Sozialgericht Aachen Urteil, 16. Okt. 2018 - S 18 SB 317/17
Gericht
Tenor
Der Bescheid vom 13.12.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach.
1
Tatbestand:
2Streitgegenständlich ist Herabsetzung des festgestellten Grades der Behinderung (GdB) von 70 auf 60 und die Aufhebung der Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche "erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr" (Merkzeichen G) und "Berechtigung für eine ständige Begleitung" (Merkzeichen B).
3Die Beklagte stellte bei dem am ??.??.???? geborenen Kläger mit Bescheid vom 09.11.2012 einen GdB von 70 sowie das Vorliegen der Voraussetzungen für die Merkzeichen G und B fest. Dem lag die versorgungsärztliche Feststellung einer Entwicklungsstörung (leichte Intelligenzminderung, Sprachentwicklungsstörung, Probleme in Koordination und Gleichgewicht, vermehrte Ablenkbarkeit und geringe Konzentration, Unterrichtsgänge nur in 1:1 – Begleitung durchgeführt) zu Grunde. Bei deutlicher Sprachentwicklungsstörung und mangelnder Konzentration seien die Merkzeichen G und B zu vertreten.
4Im Januar 2016 begann die Beklagte eine Überprüfung ihrer Feststellungen von Amts wegen. Sie zog ein Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit (12/2014), einen Bericht der Logopädin T. (01/2016) und Arztbriefe der Klinik für Kinder – und Jugendmedizin des Krankenhauses T. (11/2008, 01,09,11,12/2009, 07,11/2012, 7/2016) bei und holte einen Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H. ein.
5Versorgungsärztlich wurde nunmehr bei leichter Intelligenzminderung, Sprachentwicklungsverzögerung (gemessen an den Vorergebnissen aus 11/2012 mit dem Alterszuwachs und leicht darüber hinausgehender Verbesserung, im Bereich einer leichten geistigen Behinderung liegend, weiterhin Logopädie) und angemessenem motorischen Koordinationsvermögen ein GdB von 60 für die Entwicklungsstörung erkannt. Eine wesentliche Verhaltensstörung liege nicht vor. Anamnestisch – nach den Angaben der Mutter des Klägers – könne dieser sich Wege gut merken. Eine schwere Orientierungsstörung und die damit die Voraussetzungen für die Merkzeichen G und B lägen nicht vor.
6Unter dem 28.09.2016 hörte die Beklagte den Kläger zur Intention einer entsprechenden Neufeststellung des GdB bzw. Aufhebung der Feststellungen der Voraussetzungen für die Merkzeichen G und B vom 09.11.2012 an.
7Anwaltlich vertreten teilte der Kläger mit, die Auswirkungen der Entwicklungsstörung lägen unverändert weiter vor. Dies ergebe sich aus den eingeholten ärztlichen Unterlagen. Zwar sei der Kläger in der Lage, sich Wege in dem Sinne gut zu merken, dass er die zurückgelegten Strecken wiedererkenne, jedoch sei er gleichwohl nicht in der Lage, sich selbstständig zu orientieren und aktiv die zutreffende Richtung einzuschlagen, wenn ein anderer Weg zurückgelegt werden solle. Der Kläger bewege sich unachtsam und nicht sicher im Straßenverkehr.
8Versorgungsärztlich wurde festgehalten, das vorliegende Pflegegutachten mit einem Grundpflegebedarf von 68 Minuten am Tag sei veraltet. Körperlich – neurologisch lägen keine wesentlichen Einschränkungen vor, der Kläger fahre Fahrrad ohne Stützräder und könne schwimmen. Ein atypischer Autismus und ein Fragiles X Syndrom seien aktuell ausgeschlossen worden. Es bestehe keine wesentliche Verhaltensstörung. Der Kläger besuche eine Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung. Im Jahr 2012 habe ein Test zur sprachfreien Intelligenz und Fähigkeit zur logischen Schlussfolgerung (CPM-Test) ein Ergebnis im unteren Altersbereich gezeigt. In einem Zeichenalterstest habe der Kläger im Bereich einer leichten geistigen Behinderung gelegen. Im Alter von 9 Jahren habe er in 3-4 Wortsätzen gesprochen und noch keine Kulturtechniken erlernt. Im Juli 2012 seien Rechenaufgaben mit Geld bei Unterstützung gelungen, das Lesen sei verweigert worden. Im Hamburger – Wechsler – Intelligenztest zeige sich nunmehr ein Intelligenzquotient von 62 bei inhomogenem Profil. Dies bedeute eine leichte Besserung, jedoch weiterhin im Bereich einer leichten Intelligenzminderung. Im Bereich Sprachverständnis und logisches Denken befinde sich der Kläger weiterhin im unteren Normbereich. Nach Teil B Ziffer 3.4.2 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze sei aus dem Bewertungsrahmen des GdB von 50-70 bei gutem Sozialverhalten und fehlender Verhaltensstörung der Mittelwert angemessen. Da schwere Orientierungsstörungen nicht vorlägen, seien die Nachteilsausgleiche nicht zu begründen.
9Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 13.12.2016 bei dem Kläger einen GdB von 60 fest und hob die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen G und B auf.
10Hiergegen legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 30.12.2016 Widerspruch ein. Zur Begründung verwies er auf die Ausführungen aus dem Anhörungsverfahren.
11Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2017 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch als unbegründet zurück.
12Hiergegen hat der Bevollmächtigte des Klägers am 07.04.2017 Klage erhoben. Bei dem Kläger bestehe eine Intelligenzminderung und eine mangelnde Fähigkeit Situationen richtig einschätzen zu können. In ihm bekannter und nicht bekannter Umgebung sei der Kläger auf Hilfe Dritter angewiesen. Aus der geistigen Behinderung resultiere eine Störung der Orientierungsfähigkeit, die zum Vorliegen der Merkzeichen führe.
13Das Gericht hat Befundberichte des Kinderarztes Dr. N. und der Klinik für Kinder – und Jugendmedizin des Krankenhauses T. eingeholt.
14Sodann hat das Gericht Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Arztes für Kinder – und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie Dr. D. vom 26.01.2018, der einen GdB von 80 erkannt hat. Die Voraussetzungen für die Merkzeichen G und B lägen unzweifelhaft vor. Eine wesentliche Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse sei seit November 2012 nicht eingetreten. In einer zu versorgungsärztlichen Einwänden eingeholte ergänzenden Stellungnahme vom 30.04.2018 hat der Sachverständige seine Einschätzung bekräftigt.
15Der Bevollmächtigte des Klägers ist der Ansicht, der Sachverständige habe überzeugend herausgestellt, dass die IQ – Werte zwar teilweise leicht über dem nach Teil B Ziffer 3.4.2 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze angegebenen Grenzwert von 60 gelegen hätten, für die Einschätzung der Orientierungsfähigkeit die ausgeprägten Entwicklungsstörungen des Sprechens, des Sprachverständnisses und der Motorik sowie die Unfähigkeit, auch nur annähernd seinem Alter entsprechend zu lesen, zu rechnen und zu schreiben von größerer Bedeutung seien. Zwar beachte der Kläger bei Überquerung von Straßen Regeln, dies jedoch extrem oberflächlich. Das Busfahren gelinge keineswegs durchgehend unselbstständig. Die Eltern des Klägers finanzierten eine Fachkraft, die einmal in der Woche mit dem Kläger das Busfahren übe. Dadurch gelinge lediglich das Erreichen des Fahrdienstes zur Schule, für das der Kläger nur die Straße der elterlichen Wohnung hinablaufen müsse. Auf dem Rückweg wende der Bus bevor er den Kläger absätze, damit dieser die Straße nicht überqueren müsse. Keinesfalls könne der Kläger unbekannte Strecken alleine bewältigen.
16Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt, den Bescheid vom 13.12.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 aufzuheben.
17Die Vertreterin des Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen.
18Sie bezieht sich auf die versorgungsärztlichen Stellungnahmen, wonach der IQ Wert ganz allgemein betrachtet einen recht objektiven Faktor darstelle, so dass vorliegend der Bewertungsrahmen eines GdB von 80-90 nicht in Betracht komme. Soweit kurze Strecken bzw. Fahrten innerhalb des Wohn – und Arbeitsbereiches möglich seien, wie im vorliegenden Falle zur Schule, bestehe ein Anspruch auf das Merkzeichen B auch dann nicht, wenn plötzliche Änderungen einen Hilfe – bzw. Begleitungsbedarf verursachten. Hinzuweisen sei diesbezüglich auf ein Urteil des Landessozialgerichtes Baden- Württemberg vom 22.02.2018 (L 6 SB 4079/16).
19Zuletzt betont sie, dass im Falle einer Erstbescheidung die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen G und B nicht festzustellen wären.
20Das Gericht hat die Beklagte abschließend aufgefordert aufzuzeigen, aus welchen Unterlagen sich ergeben solle, dass die Voraussetzungen für die Merkzeichen G und B zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses vom 09.12.2012 vorgelegen haben. Versorgungsärztlich ist daraufhin mitgeteilt worden, dass den vorangegangenen Stellungnahmen aktuell nichts Bedeutendes hinzuzufügen sei.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach – Streitverhältnisses, insbesondere das Ergebnis der Beweisaufnahme, wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe:
23Die zulässige Anfechtungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, S. 2 Alt. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG) ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 13.12.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).
24A. I. Da die Beklagte bereits mit Bescheid vom 09.11.2012 eine Feststellung zum Grad der Behinderung des Klägers getroffen und das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen G und B festgestellt hat , richten sich die Voraussetzungen für die Neufeststellung des GdB bzw. die Aufhebung der Feststellung der Voraussetzungen der Merkzeichen nach § 48 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X).
25Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung – wie ihn sowohl die Feststellung des Grades der Behinderung als auch die Feststellungen des Vorliegens der Voraussetzungen für Merkzeichen darstellen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 1997 – 9 RVs 5/96 –, SozR 3-1300 § 48 Nr 60, Rn. 11; anders die Ablehnung der Feststellung oder der Feststellung einer Änderung: BSG, Urteil vom 16. März 2016 – B 9 SB 1/15 R –, SozR 4-3250 § 69 Nr 22, Rn. 10 m.w.N.; in Bezug auf die Änderung eines Herabsetzungsbescheides: BSG, Urteil vom 10. September 1997 – 9 RVs 15/96 –, BSGE 81, 50-54, SozR 3-3870 § 3 Nr 7) - für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche Änderung ist dann anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung eine Herabsetzung oder Erhöhung des Gesamtbehinderungsgrades um wenigstens 10 ergibt (vgl. Teil A Nr. 7 lit. a) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VMG), die in der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10.12.2008 niedergelegt sind). Die Änderung der Behinderungsbezeichnung oder das Hinzutreten weiterer Teil-Behinderungen ohne Auswirkung auf den Gesamtbehinderungsgrad allein stellen noch keine wesentliche Änderung dar (vgl. BSG, Urteil vom 17. April 2013 – B 9 SB 6/12 R –, SozR 4-1300 § 48 Nr 26, Rn. 30; BSG, Urteil vom 19. September 2000 – B 9 SB 3/00 R –, BSGE 87, 126-131, SozR 3-1300 § 45 Nr 43, SozR 3-1300 § 48 Nr 74, SozR 3-3870 § 4 Nr 27; vgl. auch BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 – B 2 U 11/15 R –, BSGE 122, 232-239, SozR 4-2700 § 56 Nr 4, Rn. 10; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Dezember 1998 – L 10 SB 20/98 –, Rn. 59, juris; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05. Januar 2011 – L 6 (7) SB 135/06 –, Rn. 20, juris; SG B-Stadt, Urteil vom 19. September 2017 – S 12 SB 642/16 –, Rn. 12, juris; zu einer rechtlichen Änderung: BSG, Urteil vom 11. Oktober 1994 – 9 RVs 1/93 –, BSGE 75, 176-180, SozR 3-3870 § 3 Nr 5, SozR 3-1300 § 44 Nr 12, SozR 3-1300 § 48 Nr 34, Rn. 12). Für die wesentliche Änderung kommt es weder auf den Inhalt des Vergleichsbescheides noch auf die von der Behörde bei der Bewilligung oder später angenommenen Verhältnisse, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse und deren objektive Änderung an (BSG SozR 3870 § 4 Nr 3; BSGE 65, 301 = SozR 1300 § 48 Nr 60; BSG SozR 3 - 3870 § 4 Nr 10 S 42; Steinwedel, in: KassKomm, SGB X, Stand 6/2018, § 48, Rn. 14, 19, Rn. 18 zu rechtlichen Änderungen).
26II. Beweisbelastet für das Vorliegen und das Ausmaß einer wesentlichen Änderung im dargelegten Sinne ist nach den allgemeinen Beweislastregeln, nach denen derjenige rechtserhebliche Tatsachen zu beweisen hat, der sie als für ihn günstig behauptet, im vorliegenden Fall der Anfechtung einer Herabsetzung des festgestellten GdB bzw. einer Aufhebung der Feststellung gesundheitlicher Voraussetzungen für Merkzeichen die Beklagte (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09. Juli 2015 – L 10 SB 122/15 B –, Rn. 5, juris). Es gilt der Beweismaßstab des Vollbeweises (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. August 2012 – L 13 SB 39/12 –, Rn. 23 f., 35 juris). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht erforderlich, dass die maßgeblichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch notwendig ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch noch zweifelt, d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 20. März 2012 – L 15 SB 66/11 –, Rn. 40, juris; unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 05. Mai 1993 - 9/9a RV 1/9 -, juris; so auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. April 2013 - L 13 SB 3/13 -, juris).
27Diesen Beweismaßstab beachtend vermag die Kammer sich – trotz der mehrfachen versorgungsärztlichen Bemühungen – nicht davon zu überzeugen, dass bei dem Kläger seit Erlass des Bescheides vom 09.11.2012 wesentliche Änderungen im dargelegten Sinne eingetreten sind. Vielmehr erscheint im vorliegenden Fall sowohl zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses vom 09.11.2012 als auch zum für die Beurteilung der Herabsetzungsentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides (BSG, Urteil vom 10. September 1997 – 9 RVs 15/96 –, BSGE 81, 50-54, SozR 3-3870 § 3 Nr 7, Rn. 11; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. Januar 2003 – L 10 SB 97/02 –, Rn. 29, juris; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Dezember 1998 – L 10 SB 20/98 –, Rn. 59, juris) vom 15.03.2017 die Feststellung eines GdB von 70 in gleicher Weise zutreffend. Letztlich lässt sich dem entsprechend in der vorliegenden Konstellation eines diesbezüglichen "Grenzfalles" zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses vom 09.11.2012 das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die zunächst zuerkannten Merkzeichen ebenso wenig nachweisen, wie zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017.
28B. In Bezug auf den Grad der Behinderung lässt sich keine wesentliche Änderung in der Zeit zwischen dem Bescheiderlass im November 2012 und dem Erlass des Widerspruchsbescheides im März 2017 validieren.
29I. Maßgebliche Bestimmung für die Feststellung des GdB war zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides wie zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses im November 2012 § 69 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) in der bis zum 01.01.2018 gültigen Fassung (seither § 152 SGB IX in der Fassung vom 23.12.2016 (Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG; BGBl I 2016, 1824)). Nach Abs. 1 Satz 1 der genannten Bestimmung stellten die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Diese Vorschrift knüpft materiell-rechtlich an den in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX a. F. bestimmten Begriff der Behinderung an.
30Danach waren Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abwich und daher ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt war (Durch die zum 01.01.2018 in Kraft getretene, sich an Art. 1 der UN – Behindertenkonvention anlehnende neue Formulierung eines erweiterten Behinderungsbegriff in § 2 Abs. 1 SGB IX n. F. nach dem biopsychosozialen Modell der Behinderung, sind inhaltlich im Vergleich zur vorangegangenen Definition der Behinderung keine Änderungen erfolgt - vgl. die Gesetzesbegründung BT-Drs. 18/9522, S. 226: "Rechtsklarheit"; zu § 2 Abs. 1 a. F.: Urteil der Kammer vom 24. Oktober 2017 – S 18 SB 460/16 –, Rn. 41 ff., juris m.w.Nachw.; Schaumberg/Seidel, SGb 2017, S. 572 ff. und 618 ff.).
31Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX a. F. (152 Abs. 1 Satz 5 SGB IX n F.) waren die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festzustellen. Wenn mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vorliegen, wurde nach § 69 Abs. 3 SGB IX a. F. (152 Abs. 3 Satz 1 SGB IX n. F.) der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.
32Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX in der bis zum 14.01.2015 gültigen Fassung galten für den GdB die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) - nach dem sich die Beurteilung des Schweregrades, dort des "Grades der Schädigungsfolgen" (GdS), nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen richtet - und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Auf Grundlage der Vorgängervorschrift des § 30 Abs. 16, dem Abs. 17 des § 30 BVG in der bis zum 30.06.2011 gültigen Fassung, wurde mit Wirkung zum 01.09.2009 die Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und des § 35 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 08.12.2008 erlassen, die die bis zu diesem Zeitpunkt für die Bewertung des Grads der Behinderung maßgeblichen Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und im Schwerbehindertenrecht", Ausgabe 2008 (AHP 2008), ablösten. Den vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen AHP kam zwar keine Rechtsnormqualität zu, es handelte sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aber um antizipierte Sachverständigengutachten mit normähnlicher Wirkung (BSG, Urteil vom 30. September 2009 - B 9 SB 4/08 R -, juris; Urteil vom 24. April 2008 - B 9/9a SB 10/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 9; BSG, Urteil vom 18. September 2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 91, 205). Da insbesondere die maßgebliche Anlage 2 zu § 2 VersMedV, die die so genannten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VMG) beinhaltet, im Wesentlichen den AHP entspricht (vgl. die Begründung BR-Drucks. 767/08, S. 3 f.), waren mit dem Wechsel keine erheblichen inhaltlichen Änderungen verbunden (BSG, Urteil vom 30. September 2009 - B 9 SB 4/08 R -, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. Dezember 2009 - L 11 SB 352/08 -, juris). Im Unterschied zu den AHP handelt es sich bei der VersMedV aber um eine Rechtsverordnung, d.h. eine für Verwaltungen und Gerichte verbindliche untergesetzliche Rechtsnorm, die im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX a. F. (seit 01.01.2018: 152 SGB IX) auszulegen war (vgl. BSG, Urteil vom 30.September 2009 - B 9 SB 4/08 R, juris; BSG, Urteil vom 23. April 2009 – B 9 SB 3/08 R –, Rn. 29, juris; Urteil der Kammer vom 24. Oktober 2017 – S 18 SB 460/16 -, Rn. 39 ff., juris).
33Zum 15.01.2016 hat der Gesetzgeber in § 70 Abs. 2 SGB IX das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des Grades der Behinderung und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Diese Ermächtigung findet sich seit dem 01.01.2018 in § 153 Abs. 2 SGB IX (näher: Goebel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. 2018, § 153 SGB IX, Rn. 5). Solange noch keine Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX in der bis zum 01.01.2018 gültigen Fassung bzw. § 153 Abs. 2 SGB IX n. F. erlassen ist, galten und gelten indes gemäß 159 Abs. 7 SGB IX a.F. (§ 241 Abs. 5 SGB IX n. F.) weiterhin die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend (vgl. hierzu BT-Drucksache 18/3190, S. 5; vgl. hierzu weiter: Urteil der Kammer vom 24. Oktober 2017 – S 18 SB 460/16 -, Rn. 26, juris).
34Der hier streitigen Bemessung des GdB war damit sowohl zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses vom 09.11.2012 als auch zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 damit die GdS-Tabelle der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Teil B) zugrunde zu legen. Nach den allgemeinen Hinweisen zu der Tabelle (Teil A) sind die dort genannten GdS-Sätze Anhaltswerte. In jedem Einzelfall sind alle leistungsmindernden Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen und in der Regel innerhalb der in Ziffer 2 e) S. 2 (Teil A) genannten Funktionssysteme zusammenfassend zu beurteilen. Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung (Teil B, Ziffer 1 a), wobei der Grad der Behinderung nach Teil A Z. 2 e) S. 1 Hbs. 1 VMG seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann.
35II. Bei dem Kläger liegt (ausschließlich) eine Funktionsstörung des Gehirns einschließlich der Psyche vor. Mit den Feststellungen des Sachverständigen Kinder – und Jugendpsychiaters/Psychotherapeuten Dr. D. wird die Behinderung des Klägers durch eine leichte Intelligenzminderung mit Verhaltensauffälligkeiten und ausgeprägten Entwicklungsstörungen geprägt. Eine darüber hinaus diagnostizierte phobische Störung des Kindesalters (Hunde, Insekten, laute Geräusche) und eine vorübergehende motorische Ticstörung haben keine zusätzliche Relevanz.
36Ein Rückgang des GdB von 70 auf 60 ist nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze nicht nachweisbar.
371. Ohnehin ist der Nachweis eines solchen Rückganges des GdB (wie auch der Zuwachs) um 10 – gerade bei Funktionsstörungen des Gehirns einschließlich der Psyche, die sich einer exakten Messbarkeit entziehen, wie sie beispielsweise im Funktionsbereich der Ohren in den meisten Fällen möglich ist – kompliziert und setzt eine exakte Sachverhaltsaufklärung zu beiden Vergleichszeitpunkten voraus (;diese fehlt vorliegend indes für den Zeitpunkt des Bescheiderlasses vom 09.11.2012). Die Schwierigkeiten bestehen bei dem schon nach dem Eingeständnis der Versorgungsmedizinischen Grundsätze nur annäherungsweise zu bestimmenden GdB (Teil A Z. 2 e) VMG) in besonderem Maße, wenn – wie vorliegend – die behauptete Verbesserung innerhalb desselben Bewertungsrahmens liegen soll (s. dazu 2.), also nicht einmal auf das Verlassen des vormals angewendeten Grundtatbestandes verwiesen werden kann und die einschlägigen Vorgaben der VMG überdies vage (so zu Teil B Z. 3.2.4: Nieder/Losch, Thomann, Kommentar zur VersMedV, 2012, S. 79) bleiben. Da sich das Vorliegen und der Grad der Behinderung nach einem Vergleich zum lebensalterstypischen Zustand richtet (vgl. Urteil der Kammer vom 12. Januar 2016 – S 18 SB 6/15 –, Rn. 26, juris), und bei Kindern und Jugendlichen eine Entwicklung der Fähigkeiten auch im Falle einer geistigen Behinderung dynamischer verläuft als bei Erwachsenen, tritt eine Dimension hinzu, die eine Validierung einer wesentlichen Änderung nochmals erschwert (vgl. zu einer ähnlichen Problematik bei der Bestimmung der früheren Pflegestufe: BSG, Urteil vom 07. Juli 2005 – B 3 P 8/04 R –, BSGE 95, 57-66, SozR 4-1300 § 48 Nr 6, Rn. 25).
38Allerdings sprechen die vorliegenden Befunde und die sozialmedizinische Bewertung des Sachverständigen im vorliegenden Fall ungeachtet der spärlichen Feststellungen zum Bescheid aus dem November 2012 dafür, dass (auch) zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides bei dem Kläger ein GdB von 70 bestanden hat. Dass mit der Auffassung des Sachverständigen sogar ein GdB von 80 zutreffend wäre, lässt es sich nach Auffassung der Kammer demgegenüber nicht feststellen.
392. Sowohl im Zeitpunkt des Bescheiderlasses vom 09.11.2012 als zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung vom 15.03.2017 richtete sich die Bewertung nach Teil B Z. 3.4.2 VMG. Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit im Schul – und Jugendalter bei einem Intelligenzrückstand entsprechend einem Intelligenzalter von 10-12 Jahren bei Erwachsenen (Intelligenzquotient von etwa 70-60) sind mit einem GdB von 30-40 zu bewerten, wenn während des Schulbesuches nur geringe Störungen, insbesondere der Auffassung, der Merkfähigkeit, der psychischen Belastbarkeit, der sozialen Einordnung, des Sprechens, der Sprache oder anderer kognitiver Teilleistungen vorliegen, mit einem GdB von 50-70, wenn während des Schulbesuches die genannten Störungen stark ausgeprägt sind oder mit einem Schulversagen zu rechnen ist. Bei einem Intelligenzmangel mit stark eingeengter Bildungsfähigkeit, erheblichen Mängeln im Spracherwerb, einem Intelligenzrückstand entsprechend einem Intelligenzalter von unter zehn Jahren bei einem Erwachsenen (Intelligenzquotient unter 60) beträgt der GdB bei relativ günstiger Persönlichkeitsentwicklung und sozialer Anpassungsmöglichkeit (Teilerfolg in einer Sonderschule, selbständige Lebensführung in einigen Teilbereichen und Einordnung im allgemeinen Erwerbsleben mit einfachen motorischen Fertigkeiten noch möglich) 80-90.
40Bei Erlass des Widerspruchsbescheides und weiterhin beträgt der Grad der Behinderung des Klägers 70. Denn die bei dem Kläger vorliegende Funktionsbeeinträchtigung weist in Richtung eines Intelligenzmangels mit stark eingeengter Bildungsfähigkeit, erheblichen Mängeln im Spracherwerb, Intelligenzrückstand entsprechend einem Intelligenzalter von unter zehn Jahren bei Erwachsenen.
41Den Versorgungsärzten der Beklagten ist zuzugeben, dass gegen die Annahme einer vollständigen Ausprägung der Funktionsbeeinträchtigung i. S. dieser Kategorie maßgeblich der beim Kläger festgestellte Intelligenzquotient spricht.
42Seit 2009 sind vier Bestimmungen erfolgt. Im September 2009 wurde im Sozialpädiatrischen Zentrum der Klinik für Kinder – und Jugendmediziner des Krankenhauses T. im K-ABC Test ein SIF-IQ von 63 festgestellt (Arztbrief vom 09.09.2009). Im Juli 2016 ergab sich im HWIK-IV Test ein IQ von insgesamt 62 (Arztbrief vom 21.07.2016). Der Sachverständige hat im Rahmen seiner Untersuchung durch einen K-ABC II Test im Dezember 2017 einen gewichteten IQ von insgesamt 62 ermittelt. Einigkeit besteht dahingehend, dass es sich bei einem Testergebnis aus dem November 2012 angesichts der Konstanz in den übrigen Ergebnissen um einen nicht aussagekräftigen und daher unbeachtlichen "Ausreißer" gehandelt hat, soweit dort der ermittelte IQ nur 55 betrug.
43Teil B Ziffer 3.4.2 VMG stellt für die Unterscheidung zwischen einem GdB bis zu 70 und einem GdB ab 80 die Ausprägung eines Intelligenzmangels ins Zentrum. Die Unterscheidung wird durch die Bezeichnung konkreter Intelligenzquotienten ("von etwa 70-60" bzw. unter 60") vereinfacht. Soweit in den im Rahmen der Überarbeitung der AHP geführten Sachverständigengespräche für die Beurteilung der Auswirkungen der Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit ein Bezug auf den IQ nicht als wesentlich, sogar als diskriminierend angesehen worden ist, dieser deshalb allenfalls hilfsweise heranzuziehen sei, hat dies in Teil B Z. 3.4.2 VMG keinen Niederschlag gefunden (vgl. Wendler/Schillings, Versorgungsmedizinische Grundsätze, 8. Aufl. 2017, zu Teil B Z. 3.4.2). Ohne der Feststellung des IQ eine herausgehobene Bedeutung beizumessen, wie Z. 3.4.2 dies nach seinem klaren Wortlaut vorsieht, wäre eine Beurteilung der Einschränkungen geistiger Leistungsfähigkeit auch kaum mehr justiziabel. Zwar kann einerseits von Tabellenwerten des Teils B VMG je nach Einzelfall mit einer die besonderen Gegebenheiten darstellenden Begründung abgewichen werden (Teil A Z. 2 d) S. 2 VMG. Der Sachverständige begründet die Bewertung des GdB mit 80 jedoch nicht mit einer solchen besonderen Gegebenheit, sondern weist darauf hin, dass alle relevanten IQ-Feststellungen im testpsychologisch – statistischen Grenzbereich im Sinne eines so genannten Konfidenzintervalls lägen. Allerdings muss er damit zugleich einräumen, dass mit derselben (95-prozentigen) Wahrscheinlichkeit einer leicht zu hohen Einschätzung des IQ auch eine etwas zu geringe Beurteilung erfolgt sein könne. Zutreffend weist die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 23.05.2018 darauf hin, dass angesichts der Mehrzahl der vorliegenden Testergebnisse – von denen über einen Zeitraum von sieben Jahren 3 von 4 Testergebnisse nahezu ein identisches Gesamtergebnis ergeben haben – der festgestellte IQ von 62 gesteigert validiert erscheint.
44Ein niedriger GdB als 70 lässt sich jedoch nicht nachweisen. Die Darlegungen des Sachverständigen objektivieren vielmehr das Gegenteil. Dafür, dass aus dem mindestens einschlägigen Bewertungsrahmen von 50-70 nicht der Mittel- sondern der Höchstwert zutreffend ist, weil die bei dem Kläger vorliegende Funktionsstörung eine deutlich größere Nähe zu einem Intelligenzmangel mit stark einengenden Bildungsfähigkeit und erheblichen Mängeln im Spracherwerb (80-90) aufweist als zu einer Einschränkung der geistigen Leistungsfähigkeit mit nur geringen Störungen während des Schulbesuches (30-40), spricht zunächst die Nähe des festgestellten Gesamt IQ zum Grenzwert von 60. Weiterhin weist der Sachverständige auf die Bedeutung der ausgeprägten Entwicklungsstörungen des Sprechens, des Sprachverständnisses und der Motorik und die Unfähigkeit des Klägers, auch nur annähernd seinem Alter entsprechend zu lesen, zu rechnen und zu schreiben sowie eine ausgeprägte Orientierungsstörung hin. Die Bedeutung der Sprache und anderer kognitiver Teilleistungen für die Beurteilung des GdB kommt in Z. 3.4.2 zum Ausdruck. Anders als die Versorgungsärzte kann der Sachverständige seine Beurteilung auch auf einen persönlichen, klinischen Eindruck stützen, der der Kammer – gerade abseits subsummierbarer Daten und Messwerte – von besonderer Bedeutung erscheint.
45In Bezug auf die globale Beurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus, der sechsten Achse des Multiaxialen Klassifikationsschemas nach ICD-10 (MAS), kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis einer Funktionsunfähigkeit in den meisten Bereichen. Der Kläger benötige ständige Betreuung, sei in den meisten Bereichen nicht in der Lage, für sich selbst zu sorgen. Sowohl im Rahmen der gutachterlichen Untersuchungen als auch nach den Angaben der Mutter des Klägers und der Schule lägen Entwicklungsstörungen sowohl im motorischen und im Bereich des Sprechens und des Sprachverständnisses vor, als auch bezüglich relevanter Kulturfertigkeiten (Lesen, Schreiben, Rechnen). Verhaltensdefizite lägen im Sinne der Aufmerksamkeits–, Konzentrationsprobleme, der Schüchternheit und einer partiellen Überängstlichkeit vor. Die Möglichkeiten des Klägers, angemessen auf seine Umwelt zu reagieren, erschienen deutlich defizitär. Aus der Kombination resultiere letztlich eine deutlich belastendere Symptomatik, als dies durch die Intelligenzminderung allein zu erwarten wäre. Der Sachverständige kommt zu dem als eindeutig bezeichneten Schluss, dass bei dem Kläger ein Intelligenzmangel mit stark eingeengter Bildungsfähigkeit und erheblichen Mängeln im Spracherwerb vorliege. Der Kläger setzte sich in Bezug auf seine Leistungsfähigkeit nicht deutlich von Menschen ab, deren IQ den Bewertungsrahmen eines GdB von 80-90 eröffne. Im Rahmen der Befunderhebung hat der Sachverständige ausgeprägte fein- und grobmotorische Körperkoordinationsstörungen bei sonst unauffäligem neurologischen Befund sowie deutlich beeinträchtigte kognitive Fertigkeiten mit erheblich eingeschränkter rezeptiver und expressiver Sprache beschrieben. Komplexere Anweisungen würden nicht verstanden. Im Rahmen der testpsychologischen Untersuchung des durch den Sachverständigen hinzugezogenen Diplom – Psychologen wird eine durchgängig sehr undeutlich, verwaschene und nuschelnde Sprache festgehalten. Der Kläger benutze meist kurze Sätze, wobei über die gesamte Diagnostik hinweg ein ausgeprägter Dysgrammatismus sowie eine eingeschränkte Sprachproduktion und ein eingeschränktes Sprachverständnis aufgefallen seien. Es habe sich trotz untadeliger Motivation ein defizitäres Instruktionsverständnis gezeigt. Im Mensch-Zeichen-Test nach Ziler (Ziler/Brosat/Tötemeyer 2007) hat der Kläger in der gutachterlichen Untersuchung ein Zeichenalter von sieben Jahren erreicht, wobei er zum Zeitpunkt der Untersuchung knapp 14,5 Jahre alt war. Damit schnitt er relativ schlechter ab als bei einem entsprechenden Test im November 2012, als er – damals neunjährig – ein Zeichenalter von sechs Jahren erreichte (vergleiche Arztbrief des SPZ der Klinik für Kinder – Jugendmedizin des Bethlehem Gesundheitszentrums Stollberg vom 26.11.2012).
46Der Kinderarzt Dr. N. berichtet im Befundbericht vom 24.09.2017 von Sprachentwicklungsstörungen, Störungen der Fein– und Grobmotorik und einer Konzentrationsschwäche. Zusammenfassend läge bei dem Kläger eine leichte bis tendenziell mittelgradige geistige Behinderung mit zusätzlichen Teilsymptomen einer autistischen Störung vor. Der Kläger werde voraussichtlich auf Lebenszeit auf Hilfe Dritter angewiesen sein.
47Die seitens des Sachverständigen aufgezeigte Ausprägung der beim Kläger vorliegenden Funktionsstörungen kann sich ferner auf die Dokumentationen des Sozialpädiatrischen Zentrums der Klinik für Kinder – und Jugendmedizin des Krankenhauses T. stützen. Im Arztbrief vom einen 20.07.2016 wurde eine Einschränkung der sozialen Teilhabe und die Erforderlichkeit spezifischer Maßnahmen und Rahmenbedingungen erkannt. Es wurde über eine Sprachdiagnostik berichtet, in der der Kläger unterdurchschnittlich bis weit unterdurchschnittliche Leistungen erzielt habe, wobei die - im Sachverständigengutachten als deutlich defizitär beschriebenen - sprachlichen Fertigkeiten im Vergleich zur kognitiven Begabung sogar noch als individuelle Stärke bezeichnet werden, die deshalb in Bezug auf die Bereiche Artikulation und Förderung der Erzählfähigkeit (basale logische Zusammenhänge erfassen und beschreiben) förderungswürdig im Sinne noch sinnvoller Therapieziele seien. Altersadäquate Leistungen werde der Kläger aufgrund seiner kognitiven Begabung indes nicht erwerben können. Zwar wird – worauf die versorgungsärztliche Stellungnahme im Verwaltungsverfahren vom 19.09.2016 abhebt – von einer – verglichen mit den Ergebnissen aus einer Untersuchung aus dem November 2012 – entsprechend des Alterszuwachses und leicht darüber hinaus gehenden Verbesserung gesprochen. Jedoch ist zu vergegenwärtigen, dass gerade in der Untersuchung aus dem November 2012 der Gesamt-IQ von 55 ermittelt worden war (Arztbrief vom 26.11.2012), der sich in Anbetracht der im Übrigen homogenen Testergebnisse retrospektiv als "Ausreißer" darstellt, für sich genommen wohlmöglich zu einer höheren Feststellung des GdB geführt hätte, sofern er bei Erlass des wenige Tage zuvor erlassenen Bescheides vom 09.11.2012 bereits bekannt gewesen wäre. In keiner Weise stehen die Feststellungen im Arztbrief vom 21.07.2016 daher der Beurteilung des GdB mit jedenfalls 70 entgegen. Entsprechend ist die Mitteilung im Arztbrief vom 26.06.2017 einzuordnen, in der von einer guten Entwicklung im Rahmen des Erwartungshorizontes gesprochen wird. Es wird darauf hingewiesen, dass der Kläger bei erstmaliger Untersuchung im Jahr 2009 im Zusammenhang mit der Einschulung einem Intelligenztest und einer psychologischen Diagnostik unterzogen worden sei, wobei die dort gezeigten Leistungen, genau wie bei der letzten Untersuchung im Jahr 2016, im Bereich der leichten Intelligenzminderung gelegen habe. Der Kläger habe, wie erwartet, seine Entwicklungsdefizite nicht aufholen können. Es liege absehbar und bleibend eine geistige Behinderung vor aufgrund derer der Kläger auch im Erwachsenenalter Unterstützung in allen Lebensbereichen benötigen werde (vergleiche auch Befundbericht der Ärztin für Kinder – und Jugendmedizin Krauspe-Stübecke aus dem SPZ vom 26.06.2017).
48C. In Bezug auf die aufgehobenen Feststellungen für die Nachteilsausgleiche G und B lässt sich – bei hiernach unveränderter Bewertung des GdB – weder in Bezug auf den Zeitpunkt der positiven Feststellung mit Bescheid vom 09.11.2012 noch auf den Zeitpunkt der Aufhebung in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 zur Überzeugung der Kammer nachweisen, dass die Voraussetzungen vorgelegen haben. Vielmehr stellen sich aus Sicht der Kammer – insoweit in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. D. - unveränderte Verhältnisse dar. Der Nachweis einer wesentlichen Änderung gelingt (auch) insofern nicht.
49I. Die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen von Nachteilsausgleichen richtet(e) sich nach den Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung (SGB IX). Auf Antrag des Menschen mit Behinderung treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden, wenn neben dem Vorliegen einer Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen sind, die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX in der bis zum 01.01.2018 gültigen Fassung, seither § 152 Abs. 4 SGB) und stellen auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die gesundheitlichen Merkmale aus (§ 69 Abs. 5 S. 1 SGB IX a. F., § 152 Abs. 5 S. 1 SGB IX n. F.).
50Zu diesen Merkmalen gehören die "erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr", das Merkzeichen "G" und die "Berechtigung für eine ständige Begleitung", das Merkzeichen "B".
51Gemäß § 145 Abs. 1 S. 1 SGB IX a. F. (seit 01.01.2018: § 228 Abs. 1 S. 1 SGB IX) haben schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach 69 Abs. 5 SGB IX a. F. (§ 152 Abs. 5 SGB IX n. F.) Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im Nahverkehr i. S. des 147 Abs. 1 SGB IX a. F. (§ 230 Abs. 1 SGB IX n. F.). Nach § 146 Abs. 1 S 1 SGB IX a. F. (§ 229 Abs. 1 S. 1 SGB IX n. F.) ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahr für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden (Nachteilsausgleich G).
52Gemäß 146 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a. F. (§ 229 Abs. 2 S. 1 SGB IX n. F.) sind zur Mitnahme einer Begleitperson Menschen mit Schwerbehinderung berechtigt, die bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen sind (Nachteilsausgleich B).
53Untergesetzlich (Urteil der Kammer vom 24. Oktober 2017 – S 18 SB 460/16 –, Rn. 26, juris; a. A.: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 27. August 2015 – L 6 SB 1430/15 –, Rn. 24, juris) sind die Voraussetzungen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen G und B in der mit Wirkung zum 01.09.2009 erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und des § 35 Bundesversorgungsgesetz (BVG) (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 08.12.2008, in Teil D Ziffer 2 deren Anlage zu § 2 VersMedV, den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VMG), konkretisiert, die auf Grundlage der Vorgängervorschrift des § 30 Abs. 16, dem Abs. 17 des § 30 BVG in der bis zum 30.06.2011 gültigen Fassung geschaffen wurde. Die VMG wurden, soweit deren Wirksamkeit verschiedentlich in Frage gestellt wurde, jedenfalls wie antizipierte Sachverständigengutachten herangezogen (vgl. SG B-Stadt, Urteil vom 19. August 2014 – S 12 SB 1088/12 –, Rn. 48 f., juris m.w.Nachw.), bevor der Gesetzgeber zum 15.01.2015 in § 70 Abs. 2 SGB IX in der bis zum 01.01.2018 gültigen Fassung (seither: § 153 Abs. 2 SGB IX) das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt hat, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des Grades der Behinderung und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (näher: Goebel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. 2018, § 153 SGB IX, Rn. 4, 5), und angeordnet hat, dass, solange noch keine Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX a. F. (§ 153 Abs. 2 SGB IX n. F.) erlassen ist, gemäß 159 Abs. 7 SGB IX a.F. (§ 241 Abs. 5 SGB IX n. F.) weiterhin die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend gelten (vgl. hierzu BT-Drucksache 18/3190, S. 5; vgl. hierzu weiter, Urteil der Kammer vom 24. Oktober 2017 – S 18 SB 460/16 -, Rn. 26, juris). Im Ergebnis decken sich insofern letztlich die Anforderungen zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 sich mit denjenigen, die nach der Rechtslage bis zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses vom 09.11.2012 galten (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Februar 2013 - L 6 SB 5788/11 -, Rn. 23, juris).
54Nach Teil D Z. 1 b) ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden, oder infolge von Anfällen oder Störungen der Orientierungsfähigkeit nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Bei der Prüfung der Frage, ob diese Voraussetzungen vorliegen, kommt es nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein – d.h. altersunabhängig von nicht behinderten Menschen – noch zu Fuß zurückgelegt werden. Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa 2 km, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird. Nach lit c) ist auch bei Säuglingen und Kleinkindern die gutachterliche Beurteilung einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erforderlich. Für die Beurteilung sind dieselben Kriterien wie etwa Erwachsenen mit gleichen Gesundheitsstörungen maßgebend. Es ist nicht zu prüfen, ob tatsächlich diesbezügliche behinderungsbedingte Nachteile vorliegen oder behinderungsbedingte Mehraufwendungen entstehen. Lit. d) – f) enthalten Regelfälle, bei denen nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die Voraussetzungen für das Merkzeichen G als erfüllt anzusehen sind, während dort nicht erwähnte Behinderungen keineswegs ausgeschlossen sind, wobei die Regelfälle den maßgeblichen Vergleichsmaßstab bilden. Wird eine Gesundheitsstörung von den Regelbeispielen erfasst, sind die normierten Voraussetzungen notwendige Voraussetzung für die Feststellung des Merkzeichens (vgl. Zum Ganzen: BSG, Urteil vom 11. August 2015 – B 9 SB 1/14 R –, SozR 4-3250 § 69 Nr 21, Rn. 20 ff. m.w.N.)
55Die Voraussetzungen für die bei dem Kläger vorliegende leichte Intelligenzminderung (vgl. ICD-10 F70), die den geistigen Behinderungen i. S. d. VMG zuzuordnen ist, wird in lit f) S. 3-5 normiert. Bei geistig behinderten Menschen sind Störungen der Orientierungsfähigkeit, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit führen vorauszusetzen, wenn die behinderten Menschen sich im Straßenverkehr auf Wegen, die sie nicht täglich benutzen, nur schwer zurechtfinden können. Unter diesen Umständen ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit bei geistigen Behinderungen mit einem GdB von 100 immer und mit einem GdB von 80 oder 90 in den meisten Fällen zu bejahen. Bei einem GdB unter 80 kommt eine solche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht (BSG, Urteil vom 11. August 2015 – B 9 SB 1/14 R –, SozR 4-3250 § 69 Nr 21, Rn. 17 wonach Orientierungsstörungen grundsätzlich erst ab einem GdB von 70 Merkzeichenrelevanz erhalten).
56Das Merkzeichen B ist in zweierlei Hinsicht mit den Voraussetzungen für das Merkzeichen G "verzahnt". Nach Teil D Ziffer 2 b) VMG besteht eine Berechtigung für eine ständige Begleitung bei schwerbehinderten Menschen, bei denen z. B. die Voraussetzungen für das Merkzeichen G (vgl. Vogl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. 2018, § 229 SGB IX, Rn. 27 m.w.Nachw.), vorliegen, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Dementsprechend ist zu beachten, ob ( ) Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen (z. B. bei geistiger Behinderung) erforderlich sind. Die Berechtigung für eine ständige Begleitung ist nach lit c) anzunehmen u. a. bei geistig behinderten Menschen, bei denen die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr gerechtfertigt ist, mit anderen Worten die Voraussetzungen für das Merkzeichen G nach Teil D Ziff. 1 f) S. 3-5 VMG vorliegen. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist das Merkzeichen B in aller Regel (vgl. zur Möglichkeit einer Ausnahme: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2018 – L 6 SB 4079/16 –, Rn. 23, juris) zu vergeben. Ziff. 2 a) S. 2, 3 VMG stellt klar, dass entsprechend Teil D Ziff. 1 c) VMG auch bei Säuglingen und Kleinkindern dieselben Kriterien wie bei Erwachsenen mit gleichen Gesundheitsstörungen maßgebend sind, wobei diese Regelung für übrige Kinder und Jugendliche in gleicher Weise gilt (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 28. Juli 2014 – L 3 SB 195/13 –, Rn. 26, juris; Vogl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. 2018, § 229 SGB IX, Rn. 30). Insofern ist danach zu fragen, ob die vorliegenden Gesundheitsstörungen bei einem Erwachsenen zur Notwendigkeit einer ständigen Begleitung führen würden (Bayerisches Landessozialgericht, a.a.O., Rn. 25).
57Letztlich geht die Prüfung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich in B in der vorliegenden Konstellation daher im Ergebnis mit der Prüfung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich G einher.
58II. Soweit die Beklagte mit Bescheid vom 09.11.2012 die Feststellung der Merkzeichen i.V.m. der Feststellung eines GdB von 70 getroffen hat, liegt nach der dargelegten Auffassung der Kammer (vgl. oben: B.) die Beurteilung einer entsprechende Konstellation zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung vom 15.03.2017 vor. Gemäß Teil D Ziff. 1 f) S. 5 VMG kam eine Beeinträchtigung der Orientierungsfähigkeit zu beiden Beurteilungszeitpunkten entsprechend nur "in einem besonders gelagerten Einzelfall in Betracht". (Hielte man die Auffassung des Sachverständigen für zutreffend läge hingegen die Voraussetzungen für die beiden Nachteilsausgleiche nahe, ohne dass jedoch eine weitere Prüfung unterbleiben könnte, da die Voraussetzung bei einem GdB von 80 allein "in den meisten Fällen" zu bejahen ist (Teil D Ziff. 1 f) S. 4) VMG).
59Ein besonders gelagerter Einzelfall setzt nach der Zweckrichtung des Ausgleiches von Orientierungsstörungen durch Vergabe der Merkzeichen G bzw. B erkennbar eine – für das Maß der geistigen Behinderung – spezifische Schwäche im Bereich der Orientierungsfähigkeit voraus, die in Bezug auf diese Fertigkeit einer geistigen Behinderung mit einem GdB von mindestens 80 entsprechen und letztlich zu einer Erfüllung der "allgemein" umschriebenen Voraussetzungen der Orientierungsfähigkeit in Teil D Ziff. 1 f) S. 3 VMG ("im Straßenverkehr auf Wegen, die nicht täglich benutzt werden, nur schwer zurechtfinden") bzw. Teil D Ziff. 2 b) VMG ("regelmäßig fremde Hilfe zum Ausgleich von Orientierungsstörungen erforderlich") führen müsste.
60Dies kann vorliegend letztlich weder für den Zeitpunkt des Bescheiderlasses vom 09.11.2012 noch für den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 abschließend objektiviert werden. Insoweit ist der Vertreterin der Beklagten zuzugeben, dass in der Konstellation einer erstmaligen Beantragung die Feststellung der Merkzeichen abzulehnen wäre. Jedoch verkennt sie insoweit die verfahrensrechtliche Situation. Der erforderliche Nachweis einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse gelingt nicht (vgl. die Konstellation: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. August 2012 – L 13 SB 39/12 –, Rn. 31, juris). Weder lassen die Ermittlungen der Beklagten zum Erlass des Bescheides vom 09.11.2012 und die gutachterlichen Stellungnahmen der Versorgungsärzte der Beklagten den Schluss auf einen "besonders gelagerten Einzelfall" i. S. e. spezifischen Schwäche im Bereich der Orientierungsfähigkeit zu, die den Schluss auf das Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen der Merkzeichen G und B (Teil D Z. 1 c), f) S. 3), Z. 2 a), b) VMG, vgl. oben) rechtfertigte, noch lassen sich entsprechende Voraussetzungen nachträglich belegen.
61Grundlage für den Erlass des Bescheides vom 09.11.2012 war die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 27.10.2012. Soweit hier zur Begründung schlagwortartig auf eine deutliche Sprachentwicklungsstörung bei Intelligenzminderung und mangelnder Konzentration hingewiesen wurde, lässt dies ersichtlich keinen sicheren Schluss auf das Vorliegen eines besonders gelagerten Einzelfalles im dargelegten Sinne zu. Sofern weiter angeführt wurde, die Merkzeichen G und B seien "zur Zeit zu vertreten," weist dies einerseits bereits auf eine Schwierigkeit der Validierung hin. Diese wird im Falle der Beurteilung eines (seinerzeit neunjährigen) Kindes dadurch erschwert, dass die spezifischen Auswirkungen der Intelligenzminderung auf das Erwachsenenalter insofern "hochzurechnen" sind, als – wie dargelegt - danach zu fragen ist, ob die vorliegenden Gesundheitsstörungen bei einem Erwachsenen zur Notwendigkeit einer ständigen Begleitung führen würden. Die Betrachtung des Ist-Zustandes der Orientierungsfähigkeit führt bei einem Kind, anders als bei einem Erwachsenen, hingegen nicht weiter.
62In der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.09.2016 ist festgehalten worden, eine schwere Orientierungsstörung liege nicht vor. Die Sprachentwicklungsstörung habe sich gebessert, die Voraussetzungen für die Vergabe der Merkzeichen G und B lägen nicht mehr vor.
63Dem ist zunächst generell entgegenzuhalten, dass eine Verbesserung der Orientierungsfähigkeit bei einem Kind/Jugendlichen für sich gesehen noch keine wesentliche Änderung in Bezug auf die Merkzeichen G und B begründet. Denn wiederrum ist darauf hinzuweisen, dass bei gleichbleibender Gesundheits– bzw. Funktionsstörung und orientierungsbezogen konstantem Stärken- bzw. Schwächeprofil im Rahmen einer gleichbleibenden Intelligenzminderung, eine Verbesserung der absoluten Orientierungsfähigkeit keine wesentliche Änderung darstellt. Denn eine in Relation zur Intelligenzminderung - und mit dieser einhergehender Orientierungsschwäche - altersentsprechende Entwicklung ist unwesentlich, soweit Auswirkungen einer Gesundheitsstörung bei einem Erwachsenen der Maßstab sind. Der relationslose Befund einer Verbesserung der Sprachentwicklungsstörungen ist schon insoweit kein Beleg für eine wesentliche Änderung. Überdies kann die Entwicklung der Sprache nicht mit der Orientierungsfähigkeit im Ganzen gleichgesetzt werden. Die Sprachfähigkeit ist als Teil der Kommunikationsfähigkeit, die beispielsweise auch das – bei dem Kläger nach den Feststellungen im Sachverständigengutachten – defizitäre sinnerfassende Sprachverstehen, die Kommunikationsoffenheit ect. umschließt - wiederum nur ein Teilaspekt der Orientierungsfähigkeit.
64Weiter weist die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 19.09.2016 darauf hin, dass sich der Kläger nach den Angaben der Mutter Wege gut merken könne. Diese Äußerung der Mutter des Klägers wird jedoch bereits im letzten Arztbrief des Sozialpädiatrischen Zentrums der Klinik für Kinder – Jugendmedizin des Krankenhauses T. vom 26.07.2012, also vor Erlass des Bescheides vom 09.11.2012 berichtet. Als Anknüpfungspunkt einer wesentlichen Änderung ist sie daher ungeeignet.
65Die nächste versorgungsärztliche Stellungnahme vom 01.12.2016 ist in Bezug auf die Darlegung einer wesentlichen Änderung der Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche unbrauchbar. Sie erschöpft sich in der Feststellung, dass schwere Orientierungsstörungen nicht vorlägen.
66Im Gerichtsverfahren hat sich die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 08.10.2017 zum Streitpunkt der Nachteilsausgleiche und zur Objektivierung einer wesentlichen Änderung nicht verhalten. In der nächsten Stellungnahme vom 12.03.2018 – mit der sich gegen die sozialmedizinischen Bewertungen des Sachverständigen gewendet worden ist – wird ausgeführt, es möge noch eine nicht altersgemäße Orientierung vorliegen, diese Störung sei aber nicht mehr als schwer zu bewerten und nicht mehr vergleichbar mit der eines Jugendlichen mit einem GdB von 80-100. Der Antragsteller beachte nun Regeln bei Überquerung von Straßen und mache im Hinblick auf Gänge im öffentlichen Raum sein Streben nach Selbstständigkeit geltend. Ein besonders gelagerter Einzelfall, z.B. denkbar bei völlig fehlender Sprach– oder Lesefähigkeit oder erheblicher Verhaltensstörung, psychischer Störung (wie hier vorbewertet), liege nicht mehr vor.
67Mag dem insoweit zuzustimmen sein, dass sich ein besonders gelagerter Einzelfall (auch) aktuell bzw. zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung nicht objektivieren lässt, fehlt wiederum eine nachvollziehbare Begründung, weshalb zum Zeitpunkt des Bescheides am 09.11.2012 etwas anderes gegolten haben soll. Nicht exakt erkennbar wird, ob hinsichtlich dieser Vorbewertung pauschal auf die damalige Annahme einer der angeführten Beispielsfälle für einen besonders gelagerten Einzelfall verwiesen wird, oder sich die Anmerkung "wie hier vorbewertet" konkret auf den Fall der psychischen Störung bezieht. Die inhaltlich bereits dargestellte versorgungsärztliche Stellungnahme vom 27.10.2012 entspricht in ihrer Formulierung jedenfalls keinem der angesprochenen Fälle, sondern spricht generell von einer deutlichen Sprachentwicklungsstörung. Die mangelnde Schlüssigkeit für die Annahme einer spezifischen Orientierungsstörung ist diesbezüglich bereits ebenso aufgezeigt worden, wie angesprochen worden ist, dass bei dem Kläger auch weiterhin eine deutliche Sprachentwicklungsstörung vorliegt. Zwar spricht die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 12.03.2018 an, dass der Vergleich mit einem Erwachsenen erforderlich sei. Einerseits ist jedoch die Wiedergabe des Vergleichsmaßstabes unzutreffend, als erklärt wird, eine erwachsene Person mit gleichermaßen eingeschränkter Orientierung würde die Merkzeichen G und B nicht erhalten, andererseits fehlt die notwendige Relation in Bezug auf eine Feststellung eines besonders gelagerten Einzelfalles in Bezug auf den Zeitpunkt des Bescheiderlasses vom 09.11.2012 und dessen nachträglichen Entfall unter Berücksichtigung einer relativ altersgemäßen Entwicklung der Orientierungsfähigkeit. Entsprechendes gilt für die versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 23.05.2018 und 28.06.2018, als dort ausgeführt wird, ein defizitärer Status, der das Merkzeichen B rechtfertige "scheine" bei dem Kläger nicht gegeben, weshalb die vorangegangenen gutachterlichen nicht zu beanstanden seien (Stellungnahme vom 23.05.2018), denen aktuell nichts Bedeutsames hinzuzufügen sei (Stellungnahme vom 28.06.2018). Ohne Relevanz bleibt insofern, dass das in Bezug genommene Urteil des Landessozialgerichtes Baden- Württemberg vom 22.02.2018 (L 6 SB 4079/16 -, juris) zur Beurteilung des vorliegenden Falles insofern nichts beizutragen vermag, als dort die Voraussetzungen des Merkzeichens B bei einer gehörlosen Person verneint wurden, die nach eigenen Angaben nur ausnahmsweise eine Begleitperson brauchte und ihre Behinderung in Bezug auf die Orientierung in der Regel durch andere Sinne ausgleichen könne (Rn. 25, 26). Nur am Rande ist darauf hinzuweisen, dass die versorgungsärztliche Auffassung, das selbstständige Zurücklegen kurzer Strecken innerhalb des Wohn-/Arbeitsbereiches stehe mit Blick auf das angeführte Urteil des LSG Baden-Württemberg der Vergabe des Merkzeichen B generell entgegen, in dieser Pauschalität rechtlich nicht haltbar erscheint. Teil D Ziffer 1 f) S. 3 VMG lässt bei geistigen Behinderungen hinsichtlich des Merkzeichens G Orientierungsschwierigkeiten auf Wegen ausreichen, die der geistig behinderte Mensch nicht täglich benutzt. Über Teil D Ziff. 2. c) VMG erhält dieser Maßstab auch für das Merkzeichen B Bedeutung.
68Aus den Befunden, die für die Zeit vor Erlass des Bescheides vom 09.11.2012 vorliegen lässt sich eine – im Verhältnis zur Intelligenzminderung – spezifische Herabsetzung der Orientierungsfähigkeit auch nicht entnehmen. Immerhin wird im letzten Arztbrief des Sozialpädiatrischen Zentrums der Klinik für Kinder – Jugendmedizin des Krankenhauses T. vom 26.07.2012 vor Erlass des Bescheides vom 09.11.2012 – wie bereits angesprochen - berichtet, dass der Kläger nach Angaben der Mutter Wege gut finden könne, wenngleich er aber alleine nicht verkehrssicher sei, da er nicht hinschaue, wo er hinlaufe. Eine entsprechende Anamnese besteht bis heute fort. So wird von der Mutter des Klägers weiterhin vorgetragen, der Kläger sei in der Lage, sich Wege in dem Sinne gut zu merken, dass er sie wiedererkenne, jedoch sei er gleichwohl nicht in der Lage, sich selbstständig zu orientieren und aktiv die zutreffende Richtung einzuschlagen, wenn ein anderer Weg zurückgelegt werden solle. Der Kläger bewege sich unachtsam und nicht sicher im Straßenverkehr. Diese Darstellung wird von der Lehrerin bestätigt. So hat sie zu den dem Sachverständigen übersandten Fragebögen ergänzt, der Kläger sei in ihm unbekannten Situationen, insbesondere bei außerschulischen Unterrichtsgängen sowie im Straßenverkehr auf Unterstützung durch eine Lehrperson angewiesen. Er sei nicht verkehrssicher, benötige Rückhalt durch eine ihm vertraute Bezugsperson. Reaktionen zeige er stark zeitverzögert, Geschwindigkeiten einzuschätzen fiele ihm schwer. Im direkten Umkreis der Schule (Unterrichtsgänge zum Supermarkt) könne er sich orientieren, darüber hinaus nicht. Er könne das richtige Verkehrsmittel ohne erwachsenen Bezugsperson nicht lokalisieren. Je nach Tagesform könne er ihm bekannte Wörter erkennen und zuordnen, dass sinnentnehmende Lesen von Sätzen falle ihm schwer, das sinnentnehmende Lesen ihm unbekannter Wörter gelinge ihm nicht. Eine altersüberproportionale Entwicklung der Orientierungsfähigkeit konnte der Sachverständige Kinder – und Jugendpsychiater auch unter Berücksichtigung dieser Ausführungen nicht erkennen, gleichwohl ihm auch zur Feststellung vom 09.11.2012 ein Bericht der Schule (vom 26.09.2012) vorgelegen hat. Entsprechendes gilt in Bezug auf einen Vergleich der Feststellungen im Gutachten zur Pflegebedürftigkeit vom 28.12.2009 und dem Gutachten vom 09.12.2014 (jeweils mit der Feststellung der Pflegestufe I), die aufgrund ihrer Zweckrichtung ohnehin kaum aussagekräftige Anknüpfungstatsachen für die Orientierungsfähigkeit bieten. Immerhin wird auch im Gutachten vom 09.12.2014 eine schnelle Reizüberflutung mitgeteilt, die der Kläger aber nicht äußern könne, ferner eine eingeschränkte Gefahreneinsicht und Verkehrssicherheit. Der versorgungsärztliche Verweis auf den um 24 Minuten gesunkenen Grundpflegebedarf mit versorgungsärztlicher Stellungnahme vom 28.06.2018 trägt in Bezug auf einen Entfall eines besonders gelagerten Einzelfalles im dargelegten Sinn hingegen nichts bei und setzt sich in Widerspruch zur Stellungnahme vom 01.12.2016, in der das Pflegegutachten vom 09.12.2014 als "veraltet" bezeichnet wurde.
69D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung zum Zeitpunkt der Antragstellung fest. Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein Grad der Behinderung oder gesundheitliche Merkmale bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen haben, wenn dafür ein besonderes Interesse glaubhaft gemacht wird. Beantragt eine erwerbstätige Person die Feststellung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch (§ 2 Absatz 2), gelten die in § 14 Absatz 2 Satz 2 und 3 sowie § 17 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 genannten Fristen sowie § 60 Absatz 1 des Ersten Buches entsprechend. Das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung ist entsprechend anzuwenden, soweit nicht das Zehnte Buch Anwendung findet. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Eine Feststellung ist nur zu treffen, wenn ein Grad der Behinderung von wenigstens 20 vorliegt. Durch Landesrecht kann die Zuständigkeit abweichend von Satz 1 geregelt werden.
(2) Feststellungen nach Absatz 1 sind nicht zu treffen, wenn eine Feststellung über das Vorliegen einer Behinderung und den Grad einer auf ihr beruhenden Erwerbsminderung schon in einem Rentenbescheid, einer entsprechenden Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung oder einer vorläufigen Bescheinigung der für diese Entscheidungen zuständigen Dienststellen getroffen worden ist, es sei denn, dass der behinderte Mensch ein Interesse an anderweitiger Feststellung nach Absatz 1 glaubhaft macht. Eine Feststellung nach Satz 1 gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung.
(3) Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Für diese Entscheidung gilt Absatz 1, es sei denn, dass in einer Entscheidung nach Absatz 2 eine Gesamtbeurteilung bereits getroffen worden ist.
(4) Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen im Verfahren nach Absatz 1.
(5) Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die zuständigen Behörden auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den Grad der Behinderung sowie im Falle des Absatzes 4 über weitere gesundheitliche Merkmale aus. Der Ausweis dient dem Nachweis für die Inanspruchnahme von Leistungen und sonstigen Hilfen, die schwerbehinderten Menschen nach diesem Teil oder nach anderen Vorschriften zustehen. Die Gültigkeitsdauer des Ausweises soll befristet werden. Er wird eingezogen, sobald der gesetzliche Schutz schwerbehinderter Menschen erloschen ist. Der Ausweis wird berichtigt, sobald eine Neufeststellung unanfechtbar geworden ist.
(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.
(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann, - 2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder - 3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.
(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.
(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.
(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.
(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen
- 1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert, - 2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem
- 1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird, - 2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres, - 3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und - 4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.
(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.
(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.
(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.
(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.
(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:
- a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist, - b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist, - c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte, - d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden, - e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.
(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.
(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.
(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.
(2) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch
- a)
eine unmittelbare Kriegseinwirkung, - b)
eine Kriegsgefangenschaft, - c)
eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit, - d)
eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist, - e)
einen Unfall, den der Beschädigte auf einem Hin- oder Rückweg erleidet, der notwendig ist, um eine Maßnahme der Heilbehandlung, eine Badekur, Versehrtenleibesübungen als Gruppenbehandlung oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 durchzuführen oder um auf Verlangen eines zuständigen Leistungsträgers oder eines Gerichts wegen der Schädigung persönlich zu erscheinen, - f)
einen Unfall, den der Beschädigte bei der Durchführung einer der unter Buchstabe e aufgeführten Maßnahmen erleidet.
(3) Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.
(4) Eine vom Beschädigten absichtlich herbeigeführte Schädigung gilt nicht als Schädigung im Sinne dieses Gesetzes.
(5) Ist der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben, so erhalten seine Hinterbliebenen auf Antrag Versorgung. Absatz 3 gilt entsprechend.
(1) Solange Beschädigte infolge der Schädigung hilflos sind, wird eine Pflegezulage von 376 Euro (Stufe I) monatlich gezahlt. Hilflos im Sinne des Satzes 1 sind Beschädigte, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder Anleitung zu den in Satz 2 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muß, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Ist die Gesundheitsstörung so schwer, daß sie dauerndes Krankenlager oder dauernd außergewöhnliche Pflege erfordert, so ist die Pflegezulage je nach Lage des Falles unter Berücksichtigung des Umfangs der notwendigen Pflege auf 642, 916, 1 174, 1 524 oder 1 876 Euro (Stufen II, III, IV, V und VI) zu erhöhen. Für die Ermittlung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage sind die in der Verordnung zu § 30 Abs. 17 aufgestellten Grundsätze maßgebend. Blinde erhalten mindestens die Pflegezulage nach Stufe III. Hirnbeschädigte mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 erhalten eine Pflegezulage mindestens nach Stufe I.
(2) Wird fremde Hilfe im Sinne des Absatzes 1 von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages geleistet und übersteigen die dafür aufzuwendenden angemessenen Kosten den Betrag der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wird die Pflegezulage um den übersteigenden Betrag erhöht. Leben Beschädigte mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft, ist die Pflegezulage so zu erhöhen, dass sie nur ein Viertel der von ihnen aufzuwendenden angemessenen Kosten aus der pauschalen Pflegezulage zu zahlen haben und ihnen mindestens die Hälfte der pauschalen Pflegezulage verbleibt. In Ausnahmefällen kann der verbleibende Anteil bis zum vollen Betrag der pauschalen Pflegezulage erhöht werden, wenn Ehegatten, Lebenspartner oder ein Elternteil von Pflegezulageempfängern mindestens der Stufe V neben den Dritten in außergewöhnlichem Umfang zusätzliche Hilfe leisten. Entstehen vorübergehend Kosten für fremde Hilfe, insbesondere infolge Krankheit der Pflegeperson, ist die Pflegezulage für jeweils höchstens sechs Wochen über Satz 2 hinaus so zu erhöhen, dass den Beschädigten die pauschale Pflegezulage in derselben Höhe wie vor der vorübergehenden Entstehung der Kosten verbleibt. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder Elternteil nicht nur vorübergehend keine Pflegeleistungen erbringt; § 40a Abs. 3 Satz 3 gilt.
(3) Während einer stationären Behandlung wird die Pflegezulage nach den Absätzen 1 und 2 Empfängern von Pflegezulage nach den Stufen I und II bis zum Ende des ersten, den übrigen Empfängern von Pflegezulage bis zum Ablauf des zwölften auf die Aufnahme folgenden Kalendermonats weitergezahlt.
(4) Über den in Absatz 3 bestimmten Zeitpunkt hinaus wird die Pflegezulage während einer stationären Behandlung bis zum Ende des Kalendermonats vor der Entlassung nur weitergezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte erhalten ein Viertel der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder der Elternteil bis zum Beginn der stationären Behandlung zumindest einen Teil der Pflege wahrgenommen hat. Daneben wird die Pflegezulage in Höhe der Kosten weitergezahlt, die aufgrund eines Pflegevertrages entstehen, es sei denn, die Kosten hätten durch ein den Beschädigten bei Abwägung aller Umstände zuzumutendes Verhalten, insbesondere durch Kündigung des Pflegevertrages, vermieden werden können. Empfänger einer Pflegezulage mindestens nach Stufe III erhalten, soweit eine stärkere Beteiligung der schon bis zum Beginn der stationären Behandlung unentgeltlich tätigen Pflegeperson medizinisch erforderlich ist, abweichend von Satz 2 ausnahmsweise Pflegezulage bis zur vollen Höhe nach Absatz 1, in Fällen des Satzes 3 jedoch nicht über den nach Absatz 2 Satz 2 aus der pauschalen Pflegezulage verbleibenden Betrag hinaus.
(5) Tritt Hilflosigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gleichzeitig mit der Notwendigkeit stationärer Behandlung oder während einer stationären Behandlung ein, besteht für die Zeit vor dem Kalendermonat der Entlassung kein Anspruch auf Pflegezulage. Für diese Zeit wird eine Pflegebeihilfe gezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte, die mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft leben, erhalten eine Pflegebeihilfe in Höhe eines Viertels der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I. Soweit eine stärkere Beteiligung der Ehegatten, Lebenspartner oder eines Elternteils oder die Beteiligung einer Person, die den Beschädigten nahesteht, an der Pflege medizinisch erforderlich ist, kann in begründeten Ausnahmefällen eine Pflegebeihilfe bis zur Höhe der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I gezahlt werden.
(6) Für Beschädigte, die infolge der Schädigung dauernder Pflege im Sinne des Absatzes 1 bedürfen, werden, wenn geeignete Pflege sonst nicht sichergestellt werden kann, die Kosten der nicht nur vorübergehenden Heimpflege, soweit sie Unterkunft, Verpflegung und Betreuung einschließlich notwendiger Pflege umfassen, unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge übernommen. Jedoch ist den Beschädigten von ihren Versorgungsbezügen zur Bestreitung der sonstigen Bedürfnisse ein Betrag in Höhe der Beschädigtengrundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 und den Angehörigen ein Betrag mindestens in Höhe der Hinterbliebenenbezüge zu belassen, die ihnen zustehen würden, wenn Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben wären. Bei der Berechnung der Bezüge der Angehörigen ist auch das Einkommen der Beschädigten zu berücksichtigen, soweit es nicht ausnahmsweise für andere Zwecke, insbesondere die Erfüllung anderer Unterhaltspflichten, einzusetzen ist.
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
(1) Die Berechnungsgrundlage, die dem Krankengeld, dem Versorgungskrankengeld, dem Verletztengeld und dem Übergangsgeld zugrunde liegt, wird jeweils nach Ablauf eines Jahres ab dem Ende des Bemessungszeitraums an die Entwicklung der Bruttoarbeitsentgelte angepasst und zwar entsprechend der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 Satz 1 des Sechsten Buches) vom vorvergangenen zum vergangenen Kalenderjahr.
(2) Der Anpassungsfaktor wird errechnet, indem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer für das vergangene Kalenderjahr durch die entsprechenden Bruttolöhne und -gehälter für das vorvergangene Kalenderjahr geteilt werden; § 68 Absatz 7 und § 121 Absatz 1 des Sechsten Buches gelten entsprechend.
(3) Eine Anpassung nach Absatz 1 erfolgt, wenn der nach Absatz 2 berechnete Anpassungsfaktor den Wert 1,0000 überschreitet.
(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt jeweils zum 30. Juni eines Kalenderjahres den Anpassungsfaktor, der für die folgenden zwölf Monate maßgebend ist, im Bundesanzeiger bekannt.
(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nähere Vorschriften über die Gestaltung der Ausweise, ihre Gültigkeit und das Verwaltungsverfahren zu erlassen.
(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind.
(1) Die Berechnungsgrundlage, die dem Krankengeld, dem Versorgungskrankengeld, dem Verletztengeld und dem Übergangsgeld zugrunde liegt, wird jeweils nach Ablauf eines Jahres ab dem Ende des Bemessungszeitraums an die Entwicklung der Bruttoarbeitsentgelte angepasst und zwar entsprechend der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 Satz 1 des Sechsten Buches) vom vorvergangenen zum vergangenen Kalenderjahr.
(2) Der Anpassungsfaktor wird errechnet, indem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer für das vergangene Kalenderjahr durch die entsprechenden Bruttolöhne und -gehälter für das vorvergangene Kalenderjahr geteilt werden; § 68 Absatz 7 und § 121 Absatz 1 des Sechsten Buches gelten entsprechend.
(3) Eine Anpassung nach Absatz 1 erfolgt, wenn der nach Absatz 2 berechnete Anpassungsfaktor den Wert 1,0000 überschreitet.
(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt jeweils zum 30. Juni eines Kalenderjahres den Anpassungsfaktor, der für die folgenden zwölf Monate maßgebend ist, im Bundesanzeiger bekannt.
(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nähere Vorschriften über die Gestaltung der Ausweise, ihre Gültigkeit und das Verwaltungsverfahren zu erlassen.
(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind.
(1) Abweichend von § 154 Absatz 1 beträgt die Pflichtquote für die in § 154 Absatz 2 Nummer 1 und 4 genannten öffentlichen Arbeitgeber des Bundes weiterhin 6 Prozent, wenn sie am 31. Oktober 1999 auf mindestens 6 Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen beschäftigt hatten.
(2) Eine auf Grund des Schwerbehindertengesetzes getroffene bindende Feststellung über das Vorliegen einer Behinderung, eines Grades der Behinderung und das Vorliegen weiterer gesundheitlicher Merkmale gelten als Feststellungen nach diesem Buch.
(3) Die nach § 56 Absatz 2 des Schwerbehindertengesetzes erlassenen allgemeinen Richtlinien sind bis zum Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach § 224 weiter anzuwenden, auch auf Inklusionsbetriebe.
(4) Auf Erstattungen nach Kapitel 13 dieses Teils ist § 231 für bis zum 31. Dezember 2004 entstandene Fahrgeldausfälle in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung anzuwenden.
(5) Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Absatz 2 erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Absatz 1 des Bundesversorgungsgesetzes und der auf Grund des § 30 Absatz 16 des Bundesversorgungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend.
(6) Bestehende Integrationsvereinbarungen im Sinne des § 83 in der bis zum 30. Dezember 2016 geltenden Fassung gelten als Inklusionsvereinbarungen fort.
(7) Die nach § 22 in der am 31. Dezember 2017 geltenden Fassung bis zu diesem Zeitpunkt errichteten gemeinsamen Servicestellen bestehen längstens bis zum 31. Dezember 2018. Für die Aufgaben der nach Satz 1 im Jahr 2018 bestehenden gemeinsamen Servicestellen gilt § 22 in der am 31. Dezember 2017 geltenden Fassung entsprechend.
(8) Bis zum 31. Dezember 2019 treten an die Stelle der Träger der Eingliederungshilfe als Rehabilitationsträger im Sinne dieses Buches die Träger der Sozialhilfe nach § 3 des Zwölften Buches, soweit sie zur Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen nach § 8 Nummer 4 des Zwölften Buches bestimmt sind.
(9) § 221 Absatz 2 Satz 1 ist mit folgender Maßgabe anzuwenden:
- 1.
Ab dem 1. August 2019 beträgt der Grundbetrag mindestens 80 Euro monatlich. - 2.
Ab dem 1. Januar 2020 beträgt der Grundbetrag mindestens 89 Euro monatlich. - 3.
Ab dem 1. Januar 2021 beträgt der Grundbetrag mindestens 99 Euro monatlich. - 4.
Ab dem 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 beträgt der Grundbetrag mindestens 109 Euro monatlich.
(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.
(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann, - 2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder - 3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.
(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.
(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.
(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.
(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen
- 1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert, - 2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem
- 1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird, - 2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres, - 3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und - 4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.
(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.
(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.
(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.
(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.
(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:
- a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist, - b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist, - c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte, - d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden, - e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.
(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.
(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
(1) Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung zum Zeitpunkt der Antragstellung fest. Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein Grad der Behinderung oder gesundheitliche Merkmale bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen haben, wenn dafür ein besonderes Interesse glaubhaft gemacht wird. Beantragt eine erwerbstätige Person die Feststellung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch (§ 2 Absatz 2), gelten die in § 14 Absatz 2 Satz 2 und 3 sowie § 17 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 genannten Fristen sowie § 60 Absatz 1 des Ersten Buches entsprechend. Das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung ist entsprechend anzuwenden, soweit nicht das Zehnte Buch Anwendung findet. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Eine Feststellung ist nur zu treffen, wenn ein Grad der Behinderung von wenigstens 20 vorliegt. Durch Landesrecht kann die Zuständigkeit abweichend von Satz 1 geregelt werden.
(2) Feststellungen nach Absatz 1 sind nicht zu treffen, wenn eine Feststellung über das Vorliegen einer Behinderung und den Grad einer auf ihr beruhenden Erwerbsminderung schon in einem Rentenbescheid, einer entsprechenden Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung oder einer vorläufigen Bescheinigung der für diese Entscheidungen zuständigen Dienststellen getroffen worden ist, es sei denn, dass der behinderte Mensch ein Interesse an anderweitiger Feststellung nach Absatz 1 glaubhaft macht. Eine Feststellung nach Satz 1 gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung.
(3) Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Für diese Entscheidung gilt Absatz 1, es sei denn, dass in einer Entscheidung nach Absatz 2 eine Gesamtbeurteilung bereits getroffen worden ist.
(4) Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen im Verfahren nach Absatz 1.
(5) Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die zuständigen Behörden auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den Grad der Behinderung sowie im Falle des Absatzes 4 über weitere gesundheitliche Merkmale aus. Der Ausweis dient dem Nachweis für die Inanspruchnahme von Leistungen und sonstigen Hilfen, die schwerbehinderten Menschen nach diesem Teil oder nach anderen Vorschriften zustehen. Die Gültigkeitsdauer des Ausweises soll befristet werden. Er wird eingezogen, sobald der gesetzliche Schutz schwerbehinderter Menschen erloschen ist. Der Ausweis wird berichtigt, sobald eine Neufeststellung unanfechtbar geworden ist.
(1) Hilfsmerkmale sind
- 1.
Name und Anschrift des Auskunftspflichtigen, - 2.
Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse der für eventuelle Rückfragen zur Verfügung stehenden Person, - 3.
für die Erhebung nach § 143 Nummer 1 die Kennnummer des Leistungsberechtigten.
(2) Die Kennnummern nach Absatz 1 Nummer 3 dienen der Prüfung der Richtigkeit der Statistik und der Fortschreibung der jeweils letzten Bestandserhebung. Sie enthalten keine Angaben über persönliche und sachliche Verhältnisse des Leistungsberechtigten und sind zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens nach Abschluss der wiederkehrenden Bestandserhebung, zu löschen.
(1) Schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, werden von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 152 Absatz 5 im Nahverkehr im Sinne des § 230 Absatz 1 unentgeltlich befördert; die unentgeltliche Beförderung verpflichtet zur Zahlung eines tarifmäßigen Zuschlages bei der Benutzung zuschlagpflichtiger Züge des Nahverkehrs. Voraussetzung ist, dass der Ausweis mit einer gültigen Wertmarke versehen ist.
(2) Die Wertmarke wird gegen Entrichtung eines Betrages von 80 Euro für ein Jahr oder 40 Euro für ein halbes Jahr ausgegeben. Der Betrag erhöht sich in entsprechender Anwendung des § 160 Absatz 3 jeweils zu dem Zeitpunkt, zu dem die nächste Neubestimmung der Beträge der Ausgleichsabgabe erfolgt. Liegt dieser Zeitpunkt innerhalb der Gültigkeitsdauer einer bereits ausgegebenen Wertmarke, ist der höhere Betrag erst im Zusammenhang mit der Ausgabe der darauffolgenden Wertmarke zu entrichten. Abweichend von § 160 Absatz 3 Satz 4 sind die sich ergebenden Beträge auf den nächsten vollen Eurobetrag aufzurunden. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt den Erhöhungsbetrag und die sich nach entsprechender Anwendung des § 160 Absatz 3 Satz 3 ergebenden Beträge im Bundesanzeiger bekannt.
(3) Wird die für ein Jahr ausgegebene Wertmarke vor Ablauf eines halben Jahres ihrer Gültigkeitsdauer zurückgegeben, wird auf Antrag die Hälfte der Gebühr erstattet. Entsprechendes gilt für den Fall, dass der schwerbehinderte Mensch vor Ablauf eines halben Jahres der Gültigkeitsdauer der für ein Jahr ausgegebenen Wertmarke verstirbt.
(4) Auf Antrag wird eine für ein Jahr gültige Wertmarke, ohne dass der Betrag nach Absatz 2 in seiner jeweiligen Höhe zu entrichten ist, an schwerbehinderte Menschen ausgegeben,
- 1.
die blind im Sinne des § 72 Absatz 5 des Zwölften Buches oder entsprechender Vorschriften oder hilflos im Sinne des § 33b des Einkommensteuergesetzes oder entsprechender Vorschriften sind oder - 2.
die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch oder für den Lebensunterhalt laufende Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des Zwölften Buches, dem Achten Buch oder den §§ 27a und 27d des Bundesversorgungsgesetzes erhalten oder - 3.
die am 1. Oktober 1979 die Voraussetzungen nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 und Absatz 3 des Gesetzes über die unentgeltliche Beförderung von Kriegs- und Wehrdienstbeschädigten sowie von anderen Behinderten im Nahverkehr vom 27. August 1965 (BGBl. I S. 978), das zuletzt durch Artikel 41 des Zuständigkeitsanpassungs-Gesetzes vom 18. März 1975 (BGBl. I S. 705) geändert worden ist, erfüllten, solange ein Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 70 festgestellt ist oder von mindestens 50 festgestellt ist und sie infolge der Schädigung erheblich gehbehindert sind; das Gleiche gilt für schwerbehinderte Menschen, die diese Voraussetzungen am 1. Oktober 1979 nur deshalb nicht erfüllt haben, weil sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt zu diesem Zeitpunkt in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet hatten.
(5) Die Wertmarke wird nicht ausgegeben, solange eine Kraftfahrzeugsteuerermäßigung nach § 3a Absatz 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes in Anspruch genommen wird. Die Ausgabe der Wertmarken erfolgt auf Antrag durch die nach § 152 Absatz 5 zuständigen Behörden. Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle kann die Aufgaben nach den Absätzen 2 bis 4 ganz oder teilweise auf andere Behörden übertragen. Für Streitigkeiten in Zusammenhang mit der Ausgabe der Wertmarke gilt § 51 Absatz 1 Nummer 7 des Sozialgerichtsgesetzes entsprechend.
(6) Absatz 1 gilt im Nah- und Fernverkehr im Sinne des § 230, ohne dass die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 2 erfüllt sein muss, für die Beförderung
- 1.
einer Begleitperson eines schwerbehinderten Menschen im Sinne des Absatzes 1, wenn die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson nachgewiesen und dies im Ausweis des schwerbehinderten Menschen eingetragen ist, und - 2.
des Handgepäcks, eines mitgeführten Krankenfahrstuhles, soweit die Beschaffenheit des Verkehrsmittels dies zulässt, sonstiger orthopädischer Hilfsmittel und eines Führhundes; das Gleiche gilt für einen Hund, den ein schwerbehinderter Mensch mitführt, in dessen Ausweis die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson nachgewiesen ist, sowie für einen nach § 12e Absatz 4 des Behindertengleichstellungsgesetzes gekennzeichneten Assistenzhund.
(7) Die durch die unentgeltliche Beförderung nach den Absätzen 1 bis 6 entstehenden Fahrgeldausfälle werden nach Maßgabe der §§ 231 bis 233 erstattet. Die Erstattungen sind aus dem Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1) ausgenommen.
(1) Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung zum Zeitpunkt der Antragstellung fest. Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein Grad der Behinderung oder gesundheitliche Merkmale bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen haben, wenn dafür ein besonderes Interesse glaubhaft gemacht wird. Beantragt eine erwerbstätige Person die Feststellung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch (§ 2 Absatz 2), gelten die in § 14 Absatz 2 Satz 2 und 3 sowie § 17 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 genannten Fristen sowie § 60 Absatz 1 des Ersten Buches entsprechend. Das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung ist entsprechend anzuwenden, soweit nicht das Zehnte Buch Anwendung findet. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Eine Feststellung ist nur zu treffen, wenn ein Grad der Behinderung von wenigstens 20 vorliegt. Durch Landesrecht kann die Zuständigkeit abweichend von Satz 1 geregelt werden.
(2) Feststellungen nach Absatz 1 sind nicht zu treffen, wenn eine Feststellung über das Vorliegen einer Behinderung und den Grad einer auf ihr beruhenden Erwerbsminderung schon in einem Rentenbescheid, einer entsprechenden Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung oder einer vorläufigen Bescheinigung der für diese Entscheidungen zuständigen Dienststellen getroffen worden ist, es sei denn, dass der behinderte Mensch ein Interesse an anderweitiger Feststellung nach Absatz 1 glaubhaft macht. Eine Feststellung nach Satz 1 gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung.
(3) Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Für diese Entscheidung gilt Absatz 1, es sei denn, dass in einer Entscheidung nach Absatz 2 eine Gesamtbeurteilung bereits getroffen worden ist.
(4) Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen im Verfahren nach Absatz 1.
(5) Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die zuständigen Behörden auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den Grad der Behinderung sowie im Falle des Absatzes 4 über weitere gesundheitliche Merkmale aus. Der Ausweis dient dem Nachweis für die Inanspruchnahme von Leistungen und sonstigen Hilfen, die schwerbehinderten Menschen nach diesem Teil oder nach anderen Vorschriften zustehen. Die Gültigkeitsdauer des Ausweises soll befristet werden. Er wird eingezogen, sobald der gesetzliche Schutz schwerbehinderter Menschen erloschen ist. Der Ausweis wird berichtigt, sobald eine Neufeststellung unanfechtbar geworden ist.
(1) Nahverkehr im Sinne dieses Gesetzes ist der öffentliche Personenverkehr mit
- 1.
Straßenbahnen und Obussen im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes, - 2.
Kraftfahrzeugen im Linienverkehr nach den §§ 42 und 43 des Personenbeförderungsgesetzes auf Linien, bei denen die Mehrzahl der Beförderungen eine Strecke von 50 Kilometern nicht übersteigt, es sei denn, dass bei den Verkehrsformen nach § 43 des Personenbeförderungsgesetzes die Genehmigungsbehörde auf die Einhaltung der Vorschriften über die Beförderungsentgelte gemäß § 45 Absatz 3 des Personenbeförderungsgesetzes ganz oder teilweise verzichtet hat, - 3.
S-Bahnen in der 2. Wagenklasse, - 4.
Eisenbahnen in der 2. Wagenklasse in Zügen und auf Strecken und Streckenabschnitten, die in ein von mehreren Unternehmern gebildetes, mit den unter Nummer 1, 2 oder 7 genannten Verkehrsmitteln zusammenhängendes Liniennetz mit einheitlichen oder verbundenen Beförderungsentgelten einbezogen sind, - 5.
Eisenbahnen des Bundes in der 2. Wagenklasse in Zügen, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Nahverkehr zu befriedigen (Züge des Nahverkehrs), - 6.
sonstigen Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs im Sinne von § 2 Absatz 1 und § 3 Absatz 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes in der 2. Wagenklasse auf Strecken, bei denen die Mehrzahl der Beförderungen eine Strecke von 50 Kilometern nicht überschreitet, - 7.
Wasserfahrzeugen im Linien-, Fähr- und Übersetzverkehr, wenn dieser der Beförderung von Personen im Orts- und Nachbarschaftsbereich dient und Ausgangs- und Endpunkt innerhalb dieses Bereiches liegen; Nachbarschaftsbereich ist der Raum zwischen benachbarten Gemeinden, die, ohne unmittelbar aneinander grenzen zu müssen, durch einen stetigen, mehr als einmal am Tag durchgeführten Verkehr wirtschaftlich und verkehrsmäßig verbunden sind.
(2) Fernverkehr im Sinne dieses Gesetzes ist der öffentliche Personenverkehr mit
- 1.
Kraftfahrzeugen im Linienverkehr nach § 42a Satz 1 des Personenbeförderungsgesetzes, - 2.
Eisenbahnen, ausgenommen der Sonderzugverkehr, - 3.
Wasserfahrzeugen im Fähr- und Übersetzverkehr, sofern keine Häfen außerhalb des Geltungsbereiches dieses Buches angelaufen werden, soweit der Verkehr nicht Nahverkehr im Sinne des Absatzes 1 ist.
(3) Die Unternehmer, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, weisen im öffentlichen Personenverkehr nach Absatz 1 Nummer 2, 5, 6 und 7 im Fahrplan besonders darauf hin, inwieweit eine Pflicht zur unentgeltlichen Beförderung nach § 228 Absatz 1 nicht besteht.
Die Erhebungen erfolgen jährlich für das abgelaufene Kalenderjahr.
(1) In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Der Nachweis der erheblichen Beeinträchtigung in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr kann bei schwerbehinderten Menschen mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 80 nur mit einem Ausweis mit halbseitigem orangefarbenem Flächenaufdruck und eingetragenem Merkzeichen „G“ geführt werden, dessen Gültigkeit frühestens mit dem 1. April 1984 beginnt, oder auf dem ein entsprechender Änderungsvermerk eingetragen ist.
(2) Zur Mitnahme einer Begleitperson sind schwerbehinderte Menschen berechtigt, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen sind. Die Feststellung bedeutet nicht, dass die schwerbehinderte Person, wenn sie nicht in Begleitung ist, eine Gefahr für sich oder für andere darstellt.
(3) Schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung sind Personen mit einer erheblichen mobilitätsbezogenen Teilhabebeeinträchtigung, die einem Grad der Behinderung von mindestens 80 entspricht. Eine erhebliche mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung liegt vor, wenn sich die schwerbehinderten Menschen wegen der Schwere ihrer Beeinträchtigung dauernd nur mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen insbesondere schwerbehinderte Menschen, die auf Grund der Beeinträchtigung der Gehfähigkeit und Fortbewegung – dauerhaft auch für sehr kurze Entfernungen – aus medizinischer Notwendigkeit auf die Verwendung eines Rollstuhls angewiesen sind. Verschiedenste Gesundheitsstörungen (insbesondere Störungen bewegungsbezogener, neuromuskulärer oder mentaler Funktionen, Störungen des kardiovaskulären oder Atmungssystems) können die Gehfähigkeit erheblich beeinträchtigen. Diese sind als außergewöhnliche Gehbehinderung anzusehen, wenn nach versorgungsärztlicher Feststellung die Auswirkung der Gesundheitsstörungen sowie deren Kombination auf die Gehfähigkeit dauerhaft so schwer ist, dass sie der unter Satz 1 genannten Beeinträchtigung gleich kommt.
(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.
(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann, - 2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder - 3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.
(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.
(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.
(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.
(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen
- 1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert, - 2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem
- 1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird, - 2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres, - 3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und - 4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.
(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.
(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.
(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.
(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.
(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:
- a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist, - b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist, - c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte, - d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden, - e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.
(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.
(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.
(1) Die Berechnungsgrundlage, die dem Krankengeld, dem Versorgungskrankengeld, dem Verletztengeld und dem Übergangsgeld zugrunde liegt, wird jeweils nach Ablauf eines Jahres ab dem Ende des Bemessungszeitraums an die Entwicklung der Bruttoarbeitsentgelte angepasst und zwar entsprechend der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 Satz 1 des Sechsten Buches) vom vorvergangenen zum vergangenen Kalenderjahr.
(2) Der Anpassungsfaktor wird errechnet, indem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer für das vergangene Kalenderjahr durch die entsprechenden Bruttolöhne und -gehälter für das vorvergangene Kalenderjahr geteilt werden; § 68 Absatz 7 und § 121 Absatz 1 des Sechsten Buches gelten entsprechend.
(3) Eine Anpassung nach Absatz 1 erfolgt, wenn der nach Absatz 2 berechnete Anpassungsfaktor den Wert 1,0000 überschreitet.
(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt jeweils zum 30. Juni eines Kalenderjahres den Anpassungsfaktor, der für die folgenden zwölf Monate maßgebend ist, im Bundesanzeiger bekannt.
(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nähere Vorschriften über die Gestaltung der Ausweise, ihre Gültigkeit und das Verwaltungsverfahren zu erlassen.
(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind.
(1) Die Berechnungsgrundlage, die dem Krankengeld, dem Versorgungskrankengeld, dem Verletztengeld und dem Übergangsgeld zugrunde liegt, wird jeweils nach Ablauf eines Jahres ab dem Ende des Bemessungszeitraums an die Entwicklung der Bruttoarbeitsentgelte angepasst und zwar entsprechend der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 Satz 1 des Sechsten Buches) vom vorvergangenen zum vergangenen Kalenderjahr.
(2) Der Anpassungsfaktor wird errechnet, indem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer für das vergangene Kalenderjahr durch die entsprechenden Bruttolöhne und -gehälter für das vorvergangene Kalenderjahr geteilt werden; § 68 Absatz 7 und § 121 Absatz 1 des Sechsten Buches gelten entsprechend.
(3) Eine Anpassung nach Absatz 1 erfolgt, wenn der nach Absatz 2 berechnete Anpassungsfaktor den Wert 1,0000 überschreitet.
(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt jeweils zum 30. Juni eines Kalenderjahres den Anpassungsfaktor, der für die folgenden zwölf Monate maßgebend ist, im Bundesanzeiger bekannt.
(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nähere Vorschriften über die Gestaltung der Ausweise, ihre Gültigkeit und das Verwaltungsverfahren zu erlassen.
(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind.
(1) Abweichend von § 154 Absatz 1 beträgt die Pflichtquote für die in § 154 Absatz 2 Nummer 1 und 4 genannten öffentlichen Arbeitgeber des Bundes weiterhin 6 Prozent, wenn sie am 31. Oktober 1999 auf mindestens 6 Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen beschäftigt hatten.
(2) Eine auf Grund des Schwerbehindertengesetzes getroffene bindende Feststellung über das Vorliegen einer Behinderung, eines Grades der Behinderung und das Vorliegen weiterer gesundheitlicher Merkmale gelten als Feststellungen nach diesem Buch.
(3) Die nach § 56 Absatz 2 des Schwerbehindertengesetzes erlassenen allgemeinen Richtlinien sind bis zum Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach § 224 weiter anzuwenden, auch auf Inklusionsbetriebe.
(4) Auf Erstattungen nach Kapitel 13 dieses Teils ist § 231 für bis zum 31. Dezember 2004 entstandene Fahrgeldausfälle in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung anzuwenden.
(5) Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Absatz 2 erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Absatz 1 des Bundesversorgungsgesetzes und der auf Grund des § 30 Absatz 16 des Bundesversorgungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend.
(6) Bestehende Integrationsvereinbarungen im Sinne des § 83 in der bis zum 30. Dezember 2016 geltenden Fassung gelten als Inklusionsvereinbarungen fort.
(7) Die nach § 22 in der am 31. Dezember 2017 geltenden Fassung bis zu diesem Zeitpunkt errichteten gemeinsamen Servicestellen bestehen längstens bis zum 31. Dezember 2018. Für die Aufgaben der nach Satz 1 im Jahr 2018 bestehenden gemeinsamen Servicestellen gilt § 22 in der am 31. Dezember 2017 geltenden Fassung entsprechend.
(8) Bis zum 31. Dezember 2019 treten an die Stelle der Träger der Eingliederungshilfe als Rehabilitationsträger im Sinne dieses Buches die Träger der Sozialhilfe nach § 3 des Zwölften Buches, soweit sie zur Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen nach § 8 Nummer 4 des Zwölften Buches bestimmt sind.
(9) § 221 Absatz 2 Satz 1 ist mit folgender Maßgabe anzuwenden:
- 1.
Ab dem 1. August 2019 beträgt der Grundbetrag mindestens 80 Euro monatlich. - 2.
Ab dem 1. Januar 2020 beträgt der Grundbetrag mindestens 89 Euro monatlich. - 3.
Ab dem 1. Januar 2021 beträgt der Grundbetrag mindestens 99 Euro monatlich. - 4.
Ab dem 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 beträgt der Grundbetrag mindestens 109 Euro monatlich.
(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.
(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann, - 2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder - 3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.
(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.
(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.
(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.
(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen
- 1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert, - 2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem
- 1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird, - 2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres, - 3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und - 4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.
(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.
(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.
(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.
(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.
(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:
- a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist, - b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist, - c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte, - d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden, - e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.
(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.
(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.