangene Verpflichtung zur Erteilung eines „guten“ Zeugnisses gem. Ziff. 2 der Abwicklungsvereinbarung stelle eine solche Gegenleistung dar.

22

b) Dies trifft nicht zu. Es kann dahinstehen, ob nicht der Umstand, dass die Vereinbarung über das Zeugnis eine Kompensation für den Klageverzicht darstellen soll, aus der Vereinbarung selbst ersichtlich sein müsste. Dafür könnte sprechen, dass sich dies - anders als etwa bei der Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes - nicht schon aus dem Sachzusammenhang selbst ergibt. Die in einer Abwicklungsvereinbarung vom Arbeitgeber übernommene Verpflichtung, dem Arbeitnehmer ein Zeugnis mit einer näher bestimmten (überdurchschnittlichen) Leistungs- und Führungsbeurteilung zu erteilen, stellt jedenfalls keinen Vorteil dar, der geeignet wäre, den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage auszugleichen.

23

aa) Ein Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber gem. § 109 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 GewO einen gesetzlichen Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis. Die Einigung in einer Abwicklungsvereinbarung darüber, dass der Arbeitgeber ein entsprechendes Zeugnis erteilen wird, dient damit zunächst einmal der Erfüllung dieses Anspruchs. In der vertraglichen Bekräftigung eines ohnehin bestehenden Anspruchs wiederum liegt keine kompensierende Gewährung eines Vorteils. Auch soweit die Parteien der Vereinbarung klarstellen, mit welchem Inhalt das Zeugnis erteilt werden soll, liegt darin kein spezifischer Vorteil für den Arbeitnehmer. Eine Einigung über den Inhalt eines zu erteilenden Zeugnisses ist vielmehr typischerweise für beide Seiten gleichermaßen von Nutzen. Dadurch kann in ihrer beider Interesse ein Rechtsstreit über die korrekte Erfüllung des Zeugnisanspruchs vermieden werden.

24

bb) Etwas anderes gilt in der Regel auch dann nicht, wenn sich der Arbeitgeber - wie hier - verpflichtet, ein Zeugnis mit einer „guten“ und damit überdurchschnittlichen Beurteilung (vgl. BAG 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8) von Leistung und/oder Verhalten des Arbeitnehmers zu erteilen.

25

(1) Auch in diesem Fall ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber lediglich den gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllen will. Ohne besondere Anhaltspunkte kann nicht angenommen werden, er wolle sich - uU zulasten Dritter - zu einer Beurteilung verpflichten, die den Tatsachen nicht entspricht und von seinem Beurteilungsspielraum nicht mehr gedeckt ist. Vielmehr ist grundsätzlich zu unterstellen, dass sich eine Vertragspartei rechtmäßig verhalten und deshalb keine Verpflichtung zu rechtswidrigem Handeln eingehen will. Auch mit der Verständigung auf ein überdurchschnittliches, „gutes“ Zeugnis will der Arbeitgeber dann typischerweise nur seine gesetzlichen Pflichten erfüllen. Im Übrigen erschiene die Eingehung der Verpflichtung, ein objektiv unzutreffendes, „zu gutes“ Zeugnis zu erteilen, rechtlich zumindest bedenklich und stellte aus diesem Grund ebenfalls keinen angemessenen Vorteil für den Arbeitnehmer dar.

26

(2) Soweit sich die Beklagte darauf beruft, sie habe dem Kläger mit der Einigung über den Inhalt des ihm zu erteilenden Zeugnisses deshalb einen Vorteil gewährt, weil sie ihm dadurch die Mühe erspart habe, es in einem Rechtsstreit durchzusetzen, in welchem die Darlegungs- und Beweislast für die Berechtigung einer überdurchschnittlichen Bewertung ihm obläge, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Zwar verweist die Beklagte zutreffend auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in einem Prozess um die Erteilung eines überdurchschnittlichen, „guten“ Zeugnisses (zuletzt BAG 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8). Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Zeugnisinhalt, auf den sich die Parteien in einer Abwicklungsvereinbarung einigen, ihrer gemeinsamen Vorstellung von der ordnungsgemäßen Erfüllung des Zeugnisanspruchs entspricht. Der dem Arbeitnehmer gewährte Vorteil läge allein darin, dass der Arbeitgeber darauf verzichtet, die Berechtigung eines entsprechenden Anspruchs im Falle einer Klageerhebung zu bestreiten. Aus einem solchen Verzicht auf ein Verhalten, das mit den Pflichten zur Rücksichtnahme gem. § 241 Abs. 2 BGB und zur wahrheitsgemäßen Erklärung nach § 138 Abs. 1 ZPO nicht zu vereinbaren sein dürfte, erwächst dem Vertragspartner jedoch kein ihn gegenüber der objektiven Rechtslage materiellrechtlich besser stellender Vorteil. Ein bloß prozessuales Entgegenkommen des Arbeitgebers bei der Durchsetzung des ohnehin bestehenden Zeugnisanspruchs des Arbeitnehmers stellt keine angemessene Kompensation für den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage dar.

27

c) Sonstige Kompensationen für den Klageverzicht sind im Streitfall weder aus der Abwicklungsvereinbarung der Parteien ersichtlich, noch sonst behauptet. Die Verkürzung der Kündigungsfrist um einen Monat ging vielmehr zusätzlich zulasten des Klägers.

28

d) Darauf, ob der Kläger Sonderkündigungsschutz genoss, kommt es im gegebenen Zusammenhang nicht an. Dies wäre allenfalls geeignet, die Unangemessenheit des Klageverzichts zu verstärken.

29

II. Die Kündigung vom 28. Februar 2013 als solche ist unwirksam. Dies kann der Senat selbst entscheiden. Die vorliegende Klage ist - ungeachtet der Regelung des § 4 Satz 4 KSchG - rechtzeitig innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG erhoben worden. Die Kündigung gilt daher nicht gem. § 7 KSchG als von Anfang an wirksam. Sie ist - wie vom Kläger bereits erstinstanzlich innerhalb der Fristen gem. § 4 Satz 1, § 6 Satz 1 KSchG geltend gemacht - nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst.

30

1. Die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG ist gewahrt. Die Kündigung ging dem Kläger am 5. März 2013 zu. Die Kündigungsschutzklage ist am 26. März 2013 beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 5. April 2013 - also „demnächst“ iSv. § 167 ZPO - zugestellt worden.

31

2. Die Kündigung ist gem. § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig.

32

a) Der Kläger hat diesen Unwirksamkeitsgrund bereits erstinstanzlich geltend gemacht. Nach dem in der angefochtenen Entscheidung in Bezug genommen Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils hat er sich ua. darauf berufen, die Kündigung verstoße mangels Zustimmung des Integrationsamts gegen § 85 SGB IX.

33

b) Der Kläger unterfiel im Kündigungszeitpunkt dem besonderen Kündigungsschutz nach § 85 SGB IX. Er war zwar nicht schwerbehindert iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX. Der Grad seiner Behinderung betrug nach dem Bescheid des Niedersächsischen Landesamts vom 19. April 2011 lediglich 30. Er war jedoch mit Wirkung ab dem 5. Mai 2011 gem. § 2 Abs. 3 SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Nach § 85 SGB IX iVm. § 68 Abs. 1 und 3, § 2 Abs. 3 SGB IX bedarf auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Diese lag nicht vor.

34

c) Der Kläger hat sein Recht, sich auf den Sonderkündigungsschutz zu berufen, nicht verwirkt. Selbst wenn die Beklagte von seiner Gleichstellung im Kündigungszeitpunkt noch keine Kenntnis gehabt haben sollte, hätte der Kläger sie darüber - was ausreichend ist - mit (rechtzeitiger) Klageerhebung (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 659/08 - Rn. 16, 21, BAGE 133, 249) nachträglich informiert. Er hat die Beklagte auf seine Gleichstellung in der Klageschrift hingewiesen.

35

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat gem. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Nielebock    

                 

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 27. März 2014 - 5 Sa 1099/13 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 6. September 2013 - 1 Ca 65/13 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 nicht aufgelöst worden ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung.

2

Der einem Schwerbehinderten gleichgestellte Kläger war bei der Beklagten seit März 2002 als Fleischer beschäftigt.

3

Nach längerer Erkrankung und erfolgreicher Wiedereingliederung nahm der Kläger am 1. März 2013 seine Arbeit wieder auf. Zuvor hatten er und der Geschäftsführer der Beklagten mehrere Gespräche über eine mögliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt. Deren genauer Inhalt ist zwischen den Parteien streitig geblieben.

4

Am 5. März 2013 übergab der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger ein auf den 28. Februar 2013 datiertes Kündigungsschreiben. Darin hieß es, die Beklagte kündige das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgerecht zum 30. Juni 2013. Zugleich überreichte der Geschäftsführer dem Kläger eine ebenfalls auf den 28. Februar 2013 datierte Abwicklungsvereinbarung, die beide Seiten unterschrieben. Sie lautete auszugsweise:

        

„…    

        

1.    

Arbeitgeberin und Arbeitnehmer sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche und fristgemäße Kündigung vom 28.02.2013 aus betrieblichen Gründen zum 30. Juni 2013 sein Ende finden wird.

        

2.    

Die Arbeitgeberin verpflichtet sich, dem Arbeitnehmer mit Ablauf der Kündigungsfrist ein qualifiziertes Endzeugnis mit guter Leistungs- und Führungsbewertung zu erteilen.

        

3.    

Der Arbeitnehmer bestätigt, dass er diese Erklärung freiwillig unter reiflicher Überlegung geschlossen hat. Er verzichtet hiermit ausdrücklich auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage. Die Arbeitgeberin weist darauf hin, dass sie über etwaige Nachteile beim Bezug von Arbeitslosengeld nicht belehrt hat und hierüber nur die für den Arbeitnehmer zuständige Arbeitsagentur Auskunft erteilen kann.

        

4.    

Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle gegenseitigen Ansprüche aus und im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleich aus welchem Rechtsgrund - ob bekannt oder unbekannt - erledigt.

        

…“    

        
5

Mit Schreiben vom 14. März 2013 erklärte der Kläger „die Anfechtung/den Widerruf“ der Abwicklungsvereinbarung.

6

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat behauptet, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihn über den Inhalt des Abwicklungsvertrags getäuscht. Er habe erklärt, darin seien eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2013, die Zahlung einer Abfindung in Höhe eines Monatsgehalts und die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses ohne sozialversicherungsrechtliche Nachteile vorgesehen gewesen. Hierauf habe er, der Kläger, vertraut und die Vereinbarung unterschrieben, ohne sie zu lesen. Der Kläger hat gemeint, die Vereinbarung sei zudem deshalb unwirksam, weil sie ihn unangemessen benachteilige.

7

Der Kläger hat sinngemäß beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 nicht aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Abwicklungsvereinbarung sei wirksam. Sie sei mit dem Einverständnis des Klägers getroffen worden. Dieser habe selbst Zweifel gehabt, ob er aufgrund seines gesundheitlichen Zustands seine Arbeitsleistung künftig werde erbringen können. Eine unangemessene Benachteiligung des Klägers liege nicht vor. Das vereinbarte Zeugnis stelle die Gegenleistung für den Klageverzicht dar.

9

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat auf sein Recht zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht wirksam verzichtet (I.). Die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 ist gem. § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig (II.).

11

I. Der Verzicht des Klägers auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gem. Ziff. 3 Satz 2 der Abwicklungsvereinbarung der Parteien steht der Zulässigkeit und Begründetheit seiner Kündigungsschutzklage nicht entgegen. Der Klageverzicht ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Abwicklungsvereinbarung auch aufgrund der vom Kläger erklärten Anfechtung gem. § 142 Abs. 1 BGB nichtig ist.

12

1. Die Vorschrift des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Abwicklungsvereinbarung der Parteien und den darin enthaltenen Klageverzicht anwendbar.

13

a) Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB findet § 307 BGB bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese - soweit der Verbraucher auf ihre Formulierung keinen Einfluss nehmen konnte - nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind. Verträge zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Bezug auf das Arbeitsverhältnis sind Verbraucherverträge iSv. § 310 Abs. 3 Eingangshalbs. BGB (für Arbeitsverträge vgl. BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14). Dies gilt für Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über die Bedingungen der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gleichermaßen. Der Arbeitnehmer handelt auch insoweit als Verbraucher iSd. § 13 BGB.

14

b) Da Verbrauchervertrag, ist die Wirksamkeit der Abwicklungsvereinbarung der Parteien gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB anhand von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu beurteilen, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich bei den in ihr enthaltenen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB handelt. Die Vereinbarung wurde zur zumindest einmaligen Verwendung von der Beklagten vorformuliert. Der Kläger konnte auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen.

15

c) Die Überprüfung des in der Vereinbarung enthaltenen Klageverzichts am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob es sich bei dem Verzicht um eine Haupt- oder Nebenabrede des Abwicklungsvertrags handelt, schiede eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann aus, wenn in der Verzichtsabrede keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung läge(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 20 mwN). Mit einem - wie hier - vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärten Klageverzicht ist eine solche Abweichung von Rechtsvorschriften jedoch verbunden (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21 mwN). Abgewichen wird von § 4 Satz 1 ggf. iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Nach diesen Bestimmungen sollen dem Arbeitnehmer drei Wochen Zeit für die Überlegung zur Verfügung stehen, ob er Kündigungsschutzklage erheben will (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - aaO; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 30 - 32, BAGE 124, 59).

16

2. Ein vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärter formularmäßiger Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist ohne eine ihn kompensierende Gegenleistung des Arbeitgebers wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 22, 24; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 37, BAGE 124, 59). Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer in einer vorformulierten Erklärung ohne jegliche Gegenleistung auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet hat. Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist mit einem solchen Verzicht vielmehr auch dann verbunden, wenn der Arbeitnehmer für seinen Verzicht keineangemessene Kompensation erhält.

17

a) Der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage vor Ablauf der Klagefrist schränkt die Rechte des Arbeitnehmers nach dem Kündigungsschutzgesetz erheblich ein. § 4 Satz 1 und § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes sind das Ergebnis einer Abwägung zwischen den gegenläufigen grundrechtlichen Positionen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelungen sind ein Ausgleich zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers an einem effektiven Bestandsschutz bei unwirksamer Kündigung und dem Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Gewissheit darüber, ob die Kündigung gerichtlich angegriffen wird oder er mit ihrer Rechtsbeständigkeit rechnen kann (vgl. BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21; 28. Januar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 31, BAGE 133, 149). Verglichen mit der gesetzlich eingeräumten dreiwöchigen Frist zur Klageerhebung stellt der vorzeitige Verzicht auf das Recht, den Schutz vor einer ungerechtfertigten Kündigung gerichtlich geltend machen zu können, eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtsposition des Arbeitnehmers dar. In ihm liegt für sich genommen eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

18

b) Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kann allerdings zu verneinen sein, wenn dem Arbeitnehmer an anderer Stelle vertraglich ein Vorteil gewährt wird. Dabei müssen Vor- und Nachteile in einem inneren Zusammenhang stehen (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 45, BAGE 143, 62; BGH 29. November 2002 - V ZR 105/02 - zu II 4 b der Gründe, BGHZ 153, 93). Der gewährte Vorteil muss das durch die benachteiligende Vertragsbestimmung beeinträchtigte Interesse stärken. Er muss außerdem von einem solchen Gewicht sein, dass er einen angemessenen Ausgleich für die Beeinträchtigung darstellt (MüKo-BGB/Wurmnest 6. Aufl. § 307 Rn. 36; Däubler/Bonin/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 95; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 151). Insofern bedarf es einer Abwägung zwischen dem vereinbarten Nachteil einerseits und dem gewährten Vorteil andererseits (aA Worzalla SAE 2009, 31, 34).

19

c) Die Bedenken gegen das Erfordernis einer solchen Abwägung, sie sei angesichts der potentiell zu berücksichtigenden Faktoren nicht praktikabel (vgl. Krets FS Bauer S. 601, 608) oder laufe darauf hinaus, den „Preis“ eines Arbeitnehmers zu bestimmen (so Rolfs FS Reuter S. 825, 835), greifen nicht durch. Die Angemessenheit eines für eine Benachteiligung gewährten Ausgleichs kann anders nicht festgestellt werden. Die Prüfung der Unangemessenheit einer Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Frage gerichtet, ob der Verwender durch seine Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen(BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 14, BAGE 129, 121; BGH 17. September 2009 - III ZR 207/08 - Rn. 18). Zur Beurteilung bedarf es einer umfassenden Würdigung ua. der auf beiden Seiten anzuerkennenden, typischerweise berührten Interessen (BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - aaO; BGH 24. März 2010 - VIII ZR 178/08 - Rn. 26, BGHZ 185, 96). Auch die Angemessenheit einer Kompensation ist damit grundsätzlich nach einem generellen und typisierenden, vom Einzelfall losgelösten Maßstab zu prüfen. Bei Verbraucherverträgen sind gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ggf. außerdem die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

20

3. Im Streitfall fehlt es an einer angemessenen Kompensation für den Klageverzicht in Ziff. 3 Satz 2 der Abwicklungsvereinbarung. Die Beklagte hat dem Kläger im Zusammenhang mit seinem Verzicht keinen Vorteil gewährt, der als angemessener Ausgleich für die damit verbundene Benachteiligung angesehen werden könnte.

21

a) Die Beklagte hat geltend gemacht, die von ihr eingegangene Verpflichtung zur Erteilung eines „guten“ Zeugnisses gem. Ziff. 2 der Abwicklungsvereinbarung stelle eine solche Gegenleistung dar.

22

b) Dies trifft nicht zu. Es kann dahinstehen, ob nicht der Umstand, dass die Vereinbarung über das Zeugnis eine Kompensation für den Klageverzicht darstellen soll, aus der Vereinbarung selbst ersichtlich sein müsste. Dafür könnte sprechen, dass sich dies - anders als etwa bei der Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes - nicht schon aus dem Sachzusammenhang selbst ergibt. Die in einer Abwicklungsvereinbarung vom Arbeitgeber übernommene Verpflichtung, dem Arbeitnehmer ein Zeugnis mit einer näher bestimmten (überdurchschnittlichen) Leistungs- und Führungsbeurteilung zu erteilen, stellt jedenfalls keinen Vorteil dar, der geeignet wäre, den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage auszugleichen.

23

aa) Ein Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber gem. § 109 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 GewO einen gesetzlichen Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis. Die Einigung in einer Abwicklungsvereinbarung darüber, dass der Arbeitgeber ein entsprechendes Zeugnis erteilen wird, dient damit zunächst einmal der Erfüllung dieses Anspruchs. In der vertraglichen Bekräftigung eines ohnehin bestehenden Anspruchs wiederum liegt keine kompensierende Gewährung eines Vorteils. Auch soweit die Parteien der Vereinbarung klarstellen, mit welchem Inhalt das Zeugnis erteilt werden soll, liegt darin kein spezifischer Vorteil für den Arbeitnehmer. Eine Einigung über den Inhalt eines zu erteilenden Zeugnisses ist vielmehr typischerweise für beide Seiten gleichermaßen von Nutzen. Dadurch kann in ihrer beider Interesse ein Rechtsstreit über die korrekte Erfüllung des Zeugnisanspruchs vermieden werden.

24

bb) Etwas anderes gilt in der Regel auch dann nicht, wenn sich der Arbeitgeber - wie hier - verpflichtet, ein Zeugnis mit einer „guten“ und damit überdurchschnittlichen Beurteilung (vgl. BAG 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8) von Leistung und/oder Verhalten des Arbeitnehmers zu erteilen.

25

(1) Auch in diesem Fall ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber lediglich den gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllen will. Ohne besondere Anhaltspunkte kann nicht angenommen werden, er wolle sich - uU zulasten Dritter - zu einer Beurteilung verpflichten, die den Tatsachen nicht entspricht und von seinem Beurteilungsspielraum nicht mehr gedeckt ist. Vielmehr ist grundsätzlich zu unterstellen, dass sich eine Vertragspartei rechtmäßig verhalten und deshalb keine Verpflichtung zu rechtswidrigem Handeln eingehen will. Auch mit der Verständigung auf ein überdurchschnittliches, „gutes“ Zeugnis will der Arbeitgeber dann typischerweise nur seine gesetzlichen Pflichten erfüllen. Im Übrigen erschiene die Eingehung der Verpflichtung, ein objektiv unzutreffendes, „zu gutes“ Zeugnis zu erteilen, rechtlich zumindest bedenklich und stellte aus diesem Grund ebenfalls keinen angemessenen Vorteil für den Arbeitnehmer dar.

26

(2) Soweit sich die Beklagte darauf beruft, sie habe dem Kläger mit der Einigung über den Inhalt des ihm zu erteilenden Zeugnisses deshalb einen Vorteil gewährt, weil sie ihm dadurch die Mühe erspart habe, es in einem Rechtsstreit durchzusetzen, in welchem die Darlegungs- und Beweislast für die Berechtigung einer überdurchschnittlichen Bewertung ihm obläge, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Zwar verweist die Beklagte zutreffend auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in einem Prozess um die Erteilung eines überdurchschnittlichen, „guten“ Zeugnisses (zuletzt BAG 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8). Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Zeugnisinhalt, auf den sich die Parteien in einer Abwicklungsvereinbarung einigen, ihrer gemeinsamen Vorstellung von der ordnungsgemäßen Erfüllung des Zeugnisanspruchs entspricht. Der dem Arbeitnehmer gewährte Vorteil läge allein darin, dass der Arbeitgeber darauf verzichtet, die Berechtigung eines entsprechenden Anspruchs im Falle einer Klageerhebung zu bestreiten. Aus einem solchen Verzicht auf ein Verhalten, das mit den Pflichten zur Rücksichtnahme gem. § 241 Abs. 2 BGB und zur wahrheitsgemäßen Erklärung nach § 138 Abs. 1 ZPO nicht zu vereinbaren sein dürfte, erwächst dem Vertragspartner jedoch kein ihn gegenüber der objektiven Rechtslage materiellrechtlich besser stellender Vorteil. Ein bloß prozessuales Entgegenkommen des Arbeitgebers bei der Durchsetzung des ohnehin bestehenden Zeugnisanspruchs des Arbeitnehmers stellt keine angemessene Kompensation für den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage dar.

27

c) Sonstige Kompensationen für den Klageverzicht sind im Streitfall weder aus der Abwicklungsvereinbarung der Parteien ersichtlich, noch sonst behauptet. Die Verkürzung der Kündigungsfrist um einen Monat ging vielmehr zusätzlich zulasten des Klägers.

28

d) Darauf, ob der Kläger Sonderkündigungsschutz genoss, kommt es im gegebenen Zusammenhang nicht an. Dies wäre allenfalls geeignet, die Unangemessenheit des Klageverzichts zu verstärken.

29

II. Die Kündigung vom 28. Februar 2013 als solche ist unwirksam. Dies kann der Senat selbst entscheiden. Die vorliegende Klage ist - ungeachtet der Regelung des § 4 Satz 4 KSchG - rechtzeitig innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG erhoben worden. Die Kündigung gilt daher nicht gem. § 7 KSchG als von Anfang an wirksam. Sie ist - wie vom Kläger bereits erstinstanzlich innerhalb der Fristen gem. § 4 Satz 1, § 6 Satz 1 KSchG geltend gemacht - nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst.

30

1. Die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG ist gewahrt. Die Kündigung ging dem Kläger am 5. März 2013 zu. Die Kündigungsschutzklage ist am 26. März 2013 beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 5. April 2013 - also „demnächst“ iSv. § 167 ZPO - zugestellt worden.

31

2. Die Kündigung ist gem. § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig.

32

a) Der Kläger hat diesen Unwirksamkeitsgrund bereits erstinstanzlich geltend gemacht. Nach dem in der angefochtenen Entscheidung in Bezug genommen Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils hat er sich ua. darauf berufen, die Kündigung verstoße mangels Zustimmung des Integrationsamts gegen § 85 SGB IX.

33

b) Der Kläger unterfiel im Kündigungszeitpunkt dem besonderen Kündigungsschutz nach § 85 SGB IX. Er war zwar nicht schwerbehindert iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX. Der Grad seiner Behinderung betrug nach dem Bescheid des Niedersächsischen Landesamts vom 19. April 2011 lediglich 30. Er war jedoch mit Wirkung ab dem 5. Mai 2011 gem. § 2 Abs. 3 SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Nach § 85 SGB IX iVm. § 68 Abs. 1 und 3, § 2 Abs. 3 SGB IX bedarf auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Diese lag nicht vor.

34

c) Der Kläger hat sein Recht, sich auf den Sonderkündigungsschutz zu berufen, nicht verwirkt. Selbst wenn die Beklagte von seiner Gleichstellung im Kündigungszeitpunkt noch keine Kenntnis gehabt haben sollte, hätte der Kläger sie darüber - was ausreichend ist - mit (rechtzeitiger) Klageerhebung (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 659/08 - Rn. 16, 21, BAGE 133, 249) nachträglich informiert. Er hat die Beklagte auf seine Gleichstellung in der Klageschrift hingewiesen.

35

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat gem. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Nielebock    

                 

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 27. März 2014 - 5 Sa 1099/13 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 6. September 2013 - 1 Ca 65/13 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 nicht aufgelöst worden ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung.

2

Der einem Schwerbehinderten gleichgestellte Kläger war bei der Beklagten seit März 2002 als Fleischer beschäftigt.

3

Nach längerer Erkrankung und erfolgreicher Wiedereingliederung nahm der Kläger am 1. März 2013 seine Arbeit wieder auf. Zuvor hatten er und der Geschäftsführer der Beklagten mehrere Gespräche über eine mögliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt. Deren genauer Inhalt ist zwischen den Parteien streitig geblieben.

4

Am 5. März 2013 übergab der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger ein auf den 28. Februar 2013 datiertes Kündigungsschreiben. Darin hieß es, die Beklagte kündige das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgerecht zum 30. Juni 2013. Zugleich überreichte der Geschäftsführer dem Kläger eine ebenfalls auf den 28. Februar 2013 datierte Abwicklungsvereinbarung, die beide Seiten unterschrieben. Sie lautete auszugsweise:

        

„…    

        

1.    

Arbeitgeberin und Arbeitnehmer sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche und fristgemäße Kündigung vom 28.02.2013 aus betrieblichen Gründen zum 30. Juni 2013 sein Ende finden wird.

        

2.    

Die Arbeitgeberin verpflichtet sich, dem Arbeitnehmer mit Ablauf der Kündigungsfrist ein qualifiziertes Endzeugnis mit guter Leistungs- und Führungsbewertung zu erteilen.

        

3.    

Der Arbeitnehmer bestätigt, dass er diese Erklärung freiwillig unter reiflicher Überlegung geschlossen hat. Er verzichtet hiermit ausdrücklich auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage. Die Arbeitgeberin weist darauf hin, dass sie über etwaige Nachteile beim Bezug von Arbeitslosengeld nicht belehrt hat und hierüber nur die für den Arbeitnehmer zuständige Arbeitsagentur Auskunft erteilen kann.

        

4.    

Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle gegenseitigen Ansprüche aus und im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleich aus welchem Rechtsgrund - ob bekannt oder unbekannt - erledigt.

        

…“    

        
5

Mit Schreiben vom 14. März 2013 erklärte der Kläger „die Anfechtung/den Widerruf“ der Abwicklungsvereinbarung.

6

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat behauptet, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihn über den Inhalt des Abwicklungsvertrags getäuscht. Er habe erklärt, darin seien eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2013, die Zahlung einer Abfindung in Höhe eines Monatsgehalts und die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses ohne sozialversicherungsrechtliche Nachteile vorgesehen gewesen. Hierauf habe er, der Kläger, vertraut und die Vereinbarung unterschrieben, ohne sie zu lesen. Der Kläger hat gemeint, die Vereinbarung sei zudem deshalb unwirksam, weil sie ihn unangemessen benachteilige.

7

Der Kläger hat sinngemäß beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 nicht aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Abwicklungsvereinbarung sei wirksam. Sie sei mit dem Einverständnis des Klägers getroffen worden. Dieser habe selbst Zweifel gehabt, ob er aufgrund seines gesundheitlichen Zustands seine Arbeitsleistung künftig werde erbringen können. Eine unangemessene Benachteiligung des Klägers liege nicht vor. Das vereinbarte Zeugnis stelle die Gegenleistung für den Klageverzicht dar.

9

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat auf sein Recht zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht wirksam verzichtet (I.). Die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 ist gem. § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig (II.).

11

I. Der Verzicht des Klägers auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gem. Ziff. 3 Satz 2 der Abwicklungsvereinbarung der Parteien steht der Zulässigkeit und Begründetheit seiner Kündigungsschutzklage nicht entgegen. Der Klageverzicht ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Abwicklungsvereinbarung auch aufgrund der vom Kläger erklärten Anfechtung gem. § 142 Abs. 1 BGB nichtig ist.

12

1. Die Vorschrift des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Abwicklungsvereinbarung der Parteien und den darin enthaltenen Klageverzicht anwendbar.

13

a) Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB findet § 307 BGB bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese - soweit der Verbraucher auf ihre Formulierung keinen Einfluss nehmen konnte - nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind. Verträge zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Bezug auf das Arbeitsverhältnis sind Verbraucherverträge iSv. § 310 Abs. 3 Eingangshalbs. BGB (für Arbeitsverträge vgl. BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14). Dies gilt für Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über die Bedingungen der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gleichermaßen. Der Arbeitnehmer handelt auch insoweit als Verbraucher iSd. § 13 BGB.

14

b) Da Verbrauchervertrag, ist die Wirksamkeit der Abwicklungsvereinbarung der Parteien gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB anhand von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu beurteilen, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich bei den in ihr enthaltenen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB handelt. Die Vereinbarung wurde zur zumindest einmaligen Verwendung von der Beklagten vorformuliert. Der Kläger konnte auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen.

15

c) Die Überprüfung des in der Vereinbarung enthaltenen Klageverzichts am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob es sich bei dem Verzicht um eine Haupt- oder Nebenabrede des Abwicklungsvertrags handelt, schiede eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann aus, wenn in der Verzichtsabrede keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung läge(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 20 mwN). Mit einem - wie hier - vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärten Klageverzicht ist eine solche Abweichung von Rechtsvorschriften jedoch verbunden (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21 mwN). Abgewichen wird von § 4 Satz 1 ggf. iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Nach diesen Bestimmungen sollen dem Arbeitnehmer drei Wochen Zeit für die Überlegung zur Verfügung stehen, ob er Kündigungsschutzklage erheben will (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - aaO; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 30 - 32, BAGE 124, 59).

16

2. Ein vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärter formularmäßiger Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist ohne eine ihn kompensierende Gegenleistung des Arbeitgebers wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 22, 24; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 37, BAGE 124, 59). Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer in einer vorformulierten Erklärung ohne jegliche Gegenleistung auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet hat. Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist mit einem solchen Verzicht vielmehr auch dann verbunden, wenn der Arbeitnehmer für seinen Verzicht keineangemessene Kompensation erhält.

17

a) Der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage vor Ablauf der Klagefrist schränkt die Rechte des Arbeitnehmers nach dem Kündigungsschutzgesetz erheblich ein. § 4 Satz 1 und § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes sind das Ergebnis einer Abwägung zwischen den gegenläufigen grundrechtlichen Positionen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelungen sind ein Ausgleich zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers an einem effektiven Bestandsschutz bei unwirksamer Kündigung und dem Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Gewissheit darüber, ob die Kündigung gerichtlich angegriffen wird oder er mit ihrer Rechtsbeständigkeit rechnen kann (vgl. BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21; 28. Januar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 31, BAGE 133, 149). Verglichen mit der gesetzlich eingeräumten dreiwöchigen Frist zur Klageerhebung stellt der vorzeitige Verzicht auf das Recht, den Schutz vor einer ungerechtfertigten Kündigung gerichtlich geltend machen zu können, eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtsposition des Arbeitnehmers dar. In ihm liegt für sich genommen eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

18

b) Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kann allerdings zu verneinen sein, wenn dem Arbeitnehmer an anderer Stelle vertraglich ein Vorteil gewährt wird. Dabei müssen Vor- und Nachteile in einem inneren Zusammenhang stehen (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 45, BAGE 143, 62; BGH 29. November 2002 - V ZR 105/02 - zu II 4 b der Gründe, BGHZ 153, 93). Der gewährte Vorteil muss das durch die benachteiligende Vertragsbestimmung beeinträchtigte Interesse stärken. Er muss außerdem von einem solchen Gewicht sein, dass er einen angemessenen Ausgleich für die Beeinträchtigung darstellt (MüKo-BGB/Wurmnest 6. Aufl. § 307 Rn. 36; Däubler/Bonin/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 95; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 151). Insofern bedarf es einer Abwägung zwischen dem vereinbarten Nachteil einerseits und dem gewährten Vorteil andererseits (aA Worzalla SAE 2009, 31, 34).

19

c) Die Bedenken gegen das Erfordernis einer solchen Abwägung, sie sei angesichts der potentiell zu berücksichtigenden Faktoren nicht praktikabel (vgl. Krets FS Bauer S. 601, 608) oder laufe darauf hinaus, den „Preis“ eines Arbeitnehmers zu bestimmen (so Rolfs FS Reuter S. 825, 835), greifen nicht durch. Die Angemessenheit eines für eine Benachteiligung gewährten Ausgleichs kann anders nicht festgestellt werden. Die Prüfung der Unangemessenheit einer Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Frage gerichtet, ob der Verwender durch seine Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen(BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 14, BAGE 129, 121; BGH 17. September 2009 - III ZR 207/08 - Rn. 18). Zur Beurteilung bedarf es einer umfassenden Würdigung ua. der auf beiden Seiten anzuerkennenden, typischerweise berührten Interessen (BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - aaO; BGH 24. März 2010 - VIII ZR 178/08 - Rn. 26, BGHZ 185, 96). Auch die Angemessenheit einer Kompensation ist damit grundsätzlich nach einem generellen und typisierenden, vom Einzelfall losgelösten Maßstab zu prüfen. Bei Verbraucherverträgen sind gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ggf. außerdem die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

20

3. Im Streitfall fehlt es an einer angemessenen Kompensation für den Klageverzicht in Ziff. 3 Satz 2 der Abwicklungsvereinbarung. Die Beklagte hat dem Kläger im Zusammenhang mit seinem Verzicht keinen Vorteil gewährt, der als angemessener Ausgleich für die damit verbundene Benachteiligung angesehen werden könnte.

21

a) Die Beklagte hat geltend gemacht, die von ihr eingegangene Verpflichtung zur Erteilung eines „guten“ Zeugnisses gem. Ziff. 2 der Abwicklungsvereinbarung stelle eine solche Gegenleistung dar.

22

b) Dies trifft nicht zu. Es kann dahinstehen, ob nicht der Umstand, dass die Vereinbarung über das Zeugnis eine Kompensation für den Klageverzicht darstellen soll, aus der Vereinbarung selbst ersichtlich sein müsste. Dafür könnte sprechen, dass sich dies - anders als etwa bei der Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes - nicht schon aus dem Sachzusammenhang selbst ergibt. Die in einer Abwicklungsvereinbarung vom Arbeitgeber übernommene Verpflichtung, dem Arbeitnehmer ein Zeugnis mit einer näher bestimmten (überdurchschnittlichen) Leistungs- und Führungsbeurteilung zu erteilen, stellt jedenfalls keinen Vorteil dar, der geeignet wäre, den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage auszugleichen.

23

aa) Ein Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber gem. § 109 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 GewO einen gesetzlichen Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis. Die Einigung in einer Abwicklungsvereinbarung darüber, dass der Arbeitgeber ein entsprechendes Zeugnis erteilen wird, dient damit zunächst einmal der Erfüllung dieses Anspruchs. In der vertraglichen Bekräftigung eines ohnehin bestehenden Anspruchs wiederum liegt keine kompensierende Gewährung eines Vorteils. Auch soweit die Parteien der Vereinbarung klarstellen, mit welchem Inhalt das Zeugnis erteilt werden soll, liegt darin kein spezifischer Vorteil für den Arbeitnehmer. Eine Einigung über den Inhalt eines zu erteilenden Zeugnisses ist vielmehr typischerweise für beide Seiten gleichermaßen von Nutzen. Dadurch kann in ihrer beider Interesse ein Rechtsstreit über die korrekte Erfüllung des Zeugnisanspruchs vermieden werden.

24

bb) Etwas anderes gilt in der Regel auch dann nicht, wenn sich der Arbeitgeber - wie hier - verpflichtet, ein Zeugnis mit einer „guten“ und damit überdurchschnittlichen Beurteilung (vgl. BAG 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8) von Leistung und/oder Verhalten des Arbeitnehmers zu erteilen.

25

(1) Auch in diesem Fall ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber lediglich den gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllen will. Ohne besondere Anhaltspunkte kann nicht angenommen werden, er wolle sich - uU zulasten Dritter - zu einer Beurteilung verpflichten, die den Tatsachen nicht entspricht und von seinem Beurteilungsspielraum nicht mehr gedeckt ist. Vielmehr ist grundsätzlich zu unterstellen, dass sich eine Vertragspartei rechtmäßig verhalten und deshalb keine Verpflichtung zu rechtswidrigem Handeln eingehen will. Auch mit der Verständigung auf ein überdurchschnittliches, „gutes“ Zeugnis will der Arbeitgeber dann typischerweise nur seine gesetzlichen Pflichten erfüllen. Im Übrigen erschiene die Eingehung der Verpflichtung, ein objektiv unzutreffendes, „zu gutes“ Zeugnis zu erteilen, rechtlich zumindest bedenklich und stellte aus diesem Grund ebenfalls keinen angemessenen Vorteil für den Arbeitnehmer dar.

26

(2) Soweit sich die Beklagte darauf beruft, sie habe dem Kläger mit der Einigung über den Inhalt des ihm zu erteilenden Zeugnisses deshalb einen Vorteil gewährt, weil sie ihm dadurch die Mühe erspart habe, es in einem Rechtsstreit durchzusetzen, in welchem die Darlegungs- und Beweislast für die Berechtigung einer überdurchschnittlichen Bewertung ihm obläge, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Zwar verweist die Beklagte zutreffend auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in einem Prozess um die Erteilung eines überdurchschnittlichen, „guten“ Zeugnisses (zuletzt BAG 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8). Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Zeugnisinhalt, auf den sich die Parteien in einer Abwicklungsvereinbarung einigen, ihrer gemeinsamen Vorstellung von der ordnungsgemäßen Erfüllung des Zeugnisanspruchs entspricht. Der dem Arbeitnehmer gewährte Vorteil läge allein darin, dass der Arbeitgeber darauf verzichtet, die Berechtigung eines entsprechenden Anspruchs im Falle einer Klageerhebung zu bestreiten. Aus einem solchen Verzicht auf ein Verhalten, das mit den Pflichten zur Rücksichtnahme gem. § 241 Abs. 2 BGB und zur wahrheitsgemäßen Erklärung nach § 138 Abs. 1 ZPO nicht zu vereinbaren sein dürfte, erwächst dem Vertragspartner jedoch kein ihn gegenüber der objektiven Rechtslage materiellrechtlich besser stellender Vorteil. Ein bloß prozessuales Entgegenkommen des Arbeitgebers bei der Durchsetzung des ohnehin bestehenden Zeugnisanspruchs des Arbeitnehmers stellt keine angemessene Kompensation für den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage dar.

27

c) Sonstige Kompensationen für den Klageverzicht sind im Streitfall weder aus der Abwicklungsvereinbarung der Parteien ersichtlich, noch sonst behauptet. Die Verkürzung der Kündigungsfrist um einen Monat ging vielmehr zusätzlich zulasten des Klägers.

28

d) Darauf, ob der Kläger Sonderkündigungsschutz genoss, kommt es im gegebenen Zusammenhang nicht an. Dies wäre allenfalls geeignet, die Unangemessenheit des Klageverzichts zu verstärken.

29

II. Die Kündigung vom 28. Februar 2013 als solche ist unwirksam. Dies kann der Senat selbst entscheiden. Die vorliegende Klage ist - ungeachtet der Regelung des § 4 Satz 4 KSchG - rechtzeitig innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG erhoben worden. Die Kündigung gilt daher nicht gem. § 7 KSchG als von Anfang an wirksam. Sie ist - wie vom Kläger bereits erstinstanzlich innerhalb der Fristen gem. § 4 Satz 1, § 6 Satz 1 KSchG geltend gemacht - nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst.

30

1. Die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG ist gewahrt. Die Kündigung ging dem Kläger am 5. März 2013 zu. Die Kündigungsschutzklage ist am 26. März 2013 beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 5. April 2013 - also „demnächst“ iSv. § 167 ZPO - zugestellt worden.

31

2. Die Kündigung ist gem. § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig.

32

a) Der Kläger hat diesen Unwirksamkeitsgrund bereits erstinstanzlich geltend gemacht. Nach dem in der angefochtenen Entscheidung in Bezug genommen Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils hat er sich ua. darauf berufen, die Kündigung verstoße mangels Zustimmung des Integrationsamts gegen § 85 SGB IX.

33

b) Der Kläger unterfiel im Kündigungszeitpunkt dem besonderen Kündigungsschutz nach § 85 SGB IX. Er war zwar nicht schwerbehindert iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX. Der Grad seiner Behinderung betrug nach dem Bescheid des Niedersächsischen Landesamts vom 19. April 2011 lediglich 30. Er war jedoch mit Wirkung ab dem 5. Mai 2011 gem. § 2 Abs. 3 SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Nach § 85 SGB IX iVm. § 68 Abs. 1 und 3, § 2 Abs. 3 SGB IX bedarf auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Diese lag nicht vor.

34

c) Der Kläger hat sein Recht, sich auf den Sonderkündigungsschutz zu berufen, nicht verwirkt. Selbst wenn die Beklagte von seiner Gleichstellung im Kündigungszeitpunkt noch keine Kenntnis gehabt haben sollte, hätte der Kläger sie darüber - was ausreichend ist - mit (rechtzeitiger) Klageerhebung (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 659/08 - Rn. 16, 21, BAGE 133, 249) nachträglich informiert. Er hat die Beklagte auf seine Gleichstellung in der Klageschrift hingewiesen.

35

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat gem. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Nielebock    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 27. März 2014 - 5 Sa 1099/13 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 6. September 2013 - 1 Ca 65/13 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 nicht aufgelöst worden ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung.

2

Der einem Schwerbehinderten gleichgestellte Kläger war bei der Beklagten seit März 2002 als Fleischer beschäftigt.

3

Nach längerer Erkrankung und erfolgreicher Wiedereingliederung nahm der Kläger am 1. März 2013 seine Arbeit wieder auf. Zuvor hatten er und der Geschäftsführer der Beklagten mehrere Gespräche über eine mögliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt. Deren genauer Inhalt ist zwischen den Parteien streitig geblieben.

4

Am 5. März 2013 übergab der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger ein auf den 28. Februar 2013 datiertes Kündigungsschreiben. Darin hieß es, die Beklagte kündige das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgerecht zum 30. Juni 2013. Zugleich überreichte der Geschäftsführer dem Kläger eine ebenfalls auf den 28. Februar 2013 datierte Abwicklungsvereinbarung, die beide Seiten unterschrieben. Sie lautete auszugsweise:

        

„…    

        

1.    

Arbeitgeberin und Arbeitnehmer sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche und fristgemäße Kündigung vom 28.02.2013 aus betrieblichen Gründen zum 30. Juni 2013 sein Ende finden wird.

        

2.    

Die Arbeitgeberin verpflichtet sich, dem Arbeitnehmer mit Ablauf der Kündigungsfrist ein qualifiziertes Endzeugnis mit guter Leistungs- und Führungsbewertung zu erteilen.

        

3.    

Der Arbeitnehmer bestätigt, dass er diese Erklärung freiwillig unter reiflicher Überlegung geschlossen hat. Er verzichtet hiermit ausdrücklich auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage. Die Arbeitgeberin weist darauf hin, dass sie über etwaige Nachteile beim Bezug von Arbeitslosengeld nicht belehrt hat und hierüber nur die für den Arbeitnehmer zuständige Arbeitsagentur Auskunft erteilen kann.

        

4.    

Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle gegenseitigen Ansprüche aus und im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleich aus welchem Rechtsgrund - ob bekannt oder unbekannt - erledigt.

        

…“    

        
5

Mit Schreiben vom 14. März 2013 erklärte der Kläger „die Anfechtung/den Widerruf“ der Abwicklungsvereinbarung.

6

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat behauptet, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihn über den Inhalt des Abwicklungsvertrags getäuscht. Er habe erklärt, darin seien eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2013, die Zahlung einer Abfindung in Höhe eines Monatsgehalts und die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses ohne sozialversicherungsrechtliche Nachteile vorgesehen gewesen. Hierauf habe er, der Kläger, vertraut und die Vereinbarung unterschrieben, ohne sie zu lesen. Der Kläger hat gemeint, die Vereinbarung sei zudem deshalb unwirksam, weil sie ihn unangemessen benachteilige.

7

Der Kläger hat sinngemäß beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 nicht aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Abwicklungsvereinbarung sei wirksam. Sie sei mit dem Einverständnis des Klägers getroffen worden. Dieser habe selbst Zweifel gehabt, ob er aufgrund seines gesundheitlichen Zustands seine Arbeitsleistung künftig werde erbringen können. Eine unangemessene Benachteiligung des Klägers liege nicht vor. Das vereinbarte Zeugnis stelle die Gegenleistung für den Klageverzicht dar.

9

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat auf sein Recht zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht wirksam verzichtet (I.). Die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 ist gem. § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig (II.).

11

I. Der Verzicht des Klägers auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gem. Ziff. 3 Satz 2 der Abwicklungsvereinbarung der Parteien steht der Zulässigkeit und Begründetheit seiner Kündigungsschutzklage nicht entgegen. Der Klageverzicht ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Abwicklungsvereinbarung auch aufgrund der vom Kläger erklärten Anfechtung gem. § 142 Abs. 1 BGB nichtig ist.

12

1. Die Vorschrift des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Abwicklungsvereinbarung der Parteien und den darin enthaltenen Klageverzicht anwendbar.

13

a) Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB findet § 307 BGB bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese - soweit der Verbraucher auf ihre Formulierung keinen Einfluss nehmen konnte - nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind. Verträge zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Bezug auf das Arbeitsverhältnis sind Verbraucherverträge iSv. § 310 Abs. 3 Eingangshalbs. BGB (für Arbeitsverträge vgl. BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14). Dies gilt für Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über die Bedingungen der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gleichermaßen. Der Arbeitnehmer handelt auch insoweit als Verbraucher iSd. § 13 BGB.

14

b) Da Verbrauchervertrag, ist die Wirksamkeit der Abwicklungsvereinbarung der Parteien gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB anhand von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu beurteilen, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich bei den in ihr enthaltenen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB handelt. Die Vereinbarung wurde zur zumindest einmaligen Verwendung von der Beklagten vorformuliert. Der Kläger konnte auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen.

15

c) Die Überprüfung des in der Vereinbarung enthaltenen Klageverzichts am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob es sich bei dem Verzicht um eine Haupt- oder Nebenabrede des Abwicklungsvertrags handelt, schiede eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann aus, wenn in der Verzichtsabrede keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung läge(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 20 mwN). Mit einem - wie hier - vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärten Klageverzicht ist eine solche Abweichung von Rechtsvorschriften jedoch verbunden (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21 mwN). Abgewichen wird von § 4 Satz 1 ggf. iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Nach diesen Bestimmungen sollen dem Arbeitnehmer drei Wochen Zeit für die Überlegung zur Verfügung stehen, ob er Kündigungsschutzklage erheben will (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - aaO; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 30 - 32, BAGE 124, 59).

16

2. Ein vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärter formularmäßiger Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist ohne eine ihn kompensierende Gegenleistung des Arbeitgebers wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 22, 24; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 37, BAGE 124, 59). Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer in einer vorformulierten Erklärung ohne jegliche Gegenleistung auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet hat. Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist mit einem solchen Verzicht vielmehr auch dann verbunden, wenn der Arbeitnehmer für seinen Verzicht keineangemessene Kompensation erhält.

17

a) Der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage vor Ablauf der Klagefrist schränkt die Rechte des Arbeitnehmers nach dem Kündigungsschutzgesetz erheblich ein. § 4 Satz 1 und § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes sind das Ergebnis einer Abwägung zwischen den gegenläufigen grundrechtlichen Positionen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelungen sind ein Ausgleich zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers an einem effektiven Bestandsschutz bei unwirksamer Kündigung und dem Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Gewissheit darüber, ob die Kündigung gerichtlich angegriffen wird oder er mit ihrer Rechtsbeständigkeit rechnen kann (vgl. BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21; 28. Januar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 31, BAGE 133, 149). Verglichen mit der gesetzlich eingeräumten dreiwöchigen Frist zur Klageerhebung stellt der vorzeitige Verzicht auf das Recht, den Schutz vor einer ungerechtfertigten Kündigung gerichtlich geltend machen zu können, eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtsposition des Arbeitnehmers dar. In ihm liegt für sich genommen eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

18

b) Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kann allerdings zu verneinen sein, wenn dem Arbeitnehmer an anderer Stelle vertraglich ein Vorteil gewährt wird. Dabei müssen Vor- und Nachteile in einem inneren Zusammenhang stehen (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 45, BAGE 143, 62; BGH 29. November 2002 - V ZR 105/02 - zu II 4 b der Gründe, BGHZ 153, 93). Der gewährte Vorteil muss das durch die benachteiligende Vertragsbestimmung beeinträchtigte Interesse stärken. Er muss außerdem von einem solchen Gewicht sein, dass er einen angemessenen Ausgleich für die Beeinträchtigung darstellt (MüKo-BGB/Wurmnest 6. Aufl. § 307 Rn. 36; Däubler/Bonin/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 95; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 151). Insofern bedarf es einer Abwägung zwischen dem vereinbarten Nachteil einerseits und dem gewährten Vorteil andererseits (aA Worzalla SAE 2009, 31, 34).

19

c) Die Bedenken gegen das Erfordernis einer solchen Abwägung, sie sei angesichts der potentiell zu berücksichtigenden Faktoren nicht praktikabel (vgl. Krets FS Bauer S. 601, 608) oder laufe darauf hinaus, den „Preis“ eines Arbeitnehmers zu bestimmen (so Rolfs FS Reuter S. 825, 835), greifen nicht durch. Die Angemessenheit eines für eine Benachteiligung gewährten Ausgleichs kann anders nicht festgestellt werden. Die Prüfung der Unangemessenheit einer Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Frage gerichtet, ob der Verwender durch seine Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen(BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 14, BAGE 129, 121; BGH 17. September 2009 - III ZR 207/08 - Rn. 18). Zur Beurteilung bedarf es einer umfassenden Würdigung ua. der auf beiden Seiten anzuerkennenden, typischerweise berührten Interessen (BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - aaO; BGH 24. März 2010 - VIII ZR 178/08 - Rn. 26, BGHZ 185, 96). Auch die Angemessenheit einer Kompensation ist damit grundsätzlich nach einem generellen und typisierenden, vom Einzelfall losgelösten Maßstab zu prüfen. Bei Verbraucherverträgen sind gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ggf. außerdem die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

20

3. Im Streitfall fehlt es an einer angemessenen Kompensation für den Klageverzicht in Ziff. 3 Satz 2 der Abwicklungsvereinbarung. Die Beklagte hat dem Kläger im Zusammenhang mit seinem Verzicht keinen Vorteil gewährt, der als angemessener Ausgleich für die damit verbundene Benachteiligung angesehen werden könnte.

21

a) Die Beklagte hat geltend gemacht, die von ihr eingegangene Verpflichtung zur Erteilung eines „guten“ Zeugnisses gem. Ziff. 2 der Abwicklungsvereinbarung stelle eine solche Gegenleistung dar.

22

b) Dies trifft nicht zu. Es kann dahinstehen, ob nicht der Umstand, dass die Vereinbarung über das Zeugnis eine Kompensation für den Klageverzicht darstellen soll, aus der Vereinbarung selbst ersichtlich sein müsste. Dafür könnte sprechen, dass sich dies - anders als etwa bei der Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes - nicht schon aus dem Sachzusammenhang selbst ergibt. Die in einer Abwicklungsvereinbarung vom Arbeitgeber übernommene Verpflichtung, dem Arbeitnehmer ein Zeugnis mit einer näher bestimmten (überdurchschnittlichen) Leistungs- und Führungsbeurteilung zu erteilen, stellt jedenfalls keinen Vorteil dar, der geeignet wäre, den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage auszugleichen.

23

aa) Ein Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber gem. § 109 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 GewO einen gesetzlichen Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis. Die Einigung in einer Abwicklungsvereinbarung darüber, dass der Arbeitgeber ein entsprechendes Zeugnis erteilen wird, dient damit zunächst einmal der Erfüllung dieses Anspruchs. In der vertraglichen Bekräftigung eines ohnehin bestehenden Anspruchs wiederum liegt keine kompensierende Gewährung eines Vorteils. Auch soweit die Parteien der Vereinbarung klarstellen, mit welchem Inhalt das Zeugnis erteilt werden soll, liegt darin kein spezifischer Vorteil für den Arbeitnehmer. Eine Einigung über den Inhalt eines zu erteilenden Zeugnisses ist vielmehr typischerweise für beide Seiten gleichermaßen von Nutzen. Dadurch kann in ihrer beider Interesse ein Rechtsstreit über die korrekte Erfüllung des Zeugnisanspruchs vermieden werden.

24

bb) Etwas anderes gilt in der Regel auch dann nicht, wenn sich der Arbeitgeber - wie hier - verpflichtet, ein Zeugnis mit einer „guten“ und damit überdurchschnittlichen Beurteilung (vgl. BAG 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8) von Leistung und/oder Verhalten des Arbeitnehmers zu erteilen.

25

(1) Auch in diesem Fall ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber lediglich den gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllen will. Ohne besondere Anhaltspunkte kann nicht angenommen werden, er wolle sich - uU zulasten Dritter - zu einer Beurteilung verpflichten, die den Tatsachen nicht entspricht und von seinem Beurteilungsspielraum nicht mehr gedeckt ist. Vielmehr ist grundsätzlich zu unterstellen, dass sich eine Vertragspartei rechtmäßig verhalten und deshalb keine Verpflichtung zu rechtswidrigem Handeln eingehen will. Auch mit der Verständigung auf ein überdurchschnittliches, „gutes“ Zeugnis will der Arbeitgeber dann typischerweise nur seine gesetzlichen Pflichten erfüllen. Im Übrigen erschiene die Eingehung der Verpflichtung, ein objektiv unzutreffendes, „zu gutes“ Zeugnis zu erteilen, rechtlich zumindest bedenklich und stellte aus diesem Grund ebenfalls keinen angemessenen Vorteil für den Arbeitnehmer dar.

26

(2) Soweit sich die Beklagte darauf beruft, sie habe dem Kläger mit der Einigung über den Inhalt des ihm zu erteilenden Zeugnisses deshalb einen Vorteil gewährt, weil sie ihm dadurch die Mühe erspart habe, es in einem Rechtsstreit durchzusetzen, in welchem die Darlegungs- und Beweislast für die Berechtigung einer überdurchschnittlichen Bewertung ihm obläge, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Zwar verweist die Beklagte zutreffend auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in einem Prozess um die Erteilung eines überdurchschnittlichen, „guten“ Zeugnisses (zuletzt BAG 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8). Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Zeugnisinhalt, auf den sich die Parteien in einer Abwicklungsvereinbarung einigen, ihrer gemeinsamen Vorstellung von der ordnungsgemäßen Erfüllung des Zeugnisanspruchs entspricht. Der dem Arbeitnehmer gewährte Vorteil läge allein darin, dass der Arbeitgeber darauf verzichtet, die Berechtigung eines entsprechenden Anspruchs im Falle einer Klageerhebung zu bestreiten. Aus einem solchen Verzicht auf ein Verhalten, das mit den Pflichten zur Rücksichtnahme gem. § 241 Abs. 2 BGB und zur wahrheitsgemäßen Erklärung nach § 138 Abs. 1 ZPO nicht zu vereinbaren sein dürfte, erwächst dem Vertragspartner jedoch kein ihn gegenüber der objektiven Rechtslage materiellrechtlich besser stellender Vorteil. Ein bloß prozessuales Entgegenkommen des Arbeitgebers bei der Durchsetzung des ohnehin bestehenden Zeugnisanspruchs des Arbeitnehmers stellt keine angemessene Kompensation für den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage dar.

27

c) Sonstige Kompensationen für den Klageverzicht sind im Streitfall weder aus der Abwicklungsvereinbarung der Parteien ersichtlich, noch sonst behauptet. Die Verkürzung der Kündigungsfrist um einen Monat ging vielmehr zusätzlich zulasten des Klägers.

28

d) Darauf, ob der Kläger Sonderkündigungsschutz genoss, kommt es im gegebenen Zusammenhang nicht an. Dies wäre allenfalls geeignet, die Unangemessenheit des Klageverzichts zu verstärken.

29

II. Die Kündigung vom 28. Februar 2013 als solche ist unwirksam. Dies kann der Senat selbst entscheiden. Die vorliegende Klage ist - ungeachtet der Regelung des § 4 Satz 4 KSchG - rechtzeitig innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG erhoben worden. Die Kündigung gilt daher nicht gem. § 7 KSchG als von Anfang an wirksam. Sie ist - wie vom Kläger bereits erstinstanzlich innerhalb der Fristen gem. § 4 Satz 1, § 6 Satz 1 KSchG geltend gemacht - nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst.

30

1. Die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG ist gewahrt. Die Kündigung ging dem Kläger am 5. März 2013 zu. Die Kündigungsschutzklage ist am 26. März 2013 beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 5. April 2013 - also „demnächst“ iSv. § 167 ZPO - zugestellt worden.

31

2. Die Kündigung ist gem. § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig.

32

a) Der Kläger hat diesen Unwirksamkeitsgrund bereits erstinstanzlich geltend gemacht. Nach dem in der angefochtenen Entscheidung in Bezug genommen Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils hat er sich ua. darauf berufen, die Kündigung verstoße mangels Zustimmung des Integrationsamts gegen § 85 SGB IX.

33

b) Der Kläger unterfiel im Kündigungszeitpunkt dem besonderen Kündigungsschutz nach § 85 SGB IX. Er war zwar nicht schwerbehindert iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX. Der Grad seiner Behinderung betrug nach dem Bescheid des Niedersächsischen Landesamts vom 19. April 2011 lediglich 30. Er war jedoch mit Wirkung ab dem 5. Mai 2011 gem. § 2 Abs. 3 SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Nach § 85 SGB IX iVm. § 68 Abs. 1 und 3, § 2 Abs. 3 SGB IX bedarf auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Diese lag nicht vor.

34

c) Der Kläger hat sein Recht, sich auf den Sonderkündigungsschutz zu berufen, nicht verwirkt. Selbst wenn die Beklagte von seiner Gleichstellung im Kündigungszeitpunkt noch keine Kenntnis gehabt haben sollte, hätte der Kläger sie darüber - was ausreichend ist - mit (rechtzeitiger) Klageerhebung (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 659/08 - Rn. 16, 21, BAGE 133, 249) nachträglich informiert. Er hat die Beklagte auf seine Gleichstellung in der Klageschrift hingewiesen.

35

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat gem. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Nielebock    

                 

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden. Stellt das Gericht fest, dass die außerordentliche Kündigung unbegründet ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat auf seinen Antrag das Gericht das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzulegen, zu dem die außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde. Die Vorschriften der §§ 10 bis 12 gelten entsprechend.

(2) Verstößt eine Kündigung gegen die guten Sitten, so finden die Vorschriften des § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 und der §§ 10 bis 12 entsprechende Anwendung.

(3) Im Übrigen finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 auf eine Kündigung, die bereits aus anderen als den in § 1 Abs. 2 und 3 bezeichneten Gründen rechtsunwirksam ist, keine Anwendung.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 27. März 2014 - 5 Sa 1099/13 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 6. September 2013 - 1 Ca 65/13 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 nicht aufgelöst worden ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung.

2

Der einem Schwerbehinderten gleichgestellte Kläger war bei der Beklagten seit März 2002 als Fleischer beschäftigt.

3

Nach längerer Erkrankung und erfolgreicher Wiedereingliederung nahm der Kläger am 1. März 2013 seine Arbeit wieder auf. Zuvor hatten er und der Geschäftsführer der Beklagten mehrere Gespräche über eine mögliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt. Deren genauer Inhalt ist zwischen den Parteien streitig geblieben.

4

Am 5. März 2013 übergab der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger ein auf den 28. Februar 2013 datiertes Kündigungsschreiben. Darin hieß es, die Beklagte kündige das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgerecht zum 30. Juni 2013. Zugleich überreichte der Geschäftsführer dem Kläger eine ebenfalls auf den 28. Februar 2013 datierte Abwicklungsvereinbarung, die beide Seiten unterschrieben. Sie lautete auszugsweise:

        

„…    

        

1.    

Arbeitgeberin und Arbeitnehmer sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche und fristgemäße Kündigung vom 28.02.2013 aus betrieblichen Gründen zum 30. Juni 2013 sein Ende finden wird.

        

2.    

Die Arbeitgeberin verpflichtet sich, dem Arbeitnehmer mit Ablauf der Kündigungsfrist ein qualifiziertes Endzeugnis mit guter Leistungs- und Führungsbewertung zu erteilen.

        

3.    

Der Arbeitnehmer bestätigt, dass er diese Erklärung freiwillig unter reiflicher Überlegung geschlossen hat. Er verzichtet hiermit ausdrücklich auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage. Die Arbeitgeberin weist darauf hin, dass sie über etwaige Nachteile beim Bezug von Arbeitslosengeld nicht belehrt hat und hierüber nur die für den Arbeitnehmer zuständige Arbeitsagentur Auskunft erteilen kann.

        

4.    

Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle gegenseitigen Ansprüche aus und im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleich aus welchem Rechtsgrund - ob bekannt oder unbekannt - erledigt.

        

…“    

        
5

Mit Schreiben vom 14. März 2013 erklärte der Kläger „die Anfechtung/den Widerruf“ der Abwicklungsvereinbarung.

6

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat behauptet, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihn über den Inhalt des Abwicklungsvertrags getäuscht. Er habe erklärt, darin seien eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2013, die Zahlung einer Abfindung in Höhe eines Monatsgehalts und die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses ohne sozialversicherungsrechtliche Nachteile vorgesehen gewesen. Hierauf habe er, der Kläger, vertraut und die Vereinbarung unterschrieben, ohne sie zu lesen. Der Kläger hat gemeint, die Vereinbarung sei zudem deshalb unwirksam, weil sie ihn unangemessen benachteilige.

7

Der Kläger hat sinngemäß beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 nicht aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Abwicklungsvereinbarung sei wirksam. Sie sei mit dem Einverständnis des Klägers getroffen worden. Dieser habe selbst Zweifel gehabt, ob er aufgrund seines gesundheitlichen Zustands seine Arbeitsleistung künftig werde erbringen können. Eine unangemessene Benachteiligung des Klägers liege nicht vor. Das vereinbarte Zeugnis stelle die Gegenleistung für den Klageverzicht dar.

9

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat auf sein Recht zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht wirksam verzichtet (I.). Die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 ist gem. § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig (II.).

11

I. Der Verzicht des Klägers auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gem. Ziff. 3 Satz 2 der Abwicklungsvereinbarung der Parteien steht der Zulässigkeit und Begründetheit seiner Kündigungsschutzklage nicht entgegen. Der Klageverzicht ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Abwicklungsvereinbarung auch aufgrund der vom Kläger erklärten Anfechtung gem. § 142 Abs. 1 BGB nichtig ist.

12

1. Die Vorschrift des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Abwicklungsvereinbarung der Parteien und den darin enthaltenen Klageverzicht anwendbar.

13

a) Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB findet § 307 BGB bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese - soweit der Verbraucher auf ihre Formulierung keinen Einfluss nehmen konnte - nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind. Verträge zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Bezug auf das Arbeitsverhältnis sind Verbraucherverträge iSv. § 310 Abs. 3 Eingangshalbs. BGB (für Arbeitsverträge vgl. BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14). Dies gilt für Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über die Bedingungen der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gleichermaßen. Der Arbeitnehmer handelt auch insoweit als Verbraucher iSd. § 13 BGB.

14

b) Da Verbrauchervertrag, ist die Wirksamkeit der Abwicklungsvereinbarung der Parteien gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB anhand von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu beurteilen, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich bei den in ihr enthaltenen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB handelt. Die Vereinbarung wurde zur zumindest einmaligen Verwendung von der Beklagten vorformuliert. Der Kläger konnte auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen.

15

c) Die Überprüfung des in der Vereinbarung enthaltenen Klageverzichts am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob es sich bei dem Verzicht um eine Haupt- oder Nebenabrede des Abwicklungsvertrags handelt, schiede eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann aus, wenn in der Verzichtsabrede keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung läge(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 20 mwN). Mit einem - wie hier - vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärten Klageverzicht ist eine solche Abweichung von Rechtsvorschriften jedoch verbunden (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21 mwN). Abgewichen wird von § 4 Satz 1 ggf. iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Nach diesen Bestimmungen sollen dem Arbeitnehmer drei Wochen Zeit für die Überlegung zur Verfügung stehen, ob er Kündigungsschutzklage erheben will (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - aaO; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 30 - 32, BAGE 124, 59).

16

2. Ein vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärter formularmäßiger Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist ohne eine ihn kompensierende Gegenleistung des Arbeitgebers wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 22, 24; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 37, BAGE 124, 59). Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer in einer vorformulierten Erklärung ohne jegliche Gegenleistung auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet hat. Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist mit einem solchen Verzicht vielmehr auch dann verbunden, wenn der Arbeitnehmer für seinen Verzicht keineangemessene Kompensation erhält.

17

a) Der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage vor Ablauf der Klagefrist schränkt die Rechte des Arbeitnehmers nach dem Kündigungsschutzgesetz erheblich ein. § 4 Satz 1 und § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes sind das Ergebnis einer Abwägung zwischen den gegenläufigen grundrechtlichen Positionen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelungen sind ein Ausgleich zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers an einem effektiven Bestandsschutz bei unwirksamer Kündigung und dem Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Gewissheit darüber, ob die Kündigung gerichtlich angegriffen wird oder er mit ihrer Rechtsbeständigkeit rechnen kann (vgl. BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21; 28. Januar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 31, BAGE 133, 149). Verglichen mit der gesetzlich eingeräumten dreiwöchigen Frist zur Klageerhebung stellt der vorzeitige Verzicht auf das Recht, den Schutz vor einer ungerechtfertigten Kündigung gerichtlich geltend machen zu können, eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtsposition des Arbeitnehmers dar. In ihm liegt für sich genommen eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

18

b) Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kann allerdings zu verneinen sein, wenn dem Arbeitnehmer an anderer Stelle vertraglich ein Vorteil gewährt wird. Dabei müssen Vor- und Nachteile in einem inneren Zusammenhang stehen (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 45, BAGE 143, 62; BGH 29. November 2002 - V ZR 105/02 - zu II 4 b der Gründe, BGHZ 153, 93). Der gewährte Vorteil muss das durch die benachteiligende Vertragsbestimmung beeinträchtigte Interesse stärken. Er muss außerdem von einem solchen Gewicht sein, dass er einen angemessenen Ausgleich für die Beeinträchtigung darstellt (MüKo-BGB/Wurmnest 6. Aufl. § 307 Rn. 36; Däubler/Bonin/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 95; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 151). Insofern bedarf es einer Abwägung zwischen dem vereinbarten Nachteil einerseits und dem gewährten Vorteil andererseits (aA Worzalla SAE 2009, 31, 34).

19

c) Die Bedenken gegen das Erfordernis einer solchen Abwägung, sie sei angesichts der potentiell zu berücksichtigenden Faktoren nicht praktikabel (vgl. Krets FS Bauer S. 601, 608) oder laufe darauf hinaus, den „Preis“ eines Arbeitnehmers zu bestimmen (so Rolfs FS Reuter S. 825, 835), greifen nicht durch. Die Angemessenheit eines für eine Benachteiligung gewährten Ausgleichs kann anders nicht festgestellt werden. Die Prüfung der Unangemessenheit einer Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Frage gerichtet, ob der Verwender durch seine Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen(BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 14, BAGE 129, 121; BGH 17. September 2009 - III ZR 207/08 - Rn. 18). Zur Beurteilung bedarf es einer umfassenden Würdigung ua. der auf beiden Seiten anzuerkennenden, typischerweise berührten Interessen (BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - aaO; BGH 24. März 2010 - VIII ZR 178/08 - Rn. 26, BGHZ 185, 96). Auch die Angemessenheit einer Kompensation ist damit grundsätzlich nach einem generellen und typisierenden, vom Einzelfall losgelösten Maßstab zu prüfen. Bei Verbraucherverträgen sind gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ggf. außerdem die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

20

3. Im Streitfall fehlt es an einer angemessenen Kompensation für den Klageverzicht in Ziff. 3 Satz 2 der Abwicklungsvereinbarung. Die Beklagte hat dem Kläger im Zusammenhang mit seinem Verzicht keinen Vorteil gewährt, der als angemessener Ausgleich für die damit verbundene Benachteiligung angesehen werden könnte.

21

a) Die Beklagte hat geltend gemacht, die von ihr eingegangene Verpflichtung zur Erteilung eines „guten“ Zeugnisses gem. Ziff. 2 der Abwicklungsvereinbarung stelle eine solche Gegenleistung dar.

22

b) Dies trifft nicht zu. Es kann dahinstehen, ob nicht der Umstand, dass die Vereinbarung über das Zeugnis eine Kompensation für den Klageverzicht darstellen soll, aus der Vereinbarung selbst ersichtlich sein müsste. Dafür könnte sprechen, dass sich dies - anders als etwa bei der Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes - nicht schon aus dem Sachzusammenhang selbst ergibt. Die in einer Abwicklungsvereinbarung vom Arbeitgeber übernommene Verpflichtung, dem Arbeitnehmer ein Zeugnis mit einer näher bestimmten (überdurchschnittlichen) Leistungs- und Führungsbeurteilung zu erteilen, stellt jedenfalls keinen Vorteil dar, der geeignet wäre, den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage auszugleichen.

23

aa) Ein Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber gem. § 109 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 GewO einen gesetzlichen Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis. Die Einigung in einer Abwicklungsvereinbarung darüber, dass der Arbeitgeber ein entsprechendes Zeugnis erteilen wird, dient damit zunächst einmal der Erfüllung dieses Anspruchs. In der vertraglichen Bekräftigung eines ohnehin bestehenden Anspruchs wiederum liegt keine kompensierende Gewährung eines Vorteils. Auch soweit die Parteien der Vereinbarung klarstellen, mit welchem Inhalt das Zeugnis erteilt werden soll, liegt darin kein spezifischer Vorteil für den Arbeitnehmer. Eine Einigung über den Inhalt eines zu erteilenden Zeugnisses ist vielmehr typischerweise für beide Seiten gleichermaßen von Nutzen. Dadurch kann in ihrer beider Interesse ein Rechtsstreit über die korrekte Erfüllung des Zeugnisanspruchs vermieden werden.

24

bb) Etwas anderes gilt in der Regel auch dann nicht, wenn sich der Arbeitgeber - wie hier - verpflichtet, ein Zeugnis mit einer „guten“ und damit überdurchschnittlichen Beurteilung (vgl. BAG 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8) von Leistung und/oder Verhalten des Arbeitnehmers zu erteilen.

25

(1) Auch in diesem Fall ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber lediglich den gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllen will. Ohne besondere Anhaltspunkte kann nicht angenommen werden, er wolle sich - uU zulasten Dritter - zu einer Beurteilung verpflichten, die den Tatsachen nicht entspricht und von seinem Beurteilungsspielraum nicht mehr gedeckt ist. Vielmehr ist grundsätzlich zu unterstellen, dass sich eine Vertragspartei rechtmäßig verhalten und deshalb keine Verpflichtung zu rechtswidrigem Handeln eingehen will. Auch mit der Verständigung auf ein überdurchschnittliches, „gutes“ Zeugnis will der Arbeitgeber dann typischerweise nur seine gesetzlichen Pflichten erfüllen. Im Übrigen erschiene die Eingehung der Verpflichtung, ein objektiv unzutreffendes, „zu gutes“ Zeugnis zu erteilen, rechtlich zumindest bedenklich und stellte aus diesem Grund ebenfalls keinen angemessenen Vorteil für den Arbeitnehmer dar.

26

(2) Soweit sich die Beklagte darauf beruft, sie habe dem Kläger mit der Einigung über den Inhalt des ihm zu erteilenden Zeugnisses deshalb einen Vorteil gewährt, weil sie ihm dadurch die Mühe erspart habe, es in einem Rechtsstreit durchzusetzen, in welchem die Darlegungs- und Beweislast für die Berechtigung einer überdurchschnittlichen Bewertung ihm obläge, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Zwar verweist die Beklagte zutreffend auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in einem Prozess um die Erteilung eines überdurchschnittlichen, „guten“ Zeugnisses (zuletzt BAG 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8). Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Zeugnisinhalt, auf den sich die Parteien in einer Abwicklungsvereinbarung einigen, ihrer gemeinsamen Vorstellung von der ordnungsgemäßen Erfüllung des Zeugnisanspruchs entspricht. Der dem Arbeitnehmer gewährte Vorteil läge allein darin, dass der Arbeitgeber darauf verzichtet, die Berechtigung eines entsprechenden Anspruchs im Falle einer Klageerhebung zu bestreiten. Aus einem solchen Verzicht auf ein Verhalten, das mit den Pflichten zur Rücksichtnahme gem. § 241 Abs. 2 BGB und zur wahrheitsgemäßen Erklärung nach § 138 Abs. 1 ZPO nicht zu vereinbaren sein dürfte, erwächst dem Vertragspartner jedoch kein ihn gegenüber der objektiven Rechtslage materiellrechtlich besser stellender Vorteil. Ein bloß prozessuales Entgegenkommen des Arbeitgebers bei der Durchsetzung des ohnehin bestehenden Zeugnisanspruchs des Arbeitnehmers stellt keine angemessene Kompensation für den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage dar.

27

c) Sonstige Kompensationen für den Klageverzicht sind im Streitfall weder aus der Abwicklungsvereinbarung der Parteien ersichtlich, noch sonst behauptet. Die Verkürzung der Kündigungsfrist um einen Monat ging vielmehr zusätzlich zulasten des Klägers.

28

d) Darauf, ob der Kläger Sonderkündigungsschutz genoss, kommt es im gegebenen Zusammenhang nicht an. Dies wäre allenfalls geeignet, die Unangemessenheit des Klageverzichts zu verstärken.

29

II. Die Kündigung vom 28. Februar 2013 als solche ist unwirksam. Dies kann der Senat selbst entscheiden. Die vorliegende Klage ist - ungeachtet der Regelung des § 4 Satz 4 KSchG - rechtzeitig innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG erhoben worden. Die Kündigung gilt daher nicht gem. § 7 KSchG als von Anfang an wirksam. Sie ist - wie vom Kläger bereits erstinstanzlich innerhalb der Fristen gem. § 4 Satz 1, § 6 Satz 1 KSchG geltend gemacht - nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst.

30

1. Die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG ist gewahrt. Die Kündigung ging dem Kläger am 5. März 2013 zu. Die Kündigungsschutzklage ist am 26. März 2013 beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 5. April 2013 - also „demnächst“ iSv. § 167 ZPO - zugestellt worden.

31

2. Die Kündigung ist gem. § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig.

32

a) Der Kläger hat diesen Unwirksamkeitsgrund bereits erstinstanzlich geltend gemacht. Nach dem in der angefochtenen Entscheidung in Bezug genommen Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils hat er sich ua. darauf berufen, die Kündigung verstoße mangels Zustimmung des Integrationsamts gegen § 85 SGB IX.

33

b) Der Kläger unterfiel im Kündigungszeitpunkt dem besonderen Kündigungsschutz nach § 85 SGB IX. Er war zwar nicht schwerbehindert iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX. Der Grad seiner Behinderung betrug nach dem Bescheid des Niedersächsischen Landesamts vom 19. April 2011 lediglich 30. Er war jedoch mit Wirkung ab dem 5. Mai 2011 gem. § 2 Abs. 3 SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Nach § 85 SGB IX iVm. § 68 Abs. 1 und 3, § 2 Abs. 3 SGB IX bedarf auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Diese lag nicht vor.

34

c) Der Kläger hat sein Recht, sich auf den Sonderkündigungsschutz zu berufen, nicht verwirkt. Selbst wenn die Beklagte von seiner Gleichstellung im Kündigungszeitpunkt noch keine Kenntnis gehabt haben sollte, hätte der Kläger sie darüber - was ausreichend ist - mit (rechtzeitiger) Klageerhebung (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 659/08 - Rn. 16, 21, BAGE 133, 249) nachträglich informiert. Er hat die Beklagte auf seine Gleichstellung in der Klageschrift hingewiesen.

35

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat gem. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Nielebock    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 27. März 2014 - 5 Sa 1099/13 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 6. September 2013 - 1 Ca 65/13 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 nicht aufgelöst worden ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung.

2

Der einem Schwerbehinderten gleichgestellte Kläger war bei der Beklagten seit März 2002 als Fleischer beschäftigt.

3

Nach längerer Erkrankung und erfolgreicher Wiedereingliederung nahm der Kläger am 1. März 2013 seine Arbeit wieder auf. Zuvor hatten er und der Geschäftsführer der Beklagten mehrere Gespräche über eine mögliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt. Deren genauer Inhalt ist zwischen den Parteien streitig geblieben.

4

Am 5. März 2013 übergab der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger ein auf den 28. Februar 2013 datiertes Kündigungsschreiben. Darin hieß es, die Beklagte kündige das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgerecht zum 30. Juni 2013. Zugleich überreichte der Geschäftsführer dem Kläger eine ebenfalls auf den 28. Februar 2013 datierte Abwicklungsvereinbarung, die beide Seiten unterschrieben. Sie lautete auszugsweise:

        

„…    

        

1.    

Arbeitgeberin und Arbeitnehmer sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche und fristgemäße Kündigung vom 28.02.2013 aus betrieblichen Gründen zum 30. Juni 2013 sein Ende finden wird.

        

2.    

Die Arbeitgeberin verpflichtet sich, dem Arbeitnehmer mit Ablauf der Kündigungsfrist ein qualifiziertes Endzeugnis mit guter Leistungs- und Führungsbewertung zu erteilen.

        

3.    

Der Arbeitnehmer bestätigt, dass er diese Erklärung freiwillig unter reiflicher Überlegung geschlossen hat. Er verzichtet hiermit ausdrücklich auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage. Die Arbeitgeberin weist darauf hin, dass sie über etwaige Nachteile beim Bezug von Arbeitslosengeld nicht belehrt hat und hierüber nur die für den Arbeitnehmer zuständige Arbeitsagentur Auskunft erteilen kann.

        

4.    

Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle gegenseitigen Ansprüche aus und im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleich aus welchem Rechtsgrund - ob bekannt oder unbekannt - erledigt.

        

…“    

        
5

Mit Schreiben vom 14. März 2013 erklärte der Kläger „die Anfechtung/den Widerruf“ der Abwicklungsvereinbarung.

6

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat behauptet, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihn über den Inhalt des Abwicklungsvertrags getäuscht. Er habe erklärt, darin seien eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2013, die Zahlung einer Abfindung in Höhe eines Monatsgehalts und die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses ohne sozialversicherungsrechtliche Nachteile vorgesehen gewesen. Hierauf habe er, der Kläger, vertraut und die Vereinbarung unterschrieben, ohne sie zu lesen. Der Kläger hat gemeint, die Vereinbarung sei zudem deshalb unwirksam, weil sie ihn unangemessen benachteilige.

7

Der Kläger hat sinngemäß beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 nicht aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Abwicklungsvereinbarung sei wirksam. Sie sei mit dem Einverständnis des Klägers getroffen worden. Dieser habe selbst Zweifel gehabt, ob er aufgrund seines gesundheitlichen Zustands seine Arbeitsleistung künftig werde erbringen können. Eine unangemessene Benachteiligung des Klägers liege nicht vor. Das vereinbarte Zeugnis stelle die Gegenleistung für den Klageverzicht dar.

9

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat auf sein Recht zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht wirksam verzichtet (I.). Die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 ist gem. § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig (II.).

11

I. Der Verzicht des Klägers auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gem. Ziff. 3 Satz 2 der Abwicklungsvereinbarung der Parteien steht der Zulässigkeit und Begründetheit seiner Kündigungsschutzklage nicht entgegen. Der Klageverzicht ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Abwicklungsvereinbarung auch aufgrund der vom Kläger erklärten Anfechtung gem. § 142 Abs. 1 BGB nichtig ist.

12

1. Die Vorschrift des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Abwicklungsvereinbarung der Parteien und den darin enthaltenen Klageverzicht anwendbar.

13

a) Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB findet § 307 BGB bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese - soweit der Verbraucher auf ihre Formulierung keinen Einfluss nehmen konnte - nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind. Verträge zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Bezug auf das Arbeitsverhältnis sind Verbraucherverträge iSv. § 310 Abs. 3 Eingangshalbs. BGB (für Arbeitsverträge vgl. BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14). Dies gilt für Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über die Bedingungen der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gleichermaßen. Der Arbeitnehmer handelt auch insoweit als Verbraucher iSd. § 13 BGB.

14

b) Da Verbrauchervertrag, ist die Wirksamkeit der Abwicklungsvereinbarung der Parteien gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB anhand von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu beurteilen, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich bei den in ihr enthaltenen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB handelt. Die Vereinbarung wurde zur zumindest einmaligen Verwendung von der Beklagten vorformuliert. Der Kläger konnte auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen.

15

c) Die Überprüfung des in der Vereinbarung enthaltenen Klageverzichts am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob es sich bei dem Verzicht um eine Haupt- oder Nebenabrede des Abwicklungsvertrags handelt, schiede eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann aus, wenn in der Verzichtsabrede keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung läge(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 20 mwN). Mit einem - wie hier - vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärten Klageverzicht ist eine solche Abweichung von Rechtsvorschriften jedoch verbunden (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21 mwN). Abgewichen wird von § 4 Satz 1 ggf. iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Nach diesen Bestimmungen sollen dem Arbeitnehmer drei Wochen Zeit für die Überlegung zur Verfügung stehen, ob er Kündigungsschutzklage erheben will (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - aaO; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 30 - 32, BAGE 124, 59).

16

2. Ein vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärter formularmäßiger Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist ohne eine ihn kompensierende Gegenleistung des Arbeitgebers wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 22, 24; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 37, BAGE 124, 59). Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer in einer vorformulierten Erklärung ohne jegliche Gegenleistung auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet hat. Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist mit einem solchen Verzicht vielmehr auch dann verbunden, wenn der Arbeitnehmer für seinen Verzicht keineangemessene Kompensation erhält.

17

a) Der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage vor Ablauf der Klagefrist schränkt die Rechte des Arbeitnehmers nach dem Kündigungsschutzgesetz erheblich ein. § 4 Satz 1 und § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes sind das Ergebnis einer Abwägung zwischen den gegenläufigen grundrechtlichen Positionen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelungen sind ein Ausgleich zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers an einem effektiven Bestandsschutz bei unwirksamer Kündigung und dem Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Gewissheit darüber, ob die Kündigung gerichtlich angegriffen wird oder er mit ihrer Rechtsbeständigkeit rechnen kann (vgl. BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21; 28. Januar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 31, BAGE 133, 149). Verglichen mit der gesetzlich eingeräumten dreiwöchigen Frist zur Klageerhebung stellt der vorzeitige Verzicht auf das Recht, den Schutz vor einer ungerechtfertigten Kündigung gerichtlich geltend machen zu können, eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtsposition des Arbeitnehmers dar. In ihm liegt für sich genommen eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

18

b) Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kann allerdings zu verneinen sein, wenn dem Arbeitnehmer an anderer Stelle vertraglich ein Vorteil gewährt wird. Dabei müssen Vor- und Nachteile in einem inneren Zusammenhang stehen (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 45, BAGE 143, 62; BGH 29. November 2002 - V ZR 105/02 - zu II 4 b der Gründe, BGHZ 153, 93). Der gewährte Vorteil muss das durch die benachteiligende Vertragsbestimmung beeinträchtigte Interesse stärken. Er muss außerdem von einem solchen Gewicht sein, dass er einen angemessenen Ausgleich für die Beeinträchtigung darstellt (MüKo-BGB/Wurmnest 6. Aufl. § 307 Rn. 36; Däubler/Bonin/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 95; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 151). Insofern bedarf es einer Abwägung zwischen dem vereinbarten Nachteil einerseits und dem gewährten Vorteil andererseits (aA Worzalla SAE 2009, 31, 34).

19

c) Die Bedenken gegen das Erfordernis einer solchen Abwägung, sie sei angesichts der potentiell zu berücksichtigenden Faktoren nicht praktikabel (vgl. Krets FS Bauer S. 601, 608) oder laufe darauf hinaus, den „Preis“ eines Arbeitnehmers zu bestimmen (so Rolfs FS Reuter S. 825, 835), greifen nicht durch. Die Angemessenheit eines für eine Benachteiligung gewährten Ausgleichs kann anders nicht festgestellt werden. Die Prüfung der Unangemessenheit einer Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Frage gerichtet, ob der Verwender durch seine Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen(BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 14, BAGE 129, 121; BGH 17. September 2009 - III ZR 207/08 - Rn. 18). Zur Beurteilung bedarf es einer umfassenden Würdigung ua. der auf beiden Seiten anzuerkennenden, typischerweise berührten Interessen (BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - aaO; BGH 24. März 2010 - VIII ZR 178/08 - Rn. 26, BGHZ 185, 96). Auch die Angemessenheit einer Kompensation ist damit grundsätzlich nach einem generellen und typisierenden, vom Einzelfall losgelösten Maßstab zu prüfen. Bei Verbraucherverträgen sind gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ggf. außerdem die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

20

3. Im Streitfall fehlt es an einer angemessenen Kompensation für den Klageverzicht in Ziff. 3 Satz 2 der Abwicklungsvereinbarung. Die Beklagte hat dem Kläger im Zusammenhang mit seinem Verzicht keinen Vorteil gewährt, der als angemessener Ausgleich für die damit verbundene Benachteiligung angesehen werden könnte.

21

a) Die Beklagte hat geltend gemacht, die von ihr eingegangene Verpflichtung zur Erteilung eines „guten“ Zeugnisses gem. Ziff. 2 der Abwicklungsvereinbarung stelle eine solche Gegenleistung dar.

22

b) Dies trifft nicht zu. Es kann dahinstehen, ob nicht der Umstand, dass die Vereinbarung über das Zeugnis eine Kompensation für den Klageverzicht darstellen soll, aus der Vereinbarung selbst ersichtlich sein müsste. Dafür könnte sprechen, dass sich dies - anders als etwa bei der Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes - nicht schon aus dem Sachzusammenhang selbst ergibt. Die in einer Abwicklungsvereinbarung vom Arbeitgeber übernommene Verpflichtung, dem Arbeitnehmer ein Zeugnis mit einer näher bestimmten (überdurchschnittlichen) Leistungs- und Führungsbeurteilung zu erteilen, stellt jedenfalls keinen Vorteil dar, der geeignet wäre, den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage auszugleichen.

23

aa) Ein Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber gem. § 109 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 GewO einen gesetzlichen Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis. Die Einigung in einer Abwicklungsvereinbarung darüber, dass der Arbeitgeber ein entsprechendes Zeugnis erteilen wird, dient damit zunächst einmal der Erfüllung dieses Anspruchs. In der vertraglichen Bekräftigung eines ohnehin bestehenden Anspruchs wiederum liegt keine kompensierende Gewährung eines Vorteils. Auch soweit die Parteien der Vereinbarung klarstellen, mit welchem Inhalt das Zeugnis erteilt werden soll, liegt darin kein spezifischer Vorteil für den Arbeitnehmer. Eine Einigung über den Inhalt eines zu erteilenden Zeugnisses ist vielmehr typischerweise für beide Seiten gleichermaßen von Nutzen. Dadurch kann in ihrer beider Interesse ein Rechtsstreit über die korrekte Erfüllung des Zeugnisanspruchs vermieden werden.

24

bb) Etwas anderes gilt in der Regel auch dann nicht, wenn sich der Arbeitgeber - wie hier - verpflichtet, ein Zeugnis mit einer „guten“ und damit überdurchschnittlichen Beurteilung (vgl. BAG 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8) von Leistung und/oder Verhalten des Arbeitnehmers zu erteilen.

25

(1) Auch in diesem Fall ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber lediglich den gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllen will. Ohne besondere Anhaltspunkte kann nicht angenommen werden, er wolle sich - uU zulasten Dritter - zu einer Beurteilung verpflichten, die den Tatsachen nicht entspricht und von seinem Beurteilungsspielraum nicht mehr gedeckt ist. Vielmehr ist grundsätzlich zu unterstellen, dass sich eine Vertragspartei rechtmäßig verhalten und deshalb keine Verpflichtung zu rechtswidrigem Handeln eingehen will. Auch mit der Verständigung auf ein überdurchschnittliches, „gutes“ Zeugnis will der Arbeitgeber dann typischerweise nur seine gesetzlichen Pflichten erfüllen. Im Übrigen erschiene die Eingehung der Verpflichtung, ein objektiv unzutreffendes, „zu gutes“ Zeugnis zu erteilen, rechtlich zumindest bedenklich und stellte aus diesem Grund ebenfalls keinen angemessenen Vorteil für den Arbeitnehmer dar.

26

(2) Soweit sich die Beklagte darauf beruft, sie habe dem Kläger mit der Einigung über den Inhalt des ihm zu erteilenden Zeugnisses deshalb einen Vorteil gewährt, weil sie ihm dadurch die Mühe erspart habe, es in einem Rechtsstreit durchzusetzen, in welchem die Darlegungs- und Beweislast für die Berechtigung einer überdurchschnittlichen Bewertung ihm obläge, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Zwar verweist die Beklagte zutreffend auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in einem Prozess um die Erteilung eines überdurchschnittlichen, „guten“ Zeugnisses (zuletzt BAG 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8). Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Zeugnisinhalt, auf den sich die Parteien in einer Abwicklungsvereinbarung einigen, ihrer gemeinsamen Vorstellung von der ordnungsgemäßen Erfüllung des Zeugnisanspruchs entspricht. Der dem Arbeitnehmer gewährte Vorteil läge allein darin, dass der Arbeitgeber darauf verzichtet, die Berechtigung eines entsprechenden Anspruchs im Falle einer Klageerhebung zu bestreiten. Aus einem solchen Verzicht auf ein Verhalten, das mit den Pflichten zur Rücksichtnahme gem. § 241 Abs. 2 BGB und zur wahrheitsgemäßen Erklärung nach § 138 Abs. 1 ZPO nicht zu vereinbaren sein dürfte, erwächst dem Vertragspartner jedoch kein ihn gegenüber der objektiven Rechtslage materiellrechtlich besser stellender Vorteil. Ein bloß prozessuales Entgegenkommen des Arbeitgebers bei der Durchsetzung des ohnehin bestehenden Zeugnisanspruchs des Arbeitnehmers stellt keine angemessene Kompensation für den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage dar.

27

c) Sonstige Kompensationen für den Klageverzicht sind im Streitfall weder aus der Abwicklungsvereinbarung der Parteien ersichtlich, noch sonst behauptet. Die Verkürzung der Kündigungsfrist um einen Monat ging vielmehr zusätzlich zulasten des Klägers.

28

d) Darauf, ob der Kläger Sonderkündigungsschutz genoss, kommt es im gegebenen Zusammenhang nicht an. Dies wäre allenfalls geeignet, die Unangemessenheit des Klageverzichts zu verstärken.

29

II. Die Kündigung vom 28. Februar 2013 als solche ist unwirksam. Dies kann der Senat selbst entscheiden. Die vorliegende Klage ist - ungeachtet der Regelung des § 4 Satz 4 KSchG - rechtzeitig innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG erhoben worden. Die Kündigung gilt daher nicht gem. § 7 KSchG als von Anfang an wirksam. Sie ist - wie vom Kläger bereits erstinstanzlich innerhalb der Fristen gem. § 4 Satz 1, § 6 Satz 1 KSchG geltend gemacht - nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst.

30

1. Die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG ist gewahrt. Die Kündigung ging dem Kläger am 5. März 2013 zu. Die Kündigungsschutzklage ist am 26. März 2013 beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 5. April 2013 - also „demnächst“ iSv. § 167 ZPO - zugestellt worden.

31

2. Die Kündigung ist gem. § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig.

32

a) Der Kläger hat diesen Unwirksamkeitsgrund bereits erstinstanzlich geltend gemacht. Nach dem in der angefochtenen Entscheidung in Bezug genommen Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils hat er sich ua. darauf berufen, die Kündigung verstoße mangels Zustimmung des Integrationsamts gegen § 85 SGB IX.

33

b) Der Kläger unterfiel im Kündigungszeitpunkt dem besonderen Kündigungsschutz nach § 85 SGB IX. Er war zwar nicht schwerbehindert iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX. Der Grad seiner Behinderung betrug nach dem Bescheid des Niedersächsischen Landesamts vom 19. April 2011 lediglich 30. Er war jedoch mit Wirkung ab dem 5. Mai 2011 gem. § 2 Abs. 3 SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Nach § 85 SGB IX iVm. § 68 Abs. 1 und 3, § 2 Abs. 3 SGB IX bedarf auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Diese lag nicht vor.

34

c) Der Kläger hat sein Recht, sich auf den Sonderkündigungsschutz zu berufen, nicht verwirkt. Selbst wenn die Beklagte von seiner Gleichstellung im Kündigungszeitpunkt noch keine Kenntnis gehabt haben sollte, hätte der Kläger sie darüber - was ausreichend ist - mit (rechtzeitiger) Klageerhebung (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 659/08 - Rn. 16, 21, BAGE 133, 249) nachträglich informiert. Er hat die Beklagte auf seine Gleichstellung in der Klageschrift hingewiesen.

35

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat gem. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Nielebock    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 27. März 2014 - 5 Sa 1099/13 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 6. September 2013 - 1 Ca 65/13 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 nicht aufgelöst worden ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung.

2

Der einem Schwerbehinderten gleichgestellte Kläger war bei der Beklagten seit März 2002 als Fleischer beschäftigt.

3

Nach längerer Erkrankung und erfolgreicher Wiedereingliederung nahm der Kläger am 1. März 2013 seine Arbeit wieder auf. Zuvor hatten er und der Geschäftsführer der Beklagten mehrere Gespräche über eine mögliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt. Deren genauer Inhalt ist zwischen den Parteien streitig geblieben.

4

Am 5. März 2013 übergab der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger ein auf den 28. Februar 2013 datiertes Kündigungsschreiben. Darin hieß es, die Beklagte kündige das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgerecht zum 30. Juni 2013. Zugleich überreichte der Geschäftsführer dem Kläger eine ebenfalls auf den 28. Februar 2013 datierte Abwicklungsvereinbarung, die beide Seiten unterschrieben. Sie lautete auszugsweise:

        

„…    

        

1.    

Arbeitgeberin und Arbeitnehmer sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche und fristgemäße Kündigung vom 28.02.2013 aus betrieblichen Gründen zum 30. Juni 2013 sein Ende finden wird.

        

2.    

Die Arbeitgeberin verpflichtet sich, dem Arbeitnehmer mit Ablauf der Kündigungsfrist ein qualifiziertes Endzeugnis mit guter Leistungs- und Führungsbewertung zu erteilen.

        

3.    

Der Arbeitnehmer bestätigt, dass er diese Erklärung freiwillig unter reiflicher Überlegung geschlossen hat. Er verzichtet hiermit ausdrücklich auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage. Die Arbeitgeberin weist darauf hin, dass sie über etwaige Nachteile beim Bezug von Arbeitslosengeld nicht belehrt hat und hierüber nur die für den Arbeitnehmer zuständige Arbeitsagentur Auskunft erteilen kann.

        

4.    

Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle gegenseitigen Ansprüche aus und im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleich aus welchem Rechtsgrund - ob bekannt oder unbekannt - erledigt.

        

…“    

        
5

Mit Schreiben vom 14. März 2013 erklärte der Kläger „die Anfechtung/den Widerruf“ der Abwicklungsvereinbarung.

6

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat behauptet, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihn über den Inhalt des Abwicklungsvertrags getäuscht. Er habe erklärt, darin seien eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2013, die Zahlung einer Abfindung in Höhe eines Monatsgehalts und die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses ohne sozialversicherungsrechtliche Nachteile vorgesehen gewesen. Hierauf habe er, der Kläger, vertraut und die Vereinbarung unterschrieben, ohne sie zu lesen. Der Kläger hat gemeint, die Vereinbarung sei zudem deshalb unwirksam, weil sie ihn unangemessen benachteilige.

7

Der Kläger hat sinngemäß beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 nicht aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Abwicklungsvereinbarung sei wirksam. Sie sei mit dem Einverständnis des Klägers getroffen worden. Dieser habe selbst Zweifel gehabt, ob er aufgrund seines gesundheitlichen Zustands seine Arbeitsleistung künftig werde erbringen können. Eine unangemessene Benachteiligung des Klägers liege nicht vor. Das vereinbarte Zeugnis stelle die Gegenleistung für den Klageverzicht dar.

9

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat auf sein Recht zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht wirksam verzichtet (I.). Die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 ist gem. § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig (II.).

11

I. Der Verzicht des Klägers auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gem. Ziff. 3 Satz 2 der Abwicklungsvereinbarung der Parteien steht der Zulässigkeit und Begründetheit seiner Kündigungsschutzklage nicht entgegen. Der Klageverzicht ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Abwicklungsvereinbarung auch aufgrund der vom Kläger erklärten Anfechtung gem. § 142 Abs. 1 BGB nichtig ist.

12

1. Die Vorschrift des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Abwicklungsvereinbarung der Parteien und den darin enthaltenen Klageverzicht anwendbar.

13

a) Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB findet § 307 BGB bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese - soweit der Verbraucher auf ihre Formulierung keinen Einfluss nehmen konnte - nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind. Verträge zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Bezug auf das Arbeitsverhältnis sind Verbraucherverträge iSv. § 310 Abs. 3 Eingangshalbs. BGB (für Arbeitsverträge vgl. BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14). Dies gilt für Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über die Bedingungen der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gleichermaßen. Der Arbeitnehmer handelt auch insoweit als Verbraucher iSd. § 13 BGB.

14

b) Da Verbrauchervertrag, ist die Wirksamkeit der Abwicklungsvereinbarung der Parteien gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB anhand von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu beurteilen, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich bei den in ihr enthaltenen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB handelt. Die Vereinbarung wurde zur zumindest einmaligen Verwendung von der Beklagten vorformuliert. Der Kläger konnte auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen.

15

c) Die Überprüfung des in der Vereinbarung enthaltenen Klageverzichts am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob es sich bei dem Verzicht um eine Haupt- oder Nebenabrede des Abwicklungsvertrags handelt, schiede eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann aus, wenn in der Verzichtsabrede keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung läge(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 20 mwN). Mit einem - wie hier - vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärten Klageverzicht ist eine solche Abweichung von Rechtsvorschriften jedoch verbunden (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21 mwN). Abgewichen wird von § 4 Satz 1 ggf. iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Nach diesen Bestimmungen sollen dem Arbeitnehmer drei Wochen Zeit für die Überlegung zur Verfügung stehen, ob er Kündigungsschutzklage erheben will (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - aaO; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 30 - 32, BAGE 124, 59).

16

2. Ein vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärter formularmäßiger Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist ohne eine ihn kompensierende Gegenleistung des Arbeitgebers wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 22, 24; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 37, BAGE 124, 59). Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer in einer vorformulierten Erklärung ohne jegliche Gegenleistung auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet hat. Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist mit einem solchen Verzicht vielmehr auch dann verbunden, wenn der Arbeitnehmer für seinen Verzicht keineangemessene Kompensation erhält.

17

a) Der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage vor Ablauf der Klagefrist schränkt die Rechte des Arbeitnehmers nach dem Kündigungsschutzgesetz erheblich ein. § 4 Satz 1 und § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes sind das Ergebnis einer Abwägung zwischen den gegenläufigen grundrechtlichen Positionen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelungen sind ein Ausgleich zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers an einem effektiven Bestandsschutz bei unwirksamer Kündigung und dem Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Gewissheit darüber, ob die Kündigung gerichtlich angegriffen wird oder er mit ihrer Rechtsbeständigkeit rechnen kann (vgl. BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21; 28. Januar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 31, BAGE 133, 149). Verglichen mit der gesetzlich eingeräumten dreiwöchigen Frist zur Klageerhebung stellt der vorzeitige Verzicht auf das Recht, den Schutz vor einer ungerechtfertigten Kündigung gerichtlich geltend machen zu können, eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtsposition des Arbeitnehmers dar. In ihm liegt für sich genommen eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

18

b) Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kann allerdings zu verneinen sein, wenn dem Arbeitnehmer an anderer Stelle vertraglich ein Vorteil gewährt wird. Dabei müssen Vor- und Nachteile in einem inneren Zusammenhang stehen (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 45, BAGE 143, 62; BGH 29. November 2002 - V ZR 105/02 - zu II 4 b der Gründe, BGHZ 153, 93). Der gewährte Vorteil muss das durch die benachteiligende Vertragsbestimmung beeinträchtigte Interesse stärken. Er muss außerdem von einem solchen Gewicht sein, dass er einen angemessenen Ausgleich für die Beeinträchtigung darstellt (MüKo-BGB/Wurmnest 6. Aufl. § 307 Rn. 36; Däubler/Bonin/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 95; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 151). Insofern bedarf es einer Abwägung zwischen dem vereinbarten Nachteil einerseits und dem gewährten Vorteil andererseits (aA Worzalla SAE 2009, 31, 34).

19

c) Die Bedenken gegen das Erfordernis einer solchen Abwägung, sie sei angesichts der potentiell zu berücksichtigenden Faktoren nicht praktikabel (vgl. Krets FS Bauer S. 601, 608) oder laufe darauf hinaus, den „Preis“ eines Arbeitnehmers zu bestimmen (so Rolfs FS Reuter S. 825, 835), greifen nicht durch. Die Angemessenheit eines für eine Benachteiligung gewährten Ausgleichs kann anders nicht festgestellt werden. Die Prüfung der Unangemessenheit einer Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Frage gerichtet, ob der Verwender durch seine Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen(BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 14, BAGE 129, 121; BGH 17. September 2009 - III ZR 207/08 - Rn. 18). Zur Beurteilung bedarf es einer umfassenden Würdigung ua. der auf beiden Seiten anzuerkennenden, typischerweise berührten Interessen (BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - aaO; BGH 24. März 2010 - VIII ZR 178/08 - Rn. 26, BGHZ 185, 96). Auch die Angemessenheit einer Kompensation ist damit grundsätzlich nach einem generellen und typisierenden, vom Einzelfall losgelösten Maßstab zu prüfen. Bei Verbraucherverträgen sind gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ggf. außerdem die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

20

3. Im Streitfall fehlt es an einer angemessenen Kompensation für den Klageverzicht in Ziff. 3 Satz 2 der Abwicklungsvereinbarung. Die Beklagte hat dem Kläger im Zusammenhang mit seinem Verzicht keinen Vorteil gewährt, der als angemessener Ausgleich für die damit verbundene Benachteiligung angesehen werden könnte.

21

a) Die Beklagte hat geltend gemacht, die von ihr eingegangene Verpflichtung zur Erteilung eines „guten“ Zeugnisses gem. Ziff. 2 der Abwicklungsvereinbarung stelle eine solche Gegenleistung dar.

22

b) Dies trifft nicht zu. Es kann dahinstehen, ob nicht der Umstand, dass die Vereinbarung über das Zeugnis eine Kompensation für den Klageverzicht darstellen soll, aus der Vereinbarung selbst ersichtlich sein müsste. Dafür könnte sprechen, dass sich dies - anders als etwa bei der Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes - nicht schon aus dem Sachzusammenhang selbst ergibt. Die in einer Abwicklungsvereinbarung vom Arbeitgeber übernommene Verpflichtung, dem Arbeitnehmer ein Zeugnis mit einer näher bestimmten (überdurchschnittlichen) Leistungs- und Führungsbeurteilung zu erteilen, stellt jedenfalls keinen Vorteil dar, der geeignet wäre, den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage auszugleichen.

23

aa) Ein Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber gem. § 109 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 GewO einen gesetzlichen Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis. Die Einigung in einer Abwicklungsvereinbarung darüber, dass der Arbeitgeber ein entsprechendes Zeugnis erteilen wird, dient damit zunächst einmal der Erfüllung dieses Anspruchs. In der vertraglichen Bekräftigung eines ohnehin bestehenden Anspruchs wiederum liegt keine kompensierende Gewährung eines Vorteils. Auch soweit die Parteien der Vereinbarung klarstellen, mit welchem Inhalt das Zeugnis erteilt werden soll, liegt darin kein spezifischer Vorteil für den Arbeitnehmer. Eine Einigung über den Inhalt eines zu erteilenden Zeugnisses ist vielmehr typischerweise für beide Seiten gleichermaßen von Nutzen. Dadurch kann in ihrer beider Interesse ein Rechtsstreit über die korrekte Erfüllung des Zeugnisanspruchs vermieden werden.

24

bb) Etwas anderes gilt in der Regel auch dann nicht, wenn sich der Arbeitgeber - wie hier - verpflichtet, ein Zeugnis mit einer „guten“ und damit überdurchschnittlichen Beurteilung (vgl. BAG 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8) von Leistung und/oder Verhalten des Arbeitnehmers zu erteilen.

25

(1) Auch in diesem Fall ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber lediglich den gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllen will. Ohne besondere Anhaltspunkte kann nicht angenommen werden, er wolle sich - uU zulasten Dritter - zu einer Beurteilung verpflichten, die den Tatsachen nicht entspricht und von seinem Beurteilungsspielraum nicht mehr gedeckt ist. Vielmehr ist grundsätzlich zu unterstellen, dass sich eine Vertragspartei rechtmäßig verhalten und deshalb keine Verpflichtung zu rechtswidrigem Handeln eingehen will. Auch mit der Verständigung auf ein überdurchschnittliches, „gutes“ Zeugnis will der Arbeitgeber dann typischerweise nur seine gesetzlichen Pflichten erfüllen. Im Übrigen erschiene die Eingehung der Verpflichtung, ein objektiv unzutreffendes, „zu gutes“ Zeugnis zu erteilen, rechtlich zumindest bedenklich und stellte aus diesem Grund ebenfalls keinen angemessenen Vorteil für den Arbeitnehmer dar.

26

(2) Soweit sich die Beklagte darauf beruft, sie habe dem Kläger mit der Einigung über den Inhalt des ihm zu erteilenden Zeugnisses deshalb einen Vorteil gewährt, weil sie ihm dadurch die Mühe erspart habe, es in einem Rechtsstreit durchzusetzen, in welchem die Darlegungs- und Beweislast für die Berechtigung einer überdurchschnittlichen Bewertung ihm obläge, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Zwar verweist die Beklagte zutreffend auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in einem Prozess um die Erteilung eines überdurchschnittlichen, „guten“ Zeugnisses (zuletzt BAG 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8). Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Zeugnisinhalt, auf den sich die Parteien in einer Abwicklungsvereinbarung einigen, ihrer gemeinsamen Vorstellung von der ordnungsgemäßen Erfüllung des Zeugnisanspruchs entspricht. Der dem Arbeitnehmer gewährte Vorteil läge allein darin, dass der Arbeitgeber darauf verzichtet, die Berechtigung eines entsprechenden Anspruchs im Falle einer Klageerhebung zu bestreiten. Aus einem solchen Verzicht auf ein Verhalten, das mit den Pflichten zur Rücksichtnahme gem. § 241 Abs. 2 BGB und zur wahrheitsgemäßen Erklärung nach § 138 Abs. 1 ZPO nicht zu vereinbaren sein dürfte, erwächst dem Vertragspartner jedoch kein ihn gegenüber der objektiven Rechtslage materiellrechtlich besser stellender Vorteil. Ein bloß prozessuales Entgegenkommen des Arbeitgebers bei der Durchsetzung des ohnehin bestehenden Zeugnisanspruchs des Arbeitnehmers stellt keine angemessene Kompensation für den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage dar.

27

c) Sonstige Kompensationen für den Klageverzicht sind im Streitfall weder aus der Abwicklungsvereinbarung der Parteien ersichtlich, noch sonst behauptet. Die Verkürzung der Kündigungsfrist um einen Monat ging vielmehr zusätzlich zulasten des Klägers.

28

d) Darauf, ob der Kläger Sonderkündigungsschutz genoss, kommt es im gegebenen Zusammenhang nicht an. Dies wäre allenfalls geeignet, die Unangemessenheit des Klageverzichts zu verstärken.

29

II. Die Kündigung vom 28. Februar 2013 als solche ist unwirksam. Dies kann der Senat selbst entscheiden. Die vorliegende Klage ist - ungeachtet der Regelung des § 4 Satz 4 KSchG - rechtzeitig innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG erhoben worden. Die Kündigung gilt daher nicht gem. § 7 KSchG als von Anfang an wirksam. Sie ist - wie vom Kläger bereits erstinstanzlich innerhalb der Fristen gem. § 4 Satz 1, § 6 Satz 1 KSchG geltend gemacht - nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst.

30

1. Die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG ist gewahrt. Die Kündigung ging dem Kläger am 5. März 2013 zu. Die Kündigungsschutzklage ist am 26. März 2013 beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 5. April 2013 - also „demnächst“ iSv. § 167 ZPO - zugestellt worden.

31

2. Die Kündigung ist gem. § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig.

32

a) Der Kläger hat diesen Unwirksamkeitsgrund bereits erstinstanzlich geltend gemacht. Nach dem in der angefochtenen Entscheidung in Bezug genommen Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils hat er sich ua. darauf berufen, die Kündigung verstoße mangels Zustimmung des Integrationsamts gegen § 85 SGB IX.

33

b) Der Kläger unterfiel im Kündigungszeitpunkt dem besonderen Kündigungsschutz nach § 85 SGB IX. Er war zwar nicht schwerbehindert iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX. Der Grad seiner Behinderung betrug nach dem Bescheid des Niedersächsischen Landesamts vom 19. April 2011 lediglich 30. Er war jedoch mit Wirkung ab dem 5. Mai 2011 gem. § 2 Abs. 3 SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Nach § 85 SGB IX iVm. § 68 Abs. 1 und 3, § 2 Abs. 3 SGB IX bedarf auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Diese lag nicht vor.

34

c) Der Kläger hat sein Recht, sich auf den Sonderkündigungsschutz zu berufen, nicht verwirkt. Selbst wenn die Beklagte von seiner Gleichstellung im Kündigungszeitpunkt noch keine Kenntnis gehabt haben sollte, hätte der Kläger sie darüber - was ausreichend ist - mit (rechtzeitiger) Klageerhebung (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 659/08 - Rn. 16, 21, BAGE 133, 249) nachträglich informiert. Er hat die Beklagte auf seine Gleichstellung in der Klageschrift hingewiesen.

35

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat gem. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Nielebock    

                 

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

(1) Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit.

(2) Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.

(3) Wird für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.

(4) Ein befristetes Arbeitsverhältnis unterliegt nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist.

(5) Ist das Arbeitsverhältnis für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Arbeitnehmer nach Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

(6) Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 27. März 2014 - 5 Sa 1099/13 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 6. September 2013 - 1 Ca 65/13 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 nicht aufgelöst worden ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung.

2

Der einem Schwerbehinderten gleichgestellte Kläger war bei der Beklagten seit März 2002 als Fleischer beschäftigt.

3

Nach längerer Erkrankung und erfolgreicher Wiedereingliederung nahm der Kläger am 1. März 2013 seine Arbeit wieder auf. Zuvor hatten er und der Geschäftsführer der Beklagten mehrere Gespräche über eine mögliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt. Deren genauer Inhalt ist zwischen den Parteien streitig geblieben.

4

Am 5. März 2013 übergab der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger ein auf den 28. Februar 2013 datiertes Kündigungsschreiben. Darin hieß es, die Beklagte kündige das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgerecht zum 30. Juni 2013. Zugleich überreichte der Geschäftsführer dem Kläger eine ebenfalls auf den 28. Februar 2013 datierte Abwicklungsvereinbarung, die beide Seiten unterschrieben. Sie lautete auszugsweise:

        

„…    

        

1.    

Arbeitgeberin und Arbeitnehmer sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche und fristgemäße Kündigung vom 28.02.2013 aus betrieblichen Gründen zum 30. Juni 2013 sein Ende finden wird.

        

2.    

Die Arbeitgeberin verpflichtet sich, dem Arbeitnehmer mit Ablauf der Kündigungsfrist ein qualifiziertes Endzeugnis mit guter Leistungs- und Führungsbewertung zu erteilen.

        

3.    

Der Arbeitnehmer bestätigt, dass er diese Erklärung freiwillig unter reiflicher Überlegung geschlossen hat. Er verzichtet hiermit ausdrücklich auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage. Die Arbeitgeberin weist darauf hin, dass sie über etwaige Nachteile beim Bezug von Arbeitslosengeld nicht belehrt hat und hierüber nur die für den Arbeitnehmer zuständige Arbeitsagentur Auskunft erteilen kann.

        

4.    

Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle gegenseitigen Ansprüche aus und im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleich aus welchem Rechtsgrund - ob bekannt oder unbekannt - erledigt.

        

…“    

        
5

Mit Schreiben vom 14. März 2013 erklärte der Kläger „die Anfechtung/den Widerruf“ der Abwicklungsvereinbarung.

6

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat behauptet, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihn über den Inhalt des Abwicklungsvertrags getäuscht. Er habe erklärt, darin seien eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2013, die Zahlung einer Abfindung in Höhe eines Monatsgehalts und die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses ohne sozialversicherungsrechtliche Nachteile vorgesehen gewesen. Hierauf habe er, der Kläger, vertraut und die Vereinbarung unterschrieben, ohne sie zu lesen. Der Kläger hat gemeint, die Vereinbarung sei zudem deshalb unwirksam, weil sie ihn unangemessen benachteilige.

7

Der Kläger hat sinngemäß beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 nicht aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Abwicklungsvereinbarung sei wirksam. Sie sei mit dem Einverständnis des Klägers getroffen worden. Dieser habe selbst Zweifel gehabt, ob er aufgrund seines gesundheitlichen Zustands seine Arbeitsleistung künftig werde erbringen können. Eine unangemessene Benachteiligung des Klägers liege nicht vor. Das vereinbarte Zeugnis stelle die Gegenleistung für den Klageverzicht dar.

9

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat auf sein Recht zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht wirksam verzichtet (I.). Die Kündigung der Beklagten vom 28. Februar 2013 ist gem. § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig (II.).

11

I. Der Verzicht des Klägers auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gem. Ziff. 3 Satz 2 der Abwicklungsvereinbarung der Parteien steht der Zulässigkeit und Begründetheit seiner Kündigungsschutzklage nicht entgegen. Der Klageverzicht ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Abwicklungsvereinbarung auch aufgrund der vom Kläger erklärten Anfechtung gem. § 142 Abs. 1 BGB nichtig ist.

12

1. Die Vorschrift des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Abwicklungsvereinbarung der Parteien und den darin enthaltenen Klageverzicht anwendbar.

13

a) Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB findet § 307 BGB bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese - soweit der Verbraucher auf ihre Formulierung keinen Einfluss nehmen konnte - nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind. Verträge zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Bezug auf das Arbeitsverhältnis sind Verbraucherverträge iSv. § 310 Abs. 3 Eingangshalbs. BGB (für Arbeitsverträge vgl. BAG 13. Februar 2013 - 5 AZR 2/12 - Rn. 14; 27. Juni 2012 - 5 AZR 530/11 - Rn. 14). Dies gilt für Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über die Bedingungen der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gleichermaßen. Der Arbeitnehmer handelt auch insoweit als Verbraucher iSd. § 13 BGB.

14

b) Da Verbrauchervertrag, ist die Wirksamkeit der Abwicklungsvereinbarung der Parteien gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB anhand von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu beurteilen, ohne dass es darauf ankäme, ob es sich bei den in ihr enthaltenen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB handelt. Die Vereinbarung wurde zur zumindest einmaligen Verwendung von der Beklagten vorformuliert. Der Kläger konnte auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen.

15

c) Die Überprüfung des in der Vereinbarung enthaltenen Klageverzichts am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nicht gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob es sich bei dem Verzicht um eine Haupt- oder Nebenabrede des Abwicklungsvertrags handelt, schiede eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann aus, wenn in der Verzichtsabrede keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung läge(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 20 mwN). Mit einem - wie hier - vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärten Klageverzicht ist eine solche Abweichung von Rechtsvorschriften jedoch verbunden (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21 mwN). Abgewichen wird von § 4 Satz 1 ggf. iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Nach diesen Bestimmungen sollen dem Arbeitnehmer drei Wochen Zeit für die Überlegung zur Verfügung stehen, ob er Kündigungsschutzklage erheben will (BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - aaO; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 30 - 32, BAGE 124, 59).

16

2. Ein vor Ablauf von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärter formularmäßiger Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist ohne eine ihn kompensierende Gegenleistung des Arbeitgebers wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam(BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 22, 24; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 37, BAGE 124, 59). Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer in einer vorformulierten Erklärung ohne jegliche Gegenleistung auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet hat. Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist mit einem solchen Verzicht vielmehr auch dann verbunden, wenn der Arbeitnehmer für seinen Verzicht keineangemessene Kompensation erhält.

17

a) Der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage vor Ablauf der Klagefrist schränkt die Rechte des Arbeitnehmers nach dem Kündigungsschutzgesetz erheblich ein. § 4 Satz 1 und § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes sind das Ergebnis einer Abwägung zwischen den gegenläufigen grundrechtlichen Positionen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Regelungen sind ein Ausgleich zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers an einem effektiven Bestandsschutz bei unwirksamer Kündigung und dem Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Gewissheit darüber, ob die Kündigung gerichtlich angegriffen wird oder er mit ihrer Rechtsbeständigkeit rechnen kann (vgl. BAG 25. September 2014 - 2 AZR 788/13 - Rn. 21; 28. Januar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 31, BAGE 133, 149). Verglichen mit der gesetzlich eingeräumten dreiwöchigen Frist zur Klageerhebung stellt der vorzeitige Verzicht auf das Recht, den Schutz vor einer ungerechtfertigten Kündigung gerichtlich geltend machen zu können, eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtsposition des Arbeitnehmers dar. In ihm liegt für sich genommen eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

18

b) Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kann allerdings zu verneinen sein, wenn dem Arbeitnehmer an anderer Stelle vertraglich ein Vorteil gewährt wird. Dabei müssen Vor- und Nachteile in einem inneren Zusammenhang stehen (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 45, BAGE 143, 62; BGH 29. November 2002 - V ZR 105/02 - zu II 4 b der Gründe, BGHZ 153, 93). Der gewährte Vorteil muss das durch die benachteiligende Vertragsbestimmung beeinträchtigte Interesse stärken. Er muss außerdem von einem solchen Gewicht sein, dass er einen angemessenen Ausgleich für die Beeinträchtigung darstellt (MüKo-BGB/Wurmnest 6. Aufl. § 307 Rn. 36; Däubler/Bonin/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. § 307 Rn. 95; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 307 Rn. 151). Insofern bedarf es einer Abwägung zwischen dem vereinbarten Nachteil einerseits und dem gewährten Vorteil andererseits (aA Worzalla SAE 2009, 31, 34).

19

c) Die Bedenken gegen das Erfordernis einer solchen Abwägung, sie sei angesichts der potentiell zu berücksichtigenden Faktoren nicht praktikabel (vgl. Krets FS Bauer S. 601, 608) oder laufe darauf hinaus, den „Preis“ eines Arbeitnehmers zu bestimmen (so Rolfs FS Reuter S. 825, 835), greifen nicht durch. Die Angemessenheit eines für eine Benachteiligung gewährten Ausgleichs kann anders nicht festgestellt werden. Die Prüfung der Unangemessenheit einer Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Frage gerichtet, ob der Verwender durch seine Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen(BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 14, BAGE 129, 121; BGH 17. September 2009 - III ZR 207/08 - Rn. 18). Zur Beurteilung bedarf es einer umfassenden Würdigung ua. der auf beiden Seiten anzuerkennenden, typischerweise berührten Interessen (BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - aaO; BGH 24. März 2010 - VIII ZR 178/08 - Rn. 26, BGHZ 185, 96). Auch die Angemessenheit einer Kompensation ist damit grundsätzlich nach einem generellen und typisierenden, vom Einzelfall losgelösten Maßstab zu prüfen. Bei Verbraucherverträgen sind gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ggf. außerdem die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

20

3. Im Streitfall fehlt es an einer angemessenen Kompensation für den Klageverzicht in Ziff. 3 Satz 2 der Abwicklungsvereinbarung. Die Beklagte hat dem Kläger im Zusammenhang mit seinem Verzicht keinen Vorteil gewährt, der als angemessener Ausgleich für die damit verbundene Benachteiligung angesehen werden könnte.

21

a) Die Beklagte hat geltend gemacht, die von ihr eingegangene Verpflichtung zur Erteilung eines „guten“ Zeugnisses gem. Ziff. 2 der Abwicklungsvereinbarung stelle eine solche Gegenleistung dar.

22

b) Dies trifft nicht zu. Es kann dahinstehen, ob nicht der Umstand, dass die Vereinbarung über das Zeugnis eine Kompensation für den Klageverzicht darstellen soll, aus der Vereinbarung selbst ersichtlich sein müsste. Dafür könnte sprechen, dass sich dies - anders als etwa bei der Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes - nicht schon aus dem Sachzusammenhang selbst ergibt. Die in einer Abwicklungsvereinbarung vom Arbeitgeber übernommene Verpflichtung, dem Arbeitnehmer ein Zeugnis mit einer näher bestimmten (überdurchschnittlichen) Leistungs- und Führungsbeurteilung zu erteilen, stellt jedenfalls keinen Vorteil dar, der geeignet wäre, den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage auszugleichen.

23

aa) Ein Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber gem. § 109 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 GewO einen gesetzlichen Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis. Die Einigung in einer Abwicklungsvereinbarung darüber, dass der Arbeitgeber ein entsprechendes Zeugnis erteilen wird, dient damit zunächst einmal der Erfüllung dieses Anspruchs. In der vertraglichen Bekräftigung eines ohnehin bestehenden Anspruchs wiederum liegt keine kompensierende Gewährung eines Vorteils. Auch soweit die Parteien der Vereinbarung klarstellen, mit welchem Inhalt das Zeugnis erteilt werden soll, liegt darin kein spezifischer Vorteil für den Arbeitnehmer. Eine Einigung über den Inhalt eines zu erteilenden Zeugnisses ist vielmehr typischerweise für beide Seiten gleichermaßen von Nutzen. Dadurch kann in ihrer beider Interesse ein Rechtsstreit über die korrekte Erfüllung des Zeugnisanspruchs vermieden werden.

24

bb) Etwas anderes gilt in der Regel auch dann nicht, wenn sich der Arbeitgeber - wie hier - verpflichtet, ein Zeugnis mit einer „guten“ und damit überdurchschnittlichen Beurteilung (vgl. BAG 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8) von Leistung und/oder Verhalten des Arbeitnehmers zu erteilen.

25

(1) Auch in diesem Fall ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber lediglich den gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers erfüllen will. Ohne besondere Anhaltspunkte kann nicht angenommen werden, er wolle sich - uU zulasten Dritter - zu einer Beurteilung verpflichten, die den Tatsachen nicht entspricht und von seinem Beurteilungsspielraum nicht mehr gedeckt ist. Vielmehr ist grundsätzlich zu unterstellen, dass sich eine Vertragspartei rechtmäßig verhalten und deshalb keine Verpflichtung zu rechtswidrigem Handeln eingehen will. Auch mit der Verständigung auf ein überdurchschnittliches, „gutes“ Zeugnis will der Arbeitgeber dann typischerweise nur seine gesetzlichen Pflichten erfüllen. Im Übrigen erschiene die Eingehung der Verpflichtung, ein objektiv unzutreffendes, „zu gutes“ Zeugnis zu erteilen, rechtlich zumindest bedenklich und stellte aus diesem Grund ebenfalls keinen angemessenen Vorteil für den Arbeitnehmer dar.

26

(2) Soweit sich die Beklagte darauf beruft, sie habe dem Kläger mit der Einigung über den Inhalt des ihm zu erteilenden Zeugnisses deshalb einen Vorteil gewährt, weil sie ihm dadurch die Mühe erspart habe, es in einem Rechtsstreit durchzusetzen, in welchem die Darlegungs- und Beweislast für die Berechtigung einer überdurchschnittlichen Bewertung ihm obläge, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Zwar verweist die Beklagte zutreffend auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in einem Prozess um die Erteilung eines überdurchschnittlichen, „guten“ Zeugnisses (zuletzt BAG 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 - Rn. 8). Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Zeugnisinhalt, auf den sich die Parteien in einer Abwicklungsvereinbarung einigen, ihrer gemeinsamen Vorstellung von der ordnungsgemäßen Erfüllung des Zeugnisanspruchs entspricht. Der dem Arbeitnehmer gewährte Vorteil läge allein darin, dass der Arbeitgeber darauf verzichtet, die Berechtigung eines entsprechenden Anspruchs im Falle einer Klageerhebung zu bestreiten. Aus einem solchen Verzicht auf ein Verhalten, das mit den Pflichten zur Rücksichtnahme gem. § 241 Abs. 2 BGB und zur wahrheitsgemäßen Erklärung nach § 138 Abs. 1 ZPO nicht zu vereinbaren sein dürfte, erwächst dem Vertragspartner jedoch kein ihn gegenüber der objektiven Rechtslage materiellrechtlich besser stellender Vorteil. Ein bloß prozessuales Entgegenkommen des Arbeitgebers bei der Durchsetzung des ohnehin bestehenden Zeugnisanspruchs des Arbeitnehmers stellt keine angemessene Kompensation für den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage dar.

27

c) Sonstige Kompensationen für den Klageverzicht sind im Streitfall weder aus der Abwicklungsvereinbarung der Parteien ersichtlich, noch sonst behauptet. Die Verkürzung der Kündigungsfrist um einen Monat ging vielmehr zusätzlich zulasten des Klägers.

28

d) Darauf, ob der Kläger Sonderkündigungsschutz genoss, kommt es im gegebenen Zusammenhang nicht an. Dies wäre allenfalls geeignet, die Unangemessenheit des Klageverzichts zu verstärken.

29

II. Die Kündigung vom 28. Februar 2013 als solche ist unwirksam. Dies kann der Senat selbst entscheiden. Die vorliegende Klage ist - ungeachtet der Regelung des § 4 Satz 4 KSchG - rechtzeitig innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG erhoben worden. Die Kündigung gilt daher nicht gem. § 7 KSchG als von Anfang an wirksam. Sie ist - wie vom Kläger bereits erstinstanzlich innerhalb der Fristen gem. § 4 Satz 1, § 6 Satz 1 KSchG geltend gemacht - nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst.

30

1. Die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG ist gewahrt. Die Kündigung ging dem Kläger am 5. März 2013 zu. Die Kündigungsschutzklage ist am 26. März 2013 beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 5. April 2013 - also „demnächst“ iSv. § 167 ZPO - zugestellt worden.

31

2. Die Kündigung ist gem. § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig.

32

a) Der Kläger hat diesen Unwirksamkeitsgrund bereits erstinstanzlich geltend gemacht. Nach dem in der angefochtenen Entscheidung in Bezug genommen Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils hat er sich ua. darauf berufen, die Kündigung verstoße mangels Zustimmung des Integrationsamts gegen § 85 SGB IX.

33

b) Der Kläger unterfiel im Kündigungszeitpunkt dem besonderen Kündigungsschutz nach § 85 SGB IX. Er war zwar nicht schwerbehindert iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX. Der Grad seiner Behinderung betrug nach dem Bescheid des Niedersächsischen Landesamts vom 19. April 2011 lediglich 30. Er war jedoch mit Wirkung ab dem 5. Mai 2011 gem. § 2 Abs. 3 SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Nach § 85 SGB IX iVm. § 68 Abs. 1 und 3, § 2 Abs. 3 SGB IX bedarf auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Diese lag nicht vor.

34

c) Der Kläger hat sein Recht, sich auf den Sonderkündigungsschutz zu berufen, nicht verwirkt. Selbst wenn die Beklagte von seiner Gleichstellung im Kündigungszeitpunkt noch keine Kenntnis gehabt haben sollte, hätte der Kläger sie darüber - was ausreichend ist - mit (rechtzeitiger) Klageerhebung (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 659/08 - Rn. 16, 21, BAGE 133, 249) nachträglich informiert. Er hat die Beklagte auf seine Gleichstellung in der Klageschrift hingewiesen.

35

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat gem. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Nielebock    

                 

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

(1) Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit.

(2) Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.

(3) Wird für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.

(4) Ein befristetes Arbeitsverhältnis unterliegt nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist.

(5) Ist das Arbeitsverhältnis für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Arbeitnehmer nach Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

(6) Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

(1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.

(2) Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

Tenor

Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 2. Juni 2009 - 14 Sa 101/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer Anfechtung ihres Arbeitsvertrags und über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Der 1982 geborene Kläger war - nach seiner Ausbildung für den mittleren Verwaltungsdienst - befristet bis zum 31. Juli 2002 beim Landkreis K beschäftigt. Eine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis unterblieb, nachdem der Landkreis von Aktivitäten des Klägers für die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und deren Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) Kenntnis erlangt hatte.

3

Seit August 2003 war der Kläger beim beklagten Land als Verwaltungsangestellter in der Oberfinanzdirektion K (OFD) tätig. Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme fand auf das Arbeitsverhältnis zunächst der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und anschließend der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) Anwendung.

4

Vor seiner Einstellung hatte das beklagte Land den Kläger schriftlich unter Bezugnahme auf § 8 BAT über seine Pflicht zur Verfassungstreue belehrt. Am 17. Juli 2003 unterzeichnete er eine sich an die Belehrung anschließende vorformulierte Erklärung mit folgendem Inhalt:

        

„Auf Grund dieser Belehrung erkläre ich hiermit ausdrücklich, dass ich die vorstehenden Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bejahe und dass ich bereit bin, mich jederzeit durch mein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten.

        

Ich versichere ausdrücklich, dass ich Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen eine ihrer obengenannten grundlegenden Prinzipien gerichtet sind, nicht unterstütze und auch nicht Mitglied einer hiergegen gerichteten Organisation bin.

        

Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich bei einem Verstoß gegen diese Dienst- und Treuepflichten mit einer Entfernung aus dem Dienst rechnen muss.“

5

Seit 2004 war der Kläger im Druck- und Versandzentrum der OFD eingesetzt. Dort war er insbesondere für die Produktionsplanung, -steuerung und -überwachung zuständig. In dem Zentrum werden sämtliche im Zuständigkeitsbereich der OFD anfallenden Bescheide und Schreiben (etwa Steuerbescheide und Beihilfebescheide sowie Lohn- und Gehaltsabrechnungen) mittels elektronisch gesteuerter Druckabläufe erstellt.

6

Mit Schreiben vom 23. August 2007 berichtete das Landesamt für Verfassungsschutz der OFD über „rechtsextremistische Aktivitäten“ des Klägers, die wie folgt beschrieben und als solche unstreitig sind:

        

„…    

        
        

•       

Am 7. August 2007 lädt er mit ‚Newsletter’ vom gleichen Tag zum ‚Sommerfest’ der ‚Nationaldemokratischen Partei Deutschlands’ (NPD) und deren Jugendorganisation, den ‚Jungen Nationaldemokraten’ (JN) für den 11. August 2007 ein; einem Bericht auf der Homepage des NPD-Kreisverbandes K zufolge ‚führte L in seiner unnachahmlichen Art eines souveränen Versammlungsleiters unterhaltsam durch das weitere Programm’.

        

•       

Mit ‚Newsletter’ vom 30. Juli 2007 weist L auf den ‚Nationalen Stammtisch’ des NPD-Kreisverbands K hin.

        

•       

Zum 17. Juni 2007 lädt er mittels ‚Newsletter’ zu einer Schulungsveranstaltung des NPD-Kreisverbands K nach B ein.

        

•       

Einer Meldung des Polizeipräsidiums K zufolge gab er sich als Verantwortlicher für die Gründung des Stützpunkts K der JN am 9. Juni 2007 in B zu erkennen.

                 

Über einen ‚Newsletter’ verbreitete er die Einladung zu der Veranstaltung.

        

•       

Am 8. Mai 2007 nahm L an einer Mahnwache: ‚Gegen das Vergessen - Zum Gedenken der gefallenen Soldaten des 1. und 2. Weltkrieges’ in K teil. Hauptredner auf der Veranstaltung war der ehemalige NPD-Landesvorsitzende D. Dieser thematisierte unter anderem den Prozess in M gegen den Revisionisten Z und lobte den Revisionismusgedanken, der zur Selbstfindung des deutschen Volkes unerlässlich sei. (…).

        

•       

Über die Jahreshauptversammlung des NPD-Regionalverbandes K am 25. März 2007 verschickte L per ‚Newsletter’ im Vorfeld einen Hinweis.

        

…“    

        
7

Mit Schreiben vom 4. Oktober 2007 erteilte das beklagte Land dem Kläger nach vorheriger Anhörung eine Abmahnung. Es hielt ihm vor, die Erklärung zur Verfassungstreue unterschrieben zu haben, ohne auf die Nichtverlängerung seines Arbeitsverhältnisses mit dem Landkreis K und die dafür ursächlichen Aktivitäten hingewiesen zu haben. Durch diese „Fehlinformationen“ und sein öffentliches Auftreten für eine „als verfassungsfeindlich eingestufte Partei wie die NPD“ habe er grob gegen seine „tarifvertragliche Pflicht zur Verfassungstreue“ verstoßen. Für den Fall anhaltender Aktivitäten für verfassungsfeindliche Organisationen müsse er mit einer fristlosen Kündigung rechnen.

8

Am 18. November 2007, dem Volkstrauertag, nahm der Kläger an einer von der NPD abgehaltenen Gedenkveranstaltung am Ehrenmal „P“ auf dem Gebiet der Gemeinde R teil. Dabei handelt es sich um ein von der Gemeinde errichtetes Steinkreuz zur Erinnerung an die dort beigesetzten deutschen und französischen Soldaten, die im April 1945 vor Ort gefallen sind. Mit Schreiben vom 17. April 2008, bei der OFD eingegangen am 25. April 2008, berichtete das Landesamt für Verfassungsschutz auch über diese Aktivität.

9

Nach Beteiligung des Personalrats und mit dessen Zustimmung kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 8. Mai 2008 außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30. Juni 2008. Dagegen erhob der Kläger fristgerecht Kündigungsschutzklage. Mit Schriftsatz vom 23. September 2008 erklärte das beklagte Land die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung.

10

Der Kläger hat geltend gemacht, es fehle an Anfechtungs- und Kündigungsgründen. Er habe sich zu jeder Zeit und unmissverständlich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekannt. Seine politischen Aktivitäten stünden auf dem Boden des Grundgesetzes, zumal weder die NPD noch ihre Jugendorganisation verboten seien. Sollten sich einzelne Parteimitglieder in verfassungsfeindlicher Weise geäußert haben, sei dies nicht der Partei als Ganzer zuzurechnen. Neonazistisches Gedankengut lehne er strikt ab.

11

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche noch durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 8. Mai 2008 aufgelöst worden ist;

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände geendet hat, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;

        

3.    

für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen, das beklagte Land zu verurteilen, ihn zu den im Arbeitsvertrag vom 4. November 2004 geregelten Arbeitsbedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen und tätig werden zu lassen.

12

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Anfechtung sei berechtigt. Jedenfalls sei das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung fristlos und allemal fristgemäß aufgelöst worden. Der Kläger habe es durch arglistige Täuschung zum Abschluss des Arbeitsvertrags bestimmt. Er sei, wie sich erst nach der Kündigung vom 8. Mai 2008 herausgestellt habe, aufgrund eines mit dem Personalverantwortlichen des Landkreises K geführten Gesprächs über die Gründe der Nichtverlängerung seines vorherigen Arbeitsverhältnisses genau informiert gewesen. Er habe somit bewusst eine unrichtige Erklärung zu seiner Verfassungstreue abgegeben. Jedenfalls habe er gegen seine Verpflichtung verstoßen, seine Aktivitäten für die vom Landesamt für Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich eingestufte NPD bzw. JN zu offenbaren. Die Kündigung sei gerechtfertigt. Der Kläger habe nach der Abmahnung erneut seine tarifvertragliche Pflicht zur Verfassungstreue verletzt und sich durch seine Aktivitäten für die NPD, deren Mitglied er sei, für die ihm übertragene Tätigkeit als ungeeignet erwiesen. Er habe sich die verfassungsfeindlichen Ziele der NPD zu eigen gemacht, diffamiere den Staat und seine Organe in aller Öffentlichkeit und bringe seinen Willen zum Ausdruck, ihn zu bekämpfen. Nach der Kündigung habe er seine verfassungsfeindlichen Aktivitäten fortgesetzt. Am 25. Juli 2008 habe er - unstreitig - anlässlich des Todes eines Rechtsextremisten einen Gedenkbrief versandt. Am Volkstrauertag 2008 sei er erneut bei der Veranstaltung der NPD am Ehrenmal „P“ aufgetreten, nunmehr als verantwortlicher Versammlungsleiter. Sein Verhalten beschädige das Ansehen der Finanzverwaltung und beeinträchtige das Vertrauen der Bürger in deren rechtsstaatliches Handeln.

13

Das Arbeitsgericht hat die Anfechtung und die außerordentliche Kündigung für unwirksam erachtet und der Klage insoweit stattgegeben. Im Übrigen hat es sie abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage auch hinsichtlich der ordentlichen Kündigung stattgegeben. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung des beklagten Landes hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Antrag weiter, die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision des beklagten Landes ist unbegründet.

15

A. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur der Kündigungsschutzantrag. Mit dem erstinstanzlich - als unzulässig - abgewiesenen allgemeinen Feststellungsantrag hat sich das Landesarbeitsgericht nicht befasst. Es hat die Berufung des Klägers, die sich mit der Abweisung dieses Antrags nicht auseinandersetzt, stillschweigend dahin ausgelegt, dass der Antrag nicht weiterverfolgt werde. Soweit es den Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung abgewiesen hat, ist das Urteil rechtskräftig.

16

B. Das Landesarbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage zu Recht stattgegeben. Seine Entscheidung, das Arbeitsverhältnis sei weder durch die Anfechtung vom 23. September 2008 noch durch die Kündigung vom 8. Mai 2008 aufgelöst worden, ist im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

17

I. Der Gegenstand der Kündigungsschutzklage umfasst zugleich die Frage, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund der Anfechtung beendet worden ist.

18

1. Gegenstand einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG(iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG) ist das Begehren festzustellen, dass „das Arbeitsverhältnis“ durch die fragliche Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Die Klage kann daher nur Erfolg haben, wenn zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung ein Arbeitsverhältnis noch bestand (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 826/09 - Rn. 13; 26. Juni 2008 - 6 AZN 648/07 - Rn. 12 mwN, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 66 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 85). Dementsprechend ist Gegenstand der Kündigungsschutzklage auch die Frage, ob das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bzw. - im Fall der ordentlichen Kündigung - des Ablaufs der Kündigungsfrist bestand (BAG 27. April 2006 - 2 AZR 360/05 - Rn. 16 f., BAGE 118, 95; 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - zu II 1 der Gründe, BAGE 81, 111). Ist dies nicht der Fall, kann ein der Klage stattgebendes Urteil nicht ergehen, vielmehr ist die Klage schon aus diesem Grund abzuweisen.

19

2. Danach hängt hier der Erfolg der Kündigungsschutzklage (auch) von der Berechtigung der Anfechtung ab. Dem steht nicht entgegen, dass die Anfechtung erst mit Schriftsatz vom 23. September 2008 und damit nach Ablauf der Frist für die ordentliche Kündigung erklärt wurde. Zwar wirkt die Anfechtung eines in Vollzug gesetzten Arbeitsvertrags nicht zuletzt wegen der Schwierigkeiten einer Rückabwicklung grundsätzlich nur „ex nunc“ (BAG 20. Mai 1999 - 2 AZR 320/98 - BAGE 91, 349; 16. September 1982 - 2 AZR 228/80 - zu IV der Gründe, BAGE 41, 54). Im Streitfall wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien aber bereits mit Zugang der fristlosen Kündigung faktisch außer Funktion gesetzt. Unter solchen Umständen besteht kein Grund, die Vorschrift des § 142 Abs. 1 BGB, die der wirksamen Anfechtung grundsätzlich rückwirkende Kraft beilegt, einschränkend anzuwenden. Die Anfechtung wirkt vielmehr auf den Zeitpunkt der faktischen „Außerfunktionssetzung“ zurück, selbst wenn diese ihrerseits auf einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung beruhen sollte (BAG 16. September 1982 - 2 AZR 228/80 - zu IV 3 a der Gründe, aaO).

20

II. Das Landesarbeitsgericht hat seiner Entscheidung über die Wirksamkeit von Anfechtung und Kündigung die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur sog. funktionsbezogenen Treuepflicht der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und einem auf diese bezogenen Fragerecht des Arbeitgebers bei der Einstellung zugrunde gelegt.

21

1. Danach kommt bei politischer Betätigung eines Beschäftigten des öffentlichen Dienstes für eine verfassungsfeindliche Partei oder Organisation, insbesondere bei einem Eintreten für deren verfassungsfeindliche Ziele eine Kündigung sowohl unter verhaltensbedingten als auch unter personenbedingten Gesichtspunkten in Betracht. Das gilt unabhängig davon, ob die Verfassungswidrigkeit der Partei durch das Bundesverfassungsgericht nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG festgestellt wurde. Auch das politische Engagement für eine nicht verbotene, gleichwohl verfassungsfeindliche Organisation kann kündigungsrechtlich beachtlich sein. Die dafür gegebenenfalls erforderlichen Feststellungen sind von dem zur Entscheidung berufenen Gericht eigenständig zu treffen (BVerfG 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - zu B II der Gründe, BVerfGE 39, 334; BAG 31. März 1976 - 5 AZR 104/74 - zu IV der Gründe, BAGE 28, 62; zur Verfassungsfeindlichkeit der NPD vgl. BVerwG 7. Juli 2004 - 6 C 17/03 - NJW 2005, 85).

22

2. Eine verhaltensbedingte - außerordentliche oder ordentliche - Kündigung eines Arbeitnehmers wegen Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei oder Organisation oder wegen deren aktiver Unterstützung setzt voraus, dass durch einen darin liegenden Verstoß gegen die Treuepflicht eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist, sei es im Leistungsbereich, sei es im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, im personalen Vertrauensbereich oder im behördlichen Aufgabenbereich (BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - BAGE 62, 256; 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12).

23

3. Eine personenbedingte Kündigung kommt unabhängig davon in Betracht, wenn dem Arbeitnehmer aufgrund seiner Aktivitäten jedenfalls die Eignung für die Ausübung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit fehlt. Im öffentlichen Dienst kann sich ein Eignungsmangel aus begründeten Zweifeln an der Verfassungstreue des Arbeitnehmers ergeben. Diese ist Bestandteil des Begriffs „Eignung“ in Art. 33 Abs. 2 GG(vgl. BVerfG 8. Juli 1997 - 1 BvR 2111/94 ua. - zu C I 1 b der Gründe, BVerfGE 96, 171). Mitgliedschaft und aktives Eintreten des Arbeitnehmers für eine verfassungsfeindliche Organisation können entsprechende Zweifel erwecken. Sie führen aber nicht ohne Weiteres zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses (BAG 28. September 1989 - 2 AZR 317/86 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 63, 72; 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 62, 256; 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 a bb der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12). Entscheidend ist, inwieweit die außerdienstlichen politischen Aktivitäten in die Dienststelle hineinwirken und entweder die allgemeine Aufgabenstellung des öffentlichen Arbeitgebers oder das konkrete Aufgabengebiet des Arbeitnehmers berühren (BAG 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - mwN, aaO). Das wiederum hängt maßgeblich davon ab, welche staatlichen Aufgaben der Arbeitgeber wahrzunehmen hat, welche Verhaltenspflichten dem Arbeitnehmer obliegen und welches Aufgabengebiet innerhalb der Verwaltung er zu bearbeiten hat (BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, aaO).

24

4. Verhaltenspflichten der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes sind ua. in § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L(zuvor: § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT) festgelegt.

25

a) Nach dieser Regelung, die aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zur Anwendung gelangt, sind die Beschäftigten des beklagten Landes verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen. Eine entsprechende Verpflichtungserklärung hat der Kläger zudem im Zusammenhang mit seiner Einstellung abgegeben.

26

b) Allerdings können weder die auf der Grundlage von § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT abgegebene Erklärung des Klägers vom 17. Juli 2003, noch die mit § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT wörtlich übereinstimmende Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L mit ihren allgemein gehaltenen Formulierungen dahin verstanden werden, dass allen Beschäftigten des beklagten Landes ohne Bezug zu der jeweils auszuübenden Tätigkeit - vergleichbar den Beamten - eine Pflicht zur Verfassungstreue obliegt(grundlegend BAG 31. März 1976 - 5 AZR 104/74 - zu III 1 d der Gründe, BAGE 28, 62; seither st. Rspr. 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c aa der Gründe, BAGE 62, 256; 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 a bb der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12).

27

aa) Beamte unterliegen einer gesteigerten politischen Treuepflicht. Diese fordert ihre Bereitschaft, sich mit der Idee des Staates, dh. seiner freiheitlichen, demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung, zu identifizieren und dafür aktiv einzutreten. Beamte haben sich deshalb von Gruppen und Bestrebungen zu distanzieren, die den Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren (BVerfG 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 („Radikalenerlass“) - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 39, 334).

28

bb) Dieser - weite - Umfang der das Beamtenverhältnis prägenden Treuepflicht lässt sich nicht schematisch auf Beschäftigte übertragen, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum öffentlichen Arbeitgeber stehen und denen in der Regel keine hoheitlichen Befugnisse übertragen sind (BVerfG 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - zu C I 7 b der Gründe, BVerfGE 39, 334). Bei der Fülle staatlicher Aufgaben gibt es durchaus Bereiche, bei denen es für die konkret geschuldete Arbeitsleistung im Rahmen von Arbeitsverhältnissen nicht auf die von Beamten verlangte besondere politische Loyalität ankommt. In diesen Bereichen können Arbeitnehmer auch dann beschäftigt werden, wenn sie nur ein geringeres Maß an politischer Treue erfüllen. Würde man für alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes gleichmäßig und unabhängig von ihrer Funktion das Bestehen einer besonderen politischen Treuepflicht annehmen, so würden damit politische Grundrechte der Arbeitnehmer - die Freiheit der Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) und die Freiheit, sich in einer Partei politisch zu betätigen (Art. 21 Abs. 1 GG)- unnötig und unverhältnismäßig eingeschränkt (BAG 5. August 1982 - 2 AZR 1136/79 - zu II 4 a und III 1 b der Gründe, BAGE 40, 1; 29. Juli 1982 - 2 AZR 1093/79 - zu B IV 2 c der Gründe, BAGE 39, 235).

29

cc) Das Maß der einem Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes obliegenden Treuepflicht ergibt sich aus seiner Stellung und dem Aufgabenkreis, der ihm laut Arbeitsvertrag übertragen ist (sog. Funktionstheorie, vgl. BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, BAGE 62, 256). Er schuldet (nur) diejenige politische Loyalität, die für die funktionsgerechte Amtsausübung unverzichtbar ist.

30

Trifft den Arbeitnehmer nach der ihm übertragenen Funktion keine Pflicht zu gesteigerter Loyalität, ist er arbeitsvertraglich nicht verpflichtet, jederzeit und auch außerdienstlich aktiv für den Bestand der politischen Ordnung des Grundgesetzes einzutreten. Je nach Stellung und Aufgabenkreis kann er die Verfassung schon dadurch „wahren“, dass er die freiheitliche demokratische Grundordnung jedenfalls nicht aktiv bekämpft (BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c aa der Gründe, BAGE 62, 256; 12. März 1986 - 7 AZR 468/81 - zu II 2 c der Gründe, RzK I 1 Nr. 10).

31

Aber auch für Beschäftigte, an deren Verfassungstreue wegen ihrer Tätigkeit - etwa als Lehrer, Erzieher oder Sozialarbeiter - die gleichen oder zumindest ähnliche Anforderungen zu stellen sind wie an die von in vergleichbarer Stellung beschäftigten Beamten, gilt, dass die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation oder ein Tätigwerden für diese zwar Indizien für das Fehlen der Bereitschaft zur Verfassungstreue sind, für sich genommen aber als Eignungsmangel regelmäßig noch nicht ausreichen. Anders als bei der Einstellung, für deren Unterbleiben es grundsätzlich genügt, dass allgemeine Zweifel an der Verfassungstreue begründet sind (BAG 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 a aa der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12), obliegt es dem öffentlichen Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess, derartige Zweifel durch bestimmte, auf den Arbeitnehmer und seinen Aufgabenbereich bezogene Umstände zu konkretisieren und so zu verstärken. Aufschlussreich kann insoweit das dienstliche und außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers sein, wenn es über die Verfolgung verfassungskonformer Ziele der betreffenden Organisation hinausgeht. Von Bedeutung kann auch das persönliche Verfassungsverständnis des Arbeitnehmers und das Fehlen der Bereitschaft sein, sich von verfassungsfeindlichen Zielen der Organisation, der er angehört oder für die er eintritt, zu distanzieren (BAG 28. September 1989 - 2 AZR 317/86 - zu B I 4 c der Gründe, BAGE 63, 72).

32

5. Das Maß der politischen Treuepflicht hat zugleich Einfluss auf das Erkundigungs-/Fragerecht des Arbeitgebers bei der Einstellung.

33

a) Auszugehen ist dabei von dem Grundsatz, dass die falsche Beantwortung einer zulässigerweise gestellten Frage die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB begründen kann(zur Frage nach früherer MfS-Tätigkeit BVerfG 8. Juli 1997 - 1 BvR 2111/94 ua. - BVerfGE 96, 171; BAG 13. Juni 2002 - 2 AZR 234/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 101, 341).

34

b) Auch wenn zu den Eignungskriterien im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG die Verfassungstreue zählt, sind darauf bezogene Fragen nur zulässig, soweit die vorgesehene Funktion dies erfordert und rechtfertigt(vgl. BAG 16. Dezember 2004 - 2 AZR 148/04 - zu B II 1 b und 2 a der Gründe, AP BGB § 123 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 5; 31. März 1976 - 5 AZR 104/74 - BAGE 28, 62; 1. Oktober 1986 - 7 AZR 383/85 - BAGE 53, 137; Conze Fragerecht des öffentlichen Arbeitgebers und Offenbarungspflicht des Bewerbers bei der Vertragsanbahnung ZTR 1991, 99, 106 mwN). Die Frage muss so formuliert sein, dass der Arbeitnehmer erkennen kann, wonach gefragt ist. Er muss die Zulässigkeit der Frage beurteilen können (BAG 13. Juni 2002 - 2 AZR 234/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 101, 341). Wenn politische Einstellungen den Arbeitnehmer bei funktionsbezogener Betrachtung nicht - auch für ihn erkennbar - an der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Berufspflichten hindern, besteht keine Pflicht, die eigenen Überzeugungen und mögliche Parteimitgliedschaften oder Organisationszugehörigkeiten ungefragt zu offenbaren.

35

6. An diesen Grundsätzen hält der Senat fest.

36

a) Sie haben in der Literatur verbreitet Zustimmung erfahren (vgl. Sponer/Steinherr TV-L (2008) § 3 Rn. 55; Polzer/Powietzka NZA 2000, 970, 974 f.; jeweils mwN; mit Einschränkungen: Fleig DÖD 1999, 217) und stimmen mit der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte überein (vgl. BVerwG 19. Januar 1989 - 7 C 89/87 - BVerwGE 81, 212; OVG Lüneburg 12. Dezember 2007 - 17 LP 4/06 - PersR 2008, 324).

37

b) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat anerkannt, dass ein demokratischer Staat das Recht hat, von seinen Bediensteten - jedenfalls in Abhängigkeit von ihrer Funktion - ein Bekenntnis zu zentralen Verfassungsgrundsätzen zu verlangen, auf denen der Staat beruht. Es seien - so der Gerichtshof - auch die Erfahrungen Deutschlands während der Weimarer Zeit und der anschließenden Phase bis zur Verabschiedung des Grundgesetzes im Jahre 1949 sowie die Bestrebung zu berücksichtigen, die Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage einer „wehrhaften Demokratie“ aufzubauen (EGMR 22. November 2001 - 39799/98 [Volkmer/Deutschland] - zu 1. der Gründe, NJW 2002, 3087; 26. September 1993 - 7/1994/454/535 [Vogt/Deutschland] - Rn. 51, 59 ff., NJW 1996, 375).

38

c) Die angeführten Grundsätze tragen den Diskriminierungsverboten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes Rechnung (vgl. BAG 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - BAGE 128, 238). Dabei kann unterstellt werden, dass die Zugehörigkeit zu einer Partei oder das Eintreten für deren Ziele das in § 1 AGG genannte Diskriminierungsmerkmal der „Weltanschauung“ betrifft(dazu einerseits Annuß BB 2005, 1629, 1631; Wisskirchen/Bissels NZA 2007, 169, 172 f.; andererseits BVerwG 7. Juli 2004 - 6 C 17/03 - zu 3 c ee der Gründe, NJW 2005, 85). Durch die funktionsbezogene Betrachtung ist hinreichend sichergestellt, dass ein Eignungsmangel des Bewerbers nur bejaht wird, wenn die von § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT bzw. § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L geforderte Verfassungstreue eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSv. § 8 Abs. 1 AGG darstellt.

39

III. Ausgehend von diesem rechtlichen Rahmen ist die Kündigungsschutzklage nicht deshalb unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Anfechtung des beklagten Landes aufgelöst worden wäre. Ein Anfechtungsgrund liegt auch bei Verfassungsfeindlichkeit der NPD und/oder ihrer Jugendorganisation nicht vor.

40

1. Die Anfechtung war trotz vorangegangener Kündigung nicht ausgeschlossen (vgl. dazu BAG 16. Dezember 2004 - 2 AZR 148/04 - zu B II 1 a der Gründe , AP BGB § 123 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 5 ). Das beklagte Land hat sein Anfechtungsrecht nicht durch die fristlose Kündigung „verbraucht“. Es stützt Anfechtung und Kündigung im Übrigen auf unterschiedliche Sachverhalte. Ausschließlich zur Begründung der Anfechtung macht es geltend, der Kläger habe im Zusammenhang mit seiner Einstellung über Aktivitäten für die als verfassungsfeindlich eingestufte NPD arglistig getäuscht, wobei es von den die Arglist begründenden Tatsachen erst nach der Kündigung hinreichend Kenntnis erlangt habe.

41

2. Der in Rede stehende Anfechtungstatbestand des § 123 Abs. 1 BGB setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn hierdurch zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst hat. Dabei muss sich die Täuschung auf objektiv nachprüfbare Tatsachen beziehen. Subjektive Werturteile genügen nicht (BAG 16. Dezember 2004 - 2 AZR 148/04 - AP BGB § 123 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 5; 28. Februar 1991 - 2 AZR 357/90 - zu II 1 a der Gründe). Eine Täuschung kann auch in dem Verschweigen von Tatsachen bestehen, sofern der Erklärende zu deren Offenbarung verpflichtet war.

42

a) Wird der (spätere) Arbeitnehmer zulässigerweise nach bestimmten Tatsachen befragt, so ist er zu deren wahrheitsgemäßer Beantwortung verpflichtet. Das Verschweigen nicht nachgefragter Tatsachen stellt nur dann eine Täuschung dar, wenn hinsichtlich dieser Tatsachen eine Offenbarungspflicht bestand. Eine solche Pflicht ist an die Voraussetzung gebunden, dass die betreffenden Umstände dem Arbeitnehmer die Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Leistungspflicht unmöglich machen oder aus sonstigen Gründen für den in Betracht kommenden Arbeitsplatz von ausschlaggebender Bedeutung sind (BAG 27. Mai 1999 - 8 AZR 345/98 - zu B II 2 der Gründe; 28. Februar 1991 - 2 AZR 357/90 - zu II 1 a der Gründe).

43

b) Arglistig ist die Täuschung, wenn der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim (künftigen) Dienstherrn entstehen oder aufrechterhalten werden; Fahrlässigkeit - auch grobe Fahrlässigkeit - genügt insoweit nicht. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Arbeitgeber; dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen (vgl. BAG 20. Mai 1999 - 2 AZR 320/98 - zu B I 4 der Gründe, BAGE 91, 349).

44

3. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, im Streitfall fehle es jedenfalls an der erforderlichen Arglist des Klägers, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

45

a) Ist die - vorformulierte - Erklärung vom 17. Juli 2003 zugleich als Antwort auf Frage(n) zur Verfassungstreue des Bewerbers zu verstehen, bestehen Bedenken an deren rechtlicher Verbindlichkeit. Die der Erklärung vorangestellte Belehrung nimmt auf die in den Landesgesetzen normierte Pflicht zur Verfassungstreue für Beamte (§ 70 Abs. 2 LBG) und Richter (§ 8 LRiG) Bezug und verweist darauf, dass sich „die gleichen politischen Treuepflichten“ für Angestellte aus § 8 BAT ergäben. Der Belehrung folgt ein umfassendes Bekenntnis des Stellenbewerbers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und die Erklärung seiner Bereitschaft, für deren Erhaltung einzutreten. Dem Bewerber wird dagegen nicht verdeutlicht, dass funktionsbezogen durchaus geringere Anforderungen an die Verfassungstreue bestehen können.

46

b) Zudem verlangt das beklagte Land mit der erbetenen Erklärung von dem Bewerber, eine eigene Beurteilung dessen, was unter „Bestrebungen … gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ zu verstehen ist, wann von einem „Unterstützen“ solcher Bestrebungen die Rede sein und wann angenommen werden kann, dass sich eine Organisation gegen diese Grundordnung richtet. Eine ordnungsgemäße Befragung zwecks Feststellung der Verfassungstreue setzt demgegenüber voraus, dass der Bewerber nach konkreten Umständen befragt wird, die gemäß den Anforderungen der ins Auge gefassten Tätigkeit einstellungsrelevant sind. Die allgemeine Frage, ob der Bewerber einer verfassungsfeindlichen Organisation angehört, ist unzulässig. Mit ihr würde vom Bewerber eine Wertung verlangt, die vorzunehmen Sache der einstellenden Behörde ist (BAG 28. Februar 1991 - 2 AZR 357/90 - zu II 1 b bb der Gründe).

47

c) Eine arglistige Täuschung kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil sich der Kläger gleichwohl der Unvereinbarkeit seiner politischen Aktivitäten mit der Pflicht zur Verfassungstreue bewusst gewesen wäre. Dafür fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten.

48

aa) Das Fehlen einer Unterrichtung darüber, welche Parteien, Organisationen und Aktivitäten das beklagte Land als verfassungsfeindlich einstuft, kann - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - Einfluss auf den subjektiven Tatbestand des § 123 Abs. 1 BGB haben. Ein Arbeitnehmer, der sich für eine zwar objektiv verfassungsfeindlich, aber nicht verbotene Partei oder Organisation engagiert und aktiv für deren Ziele eintritt, kann subjektiv der Auffassung sein, er bewege sich (noch) auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und setze sich nicht für verfassungsfeindliche Bestrebungen ein.

49

bb) Davon ist das Landesarbeitsgericht im Streitfall ausgegangen. Es hat angenommen, der Kläger habe aus seiner subjektiven Sicht in seinen Aktivitäten für die NPD/JN keinen Widerspruch zu dem Inhalt seiner Erklärung vom 17. Juli 2003 erblickt. Er berufe sich gerade darauf, dass er sich stets in vollem Umfang zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekannt habe und weiterhin bekenne, auch nicht Mitglied oder Anhänger einer Partei sei, deren Ziele sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung des Grundgesetzes richteten. Umstände, die den Schluss zuließen, dies habe nicht der wahren Überzeugung des Klägers entsprochen, lägen nicht vor.

50

cc) Diese tatrichterliche Würdigung unterliegt der revisionsrechtlichen Kontrolle nur daraufhin, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist, gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt und ob alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände beachtet worden sind. Einen solchen Rechtsfehler zeigt die Revision nicht auf. Sie bringt lediglich vor, das Landesarbeitsgericht habe nicht ausreichend auf die Erfahrungen Bedacht genommen, die der Kläger im Zusammenhang mit der Nichtverlängerung seines vorhergehenden Arbeitsverhältnisses gesammelt habe. Das trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat den Vortrag des beklagten Landes, der Kläger habe gewusst, dass sein Arbeitsverhältnis wegen seiner politischen Aktivitäten nicht verlängert worden sei, berücksichtigt. Daraus ergab sich aber weder, dass sich der Kläger wahrheitswidriger Angaben zu seiner Verfassungstreue bewusst gewesen wäre, noch dass er bewusst einer sich aufdrängenden Offenbarungspflicht zuwider gehandelt hätte. Zum einen ist nicht dargetan, dass der Kläger selbst von der Verfassungsfeindlichkeit der NPD oder ihrer Jugendorganisation überzeugt gewesen wäre oder dies zumindest billigend in Kauf genommen hätte. Zum anderen konnte er, selbst wenn er erkannt haben mag, dass zumindest das beklagte Land die NPD als verfassungsfeindlich einstuft, durchaus subjektiv der Auffassung sein, nicht selbst derartige Ziele zu unterstützen oder sonstwie auf ein aktives Bekämpfen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes auszugehen und damit jedenfalls (noch) das für die angestrebte Tätigkeit erforderliche Maß an Verfassungstreue aufzubringen.

51

IV. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auch nicht durch die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 8. Mai 2008 aufgelöst worden. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt. Es sind nach der Abmahnung vom 4. Oktober 2007 keine zusätzlichen Umstände eingetreten oder dem beklagten Land erstmals bekannt geworden, die als Verstoß des Klägers gegen seine (einfache) Pflicht zur Verfassungstreue anzusehen wären.

52

1. Es kann dahinstehen, ob die mit Schreiben des Landesamts für Verfassungsschutz vom 23. August 2007 mitgeteilten Aktivitäten des Klägers einen Kündigungsgrund darstellen. Das beklagte Land hat sie zum Gegenstand einer Abmahnung gemacht. Es hat sich damit eines etwaigen Kündigungsrechts wegen dieser Sachverhalte begeben, solange nicht neue Verstöße hinzutreten.

53

a) Regelmäßig liegt im Ausspruch einer Abmahnung der konkludente Verzicht auf das Recht zur Kündigung aus den in ihr gerügten Gründen. Der Arbeitgeber gibt mit einer Abmahnung zu erkennen, er sehe das Arbeitsverhältnis noch nicht als so gestört an, dass er es nicht mehr fortsetzen könne. Auf das dafür maßgebliche Motiv kommt es nicht an (BAG 26. November 2009 - 2 AZR 751/08 - Rn. 12, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 61 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 5; 13. Dezember 2007 - 6 AZR 145/07 - Rn. 24, BAGE 125, 208; 2. Februar 2006 - 2 AZR 222/05 - Rn. 22, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 52).

54

b) Das beklagte Land hat dem Kläger mit der Abmahnung vom 4. Oktober 2007 für den Fall „anhaltender Aktivitäten für die rechtsextremistische Szene“ eine Kündigung in Aussicht gestellt. Mit dieser Ankündigung hat es stillschweigend erklärt, eben dies aufgrund der aktuell bekannt gewordenen Ereignisse nicht tun zu wollen. Darin liegt ein bewusster Verzicht auf das Recht zur Kündigung.

55

c) Der mit einer Abmahnung verbundene Verzicht auf ein Kündigungsrecht erfasst auch das Recht, aus einem Grund in der Person des Arbeitnehmers zu kündigen, der sich aus dem betreffenden Sachverhalt ergeben mag. Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen auf steuerbarem Verhalten beruhenden, also behebbaren Eignungsmangel vorhält und ihn insoweit abgemahnt hat, ist es ihm wie nach der Abmahnung pflichtwidrigen Verhaltens verwehrt, zur Rechtfertigung einer späteren Kündigung ausschließlich den der Abmahnung zugrunde liegenden Sachverhalt heranzuziehen.

56

d) Der Verzicht wird hinfällig, wenn weitere Gründe zu den abgemahnten hinzutreten oder zwar bei Ausspruch der Abmahnung objektiv schon vorlagen, aber erst danach bekannt wurden. Diese können vom Arbeitgeber zur Begründung einer Kündigung herangezogen werden, die sowohl die neuen oder neu bekannt gewordenen Tatsachen als auch unterstützend die bereits abgemahnten Gründe erfasst, sofern sich daraus ein über das abgemahnte Verhalten hinausgehender Kündigungsgrund ergibt (BAG 26. November 2009 - 2 AZR 751/08 - Rn. 15, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 61 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 5; 10. November 1998 - 2 AZR 215/88 - zu II 2 d bb der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Abmahnung Nr. 3 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 18).

57

2. Danach ist die Kündigung nicht aus Gründen in der Person des Klägers gerechtfertigt.

58

a) Den Kläger trifft lediglich eine sog. einfache und keine gesteigerte politische Treuepflicht. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen.

59

aa) Eine Verpflichtung des Klägers, wie ein Beamter jederzeit aktiv für die Grundordnung der Verfassung einzutreten, ergibt sich nicht schon aus der Aufgabenstellung der Finanzverwaltung. Auch wenn diese als Eingriffsverwaltung (vgl. bspw. BVerwG 26. Juni 1980 - 2 C 37/78 - BVerwGE 60, 254) hohe Anforderungen an die Integrität und Loyalität der mit der Erhebung und Beitreibung von Steuern befassten Mitarbeiter stellen muss, bedeutet dies nicht, dass es nicht auch in ihrem Bereich Funktionen gäbe, die den Einsatz von Beschäftigten mit einem geringeren Maß an Verfassungstreue zuließen.

60

bb) Dem Vorbringen des beklagten Landes lässt sich nicht entnehmen, dass für die Wahrnehmung der dem Kläger zugewiesenen Arbeitsaufgaben ein gesteigertes Maß an Verfassungstreue erforderlich wäre. Der Kläger trägt für die im Druckzentrum erstellten Steuer- oder Beihilfebescheide inhaltlich keine Verantwortung. Seine Aufgabe besteht vornehmlich in der Planung, Steuerung und Überwachung des Druck- und Versandverfahrens. Im Vordergrund steht die Gewährleistung eines technisch reibungslosen Ablaufs der (körperlichen) Herstellung der Bescheide und deren ordnungsgemäße Versendung. Der Umstand, dass der Kläger dabei Zugang zu personenbezogenen Daten der Steuerpflichtigen hat, vermag ein Verlangen nach gesteigerter Loyalität nicht zu begründen. Soweit das beklagte Land erstmals in der Revision vorgetragen hat, der Kläger habe „umfassende Zugriffsmöglichkeiten auf höchst sensible Daten und zwar sowohl im Bereich der Großrechner als auch der Produktionsserver“ und habe zudem die Möglichkeit, „Daten und Dokumente bei der Druckaufbereitung selbständig zu bearbeiten“, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, mit dem es in der Revision nicht mehr gehört werden kann. Auf die Schlüssigkeit des Vortrags kommt es nicht an.

61

b) Unterliegt der Kläger deshalb „nur“ einer sog. einfachen politischen Loyalitätspflicht, verlangt diese von ihm lediglich die Gewähr, nicht selbst aktiv verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen oder darauf auszugehen, den Staat, die Verfassung oder ihre Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen (BAG 5. August 1982 - 2 AZR 1136/79 - zu III 1 b der Gründe, BAGE 40, 1). Ein Verstoß gegen diese „einfache“ Treuepflicht kann nicht schon aus der Mitgliedschaft des Klägers in der NPD und Übernahme bestimmter Funktionen in der Partei abgeleitet werden, die dem beklagten Land nach eigenem Vorbringen erst nach der Abmahnung bekannt geworden sind. Dabei kann zugunsten des beklagten Landes erneut unterstellt werden, dass die NPD verfassungsfeindliche Ziele verfolgt.

62

aa) Ein Arbeitnehmer, dem eine „einfache“ Treuepflicht obliegt, verletzt diese nicht schon dadurch, dass er verfassungsfeindliche Ziele einer Organisation für richtig hält und dies durch eine Mitgliedschaft oder andere Aktivitäten zum Ausdruck bringt. Diese Pflicht wird erst durch ein Verhalten verletzt, das in seinen konkreten Auswirkungen darauf gerichtet ist, verfassungsfeindliche Ziele der Organisation aktiv zu fördern oder zu verwirklichen (BAG 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12; 12. März 1986 - 7 AZR 469/81 -). Dazu bedarf es der Darlegung konkreter, auf den Arbeitnehmer bezogener Umstände, die geeignet sind, ein aktives Eintreten für verfassungsfeindliche Ziele der Partei hinreichend zu individualisieren (vgl. BAG 15. Juli 1982 - 2 AZR 887/79 - zu C II 2 d aa der Gründe, BAGE 39, 180).

63

bb) Derartige Umstände hat das beklagte Land - unter Beachtung der sich aus der Abmahnung ergebenden Beschränkungen - nicht dargetan.

64

(1) Die Teilnahme des Klägers an der „Gedenkveranstaltung“ der NPD am 18. November 2007 lässt kein aktives Eintreten für verfassungsfeindliche Ziele der Partei erkennen. Zwar sind derartige Gedenkveranstaltungen in der Tradition des nationalsozialistischen „Heldengedenkens“ zu sehen. Die schlichte Teilnahme lässt aber keinen weitergehenden Schluss zu als dass er sich in innerer Übereinstimmung damit befunden haben mag. Dies gilt auch für die Behauptung des beklagten Landes, auf der Versammlung sei die erste Strophe des Deutschlandlieds gesungen worden. Es hält sich im Beurteilungsspielraum des Berufungsgerichts, wenn es in einem solchen Verhalten keinen genügenden Anhaltspunkt dafür gesehen hat, der Kläger sei etwa nicht bereit, die deutschen Staatsgrenzen anzuerkennen, und sei bestrebt, diese Grenzen auf verfassungs- und völkerrechtswidrigem Wege zu beseitigen.

65

(2) Soweit sich das beklagte Land auf das Versenden eines „Newsletters“ vom 25. Juli 2008 und weitere, im Anschluss daran entfaltete Aktivitäten beruft, kann dahinstehen, ob der Kläger insoweit in verfassungsfeindlicher Weise agiert hat. Es handelt sich um Vorgänge, die in die Zeit nach Ausspruch der Kündigung fallen und die zu deren Rechtfertigung nicht herangezogen werden können (vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 52 mwN, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32).

66

(3) Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht das schon vor Beginn des Arbeitsverhältnisses der Parteien verfasste Schreiben des Klägers vom 18. Dezember 2001.

67

(a) Das Landesarbeitsgericht ist, was die Einführung dieses Schreibens in den Rechtsstreit betrifft, von einem unzulässigen Nachschieben von Kündigungsgründen ausgegangen. Der Sachverhalt unterliege einem Verwertungsverbot, weil das beklagte Land nicht aufgezeigt habe, dass der Personalrat hierzu erneut beteiligt worden sei. Nicht erforderlich sei, dass der Arbeitnehmer die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats gerügt habe.

68

(b) Es kann dahinstehen, ob dieser Auffassung zu folgen ist. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob eine Berücksichtigung des Schreibens schon deshalb nicht möglich ist, weil Grundlage der Beurteilung bereits eingetretener oder noch zu erwartender Vertragsverletzungen in erster Linie das Verhalten des Arbeitnehmers während der Dauer des Arbeitsverhältnisses sein muss (BAG 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 a ee der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12). Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist jedenfalls deshalb zutreffend (§ 561 ZPO), weil sich aus dem nachträglich bekannt gewordenen Schreiben kein über das abgemahnte Verhalten hinausgehender, eigenständiger Kündigungsgrund ergibt.

69

Das beklagte Land hat den Kläger ua. deshalb abgemahnt, weil er sich am 9. Juni 2007 als Verantwortlicher für die Gründung des Stützpunkts K der JN zu erkennen gegeben hat. Bereits in diesem Verhalten kam zum Ausdruck, dass der Kläger hinter den Zielen der JN steht und diese fördern will. Ein damit verbundener Verstoß gegen die ihm obliegende Treuepflicht erhält nicht deshalb ein größeres oder anderes Gewicht, weil der Kläger bereits vor der Kündigung mit seinem Sprachgebrauch eine Identifikation mit verfassungsfeindlichen Zielen der NPD/JN zum Ausdruck gebracht haben mag.

70

3. Die Kündigung ist nicht aus Gründen im Verhalten des Klägers gerechtfertigt.

71

a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass eine - sowohl von § 626 Abs. 1 BGB als auch § 1 Abs. 2 KSchG vorausgesetzte - konkrete Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses nicht schon darin liegt, dass der Arbeitsablauf oder der Betriebsfrieden durch das innerbetriebliche oder außerdienstliche politische Verhalten des Arbeitnehmers abstrakt oder konkret gefährdet ist. Erforderlich ist, dass eine konkrete Störung tatsächlich eingetreten ist (BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 62, 256; 17. März 1988 - 2 AZR 576/87 - BAGE 58, 37; 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 b der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12).

72

b) Konkrete Beeinträchtigungen hat das beklagte Land nicht vorgetragen.

73

aa) Es behauptet nicht, der Kläger habe seine politische Einstellung innerhalb der Finanzverwaltung offen vertreten und dadurch die Arbeitsabläufe und/oder den Betriebsfrieden gestört.

74

bb) Ebenso wenig benennt es „greifbare“ Tatsachen, die erkennen ließen, das Verhalten des Klägers beeinträchtige unmittelbar berechtigte Sicherheitsinteressen. Soweit es vorbringt, der Kläger habe vor einem Sommerfest der JN, bei dem er „durch das Programm“ geführt habe, an einer von ihm - dem beklagten Land - angebotenen Fortbildungsveranstaltung teilgenommen und daraus Nutzen gezogen, waren ihm - dem beklagten Land - die maßgebenden Umstände bereits bei Ausspruch der Abmahnung bekannt.

75

cc) Eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses ergibt sich schließlich nicht aus einem möglichen Ansehensverlust oder einem Verlust des Vertrauens „redlicher Bürger“ in eine rechtsstaatliche Steuerverwaltung. Das beklagte Land hat nicht dargetan, dass die Aktivitäten des Klägers und dessen Stellung als Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung bekannt geworden wären und konkrete Wirkungen gezeitigt hätten.

76

V. Das beklagte Land hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Kreft    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Berger    

        

        

        

    Baerbaum    

        

    Bartz    

                 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 15. Dezember 2010 - 2 Sa 742/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs.

2

Die Klägerin war seit dem 1. September 1981 in einem Warenhaus der Beklagten beschäftigt. Zuletzt hatte sie die Stellung einer Abteilungsleiterin inne.

3

Im Herbst des Jahres 2008 deutete die Klägerin dem Geschäftsführer ihrer Filiale an, aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden zu wollen, um ihren Mann bei dessen beabsichtigter Selbständigkeit zu unterstützen. Im Januar 2009 erkrankte die Klägerin. Ab Februar 2009 führte sie mit dem Personalleiter der Beklagten Gespräche über ihr Ausscheiden. Sie signalisierte bereit zu sein, ihr Arbeitsverhältnis gegen eine Abfindung von 55.000,00 Euro zu beenden. Man kam überein, dass die Beklagte kündigen und man sodann einen gerichtlichen Vergleich protokollieren lassen würde.

4

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 20. Mai 2009 zum 31. Dezember 2009. Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage. In der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht schlossen die Parteien am 8. Juni 2009 folgenden Vergleich:

        

„1.     

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch ordentliche arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung vom 20. Mai 2009 fristgerecht mit dem 31. Dezember 2009 endet.

        

2.    

Als Abfindung nur für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlt die Beklagte an die Klägerin entsprechend den §§ 9, 10 KSchG einen Betrag iHv. 55.000,00 Euro brutto.

        

3.    

Damit ist der Rechtsstreit beendet.“

5

Am 9. Juni 2009 stellte die Beklagte einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Verfahren wurde am 1. September 2009 eröffnet. Nachdem ein Insolvenzplan erstellt worden war, wurde es zum 30. September 2010 aufgehoben.

6

Mit Anwaltsschreiben vom 23. Oktober 2009 focht die Klägerin gegenüber dem Insolvenzverwalter den gerichtlichen Vergleich vom 8. Juni 2009 wegen arglistiger Täuschung an. Auf der Grundlage des Insolvenzplans hätte sie mit einer Quote von 3 vH der Vergleichsforderung zu rechnen.

7

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit des Vergleichs und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht. Sie hat behauptet, sie habe den Vergleich im Vertrauen darauf geschlossen, der vorgesehene Abfindungsbetrag werde tatsächlich gezahlt. Die rechtlichen Folgen einer Insolvenz seien ihr nicht geläufig gewesen. Es sei offensichtlich, dass die Beklagte bei Abschluss des Vergleichs gewusst habe, dass sie entgegen ihrer Zusicherung die Abfindungssumme nicht würde zahlen können. Die Beklagte habe den Insolvenzantrag am 8. Juni 2009 bereits konkret vorbereitet. Ihr selbst seien nur die allgemeinen finanziellen Schwierigkeiten der Beklagten bekannt gewesen. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr Schreiben vom 23. Oktober 2009 sei zugleich als Rücktritt vom Vergleich zu verstehen.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass der gerichtliche Vergleich vom 8. Juni 2009 den Rechtsstreit nicht beendet hat;

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 20. Mai 2009 nicht aufgelöst worden ist;

        

3.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund des gerichtlichen Vergleichs mit Ablauf des 31. Dezember 2009 beendet worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht;

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, sie zu den bisherigen Bedingungen als Abteilungsleiterin weiterzubeschäftigen;

        

hilfsweise zu 2. und 3.,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihr Angebot, sie mit Wirkung vom 1. Januar 2010 unter Anerkennung der bisherigen Betriebszugehörigkeit wieder einzustellen, anzunehmen.

9

Die Beklagte hat beantragt festzustellen, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 8. Juni 2009 beendet ist. Sie hat vorgetragen, sie habe am 8. Juni 2009 keine Kenntnis davon gehabt, dass sie am Folgetag Insolvenzantrag würde stellen müssen. Noch am 8. und sogar am 9. Juni 2009 selbst sei über die Gewährung von Staatshilfen verhandelt worden. Erst nachdem die Gespräche negativ verlaufen seien, sei der Antrag gestellt worden. Ein Rücktrittsrecht stehe der Klägerin nicht zu, es habe sich lediglich das Insolvenzrisiko realisiert.

10

Das Arbeitsgericht hat nach dem Antrag der Beklagten erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist unbegründet. Der Rechtsstreit ist durch den gerichtlichen Vergleich vom 8. Juni 2009 beendet.

12

I. Die Anträge der Klägerin sind zulässig.

13

1. Zwar bestünden daran mit Blick auf den Antrag zu 1), wäre dieser als echter Sachantrag zu verstehen, Bedenken. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden Zwischenfeststellung gem. § 256 Abs. 2 ZPO nicht dargelegt. Die Auslegung ergibt jedoch, dass die Klägerin mit dem Antrag zu 1) keine eigenständige Feststellung begehrt. Ihr Ziel ist die sachliche Bescheidung ihrer Anträge zu 2) bis 4). Dafür ist als Vorfrage zu klären, ob der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 8. Juni 2009 beendet ist. Einer gesonderten Feststellung bedarf es nicht.

14

2. Streiten die Parteien über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs, ist dieser Streit in demselben Verfahren auszutragen, in dem der Vergleich geschlossen wurde (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 544/08 - Rn. 16, AP BGB § 123 Nr. 68 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 9; 23. November 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 15, BAGE 120, 251). Ob der alte Prozess auch dann fortzusetzen ist, wenn der Prozessvergleich materiellrechtlich aus Gründen unwirksam wird, die erst nach seinem Abschluss entstanden sind - wenn etwa ausschließlich ein gesetzliches Rücktrittsrecht geltend gemacht wird -, kann dahinstehen (str.; vgl. bejahend BAG 5. August 1982 - 2 AZR 199/80 - zu B II 4 der Gründe, BAGE 40, 17; verneinend BGH 10. März 1955 - II ZR 201/53 - zu II 3 der Gründe, BGHZ 16, 388). Jedenfalls dann, wenn neben einem Rücktritt auch die Anfechtung erklärt wurde, ist der bisherige Prozess fortzusetzen (Hanseatisches OLG Hamburg 30. November 1994 - 4 U 167/94 - ZMR 1996, 266; Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 30. Aufl. § 794 Rn. 36). Wird der Vergleich als wirksam angesehen, so ist auszusprechen, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich erledigt ist (BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 544/08 - aaO; 23. November 2006 - 6 AZR 394/06 - aaO; BGH 10. März 1995 - II ZR 201/53 - aaO).

15

II. Die auf die Fortsetzung des bisherigen Rechtsstreits und eine Sachentscheidung gerichtete Klage ist unbegründet. Der Prozessvergleich vom 8. Juni 2009 hat den Rechtsstreit wirksam beendet. Über die Sachanträge, einschließlich des Hilfsantrags, ist nicht mehr zu entscheiden.

16

1. Ein Prozessvergleich hat neben seinen materiellrechtlichen Folgen iSv. § 779 BGB unmittelbar prozessbeendende Wirkung(vgl. BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 544/08 - Rn. 15, AP BGB § 123 Nr. 68 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 9; Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 30. Aufl. § 794 Rn. 3, 26). Er wird zur Beilegung und damit Erledigung des Rechtsstreits geschlossen (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Erledigung tritt grundsätzlich mit dem Abschluss des Vergleichs ein. Auch im Streitfall haben die Parteien in Ziff. 3) des Vergleichs vereinbart, dass der Rechtsstreit damit beendet sei.

17

Auch soweit die Klägerin geltend macht, der Vergleich vom 8. Juni 2009 sei dahin auszulegen, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht ohne die Abfindungszahlung habe eintreten sollen, ändert dies nichts an seiner unmittelbar prozessbeendenden Wirkung. Die von ihr begehrte Fortsetzung des Rechtsstreits ist deshalb nur bei Unwirksamkeit des Vergleichs möglich.

18

2. Der Prozessvergleich vom 8. Juni 2009 ist wirksam.

19

a) Er ist nicht aus formellen Gründen unwirksam. Die Klägerin macht solche Mängel weder geltend, noch sind sie sonst ersichtlich. Der Vergleich ist ausweislich der Sitzungsniederschrift des Arbeitsgerichts vom 8. Juni 2009 ordnungsgemäß protokolliert worden.

20

b) Der Prozessvergleich ist nicht gem. § 138 Abs. 1 BGB oder § 134 BGB von Anfang an nichtig. Versteht man seinen Inhalt mit dem Landesarbeitsgericht dahin, die Klägerin habe bereits mit seinem Abschluss der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zugestimmt, die Abfindung habe jedoch erst mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. Dezember 2009 fällig werden sollen, hätte die Klägerin ihre Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwar als Vorleistung erbracht. Das verstieße aber weder gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB noch gegen die guten Sitten iSv. § 138 Abs. 1 BGB(vgl. für einen außergerichtlichen Aufhebungsvertrag BAG 10. November 2011 - 6 AZR 342/10 - Rn. 21). Auch eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nicht vor. Die Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers entspricht bei der Vereinbarung eines Beendigungsvergleichs regelmäßig den zugrunde liegenden Interessen. Einerseits wird der Arbeitnehmer dadurch bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses wirtschaftlich so gestellt, wie er ohne die Aufhebungsvereinbarung gestanden hätte. Andererseits kann, da ein Aufhebungsvertrag in der Regel unter der aufschiebenden Bedingung steht, dass das Arbeitsverhältnis bis zu dem vereinbarten Auflösungszeitpunkt fortgesetzt wird (BAG 10. November 2011 - 6 AZR 342/10 - aaO; 5. April 2001 - 2 AZR 217/00 - zu II 3 b der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 34 = EzA BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10), die vereinbarte Abfindungszahlung dann gegenstandslos werden, wenn später zB eine außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis noch vor dem im Vertrag vorgesehenen Zeitpunkt auflöst (vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 342/10 - aaO; DFL/Fischermeier 4. Aufl. § 626 BGB Rn. 32).

21

c) Der Vergleich ist nicht gem. § 142 Abs. 1 BGB von Anfang an nichtig. Die Klägerin hat ihn zwar frist- und formgerecht gem. § 124 Abs. 1 und Abs. 2, § 143 Abs. 1 und Abs. 2 BGB angefochten. Ein Anfechtungsgrund liegt aber nicht vor. Die Klägerin ist nicht durch arglistige Täuschung iSv. § 123 Abs. 1 BGB zum Abschluss des Vergleichs bestimmt worden.

22

aa) Eine arglistige Täuschung iSv. § 123 Abs. 1 BGB setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn hierdurch zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst hat. Dabei muss sich die Täuschung auf objektiv nachprüfbare Tatsachen beziehen. Die Äußerung subjektiver Werturteile genügt nicht (BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 41, EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10; 16. Dezember 2004 - 2 AZR 148/04 - AP BGB § 123 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 5). Eine Täuschung kann auch in dem Verschweigen von Tatsachen bestehen, sofern der Erklärende zu deren Offenbarung verpflichtet war. Das subjektive Merkmal „Arglist“ iSv. § 123 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim Erklärungsgegner entstehen oder aufrechterhalten werden; Fahrlässigkeit - auch grobe Fahrlässigkeit - genügt insoweit nicht. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Anfechtende; dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen (vgl. BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 43; 20. Mai 1999 - 2 AZR 320/98 - zu B I 4 der Gründe, BAGE 91, 349).

23

bb) Danach war die Anfechtung im Streitfall nicht berechtigt.

24

(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin habe von der finanziell bedrängten Lage der Beklagten bei Abschluss des Vergleichs gewusst. Aus den Medien sei bekannt gewesen, eine Insolvenz der Beklagten sei möglich und würde nur durch staatliche Finanzhilfen abgewendet werden können. In dieser Lage habe die Klägerin nicht davon ausgehen können, die Zahlungsfähigkeit der Beklagten werde in der Folgezeit, jedenfalls für den Zeitraum bis zur Fälligkeit der Abfindung, gesichert sein.

25

(2) Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Beklagte bei Abschluss des Vergleichs arglistig falsche Tatsachen behauptet oder die Offenbarung bestimmter Tatsachen pflichtwidrig und arglistig unterlassen hätte, so dass bei ihr - der Klägerin - für den Abschluss des Vergleichs ursächliche Fehlvorstellungen hervorgerufen worden wären.

26

(a) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, das Berufungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, ihr sei unbekannt gewesen, dass die Beklagte den Insolvenzantrag am 8. Juni 2009 bereits konkret vorbereitet habe. Das Landesarbeitsgericht hat eine arglistige Täuschung auch angesichts dieses Vorbringens ohne Rechtsfehler verneint.

27

(aa) Die Klägerin hat nicht behauptet, der Personalleiter der Beklagten, welcher für diese den Vergleich schloss, habe bereits am 8. Juni 2009 Kenntnis von der Vorbereitung des Insolvenzantrags gehabt. Gem. § 166 Abs. 1 BGB ist im Falle der Vertretung jedoch auf die Kenntnis des Vertreters abzustellen. Ebenso wenig hat die Klägerin mit Blick auf § 166 Abs. 2 BGB behauptet, der Personalleiter habe den Vergleich auf Weisung anderer Vertreter der Beklagten geschlossen, welche ihrerseits Kenntnis von der Vorbereitung des Insolvenzantrags gehabt hätten.

28

(bb) Selbst bei entsprechender Kenntnis auf Seiten des Personalleiters läge kein arglistiges Verschweigen iSv. § 123 Abs. 1 BGB vor. Der Klägerin war bekannt, dass der Beklagten die Zahlungsunfähigkeit drohte. Unter diesen Umständen musste die Beklagte nicht annehmen, es sei für die Entscheidung der Klägerin, den Prozessvergleich abzuschließen, von Bedeutung, ob für den Fall des tatsächlichen Eintritts der Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzantrag bereits vorbereitet wäre.

29

(b) Die Klägerin hat - anders als ihr Vorbringen in der Revision nahelegt - in den Vorinstanzen nicht behauptet, der Beklagten oder dem Personalleiter sei bei Abschluss des Vergleichs bekannt gewesen, dass der Insolvenzantrag in jedem Fall schon am nächsten Tag eingereicht würde. Ebenso wenig hat sie behauptet, sie würde den Vergleich jedenfalls nicht am 8. Juni 2009 geschlossen haben, hätte sie gewusst, dass am Folgetag möglicherweise die für eine Insolvenz entscheidenden Verhandlungen über mögliche Staatshilfen für die Beklagte geführt würden.

30

d) Die Klägerin ist nicht wirksam von dem Prozessvergleich vom 8. Juni 2009 zurückgetreten. Es bedarf keiner Entscheidung, ob dem Schreiben vom 23. Oktober 2009, mit welchem sie den Vergleich anfocht, zugleich eine Rücktrittserklärung entnommen werden kann oder ob zumindest eine entsprechende Umdeutung der Anfechtungserklärung möglich ist. Ein Rücktrittsrecht folgt, wie das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt hat, weder aus § 313 Abs. 1, Abs. 3 BGB noch aus § 323 Abs. 1 BGB. Es ergibt sich auch nicht aus § 326 Abs. 5 BGB.

31

aa) Die Klägerin konnte nicht wirksam wegen einer wesentlichen Änderung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB von dem Prozessvergleich zurücktreten.

32

(1) Gem. § 313 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB kann die benachteiligte Partei von einem gegenseitigen Vertrag zurücktreten, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben, die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, ihr ein Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann und eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder ihrerseits einem Teil nicht zumutbar ist. Geschäftsgrundlage in diesem Sinne sind zum einen die gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragspartner, die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt geworden, beim Abschluss aber zutage getreten sind, zum anderen die dem Geschäftspartner erkennbaren oder von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen Partei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt oder Nichteintritt bestimmter Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien aufbaut (st. Rspr., etwa BGH 28. April 2005 - III ZR 351/04 - zu II 1 c der Gründe, BGHZ 163, 42).

33

(2) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, ein solches Rücktrittsrecht habe nicht bestanden. Die Zahlungsfähigkeit der Beklagten - und damit die Möglichkeit, den Vergleich vollständig zu erfüllen - sei objektiv bereits bei Abschluss des Vergleichs gefährdet gewesen. Den Parteien sei durch die umfangreiche Berichterstattung in den Medien bekannt gewesen, dass der A, zu der die Beklagte gehört habe, die Insolvenz gedroht habe. Die Zahlungsfähigkeit der Beklagten zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Abfindung am 31. Dezember 2009 sei damit von Beginn an nicht gesichert gewesen. Nach dem Scheitern der Sanierungsbemühungen habe sich dieses Insolvenzrisiko realisiert. Das berechtige die Klägerin nicht zum Rücktritt.

34

(3) Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Mit dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Beklagten haben sich die Umstände, unter denen der Vergleich von beiden Parteien geschlossen worden war, nicht unvorhergesehen verändert. Soweit die Klägerin behauptet hat, beide Parteien seien vor und bei Abschluss des Vergleichs von der Erfüllbarkeit der Abfindungszahlung ausgegangen, hat sich, eine solche gemeinsame Erwartung unterstellt, durch den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Beklagten gleichwohl nur ein beiden Parteien bereits bei Vergleichsabschluss bekanntes Risiko verwirklicht. Es fehlt damit an einer schwerwiegenden nachträglichen Veränderung der Umstände iSv. § 313 Abs. 1 BGB.

35

bb) Die Klägerin konnte von dem Vergleich nicht gem. § 323 Abs. 1 BGB wegen Nichterbringung der Leistung zurücktreten. Der Umstand, dass ihr Abfindungsanspruch durch die Insolvenzeröffnung zu einer Insolvenzforderung geworden ist, begründete kein Rücktrittsrecht nach § 323 Abs. 1 Alt. 1 BGB. Nach Eröffnung der Insolvenz ist die Abfindungsforderung nicht mehr durchsetzbar. Damit ist für die Anwendung des § 323 Abs. 1 Alt. 1 BGB kein Raum.

36

(1) Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist Voraussetzung für das gesetzliche Rücktrittsrecht nach § 323 BGB die Durchsetzbarkeit der ursprünglichen Forderung(BAG 10. November 2011 - 6 AZR 342/10 - Rn. 31; Staudinger/Otto/Schwarze [2009] § 323 Rn. B 28; Soergel/Gsell 13. Aufl. § 323 Rn. 50; Bamberger/Roth/Grothe BGB 2. Aufl. Bd. 1 § 323 Rn. 5; MünchKommBGB/Ernst 5. Aufl. § 323 Rn. 47). § 323 Abs. 1 BGB ermöglicht dem Gläubiger die Wahl, von der Durchsetzung der Forderung durch Leistungsklage abzusehen und sich stattdessen für eine Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses zu entscheiden. Das gesetzliche Rücktrittsrecht setzt damit voraus, dass der Schuldner die geschuldete Leistung ordnungsgemäß erbringen kann und muss, dies aber - warum auch immer - nicht tut (vgl. Staudinger/Otto/Schwarze [2009] § 323 Rn. A 8). Eine das Rücktrittsrecht begründende Verletzung der Leistungspflicht iSv. § 323 Abs. 1 BGB ist dagegen ausgeschlossen, wenn der Schuldner gar nicht leisten muss oder gar nicht leisten darf, die Forderung also nicht durchsetzbar ist(BAG 10. November 2011 - 6 AZR 342/10 - aaO).

37

(2) Ein Abfindungsanspruch aus einem mit dem Schuldner geschlossenen Vergleich, der bei Ausübung des Rücktrittsrechts wegen zwischenzeitlich erfolgter Insolvenzeröffnung nur noch eine Insolvenzforderung darstellt, ist nicht durchsetzbar (vgl. für den Abfindungsanspruch aus einem außergerichtlichen Aufhebungsvertrag BAG 10. November 2011 - 6 AZR 342/10 - Rn. 32). Der Arbeitnehmer kann in einem solchen Fall nicht mehr auf Leistung der Abfindung klagen, sondern nur noch gem. §§ 174 ff. InsO die Feststellung seiner Forderung zur Insolvenztabelle verlangen. Die ursprüngliche Abfindungsforderung ist - auch nach Eintritt ihrer Fälligkeit - nicht mehr durchsetzbar (vgl. im Einzelnen BAG 10. November 2011 - 6 AZR 342/10 - Rn. 32 ff.). Dabei bleibt es auch dann, wenn das Insolvenzverfahren nach Aufstellung eines Insolvenzplans gem. § 258 InsO aufgehoben wird. Nach § 254 Abs. 1 InsO gilt in diesem Fall der gestaltende Teil des bestätigten Insolvenzplans. Der Schuldner wird mit der im gestaltenden Teil vorgesehenen Befriedigung der Insolvenzgläubiger von seinen restlichen Verbindlichkeiten gem. § 227 Abs. 1 InsO befreit, soweit im Insolvenzplan nichts anderes bestimmt ist.

38

(3) Ein Rücktrittsrecht der Klägerin gem. § 323 Abs. 1 Alt. 1 BGB ist danach nicht gegeben. Die Abfindungsforderung war nach der Insolvenzeröffnung am 1. September 2009 nicht mehr durchsetzbar. Die Klägerin hat den Rücktritt vom Vergleich frühestens mit Schreiben vom 23. Oktober 2009 erklärt.

39

cc) Ein Rücktritt vom Vergleich war auch nicht gem. § 326 Abs. 5 BGB möglich. Nach dieser Bestimmung kann der Gläubiger von einem gegenseitigen Vertrag zurücktreten, wenn der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis Abs. 3 BGB nicht zu leisten braucht. Ein Fall des Ausschlusses der Leistungspflicht wegen Unmöglichkeit lag hier nicht vor. Der Abfindungsanspruch der Klägerin war wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zwar nicht durchsetzbar. Die Leistung wurde der Beklagten dadurch aber nicht im Sinne von § 275 BGB unmöglich(vgl. MünchKommBGB/Ernst 6. Aufl. § 275 Rn. 13; Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 275 Rn. 3, § 276 Rn. 28).

40

III. Als unterlegene Partei hat die Klägerin gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Eylert    

        

    Rachor    

        

        

        

    Söller    

        

    Jan Eulen    

                 

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.