Bundessozialgericht Urteil, 11. Aug. 2015 - B 9 SB 1/14 R

bei uns veröffentlicht am11.08.2015

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten noch um die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs (Merkzeichen) G (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr).

2

Bei der 1969 geborenen Klägerin war zunächst ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 festgestellt (Bescheid vom 29.8.2008). Auf erneuten Antrag stellte der beklagte Landkreis einen GdB von 50 fest, lehnte aber die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs G ab (Bescheid vom 6.7.2009; Erschöpfungssyndrom, Somatisierungsstörung, Schmerzverarbeitungsstörung, rezidivierende depressive Störung, ; Wirbelsäulensyndrom, Bandscheibenschaden mit Nervenwurzelreizungen, Tendomyopathie, ; Hautleiden mit Gelenkerkrankung, ; allergische Bronchitis, allergische Diathese, allergische Hauterkrankung, ). Den Widerspruch wies die Bezirksregierung Münster zurück (Widerspruchsbescheid vom 17.8.2009).

3

Das SG hat die Klage, mit der die Klägerin ursprünglich einen höheren GdB als 50 neben dem Merkzeichen G begehrte, nach Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens abgewiesen. Bei der Klägerin liege eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine rezidivierende depressive Störung (mittelgradige Episode) und eine abhängige Persönlichkeitsstörung vor. Die Beeinträchtigungen im Bereich der Psyche seien mit einem Einzel-GdB von 50 zu bewerten, der Gesamt-GdB betrage 50. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr liege nicht vor. Soweit die Klägerin subjektiv das Gefühl habe, dass sie nur 400 Meter gehen könne, ordne sich dies unter dem Gefühl der Verschlimmerung einer allgemeinen Schmerzsymptomatik ein und entspreche nicht einer eigentlichen Gehstörung (Urteil vom 5.3.2012).

4

Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG ein fachärztlich sozialmedizinisches Gutachten eingeholt, das den Gesamt-GdB mit 50 für angemessen hielt und bezüglich des geltend gemachten Nachteilsausgleichs G ausführte, keiner der gesetzlich geregelten Regelfälle liege vor. Jedoch bestehe bei der Klägerin eine Schmerzproblematik durch das vorhandene Fibromyalgie-Syndrom, auch als somatoforme Störung, zT mit hypochondrischen Symptomen bei depressiven Episoden. Die Klägerin sei überzeugt von ihren Einschränkungen und auf die körperlichen Einschränkungen fixiert, wobei die Schmerzwahrnehmung durch psychogene Prozesse deutlich verstärkt werde. Die Dauerleistungsfähigkeit mit der Vorgabe von zwei Kilometern in 30 Minuten sei zu keiner Zeit ohne erhebliche, nicht zumutbare Schmerzen zu bewältigen. Gestützt auf das sozialmedizinische Gutachten hat das LSG den Beklagten zur Feststellung des allein noch begehrten Nachteilsausgleichs G verurteilt. Das im SG-Verfahren eingeholte Gutachten sei demgegenüber nicht überzeugend, da es allein auf ein organisch bedingtes Gehvermögen abstelle, wenn es ein subjektives Gefühl nicht als eigentliche Gehstörung bezeichne (Urteil vom 16.10.2013).

5

Mit seiner Revision rügt der beklagte Landkreis die Verletzung materiellen Rechts (§ 146 Abs 1 S 1 SGB IX). Die Klägerin erfülle nicht die Beispielsfälle der Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-VO (AnlVersMedV). Das bei ihr vorhandene Schmerzsyndrom sei diesen auch nicht vergleichbar.

6

Der beklagte Kreis beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Oktober 2013 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 5. März 2012 zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

8

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des beklagten Landkreises ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Zu Recht hat das LSG der Klage stattgegeben. Die Klage ist zulässig (dazu 1.) und begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Feststellung des Nachteilsausgleichs G (dazu 2.).

10

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Aufhebung des Berufungsurteils, mit dem das LSG den Bescheid des Beklagten vom 6.7.2009 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Münster vom 17.8.2009 sowie das nachfolgende Urteil des SG abgeändert und den Beklagten verurteilt hat, bei der Klägerin die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich G festzustellen.

11

a) Dieses prozessuale Ziel verfolgt die Klägerin zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG - siehe zur statthaften Klageart etwa BSG Urteil vom 27.2.2002 - B 9 SB 6/01 R - Juris RdNr 40).

12

b) Die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche ist in Nordrhein-Westfalen (NRW) mit Wirkung vom 1.1.2008 durch das Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes NRW (GVBl NRW S 482) in Einklang mit höherrangigem Recht den Landkreisen übertragen worden. Dies hat der erkennende Senat wiederholt entschieden(vgl BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1; BSG Urteil vom 11.12.2008 - B 9 V 3/07 R - Juris; BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 13 ff mwN, 21; zum erneuten Übergang der Zuständigkeiten durch das hier nicht einschlägige Städteregion Aachen Gesetz vgl BSGE 109, 154 = SozR 4-3250 § 145 Nr 2). Hieran hält der Senat fest.

13

2. Die Klägerin hat wegen ihrer psychogenen Gangstörung Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs G.

14

a) Rechtsgrundlage für den Anspruch der Klägerin auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich G sind §§ 145 Abs 1 S 1, 146 Abs 1 S 1 iVm § 69 Abs 1 und 4 SGB IX. Gemäß § 145 Abs 1 S 1 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs 5 SGB IX Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im Nahverkehr iS des § 147 Abs 1 SGB IX. Über das Vorliegen der damit angesprochenen gesundheitlichen Merkmale treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs 1 und 4 SGB IX).

15

Nach § 146 Abs 1 S 1 SGB IX in der fortgeltenden Ursprungsfassung des Gesetzes vom 19.6.2001 (BGBl I 1046) ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahr für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.Das Gesetz fordert in § 145 Abs 1 S 1, § 146 Abs 1 S 1 SGB IX eine doppelte Kausalität: Ursache der beeinträchtigten Bewegungsfähigkeit muss eine Behinderung des schwerbehinderten Menschen sein und diese Behinderung muss sein Gehvermögen einschränken(BSG Urteil vom 24.4.2008 - B 9/9a SB 7/06 R - SozR 4-3250 § 146 Nr 1 RdNr 12).

16

Die nähere Präzisierung des Personenkreises schwerbehinderter Menschen mit einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ergibt sich aus dem in § 69 Abs 1 S 5 SGB IX aF Bezug genommenen versorgungsrechtlichen Bewertungssystem, dessen Kern ursprünglich die aus den Erfahrungen der Versorgungsverwaltung und den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft gewonnenen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) waren. Diese sind seit 1.1.2009 abgelöst durch die auf der Grundlage des § 30 Abs 17(bzw Abs 16) BVG erlassenen Versorgungsmedizin-VO vom 10.12.2008 (VersMedV, BGBl I 2412). Zwischenzeitlichen Bedenken an dieser Ermächtigung des Verordnungsgebers insbesondere zum Erlass von Vorgaben für die Beurteilung von Nachteilsausgleichen (vgl Dau jurisPR-SozR 24/2009 Anm 4) hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz vom 7.1.2015 (BGBl II 15) Rechnung getragen durch Schaffung einer nunmehr eigenständig in § 70 Abs 2 SGB IX angesiedelten Ermächtigungsgrundlage. Durch diese wird das BMAS seit 15.1.2015 ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des GdB und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Für eine Übergangszeit bis zum Erlass einer neuen Rechtsverordnung verbleibt es bei der bisherigen Rechtslage (vgl § 159 Abs 7 SGB IX; hierzu BT-Drucks 18/2953 und 18/3190 S 5).

17

Gemäß den Grundsätzen für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für Nachteilsausgleiche (Teil D Nr 1 Buchst b S 1 der Anlage zu § 2 VersMedV) ist ein schwerbehinderter Mensch in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, der infolge einer Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden, oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit, nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden (zur Anwendbarkeit der Grundsätze und zu normähnlichen Wirkungen wie untergesetzliche Normen vgl zuletzt BSG Urteil vom 16.12.2014 - B 9 SB 2/13 R RdNr 10 mwN; Loytved jurisPR-SozR 12/2015 Anm 3). Für die Bewegungseinschränkung ist nicht die Dauerhaftigkeit entscheidend (Loytved jurisPR-SozR 12/2015 Anm 3 mwN; anders bei Nachteilsausgleich aG, s Urteil des erkennenden Senats vom 11.8.2015 - B 9 SB 2/14 R RdNr 16 f). Bei der Prüfung der Frage, ob die weiteren Voraussetzungen vorliegen, kommt es zudem nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein - dh altersunabhängig von nicht behinderten Menschen - noch zu Fuß zurückgelegt werden (Teil D Nr 1 Buchst b S 2 AnlVersMedV). Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird (Teil D Nr 1 Buchst b S 3, 4 AnlVersMedV). Nähere Umschreibungen für einzelne Krankheitsbilder und Behinderungen enthalten darüber hinaus Teil D Nr 1 Buchst d, e und f AnlVersMedV. Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind danach ua als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen (Teil D Nr 1 Buchst d S 1). Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 und bei Atembehinderungen mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades anzunehmen (Teil D Nr 1 Buchst d S 3), die ebenfalls mit einem GdB von mindestens 50 zu bewerten sind. Besonderheiten gelten für hirnorganische Anfälle (Teil D Nr 1 Buchst e) und Orientierungsstörungen infolge von Sehstörungen, Hörstörungen oder geistiger Behinderung (Teil D Nr 1 Buchst f), die grundsätzlich nur ab einem Behinderungsgrad von wenigsten 70 Merkzeichenrelevanz entfalten. Weder das eine noch das andere in Teil D Nr 1 AnlVersMedV konkret gelistete Krankheitsbild liegt - wovon das LSG zutreffend ausgegangen ist - bei der Klägerin vor.

18

b) Psychische Störungen, die sich spezifisch auf das Gehvermögen auswirken, können zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr führen, auch wenn sie Anfallsleiden oder Orientierungsstörungen nicht gleichzusetzen sind. Dies ergibt sich aus Folgendem:

19

Anspruch auf den Nachteilsausgleich G hat über die genannten Regelbeispiele hinausgehend auch der schwerbehinderte Mensch, der nach Prüfung des einzelnen Falles aufgrund anderer Erkrankungen mit gleich schweren Auswirkungen auf die Gehfunktion und die zumutbare Wegstrecke (vgl zur "Generalklausel" Löbner Sozialrecht aktuell 2015, 5, 8) dem beispielhaft aufgeführten Personenkreis gleichzustellen ist. Teil D Nr 1 AnlVersMedV enthält keine abschließende Listung in Betracht kommender Behinderungen aus dem Formenkreis einzelner medizinischer Fachrichtungen, sondern erfasst etwa auch psychische Behinderungen. Dies legt schon der - noch der gesetzlichen Altregelung in § 60 Abs 1 S 1 Schwerbehindertengesetz (SchwbG) aF entsprechende - Wortlaut(Teil D Nr 1 Buchst b S 1 AnlVersMedV: "Einschränkung des Gehvermögens, auch durch…") nahe, der mit der Regelung in § 146 Abs 1 S 1 SGB IX trotz der zum 1.7.2001 eingefügten Klammer übereinstimmt ("Einschränkung des Gehvermögens (auch durch…)"; vgl BT-Drucks 14/5074 S 115). Zwar hat der erkennende Senat die inhaltgleiche Umschreibung der in Betracht kommenden Behinderungen in § 60 Abs 1 S 1 SchwbG aF in seiner Entscheidung vom 10.5.1994 als abschließend betrachtet und psychisch erkrankte Personen, deren Leiden nicht mit "Anfällen" gleichzusetzen ist und nicht zu Störungen der Orientierungsfähigkeit führt, sondern nur zB mit Verstimmungen, Antriebsminderung und Angstzuständen ohne Betroffenheit des Gehvermögens einhergeht, nicht in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr als erheblich beeinträchtigt angesehen (BSG Beschluss vom 10.5.1994 - 9 BVs 45/93). Zugrunde lag der Entscheidung die besondere Fallgestaltung einer starken Antriebsminderung, deretwegen es bei Spaziergängen in Begleitung des Ehemannes gelegentlich zu - überwindbaren - Bewegungsstopps kam.

20

Der Senat hat andererseits schon damals hervorgehoben, dass mit dem Kriterium des "in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigten Personenkreises" in §§ 59, 60 SchwbG aG der Kreis der Begünstigten gegenüber den "erheblich gehbehinderten Körperbehinderten, Beschädigten und Verfolgten" iS des früheren § 2 Abs 1 Nr 2, 4 und 6, Abs 2 Gesetz über die unentgeltliche Beförderung von Kriegs- und Wehrdienstbeschädigten sowie anderen Behinderten vom 27.8.1965 (BGBl I 978; zur Verfassungsmäßigkeit BVerfGE 39, 148) gerade erweitert werden und auf alle Schwerbehinderten ohne Rücksicht auf die Ursache ihrer Behinderung erstreckt werden sollte (BT-Drucks 8/2453 S 9, 10). Hiervon ausgehend hat er in seiner späteren Entscheidung vom 13.8.1997 die in Ziff 30 Abs 3 bis 5 der AHP 1983 (ebenso AHP 1996 oder auch zuletzt 2008) beschriebenen und Teil D Nr 1 Buchst d bis f AnlVersMedV entsprechenden Behinderungen und Krankheitsbilder in Parallele zur Vorgehensweise bei der Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs aG (hierzu jetzt Teil D Nr 3 AnlVersMedV; Votum zu B 9 SB 2/14 R) als Regelfälle typisiert und diese Typisierung später bestätigt (BSG Urteil vom 24.4.2008 - B 9/9a SB 7/06 R - SozR 4-3250 § 146 Nr 1 RdNr 12). Bei diesen Regelfällen sind nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die Voraussetzungen für das Merkzeichen G als erfüllt anzusehen. Dort nicht erwähnte Behinderungen sind aber keineswegs ausgeschlossen.

21

Der umfassende Behindertenbegriff iS des § 2 Abs 1 S 1 SGB IX gebietet im Lichte des verfassungsrechtlichen als auch des unmittelbar anwendbaren UN-konventionsrechtlichen Diskriminierungsverbots(Art 3 Abs 3 S 2 GG; Art 5 Abs 2 UN-BRK, hierzu BSGE 110, 194 = SozR 4-1100 Art 3 Nr 69 RdNr 31) die Einbeziehung aller körperlichen, geistigen und seelischen Beeinträchtigungen. Den nicht erwähnten Behinderungen sind die Regelbeispiele als Vergleichsmaßstab zur Seite zu stellen. Anspruch auf Nachteilsausgleich G hat deshalb auch ein schwerbehinderter Mensch, der nach Prüfung des einzelnen Falles aufgrund anderer Erkrankungen als den in Teil D Nr 1 Buchst d bis f AnlVersMedV genannten Regelfällen dem beispielhaft aufgeführten Personenkreis mit gleich schweren Auswirkungen auf die Gehfunktion gleichzustellen ist (vgl BSG Urteil vom 13.8.1997 - 9 RVs 1/96 - SozR 3-3870 § 60 Nr 2). Dies gilt auch für psychosomatische oder psychische Behinderungen und Krankheitsbilder, wie das der Entscheidung vom 13.8.1997 ua zugrunde liegende Schmerzsyndrom oder das hier im Falle der Klägerin bestehende Fibromyalgie-Syndrom und die damit einhergehende Schmerzproblematik.

22

Schwerbehinderte Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen hat der Senat schon in der Vergangenheit von der Vergünstigung des Nachteilsausgleichs G nicht generell ausgeschlossen, sondern lediglich psychische Beeinträchtigungen, durch welche die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sein kann, ohne dass das Gehvermögen betroffen ist, auf eine Vergleichbarkeit mit den Regelfällen bei Anfällen und Störungen der Orientierungsfähigkeit beschränkt (BSG Beschluss vom 10.5.1994 - 9 BVs 45/93 - Juris; zu Schmerzattacken etwa Hessisches LSG Urteil vom 17.2.1998 - L 4 SB 1351/95 - Juris). Für psychische Beeinträchtigungen, die sich spezifisch auf das Gehvermögen auswirken, gilt diese Beschränkung indessen nicht. In solchen Fällen sind auch andere Regelbeispiele als Vergleichsmaßstab in Betracht zu ziehen (vgl auch LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 16.1.2014 - L 13 SB 51/12 - Juris RdNr 19; Vogl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl 2015, SGB IX § 146 RdNr 16; Masuch in Hauck/Noftz, Stand 4/15, SGB IX, § 146 RdNr 50).

23

Der Verordnungsgeber ist allerdings für künftige Fälle nicht daran gehindert, die Voraussetzungen des Merkzeichens G dadurch einzuschränken, dass er für Fälle psychischer Gehbehinderungen einen Einzel-GdB von zB 70 verlangt.

24

c) Durch die psychische Erkrankung liegen bei der Klägerin gleich schwere Auswirkungen auf die Gehfunktion und die zumutbare Wegstrecke vor wie bei dem in Teil D Nr 1 Buchst d AnlVersMedV beispielhaft aufgeführten Personenkreis.

25

Entsprechend der vom Gesetz geforderten doppelten Kausalität (s oben II.2.) ist Ursache der beeinträchtigten Bewegungsfähigkeit eine Behinderung des schwerbehinderten Menschen und diese Behinderung schränkt sein Gehvermögen ein (vgl BSG Urteil vom 24.4.2008 - B 9/9a SB 7/06 R - SozR 4-3250 § 146 Nr 1 RdNr 12). Nach den Feststellungen des LSG steht fest, dass die Klägerin wegen ihrer psychischen Behinderung durch das Fibromyalgie-Syndrom, die somatoforme Störung und Schmerzproblematik schwerbehindert ist, die psychische Behinderung sich unmittelbar auf das Gehvermögen auswirkt, und die Klägerin deswegen eine im Ortsverkehr üblicherweise noch zu Fuß zurückzulegende Wegstrecke von etwa zwei Kilometern in 30 Minuten nicht zurücklegen kann. Der Beklagte hat gegen die bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG)keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen erhoben.

26

Soweit der Beklagte meint, die Einschränkung der Gehstrecke beruhe bei der Klägerin allein auf einer subjektiven Prognose, ist eine Überschreitung der Grenzen der Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 S 1 SGG; vgl dazu BSGE 94, 133, 137 RdNr 18 mwN; BSG Urteil vom 14.12.2011 - B 5 R 2/11 R - Juris RdNr 20) auch nicht sinngemäß dargetan. Weder zeigt der Beklagte auf noch ist sonst ersichtlich, dass ein (medizinischer) Erfahrungssatz zu psychischen Gangstörungen oder in Bezug auf die Messung der relevanten Wegstrecke (hierzu die Äußerung des Sachverständigenbeirats, zitiert nach Schillings/Wendler Versorgungsmedizinische Grundsätze, 6. Aufl S 346) existiert, mit dem die Beweiswürdigung des LSG nicht in Einklang steht. Im Übrigen hat sich das LSG mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen der eingeholten Sachverständigengutachten auseinandergesetzt und sich frei von Denkfehlern überzeugt, dass das vom Sachverständigen Dr. Brodersen herausgefilterte subjektive Gefühl der Klägerin, nicht mehr als 400 m laufen zu können, Ausdruck ihrer unstreitig schweren psychischen Beeinträchtigung ist und deshalb in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. Schwinning nicht vor dem Hintergrund einer organisch bedingten Gehstörung betrachtet werden könne.

27

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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Die Erhebungen erfolgen jährlich für das abgelaufene Kalenderjahr.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Hilfsmerkmale sind

1.
Name und Anschrift des Auskunftspflichtigen,
2.
Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse der für eventuelle Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
3.
für die Erhebung nach § 143 Nummer 1 die Kennnummer des Leistungsberechtigten.

(2) Die Kennnummern nach Absatz 1 Nummer 3 dienen der Prüfung der Richtigkeit der Statistik und der Fortschreibung der jeweils letzten Bestandserhebung. Sie enthalten keine Angaben über persönliche und sachliche Verhältnisse des Leistungsberechtigten und sind zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens nach Abschluss der wiederkehrenden Bestandserhebung, zu löschen.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Die Leistungen zur Teilhabe umfassen die notwendigen Sozialleistungen, um unabhängig von der Ursache der Behinderung

1.
die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern,
2.
Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug anderer Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern,
3.
die Teilhabe am Arbeitsleben entsprechend den Neigungen und Fähigkeiten dauerhaft zu sichern oder
4.
die persönliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichtern.

(2) Die Leistungen zur Teilhabe werden zur Erreichung der in Absatz 1 genannten Ziele nach Maßgabe dieses Buches und der für die zuständigen Leistungsträger geltenden besonderen Vorschriften neben anderen Sozialleistungen erbracht. Die Leistungsträger erbringen die Leistungen im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften nach Lage des Einzelfalles so vollständig, umfassend und in gleicher Qualität, dass Leistungen eines anderen Trägers möglichst nicht erforderlich werden.

(3) Leistungen für Kinder mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Kinder werden so geplant und gestaltet, dass nach Möglichkeit Kinder nicht von ihrem sozialen Umfeld getrennt und gemeinsam mit Kindern ohne Behinderungen betreut werden können. Dabei werden Kinder mit Behinderungen alters- und entwicklungsentsprechend an der Planung und Ausgestaltung der einzelnen Hilfen beteiligt und ihre Sorgeberechtigten intensiv in Planung und Gestaltung der Hilfen einbezogen.

(4) Leistungen für Mütter und Väter mit Behinderungen werden gewährt, um diese bei der Versorgung und Betreuung ihrer Kinder zu unterstützen.

(1) Hilfsmerkmale sind

1.
Name und Anschrift des Auskunftspflichtigen,
2.
Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse der für eventuelle Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
3.
für die Erhebung nach § 143 Nummer 1 die Kennnummer des Leistungsberechtigten.

(2) Die Kennnummern nach Absatz 1 Nummer 3 dienen der Prüfung der Richtigkeit der Statistik und der Fortschreibung der jeweils letzten Bestandserhebung. Sie enthalten keine Angaben über persönliche und sachliche Verhältnisse des Leistungsberechtigten und sind zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens nach Abschluss der wiederkehrenden Bestandserhebung, zu löschen.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Für die Erhebungen besteht Auskunftspflicht. Die Angaben nach § 145 Absatz 1 Nummer 2 und die Angaben zum Gemeindeteil nach § 144 Absatz 1 Nummer 1 sind freiwillig.

(2) Auskunftspflichtig sind die Träger der Eingliederungshilfe.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Die Leistungen zur Teilhabe umfassen die notwendigen Sozialleistungen, um unabhängig von der Ursache der Behinderung

1.
die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern,
2.
Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug anderer Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern,
3.
die Teilhabe am Arbeitsleben entsprechend den Neigungen und Fähigkeiten dauerhaft zu sichern oder
4.
die persönliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichtern.

(2) Die Leistungen zur Teilhabe werden zur Erreichung der in Absatz 1 genannten Ziele nach Maßgabe dieses Buches und der für die zuständigen Leistungsträger geltenden besonderen Vorschriften neben anderen Sozialleistungen erbracht. Die Leistungsträger erbringen die Leistungen im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften nach Lage des Einzelfalles so vollständig, umfassend und in gleicher Qualität, dass Leistungen eines anderen Trägers möglichst nicht erforderlich werden.

(3) Leistungen für Kinder mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Kinder werden so geplant und gestaltet, dass nach Möglichkeit Kinder nicht von ihrem sozialen Umfeld getrennt und gemeinsam mit Kindern ohne Behinderungen betreut werden können. Dabei werden Kinder mit Behinderungen alters- und entwicklungsentsprechend an der Planung und Ausgestaltung der einzelnen Hilfen beteiligt und ihre Sorgeberechtigten intensiv in Planung und Gestaltung der Hilfen einbezogen.

(4) Leistungen für Mütter und Väter mit Behinderungen werden gewährt, um diese bei der Versorgung und Betreuung ihrer Kinder zu unterstützen.

Die Erhebungen erfolgen jährlich für das abgelaufene Kalenderjahr.

(1) Hilfsmerkmale sind

1.
Name und Anschrift des Auskunftspflichtigen,
2.
Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse der für eventuelle Rückfragen zur Verfügung stehenden Person,
3.
für die Erhebung nach § 143 Nummer 1 die Kennnummer des Leistungsberechtigten.

(2) Die Kennnummern nach Absatz 1 Nummer 3 dienen der Prüfung der Richtigkeit der Statistik und der Fortschreibung der jeweils letzten Bestandserhebung. Sie enthalten keine Angaben über persönliche und sachliche Verhältnisse des Leistungsberechtigten und sind zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens nach Abschluss der wiederkehrenden Bestandserhebung, zu löschen.

Die Erhebungen erfolgen jährlich für das abgelaufene Kalenderjahr.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Die Berechnungsgrundlage, die dem Krankengeld, dem Versorgungskrankengeld, dem Verletztengeld und dem Übergangsgeld zugrunde liegt, wird jeweils nach Ablauf eines Jahres ab dem Ende des Bemessungszeitraums an die Entwicklung der Bruttoarbeitsentgelte angepasst und zwar entsprechend der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 Satz 1 des Sechsten Buches) vom vorvergangenen zum vergangenen Kalenderjahr.

(2) Der Anpassungsfaktor wird errechnet, indem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer für das vergangene Kalenderjahr durch die entsprechenden Bruttolöhne und -gehälter für das vorvergangene Kalenderjahr geteilt werden; § 68 Absatz 7 und § 121 Absatz 1 des Sechsten Buches gelten entsprechend.

(3) Eine Anpassung nach Absatz 1 erfolgt, wenn der nach Absatz 2 berechnete Anpassungsfaktor den Wert 1,0000 überschreitet.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt jeweils zum 30. Juni eines Kalenderjahres den Anpassungsfaktor, der für die folgenden zwölf Monate maßgebend ist, im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Die Bundesagentur für Arbeit kann die Anrechnung eines schwerbehinderten Menschen, besonders eines schwerbehinderten Menschen im Sinne des § 155 Absatz 1 auf mehr als einen Pflichtarbeitsplatz, höchstens drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen zulassen, wenn dessen Teilhabe am Arbeitsleben auf besondere Schwierigkeiten stößt. Satz 1 gilt auch für schwerbehinderte Menschen im Anschluss an eine Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen und für teilzeitbeschäftigte schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 158 Absatz 2.

(2) Ein schwerbehinderter Mensch, der beruflich ausgebildet wird, wird auf zwei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen angerechnet. Satz 1 gilt auch während der Zeit einer Ausbildung im Sinne des § 51 Absatz 2, die in einem Betrieb oder einer Dienststelle durchgeführt wird. Die Bundesagentur für Arbeit kann die Anrechnung auf drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen zulassen, wenn die Vermittlung in eine berufliche Ausbildungsstelle wegen Art oder Schwere der Behinderung auf besondere Schwierigkeiten stößt. Bei Übernahme in ein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis durch den ausbildenden oder einen anderen Arbeitgeber im Anschluss an eine abgeschlossene Ausbildung wird der schwerbehinderte Mensch im ersten Jahr der Beschäftigung auf zwei Pflichtarbeitsplätze angerechnet; Absatz 1 bleibt unberührt.

(3) Bescheide über die Anrechnung eines schwerbehinderten Menschen auf mehr als drei Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen, die vor dem 1. August 1986 erlassen worden sind, gelten fort.

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. November 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei dem Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 festzustellen ist.

2

Der 1968 geborene Kläger beantragte wegen eines insulinpflichtigen Diabetes Mellitus Typ 1 am 4.10.2001 erstmalig die Feststellung einer Behinderung. Daraufhin stellte das beklagte Land bei ihm wegen dieses Leidens einen GdB von 40 fest (Bescheid vom 23.11.2001). Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 24.9.2002; Urteil des SG vom 12.2.2004). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, der Kläger sei durch sein einziges Leiden (Diabetes mellitus) nicht gravierend in seiner gesamten Lebensführung beeinträchtigt. Erhebliche Einschränkungen seien nur hinsichtlich der Berufsausübung festzustellen. Insoweit sei zwar der Kernbereich der Erfüllung der dem Kläger obliegenden Pflichten betroffen; er habe aber seine Tätigkeit nicht aufgeben müssen, sondern könne ihr unter modifizierten Bedingungen nachgehen. In allen anderen Lebensbereichen seien keine gravierenden Einschränkungen gegeben. Der insoweit festzustellende erhöhte Planungs- und Organisationsaufwand bei zahlreichen Freizeitaktivitäten beruhe auf den täglich mindestens vier Insulininjektionen (mit jeweils selbständiger Dosisanpassung). Selbst gravierende Beeinträchtigungen in einem Lebensbereich seien nicht geeignet, eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung im gesamten gesellschaftlichen Leben hervorzurufen. Schließlich werde der Kläger nicht zusätzlich durch eine schlechte Einstellungsqualität eingeschränkt (Urteil vom 15.11.2012).

3

Mit seiner - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Kläger eine Verletzung materiellen Rechts. Das LSG habe die Anforderungen an die Bejahung einer gravierenden Beeinträchtigung der Lebensführung überspannt, indem es hierfür erhebliche Einschnitte in mehreren Lebensbereichen verlange. Hinzu komme, dass das LSG weitere Einschränkungen zwar zutreffend festgestellt, aber nicht hinreichend gewürdigt habe.

4

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 15.11.2012 und des Sozialgerichts Magdeburg vom 12.2.2004 aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom 23.11.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.9.2002 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, bei dem Kläger für die Zeit ab dem 4.10.2001 einen GdB von mindestens 50 festzustellen.

5

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Revision zurückzuweisen.

6

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend und stützt sich dabei auf die bisherige Senatsrechtsprechung.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG).

8

1. Der Kläger erstrebt mit seiner Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG - siehe zur statthaften Klageart zuletzt BSG Urteil vom 17.4.2013 - B 9 SB 3/12 R - Juris RdNr 24 mwN) die Verpflichtung des beklagten Landes, unter Abänderung des Bescheids vom 23.11.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.9.2002 (§ 95 SGG) mit Wirkung ab dem 4.10.2001 den GdB mit mindestens 50 festzustellen. Da es sich nicht um einen punktuellen oder nur auf die Zukunft bezogenen Streitgegenstand handelt, kommt es - entgegen dem insoweit zu engen Obersatz des LSG - maßgebend auf die Sach- und Rechtslage im gesamten Zeitraum vom 4.10.2001 bis zum 15.11.2012 (Tag der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz) an.

9

2. Die Revision ist nicht erfolgreich, da der Kläger für diesen Zeitraum keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung eines höheren GdB als 40 hat. Der angefochtene Bescheid des beklagten Landes vom 23.11.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.9.2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

10

a) Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Feststellung eines GdB für die Zeit ab 4.10.2001 ist § 69 Abs 1 und 3 SGB IX idF vom 19.6.2001 (BGBl I 1046), für die Zeit ab 1.5.2004 idF des Gesetzes vom 23.4.2004 (BGBl I 606), für die Zeit ab 21.12.2007 idF des Gesetzes vom 13.12.2007 (BGBl I 2904) und für die Zeit ab 1.7.2011 idF des Gesetzes vom 20.6.2011 (BGBl I 1114). Nach § 69 Abs 1 S 1 SGB IX (in den genannten Fassungen) stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag eines behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB in einem besonderen Verfahren fest. Als GdB werden dabei nach § 69 Abs 1 S 3(bzw idF seit 1.5.2004: S 4) SGB IX die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Gemäß § 69 Abs 1 S 4(bzw idF seit 1.5.2004: S 5) SGB IX aF galten bis zum 20.12.2007 (nur) die im Rahmen des § 30 Abs 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Durch diesen Verweis stellte § 69 SGB IX aF auf das versorgungsrechtliche Bewertungssystem ab, dessen Kern die aus den Erfahrungen der Versorgungsverwaltung und den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft gewonnenen Tabellenwerte der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) waren. Gemäß § 69 Abs 1 S 5 SGB IX wird seit dem 21.12.2007 zusätzlich auf die aufgrund des § 30 Abs 17(bzw Abs 16) BVG erlassene Rechtsverordnung zur Durchführung des § 1 Abs 1 und 3, des § 30 Abs 1 und des § 35 Abs 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung) Bezug genommen, sodass seit 1.1.2009 die VersMedV vom 10.12.2008 (BGBl I 2412), zuletzt geändert durch die Fünfte Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 11.10.2012 (BGBl I 2122), anstelle der AHP Grundlage für die Feststellung des GdB ist (vgl auch BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 10 RdNr 16 f). Als Anlage zu § 2 VersMedV sind "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (AnlVersMedV) erlassen worden, in denen ua die Grundsätze für die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) iS des § 30 Abs 1 BVG festgelegt worden sind. Diese sind auch für die Feststellung des GdB maßgebend, weil beide Begriffe - insoweit übereinstimmend - ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens bilden (vgl Teil A Nr 2 AnlVersMedV). Die AHP und die zum 1.1.2009 in Kraft getretene AnlVersMedV stellen ihrem Inhalt nach antizipierte Sachverständigengutachten dar (stRspr: zuletzt BSG Urteil vom 17.4.2013 - B 9 SB 3/12 R - Juris RdNr 28; vgl ferner etwa Urteil vom 24.4.2008 - B 9/9a SB 10/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 9 RdNr 25 mwN). Dabei beruht das für die Auswirkungen von Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft relevante Maß nicht allein auf der Anwendung medizinischen Wissens. Vielmehr ist die GdB-Bewertung auch unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben sowie unter Heranziehung des Sachverstands anderer Wissenszweige zu entwickeln (vgl BSG aaO RdNr 28; BSG Urteil vom 29.8.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSGE 67, 204, 208 f = SozR 3-3870 § 4 Nr 1 S 5 f).

11

Die Bemessung des GdB ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe (vgl Urteil vom 29.11.1956 - 2 RU 121/56 - BSGE 4, 147, 149 f; Urteil vom 9.10.1987 - 9a RVs 5/86 - BSGE 62, 209, 212 f = SozR 3870 § 3 Nr 26 S 83 f; Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 10 RdNr 23 mwN). Dabei hat insbesondere die Feststellung der nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens zu erfolgen. Darüber hinaus sind vom Tatsachengericht die rechtlichen Vorgaben zu beachten. Rechtlicher Ausgangspunkt sind stets §§ 2 Abs 1, 69 Abs 1, 3 SGB IX(vgl BSG aaO RdNr 16 bis 21 mwN); maßgebend sind danach die Auswirkungen nicht nur vorübergehender Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (zuletzt BSG Urteil vom 17.4.2013 - B 9 SB 3/12 R - Juris RdNr 30 mwN).

12

b) Der Senat hat sich in den letzten Jahren bereits in etlichen Revisionsurteilen zur GdB-Festsetzung bei Diabetes mellitus geäußert. Aufgrund dieser gefestigten Rechtsprechung, an der festzuhalten ist, sind die sich in diesem Zusammenhang stellenden Rechtsfragen weitestgehend geklärt (kurz zusammengefasst im Senatsurteil vom 17.4.2013 - B 9 SB 3/12 R - Juris RdNr 31).

13

Formal betrachtet sind nach dem oben Gesagten für die Zeit ab Stellung des Feststellungsantrags durch den Kläger am 4.10.2001 zunächst bis zum Ende des Jahres 2008 die AHP (Ausgaben 1996, 2004, 2005 und 2008) und für die Zeit ab dem 1.1.2009 die VersMedV idF vom 10.12.2008 bzw der fünf seitdem erlassenen Änderungsverordnungen heranzuziehen. Der Senat hat jedoch bereits entschieden, dass diese Vorschriften teilweise nicht zur GdB-Bewertung bei Diabetes mellitus geeignet, teilweise sogar wegen Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht nichtig sind (Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - Juris RdNr 25 ff mwN). Insoweit kann letztlich - wie im Urteil des LSG geschehen - für den gesamten Streitzeitraum auf die Neufassung der Vorschrift Teil B Nr 15.1 AnlVersMedV vom 14.7.2010 zurückgegriffen werden (so schon Senatsurteil vom 17.4.2013 - B 9 SB 3/12 R - Juris RdNr 32 mwN). Für die Zeit ab dem 22.7.2010 ist diese Regelung ohnehin unmittelbar zur GdB-Bewertung bei Diabetes mellitus anwendbar. Der Senat hat nach wie vor keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Bestimmungen nicht mehr dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen könnten (siehe schon BSG aaO RdNr 35 mwN).

14

Die danach allein maßgebende Rechtsgrundlage hat folgenden Wortlaut:

        

15.1 Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus).

        

Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, erleiden auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststellung eines GdS rechtfertigt. Der GdS beträgt 0.

        

Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 20.

        

Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwands und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 30 bis 40.

        

Die an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindestens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selbstständig variiert werden muss, und durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden auf Grund dieses Therapieaufwands eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung. Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulindosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen dokumentiert sein. Der GdS beträgt 50.

        

Außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen können jeweils höhere GdS-Werte bedingen.

15

Was den entscheidungserheblichen Lebenssachverhalt angeht, bleibt es demgegenüber dabei, dass der tatsächliche Verlauf der Funktionsstörungen infolge des Diabetes mellitus im gesamten Zeitraum seit dem 4.10.2001 zu berücksichtigen ist. Denn die Verpflichtungsklage des Klägers ist nicht nur in die Zukunft gerichtet, sondern erstreckt sich auch auf die Feststellung eines (höheren) GdB für die Vergangenheit. Dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG ist indes mit (noch) hinreichender Klarheit zu entnehmen, dass insofern keine wesentlichen Veränderungen eingetreten sind. Die tatsächlichen Feststellungen zu den eingetretenen Teilhabebeeinträchtigungen beziehen sich auf den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum.

16

Für die hier streitige Feststellung eines GdB von (mindestens) 50 enthält Teil B Nr 15.1 Abs 4 AnlVersMedV drei Beurteilungskriterien: täglich mindestens vier Insulininjektionen, selbständige Variierung der Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung sowie eine gravierende Beeinträchtigung in der Lebensführung durch erhebliche Einschnitte. Diese Kriterien sind nach Auffassung des Senats nicht jeweils gesondert für sich genommen starr anzuwenden; vielmehr sollen sie eine sachgerechte Beurteilung des Gesamtzustands erleichtern (so schon BSG Urteil vom 25.10.2012 - B 9 SB 2/12 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 16 RdNr 34).

17

Das LSG hat die beiden erstgenannten, auf den Therapieaufwand bezogenen Beurteilungskriterien als erfüllt angesehen. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts einzuwenden.

18

Zu Recht geht das Berufungsurteil weiter davon aus, dass dies allein nicht ausreicht, um den GdB mit (mindestens) 50 festzustellen. Vielmehr muss die betreffende Person durch Auswirkungen des Diabetes mellitus auch insgesamt gesehen erheblich in ihrer Lebensführung beeinträchtigt sein. Der Senat hat bereits in mehreren Entscheidungen ausführlich dargelegt und begründet, dass und warum es sich hierbei trotz des insoweit missverständlichen Wortlauts des letzten Teilsatzes von Teil B Nr 15.1 Abs 4 AnlVersMedV um eine zusätzlich zu erfüllende Anforderung handelt (zuletzt im Urteil vom 17.4.2013 - B 9 SB 3/12 R - Juris RdNr 39 ff mwN; siehe auch Urteil vom 25.10.2012 - B 9 SB 2/12 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 16 RdNr 37 ff mit insoweit zustimmender Anm Wendtland, SGb 2013, 647, 653 f). Das kommt bereits durch die Verwendung des Wortes "und" deutlich zum Ausdruck. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber, der ausdrücklich an die vorausgegangene Senatsrechtsprechung angeknüpft hat (siehe BR-Drucks 285/10 S 3), davon ausgegangen ist, dass bei einem entsprechenden Therapieaufwand immer eine gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung vorliegt. Zudem ist für die Beurteilung des GdB bei Diabetes mellitus auch die jeweilige Stoffwechsellage bedeutsam (vgl Teil B Nr 15.1 Abs 3 AnlVersMedV; grundlegend BSG Urteil vom 24.4.2008 - B 9/9a SB 10/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 9 RdNr 40). Der darin zum Ausdruck kommende Therapieerfolg kann aber nur im Rahmen der Prüfung des dritten Merkmals (gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung) berücksichtigt werden.

19

Vor diesem Hintergrund hat das LSG ohne durchgreifenden Rechtsfehler verneint, dass der Kläger durch erhebliche Einschnitte gravierend in seiner Lebensführung beeinträchtigt ist. Bei der insoweit erforderlichen am Einzelfall orientierten Beurteilung, die alle die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinflussenden Umstände berücksichtigt, lässt sich bei dem Kläger auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG, an die der Senat mangels entsprechender Verfahrensrügen gebunden ist (§ 163 SGG), keine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung konstatieren.

20

Allerdings teilt der Senat nicht die Auffassung des LSG, eine gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung iS von Teil B Nr 15.1 Abs 4 AnlVersMedV komme aus Rechtsgründen nur in Betracht, wenn die zu einer Teilhabebeeinträchtigung führenden erheblichen Einschnitte mindestens zwei verschiedene Lebensbereiche betreffen. Dagegen spricht schon der Wortlaut der genannten Norm, der eine solche differenzierende Betrachtungsweise nicht nahelegt. Auch in der Begründung der Neufassung wird lediglich beispielhaft auf verschiedene Bereiche hingewiesen (Planung des Tagesablaufs, Gestaltung der Freizeit, Zubereitung der Mahlzeiten, Berufsausübung und Mobilität; vgl BR-Drucks 285/10 S 3). Schließlich gebietet auch die Vereinbarkeit der Regelung mit höherrangigem Recht ein weiteres Verständnis, das eine Gesamtbetrachtung der Teilhabebeeinträchtigung ermöglicht. Denn schon die gesetzliche Vorschrift, die die Maßstäbe für die Feststellung des GdB enthält (vgl den Verweis in § 69 Abs 1 S 5 SGB IX aF), gibt vor, dass die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen "in allen Lebensbereichen" zu ermitteln und zu berücksichtigen sind (§ 30 Abs 1 BVG). Auch der in § 2 Abs 1 S 1 SGB IX definierte Begriff der Behinderung setzt nur voraus, dass die "Teilhabe am Leben in der Gesellschaft" in irgendeiner Form beeinträchtigt ist - ohne dass nach einzelnen Bereichen differenziert würde. Dies entspricht der Finalität des modernen Behinderungsbegriffs (vgl dazu BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 10 RdNr 20, 30 ff; Wendtland, SGb 2010, 373, 378). Schließlich hält der Senat den Lösungsansatz des LSG auch nicht für praktikabel, weil keine rechtlichen Maßstäbe für die Abgrenzung von "Lebensbereichen" existieren. Dem Gebot der Rechtssicherheit wäre nur Genüge getan, wenn sich nach abstrakten, vorhersehbaren Kriterien bestimmen ließe, ob etwa die oben aus der Verordnungsbegründung zitierten Aktivitäten jeweils eigene Lebensbereiche darstellen oder nicht. Dazu verhält sich das Berufungsurteil nicht; es stellt der Berufsausübung nur noch den Oberbegriff "Freizeit- bzw. Mobilitätsbereich" gegenüber.

21

Bei der demnach anzustellenden Gesamtbetrachtung aller Lebensbereiche lässt sich eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung durch erhebliche Einschnitte in der Lebensführung nur unter strengen Voraussetzungen bejahen (aA wohl Wendtland, SGb 2013, 647, 654). Das zeigt sich schon an der Formulierung der Vorschrift, die eine für einen Normtext seltene Häufung einschränkender Merkmale enthält (erheblich, gravierend, ausgeprägt). In diesem Zusammenhang hat der Beklagte zu Recht auf die Systematik der Regelung der Teil B Nr 15.1 AnlVersMedV hingewiesen, die diese Wortwahl erklärt. Dem Verordnungsgeber ging es ersichtlich darum, mit jedem Absatz eine Steigerung der Anforderungen zu verdeutlichen (der auf der Rechtsfolgenseite jeweils ein höherer GdB gegenübersteht). Weiterhin lässt sich aus dem oben dargestellten Zusammenspiel der drei Beurteilungskriterien der Teil B Nr 15.1 Abs 4 AnlVersMedV ableiten, dass die mit der dort vorausgesetzten Insulintherapie zwangsläufig verbundenen Einschnitte nicht geeignet sind, eine zusätzliche ("und") gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung hervorzurufen. Berücksichtigungsfähig ist daher nur ein dieses hohe Maß noch übersteigender, besonderer Therapieaufwand. Daneben kann - wie oben ausgeführt - ein unzureichender Therapieerfolg die Annahme einer ausgeprägten Teilhabebeeinträchtigung rechtfertigen. Schließlich sind auch alle anderen durch die Krankheitsfolgen herbeigeführten erheblichen Einschnitte in der Lebensführung zu beachten.

22

Gemessen an diesen Kriterien ist das Berufungsurteil im Ergebnis nicht zu beanstanden. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG muss der Kläger bis zu sechs Insulininjektionen am Tag vornehmen und dabei - nach entsprechender Blutzuckermessung - auch die jeweilige Dosis anpassen. Unbeschadet des damit verbundenen, die Lebensführung einschränkenden Therapieaufwands wird der Kläger nicht noch zusätzlich durch eine schlechte Einstellungsqualität in seiner Leistungsfähigkeit und damit in seiner Teilhabefähigkeit am Leben in der Gesellschaft erheblich beeinträchtigt. Trotz des Entstehens von Unterzuckerungszuständen ist es bisher fast nie zu schweren hypoglykämischen Entgleisungen mit erforderlicher Fremdhilfe gekommen. Die Erkrankung hat nicht zu nennenswerten Zeiten von Arbeitsunfähigkeit oder stationärer Behandlungsbedürftigkeit geführt. Die den Kläger ambulant behandelnden Ärzte haben nach den Feststellungen des LSG durchgehend eine "sehr gute Stoffwechseleinstellung berichtet". Folgeschäden an anderen Organen sind bislang nicht aufgetreten. Betrachtet man schließlich die erkrankungsbedingten Beeinträchtigungen in der konkreten Lebensführung des Klägers, so hat das LSG keine hinreichend gewichtigen Einschnitte festgestellt, um eine gravierende Einschränkung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft in seiner Gesamtheit annehmen zu können. Einzelne Ausfallzeiten infolge von Unterzuckerungszuständen sind unvermeidbare Folge des Diabetes mellitus und können angesichts des insgesamt überdurchschnittlichen Therapieerfolgs keine besondere Beeinträchtigung darstellen. Die vom LSG festgestellten Einschränkungen bei (privaten oder zwingenden dienstlichen) Reisen, beim Besuch öffentlicher Veranstaltungen und bei der Nahrungsaufnahme bedeuten nicht nur eine signifikante, sondern eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung (vgl Teil B Nr 15.1 Abs 2, 3 AnlVersMedV). Das Ausmaß einer darüber noch hinausgehenden ausgeprägten Teilhabebeeinträchtigung (Teil B Nr 15.1 Abs 4 AnlVersMedV) erreichen sie hingegen nicht.

23

Entgegen der Revision führt auch nicht etwa der Umstand, dass der Kläger nach den Feststellungen des LSG gerade in seiner Berufsausübung gravierend beeinträchtigt ist, zu einem anderen Ergebnis. Vielmehr erlaubt die zur Prüfung des Vorliegens einer ausgeprägten Teilhabebeeinträchtigung anzustellende Gesamtbetrachtung der Einschnitte, die den behinderten Menschen in seiner Lebensführung beeinträchtigen, eine wechselseitige Kompensation von durch Krankheitsfolgen gestörten und ungestörten Aktivitäten. Den allgemeinen Grundsätzen des Schwerbehindertenrechts entspricht es, die Auswirkungen von Funktionsstörungen in allen Lebensbereichen zu berücksichtigen. Dies geschieht mit gleicher Gewichtung, ohne dass - wie in der Revisionsbegründung vorgeschlagen - die existenzielle Bedeutung einer Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen wäre. Das ergibt sich schon im Umkehrschluss aus § 30 Abs 2 BVG, wonach der auf der Grundlage des § 30 Abs 1 BVG iVm der VersMedV ermittelte GdS höher zu bewerten ist, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen in ihrem Beruf besonders betroffen sind. Auf diese Regelung wird jedoch in § 69 Abs 1 SGB IX für die GdB-Feststellung gerade nicht verwiesen. Demzufolge wird in den allgemeinen Grundsätzen des Teils A Nr 2 b AnlVersMedV zutreffend davon ausgegangen, dass der GdB grundsätzlich unabhängig vom ausgeübten oder angestrebten Beruf zu beurteilen ist.

24

Was die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft angeht, hat das LSG zu Recht auf deren allgemeine Beschreibung in den einleitenden Teilen der AnlVersMedV bzw der AHP verwiesen. Insofern bietet sich für die Maßstabsbildung ein Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen an, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 fest vorgegeben ist. Die tatrichterliche Einschätzung, dass der Kläger nicht in ähnlich gravierender Weise in seiner Lebensführung eingeschränkt ist, wie die im Berufungsurteil als Vergleichsgruppe herangezogenen Personen (behinderte Menschen mit einer vollständigen Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, einem Verlust eines Beins im Unterschenkel oder einer Aphasie (Sprachstörung) mit deutlicher Kommunikationsstörung), begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Wollte man dagegen bei der Prüfung des Teils B Nr 15.1 Abs 4 AnlVersMedV geringere Anforderungen an die Anerkennung einer ausgeprägten Teilhabebeeinträchtigung stellen, käme es insoweit zu Wertungswidersprüchen innerhalb der AnlVersMedV.

25

Abschließend lässt sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG auch ausschließen, dass der GdB des Klägers wegen außergewöhnlich schwer regulierbarer Stoffwechsellagen im Sinne von Teil B Nr 15.1 Abs 5 AnlVersMedV einen Wert von (mindestens) 50 erreicht.

26

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Erhebungen erfolgen jährlich für das abgelaufene Kalenderjahr.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 20. Mai 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger außergewöhnlich gehbehindert ist.

2

Bei dem 1959 geborenen Kläger sind seit 1997 eine Schwerbehinderung (Grad der Behinderung von 80) sowie eine "erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr" (Merkzeichen "G") festgestellt. Beim Kläger liegt ein wechselndes Beschwerdebild am Oberschenkelstumpf vor, das dem Kläger die Benutzung seiner Prothese lediglich an knapp über 10 vH der Tage ermöglicht. Das Versorgungsamt des beklagten Freistaates anerkannte auf Antrag vom Januar 2011 beim Kläger einen GdB von 90 unter Berücksichtigung von Funktionsbeeinträchtigungen infolge eines Verlustes des Beines im rechten Oberschenkel mit einem Einzel-GdB von 80 sowie von Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule und Nervenwurzelreizerscheinungen mit einem Einzel-GdB von 20, verneinte aber das Vorliegen der Voraussetzungen der Merkzeichen "B" und "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung). Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 2.1.2012, Urteil des SG vom 8.11.2013; Urteil des LSG vom 20.5.2014). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, beim Kläger liege keine so weitgehende Einschränkung der Gehfähigkeit vor, wie sie für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" erforderlich sei. Eine Gleichstellung mit behinderten Menschen, die ein Regelbeispiel erfüllen, komme nicht in Betracht, weil hierdurch eine zeitliche Reduzierung der Dauerhaftigkeit der Einschränkung der Fortbewegungsfähigkeit unter Umgehung der Annahme eines Regelbeispiels nicht erreicht werden könne.

3

Mit seiner Revision rügt der Kläger, er sei "dauernd außerstande" eine Prothese zu tragen und mit der Gruppe der außergewöhnlich Gehbehinderten in Ziff 129 f Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) zu § 46 StVO gleichzustellen.

4

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 20. Mai 2014 und das Urteil des Sozialgerichts München vom 8. November 2013 aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom 25. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2012 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei dem Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" festzustellen.

5

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Der Beklagte hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG (§ 170 Abs 2 S 2 SGG) begründet. Der Kläger begehrt die Verpflichtung des beklagten Freistaates Bayern, unter Abänderung des Bescheids vom 25.7.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.1.2012 (§ 95 SGG), mit Wirkung ab 8.1.2011 (Antragstellung) bei ihm die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" festzustellen. Seine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG; siehe zur statthaften Klageart zuletzt BSG Urteil vom 17.4.2013 - B 9 SB 3/12 R - Juris RdNr 24 mwN) ist zulässig. Die bisherigen Tatsachenfeststellungen des LSG lassen jedoch keine abschließende Entscheidung darüber zu, ob die Klage auch begründet und der Kläger außergewöhnlich gehbehindert ist. Beim Kläger liegt kein zur Zuerkennung des Merkzeichens "aG" führendes Regelbeispiel vor (dazu 1.). Ob der Kläger behinderten Menschen, bei denen dies der Fall ist, im Hinblick auf seinen Gesamtzustand gleichzustellen ist, kann mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilt werden (dazu 2.). Über das Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichens "B" ist nicht mehr zu entscheiden, da der Kläger diesen Anspruch bereits vor dem SG nicht weiterverfolgt hat.

8

1. Beim Kläger liegt kein zur Zuerkennung des Merkzeichens "aG" führendes Regelbeispiel vor.

9

a) Rechtsgrundlage für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" ist § 69 Abs 4 SGB IX idF des Gesetzes vom 23.4.2004 (BGBl I 606). Danach stellen die zuständigen Behörden neben einer Behinderung auch weitere gesundheitliche Merkmale fest, die Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen für schwerbehinderte Menschen sind (siehe zur Zuständigkeit der Versorgungsverwaltung für die Feststellung der gesundheitlichen Merkmale: BSG Urteil vom 6.10.1981 - 9 RVs 4/81 - Juris RdNr 22 ff). Zu diesen Merkmalen gehört die außergewöhnliche Gehbehinderung iS des § 6 Abs 1 Nr 14 StVG idF vom 3.2.2009 (BGBl I 150) oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, für die in den Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen "aG" einzutragen ist (§ 3 Abs 1 Nr 1 Schwerbehindertenausweisverordnung). Diese Feststellung zieht straßenverkehrsrechtlich die Gewährung von Parkerleichterungen iS von § 46 Abs 1 S 1 Nr 1 StVO nach sich, insbesondere die Nutzung von gesondert ausgewiesenen "Behindertenparkplätzen" (die Kennzeichnung dieser Parkplätze erfolgt in der Regel durch die Zeichen 314 oder 315 mit den Zusatzzeichen "Rollstuhlfahrersymbol") und die Befreiung von verschiedenen Parkbeschränkungen(zB vom eingeschränkten Haltverbot für die Dauer von drei Stunden; siehe zu weiteren Vergünstigungen BSG Urteil vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 5/06 R - Juris RdNr 12 und Urteil vom 29.3.2007 - B 9a SB 1/06 R - Juris RdNr 15).

10

Ausgangspunkt für die Feststellung der außergewöhnlichen Gehbehinderung ist Abschnitt II Nr 1 zu § 46 Abs 1 Nr 11 VwV-StVO in der ab dem 1.9.2009 gültigen Fassung vom 17.7.2009 (BAnz 2009, Beilage Nr 110a vom 29.7.2009), die in der ab dem 18.11.2014 gültigen Fassung vom 17.11.2014 (www.bundesanzeiger.de.BAnz AT 17.11.2014 B 5) eine erneute Erweiterung insbesondere unter Nr 3 erfahren hat (siehe zu den Erweiterungen in RdNr 136 bis 139 zu § 46 Abs 1 Nr 11 VwV-StVO auch Dau, jurisPR-SozR 21/2011 Anm 5). Die VwV-StVO selbst ist als allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung nach Art 84 Abs 2 GG wirksam erlassen worden (vgl BSGE 90, 180, 182 = SozR 3-3250 § 69 Nr 1 S 3). Danach ist außergewöhnlich gehbehindert iS des § 6 Abs 1 Nr 14 StVG, wer sich wegen der Schwere seines Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeuges bewegen kann. Hierzu zählen

(1.)   

Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind - sog Regelbeispiele -, sowie

(2.)   

andere Schwerbehinderte, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem vorstehenden Personenkreis gleichzustellen sind - (vgl dazu BSG Urteil vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 5/06 R - Juris RdNr 13 mwN) - sog Gleichstellungsfälle (zu deren Voraussetzung unter 2.).

11

Nach § 69 Abs 4 iVm § 69 Abs 1 S 5 SGB IX in der bis zum 14.1.2015 gültigen alten Fassung (aF) ist seit dem 21.12.2007 zusätzlich auf die aufgrund des § 30 Abs 17 (bzw Abs 16) BVG erlassene Rechtsverordnung zur Durchführung des § 1 Abs 1 und 3, des § 30 Abs 1 und des § 35 Abs 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung) Bezug genommen, sodass seit dem 1.1.2009 die VersMedV vom 10.12.2008 (BGBl I 2412), zuletzt geändert durch die Fünfte Verordnung zur Änderung der VersMedV vom 11.10.2012 (BGBl I 2122), auch für das Verfahren der Feststellung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen heranzuziehen ist. Sie bindet als Rechtsverordnung Verwaltung und Gerichte (BSG Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - Juris RdNr 27). Zwischenzeitlichen Bedenken an dieser Ermächtigung des Verordnungsgebers insbesondere zum Erlass von Vorgaben für die Beurteilung von Nachteilsausgleichen (vgl Dau, jurisPR-SozR 4/2009 Anm 4) hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz vom 7.1.2015 (BGBl II 15) Rechnung getragen und in § 70 Abs 2 SGB IX eine eigenständige Ermächtigungsgrundlage geschaffen. Diese erlaubt es dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales seit 15.1.2015 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des GdB und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Für eine Übergangszeit bis zum Erlass einer neuen Rechtsverordnung verbleibt es insoweit bei der bisherigen Rechtslage (vgl § 159 Abs 7 SGB IX; hierzu BT-Drucks 18/2953 und 18/3190 S 5).

12

Die Grundsätze für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für Nachteilsausgleiche werden in den "Versorgungsmedizinischen Grundsätzen" der Anlage zu § 2 VersMedV (AnlVersMedV) näher konkretisiert. Trotz der Bedenken an der Ermächtigung des Verordnungsgebers auf der Grundlage des § 69 Abs 1 S 5 SGB IX aF(hierzu Dau, jurisPR-SozR 4/2009 Anm 4) sind diese Konkretisierungen verbindlich, zumal die zum 1.1.2009 in Kraft getretene AnlVersMedV ebenso wie die insoweit inhaltlich übereinstimmenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz antizipierte Sachverständigengutachten darstellen, die wegen ihrer normähnlichen Wirkungen wie untergesetzliche Normen anzuwenden sind (stRspr, zuletzt BSG Urteil vom 16.12.2014 - B 9 SB 2/13 R - RdNr 10 mwN; ebenso Loytved, jurisPR-SozR 12/2015 Anm 3). Im Übrigen übernimmt die AnlVersMedV in Teil D Nr 3 Buchst b) vollständig die Vorgaben der VwV-StVO zum Merkzeichen "aG" und verweist in Nr 3 Buchst a) insoweit ausdrücklich auf das StVG, welches als Ermächtigungsgrundlage für die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens "aG" weiterhin bestehen bleibt. Zusätzlich ist in der AnlVersMedV unter Teil D Nr 3 Buchst c) folgende Ergänzung erfolgt:

        

"Die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung darf nur auf eine Einschränkung der Gehfähigkeit und nicht auf Bewegungsbehinderungen anderer Art bezogen werden. Bei der Frage der Gleichstellung von behinderten Menschen mit Schäden an den unteren Gliedmaßen ist zu beachten, dass das Gehvermögen auf das schwerste eingeschränkt sein muss und deshalb als Vergleichsmaßstab am ehesten das Gehvermögen eines Doppeloberschenkelamputierten heranzuziehen ist. Dies gilt auch, wenn Gehbehinderte einen Rollstuhl benutzen: Es genügt nicht, dass ein solcher verordnet wurde; die Betroffenen müssen vielmehr ständig auf den Rollstuhl angewiesen sein, weil sie sich sonst nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung fortbewegen können. Als Erkrankungen der inneren Organe, die eine solche Gleichstellung rechtfertigen, sind beispielsweise Herzschäden mit schweren Dekompensationserscheinungen oder Ruheinsuffizienz sowie Krankheiten der Atmungsorgane mit Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades anzusehen."

13

b) Das BSG hat die Regelung über die Anerkennung der Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" ihrem Zweck entsprechend schon immer eng ausgelegt. Grundlage für die Einrichtung dieses Merkzeichens war und ist der Umstand, dass Parkraum für diejenigen Schwerbehinderten geschaffen werden sollte, denen es unzumutbar ist, längere Wege zurückzulegen (vgl BT-Drucks 8/3150 S 9 f in der Begründung zu § 6 StVG; siehe auch umfassende Darstellung in BSG Urteil vom 17.12.1997 - 9 RVs 16/96 - SozR 3-3870 § 4 Nr 22 S 87). Das Merkzeichen "aG" soll die stark eingeschränkte Gehfähigkeit durch Verkürzung der Wege infolge der gewährten Parkerleichterungen ausgleichen (BSG SozR 3870 § 3 Nr 18 S 58). Wegen der begrenzten städtebaulichen Möglichkeiten, Raum für Parkerleichterungen zu schaffen, sind hohe Anforderungen zu stellen, um den Kreis der Begünstigten klein zu halten (BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 9a SB 1/06 R - Juris RdNr 17; BSGE 82, 37, 39 = SozR 3-3870 § 4 Nr 23 S 91). Dies gilt erst recht, weil nach Abschnitt I Nr 1 zu § 46 Abs 1 Nr 11 VwV-StVO noch weitere umfangreiche Parkerleichterungen, wie zB die Ausnahme vom eingeschränkten Haltverbot, gewährt werden und sich der Kreis der berechtigten Personengruppen über das Merkzeichen "aG" hinaus zunehmend auf andere Personengruppen erweitert(siehe unter Abschnitt II Nr 2 und 3 Buchst a) bis f); zB BR-Drucks vom 29.8.2008, 636/08 zu A und B).

14

c) Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) liegen bei dem Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung eines der genannten Regelbeispiele in Abschnitt II Nr 1 S 2 Halbs 1 zu § 46 Abs 1 Nr 11 VwV-StVO nicht vor. Dem Kläger ist eine Benutzung seiner Beinprothese noch an "knapp über 10 v.H. der Tage" möglich. Er gehört damit nicht zu den einseitig oberschenkelamputierten Menschen, die "dauernd" außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen und sich deshalb wegen der Schwere ihres Leidens "dauernd" nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können.

15

Unter Abschnitt II Nr 1 S 2 Halbs 1 zu § 46 Abs 1 Nr 11 VwV-StVO sind bestimmte Regelbeispiele abschließend aufgeführt. Bei deren Vorliegen wird vermutet, dass sich die dort aufgeführten schwerbehinderten Menschen wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Nach dem Wortlaut und Zweck der Regelung kommt es dabei im Interesse einer leichten Handhabung in der Praxis nicht auf die individuelle prothetische Versorgung an (vgl zB BSG Urteil vom 17.12.1997 - 9 RVs 16/96 - SozR 3-3870 § 4 Nr 22 S 87; BSGE 82, 37 = SozR 3-3870 § 4 Nr 23; BSG Urteil vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 5/06 R - Juris RdNr 14), selbst wenn aufgrund eines hervorragenden gesundheitlichen Allgemeinzustands und hoher körperlicher Leistungsfähigkeit bei optimaler prothetischer Versorgung eine gute Gehfähigkeit besteht (vgl Bayerisches LSG Urteil vom 28.2.2013 - L 15 SB 113/11 - Juris RdNr 46 f).

16

Der Grundsatz erfährt eine Ausnahme für die einseitig Oberschenkelamputierten, denen der Nachteilsausgleich "aG" nur zuerkannt werden kann, wenn sie nicht prothetisch versorgt werden können (vgl BSG Urteil vom 17.12.1997 - 9 RVs 16/96 - SozR 3-3870 § 4 Nr 22 S 87). Anders als bei den übrigen Regelbeispielen gehören die einseitig Oberschenkelamputierten nur dann zu dem eng begrenzten Kreis der schwerbehinderten Menschen iS von Abschnitt II Nr 1 S 1 zu § 46 Abs 1 Nr 11 VwV-StVO, wenn sie "dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen". Im Umkehrschluss gilt bei den einseitig oberschenkelamputierten Menschen, die noch ein Kunstbein tragen können, nicht die Vermutung von Satz 1, dass sie zu den Personen gehören, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Diese Behindertengruppe unterliegt bereits bei der Prüfung des Vorliegens eines Regelbeispiels einer pauschalen Gleichstellungsprüfung mit den anderen Gruppen, die sich durch Doppelamputationen oder weitergehende erhebliche körperliche Einschränkungen abgrenzen. Dabei gilt für die Dauerhaftigkeit des außerstande seins ein Kunstbein zu tragen ein anderer Maßstab als für den geforderten Dauerzustand nach Satz 1. Dem liegt allerdings ebenfalls kein individueller zeitlicher Maßstab zugrunde.

17

"Dauernd außerstande" sein, ein Kunstbein zu tragen, bedeutet in diesem Zusammenhang prothetisch nicht versorgbar zu sein (vgl BSG aaO). Es darf keine prothetische Versorgung möglich sein, der betroffene behinderte Mensch muss ständig bzw immer außerstande sein, ein Kunstbein zu tragen. Zu dieser Personengruppe gehört der Kläger nach den Feststellungen des LSG noch nicht; er ist prothetisch versorgt, kann grundsätzlich eine Prothese tragen und ist nicht auf die Nutzung eines Rollstuhls angewiesen.

18

2. Die Feststellungen des LSG lassen keine abschließende Beurteilung zu, ob die Schwere der beim Kläger vorliegenden Beeinträchtigung dem Vorliegen eines Regelbeispiels gleichgestellt werden kann.

19

Eine Gleichstellung setzt gemäß Abschnitt II Nr 1 S 2 Halbs 2 zu § 46 Abs 1 Nr 11 VwV-StVO voraus, dass der betroffene Schwerbehinderte sich nur unter ebenso großen körperlichen Anstrengungen fortbewegen kann, wie die in Abschnitt II Nr 1 S 2 Halbs 1 zu § 46 Abs 1 Nr 11 VwV-StVO genannten Personen, in deren Person ein Regelbeispiel erfüllt ist. Das ist der Fall, wenn ihre Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und sie sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die erstgenannten Gruppen von Schwerbehinderten oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen können (BSGE 82, 37, 38 f = SozR 3-3870 § 4 Nr 23 = Behindertenrecht 1998, 141, 142).

20

Zwar bereitet der Vergleichsmaßstab naturgemäß Schwierigkeiten, weil die verschiedenen, im 1. Halbs aufgezählten Behindertengruppen in ihrer Wegefähigkeit nicht homogen sind und einzelne Vertreter dieser Gruppen - bei gutem gesundheitlichen Allgemeinzustand, hoher körperlicher Leistungsfähigkeit und optimaler prothetischer Versorgung - ausnahmsweise nahezu das Gehvermögen eines nicht Behinderten erreichen können (BSG SozR 3-3870 § 4 Nr 22 S 87; BSGE 90, 180, 182 = SozR 3-3250 § 69 Nr 1 S 3). Auf die individuelle prothetische Versorgung der aufgeführten zu vergleichenden Behindertengruppen kommt es jedoch nicht an (BSG SozR 3-3870 § 4 Nr 22; BSGE 82, 37 = SozR 3-3870 § 4 Nr 23), zumal solche Besonderheiten angesichts des mit der Zuerkennung von "aG" bezweckten Nachteilsausgleichs nicht als Maßstab für die Bestimmung der Gleichstellung herangezogen werden können. Vielmehr muss sich dieser strikt an dem der einschlägigen Regelung vorangestellten Obersatz orientieren, dh an Satz 1 Abschnitt II Nr 1 zu § 46 Abs 1 Nr 11 VwV-StVO bzw § 6 Abs 1 Nr 14 StVG(BSGE 90, 180, 183 = SozR 3-3250 § 69 Nr 1 S 4).

21

Auf der anderen Seite ist für die Gleichstellung am individuellen Restgehvermögen des Betroffenen anzusetzen. Hierzu zählen auch die einseitig Oberschenkelamputierten, die - wie der Kläger - grundsätzlich prothetisch versorgt werden können. Diese Personengruppe ist nicht von Halbs 2 ausgenommen, nur weil die beim Vorliegen der Voraussetzungen von Halbs 1 eintretende Vermutungswirkung nicht gegeben ist. Denn diese ersetzt lediglich die individuelle Prüfung der Voraussetzungen von Satz 1, die jedoch im Rahmen der Gleichstellungsprüfung nach Halbs 2 durchzuführen ist. Dabei lässt sich ein anspruchsausschließendes Restgehvermögen griffig weder quantifizieren noch qualifizieren (BSG Urteil vom 10.12.2002 - B 9 SB 7/01 R - BSGE 90, 180 = SozR 3-3250 § 69 Nr 1). Grundsätzlich sind hierzu weder ein gesteigerter Energieaufwand noch eine in Metern ausgedrückte Wegstrecke (BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 9a SB 1/06 R - Juris RdNr 18) oder prozentuale Zeitwerte - wie vom LSG errechnet - geeignet. Denn die maßgeblichen Vorschriften stellen nicht darauf ab, über welche Wegstrecke sich ein schwerbehinderter Mensch außerhalb seines Kraftfahrzeuges wie oft und in welcher Zeit zumutbar noch bewegen kann, sondern darauf, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist: nämlich "nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung". Wer diese Voraussetzungen praktisch vom ersten Schritt an außerhalb seines Kraftfahrzeuges erfüllt, qualifiziert sich für den Nachteilsausgleich "aG" auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt. Dabei kann ua Art und Umfang schmerz- oder erschöpfungsbedingter Pausen von Bedeutung sein (vgl insgesamt BSG, aaO, RdNr 18 f). Denn schwerbehinderte Menschen, die in ihrer Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt sind, müssen sich beim Gehen regelmäßig körperlich besonders anstrengen. Die für "aG" geforderte große körperliche Anstrengung kann zB erst dann angenommen werden, wenn selbst bei einer Wegstreckenlimitierung von 30 Metern, diese darauf beruht, dass der Betroffene bereits nach dieser kurzen Strecke erschöpft ist und er neue Kräfte sammeln muss, bevor er weiter gehen kann (BSG, aaO, RdNr 24; BSGE 90, 180, 184 f = SozR 3-3250 § 69 Nr 1).

22

Ob die danach erforderlichen großen körperlichen Anstrengungen beim Gehen dauerhaft vorliegen, ist Gegenstand tatrichterlicher Würdigung, die sich auf alle verfügbaren Beweismittel, wie Befundberichte der behandelnden Ärzte, Sachverständigengutachten oder einen dem Gericht persönlich vermittelten Eindruck, stützen kann. Dabei stellt das alleinige Abstellen auf ein einzelnes, starres Kriterium vor dem Hintergrund des Gleichheitssatzes in Art 3 Abs 1 GG in der Regel keine sachgerechte Beurteilung dar, weil es eine Gesamtschau aller relevanten Umstände eher verhindert (vgl BSG Urteil vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 5/06 R - Juris RdNr 17).

23

Ein an einer bestimmten Wegstrecke und einem Zeitmaß orientierter Maßstab liegt auch nicht wegen der Methode nahe, mit der die medizinischen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" festgestellt werden. Denn für das Merkzeichen "aG" gelten gegenüber "G" nicht gesteigerte, sondern andere Voraussetzungen (BSG Urteil vom 29.3.2007 - B 9a SB 1/06 R - Juris RdNr 21 f; BSG SozR 3-3870 § 4 Nr 11 S 45 = Breithaupt 1995, 623). An dieser oben dargestellten Rechtslage für die Zuerkennung der Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" hat sich auch durch das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention vom 13.12.2006; in Kraft getreten am 26.3.2009, Gesetz vom 21.12.2008, BGBl II 1419; Bekanntmachung vom 5.6.2009, BGBl II 812) nichts geändert (vgl dazu Wendtland, Finale Betrachtungsweise bei Feststellung der Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" in Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht, Forum C Diskussionsbeitrag Nr 9/2011 vom 29.11.2011). Allerdings kann die UN-BRK als Auslegungshilfe orientierend herangezogen werden (vgl dazu allgemein BVerfG Beschluss vom 23.3.2011 - 2 BvR 882/09 - BVerfGE 128, 282, 306; BSGE 111, 79 = SozR 4-3520 § 7 Nr 1, RdNr 36). Insoweit ist entsprechend Art 1 der UN-BRK, wie bereits in § 2 Abs 1 SGB IX vorgesehen, die individuelle Beeinträchtigung des behinderten Menschen an der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu berücksichtigen(siehe hierzu insgesamt auch: Kroworsch, Einfluss internationaler Menschenrechtsübereinkommen auf die deutsche Sozialrechtspraxis, NDV 2015, 337 bis 343).

24

Aus den Feststellungen des LSG ergibt sich nur, dass eine Gleichstellung in den Zeiten nicht gegeben sei, in denen der Kläger die Prothese zumutbar benutzen könne. Trotz mehrerer Narben liege am Stumpf ein Geschwürsleiden nicht vor und sei dieses ausreichend weichteilgedeckt. Auch aus der Hepatitiserkrankung folgten keine wesentlichen Einschränkungen, sodass sich der Kläger ohne fremde Hilfe und ohne große Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeuges bewegen könne. Für die Zeiten der Unbenutzbarkeit der Prothese wegen Stumpfbeschwerden hat das LSG jedoch lediglich das Vorliegen eines Regelbeispiels nach Halbs 1 geprüft und nach dessen Verneinung keine Gleichstellungsprüfung nach Halbs 2 mehr durchgeführt. Damit fehlt es insgesamt an der Feststellung und Gesamtwürdigung durch das LSG, ob sich der Kläger iS von Satz 1 wegen der Schwere seines Leidens (insgesamt) dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeuges bewegen kann. Hierzu fehlen Feststellungen zu der Art und dem Ausmaß der Stumpfbeschwerden, den hieraus resultierenden Folgen (zB ausschließliche Benutzbarkeit von Gehhilfen, Gangunsicherheiten, Schmerzen oder Pausen) sowie eine Gesamtwürdigung aufgrund versorgungsärztlicher Feststellung iS von Halbs 2. Dies ist nunmehr nachzuholen. Das LSG hat nach Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung sowie unter Berücksichtigung des orthopädischen Befundberichtes des Dr. Schneidehahn vom 11.2.2014 eine Verschlechterung im Bereich des Stumpfes angenommen mit der Folge, dass eine Benutzung der Prothese auf Dauer lediglich noch an "knapp über 10 vom Hundert der Tage möglich" sei. Diese selbst errechnete zeitliche Komponente unter Berücksichtigung des bis zum 20.5.2014 abgelaufenen Teils des Jahres 2014 entspricht jedoch keinem der oben genannten Bewertungsmaßstäbe für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG". Das LSG hätte im Falle einer angenommenen Verschlechterung des Gesundheitszustandes beim Kläger im Jahre 2014 eine ergänzende versorgungsärztliche Stellungnahme hierzu entsprechend den Vorgaben in Abschnitt II Nr 1 S 2 Halbs 2 zu § 46 Abs 1 Nr 11 VwV-StVO einholen müssen. Insoweit ist nunmehr auch nach der AnlVersMedV in Teil D Nr 3 Buchst c) bei der Frage der Gleichstellung von behinderten Menschen mit Schäden an den unteren Gliedmaßen zu beachten, dass das Gehvermögen auf das schwerste eingeschränkt sein muss und deshalb als Vergleichsmaßstab am ehesten das Gehvermögen eines Doppeloberschenkelamputierten heranzuziehen ist.

25

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Die Erhebungen erfolgen jährlich für das abgelaufene Kalenderjahr.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Dezember 2009 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer höheren Rente ohne Begrenzung ihrer während der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) erzielten Arbeitsentgelte nach § 7 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) iVm dessen Anlage 6.

2

Das LSG hat hierzu im Wesentlichen Folgendes festgestellt.

3

Die 1927 geborene Klägerin gehörte vom 1.2.1965 bis 28.2.1987 dem Sonderversorgungssystem Nr 4 der Anlage 2 zum AAÜG - Sonderversorgung der Angehörigen des ehemaligen MfS/Amtes für Nationale Sicherheit (AfNS) - an. Danach bezog sie aus diesem Sonderversorgungssystem eine Rente.

4

Mit Überführungsbescheid vom 8.6.1993 stellte das Bundesverwaltungsamt als Sonderversorgungsträger die Zeit vom 1.2.1965 bis 28.2.1987 als Zeit der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem Nr 4 fest und teilte mit, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Begrenzung der Entgelte auf 70 vH des Durchschnittsentgelts der Versicherten im Beitrittsgebiet vorlägen. Den Widerspruch der Klägerin wies es mit Widerspruchsbescheid vom 13.8.1993 zurück.

5

Die hiergegen gerichtete Klage hat das SG Berlin mit Urteil vom 21.4.1994 abgewiesen. Nach Einlegung der Berufung durch die Klägerin hat das LSG Berlin auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 27.10.1994 - L 1 An 93/94 - das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Mit Urteil vom 28.4.1999 (1 BvL 11/94 ua - BVerfGE 100, 138 = SozR 3-8570 § 7 Nr 1) hat das BVerfG die durch § 7 Abs 1 S 1 AAÜG iVm Anlage 6 für Angehörige des Sonderversorgungssystems MfS/AfNS vorgenommene Begrenzung der berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen auf 70 vH des jeweiligen Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet mit Art 3 Abs 1 und Art 14 GG für nicht vereinbar und nichtig erklärt, soweit für die Rentenberechnung das zu Grunde zu legende Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen unter das jeweilige Durchschnittsentgelt im Beitrittsgebiet abgesenkt wird. Das Bundesverwaltungsamt hat daraufhin mit Änderungsbescheid vom 1.10.1999 den Ausgangsbescheid geändert und die während der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem Nr 4 erzielten Arbeitsentgelte der Klägerin bis zur Höhe des jeweiligen Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet berücksichtigt. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen und das weitere Ruhen des Verfahrens beantragt, um abzuwarten, ob der Gesetzgeber mit der ihm vom BVerfG aufgetragenen Änderung des AAÜG von der Möglichkeit einer günstigeren Regelung des § 7 AAÜG Gebrauch machen werde. Nachdem sich die Beklagte dem angeschlossen hatte, hat das LSG Berlin mit Beschluss vom 24.1.2000 - L 1 RA 93/94 W 99 - das erneute Ruhen des Verfahrens angeordnet. Am 31.10.2001 hat die Klägerin das Verfahren - nunmehr unter dem Aktenzeichen L 1 RA 93/94 W 01 - wieder aufgenommen.

6

Der vorliegende Rechtsstreit hat sich wie folgt entwickelt. Parallel zu dem gegen das Bundesverwaltungsamt geführten Verfahren beantragte die Klägerin am 15.5.2002 bei der Beklagten eine Überprüfung des Rentenbescheids vom 17.1.2002, mit dem die ihr gewährte Regelaltersrente unter Berücksichtigung des jeweiligen kalenderjährlichen Durchschnittsverdiensts im Beitrittsgebiet festgestellt worden ist. Den auf Berücksichtigung ihrer Arbeitsverdienste bis zur allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze gerichteten Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 31.10.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.4.2003 ab. Die hiergegen gerichtete Klage hat das SG Berlin mit Gerichtsbescheid vom 8.9.2003 - S 27 RA 2303/03 - abgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin beim LSG Berlin Berufung unter dem Aktenzeichen L 16 RA 115/03 eingelegt.

7

Mit Beschluss vom 3.3.2004 hat das LSG Berlin das gegen das Bundesverwaltungsamt und das gegen die Beklagte gerichtete Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen L 1 RA 93/94 W 01 verbunden.

8

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 10.3.2006 hat die Klägerin die Klage gegen das Bundesverwaltungsamt zurückgenommen. Mit Beschluss vom selben Tag hat das LSG Berlin-Brandenburg auf den übereinstimmenden Antrag der Klägerin und der Beklagten das weitere Ruhen des Verfahrens angeordnet, um die Vorlage eines in Aussicht genommenen neuen Gutachtens des Instituts für Zeitgeschichte zum Einkommensniveau der Angehörigen des MfS abzuwarten. Am 21.7.2008 hat die Klägerin das Verfahren wieder aufgenommen und dargelegt, aus dem eingereichten Gutachten des Brandenburgischen Instituts für Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsentwicklung e.V. von Juni 2008 ergebe sich, dass der Gesetzgeber und das BVerfG bei der Begrenzung der Entgelte der Angehörigen des MfS auf das Durchschnittseinkommen der Versicherten im Beitrittsgebiet von unrichtigen Tatsachen ausgegangen seien. Tatsächlich seien die Entgelte ausweislich des Gutachtens nicht überhöht gewesen, sondern hätten der Qualifikation der Mitarbeiter in diesem Bereich entsprochen.

9

Das LSG Berlin-Brandenburg hat das Gutachten des Sachverständigen Dr. G., Zentrum für zeithistorische Forschung P., Abteilung I Kommunismus und Gesellschaft, vom 11.3.2009 eingeholt und mit Urteil vom 11.12.2009 die Berufung zurückgewiesen. Der Senat habe sich nicht vom Vorliegen neuer rechtserheblicher Tatsachen überzeugen können, die eine erneute Vorlage an das BVerfG rechtfertigten. Er schließe sich den überzeugenden und durch umfangreiches Zahlenmaterial gestützten Darlegungen des Sachverständigen Dr. G. an und gebe ihnen den Vorzug gegenüber dem auf ein Privatgutachten gestützten Parteivorbringen der Klägerin. Es sei daher unverändert davon auszugehen, dass die im MfS geübte Praxis zu einer deutlichen Erhöhung der Bezüge gegenüber vergleichbar qualifizierten Beschäftigten außerhalb des MfS geführt habe.

10

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung ihrer Rechte aus Art 3 Abs 1 GG und Art 14 GG wegen Anwendung des verfassungswidrigen § 7 Abs 1 AAÜG idF des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes. § 7 AAÜG benachteilige die Angehörigen des ehemaligen MfS/AfNS, zu denen auch sie gehöre. Hierfür fehle es an einem rechtfertigenden Grund. Die erneute Befassung des BVerfG mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 7 Abs 1 AAÜG sei zulässig, da neue rechtserhebliche Tatsachen gegen die tragenden Feststellungen im Urteil des BVerfG vom 28.4.1999 (aaO) vorlägen. Ausweislich des von ihr vorgelegten Gutachtens sei eine unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt. § 7 AAÜG idF des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes bewege sich auch nicht im Rahmen des Art 14 Abs 1 S 2 GG.

11

 Die Klägerin beantragt,

        

1. das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Dezember 2009 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 8. September 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2003 aufzuheben und

        

2. die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 17. Januar 2002 teilweise zurückzunehmen und der Klägerin Rente unter Berücksichtigung der vom Versorgungsträger für die Zeit vom 1. Februar 1965 bis 28. Februar 1987 ausgewiesenen tatsächlichen Jahresbruttoarbeitsentgelte nach Vervielfältigung mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI bis zur allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze zu gewähren.

12

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

13

Sie hält die Revision für unzulässig. Zumindest sei die Klage unbegründet.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen.

15

Gemäß § 164 Abs 2 S 1 SGG ist die Revision fristgerecht zu begründen. Nach Satz 3 der Vorschrift muss die Begründung "einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben". Diese gesetzlichen Anforderungen hat das BSG in ständiger Rechtsprechung präzisiert (vgl nur BSG SozR 4-1500 § 164 Nr 3; BSG SozR 3-1500 § 164 Nr 12 S 22, jeweils mwN; zustimmend BVerfG SozR 1500 § 164 Nr 17).

16

Die Klägerin rügt eine Verletzung ihrer Rechte aus Art 3 Abs 1 GG und Art 14 GG wegen Anwendung der verfassungswidrigen Vorschrift des § 7 Abs 1 AAÜG. Sie legt aber nicht nachvollziehbar dar, worin die Rechtsverletzung liegen soll. Hierzu wäre unter Wiedergabe des entscheidungserheblichen Sachverhalts die Darstellung erforderlich gewesen, weshalb § 7 AAÜG zum Nachteil der Klägerin auf den vom LSG festgestellten Sachverhalt nicht oder nicht richtig angewandt worden sei(vgl hierzu BSG Urteil vom 23.11.2005 - B 12 RA 10/04 R - Juris RdNr 11; BSG Beschlüsse vom 17.3.2003 - B 3 KR 12/02 R - Juris RdNr 14; vom 27.2.2008 - B 12 P 1/07 R - Juris RdNr 16). Hieran fehlt es.

17

Es ist bereits nicht erkennbar, dass der von der Klägerin im Schriftsatz vom 26.3.2010 geschilderte "Sachverhalt" ganz oder teilweise mit demjenigen des angegriffenen Urteils identisch sein könnte. Auch wenn dies der Fall wäre, könnte dem dortigen Vorbringen noch nicht einmal die Behauptung entnommen werden, dass das Bundesverwaltungsamt durch schriftlichen Verwaltungsakt von der Klägerin tatsächlich erzielte höhere Entgelte festgestellt haben könnte, die im Rahmen der Festsetzung der Rentenhöhe von der Beklagten nur begrenzt berücksichtigt worden sein könnten. Das Vorbringen, bei ihr, der Klägerin, seien Entgelte für bestimmte Zeiträume "nur bis zur Höhe des jeweiligen Durchschnittsentgelts aller Versicherten im Beitrittsgebiet" berücksichtigt worden, vermag diese notwendigen Begründungselemente nicht zu ersetzen. Hierdurch wird insbesondere logisch und rechtlich nicht ausgeschlossen, dass das tatsächlich erzielte Erwerbseinkommen von vornherein unterhalb der rechtlichen Berücksichtigungsgrenzen gelegen haben und diesen daher nur abstrakte Bedeutung zugekommen sein könnte. Die Relevanz der umfangreichen verfassungsrechtlichen Ausführungen für den Ausgang des Verfahrens bleibt damit von vornherein offen.

18

Mit ihrem Vorbringen, eine erneute verfassungsgerichtliche Überprüfung des § 7 Abs 1 AAÜG sei zulässig, weil entgegen der auf das Gutachten Dr. G. gestützten Auffassung des LSG nach dem Gutachten des Brandenburgischen Instituts für Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsentwicklung e.V. neue rechtserhebliche Tatsachen gegen die tragenden Feststellungen des BVerfG im Urteil vom 28.4.1999 (aaO) vorlägen, greift die Klägerin im Übrigen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts an.

19

Eine zulässige Verfahrensrüge hat sie insoweit indes nicht erhoben.

20

Das Tatsachengericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; es ist in seiner Beweiswürdigung frei und lediglich an die Regeln der Logik und der Erfahrung gebunden. § 128 Abs 1 SGG ist erst verletzt, wenn die Beweiswürdigung gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstößt. Von einem Verstoß gegen Denkgesetze kann nur gesprochen werden, wenn der festgestellte Sachverhalt nur eine Folgerung erlaubt, jede andere nicht denkbar ist und das Gericht gerade die einzig denkbare Schlussfolgerung nicht gezogen hat. Gegen allgemeine Erfahrungssätze verstößt das Gericht, wenn es einen bestehenden Erfahrungssatz nicht berücksichtigt oder einen tatsächlich nicht existierenden Erfahrungssatz anwendet (BSGE 94, 133, 137 RdNr 18 mwN). Das Vorliegen derartiger Verstöße gegen die Grundsätze der freien richterlichen Beweiswürdigung muss im Einzelnen von dem Beteiligten dargelegt werden, der sich darauf beruft. Die Klägerin hat indes mit ihrem Vorbringen weder ein Denkgesetz noch einen Erfahrungssatz bezeichnet, gegen den das Gericht verstoßen haben soll, noch nennt sie eine nicht ausreichende Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 128 Abs 1 S 1 SGG). Sie setzt lediglich, wenn auch mit detailliertem Vorbringen, ihre Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des LSG bzw hält die eigene Beweiswürdigung gegenüber der vom LSG vorgenommenen für vorzugswürdig. Dies reicht für eine formgerechte Rüge der Verletzung des Rechts der freien richterlichen Beweiswürdigung nicht aus (BSG vom 7.12.2004 - B 1 KR 10/03 R - Juris RdNr 18; BSG SozR 4-2700 § 63 Nr 3 RdNr 24).

21

Da die Klägerin die Feststellungen des LSG, dass die Beschäftigten des MfS deutlich höhere Bezüge als vergleichbar qualifizierte Beschäftigte außerhalb des MfS erhalten haben, nicht mit einer zulässigen Verfahrensrüge angegriffen hat, ist das BSG an diese Feststellungen gemäß § 163 SGG gebunden. Zwar handelt es sich bei den umstrittenen Tatsachen um allgemeine generelle Tatsachen, an die das Revisionsgericht nicht in jedem Fall gebunden ist, sondern die es grundsätzlich im Revisionsverfahren selbst feststellen kann (BSGE 96, 297, 301 RdNr 19; BSG vom 24.4.2008 - B 9/9a SB 10/06 R - Juris RdNr 28). Dies gilt indes nicht, wenn diese - wie hier - Gegenstand der Beweiswürdigung des LSG waren (BSGE 102, 166, 170 RdNr 33).

22

Aufgrund der nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des LSG steht fest, dass die Angehörigen des MfS überhöhte Entgelte bezogen haben. Dies bedeutet gleichzeitig, dass die Entscheidungsgrundlagen im Urteil des BVerfG vom 28.4.1999 (aaO) nicht infrage gestellt sind, so dass der Senat an diese Entscheidung, nach der § 7 AAÜG in seiner derzeit geltenden Fassung verfassungsgemäß ist, gebunden ist(§ 31 Abs 1 BVerfGG). Angesichts dessen hat die Klägerin auch aus diesem Grund eine Verletzung ihrer Rechte aus Art 3 Abs 1 und Art 14 GG nicht schlüssig dargelegt.

23

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.